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German Pages 231 Year 2002
PEER GEBAUER
Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 264
Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung
Von Peer Gebauer
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Gebauer, Peer: Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung / Peer Gebauer. - Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Schriften zum bürgerlichen Recht ; Bd. 264) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 2001 ISBN 3-428-10673-3
D 21 Alle Rechte vorbehalten © 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-10673-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ
Meinen Eltern
Inhaltsübersicht 1. Kapitel Einführung in die Problematik
15
2. Kapitel Überblick über den Meinungsstand
21
A. Die Auffassung der Gesetzesverfasser
21
B. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung I. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei nachträglicher Unmöglichkeit II. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Wegfall des Interesses des Gläubigers an der schuldnerischen Erfüllung III. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei anfänglichem Unvermögen . . IV. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Sach- und Rechtsmängeln . . . V. Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Sonderfällen
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3. Kapitel Kritik und eigener Ansatz A. Vorgehensweise
42 42
B. Die Möglichkeit der Naturalrestitution in den Fällen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung I. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei nachträglicher Unmöglichkeit II. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Wegfall des Interesses des Gläubigers an der schuldnerischen Erfüllung ΙΠ. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei anfänglicher Unmöglichkeit. . IV. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Sach- und Rechtsmängeln . . . V. Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Sonderfällen
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4. Kapitel Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
203
A. Die Struktur des Leistungsstörungsrechts 203 I. Die Unterscheidung zwischen Aufstockungs- und Bestandserhaltungspflichten 203
Inhaltsübersicht
8
II. Die unterschiedlichen Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung bei Verletzung einer Aufstockungspflicht 204 B. Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung I. Schadensersatz aufgrund nachträglicher zu vertretender Unmöglichkeit. II. Schadensersatz aufgrund weggefallenem Gläubigerinteresse III. Die „Schadensersatzhaftung" bei Zusicherung als Fall einer Erfüllungshaftung
209 209 210 211
Anhang: Verhältnis der Thesen zur künftigen Entwicklung des Schuldrechts 212 Literaturverzeichnis
215
Sachwortverzeichnis
229
Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einführung in die Problematik
15
2. Kapitel Überblick über den Meinungsstand
21
A. Die Auffassung der Gesetzesverfasser
21
B. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung I. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei nachträglicher Unmöglichkeit II. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Wegfall des Interesses des Gläubigers an der schuldnerischen Erfüllung ΙΠ. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei anfänglichem Unvermögen . . IV. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Sach- und Rechtsmängeln . . . V. Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Sonderfällen 1. Die Schadensersatzhaftung nach § 283 BGB 2. Die Schadensersatzhaftung nach § 179 I BGB 3. Die Schadensersatzhaftung nach § 286 I BGB 4. Die Schadensersatzhaftung nach § 628 II BGB 5. Die Schadensersatzhaftung aus pFV
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3. Kapitel Kritik und eigener Ansatz A. Vorgehensweise B. Die Möglichkeit der Naturalrestitution in den Fällen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung I. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei nachträglicher Unmöglichkeit 1. Geschriebene Restitutionsausschlussgründe a) Die mögliche inhaltliche Verschiedenheit von Erfüllung und Naturalrestitution aa) Die Verschiedenheit in Fällen der „substitutiven" Restitution bb) Die Verschiedenheit in Fällen des weiterentwickelten Schadens
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Inhaltsverzeichnis b) Die Unterschiedlichkeit von leistungsstörungsrechtlicher und schadensersatzrechtlicher Unmöglichkeit aa) Die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit (1) Meinungsstand (a) Objektive Unmöglichkeit (b) Subjektive Unmöglichkeit (Unvermögen) (2) Kritik und eigener Ansatz (a) Leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit als das Vorliegen einer Leistungserschwernis, deren Überwindung der Schuldner nicht versprochen hat („überobligatorisches" Leistungshindernis) (b) Irrelevanz der Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit als Konsequenz des vertraglich-normativen Unmöglichkeitsbegriffs (c) Der Untergang der Leistungspflicht auch bei zu vertretender Unmöglichkeit als Konsequenz des vertraglich-normativen Unmöglichkeitsbegriffs.... bb) Die schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit cc) Konsequenzen für die Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution c) Besonderheiten des Schadensersatzes bei gegenseitigen Verträgen aa) Schadensersatzbestimmung nach der Austauschmethode.... bb) Schadensersatzbestimmung nach der Differenzmethode . . . . (1) Die Differenzmethode als besondere Modalität des Schadensersatzes nach der Austauschmethode (2) Die Differenzmethode als Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz (3) Zwischenergebnis d) Fälle bloß teilweiser Unmöglichkeit 2. Ungeschriebene Restitutionsausschlussgründe 3. Zwischenergebnis II. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Wegfall des Interesses des Gläubigers an der schuldnerischen Erfüllung 1. Die Tatbestände der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung infolge weggefallenem Gläubigerinteresse 2. Die Möglichkeit der Naturalrestitution a) Der Ausschluss der Restitution gemäß § 251 I 2. Alt. BGB bei inhaltlicher Identität mit der Erfüllung b) Die Möglichkeit der Restitution bei inhaltlicher Verschiedenheit von der Erfüllung c) Besonderheiten bei gegenseitigen Verträgen 3. Zusammenfassung III. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei anfänglicher Unmöglichkeit. . 1. Die gesetzlichen Regelungen anfänglicher Erfüllungshindernisse . . .
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Inhaltsverzeichnis a) Objektive Unmöglichkeit, § 306 BGB b) Besondere Fälle objektiver Unmöglichkeit im Gewährleistungsrecht c) Anfängliches Unvermögen d) Bewertung der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen anfänglicher Leistungshindernisse 2. Die Möglichkeit der Naturalrestitution in den Fällen der Haftung auf das Erfüllungsinteresse a) Vorgehens weise b) Die möglichen Gründe für die Haftung auf das positive Interesse und die Konsequenzen hieraus für die Möglichkeit der Naturalrestitution aa) Annahme eines selbständigen Garantie Versprechens bb) Das Fehlen einer autonom begründeten Erfüllungspflicht und die heteronome Auferlegung einer solchen aus Gründen des Verkehrsschutzes (1) Die Unwirksamkeit des LeistungsVersprechens bei anfänglichen Erfüllungshindernissen (2) Der Verkehrsschutz als einzig denkbare Legitimation für die Annahme einer heteronom auferlegten Aufstockungspflicht trotz des anfänglichen Erfüllungshindernisses (3) Die konstruktive Umsetzung der heteronom auferlegten Aufstockungspflicht (4) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution 3. Zusammenfassung IV. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Sach- und Rechtsmängeln . . . 1. Die mangelhafte Leistung als Fall der teilweisen Nichterfüllung.... 2. Konsequenzen für die gewährleistungsrechtliche Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung a) Die Haftung für Mängel des Kaufgegenstandes aa) Nachträgliche Mängel bb) Anfängliche Mängel cc) Besonderheiten der Haftung beim Gattungskauf b) Die Haftung für Mängel des Schenkungsgegenstandes aa) Die Schenkung eines konkreten, bereits beim Schenker befindlichen Gegenstandes bb) Die Schenkung eines erst noch vom Schenker zu beschaffenden Gegenstandes (1) Fall der Schenkung eines zu beschaffenden, nur der Gattung nach bestimmten Gegenstandes (2) Fall der Schenkung eines zu beschaffenden, konkreten Gegenstandes
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Inhaltsverzeichnis cc) Schenkung eines nur der Gattung nach bestimmten Gegenstandes aus dem Gattungsbestand des Schenkers c) Die Haftung für Mängel der Mietsache aa) Die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei nachträglichen, zu vertretenden Mängeln, § 538 I 2. Alt. BGB (i.V.m. § 541 BGB) bb) Die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei Verzug mit der Mängelbeseitigung, § 538 I 3. Alt. BGB (i.V.m. § 541 BGB) cc) Die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei anfänglichen Mängeln, § 538 I 1. Alt. BGB (i.V.m. § 541 BGB) dd) Die Schadensersatzpflicht des Vermieters hinsichtlich der künftigen Leistungserbringung bei Nichtbeseitigung von Mängeln (§ 542 BGB) d) Die Haftung für Mängel der Werkleistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Sonderfällen 1. Die Schadensersatzhaftung nach § 283 BGB a) Die Haftungsgründe des § 283 BGB b) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution 2. Die Schadensersatzhaftung nach § 179 I BGB a) Der Haftungsgrund des § 179 I BGB b) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution 3. Die Schadensersatzhaftung nach § 286 I BGB a) Die Spätleistung als teilweise Nichterfüllung aa) Die Rechtzeitigkeit der Leistung als Teil der schuldnerischen Erfüllungspflicht bb) Das Problem des Fortbestehens der Gegenleistungspflicht trotz der (mit der Spätleistung einhergehenden) teilweisen Unmöglichkeit der Leistungspflicht entgegen der Grundregel des § 323 BGB cc) Die Lösung dieses Problems durch die Einordnung der Pflicht zur rechtzeitigen Leistungserbringung als nicht synallagmatische Verpflichtung dd) Konsequenzen für die Einordnung der Haftung aus § 286 I BGB b) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution 4. Die Schadensersatzhaftung nach § 628 II BGB a) Der Haftungsgrund des § 628 II BGB b) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution 5. Die Schadensersatzhaftung aus pFV a) Die verbreitete Annahme der Möglichkeit einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aus pFV b) Die fehlende Einschlägigkeit der pFV in Fällen der Nichterfüllung von Leistungspflichten c) Ergebnis
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Inhaltsverzeichnis 4. Kapitel Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse A. Die Struktur des Leistungsstörungsrechts I. Die Unterscheidung zwischen Aufstockungs- und Bestandserhaltungspflichten II. Die unterschiedlichen Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung bei Verletzung einer Aufstockungspflicht 1. Nichterfüllung aufgrund nachträglicher leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit a) Konsequenzen der nachträglichen leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit b) Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aufgrund nachträglicher zu vertretender leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit 2. Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit a) Konsequenzen der schlichten Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit b) Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aufgrund weggefallenem Gläubigerinteresse B. Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung I. Schadensersatz aufgrund nachträglicher zu vertretender Unmöglichkeit. II. Schadensersatz aufgrund weggefallenem Gläubigerinteresse III. Die „Schadensersatzhaftung" bei Zusicherung als Fall einer Erfüllungshaftung
203 203 203 204 204 204
205 206 206 206 209 209 210 211
Anhang: Verhältnis der Thesen zur künftigen Entwicklung des Schuldrechts 212 Literaturverzeichnis
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Sachwortverzeichnis
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1. Kapitel
Einführung in die Problematik Nach der Konzeption des Bürgerlichen Gesetzbuches ist Schadensersatz grundsätzlich in Form der Restitution zu erbringen: Geschuldet wird die gegenständliche bzw. natürliche Wiederherstellung des Zustandes, der ohne den zum Ersatz verpflichtenden Umstand bestehen würde. Nur sofern diese Restitution nicht möglich (§251 I 1. Alt. BGB), zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend (§251 I 2. Alt. BGB) oder für den Schuldner unzumutbar ist (§ 251 I I BGB) oder der Schuldner eine vom Gläubiger gesetzte Restitutionsfrist ungenutzt verstreichen lässt (§ 250 S. 2 BGB) 1 , sieht das BGB eine Kompensation in Geld vor: Es erfolgt eine am Vermögen des Gläubigers insgesamt orientierte Wiedergutmachung des angerichteten Schadens, also ein Ausgleich des Interesses in Geld. Eine derartige Regelung ist keineswegs zwingend. So galt im römischen Recht bis in die klassische Zeit hinein der Grundsatz, dass ein Leistungsurteil nur auf eine bestimmte Geldsumme gerichtet sein könne 2 (condemnatio pecuniaria 3). Eine Naturalrestitution war damit prinzipiell ausgeschlossen.4 Erst nach und nach wurde das Restitutionsprinzip als Grundsatz des Schadensersatzrechts anerkannt. 5 Insbesondere im Naturrecht erfuhr es einen 1
Ob § 250 BGB den Übergang von der Restitution auf die Kompensation anordnet oder - wie § 249 S. 2 BGB - einen Anspruch auf Ersatz der Herstellungskosten gewährt, ist umstritten. Vgl. dazu etwa StmdingCT-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 250 Rn. 2 ff.; Lange, Schadensersatz, § 5 V 1 (S. 231 f.). 2 Käser, Römisches Privatrecht, § 35 I 2 (S. 165). 3 Vgl. Ulp. D. 2, 9, 5; 42, 1, 6, 1. 4 Eine Besonderheit bestand jedoch bei den sog. Arbiträrklagen: Hier konnte der Beklagte seine Verurteilung durch Naturalleistung abwenden, zu einer solchen aber nicht gezwungen werden. Für den Fall der Nichtrestitution wurde er zu einer Geldzahlung verurteilt (Kaser/Hackl, Das Römische Zivilprozeßrecht, § 48 III (S. 337 ff.); Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 11 ff.; Wolter, Naturalrestitution, S. 21). Im Kognitionsverfahren, das in der nachklassischen Periode an die Stelle des Formularprozesses trat, galt - bedingt durch die fortschreitende Geldentwertung - der Grundsatz der condemnatio pecuniaria nicht mehr (Käser, Römisches Privatrecht, § 35 I 2 (S. 165), § 87 I 8 (S. 385)). 5 Ein Überblick über die Entwicklung findet sich bei Wolter, Naturalrestitution, der nachweist, dass der Grundsatz der Naturalherstellung der scholastischen Restitutionslehre entstammt.
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1. Kap.: Einführung in die Problematik
erheblichen Bedeutungszuwachs6 und fand Eingang in naturrechtlich geprägte Zivilrechtskodifikationen, etwa das Preußische Allgemeine Landrecht von 17947 und das österreichische ABGB von 18118. Gleichwohl blieb es auch im 19. Jahrhundert Gegenstand wissenschaftlichen Streits 9 , der nicht zuletzt im Rahmen der Beratungen zum BGB ausgetragen wurde. Die Befürworter verwiesen auf die Anerkennung des Restitutionsprinzips im gemeinen Recht 1 0 und auf seine Verwirklichung in den modernen Gesetzen 1 1 . Daneben entspreche der Wiederherstellungsgrundsatz der Natur der Sache und der Rechtslogik 12 , sei das „nächstliegende und selbstverständliche Mittel der Ausgleichung des erlittenen Schadens" 13 . Vor allem bei der widerrechtlichen Wegnahme einer Sache oder einer sonstigen andauernden Verletzung eines subjektiven Rechtes wäre eine bloße Geldkompensation unbillig gegenüber dem Gläubiger. 14
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Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 5, sieht in der naturrechtlichen Doktrin gar seine „wahre Heimath". Exemplarisch etwa Thomasius, Drey Bücher der Göttlichen Rechtsgelahrtheit, 2. Buch, 5. Hauptstück, Halle 1709/10, § 26 (S. 170 f.): „Das der verletzte wegen erlittenen Schadens ... entweder durch widererstattung des Dinges oder wo dieses nicht geschehen kan durch dessen Bezahlung mit erlegung des völligen Interesses, befriedigt werde." (zit. nach Wolter; Naturalrestitution, S. 64, Fn. 208). 7 Preuß. ALR I 6 § 79. 8 § 1323 österr. ABGB. 9 Die Naturalrestitution befürwortend etwa Windscheid, Pandektenrecht II, § 257 (S. 31), insbes. Fn. 6; Dernburg, Pandekten II, § 44 (S. 123); Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S. 12 ff.; Mataja, ArchBürgR 1 (1889), S. 275; Schlossmann, Der Vertrag, S. 311 f.; auch RGZ 9, 288, 291; 17, 108, 112 f. Ihr prinzipiell ablehnend gegenüberstehend vor allem Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 1 ff.; daneben Brinz, Pandekten I I / l , § 28Id (S. 367), insbes. Fn. 14; vgl. auch von Wächter, Pandekten II, § 172 (S. 287 ff.) sowie § 215 (S. 491 mit Fn. 10); Arndts, Pandekten, § 206 (S. 337 ff.). 10 Windscheid, Pandektenrecht II, § 257 (S. 31, Fn. 6); von Kübel, Schuldrechtsentwurf, Allgem. Theil, zu § 15 Abschn. I, Tit. 2, III. Unerlaubte Handlungen (S. 65); Mugdan, Materialien II, S. 11; auch Dernburg, Pandekten II, § 44 (S. 123, insbes. Fn. 5); Schlossmann, Der Vertrag, S. 312 (vgl. aber auch S. 313). 11 Von Kübel, Schuldrechtsentwurf, Allgem. Theil, zu § 15 Abschn. I, Tit. 2, III. Unerlaubte Handlungen (S. 65), Mugdan, Materialien II, S. 11; jew. unter Verweis auf die Gesetzbücher von Preußen (ALR I 6 § 79), Österreich (§ 1323) und Sachsen (§ 687) sowie die Entwürfe von Hessen (Art. 215 Nr. 1), Bayern (Art. 73) und Dresden (Art. 222). 12 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241^32, S. 87; Mugdan, Materialien II, S. 11. 13 Von Kübel, Schuldrechtsentwurf, Allgem. Theil, zu § 15 Abschn. I, Tit. 2, III. Unerlaubte Handlungen (S. 65). 14 Mugdan, Materialien II, S. 513; vgl. auch von Kübel, Schuldrechtsentwurf, Allgem. Theil, zu § 15 Abschn. I, Tit. 2, III. Unerlaubte Handlungen (S. 65).
1. Kap.: Einführung in die Problematik Demgegenüber wurde von den Gegnern vorgebracht, schon der Verweis auf das gemeine Recht gehe fehl 1 5 , dort sei Schadensersatz grundsätzlich Geldersatz gewesen. 16 Auch in den modernen Gesetzen sei das Wiederherstellungsprinzip keineswegs durchgehend verwirklicht. Im code civil und den von ihm abhängigen Gesetzen sowie im englisch-nordamerikanischen Recht bestehe Schadensersatz grundsätzlich in einer Geldleistung. 17 In den das Restitutionsprinzip erklärtermaßen verwirklichenden Gesetzen (etwa dem preuß. ALR sowie dem österr. ABGB) werde der Schadensersatzbegriff keineswegs einheitlich, sondern oft in einem engeren, nur Geldersatz erfassenden Sinn verwendet. 18 Daneben verbinde der gewöhnliche Sprachgebrauch mit dem Begriff des Schadensersatzes regelmäßig eine Geldentschädigung. 19 Die Wiederherstellung des früheren Zustandes im genauen Sinne sei ohnehin nie möglich. 2 0 Darüber hinaus widerspreche die Zusammenfassung von Geldersatz und Naturalwiederherstellung in die allgemeine Kategorie des Schadensersatzes den Anforderungen der Rechtstechnik sowie - gerade anders als von den Befürwortern behauptet - der Rechtslogik. 2 1 Schließlich könne der Gläubiger in eine schlimme Lage geraten, 15
Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 4, 5, 9, insbes. S. 10 ff., auch S. 48. Vgl. dazu bereits oben bei und in Fn. 3 und 4. 17 Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 5, 9, 48 ff. 18 Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 6 ff., der auch darauf hinweist, dass die praktische Anwendung dieser Gesetze in Schadensfällen weit öfter zum Geldersatz führe als ihr Wortlaut dies vermuten ließe, S. 42, 43 ff., 48. 19 Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 4, 15 ff.; ebenso die Bedenken der 2. Kommission, siehe Mugdan, Materialien II, S. 513. 20 So der während der Beratungen der 1. Kommission vorgebrachte Einwand, siehe Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241-432, S. 86. 21 Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 4 f., 18 ff. sowie 51 ff. Hinter diesen Vorwürfen Degenkolbs verbirgt sich eine sehr feinsinnige Argumentation: Die Naturalrestitution beseitigt genau genommen nicht einen eingetretenen Schaden, sondern verhindert den Eintritt eines weiteren Schadens. Wenn bspw. eine entzogene Sache zurückgegeben wird, so besteht der bis dato eingetretene Schaden darin, dass dem Berechtigten die Sache während der Zwischenzeit nicht zur Verfügung stand. Dieser Schaden wird jedoch durch die Rückgabe nicht beseitigt. Da weiterer Schaden bis zum Rückgabezeitpunkt noch nicht entstanden ist, kann folglich die Rückgabe auch keinen solchen ausgleichen. Sie verhindert allein, dass die Sache auch künftig dem Berechtigten fehlt, unterbindet damit aber lediglich den Eintritt künftigen Schadens (vgl. insbes. S. 20 f.). Für Degenkolb stellt sich daher die naturale Wiederherstellung nicht als „Schadensverfolgung", sondern als „rechtsdurchsetzende Rechtsverfolgung" (etwa S. 55, 56, 72, 76), quasi „RechtsVerwirklichung" dar. Trotz ihrer Plausibilität würde es diese Einsicht für sich genommen nur rechtfertigen, den Begriff des Schadensersatzes durch einen anderen zu ersetzen, der zum Ausdruck bringt, dass ein schädigender Eingriff auch und primär die Pflicht zur Unterbindung künftigen Schadens auslöst. Will man dagegen die Wiederherstellungspflicht aus dem Schadensersatz gänzlich ausnehmen, muss man über diesen sprachlogischen Einwand hinaus darlegen, weshalb es materiell verfehlt ist, dass schadens16
2 Gebauer
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1. Kap.: Einführung in die Problematik
wenn Unklarheit über die Möglichkeit der Wiederherstellung bestehe oder wenn der Schuldner sich als renitent erweise. 22 rechtliche Ansprüche auch zu so verstandener „Schadensverhinderung" bzw. „Rechtswiederherstellung" verpflichten. Dass aber derjenige, der in einem subjektiven Recht verletzt ist, grundsätzlich einen Anspruch auf Wiederherstellung (Verwirklichung) seines Rechts haben muss, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden und wird auch von Degenkolb selbst vorausgesetzt (etwa S. 72 f., 76 f., 83). Dieser rügt demgemäß allein die Einordnung dieses Rechtsverwirklichungsanspruchs in den Bereich des Schadensersatzes. Dabei weist er insbes. darauf hin (S. 28 ff.), dass ein auf Wiederherstellung gerichteter Schadensersatzanspruch inhaltlich oftmals den Besitzstörungs-, Bereicherungs- und Erfüllungsansprüchen entspreche. Dies führe aber zu einer Vermischung der unterschiedlichen Klagesysteme und schließlich zu ihrer Auflösung. Dahinter steckt die zunächst einsichtige Überlegung, dass bei Entzug einer Sache die Herausgabe bereits vindikatorisch begehrt werden kann, eine auch schadensrechtliche Herausgabepflicht daher überflüssig erscheinen muss. Doch geht dieser Einwand letztlich fehl. So sehr die Sorge um eine Vermengung der unterschiedlichen „Klagesysteme", d.h. Anspruchsarten Anerkennung verdient wie viel Schwierigkeiten diese Vermengung bereitet, zeigt sich an dem bis heute von der herrschenden Doktrin nicht bewältigten Problem der Abgrenzung von § 1004 BGB und § 823 I BGB; vgl. dazu Picker, FS Gernhuber, S. 315 ff. - , so wenig berechtigt sie zur Herauslösung der Naturalrestitution aus dem Schadensersatz. Dass unterschiedliche Ansprüche im konkreten Fall identische Rechtsfolgen auslösen, ist ein oft zu beobachtendes und von der Anerkennung der Naturalrestitution als Schadensersatzprinzip unabhängiges Phänomen. Im Fall der entzogenen Sache etwa besteht neben der vindikatorischen stets auch eine bereicherungsrechtliche Herausgabepflicht. Degenkolb müsste - wollte er mit seiner strikten Rechtsfolgentrennung Ernst machen - die gegenständliche Bereicherungsherausgabepflicht (heute § 818 I BGB) ebenfalls ablehnen, was er nicht tut (vgl. S. 31 ff.). Auch dann wäre es aber nicht zu verhindern, dass die jeweils auf Geld gerichteten Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche im Einzelfall identisch sind (Bsp.: Verkauf einer fremden Sache zum objektiven Wert). Hintergrund ist, dass die bloße Rechtsfolgenidentität unterschiedlicher Ansprüche für sich kein Problem darstellt (siehe dazu auch unten S. 53 ff.). Auch bliebe es, wenn man mit Degenkolb die Wiederherstellung aus dem Schadensersatz ausnimmt, nicht klar, worauf sich der entsprechende Rechtsverwirklichungsanspruch stützen sollte. Vindikatorischer und negatorischer Anspruch würden nicht weiterhelfen, da sie nicht eingreifen, wenn die Rechtsbeeinträchtigung abgeschlossen ist. Der Rechtsverwirklichungsanspruch wäre also zusätzlich zu den bestehenden Ansprüchen zu denken. Dabei bliebe unklar, welche Voraussetzungen er eigentlich hätte, insbes., ob seine Entstehung ein Verschulden des Rechtsverletzers voraussetzte. Würde Letzteres bejaht (wofür alles spricht und wovon wohl auch Degenkolb ausgeht, da er die allgemeine Rechtsdurchsetzung stets nur dann als möglich ansieht, wenn dem Grunde nach Schadensersatz gewährt werden muss), ergibt sich der Befund, dass Rechtverwirklichungsanspruch und Schadensersatzanspruch (im engeren Sinne Degenkolbs) die selben Voraussetzungen haben. Dann aber vermag es nicht einzuleuchten, weshalb beide nicht doch zusammengefasst werden sollten - eben als zwei unterschiedliche Konsequenzen eines einheitlichen (Schädigungs-)Tatbestandes. Jedenfalls aber ergibt sich aus alledem, dass an der Sinnhaftigkeit der Naturalrestitution als Folge schädigender Eingriffe nicht zu zweifeln ist.
1. Kap.: Einführung in die Problematik
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Die Gegner des Restitutionsvorrangs setzten sich trotz dieser Einwände nicht durch. Schon der Entwurf des Schuldrechtsredaktors von Kübel sah die Naturalrestitution als primäre Form des Schadensersatzes23 und nur ausnahmsweise eine Ausgleichung in Geld 2 4 vor. Zwar wurde sowohl während der Beratungen der 1. Kommission 25 als auch der der 2. Kommission 26 erwogen, die Rangfolge dieser Schadensersatzprinzipien umzukehren, primär also die Pflicht zum Geldersatz zu verankern und nur ausnahmsweise eine Wiederherstellung in natura vorzusehen. Doch wurde dies jeweils mehrheitlich abgelehnt 27 und der Vorrang der Restitution in § 219 des Ersten Entwurfs bzw. § 213 I 1 des Zweiten Entwurfs statuiert. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Priorität des Wiederherstellungsprinzips nicht mehr in Frage gestellt und schließlich in den §§ 249 ff. des BGB angeordnet. Diese am Anfang des Zweiten Buchs des BGB befindliche Regelung gilt aufgrund ihrer systematischen Stellung grundsätzlich für alle Schadensersatzansprüche des BGB. Vor diesem Hintergrund erscheint es zunächst um so erstaunlicher, dass sie nach weit verbreiteter Auffassung bei bestimmten Schadensersatzansprüchen keine Anwendung finden soll: Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung seien stets, bzw. - in Verkehrung des in den §§ 249 ff. BGB angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnisses - regelmäßig auf eine Kompensation in Geld gerichtet, eine Restitution des Schadens in Natur könne also nicht, bzw. nur ausnahmsweise verlangt werden. Das Kernargument dieses Verständnisses liegt dabei in Folgendem: Zu einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung komme es dann, wenn der ursprünglich bestehende Erfüllungsanspruch aus tatsächlichen (etwa bei den §§ 280, 325 BGB) oder rechtlichen (etwa bei den §§ 283, 326 BGB) Gründen nicht mehr verwirklicht werden könne. Dann aber müsse notwendig auch ein Anspruch auf Naturalrestitution ausscheiden, 22 So die während der Beratungen der 1. Kommission geäußerten Bedenken, siehe Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241-432, S. 86, die freilich durch den Verweis auf besondere Vorschriften, die dem Gläubiger in diesen Fällen die Liquidation des Geldinteresses ermöglichen sollten, ausgeräumt wurden, siehe a.a.O., S. 87. In die gleiche Richtung gehend Degenkolb, AcP 76 (1890), S. 67, 68. 23 § 195 Abs. 1 (= § 15 Abs. 1, Abschn. I, Tit. 2, III. Unerlaubte Handlungen). 24 § 195 Abs. 3 (= § 15 Abs. 3, Abschn. I, Tit. 2, III. Unerlaubte Handlungen). 25 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241^32, S. 86 f. 26 Insgesamt kam es zu 7 Anträgen, die auf die Vorrangigkeit der Geldkompensation gerichtet waren und nur in Ausnahmefällen - nach richterlichem Ermessen, auf Verlangen des Gläubigers oder bei entsprechender Bereitschaft des Schuldners eine Naturalrestitution vorsahen; vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241432, S. 99 f. sowie Mugdan, Materialien II, S. 512. 27 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241-432, S. 87 sowie Mugdan, Materialien II, S. 512.
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1. Kap.: Einführung in die Problematik
weil dieser inhaltlich mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch übereinstimme. Ziel der Arbeit ist es zu überprüfen, ob dieses Verständnis zutreffend ist: Rechtfertigt sich eine die gesetzliche Systematik missachtende Sonderbehandlung der angesprochenen Ansprüche? Oder kann es nicht auch im Hinblick auf diese bei der uneingeschränkten Anwendbarkeit der §§ 249 ff. BGB, also beim Prinzip der Vorrangigkeit der Restitution bleiben?
2. Kapitel
Überblick über den Meinungsstand A. Die Auffassung der Gesetzesverfasser Die Gesetzesverfasser gingen davon aus, Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung seien in aller Regel auf Geldersatz gerichtet. Gleichwohl sollte nach ihrer Auffassung auch bei diesen Ansprüchen - wie bei den deliktischen Ansprüchen - primär die Naturalrestitution geschuldet sein. Zwar ordnete noch der Vorentwurf des Schuldrechtsredaktors von Kübel für den Fall der Einstandspflicht wegen Nichterfüllung allein die Geldkompensation an: Er verwies 28 nur auf die den Geldersatz vorsehende Bestimmung der deliktsrechtlichen Vorschriften 29 . Die dort an anderer Stelle statuierte Pflicht zur naturalen Wiederherstellung 30 sollte folglich keine Anwendung finden. 31 Dies belegen auch seine Motive zum Vorentwurf, die den stets pekuniären Inhalt dieser Ansprüche voraussetzen 32, ohne freilich eine nähere Begründung dafür zu nennen 33 . Und auch die 1. Kommission ging offenbar davon aus, dass die Naturalrestitution in den fraglichen Fällen praktisch kaum in Betracht kommt. Vielfach etwa stellte sie den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung inhaltlich in Gegensatz zum Anspruch auf Naturalleistung bzw. Naturalerfüllung, verband mit ersterem also i.d.R. Geldersatz. 34 28
§ 2 S. 1, Abschn. I, Tit. 3, III. Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit. § 15 Abs. 3, Abschn. I, Tit. 2, III. Unerlaubte Handlungen. 30 § 15 Abs. 1, Abschn. I, Tit. 2, III. Unerlaubte Handlungen. 31 Allein für den Fall der Nichterfüllung einer Unterlassungspflicht machte § 8 des Vorentwurfs (Abschn. I, Tit. 3, III. Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit) eine Ausnahme, indem insoweit die Wiederherstellung des früheren Zustandes angeordnet war. 32 Vgl. von Kübel, Schuldrechtsentwurf, Allgem. Theil, zu §§ 1 bis 7, Abschn. I, Tit. 3, III. Folgen der Nichterfüllung, etwa S. 8 („Auch wenn man das Recht des durch die Nichterfüllung des Vertrages Verletzten auf den Schadensersatzanspruch in Geld beschränkt, ..." (und - so muss in diesem Kontext ergänzt werden - ihm nicht ein Rücktrittsrecht gewährt ...)); auch S. 7 („Verpflichtung zur Schadloshaltung in Geld"), S. 8 („Anspruch auf Ersatz mittels eines Geldäquivalents"). 33 Dies zeigt, dass der pekuniäre Charakter der Nichterfüllungsansprüche für von Kübel offensichtlich war. 29
2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
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Gleichwohl wich sie zumindest formal von der Regelung des Vorentwurfs ab. Im Laufe ihrer Beratungen wurde beschlossen, für die fraglichen Ansprüche zusätzlich auf die Anordnung der Naturalrestitution zu verweisen. 35 Bei Ansprüchen auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung sollte demnach vorrangig - soweit möglich - die naturale Wiederherstellung geschuldet sein. Denn wie bei den unerlaubten Handlungen sei Grund der Haftung eine Widerrechtlichkeit des Schuldners, weshalb gleiche Regeln zu gelten hätten. 36 Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens änderte sich an dieser Regelung inhaltlich nichts mehr. Im Zuge der Beratungen der 1. Kommission über das System des Obligationenrechts wurde an dessen Anfang ein Abschnitt mit Bestimmungen über die Schuldverhältnisse im Allgemeinen gestellt. 37 Dieser enthielt auch generelle Regelungen über den Schadensersatz (einschließlich der Naturalrestitutionspflicht), die damit schon aufgrund ihrer systematischen Stellung für alle nachfolgend statuierten Schadensersatzansprüche gelten sollten. 38 Entsprechend wurde bei der Regelung der Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung die ausdrückliche Verweisung auf die Naturalrestitution überflüssig und fiel allein deshalb weg.
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Nachfolgend wurde das solchermaßen über § 219 des Ersten Entwurfs sowie § 213 des Zweiten Entwurfs angeordnete Prinzip, dass auch bei Nichterfüllungsansprüchen primär die naturale Wiederherstellung geschuldet ist, nicht mehr in Frage gestellt. 40 Es ist damit - zumindest bei formalrechtlicher Betrachtung - durch den heutigen § 249 S. 1 BGB gesetzlich positiviert. 34
Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241^32, etwa S. 263 („... verwandelt sich ... der Anspruch des Gläubigers dergestalt in den Anspruch auf Schadensersatz, dass er Naturalleistung nicht mehr begehren kann"); daneben S. 264, 265; auch Mugdan, Materialien II, S. 11 („... Schadensersatz in Geld wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit..."). 35 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241^32, S. 266. Entsprechend wurde die Bestimmung des Vorentwurfs, die speziell bei der Nichterfüllung von Unterlassungspflichten die Naturalrestitution anordnete, nicht übernommen, siehe Jakobs/ Schubert, Beratung des BGB, §§ 241^32, S. 279. 36 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241^32, S. 266; Mugdan, Materialien II, S. 27. Offenbar gingen also die Gesetzesverfasser von einer Wesensgleichheit vertraglicher und außervertraglicher Schadensersatzhaftung aus. Vgl. zu diesem Problemkreis ausführlich Picker, AcP 183 (1983), S. 369 ff., bes. S. 505 ff. 37 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241-432, S. 28 ff., 35. 38 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241-432, S. 33. 39 Vgl. § 240 Abs. 1 des Ersten sowie § 236 Abs. 1 des Zweiten Entwurfs. 40 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 241-432, S. 269; Mugdan, Materialien II, S. 530 ff.
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
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B. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung Bereits kurz nach Inkrafttreten des BGB wurde der Inhalt des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung in der Literatur diskutiert. Überwiegend wurde vertreten, dieser sei stets 41 bzw. in den allermeisten Fällen 4 2 auf Geldersatz gerichtet. Dies ergebe sich aus der Natur der Sache. 43 Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung könne grundsätzlich nicht auf einen mit der Erfüllung identischen Erfolg gerichtet sein, weil dann begrifflich keine „Nichterfüllung" vorliege. 44 Demgegenüber verwiesen andere darauf, auch bei Ansprüchen auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung fänden grundsätzlich die §§ 249 ff. BGB Anwendung. Deshalb sei primär Naturalrestitution geschuldet, wenn auch oft nur Geldersatz in Betracht komme. 4 5 Anders als von den Gegnern behauptet, wiesen Erfüllungs- und auf Herstellung gerichteter Schadensersatzanspruch mehrfache Verschiedenheiten auf: So vollziehe sich etwa die Überleitung des Letzteren in einen Geldanspruch nach § 250 BGB statt auf dem zeitraubenden Umwege des § 283 B G B . 4 6 Ohnehin könne sich der Schaden auch weiterentwickelt haben, so dass die Naturalrestitution sich nicht auf die Herbeiführung des Erfüllungserfolges beschränken müsse, sich die naturale Herstellung also schon inhaltlich vom ursprünglichen Erfüllungsanspruch unterscheide. 47 41
Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 2. Aufl., Vorbem. zu §§ 249-255 Anm. 1 e (S. 23); Soergel-Hahne, BGB, 6. Aufl., § 249 Anm. I 3 (S. 448); Dörr, Das Recht 18 (1914), Sp. 385 ff.; Schöller, Gruchot 44 (1900), S. 607 f.; ders., Gruchot 45 (1901), S. 530 ff.; von Tuhr, JherJb. 46 (1904), S. 49 Fn. 13; Seilner, SeuffBl. 69 (1904), S. 494 ff.; Hedemann, Schuldrecht, § 15 II b 1 (S. 100). 42 SXnadmgtr-Kuhlenbeck, BGB, 374. Aufl., Vorbem. zu §§ 249-255 Anm. I 1 b (S. 29); Vorbem. zu §§ 323-327 Anm. IV C α αα (S. 192); Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a (S. 91); Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 126 f. mit Pandektenrecht II, Fn. 8; Heck, Schuldrecht, § 18 Nr. 3 (S. 56); Windscheid/Kipp, § 258 Anm. 3 g (S. 69); Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 255, 257; von Tuhr, KritVJSchr. 47 (1907), S. 76 f. 43 Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 249-255 Anm. I 1 b (S. 29); Hedemann, Schuldrecht, § 15 II b 1 (S. 100). 44 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a (S. 91). 45 Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 280 Anm. 3 (S. 81), § 283 Anm. 1 (S. 88); Schollmeyer, BGB, § 280 Anm. 2 c (S. 108); Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 106, 110, 126; Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 249 Anm. 3 d (S. 68); Fischer, Schaden, S. 190 ff.; Eckstein, ArchBürgR 37 (1912), S. 448; Kreß, Allgem. Schuldrecht, § 16, 4 b (S. 350 f.); vgl. auch Haidien, BGB, § 280 Anm. 1 (S. 341). 46 Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 249 Anm. 3 d (S. 68); auch Fischer, Schaden, 5. 192 f. 47 Fischer, Schaden, S. 192, 198 ff.; Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 249 Anm. 3 d (S. 68).
2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
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An diesem Meinungsbild in der Literatur hat sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Grunde nichts geändert, wenn auch die eingehendere Untersuchung der hier gestellten Frage bis auf wenige Ausnahmen 48 unterblieb. So wird auch heute noch vielfach - teils unter Hinweis darauf, dass die Naturalrestitution nicht mit dem nicht mehr gegebenen Erfüllungsanspruch identisch sein dürfe 49 , meist aber ohne eingehendere Begründung - die Auffassung vertreten, der Schadensersatz wegen Nichterfüllung sei stets oder zu meist nur Geldersatz. 50 Doch gibt es wiederum wesentliche Stimmen, die grundsätzlich Raum für die Naturalrestitution sehen und die Anwendbarkeit der §§ 249 ff. BGB bejahen. 51 Die Rechtsprechung vertrat von jeher einen pragmatischen Ansatz. Während oft darauf hingewiesen wurde, dass der Schadensersatz wegen Nichterfüllung regelmäßig nur Geldersatz sein könne 52 , wurde in Einzelfällen eine Pflicht des Schuldners zur Wiederherstellung in Natur bejaht 53 . Im Einzelnen stellt sich das Meinungsbild wie folgt dar:
I. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei nachträglicher Unmöglichkeit 1. Verbreitet wurde und wird die Naturalrestitution in den Fällen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung bei nachträglicher Unmöglichkeit der Leistung in ihrer „substitutiven" Form 5 4 für möglich erachtet: Wenn 48
Hervorzuheben sind vor allem die Arbeit von Pieper, JuS 1962, S. 409 ff., 459 ff.; sowie jüngst die eingehende und tiefsinnige Darstellung von Huber, Leistungsstörungen II, § 55 (S. 680 ff.). 49 Vgl. nur etwa Huber, Leistungsstörungen II, § 55 I (S. 681); Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 251 Rn. 3. 50 Etwa Erman-Kuckuk, BGB, 9. Aufl., § 251 Rn. 3; Soergel-Mertens, BGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 15, 128; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Vor § 275 Rn. 28, 37; Larenz, Schuldrecht I, § 28 II (S. 474); Huber, Leistungsstörungen II, § 36 I 2 (S. 177 f.), § 55 I (S. 680 f.); Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 32 (S. 198); Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 251 Rn. 3; auch Wiedemann, FS Hübner, S. 737. 51 Neben Pieper, JuS 1962, S. 411 ff., 459 ff., vor allem MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 280 Rn. 11 f., § 283 Rn. 25; Emmerich, Leistungsstörungen, § 11 II 2 (S. 133); Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 227; Peters, JZ 1978, S. 97 f. Vgl. auch Staudinger-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 249 Rn. 194. 52 Etwa RGZ 61, 348, 353 f.; BGH, JZ 1952, S. 31, 32; BGH, NJW 1962, S. 390; vgl. auch BGHZ 37, 147, 150 („Ob ... ausnahmslos nur Schadensersatz in Geld ..., mag hier unentschieden bleiben"). 53 RG, Das Recht 28 (1924), Nr. 1334; RG, DR 1942, S. 1704, 1705; RGZ 73, 21, 23; 91, 213, 214 ff.; 106, 86, 88; KG, JW 1924, S. 1441, 1442; BGH, NJW 1962, S. 390; WM 1971, S. 1412, 1414. 54 Siehe zu dieser Terminologie Schmidt, JuS 1986, S. 520.
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
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eine Speziessache nur als Repräsentantin ihrer Gattung geschuldet werde, ohne dass der Gläubiger an ihr ein besonderes Interesse habe, so müsse bei nachträglichem Untergang Schadensersatz durch Leistung einer entsprechenden Sache erbracht werden. 55 Wenn beispielsweise jemand bei einem Kaufmann brieflich „die gestern besichtigte Porzellanschale" bestelle und diese nach Vertragsschluss durch den Kaufmann schuldhaft zerbrochen werde, so könne es nicht bezweifelt werden, dass der fällige Schadensersatz - sofern der Kaufmann eine ganz gleiche Schale auf Lager habe - durch Lieferung dieser anderen Schale geleistet werden könne. 56 Ebenso müsse, wenn die versprochene Verpfändung einer bestimmten Sache durch deren Zerstörung unmöglich werde, Ersatz durch anderweitige Sicherheitsbestellung geleistet werden. 57 Überhaupt solle die Naturalrestitution durch Leistung einer ähnlichen Sache immer dann in Betracht kommen, wenn der Gläubiger an ihr ein berechtigtes Interesse habe, weil er sich mit einer möglicherweise wertlosen Geldleistung des Schuldners nicht abspeisen lassen wolle. 5 8 55
Aus der älteren Literatur: Planck-S/òer, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a (S. 91); Fischer, Schaden, S. 172 ff.; Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 323-327 Anm. IV C α oca (S. 192), § 325 Anm. 1 a (S. 200 f.); Windscheid/ Kipp, Pandektenrecht II, § 258 Anm. 3 g (S. 69); Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 255; Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 249 Anm. 3 d (S. 68), § 251 Anm. 1 a (S. 71), § 325 Anm. 1 b γ (S. 282), Anm. 1 b δ ζζ (S. 284); RGRK-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 280 Anm. 1 (S. 490); Henle, Schuldrecht, § 76 I 1 a (S. 450); Kreß, Allgem. Schuldrecht, § 16, 4 b (S. 351). Entsprechendes sollte bei bloß teilweiser Unmöglichkeit geltend, vgl. etwa Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 257. Aus der neueren Literatur etwa: Pieper, JuS 1962, S. 412 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 11 II 2 (S. 133); MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 280 Rn. 11 f.; Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 280 Rn. 5; RGRK-Alff, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 2; Motzer, Positive Vertragsverletzung, S. 226 ff.; Schmidt, ZZP 87 (1974), S. 59; Jauernig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 280 Rn. 6; ErmanBattes, BGB, 9. Aufl., § 280 Rn. 4; Lange, Schadensersatz, § 5 III 1 (S. 219 f.); Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 28 II 3 (S. 121); Wolf, Schuldrecht AT, § 9 F V a 3 bb (S. 472 f.); Blomeyer, Allgem. Schuldrecht, § 33 I 2 (S. 191); auch Röbel Warenkauf I, S. 447. Eine „substitutive" Restitution nur sehr eingeschränkt für möglich erachtend Staudinger-Löwisch, BGB, 13. Bearb., § 280 Rn. 11; StaudingerOtto, BGB, 13. Bearb., § 325 Rn. 51; Larenz, Schuldrecht I, § 22 I (S. 333, Fn. 4); Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 21. Sie praktisch gänzlich ablehnend Huber, Leistungsstörungen II, § 55 I (S. 682 f.), II (S. 685 ff.), III 1 (S. 691 ff.), III 3 (S. 695). Aus der Rechtsprechung etwa RG, Das Recht 28 (1924), Nr. 1334; RGZ 106, 86, 88; RG, DR 1942, S. 1704, 1705; KG, JW 1924, S. 1441, 1442; BGH, WM 1971, S. 1412, 1414. 56 Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 255 f.; Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 374. Aufl., § 325 Anm. 1 a (S. 200). 57 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2 a (S. 91); RGRK-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 283 Anm. 3; vgl. auch Soergel-Hahne, BGB, 6. Aufl., § 280 Anm. 1 (S. 560).
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2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
2. Von diesem Ausnahmefall abgesehen, soll nach überwiegender Ansicht bei objektiver Unmöglichkeit stets nur Geldersatz geschuldet sein. 59 Teils wird zur Begründung auf § 251 I BGB verwiesen. 60 Teils beruft man sich für dieses Ergebnis auf die Natur der Sache: Wenn die Herstellung des Erfüllungserfolges möglich sei, so liege eben keine Unmöglichkeit der Erfüllung vor. 6 1 Ohnehin wolle das Gesetz - wenn es den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung an die Stelle des Leistungsanspruchs treten lasse - im Interesse der Rechtsklarheit für beide Teile eine Abrechnung in Geld herbeiführen. 62 Bei gegenseitigen Verträgen ist der Geldcharakter des Schadensersatzes darüber hinaus für diejenigen selbstverständlich, die den Ersatzanspruch nach der Differenzmethode bestimmen: Denn danach soll von vornherein nur der Differenzbetrag zwischen dem Erfüllungsinteresse 58
MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 280 Rn. 12. Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 122 sowie S. 183 (für den Fall nur teilweiser Unmöglichkeit); ders., JherJb. 44 (1902), S. 92; Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 126, 148; Staudinger -Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 280 Anm. 2a (S. 127), § 325 Anm. 1 a (S. 200); P\anck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a α (S. 91); Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 280 Anm. 3 (S. 81); Soergel-Hahne, BGB, 6. Aufl., § 280 Anm. 1 (S. 560), § 326 Anm. F II 1 (S. 638); Schollmeyer, BGB, § 280 Anm. 2 c (S. 108), § 325 Anm. 2 (S. 203); RGRK-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 251 Anm. 2 (S. 423), § 280 Anm. 1 (S. 490); Dörr, Das Recht 18 (1914), Sp. 385; Schöller, Gruchot 44 (1900), S. 607; ders., Gruchot 45 (1901), S. 513; Henle, Schuldrecht, § 76 I 1 a (S. 450); Hedemann, Schuldrecht, § 23 II b (S. 155); Kreß, Allgem. Schuldrecht, § 16, 4 b (S. 350 f.); Endemann, Bürgerl. Recht I, § 124, 2 b (S. 698, Fn. 28). Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 21, § 325 Rn. 30, 40; Staudingtv-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 249 Rn. 180; Staudinger-Löw/sc/i, BGB, 13. Bearb., § 280 Rn. 11; Staudinger-Oito, BGB, 13. Bearb., § 325 Rn. 51; JauernigVollkommer, BGB, 9. Aufl., § 280 Rn. 6, § 325 Rn. 6; Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., § 280 Rn. 4; RGRK-Alff, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 2; RGRK-Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 325 Rn. 14; Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 280 Rn. 5; Lange, Schadensersatz, § 5 III 1 (S. 219); Larenz, Schuldrecht I, § 22 I (S. 333, Fn. 4), § 22 II b (S. 340), § 28 II (S. 474); Blomeyer, Allgem. Schuldrecht, § 33 I 2 (S. 191); Wolf, Schuldrecht AT, § 9 F V a 3 bb (S. 473); Bardo, Die „abstrakte" Berechnung des Schadensersatzes, S. 86 f.; Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 28 II 3 (S. 121); Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 337; Peters, JZ 1978, S. 97 f.; Kabel, Warenkauf I, S. 446 f. Im Grunde auch Pieper, JuS 1962, S. 411 sowie MünchKommEmmerich, BGB, 3. Aufl., § 280 Rn. 11 f., die die Naturalrestitution in ihrer „substitutiven" Form sehr weitgehend bejahen. RGZ 107, 15, 17 f.; BGH, JZ 1952, S. 31, 32; WM 1971, S. 1412, 1414; NJW 1984, S. 2570, 2571. 60 Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 122; Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 126; St&udingQT-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 280 Anm. 2a (S. 127); RGRK-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 251 Anm. 2 (S. 423), § 280 Anm. 1 (S. 490); Jauernig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 280 Rn. 6; RGRK-Alff, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 2. 61 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2 a α (S. 91). 62 Staudinger-LöwwcÄ, BGB, 13. Bearb., § 280 Rn. 11. 59
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des Gläubigers und dem Wert seiner Gegenleistung, also Geldersatz geschuldet sein. 63 Demgegenüber weisen andere 64 darauf hin, auch in Fällen objektiver Unmöglichkeit bleibe Raum für die Naturalrestitution. Zum einen könne sich der Schaden weiterentwickelt haben. Der Erfolg der Naturalrestitution müsse deshalb mit dem der Erfüllung keineswegs stets identisch sein. Wenn etwa der Ersatzberechtigte wegen des Ausbleibens der primären Leistung gezwungen gewesen sei, sich anderweitig gegen Eingehung neuer Verbindlichkeiten Ersatz zu beschaffen, so bestehe der Schadensersatz in der Naturalrestitution durch Befreiung von diesen Verbindlichkeiten. 65 Genauso müsse, wenn der Käufer von nachträglich (aufgrund eines vom Verkäufer zu vertretenden Umstandes) untergegangenen Waren diese später gegen andere Waren eingetauscht hätte, der ersatzpflichtige Verkäufer Naturalrestitution in Form der Beschaffung eben dieser hypothetisch erhaltenen Waren leisten. 66 Und wenn A den Β mit der Ersteigerung eines bestimmten Pferdes beauftragt habe, Β dieses aber für sich selbst ersteigere, so müsse er dem A Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Auftrages dadurch erbringen, dass er ihm das Pferd übereignet. 67 Auch komme die Naturalrestitution bei der teilweisen Nichterfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten - beim Fernbleiben von der Arbeitsstätte wie bei der Schlechtleistung durch den Arbeitnehmer - durch entsprechende Nacharbeit seitens des Arbeitnehmers in Betracht. 68 Den Ersatz eines weiterentwickelten Schadens durch natürliche Herstellung bejahte schließlich auch das Reichsgericht in zwei Fällen: Im ersten 63
Vgl. Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 323-327, Anm. IV 1 (S. 190), § 325 Anm. 1 a (S. 201), § 326 Anm. III 2 b γ (S. 205 f.); PlanckSiber, BGB, 4. Aufl., § 325 Anm. 1 a (S. 378 ff.); RGRK-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 325 Anm. 1 a (S. 554); Dörr, Das Recht 18 (1914), Sp. 386 ff.; Schöller, Gruchot 44 (1900), S. 624 f. mit S. 611 („Zahlung der Differenz"); MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 325 Rn. 71; Jauernig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 325 Rn. 6; Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., § 325 Rn. 6; Staudinger-Oifo, BGB, 13. Bearb., § 325 Rn. 37; RGRK-Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 325 Rn. 14; Soergel -Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 325 Rn. 30, 40; Larenz, Schuldrecht I, § 22 II b (S. 341); Pieper, JuS 1962, S. 413; Huber, Leistungsstörungen II, § 55 II 1 (S. 684). Aus der Rechtsprechung etwa RGZ 91, 30, 33 f.; 102, 60, 62; 127, 245, 248; 141, 259, 262; 149, 135, 136; RG, JW 1936, S. 2131 (jew. für den Anspruch aus § 326 I 2 BGB). 64 Vor allem Fischer, Schaden, S. 194 ff.; ihm insoweit folgend von Tuhr, KritVjSchr. 47 (1907), S. 77 ff. Ebenso Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 227 f.; vgl. auch Huber, Leistungsstörungen II, § 55 I (S. 683 f.). 65 Fischer, Schaden, S. 196; auch von Tuhr, KritVjSchr. 47 (1907), S. 77 f. 66 Fischer, Schaden, S. 197. 67 Von Tuhr, KritVjSchr. 47 (1907), S. 78 f. 68 Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 227 f.; auch Söllner, AcP 167 (1967), S. 139; ähnlich Beuthien, RdA 1972, S. 23.
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Fall führte die schuldhafte Nichterfüllung einer Wegeunterhaltspflicht zur Zerstörung des Weges. Der Beklagte wurde aus §§ 280, 249 S. 1 BGB zur Schadensersatzleistung durch Wiederherstellung des Weges verurteilt. 69 In einem anderen Fall kam der Beklagte seiner gegenüber dem Kläger übernommenen Verpflichtung nicht nach, bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks bis zu einer bestimmten Höhe mitzubieten, um bei Zuschlag die am Grundstück bestehende Hypothek des Kl. bestehen zu lassen. Daraufhin ersteigerte der Kl. selbst das Grundstück. Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Erstattung der Kosten, Entgegennahme der Auflassung und Bewilligung der Wiedereintragung der Hypothek. Kläger und Beklagter würden „so gestellt, wie wenn dieser seiner Vertragspflicht nachgekommen wäre, nicht kraft eines eben infolge der Nichterfüllung des Beklagten nicht mehr möglichen Erfüllungsanspruchs, sondern kraft des richtig verwirklichten Schadensersatzanspruches der Klägerin." Dadurch würde genau der Zustand hergestellt, der ohne die Vertragsverletzung des Beklagten bestehen würde. 70 Daneben bestehe, wenn wegen nachträglicher Unmöglichkeit eine Schadensersatzpflicht eingetreten sei, die Naturalrestitution in der Erfüllung, wenn die Leistung später unerwartet wieder möglich werde. 71 In den übrigen Fällen nachträglicher objektiver Unmöglichkeit sollte freilich die Naturalrestitution wegen § 251 I BGB ausgeschlossen sein. 72 3. Vor allem früher wurde die Frage, welchen Inhalt der Schadensersatzanspruch in den Fällen bloß subjektiver Unmöglichkeit haben solle, breit diskutiert. Auch hier wurde und wird zumeist vertreten, dieser könne nur auf Geldersatz gerichtet sein. Allerdings gibt es insoweit unterschiedliche Begründungsansätze, weil das Verhältnis zwischen Schadensersatzanspruch und ursprünglichem Erfüllungsanspruch streitig ist: 7 3 Nach der wohl überwiegenden Meinung soll auch das zu vertretende nachträgliche Unvermögen zum Wegfall des Erfüllungsanspruchs führen, der Schadensersatzanspruch also an dessen Stelle treten. 74
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RGZ 131, 158, 178. Insoweit stützte die Vorinstanz den Ersatzanspruch auf § 286 I BGB, was das RG nicht per se ausschloss. Zu Recht erklärte es indes, „richtiger" sei es, eine „Nichterfüllung der Unterhaltungspflicht" anzunehmen. 70 RGZ 91, 213, 214 f. 71 Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 110; Fischer, Schaden, S. 195 Fn. 6. 72 Fischer, Schaden, S. 193, 195. 73 Der Streit, ob im Falle der §§ 280, 325 BGB der ursprüngliche Erfüllungsanspruch fortbesteht oder - wie bei nicht zu vertretender Unmöglichkeit - untergeht, wird - wenn auch in „kleinerem" Rahmen - ebenfalls im Zusammenhang mit den Fällen der objektiven Unmöglichkeit diskutiert. Vgl. im Einzelnen Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 26 ff. mit zahlr. Nachw. Siehe dazu unten S. 77 ff.
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
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Innerhalb dieser Auffassung wird nun teilweise angenommen, der Schadensersatzanspruch könne nur auf Geldersatz gerichtet sein. 75 Denn eine inhaltliche Identität mit dem doch gerade weggefallenen Erfüllungsanspruch würde kaum Sinn machen. Schadensersatz wegen Nichterfüllung sei vielmehr der direkte Gegensatz zur Erfüllung und könne also mit dieser nicht identisch sein. 76 Der auf naturale Herstellung gerichtete Schadensersatzanspruch sei in Wahrheit der ursprüngliche Erfüllungsanspruch. 77 Von anderen wird dagegen vertreten, der an die Stelle des Erfüllungsanspruchs getretene Schadensersatzanspruch sei nach § 249 BGB zunächst auf Herstellung in Natur gerichtet. 78 Eine Identität mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch bestehe nicht, weil sich die Umwandlung in einen Geldersatzanspruch nach § 250 BGB statt nach § 283 BGB richte.79 Schadensersatz sei eben grundsätzlich nach den §§ 249 ff. BGB und also - vorbehaltlich der Unmöglichkeit - durch Naturalrestitution zu erbringen 80 ; bei bloß subjektiver Unmöglichkeit sei die naturale Herstellung aber gerade stets möglich. 8 1 Nach einer Gegenmeinung soll der Gläubiger bei bloßem Unvermögen weiterhin zusätzlich auf die Primärleistung klagen können. 82 Auch inner74 Dernburg, Bürgerl. Recht I I / l , § 60 II (S. 139 f.), § 62 I (S. 143); Henle, § 76 I 1 a (S. 448 ff.); Enneccerus/Lehmann, Schuldverhältnisse, § 48 (S. 166, Fn. 1, 2); Schollmeyer, BGB, § 280 Anm. 2a (S. 107); Heck, Schuldrecht, § 33 (S. 99 ff.); Schöller, Gruchot 44 (1900), S. 608; ders., Gruchot 45 (1901), S. 525, 530, 535 f.; Niedner, Das Recht 4 (1900), S. 143; Titze, Schuldverhältnisse, § 31 Nr. 1 b (S. 108); ders., Unmöglichkeit der Leistung, S. 145 ff., 183; Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 107 ff. mit S. 123 ff., insbes. S. 126; Himmelschein, AcP 135 (1932), S. 259; Meincke, AcP 171 (1971), S. 22 ff.; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 26 ff., insbes. 30, 32 mit zahlr. Nachw.; Staudinger-Löwisch, BGB, 13. Bearb., § 280 Rn. 2; Larenz, Schuldrecht I, § 22 I (S. 333); Nastelski, JuS 1962, S. 291; Schreiber, Jura 1995, S. 534; Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 337. 75 Enneccerus/Lehmann, Schuldverhältnisse, § 48 I 2 (S. 166 f.); Henle, Schuldrecht, § 76 I 1 a (S. 450); Schöller, Gruchot 44 (1900), S. 607, insbes. Fn. 3; ders., Gruchot 45 (1901), S. 530; Larenz, Schuldrecht I, § 22 I (S. 333) mit Fn. 4. 76 Schöller, Gruchot 44 (1900), S. 607, insbes. Fn. 3; ders., Gruchot 45 (1901), S. 530. 77 Huber, Leistungsstörungsrecht II, § 55 IV (S. 696 f.). 78 Fischer, Schaden, S. 193 f.; Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 110, 126; auch Schollmeyer, BGB, § 280 Anm. 2 c (S. 108). 79 Vgl. Fischer, Schaden, S. 192 f. 80 Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 110. 81 Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 126; Fischer, Schaden, S. 193. 82 Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 124 ff.; Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 280 Anm. 2a (S. 128); Flanck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a γ (S. 92) sowie § 280 Anm. 2 b (S. 240 ff.), insbes. β (S. 242); Zweigert, Das Recht 12 (1908), Sp. 416 f.; Cosack/Mitteis, Bürgerl. Recht I, § 156 II 1 a (S. 420 f.);
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2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
halb der Anhänger dieses Verständnisses wird mehrheitlich angenommen, der gleichfalls gegebene Schadensersatzanspruch sei stets auf Geldkompensation gerichtet. 83 Denn dieser dürfe nicht mit der daneben fortbestehenden Erfüllungspflicht identisch sein. 84 Auch sei eine Klage, welche die Erfüllung aus dem Grund beansprucht, weil sie vom Schuldner nicht bewirkt werden kann, eine unnatürliche Vorstellung. 85 Daneben entstünde für den Gläubiger die Unbequemlichkeit, den Nachweis des Unvermögens des Schuldners (als Anspruchsvoraussetzung) erbringen zu müssen, nur um ihn zur Erfüllung zwingen zu können. 86 Schließlich ergebe sich dies auch aus § 251 I I BGB: Wenn die naturale Herstellung bei Unzumutbarkeit nicht ge-
Rabel, FS Bekker, S. 171 ff., insbes. etwa S. 184 f.; Fischer, Unmöglichkeit I, S. 22 ff., 76 ff.; ders., Unmöglichkeit II, S. 12 f.; wohl auch von Tuhr, KritVjSchr. 47 (1907), S. 77; heute vor allem Jakobs, Unmöglichkeit, bes. S. 73 ff., 227 ff.; ders., Gesetzgebung, S. 38 ff.; Schmidt, ZZP 87 (1974), S. 60 ff., 75 f.; Huber, Leistungsstörungen II, § 59 II (S. 805 ff.); Ernst, JZ 1994, S. 803; Brehm, JZ 1974, S. 576; wohl auch Richardi, JuS 1984, S. 826, 827; mit Einschränkungen Kohler, JuS 1991, S. 945; RGRK-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 275 Anm. 1 (S. 468). Eine differenzierte Lösung verfolgt die Rechtsprechung, die bei feststehender objektiver nachträglicher Unmöglichkeit einen Erfüllungsanspruch ablehnt (etwa RGZ 88, 76, 77 f.; BGHZ 62, 388, 393; 68, 372, 377; BGH, NJW 1986, S. 1676), auch wenn der Schuldner diese zu vertreten hat, die jedoch bei vom Kläger bestrittener Unmöglichkeit ohne eine Beweiserhebung hierüber eine Verurteilung zur Primärleistung zulässt (RGZ 54, 28, 31 ff.; RG, Gruchot 53 (1909), S. 920, 921). Bei zu vertretendem nachträglichem Unvermögen dagegen ist die Rechtsprechung uneinheitlich: teils wird die Möglichkeit der Primärverurteilung bei feststehendem zu vertretendem Unvermögen bejaht (etwa RG Gruchot 53 (1909), S. 920, 921; aus neuerer Zeit etwa OLG Hamm, WM 1998, S. 1949, 1950), teils verneint (etwa RGZ 107, 15, 17). Vgl. im Einzelnen Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 26 ff. mit w. Nachw. 83 Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 123, 126 f.; von Tuhr, KritVjSchr. 47 (1907), S. 77; Simàmgtx-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 249-255, Anm. I 1 b (S. 29 f.) sowie § 280 Anm. 2a (S. 128); Planck-Siter, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a β (S. 91), auch § 280 Anm. 2 (S. 240 ff.). 84 Vgl. von Tuhr, KritVjSchr. 47 (1907), S. 77; Staudinger -Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 249-255 Anm. I 1 b (S. 30); vgl. auch Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a β (S. 91). 85 Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 126; Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 280 Anm. 2a (S. 128). 86 Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 280 Anm. 2a (S. 128). Ein Einwand, der offenbar fehl geht: Denn wenn der Gläubiger die Erfüllung begehrt, kann er den Primäranspruch einklagen, gerade ohne das schuldnerische Unvermögen nachweisen zu müssen. Sofern sich der Schuldner mit dem Hinweis auf sein Unvermögen verteidigt, muss er dieses beweisen. Natürlich kann der Gläubiger in diesem Fall auch seine Klage auf Schadensersatz umstellen. Dadurch, dass er das Unvermögen des Schuldners unstreitig stellt, ist er auch für diesen Fall eines Nachweises ledig. Die von Kuhlenbeck gerügte „Unbequemlichkeit" kann daher gar nicht entstehen.
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
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schuldet sei, so müsse dies erst recht gelten, wenn sie für den Schuldner überhaupt nicht möglich sei. 87 Wiederum mit dem Argument, Erfüllungsanspruch und zunächst auf Herstellung gerichteter Schadensersatzanspruch unterschieden sich im Hinblick auf ihre Transformation in einen Geldanspruch (§ 250 BGB statt § 283 BGB) befürworten dagegen einzelne Stimmen die Naturalrestitution. 88 Daneben hätte, wenn bei Unvermögen unmittelbar ein Anspruch auf Geldentschädigung bestehen würde, § 280 BGB dies ausdrücklich bestimmt und nicht lediglich von „Schadensersatz" gesprochen. 89 Schließlich sei das Verständnis, wonach der Schadensersatzanspruch primär auf die Erfüllung gerichtet sei, auch praktischer: Dadurch werde eine sichere Grundlage für das Verhalten des Gläubigers und des Schuldners gegeben und es könne dem Zweifel Rechnung getragen werden, ob der Schuldner nicht das Leistungshindernis beheben könne. 90
I I . Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Wegfall des Interesses des Gläubigers an der schuldnerischen Erfüllung Für die Vorschriften, die die Schadensersatzhaftung für den Fall vorsehen, dass der Gläubiger an der zunächst geschuldeten Erfüllung infolge vergeblicher Fristsetzung oder aus sonstigen Gründen kein Interesse mehr hat (§§ 280 I I 1, 286 I I 1, 325 I 2, 326 BGB), ist weitgehend anerkannt, dass nur eine Geldkompensation geschuldet ist. 9 1 Der Schadensersatzanspruch 87
Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 123. Etwa Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 280 Anm. 3 (S. 81), der freilich die Frage des Fortbestehens des ursprünglichen Erfüllungsanspruches offen lässt, vgl. § 280 Anm. 1 (S. 80). 89 Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 280 Anm. 3 (S. 81). 90 Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 280 Anm. 3 (S. 81). 91 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2 a γ (S. 91); Staudinger -Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 249-255 Anm. I 1 b (S. 29), auch § 326 Anm. III 2 b γ (S. 205 f.); RGRK-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 249 Anm. 1 d (S. 419); Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 2. Aufl., IX. Kap. II 2 (S. 243); für § 286 II 1 BGB etwa Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 256 f.; für § 326 BGB etwa Dernburg/ Engelmann, Bürgerl. Recht I I / l , § 33 (S. 91, Fn. 6); Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 249 Anm. 3 d (S. 68). Der Geldersatzcharakter wurde dabei oft auch von denjenigen anerkannt, die im Übrigen die Naturalrestitution bejahten; vgl. exemplarisch Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 283 Anm. 1 (S. 88); Dörr, Das Recht 18 (1914), Sp. 385 f. Aus der neueren Literatur etwa Pieper, JuS 1962, S. 414 mit Fn. 62 sowie S. 415 f. (abweichend aber für den Fall des § 280 II BGB, siehe S. 414 f.); MünchKomm-Thode, BGB, 3. Aufl., § 286 Rn. 13; MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 326 Rn. 128; Jauemig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 12, § 326 Rn. 16; Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 14; StaudingeT-Schiemann, BGB, 88
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2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
werde in strikten Gegensatz zum Anspruch auf die Primärleistung gestellt, so dass es nicht nur missverständlich, sondern sogar unrichtig wäre, wenn jener wieder ein Anspruch auf die Primärleistung wäre. 92 Demgemäß werde nach § 326 I 2 BGB der Anspruch auf Erfüllung gerade ausdrücklich ausgeschlossen.93 Die Anordnung dieses Ausschlusses bezwecke nicht, die primäre Leistungspflicht des Schuldners durch eine andere Leistungspflicht, sondern durch eine Entschädigungspflicht in Geld zu ersetzen. 94 Für die übrigen Normen, die insoweit schwiegen, gelte nichts anderes. 95 In den Fällen etwa, in denen der Gläubiger Schadensersatz unabhängig von einer Fristsetzung verlangen kann, weil die verspätete Erfüllung für ihn kein Interesse mehr hat (§§ 286 I I 1, 326 I I BGB), ergebe sich eben aus dem Fehlen dieses Interesses, dass er die Herstellung nicht mehr anzunehmen brauche. 96 Gesetzeszweck in all den Fällen sei es schließlich, eine schnelle und glatte Abwicklung des Rechtsverhältnisses herbeizuführen. Dieser würde vereitelt, wenn bei der Frage nach der Möglichkeit der Herstellung die Frage nach der Möglichkeit der Erfüllung, auf die es nach den Vorschriften gerade nicht mehr ankommen soll, gerichtlich mitentschieden werden müsste. 97 Speziell bei gegenseitigen Verträgen ergibt sich dieses Ergebnis bei Anwendung der Differenzmethode wiederum zusätzlich daraus, dass nach dieser stets nur ein Geldbetrag geschuldet sein soll. 9 8 13. Bearb., § 249 Rn. 180, § 251 Rn. 8; Staudinger-Otto, BGB, 13. Bearb., § 326 Rn. 152; RGRK-Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 326 Rn. 66 mit § 325 Rn. 14; Soergel-Mertens, BGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 15; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 286 Rn. 34, § 326 Rn. 71 mit § 325 Rn. 30, 40; Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 286 Rn. 12; Larenz, Schuldrecht I, § 23 II a (S. 354), § 28 II (S. 474); Huber, Leistungsstörungen II, § 36 I 2 (S. 177 f.); Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 227; Peters, JZ 1978, S. 97 f.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 17 IV 1 (S. 196). Aus der Rechtsprechung etwa RGZ 61, 348, 353 f.; 102, 60, 62; 127, 245, 248; 141, 259, 262; 149, 135, 136; RG, JW 1936, S. 2131; BGH, JZ 1952, S. 31, 32; wohl auch BGH, NJW 1994, S. 3351 („einseitiges AbrechnungsVerhältnis"). 92 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a γ (S. 91 f.); auch Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 256; RGRYL-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 249 Anm. 1 (S. 419); Schöller, Gruchot 44, (1900), S. 607; ders., Gruchot 45 (1901), S. 530 f.; RGZ 61, 348, 353 f.; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 286 Rn. 34; Pieper, JuS 1962, S. 415; Huber, Leistungsstörungen II, § 36 I 2 (S. 178); Peters, JZ 1978, S. 97 f. 93 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2 a γ (S. 92). 94 Huber, Leistungsstörungen II, § 36 I 2 (S. 179). 95 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2 a γ (S. 92), der aus diesem Schweigen den Schluss zieht, dass der Gläubiger anstatt des Schadensersatzanspruchs den ursprünglichen Anspruch noch geltend machen könne, nicht aber, dass er zunächst gezwungen wäre, dessen Erfüllung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu fordern. 96 Schöller, Gruchot 44 (1900), S. 607; auch Pieper, JuS 1962, S. 415. 97 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a γ (S. 92).
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
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Andere verweisen darauf, dass zumindest in Ausnahmefällen auch hier die Naturalrestitution denkbar sei." Auch insoweit müsse die „substitutive" Restitution möglich sein. 1 0 0
I I I . Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei anfänglichem Unvermögen Eine gesonderte Auseinandersetzung über die Frage der Naturalrestitution im Rahmen der Nichterfüllungshaftung aufgrund anfänglichen Unvermögens findet gemeinhin nicht statt. Zumeist wird auf die Ausführungen zum Schadensersatzinhalt bei nachträglicher Unmöglichkeit verwiesen. 101 Mit den bereits genannten Argumenten wird also teilweise die Möglichkeit der Naturalrestitution stets abgelehnt, teilweise aber auch bejaht. 1 0 2
I V . Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Sach- und Rechtsmängeln Auch bei auf einem Sach- oder Rechtsmangel beruhenden Schadensersatzansprüchen wegen Nichterfüllung (§§ 463, 480 II, 523 I I 1, 524 I I 2, 538 I, 541, 635 BGB) soll nach allgemeinem Verständnis grundsätzlich nur Geldersatz begehrt werden können. 1 0 3 Dies folge zwar nicht aus § 251 I 98
Jauernig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 326 Rn. 16; RGRK-Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 326 Rn. 66 mit § 325 Rn. 14; Huber, Leistungsstörungen II, § 36 I 3 (S. 180), § 55 II 1 (S. 684); RGZ 102, 60, 62; 127, 245, 248; 141, 259, 262; 149, 135, 136; vgl. auch harem, Schuldrecht I, § 23 II b (S. 357). 99 Fischer, Schaden, S. 192 f.; Staudinger-Z^vWsc/z, BGB, 13. Bearb., § 286 Rn. 67; für § 280 II BGB auch Pieper, JuS 1962, S. 414 f. 100 Vgl. etwa Pieper, JuS 1962, S. 414 f. (allein für § 280 II BGB). 101 Etwa Pieper, JuS 1962, S. 415. 102 Vgl. die Nachw. oben S. 24 ff., insbes. Fn. 55, 59, 64. 103 Früher etwa Plznck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a γ (S. 91 f.); Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 249-255 Anm. I 1 b (S. 29 f.); Windscheid/Kipp, Pandektenrecht II, § 258 Anm. 3 g (S. 69); vgl. auch StaudingerKober, BGB, 3./4. Aufl., § 463 Anm. 8 b (S. 525), § 635 Anm. 1 b α (S. 958); Soergel-Hahne, BGB, 6. Aufl., § 463 Anm. 5 (S. 51); von Tuhr, JherJb. 46 (1904), S. 49 f.; Kreß, Besond. Schuldrecht, § 26, 1 II A g (S. 22, Fn. 111). Heute etwa Pieper, JuS 1962, S. 460 ff. (abweichend aber für den Fall nachträglicher, vom Schuldner zu vertretender Rechtsmängel, S. 459); MünchKomm-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 463 Rn. 19; MünchKomm-Kollhosser, BGB, 3. Aufl., § 523 Rn. 5; MünchKomm-Soergel, BGB, 3. Aufl., § 635 Rn. 36; Jauernig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 463 Rn. 14, § 480 Rn. 8; Soergel-Huber, BGB, 12. Aufl., § 463 Rn. 38 ff., insbes. 49, 54; Soergel-Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 635 Rn. 40; Staudinger-Honseil, BGB, 13. Bearb., § 463 Rn. 65, § 480 Rn. 24; auch Erman-Grunewald, BGB, 9. Aufl. § 463 Rn. 16 (anders aber bei § 480 Rn. 11!); Erman-Seiler, BGB, 9. Aufl., § 523 Rn. 3, § 635 Rn. 13; Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., 3 Gebauer
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2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
BGB, dafür aber aus den jeweiligen Vorschriften selbst: Stets sei der Ersatzanspruch in Gegensatz zum Erfüllungsanspruch gestellt, weshalb er mit diesem nicht identisch sein könne. 1 0 4 So könne etwa beim Gattungskauf der Käufer bereits gemäß § 480 I BGB eine Naturalherstellung in Gestalt der Nachlieferung verlangen, weshalb eine solche schadensersatzrechtlich über § 480 I I BGB nicht ebenfalls geschuldet sein könne. 1 0 5 Ohnehin würde speziell bei § 463 BGB die Naturalrestitution zu einer Mangelbeseitigungspflicht des Verkäufers führen, obwohl eine solche nach den kaufvertraglichen Gewährleistungsvorschriften nicht bestehe. 106 Der Anspruch aus § 635 BGB schließlich könne nicht auf Naturalrestitution gerichtet sein, weil er anderenfalls mit dem gemäß § 634 1 3 2. Hs. BGB ausgeschlossenen Anspruch auf Mangelbeseitigung identisch wäre. 1 0 7 Die Herstellung in Natur wird dabei sowohl für den Fall, dass der Gläubiger die mangelhafte Sache behält und nur den darüber hinausgehenden Schaden verlangt („kleiner" Schadensersatz) als auch dann für ausgeschlossen erachtet, wenn er unter Rückgabe der mangelhaften Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit begehrt („großer" Schadensersatz). Beim „kleinen" Schadensersatz ergibt sich dies für viele wie selbstverständlich, weil dort stets die Differenz - also ein Geldbetrag geschuldet sei. 1 0 8 Aber auch wenn der „große" Schadensersatz gewährt wird, kommt man gemeinhin zu diesem Ergebnis. Denn etwa der Käufer solle nicht gezwungen werden können, eine anderweitige, mangelfreie Real-
§ 251 Rn. 3; Palandt-Sprau, BGB, 59. Aufl., § 635 Rn. 6a, 7; Köhler, JuS 1979, S. 496 und 869; Larenz, Schuldrecht I I / l , § 41 Π c 3 (S. 60), § 53 II a (S. 351); Walter, Kaufrecht, § 5 II 6 d bb (S. 211); Wolf, Schuldrecht BT, § 11 C III d 4 ff (S. 40). Aus der Rechtsprechung etwa BGH, WM 1975, S. 230, 231; NJW 1978, S. 1853; BGH, NJW 1998, S. 2905; BGHZ 59, 365, 367; 61, 28, 30; 61, 369, 371; 99, 81, 84; 108, 156, 159; auch OLG Hamm, NJW 1978, S. 1060 (das freilich im Ergebnis doch die Naturalrestitution gewährt!). 104 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2 a γ (S. 91); RGRK-Glanzmann, BGB, 12. Aufl., § 635 Rn. 16. 105 Pieper, JuS 1962, S. 462; Staudinger-tforcse//, BGB, 13. Bearb., § 480 Rn. 24. 106 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a γ (S. 92); auch von Tuhr, JherJb. 46 (1904), S. 49 f., Fn. 13; MünchYLomm-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 463 Rn. 19; Soergel-Huber, BGB, 12. Aufl., § 463 Rn. 54; Köhler, JuS 1979, S. 496; Pieper, JuS 1962, S. 461; BGHZ 108, 156, 159. 107 Pieper, JuS 1962, S. 460; Larenz, Schuldrecht I I / l , § 53 Π a (S. 351 mit Fn. 31). 108 Vgl. etwa Staudinger-Kober, BGB, 3./4. Aufl., § 463 Anm. 8 b (S. 525: „Bezahlung der Geldentschädigung ..."); Erman-Grunewald, BGB, 9. Aufl., § 463 Rn. 16; RGRK-Mezger, BGB, 12. Aufl., § 463 Rn. 13; Soergel-//w/?er, BGB, 12. Aufl., § 463 Rn. 39, 54; auch Heck, Schuldrecht, § 87 Nr. 11 (S. 273); Pieper, JuS 1962, S. 461.
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
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leistung annehmen zu müssen. Anderenfalls würde das Recht, großen Schadensersatz zu verlangen, gerade vereitelt. 109 Von einigen Stimmen wird indes darauf hingewiesen, auch bei der Mängelhaftung sei Raum für die Naturalrestitution. Insbesondere müsse etwa der Schuldner gemäß § 249 S. 1 BGB, also schadensersatzrechtlich den vorhandenen Mangel beseitigen 110 bzw. Schadensersatz durch Lieferung einer mangelfreien Sache (nebst Ausgleichung der sonstigen Einbußen) 111 erbringen. Der Werkunternehmer habe ggf. ein mangelfreies Werk herzustellen, sofern es sich dabei um eine andere Leistung handelt, als die von ihm primär Geschuldete 112 : So habe etwa der Architekt, der eine Drainage fehlerhaft geplant habe, nunmehr gemäß §§ 635, 249 S. 1 BGB eine fehlerfreie Drainage einzubauen.
V. Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Sonderfällen 1. Die Schadensersatzhaftung nach § 283 BGB Für die Schadensersatzpflicht gemäß § 283 BGB wird ebenfalls verbreitet angenommen, sie sei stets bzw. in aller Regel nur auf Geldersatz gerichtet. 1 1 3 Denn die Naturalrestitution dürfe nicht im Ergebnis zur Wiederher109
Vgl. etwa Staudinger-tofor, BGB, 3./4. Aufl., § 463 Anm. 8 d (S. 525 f.). Planck-Greift BGB, 3. Aufl., § 463 Anm. 1 (S. 371); Windscheid/Kipp, Pandektenrecht II, § 395 I 2 c (S. 700); Krückmann, LZ 1915, Sp. 1566; Soergel-tffl/lerstedt, BGB, 10. Aufl., § 463 Rn. 12; Peters, JZ 1977, S. 462 f.; ders., JZ 1978, S. 97 f.; StmdingeT-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 249 Rn. 180, 194; StaudingerPeters, BGB, 13. Bearb., § 635 Rn. 27 f.; Köhler, JZ 1987, S. 248 f.; Pieper, JuS 1962, S. 459, 463; Ganten, NJW 1978, S. 2593; wohl auch RGRK-Glanzmann, BGB, 12. Aufl., § 635 Rn. 15 f. Vgl. daneben Soergel -Mertens, BGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 15; BGHZ 59, 365, 367 und BGH, NJW 1991, S. 2900, die jeweils zumindest eine Pflicht zur Erstattung der Mängelbeseitigungskosten bejahen. Die von RG, WarnRspr. 1920, Nr. 107 ausgesprochene Pflicht zur Beseitigung des misslungenen Baus auf dem Grundstück des Bestellers ist dagegen kein taugliches Beispiel. Insoweit ging es allein um den Ersatz eines Mangelfolgeschadens, weil er bei bloßer Nichtleistung des Schuldners nicht eingetreten wäre. Entsprechendes gilt für die Entscheidung des OLG Braunschweig, SeuffArch. 67 (1912), Nr. 4. Der Inhalt derartiger Schäden ist jedoch nicht Gegenstand der Arbeit; vgl. im Einzelnen unten S. 191 ff. 111 Erman-Grunewald, BGB, 9. Aufl., § 480 Rn. 11. 112 So noch BGH, NJW 1962, S. 390 (zwischenzeitlich ist der BGH von dieser Auffassung abgewichen, siehe NJW 1978, S. 1853); ebenso Staudinger -Peters, BGB, 13. Bearb., § 635 Rn. 28; Jauernig-Schlechtriem, BGB, 9. Aufl., § 635 Rn. 13; RGRK-Glanzmann, BGB, 12. Aufl., § 635 Rn. 16; Ganten, NJW 1978, S. 2593. 113 Dernburg, Bürgerl. Recht II/l, § 33, 4 (S. 84); Schöller, Gruchot 45 (1901), S. 513, 530 f.; auch Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 126; Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 127; Crome, System II, § 159 II 3 (S. 131, Fn. 28); 110
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2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
Stellung des gerade gemäß § 283 1 2 2. Hs. BGB erloschenen ursprünglichen Erfüllungsanspruchs führen. 1 1 4 In Einzelfällen müsse die Herstellung in Natur jedoch insoweit in Betracht kommen, als sie „substitutiv", also durch Erbringung einer ähnlichen Leistung bewirkt werden könne. 1 1 5 So könne der Gläubiger vom Schuldner etwa die Stellung einer neuen Sicherheit verlangen, wenn der Schuldner einem Urteil auf Sicherheitsleistung trotz Fristsetzung nicht nachgekommen ist.116
2. Die Schadensersatzhaftung nach § 179 I BGB Die Frage der Möglichkeit der natürlichen Wiederherstellung stellt sich auch beim Schadensersatzanspruch gegen den Pseudovertreter. 117 Ganz überwiegend wird angenommen, geschuldet sei stets eine Ausgleichung in Geld. 1 1 8 Dabei wird vor allem darauf hingewiesen, NaturalrestituPalandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 283 Rn. 8; Soergel-Mertens, BGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 15; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 24; Staudinger-Sc/wemann, BGB, 13. Bearb., § 249 Rn. 180; Staudinger-Löwwc/i, BGB, 13. Bearb., § 280 Rn. 11, § 283 Rn. 29; Jauernig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 283 Rn. 8; Emmerich, Leistungsstörungen, § 7 IV 4 a (S. 107); BGH, NJW 1994, S. 314. 114 Jauemig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 283 Rn. 8; Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., § 283 Rn. 11; auch Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 24; RGZ 96, 20, 24 f.; BGH, NJW 1994, S. 314. 115 RGZ 73, 21, 23; 96, 20, 24 ff., RGRK-Michaelis, BGB, 8. Aufl., § 283 Anm. 3 (S. 495); Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 283 Anm. 3 (S. 190); MünchKommEmmerich, BGB, 3. Aufl., § 283 Rn. 25; Staudinger-Ldwwc/i, BGB, 13. Bearb., § 283 Rn. 29; Schmidt, ZZP 87 (1974), S. 59; RGRK-Alff, BGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 12 f.; Pieper, JuS 1962, S. 416; auch Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 24. 116 RGZ 73, 21, 23; MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 283 Rn. 25; Staudinger-Löwisch, BGB, 13. Bearb., § 283 Rn. 29; Schmidt, ZZP 87 (1974), S. 59. 117 Auch beim Schadensersatzanspruch nach § 179 I BGB handelt es sich nach allgemeiner Auffassung um einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Das Fehlen der beiden Worte „wegen Nichterfüllung" hatte allein redaktionelle Gründe: Noch § 125 Abs. 1 Satz 2 des Ersten Entwurfs sprach von „Schadensersatz wegen Nichterfüllung"; durch das Weglassen der beiden letzten Worte in § 146 Abs. 1 des Zweiten Entwurfs war keine sachliche Änderung beabsichtigt (vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, §§ 1-240, 2. Teilband, S. 921). Ebenso Planck-Flad, BGB, 4. Aufl., § 179 Anm. 4 b (S. 474); Pieper, JuS 1962, S. 417; a. A. Oertmann, BGB, 3. Aufl., § 179 II 2 b γ (S. 653). 118 Siehe aus der früheren Literatur Hupka, Haftung des Vertreters, S. 231 ff.; Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 262 ff.; Enneccerus, Einl./Allgem. Teil, § 170 (S. 451, Fn. 13); Planck-Flad, BGB, 4. Aufl., § 179 Anm. 4 b (S. 474); PlanckSiber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a δ (S. 92); Oertmann, BGB, 3. Aufl., § 179 Anm. II 2 b (S. 653 f.); Hellmann, KritVjSchr. 41 (1899), S. 244; vgl. auch RGRKOegg, BGB, 8. Aufl., § 179 Anm. 1 (S. 304).
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
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tion würde bedeuten, dass der Vertreter den Dritten so stellt, wie er bei Wirksamkeit des Geschäfts mit dem Vertretenen stünde. Dies entspreche aber bereits der im Rahmen von § 179 I BGB geschuldeten „Erfüllung". Die Gegenüberstellung von „Erfüllung" und „Schadensersatz" würde daher keinen Sinn machen. 119 Vereinzelt wird hingegen die Auffassung vertreten, der Schadensersatzanspruch sei primär auf Naturalrestitution gerichtet. 120 Wiederum von Fischer wurde darauf hingewiesen, dass eine Identität von Naturalrestitution und Erfüllung keineswegs zwingend sei, weil der Schaden weitergewirkt und andere Folgen ausgelöst haben könne, die nunmehr nach § 249 S. 1 BGB zu ersetzen seien. 121 In den übrigen Fällen gehe der Schadensersatzanspruch bei sinngemäßer Anwendung des den §§ 179, 249 BGB zugrunde liegenden Gedankens 122 zwar in erster Linie auf Erfüllung bzw. Verschaffung durch den falsus procurator. Doch unterscheide sich dieser erheblich vom ursprünglichen Erfüllungsanspruch, weil er über § 250 BGB nach Fristsetzung oder über § 251 I I BGB bei Unverhältnismäßigkeit in einen Geldanspruch umgewandelt werden könne, der Umweg über § 283 BGB also entbehrlich sei. 1 2 3 Aus der heutigen Literatur etwa RGRK-Stejfen, BGB, 12. Aufl., § 179 Rn. 12; MünchKomm-Schramm, BGB, 3. Aufl., § 179 Rn. 32; Staudinger-Schilken, BGB, 13. Bearb., § 179 Rn. 16; Stmdmger-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 249 Rn. 180; Soergel-Leptien, BGB, 13. Aufl., § 179 Rn. 17; Soergel-Mertens, BGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 15; Ermm-Brox, BGB, 9. Auf., § 179 Rn. 9; Jauernig -Jauernig, BGB, 9. Aufl., § 179 Rn. 8; Pieper, JuS 1962, S. 417; Larenz/Wolf, Allgem. Teil, § 49 Rn. 22; Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 179 Rn. 6. Aus der Rechtsprechung etwa OLG Karlsruhe, Bad. Rechtspraxis 1912, S. 163. 119 Hupka, Haftung des Vertreters, S. 232; Enneccerus, Einl./Allgem. Teil, § 170 (S. 451, Fn. 13); Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 263; Planck-F/ad, BGB, 4. Aufl., § 179 Anm. 4 b (S. 474); Oertmann, BGB, 3. Aufl., § 179 Anm. II 2 b BGB, 13. Bearb., § 179 Rn. 16; Erman-Brox, (S. 653 f.); Staudinger-Schilken, BGB, 9. Aufl., § 179 Rn. 9; Soergel-Leptien, BGB, 13. Aufl., § 179 Rn. 17; Enneccerus/Nipperdey, Allgem. Teil, § 183 (S. 1123, Fn. 18); Jauernig -Jauernig, BGB, 9. Aufl., § 179 Rn. 8; Pieper, JuS 1962, S. 417. 120 Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 179 Anm. 2 (S. 310 f.); Staudinger-Riezler, BGB, 3./4. Aufl., § 179 Anm. 4 (S. 554); Fischer, Schaden, S. 129 f. Vgl. auch Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 296. 121 Fischer, Schaden, S. 130. 122 Nur sinngemäß sollte die Anwendung deshalb sein, weil als Erfüllung im Sinne von § 179 I BGB nicht die Verschaffung durch den vermeintlich Vertretenen (dessen Verpflichtung vom Gesetz offenbar nicht gewollt sei), sondern durch den Pseudovertreter geschuldet sei. Entsprechend bestehe der Schadensersatz in der Herstellung des Zustandes, der bestünde, wenn der Pseudovertreter erfüllt hätte. Vgl. Staudinger-Riezler, BGB, 3./4. Aufl., § 179 Anm. 4 (S. 554); F\anck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 179 Anm. 2 (S. 310). 123 Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 179 Anm. 2 (S. 310 f.); Fischer, Schaden, 5. 130.
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2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
3. Die Schadensersatzhaftung nach § 286 I BGB Da von einigen Stimmen in der Literatur der Verzug ebenfalls als teilweise Unmöglichkeit - in Ansehung der Zeit - aufgefasst w i r d 1 2 4 , stellt sich Frage des Inhalts des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung auch im Hinblick auf den Verzugsschaden nach § 286 I BGB. Die Anhänger eines solchen Verzugsverständnisses lehnen verbreitet aus den oben genannten Gründen, insbesondere also unter Verweis auf § 251 I BGB die naturale Wiederherstellung ab. 1 2 5 Dagegen bejaht Fischer 126 auch insoweit die Möglichkeit der Naturalrestitution unter Hinweis darauf, dass selbige mit der Erfüllung keineswegs identisch sein müsse. So könne die Nichtleistung in der Vergangenheit noch nachwirken, weshalb die gegenwärtigen Folgen zu beseitigen seien: Komme beispielsweise Β mit seiner Pflicht, die an A herauszugebenden Sachen bei sich bereit zu stellen, in Verzug und müsse der bei Β erschienene A deshalb unverrichteter Dinge wieder abziehen, so bestehe sein Schadensersatzanspruch darin, dass Β ihm nunmehr die Sachen vorbeibringt. Die ursprüngliche Holschuld verwandle sich damit quasi in eine Bringschuld des B. Denn hätte Β rechtzeitig die Sachen zur Abholung bereit gestellt, hätte sie A mitnehmen können, als er bei Β erschienen war. Überwiegend wird es indes abgelehnt, den Verzug als Fall der Unmöglichkeit zu begreifen (sofern nicht ein Fixgeschäft vorliegt). 1 2 7 Dies wider124
Etwa Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 31 ff., insbes. S. 34 f., 41; Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 286 Anm. 1 (S. 97); Fischer, Schaden, S. 198; Himmelschein, AcP 135 (1932), S. 291 ff., bes. S. 295 f.; ders., AcP 158 (1959/ 1960), S. 284 ff.; Wicher, AcP 158 (1959/1960), S. 300; Evans-von Krbek, AcP 179 (1979), S. 124 f.; Westhelle, Nichterfüllung, S. 92 mit Fn. 377; Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 135 f.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 1 I (S. 3); vgl. auch Huber, Leistungsstörungen I, § 1 I 2 (S. 4). Schon die Gesetzes Verfasser hatten dieses Grundverständnis. Die erste Kommission führte etwa aus: „Der Verzug des Schuldners involvirt eine von diesem zu vertretende theilweise Unmöglichkeit der Erfüllung der ihm obliegenden Leistung, nämlich der Erfüllung in Ansehung der Zeit, zu der sie zu bewirken ist." (Mugdan, Materialien II, S. 31); sowie: „Der Verzug ist in der That ein Fall theilweiser Unmöglichkeit der Leistung." (Mugdan, Materialien II, S. 28). Demgemäß seien die Voraussetzungen und Folgen des Verzuges „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen über die Vertretbarkeit der Nichterfüllung bz. über die Unmöglichkeit der Erfüllung festzusetzen." (Mugdan, Materialien II, S. 33). 125 Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 286 Anm. 1 (S. 97); Crome, System II, § 162, 1 (S. 141); vgl. Westhelle, Nichterfüllung, S. 92, Fn. 377. 126 Fischer, Schaden, S. 198 ff.; ihm folgend Kreß, Allgem. Schuldrecht, § 16, 4 b (S. 350). 127 Vor allem Staub, Vertragsverletzungen, bes. S. 9 ff., 21 ff., 35 ff.; Stoll, AcP 136 (1932), S. 268 ff.; Dernburg, Bürgerl. Recht I I / l , § 71 (S. 165, Fn. 4); Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 286 Anm. 1 (S. 139); Kisch, GrünhutsZ. 29
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
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spreche der natürlichen Auffassung in allen Fällen, in denen die Zeit kein wesentliches Moment der Leistung bilde. 1 2 8 Demgemäß unterscheide das Gesetz auch klar zwischen bloßem Verspätungsschaden und Nichterfüllungsschaden. 129 Zum Teil wird dann die Naturalrestitution als generell ausgeschlossen angesehen. 130 Andere vertreten die Auffassung, der Schadensersatz nach § 286 I BGB sei zwar zumeist Geldersatz 131 , weil der Nachteil der Zeitversäumung keiner Herstellung in Natur fähig sei. Doch gebe es Ausnahmefälle, in denen die gemäß § 249 BGB primär geschuldete Naturalrestitution möglich sei. 1 3 2 So könne der Gläubiger die Einräumung einer Rechtsstellung verlangen, die er ohne den Verzug des Schuldners inzwischen innehaben würde: Wenn der Gläubiger beispielsweise durch den Verzug mit einer Verbindlichkeit (etwa Prozesskosten) belastet worden sei, so bestehe der Schadensersatz in der Befreiung von derselben, also in der naturalen Wiederherstellung. 133 Gerate der Schuldner mit seiner Pflicht, den Gläubiger als Gesellschafter aufzunehmen, in Verzug und hätte der Gläubiger, falls rechtzeitig erfüllt worden wäre, über § 142 HGB die Geschäftsübernahme geltend machen können, so stehe ihm gemäß §§ 286 I, 249 S. 1 BGB das Recht zu, die Überlassung des Geschäfts zu verlangen. 134 Und wenn A sich (1902), S. 351; ders., Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 22; Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 286 Anm. 1 a (S. 278 f.); Soergel-Schmidt, BGB, 10. Aufl., Vor § 275 Rn. 34; von Lackum, Verschmelzung, S. 131 ff.; Nastelski, JuS 1962, S. 291 f., 294. Vgl. auch RGRK-Aljf, BGB, 12. Aufl., § 286 Rn. 1 f. 128 Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 286 Anm. 1 (S. 139). 129 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 286 Anm. 1 a (S. 279). 130 Schollmeyer, BGB, § 286 Anm. 1 (S. 125). 131 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2 a ε (S. 92); MünchKomm-77zo^, BGB, 3. Aufl., § 286 Rn. 5; Blomeyer, Allgem. Schuldrecht, § 33 II 1 (S. 195); Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 11; Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 286 Rn. 5; Soergel- Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 286 Rn. 12; Jauernig -Vollkommen BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 6; Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 11; BGH, WM 1964, S. 1168, 1169; BGH, NJW 1986, S. 987 f. mit w. Nachw. Vgl. auch RGZ 107, 149, 150. 132 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 251 Anm. 2a ε (S. 92), § 286 Anm. 2a (S. 280); Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 286 Anm. 2a (S. 140); auch Soergel-Hahne, BGB, 6. Aufl., § 286 Anm. I 2 (S. 570); Jmemig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 6; Erman -Battes, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 11; Staudinger-Löwisch, BGB, 13. Bearb., § 286 Rn. 11 f.; RGRK-Aljf, BGB, 12. Aufl., § 286 Rn. 7; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 286 Rn. 12. 133 BGH, NJW 1989, S. 1215, 1216; Rimck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 286 Anm. 2 a (S. 280); auch Jauernig- Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 6; Erman -Battes, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 11; Staudinger-Löwwc/i, BGB, 13. Bearb., § 286 Rn. 12; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 286 Rn. 12. 134 RGZ 165, 260, 269 ff.; Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 11; Stauding&T-Löwisch, BGB, 13. Bearb., § 286 Rn. 12; Soergel -Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 286 Rn. 12.
2. Kap.: Überblick über den Meinungsstand
40
gegenüber Β zum Umpflügen des Ackers verpflichtet habe und damit in Verzug komme, könne er den fälligen Schadensersatz naturaliter durch längere und intensivere Arbeit erbringen. So würde der Zustand hergestellt (nämlich die vollständige Umpflügung des Ackers vor der Saatzeit), der bestehen würde, wenn der Verzug nicht eingetreten wäre. 1 3 5 Ein besonderes Interesse des Gläubigers an der Naturalrestitution bestehe insbesondere dann, wenn durch den Verzug ein wegen § 253 BGB in Geld nicht zu ersetzender Nichtvermögensschaden entstanden sei. 1 3 6
4. Die Schadensersatzhaftung nach § 628 I I BGB Die Schadensersatzhaftung nach § 628 I I BGB wird gemeinhin als eine solche „wegen Nichterfüllung" angesehen, auch wenn der Wortlaut dies nicht ausdrücklich hervorhebt. 137 Eine besondere Darlegung der Möglichkeiten der Naturalrestitution bei dieser Haftung findet zumeist nicht statt. Oft wird jedoch statuiert, auf diese Schadensersatzpflicht fänden die §§ 249 ff. BGB Anwendung. 1 3 8 Und entsprechend wird eine Naturalrestitutionspflicht - wenn auch unausgesprochen! - in Einzelfällen angenommen. 1 3 9 So habe beispielsweise der Arbeitnehmer, dem wegen vertragswidrigen Verhaltens gekündigt wurde, den Arbeitgeber gemäß § 628 I I BGB von etwaigen Verzugsschäden freizustellen bzw. eine etwa verwirkte Vertragsstrafe zu übernehmen. 140
5. Die Schadensersatzhaftung aus pFV Nach überwiegender Meinung soll es auch im Rahmen der pFV in Ausnahmefällen zu einer Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung kommen können. Während aus pFV regelmäßig nur Ersatz für die Beeinträchtigung sonstiger, bei Vertragsschluss bereits beim Gläubiger bestehender Rechtsgüter verlangt werden könne (Ersatz des Erhaltungs- bzw. Integritätsinteresses), komme eine auf sie gestützte Nichterfüllungshaftung ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das vertragliche Versprechen nicht ordnungsgemäß erfüllt werde, spezielle Haftungstatbestände aber fehlten. 141 135
StmdingQT-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 286 Anm. 2 a (S. 140). StmdingQT-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., § 286 Anm. 2 a (S. 140). 137 Vgl. etwa Staudinger-Preis, BGB, 13. Bearb., § 628 Rn. 45. 138 MünchKomm-Schwerdtner, BGB, 3. Aufl., § 628 Rn. 43; Jauernig-Schlechtriem, BGB, 9. Aufl., § 628 Rn. 6; Erman-Hanau, BGB, 9. Aufl., § 628 Rn. 18. 139 Etwa MünchKomm-Schwerdtner, BGB, 3. Aufl., § 628 Rn. 45; auch Staudinger-Preis, BGB, 13. Bearb., § 628 Rn. 49, 53. Gegen die Naturalrestitutionspflicht bei § 628 II BGB etwa von Tuhr, KritVjSchr. 47 (1907), S. 76. 140 MünchKomm-Schwerdtner, BGB, 3. Aufl., § 628 Rn. 45. 136
Β. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung
41
Eine solche Konstellation wird teilweise etwa im Falle der nachträglichen Beschädigung des verkauften oder verschenkten Gegenstandes durch den Schuldner angenommen. 142 Auch der Ersatzanspruch des Gläubigers im Falle ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung sowie bei Unzumutbarkeit der (weiteren) Vertragsdurchführung aufgrund treuwidrigen Verhaltens des Schuldners soll sich nach verbreiteter Auffassung aus pFV ergeben. 1 4 3 Für diese Fälle der Haftung aus pFV wird gemeinhin die Naturalrestitution für ausgeschlossen erachtet. Insoweit gelte dasselbe, wie bei der auf die §§ 325, 326 BGB gestützten Haftung. 1 4 4
141
Vgl. hierzu unten S. 191 ff. Vgl. die Nachw. unten in Fn. 380, 439. 143 So etwa BGH, NJW 1994, S. 1653, 1654; wohl auch BGHZ 65, 372, 374 f. (für den Fall der Erfüllungsverweigerung), sowie BGHZ 11, 80, 84; BGH, NJW 1978, S. 260 (für den Fall der Unzumutbarkeit der weiteren Vertragsdurchführung). 144 Staudinger-Ofto, BGB, 13. Bearb., § 325 Rn. 35; Pieper, JuS 1962, S. 416 f.; vgl. auch Emmerich, Leistungsstörungen, § 22 II (S. 253); Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 29 III 2 a (S. 155 f.). Die Naturalrestitution dagegen bejahend etwa Schünemann, JuS 1987, S. 8. 142
3. Kapitel
Kritik und eigener Ansatz A. Vorgehensweise Die aufgezeigten Stellungnahmen zur Frage der Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung leiden vielfach an einer entscheidenden Schwäche: Sie werden nicht selten rein intuitiv unter Rückgriff auf Figuren, wie die „Natur der Sache" oder auf Sätze, wie „Der Schadensersatz darf mit der primär geschuldeten Erfüllung nicht identisch sein" begründet. Weil diese auf den ersten Anschein überzeugend klingen, unterbleibt ihre nähere Untersuchung, die ihre Fragwürdigkeit aufdecken würde. Die Heranziehung solcher Figuren und Sätze führt daher zu ungenauen Ergebnissen. Zugleich übergeht sie - ohne dies erklären zu können - die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 249 ff. BGB, die zumindest aufgrund ihrer systematischen Stellung auch für das Verhältnis von Naturalrestitution und Geldkompensation bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen gelten müssten. Um diese Schwächen zu vermeiden, muss zur Beantwortung der hier gestellten Frage bei den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen - also den §§ 249 ff. BGB sowie den die Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung anordnenden Vorschriften 145 - selbst angesetzt werden. Ein solcher Ansatz kann dabei nur wie folgt aussehen: Auszugehen ist von der gesetzlichen Anordnung der Naturalrestitution in § 249 S. 1 BGB auch für Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Dies ist gesetzessystematisch vorgegeben. Und es entspricht - wie oben dargelegt 146 - dem gesetzgeberischen Verständnis. Wenn in Fällen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung gleichwohl nur Geldersatz geschuldet sein soll, so muss entweder ein gesetzlicher Restitutionsausschlussgrund verwirklicht sein. Oder es muss ein ungeschriebener, sich nur mittelbar aus 145
Die Untersuchung beschränkt sich dabei auf die - insoweit grundlegenden Vorschriften des allgemeinen und besonderen Schuldrechts. Auf ein näheres Eingehen auf die besonderen handelsrechtlichen Schadensersatzbestimmungen wegen Nichterfüllung (etwa §§ 375, 376 HGB) soll wegen der im Handelsrecht herrschenden besonderen Interessenlage im Hinblick auf die Schadensabwicklung dagegen verzichtet werden. 146 Siehe oben S. 21 f.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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dem Gesetz ergebender Ausschlussgrund eingreifen, dessen Existenz freilich eingehender zu begründen wäre. Eben dies soll im Folgenden für die einzelnen Tatbestände der Nichterfüllungshaftung untersucht werden. Grundlage dieser Untersuchung wird dabei die Klärung des Haftungsgrundes der jeweiligen Schadensersatzbestimmungen sein. Denn erst wenn dieser klargestellt ist, kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob zugleich der Tatbestand eines geschriebenen (oder gar eines ungeschriebenen) Restitutionsausschlussgrundes verwirklicht ist. Wird auf diese Weise geklärt, wann die Naturalrestitution bei den betreffenden Haftungstatbeständen geschuldet ist und wo sie ausscheidet, kann das verbreitete Urteil, beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung scheide die naturale Herstellung stets oder in den meisten Fällen aus, überprüft werden. Und zugleich kann geklärt werden, ob der Rückgriff auf „ungeschriebene" Restitutionsausschlussgründe erforderlich ist, ob also die §§ 249 ff. BGB beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur eingeschränkt oder - wie bei allen anderen Schadensersatzansprüchen - vorbehaltlos angewandt werden können.
B. Die Möglichkeit der Naturalrestitution in den Fällen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung I. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei nachträglicher Unmöglichkeit 1. Geschriebene Restitutionsausschlussgründe Fraglos liegt es auf den ersten Blick nahe, i m Falle der Schadensersatzhaftung wegen objektiver Unmöglichkeit die Naturalrestitution schon nach § 2 5 1 I 1. Alt. BGB für ausgeschlossen zu erachten. Wenn die Erfüllung objektiv unmöglich ist, dann muss dies - so scheint es in der Tat und so lautet ja die gängige Argumentation - auch für die inhaltlich mit der Erfüllung übereinstimmende Naturalrestitution gelten. In Wahrheit setzt die Richtigkeit dieses Schlusses jedoch zweierlei voraus: Zum einen müsste die naturale Wiederherstellung tatsächlich stets mit der zunächst geschuldeten Erfüllung identisch sein. Zum anderen müsste diese inhaltliche Identität dazu führen, dass bei Unmöglichkeit der Leistungsverpflichtung zugleich auch die naturale Herstellungspflicht unmöglich ist. Wie gezeigt werden wird, trifft jedoch beides nicht zu: Die nach § 249 S. 1 BGB geschuldete Naturalrestitution muss keineswegs immer mit der
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Erfüllungspflicht übereinstimmen. Aber auch in Fällen der Identität führt die Unmöglichkeit der Erbringung der vertraglich versprochenen Leistung nicht stets dazu, dass damit zugleich die Naturalrestitution im Sinne von § 251 I 1. Alt. BGB unmöglich ist: Die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges kann leistungsstörungsrechtlich unmöglich, und dennoch schadensersatzrechtlich möglich sein! Nicht anders ist der Befund für das Unvermögen: Auch insoweit könnte man zunächst annehmen, die Naturalrestitution sei generell ausgeschlossen. Dies kann entweder unter Berufung auf die §§ 251 I 1. Alt., 275 I I BGB geschehen, indem man die in § 275 I I BGB angeordnete Gleichstellung von objektiver und subjektiver Unmöglichkeit auch im Schadensersatzrecht anwendet und folglich die Naturalrestitution bei bloßem Unvermögen ebenfalls für ausgeschlossen hält. Denn dann müsste bei subjektiver Unmöglichkeit der Erfüllung auch die (nach der gängigen Argumentation) inhaltlich mit dieser stets übereinstimmende naturale Wiederherstellung subjektiv unmöglich und also nach den §§251 I 1. Alt., 275 I I BGB ausgeschlossen sein. Oder man könnte die generelle Verwirklichung des Restitutionsausschlussgrundes des § 251 I I 1 BGB annehmen: Wenn die Pflicht zur Herstellung bereits dann (zugunsten der Geldersatzpflicht) wegfalle, sobald diese dem Schuldner unzumutbar ist, so müsse dies erst recht gelten, wenn sie ihm sogar unmöglich ist! Doch sind diese Schlussfolgerungen entsprechend dem gerade Ausgeführten verfehlt: Sie setzen voraus, dass sich Restitutions- und Erfüllungspflicht stets inhaltlich decken und dass sie beide die gleichen Grenzen haben, die subjektive Unmöglichkeit also beide Male identisch auszulegen ist. Wie bereits oben erwähnt und im Folgenden näher darzulegen sind beide Prämissen verfehlt: Restitutions- und Erfüllungspflicht können inhaltlich von einander abweichen. Und selbst dann, wenn beide identisch sind, führt die subjektive Unmöglichkeit der Erfüllung keineswegs zwingend zur subjektiven Unmöglichkeit oder auch nur zur Unzumutbarkeit der schadensersatzrechtlich primär geschuldeten Herstellung. Zwischen leistungsstörungsrechtlicher und schadensersatzrechtlicher Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit besteht ein struktureller Unterschied.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution a) Die mögliche inhaltliche Verschiedenheit und Naturalrestitution
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von Erfüllung
aa) Die Verschiedenheit in Fällen der „substitutiven" Restitution (1) Die Naturalrestitution ist auf Herstellung des Zustandes gerichtet, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Verbreitet wird dabei aber angenommen, dass eine vollständige Identität des herzustellenden Zustandes mit dem hypothetisch bestehenden nicht erforderlich ist, dass vielmehr die Ähnlichkeit bzw. wirtschaftliche Gleichwertigkeit genügt. 1 4 7 Bei Verletzung einer vertretbaren Sache (etwa eines Reißnagels) soll die Restitution also beispielsweise durch Leistung einer Sache der gleichen Gattung (d.h. eines anderen Reißnagels) erbracht werden können. 1 4 8 Weil hier an die Stelle des verletzten Gegenstandes ein Ersatz tritt, kann diese Form der Naturalherstellung als „substitutive" oder „surrogative" Restitution bezeichnet werden. 1 4 9 Freilich werden Rechtfertigung, Voraussetzungen und Umfang einer solchen „substitutiven" Restitution kaum eingehender untersucht. 150 Daher ver147
Etwa Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 249 Anm. 2 b (S. 64 f.); Jauernig-Teichmann, BGB, 9. Aufl., § 251 Rn. 3; Larenz, Schuldrecht I, § 28 II (S. 472); MünchKomm-Grunsky, BGB, 3. Aufl., § 249 Rn. 3; Lange, Schadensersatz, § 5 II 1 (S. 214 f.); Pieper, JuS 1962, S. 410; Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 32 I 1 b (S. 200 f.); Medicus, JuS 1969, S. 449; BGH, NJW 1985, S. 2413, 2414. Kritisch zur Einordnung der (Wieder-)Beschaffung eines Ersatzgegenstandes in den Bereich der Restitution dagegen Schiemann, FS Steffen, S. 401 ff. Sein Hinweis, S. 402, es sei nicht hinzunehmen, dass bei der Zerstörung einer Sache der Schädiger selbst (also auch gegen den Willen des Geschädigten) die Ersatzsache für den Geschädigten aussucht, ist dabei durchaus zutreffend. M. E. kann dem jedoch - trotz des insoweit nicht einschlägigen Wortlauts von § 249 S. 2 BGB - durch eine weite, an der ratio orientierte Anwendung dieser Vorschrift begegnet werden. Auch im Falle der Zerstörung kann sich daher der Geschädigte selbst den Ersatzgegenstand besorgen und dem Schädiger nach § 249 S. 2 BGB hierfür die Kosten in Rechnung stellen. Wie bei der Beschädigung ist es bei der Zerstörung dem Geschädigten nicht zumutbar, dass der Schädiger selbst für die Herstellung sorgt. Dieser hat sich bereits als unzuverlässig erwiesen, weshalb der Geschädigte die „Dinge selbst in die Hand nehmen" darf. Aufgrund der Parallelität der Interessenlage kann die Vorschrift entsprechend herangezogen werden. Vgl. dazu nunmehr U. Picker, Naturalrestitution, 3. Kap. C I. 148 Vgl. nur etwa Medicus, JuS 1969, S. 449. Im Hinblick auf unvertretbare Sachen soll diese Form des Schadensausgleiches hingegen nach verbreiteter Ansicht nicht möglich sein; vgl. nur etwa Staudmg&T-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 249 Rn. 183. 149 So etwa Schmidt, JuS 1986, S. 520. Prölss, JuS 1986, S. 171, spricht von „Quasi-Naturalrestitution". 150 So auch Pieper, JuS 1962, S. 412. Vgl. jetzt freilich die Untersuchung von U. Picker, Naturalrestitution, 3. Kap.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
wundert es nicht, dass Wesen und genaue Handhabung dieser Figur in vielerlei Hinsicht unklar sind. Soll etwa der Schädiger einer Sache, der zufällig im Besitz einer ähnlichen Sache ist, gezwungen sein, diese als Schadensersatz zu leisten, auch wenn er diese behalten will oder anderweitig über sie disponiert hat? Ist die Herbeiführung eines ähnlichen Zustandes schadensersatzrechtlich auch dann ausreichend, wenn die Herbeiführung des identischen Zustandes noch im Sinne von § 251 I 1. Alt. BGB möglich ist? Diese und andere Fragen gilt es zunächst zu klären, bevor aus der Figur der „substitutiven" Restitution Rückschlüsse auf die Frage der Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung gezogen werden können: Erst muss klar sein, ob eine „substitutive" Restitution überhaupt existiert und ob ihre Voraussetzungen in den Fällen der Nichterfüllungshaftung verwirklicht sein können. (a) Fragwürdig ist zunächst, ob diese Form der Herstellung überhaupt Teil des in den §§ 249 ff. BGB angeordneten „Schadensersatzprogramms" ist. Hintergrund der Restitutionspflicht (die für den Schädiger oftmals belastender ist als die Pflicht zur Kompensation! 151 ) ist die Anerkennung des Interesses des Geschädigten an konkreten subjektiven Rechten. Während die Kompensation nur den wertmäßigen Bestand des Vermögens insgesamt sichert, schützt die Restitution das - immaterielle! - Interesse, ganz bestimmte Vermögensgegenstände sowie nicht Vermögenswerte Positionen zu haben. Jene verwirklicht also - wenn man es so ausdrücken will - nur das „Vermögensinteresse", diese dagegen das „Sachinteresse". 152 151 Die Restitutionskosten übersteigen nicht selten den mit der Schädigung einhergehenden Wertverlust, der im Rahmen der Kompensation auszugleichen wäre. Beispiel: Die Beschädigung eines PKWs, der noch einen Wert von 5.000 DM hat, macht eine Reparatur erforderlich, die 6.000 DM kosten würde. Vgl. im Übrigen Schiemann, FS Steffen, S. 400; ders., Argumente, S. 208 f. 152 Der Schutz dieses „Sachinteresses" rechtfertigt sich dabei aus der Überlegung, dass niemand gezwungen sein soll, einzelne seiner Vermögensgüter zu Geld zu machen. Müsste sich der Geschädigte stets mit der Kompensation in Geld begnügen, so käme dies einem Kontrahierungszwang gleich: Ohne seinen Willen träte an die Stelle eines konkreten Rechtsgutes ein diesem wertmäßig entsprechender Betrag. Ein solcher Zwang zur (entschädigten!) Preisgabe konkreter Güter ohne sachlichen Grund (wie insbesondere das Vorliegen der Tatbestände des § 251 I 1. Alt., II BGB) widerspricht aber grundlegenden Prinzipien unserer Rechtsordnung. Siehe dazu Medicus, JuS 1969, S. 450; Slmdinger-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 251 Rn. 16; Schiemann, DAR 1982, S. 311. Zugleich ergibt sich damit die Antwort auf die oft diskutierte Frage, ob der Geschädigte die nach § 249 S. 2 BGB erstatteten Restitutionskosten auch tatsächlich zur Wiederherstellung einsetzen muss oder frei über sie verfügen kann. Der am Sachinteresse orientierte Ausgleich rechtfertigt sich selbstverständlich nur, wenn der Geschädigte dieses Sachinteresse auch tatsächlich hat. Sorgt er dagegen nicht für die Wiederherstellung, so bringt er damit deutlich zum Ausdruck, dass er in Wahr-
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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Davon ausgehend vermag es aber auf Anhieb nicht einzuleuchten, weshalb die Restitution auch durch Herbeiführung eines ähnlichen Zustands, konkret also etwa durch Leistung einer ähnlichen Sache zu erbringen ist. Denn dadurch erlangt der Geschädigte gerade nicht den konkret verletzten Vermögensgegenstand zurück, an dem er möglicherweise ein besonderes (Affektions-)Interesse hatte. Die „substitutive" Herstellung verwirklicht also gar nicht das oben beschriebene „Sachinteresse". Verwirklichte sie aber genau wie die Kompensation lediglich das „Vermögensinteresse", so wäre ihre Existenz fragwürdig. Denn wie dieses „Vermögensinteresse" geschützt wird, dürfte das Gesetz durch die Regelung der Kompensation abschließend angeordnet haben. Die „substitutive" Restitution rechtfertigte sich daher nur dann, wenn durch sie ein über das „Vermögensinteresse" hinausgehendes und zugleich berechtigtes Interesse des Geschädigten realisiert würde. Dies erscheint auf den ersten Blick zweifelhaft. In der Tat fällt die Abgrenzung zwischen „substitutiver" Restitution und Kompensation schwer 1 5 3 : Wenn A beispielsweise die von Β gerade im Supermarkt erworbene Vase zerstört, Β sich dort sofort ein neues Exemplar kauft und nun von A die Kosten dafür verlangt, so könnte dieser Anspruch einerseits auf § 251 I 1. Alt. BGB gestützt werden: Die Kosten stellen den Vermögensschaden des Β dar, weil der Neuerwerb adäquat-kausale Folge der Schädigung war. Andererseits freilich könnte auch § 249 S. 2 BGB herangezogen werden: Als „substitutive" Restitution war die Leistung einer neuen Vase geschuldet, weshalb Β die dafür aufgewandten Mittel ersetzt verlangen kann. 1 5 4 Finanziell - so scheint es - entspricht der Aufwand der Beschaffung einer Ersatzsache stets der vom Geschädigten erlittenen Vermögenseinbuße. Durch die heit kein Sach-, sondern nur ein Vermögenserhaltungsinteresse besitzt. Folglich hat er schadensersatzrechtlich auch nur einen Anspruch auf Verwirklichung des Letzteren. Besteht also gar keine Möglichkeit mehr, den Schaden des Schuldners zu restituieren - etwa, weil der beschädigte Gegenstand nachträglich untergegangen ist oder vom Schuldner veräußert wurde - , so scheidet ein Ersatz der bloß fiktiven Restitutionskosten über § 249 S. 2 BGB aus. Und setzt der Geschädigte die Restitutionskosten nach § 249 S. 2 BGB nicht zur Herstellung ein, so hat er sie auszukehren, soweit sie den ihm kompensatorisch (nach § 251 BGB) zustehenden Betrag übersteigen. Anderenfalls würde die Schadensersatzhaftung - über den Ausgleich des Nachteils hinaus - zu einem Vorteil, einer Bereicherung des Geschädigten führen. Eine derartige Vermögensaufstockung ist aber nicht Ziel des Schadensersatzrechts. Zutreffend daher Keuk, Vermögensschaden, S. 220 ff.; auch Köhler, JZ 1987, S. 249; SiaudingQT-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 249 Rn. 225 ff.; Schiemann, DAR 1982, S. 311 f., der freilich nach Erhalt der Restitutionskosten für die freie Verwendbarkeit derselben eintritt. Eingehend nachgewiesen wird die Abhängigkeit der Ersatzfähigkeit der Restitutionskosten nach § 249 S. 2 von ihrer tatsächlichen Entstehung nunmehr von U. Picker, Naturalrestitution. 153 Vgl. dazu Schiemann, FS Steffen, S. 401 f. 154 Zur Anwendbarkeit des § 249 S. 2 BGB auch im Fall der Zerstörung einer Sache siehe oben in Fn. 147.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
„substitutive" Restitution würde der Geschädigte wertmäßig also immer nur das erlangen, was er im Wege der Kompensation erhielte. Der einzige Unterschied zwischen beiden Ersatzformen bestünde mithin darin, dass der Schädiger bei der „substitutiven" Restitution primär selbst den Ersatzgegenstand besorgen muss, während er es bei der Kompensation bei der Begleichung der dafür erforderlichen Kosten belassen kann. 1 5 5 Wenn es aber auch bei jener nur um den Schutz des Vermögenswertes ginge, wäre es kaum zu rechtfertigen, dass dem Schädiger eine solche Beschaffungspflicht auferlegt wird, wenn doch das Gesetz in den §§ 250, 251 BGB zur Realisierung des „Vermögensinteresses" allein die Geldzahlung durch den Schädiger für ausreichend erklärt, weil sich der Geschädigte den Ersatzgegenstand problemlos selbst auf dem Markt beschaffen kann. Doch wäre der Schluss, die „substitutive" Restitution sei daher überflüssig und folglich neben der Kompensation nicht zu rechtfertigen, gleichwohl verfehlt. Die Figur erfährt ihre Legitimation in zweierlei Hinsicht: Zum einen zeigt sich die Wichtigkeit der beschriebenen „Beschaffungspflicht" des Schädigers in Zeiten der Inflation und Sachgüterknappheit. 156 Hier würde dem Geschädigten der Ausgleich seiner Vermögenseinbuße in Geld kaum nützen, weil die Beschaffung eines Ersatzgegenstandes mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Allein die Leistung eines entsprechenden Gegenstandes durch den Schädiger würde den erlittenen Verlust effektiv ausgleichen. 157 Vor allem aber erweist sich der oben aufgestellte Satz, die Kosten für die Beschaffung eines Ersatzgegenstandes entsprächen finanziell stets der erlittenen Vermögenseinbuße, bei näherer Betrachtung als falsch. Die Beschaffung verursacht nämlich auch Kosten, die sich wertmäßig nicht im erlangten Gegenstand niederschlagen, d.h. beim Verkauf des betreffenden Gegenstandes nicht dem Verkäufer zugute kämen. 1 5 8 Als Beispiel sei nur die fällige Mehrwertsteuer angeführt: Der Wert einer Sache bemisst sich für den Eigentümer danach, was er für diese auf dem Markt erzielen könnte. Vom potentiellen Verkaufserlös freilich ist ggf. die Mehrwertsteuer abzuziehen, weil der Eigentümer diese nicht behalten darf und sie für ihn folglich 155
So zutreffend Medicus, JuS 1969, S. 452. Siehe dazu nur etwa OLG Hamm, MDR 1948, S. 178, 179 f.; sowie Withake, MDR 1948, S. 134 ff.; vgl. auch Schmidt, JuS 1986, S. 520, Fn. 46; Emmerich, Leistungsstörungen, § 11 II 2 (S. 133). 157 Freilich handelte es sich bei der „substitutiven" Restitution in derartigen Fällen genau genommen nur um eine besondere Form der Kompensation: Weil Sachwerte in solchen Krisenzeiten faktisch das Geld ersetzen, treten sie auch im Rahmen des Schadensersatzrechts an die Stelle des an sich als Kompensation geschuldeten Geldes. 158 Siehe dazu eingehend U. Picker, Naturalrestitution, 3. Kap., insbes. u. A III 1. 156
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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kein Vermögensplus darstellt. Die Beschaffung eines entsprechenden Gegenstandes würde dagegen Kosten in Höhe des gerade beschriebenen Nettowertes zuzüglich der Mehrwertsteuer erforderlich machen. Tatsächlich gewährt die „substitutive" Herstellung dem Geschädigten also mehr als die Kompensation. Es bliebe die Frage, ob sich dieses „mehr" rechtfertigt, ob es also sachgerecht ist, dem Schädiger diese nicht weitsteigernden Beschaffungskosten aufzuerlegen. Die positive Antwort hierauf ergibt sich recht schnell, wenn man sich vor Augen führt, dass der Geschädigte ein schützensweites Interesse nicht nur an konkreten Vermögensgütern, sondern auch an der abstrakten Zusammensetzung seines Vermögens hat. 1 5 9 Der Eigentümer eines PKWs hat also nicht nur ein berechtigtes Interesse an genau dem Fahrzeug, sondern auch daran, dass er überhaupt ein Fahrzeug besitzt. W i l l das Schadensersatzrecht seiner Ausgleichsfunktion effektiv nachkommen, so muss es folglich gewährleisten, dass die Entscheidung des Geschädigten für eine Verteilung seines Vermögens auf bestimmte Güterarten respektiert und im Schädigungsfall wiederhergestellt wird. Das alles bedeutet: Anders als durch die Kompensation wird durch die „substitutive" Restitution über das „Vermögensinteresse" hinaus das - schadensersatzrechtlich ebenfalls zu schützende - abstrakte „Zusammensetzungsinteresse" des Geschädigten verwirklicht. Zu Recht ist daher die „substitutive" Restitution als eine Art der Schadensausgleichung anerkannt. (b) Zu klären bleiben die Voraussetzungen dieser Ausgleichsart. Notwendig für eine Ersatzleistung durch „substitutive" Herstellung ist zunächst die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der „klassischen" Naturalrestitution (also der Herstellung eines Zustandes, der mit dem hypothetisch bestehenden identisch ist) nach § 251 I 1. Alt., I I BGB. Ist diese möglich und zumutbar, so hat sie der Schädiger zu erbringen. Er kann beispielsweise statt der möglichen und zumutbaren Reparatur der beschädigten Sache dem Geschädigten nicht etwa eine gleichartige Sache leisten, weil anderenfalls das oben beschriebene „Sachinteresse" entgegen der gesetzlichen Anordnung nicht geschützt würde. Ist die „klassische" Naturalrestitution dagegen unmöglich oder unzumutbar (§ 251 I 1. Alt., I I BGB), so schuldet der Schädiger die Herbeiführung eines gleichartigen Zustandes, etwa also eine ähnliche Sache. Dabei findet auch diese Pflicht ihre Grenze in der schadensersatzrechtlichen Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit des § 251 I 1. Alt., I I BGB. Ist diese Grenze überschritten, so hat der Schädiger den Schaden durch Geld zu kompensieren. Dies führt im Einzelnen zu folgenden Konsequenzen: 159 4 Gebauer
Vgl. auch hierzu U. Picker, Naturalrestitution, 3. Kap. A II sowie Β II.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Wurde eine Sache irreparabel zerstört, so kommt die „substitutive" Herstellung nur dann in Betracht, wenn es eine hinreichend ähnliche Sache gibt. Die irreparable Zerstörung eines Unikats führt dagegen nicht nur zur Unmöglichkeit der „klassischen", sondern auch der „substitutiven" Restitution. Diese Ausgleichsform wird also nur bei der Beeinträchtigung von Rechtsgütern und Vermögenspositionen in Betracht kommen, die - in ähnlicher Form - mehr als einmal existieren, wobei sich die damit erforderliche Grenzziehung durchaus schwierig gestalten kann. Die vielfach angenommene 1 6 0 Beschränkung auf vertretbare Sachen ist dabei zu weitgehend. 161 Auch Sachen, die im Verkehr nicht nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen ( § 9 1 BGB), können mehrfach existieren. Die Lithographie eines Künstlers etwa stellt keine vertretbare Sache dar, obwohl sie in mehrfacher Ausfertigung existiert. Gleichwohl scheitert bei Zerstörung eines Exemplars die „substitutive" Restitution nicht schon wegen Unmöglichkeit nach § 251 I 1. Alt. BGB aus. Ist die Herbeiführung eines ähnlichen Zustandes demgemäß nicht unmöglich, so kann sie gleichwohl ausscheiden, wenn sie für den Schädiger unzumutbar ist, § 251 I I BGB. Handelt es sich bei der irreparabel zerstörten Sache um ein marktgängiges Gut, so ist die Grenze der Unzumutbarkeit regelmäßig nicht überschritten. Denn die Beschaffungskosten entsprechen dann - bis auf ihren im Sachwert nicht enthaltenen Teil - dem kompensatorisch zu ersetzenden Sachwert. Existiert dagegen nur eine Sache, die der irreparabel zerstörten ähnlich ist, so gilt: Befindet sich diese Sache bei einem Dritten, so hängt die Zumutbarkeit vom Aufwand ab, der erforderlich ist, den Dritten zur Preisgabe dieser Sache zu bewegen. Für die Grenzen der Zumutbarkeit gilt dabei dasselbe wie im Falle der „klassischen" Restitution. Aber auch dann, wenn sich der einzig vergleichbare Gegenstand beim Schädiger befindet, kann es an der Zumutbarkeit der „substitutiven" Herstellung durch Leistung eben dieses Gegenstandes fehlen. Es ist - wie beim Dritten - danach zu fragen, welcher Aufwand prinzipiell erforderlich wäre, den betreffenden Gegenstand beim Schädiger zu besorgen, unter welchen Voraussetzungen also der Schädiger - ungeachtet seiner Ersatzpflicht - bereit wäre, den Gegenstand preiszugeben. Zerstört beispielsweise A das Kaffeeservice des B, ist aber selbst Eigentümer eines entsprechenden Services, so ist zu fragen, für wie viel A - unabhängig von seiner Ersatzpflicht - bereit wäre, sein Service zu veräußern. Genau wie wenn sich das einzige Ersatzstück bei einem Dritten befindet, wäre auch hier entscheidend, ob der hypothetisch verlangte Preis im Rahmen der Zumutbarkeitsgrenzen liegt. Hätte A dagegen sein Service überhaupt nicht veräu160 Ygi 161
N a c hw. oben in Fn. 55.
Ebenso OLG Hamm, MDR 1948, S. 178, 180; auch Pieper, S. 412 f.
JuS 1962,
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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ßert 1 6 2 , scheidet die „substitutive" Herstellung ohnehin aus und A hat Schadensersatz durch Kompensation zu leisten. Der Schädiger ist also - soweit er den einzigen ähnlichen Gegenstand hat - im Rahmen der Klärung der Zumutbarkeit wie ein Dritter zu behandeln. Entsprechend ist die Auffassung verfehlt, die in derartigen Fällen den Schädiger stets als verpflichtet ansieht, seine eigene Sache als Schadensersatz zu erbringen. 163 Dies würde zu praktischen Schwierigkeiten führen, wenn der Schädiger über das betreffende Stück schon anderweitig disponiert hat. Vor allem hätte es zur Folge, dass mittels des Schadensersatzrechts auf konkrete Vermögensgüter des Schädigers zugegriffen würde. Dies würde von den übrigen schadensersatzrechtlichen Regelungen abweichen, nach denen den Schädiger entweder eine Handlungs- oder eine Geldzahlungspflicht trifft, die konkrete Verwendung seines Vermögens zur Erfüllung dieser Pflicht ihm aber überlassen bleibt. 1 6 4 Und es wäre auch verfehlt: Weshalb es dem Schädiger im Hinblick auf den Umfang seiner Ersatzverpflichtung zum Nachteil gereichen soll, dass er zufällig die einzig vergleichbare Sache bei sich hat, kann nicht erklärt werden. Das bedeutet: Schadensersatzrechtlich wird die Herstellung eines ähnlichen Zustandes („substitutive" Restitution) genau dann geschuldet, wenn diese, nicht aber die Herstellung eines identischen Zustandes („klassische" Restitution) schadensersatzrechtlich möglich bzw. zumutbar im Sinne des § 250 I 1. Alt., I I BGB ist. (2) Daraus folgt aber für die Frage der Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung: Stets dann, wenn die Voraussetzungen für die „substitutive" Restitution vorliegen, unterscheiden sich Schadensersatzanspruch und Erfüllungsanspruch inhaltlich voneinander: Denn nicht der konkrete Erfüllungserfolg, sondern ein diesem nur ähnlicher Zustand wird schadensersatzrechtlich herbeigeführt. Damit ist zugleich klar, dass die objektive oder subjektive Unmöglichkeit der Erfüllung in diesen Konstellationen nicht zugleich zur Unmöglichkeit (§251 I 1. Alt. BGB) oder Unzumutbarkeit (§ 251 I I BGB) der Natural162
Nicht verkannt wird die Gefahr, dass der Schädiger in diesen Fällen entsprechende Schutzbehauptungen aufstellt, um seiner „substitutiven" Restitutionspflicht zu entgehen. Doch ist dies ein Problem des Prozessrechts (und nicht des materiellen Rechts) und folglich auch dort zu lösen. 163 So vor allem Pieper, JuS 1962, S. 412 f. 164 Auch der bei Vollstreckung der Geldzahlungspflicht ggf. erfolgende Zugriff auf konkrete Vermögensgüter des Schädigers ist keine Ausnahme, weil hier der Schädiger quasi auf sein Bestimmungsrecht verzichtet. Jederzeit vor der Vollstreckung und auch noch nach Pfändung konkreter Gegenstände kann er den Zugriff von außen auf konkrete Vermögensgegenstände durch Begleichung der Geldforderung abwenden. 4*
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
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restitution führt. Verkauft also beispielsweise V dem Κ ein konkretes, neuwertiges (etwa ungelesenes) Buch, zerstört dieses aber schuldhaft vor Übereignung, so hat er den nach § 325 I 1 BGB fälligen Schadensersatz 165 durch Leistung eines anderweitig zu besorgenden Exemplars des Buches zu leisten.
bb) Die Verschiedenheit in Fällen des weiterentwickelten Schadens Aber auch der Erfolg der „klassischen" Restitution kann sich durchaus von dem der Erfüllung unterscheiden: Primärer Inhalt der Schadensersatzpflicht ist die Herstellung des Zustandes, der ohne das schädigende Ereignis bestünde, § 249 S. 1 BGB. Voraussetzung ist dabei keineswegs, dass dieser Zustand vor der Schädigung bereits bestand. 166 Die hypothetische Weiterentwicklung wird also dem klaren Wortlaut des Gesetzes nach berücksichtigt. 167 Dies bedeutet speziell für die Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung: Mag der hypothetisch ohne das schädigende Ereignis - die Nichterfüllung - bestehende Zustand zwar regelmäßig mit der Erfüllung übereinstimmen, so kann es durchaus zu Abweichungen kommen, wenn der Gläubiger für den Fall der ordnungsgemäßen Erfüllung über die erhaltene Leistung bereits anderweitig disponiert hätte. Beispiel: V verkauft Κ eine von diesem sofort bezahlte Vase, zerstört sie aber schuldhaft noch vor Übereignung. Kauft Κ nun unter Eingehung einer neuen Verbindlichkeit ein vergleichbares Ersatzstück, so besteht der nach § 249 S. 1 BGB herzustellende Zustand darin, dass Κ von dieser Verbindlichkeit befreit wird. Denn bei ordnungsgemäßer Erfüllung durch V wäre Κ dieser Verbindlichkeit nicht ausgesetzt. Hätte Κ die von V erhaltene Vase bei X gegen ein Bild 165
Zu den Besonderheiten bei der Bestimmung des Schadensersatzes nach der Differenzmethode siehe unten S. 89 ff. 166 Larenz, Schuldrecht I, § 28 I (S. 471 f.). Deshalb ist es genau genommen auch verfehlt, in diesem Zusammenhang von der Wiederherstellung bzw. der Naturalrestitution zu sprechen. 167 Das mag angesichts des oben Ausgeführten zunächst bedenklich erscheinen. Rechtfertigt sich nämlich das Herstellungsprinzip aus der Überlegung, dass dadurch das Interesse des Geschädigten an der konkreten Zusammensetzung seines Vermögens geschützt wird, so wäre es nicht zu erklären, weshalb dieser „restitutorische" Schutz auch solchen Vermögensgegenständen zukommt, die der Geschädigte im Zeitpunkt der Schädigung noch gar nicht besaß, sondern erst - ohne die Schädigung - erworben hätte. Der Hintergrund der Erfassung auch dieser Positionen dürfte darin bestehen, dass das Gesetz auch den künftigen Besitzstand des Geschädigten, d.h. seine Erwartungen, aber auch das, was für ihn unerkannt in seinen gegenwärtigen Vermögenspositionen bereits angelegt ist, nicht nur wertmäßig, sondern als konkretes Gut für schützenswert erachtet.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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eingetauscht, so wäre der Herstellungserfolg des § 249 S. 1 BGB darin zu sehen, dass Κ dieses Bild erhält. In beiden Fällen unterschiede sich also der Restitutionserfolg vom Erfolg der ursprünglich geschuldeten Erfüllung. Unterscheiden sich damit aber in diesen Fällen Restitutions- und Erfüllungserfolg, so gilt das bei der „substitutiven" Herstellung Ausgeführte: Die Unmöglichkeit der Erfüllung führt nicht zugleich zur Unmöglichkeit der davon inhaltlich abweichenden naturalen Restitution. In den Fällen des weiterentwickelten Schadens ist folglich - wie bereits Fischer eingehend dargelegt h a t 1 6 8 - beim Schadensersatz wegen nachträglicher Unmöglichkeit Raum für die Naturalrestitution. Im oben gebildeten Beispielsfall hätte V den Κ demnach gemäß §§ 325 I 1, 249 S. 1 BGB von der neu eingegangenen Verbindlichkeit zu befreien bzw. ihm - soweit dadurch nicht die Grenzen des § 251 I 1. Alt., I I BGB überschritten werden - das hypothetisch erlangte Bild zu beschaffen. 169 Dabei kann der weiterentwickelte Schaden durchaus auch einmal „substitutiv" zu ersetzen sein. Hätte im Beispielsfall Κ die Vase bei X gegen ein Kiste Champagner getauscht, hat X diese Kiste aber zwischenzeitlich selbst konsumiert, so ist die Restitution in ihrer „klassischen" Form zwar unmöglich, § 251 I 1. Alt. BGB. Doch hat hier V den Schaden des Κ durch Leistung einer anderen Kiste der gleichen Champagnermarke (bzw. der hierfür erforderlichen Beschaffungskosten) zu ersetzen. b) Die Unterschiedlichkeit von leistungsstörungsrechtlicher und schadensersatzrechtlicher Unmöglichkeit Auf den ersten Blick weniger einsichtig dürfte die zweite der oben aufgestellten Thesen sein: Auch in den Fällen, in denen die Naturalrestitution auf genau den Erfüllungserfolg gerichtet ist, führt die Unmöglichkeit der Erfüllung keineswegs stets zur Unmöglichkeit der Naturalrestitution: Ein Erfolg, der leistungsstörungsrechtlich unmöglich ist, kann gleichwohl schadensersatzrechtlich möglich sein. 110 Der Grund hierfür ist folgender: Leistungsstörungsrechtliche und schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit sind nicht identisch. Zwar ist beiden Instituten gemein, dass sie die Grenze für einen Leistungsanspruch bilden. Doch führt die verschiedene Rechtfertigung des jeweiligen Leistungsanspruchs dazu, dass diese Grenzen abstrakt betrachtet unterschiedlich verlaufen, wenn sie auch praktisch in vielen Fällen übereinstimmen dürften. 168
Vgl. oben bei und in Fn. 64. Auch insoweit sei hier wieder die Abwicklung nach der Austauschmethode unterstellt. Zu den Besonderheiten des Schadensersatzes bei gegenseitigen Verträgen siehe unten S. 89 ff. 170 Anders ausdrücklich etwa Huber, Leistungsstörungen II, § 55 I (S. 681). 169
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz aa) Die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit
Die Frage, wann die Erfüllung einer Verbindlichkeit unmöglich ist, füllt Bibliotheken. 171 Erschwert wird ihre Erörterung dadurch, dass das Gesetz zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit (Unvermögen) unterscheidet. Objektive Unmöglichkeit soll nach allgemeinem Verständnis vorliegen, wenn die Leistung von niemandem erbracht werden kann. Als Beispiel wird etwa die nachträgliche Zerstörung der verkauften Sache angeführt. Von bloß subjektiver Unmöglichkeit (Unvermögen) wird dagegen gesprochen, wenn der Schuldner die Leistung nicht erbringen kann, diese jedoch einem Dritten möglich ist, wenn etwa der verkaufte Gegenstand nicht dem Verkäufer, sondern einem Dritten gehört. Dann könne nämlich nur dieser, nicht aber der Verkäufer erfüllen. Freilich ist diese Einigkeit hinsichtlich der Deutung der objektiven und der subjektiven Unmöglichkeit nur vordergründig. Wann kann die Leistung denn von niemandem erbracht werden? Und in welchen Fällen kann der Schuldner nicht erfüllen, dafür aber ein Dritter? Diese Fragen werden ganz unterschiedlich beantwortet.
(1) Meinungsstand (a) Objektive Unmöglichkeit (aa) Der Begriff der objektiven Unmöglichkeit wird heute noch verbreitet eng, d.h. rein deskriptiv ausgelegt. 172 Grundsätzlich soll eine versprochene Leistung nur dann objektiv unmöglich sein, wenn sie naturwissenschaftlich nicht mehr erbracht werden kann. Unterschieden werden hierbei der Fall des Untergangs des geschuldeten Gegenstandes (Beispiel: Die verkaufte Speziessache wurde vollständig zerstört; das vermietete Haus ist abgebrannt) sowie der Fall der tatsächlichen Unmöglichkeit infolge Zeitablauf beim absoluten Fixgeschäft (Beispiel: Der für den Hochzeitstag bestellte Fotograf erscheint erst am nächsten Tag) und beim Dauerschuldverhältnis (Beispiel: Wegen Reparaturarbeiten kann die gemietete Wohnung einen Monat lang nicht genutzt werden). Dieser rein tatsächlichen Unmöglichkeit gleichgestellt werden allein noch die Fälle der rechtlichen Unmöglichkeit. Eine solche soll vorliegen, wenn der herbeizuführende Rechtszustand schon besteht (Beispiel: Der Käufer ist 171
Vgl. nur etwa die Literaturübersicht bei Staudinger-Löwwc/i, BGB, 13. Bearb., § 275. 172 Etwa RGRK-Alff, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 3; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 370; Larenz, Schuldrecht I, § 21 I e (S. 318 ff.); Roth, JuS 1968, S. 102 f.
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bereits Eigentümer der Kaufsache 173 ), von der Rechtsordnung untersagt i s t 1 7 4 (Beispiel: A beauftragt Β mit einem Mord) oder von der Rechtsordnung nicht anerkannt ist (Beispiel: C verpflichtet sich gegenüber D zur Bestellung eines vererblichen Nießbrauchs 175 ). Nicht zur Unmöglichkeit gerechnet werden damit eine Reihe von anderen Fällen, in denen der unveränderte Fortbestand der Erfüllungspflicht ebenfalls bedenklich erscheint. 176 Dies sind zum einen die Konstellationen, in denen ein aus der Sphäre des Gläubigers stammendes Leistungshindernis auftritt. 1 7 7 Unterschieden werden: - Fälle der anderweitigen „Zweckerreichung": Der vertraglich herzustellende Zustand ist bereits anderweitig eingetreten. Beispiele: Das auf Sand gelaufene Schiff kommt von allein wieder frei, noch bevor der zu seiner Bergung gerufene Abschleppdienst tätig werden konnte. 1 7 8 Oder auch: Das kranke Kind wird gesund, noch bevor der zu seiner Behandlung bestellte Arzt bei ihm erscheint. 179 - Fälle des „Zweckfortfalls": Der vertraglich geschuldete Erfolg kann aufgrund von außerhalb der persönlichen oder sachlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners liegenden Umständen endgültig nicht mehr erbracht werden. Beispiel: Das auf Sand gelaufene Schiff geht vor Bergung durch einen Sturm endgültig unter. Das kranke Kind stirbt, bevor der Arzt erscheint. Hier soll eine sachgerechte Lösung allein über die Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage 180 möglich sein. 1 8 1 173
BGH, WM 1996, S. 1404, 1405. Dem gleichzustellen sind die Fälle, in denen der vertraglich geschuldete Zustand einer Genehmigung bedarf, die im konkreten Fall nicht erteilt wird (vgl. etwa BGH, BB 1964, S. 863 f.). Vgl. hierzu im Einzelnen Emmerich, Leistungsstörungen, § 2 ΙΠ 4 (S. 22 ff.). 175 Vgl. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 367. Die Möglichkeit der Umdeutung einer solchen Vereinbarung ändert hieran nichts. Selbstverständlich ist eine Vereinbarung zunächst auszulegen, bevor über ihre Unmöglichkeit nachgedacht wird. Wenn jedoch die Auslegung einen solchen Inhalt ergibt und auch eine Umdeutung nicht möglich ist, kommt es eben zu einem Fall der rechtlichen Unmöglichkeit. 176 Natürlich ist das Lager der Anhänger eines solch engen, „deskriptiven" Unmöglichkeitsbegriffes keineswegs einheitlich. Viele bejahen zumindest für einige der folgenden Fälle das Vorliegen von Unmöglichkeit. 177 Grundlegend dazu Beuthien, Zweckerreichung; Picker, JZ 1985, S. 641 ff., 693 ff. 178 Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 23 ΙΠ 1 b (S. 32). 179 Vgl. Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 23 III 1 b (S. 32). 180 Grundlegend dazu Oertmann, Geschäftsgrundlage. 181 Siehe statt vieler nur Larenz, Schuldrecht I, § 21 II (S. 320 ff.); vgl. auch Emmerich, Leistungsstörungen, § 25 II 5 (S. 281). 174
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Zum anderen werden die Fälle ausgenommen, in denen die Leistungserbringung mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden ist, die jedoch theoretisch überwunden werden könnten. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um folgende Konstellationen: 182 - „Faktische" bzw. „praktische" Unmöglichkeit: Die Leistungserbringung ist zwar nicht schlechthin unmöglich, doch mit so großen Schwierigkeiten verbunden, dass kein vernünftiger Mensch auf die Idee käme, die Leistungserbringung zu versuchen. 183 Beispiel: Der verkaufte Ring befindet sich auf dem Meeresgrund, seine Bergung würde Unsummen kosten. - „Wirtschaftliche" Unmöglichkeit: Die Leistungserbringung ist für den Schuldner mit übermäßigen Schwierigkeiten verbunden, deren Überwindung ihm nicht zumutbar i s t . 1 8 4 Beispiel: Infolge eines Krieges steigt der Marktpreis für ein bestimmtes Gut extrem in die Höhe. Der Gattungsverkäufer dieses Gutes ist deshalb nicht mehr bereit, sein vertragliches Versprechen zu erfüllen. - „Sittliche" Unmöglichkeit: Der Leistungserbringung steht eine Gewissensentscheidung (Art. 4 I GG) des Schuldners entgegen. Beispiele: Die Opernsängerin verweigert ihren Auftritt, weil sie bei ihrem im Sterben liegenden Kind bleiben w i l l . 1 8 5 Aber auch: Der angestellte Drucker widersetzt sich unter Berufung auf seine pazifistische Einstellung der Mitwirkung am Druck militärischer, angeblich den Krieg verherrlichender Literatur. 1 8 6 Da auch die Anhänger eines deskriptiven Unmöglichkeitsbegriffs den unbedingten Fortbestand der Leistungspflicht des Schuldners in diesen Fällen als unbillig ansehen 187 , schaffen sie wiederum Abhilfe über die Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage: Mittels dieser soll in Fällen übermäßiger Leistungserschwerung der Vertrag den wirklichen Verhältnissen angepasst werden. 188 182
Vgl. den Überblick bei Soergel -Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 275 Rn. 16 ff. Emmerich, Leistungsstörungen, § 2 ΙΠ 5 (S. 24). 184 Emmerich, Leistungsstörungen, § 6 II (S. 77 f.). 185 Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., Vorbm. III 1 a zu §§ 275-292 (S. 203); Diederichsen, FS Michaelis, S. 62. 186 Vgl. BAGE 47, 363, 373 ff. 187 Natürlich gibt es innerhalb der aufgezählten Fallgruppen Grenzfälle, für die die Beschränkung der Leistungspflicht selbst, nicht lediglich ihr konstruktiver Weg („normative" Unmöglichkeit oder Wegfall der Geschäftsgrundlage) umstritten ist. Dies gilt bspw. für die vom BAG angenommenen Fälle der sittlichen Unmöglichkeit, etwa BAGE 41, 229 ff. (sittliche Unmöglichkeit aufgrund der Einziehung zu einem ausländischen Wehrdienst) oder BAG, JZ 1990, S. 139 ff. (keine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Entwicklung von Präparaten, die im Kriegsfall zum Schutz von Soldaten eingesetzt werden können). 183
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(bb) Diesen Kunstgriff des Rückgriffs auf das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vermeiden diejenigen, die die Unmöglichkeit „normativ" begreifen und damit weit auslegen. 189 Nach ihnen sind den Fällen der tatsächlichen sowie rechtlichen Unmöglichkeit die soeben aufgeführten der „faktischen" bzw. „praktischen", „wirtschaftlichen" und „sittlichen" Leistungserschwerungen gleichzustellen. Entscheidendes Merkmal dieser Auffassung ist es folglich, dass die Unmöglichkeit weitergehend im Sinne der Unzumutbarkeit der Leistungserbringung verstanden wird: Die Erfüllung soll dem Schuldner bereits immer dann leistungsstörungsrechtlich unmöglich sein, wenn ihr Hindernisse entgegenstehen, deren Überwindung dem Schuldner nicht zugemutet werden kann. Erst recht werden damit natürlich die Fälle der „Zweckerreichung" und des „Zweckfortfalls" der Unmöglichkeit zugerechnet, eben weil die Leistungserbringung in diesen nicht mehr möglich i s t . 1 9 0 Statt über das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wird die eigentlich entscheidende Frage, nämlich ob der Gläubiger entgegen § 323 BGB zur Erbringung seiner Gegenleistung verpflichtet bleibt, anhand besonderer Gefahrtragungsregeln beantwortet. 191
188
Medicus, Schuldrecht I, Rn. 370; ders., AcP 188 (1988), S. 503 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 21 II (S. 320 ff.); Willoweit, JuS 1988, S. 839 f. (der freilich für bestimmte Fälle der „Unzumutbarkeit" die Unmöglichkeitsregeln für einschlägig hält; vgl. S. 839); Braun, JA 1983, S. 577; Schreiber, Jura 1995, S. 530; RGRKAlff, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 3; auch Lemppenau, Gattungsschuld, S. 64; RGZ 103, 3, 5; 103, 328, 331 f.; 106, 7, 9 f.; 168, 121, 126 ff.; OGHZ 4, 177, 181; BGH, MDR 1953, S. 282, 283; NJW 1954, S. 1323, 1324; BB 1956, S. 254; WM 1978, S. 322, 323. 189 Etwa Hartmann, Die Obligation, S. 199; Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 12 ff.; Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 14 ff.; Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 2 ff.; Flume, FS DJT (1960), Bd. I, S. 218 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 6 II (S. 78); Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 (S. 3 ff.); Lobinger, JuS 1993, S. 454 mit Fn. 10; Soergel -Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 275 Rn. 20 mit w. Nachw. So früher auch die Rechtsprechung, vgl. RGZ 94, 45, 47 f.; 100, 129, 131 ff.; 100, 134, 136 f.; 101, 74, 76 f.; 102, 272, 273; wohl auch 168, 65, 73. Vgl. auch Stoll, Leistungsstörungen, S. 8 ff., 17, 36 ff., 120 f. Ein Nebeneinander von verschiedenen Befreiungsgründen (§ 275 BGB und Wegfall der Geschäftsgrundlage) ebenfalls ablehnend Jakobs, Unmöglichkeit, S. 69 ff., der freilich auch einen „normativen" Unmöglichkeitsbegriff für wertlos hält (S. 71, Fn. 18). Nach ihm führt nicht die - wie auch immer zu verstehende - Unmöglichkeit, sondern allein der Umstand, dass der Schuldner für die Nichterfüllung sekundär nicht haften muss, zu seiner Befreiung von der primären Leistungspflicht (etwa S. 163 ff.). 190 Vgl. Emmerich, Leistungsstörungen, § 25 II 4 a (S. 277); Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, §23 III (S. 30 ff.); Wieacker, FS Nipperdey (1965), Bd. I, S. 806 ff., 810 f. 191 Picker, JZ 1985, S. 646 ff., 693 ff.; Beuthien, Zweckerreichung, etwa S. 305 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 25 II 4 b (S. 278 ff.); Esser/Schmidt,
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Begreift man die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit im eben beschriebenen Sinne einer „Unzumutbarkeit" normativ, so muss eine weitere entscheidende Frage beantwortet werden: Sollen die Kriterien für die Bestimmung dieser Unzumutbarkeit aus dem Gesetz 192 oder unmittelbar aus dem vertraglichen Versprechen 193 entnommen werden? Anders formuliert: Soll die Frage der Zumutbarkeit „objektiv" nach Treu und Glauben und der Anschauung des Verkehrs, also danach beantwortet werden, welche Schwierigkeiten ein vernünftiger Dritter noch als hinnehmbar bezeichnen würde und welche nicht? Oder soll ihre Klärung „subjektiv" nach dem erfolgen, was der Schuldner vertraglich versprochen hat? (b) Subjektive Unmöglichkeit (Unvermögen) Kaum anders stellt sich das Meinungsbild i m Hinblick auf die Auslegung des Unvermögens dar. Es enthält jedoch eine zusätzliche Variante. Unvermögen, also das „Zur-Leistung-außerstande-sein" des Schuldners kann in zweierlei Richtungen begriffen werden 1 9 4 : Nach einem sehr weiten Verständnis wäre es immer schon dann anzunehmen, wenn die Leistung zwar möglich, dem Schuldner jedoch bei den gegebenen Umständen zur Zeit nicht möglich ist. Jedes vorhandene Leistungshindernis würde also genügen. 1 9 5 Demgegenüber wird heute - insoweit einhellig - Unvermögen nur dann angenommen, wenn der Leistungserbringung durch den Schuldner eine uniiberwindbare Schwierigkeit entgegensteht. Nicht jedes, sondern nur das Leistungshindernis, das der Schuldner nicht überwinden kann, führt danach zum Unvermögen. 196 Schuldrecht 1/2, § 23 III (S. 30 ff.); vgl. auch Wieacker, FS Nipperdey (1965), Bd. I, S. 808. 192 Vgl. etwa die Formulierung bei Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 13: „... inwiefern nach der Auffassung des Verkehrs und dem vernünftigen Sinne des Vertrages die - absolut noch mögliche - Leistung vom Schuldner verlangt werden dürfe". 193 Grundlegend Hartmann, Die Obligation, S. 199: „Unter gänzlicher Fernhaltung der schiefen Vorstellung von ,subjectiver Unmöglichkeit4 ist direct durch Untersuchung der speziellen obligations-begründenden Thatsache, insbesondere kraft Willensinterpretation, festzustellen: in welchem Umfange und mit welchem Aufwand von Mitteln das Soll der Obligation auf die Hinwegräumung bestimmter rechtlicher (oder factischer) Hindernisse sich erstreckt, die der wirklichen Erfüllung des Endzwecks im Wege stehen. Hat dann der Verpflichtete erweislich diesem Mass von Kraftanstrengung genügt: so ist er frei und entlastet, - ganz einerlei, ob eine wahre Unmöglichkeit der Leistung vorliegen mag oder nicht.", sowie S. 226 f.; siehe daneben nur etwa Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 14 f.; MünchKommEmmerich, BGB, 3. Aufl., Vor § 275 Rn. 24 ff.; Lobinger, JuS 1993, S. 454 mit Fn. 10; Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 II (S. 5 ff.). 194 Vgl. dazu ausführlich Huber, Leistungsstörungen II, § 60 (S. 833 ff.). 195 Ansatzweise etwa Heck, Schuldrecht, § 28, 3 (S. 86 f.).
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Freilich knüpft sich an letzteres Verständnis sogleich wieder die Frage, wann die Überwindung eines solchen Hindernisses dem Schuldner nicht möglich ist. Wie bei der objektiven Unmöglichkeit kann hier ein enger, „deskriptiver" von einem weiten „normativen" Ansatz unterschieden werden. Ersterer kann Unvermögen nur dann annehmen, wenn die Leistung für den Schuldner (nicht aber für Dritte!) naturwissenschaftlich, also rein tatsächlich oder aber rechtlich unmöglich ist, und greift im Übrigen auf das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurück. 1 9 7 Nach Letzterem ist Unvermögen bereits dann zu bejahen, wenn die Überwindung des Leistungshindernisses dem Schuldner nicht zugemutet werden kann. 1 9 8 Natürlich muss auch hier wieder entschieden werden, ob die Zumutbarkeit „objektiv-gesetzlich" 199 oder „subjektiv-vertraglich" 200 zu bestimmen ist.
(2) Kritik
und eigener Ansatz
Richtig ist allein das letztere Verständnis, d.h. ein „vertraglich-normativer" Unmöglichkeitsbegriff: Leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit ist immer dann anzunehmen, wenn der Leistungserbringung durch den Schuldner eine Schwierigkeit entgegensteht, deren Überwindung er nicht versprochen hat. Unmöglichkeit ist also das Vorliegen eines „überobligatorischen" Leistungshindernisses 201 ! Dabei ist eine Unterscheidung zwischen objekti196
Vgl. statt vieler nur etwa Emmerich, Leistungsstörungen, § 3 II (S. 30). Etwa Roth, JuS 1968, S. 103, 107; Medicus, AcP 188 (1988), S. 503 ff. Vgl. im Übrigen die oben in Fn. 188 Genannten. 198 Heck, Schuldrecht, § 32 (S. 96 ff.); Emmerich, Leistungsstörungen, § 6 VI 1 (S. 91), 2 (S. 92 f.); Flume, FS DJT (1960), Bd. I, S. 218 ff.; Ballerstedt, FS Nipperdey (1955), S. 270 ff.; Beinert, Vertragsverletzung, S. 208 ff.; Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 II (S. 7 f.), V 2 (S. 17 f.); Gillig, Nichterfüllung, S. 276 ff.; Jakobs, Unmöglichkeit, S. 160 ff., 253 ff.; Lemppenau, Gattungsschuld, S. 72 ff.; vgl. auch Richardi, JuS 1984, S. 826 f.; sowie Krückmann, AcP 101 (1907), S. 59 ff., 64 ff., der in den fraglichen Fällen eine „Einrede aus entgegenstehendem gewichtigem Interesse" gewähren will. 199 In diesem Sinne etwa Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 V 2 (S. 18), die zur Bestimmung vorrangig auf die „Vertragstypik" und nur hilfsweise auf den konkreten Inhalt des Vertrages abstellen wollen; anders aber § 22 II (S. 5): „... richtet sich in erster Linie nach den Absprachen der Beteiligten ...". 200 So etwa Ballerstedt, FS Nipperdey (1955), S. 270 ff.; Beinert, Vertragsverletzung, S. 208 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 6 VI 1 (S. 91), 2 (S. 92 f.), der freilich zusätzlich auf objektive Kriterien, wie die „Verkehrssitte", „Treu und Glauben" und „Handelsbräuche" abstellen will; vgl. auch Huber, JZ 1974, S. 436, sowie im Übrigen die oben in Fn. 189, 193 Genannten. 201 Der Begriff des „überobligatorischen" Leistungshindernisses ist dabei etwas ungenau: Überobligatorisch ist nicht das Hindernis selbst, sondern die zu seiner Überwindung erforderliche Kraftanstrengung. Wenn im Folgenden dennoch von „überobligatorischen" Schwierigkeiten oder Hindernissen gesprochen wird, so han197
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
ver und subjektiver Unmöglichkeit überflüssig. Es gibt nur einen einheitlichen leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeitsbegriff. Schließlich, das soll als weiterer Inhalt der hier vertretenen Auffassung hervorgehoben werden, führt das Vorliegen der so verstandenen nachträglichen Unmöglichkeit stets zum Erlöschen der ursprünglichen Leistungspflicht. Auch wenn der Schuldner den Eintritt der Unmöglichkeit zu vertreten hat, wird er von seiner Pflicht zur Erfüllung frei. Er muss dann allerdings Schadensersatz wegen Nichterfüllung leisten. Dies alles ergibt sich aus folgenden Überlegungen: (a) Leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit als das Vorliegen einer Leistungserschwernis, deren Überwindung der Schuldner nicht versprochen hat („überobligatorisches" Leistungshindernis) (aa) Allein dieser „vertraglich-normative" Unmöglichkeitsbegriff, der die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit als ein Erfüllungshindernis begreift, dessen Überwindung der Schuldner nicht versprochen hat, kann schlüssig durchgehalten und praktisch gehandhabt werden. Die anderen Ansätze kommen nicht ohne Brüche aus. (α) Ein deskriptiver Unmöglichkeitsbegriff, der Unmöglichkeit nur dann annimmt, wenn die Erfüllung (für jedermann bzw. für den Schuldner) denknotwendig ausgeschlossen ist, mag den allgemeinen Sprachgebrauch für sich haben und auf den ersten Blick überzeugend erscheinen. Juristisch praktikabel ist er indes nicht. Die Figur der leistungsstörungsrechtlichen (objektiven und subjektiven) Unmöglichkeit kann nur dann sinnvoll angewandt werden, wenn sie normativ begriffen, d.h. wertend ausgelegt wird. (αα) Im Hinblick auf die gemeinhin dem Unvermögen zugeordneten Fälle zeigt sich dies recht schnell: 2 0 2 Von vornherein verfehlt ist das oben beschriebene weite deskriptive Verständnis des Unvermögens, wonach ein solches immer schon dann anzunehmen ist, wenn der Leistungserbringung durch den Schuldner im Moment ein Hindernis entgegensteht. Denn stets verlangt die Erfüllung dem Schuldner gewisse Anstrengungen ab. Bei einer Bringschuld etwa muss er den Vertragsgegenstand dem Gläubiger vorbeibringen, zumindest also die örtliche Distanz zu diesem überwinden. Selbstverständlich stellt aber bereits diese Distanz ein Leistungshindernis dar, weil der Schuldner im Moment seine vertragliche Pflicht nicht erfüllen kann. Dass damit der Schuldner bedelt es sich dabei lediglich um eine der Einfachheit halber verkürzte Form der Beschreibung der erwähnten Konstellation. 202 Vgl. schon Krückmann, AcP 101 (1907), S. 64.
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reits unvermögend sein soll und, wenn er den Umstand, dass er sich nicht am selben Ort wie der Gläubiger befindet, nicht zu vertreten hat, von seiner Erfüllungspflicht ohne sekundäre Ersatzpflicht frei werden soll, kann nicht ernsthaft behauptet werden. Auch in sonstigen Fällen muss der Schuldner zur Erfüllung typischerweise zumindest seine Hand bewegen, damit eine gewisse Schwierigkeit überwinden, die folglich sein Unvermögen begründen würde. Ein offenkundig absurdes Ergebnis. Aber auch das enge deskriptive Verständnis des Unvermögens hilft nicht weiter. Denn der Fall, dass ein Dritter leisten kann, dem Schuldner die Leistung aber naturwissenschaftlich nicht möglich ist, ist nicht denkbar. Ausgehend von der Einsicht, dass alles käuflich ist, führt die Leistungsfähigkeit eines anderen denknotwendig zur theoretischen Leistungsfähigkeit auch des Schuldners durch Aufwendung der entsprechenden finanziellen M i t t e l . 2 0 3 Wenn etwa - um den typischen Fall heranzuziehen - ein Dritter Eigentümer der vom Schuldner verkauften Sache ist, so ist die Erfüllung durch ihn letztlich nur eine Frage des Preises: Der Schuldner wird die Sache dem Dritten stets abkaufen können. Er kann daher in den betreffenden Fällen naturwissenschaftlich betrachtet stets leisten, wenn er nur genug Geld einsetzt. Ein solch deskriptiver Ansatz muss folglich dazu führen, dass für das Unvermögen kein Raum mehr bleibt: Fälle subjektiver Unmöglichkeit könnten bei strenger Anwendung des Ansatzes also gar nicht eintreten, obwohl das Gesetz offenkundig die Existenz solcher Konstellationen voraussetzt. Damit aber würden untragbare Ergebnisse bewirkt: Der Verkäufer etwa, dem nach Vertragsschluss die Kaufsache unverschuldet gestohlen wird, bliebe weiterhin zur Leistung verpflichtet. Denn mittels des Schaltens von Anzeigen, öffentlichen Aufrufen und Ähnlichem könnte der Verkäufer zum Dieb Kontakt aufnehmen und ihn durch das Anbieten einer entsprechenden „Lösegeldzahlung" zur Rückgabe des Kaufgegenstandes bewegen. Rein naturwissenschaftlich betrachtet, wäre dem Verkäufer die Erfüllung damit weiterhin möglich. Doch besteht zu Recht Einigkeit darüber, dass gerade in einem solchen Fall eine Leistungsbefreiung nach § 275 I I BGB eintreten soll. Allein der normative Ansatz vermag dies zu begründen: Es wird nicht gefragt, ob der Schuldner die - etwa infolge des Diebstahls - eingetretene Leistungserschwerung naturwissenschaftlich überwinden kann, sondern ob er sie überwinden muss, d.h. ob ihm die Bewältigung dieser Schwierigkeit zumutbar ist. Nur der normative Unmöglichkeitsbegriff ist also in der Lage, eine Befreiung des Schuldners von seiner Leistungspflicht sauber zu begründen. 204 203 Siehe nur etwa Jakobs, Unmöglichkeit, S. 128 mit Fn. 46; sowie Emmerich, Leistungsstörungen, § 6 VII 1 (S. 91).
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Die Richtigkeit dieses Ansatzes bestätigt sich auch bei § 279 B G B 2 0 5 , einer Norm, deren Handhabung noch immer Schwierigkeiten bereitet und die vielfach als missverständlich bezeichnet w i r d . 2 0 6 So wie § 279 BGB formuliert ist, hätte der Gattungsschuldner sein Unvermögen stets zu vertreten. Der Gattungsverkäufer beispielsweise, der nicht etwa deshalb nicht mehr leistet, weil einer seiner Lieferanten ausgefallen ist, sondern weil er unverschuldet entführt wurde, hätte die Nichtleistung zu vertreten und folglich Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten. Worin der sachliche Grund für die Ungleichbehandlung mit dem entführten „Stückverkäufer" den § 275 BGB von seiner Leistungspflicht befreit - liegen soll, erschließt sich nicht. Selbstverständlich muss auch der entführte Gattungsschuldner von seiner Erfüllungspflicht frei werden. Dies entspricht der allgemeinen Auffassung. Man ist sich - allgemein formuliert - einig darüber, dass die Norm dann keine Anwendung findet, wenn sich das Unvermögen aus einem Leistungshindernis ergibt, das jenseits der Grenzen der schuldnerischen Beschaffungspflicht liegt. 2 0 7 Anders gewendet: Nur dann soll § 279 BGB eingreifen, wenn sich im Unvermögen das vom Schuldner zu tragende Beschaffungsrisiko realisiert. Demgemäß wird seine Anwendung beispielsweise abgelehnt, wenn dem Schuldner die Leistungserbringung aufgrund außerordentlicher, bei Vertragsschluss nicht vorhergesehener Schwierigkeiten der Warenbeschaffung oder wegen rein persönlicher Umstände (wie Krankheit, Freiheitsentziehung, u.s.w..) nicht mehr möglich ist. Wenn sich die Leistungspflicht des Schuldners aufgrund der Vereinbarung nur auf seinen Vorrat beschränkt, so führt bereits der unverschuldete Untergang dieses Vorrats entgegen dem Wortlaut 2 0 8 des § 279 BGB zu nicht zu vertretendem Unvermögen. 209 Alle diese Einschränkungen lassen sich aber nur vom normativen Ansatz her erklären: Die Frage, ob die eingetretene 204 Dazu, dass es verfehlt wäre, eine Leistungsbefreiung mittels der Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu konstruieren, siehe unten S. 64 ff. 205 Grundlegend dazu Lemppenau, Gattungsschuld; sowie jüngst Gseil, Beschaffungsnotwendigkeit. 206 V g l e t w a Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., § 279 Rn. 1 („irreführend ... formuliert"). 207 Etwa Lemppenau, Gattungsschuld, S. 48 ff. mit w. Nachw.; Ballerstedt, FS Nipperdey (1955), S. 273; Evans-von Krbek, AcP 177 (1977), S. 46; Emmerich, Leistungsstörungen, § 6 VIII 1 (S. 93), 3 (S. 94 f.); Braun, JA 1983, S. 493; RGZ 57, 116, 118 f. Kritisch zur Lehre von der Beschaffungsschuld Gsell, Beschaffungsnotwendigkeit, S. 12 ff. 208 Freilich kann in diesen Fällen bereits objektive Unmöglichkeit mit der Begründung angenommen werden, die Gattung wurde von den Parteien eingegrenzt und ging damit vollständig unter - ein Fall, in dem § 279 BGB ja schon dem Wortlaut nach keine Anwendung findet, der Schuldner also gemäß § 275 I BGB frei wird (so etwa Emmerich, Leistungsstörungen, § 6 VIII 2 (S. 93 f.). 209 Grundlegend RGZ 57, 116, 118 f.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution Schwierigkeit noch im Rahmen des vom Schuldner zu tragenden Beschaffungsrisikos liegt, ist nur eine spezielle Ausprägung der allgemeinen Frage, ob die Überwindung des Leistungshindernisses dem Schuldner zugemutet werden kann. Liegt das Hindernis jenseits der vom Schuldner zu tragenden Beschaffungspflicht, so ist seine Überwindung ihm nicht zuzumuten; befindet es sich diesseits, so muss der Schuldner es bewältigen und hat folglich - wenn er dies nicht tut - seine Nichtleistung zu vertreten. Dieser normativen Einschränkung des § 279 BGB entspricht zugleich eine - wiederum nur normativ zu erklärende - Erweiterung: Ihrem Wortlaut nach fände die Vorschrift keine Anwendung in Fällen, in denen der Schuldner die Beschaffung eines speziellen Stückes versprochen hat, dieser jedoch nunmehr Schwierigkeiten entgegenstehen. Verspricht beispielsweise A dem Β die Beschaffung eines bestimmten Gemäldes, das dem C gehört, und leistet A nicht, weil ihm die Beschaffung bei C mehr Schwierigkeiten macht, als er sich dies gewünscht hat (C verlangt etwa einen leicht höheren Preis als noch bei der letzten Anfrage des A), so hätte er diese Nichtleistung bei wortlautgetreuer Anwendung des § 279 BGB zumindest nicht nach dieser Norm zu vertreten. Denn eine Gattungsschuld liegt eben nicht vor. Doch dass A die besagte Schwierigkeit zu überwinden hat, wenn er dem Β gerade die Beschaffung bei C zugesagt hat, wird zu Recht allgemein nicht bezweifelt. 210 Auch auf Beschaffungs-Stückschulden ist folglich der Rechtsgedanke des § 279 BGB anzuwenden: Wenn der Schuldner aufgrund einer Leistungsschwierigkeit nicht leistet, die innerhalb des von ihm zu tragenden Beschaffungsrisikos liegt, so hat er dafür unabhängig von einem Verschulden geradezustehen. 211 Folgt man diesem Verständnis, so wird zugleich deutlich, dass die Vorschrift des § 279 BGB im Grunde fehlloziert, dass ihre Einordnung innerhalb der §§ 276 ff. BGB irreführend ist. Tatsächlich betrifft sie die Frage des Vertretenmüssens nur mittelbar. Im Eigentlichen regelt sie, wann bei einer Gattungsschuld - richtig: bei einer Beschaffungsschuld - Unmöglichkeit vorliegt. 2 1 2 Wenn das eingetretene Leistungshindernis i m Rahmen des vom Schuldner zu tragenden Beschaffungsrisikos liegt, folglich von ihm zu überwinden ist, liegt - so der wahre Inhalt von § 279 BGB - keine leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit vor. Die Vorschrift bringt damit nichts anderes als das bereits oben dargelegte Verständnis zum Ausdruck, dass leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit nur dann gegeben ist, wenn ein „überobligatorisches", ein vom Schuldner nicht zu bewältigendes Leis210
Es sei denn natürlich, die eingetretene Schwierigkeit liegt außerhalb des vom Schuldner übernommenen Beschaffungsrisikos. 211 Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 V 2 (S. 18); Lemppenau, Gattungsschuld, S. 53 ff. mit w. Nachw. 212 Vgl. dazu auch Jakobs, Unmöglichkeit, S. 152.
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz tungshindernis eingetreten ist. Der Schuldner ist daher in den von § 279 BGB geregelten Fällen weiterhin zur Leistung verpflichtet. Leistet er trotz der fortbestehenden Möglichkeit nicht, so hat er dies - insoweit existiert ein mittelbarer Bezug des § 279 BGB zur Frage des Vertretenmüssens - zu vertreten. Schließlich - und entsprechend dem § 279 BGB innewohnenden Gedanken - lässt sich auch nur mit einem normativen Ansatz der Fall des finanziellen Unvermögens des Schuldners angemessen regeln. In Fällen, in denen der Schuldner seine Leistung nicht erbringen kann, weil er kein Geld mehr hat und auch keine Kredite mehr erhält, liegt streng genommen gerade ein Fall vor, in dem die Leistungserbringung durch den Schuldner denknotwendig bzw. naturwissenschaftlich ausgeschlossen ist. Ihr steht nicht nur eine theoretisch überwindbare Schwierigkeit entgegen; sie ist schlichtweg unmöglich. Ein deskriptiver Ansatz käme daher um die Bejahung des Unvermögens eigentlich nicht herum und müsste den Schuldner bei unverschuldeter Verarmung gemäß § 275 I I BGB von seiner Leistungspflicht befreien. Dass dies unserer Rechtsordnung widerspräche, liegt auf der Hand und wird folglich auch nicht vertreten. 213 Die fortdauernde Leistungspflicht des Schuldners kann damit wiederum nur begründet werden, wenn gefragt wird, ob der Schuldner das Leistungshindernis überwinden muss. Eben Derartiges ist im Hinblick auf finanzielle Schwierigkeiten zu bejahen. 214 (ßß) Aber auch in den der objektiven Unmöglichkeit zugerechneten Fällen vermag allein ein normativer Ansatz zu sinnvollen Ergebnissen zu führen. Das deskriptive Verständnis muss - wie dargelegt - in den Fällen der bloßen Unzumutbarkeit (faktische bzw. praktische, wirtschaftliche, sittliche Leistungserschwerungen) für den Schuldner die fortbestehende Möglichkeit der Leistungserbringung bejahen. Um den Schuldner dennoch davor zu bewahren, leisten zu müssen, wird denn auch auf die Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückgegriffen. Das ist indes verfehlt. Zwar ist das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage heute als Bestandteil des geltenden Rechts anerkannt. An seiner Fragwürdigkeit ändert sich dadurch gleichwohl nichts. 2 1 5 213 Vgl. dazu etwa Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 93 ff.; Medicus, AcP 188 (1988), S. 489 ff.; Grunsky, JuS 1989, S. 595. 214 Dazu Lemppenau, Gattungsschuld, S. 109 ff. 215 Vgl. dazu Flume , FS DJT (1960), Bd. I, S. 207 ff.; ders., Rechtsgeschäft, § 26 (S. 494 ff.); Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 24 I 2 (S. 38 ff.); Jakobs, Unmöglichkeit, S. 69 ff.; auch Rothoeft, System, S. 110 ff. Vgl. daneben zur Problematik der richterlichen Vertragsanpassung Ernst, JZ 1994, S. 801 ff.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution Das Gesetz selbst enthält keine Anhaltspunkte für dieses Institut. Natürlich ist es legitim, das Gesetz rechtfortbildend weiterzuentwickeln, d.h. neue Figuren zu schaffen. Doch setzt Derartiges immer voraus, dass dafür eine Notwendigkeit besteht, das Gesetz also lückenhaft ist. Gerade das wird von den Befürwortern des Instituts behauptet: Die betreffenden Fälle müssten mittels des , Wegfalls der Geschäftsgrundlage gelöst werden, weil das Gesetz keine Regelungen für den Fall des Eintritts einer übermäßigen Leistungserschwerung enthalte. 216 Diese Einschätzung ist jedoch unrichtig. Das Gesetz enthält mit § 275 BGB eine Regelung, die die in den Fällen übermäßiger Leistungserschwerung angestrebte Rechtsfolge der Befreiung von der Leistungspflicht anordnet. Zugleich kann - wie dargelegt wurde - der Begriff der subjektiven Unmöglichkeit nur normativ ausgelegt werden. Was hindert also daran, auch den Begriff der objektiven Unmöglichkeit entsprechend zu begreifen und damit die fraglichen Fälle der übermäßigen Leistungserschwerung zu erfassen? Alle Kriterien, die bei der Beurteilung der Frage, ob die Geschäftsgrundlage infolge der Leistungserschwerung weggefallen ist, Berücksichtigung finden sollen, können auch bei der Klärung der Unmöglichkeit herangezogen werden. Anders ausgedrückt: Das Gesetz enthält mit § 275 BGB eine Regelung, deren Tatbestand ohne weiteres auf die fraglichen Fälle angewandt werden k a n n 2 1 7 und deren Rechtsfolge genau dem entspricht, was als gerecht empfunden wird. Es ist daher nicht notwendig (und also unzulässig), eine gesetzlich nicht normierte Figur mit insoweit identischem Tatbestand (übermäßige, unzumutbare Leistungserschwerung) und identischer Rechtsfolge (Befreiung von der Leistungspflicht) heranzuziehen. Eine Notwendigkeit würde sich allein dann ergeben, wenn mittels der herangezogenen Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage andere Rechtsfolgen erzielt würden, die in den fraglichen Fällen „gerechter" bzw. „richtiger" sind als die schuldnerische Befreiung. Eben dies ist die Auffassung ihrer Anhänger: Mittels der Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage könnten flexiblere und damit sachgerechtere Ergebnisse erzielt werden als mit der „Allesoder-Nichts-Regelung" des Unmöglichkeitsrechts. 218 Sie gewähre nicht nur die Wahl zwischen gänzlicher Befreiung des Schuldners und unverändertem 216 Larenz, Schuldrecht I, § 21 II (S. 321): „Die Verfasser des BGB sind diesem Problem ... ausgewichen.". 217 Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 24 I 2 b (S. 42). 218 Vgl. BGH, NJW 1954, S. 1323, 1324; Larenz, Schuldrecht I, § 21 I e (S. 320); Braun, JA 1983, S. 577; Medicus, Allgem. Teil, Rn. 878 f.; ders., AcP 188 (1988), S. 506; ders., Schuldrecht I, Rn. 370. Vgl. auch Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 II 2 (S. 8). 5 Gebauer
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz Fortbestand der Erfüllungspflicht. Vielmehr könnten variable Rechtsfolgen eintreten und eine den veränderten Verhältnissen angemessene Anpassung des Vertrages erfolgen. Zugleich könne gewährleistet werden, dass die schuldnerische Befreiung bzw. Begünstigung nicht gegen dessen Willen eintritt: In den Fällen wirtschaftlicher Leistungserschwerungen könne es nämlich durchaus sein, dass der Schuldner aus Kulanz oder zum Beweis seiner besonderen Leistungsbereitschaft trotz der Schwierigkeit leisten will. Dies müsse ihm rechtlich unbenommen bleiben. Bei Annahme von Unmöglichkeit würde aber ipso iure und also gegen seinen Willen die Befreiung von seiner Leistungspflicht eintreten. Allein mittels des Instituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage könne dies verhindert werden. Eine Erfüllungsbefreiung bzw. Vertragsanpassung hinge dann davon ab, dass der Schuldner die Einrede des § 242 BGB erhebt. 219 Eine Abweichung von der Rechtsfolge des § 275 I BGB ist in den fraglichen Fällen jedoch verfehlt: Zum einen ist sie - soweit es um die zuletzt propagierte Möglichkeit des Schuldners geht, auf die Befreiung von seiner Leistungspflicht zu verzichten - gar nicht gegeben. Denn die Rechtsfolge des § 275 BGB steht ebenfalls zur Disposition des Schuldners. Seine dort angeordnete Befreiung von der Erfüllungspflicht im Falle eines „überobligatorischen" Leistungshindernisses dient allein seinem Schutz. Selbstverständlich kann er daher auf diesen Schutz und also auf die Anwendung der Vorschrift verzichten. Der Gläubiger kann nicht etwa unter Berufung auf das Vorliegen eines „überobligatorischen" Leistungshindernisses die Erfüllung seitens des Schuldners ablehnen. Dies führt indes keineswegs dazu, dass die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit zur bloßen Einrede gemacht wird. An ihrem Charakter als Einwendung ändert sich nichts. Zum anderen ist eine Abweichung von der Rechtsfolge des § 275 BGB in den übrigen Fällen nicht sachgerecht. Welche andere Lösung als die des Erlöschens der Erfüllungspflicht sollte denn angeordnet werden? Wenn etwa infolge des Ausbruch eines Krieges die Warenbeschaffung für den Verkäufer in einem Maße verteuert wird, das nicht mehr zu dem von ihm vertraglich übernommenen Beschaffungsrisiko gehört, so fehlt der Grund für eine entsprechende Leistungspflicht, weshalb sie erlischt. Eine richterliche „Anpassung" des Vertrages - etwa durch Erhöhung des Kaufpreises verbietet sich dagegen von selbst. Sie würde eine heteronome Entscheidung - nämlich die des Richters - zur Grundlage einer Pflicht zur Vermögens219 Etwa Medicus, Schuldrecht I, Rn. 370; Schreiber, Jura 1995, S. 530; auch Larenz, Schuldrecht I, § 21 I e (S. 319); vgl. in diesem Sinne schon Rabel, FS Bekker, S. 205 f.; sowie Krückmann, JherJb. 59 (1911), S. 233 ff.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution aufstockung machen. Derartiges widerspricht jedoch grundlegenden Prinzipien unserer Rechtsordnung. 220 Das leuchtet am Beispiel der Kaufpreiserhöhung unmittelbar ein, weil der Gläubiger gerade keine Entscheidung getroffen hat, die Ware angesichts der eingetretenen Beschaffungsschwierigkeiten für einen höheren Preis zu erwerben. Kommt es mithin zu einer „überobligatorischen" Leistungserschwernis, so gibt es nur eine sachgerechte Lösung: Die an die Stelle der erloschenen ursprünglichen Obligation tretenden Leistungspflichten werden nicht heteronom, also von außen, sondern durch die Parteien selbst festgelegt. Diese müssen also neu verhandeln. Der Rückgriff auf eine Kunstfigur wie die des Wegfalls der Geschäftsgrundlage birgt daneben immer die Gefahr der Willkür und des „Verlustes an dogmatischer Konsistenz" 221 in sich. Der Richter und sonstige Rechtsanwender mag sich an der gewonnenen Flexibilität und Freiheit erfreuen. Doch wird der Rechtsklarheit und -Sicherheit nicht gedient. 222 Zusammengefasst: Alle legitimen Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Schuldner weiterhin zur Leistung verpflichtet bleiben soll, lassen sich im Rahmen von § 275 BGB heranziehen. Und andere Rechtsfolgen als die dort angeordnete Befreiung von der Leistungspflicht sind in den fraglichen Fällen nicht sachgerecht. Kurz bedeutet das: Wer entsprechend der Regelung des § 275 BGB die Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendet, kann nicht erklären, wozu dies notwendig ist. Wer hingegen Tatbestand und Rechtsfolgen ausweitet, der kann dies nicht rechtfertigen. Richtig ist es daher, auch in den der objektiven Unmöglichkeit zugerechneten Fällen zu fragen, ob ein Leistungshindernis vorliegt, dessen Überwindung dem Schuldner nicht zuzumuten ist. Damit sind die heute unterschiedenen Fälle der „praktischen" bzw. „faktischen", der „wirtschaftlichen" sowie der „sittlichen" Leistungshindernisse der Unmöglichkeit zuzuordnen. Erst recht gilt dies - das sei hier der Vollständigkeit halber erwähnt - für die Fälle der „Zweckerreichung" und des „Zweckfortfalls", so dass auch insoweit ein Rückgriff auf die verfehlte Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage überflüssig ist. Freilich ergibt sich dieses Ergebnis nicht erst bei 220
Vgl. dazu Ernst, JZ 1994, S. 802; Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, bes. S. 89 ff.; sowie unten S. 71, 192. 221 Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 24 I 2 (S. 39); siehe auch Willoweit, JuS 1988, S. 837. 222 Ygi e t w a Lemppenau, Gattungsschuld, S. 64 Fn. 32. Daher muss es geradezu komisch wirken, wenn ausgerechnet die Anhänger der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage einem normativen Unmöglichkeitsbegriff vorwerfen, dieser sei „zu unbestimmt"; ob die Leistung dem Schuldner noch zumutbar sei, sei daher eine Frage des § 242 BGB, nicht des § 275 BGB (so Larenz, Schuldrecht I, § 21 I e (S. 319 f.). 5*
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz normativer Auslegung der Unmöglichkeit. Auch die Anhänger eines deskriptiven Ansatzes kommen hieran eigentlich nicht vorbei, sind diese Fälle doch - um in der traditionellen Terminologie zu bleiben - bereits der „tatsächlichen" bzw. „naturwissenschaftlichen" Unmöglichkeit zuzuordnen. Wenn das auf Sand gelaufene Schiff im Sturm zerstört wurde und untergegangen ist, kann es kein Mensch auf dieser Welt noch „abschleppen". Ebenso ist es naturwissenschaftlich nicht möglich, Heilmaßnahmen am bereits verstorbenen Kind vorzunehmen. Ist also aufgrund besonderer Umstände der Erfüllungserfolg endgültig nicht mehr herstellbar geworden, so ist seine Bewirkung ebenso unmöglich wie in den Fällen der „Zweckerreichung". Bei diesen verhält es sich nicht anders als bei rechtlicher Unmöglichkeit aufgrund des Umstandes, dass der herzustellende Rechtszustand bereits besteht. Genau wie es unmöglich ist, eine Sache demjenigen zu übereignen, der bereits Eigentümer ist, ist es ausgeschlossen, einen schon genesenen Patienten zu heilen oder ein zwischenzeitlich freigekommenes Schiff zu befreien. Folglich geht es in diesen Fällen auch nicht um die Frage, ob der Schuldner trotz des Leistungshindernisses weiter zur Erfüllung verpflichtet ist und ob er gar Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten hat. Denn selbstverständlich kann die Leistung in diesen Fällen gerade nicht mehr erbracht werden. Und auch eine Schadensersatzpflicht des Schuldners scheidet schon deshalb aus, weil ihn in diesen Fällen typischerweise kein Verschulden trifft. 2 2 3 Es geht mithin allein um die Frage, ob trotz des Fortfalls der Leistungspflicht des Schuldners der Gläubiger - entgegen der Grundregel des § 323 BGB - zur Erbringung seiner Gegenleistung verpflichtet bleibt. Dies ist jedoch eine Frage der Gefahrtragung bei beidseitig nicht zu vertretender Unmöglichkeit, die anhand besonderer Gefahrtragungsregeln zu beantworten i s t . 2 2 4 (ß) Ist damit geklärt, dass die leistungsstörungsrechtliche (objektive und subjektive) Unmöglichkeit bereits immer dann zu bejahen ist, wenn die Leistungserbringung aufgrund einer eingetretenen Schwierigkeit dem Schuldner nicht zugemutet werden kann, so muss die Frage beantwortet werden, nach welchen Kriterien diese Zumutbarkeit zu bestimmen ist. Wie bereits oben dargelegt, kommen dafür zwei verschiedene Ansätze in Betracht: Die Zumutbarkeit kann objektiv nach Treu und Glauben, also danach bestimmt werden, was ein vernünftiger Dritter noch als zumutbar erachten würde. Oder sie kann subjektiv definiert, also dem Inhalt des Vertrages entnommen 223
Hätte nämlich der Schuldner die Zweckerreichung „zu vertreten", so wäre dies keine von diesem zu vertretende Unmöglichkeit, sondern schlichtweg Erfüllung! 224 Siehe dazu die Nachw. oben in Fn. 191.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution werden. Dann wird darauf abgestellt, was vertraglich versprochen wurde, welche Leistungshindernisse der Schuldner also zu überwinden bereit war. Dass allein Letzteres richtig ist, dass eine objektive, nicht auf den konkreten Vertrag abstellende Bestimmung der Zumutbarkeit scheitern muss, lässt sich schon folgender Fallgestaltung entnehmen: Verkauft A dem Β einen Ring und fällt dieser nach Vertragsschluss auf den Meeresgrund, so dürfte man gemeinhin die Unzumutbarkeit der Leistungserbringung durch A und also (nach normativem Ansatz) Unmöglichkeit annehmen. Nichts anderes kann gelten, wenn der Ring bereits bei Vertragsschluss auf dem Meeresgrund ruhte. Der Vertrag wäre dann nach § 306 BGB von Anfang an nichtig. Was aber, wenn sich A gegenüber Β gerade zur Leistung des auf dem Meeresgrund befindlichen Ringes verpflichtet hat, wenn er also vertraglich die Überwindung der bei Vertragsschluss vorliegenden Leistungsschwierigkeit versprochen hat? Dass hier der Vertrag wirksam und A zur Leistung verpflichtet sein muss, steht außer Frage. 225 Selbstverständlich kann eine solche Pflicht (vorbehaltlich der §§ 104 ff., 138 BGB) übernommen werden. Es besteht keinerlei Anlass für das Gesetz, Derartiges zu vereiteln. Entsprechend liegt kein Grund dafür vor, den Schuldner bei nachträglich eintretenden Erfüllungshindernissen, deren Überwindung er versprochen hat, durch die Annahme von Unmöglichkeit zu befreien. Wenn also A im Ringverkaufsfall dem Β verspricht, den Ring auch dann zu leisten, wenn dieser (etwa beim notwendigen Transport mit dem Boot) auf den Meeresgrund fällt, so wäre es offenkundig verfehlt, die Leistung des A für unmöglich zu erklären, wenn der Ring aufgrund eines Unfalls dann tatsächlich auf den Meeresboden sinkt. Natürlich muss hier A weiterhin erfüllen. In aller Regel wird er sich sein weites Leistungsversprechen entsprechend honoriert haben lassen! Genauso verhält es sich in den Fällen des Unvermögens: Wird das verkaufte Gemälde gestohlen, so ist typischerweise ein Fall subjektiver Unmöglichkeit zu bejahen. Hat der Verkäufer aber zugesagt, das Gemälde auch dann noch zu leisten, wenn es vor der Übereignung gestohlen wird, so kann im Falle des Diebstahls an seiner fortbestehenden Leistungspflicht nicht gezweifelt werden. Wie aber ließen sich derartig unterschiedliche Ergebnisse - Unmöglichkeit im Normalfall, fortbestehende Erfüllungspflicht bei entsprechendem vertraglichem Versprechen des A - rechtfertigen, wenn die Zumutbarkeitsgrenze im Rahmen der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit objektiv, d.h. unabhängig vom konkreten Vertrag bestimmt würde? Die Antwort lautet schlicht: überhaupt nicht! Ist der verkaufte Ring auf den Meeresgrund gefallen, so kann dies bei objektiver, vertragsunabhängiger Betrach225
Emmerich, Leistungsstörungen, § 2 III 5 (S. 24).
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
tung stets nur generell als Unmöglichkeit oder fortbestehende Möglichkeit begriffen werden. Ebenso führt der Diebstahl des verkauften Gemäldes stets entweder zu Unvermögen oder nicht. Die Überwindung eines bestimmten Leistungshindernisses kann also nach Treu und Glauben aus der Sicht eines objektiven Dritten stets nur als entweder unzumutbar oder zumutbar angesehen werden. Der einzige Unterschied in den beiden Fallgestaltungen besteht darin, dass der Vertrag jeweils einen anderen Inhalt hat. Soll in beiden Fällen die Frage der Unmöglichkeit unterschiedlich beantwortet werden, so muss sich ihre Beantwortung folglich notwendig aus dem Vertrag ergeben. Entscheidend ist damit - das zeigen diese Fallbeispiele - , was der Schuldner versprochen hat: Für die im Rahmen der Unmöglichkeit zu klärende Frage der Zumutbarkeit der Überwindung eines Leistungshindernisses kommt es allein darauf an, ob der Schuldner dessen Bewältigung zugesagt hat. Nicht die Einschätzung eines Dritten, sondern das im Rahmen des Vertrages abgegebene Versprechen des Schuldners entscheidet damit! Unterstützt wird diese Erkenntnis abermals durch die Vorschrift des § 279 BGB: Wie oben dargelegt trifft diese Norm die Regelung, dass der ein Beschaffungsversprechen eingegangene Schuldner dann zur Leistung verpflichtet bleibt, wenn das aufgetretene Leistungshindernis diesseits der schuldnerischen Beschaffungspflicht liegt. Wie aber sollten Inhalt und Grenzen dieser Beschaffungspflicht anders bestimmt werden als nach dem vertraglichen Versprechen des Schuldners? Verpflichtet sich der Schuldner zur Beschaffung einer Sache, so übernimmt er damit Beschaffungsrisiken, die von Fall zu Fall unterschiedlich sein können. Eine objektive, vertragsunabhängige Bestimmung seiner Beschaffungspflicht muss notwendig scheitern. Wenn beispielsweise der Autohändler A seinem Kunden nach Liste einen Neuwagen verkauft, so wird er infolge eines unzumutbaren Leistungshindernisses von seiner Erfüllungspflicht frei, wenn der betreffende Hersteller in Deutschland abrupt und unvorhersehbar die Produktion einstellt. Anders verhält es sich freilich, wenn A just für diesen Fall dem Kunden versprochen hat, dann ein Modell des Neuwagens über den in Mexiko tätigen Schwesterbetrieb des Herstellers zu beziehen. Dann bleibt er zur Leistung verpflichtet. Ob also die Einstellung der Produktion in Deutschland zum Beschaffungsrisiko des A gehört oder nicht, kann objektiv und unabhängig vom konkreten Vertrag nicht bestimmt werden. Notwendig muss damit auch bei § 279 BGB darauf abgestellt werden, was der Schuldner vertraglich versprochen hat. (bb) „Hinter" dieser praktischen Begründung der vertraglich-normativen Bestimmung der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit steht als eigentlich entscheidende Stütze der hier vertretenen Auffassung eine systematische Überlegung:
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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(α) Kennzeichen der vertraglichen Erfüllungspflicht ist es, dass sie nicht heteronom gesetzlich angeordnet, sondern autonom, also freiwillig übernommen ist. Der Schuldner muss leisten, weil er dies aus freien Stücken versprochen hat, nicht, weil das Gesetz dies befiehlt. Die Existenz gesetzlicher Anspruchsgrundlagen für die Erfüllungspflichten (§§ 433, 535, 631 BGB, u.s.w.) ändert daran nichts. Es handelt sich bei ihnen nur um „deklaratorische" Normen, die das aussprechen, was ohnehin gilt. Käme der Gesetzgeber auf die Idee § 433 BGB abzuschaffen, so würde niemand daran zweifeln, dass der Käufer im Falle eines Kaufvertrages weiterhin zur Kaufpreiszahlung verpflichtet ist. Entsprechend wird die Pflicht zur Erfüllung gesetzlich nicht normierter Verträge ungeachtet des Umstandes angenommen, dass für den vertraglichen Erfüllungsanspruch eine gesetzliche Grundlage fehlt. Die Anspruchsgrundlage wird folgerichtig im Vertrag selbst gesehen. Die vertragliche Erfüllungspflicht erhält ihre Rechtfertigung mithin allein aus dem übereinstimmenden Willen der Parteien und nicht aus der gesetzgeberischen Anordnung. 2 2 6 (ß) Damit ist aber zugleich klar, dass sich die Grenzen des vertraglichen Erfüllungsversprechens aus dem Vertrag selbst ergeben, dass also allein diesem zu entnehmen ist, bis zu welcher Schwelle die Leistungspflicht bestehen soll. (αα) Denn schon logisch können die vertragliche Erfüllungspflicht und ihre Grenzen nicht auseinander gehalten werden. 2 2 7 Wenn eine Pflicht vollständig beschrieben werden soll, muss immer dargelegt werden, wie weit sie reicht. Demgemäß wäre die durch das vertragliche Erfüllungsversprechen begründete Position des Gläubigers unvollständig, wenn nicht zugleich ihre Grenzen klar wären. Die Einräumung einer grenzenlosen, Undefinierten Rechtsposition wäre geradezu perplex. Ein vertragliches Versprechen, bei dem sich mittels Auslegung nicht ergäbe, ab welcher Schwierigkeit der Schuldner nicht mehr zur Leistung bereit ist, wäre folglich wegen Unvollständigkeit unwirksam. (ßß) Ist es aber - wie oben dargelegt - der Schuldner (und nicht das Gesetz), der mit seinem Versprechen die Rechtsposition des Gläubigers 226
Grundlegend dazu jüngst Lobinger; Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 89 ff. 227 Dazu bereits Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 14 f.: „Es muß aber auch ... als Moment der Leistung auch das Maß der von der in Frage kommenden Leistungspflicht ... geforderten Kraftanstrengung berücksichtigt werden. Denn ebenso wie Ort und Zeit und alle übrigen Momente der Leistung gehört auch dieses Maß der Kraftanstrengung wesentlich dazu, ,den Inhalt des Schuldverhältnisses4 zu bestimmen ... Es heißt aber den Angelpunkt der ganzen Lehre außer Augen verlieren, wenn man nicht stets und allein das Schuldverhältnis selbst und das von ihm geforderte Leisten maßgebend sein lässt.".
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz schafft, so muss er es auch sein, der deren (damit untrennbar verbundenen) genauen Umfang definiert. Folglich lässt sich jedem wirksamen (weil vollständigen) Vertragsversprechen entnehmen, bis zu welcher Schwierigkeit der Schuldner zur Leistung bereit ist, wo also die Grenzen seiner Erfüllungspflicht liegen. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass dadurch der willentlichen Einigung mehr Inhalt zugemessen würde als dies regelmäßig tatsächlich der Fall ist. Natürlich unterhalten sich Vertragsparteien typischerweise nicht über alle denkbaren Fälle der Leistungserschwerung. Doch wird man die vertragliche Einigung stets im Hinblick auf diese Frage auslegen können. Bei dieser Auslegung wird sicherlich auch darauf abzustellen sein, was Parteien in der konkreten Situation typischerweise vereinbart hätten, welche Leistungserschwernisse also üblicherweise dem Risikobereich des Schuldners zugeordnet würden. Doch dienen diese Erwägungen allein der Ermittlung des tatsächlichen Willens der Parteien. Während eine objektive, dem Gesetz zu entnehmende Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenzen dem Willen eines vernünftigen Dritten bzw. der Anschauung der Verkehrssitte auch dann den Vorrang einräumen müsste, wenn der tatsächliche Wille der Parteien davon abweicht, ist nach der hier vertretenen Auffassung allein Letzterer entscheidend. Nicht was vernünftig wäre, sondern was die Parteien wollten, erlangt Geltung. 2 2 8 Das bedeutet: Dass zur genauen Ermittlung der vertraglich bestimmten Grenzen der Leistungspflicht auch auf objektive Erwägungen zurückgegrif228 Kritisch zur Annahme, dem schuldnerischen Versprechen lasse sich stets entnehmen, bis zu welcher Grenze der Schuldner zu leisten bereit sei, jüngst Gsell, Beschaffungsnotwendigkeit, S. 12 ff. Nach ihr ist - speziell beim Gattungskauf statt auf das Beschaffungsversprechen darauf abzustellen, ob das betreffende (nachträgliche) Leistungshindernis auch beim Stückkauf denkbar wäre. Für diesen Fall solle den Verkäufer eine Nichterfüllungshaftung wie dort nur bei Verschulden treffen. Im Übrigen könne bei Gattungsschulden eine Abweichung vom Verschuldensprinzip nur gerechtfertigt werden, wenn ein besonderer Grund vorliege. Ein solcher könne etwa der Umstand sein, dass sich die Leistungserschwernis nur auf einen bestimmten Teil der Gattung beziehe, weil dann die Belastung mit dieser Erschwernis nur die Kehrseite der prinzipiellen Dispositionsfreiheit des Schuldners sei, zur Erfüllung seiner Schuld beliebige Stücke auch aus dem anderen Teil der Gattung auszuwählen. Liege die Erschwernis dagegen im Hinblick auf alle Gattungsstücke vor, so rechtfertige sich eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht nur, wenn der Erschwernis eine Chance auf eine entsprechende positive Entwicklung gegenüber gestanden sei (S. 21 ff., 135 ff.). Dieser Kritik ist einzuräumen, dass mit der Einordnung eines Versprechens als „Beschaffungsschuld" noch nichts im Hinblick auf die Frage gewonnen ist, bis zu welcher Grenze die Einstandspflicht des Schuldners reicht. Auch mögen die Parteien - wie bereits ausgeführt - oft nicht an alle Eventualitäten denken. Für die Bestimmung ihres Willens ist daher durchaus auf die von Gsell aufgezeigten und überzeugend begründeten Kriterien abzustellen. Am Primat des von den Parteien Gewollten ändert sich dadurch freilich nichts.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution fen werden muss (wie auch sonst bei der Auslegung von Verträgen gesetzliche Zweifelsregelungen herangezogen werden), ändert an der Richtigkeit der These von der allein subjektiv-vertraglich zu bestimmenden Zumutbarkeitsgrenze nichts. Im Gegenteil: Gerade weil diese objektiven Kriterien nur der Ermittlung des subjektiv Gewollten dienen, belegt ihre Heranziehung die alleinige Gültigkeit des vertraglich Vereinbarten. (γγ) Mithin bleibt für eine gesetzliche Ziehung der Grenzen der Leistungspflicht kein Raum. Sie wäre zum einen überflüssig, weil bereits der Schuldner derartige Grenzen gezogen hat. Der Schuldner weiß selbst am besten, welche Leistungsschwierigkeiten für ihn zumutbar sind und welche nicht. Eine davon abweichende Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenzen durch das Gesetz wäre nichts anderes als eine Entmündigung. Zum anderen wäre diese gesetzliche Festlegung der Erfüllungsgrenzen aber auch unzulässig. Gerade weil die Erfüllungspflicht sich nicht von ihren Grenzen trennen lässt, wäre eine gesetzliche Grenzziehung nichts anderes als eine gesetzliche Anordnung der Erfüllungspflicht. Dass der Schuldner erfüllen muss, wäre damit nicht allein Folge seines Versprechens, sondern eben auch Konsequenz der gesetzlichen Anordnung. Grundlage der Erfüllungshaftung würde damit das Gesetz und nicht mehr ausschließlich das Versprechen. Dies widerspräche aber den obigen Ausführungen, wonach die Erfüllungspflicht allein Ergebnis der willentlichen Einigung sein kann. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass das Gesetz der Möglichkeit, vertragliche Erfüllungspflichten zu begründen, an anderer Stelle Grenzen setzt, etwa über § 134 BGB oder speziell zum Schutz des Versprechenden über die §§ 104 ff. BGB oder § 138 BGB. Denn diese Vorschriften bestimmen nur, unter welchen Voraussetzungen die Begründung einer vertraglichen Position möglich ist. Sie entscheiden allein, ob das vertragliche Versprechen wirksam ist oder nicht. Keineswegs regeln und definieren sie den genauen Inhalt der vertraglichen Position des Gläubigers. Um eben Letzteres geht es aber bei der Frage der Zumutbarkeit: Wenn entschieden wird, wie weit das Leistungsversprechen des Schuldners reicht, ab welchen Schwierigkeiten er also nicht mehr leisten muss, so geht es nicht darum, ob das Versprechen wirksam ist, sondern welchen Inhalt es hat. Eine solche Inhaltsbestimmung aber nimmt das Gesetz - auch durch die genannten Paragraphen - nicht vor und dürfte dies auch gar nicht: Denn dadurch würde es selbst Grundlage einer vertraglichen Erfüllungspflicht, obwohl - wie dargelegt - eine solche in unserer Rechtsordnung nur einer willentlichen Einigung entspringen kann. (γ) Damit belegen auch diese systematischen Erwägungen: Die Frage, ob leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit vorliegt, ist nichts anderes als
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz die Klärung dessen, ob die Grenzen des vertraglichen Versprechens durch die nachträglich eingetretene Leistungserschwernis überschritten wurden. Es zeigt sich auch hier, dass die Unmöglichkeit wertend i m Sinne der Unzumutbarkeit auszulegen ist und dass für die Bestimmung Letzterer allein das vertragliche Versprechen ausschlaggebend ist. Die in § 275 BGB angeordnete Folge des Untergangs der Erfüllungspflicht ist - ebenso wie das Bestehen der Erfüllungspflicht - nichts anderes als eine sich schon aus dem Vertrag ergebende Konsequenz. Der Schuldner wird im Falle einer „überobligatorischen" Erfüllungserschwernis von seiner Leistungspflicht frei, eben weil insoweit gar kein Versprechen abgegeben wurde. Grundlage und Rechtfertigung seiner Erfüllungspflicht ist allein sein vertragliches Versprechen. Wenn dessen Grenzen aber überschritten sind, fehlt es folglich an einer Grundlage und einer Rechtfertigung dafür, weiterhin die Erfüllungspflicht anzunehmen. Etwas, das nicht versprochen ist, kann auch nicht Gegenstand einer vertraglichen Erfüllungspflicht sein. Die Befreiung des Schuldners ist damit eine Selbstverständlichkeit, die auch ohne Existenz von § 275 BGB zu bejahen wäre. § 275 BGB ist folglich ebenso wie die Normen, die die vertragliche Erfüllungspflicht regeln - eine „deklaratorische" Vorschrift. Zugleich ist die dort „deklarierte" Befreiung des Schuldners ein ganz wesentliches Prinzip des Vertragsrechts. Dass die Gesetzesverfasser die Unmöglichkeit ins Zentrum des Leistungsstörungsrechts gestellt haben, ist folglich - entgegen einer verbreiteten K r i t i k 2 2 9 völlig richtig.230 (cc) Zur Ergänzung sei bemerkt, dass der solchermaßen beschriebene leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeitsbegriff natürlich nur auf vertragliche Erfüllungspflichten Anwendung finden kann. Wenn es um gesetzliche Erfüllungspflichten geht - etwa, um die Erfüllung einer Schadensersatzpflicht - dann scheidet eine dem Willen der Parteien zu entnehmende Bestimmung der Leistungsgrenze naturgemäß aus. Die Leistungspflicht beruht eben nicht auf einer autonomen Entscheidung, sondern auf einer gesetzlichen, also heteronomen Anordnung. Folglich sind auch die Grenzen der Leistungspflicht nicht dem Willen der Beteiligten, sondern dem Gesetz zu entnehmen. Dass damit der Vorschrift des § 275 BGB - die ja aufgrund ihrer systematischen Stellung prinzipiell auch für gesetzliche Leistungspflichten gilt ein unterschiedlicher Inhalt zukommt, je nachdem, um welche Art von Leistungspflicht es sich handelt, ändert an der Richtigkeit des hier vorgetragenen Verständnisses nichts. 229 230
Vgl. nur etwa Jakobs, Unmöglichkeit, S. 67 ff. mit w. Nachw. So auch Himmelschein, AcP 135 (1932), S. 258 f.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution Denn praktisch kommt es - soweit ersichtlich - ohnehin gar nicht zu einer Anwendung des § 275 BGB auf gesetzliche Leistungspflichten. Sofern die gesetzliche Leistungspflicht auf eine reale Handlung gerichtet ist, existieren stets besondere Vorschriften, die die Grenzen dieser Handlungspflicht bestimmen: Der Vindikationsschuldner muss dann die Sache nicht mehr herausgeben, wenn er sie nicht mehr im Besitz hat. Der Bereicherungsschuldner hat ebenfalls nur noch Wertersatz (§818 I I BGB) in Höhe seiner Bereicherung (§818 I I I BGB) zu leisten, wenn der Bereicherungsgegenstand in seinem Vermögen nicht mehr in natura vorhanden ist. Und auch der Schadensersatzschuldner wird nach § 251 BGB von seiner naturalen Leistungspflicht frei. Stets existieren also spezielle, den § 275 BGB verdrängende Vorschriften. In den weit häufigeren Fällen, in denen die gesetzliche Leistungspflicht auf eine Geldzahlung gerichtet ist, besteht erst recht keine Möglichkeit, über eine Leistungsbefreiung nach § 275 BGB zu räsonieren. Denn natürlich gilt insoweit der allgemeine Satz: „Geld muss man haben.". Fälle, in denen zur Befreiung von einer gesetzlichen Leistungspflicht auf § 275 BGB zurückgegriffen werden könnte, sind daher gar nicht denkbar.
(b) Irrelevanz der Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit als Konsequenz des vertraglich-normativen Unmöglichkeitsbegriffs Damit ist aber auch klar, dass die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit ohne Bedeutung i s t . 2 3 1 (aa) Dies ergibt sich schon aufgrund des dargelegten Wesens der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit. Wenn sich die Befreiung des Schuldners allein deshalb ergibt, weil er die Überwindung des eingetretenen Leistungshindernisses nicht versprochen hat, so ist es erkennbar ohne Bedeutung, ob das betreffende Hindernis auch für Dritte besteht. Der Schuldner muss nicht mehr leisten, weil ßr ihn das betreffende Hindernis besteht. 232 Er wird frei, weil sein Versprechen nicht so weit reicht, auch die eingetretene Erschwernis zu bewältigen. Gerade weil sich seine Leistungspflicht allein aus seinem autonomen Versprechen ergibt, kann es für dessen Umfang nur darauf ankom231
Siehe dazu bereits Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 70 ff. So auch Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 70 f.: „Da die Obligation ein Rechtsband nur um die Person des Gläubigers und des Schuldners schlingt, ersterer also die Leistung auf Grund des Schuldverhältnisses nur von Letzterem, nicht auch von dritten Personen, zu verlangen berechtigt ist, so kann es für die Frage: welchen Einfluss hat das Nichtleistenkönnen des Schuldners auf dessen Leistungspflicht? unmöglich von Wichtigkeit sein, ob neben dem Schuldner andere Leute zur Bewirkung der Leistung fähig oder unfähig sind.". 232
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz men, ob der Leistungserbringung durch den Schuldner ein Hindernis entgegensteht. Ob Dritte leisten könnten, spielt keine Rolle. 2 3 3 Insoweit verhält es sich naturgemäß genau wie in den Fällen der Möglichkeit der Leistung für den Schuldner: Dort könnte man zwar theoretisch objektive Möglichkeit (jedermann könnte leisten) und subjektive Möglichkeit (der Schuldner kann leisten, Dritte könnten nicht leisten) unterscheiden, würde daraus aber keinerlei rechtlichen Schluss ziehen, weil die schuldnerische Leistungspflicht allein deshalb besteht, weil er es versprochen hat. Und entsprechend ist die Unterscheidung zwischen objektiver und bloß subjektiver Möglichkeit der Leistung überflüssig und wird nicht praktiziert. Der nicht zu leugnende phänomenologische Unterschied zwischen objektiven und subjektiven Leistungshindernissen mag daher soziologisch von Interesse sein. Rechtlich ist er überflüssig und muss folglich nicht aufgezeigt werden. (bb) Demgemäß lässt sich die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit praktisch auch in vielen Bereichen kaum durchhalten. 2 3 4 Umstritten ist die Abgrenzung beider Unmöglichkeitsformen vor allem im Bereich höchstpersönlicher Verpflichtungen 235 (Beispiel: Ein bekannter Architekt verpflichtet sich zur Aufstellung eines Bauplanes, wird dann aber arbeitsunfähig). Nach einigen soll in derartigen Fällen bloßes Unvermögen vorliegen, weil das Leistungshindernis in der Person des Schuldners seinen Grund hat. 2 3 6 Vor allem die Rechtsprechung geht dagegen von objektiver Unmöglichkeit aus. Eben weil es sich um eine höchst-persönliche Leistung handelt, kann sie auch von Dritten nicht erbracht werden. 2 3 7 Ähnlich umstritten ist die Einordnung von Fällen, in denen ein Dritter zwar theoretisch leistungsfähig ist, seine fehlende Leistungsbereitschaft jedoch sicher feststeht (Beispiel: Die verkaufte Ware steht im Eigentum des Staates, der sie gewiss nicht veräußern würde). Obwohl hier nach der herkömmlichen Definition bloßes Unvermögen angenommen werden müsste 238 , weil dabei gemeinhin auf die Leistungs/äA/gte/f, nicht aber auf 233
Im Grunde könnte man daher davon sprechen, dass stets objektive Unmöglichkeit vorliegt. Denn niemand an der Stelle des Schuldners würde die Leistungserbringung schulden. Für jedermann in der Position des Schuldners wäre die Erfüllung leistungsstörungsrechtlich objektiv unmöglich. 234 Vgl. Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 61 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 8 I (S. 99 f.); Rabel, FS Bekker, S. 214 ff. 235 Ygj d azu n u r etwa Emmerich, Leistungsstörungen, § 3 III (S. 31). 236
Rabel, FS Bekker, S. 212 ff., 235 f.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 3 III (S. 31); Schreiber, Jura 1995, S. 532; auch BAG, AP § 306 BGB Nr. 1 Bl. 2 f. 237 Etwa RGZ 5, 278, 279; vgl. auch RG, SeuffArch. 80 (1926), Nr. 179; Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 67 f.; Braun, JA 1983, S. 576 f.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution die Leistungsbereitschaft eines Dritten abgestellt wird, soll nach verbreiteter Auffassung 239 objektive Unmöglichkeit gegeben sein. Hintergrund dürfte sein, dass die bei Anfänglichkeit des bloß subjektiven Hindernisses an sich eintretende Garantiehaftung des Schuldners in den betreffenden Fällen als unbillig angesehen wird. (cc) Dass das hier vertretene Verständnis der Auffassung der Gesetzesverfasser entgegensteht, soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Doch ändert dies an seiner Richtigkeit nichts. Die phänomenologische Berechtigung der Unterscheidung wird ja keineswegs in Frage gestellt. Allein ihre Überflüssigkeit wird behauptet. Auch wenn die gesetzliche Unterscheidung auf den ersten Blick gegen einen einheitlichen leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeitsbegriff spricht, ist seine Anwendbarkeit keineswegs allein aufgrund dieser Unterscheidung de lege lata ausgeschlossen. Dem wäre nur so, wenn das Gesetz an objektive und subjektive Unmöglichkeit unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen würde. Dies ist indes - wie § 275 BGB belegt - im Bereich der nachträglichen Unmöglichkeit nicht der Fall. An dem Umstand, dass das Gesetz dagegen im Bereich anfänglicher Leistungshindernisse unterschiedliche Regelungen getroffen hat, dürfte dagegen de lege lata kein Vorbeikommen sein. Doch ändert auch dies nichts an der Richtigkeit des dargelegten Verständnisses. Die im Bereich anfänglicher Unmöglichkeit vom Gesetz für relevant erklärte Unterschiedlichkeit zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit ist zwar - wie die erst über § 275 I I BGB ausdrücklich angeordnete Gleichstellung bei nachträglichen Erfüllungshindernissen - ein Beleg dafür, dass die Gesetzesverfasser ein vom darlegten Unmöglichkeitsbegriff abweichendes Verständnis hatten. Doch ist dieser zur historischen Auslegung gehörende Aspekt angesichts der angeführten strukturellen Überlegungen nicht geeignet, das aufgezeigte Verständnis zu erschüttern. Im Bereich der nachträglichen Unmöglichkeit ist dieses also bereits de lege lata zugrunde zu legen. (c) Der Untergang der Leistungspflicht auch bei zu vertretender Unmöglichkeit als Konsequenz des vertraglich-normativen Unmöglichkeitsbegriffs Aus dem dargelegten Verständnis der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit ergibt sich zugleich die Konsequenz, dass - entgegen einer verbreiteten Auffassung 240 - auch bei vom Schuldner zu vertretender Unmöglichkeit die Erfüllungspflicht untergeht. 241 238 239 240
So etwa Zweigert, SJZ 1949, S. 415 f. Etwa Erman-Battes, BGB, 9. Aufl., Vor §§ 275-292 Rn. 16 mit w. Nachw. Siehe die Nachw. oben in Fn. 82.
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz Die schuldnerische Befreiung ergibt sich schon aus seinem Versprechen. Er muss im Falle eines „überobligatorischen" Leistungshindernisses nicht mehr leisten, weil er es nicht versprochen hat. Die autonom gesetzte Begrenzung seiner übernommenen Erfüllungspflicht hängt aber nicht davon ab, ob die Leistungserschwernis vom ihm zu vertreten war oder nicht. 2 4 2 Etwas anderes könnte nur behauptet werden, wenn man dem Schuldner unterstellte, er habe beim vertraglichen Versprechen die Grenzen seiner Leistungsbereitschaft unterschiedlich definiert, je nachdem, ob er eventuell eintretende Erschwernisse zu vertreten hat oder nicht. Derartiges wäre jedoch lebensfremd. Für den Fall des schuldnerischen Vertretenmüssens tritt bereits kraft Gesetzes eine Schadensersatzpflicht ein. Weshalb sollte der Schuldner für diesen Fall zugleich versprechen, die Leistung zu erbringen, obwohl doch gerade ein Leistungshindernis vorliegt, das er prinzipiell nicht bereit ist zu überwinden? Mit anderen Worten: Warum sollte der Schuldner für den Fall des eigenen Vertretenmüssens weitergehende Leistungspflichten übernehmen? Entweder er ist bereit, die entsprechende Erschwernis zu überwinden. Dann wäre nicht einzusehen, weshalb er dies nicht auch bei zufälligem Eintritt tun will. Oder aber er will für diesen Fall nicht mehr leisten müssen, nicht mehr an sein Versprechen gebunden sein. Dann muss dies natürlich auch für den Fall des eigenen Vertretenmüssens gelten. Die Übernahme weitergehender Pflichten für diesen Fall käme einer Selbstsanktionierung gleich, die typischerweise vertraglichen Versprechen nicht innewohnt. 2 4 3 Im Grunde wäre darin das Versprechen einer Vertragsstrafe zu erblicken. Ein solches ist jedoch der Ausnahmefall und kann keinesfalls allen vertraglichen Versprechen untergeschoben werden. Auch aus § 275 BGB ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Norm ordnet den Untergang zwar nur für den Fall der nicht zu vertretenden Unmöglichkeit an. Der teilweise propagierte Gegenschluss 244 (Fortbestehen der Leis241
Ebenso die wohl h.M., vgl. die Nachw. in Fn. 74. Diese entspricht dem Kommissionsentwurfs zur Neuregelung des Schuldrechts, der ebenfalls eine solche „dualistische Lösung" vorsieht: Für die Frage des Untergangs des Primäranspruchs soll es nach § 275 BGB-KE allein darauf ankommen, ob der Schuldner die Leistung „nicht mehr mit denjenigen Anstrengungen zu erbringen vermag, zu denen er nach Inhalt und Natur des Schuldverhältnisses verpflichtet ist." Dagegen ist es für den ggf. an die Stelle dieses Primäranspruchs tretenden Sekundäranspruch nach § 280 BGB-KE entscheidend, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat. 242 Daher greift auch der Einwand von Ernst, JZ 1994, S. 805 mit Fn. 58 nicht durch, die Schuldbefreiung bei „überobligatorischen" Schwierigkeiten rechtfertige sich nur für den Fall des Nichtvertretenmüssens. Eben weil die Schuldbefreiung nicht gesetzliche Privilegierung, sondern - wie die vertragliche Erfüllungspflicht auch - Ausfluss der Schuldnerautonomie ist, kommt es auf ein Vertretenmüssen nicht an. 243 Vgl. dazu näher unten S. 192 ff. sowie S. 82 ff.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution tungspflicht) für die Fälle des Vertretenmüssens ist jedoch gesetzessystematisch nicht naheliegender als ein entsprechender Analogieschluss. Ebenso wenig greifen die vielfach vorgetragenen praktischen Einwänden gegen das Erlöschen der Erfüllungspflicht bei zu vertretender Unmöglichkeit durch. Das früher teilweise vorgetragene Argument, der Gläubiger könne in eine schlimme Lage geraten, wenn der Schuldner erst während des Prozesses auf die Primärleistung die Unmöglichkeit offenbare 245 , ist schon deshalb unzutreffend, weil der klagende Gläubiger für diesen Fall die Klage ohne Kostennachteile und ohne besondere Voraussetzungen nach § 264 Nr. 3 ZPO umstellen kann. Auch der Hinweis, dem Gläubiger müsse die Möglichkeit erhalten bleiben, die vom Schuldner behauptete Unmöglichkeit durch die Mittel des Zwangsvollstreckungsverfahrens (§§ 883 ff. ZPO) zu überprüfen 246 , geht fehl. Ist die vom Schuldner vorgetragene Unmöglichkeit unstreitig, hat der Gläubiger offenkundig gar kein Interesse an einer näheren Überprüfung. Ist sie dagegen streitig, so hat sie der beklagte Schuldner im Prozess auf die Primärleistung als ihm günstige Tatsache zu beweisen. Welche Notwendigkeit sollte für den Gläubiger deshalb bestehen, seinerseits die behauptete Unmöglichkeit näher zu verifizieren? Auch das Argument, der klagende Gläubiger könne sich mangels Vertrautheit mit der Leistungssphäre des Beklagten weder substantiiert zur Frage der Leistungsmöglichkeit äußern noch Gegenbeweise anbieten und müsse daher aus Beweisnot die Einlassungen des Beklagten akzeptieren, damit aber sein primär geltend gemachtes Interesse an der Erfüllung opfern 2 4 7 , vermag nicht zu überzeugen. Denn selbstverständlich wird man an die Substantiiertheit des klägerischen Bestreitens keine allzu großen Anforderungen stellen, wenn es um Tatsachen aus der für den Kläger nicht einsichtigen Sphäre des Beklagten geht. Dass es damit über die Behauptung des Schuldner, es sei für ihn Unmöglichkeit eingetreten, mangels wirksamen Bestreitens gar nicht erst zur Beweisaufnahme kommt, ist daher gänzlich unwahrscheinlich. Kommt es aber zur Beweisaufnahme über die betreffende Frage, so muss die Unmöglichkeit nach richterlicher Überzeugung feststehen. Ist das nicht der Fall, kann der Gläubiger seine Erfüllungsklage fortführen. Anderenfalls muss er sie zwar nach § 264 Nr. 3 ZPO auf die Schadensersatzforderung umstellen und also sein Erfül244
S. 74. 245
Etwa Zweigert,
Das Recht 12 (1908), Sp. 416 f.; Jakobs, Unmöglichkeit, etwa
Vgl. etwa Fischer, Unmöglichkeit I, S. 76 f. Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 126; auch Jakobs, Unmöglichkeit, S. 245 f. 247 So Kohler, JuS 1991, S. 944. 246
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. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
lungsinteresse „opfern". Doch entspringt dieses Opfer nicht irgendeiner Beweisnot, sondern schlicht der richterlichen Feststellung der Unmöglichkeit248 Dies gilt umso mehr, als bereits im Erkenntnisverfahren hinreichend taugliche Mittel zur Klärung der Unmöglichkeit zur Verfügung stehen (etwa: Einnahme eines Augenscheins beim beklagten Schuldner). Worin der besondere Nutzen der vollstreckungsrechtlichen „Aufklärungsmittel" bestehen soll, erschließt sich nicht. 2 4 9 Auch lässt § 283 BGB - wie vielfach behauptet wird - nicht den Schluss zu, bei zu vertretender Unmöglichkeit müsse eine Verurteilung zur Primärleistung zulässig sein. 2 5 0 Sicherlich ist es richtig, dass diese Norm den Gläubiger vor Beweisschwierigkeiten bewahren will, indem für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs eine genaue Darlegung der Umstände der eingetretenen Unmöglichkeit entbehrlich gemacht wird. Doch bestehen wie gezeigt für den Gläubiger dann keine Beweisschwierigkeiten, wenn der Schuldner im Erfüllungsprozess die Unmöglichkeit behauptet. Allein wenn der Gläubiger Unmöglichkeit vermutet, der Schuldner dazu aber schweigt, kommt es zu den von § 283 BGB zu behebenden Beweisnöten, weil der Gläubiger im Rahmen seiner Schadensersatzklage die Unmöglichkeit zu beweisen hätte. Hiervon befreit ihn § 283 BGB, indem er zunächst auf Erfüllung klagen 2 5 1 und dann ohne weiteren Unmöglichkeitsnachweis Schadensersatz verlangen kann. 2 5 2 Doch ist in diesem Fall Grundlage der Schadensersatzhaftung gerade die rechtskräftige Feststellung der leistungsstörungsrechtlichen Möglichkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. 253 Auch im Rahmen von § 283 BGB kommt es also nicht zu einer Haftung auf die Primärleistung trotz leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit. Schließlich kann der Fortbestand der Erfüllungspflicht bei zu vertretender Unmöglichkeit auch nicht damit begründet werden, dass nur so der Fall der 248 Ohnehin wäre es nicht zu begründen, weshalb - die behauptete Beweisnot einmal unterstellt - nur bei feststehendem Vertretenmüssen des Schuldners die Primärverurteilung trotz eventueller Unmöglichkeit zulässig sein soll. Für den Fall, dass die streitige Unmöglichkeit vom Schuldner nicht zu vertreten ist, hätte der Gläubiger - eben weil sekundäre Ansprüche nach §§ 280, 325 BGB dann jedenfalls ausscheiden - ein viel größeres Interesse an der Klärung der Unmöglichkeit. So zu Recht Meincke, AcP 171 (1971), S. 24. 249 Brehm, JZ 1974, S. 575. 250 Siehe dazu etwa RGZ 54, 28, 33; Kohler, JuS 1991, 943 f. 251 Mangels schuldnerischem Behaupten der Unmöglichkeit entstehen Beweisprobleme für den Gläubiger im Rahmen dieser Klage gerade nicht! 252 Vgl. Brehm, JZ 1974, S. 574 f. 253 Siehe im Einzelnen unten S. 175.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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nachträglich überraschend wieder eintretenden Leistungsfähigkeit des Schuldners angemessen gelöst werden kann. 2 5 4 Entscheidend ist stets der Zeitpunkt der Beurteilung. Steht in diesem der spätere Fortfall des Leistungshindernisses bereits fest, so liegt schon keine (endgültige und also vollständige) Unmöglichkeit vor. Der Erfüllungsanspruch besteht dann fort. Ist dagegen von der endgültigen Unmöglichkeit auszugehen und fällt diese nachträglich überraschend fort, so bedeutet das allein, dass im Zeitpunkt der Beurteilung aufgrund fehlerhafter Tatsachenannahmen ein falscher rechtlicher Schluss gezogen wurde. Es zeigt sich dann, dass der Erfüllungsanspruch entgegen der ursprünglichen Annahme doch nicht untergegangen war. Derartige Fehlprognosen sind jedoch nichts Außergewöhnliches und können auch bei sonstigen Ansprüchen vorkommen. Wenn vor dem Wegfall des Leistungshindernisses bereits ein abweichendes rechtskräftiges Urteil ergangen ist, gilt zwar etwas anderes: A m Untergang des Erfüllungsanspruchs ist dann nicht mehr zu rütteln. Doch ist die damit verbundene Unbilligkeit für den Gläubiger nicht Konsequenz des hier dargelegten Verständnisses, sondern schlichtweg des Wesens der Rechtskraft. Rechtskräftige Entscheidungen bleiben eben prinzipiell auch dann gültig, wenn sich die zugrundeliegenden Tatsachen nachträglich als unrichtig entpuppen. Das zeigt sich sehr deutlich für den Fall der vom Schuldner nicht zu vertretenden Unmöglichkeit. Auch insoweit kann es dazu kommen, dass der Erfüllungsanspruch wegen angenommener Unmöglichkeit rechtskräftig abgelehnt wird, die Leistung später aber wieder möglich wird. Hier käme es folglich ebenfalls zur beschriebenen Unbilligkeit, ohne dass dies auf das hier vertretene Erlöschen des Erfüllungsanspruchs bei zu vertretender Unmöglichkeit zurückzuführen wäre. Endlich trägt auch der Einwand nicht, bei Annahme des Untergangs der Erfüllungspflicht habe es der Schuldner in der Hand, den nach unserem Recht dem Gläubiger prinzipiell zustehenden Naturalerfüllungsanspruch zu vereiteln, wodurch dieser praktisch entwertet würde 2 5 5 . Denn wie sogleich zu zeigen sein wird, kann es trotz des Untergangs des primären Erfüllungsanspruchs dazu kommen, dass der Schuldner im Rahmen der ihm heteronom auferlegten Schadensersatzpflicht zur Bewirkung des ursprünglich versprochenen Erfüllungserfolges verpflichtet i s t . 2 5 6
254 255 256 6 Gebauer
Etwa Fischer, Unmöglichkeit I, S. 77. Ernst, JZ 1994, S. 804. Siehe sogleich unten S. 85 ff.
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz bb) Die schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit (1) Systematisch ganz andersartig ist die schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit, also die gesetzliche Anordnung, dass im Falle der Unmöglichkeit der Naturalrestitution Geldersatz geleistet werden muss (§ 251 BGB). Zwar ist die restitutionsausschließende schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit ebenso wie die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit im Ergebnis normativ zu begreifen: Nicht nur dann, wenn dem Schädiger die Naturalrestitution naturwissenschaftlich unmöglich ist (§ 251 I 1. Alt. BGB), wird er von der Pflicht hierzu frei (und muss stattdessen Geldersatz leisten). Auch bei Unzumutbarkeit der naturalen Wiederherstellung ist der Schadensersatzanspruch auf Geldkompensation gerichtet: Eine Restitutionspflicht scheidet also auch dann aus, wenn die Herstellung für den Ersatzpflichtigen „nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist" (§ 251 I I 1 BGB), insbesondere, wenn die Kosten der Herstellung den kompensatorisch zu ersetzenden Wert des beschädigten Rechtsgutes erheblich überschreiten. 257 Man kann daher den Regelungsgehalt, der den Normen des § 251 I 1. Alt. BGB und des § 251 I I 1 BGB innewohnt, wie folgt auf einen Nenner bringen: Die in § 249 S. 1 BGB primär angeordnete Pflicht zur Wiederherstellung in Natur besteht dann nicht, wenn der Herstellung durch den Schuldner Hindernisse entgegenstehen, die er nicht überwinden muss, weil ihm ihre Überwindung nicht zuzumuten ist. Doch sind die Kriterien für diese Zumutbarkeit anders als bei der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit objektiv zu bestimmen, also dem Gesetz zu entnehmen. Für eine subjektive, auf den Willen des Schädigers abstellende Betrachtung ist kein Raum. Denn die Pflicht zum Schadensersatz trifft den Schuldner nicht, weil er dies versprochen hat, sondern weil es das Gesetz anordnet. Es handelt sich bei ihr um eine heteronom vom Gesetz auferlegte und nicht um eine autonom übernommene Verbindlichk e i t . 2 5 8 Folglich können die Grenzen dieser Herstellungspflicht auch nur dem Gesetz selbst entnommen werden. Auch hier gilt der bereits oben dargelegte Satz, dass mit der Schaffung der Pflicht denknotwendig zugleich ihre Grenzen bestimmt werden müssen und dass damit die Instanz, die die Pflicht auferlegt, zugleich auch ihren Umfang definiert. Kommt die Grenzziehung beim vertraglichen Erfüllungsversprechen daher dem Versprechenden zu, so erfolgt sie bei der gesetzlich auferlegten Schadensersatzpflicht mithin durch das Gesetz selbst. 257
Vgl. zur Bestimmung der Unzumutbarkeit nach § 251 II BGB eingehend Medicus, JuS 1969, S. 452 f. 258 Siehe eingehend Picker, AcP 183 (1983), S. 397 f.; ders., JZ 1987, S. 1045; ihm folgend Wilhelm, FG Flume (1998), S. 340. Siehe auch unten S. 192 f.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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(2) Dieses Verständnis einer heteronomen, also gesetzlichen Anordnung auch der Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung einer autonom übernommenen, vertraglichen Verbindlichkeit mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen. Es ergibt sich aber aus Folgendem: Der Schuldner verspricht dem Gläubiger durch den Vertrag die Mehrung, also Aufstockung von dessen Vermögen. Grundlage der Erfüllungspflicht ist damit, wie bereits dargelegt 259 , einzig sein autonomes Versprechen. Doch ergibt sich daraus nicht, was im Fall der Nichterfüllung geschieht. Dem Schuldner zu unterstellen, er verspreche dem Gläubiger für diesen Fall immer zugleich, dessen Nichterfüllungsschaden zu ersetzen, wäre eine reine Fiktion. 2 6 0 Der Schuldner geht bei Abgabe des Erfüllungsversprechens regelmäßig von dessen Vollzug aus, so dass keine Veranlassung für eine ergänzende Selbstsanktionierungszusage besteht. Zwar kommen Einzelfälle vor, in denen der Schuldner ein zusätzliches Garantieversprechen abgibt (vgl. § 463 S. 1 BGB). Doch bedarf es für die Annahme eines solchen nach allgemeinem Verständnis besonderer Anhaltspunkte. Fehlen solche, so wohnt dem schuldnerischen Versprechen folglich gerade keine Schadensersatzzusage für den Fall der Nichterfüllung inne. Dass sich die Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung vielmehr allein aus dem Gesetz ergibt, folgt aus dem Grundverständnis, dass unserer Zivilrechtsordnung das Prinzip der Zuweisung subjektiver Rechte (Positionen) 261 zugrunde liegt: Das Gesetz anerkennt, dass der Einzelne Inhaber absoluter subjektiver Rechte (z.B. Gesundheit, Eigentum) wie auch autonom begründeter relativer subjektiver Rechte (vertragliche Erfüllungsansprüche) sein kann. 259
Siehe oben S. 71. Picker, AcP 183 (1983), S. 397 ff., bes. S. 401 f.; ders., JZ 1987, S. 1045. Gegen eine solche „strenge Entgegensetzung" von rechtsgeschäftlichen Leistungspflichten einerseits und gesetzlichen Sanktionsbefehlen - gerade auch, soweit es um vertragliche Schadensersatzansprüche geht - andererseits, spricht sich bspw. Möschel, AcP 186 (1986), S. 223 ff. aus. Sie beruhe auf dem zweifelhaften Verständnis der „Willenserklärung ausschließlich als eines Instruments der Selbstgestaltung, frei von Elementen auferlegter Verantwortung". Ein solches aber werde der „ineinander verzahnten Rechts- und Wirtschaftsordnung, in der wir heute leben", nicht gerecht. Diese Kritik ist indes unzutreffend. Sicherlich sind die subjektiven Rechte des Einzelnen aufgrund der genannten Interdependenz mit anderen Rechten nicht „absolut intangibel" (Möschel, AcP 186 (1986), S. 225). Weshalb aber deshalb die damit notwendige Abwägung zwischen im Einzelfall entgegenstehenden Rechten, also die Klärung der Frage, wann ein rechtswidriger Übergriff in ein Recht vorliegt, stets mittels Willenserklärung der Betroffenen und nicht allein und unmittelbar durch das Gesetz vorgenommen wird, erschließt sich nicht; vgl. im Übrigen Picker, JZ 1987, S. 1045. 261 Grundlegend dazu Picker, AcP 183 (1983), S. 369 ff.; ders., JZ 1987, S. 1041 ff. 260
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz Diese Anerkennung erfordert aber denknotwendig, dass das Gesetz auch Instrumente zur Verfügung stellt, die den Schutz dieser subjektiven Rechte vor Übergriffen Dritter gewährleisten. 262 Der bei Fehlen solchen Schutzes sanktionslos mögliche und damit geradezu provozierte Übergriff Dritter auf subjektive Rechte würde diese wertlos und ihre Anerkennung quasi zur Farce machen. Eine Position, auf die jedermann sanktionslos zugreifen könnte, ließe sich nicht als einer bestimmten Person zugeordnet denken. 263 Ohne gesetzliches Schutzinstrumentarium wäre es mithin verfehlt, überhaupt von subjektiven Rechten zu sprechen. Den solchermaßen erforderlichen Schutz gewährt das Gesetz primär durch die Zurverfügungstellung von negatorischen Ansprüchen (§§ 985, 1004 BGB), die der Abwehr aktueller Störungen der subjektiven Rechte dienen. Daneben besteht sekundärer Schutz über die Deliktsansprüche (§§ 823 ff. BGB), die den Ausgleich von beim Berechtigten infolge eines rechtswidrigen Übergriffs entstandenen Nachteilen bezwecken, sowie über Bereicherungsansprüche (§§ 812 ff. BGB), die zu einer Abschöpfung der beim Eingreifenden infolge des rechtswidrigen Übergriffs eingetretenen Vorteile führen. 2 6 4 Dabei unterscheiden sich absolute und relative subjektive Rechte nur im Hinblick auf den Personenkreis, hinsichtlich dessen sie Schutz beanspruchen können. Einen Unterschied zwischen ihnen hinsichtlich des Umfangs des Schutzes gibt es aber nicht. 2 6 5 Der relativ verpflichtete Vertragspartner hat die vertragliche Position zu respektieren. Es wäre nicht einzusehen, weshalb das Gesetz diesen Respekt durch weniger umfängliche Schutzansprüche durchzusetzen suchte als es dies bei absoluten Rechten tut. Ziel ist allein der effektive Schutz der Position und auch die vertraglich begründete Position benötigt zum Schutz vor ihrer Beeinträchtigung durch den relativ Verpflichteten das volle Schutzinstrumentarium. Kommt es also zu einem Übergriff auf eine relative Position durch den obligatorisch Verpflichteten, so ist der ausgelöste Schutzmechanismus inhaltlich genau gleich ausgestaltet, wie bei absoluten subjektiven Rechten. So lässt das Vertragsrecht dem 262 Eingehend dazu Picker, Beseitigungsanspruch, bes. S. 51 f., 157 ff., 171 f.; ders., AcP 183 (1983), S. 511 ff., 515 ff.; ders., JZ 1987, S. 1056 f.; ders., FS Lange, S. 658 f.; ders., FS Gernhuber, S. 331 ff.; daneben Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 7 ff.; Lobinger, JuS 1993, S. 454, 456 f.; ders., JuS 1997, S. 982 f.; ders., Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 89 ff., bes. 92 f.; Kahl, Jahrb. Junger Zivilrechtswissenschaftler 1994, S. 213 ff.; Gebauer, Jura 1998, S. 132 f. 263 Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 92 f. 264 Siehe zum Ganzen wiederum die in Fn. 262 Genannten. 265 Eingehend dazu Picker, AcP 183 (1983), S. 399 ff., 479 ff., 505 ff., insbes. S. 511 ff.; ders., JZ 1987, S. 1044, 1056 f.; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 19 ff.; Lobinger, JuS 1993, S. 454; ders. Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 90; Kahl, Jahrb. Junger Zivilrechtswissenschaftler 1994, S. 215 f.; Gebauer, Jura 1998, S. 130.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution Inhaber eines bloß relativen Rechts gegenüber seinem Vertragspartner all jene Schutzansprüche zukommen, die einem dinglich Berechtigten gegenüber jedermann zustehen 266 : „Bereicherungsrechtlicher" Schutz wird über § 281 BGB gewährt. Die drohende Verletzung seiner obligatorischen Position kann der Berechtigte gleichsam „negatorisch" über § 242 BGB abwehren. Und Schutz vor rechtswidrigen und schuldhaften Schädigungen erhält der obligatorisch Berechtigte über die §§ 280, 325 BGB. Die dort statuierte Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung ist folglich eine rein gesetzliche, heteronom auferlegte Haftung. cc) Konsequenzen für die Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution Der dargelegte, jeweils unterschiedliche Charakter von leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit einerseits und schadensersatzrechtlicher Unmöglichkeit andererseits zeigt aber die Richtigkeit der oben aufgestellten Behauptung: Auch wenn der Erfolg des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs und des Herstellungsanspruchs inhaltlich übereinstimmen, ist bei zu vertretender nachträglicher Unmöglichkeit sehr wohl Raum für die Naturalrestitution. Ein bestimmter Erfolg, der leistungsstörungsrechtlich unmöglich ist, kann gleichwohl schadensersatzrechtlich möglich sein. Denn der Erbringung der konkreten (sowohl vertraglich versprochenen als auch gesetzlich als Naturalrestitution angeordneten) Leistung kann ein Hindernis entgegenstehen, das der Schuldner nicht zu überwinden versprochen hat, dessen Überwindung ihm aber das Gesetz auferlegt! 267 Verdeutlicht werden kann dies an folgendem Fall: A verkauft in Tübingen ein bestimmtes Buch an Β für 100 DM. Noch vor der Übereignung desselben gelangt es jedoch durch einen von A zu vertretenden Umstand nach Hamburg. Hier wird die Erfüllung dem A unmöglich (im oben beschriebenen Sinne!) sein. Denn obwohl es dem A rein tatsächlich möglich wäre, nach 266
Siehe auch dazu die Nachw. in Fn. 262. Dies klingt bereits bei Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 110 sowie versteckt bei Pieper, JuS 1962, S. 463, an, der im Falle von Mängeln der Mietsache, die der Vermieter nicht gemäß § 536 BGB beseitigen muss, eine schadensersatzrechtliche Beseitigungspflicht erwägt. Ihm selbst dürfte dabei nicht bewusst sein, dass er sich damit in Gegensatz zu seinem im Übrigen geäußerten Satz stellt, die Herstellung in Natur scheide stets dann aus, wenn sie mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch identisch ist (vgl. nur etwa S. 411: „In der Tat besteht kein Anlaß zu der Annahme, dass der Sch.w.N. seinem Wesen nach stets in Geld zu leisten sei. Sie wäre nur dann gerechtfertigt, wenn eine Naturalherstellung praktisch dazu führen würde, dass der Erfüllungsanspruch wieder auflebt." Sowie S. 413: „Soweit keine Identität der Leistungen vorliegt, ist sonach auch für den Anspruch auf Sch.w.N. aus § 280 I vom Grundsatz der Naturalrestitution auszugehen."). 267
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz Hamburg zu fahren und das Buch zu holen, muss er die eingetretene Leistungsschwierigkeit nicht überwinden, weil er Derartiges (in aller Regel) nicht zugesagt hat: Die Fahrt nach Hamburg dürfte den gesamten Kaufpreis aufzehren, so dass A - wenn er dennoch leistet - dem Β das Buch quasi unentgeltlich zuwenden würde. Derartiges hat A jedoch offenkundig nicht versprochen! Der Umstand, dass sich das Buch in Hamburg befindet, ist also ein „überobligatorisches" Leistungshindernis, das den A von seiner Erfüllungspflicht befreit. Sein Vertretenmüssen ist für die Frage der Fortdauer der Erfüllungspflicht - wie dargelegt - dabei unbeachtlich. Anders ist dies im Hinblick auf seine Schadensersatzpflicht: Eben weil A die Unmöglichkeit zu vertreten hat, muss er nach § 325 I I I . Alt. BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung leisten. 268 Für die Frage, ob ihm die gemäß § 249 S. 1 BGB primär auferlegte Herstellung i m Sinne des § 251 I 1. Alt., I I 1 BGB schadensersatzrechtlich unmöglich ist, sind nun aber andere Kriterien heranzuziehen: Nicht, ob A im Rahmen des vertraglichen Versprechens zugleich seine Bereitschaft erklärt hat, das Buch ggf. auch aus Hamburg zurückzuholen, sondern ob das Gesetz ihm dieses Opfer abverlangt, ist entscheidend. Das ist im gebildeten Fall aber durchaus zu bejahen, die Naturalrestitution ist also trotz leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit möglich und folglich zu erbringen! Das Gesetz erlegt oft weitergehende Pflichten auf. Insbesondere ist es typisch für die gesetzliche Schadensersatzpflicht, dass ihre Erfüllung auf Seiten des Schuldners zu einer Vermögenseinbuße führt, während dies bei einem Vertragsversprechen gerade nicht üblich (und folglich selten versprochen) ist. Ohnehin ist es ohne Weiteres plausibel, wenn sich der Β - etwa weil er ein besonderes Interesse an just dem Buch hat - nicht mit Wertersatz abspeisen lassen muss, sondern die Leistung in natura verlangen kann. Dass hier die Naturalrestitution schadensersatzrechtlich möglich bleibt, wird überdies deutlich, wenn man den Fall nur leicht abwandelt: Angenommen A übereignet Β das Buch unmittelbar nach Kaufvertragsschluss gemäß § 930 BGB und erst danach gelangt es durch Verschulden des A nach Hamburg. Hier träfe den A eine Schadensersatzpflicht aus § 823 I BGB wegen Eigentumsverletzung. Diese wäre aber fraglos auf Naturalrestitution gerichtet: Wer schuldhaft den Ortswechsel einer fremden Sache herbeiführt, wer beispielsweise eine fremde Sache vom Ort X zum Ort Y bringt, hat sie deliktsrechtlich wieder zurückzuschaffen. 269 Insbesondere würde man keine Unzumutbarkeit im Sinne von § 251 I I 1 BGB annehmen, wenn wie hier 268
Um die Schwierigkeiten der Bestimmung des Schadensersatzinhalts beim gegenseitigen Vertrag nach der Differenzmethode außen vor zu lassen (siehe dazu unten S. 89 ff.), sei an dieser Stelle unterstellt, Β habe den Kaufpreis schon vollständig bezahlt, sein Schadensersatzanspruch bestimme sich mithin nach der Austauschmethode.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution der Wert der Sache mit den Kosten der Rückholung in etwa übereinstimmt. Zu einem Übergang auf eine Geldkompensationspflicht käme es folglich nicht. Wieso sollte aber im Ausgangsfall etwas anderes gelten, A also nur Geldersatz leisten müssen, während er bei schon erfolgter Übereignung das Buch aus Hamburg zurückschaffen müsste? Stets geht es nur um die Frage, ob die Zurückholung eines Buches schadensersatzrechtlich möglich bzw. zumutbar ist. Diese kann für den Fall der schon erfolgten Übereignung nicht anders beantwortet werden als für den der noch ausstehenden Übereignung. Denn zwischen den Parteien eines Kaufvertrages macht es keinen Unterschied, ob der Kaufgegenstand schon übereignet wurde oder nicht. Wie dargelegt 270 erfährt die relative Position gegenüber dem obligatorisch Verpflichteten den umfänglich identischen Schutz wie die absolute Position gegenüber jedermann: Rechtswidrige und schuldhafte Schädigungen lösen eine Haftung aus §§ 280, 325 BGB aus, § 281 BGB gewährt „bereicherungsrechtlichen", § 242 BGB quasi „negatorischen" Schutz. Entsprechend deckt sich auch der Inhalt der jeweiligen vertraglichen Schutzansprüche mit dem ihrer außervertraglichen Parallelvorschriften. Konkret im Bereich des Schadensersatzes bedeutet das: Die Zumutbarkeit der Naturalrestitution bestimmt sich bei den §§ 280, 325 BGB prinzipiell 2 7 1 nicht anders als bei deliktischer Schadensersatzhaftung. Im Ausgangsfall hatte Β eine obligatorische Position, ein nur gegenüber A wirkendes Recht am Buch, während er in der Abwandlung dinglich, also gegenüber jedermann (folglich auch gegenüber A) berechtigt war. Entsprechend war bei jener Position der Kreis der potentiellen Verletzer von vornherein auf A beschränkt, während diese jedermann hätte verletzen können. Da in beiden Fällen jedoch die Schädigung durch A als der Person erfolgte, gegenüber der Schutz beansprucht werden konnte, stehen dem Β beide Male sich inhaltlich deckende Schadensersatzansprüche zu: Der Anspruch aus §§ 325 I 1, 249 S. 1 BGB stimmt mit dem aus §§ 823 I, 249 S. 1 BGB überein, so dass für die Frage, ob die Naturalrestitution möglich bzw. zumutbar ist, die gleichen Erwägungen anzustellen sind und sie folglich übereinstimmend zu beantworten ist. Die bloß obligatorische Berechtigung des Β am Buch im Ausgangsfall ist damit nichts anderes als „relatives" nur gegenüber A wirkendes „Eigentum": Inter partes, also zwischen den Parteien „gehört" es bereits vor der dinglichen Übereignung dem Β und wird daher gegenüber A nicht anders 269
Siehe nur etwa MünchKomm-Mertens, BGB, 3. Aufl., § 823 Rn. 112; vgl. auch Erman-Schiemann, BGB, 9. Aufl., § 823 Rn. 25. 270 Siehe oben S. 84 f. 271 Das bedeutet: Abstrakt werden keine anderen Kriterien herangezogen. Dass aufgrund der jeweils unterschiedlichen Fallgestaltungen im konkreten Fall Unterschiede entstehen können, kann natürlich nicht geleugnet werden.
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz geschützt als wenn Β - wie in der Abwandlung - schon dinglich berechtigt 272
ware. Gegen dieses Ergebnis im Ausgangsfall - die Verpflichtung des A gemäß § 325 I 1 BGB, das Buch aus Hamburg zurückzuholen - kann auch nicht eingewandt werden, diese Pflicht des A sei nichts anderes als die primäre Erfüllungspflicht, es handle sich bei ihr also gar nicht um einen Fall einer möglichen Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Denn an der Bejahung der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit kommt man schon deshalb nicht vorbei, weil anderenfalls auch für den Fall, dass A den Ortswechsel des Buches nicht zu vertreten hat, die Leistungsmöglichkeit bejaht werden müsste. Doch dürfte - wie ausgeführt angesichts der den Kaufpreis aufzehrenden Rückholkosten kaum jemand dem A unterstellen wollen, er habe Derartiges versprochen. 273 Belässt man es deshalb für diesen Fall aber bei der Unmöglichkeit der Erfüllung, so kann beim Vertretenmüssen des A nichts anderes gelten. Eine Leistung kann nicht sowohl leistungsstörungsrechtlich unmöglich als auch möglich sein, je nachdem, ob die Leistungsschwierigkeit vom Schuldner zu vertreten ist oder nicht. Wie dargelegt ist die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit vom Vertretenmüssen des Schuldners unabhängig.
c) Besonderheiten des Schadensersatzes bei gegenseitigen Verträgen Bei der Schadensersatzhaftung wegen zu vertretender Unmöglichkeit der Verpflichtung aus einem gegenseitigen Vertrag (§ 325 I I I . Alt. BGB) ergeben sich jedoch Besonderheiten, weil man die Frage, ob der Gläubiger zur Erbringung seiner Gegenleistung verpflichtet bleibt, unterschiedlich beantworten kann. 2 7 4 272
Siehe die Nachw. oben in Fn. 265. Die Unrichtigkeit der Ansätze, die die Möglichkeit der Leistung gleichwohl bejahen, für den Fall des fehlenden Vertretenmüssens des Schuldners ihn aber mittels der Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage von seiner Leistungspflicht befreien, wurde bereits oben ausführlich dargelegt; siehe oben S. 64 ff. 274 Ob der Schadensersatzanspruch beim gegenseitigen Vertrag nach der Austausch- oder der Differenzmethode bestimmt werden soll, war vor allem am Anfang des Jahrhunderts heftig umstritten: Teils wurde vertreten, der Gläubiger könne Schadensersatz nur gegen Bewirkung seiner Gegenleistung fordern (Austauschtheorie; vor allem Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 132 ff.; ders., JherJb. 44 (1902), S. 68 ff.; Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 145 f.; von Mayr, Gutachten für den 27. DJT, S. 167 ff.; Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 183; Planck-Planck, BGB, 3. Aufl., § 325 Anm. 1 a (S. 150 f.); Schollmeyer, BGB, § 325 Anm. 2 (S. 204); Dernburg, Bürgerl. Recht II/l, § 97 III 1 (S. 232); vgl. i.ü. Staudinger-Kuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 323-327 Anm. IV (S. 190 ff.)). Nach anderer Auffassung sollte stets nur die Differenz zwischen Erfüllungsinteresse des Gläubigers und dem Wert seiner Gegenleistung geschuldet sein, 273
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution aa) Schadensersatzbestimmung nach der Austauschmethode Wird der Schadensersatz nach der Austauschmethode bestimmt, gilt das oben Ausgeführte ohne Einschränkung: Der Gläubiger bleibt zur Gegenleistung verpflichtet und kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung des ihm zustehenden Anspruchs verlangen. Dieser ist - wie dargelegt - nicht selten auf Herstellung gerichtet.
bb) Schadensersatzbestimmung nach der Differenzmethode Anders verhält es sich jedoch, wenn man die Differenzmethode heranzieht. Der Schadensersatz besteht dann darin, dass der Gläubiger seine Gegenleistung zurückhält und Ersatz nur der Differenz zwischen seinem Erfüllungsinteresse und dem Wert seiner Gegenleistung verlangt. Schon auf den ersten Blick erscheint diese Vorgehensweise als Art des Schadensersatzes bedenklich. Denn Inhalt der Schadensersatzpflicht ist prinzipiell die Herstellung des Zustandes, der ohne das schädigende Ereignis bestünde. Im Fall der Haftung wegen nachträglicher Unmöglichkeit ist der Gläubiger also so zu stellen, wie er stünde, wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt hätte. Dann aber hätte der Gläubiger seine Gegenleistung auch erbringen müssen. 275 Das Behalten der Gegenleistung seitens des Gläubigers entspricht also nicht dem hypothetisch bestehenden Zustand und kann daher an sich nicht Teil des Schadensersatzes sein. Die dieses Behalten vorse-
weil sich infolge der vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit der gesamte Vertrag in einen einseitigen Schadensersatzanspruch auflöse (Differenztheorie; etwa Müller, Das Recht 9 (1905), S. 547 ff.). Recht bald setzten sich diejenigen Stimmen durch, die dem Gläubiger ein Wahlrecht zwischen beiden Schadensbestimmungsmethoden einräumen wollten (Schöller, Gruchot 44 (1900), S. 603 ff., insbes. S. 624 f., 630 ff., 638 ff.; ders., Gruchot 45 (1901), S. 511 ff., der freilich gemeinhin als Hauptvertreter der strengen Differenzmethode angeführt wird; dies zu Unrecht, vgl. nur etwa Gruchot 44 (1900), S. 640: „... so ist nicht abzusehen, weshalb dem nichtschuldigen Theile nicht prinzipiell das Recht zuzugestehen sein sollte, den Schadensersatz lediglich als Surrogat der Leistung des schuldigen Theils zu beanspruchen, ..."; daneben etwa Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 249 ff.; StaudingerKuhlenbeck, BGB, 3./4. Aufl., Vorbem. zu §§ 323-327 (S. 191 ff.), § 325 Anm. 1 a (S. 201), § 326 Anm. III 2 b γ (S. 205 f.); Cosack/Mitteis, Bürgerl. Recht I, § 157 I 1 a β (S. 422 f.)). Diese „abgeschwächte Differenztheorie" entspricht der heute praktisch einhellig vertretenen Auffassung. Anstelle der grundsätzlich anzuwendenden Differenzmethode soll auf Wunsch des Gläubigers die Schadensbestimmung nach der Austauschmethode treten. Vgl. im Einzelnen Huber, Leistungsstörungen II, §§ 36, 37 (S. 175 ff.), sowie MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 325 Rn. 67 ff.; Staudinger-Otto, BGB, 13. Bearb., § 325 Rn. 35 ff.; jew. mit w. Nachw. 275 So zutreffend auch Gillig, Nichterfüllung, S. 259.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
hende Differenzmethode scheint folglich keine taugliche Grundlage der Schadensersatzbestimmung zu sein. Ausgangspunkt der Untersuchung, wie sich die Differenzmethode als Art der Schadensersatzbestimmung gleichwohl rechtfertigen lässt, ist der Umstand, dass sie nur in Fällen relevant ist, in denen der Wert der Leistung für den Gläubiger den Wert seiner Gegenleistung übersteigt. Nur insoweit kommt es neben der Zurückhaltung der Gegenleistung zu einer zusätzlichen Schadensersatzpflicht des Schuldners. Allein in diesen Fällen unterscheidet sich folglich der Schadensersatz nach der Differenzmethode vom - in den einschlägigen Bestimmungen (§§ 325, 326 BGB) ebenfalls vorgesehenen Rücktritt. W i l l man sich die Bedeutung der Differenzmethode erschließen, muss man sich mithin stets einen solchen Fall, in dem der Wert der Leistung den der Gegenleistung übersteigt, denken. (1) Die Differenzmethode als besondere Modalität des Schadensersatzes nach der Austauschmethode Davon ausgehend ergibt sich eine mögliche Erklärung, wenn man sich vorstellt, der Gläubiger setzt seine zurückgehaltene Gegenleistung auf dem Markt zur Erlangung einer Leistung ein, die der vom Schuldner ursprünglich geschuldeten entspricht. In aller Regel wird es dem Gläubiger nicht gelingen, seine geringerwertige Gegenleistung gegen eine der schuldnerischen Leistung entsprechende Leistung einzutauschen. M i t diesem Unterfangen wird er in der Regel erst dann erfolgreich sein, wenn ihm zusätzlich die Differenz zwischen der Leistung und der Gegenleistung zur Verfügung steht. Dann kann er sich anderweitig eine vergleichbare Leistung beschaffen. Im Endeffekt wird dadurch ein Zustand hergestellt, der dem hypothetisch im Falle der ordnungsgemäßen Erfüllung bestehenden zumindest ähnlich ist. Das aber bedeutet: Setzt der Gläubiger seine zurückgehaltene Gegenleistung sowie die vom Schuldner zusätzlich erlangte Differenz dazu ein, sich anderweitig mit einer ähnlichen Leistung einzudecken, so wird dadurch im Grunde der primär nach § 249 S. 1 BGB geschuldete Zustand hergestellt. Die Differenzmethode bewirkt - so verstanden - also im Ergebnis doch nur den Ersatz des entstandenen Schadens; ein Erklärungsproblem ergibt sich - entgegen den obigen Ausführungen - nicht. Von der Austauschmethode unterscheidet sich die Differenzmethode für den Gläubiger folglich nur insoweit, als er selbst (und nicht der Schuldner) die Herstellung des schadensersatzrechtlich geschuldeten Zustandes bewirkt. Jedoch sind Austausch- und Differenzmethode auf den gleichen Erfolg gerichtet. Verdeutlicht werden soll diese Überlegung an folgendem Beispiel: Tauscht Κ sein Motorrad (Wert: 10.000 DM) gegen den PKW des V (Wert 11.000 D M ) und zerstört V den PKW nach Vertragsschluss aus Unachtsam-
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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keit, so wäre der Schadensersatzanspruch des Κ aus § 325 I 1 BGB nach der Austauschmethode auf Leistung eines ähnlichen Wagens bzw. Erstattung der Kosten hierfür gerichtet. Nach der Differenzmethode würde Κ sein zurückgehaltenes Motorrad und den von V erhaltenen Differenzbetrag von 1.000 D M dazu einsetzen, sich anderweitig einen entsprechenden PKW zu besorgen. Im Ergebnis führten beide Schadensbestimmungsmethoden dazu, dass Κ zwar kein Motorrad mehr, dafür aber einen Wagen hat, der dem ursprünglich geschuldeten ähnlich ist. Beide Male würde also im Endeffekt in „substitutiver" Form restituiert. Das bedeutet aber: Versteht man die Differenzmethode in diesem Sinne, so handelt es sich bei ihr lediglich um eine besondere Modalität des Schadensersatzes nach der Austauschmethode. Die Frage, ob insoweit die Naturalrestitution möglich ist, stellt sich dann gar nicht gesondert. Der Schaden des Gläubigers liegt nie lediglich in der Differenz von Leistung und Gegenleistung, sondern stets darin, dass er nicht so steht, wie er stünde, wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt hätte. Allein insoweit gilt es - nach den dargestellten Kriterien - die Frage zu beantworten, ob die Naturalrestitution, etwa durch Herstellung eines ähnlichen Zustandes, möglich ist. Kann diese Frage bejaht werden, so sind grundsätzlich zwei Wege der Herbeiführung des Restitutionserfolges möglich: Die Herbeiführung durch den Schuldner und die durch den Gläubiger (unter Verwendung der von ihm zurückgehaltenen Gegenleistung). Rechtfertigt man aber die Differenzmethode, also insbesondere die mit ihr einhergehende Zurückhaltung der Gegenleistung, in diesem Sinne als besondere Art des Schadensersatzes nach der Austauschmethode, so wird dadurch der Anwendungsbereich der Differenzmethode nicht unerheblich eingeschränkt: So scheidet sie überall dort aus, wo der Gläubiger die zurückgehaltene Gegenleistung nicht zur anderweitigen Beschaffung einer ähnlichen Leistung einsetzt. Im Beispielsfall dürfte der Κ also nicht etwa, nachdem er sein Motorrad zurückgehalten und von V 1.000 D M eingefordert hat, auf die Beschaffung eines ähnlichen Wagens verzichten. Denn der schadensersatzrechtlich herzustellende Erfolg besteht gerade darin, dass der Κ kein Motorrad mehr, dafür aber einen ähnlichen PKW hat. Κ kann wählen, wie er diesen Erfolg erreichen will, ob er also dem V die Besorgung eines solchen PKW auferlegt (Austauschmethode) oder selbst tätig wird (Differenzmethode). Nicht aber dürfte er sich mit den 1.000 D M und seinem Motorrad bescheiden, weil dieser Zustand nicht dem hypothetisch bestehenden entspricht. Zugleich kommt sie dann nicht in Betracht, wenn die Voraussetzungen für die durch sie ja zu bewirkende „substitutive" Restitution nicht vorlie-
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz gen, wenn etwa die „klassische" Herstellung noch möglich ist. Kommt es im gebildeten Beispielsfall also etwa deshalb zu einer Schadensersatzpflicht des V, weil dessen PKW durch einen von ihm zu vertretenden Umstand an einen weit entfernten Ort gelangt ist, so besteht der schadensersatzrechtlich herbeizuführende Zustand darin, dass Κ genau den geschuldeten PKW erlangt. 2 7 6 Für die Differenzmethode wäre damit selbst dann kein Raum, wenn Κ das zurückbehaltene Motorrad und die als Differenz erlangten 1.000 D M zur anderweitigen Beschaffung eines ähnlichen Wagens einsetzte. Denn der damit erzielte Zustand, der dem hypothetisch bestehenden nur ähnlich ist, wird schadensersatzrechtlich gerade nicht geschuldet, wenn die Herbeiführung genau des hypothetisch bestehenden Zustandes schadensersatzrechtlich möglich i s t . 2 7 7
(2) Die Differenzmethode und Schadensersatz
als Kumulation von Rücktritt
Derartige Einschränkungen werden von der ganz h.M. abgelehnt: Nach ihr kommt die Differenzmethode unabhängig davon in Betracht, ob schadensersatzrechtlich genau der hypothetisch bestehende Zustand hergestellt werden kann und insbesondere, ob der Gläubiger die zurückbehaltene Gegenleistung zur anderweitigen Besorgung einer ähnlichen Leistung einsetzt. Im Fall des Mororrad-PKW-Tauschs etwa könnte der Κ - legt man das ganz überwiegende Verständnis zu Grunde - also sein Motorrad behalten und 1.000 D M als Differenz einfordern. Er wäre nicht etwa verpflichtet, beides zur anderweitigen Beschaffung eines ähnlichen Wagens einzusetzen. (a) Folgt man aber dieser h.M. und bejaht das Recht des Gläubigers, seine Gegenleistung dauerhaft zurückzuhalten, so gilt es eine andere Antwort auf die eingangs gestellte Frage zu finden, was das mit Schadensersatz, also mit der Herstellung des hypothetisch bestehenden Zustandes zu tun hat. Diese kann nur lauten: Überhaupt nichts! Das Zurückhalten der Gegenleistung gleicht nicht etwa einen Nichterfüllungsschaden des Gläubigers aus. Sie stellt vielmehr nichts anderes als einen Rücktritt des Gläubigers vom Vertrag dar. Konsequenz eines solchen Rücktritts ist aber grundsätzlich zugleich der Untergang der Leistungspflicht des anderen Teils. Behält also der Gläubiger seine Gegenleistung, so muss der Schuldner seine Leistung ebenfalls nicht mehr erbringen. Denn stets sind Leistungs- und Gegenleistungsversprechen wie unten näher dargelegt werden w i r d 2 7 8 - miteinander in der Form ver276 277 278
Siehe dazu oben S. 49 f. sowie S. 85 ff. Siehe oben S. 49. Siehe im Einzelnen unten S. 186 f. mit Nachw.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution knüpft, dass bei Nichterhalt der einen der „Rechtsgrund" für die Erbringung der anderen wegfällt. Nichts anderes sieht § 346 S. 1 BGB für den Rücktritt vor. Und an diesem Umstand, dass der Wegfall der einen Pflicht mit dem der anderen einhergeht, ändert sich auch für den Fall nichts, dass den einen Teil ein Verschulden trifft. Auch bei einem auf § 325 I BGB gestützten Rücktritt fallen sowohl Gegenleistungs- als auch Leistungspflicht fort. 2 7 9 Fällt nun aber mit der Einbehaltung der Gegenleistung durch den Gläubiger zugleich die Leistungspflicht des Schuldners fort, so ist prinzipiell kein Raum für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung 2 8 0 Denn wo keine Pflicht besteht, kann es nicht zu einer Nichterfüllung kommen. Etwas anderes könnte logisch allein dann gelten, wenn das Zurückhalten der Gegenleistung nur zum Teil zum Fortfall auch der Leistungspflicht führt, diese also im Übrigen fortbesteht. Nur dann könnte im Hinblick auf diesen Teil der Leistungspflicht eine Nichterfüllung und folglich eine Schadensersatzhaftung eintreten. Wenn damit nach der Differenzmethode der Gläubiger nicht nur - wie beim Rücktritt - seine Gegenleistung zurückhalten kann, sondern darüber hinaus die Differenz zwischen dem Wert der ihm versprochenen Leistung und dem seiner Gegenleistung als Nichterfüllungsschaden geltend machen kann, so lässt sich dies konstruktiv nur dadurch begründen, dass die Leistungspflicht trotz des Fortfalls der Gegenleistungspflicht insoweit fortbesteht, als die Leistung die Gegenleistung wertmäßig übersteigt. Das würde aber heißen: Das höherwertige Leistungsversprechen des Schuldners wäre praktisch zweigeteilt. Soweit es im Wert der Gegenleistung entspricht, handelte es sich um ein gegenseitiges Versprechen. Der Fortfall der Gegenleistungspflicht würde damit zum Fortfall dieses Teils des Leistungsversprechens führen. Soweit es aber den Wert der Gegenleistung übersteigt, wäre es quasi ein einseitiges Versprechen, dessen Fortbestand vom Bestehen einer Gegenleistungspflicht unabhängig wäre. (b) Fälle eines solchen zweigeteilten Leistungsversprechens sind fraglos denkbar. Beispiel: Κ verhandelt mit V über den Kauf von 10 Zementsäcken 279 Hält man sich dies vor Augen, so entpuppt sich das oft für die Differenzmethode ins Feld geführte Argument, der Gläubiger dürfe nicht zur Erbringung seiner Gegenleistung verpflichtet bleiben, obwohl der geplante Leistungsaustausch in vom Schuldner zu vertretender Weise gescheitert sei (so etwa Staudinger-Otto, BGB, 13. Bearb., § 325 Rn. 38; Huber, Leistungsstörungen II, § 36 I 4 (S. 183 f.), auch § 55 II 1 (S. 685)) als für sich nicht tragend: Denn unabhängig von der Anwendbarkeit der Differenzmethode kann der Gläubiger ja stets zurücktreten und sich so auf den Wegfall des „Rechtsgrundes" für sein Leistungsversprechen berufen. Weshalb er mittels der Differenzmethode seinen darüber hinausgehenden Schaden ebenfalls ersetzt verlangen können muss, ist mit dem genannten Argument also nicht zu begründen. 280 Vgl. hierzu van den Daele, Probleme, S. 89 f.; Wolf, JurA 1969, S. 129; Gillig, Nichterfüllung, S. 258 ff.
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz zum Gesamtpreis von 100 DM. Um dem Κ die Entscheidung zu erleichtern, verspricht V dem Κ einen zusätzlichen Sack, ohne den Gesamtpreis zu ändern. Hier kann man sich das Leistungsversprechen des V sicherlich „zweigeteilt" vorstellen: Zusätzlich zum Versprechen von 10 Säcken gegen Bezahlung von 100 DM, verspricht V noch - quasi einseitig - einen elften Zementsack gratis. Kommt es hier zu einer Nichterfüllungshaftung des V aus § 325 I BGB, so scheint es durchaus sachgerecht, dass Κ im Hinblick auf den ersten Teil des Vertrages zurücktritt und lediglich im Hinblick auf den einseitigen Teil des Leistungsversprechens des V Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt. Doch wird man in aller Regel dem Leistungsversprechen des Schuldners eine solche Zweiteilung nicht „unterschieben" können. Zumeist wird den Parteien der Wertunterschied zwischen den gegenseitig versprochenen Leistungen gar nicht bewusst sein (sich oftmals etwa erst aus einer hypothetischen Weiterveräußerung der Leistung ergeben), weshalb die Unterstellung eines „einseitigen" Leistungsversprechens lebensfremd wäre. Für die Parteien sind Leistung und Gegenleistung regelmäßig gleichwertig (Prinzip der subjektiven Äquivalenz). 2 8 1 Daraus folgt aber, dass in diesen Fällen dann, wenn der Gläubiger seine Gegenleistung vollständig zurückhält (und nicht - wie beschrieben - zur anderweitigen Leistungserlangung einsetzt), auch die Leistungspflicht des Schuldners vollständig fortfällt und folglich - wie ausgeführt - für eine Nichterfüllungshaftung im Hinblick auf die Differenz kein Raum ist. Die Differenzmethode ist mithin nur im oben beschriebenen Umfang anwendbar. Die von der h.M. angenommenen Weiterungen sind in aller Regel 2 8 2 nicht möglich. 2 8 3 281
Grundlegend dazu Larenz, Schuldrecht I, § 15 I (S. 202 ff., insbes. S. 203). Entsprechend würde niemand für den Fall, dass die vorgeleistete Gegenleistung des Gläubigers weniger wert ist als die versprochene Leistung, auf die Idee kommen, bei der Schadensbestimmung nach der Austauschmethode dem Gläubiger nicht zumindest die volle erbrachte Gegenleistung zu gewähren. Der Gläubiger ist bei Nichterfüllung stets zumindest in Höhe der von ihm erbrachten Gegenleistung geschädigt (so auch Huber, Leistungsstörungen II, § 37 II (S. 201), der freilich nicht zu erklären vermag, weshalb er für den Fall der Höherwertigkeit der Leistung nicht ebenfalls am Prinzip der subjektiven Äquivalenz festhalten will). 282 Denkbar wäre die Liquidierung der Wertdifferenz neben der Zurückhaltung der Gegenleistung nur in den „Draufgabe-Fällen", also wie beschrieben dann, wenn sich das Leistungsversprechen des Schuldners wirklich in einen gegenseitigen und einen einseitigen Teil trennen lässt. 283 Erst recht ist es verfehlt, wenn dem Gläubiger nicht nur das Recht eingeräumt wird, statt nach der Austausch- nach der Differenzmethode vorzugehen, sondern stets Letztere - ggf. gegen seinen Willen - zugrunde gelegt wird (so jetzt (für den Anspruch aus § 326 BGB) BGH, NJW 1994, S. 3351 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung; ihm folgend etwa Jauernig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 326 Rn. 16; Schwan, DNotZ 1995, S. 875 f.). Wenn - wie oben beschrieben - der (nach der Austauschmethode bestimmte) Schadensersatzanspruch inhaltlich genau dem ur-
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution (c) Folgt man dennoch der h . M . 2 8 4 und bejaht weitgehend die Möglichkeit, Schadensersatz wegen Nichterfüllung beim gegenseitigen Vertrag nach der Differenzmethode zu verlangen, so ergäbe sich für den Inhalt dieser Schadensersatzpflicht: Soweit es um die Zurückhaltung der Gegenleistung geht, handelt es sich um einen Rücktritt seitens des Gläubigers. 285 Eine
sprünglichen Erfüllungsanspruch und damit dem entspricht, was der Gläubiger mit dem Vertrag anstrebte, so wäre es zumindest im Rahmen von § 325 BGB grotesk, wenn ihm die Erreichung dieses Zieles (Erhalt der Leistung gegen Erbringung der Gegenleistung) nun plötzlich versagt würde. Aber auch im Übrigen wäre es nicht einzusehen, weshalb der Gläubiger auf seinen Wunsch nicht nach der Austauschtheorie vorgehen können soll. Der mit der Anwendung der Differenzmethode verbundene Wegfall der Gegenleistungspflicht dient allein seinem Schutz: Er soll dieser Pflicht nicht mehr ausgesetzt sein, wenn der Grund für ihre Eingehung - der Erhalt der versprochenen Leistung - weggefallen ist. Wenn er doch aber durch Erbringung seiner Gegenleistung gerade zum Ausdruck bringt, dass er weiterhin an sein Gegenleistungsversprechen gebunden sein will, besteht kein Grund, ihn daran zu hindern. Besonders, wenn die Bedeutung des Geschäftes für ihn auch darin liegt, seine Gegenleistung „loszuwerden", ist die Austauschtheorie in seinem Interesse (vgl. das Beispiel von Huber, Leistungsstörungen II, § 36 II 2 (S. 192)). Schließlich würde man unverständlicherweise den doch Vertragsbrüchigen Schuldner bevorteilen: Speziell in den Fällen, in denen Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind, könnte der Schuldner durch seine Nichterfüllung quasi die gegenseitigen Vertragspflichten ohne jeden Nachteil zum Erlöschen bringen, weil die Differenzmethode dazu führt, dass beide Seiten von ihrer Leistungspflicht frei werden. Überspitzt formuliert bedeutet das: Wer dem Gläubiger in den Fällen der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung die Austauschmethode versagt, der eröffnet dem Schuldner die Möglichkeit, sich durch pflichtwidriges Verhalten vom Vertrag zu lösen! 284 Eine eingehendere Auseinandersetzung mit der Differenzmethode wäre Anlass für eine eigenständige Arbeit, würde den hier gegebenen Rahmen folglich sprengen. Es wird daher auf eine solche verzichtet und die hier primär untersuchte Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution auch auf Grundlage des von der h.M. angenommenen Verständnisses der Differenzmethode untersucht. 285 Yor dem Hintergrund, dass die Differenzmethode nur als Kumulation von Schadensersatz und Rücktritt erklärt werden kann (dies räumt im Grunde auch etwa Larenz> Schuldrecht I, § 22 II a (S. 339 f.) ein), verwundert es, wenn gerade ihre Befürworter oft behaupten, Schadensersatz und Rücktritt schlössen sich gegenseitig aus (so etwa Larenz, Schuldrecht I, § 22 II a (S. 339); Jauernig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 326 Rn. 2). Entsprechend vermag auch die von der Rechtsprechung und h.M. gemachte Einschränkung, die Differenzmethode scheide aus, wenn der Gläubiger seine Gegenleistung schon erbracht habe (so etwa RGZ 144, 62, 65 mit Nachw. der früheren Rspr.; BGH, NJW 1984, S. 42, 43; BGHZ 126, 131, 136; Huber, Leistungsstörungen II, § 37 I (S. 199 f.), III 1 (S. 203 f.) mit w. Nachw.; daneben auch RGRK-Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 325 Rn. 15; Jauemig-Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 325 Rn. 6; vgl. im Übrigen die Nachw. bei Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 325 Rn. 35 mit Fn. 16), nicht einzuleuchten: Wenn die Differenzmethode vor allem mit dem Hinweis legitimiert wird, der Gläubiger habe doch seine Gegenleistung nur deshalb versprochen, weil er mit dem Erhalt der Leistung rechnete (vgl. etwa RGRK-Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 325 Rn. 13; Huber, Leis-
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung läge nur insoweit vor, als es um den Teil der Leistung geht, der wertmäßig die Gegenleistung übersteigt. Da es sich insoweit - wie ausgeführt - quasi um ein einseitiges Leistungsversprechen handelt, ist in der diesen Teil betreffenden Ersatzpflicht gleichsam eine Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung einer einseitigen Verbindlichkeit zu sehen. Für die Haftung aus § 325 I 1 BGB nach der Differenzmethode bedeutete dies: Der Schuldner hat den Gläubiger primär so zu stellen, wie er stünde, wenn er diesen „zusätzlichen", quasi „einseitig versprochenen" Teil der Leistung des Schuldners erlangt hätte. Hätte der Gläubiger diesen Teil behalten, so besteht die Schadensersatzpflicht primär in der Leistung dieses Teils bzw. - „substitutiv" - eines ähnlichen Teils. Im Falle der Weiterentwicklung des Schadens des Gläubigers - etwa bei Eintausch dieses Teils gegen einen anderen Gegenstand - wäre die Ersatzpflicht auf Herbeiführung dieses im Falle der Weiterentwicklung hypothetisch bestehenden Zustandes (bzw. eines diesem ähnlichen Zustandes) gerichtet. Die damit abstrakt denkbare Naturalrestitution auch beim Anspruch auf den Differenzschaden 286 scheitert aber bei realer Unteilbarkeit der schuldnerischen Leistung. Denn dann ist eine Teilleistung ebenso wenig denkbar, wie eine Weiterentwicklung des Schadens im Hinblick allein auf die Nichtinnehabung dieses Leistungsteils. tungsstörungen II, § 36 I 4 (S. 183), § 55 II 1 (S. 685)), so kann dies die Benachteiligung des vorleistenden Gläubigers nicht erklären: Auch wenn der Gläubiger seine Gegenleistung schon erbracht hat, würde bei Nichterhalt der Leistung der „Grund" für sein Gegenleistungsversprechen fehlen. Wer zur Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung auf die gesetzgeberische Entscheidung verweist, die Institute des Rücktritts und Schadensersatzes sollten dem Gläubiger nur alternativ, nicht kumulativ zur Verfügung stehen (etwa Staudinger-Ottö, BGB, 13. Bearb., § 325 Rn. 46; Larenz, Schuldrecht I, § 22 II b (S. 342 mit Fn. 30)), übersieht, dass mit der Anerkennung der Differenzmethode in jedem Fall schon Rücktritt und Schadensersatz kumuliert werden (so auch Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 325 Rn. 36; Pieper, JuS 1962, S. 413). Denn wie dargelegt, kann die Zurückhaltung der Gegenleistung schadensersatzrechtlich gar nicht erklärt werden, weil sie nichts mit dem nach § 249 BGB geschuldeten, hypothetisch bei ordnungsgemäßer Erfüllung bestehenden Zustand zu tun hat: Im Falle ordnungsgemäßer Erfüllung hätte der Gläubiger seine Gegenleistung gerade erbracht! Wer also die Differenzmethode anwendet und sich so über das Gesetz hinwegsetzt, der muss dies konsequenterweise auch in den Fällen tun, in denen der Gläubiger seine Gegenleistung erbracht hat (so auch Wolf, JurA 1969, S. 127 ff.; Soergel -Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 325 Rn. 35 f.; Gillig, Nichterfüllung, S. 261 ff.; Schreiber, Jura 1995, S. 534; eingeschränkt auch MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 325 Rn. 76; Emmerich, Leistungsstörungen, § 11 III 4 (S. 136); vgl. daneben Kohler, Rückabwicklung, S. 66 ff.). 286 Ungenau daher Huber, Leistungsstörungen II, § 55 II 1 (S. 684 f.), nach dem sich die hiernach zu leistende Differenz „nicht anders als in einem Geldbetrag ausdrücken" lässt.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution Verdeutlicht werden soll dies wiederum an einem Beispiel: Tauscht Κ sein Motorrad (Wert: 10.000 DM) gegen den PKW des V (Wert: 11.000 DM), und macht sich der V die Erfüllung seiner Pflicht nachträglich schuldhaft unmöglich im Sinne des Leistungsstörungsrechts, so wäre wenn Κ nach der Differenzmethode vorgeht und sein Motorrad behält - der Schadensersatzanspruch prinzipiell auf einen Teil des PKWs gerichtet, der dem Differenzbetrag von 1.000 D M entspricht. Eine solche Teilleistung scheitert aber wegen der Unteilbarkeit des Wagens grundsätzlich an § 251 I 1. Alt. BGB, und zwar selbst dann, wenn die Naturalrestitution im Hinblick auf den Gesamt-PKW schadensersatzrechtlich möglich wäre (etwa, weil dieser an einen anderen Ort verbracht wurde). Entsprechend scheidet es auch aus, dass Κ unter Zurückhaltung seines Motorrads einen weiterentwickelten Schaden erlitten hat, der in Natur ausgeglichen werden könnte. Bei Unteilbarkeit der Leistung ist also der im Wege der Differenzmethode zu leistende Schadensersatz stets auf Kompensation in Geld gerichtet. Die Naturalrestitution scheidet insoweit aus. Etwas anderes kann sich folglich nur bei Teilbarkeit der Leistung des Schuldners ergeben. Verkauft V also beispielsweise an Κ fünf Zementsäcke für 40 DM, obwohl diese an sich 50 D M wert sind und kommt es - etwa wiederum infolge einer Ortsveränderung der Säcke - zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung gemäß § 325 I 1 BGB, so kann Κ bei Wahl der Differenzmethode seine 40 D M behalten und zugleich den Teil der Leistung verlangen, der wertmäßig seine Gegenleistung übersteigt. Konkret bedeutet das: Κ kann von V genau einen der geschuldeten Zementsäcke als Differenzschaden verlangen. 287 Ist die Leistung der Säcke auch schadensersatzrechtlich unmöglich (§251 I 1. Alt. BGB), etwa bei deren vollständigem Untergang, so wäre der Ersatzanspruch zunächst auf Leistung eines ähnlichen Sackes gerichtet, soweit ein solcher unter zumutbaren Bedingungen erhältlich wäre. Im Übrigen käme es zu einer Kompensation in Geld. (3) Zwischenergebnis Zusammengefasst bedeutet das: Nach richtigem Verständnis handelt es sich bei der Differenzmethode lediglich um eine besondere Form des Schadensersatzes nach der Austauschmethode. Sie kann lediglich die Herstellung eines Zustandes bewirken, der dem im Falle der vollständigen Erfüllung seitens des Schuldners bestehenden ähnlich ist. Insbesondere führt sie damit im Endeffekt immer dazu, dass der Gläubiger seine Gegenleistung nicht behält. 287 Es sei denn natürlich, die Entgegennahme nur eines Sackes wäre für Κ unzumutbar und mithin „ungenügend" im Sinne von § 251 I 2. Alt. BGB. 7 Gebauer
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz Versteht man die Differenzmethode in diesem eingeschränkten Sinne, so stellt sich die Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution bei ihr nicht gesondert. Sie ist - wie bei Anwendung der Austauschmethode - nach Maßgabe der allgemeinen Kriterien zu beantworten. Die Differenzmethode ist stets nur ein besonderes Mittel zur Bewirkung der „substitutiven" Restitution. Folgt man dagegen der h.M. und billigt der Differenzmethode einen weiteren Raum zu, belässt man insbesondere dem Gläubiger seine einbehaltene Gegenleistung endgültig, so kann dies konstruktiv nur dadurch begründet werden, dass die Leistung des Schuldners „zweigeteilt" gedacht, gedanklich also in einen gegenseitigen Teil und einen einseitigen, die Gegenleistung wertmäßig übersteigenden Teil aufgespalten wird. Die Differenzmethode ist dann in Wahrheit die kumulative Gewährung eines Rücktrittsrechts im Hinblick auf den gegenseitigen Vertrag sowie des Rechts, Schadensersatz wegen Nichterfüllung des „zusätzlichen" einseitigen Leistungsversprechens zu fordern. 288 Dieser Schadensersatzanspruch kann im Rahmen von § 325 I 1 BGB nur bei realer Teilbarkeit der (Gesamt-)Leistung des Schuldners auf Naturalrestitution gerichtet sein. Bei unteilbaren Leistungen ist die Herstellung in Natur dagegen stets gemäß § 251 I 1. Alt. BGB ausgeschlossen.
d) Fälle bloß teilweiser
Unmöglichkeit
Selbstverständlich ist gemäß den obigen Ausführungen auch in den Fällen bloß teilweiser Unmöglichkeit die Naturalrestitution möglich und nicht nach § 251 I 1. Alt., I I 1 BGB ausgeschlossen. Wenn als beispielsweise A dem Β zwei spezielle Stühle verkauft und nach Vertragsschluss einen der beiden schuldhaft zerstört, so schuldet er dem Β neben dem noch intakten Stuhl nach Maßgabe der oben angeführten Kriterien die Leistung eines anderen, gleichartigen Stuhls als im Wege der „substitutiven" Restitution zu erbringenden Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Dabei spielt es keine Rolle, ob A selbst oder ein Dritter einen solchen Ersatzstuhl hat. Nichts anderes gilt für den Fall, dass sich der Schaden weiterentwickelt hat: Hätte im gerade gebildeten Stuhlbeispiel der Β einen der beiden Stühle bei C gegen einen Sessel eingetauscht, so schuldet A aus §§ 325 I 1, 249 S. 1 BGB die Leistung eben dieses Sessels. Schließlich sind natürlich auch ohne weiteres Fälle denkbar, in denen trotz Identität von Erfüllungs- und Herstellungsanspruch die teilweise leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit nichts an der schadensersatzrecht288
So auch Wolf,
JurA 1969, S. 128 f.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution liehen Möglichkeit der Restitution ändert. Wenn im Stuhlbeispiel einer der Stühle nach Vertragsschluss an einen entfernten Ort gerät, so wird A zwar im Hinblick auf diesen von seiner Erfüllungspflicht frei. Er muss ihn aber - sofern er die örtliche Veränderung zu vertreten hat - ggf. schadensersatzrechtlich zurückholen. Nicht eigentlich zur Schadensersatzhaftung wegen teilweiser zu vertretender Unmöglichkeit gehören die Fälle der §§ 280 I I 1, 325 I 2 BGB. Denn bei diesen wird Schadensersatz gerade auch hinsichtlich des Teils der Leistung geschuldet, der noch möglich ist. Zumindest insoweit liegt der Grund der Schadensersatzhaftung also nicht in der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit, sondern im Wegfall des Gläubigerinteresses. Dies verbindet die betreffenden Normen mit einer Reihe anderer Vorschriften, hinsichtlich derer die Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution gesondert beantwortet werden muss. 2 8 9
2. Ungeschriebene Restitutionsausschlussgründe Neben § 251 I 1. Alt., I I 1 BGB kommen andere Restitutionsausschlussgründe in den betreffenden Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit nicht in Betracht. Insbesondere wäre es verfehlt, insoweit auf ungeschriebene Ausschlusstatbestände, wie die „Natur der Sache" oder den Satz, der Schadensersatzanspruch dürfe nicht mit dem Erfüllungsanspruch, an dessen Stelle er t r i t t 2 9 0 , identisch sein, zurückzugreifen. Der Hinweis auf die „Natur der Sache" besagt für sich genommen überhaupt nichts und dürfte in aller Regel auf § 251 I 1. Alt. BGB gemünzt sein. Aber auch die - wie dargelegt keineswegs stets gegebene - Identität von Schadensersatz- und Erfüllungspflicht ist für sich genommen völlig unproblematisch. Etwas anders würde nur gelten, wenn der Zweck des Übergangs auf die Schadensersatzpflicht darin bestünde, den Erfolg der Erfüllung zu verhindern. Dies ist jedoch bei den hier erörterten Fällen - wie dargelegt - nicht so: Zum Untergang der Erfüllungspflicht kommt es allein deshalb, weil insoweit der rechtfertigende Grund (nämlich das schuldnerische Versprechen) fehlt. Der Erfüllungserfolg wird dadurch nicht als solcher „unzulässig" 291 und kann daher durchaus Inhalt eines anderweitig legitimierten Anspruchs - hier des Schadensersatzanspruches - sein. Auch die bloße Identität von Erfüllungs- und Herstellungsanspruch ist daher kein tauglicher Restitutionsausschlussgrund. 289
Siehe dazu näher unten S. 104. Bzw., für diejenigen, die ein Nebeneinander von Erfüllungs- und Schadensersatzanspruch bejahen: „neben den er tritt". 291 Insbesondere bestehen auch keine schützenswerten Interessen des Gläubigers, etwa eine zu respektierende Entscheidung gegen den Erfüllungserfolg und für Geldersatz, die den Erfüllungserfolg als solchen ausschließen würden. 290
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Schließlich kann die Naturalrestitution in diesen (und allen übrigen) Fällen der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung auch nicht mit dem Argument abgelehnt werden, das Herstellungsprinzip rechtfertige sich allein daraus, dass dadurch das Interesse des Geschädigten an der konkreten Zusammensetzung seines Vermögens geschützt wird; folglich scheide sie dort aus, wo es - wie bei der Nichterfüllungshaftung - um Güter geht, die der Geschädigte noch gar nicht besaß. Denn wie bereits dargelegt 292 , schützt das Gesetz über § 249 S. 1 BGB auch die konkrete Zusammensetzung des künftigen Vermögens und die diesbezügliche „Zusammensetzungserwartung" des Geschädigten.
3. Zwischenergebnis Damit ist die verbreitete Auffassung, bei nachträglicher Unmöglichkeit der Erfüllung sei der Schadensersatzanspruch wegen § 251 I 1. Alt., I I 1 BGB oder aufgrund von ungeschriebenen Restitutionsausschlussgründen stets auf Geldersatz gerichtet, scheide die Wiederherstellung in natura also aus, verfehlt. Fraglos wird oftmals nur Geldersatz geschuldet sein, weil mit der leistungsstörungsrechtlichen die schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit und also § 251 I 1. Alt., I I 1 BGB einhergeht: Wenn beispielsweise der Schuldner die geschuldete Sache gänzlich und irreparabel zerstört, so bildet dies ein „überobligatorisches" Leistungshindernis und zugleich in aller Regel einen Restitutionsausschlussgrund gemäß § 251 I 1. Alt. BGB. Er wird daher - sofern auch die Voraussetzungen für eine „substitutive" Restitution nicht gegeben sind - von seiner Erfüllungspflicht frei und muss den fälligen Schadensersatz in Form der Geldkompensation leisten. Doch gibt es daneben durchaus Konstellationen, in denen die Naturalrestitution schadensersatzrechtlich möglich ist, obwohl die Erfüllung leistungsstörungsrechtlich unmöglich wurde: Zum einen gilt dies dann, wenn der Erfolg der Naturalrestitution sich inhaltlich von dem der Erfüllung unterscheidet (Fälle der „substitutiven" Restitution und des weiterentwickelten Schadens). Daneben kommt es aber auch bei inhaltlicher Identität von Herstellung und Erfüllung dann dazu, wenn das beiden entgegenstehende Leistungshindernis zwar „überobligatorisch", seine Überwindung also vertraglich nicht mehr geschuldet, dennoch aber gesetzlich im Rahmen der Schadensersatzpflicht auferlegt ist. Eben weil leistungsstörungsrechtliche und schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit nicht übereinstimmen, kann trotz Untergangs des Erfüllungsanspruchs wegen Unmöglichkeit ein mit diesem inhaltlich identischer Herstellungsanspruch bestehen. 292
Siehe oben S. 52, insbes. Fn. 167.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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Besonderheiten ergeben sich, wenn bei gegenseitigen Verträgen Schadensersatz nach der Differenzmethode gewährt wird. Als Fazit bleibt: Bei der Schadensersatzhaftung wegen zu vertretender nachträglicher Unmöglichkeit ist sehr wohl Raum für die Naturalrestitution. Es wird keineswegs stets Geldersatz geschuldet. Darüber hinaus können auf die besagten Fälle die §§ 249 ff. BGB vorbehaltlos angewandt werden. Eine irgendwie geartete Sonderbehandlung der betreffenden Schadensersatzansprüche ist überflüssig, weil ungeschriebene Restitutionsausschlussgründe zumindest hier nicht existieren.
I I . Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Wegfall des Interesses des Gläubigers an der schuldnerischen Erfüllung Auch dann, wenn die Erfüllung durch den Schuldner leistungsstörungsrechtlich nicht unmöglich ist, kann es zu einem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung kommen. Eine Reihe von Vorschriften gewähren dem Gläubiger einen solchen, wenn dieser das Interesse an der Primärleistung verloren hat. Eben aufgrund dieses Interessewegfalls erlischt hier stets der ursprüngliche Erfüllungsanspruch; der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung tritt auch in diesen Fällen an seine Stelle. 2 9 3 Entscheidend ist dabei freilich, dass der Wegfall des Gläubigerinteresses nicht per se zu einem Übergang von der Erfüllungs- zu einer Ersatzhaftung führt. Denn regelmäßig hat der Schuldner ein berechtigtes Interesse, weiterhin allein die von ihm primär versprochene Leistung erbringen zu müssen. Der Wegfall des Gläubigerinteresses wird daher vom Gesetz nur dann für „berechtigt", also relevant erachtet, wenn ein schützenswertes Interesse des Schuldners, nur zur Primärleistung verpflichtet zu sein, nicht besteht. Grundvoraussetzung aller im Folgenden aufzuzeigenden Normen ist deshalb, dass der Schuldner in von ihm zu vertretender Weise trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit nicht leistet.
1. Die Tatbestände der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung infolge weggefallenem Gläubigerinteresse a) Um eine Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aufgrund weggefallenem Gläubigerinteresse handelt es sich zum einen in den Fällen der 293 Dies ist gesetzlich zwar nur vereinzelt ausdrücklich angeordnet (§ 326 I 2 2. Hs. BGB, vgl. auch § 283 I 2 2. Hs. BGB), gilt aber gleichwohl in allen Fällen des weggefallenen Gläubigerinteresses. Denn welchen Zweck sollte das Fortbestehen des Erfüllungsanspruchs haben, wenn der Gläubiger gerade deutlich zum Ausdruck gebracht hat, stattdessen Schadensersatz zu begehren?
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
§§ 286 I I 1, 326 I 2, 326 I I BGB. Die Leistung des Schuldners ist hier leistungsstörungsrechtlich gerade möglich. Doch hat der Gläubiger kein Interesse mehr an der primären Erfüllung durch den Schuldner, was sich entweder in der Nachfristsetzung manifestiert (§ 326 I 2 BGB) oder aber unmittelbar feststeht (§§ 286 I I 1, 326 I I BGB). Ein schützenswertes Interesse des Schuldner daran, weiterhin nur zur Primärleistung verpflichtet zu sein, besteht nicht, weil er sich mit der Erfüllung im Verzug befindet, trotz Möglichkeit also in zu vertretender Weise (§ 285 BGB) nicht geleistet hat. Im soeben beschriebenen Sinne kann der Gläubiger daher anstelle der primären Erfüllung Schadensersatz verlangen. Ebenfalls hierher - als spezielle Ausprägung der soeben beschriebenen Haftung - gehört die unmittelbare Schadensersatzpflicht des Schuldners bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. Verweigert der Schuldner nämlich solchermaßen die Primärleistung, so belegt dies, dass er kein schützenswertes Interesse daran hat, allein zu dieser verpflichtet zu sein. Hier besteht zwar zunächst der Erfüllungsanspruch des Gläubigers fort. 2 9 4 Doch kann der Gläubiger stattdessen unabhängig von Verzug und Nachfristsetzung sofort Schadensersatz verlangen. 295 Es genügt also die im Schadensersatzverlangen liegende Erklärung des Gläubigers, an der Leistungserbringung kein Interesse mehr zu haben. Durch diese tritt - wie wenn nach Verzug vergeblich eine Nachfrist gesetzt worden wäre - der Schadensersatzanspruch an die Stelle des Primärleistungsanspruchs. Grundlage desselben ist eine analoge Anwendung von § 286 I I 1 BGB bzw. § 326 B G B . 2 9 6 294
Vgl. RGZ 91, 30, 31 f. Allgemeine Meinung, vgl. etwa Huber, Leistungsstörungen II, §§51 ff. (S. 565 ff.), mit w. Nachw.; daneben RGRK-Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 326 Rn. 46 ff.; RGZ 51, 347, 349 ff.; 67, 313, 317; 90, 317, 318; 96, 341, 342 f.; BGHZ 2, 310, 312; 65, 372, 374 f.; BGH, NJW 1971, S. 798; NJW 1974, S. 1080, 1081; NJW 1994, S. 1653, 1654. 296 So auch Huber, Leistungsstörungen II, § 53 I 1 (S. 620); Medicus, Bürgert. Recht, Rn. 293; Emmerich, Leistungsstörungen, §§ 18 V 3 (S. 215), 21 II 2a (S. 241); RGZ 51, 347, 349 ff.; BGHZ 49, 56, 59 f.; BGH, NJW 1971, S. 798. Weniger geeignet ist es, die Ersatzpflicht in diesen Fällen auf § 325 BGB analog zu stützen: Diese Norm setzt gerade die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit voraus. Anlass der Schadensersatzhaftung ist dort also nicht - eben wie im Falle der Erfüllungsverweigerung - der Wegfall des Gläubigerinteresses, sondern die Begrenztheit des schuldnerischen Leistungsversprechens. Dies hat - wie bereits aufgezeigt (siehe oben S. 85 ff.) - Auswirkungen auf den Inhalt des gemäß § 325 BGB gewährten Ersatzanspruchs. Würde Schadensersatz bei Erfüllungsverweigerung ebenfalls hierauf gestützt, so könnte der Inhalt dieses Ersatzes folglich nicht sauber erklärt werden. Auch die Heranziehung der pFV als Grundlage der schuldnerischen Ersatzpflicht in diesen Fällen wäre verfehlt (so etwa BGH, NJW 1994, S. 1653, 1654; wohl auch BGHZ 65, 372, 374 f.). Die pFV hat im Grunde einen ganz anderen Anwendungsbereich (vgl. dazu unten S. 191 ff.). Den gesetzlich nicht geregelten Fall der Erfüllungsverweigerung der pFV zu unterstellen, wäre folglich system295
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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Entsprechendes gilt schließlich für den Fall, dass der Schuldner durch sein Verhalten dem Gläubiger die (weitere) Vertragsdurchführung unzumutbar macht. Auch dann kann der Gläubiger unmittelbar, d.h. unabhängig von Verzug und Fristsetzung 297 die Rechte aus den §§ 286 I I 1, 326 BGB geltend machen. 298 Droht also - die Drastik des Beispiels sei erlaubt - der Verkäufer einer Sache dem Käufer ernstlich an, bei Übergabe der Ware diesen zu erschießen, so kann der Käufer unmittelbar vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Bei teilweise schon vollzogenen Dauerschuldverhältnissen tritt an die Stelle des Rücktrittsrechts in diesen Fällen das - in aller Regel speziell geregelte - Recht zur außerordentlichen Kündigung. Denn der Rücktritt würde hinsichtlich des schon vollzogenen Teils zu einer komplizierten Rückabwicklung führen. Eine lediglich ex-nunc wirkende Kündigung verhindert diese Schwierigkeit. Entsprechend wird in diesen Fällen auch der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung stets nur im Hinblick auf den noch nicht vollzogenen Teil des Vertrages zu beziehen sein. Der Gläubiger kann nur den Ersatz seines Schadens infolge der Nichterfüllung der künftigen Leistungspflicht des Schuldners verlangen. Die Verwandtschaft dieser Konstellation mit der der Erfüllungsverweigerung liegt auf der Hand: Für den Gläubiger spielt es keine Rolle, ob der Schuldner die Leistung verweigert oder nur in einer für ihn unzumutbaren Weise erbringen will. Deshalb ist auch hier § 286 I I 1 BGB analog bzw. § 326 BGB analog Grundlage der Rechte des Gläubigers. 299 b) Liegt eine vorwerfbare Nichtleistung trotz Möglichkeit - so, wie dies eben beschrieben wurde - nur im Hinblick auf einen Teil der geschuldeten Leistung vor, so wird prinzipiell auch nur im Hinblick auf diesen Teil widrig, insbesondere angesichts des Umstandes, dass mit den §§ 286 II 1, 326 BGB gesetzliche Regelungen bestehen, die Fälle regeln, die ihrem Wesen nach genau dem der Erfüllungsverweigerung entsprechen. 297 Besteht Aussicht darauf, dass der Schuldner die Unzumutbarkeit der Vertragsdurchführung für den Gläubiger wieder beseitigt, werden freilich zu Recht Verzug und Nachfristsetzung verlangt, vgl. nur etwa Emmerich, Leistungsstörungen, § 22 ΙΠ 1 b (S. 254 f.). 298 Emmerich, Leistungsstörungen, §§ 18 V 3 (S. 215 f.), 22 III 1 a (S. 254); Jakobs, Unmöglichkeit, S. 47 ff.; Kopeke, Typen, S. 138 ff.; auch Musielak, JuS 1979, S. 100; RGZ 57, 105, 115; 67, 5, 7; 152, 119, 122; BGHZ 50, 160, 166; BGH, NJW 1978, S. 260; NJW 1978, S. 416, 417; NJW 1981, S. 679 f.; NJW 1981, S. 1264, 1265; NJW-RR 1995, S. 240, 243; OLG Düsseldorf, NJW 1989, S. 2627, 2628. 299 So etwa auch RGZ 57, 105, 115; 67, 5, 7; 152, 119, 122; BGH, NJW 1981, S. 679 f.; OLG Düsseldorf, NJW 1989, S. 2627, 2628; zur Begründung siehe Fn. 296; a.A. etwa BGHZ 11, 80, 84; BGH, NJW 1978, S. 260; RGRK-Aljf, BGB, 12. Aufl., § 276 Rn. 137, die den Anspruch jeweils auf pFV stützen.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Schadensersatz geschuldet. Hinsichtlich des anderen Teils bleibt es bei der primären Erfüllungspflicht. Dieser - rechtzeitig erbrachte - Teil der Leistung verbleibt also beim Gläubiger. Dies ist dem Wortlaut der §§ 286 I I 1, 326 I 2, I I BGB zwar nicht unmittelbar zu entnehmen, doch dürfte gleichwohl nicht zweifelhaft sein. Etwas anderes gilt in den gerade geschilderten Konstellationen freilich dann, wenn der Gläubiger an der damit an sich gegebenen teilweisen Erfüllung kein Interesse hat. Dann kann er nach § 326 I 3 BGB i.V.m. §§ 325 I 2, 280 I I BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen. Haftungsgrund ist in diesen Fällen also zum Teil der Interessefortfall infolge der Leistungsverzögerung, im Übrigen das Fehlen eines Interesses an der bloß teilweisen Erfüllung. Dabei enthält das Gesetz in § 326 I 3 BGB nur für gegenseitige Verträge eine ausdrückliche entsprechende Regelung. Doch ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der Gläubiger nicht auch bei einseitigen Leistungspflichten das betreffende Recht haben sollte. Kommt der Schuldner also mit einer einseitigen Leistungspflicht teilweise in Verzug, so kann der Gläubiger wenn auch im Hinblick auf den anderen Teil der Leistung sein Interesse wegen der Verzögerung weggefallen ist - Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen. 300 c) Zu den Fällen des weggefallenen Gläubigerinteresses gehören schließlich folgende Konstellationen, die mit den eben geschilderten verwandt sind: Ist die Erfüllung nur zum Teil leistungsstörungsrechtlich unmöglich, so kommt es grundsätzlich auch nur im Hinblick auf diesen Teil zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung (§§ 280 I, 325 I 1 BGB). Hinsichtlich des noch möglichen Teils bleibt es bei der primären Erfüllungspflicht. Hat jedoch der Gläubiger an der teilweisen Erfüllung kein Interesse, so kann er auch hier Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen, §§ 280 I I 1, 325 I 2 BGB. Der Grund der Schadensersatzhaftung liegt also zum Teil in der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit, zum Teil im Fortfall des Gläubigerinteresses. d) Eine besondere Rolle nimmt § 283 BGB ein, der zwar auch nach Fristsetzung zu einer Schadensersatzpflicht führt, der jedoch im Grunde 300
Dies ergibt sich schon daraus, dass anderenfalls die in § 286 II 2 BGB angeordnete Geltung der Rücktrittsregeln fast keinen Sinn machen würde. Die Vorschrift des § 346 BGB etwa gewinnt im Zusammenhang mit § 286 II BGB ihre Bedeutung vor allem dann, wenn der Schuldner einen Teil seiner Leistung schon erbracht hat, mit diesem also nicht in Verzug ist: Eben diesen Teil hat der Gläubiger, wenn er Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangt, an den Schuldner nach § 346 S. 1 BGB zurückzugewähren. Siehe dazu im Einzelnen nur etwa Huber, Leistungsstörungen II, § 48 II 6 (S. 505 mit Fn. 76).
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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eine Vielzahl unterschiedlicher Fälle der Schadensersatzhaftung enthält. Eine nähere Untersuchung dieser Vorschrift erfolgt daher erst später. 301
2. Die Möglichkeit der Naturalrestitution Nach Klärung des jeweiligen Haftungsgrundes kann nunmehr untersucht werden, welchen Inhalt die Schadensersatzhaftung in diesen Fällen hat.
a) Der Ausschluss der Restitution gemäß § 251 I 2. Alt. BGB bei inhaltlicher Identität mit der Erfüllung (1) Den genannten Fällen ist gemein, dass das Interesse des Gläubigers an der Erfüllung durch den Schuldner weggefallen ist. Anders als in den Fällen der Unmöglichkeit tritt der Schadensersatzanspruch also nicht deshalb an die Stelle des primären Erfüllungsanspruchs, weil die Erfüllungspflicht an ihre Grenzen gelangt ist. Entscheidend ist vielmehr, dass sich der Gläubiger gerade gegen die Erfüllung durch den Schuldner entschieden hat. 3 0 2 Während in jenen Fällen die Erfüllungspflicht untergeht, weil ihre Voraussetzungen weggefallen sind, besteht sie in den Konstellationen des Interessefortfalls nicht mehr, weil ihr Inhalt, also ihre Rechtsfolge nicht mehr gewollt ist. Hieran ist bei der Frage des Inhalts der Schadensersatzpflicht kein Vorbeikommen. Soll die Entscheidung des Gläubigers gegen die Bewirkung des konkreten Erfüllungserfolgs durch den Schuldner nicht ins Leere gehen, so muss die Naturalrestitution ausgeschlossen sein, sofern sie mit dieser übereinstimmt. Wenn also die Schadensersatzpflicht mit der Erfüllungspflicht inhaltlich identisch wäre, so scheidet eine Herstellung in Natur aus. Freilich ist für dieses Ergebnis nicht auf einen ungeschriebenen Restitutionsausschlussgrund zurückzugreifen. Haftet der Schuldner auf Schadensersatz, weil sich der Gläubiger gegen die Erfüllung entschieden hat, so ist die mit der Erfüllung identische Herstellung durch den Schuldner zur Ent301
Siehe unten S. 174 ff. So zutreffend Staudinger-Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 249 Rn. 180. Der Übergang von der Erfüllungs- auf die Schadensersatzpflicht hängt in diesen Fällen stets vom Willen des Gläubigers ab: So setzt die Haftung aus § 326 I BGB eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung voraus. Aber auch in den übrigen Fällen, in denen das Gesetz bei Fortfall des Gläubigerinteresses ipso iure einen Übergang auf die Schadensersatzpflicht anzuordnen scheint (§§ 280 II 1, 286 II 1, 325 I 2, 326 I 3, 326 II BGB) gilt nichts anderes: Der Gläubiger entscheidet letztlich selbst, ob sein Interesse an der Primärleistung fortbesteht. Es wäre geradezu grotesk, wenn ein Richter die Erfüllungsklage des Gläubigers mit der Begründung abwiese, dieser habe an der Erfüllung kein Interesse mehr! 302
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Schädigung des Gläubigers nicht genügend. Stets ist also der Tatbestand des § 251 I 2. Alt. BGB verwirklicht. 3 0 3 (2) Dies soll im Hinblick auf die oben angefühlten unterschiedlichen Konstellationen des Fortfalls des Gläubigerinteresses näher dargelegt werden: (a) Hat der Schuldner die Leistung - trotz Möglichkeit - insgesamt nicht erbracht und ist infolgedessen das Interesse des Gläubigers an der gesamten Leistung weggefallen 304 , so wäre es offenkundig verfehlt, wenn die Schadensersatzpflicht des Schuldners gemäß §§ 326 I 2 (II), 249 S. 1 BGB bzw. §§ 286 I I 1, 249 S. 1 BGB wiederum auf die Erbringung eben der geschuldeten Leistung durch den Schuldner gerichtet wäre. Denn der Gläubiger hatte sich gerade gegen den durch den Schuldner herbeizuführenden, konkreten Erfüllungserfolg entschieden. (b) Auch dann, wenn der Schuldner nur mit einem Teil der Leistung im Verzug ist und infolgedessen das Interesse des Gläubiger im Hinblick auf diesen Teil der Leistung (unmittelbar oder nach vergeblicher Nachfnstsetzung) weggefallen i s t 3 0 5 , gilt nichts anderes: Wenn der Gläubiger an der Teilleistung im Übrigen noch ein Interesse hat, so wäre es seltsam, wenn sein an die Stelle des verzögerten Leistungsteiles getretener Schadensersatzanspruch auf Bewirkung eben des Leistungsteils gerichtet wäre, den er nach Fristablauf oder unmittelbar infolge des Verzugs nicht mehr annehmen wollte. Ist für den Gläubiger dagegen darüber hinaus auch die bloß teilweise Leistung sinnlos, so wäre es ebenso wenig nachvollziehbar, wenn der Schadensersatzanspruch auf Bewirkung des Erfüllungserfolges gerichtet wäre. Denn der Gläubiger erhielte im Ergebnis wiederum auch den Teil der Leistung, hinsichtlich dessen infolge des Verzug sein Interesse weggefallen ist. (c) Nichts anderes gilt schließlich auch in der dritten genannten Konstellation 3 0 6 , wenn die Leistung des Schuldners teilweise leistungsstörungsrechtlich unmöglich wurde und der Gläubiger an der Teilleistung im Übrigen kein Interesse mehr hat (§§ 280 I I 1, 325 I 2 BGB). Obwohl hier der Grund der Haftung nicht ausschließlich im weggefallenen Gläubigerinteresse liegt, muss auch insoweit die mit der Erfüllung übereinstimmende Naturalrestitution ausgeschlossen sein. Denn dem Gläubiger kann es nicht zu303
Damit kommt dem Ausschlussgrund des § 251 12. Alt. BGB neben dem der Unmöglichkeit (§251 I 1. Alt. BGB) sehr wohl Bedeutung zu (anders RGRK-Alff, BGB, 12. Aufl., § 251 Rn. 15). 304 Siehe oben S. 101 ff. 305 Siehe oben S. 103 f. 306 Siehe oben S. 104.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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gemutet werden, dass der Schuldner schadensersatzrechtlich im Hinblick auf die noch mögliche Teilleistung den Teilerfüllungserfolg bewirkt, obwohl der Gläubiger an diesem doch gerade kein Interesse mehr hat. Etwas anderes könnte sich nur dann ergeben, wenn der Schadensersatz insgesamt, also auch hinsichtlich des leistungsstörungsrechtlich unmöglichen Teils durch Naturalrestitution erbracht werden könnte, wenn also durch den Schadensersatzanspruch nach den §§ 280 I I 1, 325 I 2 BGB der Erfüllungserfolg vollständig bewirkt würde. Denn an diesem hat der Gläubiger durchaus ein Interesse. Lediglich mit der Teilleistung mag er sich nicht bescheiden. Hier würde also die (mit der Erfüllung inhaltlich übereinstimmende) Naturalrestitution hinsichtlich des Teils der Leistung, an dem der Gläubiger sein Interesse verloren hat, durchaus Sinn machen und dem Gläubiger zumutbar sein. Eben weil der Gläubiger durch sie letztlich den vollständigen Erfüllungserfolg erlangen könnte, hat er an ihr ein Interesse. Ist dem aber so, hat der Gläubiger insoweit an der Naturalrestitution ein Interesse, so hat er zwingend auch an der mit der Restitution h i e r 3 0 7 identischen Teilerfüllung ein Interesse. Auch die Entgegennahme der Teilleistung würde - in Kombination mit der hinsichtlich des leistungsstörungsrechtlich unmöglichen Teils der Leistung geschuldeten Naturalrestitution - den vollständigen Erfüllungserfolg bewirken. Kurz: Immer wenn der Erfüllungserfolg hinsichtlich des unmöglich gewordenen Teils der Leistung im Wege der Naturalrestitution nach §§ 325 I 1, 249 S. 1 BGB zu erbringen ist, kann das Interesse des Gläubigers an der übrigen Teilleistung nicht im Sinne der §§ 280 I I 1, 325 I 2 BGB wegfallen, weil er im Ergebnis den vollständigen Erfüllungserfolg erlangt. Ein solcher Wegfall ist allein dann denkbar, wenn der Ersatzanspruch im Hinblick auf den leistungsstörungsrechtlich unmöglichen Teil inhaltlich nicht mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch übereinstimmt. Ist also etwa der leistungsstörungsrechtlich unmögliche Teil des geschuldeten Erfolges auch schadensersatzrechtlich unmöglich, so gilt: Im Hinblick auf diesen Teil scheidet die Naturalrestitution gemäß § 251 I 1. Alt. BGB aus. Hat der Gläubiger an der noch möglichen Teilleistung kein Interesse, so ist die naturale Herstellung im Rahmen des dann nach §§ 280 I I 1, 325 I 2 BGB zu erbringenden Schadensersatzes für den Gläubiger nicht genügend und also nach § 251 I 2. Alt. BGB ausgeschlossen. Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: V verkauft an Κ ein Kaffeeservice, bestehend aus 6 Tassen und einer Kanne. Noch vor Übereignung gerät die Kanne durch einen von V verschuldeten Umstand in einen 500 km ent307
Es wird ja gerade gefragt, ob die Naturalrestitution im Rahmen der §§ 280 II 1, 325 I 2 BGB geschuldet sein kann, wenn sie inhaltlich mit der Erfüllung übereinstimmt.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
fernten Ort. Diese Ortsveränderung stellt eine teilweise leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit dar. Gemäß § 325 I BGB haftet V wenigstens insoweit auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Ist die Naturalrestitution möglich, d.h. hat V schadensersatzrechtlich die Kanne zurückzuholen, so liegt kein Fall eines Interessefortfalls nach § 325 I 2 BGB vor. Zwar hat Κ an den Tassen ohne die dazugehörige Kanne in aller Regel kein Interesse, weil er nur ein vollständiges Service will. Doch erhält er die Kanne gerade schadensersatzrechtlich dazu. Die Teilleistung der Tassen ist für Κ vor diesem Hintergrund sehr wohl sinnvoll. Er hat an ihr also ein Interesse. Ist durch die Ortsveränderung dagegen die Naturalrestitution schadensersatzrechtlich unmöglich und also ausgeschlossen (man stelle sich vor, die Kanne ruht auf dem Meeresgrund: hier würde auch das Schadensersatzrecht dem Schädiger keine Bergung auferlegen), so schuldete V schadensersatzrechtlich insoweit (vorbehaltlich der Möglichkeit der „substitutiven" Restitution) nur Geldersatz. Hier würde die Entgegennahme der noch möglichen Teilleistung, also der Tassen, für Κ keinen Sinn machen, weil das Service unvollständig bliebe. Κ hätte an der teilweisen Erfüllung also kein Interesse, weshalb er auch im Hinblick auf diesen Teil der Leistung nach §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB Schadensersatz verlangen könnte. Dieser kann aber deshalb nicht auf die mit der Erfüllung identische Naturalrestitution gerichtet sein, weil Κ anderenfalls doch wieder das unvollständige Service erhielte. Die Naturalrestitution wäre hier folglich ebenfalls nach § 251 12. Alt. BGB und im Hinblick auf den unmöglichen Teil der Leistung nach § 251 I 1. Alt. BGB ausgeschlossen. b) Die Möglichkeit der Restitution bei inhaltlicher von der Erfüllung
Verschiedenheit
Die Entscheidung des Gläubigers gegen die Herbeiführung des Erfüllungserfolgs durch den Schuldner schließt die Naturalrestitution aber dann nicht aus, wenn diese mit der Erfüllung inhaltlich nicht identisch ist. In diesen Fällen kann auch im Rahmen der §§ 280 I I 1, 286 I I 1, 325 I 2, 326 I 2, I 3, I I BGB gemäß § 249 BGB die Pflicht zur Herstellung in Natur bestehen. aa) Eine solche inhaltliche Verschiedenheit von Erfüllung und Naturalrestitution ist in mehrfacher Hinsicht denkbar: (1) Zum einen unterscheiden sich Erfüllung und Herstellung dann, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass der Nichterfüllungsschaden „substitutiv" restituiert w i r d . 3 0 8 Wird also schadensersatzrechtlich die Herstellung eines dem hypothetisch bestehenden Zustand nur ähnlichen Zustan308
Siehe dazu oben S. 49 ff.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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des geschuldet, so ist auch bei den §§ 280 I I 1, 286 I I 1, 325 I 2, 326 I 2 , 1 3, I I BGB Raum für die Naturalrestitution. Beispiel: V verkauft Κ ein aus 6 Porzellantellern bestehendes Gedeck, das dieser sofort bezahlt. Gerät V mit der Leistung in Verzug und lässt auch eine ihm von Κ gesetzte Nachfrist mit Ablehnungsandrohung ungenützt verstreichen, so ist der Ersatzanspruch des Κ aus §§ 326 I 2, 249 S. 1 BGB ggf. auf Leistung eines ganz ähnlichen Gedecks durch V bzw. auf Erstattung der Kosten (§ 249 S. 2 B G B 3 0 9 ) für die anderweitige Beschaffung eines solchen gerichtet. Leistet V zunächst 3 Teller, stellt dann aber seine Leistung ein, so kann Κ - weil er an dem unvollständigen Gedeck kein Interesse hat - unter Zurückgewähr dieser drei Teller gemäß § 326 I 3 BGB i . V . m . §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen. Gemäß § 249 S. 1 BGB ist sein Ersatzanspruch wiederum auf Leistung eines ähnlichen Gedecks durch V bzw. (gemäß § 249 S. 2 BGB) auf Erstattung der Kosten für die Beschaffung eines solchen bei einem Dritten gerichtet. Zerstört V nach Vertragsschluss aus Unachtsamkeit 3 der Teller, so steht dem Κ - wiederum aufgrund des Umstandes, dass das unvollständige Gedeck für ihn ohne Interesse ist - gemäß §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages zu, der nach § 249 BGB auf Leistung eines ähnlichen Gedecks durch V bzw. Kostenerstattung hierfür gerichtet ist. 309 Der sich aus § 249 S. 2 BGB ergebende Ersatzanspruch ist ebenfalls ein solcher der Restitution und nicht der Kompensation. Vgl. dazu Schiemann, Argumente, S. 214 ff. Dass § 249 S. 2 BGB auch in den Fällen der Schadensersatzhaftung wegen weggefallenem Gläubigerinteresse greift, obwohl der genannte Fall der „Beschädigung" einer Sache nicht einschlägig ist, ergibt sich aus Folgendem: Ratio der Kostenerstattungspflicht des § 249 S. 2 BGB ist, dass es dem Geschädigten nicht zugemutet werden kann, den Schädiger mit der Restitution zu betrauen. Durch seine Schädigung hat er gerade bewiesen, dass er mit der Sache des Geschädigten nicht sorgsam umzugehen weiß. Die gleiche Überlegung greift freilich in den Fällen der Schadensersatzhaftung wegen weggefallenem Gläubigerinteresse. Kommt der Schuldner mit seiner Leistung in Verzug und leistet auch trotz Nachfristsetzung nicht, so belegt das, dass er seinen Naturalleistungspflichten nicht nachkommt. Ist die Naturalrestitution - wie dargelegt - einmal auf Beschaffung einer ähnlichen Leistung bei einem Dritten gerichtet, so wäre es demgemäß dem Gläubiger nicht zumutbar, wenn der Schuldner nun mit der Beschaffung beim Dritten befasst wäre. Auch insoweit muss der Gläubiger Verzögerungen des Schuldners fürchten. Daher kann er in diesen Fällen ebenfalls nach § 249 S. 2 BGB die restituierende Handlung selbst vornehmen (sich die ähnliche Leistung also beim Dritten besorgen) und lediglich die Kosten dafür beim Schuldner liquidieren. Vgl. dazu bereits oben in Fn. 147 und unten S. 110 ff.
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. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
(2) Des weiteren kommt es zu einer Unterschiedlichkeit, wenn sich der Schaden weiterentwickelt hat. Hätte also Κ im gerade gebildeten Tellerfall das vollständige Service gegen ein Gemälde eingetauscht, so schuldet der V schadensersatzrechtlich jeweils die Leistung dieses Gemäldes (§ 249 S. 1 BGB) bzw. die Erstattung der dem Κ für die Eigenbeschaffung entstandenen Kosten (§ 249 S. 2 BGB). (3) Schließlich kommt es zu einer inhaltlichen Verschiedenheit von Erfüllungs- und Schadensersatzpflicht auch dann, wenn der Geschädigte genau den geschuldeten Erfolg von einem Dritten herstellen lässt und die dafür erforderlichen Kosten dem Schädiger gemäß § 249 S. 2 BGB in Rechnung stellt. Diese Herstellung unterscheidet sich von der soeben erörterten Konstellation der „substitutiven" Restitution, wenn die Person des Herstellenden für die vertraglich geschuldete Erfüllung ohne Bedeutung ist, wie dies regelmäßig beim Kaufvertrag der Fall ist. Gehört dagegen die Person des Herstellenden zum Vertragserfolg, wie etwa beim Werkvertrag, so wäre die Herstellung durch einen Dritten kein mit der Erfüllung identischer, sondern lediglich ein diesem ähnlicher Erfolg und fiele mithin in die bereits angeführte Kategorie der „substitutiven" Restitution. Beispiel: Im oben gebildeten Tellerfall war bei Vertragsschluss nicht V, sondern ein Dritter D Eigentümer des Gedecks. V hat sich deshalb gegenüber Κ ausdrücklich zur Beschaffung bei D verpflichtet. Kommt hier V seiner Leistung trotz Nachfristsetzung nicht (vollständig) nach, so kann Κ die (restlichen) Teller bei D erwerben und von V gemäß §§ 326 I 2, 249 S. 2 BGB die ihm dafür entstandenen Kosten einfordern. Weil damit genau der Zustand hergestellt würde, der kaufvertraglich geschuldet war, läge kein Fall der „substitutiven", sondern der „klassischen" Restitution vor, die also auch insoweit grundsätzlich möglich wäre. bb) Freilich ist eine Einschränkung zu machen. Beruht die Ersatzpflicht des Schuldners (auch) auf dem Umstand, dass er selbst - trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit - seiner Erfüllungspflicht nicht (vollständig) nachkommt, so erweist er sich dadurch als unzuverlässig. In diesen Fällen kann es durchaus dazu kommen, dass der Gläubiger aufgrund der vom Schuldner zu vertretenden Leistungsverzögerung nicht nur sein Interesse an der versprochenen, sondern an jeder „Sach"-Leistungserbringung gerade durch den Schuldner verliert. Dann aber ist dem Geschädigten auch eine von der Erfüllung inhaltlich abweichende schadensersatzrechtliche Sachleistungspflicht des Schädigers unzumutbar nach § 2511 2. Alt. BGB. Anders formuliert: Hat der Schädiger seine Leistung teilweise nicht erbracht, obwohl ihm dies möglich war, so hat der Geschädigte oftmals berechtigtermaßen kein Interesse daran, dass der Schädiger ihm nunmehr statt der versprochenen Leistung, eine ähnliche oder die hypothetisch erlangte Leistung schuldet. Denn dann hätte er wiederum mit der fehlenden Sachleistungswil-
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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ligkeit des Schuldners zu kämpfen. Folglich kommt die Restitution hier nur insoweit in Betracht, als es um die Kostenerstattung für die Beschaffung einer ähnlichen bzw. der hypothetisch erlangten Sache oder für die Bewirkung des Leistungserfolges durch einen Dritten geht (§ 249 S. 2 BGB). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schuldner seiner schadensersatzrechtlichen Sachleistungspflicht anders als seiner primären Erfüllungspflicht nachkommen wird oder jene einfacher zu vollstrecken ist. Verdeutlicht werden soll diese Überlegung wiederum am Tellerfall: Leistet V die Teller (ganz oder teilweise) trotz Nachfristsetzung nicht und verlangt Κ daher gemäß § 326 I 2 BGB bzw. § 326 I 3 BGB i.V.m. §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so ist ihm regelmäßig wenig damit gedient, wenn er statt der Leistung der Teller schadensersatzrechtlich von V nunmehr die Leistung ähnlicher Teller oder des hypothetisch erworbenen Gemäldes verlangen kann. Wenn dem V doch die Leistung der versprochenen Teller gerade möglich war und er dennoch nicht geleistet hat, wieso sollte er dann ausgerechnet seiner Pflicht zur Leistung anderer Gegenstände nachkommen? Grundsätzlich ist eine entsprechende Ersatzpflicht des V für Κ also nach § 251 1 2 . Alt. BGB ungenügend und folglich ausgeschlossen. Die Restitution ist nur insoweit möglich, als Κ dem V die Kosten für die anderweitige Beschaffung genau der Teller, ähnlicher Teller oder des hypothetisch erworbenen Gemäldes über § 249 S. 2 BGB in Rechnung stellt. Etwas anderes würde allerdings gelten, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass V seiner schadensersatzrechtlichen Sachleistungspflicht eher nachkommt als seiner primären Erfüllungspflicht bzw. jene leichter vollstreckbar ist. Leistete V also nur deshalb nicht das Gedeck, weil er mit diesem besondere Erinnerungen verbindet, ist er aber Eigentümer eines ganz ähnlichen Gedecks, dass er preisgeben würde, so ist es für den Κ nicht ungenügend im Sinne von § 251 12. Alt. BGB, wenn sein Ersatzanspruch - nach seiner Entscheidung gegen das konkrete Gedeck - auf Leistung des ähnlichen Gedecks durch V gerichtet ist. Denn es ist zu erwarten, dass V dieser (schadensersatzrechtlichen) Leistungspflicht gerade nachkommen wird. Anders verhält es sich auch, wenn - wie im Falle der §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB - die Ersatzpflicht des Schädigers nicht auf bloßer Leistungsunwilligkeit beruht. Zerstört also beispielsweise der V schuldhaft nach Vertragsschluss drei der Teller und verlangt Κ daher Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit, so kann dieser im beschriebenen Sinne auf Leistung eines ähnlichen Gedecks bzw. des hypothetisch erlangten Gemäldes gerade durch V selbst gerichtet sein. Diese Arten der Herstellung wären nicht ungenügend im Sinne von § 251 I 2. Alt. BGB. Denn der Inter-
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
essefortfall des Κ beschränkt sich in diesen Fällen auf das Behalten der Teilleistung. An einer Leistungserbringung durch V hat er regelmäßig nicht das Interesse verloren, weil der sein Leistungsversprechen berechtigtermaßen (nämlich aufgrund der eingetretenen Teilunmöglichkeit) nicht mehr erfüllt. cc) Weichen Herstellung und Erfüllung wie dargestellt von einander ab, so ist die Restitution grundsätzlich nicht nach § 251 1 2 . Alt. BGB ausgeschlossen. Aber auch sonstige Ausschlussgründe sind nicht ersichtlich. 310
c) Besonderheiten bei gegenseitigen Verträgen Besonderheiten ergeben sich wiederum bei gegenseitigen Verträgen, wenn der Schadensersatz nach der Differenzmethode gewährt wird. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Doch ist die Naturalrestitution im Rahmen der hier einschlägigen Fälle der Schadensersatzhaftung wegen fortgefallenem Gläubigerinteresse weitergehend eingeschränkt. Kommt bei § 325 I 1 BGB die Herstellung in Natur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Leistung des Schuldners teilbar ist, so muss hier im Rahmen der Schadensersatzpflicht die Erbringung einer mit der Teilerfüllung identischen Leistung durch den Schuldner ausgeschlossen sein, weil der Gläubiger sich gegen die konkrete Erfüllung durch den Schuldner entschieden hat. Wenn im oben gebildeten Beispiel des Verkaufs von 5 Zementsäcken für 40 D M etwa der V nach Verzug und Fristsetzung nicht leistet und Κ folglich gemäß § 326 I 2 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt, so ergibt sich nach der Differenzmethode: Κ behält seine Gegenleistung von 40 D M und kann den Differenzschaden verlangen. Doch wäre es hier „ungenügend" nach § 251 I 2. Alt. BGB, wenn der Ersatz desselben gemäß § 249 S. 1 BGB darin bestünde, dass ihm V einen der Säcke leistet. Denn Κ hat sich gerade gegen die Zementsackleistung seitens V entschieden, weil sich dieser als unzuverlässig entpuppt hat. Der bei der Differenzmethode ohnehin sehr eingeschränkte Anwendungsbereich der Naturalrestitution wäre hier folglich noch enger.
3. Zusammenfassung In den Fällen der Schadensersatzhaftung wegen Fortfalls des Gläubigerinteresses ist die Naturalrestitution stets gemäß § 251 12. Alt. BGB ausgeschlossen, sofern sie inhaltlich mit der primär geschuldeten Erfüllung durch den Schuldner übereinstimmt. Denn der Gläubiger hat sich gerade gegen die Herbeiführung des Erfüllungserfolgs durch den Schuldner entschieden. 310
Vgl. dazu bereits oben S. 99 f.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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Sofern diese inhaltliche Übereinstimmung nicht gegeben ist, weil sich der Nichterfüllungsschaden des Gläubigers weiterentwickelt hat, die Voraussetzungen für die „substitutive" Restitution vorliegen oder der Schuldner gemäß § 249 S. 2 BGB die Kosten für die Bewirkung des Erfüllungserfolges durch einen Dritten geltend macht, ist dagegen - wie in den Fällen der Schadensersatzhaftung wegen Unmöglichkeit - die Naturalrestitution bis zu den Grenzen des § 251 I 1. Alt., I I BGB möglich. Freilich wird insoweit regelmäßig nur eine Liquidation der jeweiligen Restitutionskosten gemäß § 249 S. 2 BGB in Betracht kommen. Eine schadensersatzrechtliche Sachleistungspflicht des Schuldners ist dagegen für den Gläubiger häufig unzumutbar im Sinne von § 251 I 2. Alt. BGB. Besonderheiten ergeben sich wiederum dann, wenn bei gegenseitigen Verträgen Schadensersatz nach der Differenzmethode gewährt wird. Auch hier erweist sich also die Behauptung, die Naturalrestitution scheide stets aus, als verfehlt. Und soweit sie in einzelnen Konstellationen ausscheidet, ergibt sich dies allein aufgrund geschriebener Restitutionsausschlussgründe; die §§ 249 ff. BGB können also auch auf diese Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung vorbehaltlos und uneingeschränkt angewandt werden.
I I I . Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei anfanglicher Unmöglichkeit Im Bereich anfänglicher Unmöglichkeit kann es ebenfalls zu einer Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung kommen, weshalb auch insoweit die Frage geklärt werden muss, ob der Naturalrestitution in diesen Fällen geschriebene oder ungeschriebene Ausschlussgründe entgegenstehen.
1. Die gesetzlichen Regelungen anfänglicher Erfüllungshindernisse Dabei gilt es jedoch Folgendes vorweg zu beachten: Ob und unter welchen Voraussetzungen bei anfänglichen Erfüllungshindernissen das positive Interesse ersetzt werden muss, hat das Gesetz ganz unterschiedlich geregelt, und dies zum Teil unklar, weshalb über die Voraussetzungen der Haftung auf das positive Interesse in einzelnen Bereichen heftiger Streit herrscht. 311
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MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., Vor § 275 Rn. 8 etwa bezeichnet die gesetzliche Regelung als „mißglückt". 8 Gebauer
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz a) Objektive Unmöglichkeit, § 306 BGB
Eine verhältnismäßig klare Regelung hat das Gesetz für den Fall anfänglicher objektiver Unmöglichkeit getroffen: Steht der Erfüllung des vertraglichen Versprechens von Anfang an ein Hindernis entgegen, dessen Überwindung niemandem möglich ist, so ist der Vertrag gemäß § 306 BGB nichtig. Eine Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung kommt daher prinzipiell nicht in Betracht. Eine im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrages enttäuschte Partei kann ggf. ihren entsprechenden Vertrauensschaden nach § 307 BGB einfordern. Es gibt jedoch Stimmen, die den Anwendungsbereich des § 306 BGB eingrenzen und eine Vertragsnichtigkeit nur für von vornherein gegenstandslose Verträge annehmen. 312 Allein dann, wenn die Undurchführbarkeit des Vertrages diesem quasi „auf die Stirn geschrieben steht", soll die Folge des § 306 BGB gerechtfertigt sein (Beispiel: Verkauf des Mondes oder des Kölner Doms). In allen übrigen Fällen, in denen die Leistungserbringung jedermann von Anfang an unmöglich ist, soll es dagegen - wie beim anfänglichem Unvermögen - bei der Vertragswirksamkeit bleiben und eine Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung möglich sein. Wenn also beispielsweise ein Gemälde verkauft wird, das kurz vor Vertragsschluss bei einem Brand vollständig zerstört wurde, so soll der Vertrag gleichwohl wirksam sein und der Verkäufer ggf. auf Erstattung des positiven Interesses haften. Auch wenn man mit der h.M. diesen Ansatz nicht mitgeht, scheidet eine Haftung auf den Nichterfüllungsschaden bei anfänglicher objektiver Unmöglichkeit keineswegs stets aus. Dann nämlich, wenn neben dem - gemäß § 306 BGB nichtigen - Vertrag ein selbständiges Garantieversprechen des Schuldners vorliegt, kann es auch hier zu einer „Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung" kommen. 3 1 3 Denn durch das in seiner Wirksamkeit von § 306 BGB nicht beeinträchtigte Garantieversprechen erklärt sich der Schuldner gerade bereit, für den Fall der Nichtdurchführung des Vertrages das positive Interesse des Gläubigers zu ersetzen. Eine solche Konstellation hatte das OLG Hamburg beispielsweise im „Thekla-Bohlen-Fall" angenomm e n 3 1 4 : Dort waren 1000 Kisten kanarische Kartoffeln, „schwimmend auf dem Dampfer Thekla Bohlen" veräußert worden. Tatsächlich befanden sich indes auf dem Schiff praktisch keine Kartoffeln. Obwohl hier der Vertrag 312
Siehe nur etwa Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 III 1 (S. 10 f.) mit w. Nachw. 313 Vgl. nur etwa Emmerich, Leistungsstörungen, § 2 I (S. 16); MünchKommThode, BGB, 3. Aufl., § 306 Rn. 10. 314 OLG Hamburg, SeuffArch. 65 (1910), Nr. 160. Vgl. auch RGZ 137, 83, 84; BGHZ 93, 142, 145.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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aufgrund des Stückschuldcharakters gemäß § 306 BGB nichtig war, verurteilte das Gericht den Verkäufer zum Ersatz des positiven Interesses, weil es eine „Garantieübernahme" annahm. b) Besondere Fälle objektiver
Unmöglichkeit im Gewährleistungsrecht
Spezielle Regelungen der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit enthält das Gesetz im Gewährleistungsrecht. Gemäß § 437 BGB etwa haftet der Verkäufer eines Rechts für den rechtlichen Bestand desselben. 315 Wer also eine nicht existente Forderung verkauft, hat dem Käufer verschuldensunabhängig Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten. Ist beim Verkauf einer Speziessache dieselbe von Anfang an mit einem Fehler behaftet, so liegt - wie unten noch näher auszuführen 316 - ein Fall teilweiser anfänglicher Unmöglichkeit vor. Das Gesetz trifft hier eine sowohl von der Grundregel des § 306 BGB als auch von der gerade erwähnten Vorschrift des § 437 BGB abweichende Regelung: Im Hinblick auf den anfänglich unmöglichen Teil der Leistung ist der Vertrag weder nichtig noch trifft den Verkäufer eine verschuldensunabhängige Haftung auf das positive Interesse. Letzteres hat er nur dann zu ersetzen, wenn er den Fehler bei Vertragsschluss arglistig verschwiegen oder die Fehlerfreiheit arglistig behauptet hat, § 463 S. 2 BGB (analog). c) Anfängliches Unvermögen Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Schuldner bei anfänglicher subjektiver Unmöglichkeit seines Versprechens Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten hat, ist umstritten. Dies liegt vor allem daran, dass das Gesetz zumindest für die meisten dieser Fälle keine spezielle Regelung getroffen hat. Heute nicht mehr vertreten wird eine gänzliche Gleichbehandlung von objektiver und subjektiver anfänglicher Unmöglichkeit unter (analoger) Heranziehung von § 306 B G B . 3 1 7 Es besteht Einigkeit darüber, dass - wie dies auch deutlich den Gesetzesmaterialien zu entnehmen i s t 3 1 8 - im Gegenschluss zu § 306 BGB der anfänglich subjektiv unmögliche Vertrag 315
Vgl. im Einzelnen Emmerich, Leistungsstörungen, § 2 II 1 (S. 17). Siehe unten S. 132 ff. 317 So früher offenbar Stammler, Schuldverhältnisse, Nr. 32 (S. 107); vgl. auch Schnorr von Carolsfeld, FS Reinhardt, S. 156, der in gewissem Umfang für eine Gleichstellung von anfänglicher objektiver und subjektiver Unmöglichkeit eintritt. 318 Vgl. etwa Mugdan, Materialien II, S. 25, 119, 529. 316
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
wirksam i s t . 3 1 9 Die Haftung des Schuldners auf das positive Interesse bei anfänglichem Unvermögen ist also anerkannt. Umstritten ist dagegen, unter welchen Voraussetzungen diese Haftung eintreten soll. Nach wohl h . M . 3 2 0 trifft ihn eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung: Auch wenn der Schuldner von seinem Unvermögen bei Vertragsschluss keine Kenntnis hatte und haben konnte, soll er dem Gläubiger dessen Erfüllungsinteresse ersetzen müssen. Nach den Befürwortern findet diese Lösung i m Bereich des Kaufrechts auch eine gesetzliche Stütze: So kann die Vorschrift des § 440 I BGB sicherlich auch auf die Nichterfüllung wegen anfänglichem Unvermögen angewandt werden. Der Verweis auf § 325 I 1 BGB sei dabei aber als Rechtsfolgenverweisung aufzufassen, weshalb das Gesetz für das anfängliche Unvermögen beim Kaufvertrag die strenge Garantiehaftung selbst angeordnet habe. 3 2 1 Weil diese strenge verschuldensunabhängige Haftung des Schuldners in einigen Fällen als unbillig angesehen wird, gibt es einige Stimmen, die zumindest dann eine Einschränkung verlangen, wenn das anfängliche Leistungshindernis außerhalb des Geschäftsbereichs des Schuldners liegt. 3 2 2 In diesen Fällen soll er nicht verpflichtet sein, das positive Interesse zu ersetzen. Wenn also beispielsweise die verkaufte Sache dem Verkäufer - ohne dass er dies wissen konnte - kurz vor Vertragsschluss gestohlen worden sei, so treffe ihn keine Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung. 323 319
RGZ 80, 247, 249; 81, 59, 61; BGHZ 47, 266, 269; 85, 267, 271; Emmerich, Leistungsstörungen, § 3 IV 1 (S. 32). 320 Medicus, Schuldrecht I, Rn. 384; RGZ 69, 355, 357; 81, 59, 62 f.; BGHZ 8, 222, 231; 11, 16, 22; 129, 103, 105; BGH, NJW 1972, S. 1702, 1703; WM 1972, S. 656 f. 321 Etwa Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 330; Wieacker, FS Nipperdey (1965), Bd. I, S. 803; vgl. auch Larenz, Schuldrecht I I / l , § 40 II b 3 (S. 32). Die Plausibilität dieses Schlusses ist indes schon deshalb fraglich, weil für den Fall der nachträglichen Unmöglichkeit die Vorschrift des § 440 I BGB - schon wegen der klaren Regelung des § 275 BGB - als Rechtsgrundverweisung begriffen wird, eine Schadensersatzhaftung des Verkäufers also nur bei Vertretenmüssen angenommen wird. Die Regelung des § 440 I BGB beweist also keineswegs die Richtigkeit der strengen Garantiehaftung (vgl. Evans-von Krbek, AcP 177 (1977), S. 43 f.). Schlagender ist dagegen sicherlich der Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, denen zu entnehmen ist, dass die Garantiehaftung den Gesetzesverfassern für den Fall anfänglichen Unvermögens vorschwebte (Mugdan, Materialien II, S. 121 f.: „Nach dem Verschaffungsprinzipe hat der Veräußerer gemäß den Grundsätzen über die Haftung des Schuldners für das anfängliche subjektive Unvermögen ohne Rücksicht auf ein Verschulden vollen Schadensersatz zu leisten" sowie S. 25, 529). 322 Oertmann, AcP 140 (1935), S. 148 f.; Beuthien, Zweckerreichung, S. 136 f.; Larenz, Schuldrecht I, § 8 II (S. 100 ff.); Schreiber, Jura 1995, S. 531. 323 Larenz, Schuldrecht I, § 8 II (S. 102).
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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Schließlich gibt es einige, die die Nichterfüllungshaftung des Schuldners - wie im Bereich der nachträglichen Unmöglichkeit - von dessen Vertretenmüssen abhängig machen wollen. 3 2 4 Es sei nicht einzusehen, weshalb etwa der vom Verkäufer nicht zu bemerkende Diebstahl des Kaufgegenstandes kurz vor Vertragsschluss zu dessen Nichterfüllungshaftung führen, er aber dann gemäß § 275 I I BGB von jeglicher Haftung frei werden solle, wenn der Diebstahl nur kurz nach Vertragsschluss stattfinde. 325 Da vor Vertragsschluss keine Leistungspflicht gegenüber dem Gläubiger besteht, kann sich dabei der betreffende Verschuldensvorwurf auch nicht auf die Herbeiführung des Leistungshindernisses beziehen. Entsprechend wird allein darauf abgestellt, ob der Schuldner sein Unvermögen bei Vertragsschluss kannte oder kennen musste. 326
d) Bewertung der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen anfänglicher Leistungshindernisse Die sich solchermaßen ergebende unterschiedliche Behandlung der Fälle anfänglicher Leistungshindernisse ist de lege lata hinzunehmen. De lege ferenda ist sie dagegen verfehlt: Wie bereits oben ausführlich dargelegt 327 ist die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit überflüssig und rechtlich irrelevant. Entscheidend ist allein, dass der Erfüllung durch den Schuldner ein Hindernis entgegensteht, dessen Überwindung er nicht versprochen hat. Im Bereich anfänglicher Leistungshindernisse ergibt sich also der Befund, dass der Schuldner eine Leistung versprochen hat, der ein Hindernis entgegensteht, zu dessen Überwindung er gerade nicht bereit ist. Weshalb dabei zwischen objektiven und subjektiven Leistungshindernissen ein Unterschied gemacht werden soll, vermag auch hier nicht einzuleuchten. Wenn der Schuldner für den Fall, dass der verkaufte Gegenstand kurz vor Vertragsschluss gestohlen wurde, auf das positive Interesse haften soll, weil er mit dem Vertrag zugleich die Garantie seiner Leistungsfähigkeit übernommen hat, vermag es nicht einzuleuchten, weshalb eine solche Garantieübernahme 324
Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 247 ff.; Krückmann, AcP 101 (1907), S. 128 f.; Arp, Unmöglichkeit, etwa S. 162 ff., 243; Braun, JA 1983, S. 576; Gillig, Nichterfüllung, S. 303 ff.; Beinert, Vertragsverletzung, S. 210 ff.; Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 III 2 (S. 12 f.); Evans-von Krbek, AcP 177 (1977), S. 47 ff.; Gudian, NJW 1971, S. 1239 ff. mit w. Nachw.; auch Rabel, FS Bekker, S. 214 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 3 IV 2 c (S. 33 f.); differenzierend Eichenhofer, JuS 1989, S. 781 ff. 325 Emmerich, Leistungsstörungen, § 3 IV 2 c (S. 33). 326 Beinert, Vertragsverletzung, S. 211 f. 327 Siehe oben S. 75 ff.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
nicht auch für den Fall der vorherigen Zerstörung der Sache angenommen werden sollte. Weder für den Käufer noch für den Verkäufer spielt es eine Rolle, ob die Vertragsdurchführung wegen objektiver oder subjektiver Hindernisse scheitert. Auch die gesetzlich angeordnete Ungleichbehandlung der verschiedenen Fälle der objektiven Unmöglichkeit vermag kaum einzuleuchten. Weshalb etwa den Verkäufer einer von Anfang an vollständig zerstörten Sache auch dann nur eine Haftung auf das negative Interesse treffen soll, wenn er von der Zerstörung wusste, er andererseits aber für den Fall der bloß teilweisen Zerstörung und also Mangelhaftigkeit der Sache auf Ersatz des positiven Interesses haften soll (§ 463 S. 2 BGB), ist nicht einsichtig. Plastisch wird dies etwa an folgendem Fall: A verkauft an Β seinen Wagen, mit dem er was Β nicht wissen kann - kurz zuvor einen Unfall erlitten hat. Wenn durch den Unfall der Wagen gänzlich zerstört wurde, haftet A nur auf das negative Interesse, § 307 BGB. Wenn der PKW dagegen zumindest als noch teilweise existent und also als lediglich mangelhaft bezeichnet werden kann, dann haftet A gegenüber Β auf dessen volles Erfüllungsinteresse, § 463 S. 2 BGB. Vor dem Hintergrund, dass die Abgrenzung zwischen gänzlicher Unmöglichkeit und bloßer Mangelhaftigkeit nicht nur praktisch oft undurchführbar ist, sondern auch materiell kaum eine solche unterschiedliche Behandlung rechtfertigen kann, muss dieses Ergebnis befremden.
2. Die Möglichkeit der Naturalrestitution in den Fällen der Haftung auf das Erfüllungsinteresse a) Vorgehensweise Wie die damit de lege ferenda fraglos gebotene einheitliche Regelung der Fälle anfänglicher Erfüllungshindernisse auszusehen hätte, wie damit speziell auch das anfängliche Unvermögen zu behandeln ist, soll an dieser Stelle nicht abschließend erörtert werden. 3 2 8 Die Frage kann hier offen bleiben. Hier soll allein geklärt werden, ob für den Fall, dass aufgrund eines anfänglichen „überobligatorischen" Leistungshindernisses Schadensersatz wegen Nichterfüllung gewährt wird, die Naturalrestitution in Betracht kommt. Um dies zu beantworten, muss zunächst der Grund der Erfüllungshaftung, das heißt ihre Legitimation geklärt werden. Es gilt also zu untersuchen, aus welchen Gründen die Bejahung einer Erfüllungshaftung überhaupt erwogen werden kann, um dann anhand des Befundes die Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution beantworten zu können. Auf eine genaue 328
Vgl. dazu aber unten S. 121 ff.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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Untersuchung, ob diese Gründe letztlich die Erfüllungshaftung tragen, soll dagegen verzichtet werden. b) Die möglichen Gründe für die Haftung auf das positive Interesse und die Konsequenzen hieraus für die Möglichkeit der Naturalrestitution aa) Annahme eines selbständigen Garantieversprechens Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des Versprechens, dem von Anfang an ein „überobligatorisches" Leistungshindernis entgegensteht, gelangte man zu einer Haftung auf das positive Interesse, wenn man annimmt, der Schuldner gebe zusätzlich zu seinem Vertragsversprechen eine Garantieerklärung ab, wonach er sich verpflichtet, für den Fall der Nichtleistung aufgrund eines anfänglichen Leistungshindernisses, den Nichterfüllungsschaden des Gläubigers zu ersetzen. Ein derartiges Verständnis liegt überwiegend den Stimmen zugrunde, die eine Nichterfüllungshaftung des Schuldners für anfängliches Unvermögen bejahen. 329 Und wie bereits erwähnt, wurde das Vorliegen eines selbständigen Garantieversprechens zum Teil auch in Fällen anfänglicher objektiver Unmöglichkeit angenommen. Fraglos ist die geschilderte Konstellation denkbar. Stets kann der Schuldner neben dem eigentlichen Vertragsversprechen ein zusätzliches Versprechen eingehen und haftet dann - unabhängig von der Wirksamkeit des Ersten - aus dem Zweiten. Doch wird man ein solch altruistisches Verhalten des Schuldners nicht ohne darauf hindeutende Umstände annehmen dürfen. Wie dies etwa bei § 463 S. 1 BGB gemeinhin verlangt wird, setzt die Annahme einer Garantie voraus, dass für ein solches zusätzliches Versprechen Anhaltspunkte vorliegen. Keinesfalls kann einem schuldnerischen Versprechen stets auch eine zusätzliche Garantie „untergeschoben" werden. 3 3 0 Gerade in den Fällen anfänglichen Unvermögens erscheint es zweifelhaft, immer zugleich eine Garantie anzunehmen. Denn es könnte dann nicht erklärt werden, weshalb nicht auch in den Fällen des § 306 BGB stets eine solche Zusage vorliegt. 3 3 1 Das Garantieversprechen ist 329
Vgl. nur etwa RGZ 69, 355, 357, sowie die Nachw. oben in Fn. 320. Offenbar hatten auch die Gesetzesverfasser die Vorstellung, der Schuldner garantiere stets seine persönliche Leistungsfähigkeit bei Vertragsschluss, vgl. Mugdan, Materialien II, S. 25. 330 So auch Gudian, NJW 1971, S. 1240; Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 III 2 (S. 12); Wilhelm, FG Flume (1998), S. 339; schon Oertmann, AcP 140 (1935), S. 147. 331 Aus dem gleichen Grund ist es verfehlt, wenn die Haftung des Schuldners für sein anfängliches Unvermögen mit dem Vertrauensgrundsatz (etwa Larenz, Schuldrecht I, § 8 II (S. 101)) oder der Sicherheit des Rechtsverkehrs (Enneccerus/Leh-
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
daher als Grundlage für weite Bereiche der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung infolge anfänglicher Leistungshindernisse überaus bedenklich. Wie bereits oben gesagt, ist dies jedoch nicht der Ort, hierzu detaillierte Ausführungen zu machen. Entscheidend ist allein Folgendes: Wenn der Grund für die Nichterfüllungshaftung in einem Garantieversprechen liegt, so ist die Frage nach der Möglichkeit der Naturalrestitution schnell beantwortet: Der Grund der Haftung auf das Erfüllungsinteresse ist nicht etwa eine heteronome Anordnung durch das Gesetz, sondern die autonome Übernahme einer entsprechenden Pflicht. Es handelt sich bei dieser also gar nicht um eine Schadensersatz-, sondern um eine Erfüllungspflicht. Nicht weil das Gesetz es dem Schuldner abverlangt, sondern weil er es selbst versprochen hat, muss er das positive Interesse ersetzen. 332 Daher bestimmt sich der Inhalt der Leistungspflicht auch nicht nach den §§ 249 ff. BGB, sondern allein nach dem vertraglichen Versprechen selbst. Die Frage der Naturalrestitution stellt sich insoweit gar nicht. Der Schuldner muss genau das leisten, was er versprochen hat. Das wird aber in aller Regel ein Ausgleich des Erfüllungsschadens in Geld sein. 3 3 3
bb) Das Fehlen einer autonom begründeten Erfüllungspflicht und die heteronome Auferlegung einer solchen aus Gründen des Verkehrsschutzes Geht man diesen - wie aufgezeigt bedenklichen - Weg nicht für alle Fälle der Haftung auf das positive Interesse bei anfänglichen Leistungshinmann, Schuldverhältnisse, § 29, 2 (S. 104, Fn. 6)) begründet wird: Denn auch der Empfänger eines von Anfang an objektiv unmöglichen Versprechens - etwa der Käufer einer bereits bei Vertragsschluss zerstörten Sache - vertraut doch darauf, die Leistung zu erhalten und wird in diesem Vertrauen in gleichem Maße enttäuscht, wie derjenige, der die versprochene Leistung wegen anfänglicher subjektiver Unmöglichkeit nicht erlangt. Auch die von Larenz, Schuldrecht I, § 8 II (S. 102 f.) gemachte Einschränkung, bei anfänglichem Unvermögen hafte der Schuldner nur, wenn dieses seinen Grund im „Geschäftskreis" des Schuldners habe, ändert daran nichts: Denn Selbstverständlich kann auch die objektive Unmöglichkeit ihre Ursache im Geschäftskreis des Schuldners haben, ohne dass sich dadurch etwas an der Vertragsnichtigkeit nach § 306 BGB ändern würde. 332 Zur Einordnung der Haftung aus einer Garantie bzw. Zusicherung als „primäre Erfüllungshaftung" siehe vor allem Picker, AcP 183 (1983), S. 395, Fn. 91; ihm folgend Wilhelm, FG Flume (1998), S. 340; sowie unten S. 146. 333 Theoretisch denkbar wäre es natürlich auch, dass der Schuldner vertraglich die Naturalrestitution verspricht. Er würde sich damit aber im Rahmen des Garantieversprechens zur Überwindung genau des Hindernisses verpflichten, das er im Rahmen des eigentlichen Vertragsversprechens nicht zu überwinden bereit war. Ein offenkundig absurdes Erklärungsverhalten, das praktisch nicht vorkommen dürfte.
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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dernissen mit, so stellt sich die Frage, ob sich diese Haftung aus dem vertraglichen Leistungsversprechen selbst herleiten lässt. (1) Die Unwirksamkeit des Leistungsversprechens bei anfänglichen Erfüllungshindernissen Derartiges ist grundsätzlich nicht möglich. Ausgehend vom oben dargelegten leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeitsbegriff ergibt sich bei anfänglichen Leistungshindernissen folgendes Bild: Der Schuldner verspricht eine Leistung zu erbringen, dabei jedoch unter anderem ein bestimmtes, bereits beim Versprechen vorliegendes Hindernis nicht zu überwinden. Ein derartiges Versprechen hat offenkundig etwas Perplexes: Wer verspricht, bis zu einem bestimmten Punkt zu gehen, dabei aber einen notwendig zu passierenden anderen Punkt nicht zu überschreiten, sagt im Grunde genommen von vornherein nichts zu. Bei Kenntnis der Sachlage würde ein derartiges Erklärungsverhalten sofort die Nachfrage: „Was denn nun? Ja oder nein?" provozieren. Aufgrund dieser Perplexität ist das Versprechen von vornherein sinnlos. Dies zeigt gerade auch der Vergleich mit den Fällen eines nachträglichen Leistungshindernisses: Die Entstehung eines solchen führt zum Wegfall der Erfüllungspflicht, weil sich das Versprechen gleichsam erledigt hat; der Schuldner muss nicht mehr erfüllen, weil er dies für den betreffenden Fall nicht versprochen hat. Lag das Erfüllungshindernis aber bereits zum Zeitpunkt des Versprechens vor, so kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass der Schuldner von Anfang an nicht erfüllen muss, eben weil die Grenze der von ihm übernommenen Pflicht bereits zu diesem Zeitpunkt überschritten w a r . 3 3 4 Die Erfüllung ist für den Schuldner also von Anfang an überobligatorisch, weshalb er sie nicht bewirken muss. Anders ausgedrückt: Führt das nachträgliche Leistungshindernis dazu, dass das zunächst wirksam entstandene Versprechen hinfällig wird, sich quasi erledigt, so muss das anfängliche Leistungshindernis dazu führen, dass das Versprechen von vornherein gegenstandslos ist. Es ist eine Totgeburt. Daran ist kein Vorbeikommen! Man mag sich die vom Schuldner im Rahmen des Versprechens gesetzten Leistungsgrenzen wie auflösende Bedingungen vorstellen. Liegt eine solche bereits beim Versprechen vor, so kann dieses gar nicht erst wirksam zur Entstehung gelangen. 335 334
Vgl. Hartmann, Die Obligation, S. 226 f. Es ist folglich auch nicht der Satz „impossibilium nullum est obligatio", der zur Unwirksamkeit des vertraglichen Versprechens führt. Wie etwa Rabel, FS Bekker, S. 178 ff.; Brehm, JZ 1974, S. 573, dargelegt haben, kann von Rechts wegen durchaus die Pflicht zu etwas Unmöglichem bestehen. Der Schuldner muss daher nicht etwa deshalb nicht erfüllen, weil er nicht erfüllen kann, sondern weil er 335
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Wer gleichwohl die Wirksamkeit des Versprechens annehmen will, kann dies nur, wenn er den Inhalt des Vertragsversprechens von den zugleich gezogenen Leistungsgrenzen trennt, Ersteren also isoliert betrachtet und so trotz der von vornherein entgegenstehenden Grenzen - als in sich wirksam ansehen kann. Dies ist jedoch - wie bereits oben dargelegt 336 - nicht möglich. Es wird nie abstrakt ein bestimmter Erfolg, sondern immer nur die Herbeiführung eines solches unter gleichzeitiger Überwindung bestimmter Hindernisse versprochen. 337 An der aus der Perplexität folgenden Unwirksamkeit des vertraglichen Versprechens und also der durch es zu schaffenden Position ist daher vom hier vertretenen Ansatz aus prinzipiell kein Vorbeikommen. Unterstützt wird diese Überlegung dadurch, dass sich die für die Begründung der Haftung auf das positive Interesse erforderliche Pflichtwidrigkeit des Schuldnerverhaltens nicht plausibel begründen ließe: Wenn dem Gläubiger das positive Interesse gewährt wird, dann setzt dies notwendig voraus, dass er eine wirksame vertragliche Position erlangt hat. Denn nur die Verletzung einer solchen kann zu einer über das negative Interesse hinausgehenden Haftung führen. 3 3 8 Da aber eine Position (ein subjektives Recht) denknotwendig erst nach ihrer Entstehung verletzt werden kann, müsste hier die Verletzungshandlung des Schuldners zeitlich nach dem Vertragsschluss liegen. 3 3 9 Einzig denkbarer Ansatz wäre es, sie in der späteren Nichterfüldies nicht versprochen hat\ Dies hat folgende Konsequenz: Verspricht der Schuldner eine Leistung unter Überwindung eines objektiv gar nicht zu bewältigenden Leistungshindernisses (Beispiel: Taxifahrt zum Mond), so ist dieses Versprechen - vorbehaltlich der §§ 104 ff., 134, 138 BGB - gerade nicht nichtig, sondern wirksam. 336 Siehe oben S. 71. 337 So bereits Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 15.: „Denn auch das Soll des Schuldverhältnis erstreckt sich nur auf diese Kraftanstrengung; dass aber der Schuldner mit einer Kraftanstrengung, zu der ihn kein Soll nötigt, erfüllen könnte, ist für das allein in Betracht kommende Schuldverhältnis und dessen inneren Widerspruch bedeutungslos.". 338 Vgl. Wilhelm, FG Flume (1998), S. 341. 339 Verfehlt daher Arp, Unmöglichkeit, S. 165 f., der bei Vertragsschluss eine rückwirkende Obliegenheit des Verkäufers gegenüber dem Käufer bejaht, die verkaufte Ware sorgfältig aufzubewahren und der zugleich annimmt, die vor Vertragsschluss liegende Verletzung derselben begründe einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung. Und ebenso unzutreffend ist es damit auch, wenn Wilhelm, FG Flume (1998), S. 341 annimmt, bereits das vertragliche Versprechen verletze die durch es erst zu begründende vertragliche Position: Wer durch den Vertragsschluss eine solche Position begründe, müsse um des Schutzes dieser Position willen bei seinem Versprechen rückblickend überprüfen, ob er nach der Organisation seines vorvertraglichen Verhaltens das Versprechen wird halten, also die geschaffene Position des Käufers wird wahren können. Wenn doch aber, wie dargelegt, bereits die Position nicht fehlerfrei zur Entstehung gelangt, existiert nichts, was in dieser Form geschützt werden müsste. Und wie Arp ist auch Wilhelm entgegen zu halten, dass
Β. Die Möglichkeit der Naturalrestitution
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lung zu sehen. 340 Doch ist Derartiges vom hier vertretenen Ansatz aus nicht möglich: Pflichtwidrig ist immer bereits die vom Schuldner zu vertretende Herbeiführung des Leistungshindernisses, weil bereits diese - wenn sie nach Vertragsschluss erfolgt - die Erfüllungspflicht untergehen lässt und das schuldnerische Versprechen beseitigt. Bereits der Eintritt des Hindernisses führt zum Erlöschen der vertraglichen Position des Gläubigers. Die Nichterfüllung als solche ist bloße Konsequenz dieses Erlöschens und folglich nicht pflichtwidrig. Eben weil die Erfüllungspflicht erloschen ist, muss der Schuldner gar nicht mehr erfüllen. Nichts anderes kann daher aber bei anfänglichen Leistungshindernissen gelten: Auch bei diesen kann die Pflichtwidrigkeit, die Verletzungshandlung nicht plötzlich in der Nichterfüllung gesehen werden, wenn doch bereits die Entstehung des Leistungshindernisses die Unwirksamkeit der vertraglichen Position bewirkt. 3 4 1 Darüber hinaus kann gegen die Annahme der Unwirksamkeit des vertraglichen Versprechens auch nicht eingewandt werden, es gehe gar nicht um den primären Erfüllungsanspruch. Entscheidend sei allein, ob sekundäre Nichterfüllungsansprüche (§§ 280, 325 BGB sowie § 281 BGB) eingriffen. Denn solche erfüllen keinen Selbstzweck, sondern sind notwendiger Teil des Rechtsgüterschutzsystems. Wie oben dargelegt 342 ist der Kern unserer Rechtsordnung die Anerkennung subjektiver Rechte, was denknotwendig die Zurverfügungstellung eines Instrumentariums zu ihrem Schutz erfordert. 3 4 3 Bei absoluten wie bei relativen subjektiven Rechten besteht dieses aus negatorischen, schadensersatzrechtlichen und bereicherungsrechtlichen Ansprüchen. 344 Die sekundären, vertraglichen Nichterfüllungsansprüche sind dabei Teil dieses Schutzinstrumentariums, auch sie dienen also dem Schutz eines subjektiven (relativen) Rechts. Ist dem aber so, wird klar, dass sich ihr Eingreifen allein aus dem Übergriff auf eine bereits wirksam entstandene Position rechtfertigt. Wenn - wie vor Vertragsschluss liegende Organisationsmängel eben keine erst später entstandene Position verletzen können. Sie führen lediglich dazu, dass der Gläubiger die vertragliche Position nicht (vollständig) erwirbt. Interessanterweise kommt Wilhelm, S. 342 aber dennoch zum richtigen Ergebnis: Er bejaht eine Haftung auf das positive Interesse nur, wenn dieses mit dem negativen Interesse übereinstimmt, was der hier vertretenen Auffassung - Haftung stets nur auf das negative Interesse - entspricht. Vgl. zum Ganzen auch Lohinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 290 f. 340 So Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 291 f. 341 An der Sachgerechtheit der Nichterfüllungshaftung bei anfänglichen Leistungshindernissen zweifelnd daher - trotz seines de lege lata anderen Standpunktes - auch Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 292 f. 342 Siehe oben S. 83 f. 343 Siehe die Nachw. oben in Fn. 262. 344 Siehe dazu wiederum ausführlich oben S. 84 f. mit Nachw.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
dargelegt - eine solche gar nicht wirksam entsteht, muss nichts geschützt werden, weshalb die schutzverwirklichenden Sekundäransprüche nicht eingreifen können. Anders ausgedrückt: Gerade weil die Sekundäransprüche keinen Selbstzweck erfüllen, sondern allein dem Schutz subjektiver Rechte dienen, ist ihr Eingreifen dort nicht legitimiert, wo solche zu schützenden subjektiven Rechte gar nicht existieren. Insoweit verhält es sich bei anfänglichen Leistungshindernissen nicht anders, als wenn eine von vornherein beschädigte Sache übereignet wird. Auch dann stehen dem Erwerber keine auf sein dingliches Recht gründenden (!) Sekundäransprüche zu. Er kann also weder aus § 823 I BGB Schadensersatz wegen Eigentumsverletzung 345 noch irgendwelche Bereicherungsansprüche geltend machen, weil er nie Inhaber einer unverletzten Position war. Entsprechend müssen vertragliche Ersatzansprüche bei Einräumung der von vornherein infolge des anfänglichen Leistungshindernisses „beschädigten" vertraglichen Position ausscheiden. Denn auch das vertragliche Versprechen kann als Verfügung begriffen werden, die eine obligatorische Position verschafft. 346 Das Versprechen einer Leistung, der von Anfang an eine vom Schuldner nicht zu überwindende Schwierigkeit entgegensteht, ist deshalb wie die Verschaffung eines mangelhaften Gegenstandes. Schließlich geht auch der Einwand ins Leere, die Annahme der Unwirksamkeit führe zu einer Ungleichbehandlung von anfänglichen und nachträglichen Leistungshindernissen, obwohl es doch keinen Unterschied machen könne, ob das betreffende Hindernis eine Sekunde vor oder eine Sekunde nach Vertragsschluss eintrete. Der Zeitpunkt des Eintritts sei vollkommen zufällig und rechtfertige daher nicht das Eingreifen verschiedener Rechtsfolgen. 3 4 7 Denn das Phänomen, dass der Positionserwerb „von Sekunden abhängt", ist unserer Rechtsordnung keinesfalls fremd. Der Erwerb vom Nichtberechtigten etwa hängt von der Gutgläubigkeit des Erwerbers ab. Hier entscheidet auch oft der Zufall, ob die Bösgläubigkeit eine Sekunde vor oder nach dem betreffenden Übertragungsgeschäft eintritt. Und dennoch ist dies für die Frage des Erwerbs entscheidend. Ebenso ist es - wie gerade angedeutet 345
Deshalb ist auch die Annahme einer Eigentumsverletzung in den Fällen der sog. „Weiterfressermängel" verfehlt. Auch dort erwirbt der Käufer - wenn der Mangel von Anfang an der übereigneten Sache anhaftete - die Sache von vornherein beschädigt. 346 Vgl. nur etwa Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 90 f. mit w. Nachw. 347 Vgl. etwa Arp, Unmöglichkeit, S. 163 f. Diese Ungleichbehandlung im Bereich anfänglicher und nachträglicher objektiver Unmöglichkeit rügend etwa Wilhelm, FG Flume (1998), S. 339 mit Fn. 148; Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, § 22 III (S. 10).
Β.
ie Möglichkeit der Naturalrestitution
- bei der Beschädigung einer übereigneten Sache durch den Verfügenden. Fand diese unmittelbar vor der Verfügung statt, so liegt keine Eigentumsverletzung vor. Beschädigte der Verfügende die Sache dagegen unmittelbar nach der Übereignung, so verletzte er dadurch fremdes Eigentum und haftet ggf aus § 823 I BGB. Auch insoweit entscheidet über die Position des Erwerbers der Zufall, das Eingreifen bestimmter Haftungsfolgen hängt „von Sekunden" ab. Ausgehend vom obigen Ansatz kommt man daher an folgendem Befund nicht vorbei: Steht dem schuldnerischen Versprechen von Anfang an ein Hindernis entgegen, dessen Überwindung der Schuldner nicht zugleich versprochen hat, so ist das Versprechen perplex und also unwirksam. Der Schuldner hat im Endeffekt nichts zugesagt. Das Versprechen ist - wie dies § 306 BGB für den Fall der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit anordnet - von Anfang an nichtig. Der Bestand des Gläubigervermögens ist zwar insoweit geschützt, als es eine culpa in contrahendo darstellt, beim Vertragspartner fälschlicherweise den Eindruck zu erwecken, es sei ein wirksamer Vertrag geschlossen worden. Trifft den Versprechenden also ein Verschulden, so hat er den Vertrauensschaden des Versprechensempfängers aus culpa in contrahendo (bzw. § 307 BGB) zu ersetzen. Doch kann das vertragliche Versprechen selbst - mangels Wirksamkeit! - nicht Grundlage einer Pflicht zur Aufstockung des Vermögens des Gläubigers und also einer Haftung auf das positive Interesse sein. 3 4 8
348 In Einzelfällen kann diese Haftung auf das negative Interesse durchaus mit der auf das positive Interesse identisch sein. Steht beispielsweise fest, dass der Verkäufer einer von Anfang an nicht existenten Sache bei ordnungsgemäßer Überprüfung dem Käufer eine ganz gleiche Sache aus seinem Bestand veräußert hätte, so hat er ihm diese ggf. aus § 307 BGB zu leisten. Denn ohne die Pflichtwidrigkeit (das Versprechen einer Leistung, der von Anfang an ein Leistungshindernis entgegensteht, dessen Überwindung nicht versprochen ist) hätte der Käufer eben diese gleiche Sache erlangt. Doch ändert dies nichts daran, dass es sich hier nur um den Ersatz des Vertrauensschadens, und nicht eine Haftung auf das positive Interesse handelt! Wenn Wilhelm, FG Flume (1998), S. 342 gleichwohl davon spricht, in diesen Fälle eines anfänglichen Leistungshindernisses würde (ausnahmsweise) das positive Interesse ersetzt, ist dies also unzutreffend (siehe Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 289 f.). Wenn die Schadensersatzpflicht inhaltlich zufällig mit der Pflicht zur Herausgabe der Bereicherung übereinstimmt, würde man auch nicht behaupten können, der Pflichtige schulde schadensersatzrechtlich die Bereicherungsherausgabe.
3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz (2) Der Verkehrsschutz als einzig denkbare Legitimation für die Annahme einer heteronom auferlegten Aufstockungspflicht des anfänglichen Erfüllungshindernisses
trotz
Allein folgende Überlegung könnte hier weiterhelfen: Grundsätzlich kann zwar eine vertragliche Erfüllungspflicht, ein Anspruch auf Aufstockung des Vermögens nur aufgrund einer willentlichen Einigung der Parteien, also autonom entstehen. Doch könnte erwogen werden, ob es nicht Situationen geben kann, in denen das Gesetz von diesem Grundsatz abweicht und eine Erfüllungspflicht aus anderen Erwägungen heteronom anordnet. Dann könnte hier - obwohl wie dargelegt ein wirksames schuldnerisches Versprechen fehlt - das Bestehen einer Erfüllungspflicht und auf deren Grundlage die Haftung auf das positive Interesse bejaht werden. Legitimation hierfür wäre nicht die willentliche Einigung, sondern die gesetzliche Auferlegung!349 Eine solche heteronome Auferlegung von Erfüllungspflichten ist jedoch wie Lobinger eingehend nachgewiesen h a t 3 5 0 - prinzipiell verfehlt. Grundlage von aufstockenden Vermögensverschiebungen kann aus Gründen der Privatautonomie allein die freiwillige Entscheidung des Schuldners sein. Etwas anders könnte nur gelten, wenn dies zum Schutz der Privatautonomie selbst erforderlich wäre. Die Anerkennung heteronom auferlegter Aufstockungspflichten wäre dann keine Verletzung der Privatautonomie, sondern ihre Verwirklichung! 3 5 1 Die Notwendigkeit zu solchem Schutz könnte in Folgendem gesehen werden: Wenn bei anfänglichen Leistungshindernissen infolge der Unwirksamkeit des Versprechens nie ein vertraglicher Erfüllungsanspruch entstehen würde, so könnte dies dazu führen, dass die Bereitschaft, Verhandlungen über den Güteraustausch aufzunehmen, verschwindet. Wenn sich nach dem Abschluss von Verträgen oftmals deren Unwirksamkeit herausstellt, so führt das unter Umständen dazu, dass die Träger subjektiver Rechte auf den Güteraustausch gänzlich verzichten. Die in den Fällen der Vertragsunwirksamkeit ggf. eingreifende Erstattung des Vertrauensschadens aus culpa in contrahendo^ 307 BGB ändert daran nicht viel. Diese führt nur zur Wahrung des Vermögensbestandes und stellt den Betroffenen nicht besser, als wenn er gar nicht erst den Güteraustausch angestrebt hätte. Ein Impuls zur weite349 Vgl. hierzu Oertmann, AcP 140 (1935), S. 147, der ausführt, für die Haftung auf das positive Interesse müsse - statt der Fiktion eines Garantieversprechens eine „objektive, rechtspolitische, die positiven Vorschriften erklärende Begründung4' gegeben werden. 350 Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, bes. S. 89 ff. 351 Vgl. dazu Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 123 ff.
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ren Kontrahierungsbereitschaft ergibt sich hieraus folglich nicht. Der Güteraustausch liefe damit Gefahr, zum Erliegen zu kommen. 3 5 2 Gerade die Ermöglichung eines funktionierenden Güteraustausches ist jedoch wesentliche Aufgabe unserer Rechtsordnung. Die als Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelungen dienende Zuweisung subjektiver Rechte erfordert nicht nur - wie dargelegt - den umfassenden Schutz dieser Rechte. Darüber hinaus muss auch gewährleistet sein, dass diese verkehrsfähig sind und effektiv ausgetauscht werden können. Das Gesetz hat daher - neben den dem Schutz subjektiver Rechte dienenden Vorschriften - Regelungen zu treffen, die den Güteraustausch ermöglichen. 353 Daher könnte es notwendig sein, in den Fällen von aufgrund anfänglicher Leistungshindernisse unwirksamen Versprechen gesetzlich eine wirksame Erfüllungspflicht anzuordnen. Wenn jedermann weiß, dass er auch bei aufgrund anfänglicher Unmöglichkeit unwirksamen Verträgen einen Erfüllungsanspruch erlangt, so erhält dies fraglos die Bereitschaft mit den eigenen Gütern „auf den Markt zu gehen". Die Gefahr des Erliegens des Güteraustausches wäre gebannt. Es ginge damit bei der Haftung auf das positive Interesse bei anfänglichen Leistungshindernissen in Wahrheit nicht um den Schutz individueller Rechtspositionen, da solche eigentlich gar nicht erst entstehen könnten. Es ginge allein um den Schutz der Verkehrsfähigkeit der zugewiesenen Rechtsgüter. Ob diese Gefahr tatsächlich im beschriebenen Maße besteht und also ein gesetzliches Eingreifen durch die Anerkennung eines Erfüllungsanspruchs notwendig macht, erscheint eher zweifelhaft. Doch soll dies wiederum dahingestellt bleiben. Entscheidend ist allein, dass der Schutz der Güteraustauschbereitschaft nach dem hier vertretenen Ansatz die einzig denkbare Rechtfertigung der Haftung auf das positive Interesse neben der Annahme eines selbständigen Garantieversprechens darstellt. 354 (3) Die konstruktive Umsetzung der heteronom auferlegten Aufstockungspflicht Konstruktiv erzielt das Gesetz die schuldnerische Haftung auf das positive Interesse, indem es den Schuldner so stellt, wie wenn er die Überwin352
Vgl. Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 125 ff. 353 Vgl wiederum Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 125 ff. 354 Zugleich ergibt sich: Wenn der Schutz der Güteraustauschbereitschaft ein legitimer Grund für die heteronome Auferlegung einer Erfüllungspflicht ist, dann müsste eine Haftung des Schuldners auf das Erfüllungsinteresse bei sämtlichen, also auch objektiven anfänglichen Leistungshindernissen bejaht werden (vgl. dazu schon oben S. 117 f.).
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dung des anfänglichen Leistungshindernisses versprochen hätte. 3 5 5 Die der Erfüllung entgegenstehende Erschwernis ist vom Schuldner demgemäß zu überwinden. Und also entsteht seine Pflicht zur primären Erfüllung trotz des anfänglichen Leistungshindernisses. 356 Erfüllt der Schuldner diese gleichwohl nicht, so liegt der Tatbestand der Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit vor. Der Gläubiger kann folglich entweder auf die Erfüllung bestehen oder aber - wenn er sich zu Recht auf den Fortfall seines Interesses an dieser berufen kann - Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Insoweit kann auf das oben Ausgeführte verwiesen werden: Zu einer Schadensersatzpflicht kommt es, wenn sich der Schuldner im Verzug befindet und der Gläubiger vergeblich eine Nachfrist gesetzt hat (§ 326 I 2 BGB) oder aber wenn infolge des Verzugs das Interesse des Gläubigers an der Erfüllung unmittelbar weggefallen ist (§§ 286 I I 1, 326 I I BGB). Auch im Falle der Nichterfüllungshaftung aufgrund eines anfänglichen Leistungshindernisses insbesondere bei anfänglichem Unvermögen - müsste folglich der Gläubiger grundsätzlich das in den §§ 286 I I 1, 326 I 2, I I BGB vorgesehene Verfahren einhalten, bevor er Schadensersatz verlangen kann.
355 Theoretisch könnte das Gesetz das Ziel der Haftung auf das positive Interesse hier auch dadurch erreichen, dass es den Schuldner so stellt, wie wenn das betreffende Leistungshindernis erst nach Vertragsschluss und in einer von ihm zu vertretenden Weise herbeigeführt worden wäre. Es würde dann also einen späteren Hinderniseintritt und ein Vertretenmüssen des Schuldners fingieren. Dann käme es in den Fällen anfänglicher Leistungshindernisse unmittelbar zu einer Schadensersatzpflicht des Schuldners aus §§ 280, 325 BGB. Praktische Unterschiede würden sich dadurch kaum ergeben: Würde die Haftung wegen anfänglicher Leistungshindernisse im Ergebnis wie die Haftung aufgrund von nachträglichen, zu vertretenden Leistungshindernissen behandelt, so wäre der Schadensersatzanspruch primär auf Herbeiführung des Erfüllungserfolges gerichtet (vgl. oben S. 85 ff.). Auch insoweit wäre dem evtl. vorhandenen Interesse des Schuldners, das vorhandene Leistungshindernis zu überwinden, also Genüge getan. Gleichwohl hat sich der Gesetzgeber für den anderen konstruktiven Weg entschieden: Im Falle anfänglicher Leistungshindernisse sollte primär die Erfüllung geschuldet sein; vgl. etwa Mugdan, Materialien II, S. 25 („Ein solches subjektives Unvermögen ist weder als ein bei der Entstehung des Schuldverhältnisses vorhandenes ... von Einfluß auf die Verbindlichkeit des Schuldners.") sowie S. 119. 356 Ob diese Erfüllungspflicht stets oder nur bei Kenntnis/Kennenmüssen des Schuldners vom Leistungshindernis auferlegt wird, soll hier offen bleiben, weil dies für die Frage des Inhalts des ggf. entstehenden Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung unerheblich ist. Wenn jedoch der Grund für diese Erfüllungspflicht der Schutz der „Güteraustauschbereitschaft" ist, dann liegt es nahe, die Haftung stets, also verschuldensunabhängig eingreifen zu lassen. Denn das Ausmaß der Enttäuschung über die Unwirksamkeit eines Leistungsversprechens, dem von Anfang an ein Hindernis entgegensteht, ist unabhängig davon, ob der Versprechende dieses Hindernis kannte oder kennen musste.
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Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schuldner die Erfüllung endgültig und ernsthaft verweigert, weil dann diese Erfordernisse, die ja seinem Schutz - d. h. dem Erhalt seiner Erfüllungsmöglichkeit - dienen, überflüssig sind. 3 5 7 Entsprechend kann auch in den Fällen eines anfänglichen Leistungshindernisses unmittelbar Schadensersatz verlangt werden, wenn der Schuldner die Leistung verweigert. Dem gleichzustellen ist dabei in aller Regel der Fall, dass der Schuldner bei Abschluss des Vertrages vom Vorliegen des Leistungshindernisses Kenntnis hatte, dem Gläubiger davon aber dennoch nichts sagte. Denn wer weiß, dass ein anfängliches Leistungshindernis vorliegt und gleichwohl eine diesbezügliche Verbindlichkeit eingeht, ist ebenso wenig schützenswert: Hätte er die Absicht gehabt, das betreffende Hindernis zu überwinden, so hätte er dies dem Vertragspartner versprochen, die Bewältigung also vertraglich zugesagt. Dann wäre es auch legitim, dass ihm durch das Verzugs- bzw. Fristerfordernis die Bewirkung der Erfüllung ermöglicht wird. Indem er aber das ihm bekannte Leistungshindernis nicht offen legt und seine Überwindung nicht vertraglich verspricht, gibt er folglich zu erkennen, dass er diese Überwindung nicht anstrebt. Ein schützenswertes Interesse am Erhalt seiner primären Erfüllungspflicht besteht hier mithin nicht.
(4) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution Auch für den Inhalt der sich somit ergebenden Schadensersatzpflicht kann folglich auf das oben Ausgeführte verwiesen werden. 3 5 8 Weil sich der Gläubiger durch sein Schadensersatzverlangen gegen die Erfüllung durch den Schuldner entschieden hat, scheidet die Naturalrestitution dann aus, wenn sie inhaltlich mit dieser übereinstimmt. Dagegen kommt sie überall dort in Betracht, wo sie inhaltlich abweicht, wo sie also in ihrer „substitutiven" Form zu erbringen oder auf Zahlung der Kosten für die Bewirkung genau des Erfüllungserfolges durch einen Dritten oder auf Beseitigung eines weiterentwickelten Schadens gerichtet i s t . 3 5 9 357
Dazu oben S. 102. Siehe oben S. 105 ff. 359 Freilich könnte Folgendes erwogen werden: Das Prinzip der Naturalrestitution rechtfertigt sich daraus, dass das Gesetz - über das Wertinteresse hinaus - ein berechtigtes Interesse an der konkreten Vermögenszusammensetzung anerkennt (dazu schon oben bei und in Fn. 152). Die Positionen des Vermögens werden individuell und nicht nur im Hinblick auf ihren Wert geschützt. Nur deshalb muss der Schädiger bis zur Grenze der Zumutbarkeit (§ 251 II BGB) die ggf. kostspieligere Restitution leisten. Wenn es aber im Falle der Haftung wegen anfänglicher Leistungshindernisse gar nicht um den Schutz individueller Positionen, sondern um das Allgemeingut „Verkehrsschutz" geht, so könnte erwogen werden, im Hinblick auf diese Haftung auf das den Schädiger ggf. stärker belastende Naturalrestitutionsprinzip zu 358
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Verdeutlicht werden soll dies wiederum an einem Beispielsfall: Verkauft V dem Κ ein Gemälde, das kurz zuvor von einem Unbekannten aus dem Haus des V entwendet worden war, so kann Κ von V weiterhin Erfüllung verlangen. Zu einer Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung kommt es grundsätzlich erst, wenn Κ den V in Verzug gesetzt hat und eine Nachfrist verstrichen ist bzw. infolge des Verzugs der Κ unmittelbar kein Interesse mehr am Gemälde hat. Wusste V dagegen bei Vertragsschluss, dass das Gemälde gestohlen worden war und hat er dennoch kein die Bewältigung dieses Hindernisses zusagendes Beschaffungsversprechen abgegeben, so kann Κ statt der Erfüllung auch unmittelbar Schadensersatz verlangen. Inhaltlich ist der Schadensersatzanspruch in beiden Fällen nicht auf Beschaffung des konkreten Gemäldes durch V gerichtet. Die Naturalrestitution ist insoweit gemäß § 251 1 2 . Alt. BGB ausgeschlossen. Gleichwohl scheidet damit die Naturalrestitution nicht grundsätzlich aus. Hätte Κ das Gemälde zwischenzeitlich bei D gegen ein anderes Gemälde getauscht, so ist die Ersatzpflicht des V aus §§ 326, 249 S. 1 BGB - bis zur Grenze des § 251 I 1. Alt., I I BGB - auf Leistung eben dieses anderen Gemäldes gerichtet. Auch wenn Κ den Kaufgegenstand behalten hätte, ist Raum für die Herstellung in Natur: Existiert nämlich eine vergleichbare Leistung, handelte es sich etwa nicht um ein Gemälde, sondern um einen Druck, so schuldet V gemäß §§ 326, 249 S. 1 BGB regelmäßig die Bewirkung dieser Leistung, also etwa die Leistung eines anderen Drucks der Serie. 3 6 0 Wenn schließlich der Dieb bereit ist, das Gemälde direkt an Κ zu veräußern, so kann dieser von V gemäß § 249 S. 2 BGB - bis zur Grenze des § 251 I I BGB - die hierfür erforderlichen Kosten verlangen.
verzichten und stets nur Geldersatz zu gewähren. Anders formuliert: Mag ein effektiver Rechtsgüterschutz das Restitutionsprinzip erfordern, weil nur dieses die Individualität der Rechtsgüter des Geschädigten berücksichtigt, so ist es eventuell im Rahmen des „Verkehrsschutzes" nicht erforderlich und entbehrlich. Die auf Verkehrsschutzsgründen beruhende Haftung bei anfänglichen Leistungshindernissen wäre mithin stets nur auf Geldersatz gerichtet. Eine genauere Untersuchung dieses Ansatzes ist jedoch jedenfalls de lege lata entbehrlich: Das Gesetz regelt die Fälle der Schadensersatzhaftung einheitlich und lässt für einen derartigen stets auf Geldersatz gerichteten Schadensersatzanspruch keinen Raum. Am Befund, dass auch für die Schadensersatzhaftung wegen anfanglicher Leistungshindernisse die §§ 249 ff. BGB anzuwenden sind und folglich Raum für die Restitution ist, kommt man daher nicht vorbei. 360 Natürlich ist auch hier zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die beiden genannten Konstellationen (Leistung des Tauschgegenstandes oder einer ähnlichen Sache) ggf. die schadensersatzrechtliche Sachleistungspflicht des Schuldners für den Gläubiger im Sinne von § 251 12. Alt. BGB ungenügend ist, mit der Folge, dass nur ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch nach § 249 S. 2 BGB in Betracht kommt. Siehe dazu im Einzelnen oben S. 110 ff.
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3. Zusammenfassung Ausgehend von dem Ansatz, dass es keinen rechtlich relevanten Unterschied zwischen objektiven und subjektiven, überobligatorische Anstrengungen erfordernden Leistungshindernissen gibt, wäre de lege ferenda eine einheitliche Regelung aller Fälle anfänglicher Leistungshindernisse geboten. Diese könnte nur darin bestehen, dass das entsprechende vertragliche Versprechen unwirksam ist (vgl. § 306 BGB) und den Versprechenden allenfalls eine Pflicht zum Ersatz des negativen Interesses trifft (§ 307 BGB bzw. c.i.c.). Denn legt man den hier vertretenen leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeitsbegriff zugrunde, so ist das Versprechen eines Erfolges, dem von vornherein ein nicht zu überwindendes Leistungshindernis entgegensteht, perplex und sinnlos. De lege lata ist es jedoch hinzunehmen, dass das Gesetz für einzelne Fälle anfänglicher Leistungshindernisse eine Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung bejaht. Grundlage einer solchen kann - sofern dafür besondere Anhaltspunkte vorliegen - eine zusätzliche Garantie des Schuldners sein. Inhaltlich ist die Haftung des Schuldners im Falle einer solchen Garantie regelmäßig auf Geldersatz gerichtet, weil es dann nicht um eine Schadensersatz-, sondern um eine primäre Erfüllungspflicht geht, der der Schuldner diesen Inhalt zugewiesen hat. Im Übrigen kann eine Haftung auf das positive Interesse allenfalls insoweit begründet werden, als aus Gründen des Schutzes der „Güteraustauschbereitschaft" und damit des Marktes eine heteronome gesetzliche Schaffung eines Erfüllungsanspruchs des Gläubigers angenommen wird. Zu einer Schadensersatzpflicht des Schuldners kommt es dann unter den Voraussetzungen des berechtigten Interessefortfalls. Für ihren Inhalt gilt das für die betreffenden Fälle Ausgeführte: Die Naturalrestitution scheidet aus, soweit sie inhaltlich mit der Erfüllung durch den Schuldner übereinstimmt, kommt aber dort in Frage, wo sie sich von dieser inhaltlich unterscheidet.
I V . Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Sach- und Rechtsmängeln Für den Fall, dass die vertraglich versprochene Leistung mit Rechts- oder Sachmängeln behaftet ist, kommt es ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung. Auch hier gilt es folglich die Frage zu klären, ob dieser Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution zu leisten ist.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
1. Die mangelhafte Leistung als Fall der teilweisen Nichterfüllung a) Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist die Erkenntnis, dass die Erbringung einer sach- oder rechtsmangelhaften Leistung stets einen Fall teilweiser Nichterfüllung darstellt. 361 Dabei kann es sich entweder um eine Nichterfüllung wegen leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit handeln, die - je nach Entstehungszeitpunkt des Mangels - eine anfängliche oder nachträgliche ist. Oder es liegt eine Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit vor. aa) Die Mangelhaftigkeit setzt - ausgehend von einem subjektiven Fehlerbegriff - voraus, dass die Ist-Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes 361 Dies entspricht einer verbreiteten Meinung, nach der Nichterfüllung und Unmöglichkeit umfassend zu begreifen sind und folglich nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht (sowie zeitlicher Hinsicht, vgl. dazu oben in und bei Fn. 124) vorliegen können; vgl. etwa Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 31 ff.; Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen, S. 14; Kisch, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 168, 193 ff.; Schöller, Gruchot 46 (1902), S. 25 ff.; Himmel· schein, AcP 135 (1932), S. 291 ff., bes. S. 295 f.; ders., AcP 158 (1959/1960), S. 284 ff.; Huber, Leistungsstörungen I, § 1 I 2 (S. 4); Lobinger, JuS 1993, S. 453 f. mit Fn. 10; Evans-von Krbek, AcP 179 (1979), S. 111 ff., bes. S. 126 ff.; Westhelle, Nichterfüllung, S. 46 ff., bes. S. 89 f.; Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 125 ff., insbes. S. 137 f.; ders., JZ 1983, S. 884 f.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 20 III (S. 224 ff.); MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., Vor § 275 Rn. 221 ff.; Wicher, AcP 158 (1959/1960), S. 300 ff.; Jakobs, Unmöglichkeit, S. 42 mit Fn. 74; ders., Gesetzgebung, S. 94 f.; Wilhelm, JZ 1982, S. 492; RGRK-Aljf, BGB, 12. Aufl., § 275 Rn. 35; OLG Düsseldorf, OLGZ 1978, 202, 204 f.; BGHZ 127, 297, 314. Bereits Mommsen, Unmöglichkeit, etwa S. 8 f., 153, 193 ff., führte aus, zur teilweisen Unmöglichkeit sei auch „die Unmöglichkeit zu rechnen, welche sich auf gewisse Modalitäten der Leistung" beziehe (S. 9); bei Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstandes könne er diesen seinem äußeren Umfange nach leisten, er könne „aber eine Verpflichtung, die ihm in Betreff der Qualität der zu leistenden Sache obliegt, nicht erfüllen" (S. 193). Es handle sich dann um „Theilweise Unmöglichkeit - In Beziehung auf die Qualität der zu leistenden Sache." (S. 193). Diesem weiten Unmöglichkeitsverständnis Mommsens folgten die Gesetzesverfasser. So heißt es in den Motiven der ersten Kommission etwa: „Wird die Leistung zu Folge eines vom Schuldner zu vertretenden Umstandes ganz oder (quantitativ oder qualitativ) theilweise unmöglich, so hat der Schuldner dem Gläubiger den durch die Nichterfüllung verursachten Schaden zu ersetzen." {Mugdan, Materialien II, S. 27). Heute wird indes verbreitet die Auffassung vertreten, Leistung, Nichterfüllung und Unmöglichkeit seien „gegenständlich" (Stoll, AcP 136 (1932), S. 273), also eng zu begreifen und folglich nicht auf die Modalitäten der Leistung zu beziehen. Die Fälle der Schlechterfüllung seien vom Gesetz also gar nicht geregelt (grundlegend Staub, Vertragsverletzungen, bes. S. 9 ff., 21 ff., 35 ff.; sowie Stoll, AcP 136 (1932), S. 268 ff.; daneben etwa auch Staudinger-Löwisch, BGB, 13. Bearb., Vorbem. zu §§ 275 ff. Rn. 2, 22 ff.; Fabricius, Leistungsstörungen, S. 35 ff.; Kopeke, Typen, S. 11 ff., 30 ff., 163; Larenz, Schuldrecht I, § 24 I a (S. 397 mit Fn. 1); auch Schünemann, JuS 1987, S. 3 ff.; Medicus, Bürgerl. Recht, Rn. 306; Nastelski, JuS 1962, S. 291 f.
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von seiner Soll-Beschaffenheit abweicht. Von diesem Ausgangspunkt aus ist es logisch zwingend, dass diese Abweichung ein Leistungshindernis darstellt: Denn zur Erbringung der Leistung in der versprochenen (mangelfreien) Form bedarf es der Beseitigung des Mangels. bb) In aller Regel wird der Schuldner nicht die Überwindung dieses Leistungshindernisses versprochen haben, weshalb ein Fall leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit vorliegt. 3 6 2 Denn üblicherweise ist den Parteien bei Vertragsschluss die Mangelhaftigkeit nicht bekannt. Dann aber - um den klassischen Fall des Kaufes herauszugreifen - handelt es sich beim Mangel um ein „überobligatorisches" Leistungshindernis: Typischerweise übernimmt der Verkäufer gerade nicht zugleich die Pflicht zur Nachbesserung des Kaufgegenstandes. Gerade weil Verkäufer und Käufer von der Mangelfreiheit ausgehen, würde ein Versprechen des Verkäufers, ggf. einen doch vorliegenden Mangel zu beseitigen, nur auf Verwunderung stoßen. Je nachdem, ob der Mangel bereits bei Vertragsschluss vorhanden war oder erst nachträglich eingetreten ist, handelt es sich dann um anfängliche oder nachträgliche leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit. cc) Es kann jedoch auch eine Situation gegeben sein, in der der Schuldner die Überwindung eines (bei Vertragsschluss vorhandenen oder erst später eintretenden) Mangels verspricht. Dies wird oftmals der Fall sein, wenn die Parteien - d.h. insbesondere auch der Gläubiger! 3 6 3 - bei Vertragsschluss Kenntnis vom Vorliegen (oder späteren Eintreten) des Mangels haben. Dann wird der Schuldner regelmäßig dem Gläubiger die Beseitigung zusagen. 364 Bei bestimmten Vertragsarten liegt ein solches Mangelbeseitigungsversprechen typischerweise unabhängig von der Kenntnis der Parteien vom Mangel vor. So verpflichtet sich etwa der Vermieter, evtl. vorliegende oder später eintretende Mängel zu beseitigen (vgl. § 536 BGB). Für diesen Fall erfordert also die Überwindung des im Mangel liegenden Leistungshin362
Siehe dazu oben S. 60 ff. Die bloße Kenntnis des Schuldners von der in der Mangelhaftigkeit liegenden Erschwernis führt dagegen regelmäßig nicht zu einem entsprechenden Überwindungsversprechen. Denn wenn der Gläubiger gerade keine Kenntnis vom Mangel hat, würde ein solches Versprechen des Schuldners bei ihm wiederum auf Verwunderung stoßen und kann daher keinesfalls als „stillschweigend abgegeben" unterstellt werden. Der bei Kenntnis des Schuldners ggf. vorhandene geheime Vorbehalt, nicht (vollständig) leisten zu wollen, ist gemäß § 116 S. 1 BGB unbeachtlich (vgl. Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 288). 364 Genauso ist es natürlich denkbar, dass bei beiderseitiger Kenntnis der Vertrag von vornherein auf Erbringung der Leistung in ihrem mangelhaften Zustand gerichtet ist. Ausgehend vom subjektiven Fehlerbegriff liegt dann gar kein Mangel und folglich schon kein Leistungshindernis vor. Erbringt der Schuldner die Leistung in ihrem mangelhaften Zustand, so handelt es sich nicht um eine teilweise Nichterfüllung, sondern um eine vollständige Erfüllung. 363
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dernisses keine überobligatorischen Anstrengungen, weshalb der Mangel keine (teilweise) leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit begründet. Erbringt der Schuldner die Leistung dennoch in ihrem mangelhaften Zustand, so liegt ein Fall teilweiser Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit vor. b) Verfehlt ist daher die speziell für das Kaufrecht vertretene sog. „Gewährleistungstheorie" 365 , nach der gewährleistungsrechtliche Mängel und teilweise Unmöglichkeit/teilweise Nichterfüllung strikt von einander zu unterscheiden sind. Die Leistung einer mangelhaften Sache sei beim Stückkauf nicht teilweise Nichterfüllung der Leistungspflicht. 366 Bei Vorliegen eines Mangels komme es also nicht zu einer Verdrängung der allgemeinen leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeits- und Nichterfüllungsvorschriften. Vielmehr seien diese bereits tatbestandlich gar nicht einschlägig. Hintergrund dieser Auffassung ist die Annahme, dass die Leistung des Vertragsgegenstandes nicht in mangelfreiem, sondern lediglich in dem Zustand geschuldet werde, in dem er sich bei Gefahrübergang befindet. 367 Die Vorstellung, der Verkäufer sei lediglich verpflichtet, dem Käufer den Kaufgegenstand in dem Zustand zu verschaffen, in dem er sich bei Gefahrübergang befindet, ist indes schon mit der Lebenswirklichkeit kaum in Einklang zu bringen 3 6 8 : Der Käufer schließt den (Spezies-)Kaufvertrag regelmäßig nur, weil er ganz bestimmte Vorstellungen vom Kaufgegenstand hat. Er wird daher kaum bereit sein, diesen in dem Zustand zu akzeptieren, in dem er sich zufällig bei Gefahrübergang befindet. Im Gegenteil hat er regelmäßig die Erwartung, dass der Verkäufer den Kaufgegenstand bis zum Gefahrübergang sorgsam behandelt und den Eintritt von Mängeln verhindert, ebenso wie sich der Verkäufer typischerweise einer entsprechenden Sorgfaltspflicht für die - durch den Kaufvertrag ja bereits inter partes dem Käufer zugeordneten! - Sache bewusst i s t . 3 6 9 Die Annahme, geschuldet sei die Sache nur i m Zustand, in dem sie sich bei Gefahrübergang befindet, würde im Endeffekt dazu führen, dass der genaue Inhalt eines Kaufvertrages im Grunde variabel wäre und von Umständen abhinge, die der Käufer 365
So vor allem Süß, Wesen, bes. S. 223 ff.; Schollmeyer, JherJb. 49 (1905), S. 93 ff.; Larenz, Schuldrecht I I / l , § 41 II e (S. 66 ff.); Köhler, JuS 1979, S. 567; Esser/Weyers, Schuldrecht II/1, § 4 I (S. 14), § 5 I 1 (S. 30 f.); anders die wohl h.M., vgl. Flume, Eigenschaftsirrtum, S. 33 ff.; Lobinger, JuS 1993, S. 453 ff. mit w. Nachw.; daneben Todt, BB 1971, S. 681; Brox/Elsing, JuS 1976, S. 5; sowie die oben in Fn. 361 Genannten. 366 Larenz, Schuldrecht I I / l , § 41 II e (S. 67). 367 Siehe etwa Larenz, Schuldrecht I I / l , § 41 II e (S. 66 ff.); Köhler, JuS 1979, S. 567. 368 Lobinger, JuS 1993, S. 453. 369 Lobinger, JuS 1993, S. 453.
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nicht beeinflussen kann. Er würde daher in die Nähe eines - eher exotischen - Vertrages nach den §§ 315 ff. BGB gerückt. Ohnehin können vom Boden der Gewährleistungstheorie die gewährleistungsrechtlichen Bestimmungen nicht plausibel erklärt werden. 3 7 0 Worin sollte etwa bei § 463 S. 2 BGB der Nichterfüllungsschsidcn liegen, wenn doch die Leistung der bei Gefahrübergang mangelhaften Sache genau dem entspricht, was der Verkäufer als Erfüllung schuldet? Erhält der Käufer die Sache, „wie sie nun einmal tatsächlich i s t " 3 7 1 , so wäre dadurch sein Erfüllungsinteresse vom Boden der Gewährleistungstheorie aus vollständig gedeckt. 3 7 2 Wenn aber der Käufer nach § 463 S. 2 BGB so zu stellen ist, wie wenn mangelfrei geleistet worden wäre, so kann daraus nur geschlossen werden, dass die Erfüllungspflicht grundsätzlich gerade auf eine mangelfreie Sache gerichtet ist. Ebenso blieben die §§ 459, 462, 465 BGB unklar. Weshalb sollte der Verkäufer für das Vorliegen von (anfänglichen oder nachträglichen) Mängeln überhaupt gewährleistungsrechtlich einstehen müssen? 373 Wenn doch die Leistung der bei Gefahrübergang mangelhaften Sache genau dem vertraglich Versprochenen entspricht, bestünde kein Anlass, dem Käufer zusätzlich Gewährleistungsansprüche einzuräumen. Auch der Versuch, dies durch den Rückgriff auf Umstände, wie „Äquivalenzstörung" oder „enttäuschte Käufererwartung" zu legitimieren 374 , muss scheitern: Denn wenn die Kaufvertragsparteien nur die Leistung der ggf. mangelhaften Sache vereinbart haben, dann ist die Äquivalenz eben nicht gestört und folglich hätte der Käufer keinen berechtigten Anlass für Enttäuschung darüber. 375 Im Gegenteil belegen gerade die genannten Bestimmungen, dass die Mangelhaftigkeit typischerweise einen Fall der teilweisen Unmöglichkeit darstellt. Denn die gewährleistungsrechtlichen Vorschriften weichen strukturell nicht von den allgemeinen Regelungen des Leistungsstörungsrechts ab: Liegt etwa ein nicht zu vertretender Sachmangel vor, so mindert sich - als Kompensation für den insoweit erloschenen Erfüllungsanspruch - der Kauf370
Lobinger, JuS 1993, S. 454; vgl. auch Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 136. 371 Larenz, Schuldrecht I I / l , § 41 II e (S. 67). 372 Wie Lobinger, JuS 1993, S. 454 zutreffend erläutert, kann sich auch aus der Arglist als solcher kein andersartiges Erfüllungsinteresse ergeben: Die Täuschung begründet für sich lediglich das Interesse, sich von der ungewollten Bindung zu lösen (§ 123 BGB). 373 Vgl. Lobinger, JuS 1993, S. 453 f. 374 So etwa Larenz, Schuldrecht I I / l , § 41 II e (S. 68); zu den übrigen „vertragsunabhängigen Erklärungsversuchen" vgl. nur etwa Flume, Eigenschaftsirrtum, S. 42 ff. 375 Lobinger, JuS 1993, S. 453 f.
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preisanspruch des Verkäufers nach §§ 459, 462, 465, 472 BGB ebenso wie dies nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht bei teilweiser Unmöglichkeit gemäß § 323 I 2. Hs. BGB der Fall wäre. Schließlich kommt die Gewährleistungstheorie in kaum lösbare Schwierigkeiten, wenn der Spezies-Verkäufer einen nach Vertragsschluss eintretenden Mangel zu vertreten hat. Dass hier Ersatzansprüche des Käufers bestehen müssen, dürfte kaum begründungsbedürftig sein: Bereits durch den Kaufvertrag ist der Kaufgegenstand inter partes dem Käufer zugeordnet. Dieser muss insoweit also gegenüber dem Verkäufer all den Schutz beanspruchen können, der ihm später als Eigentümer der Sache gegenüber jedermann zusteht. 376 Dazu gehört auch der sekundäre Schutz durch die Gewährung von Schadensersatzansprüchen. 377 Diesen Schutz erhält man problemlos, wenn man wie vorgetragen davon ausgeht, dass es sich bei Sachmängeln des Stückkaufgegenstandes um Fälle teilweiser Unmöglichkeit handelt. Denn dann steht dem Käufer ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 325 I 1 BGB (ggf. auch § 325 I 2 BGB) z u . 3 7 8 Die Anhänger der Gewährleistungstheorie, die an der Erforderlichkeit des Käuferschutzes in diesen Fällen ebenfalls nicht zweifeln 3 7 9 , müssen dagegen auf die Figur der pFV zurückgreifen 380 , weil von ihrem Standpunkt aus mangels Unmöglichkeit in diesen Fällen die Vorschrift des § 325 BGB bereits tatbestandlich ausscheidet. Worin aber sollte die dafür erforderliche Pflichtwidrigkeit liegen, wenn doch die nach der Beschädigung notwendig mangelhafte Leistung seitens des Verkäufers genau dem entspricht, was er schuldet? Auch erscheint es seltsam, dass der Verkäufer, wenn er den Kaufgegenstand nach Vertragsschluss gänzlich zerstört, aus § 325 BGB, bei bloß teil weiser Zerstörung, also Beschädigung dagegen aus pFV haften soll. 3 8 1 Dies gilt umso mehr, als die Gewährleistungstheorie in diesen Fällen die Haftung aus pFV auf die sog. Mangelfolgeschäden begrenzt und einen Ausgleich des gestörten Äquivalenzinteresses des Käufers, also seines durch den unmittelbaren Minderwert der Kaufsache begründeten Schadens, allein über die Institute der Wandlung bzw. Minderung gewährt. 3 8 2 Gerade der durch diese Institute gewährte Schutz ist unvollständig. 383 Insbesondere ver376
Siehe dazu schon oben bei und in Fn. 265, 270. Siehe dazu oben bei und in Fn. 262, 264. 378 So zutreffend auch Emmerich, Leistungsstörungen, §§ 9 II 2 (S. 118), 21 I 1 b (S. 227 f.). 379 Anders aber offenbar Köhler, JuS 1979, S. 567, der bei vom Verkäufer zu vertretender Beschädigung der Kaufsache nach Vertragsschluss eine Schadensersatzhaftung außerhalb von § 463 BGB ablehnt! 380 Vgl wiederum nur etwa Larenz, Schuldrecht II/l, § 41 II e (S. 70); sowie Thiele, JZ 1967, S. 655. 381 Lobinger, JuS 1993, S. 454. 382 Larenz, Schuldrecht II/l, § 41 II e (S. 70). 377
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sagen sie, wenn der Mangel vom Verkäufer erst nach Gefahrübergang verschuldet herbeigeführt wird. Beschädigt beispielsweise der Verkäufer das verkaufte Auto nach Übergabe (aber vor Übereignung) an den Käufer, so würde dieser den damit verbundenen Wertverlust am Fahrzeug tragen müssen: Die Rechte aus § 462 BGB schieden wegen des schon erfolgten Gefahrübergangs, ein Anspruch aus pFV deshalb aus, weil der Wertverlust am Fahrzeug kein Mangelfolgeschaden i s t . 3 8 4 Das entscheidende Argument der Befürworter der Gewährleistungstheorie geht denn auch fehl. Der Hinweis darauf, es sei logisch ausgeschlossen, dass bei sachmangelhafter Leistung einerseits teilweise Nichterfüllung vorläge, andererseits aber dennoch kein Anspruch auf vollständige Erfüllung gegeben sei, weshalb folglich bei Annahme einer teilweisen Nichterfüllung der Verkäufer - entgegen den typischen Vereinbarungen im Rahmen eines Kaufvertrages - zur Nachbesserung verpflichtet sein müsste 385 , ist unzutreffend. Wie oben bereits ausführlich dargelegt 386 , führt die leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit zum Erlöschen der primären Leistungspflicht. Es ist also überhaupt nichts Außergewöhnliches, dass Nichterfüllung mit dem Nichtbestehen einer Erfüllungspflicht einhergeht, dass sie zugleich aber ggf. sekundäre Ersatzansprüche auslöst. Nicht anders verhält es sich bei sachmangelhafter Leistung im Kaufrecht: Gerade weil der Verkäufer regelmäßig nicht die Mangelbeseitigung verspricht, ist das im Mangel liegende Leistungshindernis ein „überobligatorisches". Wie dargelegt, führt dies zum (teilweisen) Untergang der Erfüllungspflicht des Verkäufers. Von einer Nachbesserungspflicht des Verkäufers aufgrund seines Versprechens 387 kann daher keine Rede sein. 3 8 8 383
Lobinger, JuS 1993, S. 454. Wenigstens insoweit müsste also auf § 325 I BGB zurückgegriffen werden, was freilich auch nach der Gewährleistungstheorie zumindest theoretisch möglich wäre: Bei einem erst nach Gefahrübergang eintretenden Mangel dürfte auch diese eine teilweise Unmöglichkeit annehmen können. Denn die Sache befindet sich nach der Schädigung nicht mehr im Zustand, in dem sie sich bei Gefahrübergang befand und also nicht mehr im geschuldeten Zustand. 385 Etwa Larenz, Schuldrecht I I / l , § 41 II e (S. 67 f.); vgl. aber auch Flume, Eigenschaftsirrtum, S. 41, 49 f.; ders., AcP 193 (1993), S. 98 ff. 386 Siehe oben S. 59 ff., insbes. S. 77 ff. 387 Eine andere Frage ist es freilich, ob der Verkäufer aufgrund heteronomer, gesetzlicher Anordnung zur Nachbesserung bzw. Reparatur verpflichtet ist. Dies ist eine Frage, die das Schadensersatzrecht beantwortet; vgl. dazu bereits oben S. 85 ff. sowie sogleich unten S. 140. 388 Mithin ist auch der Ansatz von Peters, JZ 1978, S. 94 ff., verfehlt, der eine Nachbesserungspflicht des Verkäufers als Teil seiner ursprünglichen Erfüllungspflicht bejaht. Sein Argument, wenn man dem Käufer einen Anspruch auf eine mangelfreie Leistung gebe, so sei es nur konsequent, ihm auch einen Anspruch auf Mängelbeseitigung zu gewähren, übersieht, dass das in der Mangelhaftigkeit lie384
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c) Zugleich ergibt sich aus dem Gesagten, dass grundsätzlich kein Unterschied zwischen Sach- und Rechtsmängeln zu machen ist. Beide Mangelarten führen zu einer Leistungsschwierigkeit des Schuldners; in beiden Fällen erfüllt der Schuldner sein Leistungsversprechen nicht vollständig, liegt also eine teilweise Nichterfüllung vor. Eine Ungleichbehandlung ist daher prinzipiell nicht zu rechtfertigen. 389 Dass das Gesetz in Teilbereichen dennoch für Sach- und Rechtsmängel je eigene Regelungen getroffen hat, ändert hieran nichts. Weitgehend kommt es - trotz der verschiedenen gesetzlichen Anknüpfungspunkte - ausgehend vom hier zugrunde gelegten Verständnis zu einer übereinstimmenden Handhabung beider Bereiche, was im Folgen-
gende Erfüllungshindernis die - zunächst in der Tat auf mangelfreie Gewährung gerichtete - Erfüllungspflicht des Verkäufers „kürzt", dass aber gerade diese „Kürzung" Anlass einer sekundären, nunmehr indes durch das Gesetz heteronom auferlegten Schadensersatzpflicht sein kann. Ohnehin würde die Annahme einer Nachbesdazu führen, dass serungspflicht des Verkäufers kraft seines Erfüllungsversprechens diese auch bei nachträglichen, vom Verkäufer nicht zu vertretenden Mängeln eingriffe. Dies widerspräche aber offenkundig § 275 BGB: Wenn der Verkäufer einer nachträglich zufällig untergehenden Sache von seiner Leistungspflicht frei wird, wäre es nicht zu erklären, weshalb er bei nur teilweiser Zerstörung plötzlich zur Reparatur der Sache verpflichtet sein soll. Der Verkäufer würde gleichsam zum Werkunternehmer gemacht. 389 Siehe nur etwa Flume, Eigenschaftsirrtum, S. 171 mit Fn. 16; Wilhelm, FG Flume (1998), S. 328 ff. Anders tritt Ernst, Rechtsmängelhaftung, für eine klare Trennung zwischen Sach- und Rechtsmängelhaftung ein. Er beschränkt die Rechtsmängelhaftung als objektive, sich unabhängig von den konkreten Vereinbarungen der Parteien ergebende Haftung auf Fälle der NichtVerschaffung der vollen Eigentumsmacht (S. 131 ff.). Dagegen wendet er auf die übrigen Umstände, die die Sache als Objekt betreffen und dadurch den vertraglich vorgesehenen Gebrauch behindern, die die rechtliche Zuordnung zum Gläubiger indes nicht beeinträchtigen, die Sachmängelgewährleistungsvorschriften (mit Einschränkungen) analog an (S. 165 ff.). Mit Wilhelm, FG Flume (1998), S. 328 f. ist diese Unterscheidung nach dem Gesagten indes abzulehnen, weil es stets ausschließlich um die Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit vom vertraglich Versprochenen geht. Dass auch innerhalb der Rechtsmängelhaftung kein Vorbeikommen am konkret vertraglich Vereinbarten ist, zeigt sich schon daran, dass selbstverständlich Konstellationen denkbar sind, in denen ein Gegenstand „als mit einem dinglichen Recht eines anderen (etwa einer Dienstbarkeit) belastet" verkauft wird. Hier muss eine Rechtsmängelhaftung fraglos ausscheiden. Wenn dies mit § 439 I BGB begründet wird, so belegt dies nur, dass an der konkreten Vereinbarung trotz der objektiven Bestimmung von Rechtsmängeln kein Vorbeikommen ist. Zugleich erweckte die Bezugnahme auf den Haftungsausschlussgrund des § 439 BGB den falschen Anschein eines nicht vertragsgemäßen Verhaltens des Verkäufers. Tatsächlich lag indes von vornherein keine mangelhafte Leistung vor, weil der Verkäufer seiner kaufvertraglichen Pflicht voll und ganz genügt hat! Ohnehin würde § 439 BGB nicht helfen, wenn der Käufer fahrlässig übersehen hat, dass dem Vertrag nach objektiver Auslegung ein entsprechender Inhalt („Übereignung im belasteten Zustand") zukommt. Hier müsste konsequent eine Haftung des Verkäufers trotz der entgegenstehenden vertraglichen Vereinbarung bejaht werden.
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den gezeigt werden wird. Nur, wo dies nicht der Fall i s t 3 9 0 , verbleibt es bei der - dann freilich nicht zu rechtfertigenden und lediglich de lege lata hinzunehmenden - Ungleichbehandlung.
2. Konsequenzen für die gewährleistungsrechtliche Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung Ausgehend von dieser Vorabklärung kann nunmehr die Frage der Naturalrestitution für die einzelnen Fälle des Schadensersatzes wegen Sachoder Rechtsmängeln beantwortet werden.
a) Die Haftung für Mängel des Kaufgegenstandes aa) Nachträgliche Mängel (1) Für den Fall von erst nach Vertragsschluss eintretenden Sach- oder Rechtsmängeln enthält das Kaufrecht keine speziellen Vorschriften. 391 § 440 I BGB verweist insoweit auf die §§ 320 bis 327 BGB, wobei darüber Einigkeit besteht, dass dies eine Verweisung auf den jeweiligen Rechtsgrund darstellt. Wie oben dargelegt, liegt in der Mangelhaftigkeit ein Fall teilweiser Nichterfüllung seitens des Verkäufers. Zugleich beruht diese (teilweise) Nichterfüllung auf (teilweiser) nachträglicher Unmöglichkeit: Denn weil der Verkäufer sich regelmäßig nicht zur Beseitigung von Mängeln verpflichtet hat, muss er nicht etwa im Rahmen seiner primären Erfüllungspflicht für die Reparatur des Vertragsgegenstandes sorgen. 392 Die Überwindung des in Gestalt des Mangels vorliegenden Leistungshindernisses ist überobligatorisch. Der Verkäufer schuldet aus seinem kaufvertraglichen Versprechen nur noch den Vertragsgegenstand in mangelhaftem Zustand. Allerdings haftet er auf Schadensersatz wegen teilweiser nachträglicher Unmöglichkeit aus § 325 I BGB (und nicht aus p F V 3 9 3 ) , wenn er den Mangel, und damit den teilweisen Untergang seiner primären Erfüllungspflicht, zu vertreten hat. (2) Für den Inhalt dieses Ersatzanspruches gilt prinzipiell das oben zur Haftung wegen nachträglicher (teilweiser) Unmöglichkeit Ausgeführte. 394 390
Dies gilt vor allem für den Bereich der Verjährung, vgl. dazu Wilhelm, FG Flume (1998), S. 304. 391 Zur Haftung beim Gattungskauf gemäß § 480 II BGB siehe sogleich unten S. 146 ff. 392 Siehe oben S. 137. 393 Siehe oben S. 136 f. 394 Siehe oben S. 43 ff.
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(a) Die Naturalrestitution ist folglich möglich, wenn ihr Inhalt mit dem der primär zu leistenden Erfüllung übereinstimmt: Der Verkäufer schuldet nach §§ 325 I 1, 249 S. 1 BGB - bis zur Grenze der Möglichkeit bzw. Zumutbarkeit, § 251 I 1. Alt., I I BGB - primär die Mängelbeseitigung (bzw. gemäß § 249 S. 2 BGB die Erstattung der Kosten hierfür). Verkauft beispielsweise V dem Κ seinen PKW und verpfändet diesen noch vor der Erfüllung an den X, so hat er nach §§ 325 I 1, 249 S. 1 BGB das Pfandrecht des X zu beseitigen. Beschädigt er den PKW stattdessen, so hat er ihn im zu reparieren. Insbesondere ist dann Rahmen seiner Schadensersatzpflicht eine Unmöglichkeit der Herstellung im Sinne von § 251 I 1. Alt. BGB bei Reparaturfähigkeit des Wagens nicht gegeben. Das Gesetz erlegt dem Verkäufer im Falle von Schädigungen typischerweise eben weitergehende Pflichten auf als er selbst vertraglich übernommen hat. 3 9 5 Erst recht wird dies wieder deutlich, wenn man die Schädigung zeitlich nach der Übereignung denkt. An der Wiederherstellungs- bzw. Reparaturkostenerstattungspflicht des Verkäufers nach §§ 823 I, 249 S. 1 bzw. S. 2 BGB bestünden keine Zweifel. Dann aber kann für den Ausgangsfall nichts anderes gelten, weil - wie ausgeführt 396 - die nur obligatorische Position des Käufers vor der Übereignung im Verhältnis zum Verkäufer nicht weniger geschützt ist als die nach der Übereignung erlangte dingliche Position gegenüber jedermann. Inter partes ist der Käufer schon mit Abschluss des Vertrages quasi „Eigentümer". Zugleich ist damit der Einwand verfehlt, die Naturalrestitution müsse in diesen Fällen schon deshalb ausscheiden, weil dem Verkäufer anderenfalls entgegen den kaufvertraglichen Vereinbarungen eine Nachbesserungspflicht auferlegt, er damit gleichsam zum Werkunternehmer gemacht würde. Denn der Grund seiner Reparaturpflicht ist nicht sein kaufvertragliches Versprechen, sondern seine Schädigung. Die Reparaturpflicht trifft ihn nicht in seiner Eigenschaft als Verkäufer, sondern als Schädiger. Dass der Schädiger aber aufgrund gesetzlicher Anordnung in § 249 S. 1 BGB zum „Werkunternehmer" gemacht wird, ist keine Besonderheit. Entsprechend würde auch niemand für den Fall der Schädigung nach vollzogener Übereignung eine Restitutionspflicht des Verkäufers mit dem Argument ablehnen, ihm dürfe keine Reparaturpflicht auferlegt werden, weil er sich dazu im Kaufvertrag nicht verpflichtet habe. Nach Maßgabe der obigen Ausführungen müsste die Naturalrestitution im Rahmen der Schadensersatzpflicht aus § 325 I 1 BGB wegen nachträg395 Verfehlt daher M\mchK.omm-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 463 Rn. 23, der (allerdings im Rahmen der Haftung aus § 463 BGB) eine schadensersatzrechtliche Pflicht des Verkäufers gemäß § 249 S. 1 BGB zur Mangelbeseitigung mit dem Argument ablehnt, es wäre seltsam, wenn etwas als Schadensersatz zugesprochen werde, was als Erfüllung nicht geschuldet sei. 396 Siehe oben bei und in Fn. 265, 270.
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licher Mängel der Kaufsache erst recht in Betracht kommen, soweit sie in „substitutiver" Form erbracht wird oder sich der Nichterfüllungsschaden weiterentwickelt hat, weil dann Schadensersatz- und Erfüllungsanspruch inhaltlich von einander abweichen. Freilich gilt es dabei folgende Besonderheiten zu berücksichtigen: Regelmäßig ist der Kaufgegenstand hinsichtlich des Mangels unteilbar, mangelfreier und mangelhafter Teil lassen sich in aller Regel real nicht von einander trennen. Daher scheidet eine „substitutive" Restitution - im Rahmen des hier erörterten Anspruchs auf den „kleinen" Schadensersatz - regelmäßig aus. Die vorliegende Mangelhaftigkeit kann eben nicht durch eine „ähnliche Mangelfreiheit" beseitigt werden. Stets stellt sich die Mangelbeseitigung als Herbeiführung des hypothetisch bestehenden Zustandes und also als „klassische" Naturalrestitution dar. Fehlt also im obigen Beispiel dem verkauften Wagen die Luft in den Reifen, so ist eine „substitutive" Restitution gar nicht denkbar. Welcher Zustand sollte dem der gefüllten Reifen denn ähnlich, aber nicht gleich sein? 3 9 7 Zugleich ist auch der Fall der Herstellung des nur im Hinblick auf den Mangel weiterentwickelten Schadens typischerweise nicht denkbar. Wie sollte (allein!) an die Stelle des mangelhaften Teils des Kaufgegenstandes hypothetisch etwas anderes getreten sein, wenn doch dieser Teil gar nicht abtrennbar ist? (b) Ist infolge der Mangelhaftigkeit das Interesse des Käufers am Kaufgegenstand insgesamt weggefallen, so kann er gemäß §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB unter Zurückweisung des mangelhaften Gegenstandes Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen („großer" Schadensersatz 398). 397 Selbst den Austausch defekter Räder würde man wohl noch als „klassische" Restitution ansehen müssen, wie allgemein der Einbau von Ersatzteilen in eine beschädigte Sache an deren Fortexistenz nichts ändert. Auch ein Auto mit neuen Reifen entspräche also dem, was der Käufer bei ordnungsgemäßer Erfüllung hypothetisch gehabt hätte. Folglich wäre insoweit nicht von „substitutiver" Herstellung zu sprechen. 398 Nicht selten findet man - wenn es um die Frage geht, ob der Gläubiger die mangelhafte Leistung behalten oder zurückgeben soll - statt des Begriffspaars „großer" Schadensersatz - „kleiner" Schadensersatz die Terminologie „Austauschtheorie" - „Differenztheorie" (etwa Pieper, JuS 1962, S. 460; Erman-Seiler, BGB, 9. Aufl., § 635 Rn. 16 f.; Staudinger-Peters, BGB, 13. Bearb., § 635 Rn. 30, 32, AcP 194 (1994), 34; Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 719; auch Klein-Blenkers, S. 360 f.). Diese beiden Begriffe sind jedoch schon im Zusammenhang mit der davon strikt zu unterscheidenden Frage belegt, ob der Gläubiger beim nichterfüllten gegenseitigen Vertrag zur Erbringung seiner Gegenleistung verpflichtet bleiben soll. Folglich sollte es im Übrigen bei der Bezeichnung als „großer" bzw. „kleiner" Schadensersatz bleiben, um Verwechslungen zu vermeiden.
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Für den Inhalt dieses Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gilt das oben Ausgeführte 399 : Die Naturalrestitution scheidet aus, soweit sie auf Leistung des Kaufgegenstandes in mangelfreiem Zustand durch den Verkäufer gerichtet wäre. Sie kommt nur insoweit in Betracht, als sie in ihrer „substitutiven" Form geschuldet ist oder aber der Fall eines weiterentwickelten Schadens vorliegt. Beschädigt also beispielsweise der Verkäufer schuldhaft den verkauften Zierteller und hat der Käufer an einem beschädigten Teller kein Interesse, so kann der Ersatzanspruch auf Leistung eines ähnlichen Tellers gerichtet sein, der im Eigentum des Verkäufers (oder eines Dritten) steht. Und hätte der Schuldner den intakten Teller gegen ein Gemälde getauscht, so richtet sich der Ersatzanspruch - vorbehaltlich des § 251 I 1 Alt., I I BGB - auf Leistung eben dieses Gemäldes.
bb) Anfängliche Mängel Anders stellt sich das Bild bei der - praktisch viel häufiger vorkommenden - anfänglichen Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes dar: (1) Für den Fall eines bereits bei Vertragsschluss vorliegenden Rechtsmangels verweist § 440 I BGB wiederum auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht. Da es sich bei einem anfänglichen Rechtsmangel wie dargelegt regelmäßig 400 um einen Fall anfänglicher Unmöglichkeit handelt, gilt das Hintergrund dieser Begriffsvermischung ist nicht selten die Vorstellung, es gebe beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung eben nur zwei verschiedene Methoden der Bestimmung. Dies ist jedoch unzutreffend. Eben weil sowohl die Frage, was bei teilweiser Nichterfüllung mit der erhaltenen (mangelhaften) Leistung geschehen soll, als auch die Frage, ob der Gläubiger zu seiner Gegenleistung verpflichtet bleibt, jeweils in zweifacher Hinsicht beantwortet werden kann, sind vier Möglichkeiten des Schadensersatzes wegen teilweiser Nichterfüllung beim gegenseitigen Vertrag zu unterscheiden: 1. Der Gläubiger behält die erhaltene Teilleistung („kleiner" Schadensersatz) und erbringt im Hinblick auf diesen Teil auch seine Gegenleistung. Im Hinblick auf den nichterfüllten Teil erbringt er seine Gegenleistung ebenfalls und liquidiert insoweit sein volles Erfüllungsinteresse (Austauschmethode) oder aber er hält insoweit seine Gegenleistung zurück und verlangt nur den darüber hinausgehenden Schaden infolge der teilweisen Nichterfüllung erstattet (Differenzmethode). 2. Der Gläubiger weist die Teilleistung zurück und verlangt Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit („großer" Schadensersatz). Dabei erbringt er entweder seine Gegenleistung voll und liquidiert seinen gesamten Nichterfüllungsschaden (Austauschmethode) oder aber er behält seine Gegenleistung voll und macht nur den darüber hinausgehenden Schaden geltend (Differenzmethode). 399 Siehe oben S. 105 ff. 400 Siehe oben S. 133. Wie erwähnt, liegt häufig dann keine Unmöglichkeit vor, wenn den Parteien der Mangel bei Vertragsschluss bekannt war (oben S. 133 f.). Wer etwa ein bekanntermaßen mit einer Grundschuld belastetes Grundstück verkauft, der verpflichtet sich entweder zur Ablösung der Grundschuld vor Übereignung oder aber - praktisch häufiger - zur Leistung des Grundstücks nur im belaste-
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oben Ausgeführte 401 : Der Verkäufer schuldet damit primär die mangelfreie Leistung. 4 0 2 Zu einer Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung kommt es unter den Voraussetzungen des § 326 BGB oder unmittelbar bei Erfüllungsverweigerung/vorsätzlich mangelhafter Leistung. Im Falle eines anfänglich vorhandenen Sachmangels enthält das Kaufrecht dagegen spezielle Vorschriften. War sich der Verkäufer bei Vertragsschluss des Mangels nicht bewusst, so kommt - neben den §§ 459, 462, 465 BGB und unabhängig von § 463 S. 1 BGB - eine Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung nicht in Betracht. Zu einer solchen kommt es gemäß § 463 S. 2 BGB (analog) nur dann, wenn der Verkäufer den Mangel bei Vertragsschluss 403 kannte und ihn entweder arglistig verschwieg oder sein Fehlen behauptete. Auch insoweit liegt ein Fall der Haftung wegen anfänglicher Teilunmöglichkeit vor. Bei Anwendung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts käme es damit zwar prinzipiell erst nach Maßgabe von § 326 BGB zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung. Doch rechtfertigt sich die davon abweichende unmittelbare Ersatzpflicht des Verkäufers nach § 463 S. 2 BGB wiederum aus dem Gesichtspunkt der Erfüllungsverweigerung. 404 ten Zustand. Dann wird die Grundschuldübernahme durch den Käufer natürlich den Kaufpreis entsprechend gemindert haben. Im ersteren Fall ist die Grundschuldbelastung zwar ein Rechtsmangel des Grundstücks, weil es im belasteten Ist-Zustand nicht dem vertraglich geschuldeten Soll-Zustand entspricht. Doch liegt gleichwohl keine leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit vor, weil das in der Belastung liegende Leistungshindernis kein „überobligatorisches" ist. Im zweiten Fall liegt schon gar kein Rechtsmangel vor, weil das Grundstück von vornherein nur im belasteten Zustand geschuldet wird. Die Grundschuldbelastung stellt mithin gar kein Leistungshindernis dar, so dass schon deshalb keine leistungsstörungsrechtliche Teilunmöglichkeit gegeben ist. Vgl. dazu auch Fn. 389. 401 Siehe oben S. 127 ff. 402 Auch insoweit stellt sich natürlich - wie in den sonstigen Fällen eines anfänglichen Leistungshindernisses - die Frage, ob diese Erfüllungspflicht von der Kenntnis/dem Kennenmüssen des Schuldners abhängen soll. Vgl. dazu oben Fn. 356. 403 Dass es auf die Kenntnis und Arglist bei Vertragsschluss ankommt, ist unstreitig; vgl. nur etwa MünchKomm-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 463 Rn. 8. 404 Siehe oben S. 129. Zugleich muss damit konsequenterweise ein Nachbesserungsanspruch des Käufers bejaht werden: Er kann also - obwohl der Verkäufer dies nicht versprochen hat - aus dem Vertrag selbst (und nicht aus § 463 S. 2 BGB) die Mangelbeseitigung durch den Verkäufer als primäre Erfüllung verlangen! Denn wenn die Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes einen Fall leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit darstellt (siehe dazu oben S. 133), so muss bei der gesetzlich angeordneten Haftung wegen anfänglicher Mangelhaftigkeit die - etwa auch beim anfänglichen Unvermögen bestehende - primäre Erfüllungshaftung trotz der Mangelhaftigkeit bejaht werden. Eine Ungleichbehandlung ließe sich vor dem aufgezeigten identischen Haftungsgrund in beiden Fällen nicht rechtfertigen. Wer hier einwendet, eine auf die primäre Erfüllungspflicht gestützte Nachbesserungspflicht stünde dem hier vertretenen Ansatz entgegen, weil der Verkäufer die Nachbesse-
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(2) Im Hinblick auf den Inhalt des Schadensersatzanspruchs bei anfänglichen Rechts- (§ 326 BGB) bzw. Sachmängeln (§ 463 S. 2 BGB) gilt: (a) Grundsätzlich schuldet der Verkäufer nur den sog. „kleinen" Schadensersatz: Der Käufer behält also den mangelhaften Kaufgegenstand und kann nur den darüber hinausgehenden Schaden geltend machen. Die Naturalrestitution ist dabei - wie in den sonstigen Fällen der Haftung aus § 326 I 2 BGB wegen teilweiser Nichterfüllung - gemäß § 251 I 2. Alt. BGB insoweit ausgeschlossen, als sie inhaltlich mit der primären Erfüllung übereinstimmt. Der Verkäufer hat den Mangel also schadensersatzrechtlich nicht zu beseitigen. Der Käufer kann diese Mangelbeseitigung durch den Verkäufer bereits als primäre Erfüllung verlangen. 405 Entscheidet sich der Käufer dagegen für den Schadensersatzanspruch, so wäre die Mängelbeseitigung durch den Verkäufer für ihn „nicht genügend". Doch kommt die Herstellung in Natur insoweit in Betracht, als der Käufer den Mangel auf Kosten des Verkäufers (§ 249 S. 2 BGB) durch einen Dritten beseitigen lassen kann. 4 0 6 Im Übrigen ist auch hier - wie bei nachträglichen Sach- und Rechtsmängeln - aufgrund der fehlenden Abtrennbarkeit des mangelhaften Teils in aller Regel kein Raum für die „substitutive" Restitution sowie die Herstellung im Fall des weiterentwickelten Schadens. 407 (b) Stattdessen kann der Käufer aber auch den sog. „großen" Schadensersatz verlangen, d.h. unter Zurückweisung des mangelhaften Gegenstandes den gesamten Nichterfüllungsschaden einfordern. Freilich steht ihm diese Möglichkeit nur offen, soweit die Voraussetzungen des § 280 I I 1 BGB verwirklicht sind. 4 0 8 Für die Rechtsmängelhaftung ergibt sich das schon deshalb, weil diese auf § 326 BGB gestützt ist, der Entsprechendes in § 326 I rung, d.h. die Überwindung des anfänglich vorhandenen Mangels gerade nicht versprochen hat, hat zwar Recht. Wie oben ausgeführt (S. 121 ff.), wäre es konsequent, im Fall anfänglicher Mängel nie eine primäre Erfüllungspflicht oder eine Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung eingreifen zu lassen. Doch geht das Gesetz einen anderen Weg und fingiert ein entsprechendes Überwindungsversprechen des Verkäufers. Die Annahme eines primären Erfüllungsanspruchs auf Mangelbeseitigung in den Fällen § 463 S. 2 BGB ist also nur die zwingende Konsequenz des für sich fraglichen Ansatzes des Gesetzes. 405 Siehe oben Fn. 404. 406 Vgl. oben S. 110. 407 Siehe dazu oben S. 140 f. 408 Ein solcher Interessefortfall dürfte praktisch häufig vorliegen, weil die Mangelhaftigkeit, anders als sonstige Fälle der teilweisen Nichterfüllung, die gesamte Leistung nachhaltig beeinträchtigt. So zu Recht Erman, JZ 1959, S. 126 f. Doch gerade weil diese Besonderheit im Rahmen der Prüfung von § 280 II 1 BGB berücksichtigt wird, ist der vom ihm gezogene Schluss, der Käufer müsse stets unter Rückgabe/Verweigerung der mangelhaften Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen können (vgl. zu dieser Auffassung sogleich unten bei und in Fn. 409) verfehlt.
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3 BGB anordnet. Aber auch für den Fall der Sachmängelhaftung gemäß § 463 S. 2 BGB kann nichts anderes gelten. 4 0 9 Eine Ungleichbehandlung von Rechts- und Sachmängeln wäre insoweit nicht zu erklären. Würde unabhängig von einem Interessefortfall im Sinne von § 280 I I 1 BGB der „große" Schadensersatz gewährt, so führte dies zu einem Bruch mit den sonstigen Fällen der teilweisen Nichterfüllung (§§ 280 I I 1, 325 I 2, 326 I 3 B G B ) . 4 1 0 Entsprechend geht auch das Argument fehl, das Gesetz verwende den Begriff „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" stets in diesem weitgehenden Sinne 4 1 1 : Im Rahmen der §§ 280 I, 325 I 1 BGB bedeutet „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" im Falle teilweiser Unmöglichkeit stets nur „kleiner" Schadensersatz, wie sich mittelbar aus den §§ 280 I I 1, 325 I 2 BGB ergibt. Gemäß den obigen Ausführungen kann dieser Schadensersatzanspruch nie darauf gerichtet sein, dass der Schuldner den Vertragsgegenstand mangelfrei leistet, weil dies der Erfüllung entspräche, was für den Gläubiger nach seiner Entscheidung für den Schadensersatz - gemäß § 251 1 2 . Alt. BGB ungenügend wäre. Wie beschrieben 412 kommt die Naturalrestitution 409 So auch eine vor allem früher verbreitete Auffassung, etwa Windscheid/Kipp, Pandektenrecht II, § 395 I 2 b (S. 700); Planck-Greift BGB, 3. Aufl., § 463 Anm. 4 (S. 371) mit w. Nachw.; Planck-£m?fó, BGB, 4. Aufl., § 463 Anm. 4 (S. 709); Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 463 Anm. 5 (S. 608), § 635 Anm. 2 b (S. 976) mit w. Nachw.; Wolff, JherJb. 56 (1910), S. 55, 77 ff. (der freilich nie - also auch dann nicht, wenn die Voraussetzungen der §§ 325 I 2, 280 II 1 BGB gegeben sind - den „großen" Schadensersatz gewähren will); Westhelle, Nichterfüllung, S. 89; wohl auch Jakobs, Unmöglichkeit, S. 43; die h.M. anzweifeln Schubert, JR 1986, S. 329. Anders die heute h.M., etwa RGZ 134, 83, 90; BGHZ 27, 215, 217; 29, 148, 151; Staudinger-/fo/we//, BGB, 13. Bearb., § 463 Rn. 61 mit w. Nachw.; MünchKommWestermann, BGB, 3. Aufl., § 463 Rn. 20; Erman, JZ 1959, S. 126 f.; Pieper, JuS 1962, S. 461; Wolf, Schuldrecht BT, § 11 C III d 4 ff (S. 40 f.); Diederichsen, AcP 165 (1965), S. 151; Todt, Schadensersatzansprüche, S. 194 ff., die dem Käufer das Recht, „großen" Schadensersatz zu verlangen, unabhängig vom Nachweis des Interessefortfalls gewähren will. 410 Bedenkenswert ist allein der Hinweis, auch bei nicht zu vertretender teilweiser Unmöglichkeit ergebe sich ein solcher Bruch (in diese Richtung geht etwa die Argumentation von BGHZ 27, 215, 218 f.): Während nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht die Herabsetzung der Gegenleistungspflicht stets nur anteilig erfolgt (vgl. § 323 I 2. Hs. BGB), kann nach dem Gewährleistungsrecht der Käufer unabhängig vom Nachweis des Interessefortfalls durch Wandlung den gesamten Vertrag beseitigen. In der Tat ist diese Regelung wenig schlüssig. So vermag es etwa nicht einzuleuchten, weshalb nicht der Gläubiger entgegen § 323 I 2. Hs. BGB auch bei teilweiser Unmöglichkeit unter Zurückweisung der Teilleistung seine gesamte Gegenleistung zurückhalten darf, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Gerade weil sich hier Ungereimtheiten ergeben kann die gesetzliche Regelung bei nicht zu vertretender Teilunmöglichkeit nicht für die hier erörterte Frage herangezogen werden. 411 So RGZ 52, 352, 355 f. 412 Siehe oben S. 108 ff. 10 Gebauer
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jedoch insoweit in Betracht, als der Verkäufer gemäß § 249 S. 2 BGB die Kosten für die Beschaffung eines ähnlichen Gegenstandes bei einem Dritten („substitutive" Restitution) bzw. den Gegenstand schuldet, gegen den der Käufer die mangelfreie Sache eingetauscht hätte (weiterentwickelter Schaden). Die Leistung eines ähnlichen Gegenstandes durch den Schuldner selbst scheidet dagegen in aller Regel aus. (3) Eine besondere Rolle spielt schließlich die Vorschrift des § 463 S. 1 BGB. Grund der Ersatzpflicht des Verkäufers ist hier nicht etwa die Mangelhaftigkeit, sondern seine Zusicherung. Er haftet folglich nicht unmittelbar wegen der aufgrund des Mangels gegebenen anfänglichen Teilunmöglichkeit, sondern weil er dies versprochen hat. Wie bereits oben erörtert 413 , handelt es sich bei dieser Haftung folglich gar nicht um eine heteronom auferlegte Schadensersatz-, sondern um eine autonom übernommene Erfüllungspflicht. Ihr Inhalt ergibt sich mithin aus der zusätzlich zum Primärleistungsversprechen gegebenen Zusicherung selbst. Wiederum wird der Verkäufer im Rahmen seiner damit abgegebenen Garantiezusage praktisch stets nur die Leistung von Geld versprochen haben. Jedenfalls aber stellt sich die Frage der Naturalrestitution schon deshalb nicht, weil auf diesen Anspruch die §§ 249 ff. BGB grundsätzlich, d.h. vorbehaltlich entsprechender Vereinbarungen, keine Anwendung finden. cc) Besonderheiten der Haftung beim Gattungskauf (1) Besonderheiten ergeben sich beim Gattungskauf. Einem solchen liegt in der Regel ein Beschaffungsversprechen zugrunde: Der Verkäufer verpflichtet sich, dem Käufer ein mangelfreies Stück der Gattung zu verschaffen. Daraus ergibt sich aber, dass die (anfängliche oder nachträgliche) Mangelhaftigkeit einzelner Exemplare der Gattung, insbesondere also des Exemplars, das der Verkäufer dem Käufer leistet, anders als beim Stückkauf grundsätzlich keine Teilunmöglichkeit begründet. Die Mangelhaftigkeit des vom Verkäufer zur Vertragserfüllung vorgesehenen Exemplars stellt zwar eine Leistungserschwerung dar, weil er nunmehr anderweitig disponieren, ggf. ein anderes mangelfreies Stück beschaffen muss. Doch ist diese Leistungserschwerung vom Gattungsverkäufer aufgrund seines Beschaffungsversprechens regelmäßig hinzunehmen: Indem er die Leistung aus einer Gattung verspricht, sagt er zu, dass er sich auch von der Mangelhaftigkeit einzelner Stücke nicht abhalten lässt. Die in der Mangelhaftigkeit liegende Leistungserschwerung ist folglich in diesen Fällen nicht „überobligatorisch" und also kein Fall von Teilunmöglichkeit. Das aber bedeutet: Leistet der Verkäufer ein mangelhaftes Stück, so liegt nichts anderes als ein Fall der Nichtleistung trotz Möglichkeit der Leistung vor. 413
Siehe oben S. 119 f.
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(a) Grundsätzlich gelangte der Käufer nur über § 326 BGB zu einem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung. Diese Möglichkeit ist dabei auch durch § 480 I I BGB nicht etwa ausgeschlossen. Auch auf den Neulieferungsanspruch nach § 480 I BGB findet § 326 BGB - soweit es um den Schadensersatzanspruch geht 4 1 4 - Anwendung. Wenn also der Verkäufer ohne Arglist ein mangelhaftes Stück leistet und der Käufer daraufhin auf Neulieferung gemäß § 480 I BGB besteht, so gelangt er über § 326 BGB zu seinem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. 415 Wer hier die Auffassung vertritt, beim Gattungskauf käme man nur nach Maßgabe von § 480 I I BGB zu einem solchen Schadensersatzanspruch 416, würde dem Käufer in der geschilderten Konstellation erkennbar den erforderlichen Schutz versagen. Der Verkäufer könnte sich trotz Nichtleistung seiner Schadensersatzpflicht auf Dauer entziehen! Für den Inhalt dieses auf § 326 BGB gestützten Schadensersatzanspruchs gilt das bereits Ausgeführte. 417 (b) Neben dieser allgemeinen Möglichkeit eröffnet § 480 I I BGB dem Käufer aber unabhängig vom Verzug des Verkäufers einen Schadensersatzanspruch, wenn dieser den Mangel bei Gefahrübergang 418 arglistig verschwiegen oder sein Fehlen arglistig behauptet hat. Doch stellt diese Regelung nur scheinbar eine Abweichung vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht dar. Denn wer bewusst eine mangelhafte Sache und also nicht leistet, obwohl er leisten könnte, der erklärt damit in aller Regel konkludent, dass er die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. 419 Nichts anderes nimmt § 480 I I BGB durch die Statuierung der Schadensersatzhaftung unwiderleglich an. Ist daher die Arglisthaftung nach § 480 I I BGB nichts anderes als die Haftung wegen endgültiger Erfüllungsverweigerung 420 , so 414
Um zur Rücktrittsmöglichkeit zu gelangen, ist der Umweg über § 326 BGB angesichts des in § 480 I BGB ebenfalls eingeräumten Wandlungsrechts natürlich entbehrlich! 415 So die ganz h.M., vgl. nur etwa Soergel-Huber, BGB, 12. Aufl., § 480 Rn. 30 ff. mit w. Nachw.; MünchKomm-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 480 Rn. 6. 416 So Kirchhof, NJW 1970, S. 2053; Köhler, JuS 1979, S. 499; wohl auch Esser/Weyers, Schuldrecht I I / l , § 5 IV 2 b (S. 55). 417 Siehe oben S. 105 ff. 418 Da die Leistung einer mangelhaften Sache nicht zum Gefahrübergang führt, ist genau genommen auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem bei Mangelfreiheit der geleisteten Sache die Gefahr übergehen würde; so zutreffend etwa MünchKommWestermann, BGB, 3. Aufl., § 480 Rn. 12 mit w. Nachw. 419 Vgl. oben S. 129. 420 Entsprechend dürfte die sofortige, vom Verfahren des § 326 BGB unabhängige Schadensersatzpflicht nach § 480 II BGB auch dann anzuwenden sein, wenn ein Stückkauf vorliegt, der Verkäufer sich jedoch - ähnlich wie bei einem Beschaffungsversprechen - besonders weitgehend zur Überwindung vorliegender oder auftretender Leistungsschwierigkeiten verpflichtet hat. Beispiel: V will Κ eine Sache 1*
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
kann für ihren Inhalt wiederum auf die obigen Ausführungen zurückgegriffen werden. 421 (aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass - anders als beim Stückkauf - die mangelhafte Leistung keine bloß teilweise, sondern eine vollständige Nichterfüllung darstellt. Denn vertraglich geschuldet war ein mangelfreies Stück. Ein mangelhaftes Stück ist folglich nicht geeignet, das vertragliche Versprechen auch nur teilweise zu erfüllen. Daraus folgt, dass aus § 480 I I BGB anders als gemäß §§ 463 S. 2, 326 I 2 BGB - prinzipiell „großer" Schadensersatz geschuldet wird: Der Käufer kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen. Innerhalb dessen ist für die Naturalrestitution nur insoweit Raum, als der Verkäufer die Kosten für die Beschaffung eines Gegenstandes der gleichen Gattung bei einem Dritten bzw. des Gegenstandes, gegen den der Käufer die mangelfreie Sache eingetauscht hätte, zu erstatten hat. In aller Regel scheitert eine Leistung dieser Gegenstände durch den Schuldner selbst wiederum nach § 251 1 2 . Alt. BGB aus. 4 2 2 (bb) Doch wird man auch im Rahmen von § 480 I I BGB dem Käufer das Recht einräumen müssen, die mangelhafte Sache zu behalten und nur den aus dem Mangel entspringenden Schaden einzufordern („kleiner" Schadensersatz). 423 Für den Inhalt desselben gilt das bei der Haftung für anfängliche Sach- bzw. Rechtsmängel beim Stückkauf Ausgeführte. 424 verkaufen, die - wie beide wissen - mangelhaft ist. Weil Κ anderenfalls nicht einwilligt, verspricht er, die Sache noch vor ihrer Übertragung zu reparieren. Leistet er nun die Sache dennoch arglistig im ursprünglichen mangelhaften Zustand, so dürfte darin entsprechend § 480 II BGB eine endgültige Erfüllungs Verweigerung liegen und dem Κ daher - unabhängig von § 326 BGB - nach § 480 II BGB analog ein sofortiger Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung einzuräumen sein. Denn weil aufgrund des Reparaturversprechens des V der Mangel kein „überobligatorisches" Leistungshindernis darstellt, ist auch hier - trotz des Vorliegens einer Stückschuld! - in der mangelhaften Leistung ein Fall teilweiser Nichtleistung trotz Möglichkeit zu sehen. Die Lage ist daher nicht anders als beim Gattungskauf, weshalb die dortigen Regeln entsprechend herangezogen werden können. Nichts anderes kann schließlich beim Gattungskauf gelten, wenn eine rechtsmangelhafte Sache geleistet wird: Auch insoweit liegt eine Nichterfüllung vor, gelangt der Käufer also im Verfahren über § 326 BGB zu einem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung. Bei Kenntnis des Verkäufers von der Mangelhaftigkeit kommt es indes auch hier wegen der darin liegenden Erfüllungsverweigerung zu einer unmittelbaren Schadensersatzpflicht des Verkäufers nach § 326 BGB analog. 421 Siehe oben S. 105 ff. 422 Vgl. oben S. 110 ff. Verfehlt daher auch Erman-Grunewald, BGB, 9. Aufl. § 480 Rn. 11, nach der gemäß § 480 II BGB eine erneute Lieferung verlangt werden kann. Denn hat sich der Käufer gerade gegen die Nachlieferung nach § 480 I BGB und für den Schadensersatz entschieden, so wäre - wie ausgeführt - eine schadensersatzrechtliche Nachlieferung, die mit der primär nach § 480 I BGB geschuldeten identisch ist, für ihn ungenügend im Sinne von § 251 I 2. Alt. BGB.
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(2) Für die Zusicherungshaftung nach § 480 I I BGB kann dagegen auf das bereits bei § 463 S. 1 BGB Gesagte verwiesen werden: Es handelt sich bei ihr nicht eigentlich um eine Schadensersatz-, sondern um eine Haftung auf Erfüllung des in der Zusicherung liegenden Garantieversprechens. 425 Ihr Inhalt ergibt sich folglich aus dem Versprechen und ist praktisch stets auf Geld gerichtet. (3) Freilich kann es auch Fälle geben, in denen die Mangelhaftigkeit einzelner Stücke der Gattung zur Teilunmöglichkeit führt. Dies ist genau dann der Fall, wenn sich das Versprechen des Verkäufers nur auf bestimmte Stücke der Gattung bezieht und alle diese Stücke mangelhaft sind. Diskutiert werden die entsprechenden Konstellationen oft unter dem Schlagwort der „Vorratsschuld". Als Beispiel mag folgender Fall dienen: V betreibt eine Schweinezucht. Er verkauft 5 Schweine an K, ohne dass diese näher 423 Schützenswerte Interessen des Verkäufers stehen dem nicht entgegen. Während der Verkäufer regelmäßig berechtigt sein muss, seine nicht erfüllungstaugliche Leistung vom Käufer zurückzuverlangen, weil eine causa für den Verlust derselben an den Käufer nicht besteht, gilt etwas anderes, wenn der Verkäufer die fehlende Erfüllungstauglichkeit seiner Leistung kannte. Dann steht schon der Rechtsgedanke des § 814 BGB einem einseitigen Rückforderungsrecht entgegen. Im Grunde kann die vorsätzliche Leistung eines nicht geschuldeten Gegenstandes nur als Angebot auf entsprechende Vertragsänderung (Ersetzung der eigentlich geschuldeten Leistung durch die andere Leistung, soweit diese jener wertmäßig entspricht) verstanden werden. Daher wird man dem Käufer bei § 480 II BGB auch den „kleinen" Schadensersatz nicht verwehren können. Im Ergebnis ebenso die h.M., etwa MünchKomm-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 480 Rn. 14. 424 Siehe oben S. 144. 425 Die Zusicherung nach § 480 II BGB geht indes weiter als die nach § 463 S. 1 BGB: Im letzteren Fall verspricht der Verkäufer durch die Zusicherung, das Erfüllungsinteresse des Käufers zu erstatten, wenn die Leistung unmöglich wird. Beim Gattungskauf dagegen verspricht der Verkäufer bereits dann das Erfüllungsinteresse zu ersetzen, sobald er trotz fortbestehender Möglichkeit der primär versprochenen Leistung dem Käufer eine ungenügende (weil mangelhafte) Leistung erbracht hat. Entsprechend ordnet § 480 II BGB die „Schadensersatzpflicht" gerade auch für die Fälle an, in denen der Verkäufer jederzeit eine mangelfreie Sache leisten könnte. Ob ein derart weites Versprechen dem Verkäufer bei Abgabe einer Zusicherung stets unterstellt werden kann, ist zweifelhaft. Man stelle sich vor, der Verkäufer stellt bei Auslieferung einzelner Gattungsstücke an verschiedene Kunden die Mangelhaftigkeit eines dieser Exemplare fest. Als er seinem Kunden X ein Stück übergeben will, vergreift er sich aus Versehen und händigt ihm das fehlerhafte Stück aus. Soll hier der Verkäufer - wenn er zuvor dem X die Mangelfreiheit zugesichert hat - auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung haften, obwohl er sofort bereit und in der Lage wäre, dem X ein fehlerfreies Stück auszuhändigen? Wohl kaum. Die Zusicherungshaftung nach § 480 II BGB ist daher - gerade weil sie nichts anderes ist als die Haftung aufgrund eines Versprechens ist - ggf. nur einschränkend anzuwenden, wenn die Auslegung des Zusicherungsversprechens ergibt, dass der Verkäufer nicht bereits bei bloß einmaliger, jederzeit zu behebender Schlechtleistung für das gesamte Erfüllungsinteresse des Käufers einstehen wollte.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
bestimmt würden. Nach Vertragsschluss erkrankt der gesamte Bestand des V an einem Virus, von dem die Tiere nur unter erheblichen finanziellen Anstrengungen geheilt werden können. (a) Würde der Virus alle Schweine hinwegraffen, so müsste man - wenn V die Erkrankung der Tiere nicht zu vertreten hat - die Erfüllungspflicht des V trotz § 279 BGB gemäß § 275 BGB entfallen lassen. Wie oben ausgeführt 4 2 6 , wäre es für V - obwohl eine Gattungsschuld vereinbart wurde eine überobligatorische Anstrengung, sich anderweitig die an Κ zu leistenden Schweine zu besorgen. Entsprechendes gilt, wenn der Virus die Tiere nicht tötet, sondern lediglich ihre Verwendungsmöglichkeit einschränkt. Dann könnte V seine vertraglich versprochene Leistung zum Teil (nämlich im Hinblick auf die weggefallenen Verwendungsmöglichkeiten) nicht mehr erbringen, ohne überobligatorische Anstrengungen leisten zu müssen. Es läge mithin infolge der Mangelhaftigkeit einzelner Stücke der Gattung teilweise Unmöglichkeit vor, die den V von seiner Erfüllungspflicht entsprechend befreit. (b) Davon ausgehend muss in diesen Fällen die Vorschrift des § 480 I I BGB „angepasst" werden, so wie dies - allgemein anerkannt - mit § 279 BGB getan wird: (aa) Hat der V etwa die Ansteckung seiner Tiere zu vertreten, so haftet er wegen der eingeschränkten Verwendungsmöglichkeit dem Κ gemäß § 325 I 1 BGB auch dann auf Schadensersatz wegen (teilweiser) Nichterfüllung, wenn er diesem bei Lieferung die Viruserkrankung nicht arglistig verschweigt, sondern ihn darüber aufklärt. § 480 Π BGB entfaltet also in diesen Fällen keine Sperrwirkung gegenüber den allgemeinen Vorschriften des Leistungsstörungsrechts 427, weil anderenfalls der Verkäufer bei Vorratsschulden seinen gesamten Vorrat mangelhaft machen könnte, ohne Sanktionen fürchten zu müssen. Für den Inhalt dieses Ersatzanspruchs würde natürlich nichts anderes gelten wie oben bei der nachträglichen Herbeiführung eines Mangels des als Stück verkauften Gegenstandes 428 : Der Verkäufer schuldete prinzipiell „kleinen" Schadensersatz. Gemäß §§ 325 I 1, 249 S. 1 BGB hätte er also (bis zur Grenze des § 251 I 1. Alt., I I BGB) die Mängel zu beseitigen, d. h. etwa für die Genesung von 5 Tieren zu sorgen bzw. die hierfür notwendigen Kosten zu erstatten. Raum für die „substitutive" Restitution und die Ersetzung eines „weiterentwickelten" Schadens bestünde nicht. Nach Maßgabe von § 280 I I 1 BGB könnte der Käufer auch „großen" Schadensersatz verlangen. Insoweit käme die Naturalrestitution 426
Siehe oben S. 62 f. Ebenso wenig entfaltet er im „Normalfair der Gattungsschuld Sperrwirkung gegenüber § 326 BGB; vgl. dazu oben S. 147. 428 Siehe oben S. 139 ff. 427
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nur in ihrer „substitutiven" Form (Leistung von vergleichbaren gesunden Schweinen, die nicht zum Vorrat des Verkäufers gehören) sowie zur Ersetzung eines weiterentwickelten Schadens in Betracht. (bb) Entsprechend würde V, wenn die Tiere bereits bei Vertragsschluss erkrankt waren, wegen des Vorliegens eines anfänglichen „überobligatorischen" Leistungshindernisses primär auf Erfüllung durch Leistung von mangelfreien Tieren und nach Maßgabe des § 326 BGB bzw. bei Erfüllungsverweigerung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung haften. Inhaltlich ist insoweit auf die Haftung bei anfänglichen Sach- oder Rechtsmängeln einer als Stück verkauften Sache zu verweisen. 429 (cc) Andererseits muss der Anwendungsbereich des § 480 I I BGB auch eingeschränkt werden. Gesetzt den Fall, dass V die nachträgliche Ansteckung der Schweine nicht zu vertreten hat, wird er - trotz § 279 BGB gemäß § 275 BGB wegen teilweiser Unmöglichkeit von seiner Erfüllungspflicht in entsprechendem Umfang frei. Eine Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung aus § 325 I BGB trifft ihn mangels Vertretenmüssens nicht. Zugleich muss aber - obwohl der Wortlaut einschlägig ist - eine Schadensersatzhaftung aus § 480 I I BGB selbst dann ausscheiden, wenn V bei Lieferung der Tiere deren Erkrankung arglistig verschweigt. Denn woraus sollte sich eine Haftung auf das positive Interesse rechtfertigen? Anders als in den „Normalfällen" der Gattungsschuld liegt in der arglistig fehlerhaften Leistung ja keine endgültige ErfüllungsVerweigerung, weil die Erfüllungspflicht des V bereits infolge der Teilunmöglichkeit erloschen ist. Es handelt sich um keine pflichtwidrige Nichtleistung trotz Möglichkeit, sondern um eine berechtigte Nichtleistung infolge Pflichtfortfalls. Die Arglist als solche kann aber ebenfalls nicht für sich die vermögensaufstockende Haftung auf das Erfüllungsinteresse begründen. Anderenfalls müsste man auch bei Stückschulden, wenn der Verkäufer bei Leistung der Sache deren nachträgliche, von ihm nicht zu vertretende Mangelhaftigkeit arglistig verschweigt, zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung kommen. Dafür fehlt es aber ebenfalls an Sinn und vor allem an gesetzlicher Grundlage. 430
b) Die Haftung für Mängel des Schenkungsgegenständes Schwierigkeiten ergeben sich bei der näheren Untersuchung der Schadensersatzbestimmungen des Schenkungsrechts. Denn die in den §§ 523, 429
Siehe oben S. 144 ff. Selbstverständlich begründete die Arglist eine vermögenserhaltende Haftung des V. Er hätte aus pFV für die Schäden einzustehen, die Κ infolge des Verschweigens an seinen sonstigen Rechtsgütern erleidet. Erkranken also bereits dem Κ gehörende Schweine, so hat V entsprechend Ersatz zu leisten. 430
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
524 BGB getroffenen Regelungen sind wenig geglückt: Teils lassen sie nicht hinzunehmende Haftungslücken, teils schießen sie über das Ziel hinaus und sind entsprechend einzuschränken. 431
aa) Die Schenkung eines konkreten, bereits beim Schenker befindlichen Gegenstandes Für den Fall, dass sich der verschenkte Gegenstand bereits beim Schenker befindet, enthält das Gesetz in den §§ 523 I, 524 I BGB eine klare Regelung: Bei Rechts- oder Sachmangelhaftigkeit des betreffenden Gegenstandes haftet der Schenker auf das negative Interesse, wenn er den Mangel arglistig verschweigt. Eine Haftung auf das Erfüllungsinteresse ist in diesen Fällen nie vorgesehen. (1) Diese Regelung rechtfertigt sich aus einem ganz bestimmten Gesichtspunkt: Regelmäßig wird der Schenker die Übertragung der Sache nur in dem Zustand zusagen, in dem sie sich bei Abschluss des Schenkungsversprechens befindet. 432 Die bereits bei Vertragsschluss gegebene Mangelhaftigkeit des Gegenstandes ist folglich im Rechtssinne eigentlich keine solche: Da der Soll-Zustand mit dem Ist-Zustand übereinstimmt, ist der Schenkungsgegenstand rechtlich nicht fehlerhaft! Die Leistung des „mangelhaften" Schenkungsgegenstandes ist daher keine teilweise Nichterfüllung, sondern eine vollständige Erfüllung des Schenkungsversprechens. Nur konsequent ist es also, dass Ansprüche auf Ersatz des Erfüllungsinteresses nicht bestehen. (2) Etwas anderes gilt jedoch - ohne, dass das Gesetz dies im Schenkungsrecht ausdrücklich erwähnt - , wenn der Schenker (ggf. formbedürftig, §518 BGB!) die Mangelfreiheit in Form einer Zusicherung garantiert. 433 Dann haftet er aus diesem Versprechen. Inhaltlich ist diese Haftung aber - wie beim Kauf - keine Schadensersatzhaftung, sondern eine Erfüllungshaftung, die praktisch stets auf Geldersatz gerichtet sein dürfte. 4 3 4 (3) Ebenso kann es bei anfänglicher Mangelhaftigkeit des Schenkungsgegenstandes entgegen den §§ 523 I, 524 I BGB zu einer Haftung auf das positive Interesse kommen, wenn der Schenker dem Beschenkten - abwei431
So auch MünchKomm-Kollhosser, BGB, 3. Aufl., § 523 Rn. 6, § 524 Rn. 1. Vgl. nur das Sprichwort „Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul!". Siehe im Übrigen Mugdan, Materialien II, S. 164, sowie S. 750: „Er (der Schenker) wolle sich nur verpflichten, die Sache so zu gewähren, wie er sie selbst habe.". 433 Vgl. MünchKomm-Kollhosser, BGB, 3. Aufl., § 524 Rn. 1; StaudingerCremer, BGB, 13. Bearb., § 523 Rn. 3, § 524 Rn. 1. 434 Siehe dazu oben S. 119 f. 432
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chend vom typischen Inhalt eines Schenkungsversprechens - die Behebung des beiderseitig bekannten Mangels verspricht. Leistet der Schenker den Gegenstand gleichwohl im mangelhaften Zustand, so liegt darin eine teilweise Nichterfüllung trotz vollständiger Möglichkeit der Leistung: Die Erfüllungspflicht war auf einen mangelfreien Gegenstand gerichtet; eine leistungsstörungsrechtliche Teilunmöglichkeit war deshalb nicht gegeben, weil das im Mangel liegende Leistungshindernis vom Schenker zu überwinden und also nicht „überobligatorisch" war. In einem solchen Fall behält folglich der Schenker seinen Erfüllungsanspruch. Zu einer Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung gelangt man über § 286 I I 1 BGB oder unabhängig von Verzug und Interessefortfall, wenn der Schenker die Erfüllung endgültig verweigert (§ 286 I I 1 BGB analog). Letzteres ist - wie bei § 480 I I BGB - stets dann anzunehmen, wenn der Schenker dem Beschenkten arglistig die mangelhafte Sache leistet. Inhaltlich gilt für diesen Ersatzanspruch das zur Haftung bei anfänglichen Sachmängeln des Kaufgegenstandes Ausgeführte. 435 Der Schenker schuldet grundsätzlich den „kleinen" Schadensersatz. Innerhalb desselben ist nur insoweit Raum für die Naturalrestitution, als der Beschenkte die Kosten für die Mängelbeseitigung durch einen Dritten vom Schenker verlangen kann. Hat der Beschenkte am Schenkungsgegenstand in mangelhaftem Zustand im Sinne von § 280 I I 1 BGB - kein Interesse, so kann er unter Zurückweisung des Gegenstandes Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen („großer" Schadensersatz). 436 Dieser ist nur insoweit auf Herstellung in Natur gerichtet, als die Voraussetzungen für die „substitutive" Restitution vorliegen oder der Fall eines weiterentwickelten Schadens gegeben ist. Der Schenker hat also ggf. die Kosten für die Beschaffung eines ähnlichen Gegenstandes bei einem Dritten bzw. für die Beschaffung des Gegenstandes zu erstatten, gegen den der Beschenkte den mangelfreien Schenkungsgegenstand eingetauscht hätte. (4) Aber auch, wenn weder ein derartiges besonderes Schenkungsversprechen noch eine Garantie des Schenkers vorliegt, ist die in den §§ 523 I, 524 I BGB angeordnete Haftungsbeschränkung auf das negative Interesse nicht stets sachgerecht. Denn führt der Schenker nach Abschluss des Schenkungsvertrags in zu vertretender Weise (§ 521 BGB) Mängel am Schenkungsgegenstand herbei, so kann er nicht von jeglicher Haftung frei sein. Anderenfalls würde das (formwirksame) Schenkungsversprechen gänzlich entwertet. Selbstverständlich haftet der Schenker hier - ohne dass die 435
Vgl. oben S. 144 ff. Zur Möglichkeit, auch bei teilweiser Nichterfüllung einer einseitigen Leistungspflicht den „großen" Schadensersatz zu verlangen siehe oben bei und in Fn. 300. 436
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
§§ 523, 524 BGB Derartiges anordnen würden - auf Schadensersatz wegen (teilweiser) Nichterfüllung. Dies ergibt sich aus Folgendem: Weil sich die nachträglich mangelhafte Sache nicht mehr in ihrem geschuldeten Zustand (so, wie sie im Zeitpunkt des Schenkungsversprechens beschaffen war) befindet, liegt in der Mangelhaftigkeit eine Leistungserschwerung; und da sich der Schenker regelmäßig nicht zur Nachbesserung verpflichtet, ist diese Leistungserschwerung „überobligatorisch". Daher erlischt zwar die schuldnerische Erfüllungspflicht in entsprechendem Umfang. Hat der Schenker den Mangel aber zu vertreten, so hat er dafür gemäß § 280 BGB Schadensersatz zu leisten 4 3 7 , für dessen Inhalt das oben bei der Haftung aufgrund nachträglicher Mängel des Kaufgegenstandes Ausgeführte 438 gilt. Ein Rückgriff auf die Figur der p F V 4 3 9 ist dabei ebenso wie im Kaufrecht überflüssig und verfehlt. Beispiel: A schenkt Β notariell beurkundet seinen PKW. Noch vor Schenkungsvollzug lässt A aus den Reifen die Luft und übereignet den Wagen zur Sicherheit an X. Ersteres stellt einen Sachmangel, Zweiteres einen Rechtsmangel dar. Also hat A gemäß § 280 I BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten. Dieser geht - wie stets in diesen Fällen primär auf Naturalrestitution. A hat gemäß §§ 280 I, 249 S. 1 BGB die Reifen also wieder mit Luft zu füllen und zugleich das Sicherheitseigentum des X zu beseitigen bzw. die hierfür erforderlichen Kosten zu erstatten (§ 249 S. 2 BGB). Anstelle dieses „kleinen" Schadensersatzes kann der Beschenkte bei Interessefortfall aber auch gemäß § 280 I I 1 BGB „großen" Schadensersatz verlangen, also die mangelhafte Sache zurückweisen und den gesamten Nichterfüllungsschaden geltend machen. Inhaltlich ist dieser Schadensersatzanspruch nie auf Leistung der Sache in mangelfreien Zustand durch den Schenker gerichtet. Die Naturalrestitution kommt nur in ihrer „substitutiven" Form sowie dann in Betracht, wenn sich der Schaden weiterentwickelt hat. Der Schenker hat also ggf. einen (ihm oder einem Dritten gehörenden) ähnlichen Gegenstand bzw. den Gegenstand zu leisten, gegen den der Beschenkte den mangelfreien Schenkungsgegenstand eingetauscht hätte.
437
So auch Larenz, Schuldrecht I I / l , § 47 II b (S. 202). Siehe oben S. 139 ff. 439 So etwa Staudinger-Cremer, BGB, 13. Bearb., § 524 Rn. 3; MünchKommKollhosser, BGB, 3. Aufl., § 523 Rn. 4; Erman-Seiler, BGB, 9. Aufl., § 523 Rn. 4. 438
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bb) Die Schenkung eines erst noch vom Schenker zu beschaffenden Gegenstandes (1) Fall der Schenkung eines zu beschaffenden, nach bestimmten Gegenstandes
nur der Gattung
Verspricht der Schenker dem Beschenkten die Leistung eines von ihm erst noch zu beschaffenden, nur der Gattung nach bestimmten Gegenstandes, so ergäbe sich bei Mangelhaftigkeit des dem Beschenkten schließlich zugewandten Gegenstandes eigentlich folgendes Bild: Die Mangelhaftigkeit stellte zwar grundsätzlich eine Leistungserschwerung für den Schenker dar. Doch weil er sich zur Leistung einer mangelfreien Sache aus einer Gattung verpflichtet hat, müsste er diese Leistungserschwerung überwinden. Wie bei Gattungskauf wäre also die Mangelhaftigkeit der vom Schuldner zur Leistung vorgesehenen Sache kein „überobligatorisches" Leistungshindernis. Teilunmöglichkeit läge mithin nicht vor. Der Schenker bliebe folglich zur vollständigen, also mangelfreien Leistung verpflichtet. Der Beschenkte hätte einen Neulieferungsanspruch und unter den Voraussetzungen des § 326 BGB oder bei endgültiger Erfüllungsverweigerung - die wiederum bei arglistiger Schlechtleistung entsprechend § 480 I I BGB unterstellt werden könnte - einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Diesen Weg geht das Gesetz indes nicht. Die Erfüllungs- bzw. Schadensersatzhaftung des Schenkers hängt hier nach §§ 523 II, 524 I I BGB davon ab, dass er den Rechts- bzw. Sachmangel bei Erwerb der Sache kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Erfährt der Schenker also erst nach Erwerb der Sache von deren Mangelhaftigkeit, so scheidet eine Haftung auf das positive Interesse aus. 4 4 0 Dies bedeutet, dass sich die Erfüllungspflicht des Schenkers bei gutgläubigem Erwerb einer mangelhaften Sache auf eben diese beschränkt 441 : Die Schenkungsschuld konkretisiert sich auf den Gegenstand in seinem mangelhaften Zustand. Die Gattungsschenkung wird damit nach gutgläubigem Erwerb quasi zur Stückschenkung. 442 Hintergrund 440
Die Besonderheit dieser Vorschrift wird nochmals deutlich, wenn man sich als Parallelfall einen Gattungskauf vorstellt. Der Gattungsverkäufer, der nach Erwerb der Gattungssache deren Mangelhaftigkeit erkennt, bleibt gegenüber dem Käufer selbstverständlich weiterhin zur Leistung einer mangelfreien Sache verpflichtet. 441 MünchKomm-Kollhosser, BGB, 3. Aufl., § 523 Rn. 9 a.E., § 524 Rn. 4. 442 Verfehlt ist es daher selbstverständlich, die Schadensersatzhaftung nach § 524 II 2 BGB auch für den Fall eingreifen zu lassen, dass der Schenker von der Mangelhaftigkeit des Schenkungsgegenstandes erst nach dessen Erwerb Kenntnis erlangt (so aber Staudinger-Cremer, BGB, 13. Bearb., § 524 Rn. 4). Denn infolge des gutgläubigen Erwerbs reduziert sich - wie dargelegt - die Erfüllungspflicht des Schenkers auf den mangelhaften Gegenstand. Dessen Leistung ist daher erfüllungsgemäß und kann - selbst wenn er die Mangelhaftigkeit verschweigt - keine Nichterfül-
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dürfte wiederum eine vom Gesetz wohl zu Recht angenommene Besonderheit von Schenkungen sein: Verspricht der Schenker die Beschaffung eines Gegenstandes aus einer Gattung, so sagt er damit wohl grundsätzlich nur die sorgfältige Auswahl eines Gegenstandes zu, auf den sich dann seine Haftung - im tatsächlich bestehenden Zustand - beschränken soll. 4 4 3 Konsequenz ist, dass die dann mangelhafte Leistung rechtlich nicht fehlerhaft ist, sondern dem als Erfüllung Geschuldeten entspricht. Entstehen an der erworbenen Sache nachträglich weitere Sach- und Rechtsmängel, so gilt: Die Erfüllungspflicht des Schenkers reduziert sich insoweit aufgrund teilweiser leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit. Hat der Schenker die Entstehung dieser zusätzlichen Mängel nicht zu vertreten, so wird er also trotz seines ursprünglichen Gattungsversprechens von einer Neulieferungspflicht frei. 4 4 4 Im Falle des Vertretenmüssens haftet er aber - wie bei der Schenkung eines bereits beim ihm befindlichen Gegenstandes - auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aufgrund nachträglicher Teilunmöglichkeit aus § 280 I BGB bzw. § 280 I I 1 B G B . 4 4 5 Das diesbezügliche Schweigen der §§ 523, 524 BGB ist auch hier nicht etwa im Sinne eines Ausschlusses der Haftung aufzufassen. Ist der Schenker bei Erwerb des Gegenstandes aber bösgläubig, so wird ihm das Privileg der Erfüllungspflichtreduzierung nicht zuteil: Wer sehenden Auges eine mangelhafte Sache als Schenkungsgegenstand auswählt, der wird von seinem Gattungsschuldversprechen nicht befreit. Denn er hätte ja problemlos auch ein mangelfreies Stück aus der Gattung auswählen lungshaftung (sondern nur eine Haftung auf den Vertrauensschaden) auslösen. Anders ausgedrückt: Wer die Haftung des § 524 II 2 BGB auch bei erst nach Erwerb eintretender Bösgläubigkeit anwenden will, vermag nicht zu erklären, weshalb nach § 524 II 1 BGB für diesen Fall gerade kein Anspruch auf Neulieferung besteht. 443 Natürlich ist es auch denkbar, dass das Beschaffungsversprechen des Schenkers weiter reicht, er also nicht nur die sorgfältige Auswahl, sondern - wie ein Gattungsverkäufer - die fehlerfreie Lieferung verspricht. Dann trifft ihn - wie eingangs dargestellt - auch dann weiterhin eine Erfüllungspflicht, wenn er erst nach Erwerb von der Mangelhaftigkeit Kenntnis erlangt. Und über § 326 BGB bzw. bei endgültiger Erfüllungsverweigerung (die bei arglistiger Schlechtleistung unterstellt wird) kommt es zu einer Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, die den oben S. 146 ff. dargestellten Inhalt hat. 444 Entsprechend würde, wenn die mangelhaft, aber gutgläubig erworbene Sache vor Schenkungsvollzug zufällig untergeht, der Schenker von seinem Schenkungsversprechen gänzlich frei, obwohl der Schenkungsgegenstand nur der Gattung nach bestimmt war. Dies ist die zwingende Konsequenz der den §§ 523 II, 524 II BGB zu entnehmenden Konkretisierung der Schenkerspflicht. 445 Zum Inhalt dieser Schadensersatzpflicht vgl. das zur Haftung wegen nachträglicher zu vertretender Mängel eines konkreten, bereits beim Schenker befindlichen Gegenstandes, Ausgeführte, oben S. 153 f.
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können. Es wäre in der Tat sonderbar, wenn der Schenker gezielt seine Erfüllungspflicht reduzieren könnte. Entsprechend besteht in diesen Fällen seine Erfüllungspflicht f o r t 4 4 6 : Bei mangelhafter Leistung hat der Beschenkte folglich einen Anspruch auf Neulieferung. Und zugleich kann er nach Maßgabe von § 286 I I 1 BGB oder bei endgültiger Erfüllungsverweigerung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Inhaltlich entspricht dieser dem Anspruch des Käufers aus § 480 I I B G B . 4 4 7 Für Sachmängel ordnet das Gesetz dies deutlich an: Die Neulieferungspflicht statuiert § 524 I I 1 BGB. Die sofortige Schadensersatzpflicht bei durch arglistige Schlechtleistung dokumentierter - endgültiger Erfüllungsverweigerung ergibt sich aus § 524 I I 2 BGB. Aber auch bei Rechtsmängeln ist dies der gesetzlichen Regelung, wenngleich etwas schwieriger, zu entnehmen: Zwar sieht § 523 I I 1 BGB in diesen Fällen lediglich eine unmittelbare Schadensersatzhaftung vor. Doch zeigt der Verweis auf § 433 I 1 BGB in § 523 I I 2 BGB, dass der Schenker primär zur mangelfreien Leistung verpflichtet i s t 4 4 8 und nur nach Maßgabe von § 286 I I 1 BGB oder den allgemein anerkannten Regeln bei endgültiger Erfüllungsverweigerung 449 auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung haftet. (2) Fall der Schenkung eines zu beschaffenden,
konkreten Gegenstandes
Ungereimtheiten enthält das Gesetz vor allem für den Fall der Schenkung eines konkreten Gegenstandes, den der Schenker erst noch zu beschaffen hat. Ist der solchermaßen erworbene Gegenstand sachmangelhaft, so haftet der Schenker gemäß § 524 BGB auch dann nicht auf Schadensersatz wegen 446 Wie dargestellt ist die Mangelhaftigkeit der erworbenen Sache zwar eine Leistungserschwerung, die indes nicht „überobligatorisch" ist und folglich keine Teilunmöglichkeit mit entsprechendem Erlöschen der Erfüllungspflicht auslöst. 447 Siehe dazu oben S. 146 ff. 448 So auch Soergel-Mw7i//Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 523 Rn. 10; RGRKMezger, BGB, 12. Aufl., § 523 Rn. 4; Staudinger-Cremer, BGB, 13. Bearb., § 523 Rn. 4; Larenz, Schuldrecht I I / l , § 47 II b (S. 203); im Ergebnis ebenso MünchKomm-Kollhosser, BGB, 3. Aufl., § 523 Rn. 9, der freilich annimmt, ab GefahrÜbergang bestehe ein solcher Erfüllungsanspruch nicht mehr. Doch warum sollte der Erfüllungsanspruch hier untergehen, wenn weder eine übermäßige Leistungserschwerung eingetreten ist noch der Gläubiger das Interesse an ihm verloren hat? Vgl. auch Erman-Sei/er, BGB, 9. Aufl., § 523 Rn. 4. 449 Entsprechend § 524 II 2 BGB muss also auch die arglistig rechtsmangelhafte Leistung in diesen Fällen (der Bösgläubigkeit des Schenkers bei Erwerb des Schenkungsgegenstandes) unmittelbar zu einer Schadensersatzpflicht des Schenkers führen.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Nichterfüllung, wenn er bei Erwerb bösgläubig war, also den Mangel kannte. Diese Regelung ist prinzipiell sachgerecht. Anders als bei einer Gattungsschenkung kann dem Schenker hier nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe eine mangelhafte Sache ausgewählt, obwohl er auch eine mangelfreie hätte erwerben können. Gerade weil seine Schenkungspflicht auf genau den mangelhaften Gegenstand gerichtet war, bleibt dem Schenker in diesen Fällen doch gar keine andere Wahl als den Schenkungsgegenstand als mangelhaften zu erwerben. Wie sollte daher der Umstand der Kenntnis bei Erwerb die Schadensersatzhaftung begründen? Wer hier dem Beschenkten das positive Interesse gewähren wollte, könnte dies nur, wenn er dem Schenker den Vorwurf macht, die Sache mangelhaft geleistet zu haben. Da er aber - anders als bei einer Gattungsschenkung - auf keine andere Sache ausweichen konnte, hieße dies, dass der Schenker in diesen Fällen eine Nachbesserungspflicht haben müsste. Er würde den Schenkungsgegenstand nicht in dem Zustand schulden, in dem er sich befindet, sondern mangelfrei. Derartiges kann natürlich schenkungsweise versprochen werden. Doch ist dies regelmäßig eben nicht der Fall. Genau wie sich bei der Schenkung eines schon beim Schuldner befindlichen Gegenstandes die Pflicht des Schuldners auf den Gegenstand in dem Zustand beschränkt, in dem dieser sich zum Zeitpunkt des Schenkungsversprechens befindet, muss auch bei einer „Beschaffungs-Stück-Schenkung" eine solche Beschränkung angenommen werden. Denn Letztere unterscheidet sich von Ersterer nur durch das Beschaffungsversprechen. Dadurch übernimmt der Schenker aber lediglich die zusätzlichen mit der Beschaffung verbundenen Mühen. Keinesfalls wohnt diesem Versprechen per se darüber hinaus die Erklärung inne, eventuell vorhandene Sachmängel zu beseitigen. Wer Derartiges unterstellt, könnte nicht erklären, weshalb dies bei einer bereits beim Schuldner befindlichen Sache nicht erst recht gelten sollte. Ist aber damit bei der Stückschenkung die Sachmangelhaftigkeit der erworbenen Sache auch dann kein legitimer Grund für eine Haftung des Schenkers auf das positive Interesse, wenn er bei Erwerb bösgläubig war, so kann für den Parallelfall der Rechtsmangelhaftigkeit nichts anderes gelten: Auch hier darf es zu keiner Nichterfüllungshaftung des Schenkers kommen. 4 5 0 Die Haftung aus § 523 I I BGB ist also auf Gattungsschenkungen zu beschränken. Darauf lässt schon der Umstand schließen, dass es zwischen Sach- und Rechtsmängeln keinen rechtlich relevanten Unterschied gibt. 4 5 1 Und erst recht gilt dies nach dem eben Ausgeführten: Eben weil 450
So auch MünchKomm-Kollhosser, BGB, 3. Aufl., § 523 Rn. 6; Erman-Seiler, BGB, 9. Aufl., § 523 Rn. 3; mit Einschränkungen Sotrgel-Mühl/Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 523 Rn. 9; a.A. offenbar Staudinger-Cremer, BGB, 13. Bearb., § 523 Rn. 4 sowie RGRK-Mezger, BGB, 12. Aufl., § 523 Rn. 4 mit § 524 Rn. 1.
Β.
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der Schenker in den Fällen der Schenkung eines konkreten, freilich erst zu beschaffenden Gegenstandes auch dann keine andere Wahl hat, wenn er bei Erwerb von der Rechtsmangelhaftigkeit desselben erfährt, kann ihm daraus keine Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung erwachsen. Auch aufgrund seines Beschaffungsversprechens ergibt sich nicht etwa die Pflicht, etwaige Rechtsmängel des Schenkungsgegenstandes zu beseitigen. Wenn beispielsweise A dem Β ein bestimmtes, noch bei C befindliches Gemälde schenkt und beim Erwerb bei C erfährt, dass an diesem ein Vermieterpfandrecht zugunsten des D besteht, so haftet der A dem Β entgegen dem Wortlaut des § 523 I I 1 BGB nicht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Weist er den Β bei Übertragung auf den Rechtsmangel hin, so ist er von jeder Haftung frei. Unterlässt er dies arglistig, so haftet er gemäß § 523 I BGB auf Ersatz des negativen Interesses des B.
cc) Schenkung eines nur der Gattung nach bestimmten Gegenstandes aus dem Gattungsbestand des Schenkers Der Vollständigkeit halber soll hier noch kurz auf die Konstellation eingegangen werden, dass der Schenker die Leistung eines nur der Gattung nach bestimmten Gegenstandes aus seinem bereits bei ihm befindlichen Gattungsvorrat verspricht. 452 Beispiel: A betreibt eine Katzenzucht und schenkt dem Β eine der vier gerade neugeborenen Katzenjungen. Wählt hier A bewusst ein mangelhaftes (etwa krankes) Kätzchen für Β aus, so bleibt er - entsprechend dem den §§ 523 II, 524 I I BGB innewohnenden Gedanken - zur mangelfreien Erfüllung, d.h. zur Leistung eines gesunden Kätzchens verpflichtet. Denn auch hier kann dem A der Vorwurf gemacht werden, nicht ein gesundes Tier ausgewählt zu haben. Die bewusst schlechte Auswahl soll den Schenker nicht privilegieren. Obwohl die §§ 523 II, 524 I I BGB diesen Fall nicht erfassen, kann es in dieser Konstellation über § 286 I I 1 BGB oder bei endgültiger Erfüllungsverweigerung zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung kommen. Für deren Inhalt gilt wiederum das zu § 480 I I BGB Ausgeführte sinngemäß. 453 Trifft A dagegen gutgläubig die Wahl des kranken Tieres, so reduziert sich seine Erfüllungspflicht hierauf. Eine Haftung auf das positive Interesse scheidet aus. 4 5 4 451
Siehe dazu oben S. 138 f. Vgl. hierzu MünchKomm-Kollhosser, BGB, 3. Aufl., § 523 Rn. 3. 453 Siehe oben S. 146 ff. 454 Anders wohl MünchKomm-Kollhosser, BGB, 3. Aufl., § 523 Rn. 3; ErmanSeiler, BGB, 9. Aufl., § 523 Rn. 4; Staudinger-Cremer, BGB, 13. Bearb., § 523 Rn. 3, die offenbar stets, also unabhängig von der Gutgläubigkeit bei der Auswahl 452
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Sind alle Kätzchen krank, so liegt ein Fall von Teilunmöglichkeit vor. Entsprechend kommt es nach Maßgabe der oben erwähnten Kriterien nur dann zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung, wenn er die Krankheit nach Abschluss des Schenkungsvertrages zu vertreten hatte. c) Die Haftung für Mängel der Mietsache Gemäß §§ 538 I, 541 BGB haftet der Vermieter einer Sache auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, wenn die Mietsache von Anfang an oder später aufgrund eines vom Vermieter zu vertretenden Umstandes mit einem Sach- oder Rechtsmangel 455 behaftet ist oder der Vermieter mit der Beseitigung eines solchen in Verzug kommt. Um die Frage des Inhalts der betreffenden Schadensersatzansprüche beantworten zu können, gilt es wiederum zu klären, welche ratio der jeweiligen Schadensersatzpflicht zugrunde liegt. Dabei gilt es vorweg Folgendes zu beachten: Gemäß § 536 BGB trifft den Vermieter die Pflicht, die Mietsache im vertragsgemäßen Zustand zu überlassen und während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Daraus folgt, dass die Rechts- oder Sachmangelhaftigkeit der Mietsache für sich genommen in aller Regel keine leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit darstellt. Denn die darin für den Vermieter liegende Leistungserschwerung ist von ihm gemäß § 536 BGB zu überwinden; die dafür erforderliche Anstrengung ist also nicht überobligatorisch. Dadurch unterscheidet sich das Mietrecht gerade vom Kaufrecht, wo der Verkäufer prinzipiell nicht verpflichtet ist, Mängel des Kaufgegenstandes zu beseitigen, diese also zu leistungsstörungsrechtlicher Teilunmöglichkeit führen. Führt damit das Vorliegen eines Mangels an der Mietsache nicht dazu, dass die Leistungserbringung durch den Vermieter für die Zukunft unmöglich ist, so liegt gleichwohl im Hinblick auf den vergangenen Zeitraum, während dem die Mietsache mangelhaft war, in aller Regel (teilweise) leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit und nicht lediglich eine schlichte einen Anspruch auf Leistung eines mangelfreien Stückes bejahen, solange der Schenker ein solches in seinem Vermögen hat. Doch vermag es nicht einzuleuchten, weshalb dem Schenker die Privilegierung bei „gutgläubiger Auswahl" nicht auch dann zustehen soll, wenn die zur Auswahl stehenden Gegenstände bereits ihm selbst gehören. Oft dürfte es ohnehin Zufall sein, ob der Schenker den Gegenstand aus seinem Vorrat zunächst auswählt und dann - als Stück - schenkt (dann keine Nichterfüllungshaftung) oder ob er die Auswahl erst nach dem Schenkungsversprechen trifft. 455 Voraussetzung ist freilich, dass dem Mieter die Mietsache aufgrund des Rechtsmangels ganz oder teilweise entzogen wird.
Β.
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Nichterfüllung trotz Möglichkeit vor. Dies entspringt der mietvertraglichen Besonderheit, dass die Leistung des Vermieters nicht einen einmaligen Akt darstellt, sondern auf Dauer während des vereinbarten Zeitraums zu erbringen ist, also Fixschuldcharakter hat. Nicht nur die Leistungserbringung als solche, sondern die Erfüllung gerade während der vereinbarten Mietzeit wird geschuldet. Die nicht erbrachte Leistung kann demgemäß grundsätzlich nicht nachgeholt werden. Erfüllt also der Vermieter seine Pflichten während eines Teils der vereinbarten Mietzeit (teilweise) nicht, so führt dies dazu, dass er seine Pflichten insoweit überhaupt nicht mehr erfüllen kann. Der Zeitablauf führt zu einem Leistungshindernis, das der Vermieter schon tatsächlich nicht überwinden kann und deshalb auch typischerweise nicht zu überwinden versprochen hat. Das aber bedeutet: Wie beim absoluten Fixgeschäft führt die bei Mangelhaftigkeit der Mietsache gegebene teilweise Nichterfüllung für die Vergangenheit stets dazu, dass die Leistung des Vermieters insoweit unmöglich im Sinne des Leistungsstörungsrechts wird456 Davon ausgehend ergibt sich für die Schadensersatzpflichten des Vermieters bei Mängeln der Mietsache Folgendes: aa) Die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei nachträglichen, zu vertretenden Mängeln, § 538 I 2. Alt. BGB (i.V.m. § 541 BGB) (1) Wie dargelegt, führt ein nachträglich entstehender Mangel der Mietsache für sich genommen regelmäßig noch nicht zur Unmöglichkeit der künftigen Leistungserbringung. Der Vermieter hat ihn im Rahmen seiner primären Erfüllungspflicht zu beseitigen. Doch stellt die Mangelhaftigkeit der Mietsache in der Vergangenheit eine teilweise Nichterfüllung dar, die aufgrund der mangelnden Nachholbarkeit der vermieterlichen Leistung mit teilweiser Unmöglichkeit einhergeht. Indem damit der Vermieter einen Mangel herbeiführt, verursacht er zurechenbar diese Unmöglichkeit. Und hat er den betreffenden Mangel zu vertreten, so gilt dies auch für die Unmöglichkeit: Auch diese hat er dann zu vertreten. Das aber bedeutet, dass die in § 538 I 2. Alt. BGB angeordnete Schadensersatzhaftung des Vermie456 Vgl. Hassold, NJW 1975, S. 1863; Larenz, Schuldrecht I I / l , § 48 III b 3 (S. 238). Vgl. auch Esser/Weyers, Schuldrecht I I / l , § 15 II 2 d (S. 146); sowie Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 129 (für die parallele Konstellation beim Arbeitsvertrag). Verfehlt ist es damit aber, wenn die Haftung aus § 538 I BGB pauschal als eine wegen anfänglicher Unmöglichkeit begriffen wird (vgl. nur etwa BGHZ 93, 142 ff.; BGH, NJW 1980, S. I I I ff.). Anfänglich, d.h. bei Vertragsschluss liegt eben wegen der Mangelbeseitigungspflicht des Vermieters nach § 536 BGB regelmäßig noch keine Unmöglichkeit vor. Zu einer solchen kommt es erst infolge des Zeitablaufs, also nachträglich. 11 Gebauer
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
ters eine solche für teilweise zu vertretende nachträgliche Unmöglichkeit darstellt, § 538 I 2. Alt. BGB damit nichts anderes als eine spezielle Ausprägung von § 325 I 1 BGB ist. Für den Inhalt dieser Schadensersatzpflicht kann folglich auf die oben dargelegten Grundsätze zurückgegriffen werden. 4 5 7 Doch ergeben sich hier einige Besonderheiten: (a) Prinzipiell schuldet der Vermieter den „kleinen" Schadensersatz. Der Mieter „behält" also die - infolge Zeitablaufs ohnehin nicht mehr auskehrbare - mangelhafte Leistung, d.h. die Innehabung der mangelhaften Mietsache während der Vergangenheit und kann nur den aus dem Mangel entspringenden Schaden ersetzt verlangen. Im Hinblick auf diesen scheitert die in § 249 S. 1 BGB primär angeordnete Naturalrestitutionspflicht aber notwendig dann an § 251 I 1. Alt. BGB, wenn sie inhaltlich mit der ursprünglichen Erfüllungspflicht übereinstimmt. Denn infolge der fehlenden Nachholbarkeit der Mangelfreiheit bewirkt der Zeitablauf, dass die vollständige Leistungserbringung naturgemäß für den vergangenen Zeitraum nicht mehr möglich ist. Dies führt aber nicht nur - wie dargestellt - dazu, dass die Erfüllung leistungsstörungsrechtlich unmöglich ist, der Vermieter also aufgrund seines Erfüllungsversprechens nicht mehr leisten muss. Auch das Schadensersatzrecht befreit ihn gemäß § 251 I 1. Alt. BGB von der Wiederherstellungspflicht, weil dem Schadensersatzpflichtigen im Rahmen seiner Ersatzpflicht natürlich auch nichts schon logisch Unmögliches abverlangt wird. Obwohl also die schadensersatzrechtliche Leistungspflicht in der Regel weiter geht als die vertragliche Erfüllungspflicht, liegt bei § 538 I 2. Alt. BGB stets ein Fall vor, in dem die Erbringung der Leistung des Vermieters jenseits beider Leistungsgrenzen liegt. Weil die rückwirkende Nachholung der Gewährung einer mangelfreien Mietsache schon naturwissenschaftlich ausgeschlossen ist, geht in diesen Fällen die leistungsstörungsrechtliche mit der schadensersatzrechtlichen Unmöglichkeit einher. Eine inhaltliche Abweichung des insoweit entstandenen Schadens vom Erfolg der Erfüllung ist aber auch hier - wegen der fehlenden Abtrennbarkeit des Mangels - praktisch nicht denkbar 4 5 8 , so dass insoweit ebenfalls kein Raum für die Naturalrestitution ist. Im Rahmen des gemäß § 538 I 2. Alt. BGB grundsätzlich zu leistenden „kleinen" Schadensersatzes scheidet die Naturalrestitution also generell aus. (b) Ist jedoch infolge der Mangelhaftigkeit das Interesse des Mieters an der Innehabung des Mietgegenstandes in der Vergangenheit im Sinne von 457 458
Siehe oben S. 43 ff. Vgl. oben S. 140 f.
Β.
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§ 280 I I 1 BGB insgesamt weggefallen - Beispiel: die fensterlose Wohnung macht für den Mieter im Winter überhaupt keinen Sinn - , so kann er aus § 538 I 2. Alt. BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Mietvertrages während der Vergangenheit (insoweit also „großen" Schadensersatz) verlangen, so, wie wenn der Vermieter die Mietsache zeitweise überhaupt nicht zur Verfügung gestellt hätte. Insoweit käme die Naturalrestitution - nach Maßgabe der für die Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Interessefortfalls dargelegten Erwägung e n 4 5 9 - nur in Betracht, als sie sich inhaltlich von der ursprünglichen Erfüllung unterscheidet. Dies gilt einmal für die Konstellationen des weiterentwickelten Schadens. Beispiel: Aufgrund eines Versehens des Vermieters fallen während des Winters in der Wohnung des Mieters die Heizungen aus. Der Mieter muss deshalb vorübergehend eine Ersatzunterkunft anmieten, wodurch er einer Mietzinspflicht ausgesetzt ist. Hier besteht der Schaden des Mieters nicht mehr in dem „Nicht-Nutzen-Können" der Wohnung während des Vergangenheit, sondern in der eingegangenen neuen Verbindlichkeit. Mithin hat der Vermieter ihn nach §§ 538 I 2. Alt., 249 S. 1 BGB von dieser Verbindlichkeit zu befreien. 460 Zum anderen sind hier die Fälle zu berücksichtigen, in denen die Naturalrestitution in ihrer „substitutiven" Form, also dadurch erbracht wird, dass ein Zustand hergestellt wird, der mit dem hypothetisch bestehenden nicht identisch ist, diesem aber ähnlich ist (Beispiel: Leistung einer Sache der gleichen Gattung). Freilich ist Derartiges bei § 538 I 2. Alt. BGB dann gar nicht denkbar, wenn sich der Schaden des Mieters nicht weiterentwickelt hat, sondern allein darin besteht, dass er die Mietsache aufgrund des Mangels während der Vergangenheit nicht so nutzen konnte, wie ihm dies vertraglich versprochen war. Kann infolge des Zeitablaufs dem Mieter für die Vergangenheit nicht mehr die Mietsache im mangelfreien Zustand gewährt werden, so scheidet naturgemäß auch die Gewährung einer ähnlichen Mietsache aus. Der hypothetisch - ohne das schädigende Ereignis - bestehende Zustand kann also auch nicht annäherungsweise erreicht werden. Der Mieter hat die Mietsache in der Vergangenheit nicht so nutzen können, wie vereinbart. Daran lässt sich nichts mehr ändern. Eine „substitutive" Restitu459
Siehe oben S. 105 ff. Dass es sich bei dieser Befreiung um Naturalrestitution und nicht etwa um Geldersatz handelt, zeigt sich schon dann, wenn man den Fall - zugegebenermaßen etwas lebensfremd - dahingehend abwandelt, dass die vom Mieter eingegangene Verbindlichkeit auf etwas anderes als Geld gerichtet ist. Schuldet etwa der Mieter für die Ersatzunterkunft bestimmte Aktien, so obliegt es dem Vermieter aufgrund seiner Schadensersatzpflicht, diese zu leisten. Mit Geldersatz hat dies spätestens dann erkennbar nichts mehr zu tun. 460
1*
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
tion scheidet damit in den Fällen des § 538 I 2. Alt. BGB grundsätzlich aus. (c) Im Rahmen der Schadensersatzpflicht gemäß § 538 I 2. Alt. BGB kommt es mithin nur dann zu einer Naturalrestitution, wenn der Mieter infolge der Mangelhaftigkeit während der Vergangenheit an der Mietsache insgesamt kein Interesse hatte, also „großen" Schadensersatz verlangen kann und sich sein diesbezüglicher Nichterfüllungsschaden weiterentwickelt hat. (2) Ausnahmsweise kann indes bereits die Mangelhaftigkeit der Mietsache zu teilweiser Unmöglichkeit auch für die Zukunft führen. Wie ausgeführt, ist die für die Mangelbeseitigung erforderliche Anstrengung zwar in der Regel nicht überobligatorisch, sondern - wie sich aus § 536 BGB ergibt - vertraglich geschuldet. Doch können an der Mietsache fraglos auch Mängel entstehen, die die vertragliche Erhaltungspflicht des Vermieters übersteigen. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn die Mängel nicht mehr mit vernünftigem finanziellen Aufwand behoben werden können. Beispiel: Infolge eines Orkans wird die Hälfte der vermieteten alten Villa so stark beschädigt, dass nur noch die andere Hälfte genutzt werden kann. Eine Wiederherrichtung des beschädigten Teils würde jedoch erheblich mehr kosten, als der gänzliche Abriss und Neubau. Hier geht der in der Nichtnutzbarkeit der beschädigten Hälfte liegende Sachmangel typischerweise mit teilweiser leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit einher. Denn die Wiederherstellung der beschädigten Gebäudeteile wäre wie geschildert für den Vermieter wirtschaftlich sinnlos. 461 Deshalb wird er die Behebung eines solchen Mangels auch in aller Regel nicht vertraglich versprochen haben; die dafür erforderliche Anstrengung wäre mithin überobligatorisch. Führt aber damit bereits die Mangelhaftigkeit (und nicht erst der Zeitablauf) zu leistungsstörungsrechtlicher teilweiser Unmöglichkeit, so ergibt sich daraus zugleich eine weitere Konsequenz: Die eingetretene Unmöglichkeit besteht gerade auch im Hinblick auf die künftige Leistungserbringung des Vermieters. Wie typischerweise beim Kaufvertrag führt also hier der Mangeleintritt ebenfalls dazu, dass die Leistungserbringung in der Zukunft unmöglich wird. Auch auf einen solchen Mangel findet § 538 I 2. Alt. BGB seinem klaren Wortlaut nach Anwendung. 4 6 2 Hat der Vermieter den nachträglichen Eintritt eines solchen Mangels also zu vertreten, haftet er auf Schadens461
Darin liegt gerade der Unterschied zu den im Rahmen der vertraglichen Erfüllungspflicht zu beseitigenden Mängeln: Im Hinblick auf diese lohnt sich für den Vermieter typischerweise die Wiederherstellung. 462 Vgl. Hassold, NJW 1975, S. 1866.
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ersatz wegen Nichterfüllung. 463 Für die Ausgestaltung des Schadensersatzanspruches gilt hierbei: (a) Im Hinblick auf den Schaden, der sich aus der Mangelhaftigkeit der Mietsache in der Vergangenheit ergibt, gilt das für den „Normalfall" von § 538 I 2. Alt. BGB Erörterte: Eine Naturalrestitution scheidet vorbehaltlich der Fälle des weiterentwickelten Schadens beim „großen" Schadensersatz aus. (b) Hinsichtlich des Nichterfüllungsschadens durch die teilweise Nichtnutzbarkeit der Mietsache in der Zukunft gilt dagegen: (aa) Prinzipiell wird auch hier nur der „kleine" Schadensersatz geschuldet. Dieser könnte insoweit auf Naturalrestitution gerichtet sein, als der Vermieter die vorhandenen Mängel schadensersatzrechtlich beseitigen muss: Mag die Mangelbehebung auch überobligatorische, vertraglich nicht versprochene Anstrengungen erfordern, so kann sie dennoch gesetzlich durch das Schadensersatzrecht auferlegt sein. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, dass die Grenze der Zumutbarkeit nach § 251 I I BGB bei Mietverhältnissen weit schneller erreicht ist als bei Kaufverträgen. Eben weil aufgrund des Kaufvertrages der Kaufgegenstand dem Käufer bereits inter partes „gehört", muss der Verkäufer bei schuldhafter Beschädigung genau die Anstrengungen unternehmen, die derjenige schuldet, der fremdes Eigentum in entsprechender Weise verletzt. Bei Mietverträgen ist dies anders: Die Mietsache ist dem Mieter nur vorübergehend zugeordnet. Dieser hat auch inter partes eine weniger starke, weil von vornherein zeitlich und inhaltlich begrenzte Berechtigung an der Mietsache. Wenn der Vermieter also den vermieteten PKW einen Tag vor Mietende in einer (teilweise) Unmöglichkeit begründenden Weise beschädigt, so kann der Mieter über § 538 I 2. Alt. BGB wegen § 251 I I BGB regelmäßig nicht die Reparatur verlangen; hätte er den Wagen dagegen gekauft und hätte der Verkäufer den Wagen vor Übereignung in entsprechender Weise beschädigt, so könnte er die Wiederherstellung in Natur einfordern. Ist insoweit im Rahmen des „kleinen" Schadensersatzes (zumindest theoretisch) Raum für die Naturalrestitution, kommt sie wiederum nicht in ihrer „substitutiven" Form oder in der Konstellation des weiterentwickelten Schadens in Betracht. Denn mangels realer Abtrennbarkeit des Mangels von der 463
Hat der Vermieter diesen Mangel dagegen nicht zu vertreten, so muss er wie beschrieben - weder den Mangel beseitigen noch den Nichterfüllungsschaden des Mieters ersetzen. Allein der Mietpreis mindert sich entsprechend nach § 537 BGB. Zugleich hat der Mieter die Möglichkeit, durch eine außerordentliche Kündigung nach § 542 BGB auf die Vertragserfüllung insgesamt zu verzichten. Dies entspricht der Regelung im Kaufrecht, wo der Käufer bei Mangelhaftigkeit anstelle der Minderung ebenfalls eine gänzliche Vertragsaufhebung in Gestalt der Wandlung verlangen kann.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Mietsache ist allein im Hinblick auf den Mangel in aller Regel eine Weiterentwicklung des Schadens ebenso wenig denkbar wie die Möglichkeit, einen der Erfüllung bloß ähnlichen Zustand zu bewirken. 4 6 4 (bb) Fiel infolge der Mangelhaftigkeit das Interesse des Mieters am Vertrag insgesamt weg (vgl. §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB), so kann er Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen („großer" Schadensersatz). Dieser wäre nie auf die - mit der ursprünglichen Erfüllungspflicht identischen - Zur-Verfügung-Stellung des Mietgegenstandes in mangelfreiem Zustand gerichtet. Doch wäre für die Naturalrestitution Raum, wenn deren Inhalt von dem der künftigen Leistungserbringung abweicht. Der Vermieter haftet also aus § 249 S. 1 BGB auf naturale Wiederherstellung, soweit sich der Schaden des Mieters weiterentwickelt hat. Hätte also der Mieter die Mietsache berechtigt untervermietet und als Gegenleistung eine bestimmte andere Sache erhalten, so wäre Schadensersatz gemäß § 249 S. 1 BGB durch Leistung dieser anderen Sache zu erbringen. Auch ist Raum für die Restitution in ihrer „substitutiven" Form: Hat der Vermieter im Beispielsfall also etwa eine Vielzahl vergleichbarer Villen, so kann der Schadensersatzanspruch nach Maßgabe der dargestellten Kriterien auf Überlassung einer solchen gerichtet sein. Wäre bei einem Dritten eine vergleichbare Bleibe unter zumutbaren (§ 251 I I BGB) Bedingungen zu erhalten, so hätte der Vermieter für die Dauer der hypothetisch bestehenden Mietzeit die hierfür erforderlichen Kosten zu übernehmen. bb) Die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei Verzug mit der Mängelbeseitigung, § 538 I 3. Alt. BGB (i. V.m. § 541 BGB) Für die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei Verzug mit der Mängelbeseitigung gilt im Grunde nichts anderes wie das oben Ausgeführte 465 : Auch insoweit handelt es sich um eine spezielle Regelung der in § 325 I 1 BGB angeordneten Haftung für nachträgliche, zu vertretende (teilweise) Unmöglichkeit. Denn der Zeitablauf, d.h. das Vorliegen eines Mangels in der Vergangenheit führt wie dargelegt zu teilweiser leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit. Und wenn sich der Vermieter mit der Mangelbeseitigung im Verzug befindet, so hat er diese Unmöglichkeit auch zu vertreten, weil der Verzug nach § 285 BGB eben dies voraussetzt. 464
Siehe dazu die Ausführungen oben S. 140 f. Siehe oben S. 161 ff. Die dort unter (2) erörterte Konstellation, dass bereits die Mangelhaftigkeit zur (teilweisen) leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit führt, spielt innerhalb von § 538 I 3. Alt. BGB keine Rolle: Denn wenn der Mangel mit Unmöglichkeit einhergeht, der Vermieter ihn also nicht im Rahmen seiner Erfüllungspflicht beseitigen muss, dann kann er mit der Mangelbeseitigung auch nicht in Verzug kommen. 465
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Entsprechend ergibt sich auch für den Inhalt der Schadensersatzpflicht das, was zu § 538 I 2. Alt. BGB ausgeführt wurde: Regelmäßig ist diese auf Geldkompensation gerichtet. Raum für die Naturalrestitution bleibt nur insoweit, als sich der Schaden des Mieters weiterentwickelt hat. cc) Die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei anfänglichen Mängeln, § 538 I 1. Alt. BGB (i.V.m. § 541 BGB) (1) Auch die Haftung des Vermieters für bereits bei Vertragsschluss vorhandene Mängel ist letztlich nur eine spezielle Regelung der Schadensersatzpflicht wegen nachträglicher (teilweiser) Unmöglichkeit, und nicht etwa ein Fall der Haftung für anfängliche Leistungshindernisse. Denn stellt die Mangelhaftigkeit keine überobligatorische Anstrengungen erfordernde Leistungserschwerung dar, so bedeutet das, dass die Erfüllung des Mietvertrages trotz anfänglich vorhandener Mängel bei Abschluss des Vertrages leistungsstörungsrechtlich möglich ist. Auch insoweit führt erst die während eines Teils der Mietzeit gegebene Mangelhaftigkeit zur (teilweisen) Unmöglichkeit, die dann natürlich eine nachträgliche ist. Problematischer ist es hier, das Vertretenmüssen des Vermieters im Hinblick auf diese Unmöglichkeit zu begründen, setzt die Haftung aus § 538 I 1. Alt. BGB doch weder die Verantwortlichkeit des Vermieters für die Mangelhaftigkeit noch dessen Kenntnis davon voraus. Hintergrund dieser nach dem Wortlaut verschuldensunabhängigen - Einstandspflicht des Vermieters ist aber wiederum die in § 536 BGB statuierte Pflicht, die Mietsache mangelfrei zu gewähren und zu erhalten. Anders als der Verkäufer, der Waren oftmals nur weiterleitet - nicht selten ohne Möglichkeit der näheren Untersuchung 466 - , ist der Vermieter demnach für den Zustand der Mietsache verantwortlich. Daraus ergibt sich aber, dass derjenige, der eine Sache vermietet, die Pflicht hat, sich vor Einräumung des Besitzes über die Mangelfreiheit zu vergewissern. Tut er dies nicht, verletzt er also diese Pflicht und verursacht dadurch bei Mangelhaftigkeit der Sache, dass mit Zeitablauf die Vertragserfüllung teilweise unmöglich wird, so hat er diese Unmöglichkeit zu vertreten. An der Verantwortlichkeit des Vermieters fehlt es daher auch in den Fällen des § 538 I 1. Alt. BGB nicht. Zugleich ergibt sich daraus freilich eine Einschränkung der Haftung. Wenn der Vermieter ohne Verschulden an der Mängelbeseitigung vor Besitzerlangung des Mieters gehindert ist, so muss eine Haftung aus § 538 I 1. Alt. BGB trotz des insoweit einschlägigen Wortlauts ausscheiden, weil es sonst zu einem Widerspruch zu dem in § 325 I 1 BGB statuierten allgemei466 Man denke etwa an den Apotheker, der die von ihm veräußerte Ware gar nicht vorher öffnen darf und folglich nicht kontrollieren kann!
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nen Prinzip des Leistungsstörungsrechts käme, dass für nachträgliche Unmöglichkeit nur bei Vertretenmüssen gehaftet wird. Beispiel: V vermietet seine Wohnung an M. Bereits bei Vertragsschluss ist die Heizung defekt. V ist als ordentlicher Vermieter natürlich bereit, diesen Defekt noch vor Einzug des M zu beheben. Doch wird er unmittelbar nach Vertragsschluss entführt, so dass der M die ersten Wochen in der ungeheizten und also mangelhaften Wohnung zubringen muss. Hier hat V die infolge des Zeitablaufs eingetretene nachträgliche Unmöglichkeit nicht zu vertreten. Folglich haftet er - neben der gemäß § 537 BGB eintretenden Mietzinsminderung - nicht aus § 538 I 1. Alt. BGB auf Schadensersatz. Letztere Norm ist entsprechend einschränkend auszulegen. Daneben führt das dargelegte Verständnis zu einer weiteren Ungereimtheit. Die Haftung aus § 538 I 1. Alt. BGB setzt das Vorhandensein des Mangels bei Vertragsschluss voraus. Sieht man aber die verletzte Pflicht des Vermieters in den fraglichen Fällen darin, dass er sich vor Besitzübergabe an den Mieter nicht von der Mangelfreiheit vergewissert hat, so müsste die Haftung auch dann eingreifen, wenn die Mietsache erst nach Vertragsschluss, aber vor Besitzverschaffung mangelhaft wurde. 4 6 7 Auch dann hätte der Vermieter seine Untersuchungspflicht verletzt und damit in zu vertretender Weise die durch die Mangelhaftigkeit während der Vergangenheit entstandene teilweise Unmöglichkeit zu vertreten. Also muss die Schadensersatzpflicht des Vermieters auch in diesen Fällen eingreifen. § 538 I 1. Alt. BGB ist insoweit über seinen Wortlaut hinaus zu erweitern. Unabhängig davon, ob man die aufgezeigten Anpassungen am Tatbestand des § 538 I 1. Alt. BGB bereit ist mitzugehen, gilt für den Inhalt der Schadensersatzpflicht - eben weil es sich auch insoweit um einen Fall der Haftung wegen teilweiser nachträglicher Unmöglichkeit handelt - das bereits bei § 538 I 2. Alt. und 3. Alt. BGB Dargelegte: Die Naturalrestitution scheidet regelmäßig aus und kommt allein dort in Betracht, wo sich der Schaden des Mieters weiterentwickelt hat. (2) Hier gilt es jedoch ebenfalls noch den Ausnahmefall zu erörtern, dass die Mangelhaftigkeit zu (teilweiser) leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit (gerade auch hinsichtlich der künftigen Leistungserbringung) führt, weil der Vermieter entgegen § 536 BGB vertraglich nicht die Beseitigung des konkreten Mangels versprochen hat. Beispiel: Noch vor Vertragsschluss hat ein Orkan die eine Hälfte der vermieteten Villa so beschädigt, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohnt. Auch insoweit greift § 538 I 1. Alt. BGB seinem klaren Wortlaut nach ein und ordnet mithin - wie etwa § 463 S. 2 BGB - eine verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters für dieses 467
Rn. 4.
Diese Ungereimtheit rügt auch MünchKomm-Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 538
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hier ja anfängliche - Leistungshindernis a n . 4 6 8 Entsprechend kann auf die obigen Ausführungen zurückgegriffen werden: Grundsätzlich besteht trotz des Leistungshindernisses die Erfüllungspflicht des Vermieters fort. Er hat also den Mangel - obwohl er dies nicht versprochen hat - zu beseitigen (vgl. § 536 BGB). Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so kann der Mieter gemäß § 538 I 1. Alt. BGB - wie gerade beschrieben - Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. dd) Die Schadensersatzpflicht des Vermieters hinsichtlich der künftigen Leistungserbringung bei Nichtbeseitigung von Mängeln (§ 542 BGB) Über die erörterten Fälle der Schadensersatzhaftung des Vermieters nach den §§ 538 I, 541 BGB hinaus gibt es eine weitere Konstellation, in der der Vermieter wegen eines Sach- oder Rechtsmangels das Erfüllungsinteresse des Mieters zu ersetzen hat: Wie dargelegt, führt die Mangelhaftigkeit der Mietsache regelmäßig nur zur Unmöglichkeit der Erfüllung für die Vergangenheit. Insoweit kommt es nach Maßgabe von §§ 538 I, 541 BGB zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung. Die Leistungserbringung in der Zukunft bleibt möglich, weil der Vermieter aufgrund seines Vertragsversprechens verpflichtet ist, die Mängel zu beseitigen (§ 536 BGB). Behebt der Vermieter aber entgegen dieser Pflicht die Mängel nicht und hat er diese Pflichtverletzung zu vertreten, so liegt darin im Hinblick auf die künftige Leistungserbringung der Tatbestand einer zu vertretenden (teilweisen) Nichterfüllung trotz an sich bestehender Möglichkeit. Das allgemeine Leistungsstörungsrecht räumt dem Gläubiger für diesen Fall das Recht ein, sich hinsichtlich des nichterfüllten Teils nach vergeblicher Fristsetzung (§ 326 I BGB) bzw. bei Interessefortfall (§ 326 I I BGB) durch Rücktritt vom Vertrag zu lösen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung („kleiner" Schadensersatz) zu verlangen. Fehlt das Interesse an einer bloß teilweisen Erfüllung, so kann der Gläubiger gemäß § 326 I 3 BGB i.V.m. §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB vom gesamten Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit („großer" Schadensersatz) verlangen. (1) Ganz parallel zur zweitgenannten Konstellation gewährt das Mietrecht dem Mieter im Fall der unterbleibenden Mangelbeseitigung die Möglichkeit, die gesamte weitere Vertragsdurchführung durch eine außerordentliche Kündigung zu unterbinden, wobei auch insoweit eine Fristsetzung 468
Vgl. zur Haftung im Fall anfänglicher leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit - insbesondere ihrer prinzipiellen Bedenklichkeit! - die Ausführungen oben S. 119 ff.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
(§ 542 I 2 BGB) oder der Fortfall des Interesses (§ 542 I 3 BGB) erforderlich i s t . 4 6 9 Weil im Mietrecht eine Rückabwicklung des in der Vergangenheit regelmäßig schon teilweise vollzogenen Dauerschuldverhältnisses mit unerwünschten Komplikationen einhergehen würde, steht anstelle des Rücktrittsrechts das Recht zur außerordentlichen Kündigung. Der Sache nach aber wirkt diese im Hinblick auf die in der Zukunft liegende Vertragsdurchßhrung nicht anders als der Rücktritt. Schon weil § 542 BGB auch den Fall erfasst, dass der Vermieter seiner Mängelbeseitigungspflicht unverschuldet nicht nachkommt, ist dort neben dem Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht zugleich eine Schadensersatzhaftung statuiert. Daraus darf indes nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Schadensersatzhaftung in diesen Fällen ausscheidet. Die gezogene Parallele zu den allgemeinen Regelungen des Leistungsstörungsrechts belegt gerade, dass für den Fall der vom Vermieter zu vertretenden Nichtbeseitigung von Mängeln dem Mieter wahlweise neben dem Recht zur außerordentlichen Kündigung das Recht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, zustehen muss. 4 7 0 Sind also beispielsweise in der vermieteten Wohnung die Fensterscheiben infolge eines Orkans zerstört worden und kommt der Vermieter seiner Pflicht, neue Scheiben einzusetzen, schuldhaft nicht nach, so kann der Mieter nach § 542 BGB nach Fristsetzung oder bei unmittelbarem Interessefortfall den Vertrag für die Zukunft außerordentlich kündigen. Er muss aber auch seinen Nichterfüllungsschaden ersetzt verlangen können: Wenn er sich nunmehr etwa eine neue, vergleichbare Wohnung anmieten muss, für diese aber monatlich 50 D M mehr an Miete zu entrichten hat, so wäre es unverständlich, wenn der Vermieter diese Mehrkosten nicht zu tragen hätte. 4 7 1 Denn seine schuldhafte Nichterfüllung führte zu 469 Der in § 326 I 3 BGB i.V.m. §§ 325 I 2, 280 II 1 BGB vorausgesetzte Interessefortfall im Hinblick auf die Restleistung wird vom Mietrecht offenbar als stets gegeben vorausgesetzt. 470 Prinzipiell kann der Gläubiger - wie nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht auch - entweder kündigen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Entscheidet er sich (nach Fristsetzung bzw. Interessefortfall im Sinne von § 542 BGB) für Letzteres, so endet zwar wie im Falle der Kündigung ebenfalls die Erfüllungspflicht des Vermieters (entsprechend § 326 1 2 2. Hs. BGB). Der Mieter hat aber nach der Austauschtheorie seine Gegenleistung (d.h. seinen Mietzins) weiterhin zu erbringen und kann dann - wie im Folgenden dargestellt - seinen gesamten Nichterfüllungsschaden geltend machen. Wenn behauptet wird, der Mieter könne den Schadensersatzanspruch neben der Kündigung nach § 542 BGB geltend machen (so etwa Staudinger-Emmenc/i, BGB, 13. Bearb., § 538 Rn. 33 mit w. Nachw.), so handelt es sich dabei im Ergebnis um nichts anderes als die Schadensbestimmung nach der Differenzmethode (vgl. dazu ausführlich oben S. 89 ff.). Es bleibt mithin auch insoweit beim Grundsatz der Parallelität von allgemeinem und besonderem Leistungsstörungsrecht. 471 Verlangt der Mieter in diesem Fall Schadensersatz, so bleibt er zur Erbringung seiner Gegenleistung, also zur Mietzinszahlung an den Vermieter verpflichtet
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eben diesem Schaden des Mieters. Konstruktiv ist die Schadensersatzhaftung des Vermieters bei zu vertretender Nichtbeseitigung von Mängeln wiederum auf § 538 I BGB zu stützen. 472 Gemäß §§ 542, 538 I BGB kann also der Mieter in diesen Fällen außerordentlich kündigen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. 473 I m Grunde handelt es sich bei dieser Schadensersatzhaftung, wie dargelegt, um eine solche wegen weggefallenem Gläubigerinteresse. Inhaltlich ist sie folglich nach Maßgabe der bereits dargestellten Grundsätze nie darauf gerichtet, dass der Vermieter dem Mieter die Mietsache für die restliche Mietzeit mangelfrei zur Verfügung stellt. Dies entspräche der Erfüllung, gegen die sich der Mieter gerade entschieden hat. Doch ist auch hier gleichwohl Raum für die Naturalrestitution: Der Vermieter hat gemäß § 249 S. 2 BGB die Kosten für die Anmietung einer ähnlichen Mietsache bei einem Dritten oder für die Leistung, die der Mieter bei ordnungsgemäßer Erfüllung infolge der Innehabung der Mietsache hypothetisch erlangt hätte 4 7 4 , zu erstatten. Die mietweise Überlassung einer ähnlichen Sache durch den Vermieter selbst kommt dagegen (ebenso wie die Leistung der hypothetisch erlangten Sache) nur ausnahmsweise in Betracht, weil in aller Regel eine Sachleistungspflicht des Schuldners für den Gläubiger i m Sinne von § 251 I 2. Alt. BGB ungenügend i s t . 4 7 5 (2) Eine zur ersten geschilderten Konstellation des allgemeinen Leistungsstörungsrechts parallele bloße Teilkündigung sieht § 542 BGB indes nicht vor. Doch ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese dem Mieter nicht möglich sein soll. Wenn beispielsweise der Vermieter trotz Fristsetzung nach § 542 I 2 BGB den mitvermieteten Keller nicht vom dort befindlichen Geriimpel befreit, kann der Mieter durchaus ein Interesse daran haben, statt (Austauschmethode). Doch wird man hier, wenn der Schadensersatzanspruch wiederum auf eine Geldleistung gerichtet ist, eine Aufrechnung unterstellen können, so dass der Vermieter im Endeffekt nur den Mehrbetrag von 50 DM zu entrichten hat. Dies entspricht im Ergebnis der Anwendung der Differenzmethode. Vgl. i.ü. Fn. 470. 472 Vgl. etwa Siäuäing&T-Emmerich, BGB, 13. Bearb., § 538 Rn. 33; ErmanJendrek, BGB, 9. Aufl., § 538 Rn. 14. 473 Dafür spricht schließlich auch die Parallele zum Dienstvertrag, wo § 628 I I BGB für die entsprechende Konstellation eine Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung vorsieht. Eine Ungleichbehandlung von Miete und Dienstvertrag - nicht umsonst altertümlich als „Dienstmiete" bezeichnet - wäre insoweit aber nicht zu rechtfertigen. Vgl. nur etwa RGZ 89, 398, 400. 474 Beispiel: Der Mieter hätte die gemietete Sache berechtigt an einen Dritten untervermietet und dafür von diesem als Gegenleistung ein bestimmtes Gemälde erhalten. Der Ersatzanspruch ist auf Erstattung der Kosten für dieses Gemälde gerichtet. 475 Siehe dazu die Ausführungen oben S. 110 ff.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
der Kündigung des Mietvertrages insgesamt nur den sich auf den Kellerraum beziehenden Teil des Vertrages zu beenden und die Miete entsprechend zu kürzen. 4 7 6 Zugleich muss ihm damit das Recht offen stehen, statt der Teilkündigung gemäß §§ 542, 326 BGB Schadensersatz wegen der teilweisen Nichterfüllung der Verbindlichkeit in der Zukunft, also „kleinen" Schadensersatz zu verlangen. Für dessen Inhalt kann auf das bei der Pflicht zum „kleinen" Schadensersatz bei anfänglicher Mangelhaftigkeit der Kaufsache Dargelegte 4 7 7 verwiesen werden: Weil sich der Mieter gerade gegen die Mängelbeseitigung durch den Vermieter entschieden hat, scheitert die darauf gerichtete Naturalrestitution gemäß § 251 I 2. Alt. BGB. Der Mieter kann indes dem Vermieter gemäß § 249 S. 2 BGB die Kosten für die Mangelbeseitigung durch einen Dritten in Rechnung stellen. Im Übrigen ist für die Herstellung in Natur kein Raum; Konstellationen einer „substitutiven" Restitution oder eines weiterentwickelten Schadens sind nicht denkbar.
d) Die Haftung für Mängel der Werkleistung Wie im Mietrecht gehört die Mängelbeseitigung regelmäßig zur primären Erfüllungspflicht (vgl. § 633 BGB); das in der Mangelhaftigkeit liegende Erfüllungshindernis erfordert keine überobligatorischen Anstrengungen. Daher ist die in § 635 BGB statuierte Schadensersatzhaftung keine solche wegen nachträglicher zu vertretender Teilunmöglichkeit. Vielmehr haftet der Werkunternehmer, weil er schuldhaft (teilweise) nicht erfüllt hat, obwohl die Erfüllung möglich war. Im allgemeinen Leistungsstörungsrecht ist für den Fall der schuldhaften Nichtleistung trotz Möglichkeit (also bei Verzug) nach § 326 BGB vorgesehen, dass der Gläubiger bei vergeblicher Fristsetzung (§ 326 I BGB) oder unmittelbarem Interessefortfall (§ 326 I I BGB) Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern kann. Nichts anderes ordnet § 635 BGB an: Die dort vorausgesetzte Verantwortlichkeit des Werkunternehmers für den Mangel bewirkt eine zu vertretende teilweise Nichterfüllung trotz Möglichkeit der Leistung und berechtigt den Besteller nach vergeblicher Fristsetzung (§ 634 I BGB) oder bei unmittelbarem Interessefortfall (§ 634 I I BGB) zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Dabei kann der Besteller - wie im Kaufrecht - das mangelhafte Werk behalten und Ersatz nur des aus dem Mangel folgenden Scha476
Der Unterschied zu einer auf Grundlage von § 537 BGB erfolgenden Mietminderung liegt auf der Hand: Nach dieser Teilkündigung würde die Entriimpelung des Kellers gerade nicht zu einem Wiederaufleben der vollen Mietzinspflicht des Mieters führen! 477 Siehe oben S. 144.
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dens verlangen („kleiner" Schadensersatz). Dies entspricht der in § 326 I 2, I I BGB angelegten Möglichkeit, Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur im Hinblick auf den Teil zu verlangen, den der Schuldner nicht geleistet hat. Oder er kann - entsprechend § 326 I 3 BGB - unter Zurückweisung des Werkes Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages verlangen („großer" Schadensersatz). Doch wird aus den bereits oben genannten Gründen auch hier diese Möglichkeit nur dann in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen des § 280 I I 1 BGB vorliegen. 478 Die in § 635 BGB angeordnete Haftung ist also - wie die des § 326 BGB - eine solche wegen weggefallenem Gläubigerinteresse. Und folglich gilt für ihren Inhalt das dort Ausgeführte 479 : Die Naturalrestitution scheidet aus, soweit sie inhaltlich mit der Primärerfüllung übereinstimmt (vgl. § 634 1 3 2. Hs. BGB); der Schadensersatzanspruch ist also nie auf Beseitigung des Mangels durch den Werkunternehmer gerichtet, weil sich der Besteller (nach vergeblicher Fristsetzung, § 634 I 1 BGB oder unmittelbar, § 634 I I BGB) dagegen entschieden hat und folglich ein darauf gerichteter Schadensersatzanspruch für ihn gemäß § 251 I 2. Alt. BGB ungenügend wäre. 4 8 0 In Betracht kommt die Herstellung in Natur jedoch in ihrer „substitutiven" Form: So könnte der Besteller vom Werkunternehmer nach §§ 635, 249 S. 2 BGB verlangen, dass dieser dem Besteller die Kosten für die Mängelbeseitigung durch einen Dritten 4 8 1 (als „kleinen" Schadensersatz) bzw. für die Herstellung eines entsprechenden Werkes durch einen 478 So auch Planck-Oegg, BGB, 4. Aufl., § 635 Anm. 3 a (S. 1049); Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 635 Anm. 2 b (S. 976) jew. mit w. Nachw. Anders auch hier die h.M., vgl. etwa BGHZ 27, 215, 217 ff. mit w. Nachw., die den Sinn von § 635 BGB gerade darin sieht, dass er - entgegen den Regelungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts - vom Nachweis des fehlenden Interesses an der erbrachten Leistung befreit ist. Doch lässt sich § 635 BGB gerade nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen der „große" Schadensersatz begehrt werden kann. Folglich ist aufgrund der bereits vorgetragenen systematischen Erwägung von der Erforderlichkeit eines Interessefortfalls auszugehen (vgl. dazu Jakobs, JuS 1974, S. 343, 344 f.). Siehe im Übrigen die Ausführungen zu § 463 BGB, oben S. 144 ff. 479 Siehe oben S. 105 ff. 480 Unzutreffend daher Peters, JZ 1977, S. 462 f., der eben eine solche auf §§ 635, 249 S. 1 BGB gestützte Pflicht zur Mängelbeseitigung durch den Werkunternehmer bejaht. Sein Hinweis darauf, der Besteller könne durchaus ein Interesse an der Beseitigung des Mangels durch den Werkunternehmer haben, geht ins Leere. Hat er ein solches Interesse, so wird er die Beseitigung bereits nach § 633 BGB verlangen. Zu einer Schadensersatzpflicht aus § 635 BGB kommt es erst, wenn der Besteller durch Fristsetzung bzw. die Berufung auf § 634 II BGB zu erkennen gegeben hat, an der Nachbesserung durch den Unternehmer nicht mehr interessiert zu sein. Auch der Hinweis, es würde den Unternehmer hart treffen, wenn er nicht mehr selbst nachbessern könnte, kann nicht überzeugen, weil ihm vom Besteller vor Verweigerung der Nachbesserung grundsätzlich nach § 634 I 1 BGB eine Frist gesetzt werden muss, er bei zu vertretenden Mängeln also grundsätzlich eine „zweite Chance" erhält.
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Dritten (als „großen" Schadensersatz) erstattet. Zugleich ist die Herstellung in Natur immer dann geschuldet, wenn sich der Nichterfüllungsschaden des Bestellers weiterentwickelt hat. 4 8 2 Hätte der Besteller die mangelfreie Werkleistung also gegen ein anderes Vermögensgut eingetauscht, so ist der Schadensersatzanspruch - sofern die Voraussetzungen für den „großen" Schadensersatz vorliegen - auf Erstattung der Kosten für dieses andere Gut (natürlich gegen Rückgabe des mangelhaften Werkes!) gerichtet. Weil eine schadensersatzrechtliche Sachleistungspflicht angesichts der „Erfüllungsverweigerung" des Werkunternehmers für den Besteller in aller Regel ungenügend ist, käme eine auf § 249 S. 1 BGB gestützte Pflicht des Werkunternehmers zur Leistung dieses hypothetisch erlangten Gegenstandes bzw. zur Beauftragung eines Dritten mit der Neuherstellung bzw. der Mängelbeseitigung wegen § 251 I 2. Alt. BGB zumeist nicht in Betracht. 483
V. Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Sonderfällen 1. Die Schadensersatzhaftung nach § 283 BGB a) Die Haftungsgründe
des § 283 BGB
Die Vorschrift des § 283 BGB nimmt insoweit eine Sonderrolle ein, als der dort angeordneten Schadensersatzhaftung eine ganze Reihe verschiedener Konstellationen zugrunde liegen können. Da in all diesen Konstellationen der Gläubiger nach speziellen Vorschriften einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung hätte, gewährt ihm § 283 BGB diesen Anspruch unabhängig vom Nachweis des genauen Haftungstatbestandes. Angesichts der jedenfalls feststehenden Ersatzpflicht des Schuldners befreit das Gesetz den Gläubiger also von der Last dieses Nachweises. Darin liegt die besondere Bedeutung von § 283 BGB. 481
Insoweit läge eine nur „substitutive" Herstellung vor, weil der hypothetisch bestehende Zustand das Werk „als vom Werkunternehmer mangelfrei hergestellt" wäre, während der solchermaßen schadensersatzrechtlich herbeigeführte Zustand (zumindest teilweise Herstellung durch einen Dritten) eben ein anderer, wenn auch ähnlicher wäre. Darin unterscheidet sich das Werkvertragsrecht etwa vom Kaufrecht. Vgl. dazu oben S. 110. 482 Zu Recht sah daher der BGH, NJW 1962, S. 390 einen Architekten, der eine Drainage fehlerhaft geplant hatte, als gemäß §§ 635, 249 S. 1 BGB verpflichtet an, nunmehr selbst eine fehlerfreie Drainage einzubauen. Denn bei Mangelfreiheit seines Werkes (also des Planes) hätte der Besteller eben eine solche gehabt. Da insoweit das Interesse des Bestellers an der Aufstockung seines Vermögens verwirklicht wird, ist der Hinweis Piepers, JuS 1962, S. 461, verfehlt, § 635 BGB sei hier gar nicht anwendbar gewesen, weil es um den Ersatz des Integritätsinteresses gegangen sei. 483 Siehe dazu wiederum oben S. 110 ff.
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Im Einzelnen sind folgende Konstellationen zu unterscheiden: Ist die Erfüllung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch (leistungsstörungsrechtlich) möglich, wird aber später durch einen vom Schuldner zu vertretenden Umstand unmöglich, so rechtfertigt sich die in § 283 BGB angeordnete Haftung daraus, dass der Schuldner an sich nach §§ 280 I, 325 I BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten hätte. Hat der Schuldner die Unmöglichkeit dagegen nicht zu vertreten, so wäre er nach allgemeinen Regeln von einer Schadensersatzhaftung frei, weshalb ihn auch § 283 I 3 BGB hiervon befreit. Die dort angeordnete Beweislast des Schuldners deckt sich ebenfalls mit den allgemeinen Regelungen (§ 282 BGB). Ist dagegen die Erfüllung weiterhin möglich, so erfährt die in § 283 BGB nach Fristablauf angeordnete Schadensersatzhaftung ihre Legitimation daraus, dass den Schuldner nach allgemeinen Vorschriften eine Ersatzpflicht aus § 326 I BGB träfe. Wurde die Erfüllung dagegen nach Vertragsschluss, aber noch vor Ende der letzten mündlichen Verhandlung unmöglich und hatte der Schuldner diese Unmöglichkeit zu vertreten, so hätte er grundsätzlich gemäß §§ 280 I, 325 I BGB Ersatz zu leisten, weshalb sich auch für diesen Fall die Haftung aus § 283 BGB rechtfertigt. Handelte es sich dagegen um nicht zu vertretende Unmöglichkeit, so schiede nach den allgemeinen Vorschriften eine Schadensersatzhaftung zwar aus. Doch rechtfertigt sich auch für diesen Fall die in § 283 BGB angeordnete Ersatzpflicht: Denn durch die gleichwohl erfolgende rechtskräftige Verurteilung zur Primärleistung ist die fortbestehende Möglichkeit der Erfüllung verbindlich festgestellt. Weil sich der Schuldner folglich nicht mehr auf die Unmöglichkeit berufen kann, ist er zu behandeln, wie wenn er trotz fortbestehender Möglichkeit nicht innerhalb der ihm gesetzten Nachfrist leistet. 4 8 4 Dann träfe ihn aber gerade auch nach allgemeinen Vorschriften - nämlich aus § 326 I BGB - eine Schadensersatzpflicht. Entsprechend rechtfertigt sich schließlich die Haftung gemäß § 283 BGB für den Fall, dass die Erfüllung bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unmöglich war, soweit in den Konstellationen anfänglicher Leistungshindernisse nicht ohnehin eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Schuldners angenommen wird.
b) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution aa) Aufgrund der aufgezeigten unterschiedlichen Haftungsgründe der Ersatzpflicht aus § 283 BGB läge es zunächst einmal nahe, auch die Frage 484
Vgl. in diesem Sinne bereits Kipp, Gutachten für den 27. DJT, S. 254.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
der Möglichkeit der Naturalrestitution entsprechend unterschiedlich zu beantworten: Läge der Haftung gemäß § 283 BGB ein Fall der §§ 280 I, 325 I BGB zugrunde, so wäre entsprechend dem oben Ausgeführten die Herstellung in Natur in sehr weitem Umfang möglich. Handelte es sich dagegen um eine Konstellation im Sinne von § 326 I BGB, so wäre - wie dort dargelegt - die Naturalrestitution nur eingeschränkt denkbar. Eine solche Unterscheidung wäre aber schon deshalb verfehlt, weil so der praktische Nutzen des § 283 BGB - das Entbehrlichmachen einer näheren Beweiserhebung über den genauen Haftungsgrund - zunichte gemacht würde. Die bei der Klärung der Anspruchsvoraussetzungen nicht notwendige Prüfung hätte bei der Frage des Anspruchsinhalts stattzufinden. Schon aus praktischen Überlegungen muss folglich die Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution beim Ersatzanspruch aus § 283 BGB einheitlich beantwortet werden. Wie diese einheitliche Beantwortung auszusehen hat, wird schnell klar, wenn man sich die Interessenlage des Gläubigers vor Augen führt: Auch er weiß bei Setzung der Nachfrist nicht, ob der Schuldner wegen eines jenseits seines Erfüllungsversprechens liegenden Leistungshindernisses oder unabhängig von einem solchen nicht leistet. Er entscheidet sich unabhängig davon gegen die Primärleistung und damit die Herbeiführung des konkreten Erfüllungserfolges durch den Schuldner. Anders als in den Fällen der §§ 280, 325 BGB erlischt der Erfüllungsanspruch also dem Willen des Gläubigers gemäß und nicht unabhängig von diesem. Das bedeutet aber: Ungeachtet dessen, welche der aufgezeigten Konstellationen der Schadensersatzhaftung gemäß § 283 BGB im konkreten Fall gegeben ist, liegt jedenfalls auch ein Wegfall des Gläubigerinteresses an der Primärleistung vor. bb) Folglich gilt für den Inhalt der Ersatzpflicht das zu den sonstigen Fällen des weggefallenen Gläubigerinteresses Gesagte 485 : Weil der Gläubiger die Bewirkung des Erfüllungserfolges durch den Schuldner ablehnt, scheidet die Naturalrestitution aus, wenn sie eben darauf gerichtet ist. Denn insoweit wäre sie für den Gläubiger „nicht genügend" im Sinne von § 251 I 2. Alt. BGB. Dagegen ist Raum für die Herstellung in Natur, wenn diese sich inhaltlich von der Erfüllung unterscheidet, weil sie in „substitutiver" Form zu erbringen ist oder aber der Schaden sich weiterentwickelt hat. Kommt der Schuldner also seiner Erfüllungspflicht trotz rechtskräftiger Verurteilung und Nachfristsetzung nicht nach, so hat er unter Umständen dem Gläubiger die Kosten für die Beschaffung einer vergleichbaren Leistung bei einem Dritten bzw. für die Leistung zu erstatten, gegen die der Gläubiger die versprochene Leistung eingetauscht hätte. Ist die Bewirkung genau der versprochenen Leistung durch einen Dritten möglich, so hat der 485
Siehe oben S. 105 ff.
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Schuldner gemäß §§ 283 I 2 1. Hs., 249 S. 2 BGB erst recht die Kosten hierfür zu ersetzen. Eine schadensersatzrechtliche Sachleistungspflicht des Schuldners ist dagegen wiederum oftmals ungenügend für den Gläubiger und also nach § 251 I 2. Alt. BGB ausgeschlossen.486 Nichts anderes gilt schließlich auch dann, wenn der Schuldner nach rechtskräftiger Verurteilung und Fristsetzung nur teilweise nicht erfüllt. Der prinzipiell nur im Hinblick auf den nicht geleisteten Teil und unter den Voraussetzungen der §§ 283 II, 280 I I 1 BGB hinsichtlich der gesamten Verbindlichkeit bestehende Schadensersatzanspruch kann inhaltlich nicht auf den primären Erfüllungserfolg gerichtet sein. Doch ist Raum für die Naturalrestitution, sofern sie in ihrer „substitutiven" Form zu erbringen ist oder aber der Schaden sich weiterentwickelt hat.
2. Die Schadensersatzhaftung nach § 179 I BGB a) Der Haftungsgrund
des § 179 I BGB
aa) Nach § 179 I BGB haftet der falsus procurator wahlweise auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Worin der rechtfertigende Grund für eine solche „vertragliche" Einstandspflicht des Vertreters liegt, der doch unmissverständlich zum Ausdruck bringt, nicht selbst einen Vertrag mit dem Dritten schließen zu wollen, ist dabei umstritten. 487 Die überwiegend 488 zur Legitimation dieser Vorschrift herangezogenen Gesichtspunkte des Vertrauens bzw. des Verkehrsschutzes können indes nicht überzeugen. 489 Sie mögen zwar eine den Bestand fremden Vermögens schützende Schadensersatzpflicht rechtfertigen. Ihre Eignung als Grundlage einer Pflicht zur Aufstockung fremden Vermögens ist jedoch generell bedenklich. 4 9 0 Ohnehin könnten sie nicht erklären, weshalb der Vertreter bei Unkenntnis vom Fehlen seiner Vertretungsmacht gemäß § 179 I I BGB nur auf das negative Interesse haften soll, obwohl doch der Vertragspartner in 486
Vgl. im Einzelnen oben S. 110 ff. Vgl. dazu eingehend Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 273 f. 488 Schon Hupka, Haftung des Vertreters, S. 92; Larenz/Wolf Allgem. Teil, § 49 Rn. 19; Staudinger-Sc/w7fa?n, BGB, 13. Bearb., § 179 Rn. 2; Soergel-Leptien, BGB, 13. Aufl., § 179 Rn. 1; MünchKomm-Schramm, BGB, 3. Aufl., § 179 Rn. 2; Crezelius, ZIP 1984, S. 794; Prölss, JuS 1986, S. 170; Haas, NJW 1997, S. 2856; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 534 f.; Singer, Selbstbestimmung, S. 115; ähnlich Litter er, Vertragsfolgen, S. 42 f.; ebenso die Rechtsprechung, etwa RGZ 106, 68, 73; BGHZ 39, 45, 51; 105, 283, 285. 489 Eingehend dazu Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 274 ff., insbes. S. 280 f. 490 Dazu wiederum grundlegend Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 52 ff., speziell zu § 179 I BGB S. 274 f. 487
12 Gebauer
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
gleichem Maße wie bei Kenntnis des Vertreters auf dessen Vertretungsmacht vertraut. 491 Entsprechend kann die Haftung nach § 179 I BGB aber auch nicht als die eines „Garanten" 4 9 2 erklärt oder auf ein „stillschweigendes Garantieversprechen" gestützt werden. Im Auftreten als Vertreter liegt zwar grundsätzlich zugleich die Behauptung, mit Vertretungsmacht ausgestattet zu sein. Ein darüber hinausgehendes Versprechen des Vertreters, für den Bestand derselben ggf. einstehen zu wollen, kann dem aber nicht per se entnommen werden, wäre vielmehr eine reine Fiktion. 4 9 3 Und wie die Vertrauenslehren könnte auch das Garantenhaftungskonzept nicht die Regelung des § 179 I I BGB erklären: Wieso sollte im Auftreten des Vertreters nur bei Kenntnis vom Fehlen der Vertretungsmacht, nicht aber bei Unkenntnis ein zusätzliches Haftungsversprechen liegen? Der Erklärungsgehalt des Vertretergebarens ist in beiden Fällen aus der Sicht eines objektiven Empfängers identisch. 494 Zu folgen ist dagegen dem jüngst von Lobinger 495 dargelegten Konzept: Im Auftreten als Vertreter liegt immer zugleich das originär eigene Versprechen, eine vertragliche Bindung zwischen dem Geschäftspartner und dem Vertretenen herbeizuführen. 496 Denn durch sein Gebaren behauptet der Vertreter, Vertretungsmacht zu besitzen. Und diese Behauptung ist gleichbedeutend mit der Erklärung, er werde einen Vertragsschluss mit dem Vertretenen bewirken. Durch Abschluss des Vertretergeschäftes gibt der Geschäftspartner folglich nicht nur eine auf einen Vertrag mit dem Vertretenen abzielende Willenserklärung ab, sondern nimmt zugleich das Angebot des Vertreters an, einen solchen Vertrag mit dem Vertretenen herzustellen. Dieses Verständnis vermag zugleich die Regelungen des § 179 I I I BGB zu erklären. 497 Der Ausschluss der Nichterfüllungshaftung nach S. 1 ent491
Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 280. So Flume , Rechtsgeschäft, § 47, 3 a (S. 801 f.); ihm folgend Medicus, Allgem. Teil, Rn. 985. Vgl. auch BGHZ 105, 283, 285. 493 Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 279. 494 Siehe dazu wiederum Lobinger; Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 279. 495 Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 281 ff., der dort zugleich nachweist, das dieses Konzept bereits im römischen Recht angelegt und auch im gemeinen Recht sowie während der Beratungen zum BGB keineswegs unbekannt war. 496 Der beim Vertreter, der den Mangel seiner Vertretungsmacht kennt, ggf. vorhandene Vorbehalt, nicht in entsprechender Weise gebunden sein zu wollen, ist gemäß § 116 S. 1 BGB unbeachtlich. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei § 463 S. 2 BGB, wo der Verkäufer die Mangelhaftigkeit ebenfalls kennt, gleichwohl am Vorliegen eines auf Übertragung einer mangelfreien Sache gerichteten Versprechens des Verkäufers nicht gezweifelt wird. So zutreffend Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 282, 288. 492
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spricht der Regelung des § 460 BGB: Wer erkennt bzw. erkennen muss, dass der Schuldner sein Versprechen nicht einhalten kann, der kann sich auf die Nichterfüllung desselben nicht berufen. Und dass Minderjährige nach § 179 I I I 2 BGB nicht nach § 179 I BGB für ihr „Vertragsherbeiführungsversprechen" einstehen müssen, ergibt sich zwanglos aus § 107 BGB, weil dieses Versprechen, diese Pflichtübernahme rechtlich nachteilig ist. Der Annahme einer derartigen Eigenverbindlichkeit des procurator kann auch nicht etwa entgegengehalten werden, es handle sich um eine bloße Fiktion. Anders als bei Unterstellung einer Garantie beschränkt sich das Versprechen des Vertreters auf die Bewirkung des Vertragsschlusses. Eine Zusage, für den Fall des Ausbleibens der vereinbarten Leistung für den dadurch entstandenen Schaden einzustehen, enthält es gerade nicht. Die ihn im Falle der Nichtbewirkung des Vertrages zwischen Geschäftspartner und Vertretenem treffende Haftungsfolge basiert also nicht wie bei einem Garantieversprechen auf einer autonomen Entscheidung - was in der Tat eine Fiktion wäre - , sondern ist heteronom-gesetzlich auferlegt. 498 bb) Dies bedeutet: Besaß der Vertreter Vertretungsmacht, so führt der Abschluss des Vertretergeschäftes zugleich zur Erfüllung der zwischen ihm und dem Geschäftspartner geschlossenen „Vertragsherbeiführungsvereinbarung". Handelte er dagegen ohne Vertretungsmacht, so liegt darin die Nichterfüllung seiner gegenüber dem Geschäftspartner eingegangenen Eigenverbindlichkeit. Das Fehlen der Vertretungsmacht stellt dabei ein anfängliches (weil bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Eigenverbindlichkeit des Vertreters vorhandenes) Leistungshindernis dar. In aller Regel ist dessen Überwindung „überobligatorisch". Denn weil zumindest der Geschäftspartner vom Vorhandensein der Vertretungsmacht ausgeht, wäre ein Versprechen des Vertreters, die Vertretungsmacht erst zu beschaffen, unverständlich. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Vertreter den Mangel seiner Vertretungsmacht kannte. Insoweit verhält es sich nicht anders als im Fall des § 463 S. 2 BGB, wo das anfängliche Vorliegen des Mangels - trotz der Kenntnis des Verkäufers - ebenfalls eine Leistungserschwernis darstellt, die der Verkäufer nicht zu überwinden versprochen hat. 4 9 9 Bei § 179 I BGB handelt es sich daher dem Grunde nach um eine Haftung wegen anfänglicher leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit. 5 0 0 497
Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 295. Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 287 f. 499 Siehe oben S. 143 sowie S. 133. 500 Dass die Beschränkung der Haftung aus § 179 I BGB auf die Fälle des Vorsatzes des Vertreters in Widerspruch zur von der herrschenden Auffassung angenommenen verschuldensunabhängigen Haftung bei anfänglichem Unvermögen steht, 498
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Wie dort beschrieben 501 , schuldet der Vertreter folglich primär die Erfüllung seines Versprechens, konkret also die Herbeiführung eines Vertrages zwischen dem Geschäftspartner und dem vermeintlich Vertretenen. 502 Kommt er mit dieser Pflicht in Verzug, so hat er dem Geschäftspartner konsequenterweise gemäß § 286 I BGB dessen Verzögerungsschaden zu erset503
zen. Zu einer Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung käme es eigentlich nur über § 286 I I 1 BGB, also nach Verzug und Interessefortfall. Doch kann der Geschäftspartner stattdessen gemäß § 179 I BGB unmittelbar ist wiederum de lege lata hinzunehmen. De lege ferenda wäre natürlich auch insoweit eine Vereinheitlichung mit den übrigen Fällen der Haftung bei anfänglichen „überobligatorischen" Leistungshindernissen geboten, die wie beschrieben nur so aussehen kann, dass das eigene Versprechen des Vertreters unwirksam ist und ihn nur eine Haftung auf das negative Interesse trifft (siehe dazu eingehend oben S. 117 f. sowie S. 121 ff.). Insoweit verhält es sich nicht anders als im Falle des § 463 S. 2 BGB, der die Nichterfüllungshaftung auch davon abhängig macht, ob der Schuldner das anfängliche Leistungshindernis kannte. Auch vom hier zugrunde gelegten Ansatz aus kann es freilich nicht erklärt werden, weshalb der Vertreter gemäß § 179 II BGB verschuldenswnabhängig auf Ersatz des negativen Interesses haften soll, so dass die gegen die übrigen Auffassungen geäußerte Kritik teilweise auch hier einschlägig ist. Ein Grund für eine solche verschuldensunabhängige Restitutionspflicht ist nicht ersichtlich. Konsequenterweise ergänzt Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 293 f., denn auch die Haftung aus § 179 II BGB um das Verschuldenserfordernis. 501 Siehe oben S. 127 ff. 502 Dies lässt sich § 179 I BGB mittelbar entnehmen, macht er die „Erfüllungs-/ Schadensersatzpflicht" des Vertreters doch davon abhängig, dass der Vertretene die Genehmigung verweigert hat. Dies zeigt, dass das Gesetz die Erfüllung der „Vertragsherbeiführungsvereinbarung" durchaus als Möglichkeit neben der „Erfüllungs-/ Schadensersatzpflicht" nach § 179 I BGB vorsieht. Zwar lässt sich dem nicht ausdrücklich eine eigenständige Pflicht des Vertreters zur Vertragsherbeiführung entnehmen. Doch ist eine solche hier aus sachlichen Gründen sinnvoll: Denn unter Umständen hat der Vertreter besondere Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Vertretenen, die dem Dritten nicht offen stehen. Dann wäre eine entsprechende Inanspruchnahme des falsus procurator für den Dritten sehr viel effektiver als eine eigene Aufforderung an den Vertretenen nach § 177 BGB. 503 Verfehlt ist daher die Entscheidung des OLG Hamm, NJW 1994, S. 666 f.: Dort verkaufte ein Testamentsvollstrecker noch nach seiner Abberufung ein Grundstück der Erbengemeinschaft. Der neu bestellte Testamentsvollstrecker genehmigte dieses Geschäft zwar nachträglich; doch hatte der Käufer zwischenzeitlich einen Verzögerungsschaden erlitten. Hier lehnte das Gericht eine Haftung des ersten Testamentsvollstreckers mit der schlichten Begründung ab, § 179 I BGB setze eine endgültige Verweigerung der Genehmigung voraus. Dies ist zwar richtig. Doch übersah das Gericht den - wie dargelegt - bei anfänglicher Unmöglichkeit prinzipiell ebenfalls bestehenden primären Erfüllungsanspruch des Geschäftspartners gegen den procurator, hinsichtlich dessen es zu einer Haftung nach der allgemeinen Vorschrift des § 286 I BGB kommen konnte. Zutreffend zum Ganzen Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 297 f.
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Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Diese Regelung entspricht ebenfalls dem, was in den übrigen Fällen der Haftung aufgrund eines anfänglichen Leistungshindernisses gilt: Indem der Vertreter bei Abschluss des Vertrages das Fehlen der Vertretungsmacht, damit das Vorliegen eines Leistungshindernisses kennt und dennoch die „Vertragsherbeiführungsvereinbarung" mit dem Dritten trifft, gibt er zu erkennen, dass er nicht bereit ist, das vorliegende Hindernis, also das Fehlen der Vertretungsmacht zu überwinden. Wäre er nämlich hierzu bereit gewesen, so hätte er das Fehlen offengelegt und dem Dritten die „Beschaffung" des Vertrages mit dem Vertretenen versprochen. Folglich muss dem Vertreter nicht durch das Erfordernis von Verzug und Fristsetzung die Möglichkeit zur Primärerfüllung erhalten bleiben. Der Dritte kann deshalb - wie im Falle des § 463 S. 2 BGB unmittelbar Schadensersatz verlangen. 504 Etwas anderes gilt diesem Ansatz folgend dann, wenn das Fehlen der Vertretungsmacht bei Vertragsschluss dem Vertreter und dem Geschäftspartner bekannt ist und der Vertreter daher verspricht, für eine Zustimmung des Vertretenen zu sorgen, den Vertrag mit diesem also quasi erst noch zu beschaffen. 505 Wie bei sonstigen Beschaffungsversprechen auch sagt der Vertreter hier die Überwindung des vorliegenden Hindernisses (des momentanen Fehlens von Vertretungsmacht) zu, das folglich nicht „überobligatorisch" ist und also keine leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit begründet. Kommt der Vertreter hier seiner Pflicht nicht nach, bewirkt also nicht die Genehmigung des Vertretenen, so liegt ein Fall der Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit vor. Auch hier kann der Dritte vom Vertreter Erfüllung verlangen, d.h. auf die Herbeiführung des Vertrages mit dem Vertretenen bestehen. Eine Schadensersatzpflicht träfe den Vertreter nach allgemeinen Regelungen (§ 286 I I 1 BGB) erst nach Verzug und Interessefortfall. Insoweit bedarf folglich die Vertreterhaftung nach § 179 I BGB einer Korrektur. Entgegen dem Wortlaut kann der Dritte bei einem „Beschaffungsversprechen" des Vertreters nicht unmittelbar nach der - möglicherweise ja ihm gegenüber erklärten Genehmigungsverweigerung, sondern erst dann Schadensersatz wegen 504
Siehe dazu oben S. 129, 143. Die von § 179 I BGB gemachte Einschränkung, zunächst müsse der Vertretene die Genehmigung verweigert haben, ist vor diesem Hintergrund letztlich nur eine Ausprägung von § 226 BGB: Zwar muss der Dritte wegen der Arglist des Vertreters diesem keine weitere Möglichkeit zur Vertragsherbeiführung einräumen, bevor er Schadensersatz verlangt. Doch wäre es rechtsmissbräuchlich, wenn er auch die ihm problemlos offenstehende Möglichkeit einer Aufforderung nach § 177 BGB und damit die Chance ungenutzt lässt, selbst die Erfüllung des Versprechens des Vertreters zu erreichen. 505 Eine solche Konstellation lag BGHZ 105, 283 ff. zugrunde, wo der Vertreter dem Geschäftspartner erklärt hatte, er kontrahiere für eine noch gar nicht existente Bauherrengemeinschaft.
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Nichterfüllung verlangen, wenn der Vertreter die Möglichkeit hatte, die Genehmigung des Vertretenen zu beschaffen. Alles andere wäre grotesk: Wenn der Dritte dem Vertreter gerade diese Möglichkeit einräumt, wäre das Recht, unmittelbar nach dieser Abrede (und der auf eigene Aufforderung des Dritten erklärten Genehmigungsverweigerung seitens des Vertretenen) Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, verfehlt. Liegen aber die allgemeinen Voraussetzungen einer Nichterfüllungshaftung vor, so ist der Anspruch des Geschäftspartners in diesen Fällen eines Beschaffungsversprechens nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil er das Nichtbestehen der Vertretungsmacht kannte (§ 179 I I I 1 BGB). Auch dies würde dem Charakter der zwischen Vertreter und Geschäftspartner getroffenen Vereinbarung zuwiderlaufen. Die Haftung aus § 179 I BGB ist folglich für den Fall eines Beschaffungsversprechens auch insoweit zu korrigieren. 506
b) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution In beiden aufgezeigten Fällen der Schadensersatzhaftung des Vertreters aus § 179 I BGB liegt also ein Fall des berechtigten Wegfalls des Gläubigerinteresses vor. Folglich kann für die Frage der Naturalrestitution auf die oben aufgezeigten Ergebnisse 507 zurückgegriffen werden: Die Naturalrestitution scheidet aus, soweit sie auf Herbeiführung des Erfüllungserfolges, d.h. die Bewirkung eines Vertragsschlusses zwischen Geschäftspartner und Vertretenem gerichtet ist. An diesem hat der Geschäftspartner nach Wahl des Schadensersatzes kein Interesse mehr, weshalb die diesbezügliche Herstellung gemäß § 251 I 2. Alt. BGB ausgeschlossen ist. Raum für die Naturalrestitution ist dagegen, soweit sich der Nichterfüllungsschaden des Dritten weiterentwickelt hat, weil sie sich dann inhaltlich vom Erfolg der Erfüllung unterscheidet. Hätte der Dritte beispielsweise die vom Vertretenen bei Wirksamkeit des Vertragsschlusses mit diesem erhaltene Leistung gegen eine andere Leistung eingetauscht, so hat der Vertreter dem Dritten gemäß §§ 179 I, 249 S. 2 BGB die Kosten für die Beschaffung dieser Leistung zu erstatten oder - sofern § 251 1 2 . Alt. BGB nicht entgegensteht 508 - selbst diese Leistung zu beschaffen (§§ 179 I, 249 S. 1 BGB). Daneben kommt die Herstellung in Natur in ihrer „substitutiven" Form in Betracht. Sie ist möglich, soweit ein vergleichbarer Zustand herbeigeführt 506 Im Ergebnis zu Recht hat daher BGHZ 105, 283, 286 f. (vgl. dazu oben Fn. 505) eine Anwendung von § 179 ΙΠ 1 BGB in einer solchen Konstellation abgelehnt. Dazu eingehend Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 298 f. 507 Siehe oben S. 105 ff. 508 Siehe dazu oben S. 110 ff.
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werden kann. Hätte der Vertreter sein Versprechen erfüllt, so hätte der Dritte einen Vertrag mit dem Vertretenen erlangt und von diesem Erfüllung verlangen können. Dieser Situation vergleichbar ist eine Erfüllungspflicht des Vertreters. Daher kann der Dritte vom Schuldner - als Naturalrestitution! - die Bewirkung des Erfüllungserfolges verlangen, den bei Bestehen der Vertretungsmacht der Vertretene geschuldet hätte. In diesem Sinne ist der Begriff der „Erfüllung" bei § 179 I BGB zu verstehen. Es handelt sich folglich bei ihr lediglich um eine besondere, ausnahmsweise ausdrücklich aufgeführte Art des Schadensersatzes. „Erfüllung" und „Schadensersatz" sind innerhalb von § 179 I BGB also nicht als Gegensätze zu sehen. Vielmehr ordnet die Vorschrift - neben der sich aus allgemeinen Erwägungen ergebenden Pflicht des Vertreters zur Vertragsherbeiführung - allein eine Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung an und bringt dabei zum Ausdruck, dass diese auch in „substitutiver" Form durch Herbeiführung des Erfüllungserfolges seitens des Vertreters bewirkt werden kann. 5 0 9 Vor diesem Hintergrund ist es verfehlt davon zu sprechen, die Schadensersatzpflicht nach § 179 I BGB sei stets auf Geldersatz gerichtet. Zum einen erweist sich dies schon bei den Fällen der Schadensweiterentwicklung als unrichtig. Darüber hinaus ist es aber auch generell ungenau, den Schadensersatzanspruch im Gegensatz zum „Erfüllungsanspruch" aus § 179 I BGB zu sehen und speziell im Hinblick auf jenen den Inhalt zu bestimmen, eben weil § 179 I BGB lediglich einen einheitlichen Schadensersatzanspruch anordnet, zu dessen Inhalt folglich insgesamt Stellung zu nehmen ist. Der gleiche Einwand ist den Befürwortern der Naturalrestitution bei § 179 I BGB entgegenzuhalten, wenn diese darauf hinweisen, der Schadensersatzanspruch nach § 179 I BGB sei wegen § 249 S. 1 BGB primär wieder auf „Erfüllung" gerichtet, doch unterscheide er sich von dieser, weil sich seine Umwandlung in einen Geldersatzanspruch nach § 250 BGB statt auf dem Umwege des § 283 BGB vollziehe. 5 1 0 Denn auch insoweit werden „Erfüllung" und „Schadensersatz" in § 179 I BGB als Gegensätze gesehen. Ohnehin würde sich die Umwandlung des „Erfüllungsanspruchs" gemäß § 179 I BGB in einen Anspruch auf Geldersatz gerade auch nach § 250 509
Diese Auffassung lag bereits den Gesetzesverfassern zugrunde, die die „Erfüllung" bei § 179 I BGB als „ein zweckmäßiges Surrogat des Schadensersatzes" ansahen (Gebhard, Entwurf Allgem. Teil, Zweiter Titel, Das Rechtsgeschäft, Stellvertretung ohne Vertretungsmacht, § 42 (S. 187)). In diesem Sinne bereits Laband, ZHR 10 (1866), S. 237: „Logisch betrachtet ist also (zu ergänzen ist: „bei § 179 I BGB") nicht der Schadensersatz ein Surrogat der Erfüllung, sondern die Erfüllung ein Surrogat des Schadensersatzes."; ebenso Fischer; Schaden, S. 127; Prölss y JuS 1986, S. 171, der von „Quasi-Naturalrestitution" spricht; Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung, S. 296. 510 Siehe oben bei und in Fn. 123.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
BGB vollziehen, handelt es sich bei diesem wie ausgeführt doch nur um eine spezielle Form des nach § 249 S. 1 BGB geschuldeten Schadensersatzes.
3. Die Schadensersatzhaftung nach § 286 I BGB Nach § 286 I BGB hat der Schuldner dem Gläubiger den durch den Verzug entstehenden Schaden zu ersetzen. Sieht man - wie dies teilweise getan wird - die Spätleistung als teilweise Nichtleistung im Hinblick auf die Zeit, so handelt es sich hierbei ebenfalls um einen Anspruch auf Schadensersatz wegen (teilweiser) Nichterfüllung 511 , für den sich folglich die Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution stellt. Entscheidend ist damit zunächst, ob es sich bei der Verzugshaftung überhaupt um eine Nichterfüllungshaftung handelt. a) Die Spätleistung als teilweise Nichterfüllung aa) Die Rechtzeitigkeit der Leistung als Teil der schuldnerischen Erfüllungspflicht Die Haftung wegen Leistungsverzögerungen kann sich nur rechtfertigen, wenn der Gläubiger durch das vertragliche Versprechen nicht nur einen Anspruch auf den Erhalt der Leistung überhaupt, sondern auf rechtzeitigen Erhalt erlangt. Der Schuldner muss aufgrund des Vertrages also verpflichtet sein, nicht nur irgendwann, sondern „ i n der vereinbarten Zeit" zu erfüllen. Anderenfalls wäre es nicht zu erklären, weshalb die Spätleistung gesetzliche Sanktionen auslösen sollte. Wie bereits dargelegt 512 , erfüllen gesetzlich auferlegte Haftungen keinen Selbstzweck, sondern dienen dem Schutz von Positionen. Die Verzugshaftung setzt damit die Existenz einer Position auf rechtzeitigen Erhalt voraus. Davon ausgehend stellt sich folglich die Spätleistung als teilweise Nichterfüllung des vertraglichen Anspruchs dar. Der Schuldner erfüllt das vertragliche Versprechen bei einer verspäteten Leistung insoweit nicht vollständig, als diese nicht rechtzeitig erfolgt.
511 512
Vgl. die Nachw. oben in Fn. 124. Siehe oben bei und in Fn. 262, 342.
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ie Möglichkeit der Naturalrestitution
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bb) Das Problem des Fortbestehens der Gegenleistungspflicht trotz der (mit der Spätleistung einhergehenden) teilweisen Unmöglichkeit der Leistungspflicht entgegen der Grundregel des § 323 BGB Diese Einordnung führt jedoch zu folgender Schwierigkeit: Ist die rechtzeitige Erfüllung geschuldet, so stellt die Spätleistung nicht nur eine teilweise Nichterfüllung dar, sondern führt zugleich zur (naturwissenschaftlichen und praktisch damit stets auch leistungsstörungsrechtlichen) teilweisen Unmöglichkeit der Erfüllung. 5 1 3 Denn infolge des Zeitablaufs scheidet denknotwendig eine Nachholung aus, weshalb sie der Schuldner praktisch nie versprochen haben dürfte. Die zu spät erbrachte Leistung kann eben nicht mehr nachträglich als rechtzeitige erbracht werden. Die nachträgliche Bewirkung führt zwar zur Erfüllung des vertraglichen Versprechens, soweit es auf die Leistungserbringung überhaupt gerichtet war. Der Teil des Versprechens, der sich auf die Rechtzeitigkeit bezog, bleibt dagegen unnachholbar unerfüllt! Hieran zeigt sich aber die Bedenklichkeit dieses Ansatzes: Jeder Vertrag erhielte dadurch quasi Fixgeschäftscharakter, obwohl der Leistungserbringung zu einer bestimmten Zeit nur bei einigen Vertragstypen - wie etwa regelmäßig beim Mietvertrag - eine besondere Bedeutung zukommt. Vor allem ergäbe sich folgende sonderbare Konsequenz: Führte die Spätleistung - wie dargelegt - zu teilweiser leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit, so müsste sich die Gegenleistungspflicht des Gläubigers stets - also gerade unabhängig von einem Vertretenmüssen des Schuldners! nach § 323 I 2. Hs. BGB mindern. Ein Ergebnis, dass mit dem Gesetz nicht übereinstimmt: Wie sich aus den §§ 284 ff. BGB deutlich ergibt, soll - vorbehaltlich der Fixgeschäfte, wie etwa dem Mietvertrag 5 1 4 - die Spätleistung erst dann zu Konsequenzen führen, wenn der Schuldner gemahnt wurde. Auch dann ist es erforderlich, dass dem Gläubiger durch die Spätleistung ein Schaden entstanden ist und dass den Schuldner ein Verschulden trifft (§ 285 BGB). Dabei spielt es keine Rolle, welchen Zeitpunkt man als „vertraglich geschuldet" ansieht: Egal, ob man auf den Zeitpunkt der Fälligkeit oder auf den der Mahnung oder gar des Verzugseintritts abstellt: Stets würde die Nichtleistung nach diesem Zeitpunkt zu teilweiser Unmöglichkeit und folglich zur Minderung der Gegenleistungspflicht nach § 323 I 2. Hs. BGB führen, obwohl Derartiges vom Gesetz nicht vorgesehen i s t . 5 1 5 513
Vgl. die Nachw. oben in Fn. 124. Bei einem Mietvertrag mindert sich infolge der Spätleistung des Vermieters der Mietzins gemäß § 537 BGB (der nichts anderes als eine spezielle Ausprägung von § 323 BGB ist) gerade unabhängig von einer Mahnung und einem Verschulden des Vermieters. 515 Darauf weist zu Recht Kisch, GrünhutsZ. 29 (1902), S. 351 hin. 514
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz cc) Die Lösung dieses Problems durch die Einordnung der Pflicht zur rechtzeitigen Leistungserbringung als nicht synallagmatische Verpflichtung
Diese mit der Einordnung der Spätleistung als teilweise Nichterfüllung einhergehende Schwierigkeit lässt sich jedoch wie folgt auflösen: Die Gegenleistungspflicht des Gläubigers geht nach § 323 I BGB bei Unmöglichkeit der Leistung unter, weil der Gläubiger die Gegenleistung nur für den Fall des Erhalts der Leistung verspricht. 516 Die Regelung des § 323 I B G B 5 1 7 hat damit einen quasi bereicherungsrechtlichen Charakter: Man kann sich den Erhalt der Leistung als Bedingung oder „Causa" des Gegenleistungsversprechens vorstellen. 518 Kommt es daher nicht zur (vollständigen) Bewirkung der Leistung, so fällt der Grund für die Erbringung der Gegenleistung weg; der Gläubiger kann sein Versprechen bzw. die schon erbrachte Gegenleistung folglich „kondizieren". Der Untergang der Gegenleistungspflicht ist damit keine gesetzliche Sanktion, sondern - wie das Erlöschen der Erfüllungspflicht im Falle leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit - lediglich Konsequenz des so gefassten vertraglichen Gegenleistungsversprechens. Zugleich folgt daraus, dass sich die genauen Voraussetzungen dieses Untergangs ebenfalls aus dem vertraglichen Versprechen des Gläubigers ergeben. Dabei können in diesem Zusammenhang zwei Versprechensarten unterschieden werden: Regelmäßig wird der rechtfertigende Grund für das Gegenleistungsversprechen des Gläubigers allein der Erhalt der schuldnerischen Leistung überhaupt sein. Die darüber hinausgehende Zusage der Rechtzeitigkeit hat für den Gläubiger nur insoweit eine Bedeutung, als er eine Handhabe benötigt, den Schuldner überhaupt zur Leistung zwingen zu können; anderenfalls würde er quasi zum „Spielball" des Schuldners, weil dieser die Leistung stets - unter Hinweis darauf, irgendwann einmal zu leisten - endlos verzögern könnte. Für diesen Fall führt also die nicht rechtzeitige Leistung nicht zum Wegfall der „Causa" für die Gegenleistungspflicht und damit auch nicht zum Untergang derselben. Es liegt seitens des Schuldners zwar eine Nichterfüllung der Pflicht zur rechtzeitigen Erfüllung vor, die infolge des Zeitablaufes auch nicht mehr nachholbar ist, was zu (teilweiser) leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit führt. Doch handelt es sich bei
516
Dazu vor allem van den Daele, Probleme; daneben Larenz, Schuldrecht I, § 15 I (S. 202 ff.); auch Huber, Leistungsstörungen II, § 36 I 4 (S. 183); Meincke, AcP 171 (1971), S. 30 ff.; sowie jüngst Ernst, AcP 199 (1999), S. 485 ff. 517 Gleiches gilt für die speziellen Ausprägungen des § 323 BGB, etwa § 462 BGB sowie § 537 I BGB. ' 518 Siehe dazu van den Daele, Probleme, bes. S. 23 ff.
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dieser Nichterfüllung und bei dieser Unmöglichkeit nicht um solche im Sinne der §§ 323 ff. BGB. Anders ist es dagegen bei Verträgen mit Fixschuldcharakter: Bei diesen kommt es dem Gläubiger gerade darauf an, dass er die Leistung nicht irgendwann, sondern zu einem ganz konkreten Zeitpunkt bzw. - wie dies typischerweise bei Mietverträgen der Fall ist - während eines ganz bestimmten Zeitraumes erhält. Hier verspricht der Gläubiger seine Gegenleistung folglich nur für den Fall, dass die Leistung zu eben diesem Zeitpunkt bzw. während dem betreffenden Zeitraum bewirkt wird. Die Spätleistung führt daher in diesen Fällen - wiederum natürlich vollkommen unabhängig von einem Vertretenmüssen seitens des Schuldners! - nicht nur zur Nichterfüllung (und Unmöglichkeit) der Pflicht zur rechtzeitigen Leistungsbewirkung, sondern zugleich zum (zumindest teilweisen) Erlöschen der Gegenleistungspflicht nach § 323 I BGB (bzw. § 537 I BGB). Konstruktiv ist dies - wenn man so will - wie folgt zu denken: Während die Pflicht zur Erbringung der Leistung überhaupt stets im Synallagma zur Gegenleistungspflicht steht, ist die davon gedanklich zu unterscheidende Pflicht zur Rechtzeitigkeit der Leistung nur bei Verträgen mit Fixschuldcharakter eine gegenseitige. In allen übrigen Verträgen ist sie dagegen eine einseitige Pflicht, deren Unmöglichwerden folglich nicht zum Untergang der Gegenleistungspflicht nach § 323 I BGB führt. dd) Konsequenzen für die Einordnung der Haftung aus § 286 I BGB Damit ergibt sich: Stellt die Spätleistung eine (teilweise) Nichterfüllung des vertraglichen Versprechens dar, die mit (teilweiser) Unmöglichkeit einhergeht, so handelt es sich bei der Haftung aus § 286 I BGB im Grunde nur um einen speziell geregelten Fall der Schadensersatzhaftung wegen zu vertretender nachträglicher Teilunmöglichkeit gemäß § 280 I B G B 5 1 9 : Relevanter Zeitpunkt für die Rechtzeitigkeit der Leistungserbringung ist das kalendarisch bestimmte (§ 284 I I BGB) bzw. das sich aus der Mahnung ergebende (§ 284 I BGB) Datum. Leistet der Schuldner nach diesem Zeitpunkt nicht, so liegt ein Fall teilweiser Nichterfüllung und teilweiser leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit vor. Hat der Schuldner diese zu vertreten (§ 285 BGB), so haftet er wegen Nichterfüllung des sich auf die Rechtzeitigkeit beziehenden Teils seines Leistungsversprechens. 519
Und so erhalten auch die Regelungen der §§ 286 II 1, 326 II BGB eine Parallele: Wie nach § 280 II BGB kann der Gläubiger dann Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen, wenn er an der teilweisen Erfüllung - bei den §§ 286 II 1, 326 II BGB also: an der verspäteten Erfüllung kein Interesse hat.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz b) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution
Damit kann für den Inhalt dieser Schadensersatzpflicht grundsätzlich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. 5 2 0 Doch ergeben sich hier aufgrund der schon naturwissenschaftlich nicht mehr möglichen Nachholung der Rechtzeitigkeit erhebliche Einschränkungen. Es gilt das zum Inhalt von § 538 I BGB Ausgeführte 521 , weil auch dort die Verletzung der - beim Mietvertrag allerdings synallagmatischen - Pflicht zur Rechtzeitigkeit der Leistung sanktioniert wird. Das bedeutet: Eben weil in den Verzugsfällen zwar die Leistung als solche, nicht aber ihre Rechtzeitigkeit nachgeholt werden kann, führt die Spätleistung nicht nur zu leistungsstörungsrechtlicher, sondern stets auch zu schadensersatzrechtlicher Unmöglichkeit im Sinne von § 251 I 1. Alt. BGB: Auch das Schadensersatzrecht erlegt es dem Schuldner folglich im Falle der zu vertretenden Verzögerung nicht auf, die Leistung als rechtzeitige zu erbringen, weil dies schon naturwissenschaftlich ausgeschlossen ist. Im Falle der inhaltlichen Identität von Erfüllung (sprich: rechtzeitiger Leistung) und Naturalrestitution scheidet Letztere mithin im Rahmen von § 286 I BGB stets aus. Dagegen kommt sie prinzipiell dann in Betracht, wenn ihr Inhalt von dem der primär geschuldeten Pflicht zur rechtzeitigen Leistungserbringung abweicht. Hat sich der Schaden also weiterentwickelt, so hat der Schuldner diesen bis zur Grenze des § 251 I 1. Alt., I I BGB in Natur zu ersetzen. Beispiel: V gerät mit der Leistung des an Κ verkauften PKW in Verzug. Κ hätte nach diesem Zeitpunkt das Fahrzeug an X vermieten können, wobei er als Gegenleistung von X eine Karte für ein Fußballspiel erlangt hätte. Als V endlich leistet, ist X an dem Geschäft nicht mehr interessiert, weil er sich für den fraglichen Zeitraum bereits einen anderen Wagen gemietet hatte. Hier besteht der Schaden des Κ infolge der Verzögerung in der Nichtinnehabung der Eintrittskarte, weshalb V ihm diese (bzw. „substitutiv" eine vergleichbare Karte für dasselbe Spiel) gemäß §§ 286 I, 249 S. 1 BGB zu beschaffen hat. Dagegen scheidet die Naturalrestitution in der zweiten Konstellation ihrer Verschiedenheit von der primären Erfüllungspflicht aus: Hat sich der Schaden nicht weiterentwickelt, so ist die Naturalrestitution in ihrer „substitutiven" Form, also die Herstellung eines Zustandes, der mit dem hypothetisch bestehenden nicht identisch, sondern nur vergleichbar ist, nicht möglich und folglich nach § 251 I 1. Alt. BGB ausgeschlossen. Bei pflichtgemäßem 520 521
Siehe oben S. 43 ff. Siehe oben S. 162 ff.
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Verhalten des Schuldners hätte der Gläubiger die Leistung bereits während der Vergangenheit gehabt. Ebenso, wie sich diese „Innehabung schon während der Vergangenheit" naturwissenschaftlich nicht mehr herstellen lässt, ist auch die Herbeiführung eines dieser Situation ähnlichen Zustandes nicht möglich. 5 2 2 Für die Vergangenheit ist an der „Nicht-Innehabung" kein Vorbeikommen.
4. Die Schadensersatzhaftung nach § 628 Π BGB a) Der Haftungsgrund
des § 628 II BGB
Nach § 628 I I BGB hat derjenige Teil eines Dienstvertrages, der aufgrund seines vertragswidrigen Verhaltens die außerordentliche Kündigung des anderen Teils verursacht hat, diesem Schadensersatz zu leisten. Hierbei handelt es sich - auch wenn das Gesetz dies nicht ausdrücklich betont um einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung: Der kündigende Teil ist so zu stellen, wie wenn der andere Teil auch künftig - bis zum Ende des Dienstverhältnisses 523 - ordnungsgemäß erfüllt hätte. Hintergrund dieser Ersatzpflicht ist Folgender: Trotz des vertragswidrigen Verhaltens des einen Teils bleibt die Erfüllung durch diesen zwar möglich im Sinne des Leistungsstörungsrechts. Denn sein eigenes Verhalten stellt natürlich kein „überobligatorisches" Leistungshindernis dar. Doch wird dem anderen Teil aufgrund dieses vertragswidrigen Verhaltens die weitere Vertragsdurchführung unzumutbar: Berechtigtermaßen fällt daher sein Interesse an der künftigen Erfüllung durch den vertragswidrigen Teil fort. Es liegt bei § 628 Π BGB folglich ein den §§ 286 I I 1, 326 BGB entsprechender Fall zugrunde: Das in § 628 I I BGB vorausgesetzte vertragswidrige Verhalten des Schuldners steht einer gänzlichen Nichterfüllung gleich. Denn für den Gläubiger macht es keinen Unterschied, ob der Schuldner überhaupt nicht oder in einer für ihn nicht hinnehmbaren Art und Weise leistet. Ist aufgrund des vergangenen Verhaltens des Schuldners davon auszugehen, dass er auch künftig in unzumutbarer Weise und damit quasi überhaupt nicht erfüllt, so liegt im Grunde der Fall einer endgültigen Erfüllungsverweigerung vor. Der Gläubiger kann folglich unmittelbar, d.h. unabhängig von Schuldnerverzug und Fristsetzung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn er aufgrund des Verhaltens an der Erfüllung durch den Schuldner kein Interesse mehr hat. 5 2 4 522
Vgl. dazu oben S. 163 f. Für die Berechnung ist der Zeitpunkt zugrunde zu legen, zu dem das Vertragsverhältnis wie von vornherein vereinbart oder infolge ordentlicher Kündigung geendet hätte; siehe BGH, NJW 1993, S. 1386 f. 523
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz b) Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution
Das aber bedeutet für den Inhalt der Ersatzpflicht: Wie in den übrigen Fällen des weggefallenen Gläubigerinteresses 525 scheidet die Naturalrestitution insoweit aus, als sie inhaltlich mit der primären Erfüllung übereinstimmt. Doch kommt sie in Betracht, soweit sie in ihrer „substitutiven" Form zu erbringen ist oder der Schaden sich weiterentwickelt hat. 5 2 6 Kündigt beispielsweise G seinem Angestellten A nach § 626 BGB, weil A bei Verrichtung seiner Tätigkeit stets Schießübungen in Richtung des G betrieben hat, so besteht der von A nach §§ 628 II, 249 S. 1 BGB zu leistende Schadensersatz nicht etwa darin, dass A persönlich seine Tätigkeit bei G weiterführt (was geradezu grotesk wäre). Denkbar wäre es jedoch, dass A - als „substitutive" Form der Herstellung - verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass ein Dritter die ursprünglich ihm obliegenden Dienste bei G verrichtet (bzw. dem G die dafür erforderlichen Mittel zu ersetzen). Freilich hängt dies davon ab, ob die Leistung durch einen Dritten als mit der durch A erbrachten Leistung vergleichbar angesehen, d.h. dies nicht unter Hinweis auf den höchstpersönlichen Charakter der Dienstverpflichtung abgelehnt wird. Hätte die ordnungsgemäße Vertragserfüllung durch A in der Zukunft dazu geführt, dass im Betrieb des G eine bestimmte Menge an Gütern mehr produziert worden wäre, so ist die Schadensersatzverpflichtung des A gemäß §§ 628 II, 249 S. 1 BGB darauf gerichtet, dem G vergleichbare Güter in entsprechender Menge (bzw. die zur Beschaffung derselben erforderlichen Kosten) zu leisten, sofern derartige Güter existieren. 527 Führt der Produktionsausfall bei G dazu, dass dieser gegenüber seinen Kunden eine Vertragsstrafe leisten bzw. deren Verzugsschaden ersetzen muss, so hat A ihn von den entsprechenden Verbindlichkeiten freizustellen. 528 524
Vgl. im Einzelnen oben S. 103. Siehe oben S. 105 ff. 526 Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: Ersetzt der Schuldner den durch die Nichterfüllung beim Gläubiger entstandenen Schaden in Natur (wie sogleich beschrieben wird), so muss dieser zur Erbringung seiner Gegenleistung verpflichtet bleiben (Austauschtheorie), weil er anderenfalls einen unberechtigten Vorteil erzielen würde. Das aber scheint der Formulierung des § 628 II BGB, der den Schadensersatz neben der Kündigung - also quasi stets eine Abrechnung nach der Differenzmethode - vorsieht, zuwider zu laufen. Doch wird man hier sinnvollerweise dem Gläubiger ein Vorgehen nach der Austauschmethode nicht versagen, wenn für ihn wie in den folgenden Fällen dargestellt - die Herstellung seines gesamten Nichterfüllungsschadens in Natur von Interesse ist. Zur Kritik der - § 628 II BGB offenbar zugrunde liegenden - Differenzmethode siehe oben S. 89 ff. 527 Insoweit handelte es sich um die „substitutive" Ersetzung eines weiterentwickelten Schadens; vgl. dazu oben S. 52 f. 528 Gessert, Schadensersatz, S. 85; MünchKomm-Schwerdtner, BGB, 3. Aufl., § 628 Rn. 45. 525
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5. Die Schadensersatzhaftung aus pFV a) Die verbreitete Annahme der Möglichkeit einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aus pFV Nach verbreiteter Auffassung kann es schließlich auch im Rahmen der pFV zu einer Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung kommen. Dies gilt zum einen für Fälle der Schlechterfüllung, also der „mangelhaftein) Erfüllung einer Leistungspflicht, die weder Unmöglichkeit noch Verzug zur Folge hat und die auch nicht unter die Gewährleistungsvorschriften des Besonderen Teils f ä l l t " 5 2 9 . Im Kaufrecht soll dies etwa für die Fälle der schuldhaften Beschädigung des Kaufgegenstandes durch den Verkäufer nach Vertragsschluss gelten. 5 3 0 Wegen des Fehlens von Gewährleistungsvorschriften im Dienstvertragsrecht wird dort ebenfalls weitgehend auf die pFV zurückgegriffen, wenn es um die Schadensersatzhaftung wegen Schlechtleistung des Dienstverpflichteten geht. 5 3 1 Zum anderen wird die Nichterfüllungshaftung aus pFV in den Fällen der Erfüllungsverweigerung sowie bei Unzumutbarkeit der weiteren Vertragsdurchführung aufgrund treuwidrigen Verhaltens des anderen Teils bejaht. 5 3 2 Die im Übrigen der pFV zugeordneten Fälle sind solche, in denen es um die Verletzung von sonstigen Rechtsgütern des Gläubigers geht. Die „Nichterfüllung" einer Erfüllungspflicht liegt insoweit gar nicht v o r . 5 3 3 b) Die fehlende Einschlägigkeit der pFV in Fällen der Nichterfüllung von Leistungspflichten Tatsächlich findet die Figur der pFV aber für die Fälle der Nichterfüllung vertraglicher Leistungspflichten keine Anwendung. Zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aus pFV kann es folglich nicht kommen. Dies ergibt sich aus Folgendem: aa) Ein vertragliches Versprechen geht mit Pflichten für den Schuldner einher, die zwei grundlegend verschiedenen Kategorien zuzuordnen sind. 5 3 4 529
MünchKomm-Emmerich BGB, 3. Aufl., vor § 275 Rn. 226. 530 Ygi dazu oben S. 136. Ebenso soll im Schenkungsrecht die zu vertretende Beschädigung des Schenkungsgegenstandes durch den Schenker nach Vertragsschluss eine Haftung aus pFV auslösen; siehe dazu oben bei und in Fn. 439. 531 Soergel -Wiedemann, 12. Aufl., BGB, vor § 275 Rn. 441 ff., 457 mit w. Nachw.; OLG Hamburg, VersR 1989, S. 1169, 1170; auch BGH, NJW 1983, S. 1188, 1189. 532 Vgl. dazu bereits oben S. 102 ff. sowie S. 41 mit Nachw. 533 Vgl. dazu im Einzelnen sogleich unten S. 193 f. 534 Dazu Picker, AcP 183 (1983), S. 507; Thiele, JZ 1967, S. 650 f.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
(1) Die Hauptbedeutung von Verträgen besteht darin, dass durch sie Pflichten des Schuldners zur Aufstockung des Gläubigervermögens geschaffen werden. Nach Erfüllung dieser Pflichten soll der Gläubiger also mehr haben als zuvor. Man kann in diesem Zusammenhang mithin von „Aufstockungspflichten" (herkömmlich: Leistungspflichten) sprechen. Grundlage einer solchen Aufstockungspflicht ist prinzipiell das schuldnerische Versprechen selbst: Der Schuldner ist zur Mehrung des Gläubigervermögens verpflichtet, weil er diese Pflicht autonom, d. h. freiwillig übernommen hat, nicht, weil das Gesetz ihm diese Pflicht auferlegt hätte. 5 3 5 (2) Demgegenüber existieren sog. „vertragliche Nebenpflichten", etwa „Obhuts- und Sorgfaltspflichten", die nicht der Aufstockung, sondern dem Erhalt des Gläubigervermögens dienen. Denn die Einhaltung dieser Pflichten stellt den Gläubiger nicht besser als er ohne den Vertrag stünde. Im Gegensatz zu den Aufstockungspflichten kann in diesem Zusammenhang also von „Bestandserhaltungspflichten" (herkömmlich: Schutzpflichten) gesprochen werden. Beispiel: Den zum Anstreichen eines Zimmers bestellten Maler trifft die Pflicht, bei Verrichtung seiner Arbeit nicht die sonstigen Vermögensgüter des Bestellers, etwa dessen Möbel, Fensterscheiben, u. s. w. zu beschädigen. Erfüllt der Maler diese Pflicht, hat der Besteller nicht mehr in seinem Vermögen als zuvor. Diese Pflichten entsprechen grundsätzlich den unabhängig von einem Vertrag bestehenden Schutzpflichten i m Hinblick auf fremde Vermögensgüter, wie sie der Haftung aus den §§ 823 ff. BGB zugrunde liegen. Auch die Schadensersatzansprüche gemäß §§ 823 ff. BGB setzen die Verletzung einer Pflicht voraus, die dem Erhalt des Vermögensbestandes dient. 5 3 6 Beide Bestandserhaltungspflichten - die „unabhängig von einem Vertrag bestehende" wie die „mit einem solchen einhergehende" - haben denn auch die gleiche Grundlage: Sie sind beide im Gegensatz zu den Aufstockungspflichten gesetzlich, also heteronom auferlegt und mithin gerade unabhängig von einem diesbezüglichen Versprechen des Schuldners. 537 Versuche, die „vertraglichen Nebenpflichten" im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als vom Schuldner versprochen zu begreifen, sind denn auch verfehlt. Es handelt sich hierbei um eine bloße Fiktion. 5 3 8 Der ein Vertragsver535 Vgl. dazu oben S. 71. 536 Folglich ist es nur konsequent, für eine grundsätzliche Gleichbehandlung der „mit einem Vertrag oder Vertragsverhandlungen einhergehenden" sowie der unabhängig davon bestehenden Bestandserhaltungspflichten einzutreten, sie letztlich als ein einheitliches Haftungssystem zu begreifen. Siehe dazu vor allem Picker, AcP 183 (1983), S. 369 ff., bes. etwa S. 479 ff. 537 So vor allem Picker, , AcP 183 (1983), S. 369 ff., bes. etwa S. 393 ff., 505 ff.; auch Canaris, JZ 1965, S. 477, 479 f.; Thiele, JZ 1967, S. 651, 653 f.; Motzer, JZ 1983, S. 885. Siehe daneben die „Klarstellung" von Larenz, Schuldrecht I, § 24 I a (S. 365 f. sowie S. 367 mit Fn. 16).
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sprechen abgebende Schuldner sagt nicht zugleich zu, die bereits bestehenden Vermögensgüter des Gläubigers zu achten. Dazu ist er bereits kraft Gesetzes verpflichtet. Dies zeigt sich schon daran, dass auch bei Unwirksamkeit des Vertrages - also bei NichtVorliegen eines Versprechens - die identischen Bestandserhaltungspflichten des Schuldners angenommen würden und er deshalb bei Verletzung derselben aus c.i.c. (und in aller Regel auch aus den §§ 823 ff. BGB) in Anspruch genommen werden könnte. 5 3 9 Vor diesem Hintergrund wäre es kaum einsichtig, dass der Schuldner im Rahmen des Vertrags zusätzlich zu den ihn ohnehin treffenden Bestandserhaltungspflichten solche freiwillig übernommen haben soll. Ein diesbezügliches Versprechen des Schuldners würde deshalb bei Offenlegung auf Unverständnis stoßen und kann daher auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht unterstellt werden. bb) Sind die beiden (primären) Pflichtenarten - die Aufstockungs- wie die Bestandserhaltungspflicht - von ihrem Entstehungsgrund her zu unterscheiden, so führt ihre Verletzung doch in beiden Fällen zur im Grunde gleichen (sekundären) Sanktion: Hat der Schuldner die Verletzung zu vertreten und dadurch dem Gläubiger einen Schaden zugefügt, so hat er diesen Schaden zu ersetzen. 540 Diese sekundäre Pflicht zum Schadensersatz ist nun stets heteronom durch das Gesetz auferlegt: Für die Verletzung der selbst auch gesetzlich begründeten Bestandserhaltungspflichten versteht dies sich von allein. Wie oben dargelegt gilt aber auch für die Schadensersatzpflicht aufgrund der Verletzung der autonom übernommenen Aufstockungspflicht nichts anderes. 541 Insoweit wäre es ebenfalls eine bloße Fiktion, wenn dem Schuldner unterstellt würde, er sage neben seiner primären Erfüllungspflicht eine Schadensersatzleistung für den Fall zu, dass er dieser nicht ordnungsgemäß nachkommt. Gleichwohl ist nur im Zusammenhang mit der Verletzung einer Aufstockungspflicht von einer „Leistungsstörung" und von „Nichterfüllung" zu sprechen; zu einem Anspruch auf „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" kommt es mithin allein in diesen Fällen. Natürlich liegt auch bei Verletzung einer Bestandserhaltungspflicht eine „Nichterfüllung" im weiteren Sinne vor, weil dann der Schuldner ebenfalls etwas nicht tut, was er tun muss. Doch ist der Begriff der „Nichterfüllung" im eigentlichen, wenn man so will: engeren, Sinne auf die Fälle der Aufstockungspflichtverletzung zu be538
Picker, AcP 183 (1983), S. 401 ff. Darauf weisen zutreffend Picker, AcP 183 (1983), S. 406 f.; Canaris , JZ 1965, S. 475 f., 479; sowie Thiele, JZ 1967, S. 653 hin. 540 Daneben löst der in der Verletzung liegende Eingriff in die Position des Gläubigers in beiden Fällen immer auch dem Grunde nach eine Bereicherungshaftung aus; vgl. dazu ausführlich oben S. 84. 541 Siehe dazu ausführlich oben S. 82 ff. mit Nachw. 539
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
schränken. Anderenfalls müsste man auch im Zusammenhang mit der deliktischen Haftung nach den §§ 823 ff. BGB von einer Nichterfüllungshaftung sprechen. Das Gesetz verwendet dagegen den Begriff der Nichterfüllung nur im Kontext mit der Verletzung von Leistungs-, also Aufstockungspflich.
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ten. cc) Die Schadensersatzhaftung hat denn auch in beiden aufgezeigten Fällen eine unterschiedliche Grundlage: 543 (1) Die Verletzung einer Bestandserhaltungspflicht wird durch eine Haftung aus den §§ 823 ff. BGB sowie je nachdem, ob ein Vertrags- oder ein Vertragsanbahnungsverhältnis besteht, zusätzlich 544 aus p F V 5 4 5 bzw. c.i.c. sanktioniert. (2) Dagegen wird die ausschließlich bei Verletzung einer Aufstockungspflicht eingreifende Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung durch spezielle Tatbestände geregelt: Führt der Schuldner nach Vertragsschluss in zu vertretender Weise einen Umstand herbei, der ihm die Erfüllung seiner Aufstockungspflicht (leistungsstörungsrechtlich) unmöglich macht, so haftet er etwa aus §§ 280 I, 325 I 1 BGB; bei bloßer Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit und daraus resultierendem Wegfall des Gläubigerinteresses an der Primärleistung trifft ihn eine Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung aus §§ 286 I I 1, 326 I 2, I I BGB. Entsprechendes gilt für den Fall der bloß teilweisen Nichterfüllung bzw. teilweisen Unmöglichkeit. Die Aufstockungspflicht kann dabei nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer oder zeitlicher Hinsicht teilweise nichterfüllt bzw. unmöglich werden. Für letztere beiden Fällen stehen vielfach besondere Haftungstatbestände des Gewährleistungsrechtes sowie des Verzugsrechtes zur Verfügung. 542
Vgl. die §§ 280, 283, 286 II 1, 325, 326, 463, 480 II, 523 II, 524 II, 538 I, 635 BGB: Stets ist es die nicht ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglich versprochenen Aufstockungspflicht, die den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung auslöst. 543 Vgl. Thiele, JZ 1967, S. 657. 544 Diese den Schuldner zusätzlich treffende Haftung für die Verletzung einer Bestandserhaltungspflicht hat gegenüber der außervertraglichen Haftung de lege lata einige entscheidende Vorteile für den Gläubiger: So hat der Schuldner nur dort für das Fehlverhalten seiner Erfüllungsgehilfen einzustehen (§ 278 BGB), primäre Vermögensschäden zu ersetzen, die Beweislast für das Nichtvertretenmüssen zu tragen (§ 282 BGB) und ist einer längeren Verjährungsfrist (§ 195 BGB) ausgesetzt. Vgl. hierzu Picker, AcP 183 (1983), S. 369 ff., bes. etwa S. 485 ff. 545 Ob insoweit ein Rückgriff auf die ungeschriebene Figur der pFV erforderlich ist oder die Haftung nicht vielmehr auf eine § 276 I BGB zu entnehmende allgemeine Verschuldenshaftung des Schuldners für die Schädigung sonstiger Rechtsgüter des Gläubigers, sprich: die Verletzung einer Bestandserhaltungspflicht gestützt werden kann, mag dahinstehen. Vgl. insoweit nur etwa Larenz, Schuldrecht I, § 24 I a (S. 366 f.).
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Stets ist damit der Fall der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung einer Aufstockungspflicht speziell geregelt. Für eine Anwendung der Figur der pFV ist daher kein Raum. 5 4 6 (3) Ausgehend von dieser klaren Trennung der Haftungsgrundlagen ergibt sich zweierlei: (a) Die verbreitet angeführten Beispiele einer auf die pFV gestützten Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aufgrund der Verletzung einer Aufstockungspflicht fallen allesamt unter spezielle Haftungstatbestände: Wie bereits ausführlich dargelegt, stellt die Rechts- oder Sachmangelhaftigkeit der Leistung entweder den Fall einer Teilunmöglichkeit oder aber den der teilweisen Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit dar. 5 4 7 Folglich verwirklicht die Schlechtleistung auch stets die Tatbestände des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, die deshalb genau dann zum Tragen kommen, wenn spezielle Gewährleistungsvorschriften fehlen. So führt etwa die zu vertretende Beschädigung des Kaufgegenstandes (bzw. Schenkungsgegenstandes) durch den Verkäufer (bzw. Schenker) nach Vertragsschluss zu teilweiser Unmöglichkeit und löst eine Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung gemäß § 325 I BGB (bzw. § 280 I BGB) aus. 5 4 8 Auch im Dienstvertragsrecht stellt mithin die Schlechtleistung einen Fall teilweiser Unmöglichkeit dar, weshalb die allgemeinen Vorschriften einschlägig sind. Aber auch für die Fälle der Erfüllungsverweigerung wäre es - wie bereits angesprochen 549 - verfehlt auf die pFV zurückzugreifen. Zwar fehlt insoweit ein spezieller Haftungstatbestand, insbesondere sieht auch § 326 BGB als Regelung des allgemeinen Schuldrechts keine unmittelbare Schadensersatzpflicht des Schuldners vor. Gleichwohl ist die Haftung in diesen Fällen auf § 326 BGB analog statt auf pFV zu stützen. Wenn - wie gerade dargelegt - die pFV im Übrigen allein zur Sanktionierung der Verletzung von Bestandserhaltungspflichten eingreift, wäre eine Anwendung auch bei der Erfüllungsverweigerung - einem Fall der Aufstockungspflichtverletzung! - geradezu ein Fremdkörper. Dagegen drängt sich die Analogie zu § 326 BGB auf, weil der Haftungsanlass - der Wegfall des Gläubigerinteresses aufgrund pflichtwidriger Nichterfüllung trotz Möglichkeit durch den 546 Grundlage dieses Verständnisses ist ein insoweit weiter Nichterfüllungs- bzw. Unmöglichkeitsbegriff, der von den Gesetzesverfassern zugrunde gelegt wurde und auch heute verbreitet vertreten wird (vgl. die Nachw. in den Fn. 124 und 361). Siehe dazu die Ausführungen oben S. 132 ff. zur Mangelhaftigkeit als teilweise Nichterfüllung/Unmöglichkeit sowie S. 184 ff. zur Verzugshaftung als Fall der Haftung wegen teilweiser Nichterfüllung. 547 Siehe oben S. 132 ff. 548 Siehe dazu oben S. 139 sowie S. 153 f. 549 Oben in Fn. 296 mit w. Nachw. 1*
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
Schuldner - in beiden Fällen identisch ist. Entsprechendes gilt für den Fall der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung bei Unzumutbarkeit der (weiteren) Vertragsdurchführung für den Gläubiger aufgrund des Verhaltens des Schuldners. 550 Ebenso ist es schließlich verfehlt, wenn davon gesprochen wird, Grundlage der Schadensersatzpflicht aus pFV könne die Schlechterfüllung der Hauptleistungspflicht, also die nicht ordnungsgemäße Erfüllung sein, sofern dadurch ein über das Erfüllungsinteresse hinausgehender Schaden (Begleitschaden) entstanden sei. 5 5 1 Wenn etwa das verkaufte Pferdefutter mangelhaft war und zum Tod eines Pferdes beim Käufer geführt hat, so ist es zwar richtig, dass der damit erlittene Schaden aus pFV zu ersetzen ist, wenn der Verkäufer diese Schädigung zu vertreten hat. Doch besteht die insoweit verletzte Pflicht nicht in der mangelhaften Leistung, sondern in der Nichtaufklärung über die Mangelhaftigkeit und damit Gefährlichkeit der Leistung. Grund der Haftung ist nicht die teilweise Nichterfüllung der Aufstockungspflicht, sondern die Verletzung der Bestandserhaltungspflicht. Dies gilt es strikt zu unterscheiden. Hätte nämlich der Verkäufer bei der Lieferung des mangelhaften Futters den Käufer auf die Gefährlichkeit aufmerksam gemacht, so änderte dies zwar nichts am Vorliegen einer Nichterfüllung (also der „Schlechterfüllung einer Hauptleistungspflicht"). Gleichwohl würde eine Haftung des Verkäufers aus pFV ausscheiden. (b) Umgekehrt ist es verfehlt, im Falle der Verletzung von Bestandserhaltungspflichten Tatbestände der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung heranzuziehen, weil insoweit allein die §§ 823 ff. BGB sowie die pFV bzw. c.i.c. einschlägig sind. Weder sind also die Normen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf derartige Konstellationen anzuwenden: 552 So kann der Anspruch des Käu550
Dazu oben S. 103 mit Fn. 299. So die Formulierung bei Brox, Allgem. Schuldrecht, Rn. 295. 552 Vgl. etwa Canaris , JZ 1965, S. 475 ff.; Westhelle, Nichterfüllung, S. 93, 109, 118 ff. Anders Himmelschein, AcP 135 (1932), S. 312 ff., 321 ff.; ders., AcP 158 (1959/1960), S. 290 ff.; ihm folgend wohl Scherner, JZ 1971, S. 533; daneben vor allem Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 147 ff.; ders., JZ 1983, S. 883 ff., bes. S. 889; Evans-von Krbek, AcP 179 (1979), S. 85 ff.; ähnlich Wolf, AcP 153 (1954), S. 111 ff., die auch auf die Verletzung von Bestandserhaltungspflichten („Schutzpflichten") die Unmöglichkeits- und Nichterfüllungstatbestände des allgemeinen Leistungsstörungsrechts anwenden wollen. Diesen ist einzuräumen, dass eine einheitliche gesetzliche Haftungsgrundlage für die Fälle der Verletzung einer Aufstockungs- sowie einer Bestandserhaltungspflicht nicht nur denkbar, sondern sogar wünschenswert wäre (dazu Picker, AcP 183 (1983), S. 369 ff., bes. S. 505 ff.). Denn wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Schadenseratzhaftung aufgrund der Verletzung einer Aufstockungspflicht genau wie bei der aufgrund der Verletzung einer Bestandserhaltungspflicht um eine heteronom auferlegte 551
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fers, der im Supermarkt auf einem Salatblatt ausrutscht und sich dabei verletzt, nicht mit der Begründung auf § 280 I BGB gestützt werden, die Pflicht des Supermarkts, die körperliche Integrität des Käufers zu schützen, sei in zu vertretender Weise unmöglich geworden. Eben weil es um Bestandsschutz geht, liegt keine Nichterfüllung (und damit keine Unmöglichkeit) im „technischen" Sinne v o r . 5 5 3 Noch kommen hierfür Vorschriften des besonderen Leistungsstörungsrechts in Betracht, womit sich zugleich die Streitfrage beantwortet, ob im Rahmen der gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung auch sog. „Mangelfolgeschäden", d.h. vor allem solche Schäden ersetzt werden, die der Gläubiger an seinen sonstigen Rechtsgütern erleidet. Diese wird für die einzelnen Vertragstypen ganz unterschiedlich beantwortet: Im Kaufrecht etwa erfasst § 463 BGB nach überwiegender Auffassung auch alle Mangelfolgeschäden, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Mangel stehen. 554 Gleichwohl soll im Hinblick auf diese Ersatz ebenfalls über die pFV verlangt werden können 5 5 5 (was vor allem in den Fällen des Fehlens von Arglist oder von einer Zusicherung relevant ist), wobei insoweit die kurze Verjährung des § 477 BGB einschlägig sein soll. Die Haftung aus § 635 BGB soll sich dagegen nur auf „enge" Mangelfolgeschäden erstrecken. „Weite" Mangelfolgeschäden werden dann allein über die pFV ersetzt, wobei hier anders als im Kaufrecht die lange Verjährung des § 195 BGB eingreifen soll. 5 5 6 Im Mietrecht schließlich wird nach Folge der Verletzung einer fremden Position. Der Unterschied, dass die verletzte Position im ersten Fall vertraglich-autonom, im zweiten Fall gesetzlich-heteronom begründet ist, macht eine unterschiedliche Grundlage für den Fall der Verletzung nicht erforderlich. Und wie Motzer, Die „positive Vertragsverletzung", S. 150 ff., sowie JZ 1983, S. 886 f., zutreffend ausgeführt hat, ist die Bestandserhaltungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen ebenso wie die Aufstockungspflicht primär einklagbar. Doch ist auf Grundlage des geltenden Rechts gleichwohl eine Trennung der Haftungsgrundlagen geboten. Welchen Sinn etwa hätte die Vorschrift des § 823 I BGB noch, wenn doch die Verletzung eines absoluten Rechts stets die zu vertretende Unmöglichkeit einer Pflicht zum Schutz solcher Rechte wäre und somit den Tatbestand des § 280 I BGB verwirklichte? Darüber hinaus ist die Heranziehung der Nichterfüllungstatbestände auch gefährlich, weil sie - wie sogleich zu zeigen sein wird - zu Unklarheiten über die Haftungsvoraussetzungen sowie die Veijährung bei Bestandserhaltungspflichtverletzungen führt. Deshalb ist de lege lata an der beschriebenen Trennung festzuhalten. Und jedenfalls beschränkt sich der Gegenstand dieser Arbeit auf den Schadensersatzinhalt bei der Verletzung von Aufstockungspflichten, weil allein insoweit die - für den Fall der Verletzung von Bestandserhaltungspflichten anerkannte - Vorrangigkeit von § 249 S. 1 BGB bestritten wird. 553 Vgl. dazu oben S. 193 f. 554 Vgl. nur etwa MünchKomm-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 463 Rn. 31 f. mit w. Nachw.; Walter, Verhältnis, S. 192 f.; BGH, NJW 1965, S. 532 ff. 555 Etwa BGH, NJW-RR 1996, S. 951; auch BGH, MDR 1967, S. 759.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
verbreiteter Meinung im Rahmen von § 538 I BGB jeder Mangelfolgeschaden ersetzt 557 , was insbesondere im Hinblick auf die verschuldensunabhängige Haftung für anfängliche Mängel gemäß § 538 I 1. Alt. BGB bedeutsam ist und Kritik erfahren hat. 5 5 8 Dass eine solche unterschiedliche Handhabung eines einheitlichen Problems zu immensen Schwierigkeiten führen muss und folglich nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann, liegt auf der Hand. Ausgehend von dem gerade dargelegten Verständnis ist die Frage pauschal wie folgt zu beantworten: Stets wird im Rahmen des gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzes wegen Nichterfüllung nur das „Aufstockungsinteresse" ersetzt, während im Übrigen, also hinsichtlich des verletzten „Bestandserhaltungsinteresses" die pFV sowie die außervertraglichen Schadensersatztatbestände einschlägig sind. 5 5 9 Denn der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung tritt an die Stelle des primären Erfüllungsanspruchs und ist daher vom Umfang desselben abhängig. 560 556 BGHZ 67, 1, 5 ff.; 87, 239, 241 ff.; 98, 45, 46 f.; BGH, NJW 1996, S. 2924, 2925 f. Anders etwa Emmerich, Leistungsstörungen, § 21 I 3 b (S. 236 f.), nach dem unter § 635 BGB sämtliche Mangelfolgeschäden fallen, bei fehlender Erkennbarkeit indes die kurze Verjährung des § 638 BGB nicht einschlägig sein soll; ähnlich Jakobs, JuS 1974, S. 342. 557 Etwa RGZ 81, 200, 203; 169, 84, 92; BGH, L M § 538 BGB Nr. 5; BGH, NJW 1971, S. 424, 425 f.; BGH, NJW-RR 1991, S. 970 f.; Köhler, JuS 1979, Schuldrecht S. 649; Larenz, Schuldrecht I I / l , § 48 III b 3 (S. 235 f.); Esser/Weyers, I I / l , § 15 I 6 c (S. 141); Staudinger-£mmenWi, BGB, 13. Bearb., § 538 Rn. 35 f.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 21 I 2 a (S. 232 f.); RGRK-Mezger, BGB, 12. Aufl., § 538 Rn. 15; Otto, JuS 1985, S. 850 f. 558 Für eine Beschränkung der Haftung aus § 538 I BGB auf die reinen „Mangelschäden" etwa Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 538 Anm. 1 (S. 753 f.); Todt, BB 1971, S. 681 f.; Weimar, MDR 1960, S. 556 f.; MünchKomm-Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 538 Rn. 7, 13. 559 Für diese klare Trennung vor allem Todt, Schadensersatzansprüche, S. 141 f.; ders., BB 1971, S. 681 f., 685; Pieper, JuS 1962, S. 462, 463; im Prinzip auch Thiele, JZ 1967, S. 654 ff.; in Ansätzen zeitweilig auch die Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, NJW 1962, S. 908, 909 (Ersatz für die Verletzung sonstiger Vermögensgüter aufgrund von Sachmängeln des Kaufgegenstandes allein aus pFV) sowie BGH, NJW 1965, S. 532, 533 (Liquidierung des Schadens, der durch die Verletzung der Aufstockungspflicht entstanden ist, allein über § 463 BGB). Zur anderen Auffassung siehe nur etwa Jakobs, Gesetzgebung, S. 110 ff., der ausgehend von der Entstehungsgeschichte belegt, dass nach der Auffassung der Gesetzgeber die gewährleistungsrechtlichen Tatbestände der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung auch eine Einstandspflicht für die Folgeschäden begründen sollten. Vgl. daneben Diederichsen, AcP 165 (1965), S. 150 ff., der für eine einheitliche Handhabung der §§ 463, 538, 635 BGB eintritt und einen Ersatz des Bestandserhaltungsinteresses aus diesen Normen bejaht, soweit der Schutzzweck dieser - von ihm als gesetzliche Garantievorschriften eingeordneten - Regelungen reicht. 560 So zutreffend Todt, BB 1971, S. 681 f.
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(aa) Speziell für das Kaufrecht ergibt sich damit: Da Grundlage der Haftung aus § 463 S. 2 B G B 5 6 1 die Verletzung der Aufstockungspflicht ist, wird aus dieser Vorschrift ausschließlich der Ersatz des Aufstockungsinteresses geschuldet, während über die pFV das Bestandserhaltungsinteresse ersetzt wird. Die Schwierigkeit vieler Fälle besteht darin, dass der Schuldner sich bei mangelhafter Leistung in zweifacher Hinsicht pflichtwidrig verhält und folglich der entstandene Schaden in Aufstockungs- und Bestandserhaltungsinteresse aufgeteilt werden muss. Zur Bewältigung dieser Schwierigkeit kann dabei nicht einfach untersucht werden, wie der Gläubiger bei mangelfreier Leistung stünde. Dann wäre nämlich der Schaden insgesamt nicht entstanden, weshalb eine Unterscheidung der beiden Schadensarten nicht möglich wäre. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch der Begriff des „Mangelfolgeschadens" als irreführend. „Folge" der mangelhaften Leistung sind nämlich sämtliche Schäden des Gläubigers, etwa also auch der entgangene Gewinn, der fraglos allein das Ergebnis der Aufstockungspflichtverletzung ist. Die Bestimmung des Umfangs des Bestandserhaltungsinteresses erfolgt vielmehr, indem allein die Verletzung der Aufstockungspflicht „hinweggedacht" wird. Dazu ist davon auszugehen, die konkret erbrachte Leistung des Schuldners sei vertragsgemäß gewesen. Selbiges gilt für die Bestimmung des Umfangs des Aufstockungsinteresses: Insoweit ist zu unterstellen, der Schuldner habe die Bestandserhaltungspflicht nicht verletzt, d.h. er habe den Gläubiger auf die mit der Mangelhaftigkeit einhergehenden Gefahren für seine sonstigen Rechtsgüter aufmerksam gemacht. 562 Verdeutlicht werden soll dies an folgendem Beispiel: V verkauft Κ seinen gebrauchten Wagen für 5.000 DM, wobei er bei Vertragsschluss arglistig verschweigt, dass die Bremsen defekt sind. Mit intakten Bremsen hätte der Wagen von Κ für 6.000 D M weiterveräußert werden können. Im defekten Zustand hat er einen Wert von 4.000 DM. Nach Leistung des Fahrzeuges kommt es aufgrund des Bremsversagens zu einem Unfall, bei dem der Wagen gänzlich zerstört wird und Κ Verletzungen erleidet, die einen Heilaufwand von 3.000 D M verursachen. Für die Bestimmung des 561
Die Haftung aus § 463 S. 1 BGB ist dagegen - wie oben S. 146 dargelegt ein Spezialfall: Sie ist keine Sekundärhaftung, die an die Verletzung einer Aufstockungspflicht anknüpft, sondern eine Haftung auf primäre Erfüllung eines gegebenen Garantieversprechens. Ihr Umfang bestimmt sich daher allein aus dem Garantieversprechen selbst (so auch die heute überwiegende Auffassung, etwa Diederichsen, AcP 165 (1965), S. 159 ff.; BGHZ 50, 200, 204; Staudinger-ffo/i«?//, BGB, 13. Bearb., § 463 Rn. 49 ff.; MünchKomm-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 463 Rn. 30; jew. mit w. Nachw.). 562 Zu dieser Vorgehensweise bereits Canaris, JZ 1965, S. 477. Zu anderen Abgrenzungsvorschlägen und ihrer Bedenklichkeit siehe Todt, BB 1971, S. 682 f.
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
gemäß § 463 S. 2 BGB zu ersetzenden Aufstockungsinteresses ist hier zu unterstellen, V sei seiner Bestandserhaltungspflicht nachgekommen, habe also bei Lieferung den Κ auf den Bremsdefekt aufmerksam gemacht. 563 Für diesen Fall hätte Κ die fragliche Fahrt nicht unternommen und den Unfall folglich nicht erlitten. Κ hätte daher einen Wagen im Wert von 4.000 DM. Bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Aufstockungspflicht hätte er dagegen infolge des Weiterverkaufs 6.000 D M erlangt. Sein Aufstockungsinteresse, sprich: Nichterfüllungsschaden beläuft sich folglich auf 2.000 DM. Das aus pFV zu erstattende Bestandserhaltungsinteresse ergibt sich demgegenüber, wenn man die Verletzung der Aufstockungspflicht hinwegdenkt, also annimmt, der Wagen sei als „in dem - ggf. verkehrsuntauglichen Zustand" verkauft, in dem er sich tatsächlich befindet. Dann stellte der Bremsdefekt keinen Mangel dar, weil er der Sollbeschaffenheit entspricht. Und folglich läge in der Leistung des defekten Fahrzeugs keine Nichterfüllung. Hier bestünde die Pflichtverletzung des V folglich allein in seiner Nichtaufklärung über die im Bremsdefekt liegende Gefährlichkeit. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte Κ die Fahrt wiederum nicht unternommen und so einen Wagen im Wert von 4.000 D M und keine Gesundheitsherstellungskosten gehabt. Tatsächlich hat er nun aber keinen Wagen im Wert von 4.000 D M mehr und darüber hinaus Einbußen infolge des Gesundheitsschadens von 3.000 DM. Sein Bestandserhaltungsinteresse beträgt also 7.000 DM. War dem V dagegen im Beispielsfall der Bremsdefekt aus Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so scheidet eine Nichterfüllungshaftung aus § 463 S. 2 BGB aus. Doch trifft den V auch dann eine Haftung auf Erstattung des Bestandserhaltungsinteresses (wie dargelegt also 7.000 DM) aus pFV wegen der schuldhaften Nichtaufklärung über die Gefährlichkeit. Eben weil sich der Anlass (d.h. die verletzte Pflicht) bei der Nichterfüllungshaftung aus § 463 S. 2 BGB von dem bei der Bestandserhaltungshaftung aus pFV unterscheidet, liegt das vielfach angenommene Konkurrenzproblem in Wahrheit gar nicht vor: Durch die Bejahung der pFV-Haftung neben § 463 S. 2 BGB wird keineswegs die gesetzgeberische Entscheidung, dass nur bei Vorsatz auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gehaftet werden soll, untergraben. Dabei bleibt es gerade. Gar nicht von § 463 S. 2 BGB geregelt ist dagegen die Frage, unter welchen Voraussetzungen für die Verletzung von Bestandserhaltungspflichten gehaftet werden muss. Insoweit kann folglich auf die pFV zurückgegriffen werden. Für die Verjährung des Anspruchs auf Erstattung dieses Bestandserhaltungsinteresses aus pFV folgt damit aber zugleich, dass insoweit nichts anderes als in den sonstigen Fällen der „Bestandserhaltungshaftung" aus pFV 563
Vgl. Thiele, JZ 1967, S. 656 f.
Β.
ie Möglichkeit der Naturalrestitution
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gelten kann. Der Anspruch auf Erstattung der 7.000 D M im Beispielsfall kann also nicht schneller verjähren als der Anspruch des Bestellers gegen den Maler, der bei Verrichtung seiner Tätigkeit aus Unachtsamkeit eine Fensterscheibe beim Besteller eingeschlagen hat. Nicht die Regelung des § 477 BGB, sondern die bei Verletzung sonstiger Vermögensgüter des Gläubigers herangezogene allgemeine Vorschrift des § 195 BGB ist also einschlägig. 564 Denn stets geht es um die Verletzung einer Bestandserhaltungspflicht. Warum sollte das Gesetz die Fälle unterschiedlich regeln? Auch das Argument, der Verkäufer solle nach Ablauf der kurzen Verjährung sicher sein, nicht mehr wegen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache in Anspruch genommen werden zu können, geht ins Leere: Denn die Inanspruchnahme aus pFV noch nach dieser kurzen Frist stützt sich nicht auf die Mangelhaftigkeit, also die teilweise Nichterfüllung der Aufstockungspflicht, sondern auf die Nichtaufklärung über die Gefährlichkeit, damit ein von der Nichterfüllung zu unterscheidendes Fehlverhalten. 565 (bb) Nichts anderes gilt damit aber auch für das Mietrecht und das Werkvertragsrecht: Aus § 538 I BGB bzw. § 635 BGB wird allein das verletzte Aufstockungsinteresse ersetzt, während im Übrigen die pFV sowie die §§ 823 ff. BGB einschlägig sind. Auch insoweit ist für die Abgrenzung der jeweiligen Schäden auf die oben beschriebene (ceteris paribus) Methode zurückzugreifen: Um zu bestimmen, was der Vermieter einer mangelhaften Sache dem Mieter gemäß § 538 I BGB zu ersetzen hat, ist zu unterstellen, er habe den Mieter auf die Mangelhaftigkeit und die daraus erwachsenden Gefahren hingewiesen. Andersherum ergibt sich der Umfang des aus pFV zu ersetzenden Bestandserhaltungsinteresses, wenn man sich vorstellt, die Mietsache sei als „mangelhafte" vermietet worden, gleichwohl aber habe es der Vermieter unterlassen, den Mieter auf die für ihn nicht erkennbaren Gefahren, die mit dieser „Mangelhaftigkeit" einhergehen, aufmerksam zu machen. Entsprechend ist im Werkvertragsrecht abzugrenzen. Für die Verjährung würde nichts anderes gelten, wie soeben für das Kaufrecht beschrieben. (cc) Diese Vorgehensweise ermöglicht eine klare Trennung der unterschiedlichen Schäden 566 und führt zu der schon aus systematischen Grün564
Anders die ganz h.M., vgl. nur etwa Todt, BB 1971, S. 684 f. Ohnehin müsste man - wenn man mit der beschriebenen Argumentation Ernst macht - die kurze gewährleistungsrechtliche Verjährung auch auf Deliktsansprüche anwenden, die bei der Schädigung sonstiger Rechtsgüter aufgrund der Mangelhaftigkeit in aller Regel ebenfalls einschlägig sind. 566 Folglich ist es auch verfehlt, unter Hinweis auf die „praktische Undurchführbarkeit" der Unterscheidung von Mangel- und Mangelfolgeschäden sämtliche Schäden des Gläubigers stets auf die jeweilige gewährleistungsrechtliche Schadensersatzbestimmung zu stützen (so aber Staudinger-Emmerich, BGB, 13. Bearb., § 538 Rn. 36; Brox/Elsing, JuS 1976, S. 7). 565
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3. Kap.: Kritik und eigener Ansatz
den gebotenen Gleichbehandlung der Streitfrage im Kauf-, Miet- und Werkvertragsrecht. Auch die Frage der Verjährung wäre einfach und zugleich sachgerecht beantwortet: Allein für die (enge) gewährleistungsrechtliche Nichterfüllungshaftung würde die kurze Verjährung eingreifen, während im Übrigen - also im Rahmen der Haftung aus pFV - § 195 BGB einschlägig wäre. c) Ergebnis Ist die pFV damit nie Grundlage einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung, stellt sich die in dieser Arbeit untersuchte Frage der Möglichkeit der Naturalrestitution bei Nichterfüllungsansprüchen im Hinblick auf die pFV nicht.
4. Kapitel
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Für die eingangs gestellte Frage ergibt sich aus alledem: Auch auf Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung finden die §§ 249 ff. BGB vorbehaltlos und uneingeschränkt Anwendung. Die damit gesetzessystematisch primär geschuldete Naturalrestitution ist in den betreffenden Fällen keineswegs stets aufgrund eines Restitutionsausschlussgrundes (etwa § 251 BGB) ausgeschlossen. Für sie ist in vielerlei Hinsicht Raum. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus folgenden Erwägungen:
A. Die Struktur des Leistungsstörungsrechts I. Die Unterscheidung zwischen Aufstockungs- und Bestandserhaltungspflichten 1. M i t einem Vertrag gehen prinzipiell zwei unterschiedliche Arten von Pflichten einher: a) Dies sind zum einen Aufstockungspflichten, die der Mehrung des Gläubigervermögens dienen. Diese sind autonom, also freiwillig übernommen, gründen mithin unmittelbar auf das vertragliche Leistungsversprechen. b) Zum anderen handelt es sich hierbei um Bestandserhaltungspflichten, die dem Erhalt des bestehenden Gläubigervermögens dienen. Diese Pflichten sind heteronom durch das Gesetz auferlegt, bestehen also unabhängig von einem diesbezüglichen Versprechen des Schuldners und decken sich mit den den Schuldner ohnehin treffenden Integritätsschutzpflichten, deren Verletzung über die §§ 823 ff. BGB sanktioniert wird. 2. a) Eine Leistungsstörung liegt nur bei Verletzung einer Aufstockungspflicht, damit nur dann vor, wenn die vertraglich versprochene Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht wird. Allein insoweit ist von „Nichterfüllung" im eigentlichen Sinne zu sprechen. Nur die Aufstockungspflichtverletzung kann mithin zu einer Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung führen. 2. b) Die Verletzung von Bestandserhaltungspflichten ist demgegenüber nicht dem Leistungsstörungsrecht im eigentlichen Sinne zuzuordnen. Nur
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4. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
im Hinblick auf eine solche kann es zu einer Haftung aus pFV kommen. Die Verletzung einer Aufstockungspflicht löst dagegen nie die Haftung aus pFV aus.
II. Die unterschiedlichen Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung bei Verletzung einer Aufstockungspflicht Sämtliche Fälle der Verletzung einer Aufstockungspflicht, d.h. alle Konstellationen einer (zumindest teilweisen) Nichterfüllung der primär versprochenen Leistung lassen sich dabei auf zwei Grundkonstellationen zurückführen: Die Nichterfüllung aufgrund nachträglicher leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit sowie die Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit.
1. Nichterfüllung aufgrund nachträglicher leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit Der Schuldner verspricht die Erbringung seiner Leistung nicht als solche, sondern setzt autonom zugleich die Grenzen seiner freiwillig übernommenen Leistungspflicht fest. Kommt es nach Vertragsschluss zu einer Leistungserschwernis, deren Überwindung er nicht versprochen hat, so liegt ein Fall (leistungsstörungsrechtlicher) Unmöglichkeit vor. Eine Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Unmöglichkeit ist dabei entbehrlich, weil es für den Schuldner ohne Bedeutung ist, ob auch ein anderer die gleiche Schwierigkeit bei der Leistungserbringung haben würde. Je nachdem, ob die Erschwernis die erforderliche Leistungsanstrengung gänzlich oder nur zum Teil zu einer überobligatorischen macht, handelt es sich um vollständige oder nur teilweise Unmöglichkeit. a) Konsequenzen der nachträglichen leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit aa) Die primäre Erfüllungspflicht des Schuldners geht - je nachdem, wie weit die Erschwerung reicht - ganz oder teilweise unter. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Schuldner die Entstehung des Leistungshindernisses zu vertreten hat. Denn Grund des Untergangs der Erfüllungspflicht ist die entsprechende Begrenzung des Versprechens des Schuldners. Dieser begrenzt sein Leistungsversprechen aber nicht unterschiedlich, je nachdem ob er die betreffende Erschwernis zu vertreten hat oder nicht. Die Unterstellung einer solchen Selbstsanktionierung des Schuldners wäre lebensfremd.
Α. Die Struktur des Leistungsstörungsrechts
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bb) Soweit der Gläubiger seinerseits im Hinblick auf die Erlangung der Leistung eine Gegenleistung versprochen hat, geht die Pflicht zur Erbringung dieser Gegenleistung ebenfalls unter (§ 323 BGB, Rücktritt nach § 325 I 1 BGB). Denn mit Untergang der Leistungspflicht fällt auch der Grund für das Gegenleistungsversprechen fort. cc) Hatte der Schuldner den Eintritt des Erfüllungshindernisses zu vertreten, so tritt - kraft gesetzlicher Anordnung - an die Stelle des erloschenen primären Erfüllungs- ein sekundärer Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung. Für diesen Fall bleibt es entgegen dem unter bb) Gesagten bei der Pflicht zur Erbringung der evtl. versprochenen Gegenleistung seitens des Gläubigers. Jedoch kann sich der Gläubiger hier auch gegen die Entstehung der Schadensersatzpflicht entscheiden und vom Vertrag zurücktreten. Es bleibt dann bei dem in bb) angeordneten Untergang der Gegenleistungspflicht. b) Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aufgrund nachträglicher zu vertretender leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit aa) Hierher gehören die Fälle der Schadensersatzhaftung wegen vollständiger oder teilweiser nachträglicher Unmöglichkeit gemäß § 280 I, § 325 I 1 BGB. bb) Zum Teil ist auch die bei Sach- bzw. Rechtsmängeln eingreifende Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung dem Grunde nach eine solche wegen teilweiser nachträglicher Unmöglichkeit. Dies gilt zum einen beim Vorliegen eines vom Schuldner zu vertretenden Mangels nach Vertragsschluss im Kauf- und Schenkungsrecht, soweit „kleiner" Schadensersatz gewährt wird. Insoweit stützt sich der Ersatzanspruch unmittelbar auf § 325 I 1 BGB bzw. § 280 I BGB. Zum anderen ist dies bei der Ersatzpflicht aus § 538 I BGB (i.V.m. § 541 BGB) der Fall. Denn weil der Umstand, dass die Mietsache während der Vergangenheit mangelhaft war, nicht beseitigt werden kann, steht der Leistung insoweit auch hier ein nicht zu überwindendes Leistungshindernis entgegen. cc) Schließlich fällt auch die Pflicht zum Ersatz des Verzugsschadens gemäß § 286 I BGB in diese Kategorie. Denn die Verzögerung der Leistung führt insoweit zu einer Teilunmöglichkeit des Leistungsversprechens, als die Pflicht zur Rechtzeitigkeit der Erfüllung nicht mehr eingehalten werden kann und muss.
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4. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
2. Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit Erbringt der Schuldner dagegen seine Leistung nicht, obwohl es an einem - ihm überobligatorische Anstrengungen abverlangenden - Erfüllungshindernis fehlt, so liegt eine schlichte Nichterfüllung vor. Hierher gehören auch die Fälle, in denen ein solches „überobligatorisches" Erfüllungshindernis bereits bei Vertragsschluss vorliegt. Zwar ist vom hier vertretenen Ansatz aus das Vertragsversprechen, dem von Anfang an ein vom Schuldner nicht zu überwindendes Leistungshindernis entgegensteht, nichtig. Doch hat der Gesetzgeber dies für einzelne Bereiche anders geregelt, indem er den Schuldner so behandelt, wie wenn er die Überwindung der betreffenden Erschwernis versprochen hätte. De lege lata liegt also in einigen Fällen anfänglicher Leistungshindernisse ebenfalls eine schlichte Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit vor. a) Konsequenzen der schlichten Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit aa) Grundsätzlich besteht der Erfüllungsanspruch des Gläubigers bei der schlichten Nichterfüllung fort. bb) Doch tritt ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung dann an die Stelle des Erfüllungsanspruchs, wenn sich der Gläubiger zu Recht auf den Wegfall seines Interesses an der Primärerfüllung berufen kann. Hat der Gläubiger seinerseits im Hinblick auf die Leistungserlangung eine Gegenleistung versprochen, so kann er, statt Schadensersatz zu verlangen, auch durch Rücktritt seine Gegenleistungspflicht zum Erlöschen bringen. b) Fälle der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung aufgrund weggefallenem Gläubigerinteresse Zu unterscheiden sind drei verschiedene Konstellationen des berechtigten Wegfalls des Gläubigerinteresses: aa) Zunächst kann es zum berechtigten Wegfall des Gläubigerinteresses allein aufgrund der pflichtwidrigen Nichterfüllung durch den Schuldner kommen. Der Nichterfüllungsschaden ist dann im Hinblick auf die gesamte oder nur einen Teil der Verbindlichkeit zu ersetzen, je nachdem, ob eine vollständige oder nur teilweise Nichterfüllung seitens des Schuldners vorliegt. Die Pflichtwidrigkeit der Nichterfüllung erfordert regelmäßig den Verzug des Schuldners. Dabei muss der Wegfall des Gläubigerinteresses entweder unmittelbar feststehen oder sich durch eine vergebliche Nachfristsetzung manifestiert haben.
Α. Die Struktur des Leistungsstörungsrechts
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Die Pflichtwidrigkeit ist jedoch - unabhängig vom Verzug - auch dann gegeben, wenn der Schuldner die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. Einer solchen Verweigerung steht es in aller Regel gleich, wenn der Schuldner eine Leistung erbringt, obwohl er weiß, dass er durch diese nicht bzw. nicht vollständig erfüllt. Denn dann bringt er typischerweise zum Ausdruck, dass er die (vollständige) Erfüllung nicht anstrebt. Schließlich kommt es auch dann zu einer unmittelbaren Ersatzpflicht des Schuldners, wenn er zwar leistungsbereit ist, doch aus anderen Gründen dem Gläubiger die (weitere) Vertragsdurchführung unzumutbar macht. (1) In diesen Fällen stützt sich die Ersatzpflicht des Schuldners grundsätzlich auf die §§ 286 I I 1, 326 I 2, I I BGB. Im Falle der Erfüllungsverweigerung sowie der Unzumutbarkeit der weiteren Vertragsdurchführung haftet der Schuldner gemäß § 286 I I 1 BGB analog bzw. § 326 BGB analog. (2) Zu weiten Teilen ist die Schadensersatzhaftung wegen Sach- oder Rechtsmängeln eine solche wegen schlichter Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit. (a) So gehört etwa die Haftung bei bewusst mangelhafter Leistung im Falle eines Gattungskaufs (§ 480 I I BGB bei Sachmängeln bzw. § 326 I 2 BGB bei Rechtsmängeln) sowie einer Gattungsschenkung (§ 524 I I 2 BGB bei Sachmängeln bzw. § 523 I I 1 BGB bei Rechtsmängeln) hierher (wobei es zu einer solchen bei der Gattungsschenkung nur kommt, wenn der Schenker bei Erwerb des Schenkungsgegenstandes bösgläubig war). Die Leistung eines mangelhaften, nur der Gattung nach geschuldeten Gegenstandes stellt - anders als bei der Stückschuld - keine bloß teilweise, sondern eine vollständige Nichterfüllung dar. Durch die Leistung trotz Kenntnis der Mangelhaftigkeit bringt der Schuldner wiederum regelmäßig zum Ausdruck, dass er die Erfüllung verweigert. (b) Ebenso fällt hierunter die Pflicht zum „kleinen" Schadensersatz aufgrund von anfänglichen Rechts- (§ 326 I 2 BGB) bzw. Sachmängeln (§ 463 S. 2 BGB) des Gegenstandes des Stückkaufs, aber auch der Stückschenk u n g 5 6 7 (§ 286 I I 1 BGB) sowie der Werkleistung (§ 635 BGB). Denn stets hat der Schuldner in diesen Fällen die Mangelhaftigkeit zu überwinden, stellt also die mangelhafte Leistung eine teilweise Nichterfüllung dar. (3) Eine spezielle Ausprägung einer solchen Nichterfüllungshaftung wegen Erfüllungs Verweigerung ist regelmäßig auch die Haftung aus § 179 I BGB. Durch das Vertretergeschäft verspricht der Vertreter zugleich die Be567 Dies gilt freilich nur, soweit der Schenker ausnahmsweise und entgegen dem typischen Charakter von Schenkungsversprechen die Beseitigung des vorhandenen Mangels versprochen hat.
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4. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Wirkung eines Vertragsschlusses zwischen Drittem und Vertretenem. Das Fehlen der Vertretungsmacht stellt folglich ein anfängliches Hindernis der Erfüllung dieses Vertragsherbeiführungsversprechens des Vertreters gegenüber dem Dritten dar, dessen Überwindung der Vertreter regelmäßig nicht versprochen hat. Doch behandelt das Gesetz den Vertreter - wie in anderen Fällen anfänglicher Leistungshindernisse - so, wie wenn er die Überwindung versprochen hätte. Es kommt daher zu einer Haftung wie im Falle der schlichten Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit. Da der Vertreter bei § 179 I BGB den Mangel seiner Vertretungsmacht kennt, macht er deutlich, dass er nicht bereit ist, sich mithin weigert, sein Versprechen zu erfüllen. Denn hätte er die Absicht gehabt, die vorliegende Schwierigkeit - das Fehlen seiner Vertretungsmacht - zu überwinden, so hätte er dies dem Dritten offengelegt. Deshalb rechtfertigt sich seine unmittelbare Schadensersatzpflicht. bb) Der Wegfall des Gläubigerinteresses kann sich auch nur zum Teil auf die pflichtwidrige Nichterfüllung, im Übrigen aber darauf stützen, dass der Gläubiger an der bloßen Teilleistung kein Interesse hat. (1) Grundsätzlich ergibt sich die Haftung in diesen Fällen aus § 326 I 3 BGB i.V.m. §§ 325 I 2, 280 I I 1 BGB. (2) Aber auch die oben (aa (2) (b)) beschriebenen Fälle der Schadensersatzhaftung aufgrund von anfänglichen Mängeln des Kauf- bzw. Schenkungsgegenstandes sowie der Werkleistung fallen hierunter, sofern der „große" Schadensersatz gewährt wird. Denn in der mangelhaften Leistung liegt in diesen Fällen - wie dargelegt - eine teilweise Nichterfüllung trotz leistungsstörungsrechtlicher Möglichkeit. Wird insoweit der „große" Schadensersatz gewährt, so bedeutet dies nichts anderes, als dass der Gläubiger unter Zurückgewähr der erhaltenen „Teilleistung" Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen kann. Entsprechend ist die Zulässigkeit des „großen" Schadensersatzes an das Vorliegen eines Interessefortfalls im Sinne von § 280 I I 1 BGB zu knüpfen. cc) Die dritte Konstellation der Nichterfüllungshaftung aufgrund weggefallenem Gläubigerinteresse ergibt sich, soweit die Erfüllung teilweise leistungsstörungsrechtlich unmöglich wurde, der Gläubiger aber an der Teilleistung im Übrigen kein Interesse hat. (1) Es ergibt sich dann eine Schadensersatzhaftung gemäß §§ 280 I I 1, 325 I 2 BGB. (2) Zu einer solchen kommt es auch in den oben (1 b bb) beschriebenen Fällen der nachträglichen zu vertretenden Herbeiführung von Mängeln am Kauf- bzw. Schenkungsgegenstand, sofern der „große" Schadensersatz gewährt wird. Denn wie dargelegt liegt insoweit teilweise leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit vor.
Β. Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution
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B. Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung Ausgehend von diesem Verständnis des Leistungsstörungsrechts und den dort vorgesehenen Tatbeständen der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung ergibt sich für die Frage, ob insoweit die Naturalrestitution möglich ist, Folgendes:
I. Schadensersatz aufgrund nachträglicher zu vertretender Unmöglichkeit In den Fällen der Schadensersatzhaftung aufgrund nachträglicher, vom Schuldner zu vertretender, leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit ist die Naturalrestitution nicht prinzipiell ausgeschlossen. Insbesondere stehen der Restitutionspflicht nicht stets die Ausschlussgründe des § 251 I 1. Alt., I I BGB entgegen. Das gängige Argument, die Naturalrestitution scheide aus, weil bei (objektiver oder subjektiver) Unmöglichkeit der Erfüllung zugleich auch die mit dieser stets inhaltlich übereinstimmende Herstellung unmöglich/unzumutbar sei, ist in zweifacher Hinsicht verfehlt. 1. Zum einen ist die unterstellte Identität von Erfüllungs- und Herstellungsanspruch nicht stets gegeben. Beide können inhaltlich von einander abweichen: a) Dies ist der Fall, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die Restitution in ihrer „substitutiven" Form zu erbringen ist, statt der primär geschuldeten Leistung also nur eine dieser ähnliche Leistung erbracht wird. b) Die Herstellung weicht aber auch dann von der Erfüllung ab, wenn sich der Nichterfüllungsschaden des Gläubigers weiterentwickelt hat, insbesondere also, wenn der Gläubiger die hypothetisch erlangte Leistung des Schuldners gegen eine andere Leistung (eines Dritten) eingetauscht hätte. Für diesen Fall ist der Schadensersatzanspruch nämlich auf Erbringung genau dieser anderen Leistung gerichtet. 2. Zum anderen ist die Naturalrestitution aber auch dann prinzipiell möglich, wenn sie sich inhaltlich mit der unmöglich gewordenen Erfüllung deckt. Denn leistungsstörungsrechtliche und schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit unterscheiden sich: Ein Erfolg, dessen Herbeiführung leistungsstörungsrechtlich unmöglich ist, kann schadensersatzrechtlich gleichwohl möglich sein. Wie dargelegt (oben A I I 1) ist Grundlage der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit die Begrenzung des schuldnerischen Leistungsversprechens durch den Schuldner selbst. Er muss in diesen Fällen 14 Gebauer
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4. Kap.: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
nicht mehr leisten, weil er es nicht versprochen hat. Dagegen entspringt die schadensersatzrechtliche Unmöglichkeit - wie die Restitutionspflicht selbst - dem Gesetz. Der Schuldner hat Schadensersatz zu leisten, weil und soweit es das Gesetz ihm auferlegt. Deshalb kann es dazu kommen, dass ein und derselbe Erfolg zwar vom Schuldner nicht versprochen, ihm aber kraft Gesetzes auferlegt ist, dass folglich dieser Erfolg zwar leistungsstörungsrechtlich, nicht aber schadensersatzrechtlich unmöglich ist. Auch bei leistungsstörungsrechtlicher Unmöglichkeit kann der an die Stelle des Erfüllungsanspruchs getretene Schadensersatzanspruch also durchaus auf Herbeiführung des Erfüllungserfolges durch den Schuldner gerichtet sein.
I L Schadensersatz aufgrund weggefallenem Gläubigerinteresse In den Fällen der Schadensersatzhaftung aufgrund weggefallenem Gläubigerinteresse ist ebenfalls Raum für die Herstellung in Natur. 1. Wie in den Unmöglichkeitskonstellationen ist sie überall dort denkbar, wo sie inhaltlich vom Erfolg der primär geschuldeten Erfüllung abweicht, weil sie in ihrer „substitutiven" Form zu erbringen ist oder sich der eingetretenen Schaden weiterentwickelt hat. Dabei ist indes zu berücksichtigen, dass es für den Gläubiger im Sinne von § 251 12. Alt. BGB ungenügend sein kann, wenn die Schadensersatzpflicht auf Erbringung einer ähnlichen Leistung oder Ersatz des weiterentwickelten Schadens durch den Schuldner selbst gerichtet ist. Wenn Grund der Schadensersatzhaftung die schuldnerische Nichtleistung trotz Möglichkeit ist, dürfte es für den Gläubiger oftmals unzumutbar sein, wenn die Schadensersatzpflicht wiederum auf eine - wenn auch andersartige - Sachleistung gerichtet wäre, weil er dann wiederum mit der Sachleistungsunwilligkeit des Schuldners zu kämpfen hätte. Auch dann ist folglich die Naturalrestitution nach § 249 S. 1 BGB ausgeschlossen und es kommt nur eine Pflicht zur Erstattung der hierfür erforderlichen Restitutionskosten nach § 249 S. 2 BGB in Frage. 2. Dagegen scheidet die Herstellung in Natur im Gegensatz zur bereits beschriebenen Konstellation aus, soweit sie inhaltlich mit der ursprünglich geschuldeten Erfüllung übereinstimmt. Denn in den Fällen der Schadensersatzhaftung wegen weggefallenem Gläubigerinteresse hat sich der Gläubiger gerade gegen die Bewirkung des konkreten Erfüllungserfolges durch den Schuldner entschieden. Folglich wäre eine inhaltlich damit übereinstimmende Naturalrestitution für den Gläubiger ungenügend im Sinne von § 251 I 2. Alt. BGB und ist also ausgeschlossen.
Β. Konsequenzen für die Möglichkeit der Naturalrestitution
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I I I . Die „Schadensersatzhaftung" bei Zusicherung als Fall einer Erfüllungshaftung Fehlt der verkauften Sache eine zugesicherte Eigenschaft, so ordnet das Gesetz (§§ 463 S. 1, 480 I I BGB) ebenfalls eine „Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllung" an. Doch handelt es sich bei ihr tatsächlich nicht um eine solche. Grund der Haftung ist in diesem Fall (wie in allen übrigen Konstellationen einer Nichterfüllungshaftung aufgrund einer Zusicherung oder Garantie) eine zusätzlich zum eigentlichen Vertragsversprechen abgegebene Zusage, für die Schäden im Fall der Nichterfüllung des eigentlichen Versprechens aufzukommen. Es handelt sich bei ihr folglich um eine Haftung auf Erfüllung eines selbständigen Versprechens. Für ihren Inhalt ist deshalb nicht auf die §§ 249 ff. BGB zurückzugreifen. Vielmehr bestimmt sich dieser nach dem vertraglichen Versprechen des die Zusicherung abgebenden Schuldners. Regelmäßig verspricht dieser dabei eine Schadloshaltung in Geld.
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Anhang: Verhältnis der Thesen zur künftigen Entwicklung des Schuldrechts Das Schuldrecht und insbesondere das Leistungsstörungsrecht sind jüngst Gegenstand intensiver Reformbestrebungen geworden. 1. Anlässlich der Umsetzung mehrerer europäischer Richtlinien 568 hat sich die Bundesregierung entschieden, ein Schuldrechtsmodernisierungsgesetz auszuarbeiten, das u. a. weite Teile des Leistungsstörungsrechts neufassen wird. Für die hier dargelegten Überlegungen relevant ist vor allem die angestrebte Normativierung der leistungsstörungsrechtlichen Unmöglichkeit: Ein Schuldner soll künftig seine Leistung verweigern können, „soweit und solange diese einen Aufwand fordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht". Das gleiche gelte, wenn die Leistung in der Person des Schuldners zu erbringen sei und dem Schuldner unter Abwägung des Leistungsinteresses des Gläubigers und des Leistungshindernisses auf Seiten des Schuldners die Leistung nicht zugemutet werden könne, wobei insoweit zu berücksichtigen sei, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten habe.569 Der Entwurf hat bereits jetzt neben Zustimmung auch verbreitet Kritik der Zivilrechtswissenschaft ausgelöst. Dies kann nicht der Ort sein, den Entwurf ebenfalls einer ausführlichen Überprüfung zu unterziehen. Doch lässt sich zumindest Folgendes festhalten: Prinzipiell begrüßenswert ist die gesetzliche Klarstellung, dass leistungsstörungsrechtliche Unmöglichkeit normativ, d.h. unter Berücksichtigung dessen zu bestimmen ist, was dem Schuldner nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses zumutbar ist. Höchst zweifelhaft ist es jedoch, dass in diese Bestimmung allerlei andere Faktoren einzubeziehen sind, wie das Leistungsinteresse des Gläubigers (sofern dieses nicht bereits zum Inhalt des Schuldverhältnisses gehört) und insbesondere die Gebote von Treu und Glauben sowie ein eventuelles Verschulden des Schuldners im Hinblick auf das Leistungshindernis. Die Einbeziehung dieser Faktoren ist sachlich nicht gerechtfertigt. 570 Und sie führt zwingend zu erheblicher Rechtsunsicherheit: Die Frage, ob ein Schuldner von seiner Leistungspflicht frei wird, hängt künftig nicht mehr vom Versprechensinhalt, sondern vom jeweiligen Richter und dessen eigener Bewertung der oben genannten Faktoren ab.
568
Richtlinien 1999/44/EG, 2000/35/EG, 2000/31/EG. Vgl. § 275 des Regierungsentwurfs sowie des Entwurfs der Fraktionen der SPD und der Grünen (BT-Drs. 14/6040). 570 Zur Unbeachtlichkeit des Verschuldens des Schuldners für die Frage seiner leistungsstörungsrechtlichen Befreiung, siehe etwa oben S. 77 ff. 569
Anhang
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2. Parallel zu diesen Reformvorhaben auf nationaler Ebene wird im europäischen Kontext verstärkt über eine umfassendere Regelung des Zivilrechts nachgedacht. In einer Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament vom 11. Juli 2001 lässt die Kommission erkennen, dass sie eine weitergehende Harmonisierung in diesem Bereich für notwendig erachtet. Auch wenn konkrete Inhalte einer solchen Harmonisierung noch nicht absehbar sind, so ist es angesichts der Dynamik der europäischen Integration gerade im Bereich „Justiz und Inneres" nicht unwahrscheinlich, dass künftig auch zentrale leistungsstörungsrechtliche Bestimmungen des nationalen Rechts europarechtlich vorgegeben werden. Das bedeutet: Wie das in Deutschland anzuwendende Leistungsstörungsrecht mittelfristig aussehen wird, steht noch nicht fest. 3. Vor dem Hintergrund des hier beschriebenen Wandels des Schuldrechts und speziell des Leistungsstörungsrechts versteht sich die vorliegende Arbeit nicht nur als Beschreibung des geltenden Rechts, sondern auch als Beitrag zur Gestaltung des künftigen Rechts. Als Konkretisierung dieses Beitrags sei folgender, auf dem oben dargelegten Verständnis beruhender Formulierungsvorschlag für ein künftiges Leistungsstörungsrecht gedacht: § 1 Nichtigkeit von anfanglich unmöglichen Leistungsversprechen (1) Wenn und soweit einer Leistung zum Zeitpunkt ihres Versprechens eine Schwierigkeit entgegensteht, deren Überwindung nicht zugleich vertraglich vereinbart wurde, ist dieses Leistungsversprechen nichtig. (2) Eine mögliche Haftung des Schuldners auf Ersatz des negativen Interesses richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften. § 2 Untergang von Leistungs- und Gegenleistungspflicht bei nachträglicher Unmöglichkeit (1) Ein Schuldner wird von seiner Pflicht zur Leistung frei, wenn und soweit nach Vertragsschluss eine Leistungserschwerung eintritt, die nach der vertraglichen Vereinbarung nicht zu überwinden ist. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner den Eintritt der Erschwerung zu vertreten hat. (2) Soweit der Gläubiger seinerseits im Hinblick auf die Erlangung der Leistung eine Gegenleistung versprochen hat, geht die Pflicht zur Erbringung dieser Gegenleistung ebenfalls unter. § 3 Schadensersatz wegen Nichterfüllung (1) Hat ein Schuldner den Eintritt einer Leistungserschwerung, die nach § 2 zu seiner Befreiung von der Leistungspflicht führt, zu vertreten, so kann der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach Maßgabe der allgemeinen schadensersatzrechtlichen Bestimmungen verlangen. (2) Schadensersatz wegen Nichterfüllung anstelle der Erfüllung kann der Gläubiger auch verlangen, wenn der Schuldner trotz Fortbestehen seiner Leistungspflicht
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pflichtwidrig nicht leistet und sich der Gläubiger berechtigtermaßen auf den Fortfall seines Interesses an der Leistungserbringung durch den Schuldner beruft. Dies setzt voraus, dass der Schuldner mit der Leistung im Verzug ist und der Gläubiger dem Schuldner vergeblich eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Einer Nachfristsetzung bedarf es nicht, wenn die Erfüllung des Vertrages bereits infolge des Verzugs für den Gläubiger kein Interesse hat. Unabhängig von den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann der Gläubiger unmittelbar Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn er aufgrund sonstigen pflichtwidrigen Verhaltens dem Gläubiger die Entgegennahme der Leistung unzumutbar macht. (3) Verlangt der Gläubiger nach dieser Vorschrift Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so bleibt er entgegen § 2 Abs. 2 zur Erbringung seiner Gegenleistung verpflichtet.
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Auslegung von Erfüllungsversprechen 72 f. Austauschmethode 89 ff., 141 f. (Fn.398) Beratungen zum BGB 16 ff., 21 f. Bereicherungsansprüche 17 f. (Fn. 21), 75, 84 f., 87 Beschaffungsschuld 62 ff., 66, 70, 130, 155 ff., 181 f. Bestandserhaltungspflicht 40, 191 ff., 203 ff. condemnatio pecuniaria 15 Deliktsansprüche 84 f., 86 f., 124 f., 140, 192 ff., 203 Deskriptiver Unmöglichkeitsbegriff 54 ff., 59, 60 ff. Differenzmethode 26 f., 32, 89 ff., 101, 141 f. (Fn. 398) Erfüllungsklage 79 f. Erfüllungsverweigerung, emsthafte und endgültige 41, 102 f., 129, 143, 147 f., 195 f., 207 Erlöschen des Erfüllungsanspruchs 28 ff., 31 f., 36, 60, 74, 77 ff., 204 f., 206 Europäisches Schuldrecht 212 f. Faktische Unmöglichkeit 56, 57, 67 falsus procurator s. Pseudovertreter Freie Verwendbarkeit der Reparaturkosten 46 f. (Fn. 152) Garantiehaftung 116 ff., 119 f., 146, 149, 152, 211 Gattungskauf 34, 146 ff., 207
Gattungsschenkung 155 ff., 207 Gefahrtragungsregeln 57, 68 Gegenseitige Leistungspflichten 93 ff., 185 ff. Gewährleistungstheorie 134 ff. Grenzen des Erfüllungsversprechens 71 ff. Großer Schadensersatz 34 f., 139 ff., 207 f. Güteraustauschbereitschaft 126 f. Höchstpersönliche Verpflichtungen 76, 190 Integritätsinteresse tungspflicht
s. Bestandserhal-
Kleiner Schadensersatz 34, 139 ff., 207 f. Kommissionsentwurf zur Neuregelung des Schuldrechts 78 (Fn. 241) Kündigung 103, 165 (Fn. 463), 169 ff., 189 f. Leistungspflicht ckungspflicht
s. Vermögensaufsto-
Mangelbeseitigungspflicht des Verkäufers 34, 137, 140 Mangelfolgeschäden 136 f., 197 ff. Nachträgliche Beschädigung des Kauf-/ Schenkungsgegenstandes 41, 139 ff., 153 f. Naturrecht 15 f. Negatorische Ansprüche 84 f., 87 Normativer Unmöglichkeitsbegriff 57 f., 59, 60 ff.
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Österreichisches ABGB 16 f. pFV 40 f., 134 ff., 191 ff. Praktische Unmöglichkeit 56, 57, 67 Preußisches Allgemeines Landrecht 16 f. Pseudovertreter 36, 37, 177 ff. Rechts Verwirklichungsanspruch 17 f. (Fn. 21) Relative subjektive Rechte 84 f., 87 f., 123 f. Römisches Recht 15 Rücktritt vom Vertrag 92 ff., 169 ff. Sachgüterknappheit 48, 66 Schadensersatzhaftung des Arbeitnehmers 40, 189 f. Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 212 f. Schutzpflichten s. Bestandserhaltungspflicht Sittliche Unmöglichkeit 56, 57, 67 Subjektiver Fehlerbegriff 133 (Fn. 364) Substitutive Restitution 24 f., 33, 36, 45 ff., 91 f., 98 f., 100, 108 f., 113, 129, 139 ff., 182 ff., 209 Tausch 97, 130 Teilbarkeit der Leistung 96 ff., 132 ff. Teilweise Unmöglichkeit 98 f., 104, 106 ff., 132 ff., 184 ff. Thekla-Bohlen-Fall 114 f.
Ungeschriebene Restitutionsausschlussgründe 42 f., 99 f., 113 Unmöglichkeit durch Zeitablauf 160 ff., 184 ff., 194 Untersuchungspflicht des Vermieters 167 f. Unzumutbarkeit der weiteren Vertragsdurchführung 41, 103, 189, 196, 207 Verjährung von Gewährleistungsansprüchen 197 f., 200 ff. Verkehrsschutz 126 f., 129 (Fn. 359) Vermögensaufstockungspflicht 66 f., 83, 177 f., 191 ff., 203 ff. Vertragliche Nebenpflichten s. Bestandserhaltungspflicht Vertretbare Sachen 50 Verzug als teilweise Unmöglichkeit 38 f., 184 ff. Vorratsschuld 62, 149 ff. Wegfall der Geschäftsgrundlage 55 ff., 64 ff. Weiterentwickelter Schaden 23, 27 f., 37, 38, 52 f., 100, 110, 113, 129, 139 ff., 182 ff., 209 f. Weiterfressermängel 124 (Fn. 345) Wirtschaftliche Unmöglichkeit 56, 57, 67 Zusicherung s. Garantiehaftung Zuweisung subjektiver Rechte 83 f. Zweckerreichung 55, 57, 67 f. Zweckfortfall 55, 57, 67 f.