Münchener Beiträge zur Papyrusforschung Heft 104: Die Verwaltung des ptolemaiischen Reichs 9783406629150, 9783406629167, 3406629156

Ägypten war unter den antiken Ländern das Land, das die differenzierteste Verwaltung besaß. Die Gründe lagen zu einem be

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TITEL
IMPRESSUM
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
VORBEMERKUNGEN
EINFÜHRUNG
ERSTES KAPITEL: DIE FUNKTIONÄRE
Ägypten
Die griechischen Städte
Die chóra
Die Zentralverwaltung
Der zentrale dioiketés, der regionale dioiketés und der hypodioiketés
Der ídios lógos
Der epistolográphos und der hypomnematográphos
Der epistátes ton katá ten chóran
Der epistrátegos
Der phritob
Der archidikastés
Der agorastés
Die Gauverwaltung
Die Beamten
Der nomárches und der topárches
Der strategós und der hypostrátegos
Der epistátes tu nomú
Der oikonómos
Der antigrapheús
Der basilikós grammateús und der topogrammateús
Der epimeletés
Der epí ton prosódon
Der sitológos und der trapezítes
Der agoranómos
Der symbolophýlax
Die Zahl und die Namen der Gaue
Einzelne Gaue
Die Dorfverwaltung
Der epistátes tes kómes
Der myriáruros
Der komárches
Der komogrammateús
Der genematophýlax
Der komomisthotés
Der sitológos
Der antigrapheús
Der épergos
Die polizeiliche Organisation
Der epistátes ton phylakitón
Der archiphylakítes
Der phylakítes
Die „kirchliche“ Verwaltung
Die Provinzen und die Einflußgebiete
Kyrenaia
Syrien und Phoinikien
Zypern
Kilikien
Pamphylien
Pisidien
Lykien
Karien
Ionien und Aiolis
Troas und hellespontische Ostküste
Thrakische Chersonesos und Thrakien
Ägäis
Kreta
ZWEITES KAPITEL: DIE VERWALTUNGSMAßNAHMEN
Die technischen Voraussetzungen
Die Satzungen und die Anordnungen
Die Steuern
Der Sprachgebrauch
Die verschiedenen Steuern
Die Steuern zugunsten der Staatskasse
Die Personalsteuern
Die Steuern, die alle betreffen
Die Steuern, die einzelne Gruppen betreffen
Die Priester
Die klerúchoi und andere Bewirtschafter bzw. Pächter konzedierten Landes
Die Grundsteuern
Die Vermögenssteuern
Die Gewerbesteuern
Die Sondersteuern
Die Gebühren
Die nichtklassifizierbaren Steuern
Die Steuern zugunsten der Tempelverwaltungen
Die Steuern zugunsten von Privatpersonen
Die Steuerbefreiungen und die Steuererleichterungen
Die Steuerveranlagung und die Steuererhebung
Die jährlichen Steuereinnahmen
Die Zölle
Die Bußgelder
Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde
Die Zuordnung von Grundbesitz
Das königliche Land
Das heilige Land
Das „Land in Schenkung“
Das kleruchische Land
Das private Land
Die politeúmata
DIE IDEALITÄT UND DIE REALITÄT
Die Idealität
Die Realität
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Münchener Beiträge zur Papyrusforschung Heft 104: Die Verwaltung des ptolemaiischen Reichs
 9783406629150, 9783406629167, 3406629156

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DIE VERWALTUNG DES PTOLEMAIISCHEN REICHS

VON WERNER HUSS

VERLAG C.H.BECK MÜNCHEN 2011

Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. 1. Auflage. 2011 © Verlag C.H.Beck oHG, München 2011 Satz: Antonia Jenik ISSN 0936 3718 ISBN Buch 978 3 406 62915 0 ISBN eBook 978 3 406 62916 7 Die gedruckte Ausgabe dieses Titels erhalten Sie im Buchhandel sowie versandkostenfrei auf unserer Website www.chbeck.de. Dort finden Sie auch unser gesamtes Programm und viele weitere Informationen.

Inhaltsverzeichnis

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INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis

Vorwort ............................................................................................................. 9 Vorbemerkungen ............................................................................................. 11 Einführung ...................................................................................................... 13 Erstes Kapitel: Die Funktionäre...................................................................... 15 Ägypten ...................................................................................................... 15 Die griechischen Städte........................................................................... 15 Die chóra ................................................................................................ 29 Die Zentralverwaltung ........................................................................ 29 Der zentrale dioiketés, der regionale dioiketés und der hypodioiketés ................................................................................................ 30 Der ídios lógos ................................................................................ 38 Der epistolográphos und der hypomnematográphos ...................... 40 Der epistátes ton katá ten chóran ................................................... 42 Der epistrátegos.............................................................................. 43 Der phritob...................................................................................... 43 Der archidikastés ............................................................................ 45 Der agorastés.................................................................................. 45 Die Gauverwaltung ............................................................................. 46 Die Beamten ................................................................................... 47 Der nomárches und der topárches........................................... 51 Der strategós und der hypostrátegos....................................... 56 Der epistátes tu nomú.............................................................. 59 Der oikonómos ........................................................................ 62 Der antigrapheús .................................................................... 67 Der basilikós grammateús und der topogrammateús .............. 68 Der epimeletés......................................................................... 73 Der epí ton prosódon............................................................... 77 Der sitológos und der trapezítes.............................................. 84 Der agoranómos...................................................................... 85 Der symbolophýlax.................................................................. 89 Die Zahl und die Namen der Gaue.................................................. 91 Einzelne Gaue ................................................................................. 97

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Inhaltsverzeichnis

Die Dorfverwaltung .......................................................................... 110 Der epistátes tes kómes ................................................................. 113 Der myriáruros.............................................................................. 114 Der komárches .............................................................................. 116 Der komogrammateús ................................................................... 118 Der genematophýlax ..................................................................... 121 Der komomisthotés........................................................................ 122 Der sitológos ................................................................................. 123 Der antigrapheús .......................................................................... 125 Der épergos................................................................................... 126 Die polizeiliche Organisation............................................................ 126 Der epistátes ton phylakitón.......................................................... 127 Der archiphylakítes ....................................................................... 128 Der phylakítes ............................................................................... 132 Die „kirchliche“ Verwaltung ............................................................. 136 Die Provinzen und die Einflußgebiete ...................................................... 140 Kyrenaia................................................................................................ 140 Syrien und Phoinikien........................................................................... 144 Zypern................................................................................................... 150 Kilikien ................................................................................................. 157 Pamphylien ........................................................................................... 160 Pisidien ................................................................................................. 161 Lykien ................................................................................................... 161 Karien ................................................................................................... 167 Ionien und Aiolis................................................................................... 170 Troas und hellespontische Ostküste ...................................................... 171 Thrakische Chersonesos und Thrakien ................................................. 171 Ägäis ..................................................................................................... 173 Kreta ..................................................................................................... 177 Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen ............................................. 179 Die technischen Voraussetzungen ............................................................. 179 Die Satzungen und die Anordnungen........................................................ 184 Die Steuern ............................................................................................... 186 Der Sprachgebrauch.............................................................................. 186 Die verschiedenen Steuern.................................................................... 187 Die Steuern zugunsten der Staatskasse ............................................. 189 Die Personalsteuern ...................................................................... 189 Die Steuern, die alle betreffen............................................... 189 Die Steuern, die einzelne Gruppen betreffen ........................ 195 Die Priester....................................................................... 195 Die klerúchoi und andere Bewirtschafter bzw. Pächter konzedierten Landes ........................................................ 196

Inhaltsverzeichnis

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Die Grundsteuern .......................................................................... 205 Die Vermögenssteuern .................................................................. 211 Die Gewerbesteuern...................................................................... 215 Die Sondersteuern......................................................................... 228 Die Gebühren................................................................................ 230 Die nichtklassifizierbaren Steuern ................................................ 235 Die Steuern zugunsten der Tempelverwaltungen .............................. 237 Die Steuern zugunsten von Privatpersonen....................................... 243 Die Steuerbefreiungen und die Steuererleichterungen .......................... 245 Die Steuerveranlagung und die Steuererhebung ................................... 248 Die jährlichen Steuereinnahmen ........................................................... 254 Die Zölle ................................................................................................... 256 Die Bußgelder ........................................................................................... 260 Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde ......................................... 262 Die Zuordnung von Grundbesitz........................................................... 263 Das königliche Land ......................................................................... 265 Das heilige Land ............................................................................... 270 Das „Land in Schenkung“................................................................. 276 Das kleruchische Land ...................................................................... 278 Das private Land ............................................................................... 283 Die politeúmata..................................................................................... 287 Die Idealität und die Realität ........................................................................ 301 Die Idealität .............................................................................................. 301 Die Realität ............................................................................................... 304 Literaturverzeichnis ...................................................................................... 307 Register ......................................................................................................... 368

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Inhaltsverzeichnis

Ägypten

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VORWORT Mit dieser Arbeit unternehme ich den Versuch, wenigstens einen Teil der Versprechungen einzulösen, die ich vor etwa zehn Jahren gemacht habe („Ägypten in hellenistischer Zeit“, 2001, 9). Vielleicht folgen noch einige weitere Arbeiten. Ich danke Herrn Wolfgang Beck, der die Arbeit in das Verlagsprogramm eingefügt hat, Herrn Dr. Stefan von der Lahr, der die Arbeit engagiert betreut hat, den Herren Kollegen Alfons Bürge, Dieter Nörr und Gerhard Ries, die die Arbeit in die Reihe „Münchener Beiträge“ aufgenommen haben, außerdem Frau Antonia Jenik, die mit großem Einsatz den Text dieser Arbeit geschrieben und formatiert hat.

München, 22. Februar 2011

Werner Huß

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Vorwort

Ägypten

11

VORBEMERKUNGEN Die ägyptischen Personennamen und die griechischen Ortsnamen Ägyptens gebe ich in der vom „Lexikon der Ägyptologie“ vorgeschlagenen Form wieder. Die griechischen Inschriften zitiere ich in der üblichen Weise. Vgl. im übrigen G. H. R. Horsley - J. A. L. Lee, A Preliminary Checklist of Abbreviations of Greek Epigraphic Volumes, Epigraphica 56, 1994, 129-169. Die Abkürzungen von Editionsorten anderssprachiger Inschriften verstehen sich weithin von selbst. Bei den Zitaten griechischer und demotischer Papyri und Ostraka richte ich mich im allgemeinen nach J. F. Oates u. a., Checklist of Editions of Greek, Latin, Demotic and Coptic Papyri, Ostraca and Tablets (BASP Suppl. 9), o. O. 5[2001]; vgl. dazu auch die im Internet greifbare Edition (http://scriptorium.lib.duke.edu/ papyrus/texts/clist_papyri.html). Vgl. außerdem S. P. Vleeming - A. A. den Brinker, Check-List of Demotic Text Editions and Re-Editions, Leiden 1993. Da ich bedauerlicherweise Nicht-Demotist bin, zitiere ich die demotischen Texte in der Form, in der sie deren Herausgeber und Bearbeiter umschrieben haben. Die griechischen Autoren führe ich in der gängigen Form an. Die lateinischen Autoren zitiere ich nach dem Index-Band des „Thesaurus linguae Latinae“ (21990). Bei der Abkürzung von Zeitschriften und Reihen folge ich den Vorschlägen der „Année Philologique“.

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Vorbemerkungen

Ägypten

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EINFÜHRUNG Ägypten war unter den antiken Ländern das Land, das die differenzierteste Verwaltung besaß. Die Gründe lagen zu einem beträchtlichen Teil in der physischen Beschaffenheit des Landes, die „immer schon“ die Schaffung und Erhaltung einer Reihe von ordnenden Kompetenzen erzwungen hatte. Sie lagen aber auch – sofern es sich um die hellenistische Zeit handelte – in der Forcierung des Ordnungs-Denkens, das die Griechen ins Land gebracht hatten. Seit dem Beginn der hellenistischen Zeit koexistierten Verwaltungsformen, die aus altägyptischen und aus griechischen Vorstellungen erwachsen waren. Diese Verwaltungsformen koexistierten aber nicht nur, sie durchdrangen sich auch gegenseitig und änderten sich überdies im Lauf der Zeit in mancher Hinsicht. Außerdem führten neue Bedürfnisse zur Eliminierung alter und zur Schaffung neuer Verwaltungsinstitutionen. Die Verwaltung Ägyptens in hellenistischer Zeit – dies war ein äußerst kompliziertes Gebilde. Kompliziert waren aber auch die Verhältnisse in den Provinzen und Einflußsphären.

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Einführung

Ägypten

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ERSTES KAPITEL: DIE FUNKTIONÄRE Ägypten1 Die griechischen Städte2 Als Alexandros im J. 332 in Ägypten einmarschierte, gab es nur einen Ort, der ihn an Verhältnisse im alten Europa erinnerte: Naukratis. Doch war Naukratis ursprünglich nicht eine griechische Neugründung, sondern eine ägyptische Siedlung gewesen. Dementsprechend hatte die Stadt nicht einen griechischen, sondern einen ägyptischen Namen getragen: N3jw-krd, später N3-krd 3 . Erst später fügten die dort ansässigen Griechen griechische Verfassungselemente in das Leben der Stadt ein4. Pólis wurde das empórion Naukratis jedoch nicht vor dem 4. Jh. – wenn nicht gar erst in alexandrischer oder nachalexandrischer Zeit5. ___________________________

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Zur Skizze „Town and Country in Ptolemaic Egypt“ vgl. Jane Rowlandson, in: Companion, 249-263. Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 143-164; W. Schubart, Klio 10, 1910, 43-52; V. Tscherikower, Städtegründungen, 9-15; W. Schubart, Verfassung und Verwaltung, 11-16; Claire Préaux, Monde hellénistique II, 401-460. 590-592 (unter Berücksichtigung auch der nicht-ptolemaiischen Städte); G. M. Cohen, in: Egypt, 68-74; W. Leschhorn, „Gründer der Stadt“, 223-229; Geneviève Husson, in: L´état, 209-227; H. Heinen, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 350-355; B. Legras, Égypte, 103-119; G. M. Cohen, Hellenistic Settlements II, 305-381; Katja Mueller, Settlements, passim. Außerdem weise ich auf die in russischer Sprache geschriebenen Arbeiten von A. Ähne hin, die H. Heinen, BO 31, 1974, 203, aufgelistet hat (non vidi). Vgl. H. De Meulenaere, LÄ IV, 1982, 360f., s. v. Naukratis; J. Yoyotte, ACF 92, 1991-1992, 641f.; R. D. Sullivan, in: Ancient Naukratis II 1, 188f.; M. Malaise, CE 74, 1999, 230; außerdem G. Vittmann, Ägypten und die Fremden, 28387. Zur „Gründung“ von Naukratis vgl. M. M. Austin, Greece and Egypt, 22-33; A. Bresson, DHA 6, 1980, 291-349; P. Salmon, Politique Égyptienne, 15f.; T. F. R. G. Braun, in: CAH III 3, 21982, 37-43; N. Ehrhardt, Milet, 87-90; A. B. Lloyd, Herodotus III, 221-231; R. D. Sullivan, in: Ancient Naukratis II 1, 177-195; R. Scholl, Tyche 12, 1997, 213-228 u. T. 18; Astrid Möller, Naukratis, bes. 182-215; W. Günther, in: Festschrift W. Huß, 185-188. – Zu Naukratis vgl. außerdem W. Schubart, Klio 10, 1910, 55; A. Geissen – M. Weber, ZPE 155, 2006, 281-288 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit). Vgl. Astrid Möller, Naukratis, 184-191; außerdem R. Scholl, Tyche 12, 1997, 213228 u. T. 18 (zu SB VIII 9747; XXIV 16212). – Als griechische Stadt lag Naukratis natürlich außerhalb der Gau-Verwaltung. Vgl. P. Rev., Col. 60, Z. 18: ἐν τῶι Σαίτηι σὺν Ναυκράτει.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Die Verfassungsstrukturen der Stadt sind uns nicht in allen Einzelheiten bekannt. Doch wissen wir seit einiger Zeit immerhin, daß die Bürger von Naukratis nach vier (?) phylaí gegliedert waren6, deren jede jeweils zehn buleutaí in die bulé entsandte 7 . Im Rahmen der Ratsversammlungen waren ein antigrapheús und ein grammateús tätig 8 . Gewisse ordnende (und auch strafende) Funktionen – beispielsweise im Hinblick auf Regeln, die bei Festen der Hestia Prytanis und des Dionysos innerhalb und außerhalb des prytaneíon zu beachten waren – übten die timúchoi aus 9 . Vermutlich hatten die timúchoi derartige Funktionen bereits in der Zeit des empórion Naukratis ausgeübt10, und vielleicht stiegen sie in der Zeit der pólis Naukratis zu führenden Beamten der Stadt auf. Außerdem gab es in der Stadt – wahrscheinlich bereits in ptolemaiischer Zeit – einen (städtischen) nomárches11 und überdies einen syngraphophýlax12. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß im „Grundgesetz“ der Stadt das Verbot der ___________________________

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Sollte unter den νόμοι, die die Antinoer von den Naukratiten übernommen haben – vgl. Chrest. Wilck. 27, Z. 20-23 (2. Jh. n. Chr.) –, auch die Verfassungsstruktur von Naukratis zu verstehen sein, scheinen die φυλαί in δῆμοι untergliedert gewesen zu sein. (Zu diesen νόμοι vgl. M. Zahrnt, in: Aufstieg und Niedergang II 10,1, 688f. [mit zurückhaltendem Urteil].) Auf diesen Umstand könnte ein Beschluß der Naukratiten hinweisen, in dem ein gewisser Heliodoros, der Sohn des [D]orion, geehrt worden ist. Die Naukratiten bezeichneten ihn als Φιλο[μητόρειον] bzw. als Φιλο[πατόρειον]. Vgl. OGIS I 120, Z. 2. Sollte Φιλο[μητόρειος] bzw. Φιλο[πατόρειος] nicht ein Demotikon sein? Gewiß – sicher ist diese Ergänzung nicht. Daher lehnt U. Wilcken, Grundzüge, 13, diese Ansicht ab. Ich denke: etwas voreilig. Sollte es sich aber in der Tat herausstellen, daß es in Naukratis keine δῆ+οι gegeben hat, müßte man wohl mit R. Scholl, Tyche 12, 1997, 221, annehmen, daß es den Naukratiten möglich war, ihre bürgerlichen Rechte wahrzunehmen, auch wenn sie nicht in einen δῆ+ος eingeschrieben waren. 7 Zwei φυλαί sind uns namentlich bekannt: Ἡραΐς und Νειλιάς. Vgl. SB XXIV 16212, Z. 1. 12; dazu R. Scholl, Tyche 12, 1997, 218f. 227. – R. Scholl, Tyche 12, 1997, 224f., hält es für möglich, daß es sich bei den 40 namentlich genannten Personen (SEG XLVII 2123) – sehen wir von den Namen des ἀντιγραφεύς und des γραμματεύς ab – nicht um βουλευταί, sondern um τιμοῦχοι gehandelt hat. Ich halte dies aufgrund der Erwähnung der φυλαί, des ἀντιγραφεύς und des γραμματεύς für unwahrscheinlich. 8 Vgl. SB XXIV 16212, Z. 23; dazu R. Scholl, Tyche 12, 1997, 223f. 9 Vgl. Herm. fr. 2 (FHG II 80f.); außerdem P. Oslo III 92, Z. 6 (2. Dezember 130 n. Chr.); dazu U. Wilcken, APF 12, 1937, 227. 10 Zum ionischen Ursprung der Funktionsträger τιμοῦχοι vgl. G. Gottlieb, Timuchen, bes. 47-50; außerdem K.-W. Welwei, NP XII 1, 2002, 602, s. v. Timuchos. 11 Vgl. P. Oslo III 92, Z. 2f.: ∆̣ημητρίω̣ι̣ νομάρχ(ηι) Ναυκράτεως (2. Dezember 130 n. Chr.); dazu U. Wilcken, APF 12, 1937, 227. Vielleicht ist auch in dem kaum erklärbaren κωμάρχης von PSI V 543, Z. 37 (3. Jh.) ein νομάρχης Ναυκράτεως zu sehen. Vgl. U. Wilcken, APF 12, 1937, 227. Anders H. Kees, RE XVI 2, 1935, 19541966, hier 1964, s. v. Naukratis; H. E. L. Mißler, Komarch, 11. 12 Vgl. OGIS I 120, Z. 4. Vgl. dazu H. J. Wolff, Recht II, bes. 57-73.

Ägypten

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epigamía zwischen Naukratiten und Ägyptern enthalten war13 – und dies wohl seit der Zeit, seit der das empórion eine pólis geworden war. Alte Gegensätze wurden hier in eine juristische Form gegossen. Inwieweit die ptolemaiische Zentralverwaltung in das Leben der Stadt eingegriffen hat, ist schwer zu sagen. Daß Eingriffe stattgefunden haben, ist wahrscheinlich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß Ptolemaios I. die naukratitische Münzprägung eingestellt hat14, und darauf, daß vermutlich auch eine Inschrift in diese Richtung weist, die ein gewisser Komon, der Sohn des Asklepiades, in der Zeit Ptolemaios’ IV. in Stein hat schlagen lassen (210-20415) – und zwar als königlicher oikonómos16. Daß Naukratis seit der „Gründung“ der Stadt mit Miletos eng verbunden gewesen ist, läßt sich heute nicht mehr leugnen17. Allerdings waren die Kontakte zwischen beiden Städten seit der Zerstörung von Miletos (494) bis in die Zeit des Alexandros hinein (332) unterbrochen. In hellenistischer Zeit – wohl spätestens seit der Regierungszeit Ptolemaios’ II. – intensivierten beide Städte ihre alten Beziehungen. Eine Inschrift (vermutlich aus dieser Zeit) informiert uns „über die [freundliche Gesinnung und das Enga]gement, das die Naukratit[en] erweisen [gegenüber dem Volk der Mil]esier“18. Alexandreia spielte unter den wenigen griechischen Städten des Landes nicht nur die Hauptrolle, sondern auch eine Sonderrolle 19 . Die Gründung des großen Makedonen entwickelte sich einerseits zur bedeutendsten pólis des Landes, ja der oikuméne und hatte andererseits die Würde und die Bürde einer Residenzstadt zu tragen. Diese Kombination griechische pólis / Sitz des monarchischen Herrschers bestimmte zu einem beträchtlichen Teil den Gang der Geschichte der Stadt20. Zunächst allerdings scheint das satrapische bzw. königliche Szepter die ___________________________

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Vgl. Chrest. Wilck. 27, Z. 17-19. – Der γαμικὸς νόμος ist auch in Herm. fr. 2 (FHG II 81) erwähnt. Vgl. etwa Catharine C. Lorber, Ptolemaic Coinage I (im Druck). Vgl. dazu W. Huß, Untersuchungen, 72f.305; C. G. Johnson, Titulature, 98-100. Vgl. OGIS I 89, Z. 6 = SB V 8769, Z. 6: οἰκονόμος τῶν κατὰ Ναύκρατιν. Während G. Dittenberger, OGIS I, S. 139f., in diesem οἰκονόμος – vgl. PP I/VIII 177 – m. E. zu Recht einen königlichen Funktionär sieht, entscheidet sich U. Wilcken, O. Wilck. I, 4331, in der Frage „königlicher oder städtischer Beamter“ nicht. A. Steiner, Fiskus I, 11, denkt in diesem Zusammenhang an die „nächste Umgebung“ der Stadt. Dies halte ich für unwahrscheinlich. Vgl. etwa R. Scholl, Tyche 12, 1997, 219-222. 225-228. SEG LII 1118, Z. 4-6: τή̣[ν τε εὔνοιαν καὶ τὴν προθ]υμίαν, ἣν ἔχουσι Ναυκρατῖτ[αι πρὸς τὸν δῆμον τὸν Μι]λησίων; dazu W. Günther, in: Festschrift W. Huß, 185-198. Vgl. W. Schubart, Klio 10, 1910, 55-62. 67-70; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria; A. Jähne, Klio 63, 1981, 64-79; Julie P. Vélissaropoulos, Ἀλεξανδρινοί νόμοι; W. Huß, Ägypten, 55f. 63-69 (mit den antiken Belegen und der modernen Literatur). Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, bes. 106-131.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Drehungen des Räderwerks der (demokratisch verfaßten) Stadt nicht beeinträchtigt zu haben. Die aus allen Ecken der griechischen Welt nach Alexandreia strömenden zukünftigen Bürger wurden in eine der fünf phylaí aufgenommen21, deren jede sich in zwölf démoi gliederte22, die ihrerseits aus je zwölf phrátrai bestanden23. ___________________________

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Bisher sind erst die Namen von zwei bzw. drei φυλαί bekannt geworden: Βερενίκη (P. Tebt. III 2, 879, Z. 3), Πτολεμαΐς (Callim. epigr. 10, V. 3; Schol. Apollon. Rhod., S. 1 [Wendel]) und ∆ιονυσία (FgrHist 631 Satyros F 1). Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 1137-9. Diese Namen sind, wie unschwer zu erkennen ist, von Ptolemaios II. (?) (Βερενίκη, Πτολεμαΐς) und Ptolemaios IV. (∆ιονυσία) zwei bzw. drei φυλαί beigelegt worden. Ursprünglich waren die φυλαί möglicherweise – wie die φράτραι – allein durch Ordinalzahlen gekennzeichnet gewesen. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 40; IIa, 11310. 11940. Zu der von Ptolemaios IV. verfügten Reform der φυλαί (und δῆμοι) und damit auch zu dem Problem Βερενίκη/∆ιονυσία vgl. FgrHist 631 Satyros F 1; P. Oxy. XXVII 2465; dazu A. Momigliano, BFC 35, 1929, 259-261; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 120f.48 (mit der früheren Literatur); W. Huß, Ägypten, 456. 531; St. Schorn, Satyros aus Kallatis, 441. 448. 452. 453f. 22 Zu den δῆμοι vgl. FgrHist 631 Satyros F 1; P. Oxy. XXVII 2465; dazu F. G. Kenyon, APF 2, 1903, 70-78; W. Otto, Priester und Tempel I, 27f.3; E. Breccia, BSAA 10, 1908, 169-186; P. Perdrizet, BSAA 12, 1910, 53-82; REA 12, 1910, 217-247; P. Jouguet, Vie municipale, 121-150; W. Schubart, APF 5, 1913, 82-104 (grundlegend); A. Momigliano, BFC 35, 1929, 259-261; F. Preisigke - E. Kießling, Wörterbuch III, 276-279; Elizabeth Visser, Götter und Kulte, 128; E. Kießling - W. Rübsam, Wörterbuch Suppl. I, 402f.; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 40-46; IIa, 1141512886; Orsolina Montevecchi, CISA 4, 1976, 200-219; W. Clarysse - W. Swinnen, in: Studi A. Adriani I, 13-15; Diana Delia, Alexandrian Citizenship, 63; Bärbel Kramer, CPR XVIII, S. 186; H.-A. Rupprecht - Andrea Jördens, Wörterbuch Suppl. II, 289; III, 469-471; St. Schorn, Satyros aus Kallatis, 73f. 128-138 (Text). 438-475 (Kommentar). Die Namen der bisher bekannten δῆμοι (mit den entsprechenden Belegen) sind in P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria III, 153, aufgelistet. Vgl. außerdem P. Köln III 144, Z. 6. 23 (Αἰακιδεύς); P. Sijp. 10b verso, col. I, Z. 6f. (ein neuer Beleg zu Ἀμμωνιεύς); J.-P. Rey-Coquais, in: Egitto e Storia Antica, 614; in: Studi Ellenistici XIX, 102, Z. 4; außerdem BGU IV 1153, Z. 15 (16. Mai 14); G. Wagner, BIFAO 83, 1973, 183, Z. 6 (29. August 28 n. Chr.); P. Tebt. II 316, Z. 33 (99 n. Chr.) (Εὐσέβειος); SB XIV 11306, Z. 59 (Θεοξένειος); P. Mert. II 59, Z. 5 (Κρατεραιεύς) (ein „neues“, wohl alexandreiisches Demotikon); BGU XIV 2396, Z. 6 (Λυσι6 μάχειος); Ἀθήναιον 3, 1874, 72, Z. 3f. (Παρεύς) (?); BGU VI 1228, Z. 5; P. Petr.2 I 5, Z. 9 (Σελεύκειος); dazu W. Clarysse - W. Swinnen, in: Studi A. Adriani I, 13f.; W. Clarysse, P. Petr.2 I, S. 125; SB XVI 12387, Z. 5 (Φιλαδέλφειος); und vgl. schließlich die Demotika, die Satyros (FgrHist 631, F 1) nennt, die aber Fraser nicht aufgelistet hat: Ἀριαδνεύς, Εὐανθεύς, Θεστιεύς, Θοαντεύς und Σταφυλεύς. (Zu den in FgrHist 631 Satyros F 1 genannten Demotika vgl. die textkritischen Bemerkungen von St. Schorn, Satyros aus Kallatis, 136f.) – Das Demotikon Παρεύς (?) ist kaum von Παρι, einem im hermopolitischen Gau gelegenen γεωργεῖον, herzuleiten, wie W. Schubart, APF 5, 1913, 890, annimmt. Aber auch nicht von Πάριον (in der Troas). In

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Die fünf phylaí setzten sich also aus 60 démoi bzw. 720 phrátrai zusammen24. Da die démoi in der gesamten griechischen Welt eine territoriale Größe darstellten und da die alexandreiischen démoi sicher keine gentilizischen Wurzeln hatten, ist davon auszugehen, daß auch die alexandreiischen phylaí und phrátrai – jedenfalls ursprünglich – territoriale Größen waren. Möglicherweise entsprachen die fünf phylaí den fünf Stadtbezirken der Stadt (A - E)25. Über die ursprüngliche Ausgestaltung der alexandreiischen Verfassung ist nur wenig bekannt. Doch ist natürlich von vornherein anzunehmen, daß die Stadt von Anfang an über die Institutionen einer Volksversammlung, eines Rats und eines Gerichts verfügt hat. Diese Annahme wird bis zu einem gewissen Grad durch ein aus dem 3. Jh. stammendes pséphisma der alexandreiischen Bürger bestätigt26. Hier ist – von einem städtischen eponymen Priester abgesehen – die Rede vom démos, von der [bulé] und von prytáneis 27 , außerdem von einem grammate[úon bulés28 ] 29 . Die Existenz einer gerusía, eines dritten konstituie___________________________

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diesem Fall würde man Παριεύς erwarten. Vgl. Σούνιον → Σουνιεύς. Und auch kaum von der ägäischen Insel Paros. Auch in diesem Fall würde man Παριεύς erwarten. Die Sache in rätselhaft. – Handelt es sich bei Ε̣τ. .ν̣ε̣ύς – vgl. P. Sijp. 10b verso, col. I, Z. 4 – um ein „neues“ alexandreiisches Demotikon? – Zu den Beziehungen zwischen alexandreiischen δῆμοι und arsinoïtischen κῶμαι vgl. W. Clarysse, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 75-78. (Für die Mitteilung der Fundorte des δῆμος Σελεύκειος danke ich Herrn Kollegen H. Hauben, Löwen [24. August 2007].) Aus der Mitte des 3. Jh. stammt ein Papyrus, der uns darüber informiert, daß ein städtischer γυναικονόμος die Aufgabe hatte, die bürgerliche Herkunft und das Volljährigkeitsalter eines jungen Mannes festzustellen und ihn dann in den δῆμος seines Vaters einzuschreiben. Vermutlich handelt es sich bei diesem γυναικονόμος um den γυναικονόμος Alexandreias. Und vermutlich hatten die Alexandreier diese Prozedur von den Athenern übernommen. Vgl. P. Hib. II 196 ≈ SB VI 9559; dazu H. J. Wolff, ZRG 73, 1956, 392-400, hier 394f.; J. Bingen, CE 32, 1957, 337-339; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 17927; Julie P. Vélissaropoulos, Ἀλεξανδρινοί νόμοι, 5759. Die Zahl 720 (= 2 x 360) hängt auf irgendeine Weise mit dem (ägyptischen) Kalender zusammen. Vgl. P. Hib. I 28, Z. 19-28 = Chrest. Wilck. 25, Z. 19-28 (ca. 265 v. Chr.); dazu P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 39f.; IIa, 1123-5; Stephanie West, ZPE 53, 1983, 79-84; außerdem R. Scholl, Tyche 12, 1997, 222f. Zu den Stadtbezirken und den Straßen der Stadt vgl. D. Hennig, Chiron 30, 2000, 594-611; außerdem Fabienne Burkhalter, in: Ancient Alexandria, 109f., die folgende „unités administratives“ unterscheidet: erstens (5) μοῖραι; zweitens x ἄμφοδα (?); drittens x πλινθεῖα (?). Vgl. IG Alex. ptol. 40 = IGL 164 = SB I 3996. Zu den πρυτάνεις vgl. PP I/VIII 166-176. Zu den γραμματεῖς (τῆς βουλῆς) der griechischen Städte Ägyptens vgl. PP I/VIII 162-165; VIII 161a. Die Rolle, die der ἐξηγητής in ptolemaiischer Zeit gespielt hat, ist nur schwer zu fassen – wenn überhaupt. Strabon (XVII 797) schreibt: τῶν δ’ ἐπιχωρίων ἀρχόντων κατὰ πόλιν μὲν ὅ τε ἐξηγητής ἐστι, πορφύραν ἀμπεχόμενος καὶ ἔχων πατρίους τιμὰς καὶ ἐπιμέλειαν τῶν τῇ πόλει χρησίμων … Offensichtlich war dem ἐξηγητής

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

renden Gremiums der Stadt, ist zwar erst aus einem Dokument der spätptolemaiischen Zeit zu erschließen30, doch ist die Annahme, daß ihre Begründung bereits in der Zeit Ptolemaios’ I. erfolgt ist, nicht von der Hand zu weisen31. Von einem dikastérion bzw. von dikastéria hören wir zum ersten Mal in den sog. Dikaiómata (3. Jh.)32. Außerdem agierte in der Stadt ein Kollegium von hierothýtai („Opferdarbringer“)33. Dieses Kollegium spielte im täglichen Leben der Alexan___________________________

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im Beamtenapparat der Stadt eine führende, quasi-monarchische Funktion anvertraut. Und vielleicht war dieses Amt erst in der Mitte des 2. Jh. eingeführt worden. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 96-98; IIa, 18031.33. 19499. Wenn Fraser allerdings behauptet, beim Amt des ἐξηγητής habe es sich um ein städtisches Amt gehandelt, so ist diese Behauptung fragwürdig; denn von den vier von Strabon in diesem Zusammenhang erwähnten Ämtern (ὁ ἐξηγητής, ὁ ὑπομνηματογράφος, ὁ ἀρχιδικαστής und ὁ νυκτερινὸς στρατηγός) waren mindestens zwei Ämter königliche Ämter gewesen: die Ämter des ὑπομνηματογράφος und des ἀρχιδικαστής. Die Annahme, daß es sich beim Amt des ἐξηγητής nicht um ein königliches Amt, sondern um ein städtisches Amt gehandelt hat, ist auch nicht durch den Hinweis zu rechtfertigen, daß es dieses Amt nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in der „Provinz“ gegeben hat. Eher im Gegenteil! Vgl. P. Ryl. II 253; dazu L. Mooren, Aulic Titulature, 114 Nr. 0113 (Apol[lo]doros oder Apol[lo]ṇios, [ἐξηγ]ητ̣ὴ̣ς̣ τ̣ο̣ῦ̣ ν̣[ομοῦ?], etwa 143/142); IG Fay. I 13, Z. 5 = SEG VIII 532, Z. 5 (Pto[le]maios, den Sohn des Achilleus, ἐξηγητ̣ὴ̣ν τοῦ Ἀρσινοΐτου, 2. April 42 [?]). Zu alexandreiischen ἐξηγηταί vgl. Inscr. Délos 1525, Z. 3 (Chrysermos, der Sohn des Herakleitos, etwa 125; dazu P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 19289. 547297; G. Weber, AKG 81, 1999, 27f. [mit fraglicher Interpretation]); PSI Congr. XXI 6, Z. 10 (N. N., 116-107; dazu G. Agosti, PSI Congr. XXI, S. 41f.; R. Pintaudi, ZPE 111, 1996, 189f.); SB X 10763, Z. 12 (Theodoros, der Sohn des Seleukos, 105/4); IG Alex. ptol. 42, Z. 6 = SB I 2100, Z. 6 (Lykarion, der Sohn des Numenios, spätptolemaiische Zeit; dazu W. Schubart, Klio 10, 1910, 69f.1). (Ein gewisser Dionysios [PP III/IX 5349] ist wohl aus der Liste der ἐξηγηταί zu streichen. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria, IIa, 18031.) – Die Wahl des Wortes ist kaum mit Sicherheit zu erklären. War der ἐξηγητής (ursprünglich) ein „Ausleger“ der πάτριοι νόμοι gewesen? Jedenfalls scheint seine Tätigkeit in den Bereich des Kults bzw. der Religion hineingeragt zu haben. – Die frühere Literatur zur Interpretation des Amts listet L. Koenen, ZPE 5, 1970, 8031, auf. – Zu den ἐξηγηταί vgl. H. Bengtson, Strategie III, 48. 131f. 295; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 96f. 371; É. Bernand, IG Fay. I, S. 44; Geneviève Husson, in: Geneviève Husson - Dominique Valbelle, État, 221. 243. 284 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); É. Bernand, IG Alex. ptol., S. 124; Andrea Jördens, in: Autonomie und Ordnungsmacht, 153f. (mit einer sich an Fraser anlehnenden, abweichenden Meinung); außerdem PP III/IX 5349-5350; IX 5348a; 5349α. In dieser Zeit taucht ein gewisser Lykarion, der Sohn des Numenios, als ἀρχιγέρων der Stadt auf. Vgl. IG Alex. ptol. 42, Z. 5 = SB I 2100, Z. 5. Vgl. A. von Premerstein, P. Giss. Univ. V, S. 57-61 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 95. Vgl. P. Hal. 1; dazu P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 112f.; IIa, 203153-207173. Zu den alexandreiischen ἱεροθύται vgl. P. Col. IV 120, Z. 7 = C. Ord. Ptol. 28, Z. 7 (229/28) (mit den von Fabienne Burkhalter, in: Ancient Alexandria, 108f., vorge-

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dreier34 eine bedeutendere Rolle, als die dürftige Überlieferung zunächst vermuten läßt. Aufgabe der hierothýtai war es35, finanzielle Fragen, die beim Eingehen von zweiten Ehen entstanden, in eine rechtliche Form zu bringen und die Originale dieser zweiten Eheverträge in ihrem Archiv (hierothýsion) zu deponieren36. Juristische Sicherheit in diesen Fragen war natürlich ein dem sozialen Frieden dienendes, hohes Gut. Neben den griechischen (und makedonischen) Bürgern wohnten in der Stadt wohl von Anfang an auch griechische (und makedonische) Nicht-Bürger37, unter ihnen beispielsweise Bürger anderer griechischer Städte bzw. Staaten. Letztere hatten als xénoi („Fremde“) nicht den Status, den métoikoi („Zugereiste“) etwa in Athen hatten 38 . Im übrigen besaßen allem Anschein nach auch die (zivilen) Makedonen – was die bürgerlichen Rechte angeht – keinen höheren Status als ___________________________

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schlagenen Ergänzungen); BGU IV 1050, Z. 25 (Zeit des Augustus); 1098, Z. 43 (19/18-16/15); 1101, Z. 20 (14/13); P. Berol. 25423 (= W. Brashear, in: Classical Studies D. Sohlberg, 374, Z. 31 [„rough draft“]; 377, Z. 45 [„final copy”]) (12); dazu H. J. Wolff, Recht II, 29. 1387; W. Brashear, in: Classical Studies D. Sohlberg, 381f. (mit weiterer Literatur); Fabienne Burkhalter, in: Ancient Alexandria, 99-114 u. Abb. 1-6. Vgl. außerdem Stengel, RE VIII 2, 1913, 1590f., s. v. Ἱεροθύτης; J. Wienand, Hiérothytes; Ch. Schuler, ZPE 173, 2010, 72f. (mit weiterer Literatur). Nicht nur der alexandreiischen Bürger! Vgl. BGU IV 1051; 1052. Dies wird vermutlich nicht ihre einzige Aufgabe gewesen sein! Vgl. auch Fabienne Burkhalter, in: Ancient Alexandria, 107f. Worin die kultischen Tätigkeiten der alexandreiischen ἱεροθύται bestanden haben, erfahren wir nicht. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 46-51, zählt – abgesehen von den ξένοι – folgende Gruppen griechischer Nicht-Bürger auf: a) die Ἀλεξανδρεῖς (ohne Demotikon); b) die Ἀλεξανδρεῖς (τῆς ἐπιγονῆς) τῶν οὔπω ἐπηγμένων εἰς δῆμον (τὸν δεῖνα) (aus der Zeit zwischen etwa 250 und etwa 160); c) die πεπολιτογραφημένοι, Soldaten, die noch nicht den vollen Status von Bürgern oder von Ἀλεξανδρεῖς erreicht haben; d) nicht-privilegierte Griechen, die sich allein durch ihren Namen und ihren Vatersnamen ausweisen können. Anders als Fraser unterscheidet M. A. H. el-Abbadi, JEA 48, 1962, 109-115, zwischen alexandreiischen Bürgern, Ἀλεξανδρεῖς und πεπολιτογραφημένοι nicht. Und anders als Fraser sieht F. Uebel, Kleruchen, 8-11, in den Ἀλεξανδρεῖς τῆς ἐπιγονῆς τῶν οὔπω ἐπηγμένων εἰς δῆμον (τὸν δεῖνα) nicht Soldaten, sondern Söhne von Soldaten, und in den πεπολιτογραφημένοι nicht „Noch-nicht-Bürger“, sondern vollberechtigte Bürger, die Militärdienst leisten. Sollten Griechen aus einer oder mehreren der vier genannten Gruppen in alexandrischer Zeit in Alexandreia gelebt haben, dann nur solche der (problematischen) Gruppe a) und der Gruppe d). In ptolemaiischer Zeit taucht der Begriff ἀστός für einen (wie auch immer gearteten) Bürger Alexandreias nicht auf. Vgl. E. Bickermann, RPh 53, 1927, 362-368; M. A. H. el-Abbadi, JEA 48, 1962, 106-123; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 116f.24. Teilweise anders H. J. Wolff, Recht I, 46. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 52.

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die xénoi 39 . Unter den nicht-griechischen Bewohnern Alexandreias 40 nahmen natürlich die Ägypter die zahlenmäßig stärkste Position ein. Sie hatten keinerlei Status und standen in dieser Hinsicht sogar den nicht-griechischen xénoi nach, die sich beispielsweise in semiautonomen politeúmata organisieren konnten41. Die geringste Position nahmen in der gesellschaftlichen und politischen Pyramide der Stadt die aus verschiedenen Völkern stammenden Sklaven ein. Als „die Verwaltung“ des Reichs im J. 320 (?) von Memphis nach Alexandreia umzog, änderte sich das Leben der hellenistischen pólis – zumindest in atmosphärischer Hinsicht 42 . Das neue, das monarchische Element wurde auch im Erscheinungsbild der Stadt sichtbar: Das Palast-Viertel wurde größer und größer43. Erste Anzeichen dafür, daß die pólis nicht unabhängig von königlichen Vorstellungen und Willenskundgebungen agieren konnte 44 , mögen in der Zeit Ptolemaios’ II. in der Benennung zweier phylaí mit dynastischen Namen zum Vorschein gekommen sein: mit den Namen Berenike und Ptolemaïs. Einen besonders bemerkenswerten Eingriff in das Leben der an sich autonomen pólis stellte die Ernennung von königlichen Stadtpräfekten dar45. Der erste namentlich bekannte Stadtpräfekt war Theon, der Sohn des [Phil]iskos, von Aigai (am Tisnaios) 46 . Er übte sein Amt wahrscheinlich während der Regierungszeit Ptolemaios’ II. aus. Ihm folgte später ein gewisser Ptolemaios (219)47. Und auch in ___________________________

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Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 52-54. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 54-60. Dies ist natürlich nicht so zu verstehen, als seien die Ägypter rechtlose Subjekte gewesen. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 54. Vgl. W. Huß, Ägypten, 121f.; außerdem W. Struve, BASR 1928, 197-202; P. Jouguet, BIFAO 30,1, 1930, 513f.; H. Bengtson, Griechische Geschichte, 3832. Vgl. etwa Inge Nielsen, Hellenistic Palaces, 130-154. 231-234. Vgl. dazu Julie P. Vélissaropoulos, Ἀλεξανδρινοί νόμοι, 49f. 51-53; G. Geraci, Genesi, 176-182; Diana Delia, Alexandrian Citizenship, 115-124; außerdem W. Huß, in: Alessandria, 8014 (mit weiterer Literatur). Zu den ἐπὶ τῆς πόλεως (Alexandreia) vgl. W. Otto, Priester und Tempel I, 1842; Bilabel, RE IV A 1, 1931, 184-252, hier 247-250, s. v. Strategos 3; H. Bengtson, Strategie III, 128-133; jetzt in: Kleine Schriften, 312; É. Bernand, IG Alex. ptol., S. 124; außerdem PP I/VIII 154-157; VIII 156a; 157a. Vgl. IG XI 4, 1042, Z. 2-5 = OGIS I 40, Z. 2-5: Θέων [Φιλ]ίσκου Αἰγαεὺς τεταγμέ[νο]ς ὑπὸ τὸμ βασιλέα Πτολε[μα]ῖον ἐν Ἀλεξανδρείαι; dazu W. Huß, Untersuchungen, 2405. Vgl. Polyb. V 39,3: … Πτολεμαίῳ, τῷ τότ’ ἐπὶ τῆς πόλεως ἀπολελειμμένῳ; Plut. Cleom. 37,9: … Πτολεμαίου τοῦ φυλάσσοντος τὴν πόλιν; dazu H. Bengtson, Strategie III, 128-133; E. Van ’t Dack, AncSoc 1, 1970, 60-62; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 106f.; W. Huß, Untersuchungen, 2405. Zu weiteren Stadtpräfekten vgl. Diod. XXXI 20 (τὸν ἐπὶ τῆς πόλεως τεταγμένον) (164/63); P. Bad. IV 48, Z. 7 (ἐπὶ τῆς πόλεως) (28. Oktober 127); dazu Anne-Emmanuelle Veïsse, „Révoltes égyptiennes“, 59f.; IG Alex. ptol. 42, Z. 6f. = SB I 2100, Z. 6f. (ἐπὶ τῆς πόλεως) (spätptolemaiische Zeit); BGU VI 1212 C, Z. 18 (9. Juni 46); dazu W. Huß, Untersuchungen, 2627 (mit der früheren Literatur); E. Van ’t Dack, jetzt in:

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der fundamentalen Frage der Justizhoheit scheint Ptolemaios II. – spätestens Ptolemaios II.! – in das innere Gefüge der Stadt eingegriffen zu haben48. In besonders radikaler Form dürfte Ptolemaios VII. Euergetes II. das Selbstverständnis der hellenistischen pólis mißachtet haben, als er die Institution der Volksversammlung abschaffte49. Dies wird ein Racheakt an den politischen Feinden gewesen sein, die in der Hauptstadt agiert hatten50. In Zukunft war die pólis Alexandreia in verfassungsrechtlicher Hinsicht nur noch ein Torso 51 . In wirtschaftlicher und gesamtpolitischer Hinsicht war sie dies nicht. Im Gegenteil! Die Stadt gewann im Lauf der Zeit ein fast erdrückendes Übergewicht gegenüber den anderen „Städten“ des Landes. Diese Erfahrung hatte vor allem die Jahrtausende alte Großstadt Memphis zu machen – die Stadt, die sogar sprachlich ein Synonym für Ägypten geworden war: Ḥwt-k3-Ptḥ („Haus der Macht des Ptah“) → Aígyptos52. Das Verhältnis zwischen Alexandreia und Memphis bzw. Ägypten ___________________________

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Ptolemaica selecta, 237-240. 245f. Es hat den Anschein, als habe das Amt des ἐπὶ τῆς πόλεως bereits ursprünglich einen zivilen Charakter getragen. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 106f.; außerdem H. Müller - M. Wörrle, Chiron 32, 2002, 226f. Anders etwa H. Bengtson, Strategie III, 129-133. – Ein spezielles Problem stellt der νυκτερινὸς στρατηγός dar, den Strabon (XVII 797) – und nur Strabon – erwähnt. Sollte Strabon die Tätigkeit des Polizeichefs und Feuerwehrhauptmanns Alexandreias deswegen auf die Nacht eingegrenzt haben, weil er bei der Niederschrift dieses Ausdrucks an die Tätigkeit des praefectus vigilum Roms gedacht hat? Vgl. auch P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 97f. Weitergehend Diana Delia, Alexandrian Citizenship, 98, die im νυκτερινὸς στρατηγός einen römischen Beamten sieht. Vgl. außerdem D. Hennig, Chiron 32, 2002, 28934. Jedenfalls scheint das Amt des νυκτερινὸς στρατηγός von dem des ἐπὶ τῆς πόλεως zu trennen zu sein. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 133. Abschließend stellt sich die Frage, ob die Stadt oder der König das Amt des νυκτερινὸς στρατηγός begründet hat. Dies ist eine Frage, die kaum zu beantworten ist. Vgl. im übrigen Bilabel, RE IV A 1, 1931, 184-252, hier 250f., s. v. Strategos 3; E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 142; Andrea Jördens, in: Autonomie und Ordnungsmacht, 153f. Vgl. H. J. Wolff, Justizhoheit, bes. 22-28; Recht I, 48f. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 95; außerdem G. M. Cohen, Hellenistic Settlements II, 371f. (mit anderer Ansicht). Nach traditionellem Verständnis war es auch ein Eingriff in die Rechte der autonomen πόλις, als er „Fremden“ das Bürgerrecht von Alexandreia verlieh. Vgl. Iust. XXXVIII 8,7: edicto peregrinos sollicitat. Die Institution des Rats scheint erst von Augustus abgeschafft worden zu sein. Vgl. auch P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 94f. 97. Anders A. Jähne, Alexandreia, 129; A. K. Bowman - D. Rathbone, JRS 82, 1992, 108f. 11435; G. M. Cohen, Hellenistic Settlements II, 368-371. Vgl. außerdem Andrea Jördens, in: Autonomie und Ordnungsmacht, 1459. Das Insistieren der Alexandreier auf die Wiederherstellung des Rats – vgl. etwa A. Jähne, Alexandreia, 227f.48 – wird m. E. besser verständlich, wenn die Institution des Rats erst in römischer Zeit und nicht bereits im 2. vorchristlichen Jahrhundert aufgelöst worden ist. Vgl. etwa E. Otto, LÄ I, 1975, 76-78, hier 77, s. v. Ägypten im Selbstbewußtsein des Ägypters; P. W. Haider, Griechenland - Nordafrika, 212f.244.

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war zwar nicht durchgängig ein Verhältnis des Gegeneinanders – zeitweise und teilweise aber doch53. Die Sonderstellung Alexandreias kam vor allem in der Wendung „Alexandreia bei Ägypten“ zum Ausdruck54. Zwar taucht diese Wendung erst in der Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts auf55, doch war Alexandreia schon in den sog. Revenue Laws (259/58) – neben Pelusion – in gewisser Weise von der chóra, d. h. von Ägypten, geschieden worden56. Im übrigen hatten die Priester von Buto bereits im J. 311 Alexandreia „auf dem Ufer des Großen Grüns der Haw-nebu“57, d. h. an den Gestaden des „Griechischen Meers“ und damit außerhalb Ägyptens, lokalisiert. Wem aber lag daran, Alexandreia aus Ägypten „auszugrenzen“? Vielleicht sowohl konservativ denkenden ägyptischen Priestern, denen das „Große Grün“ als ein Bereich erschien, der nicht zu Ägypten gehörte58, als auch den makedonischen Königen und den griechischen Bewohnern der „Stadt am Meer“, die an der Schaffung und Erhaltung einer Sonderstellung interessiert waren. Natürlich besaß die Stadt – wie jede griechische pólis – ihre chóra59. Doch auch die chóra war – wie die Stadt 60 – nicht zentralstaatlichen Eingriffen entzogen61. ___________________________

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Vgl. etwa – von den ägyptischsprachigen Quellen ausnahmsweise abgesehen – P. Zen. Pestm. 41, Z. 2f. = BGU X 1995, Z. 2f. ≈ SB VIII 9780, Z. 2f.: ἐν Αἰγύπτοι [sic!] - ὧδη [sic!] (Mitte des 3. Jh.); Polyb. XXIX 2,1: ἡ Ἀλεξάνδρεια - ἡ Αἴγυπτος (Mitte des 2. Jh.); Töpfer-Prophezeiung, P3, Z. 57-59 ≈ P2, Z. 34f.: ἡ Αἴγυπτος - ἡ παραθαλάσσιος πόλις (nach 127 oder 126 [?]); [Arist.] 4: ἡ πόλις - τὰ κατὰ τὴν Αἴγυπτον (gegen Ende des 2. Jh.); außerdem CPJ II 153, Z. 95f.: πόλις - Αἴγυπτος (41 n. Chr.); dazu W. Huß, in: Alessandria, 75-82; M. Chauveau, in: Alexandrie, 110; außerdem J. F. Quack, in: Apokalyptik und Ägypten, 253-274 u. T. IX-XVI. 54 Zu der Wendung Ἀλεξάνδρεια ἡ πρὸς Αἰγύπτῳ bzw. Ἀλεξάνδρεια ἡ πρὸς Αἴγυπτον vgl. F. Schulz, JRS 33, 1943, 58; H. I. Bell, JRS 36, 1946, 130-132; P. M. Fraser, JRS 39, 1949, 56; A. Bernand, Alexandrie, 49f.; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 107-109; außerdem W. Huß, in: Alessandria, 76. 55 Vgl. Hypsicl. anaphor. 36, Z. 63 (De Falco - Krause); dazu P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 108; IIa, 197117. 612381. 613386; außerdem JRS 39, 1949, 56. 56 Vgl. P. Rev., Col. 52, Z. 7-22; außerdem P. Köln VII 313 A, Z. 6-10 (9. Oktober 186). 57 Satrapen-Stele, Z. 4, übs. v. G. Roeder. 58 Vgl. W. Huß, König und Priester, 172f.; in: Alessandria, 8028. 59 Vgl. insbesondere P. Tebt. I 5, Z. 98 ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 98 (28. April 118): ἐν τῆι Ἀλεξα(νδρέων) χώραι; dazu A. Jähne, Alexandreia, 112-179; Klio 63, 1981, 79-100; anders Andrea Jördens, in: Autonomie und Ordnungsmacht, 144. Die χώρα Alexandreias ist jedoch nicht mit dem alexandreiischen Gau, der denselben Namen getragen hat, der aber möglicherweise erst in römischer Zeit eingerichtet worden ist, zu verwechseln. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 41; IIa, 11415.16. Anders urteilt A. Farid, Fünf demotische Stelen, 92-102, der der Ansicht ist, daß der Gau wohl seit dem 3. Jh. existiert hat. Mit der eher begrenzten χώρα der Alexandreier scheint die ἀρχαία γῆ von OGIS II 669, Z. 59f. zu identifizieren zu sein. Vgl. zu

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Die einzige städtische Gründung, die Ptolemaios I. in das ökonomisch und verwaltungsmäßig weithin geschlossene Ensemble des Nil-Landes einfügte, war Ptolemaïs (heute Menschijeh, südlich von Sohag)62. Er baute die Stadt auf dem Boden eines Dorfes, das bei den Einheimischen den Namen P3-sj („der Balken“) trug 63 . Die Griechen nannten die Neugründung nicht nur Ptolemaïs tes Thebaïdos, sondern auch Ptolemaïs he Hermeiu. Warum dies? Vielleicht hatte Ptolemaios besagtem Hermeias die organisatorischen Aufgaben übertragen, die mit dem Unternehmen verbunden gewesen waren – wie Alexandros einst Kleomenes von Naukratis und Deinokrates von Rhodos mit den Aufgaben betraut hatte, die bei der Errichtung der Stadt Alexandreia zu erledigen gewesen waren. Jedenfalls war dieser Hermeias nicht der ktístes („Gründer“) der Stadt. Dies war allein Ptolemaios, der auch den entsprechenden Kult erhielt. Vermutlich wählte der Satrap bzw. der König diesen Siedlungsplatz, um von ihm aus die Vorgänge in Oberägypten leichter überblicken zu können. Von einem „Gegen-Thebai“ zu sprechen, geht jedoch m. E. entschieden zu weit.64 „Natürlich“ hatte Ptolemaios ___________________________

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dieser Frage auch U. Wilcken, Grundzüge, 286; A. Jähne, Klio 63, 1981, 81f. 103; außerdem Livia Capponi, in: Ancient Alexandria, 115f.; Augustan Egypt, 113-118 (mit Anmerkungen); Andrea Jördens, Laverna 17, 2006, 165-167. (In gewisser Weise stellt die χώρα τῶν Καρχηδονίων ein entferntes Gegenbeispiel zur χώρα Ἀλεξανδρέων dar. Vgl. W. Huß, Geschichte der Karthager, 469f.) Stricto sensu darf die πόλις natürlich nicht von der χώρα getrennt werden. Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 97f. ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 97f.; dazu etwa U. Wilcken, Grundzüge, 286. – A. Jähne, Klio 63, 1981, 100-103, führt die Abhängigkeit der πόλις und der zur πόλις gehörenden χώρα letzten Endes auf die Tatsache zurück, daß der König – Alexandros (und nach ihm die ptolemaiischen Herrscher) – der Stadt das Siedlungsareal überlassen hat. Vgl. P. Jouguet, BCH 21, 1897, 184-208; G. Plaumann, Ptolemais; W. Schubart, Klio 10, 1910, 52-55; Kees, RE IV A 1, 1931, 1025, s. v. Συΐς; W. Helck, RE XXIII 2, 1959, 1868f., s. v. Ptolemais 4; A. Ähne, VDI 111, 1970, 19-31 (in russischer Sprache, mit einer Zusammenfassung in englischer Sprache); D. Kessler, LÄ IV, 1982, 1183, s. v. Ptolemais Hermiu; G. M. Cohen, Hellenistic Settlements II, 350352. – Um das nötige Siedlungsareal zu bekommen, schnitt die Regierung ein Stück aus dem Boden des thinitischen Gaus heraus. Vgl. dazu M. Chauveau, Gnomon 74, 2002, 520; A. Geissen - M. Weber, ZPE 149, 2004, 283f.3 (mit weiterer Literatur). Die Erklärungen des Namens als P3-š3j („das [gute] Geschick“) oder als Pr-swj („Haus des Krokodils“), die in der Vergangenheit vielfach vertreten worden sind, sind wohl aufzugeben. So jedoch F. W. von Bissing, PhW 47, 1927, Sp. 1554. Vgl. außerdem W. Schubart, Griechen, 17; G. Hölbl, Geschichte, 28; M. Abd-el-Ghani, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 17; J. G. Manning, Land and Power, 36f. 235. – Von einer wirksamen Kontrolle der Thebaïs kann schon deswegen kaum die Rede sein, weil eine derartige Kontrolle wohl von militärischen Kräften hätte getragen werden müssen. Eine in Ptolemaïs liegende Garnison ist jedoch erst für die Zeit des 2. Jh. bezeugt, d. h. für die Zeit nach der Niederschlagung der Großen Revolte. Vgl. G. Plaumann, Ptolemais, 31-33. Anders Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 258.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

die neue Stadt als griechische Stadt konzipiert65 – nicht anders, als dies Alexandros im Fall Alexandreias getan hatte. Der démos der Stadt gliederte sich – wie in Naukratis und in Alexandreia – in phylaí66 und in démoi67. An Institutionen besaß die pólis eine ekklesía, eine bulé 68 und ein Gremium von fünf prytáneis und einem archiprýtanis 69 . Daneben existierten natürlich die städtischen dikastéria70. Allem Anschein nach hatte die Zentralregierung bereits zur Zeit Ptolemaios’ I. darauf geachtet, daß es zwischen den alexandreiischen und den ptolemaiischen Demotika keine Überschneidungen gab 71 . So konnte man ___________________________

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Vgl. Strab. XVII 813: σύστημα πολιτικὸν ἐν τῷ ἑλληνικῷ τρόπῳ; dazu G. Plaumann, Ptolemais, 4-17 (βουλή und ἐκκλησία). 17-20 (πρυτάνεις). 20-25 (φυλαί und δῆμοι). 66 Wir kennen jedoch nur den Namen einer einzigen φυλή: den Namen der Πτολεμαιΐς. Vgl. OGIS I 49, Z. 15. 67 Vgl. etwa Bärbel Kramer, CPR XVIII, S. 186. – F. G. Kenyon, APF 2, 1903, 75-77, und P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria III, 153, führen die Namen der ptolemaiischen δῆμοι (mit den antiken Belegen, denen der Beleg SB V 8685a [Βερενικεύς] hinzuzufügen ist) auf. Vgl. außerdem P. Jouguet, BCH 21, 1897, 195-198; W. Otto, Priester und Tempel I, 27f.3. (Kenyon erwähnt nicht den Ἀρσινοεύς – vgl. dazu P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 12576 –, Fraser nicht den Ἀν[δα]νιεύς – vgl. OGIS I 48, Z. 6; dazu jedoch P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 146189 – und nicht den Μεγιστεύς – vgl. OGIS I 48, Z. 2. 4f. –.) 68 In OGIS I 49, Z. 6 (Zeit Ptolemaios’ III.) ist die βουλή nicht erwähnt – vermutlich deswegen nicht, weil die βουλή bereits ein προβούλευμα beschlossen hatte. Jedenfalls ist aus diesem Dokument kaum zu schließen, daß die Institution der βουλή (zur Zeit Ptolemaios’ III.) abgeschafft worden ist. 69 Hatte die Fünfzahl der πρυτάνεις etwas mit der (wahrscheinlichen) Fünfzahl der φυλαί zu tun? Vgl. W. Schubart, Klio 10, 1910, 53. – Zum [ἀρ]χιπρύτανις vgl. SB I 2264, Z. 6; außerdem OGIS I 48, Z. 2f.: … πρυτάνεις οἱ σὺν ∆ιονύσωι Μουσαίου …; schließlich S. de Ricci, APF 2, 1903, 436 Nr. 32, Z. 2 (80-81 n. Chr.); P. Tebt. II 397,18 (198 n. Chr.). 70 Städtische Beamte waren der γραμματεὺς τῆς βουλῆς und der διοικητής. Vgl. OGIS I 49, Z. 16; 48, Z. 17. Die in P. Fay. 22, Z. 11 (1. Jh. n. Chr.) erwähnten θεσμοφύλακες scheinen nicht nach Ptolemaïs zu transferieren zu sein. Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - D. G. Hogarth, P. Fay., S. 126; W. Schwahn, RE VI A 1, 1936, 29-31, hier 30, s. v. Θεσμοφύλακες. Anders G. Plaumann, Ptolemais, 13-17; L. Mitteis, Chrest. Mitt., S. 329; U. Wilcken, Grundzüge, 17; W. Schubert, APF 5, 1913, 76. 781. Zu den ἱεροθύται dieses Papyrus (Z. 8) vgl. Fabienne Burkhalter, in: Ancient Alexandria, 101. – Die Inschrift IGL 174 des Ptolemaios, des στρατηγὸς πόλεως, scheint eher in die römische als in die ptolemaiische Zeit zu datieren zu sein. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 18034. Anders etwa H. Bengtson, Strategie III, 129. Zu dieser Inschrift, die – vermutlich aus dem erwähnten Grund – nicht in das Corpus IG Alex. ptol. aufgenommen worden ist, vgl. auch S. de Ricci, in: Raccolta G. Lumbroso, 299-301; Bilabel, RE IV A 1, 1931, 184-252, hier 247-250, s. v. Strategos 3. 71 Vgl. G. Plaumann, Ptolemais, 24; W. Schubart, APF 5, 1913, 92; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 43; IIa, 12254. An diesem Grundsatz hielt man offensichtlich auch dann fest, wenn in späterer Zeit neue Demotika eingeführt wurden.

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schon aus der Nennung des Demotikon ersehen, ob ein polítes aus Alexandreia oder aus Ptolemaïs stammte – sieht man einmal von Naukratis ab. Als pólis konnte sich die Stadt ihre eigenen Gesetze und Regeln geben72. Ihr gleichsam exterritorialer Status wurde besonders darin sichtbar, daß der König mit ihr nicht über königliche Funktionäre, sondern über Gesandte verkehrte 73 . Allerdings waren königliche Funktionäre nicht selten in führenden Positionen der städtischen Verwaltung tätig, allerdings gab es keinen eponymen Beamten der Stadt, allerdings besaß die Stadt – wie die Hauptstadt – kein Münzrecht, und allerdings lebte die Stadt in Oberägypten weithin in der staatsrechtlichen Isolation. Ptolemaïs war keine unabhängige staatliche Entität74. Seit einigen Jahren kennen wir die Existenz einer weiteren pólis, die auf dem Boden Ägyptens gegründet worden ist: Euergetis75. Wir wissen zwar, wer die Stadt gegründet hat – es ist Boethos, einer der epistrátegoi und strategoí der Thebaïs während der Regierungszeit Ptolemaios’ VII. Euergetes’ II. gewesen –, und wir wissen zwar auch, wann die Stadt gegründet worden ist – dies ist um das Jahr 133 geschehen76 –, wir wissen aber nicht einmal, wo die Stadt gelegen ist 77 . Über die Verfassung der Stadt erfahren wir aus den bisher bekannten Dokumenten nichts. Wir dürfen jedoch annehmen, daß es in Euergetis zumindest „Volksvertreter“ und Beamte gegeben hat. Und sollte dies nicht auch für die beiden anderen Orte, die Boethos in der Triakontáschoinos gegründet hat – Philometoris (Dakke?) und Kleopatra (Buhen?) – zutreffen78? Ich denke schon79. ___________________________

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Die Stadt konnte ihre eigenen Gesetze und Regeln auch ändern. Wir wissen beispielsweise, daß Fragen des passiven Wahlrechts – es ging um den Zugang zur βουλή und zu den δικαστήρια – zu heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen geführt haben, an denen auch οἱ νεώτεροι beteiligt gewesen sind. Vgl. OGIS I 48. Zu den νεώτεροι vgl. P. Jouguet, BCH 21, 1897, 198-201. Vgl. OGIS I 49, Z. 5f.: … τοὺς παρὰ τοῦ βασιλέως [παραγ]ινομένους …; außerdem G. Plaumann, Ptolemais, 25-35. A. Geissen - M. Weber, ZPE 149, 2004, 283f., sind der Ansicht, daß Ptolemaïs von Thinis die Rolle als Vorort des Thinites übernommen hat. Vgl. SB XXIV 15973 und 15974; dazu Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 315-363 u. T. V-VIII; H. Heinen, in: Politics, 123-153. Zur Wahl des Namens vgl. H. Heinen, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 347. Vgl. H. Heinen, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 347. Vgl. Bärbel Kramer, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 328; H. Heinen, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 359-363; außerdem N. Litinas, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 601-606. Vgl. dazu W. Huß, Ägypten, 581. Zu den Gründungen von Philotera (heute Marsa Gawasis) (Satyros), Ptolemaïs Theron (heute Marsa Aqiq) (Eumedes) und Arsinoë am Heroonpolitischen Golf (Ptolemaios II.) vgl. – unter den hier interessierenden Gesichtspunkten – H. Heinen, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 352-355. – Aus welchen Gründen A. K. Bowman - D. Rathbone, JRS 82, 1992, 109, Paraitonion zu den griechischen πόλεις rechnen, ist mir unklar. (Zu Paraitonion vgl. G. M. Cohen, Hellenistic

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Wohl gegen Ende des 3. Jh. haben die boiotischen Thespiaier dem Alexandreier A[ut]o[m]achos, dem Sohn des Melito[n], und den Kanobeiern Dion[ysi]os, dem Sohn des Philokrates, und Epi[n]oos, dem Sohn des Euno[m]os, die proxenía verliehen80. Aus der Verwendung des Ethnikon Kanopeús ist jedoch nicht auf die Existenz einer griechischen pólis Kanopos bzw. Kanobos zu schließen81. In ihrem Kernland gründeten die ptolemaiischen Herrscher – im Gegensatz zu den seleukidischen Königen – nur wenige Städte à la mode grecque. Dies war schon insofern verständlich, als das Land bereits vor der Ankunft Ptolemaios’ I. weithin, ja fast gänzlich unter die alten Herren des Landes aufgeteilt war. Die neuen Herren des Landes hielten es für wichtiger, die eingewanderten Soldaten, Kaufleute und Handwerker in der chóra, vor allem in den metropóleis der chóra, anzusiedeln82 und damit eine flächendeckende makedonisch-griechische Durchdringung des Landes zu ermöglichen. Im übrigen war in Rechnung zu stellen, daß póleis nicht selten mehr Probleme schufen als lösten83.

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Settlements II, 348f.) – Zum hellenistischen und enchorischen Inhalt des Begriffs „Gründer“ vgl. Katja Mueller, in: Basel Egyptology Prize 1, 182-188. Vgl. IG VII 1722. Vermutlich haben diese Gesandten königliche Gelder nach Thespiai überbracht. Vgl. M. Holleaux, jetzt in: Études I, 1051; G. Nachtergael, CE 50, 1975, 252f. Nr. 23 ter. Vgl. etwa Jeanne u. L. Robert, REG 76, 1963, 187 Nr. 300 (zu N. 89). Vgl. außerdem Strab. XVII 800 (κατοικία); 801 (πόλις); dazu etwa A. Jähne, Klio 63, 1981, 89-91. (Daß bereits Aischylos [Prom. 846] Kanobos als πόλις Κάνωβος bezeichnet hat, ist natürlich in unserem Zusammenhang ohne Bedeutung.) – Allerdings würde man nach der gängigen Ansicht das Ethnikon Κανωπίτης erwarten – vgl. etwa IG XII 6,2, 589, Z. 3 –, nicht das Ethnikon Κανωπεύς; denn das Wort Κανωπεύς bzw. Κανωβεύς bezeichnet gewöhnlich nicht ein Ethnikon, sondern ein alexandreiisches Demotikon. Vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 11417. Auf den ersten Blick ist die Tatsache erstaunlich, daß Ptolemaios II. (P. Rev., Col. 26, Z. 14; 40, Z. 18; 47, Z. 12; 75, Z. 1; 104, Z. 4) und Ptolemaios III. (P. Col. IV 120, Z. 9 = C. Ord. Ptol. 28, Z. 9) die Gauvororte als πόλεις bezeichnet haben. Offensichtlich hatte sich der griechische Begriff πόλις bereits zu dieser Zeit abgeschliffen. Zur Geschichte der griechischen πόλεις und der enchorischen Gauvororte in römischer Zeit vgl. A. K. Bowman - D. Rathbone, JRS 82, 1992, 107-127; Andrea Jördens, in: Autonomie und Ordnungsmacht, 141-180 (mit weiterer Literatur).

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Die chóra84 Wohl bereits seit dem Jahr 320 liefen die Fäden der Verwaltung in Alexandreia zusammen. Manche die Verwaltungsstrukturen des Landes betreffenden Elemente werden damals von Memphis nach Alexandreia transferiert worden sein, manche werden in diesem Jahr und in den folgenden Jahren neu geschaffen worden sein. In vielen, die Zentralverwaltung betreffenden Einzelheiten blicken wir jedoch nicht genau durch. Dies betrifft sowohl die Zahl und die Organisation der „Ministerien“ als auch chronologische Fragen der Geschichte der Zentralämter. Die Zentralverwaltung85 Manche Beamte standen zwar nicht an der Spitze von Ressorts, die zur Verwaltung der chóra eingerichtet waren, verfügten aber wegen ihrer Nähe zum König über einen Einfluß, der sicherlich weit über den Palast und über die Hauptstadt hinausreichte86. Zu ihnen zählte der Siegelbewahrer87, der Chef der Palastverwaltung88, der Kammerherr89, der Erztürhüter90 und der Erztafelmeister91. ___________________________

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Vgl. U. Wilcken, Grundzüge; Claire Préaux, Économie royale; A. E. Samuel, in: Proceedings of the Twelfth International Congress of Papyrology, 443-453; W. Peremans, AncSoc 10, 1979, 139-149; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, bes. 247-385; Rosa Maria Falivene, AncSoc 22, 1991, 203-227; außerdem Silvia Strassi, Funzioni, 11-16. 25-37 (zur Rolle der ὑπηρέται der Militär-, Justiz- und Zivilverwaltung). Vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 381-387; E. Bevan, House, 132-139. Natürlich ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, daß diese Ämter nicht während aller Perioden der ptolemaiischen Geschichte existiert haben. Vgl. Polyb. XVI 22,2 (Sosibios, der Sohn des Sosibios): die σφραγίς als Zeichen τῆς ἐγκεχειρισμένης αὐτῷ πίστεως; dazu W. Huß, Ägypten, 5021 (mit der Berichtigung, daß Sosibios nicht auf die Münzprägung Einfluß genommen hat). – Anscheinend hat der Siegelbewahrer (ḫtm ntr), der in demotischen, aus Memphis und dem Fajjum stammenden Dokumenten auftaucht, nichts mit dem Siegelbewahrer von Polyb. XVI 22,2 zu tun. Vgl. P. W. Pestman, OMRL 44, 1963, 8. 16. Vermutlich auch nicht der „seal-bearer“ (p3 fy-tbc [?]), der in dem frühptolemaiischen, wohl aus der Thebaïs stammenden P. dem. Leid. I 382 erwähnt ist. Vgl. J. D. Ray, JEA 85, 1999, 190, Z. 20 u. T. XXIV, Z. 20. Vgl. Edfou V, 126,8: ḥrj pr („Leiter des Palastes“). Ein griechisches Äquivalent der Amtsbezeichnung gibt es nicht. Wir dürfen jedoch wohl annehmen, daß es dieses Amt nicht nur „in alten Zeiten“, sondern auch in der ptolemaiischen Zeit gegeben hat. Zu den εἰσαγγελεῖς vgl. Maria Trindl, Ehrentitel, 128f.; L. Mooren, in: Antidorum W. Peremans, 1712 (mit weiterer Literatur); Hiérarchie, 173f.; A. Lajtar, JJP 29, 1999, 55f. (mit den entsprechenden Belegen).

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Der zentrale dioiketés, der regionale dioiketés und der hypodioiketés Die zentrale Figur der ptolemaiischen Verwaltung war der dioiketés („Verwalter“) bzw. der epí tes dioikéseos tetagménos (etwa der „Chef der Verwaltung“)92. Vielfach wird der Titel dioiketés im Deutschen mit dem Titel „Finanzminister“ bzw. mit dem Titel „Wirtschaftsminister“ bzw. mit dem Doppeltitel „Wirtschaftsund Finanzminister“ wiedergegeben. Bis zu einem gewissen Grad zu Recht! Insofern jedoch zu Unrecht, als die Bezeichnung „Minister“ von der Vorstellung eines Kabinetts gleichberechtigter Mitglieder ausgeht! Davon kann natürlich im ptolemaiischen Ägypten keine Rede sein 93 . Jedenfalls hatte der dioiketés sich über die wirtschaftlichen Ressourcen des Landes Gedanken zu machen, die Produktion vieler Wirtschaftszweige zu überwachen, die Einziehung der Abgaben ___________________________

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Zu den ἀρχιθυρωροί vgl. Maria Trindl, Ehrentitel, 128f.; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 18358; L. Mooren, Hiérarchie, 174; A. Lajtar, JJP 29, 1999, 55 (mit den entsprechenden Belegen). 91 Vgl. P. Tebt. III 1, 728, Z. 4 (2. Jh.); UPZ II 202, Fragm. I, Z. 5; Fragm. Ia, Z. 3; Fragm. II, Z. 2; Fragm. IIa, Z. 1 (ἀρχελέατρος) (2. Jh.); [Arist.] 182 (Zeit Ptolemaios’ VII. Euergetes’ II. [?]); IG Alex. ptol. 31, Z. 4 = OGIS I 169, Z. 4 (Zeit Ptolemaios’ VIII. Soters II.); außerdem SEG XVIII 730, Z. 4 (Kyrene) (Zeit Ptolemaios’ VIII. Soters II.); OGIS I 181, Z. 4 (Paphos) (Zeit Ptolemaios’ IX. Alexandros’ I.): ἀρχεδέατρος; dazu Maria Trindl, Ehrentitel, 128f.; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 182f.57; IIb, 976142; L. Mooren, Hiérarchie, 173; É. Bernand, IG Alex. ptol., S. 89 (ohne Berücksichtigung von LSJ 2Suppl. s. v.). Vgl. außerdem PP VI 14659-14699. 92 Zu diesen und ähnlichen Ausdrücken bzw. Wendungen vgl. E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 40f. (mit den entsprechenden Nachweisen). – Zur Stellung des διοικητής vgl. etwa U. Wilcken, Grundzüge, 148f.; P. Handrock, Weisungen, 10-12. 126f.; Maria Rosaria Falivene, AncSoc 22, 1991, 213-216; Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 116f.; außerdem Eva Martin-Pardey, LÄ VI, 1986, 1227-1235, s. v. Wesir, Wesirat; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 83-90. Zu der Position und den Pflichten des διοικητής in enchorischer Sicht vgl. die aufschlußreichen Texte, die auf den Statuen des Harchebi und des Horpachepesch angebracht sind. Vgl. D. Klotz, BIFAO 109, 2009, bes. 304f. – Zu den διοικηταί vgl. PP I/VIII 14-57; VIII 14a; 15a; dazu CPR XXVIII 11, Z. 2; außerdem W. Clarysse, in: Faces, 161f.; 18a; 30a; 41a. – J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 188, dürfte im Recht sein, wenn er – im Hinblick auf den διοικητής, den ὑπομνηματογράφος, den ἐπιστολογράφος und den ἐπιστράτηγος, deren Tätigkeitsbereiche das ganze Land umfaßt hat – behauptet: „There is … no evidence to prove that there was ever a fixed hierarchy among these officials …” – Zu den seleukidischen διοικηταί vgl. E. Bikerman, Institutions, 129; L. und Jeanne Robert, Carie II, 299f.; H. Bengtson, Strategie II, 103. 133f.; M. Corsaro, ASNP 10,4, 1980, 1191-1196; W. Ameling, EA 10, 1987, 20f.; M. Wörrle, Chiron 18, 1988, 466f.; H. Müller - M. Wörrle, Chiron 32, 2002, 228f. (mit weiterer Literatur); G. G. Aperghis, Seleukid Royal Economy, bes. 269-281. 93 Vgl. W. Huß, Untersuchungen, 256.

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und Steuern zu beaufsichtigen und den Beamtenapparat zu kontrollieren94. Mit anderen Worten: Er war der, auf dem „die Sorge für das Ganze lastete“95. Wenn in einem der bekanntesten Papyri des 3. Jh. 96 tatsächlich ein Memorandum (hypómnema) eines dioiketés an einen untergeordneten Beamten, höchstwahrscheinlich an einen oikonómos, zu sehen ist, dann ist aus diesem Papyrus nicht nur der Aufgabenbereich dieses Beamten zu ersehen, sondern letzten Endes – jedenfalls teilweise – auch der des dioiketés selbst 97 . Zur Erfüllung seiner Aufgaben verfügte der dioiketés über bedeutende Vollmachten – so hatte er sogar ___________________________

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Zu den Aufgaben des διοικητής gehörte auch die διοίκησις τῶν ὑδάτων, die Aufsicht über die Wasserversorgung. Vgl. BGU VI 1216, Z. 14f. (mit BL VII 20) (110 v. Chr. [?]); Diod. I 36,11; dazu Danielle Bonneau, in: L’homme et l’eau I, 107f.; Régime administratif, bes. 238. 249-252; in: Proceedings of the 20th International Congress of Papyrologists, 475f. Außerdem hatte der διοικητής die an ihn gerichteten ὑπομνήματα (Petitionen) entgegenzunehmen und zu bearbeiten. Vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 56; B. Kraut, ZPE 80, 1990, 273-276 u. T. XVII (zu SB XX 15068); B. E. Nielsen, BASP 28, 1991, 18319; dazu J. Hengstl, BASP 33, 1996, 111-114; Lucia Criscuolo, in: Papiri documentari greci, 67-72 (zu SB XXII 15536); J. Hengstl, in: Symposion 1995, 27137; außerdem 276. 277-279. UPZ I 110, Z. 80f.: οἷς ἡ τῶν ὅλω[ν] ἐπίκε[ι]ται φ[ρ]οντίς. Ein στρατηγός des Herakleopolites sekundiert: [Das Heil des Staats besteht] διὰ τὴν τύχην τοῦ θεοῦ καὶ κυρίου βασιλέως [καὶ τὴν παρὰ σοῦ] πρόνοιαν [sc. τὴν τοῦ διοικητοῦ πρόνοιαν], εἶτα καὶ τὴν ἡμετέραν διὰ φόβου καὶ ἀγρυπνίας ἐξυπηρέτησιν. Vgl. BGU VIII 1764, Z. 8f. Und aus einer Eingabe an einen στρατηγός erfahren wir, daß Opfer nicht nur zugunsten der Könige, sondern auch zugunsten des διοικητής (und des στρατηγός) vollzogen werden konnten. Vgl. BGU VIII 1854, Z. 18: [ὑπερ τῶν θεῶν καὶ κυρίων βασι]λέων καὶ τοῦ διοικητοῦ καὶ σοῦ. Wie außerhalb der (aktiven) Verwaltung des Landes stehende Zeitgenossen den διοικητής gesehen haben, können zwei jüdische Stimmen verraten. Die eine Stimme ist die des Artapanos. Artapanos hat den unbehindert in Ägypten agierenden biblischen Joseph διοικητὴν τῆς ὅλης ... χώρας genannt – und er wußte, wovon er sprach, wenn er vom διοικητής sprach. Vgl. FgrHist 726 Artapanos F 2,2. Die andere Stimme ist die des Verfassers des Buchs Tobit. Wenngleich der ursprüngliche (aramäische?) Text dieses Buchs nicht in Ägypten bzw. in Alexandreia geschrieben worden zu sein scheint, so könnten doch die Ämter, die Achiacharos, der mächtigste Mann in Assur, nach Tob. 1,22 (BA) ausgeübt hat, ptolemaiische Verhältnisse widerspiegeln. Achiacharos wird an dieser Stelle als ἐπὶ τοῦ δακτυλίου, οἰνοχόος, διοικητής und ἐκλογιστής bezeichnet. (Auf diesen Text hat mich freundlicherweise Herr Kollege M. Heltzer, Haifa, aufmerksam gemacht [14. August 2006].) Vgl. P. Tebt. III 1, 703. In diesem Zusammenhang ist – beispielsweise – auch ein Schreiben des διοικητής Theogenes an Thonis, den βασιλικὸς γραμματεύς des oxyrhynchitischen Gaus, zu erwähnen (208). Vgl. P. Edfou II 5, Z. 12-25; dazu Claire Préaux, CE 14, 1939, 376-382; außerdem Marie-Thérèse Lenger, C. Ord. Ptol., S. 246 All. 31. Zur Datierung dieses Papyrus vgl. T. C. Skeat, AncSoc 10, 1979, 163-165. Vgl. auch R. Seider, Beiträge, 73.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

das Recht zur Verhängung von Strafen98. Doch wie umfassend auch immer die Kompetenzen des dioiketés gewesen sein mögen – sicher ist, daß rein militärische und rein außenpolitische Aufgaben nicht mit seinem Amt verbunden waren99. Seine zahlreichen Untergebenen wurden als „diejenigen, die der Verwaltung unterstellt sind“100, bezeichnet. Nun stellt sich die Frage nach dem Ursprung dieses Amts. Hat Ptolemaios I. dieses Amt – etwa unter dem Einfluß des Demetrios von Phaleron101 – aufgrund griechischer Vorbilder bzw. aufgrund des Vorbilds Athen dem einheimischen Verwaltungssystem Ägyptens implantiert oder hat er eine in Ägypten bereits bestehende Institution übernommen? Natürlich ist man aus sachlichen und sprachlichen Gründen zunächst geneigt, eine griechische Wurzel des Amts anzunehmen 102 . Sollte hier nicht das typisch griechische, „rationale“ Institutionendenken am Werk gewesen sein, zumal der Ausdruck dioíkesis („Verwaltung“) nicht selten für ein analoges, in griechischen Staaten anzutreffendes Phänomen verwendet wurde103? Doch die anscheinend naheliegende Vermutung täuscht. Sie führt in die Irre, wie viele Vermutungen, die ihre Entstehung schablonenhaften Vorstellungen verdanken. Ägyptische Texte weisen den richtigen Weg. In (bisher) zehn demotischen Texten104 – die Texte reichen vom Jahr 513 bis ins 1. Jh. v. Chr. – und in (bisher) neun hieroglyphischen Texten105 – auch diese Texte reichen von der Zeit Dareios’ I. bis ins 2. Jh. v. Chr. – werden Funktionäre genannt, die den Titel p3 sntj bzw. sj3 ntt („derjenige, der weiß, was ist“) tragen106. ___________________________

98 99 100 101 102

103

104 105 106

Vgl. etwa E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 80-89; E. Balogh, in: Actes du Ve Congrès international de Papyrologie, 21-70; Claire Préaux, Économie royale, 549 u. ö.; H. J. Wolff, Justizwesen, 710. 77. 7855. 119. 1244. 126f. 160f. 180. Vgl. W. Huß, Untersuchungen, 256f. P. Tebt. I 7, Z. 3f. = C. Ord. Ptol. 61, Z. 3f.: οἱ ὑποτεταγμένοι τῆι διοικήσει (im Genitiv) (11. April 114). Vgl. F. M. Heichelheim, Wirtschaftsgeschichte II, 659; R. Bogaert, jetzt in: Trapezitica Aegyptiaca, 40. Vielleicht hat es in Athen zur Zeit des Demetrios von Phaleron das Amt des ἐπὶ τῇ διοικήσει gegeben. Vgl. dazu J. M. Williams, Athens, 199f.; M. Hakkarainen, in: Early Hellenistic Athens, 4. 6-8; außerdem B. Dreyer, AncSoc 31, 2001, 38f.; Ch. Schuler, Chiron 35, 2005, 389. – Zur διοίκησις τῆς πόλεως in den griechischen Städten der hellenistischen Zeit vgl. Ch. Schuler, Chiron 35, 2005, 385-403. Zu den verschiedenen Nuancen des Begriffs διοίκησις vgl. Brandis, RE V 1, 1903, 786-790, s. v. ∆ιοίκησις; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 40-46; N. Lewis, CE 27, 1952, 413 (zu SB VI 9104, Z. 16); F. Zucker, RhM N. F. 95, 1952, 341; P. J. Rhodes, in: P. J. Rhodes - B. Bleckmann, NP III, 1997, 607f., hier 607, s. v. Dioikesis. Vgl. W. J. Tait, P. Tebt. Tait, S. 30-32; Edda Bresciani, P. dem. Oxf. Griffith, S. 112; P. dem. inv. Sorb. 1186 (= Françoise de Cenival, REgypt 20, 1968, 46, Z. 4); dazu Suzanne Héral, in: Life, 153f.; außerdem J. Yoyotte, CRAI 1989, 73f. Vgl. J. Yoyotte, CRAI 1989, 74f. 87f.; J. Yoyotte - P. Charvet, Strabon, 266f.; Ph. Collombert, CE 75, 2000, 48f. (mit der Lesung sntj). Vgl. auch D. Klotz, BIFAO 109, 2009, 287, Rückenpfeiler-Inschrift, Kol. 1: n jr.tw jḫt m ḫm.f (288: „nothing is done without his knowledge“).

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Es kann kaum ein Zweifel bestehen, daß diese Titel „identisch“ sind, und es kann aufgrund von inhaltlichen Beobachtungen und von parallelen griechischen Texten auch kaum ein Zweifel bestehen, daß diese Titel einen Funktionär bezeichnet haben, den die Griechen dioiketés genannt haben107. Der Ursprung des Amts liegt demnach im ägyptischen Umfeld108 – und dies wahrscheinlich seit der Zeit des Amasis109. Allerdings ergibt sich hier ein Problem. Wenn das Amt des sntj von der saïtischen Zeit bis zur ptolemaiischen Zeit – und darüber hinaus – existiert hat, wie ist es dann zu erklären, daß es etwa zur gleichen Zeit (reale oder ideale) Funktionäre gegeben hat, die den Titel t3t („Wesir“)110 getragen haben111, d. h. ein Amt innegehabt haben, das – weithin oder vollständig? – dem Amt des sntj entsprochen hat? Ist der Titel t3t zu einem Ehrentitel herabgesunken? Dies anzunehmen fällt schwer 112 – sind doch auch die übrigen Titel, die die entsprechenden Funktionäre getragen haben, gewöhnlich nicht „reine Titel“ gewesen! Sind t3t und sntj austauschbare Amtsbezeichnungen geworden? Für diese Annahme bieten die Quellen keinen Anhaltspunkt. Hat das Amt des t3t seinen Charakter seit der saïtischen Zeit so stark verändert, daß man im Hinblick auf diese Zeit beim Amt des t3t und beim Amt des sntj von zwei verschiedenen Ämtern ___________________________

107 Vgl. J. Yoyotte, CRAI 1989, 73-88 (grundlegend); J. Quaegebeur, AncSoc 20, 1989, 164; E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 155f.; G. Vittmann, EVO 17, 1994, 302; O. Perdu, REgypt 49, 1998, 192f.; G. Vittmann, Papyrus Rylands 9 II, 296; außerdem J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 191f. Vgl. im übrigen bereits CG 31089, Z. 2 (hierogl. Text); Z. 1 (dem. Text); Z. 2 (griech. Text) (25. März 96). – Edda Bresciani, in: Ptolemäisches Ägypten, 31f.; EVO 6, 1983, 18-20, und J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 191, sehen im mr ḫtm („Vorsteher des Siegels“, Siegelbewahrer) den διοικητής. Anders zu Recht E. Lüddeckens, in: Ptolemäisches Ägypten, 225; J. Yoyotte, CRAI 1989, 73f. 108 Gegen die Ansicht sprechen natürlich auch nicht die Tatsachen, daß sich sowohl Lysimachos als auch die seleukidischen Könige der Dienste von διοικηταί bedient haben. Vgl. einerseits etwa C. Franco, Regno, 197-199 (zu Diog. Laert. II 102) und andererseits etwa W. Ameling, EA 10, 1987, 20f. (mit den antiken Belegen). 109 Vgl. J. Yoyotte, CRAI 1989, 79-81; außerdem G. Vittmann, Papyrus Rylands 9 II, 296. 110 Zum Wesir vgl. etwa Eva Martin-Pardey, LÄ VI, 1986, 1227-1235, s. v. Wesir, Wesirat. 111 Vgl. W. Spiegelberg, ZÄS 64, 1929, 88, Z. A; Z. B x+9; P. Labib, ASAE 50, 1950, 364, Z. 2; H. de Meulenaere, MDAIK 16, 1958, 230-236 u. T. XVI; G. Vittmann, Priester und Beamte, 143-170; Lisa Montagno Leahy, GM 65, 1983, 51-56; H. Satzinger, in: Mélanges G. E. Mokhtar II, 256f.; G. Burkard, in: Ägyptische Bildwerke III, 199-204 Nr. 44; G. Vittmann, Enchoria 23, 1996, 180f.; Susanne Bickel - P. Tallet, BIFAO 97, 1997, 85 Nr. 21; G. Vittmann, in: Festschrift H. Satzinger, 174f. 112 Positiver urteilt in diesem Punkt G. Vittmann, Priester und Beamte, 144f.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

sprechen muß113? Diese Lösung des Problems erscheint möglich. Die ptolemaiische Regierung scheint dann das „neue“ Amt des t3t abgeschafft zu haben. Und wenn auch der Titel in demotischen Texten der ptolemaiischen Zeit noch auftaucht114, dann „nicht in dokumentarischen Texten und damit aktuellen Zusammenhängen, sondern nur in solchen, die auf z. T. deutlich älteren Quellen basieren.“115 Sowohl zu Zeiten des „alten“ t3t116 als auch zu Zeiten des vorhellenistischen sntj117 hatte es Perioden gegeben, in denen mehrere Männer dieses Amt gleichzeitig und gleichberechtigt in verschiedenen Regionen des Landes innegehabt hatten. Machte auch die ptolemaiische Zentralregierung von einer solchen Möglichkeit Gebrauch? Es scheint so 118 . Doch auch in den Zeiten, in denen ein ___________________________

113 Dieser Ansicht ist offensichtlich J. Yoyotte, CRAI 1989, 8135: „Le ‚vizir’ (t3ty) qui, au Nouvel Empire assurait la direction générale de l’agriculture et des levées d’impȏts, paraȋt bien avoir vu, durant l’époque libyenne, ses attributions réduites à celle d’un juge suprȇme.“ Vgl. auch Sandra Luisa Lippert, ZÄS 130, 2003, 92-97. 114 Natürlich ist auch aus dem Vorkommen des Begriffs t3t in hieroglyphischen Texten, die in ptolemaiischer Zeit etwa auf Tempelwänden angebracht sind, nicht auf die Existenz eines realen t3t zu schließen. Vgl. etwa É. Chassinat, Edfou VI, 80,2: t3t (m hnw) („der Wesir [in der Residenz]“). 115 Sandra Luisa Lippert, ZÄS 130, 2003, 96. An einer anderen Stelle – Juristisches Lehrbuch, 145 – drückt sich Sandra Luisa Lippert zum Problem t3t/sntj nicht völlig korrekt aus. 116 Vgl. Eva Martin-Pardey, LÄ VI, 1986, 1227-1235, hier 1228, s. v. Wesir, Wesirat (NR). 117 Vgl. J. Yoyotte, CRAI 1989, 74. 76f. (Zeit des Nektanebos). 118 Dieser Ansicht ist J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 189-191. Seiner Meinung nach gab es über weite Strecken des 3. Jh. einen einzigen zentralen διοικητής, seit (etwa) dem Ende des 3. Jh. mehrere regionale διοικηταί und seit einem unbestimmten Zeitpunkt des 2. Jh. wieder einen einzigen zentralen διοικητής. Vgl. auch B. C. McGing, APF 50, 2004, 13437. Thomas stützt sich bei der Aufstellung dieser Hypothese auf einige neue Lesungen und Erklärungen des Papyrus SB IV 7377. So ist seiner Ansicht nach in Z. 5 nicht mit E. von Druffel, APF 6, 1920, 30f. (Wilcken) zu lesen [ὁ διοικ]η̣τὴ‹ς› τοῖς ἄλλοις διοικ̣ηταῖς, sondern [ἡ (?) ἐπιστολὴ ἡ α]ὐ̣τὴ τοῖς ἄλλοις διοικ̣ηταῖς („The same letter to the other dioiketai“). Vgl. dazu auch D. Kaltsas, P. Heid. VIII, S. 25286. Es handle sich demnach um ein Schreiben (des Königs) an einen διοικητής, das auch an die anderen, in anderen Regionen Ägyptens amtierenden διοικηταί zu schicken sei. Dies trifft wohl zu. Es wäre auch merkwürdig, hätte der König – setzen wir voraus, daß es sich tatsächlich um ein Schreiben des Königs handelt – in einem Schreiben an die regionalen διοικηταί den zentralen διοικητής „übergangen“, hätte es ihn denn gegeben. (Seltsam mutet allerdings die Tatsache an, daß der König – wiederum unter der Voraussetzung, daß er den Brief geschrieben hat – in einem Schreiben an einen regionalen διοικητής auf seine unermüdliche Schreibtätigkeit hinweist [Z. 2: δι[α]τελοῦμεν γράφοντες]. Doch mag dies auf das Konto des Schreibbüros zu setzen sein.) – Zu einer anderen Datierung des Schreibens des (Königs) Ptolemaios an Imuthes vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 1413 (in der Nähe der Jahre 182/81-176/75). –

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einziger dioiketés das Finanz- und Wirtschaftsministerium des Landes und des Reichs leitete, amtierten zeitweise – unter dem zentralen dioiketés – regionale dioiketaí119, in denen jedoch nicht die ebenfalls bezeugten hypodioiketaí (stellvertretende dioiketaí) gesehen werden dürfen120. ___________________________

Zu D. Klotz, BIFAO 109, 2009, 287, Rückenpfeiler-Inschrift, Kol. 1 (sr tpj njt šnjwt.f) vgl. D. Klotz, a. e. a. O., 290. Anders G. Gorre, Relations, 390 (mit der Annahme mehrerer διοικηταί). 119 Besonders deutlich ist darauf in dem bereits zitierten Papyrus SB IV 7377, Z. 7f. hingewiesen: ... τὸν διοικητὴν τῆς Θηβαΐδος καὶ τ[ῶν ἄλλων τῶν προσ]κυρόντων τόπων. Vgl. außerdem BGU III 992, Kol. I, Z. 3 = SB I 4512, Z. 3 = Chrest. Wilck. 162, Col. I, Z. 3 (des Protarchos, τοῦ ἐπὶ τ̣ῶ̣ν κατὰ τὴν Θηβαΐδα ‹πραγμάτων?›) (188/86); P. Haun. I 11, col. I, Z. 5; col. II, Z. 5; col. III, Z. 4 (Ptolemaios, ὁ ἐπὶ τῶν κατὰ τὴν Θηβαΐδα ‹πραγμάτων?›) (183/82); dazu L. Mooren, Hiérarchie, 144; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 338f. (mit der früheren Literatur); IG Philae I 44, Z. 3-6 (des Hephaistion, τοῦ σ[υ]γγενοῦς κα[ὶ ἐπισ]τ[ρ]ατήγου καὶ διέ[πο]ν̣[τος τὰ] κατὰ [τ]ὴ̣ν δ[ι]οίκ[ησιν]) (vor dem 14. Mai 62); dazu J. Bingen, CE 44, 1969, 334f.; 45, 1970, 369-378; L. Mooren, Aulic Titulature, 96 Nr. 060. 138 Nr. 0172; Hiérarchie, 144; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 295f.; vielleicht auch IG Philae I 13, Z. 1f. (N. N., [τὸν γενόμενον ἐν τοῖς ?] πρώτοις φίλοις καὶ διοικητήν) (131-124 [?]); dazu L. Mooren, Aulic Titulature, 137 Nr. 0166; Hiérarchie, 153f.; anders A. Bernand, IG Philae I, S. 140f. Zu Dionysios vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 137 Nr. 0163; Hiérarchie, 1491. 150; E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 155. – Zur Frage der wohl seit den 80er Jahren des 2. Jh. bestehenden Koexistenz des zentralen διοικητής und der regionalen διοικηταί vgl. die teilweise kontroversen Ausführungen von G. Lumbroso, Recherches, 339-342, U. Wilcken, O. Wilck. I, 492f., B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 33f., H. Maspero, Finances, 204-206. 236-241, A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 381-383, U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 190; Grundzüge, 148 (mit der früheren Literatur), P. M. Meyer, P. Meyer, S. 6, E. von Druffel, APF 6, 1920, 32f., C. C. Edgar, ASAE 19, 1920, 84, U. Wilcken, UPZ I, S. 487, G. M. Browne, BASP 3, 1965/66, 85, L. Mooren, Hiérarchie, 136-158, J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 189-191. 194, Ph. Collombert, CE 75, 2000, 51, und L. Koenen, P. Sijp., S. 313. 120 Vgl. insbesondere L. Mooren, Hiérarchie, 139-144 (mit der früheren Literatur). Doch ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß ὑποδιοικηταί gelegentlich als διοικηταί bezeichnet worden sind. Vgl. auch L. Mooren, Hiérarchie, 143. – Zu den ὑποδιοικηταί vgl. S. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 89f.; H. Bengtson, Strategie III, 49f.; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 26088. 260; 293f.; 336-338. 363. 367. 372. 374-376. 379f.; P. Handrock, Weisungen, 12-20; T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 296f. (zu einer διαγραφή eines ὑποδιοικητής an einen οἰκονόμος); Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 116f.; M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 385; außerdem PP I/VIII 905-916; VIII 908a; P. Heid. IX 427, Z. 2 (?); 431, Z. 19. 40f. 52 (?) (zu PP I 102); 430, Z. 7 (?); 431, Z. 45 (?); 437, Z. 11 (?); 442 descr. (?) (zu PP I/VIII 27). Zu den Untergebenen der ὑποδιοικηταί vgl. PP I/VIII 917-919; VIII 916a. Zu den Petitionen an die ὑποδιοικηταί vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 61. – Zu den Texten P. Cair. Zen. II 59236, Z. 1 (Diotimos als διοικητής) und III 59403, Z. 11 (Diotimos als ὑποδιοικητής) vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 142f., und J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 189.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

In spätptolemaiischer Zeit erweiterten die dioiketaí ihre Kompetenzen dadurch, daß sie – zumindest gelegentlich – das Amt des pros toi idíoi lógoi, des „Chefs des Spezialkasse“, mitübernahmen121. Kumulationen von Ämtern waren ja in dieser Zeit beliebte Mittel, Macht zu konzentrieren. Erstaunlich – jedenfalls bemerkenswert – ist die Tatsache, daß das Amt des sntj eine derartige Attraktivität besessen hat, daß die nubischen Könige dieses Amt in ihr Verwaltungssystem übernommen haben. Aus p3 sntj wurde hier – etwa seit dem Ende des 1. Jh. v. Chr. – pestê bzw. peštê122.123 Der dioiketés hatte ein Weisungsrecht gegenüber fast allen Funktionären des Landes (und teilweise auch des ptolemaiischen „Auslands“)124, sofern sie nicht den Bereichen Militärwesen oder Gerichtswesen angehörten125. Darüber hinaus stand ihm eine beträchtliche Zahl von Untergebenen zur Verfügung, die ihm unmittelbar zuarbeiteten126. Zu ihnen gehörten vor allem der eklogistés127, der die ___________________________

121 Vgl. BGU VIII 1722, Z. 18f.: πα[ρ]ὰ Ἡφαιστίωνος τοῦ συγγενοῦς καὶ διοικητοῦ καὶ π[ρὸς τῶι ἰδίωι λόγωι καὶ τῶν] προχείρων; 30: [Ἡ]φαιστίωνι συγγεν[εῖ καὶ διοικ]ητῆι καὶ πρὸς τῶι ἰδίωι λόγωι καὶ τοῖς προχ[είροις]; 1782, Z. 3f.: παρὰ Νουμηνίου τοῦ συγ[γ(ενοῦς)] καὶ διοικη(τοῦ) καὶ πρὸς τῶι ἰδί(ωι) λόγ(ωι). 122 Vgl. J. Yoyotte, CRAI 1989, 84-86. Yoyotte verweist in diesem Zusammenhang auch auf IG Philae II 180, Z. 2: ψεντης (27. Dezember 260 n. Chr.). 123 Zum διοικητής der römischen Zeit vgl. D. Hagedorn, YClS 28, 1985, 167-210; R. S. Bagnall, Reading, 58f. 124 Vgl. dazu P. Handrock, Weisungen, 10-50. – M. E. gehörte auch der Koer Aglaos, der Sohn des Theokles, zu den alexandreiischen διοικηταί, deren Tätigkeit im „Ausland“ (Paros) bezeugt ist. Vgl. G. I. Despinis, AD 20A, 1965, ersch. 1966, 119, Z. 1-4: … τῶ[ν] τε τ[οῦ β]ασ[ιλέως πρ]α̣γμάτω[ν] Πτολεμαίου καὶ τῆς ἀδελ̣[φῆ]ς αὐτ[οῦ βασ]ιλίσσης [Κλε]οπάτρας [κ]α̣λῶς καὶ̣ [δικ]αίως vac. [τὴν] δ̣ι̣οί̣ κησιν [ποι]ο̣ύμενος διατελεῖ ... (nach 154); dazu Jeanne u. L. Robert, REG 80, 1967, 524 Nr. 441 (zweifelnd); R. S. Bagnall, Administration, 150 (ebenfalls unentschieden). 125 Gegenüber dem πρὸς τῆι συντάξει (τῶν κατοίκων ἱππέων) jedoch, einem Beamten der Militärverwaltung, scheint der διοικητής ein Weisungsrecht besessen zu haben. Vgl. Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 31. – Außerdem ist zu berücksichtigen, daß der διοικητής zwar nicht Vorsitzender eines ptolemaiischen Gerichts gewesen ist, daß er aber in mancher Hinsicht in prozessuale Vorgänge eingegriffen hat und daß er das Koerzitionsrecht besessen hat, ja daß er in bestimmten Fällen in der Lage gewesen ist, das Strafmaß – bis zur Verhängung der Todesstrafe – festzusetzen. Vgl. E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 80-89; H. J. Wolff, Justizwesen, 710. 77. 7855. 118f. 1244. 126f. 160f. 17767. 180. 126 Zu den Untergebenen der διοικηταί vgl. PP I/VIII 58-109; VIII 68a; 93a; 94a; 100a; 101a; P. Berl. Salm. 16, Z. 6f.; P. Sijp. 10a (a), Z. 10; außerdem Silvia Strassi, Funzioni, 35. 252 Nr. 338. – Zur Besoldung der Untergebenen des διοικητής vgl. etwa P. Lond. VII 1934, Z. 5-10; 1963, Z. 4-12. 16-26. 127 Vgl. P. Petr. II 16, Z. 5 (?) (etwa 265/64); P. Rev., Col. 18, Z. 6-9 (259/58); 19, Z. 4-7 (259/58); 37, Z. 12 (263); P. Cair. Zen. II 59263, Z. 5 (1. April 251); SB VIII 9780, Z. 4f. (Mitte des 3. Jh.); SB I 5021, Z. 3f. (2. Jh. [?]); P. Tebt. I 72, Z. 449 (119/18 [?]); 124, Z. 19 (etwa 118); SB VI 9612, Z. 3f. (88/87 [?]); PSI VIII 969, Z. 1-4 (6. Juli 51); P. Ryl. II 69, Z. 5 (5. August 34); dazu W. Peremans - E. Van ’t Dack, Eos

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Steuern berechnete, ausschrieb und abrechnete128, und der oikonómos tu basiléos129, der die königliche Kasse (basilikón) beaufsichtigte130. Zu ihnen gehörte auch der epispudastés131, der für den ordnungsgemäßen Transport insbesondere des versteuerten Getreides zuständig war132. Zu ihnen gehörten schließlich diejenigen práktores („Vollstreckungsbeamte“), die im Finanzdienst tätig waren133. ___________________________

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48,2, 1956, ersch. 1957, 121-132 (zentraler ἐκλογιστής); Linda M. Ricketts, Administration, 8380 (ἐκλογιστής des Gaus); E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 50 (λογιστής einer μερίς des Arsinoïtes); außerdem PP I/VIII 146-149; VIII 145a; 148a. Zu einem Untergebenen eines ἐκλογιστής vgl. PP VIII 149a. – Schwierig, wenn nicht unmöglich ist es, das Amt des imy-r3/mr sš(w) d3d3t, des „Vorstehers der Sekretäre des Kollegiums“, – das Amt ist von der saïtischen Zeit bis zur Zeit Ptolemaios’ VII. Euergetes’ II. bezeugt – in den hierarchischen Aufbau der Zentralverwaltung einzufügen. O. Perdu, REgypt 49, 1998, 175-194, ist der Ansicht, daß es sich bei diesem „Vorsteher“ um einen Beamten handelt, der für die Bereiche Wirtschaft und Finanzen – nicht für den Bereich Justizwesen – eine hohe Verantwortung getragen hat und der überdies in enger Beziehung zum διοικητής gestanden ist. Sollte es sich – in ptolemaiischer Zeit – gar um den ἐκλογιστής gehandelt haben? Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, S. 493-507; 179; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 385-387; Claire Préaux, Économie royale, 454; L. und Jeanne Robert, Carie II, 292f.; M. Wörrle, Chiron 5, 1975, 83; M. Corsaro, ASNP III 10,4, 1980, 1193; Ph. Gauthier, NI Sardes II, S. 45; R. Haensch, in: Römische Provinzen, 96-98 (mit anderer Ansicht hinsichtlich der Beziehungen zwischen διοικητής und ἐκλογιστής [98106]). Unter dem zentralen ἐκλογιστής standen die für die einzelnen Gaue zuständigen ἐκλογισταί. Vgl. P. Rev., Col. 37, Z. 12f.; außerdem PP I/VIII 920-927; VIII 919a; N. N. (IG Portes 51, Z. 2); dazu E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 23; 50 (zu PP I 923; I/VIII 925); zu deren Untergebenen vgl. PP I 928-929; VIII 929a. Wilcken vermutet, daß auch die für die einzelnen Gaue zuständigen ἐκλογισταί ihre Büros in der Hauptstadt hatten und daß ihre Untergebenen in den λογιστήρια der Gaue arbeiteten. – Zu den ἐκλογισταί der römischen Zeit vgl. D. Hagedorn - K. Maresch, P. Bub. II, S. 5f. 15-24 (mit der früheren Literatur). – Zu den λογισταί und den λογιστήρια vgl. auch T. Reekmans, CE 76, 2001, 183-186 (zu SB XXVI 16636). Vgl. P. Paris 70, fr. 1564 A, Z. 4; B, Z. 3; C, Z. 5; IG Philae I 32, Z. 3 = OGIS I 188, Z. 3; IG Philae I 33, Z. 3f. = OGIS I 189, Z. 3f. Vgl. U. Wilcken, Grundzüge, 151; Chrest. Wilck., S. 196; A. Steiner, Fiskus I, 2-5 (mit weiterer Literatur); Claire Préaux, O. Wilb., S. 98. Vgl. P. Stras. II 93, Z. 1-3 (in der Lesung von W. Clarysse, AncSoc 7, 1976, 192) = SB XVI 12287, Z. 1-3 (10. Februar 214); P. Tebt. III 2, 1083, Z. 10 (2. Jh.); P. Coll. Youtie I 16, Z. 24f. (14. September 109 [?]); außerdem P. Ryl. II 183, Z. 2 (16 n. Chr.). Vgl. T. Kalén, P. Berl. Leihg., S. 55f.; H. Henne, Aegyptus 13, 1933, 383-386; E. Börner, Korntransport, 11; W. Clarysse, AncSoc 7, 1976, 194. 206; außerdem E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 150f. Clarysse neigt der Annahme zu, daß das Amt des ἐπισπουδαστής im 3. Jh. noch nicht ein reguläres Amt gewesen ist. – Der in nur einem einzigen Papyrus erwähnte πρὸς ταῖς ἀποστολαῖς („der Chef der Warensendungen“) – vgl. P. Lond. VII 1963, Z. 5f. 17f. – dürfte eher ein privater Angestellter des Apollonios gewesen sein als ein Untergebener des διοικητής. Er scheint

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Der ídios lógos Wohl in der Zeit zwischen dem 26. Dezember 112134 und dem 5. Juli 89135 schuf die Regierung ein Amt, das dem Amt des dioiketés benachbart war136. An die Spitze dieses Amts wurde „der Chef der Spezialkasse [des Königs]“137 gestellt. Er war dem dioiketés nicht unterstellt 138 und residierte wie dieser in Alexandreia139. Drei dieser Chefs kennen wir namentlich: Kastor140, Hephaistion141 und ___________________________

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Aufgaben erfüllt zu haben, die mit der Organisation des Warenverkehrs in Zusammenhang standen. Vgl. T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 55; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 104206. Vgl. Claire Préaux, CE 30, 1955, 110f. – Wie die Betroffenen die Tätigkeit der πράκτορες empfunden haben, geht etwa aus P. Lond. VII 2008, Z. 6f. (1. Mai 247) hervor: ἡμεῖς δὲ ὧδε πα̣ροινούμεθα ὑπό τε τῶν οἰκονόμω[ν] κ̣αὶ πρακτόρων. – Zu den Untergebenen der πράκτορες vgl. H. Kupiszewski - J. Modrzejewski, JJP 11-12, 1957-1958, 114. 154; Silvia Strassi, Funzioni, 34f. Vgl. P. Amh. II 31, Z. 1. Vgl. IG Philae I 32, Z. 9; 33, Z. 9. Zum Datum vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 140f. Nr. 0177 (mit der früheren Literatur). Zu diesem Amt vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 631; P. M. Meyer, in: Festschrift O. Hirschfeld, 131-135; U. Wilcken, Grundzüge, 147; A. Steiner, Fiskus I, 4f.; Plaumann, RE IX 1, 1914, 882-903, s. v. Ἴδιος λόγος (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); G. Plaumann, Idioslogos, 4-11; H. I. Bell, in: CAH X, 1934, 289f.; Claire Préaux, Économie royale, 296. 409f.; T. Larsen, P. Haun. I, S. 63-69; P. R. Swarney, Idios Logos, 7-40. 131-133; außerdem 3-5 (zur Forschungsgeschichte); W. Ameling, NP V, 1998, 892f., s. v. Idios Logos; K. Zimmermann, ZPE 138, 2002, 135-139 u. T. IV. – C. Wehrli, P. Gen. II, S. 30, und K. Zimmermann, ZPE 138, 2002, 138, scheinen aus P. Gen. II 88, Z. 5-8 zu schließen, dass der ἴδιος λόγος bereits im J. 124/23 eine eigene Behörde gewesen ist: „cette unité administrative“ bzw. „eine Instanz, die bestimmte Ländereien selbständig verwaltete“. Ich zweifle. – Zu weiterer, vor dem Jahr 1950 erschienener Literatur vgl. S. Riccobono jr., Gnomon, IXXIX. Zum πρὸς τῷ ἰδίῳ λόγῳ vgl. IG Philae I 32, Z. 2; 33, Z. 2f. (Kastor); BGU VIII 1772, Z. 18. 30; SEG VIII 468, Z. 4f. = SB IV 7455, Z. 4f.; BGU VIII 1756, Z. 8; 1757, Z. 9 (Hephaistion); BGU VIII 1782, Z. 4 (Numenios). Wenn nicht alles täuscht, ist dieser Beamte in ptolemaiischer Zeit (bisher) ein einziges Mal als ἴδιος λόγος bezeichnet. Vgl. BGU XVIII 1, 2756, Z. 20 (erste Hälfte des 1. Jh.): Π̣τολεμ̣[αίο]υ̣ ἰδίου λ[ό]γου. Vielleicht aber hätte auch der Schreiber von P. Berl. Salm. 19 (23. November 78 [?]) nicht Ἡρακλεί̣δην ἰδίοις λ̣όγου (Z. 3), sondern Ἡρακλείδην ἴδιον λόγον geschrieben, hätte er sich besser konzentriert. – Zur Bedeutung der Wendung ὁ πρός τινι (im sächlichen Sinn) vgl. W. Otto - H. Bengtson, Niedergang, 9; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 40; B. Muhs, in: Tebtynis und Soknopaiu Nesos, 101. Anders A. Steiner, Fiskus I, 4f. Vgl. P. R. Swarney, Idios Logos, 26. 39f.; außerdem P. Bingen 45, Z. 8. Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 140f. Nr. 0177 (mit der früheren Literatur). Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 138f. Nr. 0173 (mit der früheren Literatur).

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Numenios142. Der ídios lógos selbst (das Spezialkonto bzw. die Spezialkasse)143 wurde jedoch nicht erst in dieser Zeit begründet, sondern war spätestens im 2. Jahrzehnt des 2. Jh. begründet worden144. Auf dieses Spezialkonto bzw. in diese Spezialkasse wurden die Erlöse aus der Versteigerung konfiszierter Güter145, aus der Versteigerung herrenloser, nunmehr im Besitz der Regierung befindlicher Güter (adéspota) 146 , aus den Straf- bzw. Preisgeldern (próstima) wegen der Inbesitznahme nicht genützter Grundstücke147, (gelegentlich, jedenfalls nicht durchgängig) aus dem Verkauf zurückgenommener kléroi148, aus den Steuern (ekphória) für Erträge, die die Bewirtschaftung von Grundstücken (edáphe) abwarf, die von der Regierung nicht (wieder) veräußert, sondern als eigener Besitz zurückgehalten worden waren149, und vielleicht auch aus anderen Gewinnen eingezahlt 150. Im wesentlichen waren die Einnahmen betroffen, die ___________________________

142 Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 139 Nr. 0174 (mit der früheren Literatur). 143 Für das 2. Jh. dürfen wir wohl von einem „Spezialkonto“, für das 1. Jh. wohl von einer „Spezialkasse“ sprechen. 144 Vgl. BGU III 992, Kol. I, Z. 2 = SB I 4512, Z. 2 = Chrest. Wilck. 162, Col. I, Z. 2 (11. Januar 186 [Datum der Einzahlung]); P. Haun. I 11, col. I, Z. 2 (18. Juni 182 [Datum der Einzahlung]); UPZ II 218, Kol. I, Z. 21 (130); P. Gen. II 88, Z. 6f. (124/23); P. Amh. II 31, Z. 1 (26. Dezember 112 [Datum der Einzahlung]); BGU VIII 1772, Z. 33. 37 (61/60); 1798, Z. 5f. (Mitte des 1. Jh.); P. Bingen 45, Z. 8 (23. Februar 33); dazu etwa Th. Christensen, Edfu Nome, 179f. – Zum Datum von BGU III 992, Kol. I, Z. 2 vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 791; E. Boswinkel - P. W. Pestman, P. Batav., S. 642; zum Datum von P. Haun. I 11, col. I, Z. 2 vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 791; zum Datum von P. Gen. II 88 vgl. C. Wehrli, ZPE 67, 1987, 117. – Zu P. Tebt. III 2, 874 (5. Mai/3. Juni 179) vgl. P. R. Swarney, Idios Logos, 131-133. – Ich zweifle, ob man aus den verschiedenen Überweisungsformeln βασιλεῖ εἰς τὸν ἴδιον λόγον (P. Haun. I 11, col. I, Z. 2, 18. Juni 182) und [τῶ]̣̣ι̣ ἰδίωι λ̣[όγω]ι̣ [τ]οῦ βασιλέως (UPZ II 218, Kol. I, Z. 21) auf einen inhaltlichen Wandel des Verwaltungsvorgangs schließen darf. Anders K. Zimmermann, ZPE 138, 2002, 138f. – In der Zeit vor dem Jahr 186 wurden Zahlungen εἰς τὸν τοῦ βασιλέω[ς λό]γον (19. November oder 19. Dezember 198) offensichtlich nicht als Zahlungen εἰς τὸν ἴδιον λόγον bezeichnet. Vgl. P. Sijp. 45, Z. 16f. Anders J. G. Manning, in: Studies E. F. Wente, 282: „… the origins for the idios logos may lie in the third rather than the second century B. C.” 145 Vgl. BGU III 992 = SB I 4512 = Chrest. Wilck. 162. 146 Vgl. P. Haun. I 11; außerdem P. Haun. inv. 407, Z. 335. 338. 147 Vgl. P. Amh. II 31. 148 Vgl. BGU VIII 1772 (61/60). – Zu der Wendung εἰ̣ς̣ [τὴν] Χάρητος τοῦ ἰδίου λόγου τράπε[ζαν] (BGU VIII 1772, Z. 37) vgl. P. R. Swarney, Idios Logos, 19f., und vor allem R. Bogaert, AncSoc 23, 1992, 32; ZPE 120, 1998, 172f.; AncSoc 29, 19981999, 95. 149 Vgl. P. Gen. II 88; dazu K. Zimmermann, ZPE 138, 2002, 138f.; BGU VIII 1798; dazu P. R. Swarney, Idios Logos, 31. 150 In Strab. XVII 797 findet sich ein Nachhall der ptolemaiischen Praxis: ὁ προσαγορευόμενος ἰδιόλογος, ὃς τῶν ἀδεσπότων καὶ τῶν εἰς Καίσαρα πίπτειν ὀφειλόντων ἐξεταστής ἐστι. – Zum ἴδιος λόγος der römischen Zeit vgl. P. R.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

nicht aufgrund von Steuer- und Abgabenverordnungen an den Fiskus abzuführen waren. Auf diese Weise erhielt die Regierung unmittelbaren Zugriff auf die Daten der Konfiskationsvorgänge und der damit in Zusammenhang stehenden Änderungen der Eigentumsverhältnisse. Im übrigen spiegelt der ídios lógos das Anwachsen des Privateigentums im 2. und vor allem im 1. Jh. wider151.

Der epistolográphos und der hypomnematográphos Die königliche Kanzlei hatte zwei (oder drei) Abteilungen 152 : das epistolographeíon153 und das hypomnematographeíon154. Der einen Abteilung stand der epistolográphos („der Chef der Abteilung Korrespondenz“)155 vor, der anderen der hypomnematográphos („der Chef der Abteilung Regierungsverlautbarungen“)156. Beide Abteilungsleiter scheinen nicht der Aufsicht des dioiketés unterstellt gewesen zu sein157. ___________________________

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Swarney, Idios Logos, 41-126; D. Rathbone, CCG 4, 1993, 99-110; außerdem Livia Capponi, Augustan Egypt, bes. 32-34. 112f. (mit Anmerkungen). Bedenkt man die speziellen Merkmale des Amts des „Chefs der Spezialkasse (des Königs)“, ist davon auszugehen, daß dieser ptolemaiische Beamte nicht der Nachfolger des jmj-r3 ḫtmt („Vorsteher des Versiegelten“) früherer Jahrhunderte gewesen ist. Zu diesem Beamten vgl. P. Vernus, in: Grund und Boden, 251-260. Unter dem „Versiegelten“, das dieser Beamte zu beaufsichtigen hatte, ist „l’ensemble des produits et biens personnels du pharaon“ (256) zu verstehen. Zu den Abteilungen des ἐπιστολογραφεῖον und des ὑπομνηματογραφεῖον vgl. U. Wilcken, Grundzüge, 6f.; Bilabel, RE Suppl. IV, 1924, 773-775, s. v. Ὑπομνηματογράφος; E. Bickermann, PhW 46, 1926, 1241-1246; P. Collomp, Recherches, 9-49; U. Wilcken, UPZ I, S. 169; E. Berneker, Prozeßeinleitung, 18; M. Rostovtzeff, P. Tebt. III 1, S. 69f.; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 96f.; M. Depauw, SAK 34, 2006, 100f. 103; außerdem E. J. Bickerman, RIDA 2, 1953, 261; J. F. Oates - A. E. Samuel - C. B. Welles, P. Yale, S. 169-172; L. Mooren, Hiérarchie, 172f.; Dorothy J. Thompson, Memphis, 249f. Vgl. P. Cair. Zen. IV 59687, Z. 4. 9. 10 (259/58 oder 258/57 [?]); P. Corn. 1, Z. 150f. 155f. (Januar/März 257); P. Stras. II 105, Z. 3 (19. Dezember 211); UPZ I 14, Z. 133 (25. Januar 157). Zum Datum von P. Stras. II 105 (19. bzw. 20. Dezember 211) vgl. W. Clarysse - E. Lanciers, AncSoc 20, 1989, 127-132. Vgl. P. Tebt. I 58, Z. 12f. (12. Juni 111). Vgl. P. Tebt. I 112, Z. 87 (112); IG Philae I 19, Z. 32f. = OGIS I 139, Z. 14f. (124117); Inscr. Délos 1534, Z. 5 (etwa 104, Delos); UPZ I 108, Z. 34 (etwa 99); P. Paris 70 (?). – Zur Datierung von IG Philae I 19 C vgl. W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 42. – Zu den ἐπιστολογράφοι vgl. W. Otto, Priester und Tempel I, 55-57. 408; II, 314; außerdem PP I/VIII 1-5; L. Mooren, Aulic Titulature, 170f. Nr. 0269-0272. 207 Nr. 0381. Vgl. P. Mich. I 55, Z. 24 = CPJ I 127a, Z. 24 (240); UPZ I 14, Z. 127 (158/57); Chrest. Wilck. 11 B, Z. 1 (123); OGIS I 147, Z. 3 (vor 116, Paphos); P. Tebt. I 112, Z. 87 (112); P. Tebt. I 58, Z. 33 (12. Juni 111); OGIS I 163, Z. 3 (114/13-107, Paphos); SEG XXV 1102, Z. 3 (114/13-107, Paphos); IG Fay. III 152, Z. 37 = SEG VIII 466, Z. 37 = SB III 7259, Z. 37 (2. Dezember 95); BGU XVIII 1, 2749, Z. 5f. (21. Juni

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Während das Tätigkeitsfeld des epistolográphos aufgrund des Wortsinns epistolé („Brief“) verhältnismäßig leicht abzustecken ist, ist dies beim hypomnematográphos nicht der Fall 158 . Dies deswegen nicht, weil das Wort hypómnema („Notiz“) im Lauf der Zeit eine Vielzahl von Bedeutungsnuancen angenommen hat159. Am ehesten kommt das Wort Aide-mémoire in die Nähe dessen, was im verwaltungstechnischen Sprachgebrauch dieser Zeit unter hypómnema verstanden worden ist160. Diese Bedeutung des Wortes schimmert beispielsweise auch dann noch durch, wenn der dioiketés dem oikonómos eine „Dienstanweisung“ zustellen läßt161. Möglicherweise war auch die Abteilung, in der die prostágmata („Anordnungen“) ausgefertigt wurden, ein selbständiges Ressort. Der Titel des Abteilungsleiters, des epí ton prostagmáton („Chef der Abteilung Anordnungen“)162, scheint in diese Richtung zu weisen. Dieser Beamte stand bei der Ausübung seiner Tätigkeit naturgemäß in einem engen Kontakt zum König163.

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86); IG Fay. II 136, Z. 24f. = OGIS II 736, Z. 14f. = SB I 5219, Z. 14f. = SB III 6155, Z. 24f. (69/68); BGU XVIII 1, 2732, Z. 8f. 16f. (erste Hälfte des 1. Jh.); Strab. XVII 797 (1. Jh.); außerdem PP I/VIII 6-12; L. Mooren, Aulic Titulature, 171f. Nr. 0273-0278. 207 Nr. 0382. Anders G. Hölbl, Geschichte, 58. – Sollte der ὑπομνηματογράφος einen höheren Rang eingenommen haben als der (zentrale) διοικητής? Dies nimmt Panagiota Sarischouli, BGU XVIII 1, S. 94f. – aufgrund von BGU XVIII 1, 2744 (22. April 86) und 2750 (21. Juni 86) – an. Vgl. auch E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 78. Ich zweifle. Zu Anordnungen eines ὑπομνηματογράφος an einen σιτολόγος bzw. einen τραπεζίτης – vermutlich Vorgänge, die Ausnahmen dargestellt haben – vgl. BGU XVIII 1, 2749, Z. 5-7; P. Berl. Salm. 2, Z. 4f.; dazu Charikleia Armoni, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 20. Zum ὑπόμνημα vgl. insbesondere E. Bickermann, APF 9, 1930, 155-182; M. Rostovtzeff, P. Tebt. III 1, S. 68-70; F. Montanari, NP V, 1998, 813-815, s. v. Hypomnema. Das griechische Wort ὑπόμνημα entspricht dem demotischen Wort mkmk. Vgl. etwa J. D. Ray, Archive, dem. Text 1, Z. 1; dem. Text 21 recto, Z. 1; dem. Text 26 recto, Z. 1; dem. Text 31 A, Z. 1; außerdem S. 12 (mit weiteren Belegen), dazu N. J. Reich, Mizraim 1, 1933, 65f.; Eve A. E. Reymond, JEA 58, 1972, 255f.; St. Pfeiffer, Dekret, 7548. Vgl. E. Bickermann, APF 9, 1930, 171f. Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 1. 136. 235. 240. 260; außerdem Z. 216f. Vgl. P. Lond. VII 1951, Z. 6f.: τοῦ ἐπὶ τῶν προσταγμάτων; dazu C. C. Edgar, JEA 14, 1928, 291; P. Mich. I, S. 147; E. J. Bickerman, RIDA 2, 1953, 263. Zu den ἐπὶ τῶν προσταγμάτων vgl. außerdem PP I/VIII 13; VIII 13a; 13b. Zu ihren Untergebenen vgl. PP VIII 13c; 13d; 13e. Vgl. [Arist.] 26: Εἰσδοθέντος δὲ τοῦ προστάγματος, ὅπως ἐπαναγνωσθῇ τῷ βασιλεῖ, ... αὐτὸς τοῦτο ὁ βασιλεὺς προσέθηκε ...

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Der epistátes ton katá ten chóran Eine für unser Empfinden rätselhafte Rolle spielte „der Chef der die chóra betreffenden Angelegenheiten“164. Schon der Titel an sich ist nur schwer verständlich. Und seltsam mutet auch die Tatsache an, daß das Amt nach unseren bisherigen Kenntnissen nur mit dem Namen Artemon – 233/32-228/21 – verknüpft gewesen ist 165. Doch nicht nur dieser Titel, sondern auch ein analoger Titel, der auf die Tätigkeitsmerkmale des „Chefs“ hinweisen würde, ist nach Artemon bisher nicht aufgetaucht166. Sicher ist dagegen, daß das Tätigkeitsgebiet des „Chefs“ ganz Ägypten – mit Ausnahme der griechischen Städte – umfaßt hat167 und daß die Tätigkeitsbereiche des „Chefs“ – unter anderem? – die Bereiche staatlicher Getreidetransport und jurisdiktionelle Streitfragen gewesen sind. War der „Chef“ als Generalinspekteur Ägyptens zuständig für alle wichtigen und kritischen Fragen, die der dioiketés gewöhnlich nicht zu bearbeiten hatte168? Und schließlich noch die Frage: War der „Chef“ dem dioiketés untergeordnet? Wenn man berücksichtigt, daß der dioiketés in einem der genannten Dokumente169 den „Chef“ streng tadelt, und daß das Tätigkeitsgebiet und die Tätigkeitsbereiche des dioiketés das Tätigkeitsgebiet und die Tätigkeitsbereiche des „Chefs“ überragt haben, und wenn man weiter in Rechnung stellt, daß ein hoher Kleriker es für angebracht hielt, dem „Chef“ unverblümt sein Mißfallen zu bekunden170, dann könnte man geneigt sein, diese Frage zu bejahen. Doch sicher ist dies nicht. Möglicherweise hatte der „Chef“ nur einen niedrigeren Rang als der dioiketés inne, war ihm aber nicht untergeordnet.

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164 Zum ἐπιστάτης τῶν κατὰ τὴν χώραν vgl. P. Tebt. III 1, 704 (233/32); SB XVIII 13256 (230/29); BGU III 1004 (228/21); P. Petr. II 25 (a); (b); (f); vgl. III 61 (227/26); SB XVI 12551+12552 (227/26); BGU X 1933 (3. Jh.). Vollständig ist der Titel in SB XVIII 13256, Z. 2 und in P. Petr. II 25 (a), Z. 5f. erhalten. 165 Vgl. E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 147-149; außerdem 149-152 (zu den fraglichen Fällen des Antikles [PP I/VIII 1468; V 14054] und des Kydias [P. Stras. VIII 781, Z. 1 bzw. PP I/VIII 274 und P. Hels. I 26 A, Z. 40]). 166 Vgl. E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 152-157. 167 Diese Annahme läßt sich nicht nur aus dem Titel (mit dem Stichwort χώρα) begründen, sondern auch aus der Tatsache, daß der „Chef“ berechtigt gewesen ist, dem οἰκονόμος eines Gaus Anweisungen zu geben. Vgl. SB XVI 12552, Z. 8. 168 Hier entsteht jedoch das Problem, daß nicht nur der „Chef“, sondern auch der διοικητής mit der Aufgabe der ordnungsgemäßen Abwicklung des Getreidetransports betraut gewesen ist. Vgl. etwa E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 150. 169 Vgl. P. Tebt. III 1, 704, Z. 12-25; dazu E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 149. 170 Vgl. SB XVI 12551, Z. 4f.

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Der epistrátegos171 Die Zeit der Großen Revolte (207/6-186) hatte zu erkennen gegeben, daß es sich empfahl, eine starke zentrale Instanz zu schaffen, in der militärische, administrative und jurisdiktionelle Kompetenzen vereinigt waren. Das Ergebnis entsprechender Überlegungen war die Schaffung des Amts des epistrátegos. Der epistrátegos, der wohl in Ptolemaïs residierte, war den (militärischen) strategoí der verschiedenen, in Ägypten stationierten Truppenteile und den (zivilen) strategoí der einzelnen Gaue übergeordnet und besaß außerdem gewisse herausragende richterliche Vollmachten172. Der erste epistrátegos war wohl Komanos (187)173. Ihm folgte – direkt oder indirekt – Hippalos (176-172)174. Später wurde das Amt des epistrátegos vielfach mit dem Amt des „strategós der Thebaïs“ kombiniert175.

Der phritob Etwa seit der Mitte des 2. Jh. begegnet uns in griechischen Papyri ein Funktionär, der den nicht-griechischen Titel phritob trägt176. Er taucht – als ein Beamter, der einem hypodioiketés übergeordnet ist – in Zusammenhängen auf, ___________________________

171 Vgl. W. Huß, Ägypten, 525f. (mit der früheren Literatur, unter der der von H. Bengtson, Strategie III, 121-127, verfaßte Abschnitt, die Arbeit von J. D. Thomas und die Aufsätze von E. Van ’t Dack hervorzuheben sind); außerdem G. Lumbroso, Recherches, 237-239; W. Otto - H. Bengtson, Niedergang, 1-22; A. Aymard, jetzt in: Études, 464f.; L. Mooren, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1217-1219; G. Gorre, Relations, 367. 526; Bärbel Kramer, APF 55, 2009, 324. – Zu den ἐπιστράτηγοι vgl. PP I/VIII 186-202; VIII 186a; 190a; 191a; 194a; 194b; 194c; 200a; 202a. Zu den Untergebenen der ἐπιστράτηγοι vgl. PP I/VIII 203-206; VIII 206a; 206b. – Zu Eingaben an den ἐπιστράτηγος vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 56; außerdem SB XXIV 16134; dazu Ruth Duttenhöfer, in: Festschrift H. Görgemanns, 201. 215; P. Dryton 32; 33; 33bis; 34 (Neueditionen). 172 Zur Justiz des ἐπιστράτηγος vgl. E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 64f.; H. J. Wolff, Justizwesen, 120f. 153f. 16516. 173 Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 82f. Nr. 042; anders R. S. Bagnall - K. A. Worp, P. Col. VIII, S. 77; außerdem W. Huß, Ägypten, 51152 (mit weiterer Literatur). 174 Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 85f. Nr. 043. 175 Zu der Frage, ob es einen ἐπιστράτηγος τῆς Θηβαΐδος gegeben hat, vgl. W. Huß, Ägypten, 525f.13; außerdem L. Mooren, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1217-1219 (mit anderem Urteil). 176 Vgl. UPZ I 51, Z. 18 (161): φεριτ[ό]β; P. Lond. VII 2188, Z. 62 (148): φριτ‹ό›β; P. Cair. Cat. 10361+10362 (= P. Lond. VII, S. 275) (?): φριτόβ; dazu J. Quaegebeur, AncSoc 20, 1989, 159-168; außerdem B. H. Stricker, OMRL N. F. 24, 1943, 30-34 (überholt); T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 289f.; J. Quaegebeur, in: Pharaonic Egypt, 162-172; in: Festschrift G. Fecht, 368-394; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 376; Danielle Inconnu-Bocquillon, REgypt 40, 1989, 65-89; J. Yoyotte, CRAI 1989, 75f.; E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 155-157.

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in denen es einerseits um die Besoldung von „Angestellten“ des memphitischen Sarapieíon ging, um ein Problem, mit dem auch Psintheas, „der Vorsteher der Tempel“ 177 befaßt war 178 , und andererseits um (langwierige) Auseinandersetzungen um Landbesitz (hierá ge), die zwischen den Priestern des Month von Hermonthis und denen der Hathor von Pathyris ausgetragen wurden. Offensichtlich war er mit Aufgaben betraut, die die materiellen Grundlagen des kultischen Personals des ägyptischen Tempels betrafen179. Sein „griechischer“ Titel scheint eine Transkription des ägyptischen Titels p3 ḥry idb („der Oberste des Uferlands“) zu sein180. Als „Oberster des Uferlands“ übte er eine Funktion aus, die mehrere Gaue, ja wahrscheinlich die gesamte chóra umfaßte181. Und als „contrȏleur général des propriétés foncières des temples“182 war er in gewisser Weise ein Kollege des sntj/dioiketés – gegenüber diesem jedoch etwas niedriger eingestuft, da er um die Mitte des 2. Jh. nur den Titel „Mitglied der Klasse der Freunde“ (ton phílon)183, nicht den Titel „Erzleibwächter“ (archisomatophýlax) trug184. ___________________________

177 UPZ I 42, Z. 24f.: τοῦ ἐπιστάτου τῶν ἱερῶν. Vgl. UPZ I 20, Z. 55; 43, Z. 16f. 178 Vgl. UPZ I 51, Z. 21-23. 179 Auf die Frage, warum der φριτοβ nicht häufiger in den Dokumenten auftaucht, antwortet T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 290: „It may of course be due to chance, but it is also possible that the office was a short-lived innovation of Ptolemy Philometor …“ Vielleicht aber gibt es noch eine dritte und eine vierte mögliche Antwort. Könnte es nicht sein, daß irgendwann nach 148 der διοικητής die Aufgaben des φριτοβ mitübernommen hat? Oder könnte es nicht sein, daß es irgendwann nach 148 unüblich geworden ist, den ägyptischen Ausdruck φριτοβ zu gebrauchen, und daß man dazu übergegangen ist, eine griechische Umschreibung des Amts zu verwenden – eine Umschreibung, die wir vielleicht sogar dem Wortlaut nach, aber nicht der Bedeutung nach kennen? 180 Der alte ägyptische Titel ḥry wdb („préposé au virement [des offrandes alimentaires]“) – vgl. Danielle Inconnu-Bocquillon, REgypt 40, 1989, 65. 66. 88 (im Anschluß an D. Meeks) – wurde in ptolemaiischer Zeit in seiner Schreibweise und in seiner Bedeutung dem Titel ḥry idb angeglichen. Vgl. Danielle InconnuBocquillon, REgypt 40, 1989, 67f. 77-81. 88. – Gelegentlich trat der Titel mr 3ḥt („Vorsteher des Ackers“) – in Tempelinschriften der griechisch-römischen Zeit – neben den Titel ḥry idb bzw. ḥry wdb oder ersetzte diesen gar. Vgl. Danielle Inconnu-Bocquillon, REgypt 40, 1989, 82f.; außerdem J. Yoyotte, CRAI 1989, 75f. – Zu der merkwürdigen Notiz FrgHist 618 Chairemon von Alexandreia F 1 – Φριτιβαύτην δὲ ἱερογραμματέα φάναι ... – vgl. P. W. van der Horst, Chaeremon, 505, der zwar zunächst die Meinung vertritt, die Bedeutung des Namens Phritibautes sei ungewiß, der aber dann doch den Titel p3-ḥrj-dbϲwt („the who is in charge of the seals“) als mögliche etymologische Erklärung ins Spiel bringt. 181 Vgl. T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 290; J. Quaegebeur, AncSoc 20, 1989, 167f. 182 J. Quaegebeur, AncSoc 20, 1989, 168. 183 P. Lond. VII 2188, Z. 62. Zur Rangstufe des διοικητής dieser Zeit vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 136-138. 148f. 152. 184 E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 376, umschreibt den Titel φριτοβ – versuchsweise – mit „une sorte de πράκτωρ ou ἐπιστάτης τῶν ἱερῶν de toute l’Égypte“. Ähnlich äußert sich T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 290: „If we ask what

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Der archidikastés185 Der in Alexandreia residierende archidikastés scheint der Chef der Behörde gewesen zu sein, die – unter anderem (?) – für die Auswahl der chrematistaí zuständig war186. Sein Büro dürfte das katalogeíon („Registrierungsamt“) gewesen sein, von dem wir – was die ptolemaiische Zeit angeht – nur eine diffuse Kenntnis besitzen 187 . M. E. reichten die Kompetenzen des archidikastés nicht über Ägypten hinaus188.

Der agorastés189 Der agorastés („Käufer“) hatte eine Aufgabe zu erfüllen, die nur in engem Kontakt mit dem Hof erfüllt werden konnte. Er war für die Bestattung der ausländischen Diplomaten, die während der Erledigung ihres Auftrags in Ägypten gestorben waren, und für die Bestattung der aus dem Ausland stammenden Offiziere, die während ihrer Dienstzeit gestorben waren, verantwortlich. Die ___________________________

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lower positions the Phritob may have controlled, the first which come to mind are the ἐπιστάται τῶν ἱερῶν and their subordinates.” Zum ἀρχιδικαστής vgl. P. Hal. 10, Z. 1 (3. Jh.); außerdem SB XIV 11411 (84); BGU VIII 1772, Z. 9. 42 (61/60); 1756, Z. 12 (59/58); dazu P. Jouguet, Vie municipale, 167-170; Anna Calabi, Aegyptus 32, 1952, 420f. (überholt); H. J. Wolff, Justizwesen, 37. 75. 111; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 96f. 113. 204. 797; IIa, 206f.173; H. J. Wolff, Recht II, 28. 198; Vorlesungen, 45; Andrea Jördens, in: Autonomie und Ordnungsmacht, 153f.; R. Haensch, in: Römische Provinzen, 90. Vgl. H. J. Wolff, Justizwesen, bes. 75. 111; Vorlesungen, 45. Vgl. C. Ord. Ptol. 29, Z. 8 = BGU VI 1211, Z. 8 = SB III 7266, Z. 8 (215-204); BGU VIII 1772, Z. 9. 42 (61/60); 1756, Z. 12 (59/58); dazu G. Zuntz, Hermes 91, 1963, 231; H. J. Wolff, Recht II, 28. 91-95. 198. Anderer Ansicht ist R. S. Bagnall, Administration, 132: „Our inscription [i. e. IG XI 4, 1131] appears to suggest a competence extending over the overseas possessions as well, analogous to that of the dioiketes.” Gegen diese Ansicht spricht u. a. ein anderes inschriftliches Dokument, in dem ein gewisser [Ἀπολ]λοφάνης Ἀναξιπόλιος [Ῥ]ό[δ]ιος φίλος ὢν τοῦ βασι[λέως δ]ικαστηρίου τοῦ ἐ[γ] Καρίαι ἀρχιδικαστής erwähnt ist. Vgl. E. Hula - E. Szanto, Bericht, 12 Nr. 2, Z. 9f. H. J. Wolff, Justizwesen, 11147, bemerkt dazu: „die Beschreibung zeigt, daß der Mann mit dem ptolemäischen Archidikastes außer seiner Zugehörigkeit zur königlichen Verwaltung (φίλος ὢν τοῦ βασι[λέως]) nur den Titel gemein hatte.“ (Ich gehe davon aus, daß unter dem erwähnten βασιλεύς ein ptolemaiischer König zu verstehen ist. Anders anscheinend E. Bikerman, Institutions, 2072.) Zu der Amtsbezeichnung ἀγοραστής vgl. A. C. Merriam, AJA 1, 1885, 32f.; G. Lumbroso, Aegyptus 2, 1921, 33-35; P. M. Fraser, in: T. Rönne - P. M. Fraser, JEA 39, 1953, 87f.7; H. Braunert, JDAI 65-66, 1950-1951, ersch. 1952, 237-240; B. F. Cook, Hadra Vases, 19; H. Braunert, ZPE 8, 1971, 118-122; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIb, 976142. Zum gesamten Komplex der Hadra-Vasen vgl. A. H. Enklaar, Hadra Vases, 2 Bde. (non vidi).

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Diplomaten wurden auf dem „Diplomaten-Friedhof“ von Hadra, die Offiziere auf dem „Offiziers-Friedhof“ von Hadra-am-Meer beigesetzt. Warum dieser Beamte den Titel „Käufer“ erhielt, ist unklar 190 . Namentlich kennen wir fünf agorastaí: Kratides, den Sohn des Apis (243), Philon (242-239), Sarapion (236226), Theodotos (222-213 oder 209) und Herakleides (nach 213 oder nach 209)191. Die Gauverwaltung192 Das „Stahlgerüst“ der Verwaltung Ägyptens bildeten die Gaue (nomoí = qcḥw, gelegentlich auch t3šw)193 – und dies bereits seit Djoser194. Die Amtsträger in der Verwaltung der Gaue sind uns inbesondere durch eine Vielzahl von Papyri bekannt. Über den hierarchischen Aufbau der Beamtenschaft informieren uns die Papyri, die dienstliche Weisungen von übergeordneten Beamten an untergeordnete Beamte enthalten, aber auch die Papyri, die eine Art von „Rundbriefen“ der zentralen oder regionalen Behörden an die in den Gauen tätigen Beamten darstellen195. ___________________________

190 Vielleicht trifft B. F. Cook, Hadra Vases, 19, das Richtige: „If he were an agorastes in the usual sense, he could have been responsible for the purchase of the cinerary urn, and might then have supervised the cremation of the corpse and the burial of the ashes as a simple extension of his normal duties.” Wenn Cook auf den Einwand Frasers eingeht, der der Meinung ist, bei dieser Lösung sei nicht erklärt, warum allein Theodotos sich als ἀγοραστής bezeichnet, so ist dieses Bedenken durch einen neuen Fund zu entkräften: In SEG XXXVIII 1680, Z. 3 ist zu lesen: διὰ Φίλωνος ἀγορασ[τοῦ]. 191 Vgl. H. Braunert, JDAI 65-66, 1950-1951, ersch. 1952, 234-237; B. F. Cook, Hadra Vases, 20-32; W. Huß, Untersuchungen, passim; Ägypten, passim; außerdem SEG LV 1789 (Sarapion); 1784 (Theodotos). 192 Vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 387-392; E. Bevan, House, 139-144; Maria Rosaria Falivene, in: Handbook, 524-532. 193 Zu den hieroglyphischen Bezeichnungen von νομός, τόπος und κώμη vgl. É. Chassinat, BIFAO 1, 1901, 103-107. 194 Auch im Demotischen bezeichnete sowohl das Wort qḥ als auch das Wort tš den νομός. Doch wurden beide Wörter nicht promiscue gebraucht. So waren der Koptites und der Lykonpolites stets jeweils ein qḥ und der Pathyrites und die Limne stets jeweils ein tš. Im übrigen konnten beide Begriffe auch andere administrative oder geographische Einheiten bezeichnen: qḥ etwa die τοπαρχία (die koïtische τοπαρχία innerhalb des Herakleopolites) und tš etwa einen Gauverbund (nämlich die Thebaïs). Vgl. Renate Müller-Wollermann, in: Life, 243f. 195 Der terminus technicus eines solchen „Rundbriefs“ war ἐντολή. Vgl. dazu D. Kaltsas, P. Heid. VIII, S. 244-254. – Zu den ἐντολαί vgl. E. J. Bickerman, RIDA 2, 1953, 251-259; E. G. Turner, P. Hib. II, S. 95f. – Zur Verwendung des Singulars und des Plurals in den „Rundbriefen“ vgl. P. Collomp, in: Atti del IV Congresso Internazionale di Papirologia, 199-207.

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Solche „Rundbriefe“ sind uns in einer relativ beträchtlichen Zahl erhalten196.

Die Beamten Bei den folgenden Listen beschränke ich mich auf die Auswertung der Verlautbarungen offizieller Stellen und berücksichtige nur die Beamten der Gauebene – es sei denn, in diese Listen haben sich zwischen die „Gaubeamten“ „Dorfbeamte“ eingeschlichen. (Allerdings nehme ich auch die Angaben einer énteuxis der Priester des Abaton und von Philai [IG Philae I 19] auf197.) Die Regeln des „Leidener Klammersystems“ wende ich in diesem Zusammenhang ausnahmsweise nicht an. Die Titel, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ergänzt sind, versehe ich mit einem Fragezeichen, die Titel, die mit nur einiger Wahrscheinlichkeit ergänzt sind, setze ich in eckige Klammern. P. Hib. II 198, Col. II, Z. 28f. = C. Ord. Ptol. 3, Z. 14f. (nach 278/77) nomárches topárches komárches basilikós grammateús P. Rev., Col. 37, Z. 2-4 (November/Dezember 263) strategós hippárches hegemón nomárches topárches oikonómos antigrapheús basilikós grammateús

___________________________

196 Vgl. etwa P. Handrock, Weisungen, 1-8; J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 52-56 (mit Rücksicht auf eine Erwähnung eines βασιλικὸς γραμματεύς). 197 Anders U. Wilcken, Grundzüge, 4125.

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P. Petr. II 42 (a), Z. 1f. (nach 250) oikonómos (Mehrzahl, Arsinoïtes) nomárches (Mehrzahl, Arsinoïtes) basilikós grammateús (Mehrzahl, Arsinoïtes) SB XXII 15766, Z. 2-4 (27. November 223 oder 16. November 181) strategós epistátes ton phylakitón katá merída archiphylakítes katá kómen epistátes topárches topogrammateús P. Tebt. III 1, 708, Z. 2-5 (spätes 3. Jh.) nomárches oikonómos basilikós grammateús P. Rain. Cent. 45, Z. 1-7 (197/90) N. N.198 phrúrarchos oikonómos [antigrapheús]199 N. N.200 trapezítes sitológos [nomárches] topárches [komárches] [basilikós grammateús]201 P. Köln VII 313 B, Z. 10-13 (9. Oktober 186) strategós epistátes epimeletés práktor chrematistés oikonómos ___________________________

198 199 200 201

Vgl. J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 55: στρατηγός (?). Anders J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 54f.: βασιλικὸς γραμματεύς. Anders J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 54f.: βασιλικὸς γραμματεύς. Anders J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 54f.: τοπογραμματεύς.

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SB XXII 15767, Z. 3-10 (erste Hälfte des 2. Jh. [?])202 strategós epistátes ton phylakitón epistátes (tu nomú [?]) oikonómos [– – –] UPZ I 110, Z. 141-143 (164) strategós epistátes ton phylakitón oikonómos basilikós grammateús P. Gen. III 132, Z. 1-4 (zweite Hälfte des 2. Jh. [?]) strategós phrúrarchos epistátes ton phylakitón nomárches epí ton prosódon oikonómos basilikós grammateús antigrapheús topárches topogrammateús P. Tebt. I 6, Z. 13-15 = C. Ord. Ptol. 47, Z. 2-4 (zwischen dem 3. und dem 12. Februar 139 [?]) strategós phrúrarchos epistátes ton phylakitón archiphylakítes epimeletés oikonómos basilikós grammateús IG Philae I 19, Z. 5-7 (124-116) strategós epistátes Thebárches basilikós grammateús epistátes phylakitón ___________________________

202 Vgl. dazu W. Clarysse, APF 48, 2002, 101f.

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P. Tebt. I 5, Z. 141f. = C. Ord. Ptol. 53, Z. 141f. (28. April 118) strategós epistátes ton phylakitón archiphylakítes oikonómos P. Genf. II 37, Z. 1f. = Chrest. Wilck. 169, Z. 1f. (nach dem 10. März 108) epistátes archiphylakítes phylakítes basilikós grammateús topogrammateús UPZ I 106, Z. 2-4 = C. Ord. Ptol. 62, Z. 2-4 (15. Oktober 99) strategós phrúrarchos epistátes ton phylakitón archiphylakítes epí ton prosódon basilikós grammateús Gewiß ist aus diesen „Rundbriefen“ 203 und aus verwandten Dokumenten zu einem nicht unbedeutenden Teil die „Ämter-Pyramide“ der Gauverwaltung zu ersehen 204 . Doch dürfen an diese Texte nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden205 – und dies aus mehreren Gründen. Listen der ungefähr gleichen Zeitstellung haben keineswegs immer die gleiche Reihenfolge der Ämter. So steht im 3. Jh. der nomárches teils vor dem oikonómos206, teils nach dem oikonómos207, und so steht im 2. Jh. der oikonómos teils vor dem basilikós grammateús208, teils nach dem basilikós grammateús209. Weiterhin ist die Situationsbedingtheit der Entstehung dieser Urkunden zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Während in manchen Dokumenten wichtige Amtsträger wegfallen können, tauchen in manchen anderen Dokumenten Personen oder Personengruppen auf, die nur ___________________________

203 Ein weiterer „Rundbrief“ liegt in dem unpublizierten P. Mich. Inv. 6959 vor. Vgl. M. Müller, ZPE 105, 1995, 237. 2387. 204 Vgl. auch die παράδειξις von P. Haun. inv. 407, Z. 40-46. 205 Vgl. auch P. Handrock, Weisungen, 1. 4; B. C. McGing, APF 48, 2002, 54f. 206 Vgl. P. Rev., Col. 37, Z. 3f. 207 Vgl. P. Petr. II 42 (a), Z. 1. 208 Vgl. UPZ I 110, Z. 142f.; P. Gen. III 132, Z. 2f.; P. Tebt. I 6, Z. 15 = C. Ord. Ptol. 47, Z. 15. 209 Vgl. BGU III 992, Kol. I, Z. 11 – Kol. II, Z. 2 = Chrest. Wilck. 162, Col. I, Z. 11 – Col. II, Z. 2 (die Quittung einer Einzahlung in den ἴδιος λόγος); P. Tebt. III 1, 793, Col. II, Z. 31f. (eine ἔντευξις).

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bedingt oder gar nicht als „Amtspersonen“ zu bezeichnen sind: etwa die trapezítai 210 , die máchimoi 211 , die presbýteroi ton georgón 212 und die ktenotróphoi213. Außerdem ist die Sorglosigkeit der Adressanten bzw. der Sekretäre in Rechnung zu stellen – beispielsweise, wenn in einem aus der Zentrale stammenden Dokument die práktores vor den oikonómoi erwähnt werden214. Und schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Verschiebungen, die unzweifelhaft in der Geschichte dieser Ämter eingetreten sind, weder aus diesen „Rundbriefen“ noch aus anderen Dokumenten deutlich zu erkennen sind. Der nomárches und der topárches215 Wohl nach der Rückkehr von der Oase Siwa wandte sich Alexandros den Fragen der Gestaltung der Verwaltung Ägyptens zu. An die Spitze der Zivilverwaltung ___________________________

210 Vgl. P. Rain. Cent. 45, Z. 4f. (?); 46, Z. 4; BGU III 992, Kol. II, Z. 1 = Chrest. Wilck. 162, Col. II, Z. 1 (die Quittung einer Einzahlung in den ἴδιος λόγος); P. Grenf. II, 37, Z. 3 = Chrest. Wilck. 169, Z. 3. 211 Vgl. P. Tebt. III 2, 903, Z. 7. 212 Vgl. P. Tebt. I 40, Z. 17f. (eine ἔντευξις); P. Grenf. II 37, Z. 3f. = Chrest. Wilck. 169, Z. 3f. 213 Vgl. P. Tebt. III 2, 903, Z. 8. 214 Vgl. P. Köln VII 313 B, Z. 12f. – Bei der Aufzählung der Reihe der Ämter in P. Hib. II 198, Col. II, Z. 28 f. = C. Ord. Ptol. 3, Z. 14f. wird man allerdings nicht von „Sorglosigkeit“ sprechen können. Zwar erscheinen hier die κωμάρχαι vor den βασιλικοὶ γραμματεῖς, aber nur deswegen, weil der Adressant die hierarchische Kette νομάρχης - τοπάρχης - κωμάρχης zu Ende führen wollte, um erst nach der Erwähnung der κωμάρχαι mit der Erwähnung der βασιλικοὶ γραμματεῖς die Vertreter eines anderen Zweigs der Verwaltung anzusprechen. Ähnlich verfährt der gleiche Adressant (Ptolemaios II.) ja auch in P. Rev., Col. 37, Z. 2-5. 215 Vgl. B. P. Grenfell, P. Rev., S. 133f.; B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 213; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 138f.; U. Wilcken, Grundzüge, 10f.; L. Pietrowicz, Eos 19, 1913, 134-153 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); M. Engers, Mnemosyne N. F. 47, 1919, 146-157; dazu F. Uebel, BO 28, 1971, 331-338, hier 337f.; M. Rostovtzeff, Large Estate, 151-157; E. Ziebarth, RE XVII 1, 1936, 815, s. v. Νομάρχης; E. Kießling, RE VI A 2, 1937, 1716, s. v. Toparches; R. Seider, Beiträge, 15-42; dazu L. Wenger, APF 14, 1941, 234f.; E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 147-161; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 58-61; 73-80; A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, 213-229; H. Bengtson, Strategie III, bes. 20-23. 44-48; J. Handrock, Weisungen, 118; J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 192194; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 272-287; 329-385; Suzanne Héral, CE 65, 1990, 304-320; Maria Rosaria Falivene, AncSoc 22, 1991, 207-214; Suzanne Héral, in: Life, 149-157; W. Clarysse, in: Archeologia e Papiri, 69-76; W. Ameling, NP VIII, 2000, 976f., s. v. Nomarches; außerdem PP I/VIII 391-407; PP VIII 394a; 405a (νομάρχαι); PP I/VIII 550-568; PP VIII 550a; 550b; 553a; 555a; 555b; 556a; dazu W. Clarysse, in: Faces, 161-168; 556b; 557a; 557b; 558a; 560a; 564a; P. Köln XI 440, Z. 3 (τοπάρχαι); PP I/VIII 408-414 (die Untergebenen der νομάρχαι). – Zu den νομάρχαι (des Arsinoïtes) in römischer Zeit vgl. F. Ritter, Nomarchen.

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stellte er zwei einheimische Große, Doloaspis und Petisis, die Arrianos nomárchai („Gauvorsteher“) nennt216. Waren sie in Wirklichkeit dioiketaí217? Jedenfalls sind sie nicht mit den anderen nomárchai, den Vorstehern der etwa 40 Gaue, auf eine Stufe zu stellen, sondern waren diesen nomárchai übergeordnet. Sicher war die Bedeutung dieser nomárchai gegenüber früheren Zeiten beträchtlich reduziert – insbesondere deswegen, weil sie über keine militärische Macht verfügten218. Ihre Aufgabe bestand vor allem darin, für die ordnungsgemäße Abführung von Steuern an Kleomenes von Naukratis, den damaligen Chef der Finanzverwaltung, Sorge zu tragen. In ptolemaiischer Zeit behielten ihre Nachfolger diese Aufgabe bei219. Sie hatten sich überdies in verstärktem Maß um den Ausbau der Landwirtschaft zu kümmern: um die Urbarmachung von landwirtschaftlich nicht genutzten Flächen, um die Instandhaltung und Instandsetzung von Kanälen und Deichen, um die Zuteilung von Saatgut, um die Überwachung der Besitzverhältnisse der landwirtschaftlichen Nutzflächen, außerdem um die Einhaltung der Regeln der Monopolgesetzgebung, insbesondere der Regeln der ÖlMonopolgesetzgebung. Bis zu einem gewissen Grad und innerhalb ihres Tätigkeitsbereichs konnten sie auch auf dem Gebiet der Rechtsprechung tätig werden220. ___________________________

216 Vgl. Arr. anab. III 5,2; dazu W. Huß, Ägypten, 72f. (mit der früheren Literatur); außerdem E. Van ’t Dack, AncSoc 20, 1989, 153. 217 Vgl. J. Yoyotte, CRAI 1989, 81f. 218 Ich halte es allerdings für mehr als zweifelhaft, ob Maria Rosaria Falivene, AncSoc 22, 1991, 211-214, die Aussagen des Diodoros zum Amt der νομάρχαι zu Recht auf die voralexandrische Zeit beschränkt. Diodoros sagt: τὴν δὲ χώραν ἅπασαν εἰς ἓξ καὶ τριάκοντα μέρη διελών, ἃ καλοῦσιν Αἰγύπτιοι νομούς, ἐπέστησεν [sc. ὁ Σεσόωσις] ἅπασι νομάρχας τοὺς ἐπιμελησομένους τῶν τε προσόδων τῶν βασιλικῶν καὶ διοικήσοντας ἅπαντα τὰ κατὰ τὰς ἰδίας μερίδας (I 54,3); τῆς Αἰγύπτου δὲ πάσης εἰς πλείω μέρη διῃρημένης, ὧν ἕκαστον κατὰ τὴν Ἑλληνικὴν διάλεκτον ὀνομάζεται νομός, ἐφ’ ἑκάστῳ τέτακται νομάρχης ὁ τὴν ἁπάντων ἔχων ἐπιμέλειάν τε καὶ φροντίδα (I 73,1). 219 Vgl. etwa Diod. I 73,1: ἐφ’ ἑκάστῳ [sc. νομῷ] τέτακται νομάρχης ὁ τὴν ἁπάντων ἔχων ἐπιμέλειάν τε καὶ φροντίδα; dazu M. Engers, Mnemosyne N. F. 47, 1919, 151156; M. Rostovtzeff, Large Estate, 153-156; außerdem W. Clarysse, in: Archeologia e Papiri, 75 (Fajjum). 220 Nach P. Petr. III 26, Z. 2-5 (in der Lesung von Marie-Thérèse Lenger) kann nur der νομάρχης μετὰ τοῦ στρατηγοῦ – nicht jedoch die τοπάρχαι – in gewissen Fällen Recht sprechen: [τ]ο̣ὺς τοπάρχα̣[̣ς ... ] κρίματα κα̣θήκει εἰς τοὺς φόρους ἢ τὰ[ς] ὠ̣νὰ[ς] ἀλλ’ ἢ τὸν νομάρχην μετὰ τοῦ στρατηγοῦ· ἐὰν δέ τις παρὰ τ̣αῦτα κρίνηι ἢ κριθῆι, ἄκυρα ἔστω. Vgl. M. Engers, Mnemosyne N. F. 47, 1919, 156; E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 108-113; Marie-Thérèse Lenger, in: Studi U. E. Paoli, 459467; R. Taubenschlag, Law, 43; A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, 216; H. Bengtson, Strategie III, 36f. (Zum Inhalt des πρόσταγμα vgl. Marie-Thérèse Lenger, in: Studi U. E. Paoli, 462-467; Marga Jager - Marijke Reinsma, in: Studia papyrologica varia, 114f.)

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Neben den erwähnten Dokumenten beweisen mehrere papyrologische Zeugnisse, daß auch im 3. Jh. einzelne nomárchai an der Spitze der Gaue gestanden sind221. Doch gab es im Arsinoïtes – auch in anderen Gauen222? – neben dem „Gau“-nomárches „Bezirks“-nomárchai223. Die etwa zehn von diesen „Bezirks“nomárchai kontrollierten nomarchíai224 existierten als Verwaltungseinheiten bis in die 30er Jahre des 3. Jh. hinein und wurden dann – im Zuge einer gewissen Vereinheitlichung des Verwaltungssystems der Gaue – von toparchíai abgelöst225. ___________________________

221 Vgl. P. Rev., Col. 41, Z. 16: τῶι προεστηκότι τοῦ νομοῦ νομάρχηι; BGU VI 1229, Z. 3f. (vgl. Z. 17-19): τοῦ παρ’ Ἀπολλ[ωνί]δου νομάρχου τοῦ Ὀξυρυγχίτου νομοῦ; P. Petr. III 75, Z. 3f.: παρ’ Ἀμμων[ίου] νομάρχου τοῦ Ἀρσινοΐτου. Anders A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, bes. 222. – J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 192f., vermutet, daß es (zumindest) in der ersten Hälfte des 3. Jh. in der Thebaïs – vgl. etwa P. Rev., Col. 31, Z. 14 – nur einen einzigen νομάρχης gegeben hat und daß (dementsprechend) die einzelnen Gaue der Thebaïs von τοπάρχαι verwaltet worden sind. 222 Immerhin ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß es nach [Aristot.] oec. II 35, p. 1353a in der Zeit des Kleomenes oder des Satrapen Ptolemaios im Gau von Athribis mehrere νομάρχαι gegeben hat. Wir müssen daher damit rechnen, daß zumindest in dieser Zeit und zumindest in manchen Gauen neben den „Gau“nomárchai „Bezirks“-nomárchai tätig gewesen sind. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 212; W. Huß, Ägypten, 2224. Anders A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, 226. In P. Hib. I 74, Z. 6 ist allerdings nicht τῆς Ζω[ΐλο]υ̣ [νομ]α̣ρχίας, sondern τῆς Ζω[ΐλο]υ̣ [ἱππ]α̣ρχίας zu ergänzen. Vgl. F. Uebel, Kleruchen, 1353. Zoïlos war demnach nicht nicht-arsinoïtischer „Bezirks“-nomárches. Anders H. Bengtson, Strategie III, 17. – Mit R. Seider, Beiträge, 18, aus der Existenz von „Bezirks“-nomárchai auf die Aufhebung des alten Amts der „Gau“-nomárchai zu schließen, geht zu weit. 223 Vgl. W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 58-61; A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, 217-222 (mit anderer Wertung); J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 192-194; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 227; Suzanne Héral, in: Life, 149-157. – Der „Gau“-nomárches (p3 sḥn tš) wurde im Demotischen „korrekt“ vom „Bezirks“-nomárches (p3 sḥn dnj.t) unterschieden. Doch konnte der Titel des „Bezirks“-nomárches auch auf andere Weisen wiedergegeben werden. Bei Aristarchos beispielsweise mit der (an ältere Vorstellungen anknüpfenden) Wendung p3 sḥn p3 ct mḥṱ („der Verwalter des nördlichen Ufers [des Kanals]“). Vgl. dazu Suzanne Héral, CE 65, 1990, 304-320; außerdem Eve A. E. Reymond, P. Ashm. I, S. 14; Renate Müller-Wollermann, in: Life, 245. Bei Psenamunis anscheinend mit der Wendung ḥry m3c („der Vorsteher des Bezirks“). Vgl. P. dem. Dion. 7, Z. 3; dazu K.-Th. Zauzich, Enchoria 17, 1990, 162. – Zu Untergebenen der „Bezirks“-nomárchai (μυριάρουροι und γενηματοφύλακες) vgl. Suzanne Héral, in: Life, 152-154. – Zu den μεριδάρχαι der μερίδες des Arsinoïtes vgl. E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 48f. 224 Vgl. W. Clarysse, in: Archeologia e Papiri, 69-76. Anders W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 73-80: vier νομαρχίαι. 225 Die Tatsache, daß sich in den 30er Jahren die Ämter des „Gau“-nomárches und des τοπάρχης zeitlich überlappt haben, erklärt W. Clarysse, in: Archeologia e Papiri, 76, folgendermaßen: „After all, the two institutions were oriented differently: some

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Nicht in allen Gauen scheint es nomárchai gegeben zu haben – sehen wir einmal davon ab, daß wahrscheinlich für alle Gaue der Thebaïs nur ein einziger nomárches zuständig gewesen ist. In diesen Fällen hatte – aus welchen Gründen auch immer! – ein topárches (sḥn oder sḥn m3c226) („Bezirksvorsteher“) – nicht etwa einer von mehreren topárchai! – das Heft in der Hand227. In Ausnahmefällen konnte auch ein oikonómos (sḥn228) für einen nomárches und/oder einen topárches einspringen229. Die Blütezeit des Amts des nomárches dauerte in ptolemaiischer Zeit kein ganzes Jahrhundert230. Der General (strategós) lief ihm den Rang ab – vermutlich teils mit ausdrücklicher, teils ohne ausdrückliche Rückendeckung der Regierung. Bereits im J. 242 waren die strategoí der Gaue die Chefs der gesamten Verwaltung der Gaue231. Das Nebeneinander der zivilen und der militärischen Gauverwaltung war nun weggefallen. Ptolemaios III. hatte die Verwaltung des Landes um einen weiteren zentralistischen Zug bereichert. In den „Rundbriefen“ des 2. und 1. Jh. erscheinen die nomárchai nicht mehr, ja ihr Amt scheint sogar seit dem 2. Jh. nicht mehr existiert zu haben232. ___________________________

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nomarchs perhaps continued the organisation of the irrigation and distribution of newly gained lands, when the financial and civil administration of the Fayum was already given in the hands of the new regular officials.“ Vgl. K. Sethe, in: K. Sethe - J. Partsch, Demotische Urkunden, 106f. 130f.; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 97. 100f. 104. 109; Suzanne Héral, CE 65, 1990, 314. – Françoise de Cenival, in: Festschrift E. Lüddeckens, 20, übersetzt den in P. dem. Lille 115, Z. 3 erwähnten Titel p3 sḥn p3 dmy nm3y mit „le toparque du ‚Village-neuf’ (Dionysias)“. Zu Recht? Vgl. P. Rev., Col. 41, Z. 16f.: τῶι προεστηκότι τοῦ νομοῦ νομάρχηι ἢ τοπάρχηι; dazu etwa J. D. Thomas, in: Ptolemäisches Ägypten, 193. – Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die LXX die pqdjm von Gen. 41,34 mit τοπάρχαι wiedergegeben haben. Vgl. dazu A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, 227f. Vgl. dazu W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 101-103. Vgl. P. Rev., Col. 42, Z. 5-7: τῶι νομάρχηι καὶ τῶι τοπάρχηι, οὗ δὲ μή εἰσι νομάρχαι ἢ τοπάρχαι, τῶι οἰκονόμωι. Die Frage, ob der Niedergang des Amts des νομάρχης etwas mit der Tatsache zu tun gehabt hat, daß dieses Amt von seinem Ursprung her nicht ein griechischmakedonisches, sondern ein ägyptisches Amt gewesen ist, ist schwer oder gar nicht zu beantworten. Paßte das Amt nicht mehr in die „neue Zeit“? In die neue Zeit, in der die Macht in den Gauen letzten Endes in den Händen der στρατηγοί, der kommandierenden Generale der Besatzungsmacht, lag? Vielleicht. Wenn es so war, konnte die Entwicklung jedenfalls nicht durch den Umstand aufgehalten werden, daß in das ägyptische Amt des νομάρχης immer mehr Griechen bzw. Makedonen eingedrungen sind. Vgl. dazu etwa W. Peremans, Vreemdelingen en Egyptenaren, 30f. (mit dem damaligen Forschungsstand). Vgl. P. Hib. II 198, Z. 233-245; dazu H. Bengtson, Strategie III, 32-35. 295. Vgl. M. Engers, Mnemosyne N. F. 47, 1919, 148-150 (mit gewissen Einschränkungen); H. Bengtson, Strategie III, 43-48.

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Die topárchai („Bezirksvorsteher“) übten ihr Amt normalerweise zunächst unter den nomárchai und dann unter den strategoí bzw. den epistátai (ton nomón) aus233, und zwar in den Bezirken, in die die Gaue unterteilt waren234. Häufig unterschied man – in gut ägyptischer Tradition – zwischen einer „áno toparchía“ („obere toparchía“) und einer „káto toparchía“ („untere toparchía“) eines Gaus. Manchmal gab es mehr als zwei Unterteilungen eines Gaus. Und manchmal scheint ein Gau überhaupt nicht unterteilt gewesen zu sein235. Einen Sonderfall stellte der Arsinoïtes dar, dessen wichtigste Untergliederungen die „merídes“ („Teile“) des Herakleides, des Polemon und des Themistos waren236. Im Herakleopolites gab es meridárchai, die nichts anderes waren als topárchai237. Und schließlich ist natürlich die Tatsache gebührend zu berücksichtigen, daß sich die Verwaltungsstrukturen eines Gaus oder mehrerer benachbarter Gaue im Lauf der Zeit geändert haben, manchmal wohl mehrmals.

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233 Vgl. P. Petr. III 26, Z. 1-4 (3. Jh.); 75, Z. 1-6 (236/35); außerdem P. Rev., Col. 37, Z. 3; 41, Z. 7. 16f.; 42, Z. 5f.; dazu A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, 214-217. 224 (zum Verhältnis νομάρχης - τοπάρχης). 234 Vgl. dazu E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 147-161; in: Ptolemaica, 8-10. 12f. 13-17. – In UPZ II 153, Z. 10f. 22f.; 154, Z. 9f. ist ein gewisser Dorion, ὁ τοπαρχήσας ὑπὸ Στράτωνα τὸν Περὶ Θήβας (τόπον) erwähnt (vor dem 20. März 255). Vgl. dazu A. Pelletier - A. Malinine, REG 58, 1945, 184-195 u. T. I; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 276; 354. Ob der Περὶ Θήβας τόπος in mehrere τοπαρχίαι unterteilt war, ist allerdings fraglich. Anders E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 10. – Zur vielfältigen Bedeutung des Begriffs τόπος/τόποι vgl. H. Kortenbeutel, RE VI A 2, 1937, 1723, s. v. Τόπος; E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 148. – Strabon (XVII 787) behauptet: εἰς τοπαρχίας οἱ πλεῖστοι [sc. νομοί] διῄρηντο. Doch läßt sich seine Behauptung mit Hilfe papyrologischer oder epigraphischer Dokumente weder verifizieren noch falsifizieren. – Eine andere Behauptung jedoch scheint zutreffend zu sein: Manche τοπαρχίαι waren – verwaltungstechnisch gesehen – nicht in κῶμαι („Dörfer“) unterteilt. Vgl. E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 158; in: Ptolemaica, 17-20. – Im übrigen ist noch anzufügen, daß ein τοπάρχης über mehrere τοπαρχίαι „herrschen“ konnte. Vgl. etwa Maria Rosaria Falivene, in: Handbook, 527. 235 Zu SEG XLVI 2120, Z. 8-11; LII 1774, Z. 8-11 (22. August/20. September 257, Bir Ilyan) – Ῥόδων Λυσιμάχου Πτολεμαιεὺς τοπαρχῶν το┌ὺ┐ς τρεῖς [νομούς] – vgl. R. S. Bagnall, in: R. S. Bagnall u. a., CE 71, 1996, 323: „we gain little sense of the possible range implied by the use of the verb“. 236 Zu den verschiedenen Bedeutungsebenen von μερίς vgl. E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 155, und denen von dnj.t vgl. Suzanne Héral, CE 65, 1990, 308-313. 237 Vgl. E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 155; außerdem Maria Rosaria Falivene, in: Handbook, 528f.

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Der strategós und der hypostrátegos238 In allen „Rundbriefen“ stehen die strategoí an der Spitze der Funktionäre, die in einem Gau das Sagen haben. Bis in die Zeit Ptolemaios’ II. hinein waren die strategoí die militärischen Befehlshaber der makedonisch-griechischen und der fremden Truppen, die in den Gauen stationiert waren239. „Natürlich“ waren diese

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238 Zum στρατηγός vgl. G. Lumbroso, Recherches, 240-246. 260-263; Bilabel, RE IV A 1, 1931, 184-252, hier 184-242, s. v. Strategos 3 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); H. Henne, Liste, XIX-XXII. *1-*71. 1-42 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); G. Mussies, in: Studia papyrologica varia, 15-29 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); H. Bengtson, Strategie III, 14-91 bzw. 120. 207-228 bzw. 241; P. Handrock, Weisungen, 20-36. 50-81; W. Ameling, NP XI, 2001, 1039f., s. v. Strategos II; außerdem PP I/VIII 207-355; PP VIII 209a; 210a; 223a; 223b; 224a; 227a; 229a; 235a; 236a; 237a; 247a; 250a; 255a; 259a; 260a; 266a; 267a; 273a; 274a; 287a; 292a; 292b; 292c; 300a; 300b; 301a; 301b; 301c; 301d; 301e; 302a; 313a, 317a; 318a; 329a; 333a; 335a; 342a; 344a; 345a; 347a; 352a; 354a; 355a; zu Kydias (PP I/VIII 274) vgl. nunmehr P. Hamb. I 91, Z. 1; P. Hels. I 26 A, Z. 40; P. Heid. IX 422, Z. 35. 38; 423, Z. 23; 424, Z. 7; 430, Z. 4; 436, Z. 3; P. Phrur. Diosk. 13, Z. 7 (?); zu Hierax (PP I/VIII 301) vgl. auch D. Devauchelle - Ghislaine Widmer, in: Recueil d’études D. Meeks I, 83-98; G. Gorre, Relations, 35-38 Nr. 9; zu den Untergebenen der στρατηγοί vgl. PP I/VIII 356-373. Zu Gau-Strategoi verschiedener Zeiten und Gaue vgl. H. Kees, NAWG 1944, 172176 (Tanites); F. X. Rösch, Rechtsschutzbitten; J. E. G. Whitehorne, ZPE 29, 1978, 167f. (Oxyrhynchites); Linda M. Ricketts, Administration, 139-142 (Zeit Ptolemaios’ XII. - Ptolemaios’ XIV.); Lucia Criscuolo, AncSoc 22, 1991, 229-234 (Herakleopolites, 61/60-47); Panagiota Sarischouli, BGU XVIII 1, S. 26-28 (ὑποστράτηγοι im Herakleopolites). Zu den in ägyptischen Texten erwähnten Gau-Strategoi vgl. W. Spiegelberg, ZÄS 57, 1922, 88-92; dazu H. Bengtson, Strategie III, 87-91; außerdem D. Devauchelle Ghislaine Widmer, in: Recueil d’études D. Meeks I, 83-98. Im übrigen weise ich darauf hin, daß A. Farid, Fünf demotische Stelen, 290-303, 22 στρατηγοί erwähnt, die demotische Inschriften hinterlassen haben (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit). Im Demotischen erhielt der στρατηγός die Bezeichnung mr mšc („Führer des Heeres“) bzw. mr mšc wr („großer Führer des Heeres“). Vgl. W. Huß, König und Priester, 8755 (mit der früheren Literatur); G. Gorre, Relations, 455f. 465. 466. – Am Rande sei vermerkt, daß F. Ll. Griffith, P. dem. Ryl. III, S. 2346, in λεμεισα – vgl. P. Tebt. I 122, Z. 1 (1. Jh.); P. Yale 902+906, Z. 53 (= Elizabeth H. Gilliam, YClS 10, 1947, 217, Z. 53) (römische Zeit) – die griechische Transliteration von mr mšc sieht: „title of military or police official“. Vgl. außerdem A. Monson, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 195; Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 146f. 239 Vgl. P. Rev., Col. 37, Z. 2 (November/Dezember 263). Vielleicht müssen die Truppen, die in den Grenzfestungen Pelusion und Elephantine gelegen sind, hier außer Betracht bleiben.

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Chefs240 ausnahmslos Makedonen oder Griechen. Sie hatten – an sich – mit der zivilen Verwaltung der Gaue nichts zu tun241. Spätestens in den ersten Jahren der Regierungszeit Ptolemaios’ III. änderte sich die Situation242. Nunmehr hatte „der in jedem Gau tätige strategós – zusammen mit dem nomárches – die Entscheidungen zu überprüfen, wie es im diágramma ausgeführt ist“243. In einem späteren próstagma ordnete der König an, daß alle, die in der chóra lebten, ihre Liegenschaften „bei den strategoí, die in den Gauen vom König eingesetzt waren, oder bei deren Untergebenen deklarieren sollten“244. Der Gau-Strategos war geboren245. Er sollte viele Jahrhunderte am Leben bleiben246. Der strategós hatte seinen Siegeszug bereits in der Zeit Ptolemaios’ II. begonnen, und zwar anscheinend insbesondere auf dem Gebiet der Jurisdiktion247. In ___________________________

240 Zu den verschiedenen Bedeutungsebenen des militärischen Begriffs στρατηγός vgl. H. Bengtson, Strategie III, 25f. Auch im Demotischen bezeichnet der Titel mr mšc nicht nur den „Chef“, sondern auch Untergebene des „Chefs“. Vgl. Ph. Collombert, CE 75, 2000, 52f. – Zur Situation im Arsinoïtes vgl. O. Guéraud, P. Enteux., S. LXXXVII-XCII; H. Bengtson, Strategie III, 29-32; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 368. 241 Gewisse richterliche Kompetenzen zivilrechtlicher Art hatten jedoch bereits diese στρατηγοί, wenn es um Belange von Angehörigen der ihnen unterstellten Truppen ging. Vgl. P. Col. III 54, Z. 56-58 (16. Juni - 15. Juli 250); dazu H. Bengtson, Strategie III, 28. 242 Vgl. P. Hib. II 198, Z. 233-245 (April/Mai 242); dazu E. G. Turner, P. Hib. II, S. 109; H. Bengtson, Strategie III, 295. Bedenken äußert H. J. Wolff, Justizwesen, 597. 243 P. Hib. II 198, Z. 241-243: τ̣ὰ[ς] κρίσεις ὡς ἐν τῶι διαγματ̣ι̣ [– – – γέ]γραπται ἐπισκοπεῖν τὸν ἐν ἑκάστ[ωι νομῶι στρατη]γὸν μετὰ τοῦ νομάρχου … 244 P. Col. IV 120, Z. 9-12: [… πρός] τε τοὺς στρατηγοὺς το̣[̣ὺς ἐν τοῖς νομοῖς ὑπὸ τοῦ] βασιλέως καθεσταμέν[ους ἢ τοὺς τούτων ὑπηρέ]τας … (228); dazu H. Bengtson, Strategie III, 32-35. 245 H. Bengtson, Strategie III, 33f., äußert folgende Vermutung: „Die Entwicklung wird vielleicht so verlaufen sein, daß man den im Arsinoïtes existierenden militärischen ‚Oberstrategen’ zum Chef der gesamten Gauverwaltung gemacht und dies dann auf die übrigen Gaue in analoger Weise übertragen hat.“ 246 Bemerkenswert ist die Tatsache, daß auch in „pharaonischer“ Zeit aus dem militärischen Titel ḥ3tj-c („Kommandant“) ein ziviler Titel („Bürgermeister“) geworden ist. Vgl. W. Helck, LÄ I, 1975, 875-880, hier 875f., s. v. Bürgermeister. 247 Vgl. P. Col. III 54, Z. 56: περὶ γὰρ τῶν τ̣[̣ο]ιούτω̣ν ἐπεὶ κριτήριον οὐ[χ] ὑπάρχει ἐν τῶι Ἀρσινοΐτηι, ὑπολαμβάνω κρινεῖν τὸν στρατηγόν (16. Juni - 15. Juli 250); außerdem P. Petr. III 26, Z. 2-5; dazu H. Bengtson, Strategie III, 35-37. – Die ἐντεύξεις, die etwa in der zweiten Hälfte des 3. Jh. formaliter an den König, realiter an die στρατηγοί gerichtet wurden, zielten jedoch nicht auf richterliche Urteile ab, sondern auf exekutive Maßnahmen. Vgl. F. X. Rösch, Rechtsschutzbitten; außerdem Georgina Robinson - H. Harrauer, Aegyptus 66, 1986, 101-104 (zu SB XVIII 13119); G. Schwendner - P. J. Sijpesteijn, AncSoc 25, 1994, 141-149 (zu SB XXII 15237); A. Martin - G. Nachtergael, CE 74, 1999, 301-305 (zu SB XXVI 16610); P. Schubert, P. Louvre II, S. 26f. (zu P. Louvre II 96 [?]). – Zu den unmittelbar an die

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zunehmendem Maß drang er dann in die Kompetenzen des nomárches und des oikonómos ein. Und etwa um die Wende vom 3. zum 2. Jh. gab es im Gau keinen Funktionär mehr, der dem Gau-Strategos nicht untergeordnet gewesen wäre248. Er war nun nicht nur der Befehlshaber der in seinem Gau bzw. in seinen Gauen stationierten Truppen249 und der Chef der in seinem Gau bzw. in seinen Gauen eingesetzten Polizeikräfte, sondern auch der höchste Beamte der gesamten Zivilund Finanzverwaltung seines Gaus bzw. seiner Gaue250, außerdem zuständig für die Überwachung der Vorgänge, die sich in den Tempeln, die in seinem Gau bzw. in seinen Gauen lagen, abspielten251. Überdies war er auf bestimmten Gebieten als Richter bei Verfahren vor dem königlichen Gericht der chrematistaí und vor den Eigengerichten des dikastérion, des koinodíkion und der laokrítai tätig252. Diese Tätigkeiten betrafen die Durchführung des Vorverfahrens, die Ladung, die Gewährung eines vorläufigen Rechtsschutzes und die Zwangsvollstreckung. Die ständig wachsende Bedeutung des Amts des Gau-Strategos zeigt sich auch in den Hofrangtiteln, die den Amtsinhabern etwa seit dem Beginn des 2. Jh. verliehen worden sind 253 . Waren beispielsweise die strategoí des Arsinoïtes zunächst „Erzleibwächter“, stiegen sie im J. 144/43 zu den „Mitgliedern der Klasse der mit den ersten Freunden Gleichgeehrten“, im J. 143 zu den „Mitgliedern der ___________________________

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στρατηγοί gerichteten Petitionen vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 56-59; Ruth Duttenhöfer, P. Heid. VI, S. 135 (zu SB XXIV 15938); J. Hengstl, in: Symposion 1995, 27241. 258f.; Ruth Duttenhöfer, APF 42, 1996, 36 (zu SB XXIV 15938); P. Lips. II, S. 44-47 (zu P. Lips. II 125); Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 235-258 (zu P. Dryton 33; 33bis); P. Brosch, P. Köln X, S. 136-141 (zu P. Köln X 413); G. Bastianini, PSI XV, S. 207-209 (?) (zu PSI XV 1512); D. Devauchelle Ghislaine Widmer, in: Recueil d’études D. Meeks I, 83-98 (zu O. dem. Ifao Edfou D 632); außerdem SB XXII 15559; XXIV 16285; 16295. Als einem hohen und vielbeschäftigten Beamten standen dem Gau-Strategos natürlich stellvertretende bzw. unterstellte Beamte und eine größere Anzahl von anderen Untergebenen zu Gebote. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 59-67. – Zu den in später Zeit auftretenden ὑποστράτηγοι vgl. H. Bengtson, Strategie III, 62-64; L. Mooren, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1219-1221; außerdem PP I/VIII 544-549; VIII 546a. H. Bengtson, Strategie III, 71-73, vermutet, daß der Gau-Strategos im 2. und im 1. Jh. nur für die Versorgung der Truppen zuständig gewesen ist und nicht deren militärische Führung innegehabt hat. Wer aber sollte dann als Befehlshaber der in den Gauen liegenden Einheiten fungiert haben? Allein der ἐπιστράτηγος? L. Mooren, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1222-1224, läßt die Frage offen. Vgl. außerdem J. F. Oates, in: Life, 257. Sehen wir hier von den σιτολόγοι und den τραπεζῖται der Gaue ab! Vgl. etwa G. Gorre, Relations, 601. Vgl. E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 65-78; in: Mélanges Maspero II, 1-8; außerdem Claire Préaux, CE 11, 1936, 165-169. Vgl. T. C. Skeat, Mizraim 2, 1936, 30-35; H. Henne, REA 42, 1940, 172-186; H. Bengtson, Strategie III, 52-56; L. Mooren, Aulic Titulature, 88 Nr. 048 - 134 Nr. 0155; Hiérarchie, 74-134.

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Klasse der ersten Freunde“, nach dem J. 125/24 zu den „Mitgliedern der Klasse der mit den Verwandten Mitgeehrten“ und vor dem J. 120 zu den „Verwandten“ auf254. Die strategoí der anderen Gaue folgten in einem gewissen Abstand. Seit dem J. 120 etwa hatten jedoch alle Gau-Strategoi die höchste Rangklasse der „Verwandten“ erreicht. Allerdings ist nicht zu übersehen, daß sie – spätestens seit dem 2. Jh. – einem anderen Beamten unterstellt worden sind: dem in Alexandreia residierenden dioiketés255. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn ein strategós, der sein Amt wohl während der Regierungszeit Ptolemaios’ XI. Neos’ Dionysos’ ausübte, bei seinem Dienstantritt Opfer und Libationen nicht nur für den König, sondern auch für den dioiketés dargebracht hat256. Der epistátes tu nomú257 Da der Begriff epistátes für Funktionäre verschiedener Bereiche verwendet worden ist258, entstehen bei der Zuordnung des Begriffs zu einem bestimmten Funktionärstyp gelegentlich interpretatorische Schwierigkeiten. Bereits an dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, daß heute Einigkeit darüber besteht, daß der epistátes tu nomú („Gauchef“) nicht mit dem epistátes ton phylakitón („Polizeichef“) gleichgesetzt werden darf259. ___________________________

254 Vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 97-108. 255 Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 56-59. 256 Vgl. BGU VIII 1768, Z. 9f.: θυ[[ν]]σίας τε καὶ σπονδὰς ὑπέρ τε τοῦ κυρίου βασ(ιλέως) καὶ σ̣ο̣ῦ̣ ποιησάμ̣[ενος]. 257 Zum ἐπιστάτης τοῦ νομοῦ vgl. G. Lumbroso, Recherches, 252-256; H. Bengtson, Strategie III, 115f.3; J. D. Thomas, Epistrategos I, 132-136; L. Mooren, Hiérarchie, 121-126; A. H. El Mosallamy, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 817f.; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, bes. 270; 322-324; 350-360. 367-371; außerdem PP I/VIII 374-389; VIII 375a; 375b; 382a; 383a; 385a; 386a; PP I 390 (zu einem Untergebenen eines ἐπιστάτης τοῦ νομοῦ); SB XVI 12813, Z. 10. 11; XXII 15767, Z. 5; P. Hamb. I 91, Z. 28f.; dazu W. Clarysse, APF 48, 2002, 106. – In SB I 4638, Z. 19 (135) ist ein ὑπεπιστατήσας (im Dativ) und in P. Batav. 4, Col. II, Z. 14f. (126) ein ὑπεπιστάτης τῆς Παθύρεως erwähnt. Doch handelt es sich im einen Fall nicht um einen ehemaligen stellvertretenden ἐπιστάτης τοῦ νομοῦ und im anderen Fall nicht um einen derzeitigen stellvertretenden ἐπιστάτης τοῦ νομοῦ, sondern um Funktionäre, die auf Dorfebene tätig gewesen sind bzw. sind. Vgl. dazu Katelijn Vandorpe, ZPE 73, 1988, 51f. 258 Vgl. E. Seidl, Ptolemäische Rechtsgeschichte, 80-82. 259 Vgl. P. Köln VII 313 A, Z. 2. 26; B, Z. 11; SB XXII 15767, Z. 4f.; P. Lond. VII 2188, Z. 221f.; IG Philae I 19, Z. 23-25 = OGIS I 139, Z. 5-7; dazu H. Bengtson, Strategie III, 1153; P. Handrock, Weisungen, 82; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 368f. (mit weiterer Literatur); außerdem U. Wilcken, Grundzüge, 412 (mit anderer Ansicht).

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

In den ersten Jahrzehnten des 2. Jh. 260 tauchen in den uns zur Verfügung stehenden Dokumenten epistátai als „Gauchefs“ auf, jedoch nur in der Thebaïs 261 . Sie „vertreten“ die Stelle der strategoí in den Gauen, die keinen ___________________________

260 Genaueres läßt sich nicht sagen. Wenn L. Mooren, Hiérarchie, 122, vermutet, daß die ἐπιστάται erst kurze Zeit vor 153 oder 142 einen höfischen Ehrentitel erhalten haben, so beweist diese Vermutung für den Zeitpunkt der Einführung des neuen Amts nichts. Mahnen doch bereits folgende Fälle – sehen wir einmal vom Fall des Abietes ab (O. Mus. Hist. nat. Lyon inv. 807 + O. Ashm. Shelt. 42, Z. 1f. [= G. Gorre, CE 85, 2010, 231f., Z. 1f.])! – zur Vorsicht! Der eine Fall: Ein „ἐπιστάτης [rmt ntj ┌šn┐] des Distrikts [tš] von Pathyris“ – ein Titel, der in einem Schriftstück begegnet, das am 18. Februar 198 geschrieben worden ist. Vgl. P. dem. Hincks 2 (= P. W. Pestman, Recueil I, Nr. 8 A, Z. 9; 8 B, Z. 11); dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 382f. Der andere Fall: [Πεχύτ]ηι τῶ[ι ἐν τῶ]ι Παθυρ[ίτηι] – ein Zeugnis, das aus dem Jahr 181 stammt. Vgl. P. Grenf. I 11, Col. 1, Z. 8; dazu E. von Druffel, Philologus N. F. 26, 1913, 197. Anders H. J. Wolff, Justizwesen, 12125. 261 Vgl. – soweit möglich, in chronologischer Reihenfolge – O. Mus. Hist. nat. Lyon inv. 807 + O. Ashm. Shelt. 42, Z. 1f. (= G. Gorre, CE 85, 2010, 231f., Z. 1f.): [τοῦ] Περὶ Θήβας; PSI VII 815, Z. 2: το̣ῦ̣ Ἀφροδιτοπολίτου (?); P. Giss. I 108, Z. 11: τοῦ ν[ο]μοῦ; UPZ II 185, Kol. I, Z. 2: τοῦ Παθυρίτ[ο]υ; 160, Z. 2: Περὶ Θή(βας); 161, Kol. I, Z. 8: τοῦ Περὶ Θήβας; 194, Z. 2: [τοῦ Περὶ Θήβας]; 195, Z. 2: [τοῦ Περὶ Θήβας]; 162, Kol. I, Z. 3: τοῦ Περὶ Θήβας; 189, Z. 2: τοῦ Παθυρίτου; P. Ross. Georg. II 10, Z. 6f.: τοῦ Εἰλι[θυο]πολίτου; dazu J. D. Thomas, Epistrategos I, 135. – Da jedoch die „Gauchefs“ im 2. Jh. nicht nur den Titel ἐπιστάτης tragen, sondern ihre Ämter auch mit den Wendungen ὁ ἐν τῶι ..., ὀ ἐπὶ τοῦ ... und ὁ πρὸς τῆι στρατηγίαι τοῦ ... umschreiben, sind beispielsweise auch [Pechyt]es (PP I/VIII 384), Ammonios (L. Mooren, Aulic Titulature, 123 Nr. 0130), Ammonios (L. Mooren, Aulic Titulature, 123f. Nr. 0134), Nestor (SEG XXVIII 1484, Z. 8-12) und Marsyas (P. TCD 301; vgl. B. C. McGing, APF 50, 2004, 122) als ἐπιστάται zu betrachten. Vgl. dazu W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 18; L. Mooren, AncSoc 3, 1972, 13019; J. D. Thomas, Epistrategos I, 132-134; L. Mooren, Hiérarchie, 122; CE 75, 1980, 262-270; E. Van’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 307; 360. – Zu umstrittenen Fällen vgl. E. Van’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 276; 354 (Straton); 291; 358 (Menandros); 300 (Hermias); 314-316. 319f. 323; 351. 360 (Timarchos). – E. Van’t Dack, in: Ptolemaica, 47, L. Mooren, Aulic Titulature, 134 Nr. 0156; 134 Nr. 0157; Hiérarchie, 121, und nochmals E. Van’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 367. 370f., sind der Ansicht, daß es das Amt des ἐπιστάτης auch außerhalb der Thebaïs gegeben hat. Doch scheint mir einerseits das Amt, das Demetrios (134 Nr. 0156) und Ameinias (134 Nr. 0157) ausgeübt haben, nicht das Amt eines ἐπιστάτης der μερίς des Polemon gewesen zu sein, und dürfte andererseits der ἐπιστάτης des oxyrhynchitischen Gaus, von dem in BGU VI 1242, Z. 5 (3./2. Jh.) die Rede ist, nicht mit den ἐπιστάται der Thebaïs auf eine Stufe zu stellen sein. Sollte allein Onesandros (zweite Hälfte des 3. Jh.) – vgl. P. Köln III 140, Z. 1-3: Ὀνησάνδ[ρωι] ἐ̣[πι]στάτηι τῆς̣ [Θ]εμί̣στου μερίδος – eine Ausnahme darstellen? Ich zweifle. Anders D. Hagedorn, P. Köln III, S. 72f. Ich gestehe allerdings, daß der Fall des Θέων, des ἐπ(ιστάτης) (im Dativ) von SB XXII 15767, Z. 5 (erste Hälfte des 2. Jh.), meiner Auffassung einige Schwierigkeiten bereitet. Theon wird in diesem Schreiben nach Dexilaos, dem στρα(τηγὸς) Μέμφεως (sic!), der zugleich das Amt

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eigenen strategós haben262, sind jedoch dem strategós der Thebaïs unterstellt263. Im Gegensatz zu den strategoí (der alten Art), die verschiedentlich mehrere Gaue verwaltet haben, stehen die epistátai jeweils an der Spitze eines einzigen Gaus264. Frühestens seit dem Ende des 1. Jh. – zwischen 110 und 78 (?)265 – übernehmen sie den angeseheneren Titel strategós266. In den demotischen Texten267 werden sie sowohl als epistátai als auch als strategoí bezeichnet268. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die meisten epistátai bzw. strategoí (der neuen Art) zugleich ___________________________

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des ἐπ(ιστάτης) τῶν φυ(λακιτῶν) innehatte, an zweiter Stelle genannt. Theon war also weder „Gauchef“ noch „Polizeichef“. Doch welche Funktion hatte er dann? Ich weiß es nicht. (An einen ἐπιστάτης τῶν ἱερῶν wird man nicht denken dürfen.) Zu Dioskurides, τεταγμένωι ἐν τῆι Θεμίστου μερίδι (P. Enteux. 73, Z. 10; außerdem 25, Z. 4; 95, Z. 9), vgl. O. Guéraud, P. Enteux., S. XLV. 179. (Das Datum des Vermerks ist der 28. Januar 222.) – Zur Verwendung des Begriffs ἐπιστάτης äußert sich J. D. Thomas, Epistrategos I, 1324, folgendermaßen: „Possibly the title is a survival peculiar to the Thebaid from a time before civil nome strategoi were created, when officials in charge of single nomes in the rest of Egypt may have been epistatai, cf. the epistates of the Libyan nome attested in the text published by Fraser, BSAA XLI (1956) 49ff. = SB 10040 (283-78)”. (Daß der ἐπιστάτης τῆς Λιβύης der genannten Inschrift – vgl. IG Alex. ptol. 5, Z. 4f. – „epistates of the Libyan nome“ gewesen ist, ist allerdings sehr fraglich. Vgl. R. S. Bagnall, jetzt in: Hellenistic and Roman Egypt, VII 198-201.) Vgl. G. A. Gerhard, in: G. A. Gerhard - O. Gradenwitz, Philologus N. F. 17, 1904, 553; W. Otto, RE VIII 1, 1912, 463f., hier 463, s. v. Herakleides 29; P. Handrock, Weisungen, 82f.; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 369f. (mit weiterer Literatur); anders etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 139f. 387f.; H. Bengtson, Strategie III, 115f.3; H. J. Wolff, Justizwesen, 176. Vgl. P. Handrock, Weisungen, 83f. Vgl. E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 322. Vgl. J. D. Thomas, Epistrategos I, 135. Vgl. L. Mooren, AncSoc 3, 1972, 13019; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 260. 261. 270; 307; 323f.; 350-360; außerdem Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 249. Gewöhnlich wird der Titel ἐπιστάτης – wie die meisten Titel, die eine administrative Funktion bezeichnen – im Demotischen nicht translitteriert, sondern übersetzt: „usually … by ntj šn, ‚he who investigates’“: W. Clarysse, in: Aspects, 13. Vgl. etwa P. Recueil I 8 A, Z. 9; B, Z. 2. 11. Doch begegnen auch Fälle von Translitterationen des Titels. Vgl. W. Clarysse, in: Aspects, 24 Nr. 29. – Sollte in p3 ḥrἰ p3ἰ tš von P. dem. Petrie Mus. U. C. 31906, Z. x+1 u. ö. – vgl. H. S. Smith - W. J. Tait, Enchoria 12, 1984, 44 u. T. 4 – ein ἐπιστάτης τοῦ νομοῦ gesehen werden dürfen? Vgl. auch P. dem. Meermanno - Westreenianum 44, Z. 2 – vgl. S. P. Vleeming, in: Festschrift E. Lüddeckens, 260f., Z. 2 u. T. 36, Z. 2 –, ein Text, der allerdings in eine sehr frühe Zeit datiert wird. Anders Renate Müller-Wollermann, in: Life, 247: „Welcher griechische Titel ihm [d. h. dem ḥry tš] entspricht, muß dahingestellt bleiben.“ Vgl. etwa Paniskos/Peteminis (L. Mooren, Aulic Titulature, 123 Nr. 0132); Ptolemaios (L. Mooren, Aulic Titulature, 124 Nr. 0135); Apollodoros (L. Mooren, Aulic Titulature, 124 Nr. 0136); dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 360.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

aktive Offiziere gewesen sind269. Vermutlich sind sie gewöhnlich aus relativ hohen militärischen Positionen in das Amt von „Gauchefs“ aufgestiegen270. Der oikonómos271 Wenn auch die Ägypter den Funktionär, den die Griechen als oikonómos bezeichneten, gelegentlich mit dem Wort sḥn in ihre Sprache übersetzten272, so begnügten sie sich doch meist mit einer Transkription des griechischen Worts273. Dies deutet darauf hin, daß das Amt nicht ägyptische, sondern griechische Wurzeln hatte. Bereits Ptolemaios I. hatte das Amt, das für die Ausschöpfung der finanziellen Ressourcen des Landes und des Reichs von hoher Bedeutung werden sollte, als Gau-Amt und als Provinz-Amt geschaffen274. Vermutlich Ptole___________________________

269 Vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 121f.; CE 55, 1980, 265f. 270 U. Wilcken, UPZ II, S. 57, und H. J. Wolff, Justizwesen, 16310. 176, nehmen – wohl zu Unrecht – an, daß der „Gauchef“ keine Strafgewalt besessen hat. Vgl. dazu auch L. Mooren, CE 55, 1980, 265f. 271 Zum οἰκονόμος vgl. G. Lumbroso, Recherches, 342f.; H. Maspero, Finances, 186193; P. Landvogt, Epigraphische Untersuchungen, 50-59; U. Wilcken, Grundzüge, 150f.; A. Steiner, Fiskus I, 10-50; E. Ziebarth, RE XVII 2, 1937, 2118f., s. v. Oikonomos; H. Bengtson, Strategie III, 25f. 27. 43-45. 75f. 80f. 94f.; P. Handrock, Weisungen, 113f. 118f.; W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 36f. 41; K. Maresch, P. Köln VI, S. 161f.; Sitta von Reden, Money, bes. 268-273. Vgl. auch PP I/VIII 1002-1097; VIII 1016a; 1019a; 1020a; 1020b; 1025a; 1025b; 1027a; 1028a; 1030a; 1036a; 1040a; 1040b; 1040c; 1040d; 1041a; 1041b; 1044a; 1048a; 1048b; 1052a; 1056a; 1057a; 1059a; 1063a; 1064a; 1081a; 1081b; 1085a; 1086a; 1089a; 1089b; 1094a; außerdem W. Permans - E Van’t Dack, Prosopographica, 98. 104; Charikleia Armoni - K. Maresch, P. Köln XI, S. 155 (zu P. Köln XI 448, Z. 2. 5) (Theon); K. Maresch Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 181 (zu P. Köln XI 454, Z. 23; P. Hels. I 30, Z. 1; 31, Z. 1; 32, Z. 2) (Straton); W. Clarysse, in: Graeco-Roman Fayum, 67 (zu P. Vindob. Barb. s. n. [bis]) (Asklepiades); M. Depauw, ZPE 171, 2009, 205 (zu P. dem. Macquarie University 332, Z. 10f.) (Poseidonios). Zu den Untergebenen der οἰκονόμοι vgl. PP I/VIII 1098-1121; VIII 1102a; 1102b; 1104a; 1110a; 1111a; 1114a; 1116a; dazu A. Steiner, Fiskus I, 38-42; A. Farah, BACPSI 4, 1987, 98-105. – Zu Eingaben an den οἰκονόμος vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 61f.; außerdem etwa SB XXII 15206; P. Hels. I 31. – Zum seleukidischen οἰκονόμος vgl. G. G. Aperghis, Seleukid Royal Economy, bes. 269-281. 272 Vgl. W. Peremans - E. Van’t Dack, Prosopographica, 101-104; Renate MüllerWollermann, in: Life, 246. – Zur Vieldeutigkeit des Wortes sḥn vgl. W. Peremans - E. Van’t Dack, Prosopographica, 95-104; Renate Müller-Wollermann, in: Life, 246; G. Vittmann, Papyrus Rylands II, S. 479f.; G. Gorre, Relations, 171. 273 Vgl. Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 224; W. Clarysse, in: Aspects, 13. 16. 26f. Nr. 56. 274 Vgl. SEG XXVII 929, Z. 4f. (Lykien); dazu M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 57-62; 8, 1978, 229f. – Von den οἰκονόμοι der Gaue und der Provinzen ist natürlich der in Alexandreia sitzende οἰκονόμος τοῦ βασιλέως, der Chef des βασιλικόν, zu scheiden. Vgl. dazu U. Wilcken, Grundzüge, 151; Chrest. Wilck., S. 196; A. Steiner, Fiskus I, 2-5 (mit weiterer Literatur); Claire Préaux, O. Wilb., S. 98. – Die οἰκονόμοι werden

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maios II. installierte dann in den drei merídes des Arsinoïtes ebenfalls oikonómoi, die allerdings dem oikonómos des Gaus unterstanden275. Glücklicherweise besitzen wir in einem Tebtynis-Papyrus ein Dokument, das uns höchstwahrscheinlich über die Aufgaben eines oikonómos eines Gaus aufklärt276. Nach diesem Memorandum (hypómnema) des dioiketés Zenodoros hatte sich der oikonómos zu kümmern um die Instandhaltung der Bewässerungsanlagen277, die Stärkung der Arbeitsmoral der Bauern, die ordnungsgemäße Ausbringung der Saaten, die Überwachung des königlichen und nichtköniglichen Zugtierbestands, den pünktlichen Transport des Getreides nach Alexandreia278, die Beachtung der Monopolbestimmungen bei der Leinenproduktion279, die sorgfäl___________________________

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– im Gegensatz zu P. Rev., Col. 37, Z. 3f. (November/Dezember 263) – in P. Hib. II 198, Col. II, Z. 28f. = C. Ord. Ptol. 3, Z. 14f. (nach 278/77) deswegen nicht erwähnt sein, weil sie mit der Materie dieses Schreibens nichts zu tun hatten. Vgl. etwa E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 51f.; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 97. 101 (ein οἰκονόμος der μερίς des Polemon); Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 208-210 (οἰκονόμοι der μερίς des Themistos); K. Maresch, P. Köln VI, S. 160f. (ein οἰκονόμος der μερίς des Polemon); Inge Uytterhoeven, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 323 (οἰκονόμοι der ἔξω τόποι der μερίς des Herakleides); W. Clarysse, in: Graeco-Roman Fayum, 66f. (οἰκονόμοι der μερίς des Polemon); außerdem A. Steiner, Fiskus I, 12; M. Depauw, ZPE 171, 2009, 203. – Dem οἰκονόμος des Gaus unterstanden auch die οἰκονόμοι, die in τοπαρχίαι und κῶμαι tätig waren. Vgl. dazu U. Wilcken, Grundzüge, 151; A. Steiner, Fiskus I, 11f. – Die οἰκονόμοι von FgrHist 627 Kallixeinos von Rhodos F 2,35 haben natürlich mit GauBeamten nichts zu tun. Vgl. dazu Ellen Elizabeth Rice, Procession, 133. – Im übrigen weise ich noch darauf hin, daß ein οἰκονόμος natürlich nicht in jedem Fall ein staatlicher Funktionär gewesen ist. Vgl. etwa P. Cair. Zen. I 59048, Z. 1f. – Zum Titel γῆς βασιλικῆς [οἰκονόμος] – IG Thèbes/Syène 190, Z. 5f. (132-124) – vgl. W. Peremans - E. Van’t Dack, Prosopographica, 1-10; L. Mooren, Aulic Titulature, 131 Nr. 0147; anders P. M. Fraser, JEA 41, 1955, 132f. Vgl. P. Tebt. III 1, 703; dazu W. Huß, APF 27, 1980, 67-77 (mit der früheren Literatur); außerdem A. E. Samuel, in: Studi E. Volterra II, 451-460; Dorothy J. Crawford, in: Ptolemäisches Ägypten, 195-202; J. F. Oates, in: Life, 257f. (mit äußerst zurückhaltendem Urteil). Zur Datierung des Papyrus in die Zeit Ptolemaios’ III. vgl. W. Huß, Ägypten, 463f. Zu weiteren Zeugnissen vgl. etwa A. Steiner, Fiskus I, 14-29; Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 201; T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 296f. (?); K. Maresch, P. Köln VI, S. 161f.; A. Farah, BACPSI 4, 1987, 90-98; W. Clarysse, ZPE 72, 1988, 244. Vgl. auch P. Cair. Zen. I 59073. Vgl. dazu auch W. Clarysse, AncSoc 7, 1976, 185-207 u. T. I-IV. Überhaupt gehörte die Überwachung der Vorgänge, die mit dem Monopolwesen zu tun hatten, zu den wichtigsten Aufgaben des οἰκονόμος. Vgl. P. Rev., Col. 38-60 (zu den Einnahmen aus den den Anbau der Ölpflanzen und die Produktion und den Vertrieb des Öls betreffenden Monopolbestimmungen); P. Enteux. 1; P. Sorb. I 21; P. Thomas 1 (zu den Einnahmen aus den auf die Produktion von συρίαι bezüglichen Monopolbestimmungen); P. Col. III 57; P. Mich. I 65; P. Cair. Zen. III 59371 (zu den Einnahmen aus den Monopolbestimmungen oder aus den Steuern des Bäderwesens).

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

tige Abrechnung der Abgaben, die kóme für kóme bzw. toparchía für toparchía zu erfolgen hatte, die minutiöse Überwachung der Ölproduktion, die Registrierung des Viehbestands, die Beobachtung der Höhe der festen und der freien Preise, die Inspizierung der Jungviehfarmen, die Pflege des Baumbestands, die Erhaltung der Gebäude und Gärten des Königs280 und die Gefangensetzung der máchimoi281, die desertiert waren282 . Nimmt man diese Liste zur Kenntnis 283 , fragt man sich, ob der oikonómos noch Zeit hatte, abends einen Krug Bier oder ein Glas Wein zu trinken. Aber vermutlich sollte er dies gar nicht tun – der dioiketés verlangte von ihm „Schlaflosigkeit“ im Dienst des Königs bei Tag und bei Nacht284. Bemerkenswert ist, daß aus den Instruktionen allgemeiner Art, die der dioiketés an die Instruktionen besonderer Art anfügte285, zu ersehen ist, daß im hypomnematographeíon offensichtlich eine Tradition lebendig war, die nicht in griechischem, sondern in ägyptischem Denken wurzelte286. War den oikonómoi der Gaue und der merídes des Arsinoïtes zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine richterliche Gewalt verliehen worden? Die Meinungen hierüber sind geteilt287. Gelegentlich hat man den Eindruck, als sei die Antwort auf diese Frage ein Problem der Sprachregelung. Ist es beispielsweise ein Zeichen einer richterlichen Vollmacht, wenn ein oikonómos einen Mann, der gegen Monopolbestimmungen verstoßen hat, verhaften läßt288? Ich denke nicht. „I think we ___________________________

280 Vgl. auch P. Hal. 1, Z. 166-179 (zur Instandhaltung der Quartiere der Soldaten). 281 Zur ἀποστολὴ τῶν ναυτῶν (P. Tebt. III 1, 703, Z. 215-222) vgl. auch PSI V 502, Z. 24. 282 Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 29-222. Im übrigen sind hier auch die entsprechenden Passagen des P. Rev. zu vergleichen. 283 Aus UPZ I 56, Z. 1f. 9f. (160) erfahren wir überdies, daß ein οἰκονόμος für die Zuteilung der συντάξεις an die Priester und Priesterinnen verantwortlich war. Doch handelte es sich in diesem Fall nicht um einen οἰκονόμος der Gau-Verwaltung, sondern um einen οἰκονόμος der Sarapieíon-Verwaltung. Vgl. U. Wilcken, UPZ I, S. 280f. (Zu dem hier erwähnten οἰκονόμος Achamarnes vgl. K.-Th. Zauzich, Enchoria 8,2, 1978, 99; J. Quaegebeur, in: State and Temple Economy II, 721f.; Dorothy J. Thompson, Memphis, 111f.) 284 Vgl. W. Schubart, APF 12, 1937, 18; W. Huß, APF 27, 1980, 70. 285 Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 222-280. 286 Vgl. M. Rostovtzeff, P. Tebt. III 1, S. 72; Claire Préaux, Économie royale, 458. 564; C. B. Welles, JJP 3, 1949, 31-34; V. Poláček, in: Actes du Xe Congrès International de Papyrologues, 201f.; RIDA III 15, 1968, 21-38; Dorothy J. Crawford, in: Ptolemäisches Ägypten, 196-202; W. Huß, APF 27, 1980, 72-77. 287 M. Rostowzew, Studien, 67-70, A. Steiner, Fiskus I, 18f. 20. 23f. 26f. 53f., M. Rostovtzeff, P. Tebt. III 1, S. 84 (mit weiterer Literatur), E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 94-102, Claire Préaux, CE 11, 1936, 165-169, und E. Seidl, Ptolemäische Rechtsgeschichte, 83, plädieren pro, A. S. Samuel, in: Atti dell’ XI Congresso Internazionale di Papirologia, 444-450, und H. J. Wolff, Justizwesen, 160164. 177-180, contra. 288 Bemerkenswert ist die Kombination des Amts des οἰκονόμος mit dem des ἀρχιφυλακίτης, die in P. Tebt. I 27, Z. 29 (113) bezeugt ist. Vgl. dazu etwa P. Kool,

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can regard the oikonomos as an official who had nothing to do with judicial processes. Unlike some of the other officers of the bureaucracy … he sat on no courts, participated in no hearings; he decided no private disagreements of a general nature, nor did he have any role in referring these to courts for disposition. He was a pure administrator, a real bureaucrat.”289 Es handelte sich bei den hier in Frage stehenden Tätigkeiten des oikonómos „um nichts anderes als um die administrative Gewährung amtlichen Schutzes und den Gebrauch rein disziplinärer Koerzitionsgewalt.“ 290 Wenn aber die oikonómoi der Gaue keine richterlichen Kompetenzen hatten, dann höchstwahrscheinlich auch nicht die oikonómoi der Provinzen des Reichs291. Die Stellung des oikonómos im Gefüge der Beamtenschaft des Gaus wird teilweise aus der Stellung deutlich, die dem oikonómos in den „Rundbriefen“ zugewiesen wird. So erscheint der oikonómos sowohl in Dokumenten des 3. als auch des 2. Jh. teils nach, teils vor dem nomárches292. Anscheinend standen beide Beamte in einer gewissen Konkurrenz. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß der oikonómos Zoïlos in einem Dokument des Jahre 257 als „der, der dem Gau vorsteht“ 293 , bezeichnet wird, zumal die Stellung des nomárches in den etwa gleichzeitigen sog. Revenue Laws mit denselben Worten umschrieben wird294. Hatte der oikonómos zu dieser Zeit „the best claim to the designation ‚Chief of the Nome’“295? Genaueres erfahren wir über die Stellung des oikonómos, wenn wir ihn zum basilikós grammateús („Königlicher Sekretär“) in Beziehung setzen. In allen „Rundbriefen“, die vor dem 3./12. Februar 139 (?) geschrieben worden sind, wird der oikonómos vor dem basilikós grammateús genannt 296 . Erst in einem aus dem Jahr 131 stammenden Dokument erscheint der basilikós grammateús als der Beamte, der dem oikonómos klar überlegen ist 297 . Schon dieses Dokument läßt erahnen, daß das Amt des oikonómos im Lauf der Zeit beträcht___________________________

289 290 291 292 293 294 295 296 297

Phylakieten, 45f.; A. H. El Mosallamy, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 816f. A. E. Samuel, in: Atti dell’ XI Congresso Internazionale di Papirologia, 450. H. J. Wolff, Justizwesen, 178. Anders M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 57-59. Nach den νομάρχαι: P. Rev., Col. 37, Z. 3f.; P. Tebt. III 1, 708, Z. 2f.; P. Gen. III 132, Z. 2. Vor den νομάρχαι: P. Petr. II 42 (a), Z. 1; P. Rain. Cent. 45, Z. 2-5 (?). P. Lond. VII 1955, Z. 2: δι̣ὰ̣ τ̣ὸ πρ̣οεστηκέναι σε τοῦ νομοῦ. Vgl. dazu H. Bengtson, Strategie III, 26f. P. Rev., Col. 41, Z. 16f.: τῶι προεστηκότι τοῦ νομοῦ νομάρχηι ἢ τοπάρχηι. Vgl. außerdem P. Rev., Col. 43, Z. 3f.: ὁ νομάρχης ἢ ὁ προεστηκὼς τοῦ νομοῦ. T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 46. Vgl. auch H. Bengtson, Strategie III, 27. Vgl. P. Rev., Col. 37, Z. 3f.; P. Petr. II 42 (a), Z. 1f.; P. Tebt. III 1, 708, Z. 2f.; P. Rain. Cent. 45, Z. 3-7; UPZ I 110, Z. 142f.; P. Gen. III 132, Z. 2f.; P. Tebt. I 6, Z. 15 (?). Vgl. UPZ II 225 = Chrest. Wilck. 167; dazu etwa U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 199; P. Handrock, Weisungen, 113f.

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lich an Bedeutung eingebüßt hat. Wir wissen aber noch Genaueres298. Während im 3. Jh. der oikonómos die Aufsicht über die Saaten ausübt299, erledigt diese Aufgabe im 2. Jh. der strategós300. Während im 3. Jh. der oikonómos die monatliche Bilanzprüfung der Angaben der Steuereinzieher durchführt 301 , übt diese Tätigkeit im 2. Jh. der epí ton prosódon („Chef der Einkünfte“) aus302, dessen Funktionen häufig der strategós mitübernimmt. Während bis zum Ende der 30er Jahre des 2. Jh. der oikonómos autorisiert ist, Auszahlungs- bzw. Ausgabeanordnungen an die trapezítai („Bankbeamte“) bzw. die sitológoi („Speicherbeamte“) zu richten303, übt auch dieses Recht in der folgenden Zeit anscheinend der epí ton prosódon aus. Während im 3. Jh. der oikonómos bei den Auktionen eine wichtige Rolle spielt304, übernehmen diese Rolle im 2. Jh. die Beauftragten des strategós305. Während sich im 3. Jh. der oikonómos um die Sorgen der (königlichen) Bauern zu kümmern hat306, nimmt im 2. Jh. der strategós ihm diese Aufgabe ab307. Aus diesen Beispielen ist zu ersehen, daß der oikonómos im 2. Jh. viele seiner Kompetenzen an den strategós verliert. Die Bedeutung seines Amts schwindet. Diese Tatsache kommt auch darin zum Ausdruck, daß sein Amt im 2. Jh. geteilt wird, geteilt in das Amt des oikonómos ton argyrikón, des oikonómos, dessen Aufgaben sich auf die geldwerten Vorgänge beziehen, und des oikonómos ton sitikón, des oikonómos, dessen Aufgaben sich auf die Einziehung der Naturalsteuern und der Naturalabgaben erstrecken308. „Mit dieser Spezialisierung der Geschäfte ist auch seine Stellung gegenüber den Verwaltungsbeamten gesunken“309. Im übrigen ist die Tatsache erwähnenswert, daß im 2. und im 1. Jh. erheblich mehr oikonómoi einen einheimischen Namen getragen haben als im 3. Jh. Sie

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298 Zum Folgenden vgl. H. Bengtson, Strategie III, 43f.; außerdem W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 36f. 299 Vgl. P. Rev., Col. 41; P. Tebt. III 1, 703, Z. 49-60. 300 Vgl. UPZ I 110, Z. 8-18; P. Tebt. I 61 (b), Z. 369-378. 301 Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 117-128. 302 Vgl. P. Tebt. I 27, Z. 35; dazu M. Rostovtzeff, P. Tebt. III 1, S. 92f. 303 Vgl. Charikleia Armoni, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 14f. 304 Vgl. P. Enteux. 61; UPZ I 112; außerdem P. Rev., Col. 20, Z. 1-12; dazu H. Bengtson, Strategie III, 443 (mit weiterer Literatur). 305 Vgl. BGU VI 1218. 306 Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 40-49. 307 Vgl. P. Tebt. III 1, 788; I 134. 308 Seit dieser Zeit gibt es in jedem Gau – auch in jeder μερίς des Arsinoïtes – sowohl einen οἰκονόμος τῶν ἀργυρικῶν als auch einen οἰκονόμος τῶν σιτικῶν. Vgl. etwa IG Fay. I 70, Z. 7-9 = OGIS I 177, Z. 7-9 = SB V 8886, Z. 7-9; IG Fay. I 71, Z. 7f. = OGIS I 179, Z. 7f. = SB V 8888, Z. 7f.; dazu G. Dittenberger, OGIS I, S. 257f.4; U. Wilcken, Grundzüge, 151; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 5. 309 U. Wilcken, Grundzüge, 151.

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waren offensichtlich Ägypter, nicht Griechen310 – sofern diese klare Unterscheidung für diese Zeit noch das Richtige trifft. „Les étrangers auraient-ils abandonné en partie aux indigènes une fonction déchue?“311 Der antigrapheús312 Der antigrapheús, der „Gegenschreiber“, war der Kontrollbeamte des oikonómos313 – doch nicht als Kontrolleur des oikonómos, sondern insbesondere als Kontrolleur der Speicherbeamten, der Bankbeamten und der Steuerpächter314. Er hatte die Abrechnungen dieser Männer gegenzuzeichnen und durch seine Unterschrift den entsprechenden Dokumenten Rechtskraft zu verleihen. Im übrigen liegt über diesem Amt auch heute noch ein gewisser Schleier315. ___________________________

310 Zum οἰκονόμος Herakleides, der in UPZ II 224, Kol. III, Z. 18 (15. Oktober 131) und in 207, Z. 23 (131 oder 130) ein griechisch geschriebenes Dokument in demotischer Schrift unterschrieben hat, vgl. M. Depauw, in: Faces, 122f. 12420. 311 W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 41. 312 Vgl. G. Lumbroso, Recherches, 347f.; B. P. Grenfell, P. Rev., S. 76f.; Brandis, RE Suppl. I, 1903, 90f., s. v. Ἀντιγραφεύς; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 356. 374. 374f.4; IV, 187. 250. 2711. 342; W. Otto, Priester und Tempel II, 135f.; U. Wilcken, Grundzüge, 181; Chrest. Wilck., S. 221; W. Kunkel, APF 8, 1927, 179-181; U. Wilcken, UPZ I, S. 196f. 519; A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. III 1, S. 125f.; E. Börner, Korntransport, 22f.; Claire Préaux, Économie royale, 1201; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 55f.; P. Handrock, Weisungen, 101-107; W. Clarysse - H. Hauben, ZPE 89, 1991, 48; Ph. A. Verdult, P. Erasm. II, S. 102f.; P. W. Pestman, P. Choach. Survey, S. 356-358; A. Papathomas, P. Heid. VII, S. 18; Bärbel Kramer, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 333; Charikleia Armoni, ZPE 160, 2007, 230f. (zu P. Lille I 3, Z. 49-53); K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 179 (zu P. Köln XI 454, Z. 1. 29); außerdem PP I/VIII 1751-1821; VIII 1758a; 1770a; 1772a; 1805a; 1821a; P. Poethke 18, Z. 1; dazu Bärbel Kramer, APF 55, 2009, 322; und schließlich PP I 1822-1824 (zu den Untergebenen der ἀντιγραφεῖς). 313 War der ἀντιγραφεύς ein Untergebener des οἰκονόμος? Claire Préaux, Économie royale, 1201, nimmt dies an. Ein Text wie P. Tebt. III 1, 772, Z. 4f. (236) spricht aber eher gegen diese Annahme: … συνεδρεύσας Ἀσκληπιάδει [sc. τῶι οἰκονόμωι] κ̣αὶ̣ ̣ τῶ̣ι̣ ἀντιγραφεῖ καὶ τῶι στρατηγῶι… War er ein Untergebener des βασιλικὸς γραμματεύς? Es scheint so. Vgl. P. Handrock, Weisungen, 101-107; Th. Kruse, Tyche 12, 1997, 150f.4; außerdem Charikleia Armoni, Tyche 21, 2006, 196 (zu P. Tebt. III 1, 722); Bärbel Kramer, APF 55, 2009, 323. 314 Den ἀντιγραφεύς, von dem hier die Rede ist, gab es nicht nur in jedem Gau, sondern auch in jeder μερίς des Arsinoïtes. Vgl. E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 55f. 315 Die Schwierigkeit, das Amt des ἀντιγραφεύς richtig zu fassen, wird dadurch noch verstärkt, daß der Titel ἀντιγραφεύς für Kontrolleure verwendet worden ist, die auf verschiedenen Verwaltungsebenen gearbeitet haben. Vgl. etwa P. Rev., Col. 11, Z. 47; Chrest. Wilck. 189, Z. 15-19; BGU VIII 1742; 1743; 1748; 1750; 1754. Vgl. außerdem P. Handrock, Weisungen, 101-107 (zu den Weisungen des βασιλικὸς γραμματεύς an die ἀντιγραφεῖς, die einzelne Speicher oder Banken kontrolliert haben). – Zur Tätigkeit des Demetrios τοῦ ἀντιγραφομένου τ̣ὴν ἁλικὴ̣[ν τοῦ] Λυκοπολί̣το̣ ̣υ̣ (PP VIII 1772a) vgl. B. C. McGing, APF 48, 2002, 43. 46.

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Der basilikós grammateús und der topogrammateús316 ___________________________

316 Zum βασιλικὸς γραμματεύς und zum τοπογραμματεύς vgl. G. Lumbroso, Recherches, 343-345; U. Wilcken, Grundzüge, 11f. 175. 178f. 181; E. Biedermann, Studien; F. Preisigke, O. Joach., S. 50-52; E. Kießling, RE VI A 2, 1937, 1722, s. v. Topogrammateus; P. Handrock, Weisungen, 43. 68-71. 87-89. 89-117; Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 201-207; J. Frösén, P. Hels. I, S. 63-71; P. W. Pestman, in: Egitto e Storia Antica, 153-156; Maria Rosaria Falivene, AncSoc 22, 1991, 222224; J. F. Oates, in: Life, 255-258; Ruth Duttenhöfer, P. Heid. VI, S. 13f.; J. F. Oates, Basilikos Grammateus; dazu W. Clarysse, CE 72, 1997, 367-369, und Th. Kruse, Tyche 12, 1997, 149-158; A. Papathomas, P. Heid. VII, S. 20-22; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 72-78. 90-101; D. Kaltsas, P. Heid. VIII, S. 242-244. 259f.; Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 3-13; K. Maresch, P. Köln XI, S. 174f.; F. Mitthof, APF 54, 2008, 145f.; außerdem E. Biedermann, Studien, 109-118 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); H. Henne, Liste, 43-49. 78-88 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 36-38 (zum Verhältnis τοπογραμματεύς - κωμογραμματεύς); G. Gorre, Relations, 66-69 (zur Verwendung des Titels γραμματεύς in Oberägypten); PP I/VIII 422-489; VIII 423a; 426a; 428a; 428b; 428c; 431a; 435a; 438a; 444a; 448a; 449a; 454a; 457a; 457b; 462a; 463a; 463b; 469a; 475a; 477a; 484a; 489a (βασιλικοὶ γραμματεῖς) mit den Ergänzungen von G. Mussies, in: Studia papyrologica varia, 29-33 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit), Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 202204 (βασιλικοὶ γραμματεῖς und τοπογραμματεῖς der demotischen Lille-Papyri), H.-J. Thissen, P. Freib. IV, S. 93-95 (βασιλικοὶ γραμματεῖς und κωμογραμματεῖς, die aus demotischen Texten bekannt sind), E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 360366. 380 (βασιλικοὶ γραμματεῖς in der Thebaïs), P. W. Pestman, in: Egitto e Storia Antica, 153f. (Phibis und Harmais), J. F. Oates, in: Life, 258 (βασιλικοὶ γραμματεῖς des 3. Jh.), S. Daris, Aegyptus 74, 1994, 4. 8 (= SB XXII 15213) ([Im]uthes), J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 7-20. 67-85, W. Clarysse, CE 72, 1997, 367f. (βασιλικοὶ γραμματεῖς), Gabriella Messeri Savorelli, APapyrol 10-11, 1998-1999, 34f. (= SB XXVI 16147) (Miysis), J. D. Sosin - J. Bauschatz, ZPE 141, 2002, 187189, in der teilweise verbesserten Lesung von Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 41f. (Pesuris), K. Maresch, P. Köln X, S. 68 (P. Köln X 411 A, Kol. II, Z. 7) (Pete[– – –]); S. 118 (P. Köln X, 412 D, Kol. I, Z. 19 (Teephraios [PP I 471]), Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 165 (P. Köln XI 450, Z. 1) (Harmachoros), Charikleia Armoni - K. Maresch, P. Köln XI, S. 104 (P. Köln XI 439, Z. 31) (Theodoros) (?), Bärbel Kramer, in: Von Noricum nach Ägypten, 277-284 (Eubios), K. Maresch, P. Köln XI, S. 174f. (P. Phrur. Diosk. 14, Z. 1. verso; P. Köln XI 453, Z. 3) (Epimachos), K. Maresch Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 180 (P. Köln XI 454, Z. 6. 30; P. Heid. IX 422, Z. 1f.; 423, Z. 1. 27; 431, Z. 1. 60; [432, Z. 1]), G. Nachtergael, P. Sijp., S. 73f. (Heliodoros), W. Clarysse, in: Graeco-Roman Fayum, 67 (P. Vindob. Barb. s. n.) (Marres und Paneith), M. Depauw, ZPE 171, 2009, 205 (P. dem. Macquarie 332, Z. 11f.) (Horos), Ursula Kaplony-Heckel, in: Festschrift G. Burkard, 235. 239 (DO Str. 751; 825) (N. N., der Sohn des Psenthotes, ein Vertreter des βασιλικὸς γραμματεύς Theomnestos) und Bärbel Kramer, APF 55, 2009, 321f. (P. Poethke 18, Z. 1) (Pesuris oder Eubios); und schließlich PP I/VIII 569-631; VIII 569a; 590a; 593a; dazu C. B. Welles, JARCE 5, 1966, 66-68; 593b; 599a; 599b; 600a; 601a; 603a; 603b; 610a; 611a; 614a; 622a (τοπογραμματεῖς). (Zu τοπογραμματεῖς des Herakleopolites vgl. P.

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Das Amt des basilikós grammateús, des Königlichen Sekretärs, gibt in mancher Hinsicht Rätsel auf. Wichtige Eckpunkte der Geschichte dieses Amts stehen allerdings fest: Das Amt hatte eine lange vorptolemaiische Geschichte; es ist – vermutlich vom Amt des nomárches abgesehen – das höchste Amt, in das ein Einheimischer im ersten Jahrhundert der ptolemaiischen Herrschaft aufsteigen konnte; und es ist ein Amt, das vom Amtsinhaber die Beherrschung nicht nur der ägyptischen, sondern auch der griechischen Sprache verlangte. Bereits in der Zeit des Neuen Reichs hatte der zš njswt („Schreiber des Königs“) mit Problemen der Wirtschaftsverwaltung – insbesondere als „Scheunenvorsteher und Schatzhausvorsteher“ – zu tun317. Mit Problemen der Wirtschaftsverwaltung sollte der sh pr-c3 („Schreiber des Königs“), wie er nun gewöhnlich hieß, auch in ptolemaiischer Zeit befaßt sein318. Er hatte im 3. Jh. mit der Durchführung von Landvermessungen, mit der Registrierung von Grundstücken, mit der Überwachung der Finanzbuchhaltung und mit der Verschiffung des Getreides (nach Alexandreia) zu tun319, aber auch – jedenfalls seit der Mitte des 3. Jh. – mit einer gewissen Kontrolle der einheimischen Bevölkerung, mit dem Einziehen von Steuern und Abgaben und – spätestens seit dem Ende des 3. Jh. – mit der Vergabe von Steuerpachtverträgen320. Diese Aufgaben hatte er auch im 2. und im ___________________________

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Heid. Inv. G. 4822; dazu D. Kaltsas, P. Heid. VIII, S. 25496; P. Heid. IX 436, Z. 2 [?]; P. Köln XI 442, Z. 5f. 22. 25; 443, Z. 4f. 26; 444, Z. 4f. 8. 11; 445, Z. 2. 5; 446, Z. 3f.; 447, Z. 3 [?]; zu τοπογραμματεῖς und zu Vertretern von τοπογραμματεῖς des thebaiischen Raums vgl. Ursula Kaplony-Heckel, in: Festschrift G. Burkard, 229240, bes. 239 [mit den entsprechenden Nachweisen]; zu einem τοπογραμματεύς der Θεμίστου μερίς des Arsinoïtes vgl. P. Köln X 412 C, Z. 8; E, Kol. II, Z. 12. 16; dazu K. Maresch, P. Köln X, S. 114; zu einem τοπογραμματεύς der Πολέμωνος μερίς des Arsinoïtes vgl. P. Vindob. Barb. s. n.; dazu W. Clarysse, in: Graeco-Roman Fayum, 67.) – Zu den Untergebenen der βασιλικοὶ γραμματεῖς und der τοπογραμματεῖς vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 136f. Vgl. Angela Onasch, in: Jerusalem Studies, 331-343, hier 334. Zur Frage der Identifizierung von sš njswt und βασιλικὸς γραμματεύς in ptolemaiischer Zeit vgl. G. Gorre, Relations, 452-455. 465. 466. – Der zš njswt der PithomStele (Z. 13) hat mit der ptolemaiischen Verwaltung nichts zu tun. Vgl. Ch. Thiers, Ptolémée Philadelphe, 46. Was den schriflichen Verkehr auf der Verwaltungsebene angeht, so weist Charikleia Armoni, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 14-19, darauf hin, daß der βασιλικὸς γραμματεύς die Kompetenzen besaß, ὑπογραφαί zu schreiben, die auf die Bescheide gesetzt wurden, die von den hauptverantwortlichen Funktionären ausgefertigt worden waren, und χρηματισμοί seinen Untergebenen zu übermitteln, die eine bestimmte Transaktion zu überwachen hatten. – In der Thebaïs bedurfte eine rechtswirksame Auszahlungs- bzw. Ausgabeanordnung anscheinend der ὑπογραφή eines τοπογραμματεύς. Vgl. Charikleia Armoni, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 15. Vgl. J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 23-36. 62-66. – E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 102-108, ist der Ansicht, daß der βασιλικὸς γραμματεύς in

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1. Jh. zu erfüllen321, doch kamen nunmehr auch Aufgaben auf ihn zu, die mit den Bereichen Auktionsverkäufe, Banken und Steuern in Verbindung standen322. Die Einzelheiten seiner Tätigkeiten verraten uns die Dokumente nicht immer mit der wünschenswerten Klarheit – dies schon deswegen nicht, weil seine Tätigkeiten nicht immer deutlich von denen des oikonómos, mit dem er häufig zusammenarbeitete, zu trennen sind. Den Titel „Königlicher Sekretär“ trugen Beamte verschiedener Verwaltungsebenen. Den höchsten Rang nahmen natürlich die Königlichen Sekretäre ein, deren Amtsbezirk einen ganzen Gau umfaßte. Diese Gau-Bezogenheit des Amts dürfte spätestens in der Zeit Ptolemaios’ II. eingeführt worden sein323 , wenngleich nicht zu leugnen ist, daß die regionale Umschreibung des Amtsbereichs eines Königlichen Sekretärs nur in wenigen Fällen bezeugt ist324. Zumindest teilweise läßt sich der Wirrwarr der Zuweisung des Titels „Königlicher Sekretär“ an verschiedene Personen durch die Annahme erklären, daß in manchen, vielleicht gar in vielen Fällen Bezirkssekretäre (topogrammateís, shw m3 bzw. shw m3c325) „zu Unrecht“ entweder den „höheren“ Titel „Königlicher Sekretär“ (des Gaus) oder den „niedrigeren“ Titel „Königlicher Sekretär“ (des Dorfs) getragen ___________________________

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den Fällen, in denen Staatspächter in Rechtshändel verwickelt waren, eine Ressortgerichtsbarkeit besaß. Vgl. auch Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 18f. Vgl. etwa P. Thomas 2 (4. Dezember 180) (zu Landvermessungen). Vgl. J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 86-100; außerdem SB XXVI 16417 (ein Versteigerungsvorgang). Vgl. P. Rev., Col. 36, Z. 3-5 (263): Το[ὺς κατὰ τὴν χ]ώραν βασιλικοὺς γραμματεῖς τῶ[ν νομῶν ἀπ]ογράφειν ἕκαστον οὗ νομοῦ γραμμα[τεύει]; dazu E. Biedermann, Studien, 12; Th. Kruse, Tyche 12, 1997, 155f. (mit Einschränkungen); anders J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 39. – Leider ist das Zeugnis BGU III 1006, Z. 4f. zeitlich nicht genau zu fixieren: γράψαι Ὥρωι τῶι βασιλικῶι γραμματεῖ τοῦ νομοῦ (3. Jh.). – Zu den in IG Philae I 19, Z. 24 = OGIS I 139, Z. 6 erwähnten βασιλικοὶ γραμματεῖς vgl. E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 283. Vgl. P. dem. Fam. Theb. 10, Z. 3 (2./31. März 282): sh n p3 tš n Nw.t; SB XX 15068, Z. 18-20 (19. April 217 [?]): γρ̣ά[ψ]α̣ι̣ Ὥ̣[ρωι] τῶ̣ι̣ β̣α̣σιλικ̣ῶ̣ι̣ γ̣ρ̣αμμα[τ]ε̣ῖ το̣ῦ̣ Ἀ̣ρσ̣ ιν̣οίτου; dazu B. Kraut, ZPE 80, 1990, 274; SB XXII 15536, Z. 4f. (etwa 197190): κατὰ Ἰ̣μ̣[ούθο]υ τοῦ γενομένου β̣[ασιλικοῦ γραμματέως τοῦ] αὐτοῦ ν[ομοῦ]; dazu Lucia Criscuolo, in: Papiri documentari greci, 71; P. Cair. Goodsp. 7, Z. 15-17 (119/18): Παρ’ Ἀσκληπιάδου βασιλικοῦ γραμματέως τῶν Θεμίστου καὶ Πολέμωνος μερίδων τοῦ Ἀρσινοείτου; dazu E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 49f.; P. dem. Ryl. ΙΙΙ 17, Ζ. 2 (10. Μärz 118): sh n tš n Niw.t … – Was das 3. Jh. angeht, nimmt J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 21f., an, daß es im Arsinoïtes nur einen Königlichen Sekretär gegeben hat. Zur Gleichung sh m3 bzw. m3c = τοπογραμματεύς vgl. W. Spiegelberg, ZÄS 42, 1905, 56; K. Sethe, in: K. Sethe - J. Partsch, Demotische Urkunden, 106f. 131; H. Thompson, P. dem. Siut, S. 414. 592; Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 201; W. Clarysse, Enchoria 8,2, 1978, 7; P. W. Pestman, in: Egitto e Storia Antica, 154f. – Der erste sh m3 taucht bereits im J. 262 auf. Vgl. Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 202f.

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haben326. Doch lassen sich mit dieser Annahme nicht alle Schwierigkeiten beheben327. Allem Anschein nach traf bereits Ptolemaios I. bei der Übernahme der Macht – sehen wir von Alexandros ab! – auf Männer, die den Titel sh pr-c3 trugen. Er beließ ihnen diesen Titel. Vermutlich erkannte er bald, daß diese Männer einen Einfluß besaßen, der für den Aufbau eines neuen Verwaltungssystems genutzt werden konnte. Zum ersten Mal bezeugt sind die Königlichen Sekretäre aber erst im J. 263328. Die frühesten namentlich bekannten Amtsträger waren nach allgemeiner Ansicht Petosiris (254 oder 253)329 und Horos (254)330. Doch scheint bereits im J. 282 (2./31. März) ein gewisser Phibis als Gau-Sekretär fungiert zu haben, wenngleich er in dem entsprechenden Zeugnis nur als sh, nicht als sh pr-c3 ___________________________

326 Vgl. einerseits P. dem. Lille II 95, Z. 5; 64, Z. 4; 96, Z. 7; 71, Z. 8; 49, Z. 8 und andererseits P. dem. Lille II 34, Z. 5; 36, Z. 5; 37, Z. 5f.; 38, Z. 5; 55, Z. 6; P. dem. inv. Sorb. 1238 (nach W. Clarysse, Enchoria 8,2, 1978, 6); P. dem. Lille II 58, Z. 7; 66, Z. 7; 46, Z. x+2; dazu W. Clarysse, Enchoria 8,2, 1978, 6f.; P. W. Pestman, in: Egitto e Storia Antica, 154f.; J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 31. 52; SB VI 9367 Nr. 1, Z. 6f. (4. Juni 187) (Psenamunis als βασιλικὸς γραμματεύς) und SB I 4512, Z. 13 (186) (Psenamunis als τοπογραμματεύς); dazu J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 103. – Was die „royal scribes of the Lille surety documents“ angeht, so sagt W. Clarysse, CE 72, 1997, 368, wohl zu Recht: they „are in fact local scribes, not basilikoi grammateis in the more narrow sense“. – Vgl. im übrigen auch C. C. Edgar, P. Cair. Zen. III, S. 128 (zu P. Cair. Zen. III 59387, Z. 13): „Probably the βασιλικὸς γραμματεύς of the nome had some assistants called by the same title as himself, though more properly ὑπογραμματεῖς“. – Vgl. außerdem K. Maresch, P. Köln VII, S. 84f. 327 Eine der Schwierigkeiten besteht darin, daß schwer zu erklären ist, warum in den Jahren 79-53 im Ombites zwei Beamte tätig gewesen sind, die u. a. als Männer ἐπὶ ... βασιλικ(ῆς) γραμματήας bzw. als βασιλικοὶ γραμματεῖς bezeichnet werden. Vgl. O. Joach. 2, Z. 8f. = SB III 6028, Z. 8f. bzw. O. Joach. 4, Z. 4f. = SB III 6030, Z. 4f. (mit leichten Verbesserungen); dazu J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 103f.; Th. Kruse, Tyche 12, 1997, 156f. – Ein ähnliches Problem stellt sich im Fall der beiden βασιλικοὶ γραμματεῖς Imhotep und P3-cn-ḥr, die im J. 226 zur gleichen Zeit in der gleichen μερίς tätig gewesen sind. Vgl. dazu Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 206f. – Was P. Dion. 12, Z. 6 (13. Oktober 108) angeht – ein Text, der ebenfalls über die Tätigkeit von zwei Königlichen Sekretären zur gleichen Zeit und am gleichen Ort (im Hermupolites) berichtet –, so bietet J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 95, folgende Lösung des Problems an: „They are not identified as belonging to the nome.“ Vgl. dazu Th. Kruse, Tyche 12, 1997, 156. 328 Vgl. P. Rev., Col. 36, Z. 3; außerdem 33, Z. 9; 37, Z. 4. 19; dazu J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 62-65. 329 Vgl. P. Cair. Zen. II 59236, Z. 2. Ob Petosiris Königlicher Sekretär des Aphroditopolites gewesen ist, ist allerdings ungewiß. Vgl. auch J. F. Oates, in: Life, 256. 330 Vgl. P. Zen. Pestm. 12, Z. 3. 13. 16f. (12. September 254).

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bezeichnet wird 331 . Diese Honoratioren in zunehmendem Maß in das Verwaltungssystem des Landes zu integrieren, empfahl sich schon deswegen, weil diese gebildeten und zweisprachigen Männer zwischen der einheimischen Bevölkerung und der zugewanderten Führungsschicht eine Klammer bilden konnten332. In Texten der Zenon-Korrespondenz erscheinen die Königlichen Sekretäre immer im Plural und ohne Nennung ihres Namens333. Sollte man daraus weitreichende Schlüsse ziehen – etwa diesen Schluß: „the basilikos grammateus … is an Egyptian and has not in the eyes of the writers acquired a personality“334? Ich zweifle335. Jedenfalls gewinnt das Amt des Königlichen Sekretärs in der folgenden Zeit an Bedeutung. In einem aus dem Jahr 204 oder dem Jahr 203 stammenden Dokument ersetzt der Königliche Sekretär den antigrapheús, der in der Gesetzgebung Ptolemaios’ II. eine wichtige Rolle gespielt hat336. Diese Entwicklung setzte sich im 2. Jh. und im 1. Jh. fort. Der Königliche Sekretär wurde als der bedeutendste Finanzbeamte des Gaus zur rechten Hand des strategós. Gegen Ende der ptolemaiischen Zeit (63-51) stiegen Männer wie Paniskos und Helio-

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331 Vgl. P. dem. Fam. Theb. 10, Z. 3: sh tš Ne Phb … (in der Umschreibung von ElAmir) („der Sekretär der Thebaïs, Phibis …“); dazu P. W. Pestman, in: Egitto e Storia Antica, 153f. Wenn der Phibis von P. dem. Fam. Theb. 10, Z. 3 (sh tš n Njwt s3 P3dj-Ḥr-p3-Rc) mit dem Phibis von P. dem. Leid. I 382, Z. 25f. (sh P3-hb s3 P3-dj-Ḥrp3-Rc) identifiziert werden muß, war dieser Phibis bereits am 27. Juni 289 (?) Sekretär der Thebaïs. Vgl. J. D. Ray, JEA 85, 1999, 195. – Zu dem späteren Zeugnis P. dem. Ryl. III 17, Z. 2 (10. März 118) – sh n tš n Niw.t T3-šd-rsj (Pestman: „scribe du nome de Thèbes (et du) district (?) du Sud“; Müller-Wollermann: „Schreiber der Thebais in T3-šd-rs, d. h. im Südbezirk“) – vgl. P. W. Pestman, in: Studia papyrologica varia, 489; Renate Müller-Wollermann, in: Life, 244. 245f.; J. G. Manning, CE 72, 1997, 160 (zu J. G. Manning, in: R. S. Bagnall u. a., CE 71, 1996, 326). 332 Für die einheimische Bevölkerung bestand ein beträchtlicher Vorteil darin, daß sie sich mit Petitionen in ägyptischer Sprache an die Königlichen Sekretäre bzw. an die Bezirks-Sekretäre wenden konnten. Vgl. etwa P. W. Pestman, in: Egitto e Storia Antica, 155; außerdem – zu Petitionen an den Königlichen Sekretär in griechischer Sprache – S. Daris, Aegyptus 74, 1994, 4. 8 (= SB XXII 15213); J. Hengstl, in: Symposion 1995, 27345; Inger Louise Forselv, ZPE 139, 2002, 191f. (mit einer Anweisung des Königlichen Sekretärs in demotischer Schrift); Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 4. 17-19 (zu P. Heid. IX 422; 424; 428; 431; 432 [?]; 433 [?]). 333 Vgl. J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 37-39. – E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 49, erklärt den Plural βασιλικοὶ γραμματεῖς folgendermaßen: „le pluriel implique probablement le secrétaire en chef du nome et son personnel subalterne“. Eine Erklärung, die aus der Not geboren ist? 334 J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 39. 335 Vgl. auch Th. Kruse, Tyche 12, 1997, 153. 336 Vgl. UPZ I 112, Col. I, Z. 14; II, Z. 15; III, Z. 18; IV, Z. 16; V, Z. 8; dazu J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 65f.

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doros vom Amt des Königlichen Sekretärs in das Amt des strategós auf337. Sie nahmen damit eine übliche Praxis der römischen Zeit vorweg338. Im 3. Jh. nahm keiner der ägyptischstämmigen Königlichen Sekretäre – von zwei oder drei Ausnahmen abgesehen – einen griechischen Namen an339. Dies begann sich im 2. Jh. zu ändern. Von den etwa 46 Königlichen Sekretären, die aus dem 2. und dem 1. Jh. bekannt sind, trugen 22 griechische Namen – allerdings 24 immer noch ägyptische Namen340. Der erste Königliche Sekretär, der in dieser Zeit einen griechischen Namen trug, war, soweit wir wissen, ein gewisser Theon (183)341. Überblickt man die Entwicklung des Amts des Königlichen Sekretärs, so kann man zu Recht einerseits von „the Egyptianization of the Ptolemaic governance system“ 342 und andererseits von „a growing hellenisation of the officeholders“343 sprechen. Der epimeletés344 In der griechischen und der hellenistischen Welt gab es relativ zahlreiche epimeletaí („Sorgeberechtigte“), die sehr unterschiedliche Aufgaben wahrzunehmen ___________________________

337 Vgl. J. F. Oates, EVO 17, 1994, 225-230; Basilikos Grammateus, 106-112. 338 Zu den Möglichkeiten, die die Listen der ἐντολαί für die Kenntnis der Entwicklung des Amts des Königlichen Sekretärs bereitstellen, vgl. J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 52-56. Merkwürdig ist die späte Erwähnung des Königlichen Sekretärs in P. Rain. Cent. 45, Z. 6f. (teilweise ergänzt) (197/90) und in P. Tebt. I 6, Z. 15 (ebenfalls teilweise ergänzt) (139). 339 Vgl. W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 39; J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 7-10. 31. 340 Vgl. J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 68-71. 95; außerdem W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 39f. 41. 341 Vgl. P. Haun. I 11, script. exterior, col. I, Z. 5f. (12. Juni 158). 342 J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 115. 343 W. Clarysse, CE 72, 1997, 367. 344 Zum ἐπιμελητής vgl. G. Lumbroso, Recherches, 251. 346; H. Maspero, Finances, 220-223; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 186. 2933. 3161. 3182. 319f. 3872. 391; IV, 601. 187. 194. 2151. 237; J. Oehler, RE VI 1, 1907, 162-171, hier 170, s. v. Ἐπιμεληταί; U. Wilcken, Grundzüge, 149f.; Chrest. Wilck., S. 196-199; A. Steiner, Fiskus I, 14. 261. 27. 30. 31. 35f. 46. 47. 48f. 50. 54; II, 69. 100. 103. 105. 106. 121f. 123f. 130; E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 90-94; H. Bengtson, Strategie III, 79f.; P. Handrock, Weisungen, 44-47. 85f.; Ph. A. Verdult, P. Erasm. II, S. 107f.; A. Papathomas, P. Heid. VII, S. 8-10; P. Schubert, P. Gen. III, S. 113f.; B. C. McGing, APF 48, 2002, 51-64; außerdem PP I/VIII 930-961; VIII 933a; 935a; 936a; 955a; 955b; P. Heid. IX 424, Z. 7; 433, Z. 8f.; 435, Z. 3; 441, Z. 3 (Isidoros); P. Poethke 18, Z. 3 (Sarapion); schließlich – zu den Untergebenen des ἐπιμελητής – PP I/VIII 962971; VIII 968a; 969a; 969b; 971a. – Zu den Petitionen an den ἐπιμελητής vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 61; Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 222. – Zum seleukidischen ἐπιμελητής vgl. M. Wörrle, Chiron 5, 1975, 72f.

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hatten. Als Ptolemaios II. – vermutlich Ptolemaios II. 345 – das Amt des epimeletés in den Verwaltungsapparat Ägyptens einfügte, hatte er sicher ganz bestimmte Vorstellungen, welchen Zweck oder welche Zwecke er mit der Schaffung dieses Amts erreichen wollte 346 . Wir kennen diesen Zweck oder diese Zwecke nur zum Teil. So viel können wir jedoch den entsprechenden papyrologischen Zeugnissen entnehmen: Der epimeletés sollte auf finanzpolitischem Gebiet die Arbeit des dioiketés unterstützen. Aus welchen Gründen diese Aufgaben nicht der nomárches oder der oikonómos mitübernahm, wissen wir nicht – jedenfalls nicht genau. Möglicherweise spielte jedoch bei der Begründung dieses Amts der auch sonst zu beobachtende Gedanke eine Rolle, daß es von Vorteil sei, würden die Kontrolleure durch Kontrolleure kontrolliert werden. Zum ersten Mal begegnen wir epimeletaí vielleicht bereits in der Zeit Ptolemaios’ III.347, zum letzten Mal in der zweiten Hälfte des 2. Jh348. Wenn auch die Einzelheiten der Entwicklung des Amts nicht klar zutage treten, so wird man doch nicht irren, wenn man annimmt, daß spätestens seit der Mitte des 2. Jh. der epí ton prosódon („Chef der Einkünfte“) mehr und mehr die Aufgaben des epimeletés übernommen hat349. ___________________________

345 Allerdings berichtet Pseudo-Aristoteles (oec. II 35, p. 1353a), daß Ophelas von Olynthos – während der Satrapenzeit des Ptolemaios (?) – einen ἐπιμελητής im Athribites eingesetzt hat. Vgl. dazu B. A. van Groningen, Aristote, 199f. – W. Clarysse - H. Hauben, ZPE 89, 1991, 49f. 51, sind der Ansicht, daß das Amt des ἐπιμελητής wahrscheinlich erst in der Zeit Ptolemaios’ IV. geschaffen worden ist. Vgl. jedoch P. Bad. II 13, Z. 4 = SB VIII 9800, Z. 4 (Zeit Ptolemaios’ III. [?]); P. Grad. 7, Z. 8-10 = SB III 6280, Z. 8-10 (Zeit Ptolemaios’ III. [?]); dazu B. C. McGing, APF 48, 2002, 52. 62bis. 346 Zweifelsohne war das Amt des ἐπιμελητής eine Neuschöpfung. Wir kennen keinen ägyptischen Vorgänger des ἐπιμελητής, ja nicht einmal eine Umsetzung des griechischen Begriffs in die ägyptische Sprache; denn die Bezeichnung sḥn scheint nicht für den ἐπιμελητής verwendet worden zu sein. Vgl. dazu W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 104. In einem uns bekannten Fall scheint ἐπιμελητής mit p3 mlts transkribiert worden zu sein. Vgl. P. dem. Loeb 60, Z. 5 (234/33); dazu W. Clarysse, in: Aspects, 16f. 24. 347 Vgl. P. Bad. II 13 = SB VIII 9800; P. Grad. 7 = SB III 6280; außerdem U. Wilcken, APF 5, 1913, 225f.; anders A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 3911; anders auch Charikleia Armoni, Tyche 21, 2006, 195. – Die ersten namentlich bekannten ἐπιμεληταί sind Dionysodoros (etwa 219) und Nikanor (etwa 218). Vgl. P. Petr. III 36 (a), Verso, Z. 1. 22; dazu P. R. Swarney, ZPE 61, 1985, 161-166; A. Papathomas, P. Heid. VII, S. 8; B. C. McGing, APF 48, 2002, 52; außerdem W. Clarysse - H. Hauben, ZPE 89, 1991, 52f. 348 Vgl. W. Peremans - E. Van’t Dack, Prosopographica, 104; P. Handrock, Weisungen, 462; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 27928. 287; 38413. 349 Vgl. W. Peremans - E. Van’t Dack, Prosopographica, 93f. 104; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 250; B. C. McGing, APF 48, 2002, 52; außerdem A. Steiner, Fiskus I, 50, der davon spricht, daß im 2. Jh. der ἐπιμελητής den gleichen Rang eingenommen hat wie der ἐπὶ τῶν προσόδων.

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Gewöhnlich scheint ein einziger epimeletés in einem Gau tätig gewesen zu sein350, in einem uns bekannten Fall jedoch fungierten in einem Gau zwei epimeletaí351. In der Ämterhierarchie stand der epimeletés natürlich unter dem dioiketés352. Stand er aber über dem oikonómos353, oder stand der oikonómos über ihm354? Die Frage ist kaum zu beantworten355. Welche Aufgaben hatte der epimeletés näherhin zu erfüllen356? Er hatte sich um die Verpachtung der ge basiliké („königliches Land“) und den Eingang der aus den Verpachtungen fließenden Einnahmen, um die Überprüfung von Bürgschaften von Steuerpachtverträgen, um die Aufsicht über staatliche Auktionen, um die Einhaltung der Monopolgesetze, um die Sicherheit der Einkünfte aus den staatlichen Getreide-Kontingenten, um gewisse Zahlungen aus der staatlichen ___________________________

350 Vgl. P. Bad. II 13, Z. 4 = SB VIII 9800, Z. 4; P. Tebt. III 2, 930 descr.; dazu G. Lumbroso, Recherches, 346; E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 149; anders A. Steiner, Fiskus II, 100; P. Handrock, Weisungen, 44. Allerdings sieht B. C. McGing, APF 48, 2002, 53, in Ptolemaios (PP VIII 955a) nicht einen ἐπιμελητής eines einzelnen Gaus, sondern den ἐπιμελητής der Thebaïs. Restlos überzeugt bin ich nicht. 351 Vgl. UPZ I 110, Z. 193 (23. Oktober 164): ἐπιμελητῆι τῶν κάτωι [sic!] τόπων τοῦ Σαΐτου; dazu A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 3161; U. Wilcken, Grundzüge, 149f.; E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 149. Diese Regelung galt aber offensichtlich im 3. Jh. noch nicht. Vgl. P. Bad. II 13, Z. 4 = SB VIII 9800, Z. 4: τῶι ἐ[ν τ]ῶι Σαΐτη ἐπιμελητ̣[ῆι]. – Zu den beiden in UPZ I 19, Z. 31 erwähnten ἐπιμεληταί Mennides und Apollonios vgl. U. Wilcken, UPZ I, S. 196; B. C. McGing, APF 48, 2002, 53. 352 Vgl. P. Bad. II 13, Z. 3f. = SB VIII 9800, Z. 3f. (Zeit Ptolemaios’ III. [?]); UPZ I 110, Z. 193-213 (23. Oktober 164); dazu P. Handrock, Weisungen, 44f. 46f. 353 Vgl. P. Petr. II 20, Col. II, Z. 3 = Chrest. Wilck. 166, Col. II, Z. 3; UPZ I 112, Col. II, Z. 15; P. Tebt. I 6, Z. 14f.; 61 (b), Z. 21 f.; P. Poethke 18, Z. 3f.; dazu Bärbel Kramer, APF 55, 2009, 318. 323; P. Ryl. II 66, Z. 4f. 354 Vgl. P. Heid. VI 379, Z. 18-20; P. Tebt. III 1, 776, Z. 32f.; P. Hels. I 36, Z. 15 (ohne ausdrückliche Nennung des ἐπιμελητής). 355 A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 3911, U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 197f.; Grundzüge, 150, und P. Handrock, Weisungen, 861, stellen den ἐπιμελητής über den οἰκονόμος. A. Steiner, Fiskus I, 261. 35. 36. 46f.; II, 100, und B. C. McGing, APF 48, 2002, 54f., neigen der Annahme zu, daß zwischen beiden Beamten ein „kollegiales“ Verhältnis bestanden hat. Bestand ein solches Verhältnis auch zwischen dem ἐπιμελητής und dem ὑποδιοικητής? Vgl. UPZ I 110, Z. 212 (23. Oktober 164); dazu P. Handrock, Weisungen, 45f. Anders A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 3872. Sicherer scheint dagegen die Annahme zu sein, daß der ἐπιμελητής nicht der Vorgesetzte des ἀρχιφυλακίτης gewesen ist. Vgl. P. Petr. II 20, Col. II, Z. 3 = Chrest. Wilck. 166, Col. II, Z. 3; P. Tebt. III 1, 741, Z. 3; dazu P. Handrock, Weisungen, 85f. 861. 1191; anders A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 3911; U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 197f.; Ph. A. Verdult, P. Erasm. II, S. 107f.; B. C. McGing, APF 48, 2002, 53f. 356 Vgl. dazu insbesondere B. C. McGing, APF 48, 2002, 42f. 55-63 (mit den antiken Zeugnissen); außerdem H. Maspero, Finances, 220-223; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 186. 2933. 391; U. Wilcken, Grundzüge, 150; Chrest. Wilck., S. 196199; A. Steiner, Fiskus I, 27; II, 100. 106.

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Kasse357 und um die Überprüfung der Richtigkeit von Steuer-Deklarationen zu kümmern. Doch ist zu bedenken, daß uns die papyrologischen Zeugnisse nur „a rather disjoined picture of the epimeletes’ job“ vermitteln, daß wir nur behaupten können, „that at a certain time in a certain place an epimeletes acted in a certain way, and that, therefore, he had the power so to act at that time and in that place”358. Im Rahmen seines Aufgabenbereichs verfügte der epimeletés über jurisdiktionelle Kompetenzen 359 . Besonders deutlich äußert sich in dieser Hinsicht ein „Papyrus-Monopol-Superintendent“, der in einem „Rundbrief“ den epistátes, den archiphylakítes, die phylakítai, die eremophýlakes, den komárches und den komogrammateús des Dorfes Tali (Arsinoïtes) auffordert: „Überstellt [die, die gegen das Papyrus-Monopol verstoßen haben,] dem epimeletés Zopyros, damit die entsprechenden Strafen auferlegt werden“360! Von diesen richterlichen Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Ausübung der Amtspflichten eines epimeletés standen, sind die richterlichen Tätigkeiten zu unterscheiden, zu deren Übernahme der epimeletés als einer der prominentesten Amtsträger eines Gaus – gleichsam ausnahmsweise – aufgefordert wurde361. Seit dem 2. Jh. richteten viele Bewohner des Landes ihre Rechtsschutzbitten (hypomnémata) an Beamte – genauer: an die Beamten, bei denen ihre Anliegen am besten aufgehoben schienen362. Zu ihnen zählte auch der epimeletés363.

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357 Allerdings hatte der ἐπιμελητής anscheinend nicht das Recht, Auszahlungs- bzw. Ausgabeanordnungen in eigener Machtvollkommenheit auszufertigen, er hatte diese Anordnungen wohl zunächst dem οἰκονόμος vorzulegen. Vgl. Charikleia Armoni, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 15. 358 B. C. McGing, APF 48, 2002, 63. 359 Vgl. E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 90-94; H. Bengtson, Strategie III, 78f.; H. J. Wolff, Justizwesen, 161. 360 P. Tebt. III 1, 709, Z. 16-18 (27. Oktober 159): ἀποκαθείστατε ἐπὶ Ζώπυρον τ̣[ὸν ἐπιμ]ελητήν, ὅπως εἰσπραχθῶσιν τὰ κα[θήκοντα] ἐπίτιμα. 361 Vgl. P. Amh. II 33; 34 (157/56); dazu A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 2151; J. Oehler, RE VI 1, 1907, 162-171, hier 170, s. v. Ἐπιμεληταί. 362 Vgl. etwa J. Hengstl, in: Symposion 1995, 265-289. 363 Vgl. P. Petr. III 36 (a), Verso (etwa 218); dazu P. R. Swarney, ZPE 61, 1985, 161166; P. Petr. III 36 (a), Recto (218/17); P. Petr. II 32 (1) (201); UPZ I 32 (162/61); P. Amh. II 34 (157/56); B. C. McGing, APF 48, 2002, 45f. u. T. IV (23. Dezember 154 [?] oder 20. Dezember 143 [?]); P. Tebt. III 1, 782 (etwa 153); P. Ryl. IV 578 = CPJ I 43 (2. Jh.); P. Petr. II 1 (?) (2. Jh.); SB XXIV 15912 (2. Jh.); SB XXII 15545 (18. April 146 [?]); SB XXII 15546 (nach dem 18. April 146 [?]).

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Der epí ton prosódon364 In der Mitte des 2. Jh. tauchte in der Verwaltung der chóra ein neuer Funktionär auf, der den Titel epí ton prosódon („Chef der Einkünfte“) trug. Der erste uns namentlich bekannte „Chef der Einkünfte“ dürfte ein gewisser Sarapion (20. Juni 144)365 gewesen sein366. Natürlich stand der „Chef der Einkünfte“ unter dem dioiketés367. Er stand aber auch unter dem hypodioiketés368. Gegenüber dem oikonómos jedoch war er der Vorgesetzte369. ___________________________

364 Zum ἐπὶ τῶν προσόδων vgl. H. Maspero, Finances, 208-210. 241-244; A. BouchéLeclercq, Histoire III, 387f.; IV, 62. 248f. 2674; U. Wilcken, Grundzüge, 149; F. Preisigke, O. Joach., S. 43-50; M. Engers, Mnemosyne N. F. 47, 1919, 148f.; R. Seider, Beiträge, 40; Claire Préaux, Économie royale, 121f. 126f. 288. 447-449. 526. 527f. 550; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 93f. 104; H. Bengtson, Strategie III, 43f. 46-48. 49. 59. 69. 75-77. 79. 99. 120; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 250. 259f.; 279f. 284; 291f. 301; 338f. 363-365. 369-372. 379. 38413; in: Egitto e Storia Antica, 186f.; E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 62-64; Arctos 37, 2003, 123-132; B. C. McGing, APF 50, 2004, 119-137; K. Maresch Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 181. 185; außerdem PP I/VIII 972-1001; PP VIII 1001a; L. Mooren, Aulic Titulature, 144f. Nr. 0188 und 0189 (mit weiteren Verweisen); schließlich P. Berl. Salm. 10, Z. 5; 12, Z. 5; 13, Col. II, Z. 7f.; 14, Z. 4f.; 15, Z. 4; 16, Z. 5f. Zu den Untergebenen des „Chefs der Einkünfte“ vgl. P. Tebt. I 64 (b), Z. 17. – Zum seleukidischen ἐπὶ τῶν προσόδων vgl. H. Bengtson, Strategie II, 51. 127-129; G. G. Aperghis, Seleukid Royal Economy, bes. 276f. (mit einer m. E. fraglichen Interpretation). 365 Vgl. P. Tebt. III 2, 924 (20. Juni 144): [Σ]αραπίωνι στρα(τηγῶι) καὶ ἐ̣π̣ὶ̣ [τῶν προσόδων]. 366 Anderer Ansicht sind U. Wilcken, APF 2, 1903, 387; Chrest. Wilck. 162, Col. I, Z. 3 (Anm.), F. Preisigke, O. Joach., S. 43-45, H. Henne, REA 37, 1935, 234, und H. Bengtson, Strategie III, 471. 99, die in Protarchos den ersten uns namentlich bekannten „Chef der Einkünfte“ sehen. Sie ergänzen den entsprechenden Text BGU III 992, Z. 3 = SB I 4512, Z. 3 (187/86) folgendermaßen: [τοῦ ἐπὶ τῶν κατὰ] τὴν Θηβαΐδα . Doch scheint etwa die (virtuelle) Ergänzung die größere Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 144; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 294. 338f. – Auch der Fall des Ptolemaios ist im Hinblick auf unsere Fragestellung – vor allem wegen der sehr unsicheren Ergänzung – sehr zweifelhaft. Vgl. P. Lond. II 227 b, Z. 5f.: τὸν σ̣[τρα(τηγὸν) καὶ ἐπὶ τ]ῶν προσόδων (vor 169/68, Pathyrites); dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 291. – Anders urteilt schließlich E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 6452, der in Phanias den am frühesten bezeugten ἐπὶ τῶν προσόδων sieht. Vgl. P. Tebt. III 2, 959, Z. 1f. (24. Juni - 23. Juli 140). – Zum ἐπὶ τῶν κατὰ τὴν Θηβαΐδα vgl. auch B. C. McGing, APF 50, 2004, 130. 133f., der vermutet, der Titel Θηβάρχης sei „an abbreviated form of the full and unwieldly title ὁ ἐπὶ τῶν κατὰ τὴν Θηβαΐδα“ (134). Kann man annehmen, daß der „richtige“ Titel (etwa) nach dem Jahr 180 vollständig aus dem offiziellen Sprachgebrauch (!) verschwunden ist? 367 Vgl. P. Handrock, Weisungen, 36-43.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Das Amt dieses neuen Funktionärs wurde häufig mit anderen Ämtern kumuliert, insbesondere mit dem Amt des strategós. Doch war es ursprünglich sicher ein eigenständiges Amt 370 . Hätte mit der Wendung epí ton prosódon nur die Erweiterung von Kompetenzen eines Amts – etwa des Amts des strategós – zum Ausdruck gebracht werden sollen, wäre diese Formulierung unnötig bzw. unpassend gewesen. Im übrigen besitzen wir auch ein ausdrückliches Zeugnis der königlichen Kanzlei, das die ursprüngliche Eigenständigkeit des Amts bestätigt. In dem Anmestie-Erlaß des Jahre 118 stellt Ptolemaios VII. Euergetes II. „die strategoí und die ‚Chefs der Einkünfte’ und die Königlichen Sekretäre“371 nebeneinander372. Allerdings zog die umfassende Kompetenz, die mit dem Amt des „Chefs der Einkünfte“ verbunden war, bald das Interesse anderer Amtsinhaber – besonders das Interesse der strategoí – auf sich373. Die Funktionäre, die zu ihrem bisherigen Amt das Amt des „Chefs der Einkünfte“ übernahmen, konnten sich nunmehr ___________________________

368 Vgl. U. Wilcken, Grundzüge, 149; Chrest. Wilck., S. 190. 369 Vgl. A. Steiner, Fiskus I, 25. 30f. 32f. 36f. 47. 49f. 54; II, 98-100. 105. 370 Anders E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 64. 371 P. Tebt. I 5, Z. 88 = C. Ord. Ptol. 53, Z. 88: τοὺς στ[ρ]α(τηγοὺς) καὶ τοὺς ἐπὶ τῶν προ(σόδων) καὶ τοὺς βα(σιλικοὺς) γρ(αμματεῖς). Vgl. dazu etwa H. Bengtson, Strategie III, 47f. 75; Charikleia Armoni, ZPE 136, 2001, 171f.14. Auch in UPZ I 106, Z. 3 (15. Oktober 99) ist ὁ ἐπὶ [τ]ῶν προσόδ[ων] (im Dativ) von den anderen Beamten abgesetzt. Vgl. dazu L. Piotrowicz, Stanowisko Nomarchów, 45. Vgl. außerdem P. Tebt. I 254 (etwa 113): (Asklepiades) … τῶν ὁμοτίμω[ν τοῖς] συγγενέσι καὶ ἐπὶ τῶν προσό[δων]; III 1, 792, Z. 1f. (etwa 113): Ἀσκληπιάδει τῶν ὁμοτίμων τοῖς συγγεν[έσι καὶ] ἐπὶ τῶν προσόδων; P. Amh. II 31, Z. 2 = Chrest. Wilck. 161, Z. 2 (26. Dezember 112): Ἑρμίου τοῦ ἐπὶ τῶν προσόδων; dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 279. 284; 291f.; BGU XVIII 1, 2747, Z. 23 (13. Dezember 87/11. Januar 86): [Σαραπίω]ν̣ι τῶν (πρώτων) φ[ί]λ̣ων̣ κ̣αὶ ἐπὶ τῶν προσόδων; 2741, Z. 4f. (28. Februar 86); 2745, Kol. II, Z. 5f. (26. April 86); 2751, Z. 3-5 (Frühling 86); 2742, Kol. I, Z. 7f. (5. Juli 86); 2743, Z. 6-8 (6. Juli 86); 2738, Z. 5f. (1. August 86); 2740, Z. 5f. (87/86 [?]); 2746, Kol. I, Z. 4-6; Kol. II, Z. 4; Kol. III, Z. 3 (28. November 86): jeweils κατὰ τὸν παρὰ Σαραπίωνος τοῦ ἐπὶ τῶν προσόδων χρηματισμόν; 2732, Z. 12 (erste Hälfte des 1. Jh.) in der Ergänzung von Charikleia Armoni, ZPE 136, 2001, 171f.14: [ὑπὸ Σαραπίωνος τοῦ ἐπὶ τῶν προσόδων]; P. Berl. inv. 16883 II1; III1 (vgl. H. Kortenbeutel, RE XX 1, 1941, 95103, hier 101f., s. v. Philos 1 (1. Jh.): Ὡρίων τῶν πρώτων φίλων καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων. 372 E. Salmenkivi, Arctos 37, 2003, 125f., unternimmt allerdings den Versuch, dieses Argument dadurch zu entwerten, daß er annimmt, erst jetzt – zu Beginn der 10er Jahre des 2. Jh. – sei das Amt des ἐπὶ τῶν προσόδων ein eigenständiges Amt geworden. 373 H. Bengtson, Strategie III, 59. 76f., weist zu Recht darauf hin, daß sich die amtlichen Beziehungen zwischen dem διοικητής und dem στρατηγός seit der Zeit, seit der die Ämter des στρατηγός und des ἐπὶ τῶν προσόδων kumuliert worden sind, wesentlich enger gestaltet haben als in der vorhergehenden Zeit.

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im Lichte von „Super-Beamten“ sonnen374. Die Regierung gab ihren Segen dazu. Im 1. Jh. schließlich scheinen die Ämter des strategós und des „Chefs der Einkünfte“ stets kumuliert gewesen zu sein375. ___________________________

374 Vgl. P. Tebt. III 2, 924 (20. Juni 144): [Σ]αραπίωνι στρα(τηγῶι) καὶ ἐ̣π̣ὶ̣ [τῶν προσόδων]; P. Tebt. III 2, 959, Z. 1f. (nicht vor dem 24. Juni/23. Juli 140): [Φανίαι τῶν πρώ]των φίλων καὶ [στρατηγῶι] καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων; I 61 (b), Z. 362f.: Φανίαι τῶι γενομένωι ἐν τοῖς πρώτοις φίλοις κ[αὶ στρατηγῶι καὶ] ἐπὶ τῶ[ν πρ]οσόδ[ων]; I 72, Z. 359f.: Φανίαι τῶι γενομένωι στρατηγῶι καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων; III 1, 785, Z. 1f.: Φανίαι τῶν πρώτων φίλων καὶ στρατηγῶι καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων; III 1, 786, Z. 1f.: Φανί[αι τῶν] πρώτων φίλων καὶ στρα[τηγ]ῶι καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων; I 61 (b), Z. 46f.: ὑπὸ Φανίου τοῦ γενομένου στρατηγοῦ καὶ ἐπὶ τῶ[ν] προσόδων; dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 279; P. Amh. II 35, Z. 1f. (12. August 132): Ἀπολλωνίωι τῶν πρώτων φίλων καὶ στρατηγῶι καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων; P. Sijp. 13 recto, Z. 8 (133-130 [?]): [– – – στρατηγ] ̣ι̣ καὶ ἐπὶ τῶν [προσόδων] oder [– – – ἐπιστάτ] ̣ι̣ καὶ ἐπὶ τῶν [προσόδων τοῦ Περὶ Θήβας]; UPZ II 162, Kol. I, Z. 2f. (11. Dezember 117): ἐφ’ Ἡρακλείδου τῶν ἀρχισωματοφυλάκων καὶ ἐπιστάτου τοῦ Περὶ Θήβας καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων τοῦ νομοῦ; 196, Z. 1f. (20. November/19. Dezember 116): Ἡρακλείδε̣ι̣ τ̣ῶν ̣ σωματοφυλάκων καὶ ἐπιστάτει καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων τοῦ Περὶ Θήβας; P. Tebt. I 64 (b), Z. 17f. (etwa 116/15): [ἐφ’ ὧν τοὺς παρὰ τοῦ ἐπ]ὶ τῶν προσόδων προσ[ανηνέχθαι συνκεκρίσθαι ὑπὸ Εἰρηναίο]υ τοῦ συγγενοῦς καὶ στρατ[ηγοῦ]; 72, Z. 241-243 (vor dem 11. April 114): ὑπ’ Εἰρηναίου τοῦ συγγενοῦς καὶ δι[ο]ικητοῦ ὁπότε ἦν στρα(τηγὸς) καὶ [ἐπὶ] τῶ[ν] π̣ρ̣[ο]σ̣ό̣δ̣ων; Z. 262-265 (vor dem 11. April 114): ἐφ’ ὧν τοὺς παρὰ τοῦ ἐπὶ τῶν προσόδων προ[σ]ανηνέχ[θαι συ]γκεκρίσθαι ὑπὸ Εἰρηναίου τοῦ συγγενοῦ[ς καὶ στρατηγοῦ]; IG Fay. I 71, Z. 3-6 = OGIS I 179, Z. 3-6 (21. November 95): Λυσανίου τοῦ συγγενοῦς καὶ στρατηγοῦ καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων τοῦ Ἀρσινοΐτου; UPZ II 117, Col. I, Z. 11-13 (etwa 89-83): Σαραπίωνος τοῦ συγγενοῦς καὶ ὑποδιοικητοῦ; dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 260; 337; O. Joach. 13, Z. 5-7 ≈ SB III 6924, Z. 5-7 (21. August 65): Ἑρμίου ┌τοῦ┐ ἐπὶ τῶν προσόδων καὶ οἰκονόμου καὶ πορθώτ┌ου┐; dazu W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 107; O. Joach. 18, Z. 6-9 ≈ SB III 6929, Z. 6-9 (27. Januar 53): ἐφ’ Ἑρμίου Καλλίου ἐπὶ τῶν προσόδ(ω)ν καὶ βασιλικ┌οῦ┐ γραμματέω┌ς┐ κ̣αὶ χιρισμοῦ̣ καὶ πορθώτ┌ου┐ καὶ τῶν θιασιθῶν [sic!] πάντων; dazu W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 106f.; O. Joach. 18, Z. 3-5 ≈ SB III 6929, Z. 3-5 (27. Januar 53): ἐπὶ Πελαίαι συγγενεῖ καὶ στρατηγῶι καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων τοῦ Ὀμβίτου; OGIS I 194, Z. 3f. ≈ R. Hutmacher, Ehrendekret, 19, Z. 3f. (18. März 39 [?]): Καλλίμαχος ὁ συγγενὴς [καὶ στρατηγὸς καὶ ἐπ]ὶ τῶν προσόδων τοῦ Περὶ Θήβας ...; F. Ll. Griffith, Graff. dem. Philae 327, Z. 2f. (50-30): (Pachon/Hierax) „… the chief of gold [= ἐπὶ τῶν προσόδων [?]], the agent, the Ptolemaios, the syngenes, the strategus“; dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 353. 365. Anders als Christine Zivie-Coche, Tanis 3, 282f., sehe ich in Pn-mrjt von Tanis nicht einen „chapelain“, der über einige Tanis überschreitende Kompetenzen verfügte, sondern einen στρατηγὸς καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Der Amtsbereich eines „Chefs der Einkünfte“ umfaßte gewöhnlich einen Gau376. Auch in der Thebaïs waren die „Chefs der Einkünfte“ jeweils für einen Gau zuständig. Darüber hinaus gab es aber einen Funktionär, der für das Gebiet der gesamten Thebaïs zuständig war. Er trug – vielfach – den Titel Thebárches377. ___________________________

Da (etwa) seit dem Beginn des 1. Jh. das Amt des στρατηγός stets mit dem des „Chefs der Einkünfte“ verbunden gewesen zu sein scheint, habe ich die entsprechenden Fälle, die aus dieser Zeit stammen, gewöhnlich nicht erwähnt. (Zu Paniskos vgl. H. Maehler, BGU XIX, S. 18. Zu Ptolemaios, dem Sohn des Panas, vgl. J. Bingen, CE 83, 2008, 247-252.) Zur Kumulation des Amts des „Chefs der Einkünfte“ mit den Ämtern anderer Funktionäre vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 387f.; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 93f.; H. Bengtson, Strategie III, 47. 49; P. Handrock, Weisungen, 32-36. 43; J. D. Thomas, Epistrategos I, 70120; E. Salmenkivi, Arctos 37, 2003, 124-128. 129-132. 375 Vgl. P. Handrock, Weisungen, 33-36. Handrock spricht davon, daß in dieser Zeit „ein neues Amt“ geschaffen worden ist (34). 376 Vgl. UPZ II 162, Kol. I, Z. 3: τοῦ νομοῦ; 196, Z. 2: τοῦ Περὶ Θήβας; IG Fay. I 71, Z. 5f. = OGIS I 179, Z. 5f.: τοῦ Ἀρσινοΐτου; BGU VIII 1782, Z. 2: τοῦ Ἡρ(ακλεο)πο(λίτου); O. Joach. 18, Z. 5 = SB III 6929, Z. 5: τοῦ Ὀμβίτου; OGIS I 194, Z. 4 ≈ R. Hutmacher, Ehrendekret, 19, Z. 4: τοῦ Περὶ Θήβας. – F. Preisigke, O. Joach., S. 45f., und A. Steiner, Fiskus II, 105, behaupten, auch in jeder μερίς des Arsinoïtes habe ein selbständiger „Chef der Einkünfte“ fungiert. Für diese Annahme finde ich jedoch keine Belege. Die zwei „Chefs der Einkünfte“ von P. Tebt. I 27 (113), Hermias und Asklepiades, scheinen jedenfalls nicht beide im Arsinoïtes tätig gewesen zu sein. Vgl. P. Handrock, Weisungen, 36-38. Anders etwa A. BouchéLeclercq, Histoire III, 3881; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 50f. 377 Diese – zunächst vielleicht seltsam anmutende – Behauptung läßt sich aufgrund eines Vergleichs einiger Texte erhärten. Nach P. Amh. II 31 war in der Zeit vom 24.26. Dezember 112 ein gewisser Hermias als ἐπὶ τῶν προσόδων im Pathyrites tätig. Ein gutes Jahr später – am 22. Januar 110 – hatte derselbe Funktionär im selben Gau wiederum mit den gleichen finanziellen Problemen zu tun, und zwar nach DH Str 13, Z. 1 – vgl. Ursula Kaplony-Heckel, MDAIK 21, 1966, 143 – als p3 ḥrj Nwt (?) („der Chef von Thebai“ [?]). Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, daß die Wendung p3 ḥrj Nwt die demotische Wiedergabe des griechischen Titels Θηβάρχης darstellt, und auch nicht daran, daß „beide“ Funktionäre identisch sind. Mit anderen Worten: Der Θηβάρχης ist der ἐπὶ τῶν προσόδων (der Thebaïs). Wahrscheinlich war er dies – sagen wir: im Kern – bereits seit dem letzten Drittel des 3. Jh. – vgl. P. dem. Hausw. 16, Z. 4 (221/20); P. dem. Berl. I 13543, Z. 4. 6 (11. August 219 [?]); 15522, Z. 3. 18 (2. April 216 [?]); III 13566, Z. x+10. x+21 (7. Juni 216 [?]) –, ohne daß er den Titel ἐπὶ τῶν προσόδων getragen hätte. Von dieser Annahme müßten wir m. E. nur abrücken, wenn ein Dokument auftauchte, in dem ein Funktionär „im gleichen Atemzug“ als Θηβάρχης und als ἐπὶ τῶν προσόδων (oder mit entsprechenden demotischen Titeln) bezeichnet wäre. Vgl. dazu W. Spiegelberg, in: W. Spiegelberg - W. Otto, Neue Urkunde, 113; W. Peremans - E. Van ’t Dack / L. Mooren - W. Swinnen, PP I/VIII 979; Maria Carmela Betrò, EVO 7, 1984, 41-60; E. Van ’t Dack, in: Egitto e Storia Antica, 186f.; außerdem E. Van ’t Dack, jetzt in:

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Der „Chef der Einkünfte“ hatte – der Titel deutet es an – den rechtzeitigen und vollständigen Eingang der Einkünfte des Königs sorgfältig zu überwachen, und zwar den Eingang sowohl der Naturalabgaben als auch der Geldzahlungen. Im einzelnen bedeutete dies378: die fälligen Steuern einzuziehen379, für die ordnungsgemäße Verpachtung des königlichen Landes zu sorgen, beim Rückfall königlichen Landes an die Krone die gesetzlichen Bestimmungen zur Geltung zu bringen, gegen Leute vorzugehen, die zu Unrecht königliches Land in Besitz genommen hatten, sich um die Einkünfte aus gesondert ausgewiesenen Ländereien zu kümmern380, Streitigkeiten, die zwischen Bauern der königlichen Domänen ausgebrochen waren, zu schlichten, zusammen mit dem strategós und dem Königlichen Sekretär die Eichung der Maße und Gewichte zu überwachen, mit Hilfe der Ortssekretäre geeignete genematophýlakes („Erntewächter“) zu rekrutieren381, zuverlässige Männer als Funktionäre, beispielsweise als oikonómoi und als Polizeichefs, anzustellen, von den oikonómoi, den Königlichen Sekretären, den Dorfsekretären und den Dorfpolizisten eidliche Erklärungen (in doppelter Ausfertigung) über die Einhaltung der Dienstvorschriften anzufordern382, überhaupt den reibungslosen Ablauf der Arbeiten auf den königlichen Domänen zu

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Ptolemaica selecta, 276f. 279f.28. 280. 282. 283. 284. 286; 291. 299-302; 363. 380; Renate Müller-Wollermann, in: Life, 246f. Anders urteilen G. Lumbroso, Recherches, 239, W. Dittenberger, OGIS I, S. 272, H. Bengtson, Strategie III, 119f., und R. Bogaert, jetzt in: Trapezitica Aegyptiaca, 88. Anderer Ansicht ist auch B. C. McGing, APF 50, 2004, 135, der das Amt des Θηβάρχης von dem des ἐπὶ τῶν προσόδων trennt. McGing hält es für möglich, „that by the 1st century BC some of the financial power in the Thebaid had shifted from the thebarch to, for instance, the ἐπὶ τῶν προσόδων“. – Zu zwei neuen Zeugnissen von Θηβάρχαι (P. TCD 296 ined.; 301 ined.) vgl. B. C. McGing, APF 50, 2004, 122f. Vgl. H. Maspero, Finances, 208f.; F. Preisigke, O. Joach., S. 46; P. Handrock, Weisungen, 36-38; außerdem PP I/VIII 415-419; PP VIII 416a; 416b; 417a; 418a (Θηβάρχαι); PP I/VIII 420-421; PP VIII 420a (Untergebene der Θηβάρχαι). Vgl. etwa B. C. McGing, APF 50, 2004, 130. – Die Geld-Steuern waren auf das Konto des „Chefs der Einkünfte“ einzuzahlen. Vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 2674. Soweit mit Steuerfragen auch Zinsfragen verknüpft waren, hatte sich der „Chef der Einkünfte“ auch damit zu befassen. Vgl. etwa A. BouchéLeclercq, Histoire IV, 248f. Zur κεχωρισμένη πρόσοδος vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 569f.; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 379-381; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Eos 48,2, 1956, ersch. 1957, 127f. Vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 62; Claire Préaux, Économie royale, 126f. Diesen Erklärungen hatte der „Chef der Einkünfte“ auch eine Erklärung (in doppelter Ausfertigung) über seine eigene Diensttätigkeit beizufügen. Vgl. P. Tebt. I 27, Z. 64.

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gewährleisten383, und schließlich die üblichen Gebühren für die Übernahme von Priesterämtern zu kassieren384. Mag der „Chef der Einkünfte“ auch zahlreiche und sehr unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen gehabt haben – sonderrichterliche Vollmachten scheint er zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht besessen zu haben385. Mit der Schaffung des Amts des „Chefs der Einkünfte“ dürfte die Regierung die Absicht verfolgt haben, den Finanzapparat zu straffen und mit Hilfe dieser Straffung rascher und genauer einen Überblick über die Einnahmen zu gewinnen, die eingelaufen waren oder doch hätten einlaufen sollen oder in Zukunft noch einlaufen sollten386. „An die Stelle konkurrierender Kompetenzen“ sollte – im Hinblick auf die Finanzverwaltung jedes Gaus – „ein umfassendes zentralistisches Amt“387 gesetzt werden. Vermutlich geschah dies während der Regierungszeit Ptolemaios’ VI.388. Nun stellt sich noch die Frage, welches Amt oder welche Ämter das neue Amt ersetzen sollte. Das Amt des nomárches389? Das Amt des oikonómos390? Das Amt des epimeletés391? Vermutlich nicht eines dieser Ämter, sondern – jedenfalls zu einem beträchtlichen Teil – alle drei392. Manche Zeitgenossen allerdings scheinen das Amt des „Chefs der Einkünfte“ in einer besonderen Nähe zum (früheren) ___________________________

383 U. Wilcken, Grundzüge, 149, weist im übrigen darauf hin, daß der „Chef der Einkünfte“ nicht nur für die allgemeine διοίκησις, sondern auch für den ἴδιος λόγος zu arbeiten hatte. Vgl. P. Amh. II 31, Z. 1f. 384 Vgl. B. C. McGing, APF 50, 2004, 130. 385 Vgl. E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 94. Anders A. Steiner, Fiskus I, 26f.; H. Bengtson, Strategie III, 79. 386 Vgl. A. Steiner, Fiskus I, 54; H. Bengtson, Strategie III, 47; außerdem E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 250. – Vielleicht hat F. Preisigke, O. Joach., S. 52, nicht unrecht, wenn er sagt: „Der ἐπὶ τῶν προσόδων sorgt mehr für das Soll, der βασιλικὸς γραμματεύς mehr für das Ist des Ertrages.“ 387 H. Bengtson, Strategie III, 47. 388 E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 250, weist darauf hin, daß die Zeugnisse für die Existenz eines στρατηγὸς καὶ ἐπὶ τῶν προσόδων zuerst im Arsinoïtes und im Herakleopolites, dann in der Thebaïs und schließlich im Memphites auftauchen. Sollte dies ein Hinweis auf eine sukzessive Entstehung des Amts des ἐπὶ τῶν προσόδων sein? Kaum. 389 Vgl. F. Preisigke, O. Joach., S. 47-50; L. Piotrowicz, Nomárchow, 45f.; R. Seider, Beiträge, 40; außerdem M. Engers, Mnemosyne N. F. 47, 1919, 148f., der jedoch der Ansicht ist, daß die Aufgaben, die der νομάρχης des 3. Jh. zu erfüllen hatte, sowohl auf den βασιλικὸς γραμματεύς als auch auf den ἐπὶ τῶν προσόδων übergegangen sind. 390 Vgl. A. Steiner, Fiskus I, 26; Claire Préaux, Économie royale, 121f. 288. 526. 550 (hier unter Einbeziehung des νομάρχης des 3. Jh.); außerdem H. Bengtson, Strategie III, 442. 391 Vgl. W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 93f. 104; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 250. 38413 (einschränkend). 392 Ähnlich (!) P. Handrock, Weisungen, 364.

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Amt des nomárches gesehen zu haben393. Sie bezeichneten etwa einen gewissen Phanias sowohl als strategós und „Chef der Einkünfte“ 394 als auch als nomárches 395 und ebenso einen gewissen Hermias sowohl als „Chef der Einkünfte“396 als auch als strategós und nomárches397. Doch wäre es natürlich verkehrt, im neuen Amt nur ein umbenanntes altes Amt zu sehen398. Allerdings gebe ich zu, daß mit der Annahme, der Titel nomárches sei seit der Mitte des 2. Jh. nur eine „altmodische“ Variante des Titels „Chef der Einkünfte“ gewesen, nicht alle Schwierigkeiten behoben sind. So gibt es zu denken, daß noch im 1. Jh. gelegentlich Funktionäre auftauchten, die den Titel nomárches trugen399. Waren auch sie in Wirklichkeit „Chefs der Einkünfte“? Jedenfalls ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß eine Funktion auf verschiedene Weisen ausgedrückt werden konnte400. Wenn der Thebárches ein „Chef der Einkünfte“ war, warum nicht auch ein nomárches?

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393 Vgl. etwa E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 34683. Anders etwa M. Engers, Mnemosyne N. F. 47, 1919, 149f. Anders auch P. Handrock, Weisungen, 364, dessen Ausführungen mir in diesem Punkt nicht schlüssig zu sein scheinen. – Eine offizielle Umbenennung des Titels νομάρχης in den Titel ἐπὶ τῶν προσόδων wird man jedoch kaum annehmen können. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 46f.; dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 27924. 394 Vgl. P. Tebt. I 61 (b), Z. 46f. 362f.; 72, Z. 359f.; III 1, 785, Z. 1f.; 786, Z. 1f.; III 2, 959, Z. 1f. 395 Vgl. P. Tebt. I 72, Z. 205 (in verbaler Ausdrucksform). 396 Vgl. P. Amh. II 31, Z. 2. 397 Vgl. UPZ II 161, Z. 20f.; 162, Kol. I, Z. 12. 14; Kol. IV, Z. 23f. 398 Dieser Ansicht ist jedoch F. Preisigke, O. Joach., S. 47-50. 399 Vgl. BGU XIV 2428, Z. 23; P. Wash. Univ. I 50, Z. 29; dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 38413. – Der (frühe) Fall des Haremephis (162/61), des p3 sḥn, spielt in diesem Zusammenhang kaum eine Rolle, denn sḥn ist kaum mit νομάρχης zu übersetzen und „anschließend“ mit ἐπὶ τῶν προσόδων gleichzusetzen. Vgl. Edda Bresciani, SCO 9, 1960, 120; dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 279f.; 291; 38413 (mit vorsichtiger Stellungnahme). 400 Vgl. etwa E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 280; 379.

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Der sitológos und der trapezítes401 Sitológoi (Speicherbeamte) und trapezítai (Bankbeamte) 402 gab es sowohl auf der Ebene der Gaue als auch der der Dörfer403. Die Speicherbeamten waren für den staatlichen Warenverkehr, die Bankbeamten für den staatlichen Geldverkehr zuständig404. Während jedoch die Speicherbeamten (der Gaue) und die Bank___________________________

401 Vgl. H. Maspero, Finances, 194-198. 199-201; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, bes. 363-381; U. Wilcken, Grundzüge, 152f.; 181; P. Handrock, Weisungen, 56-66. 101113. Zu den Speicherbeamten der Gaue (und der Dörfer) vgl. außerdem PP I/VIII 1326-1436; VIII 1336a; 1337a; 1338a; 1342a; 1349a; 1350a; 1351a; 1364a; 1367a; 1374a; 1374b; dazu Charikleia Armoni, Tyche 21, 2006, 196f.; 1384a; 1397a; 1435a; P. Vindob. Barb. 37 (Dorion); dazu W. Clarysse, in: Graeco-Roman Fayum, 66; P. Vindob. Barb. s. n.; 32; 38; 39; 41; 45; 47 (Dionysodoros); dazu W. Clarysse, in: Graeco-Roman Fayum, 66f.; P. Köln XI 448, Z. 1 (Theophilos) (?); 448, Z. 27 (Theomnestos); P. Hels. I 6, Z. 5. verso; P. Köln XI 453, Z. 3. verso; 454, Z. 7 (Philippos); P. UB Trier S 125-44, Z. 2 (Apollodoros und Herakleides); dazu Bärbel Kramer, APF 55, 2009, 322f.; zu deren Vorgesetzten oder Mitarbeitern PP I/VIII 1455-1488; VIII 1471a; 1473a; zu deren Untergebenen PP I/VIII 1437-1441. Zum mr šnwt („Chef des Speichers“) Beniut vgl. G. Gorre, Relations, 227-231 Nr. 47. Zu den Bankbeamten der Gaue vgl. PP I/VIII 1122-1294; VIII 1122a; 1122b; 1145a; 1151a; 1157a; 1159a; 1161a; 1163a; 1164a; 1179a; 1179b; 1181a; 1187a; 1198a; 1212a; 1224a; 1229a; 1231a; 1232a; 1242a; 1242b; 1244a; 1245a; 1250a; 1257a; 1257b; 1258a; 1261a; 1262a; 1262b; 1275a; 1275b; 1276a; 1277a; 1280a; 1281a; 1287a; 1290a; 1290b; zu deren Untergebenen PP I/VIII 1295-1319; VIII 1302a; 1304a; 1305a. 402 Zu den königlichen Banken und den staatlichen Inkassobüros, von denen hier die Rede ist, vgl. einerseits Claire Préaux, Économie royale, 284-293, und R. Bogaert, CE 66, 1991, 308-315; jetzt in: Trapezitica Aegyptiaca, 37-43; ZPE 120, 1998, 166f.; AncSoc 29, 1998-1999, 49-118; 31, 2001, 177-201, und andererseits R. Bogaert, CE 66, 1991, 308f.; ZPE 120, 1998, 167; AncSoc 29, 1998-1999, 118-122; 31, 2001, 201-204. 403 In der Thebaïs gab es einen Speicherbeamten, der für die ganze Region zuständig war. Vgl. BGU III 992, Kol. II, Z. 1 = SB I 4512, Z. 12: [Λυσιμ]ά̣χου σιτ̣[ο]λόγου κ̣α̣ὶ̣ τρα̣[πεζίτου]; dazu L. Mooren, Hiérarchie, 160. Doch scheint es daneben auch Speicherbeamte gegeben zu haben, die den staatlichen Warenverkehr einzelner Gaue (?) überwachten. Vgl. SB VI 9367 Nr. 4, Z. 21-23: σιτολόγωι [τ]ῶ̣[ν τόπ]ω̣ν (Syene); dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 381. – Zu Bankbeamten der Thebaïs vgl. R. Bogaert, ZPE 120, 1998, 188 (Lysimachos); E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 283; 294. 299f. 301; 361; außerdem R. Bogaert, ZPE 120, 1998, 190 (Hermias). Zu Bankbeamten, denen etwa ἡ ἐν Συήνηι τράπεζα, die Bank des Gaus von Elephantine, anvertraut war, vgl. R. Bogaert, ZPE 120, 1998, 199f. – Zu Speicherbeamten und Bankbeamten in den μερίδες des Arsinoïtes vgl. E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 52f. 404 Zum σιτολογικὸν διάγραμμα von P. Col. III 54, Z. 13 = SB IV 7450, Z. 13; P. Iand. Zen. 1, Z. 13 vgl. F. Weber, Untersuchungen, 115f. 161; W. L. Westermann Elizabeth Sayre Hasenoehrl, P. Col. III, S. 137; Claire Préaux, Économie royale, 128f.

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beamten (der Gaue) den strategoí (und „Chefs der Einkünfte“) nicht unterstellt waren, waren sie den Königlichen Sekretären untergeordnet. Dementsprechend waren die Lieferungs-, Zahlungs- und Empfangsanweisungen der strategoí (und „Chefs der Einkünfte“) an die Speicherbeamten und die Bankbeamten – im Gegensatz zu den Lieferungs-, Zahlungs- und Empfangsanweisungen der Königlichen Sekretäre – keine behördlichen Weisungen, sondern nur behördliche Ersuchen405. Der agoranómos406 Die agoranómoi (Notare), die staatliche Funktionäre waren, waren für die rechtliche und damit auch die soziale Sicherheit der Griechen und Makedonen, die in Ägypten eingewandert waren, von beträchtlicher Bedeutung. Sie beurkundeten Verträge verschiedenen Inhalts: etwa Kaufverträge, Darlehensverträge, Heiratsverträge und Testamente407. Natürlich taten sie dies in griechischer Sprache408. Und sie taten dies in eigener Machtvollkommenheit – die Zeugen, die häufig die___________________________

405 Im übrigen gingen die „Lieferungs- und Zahlungsanweisungen“ des στρατηγός (und „Chefs der Einkünfte“) jeweils an den Speicherbeamten bzw. den Bankbeamten, die Lieferungs- und Zahlungsanweisungen des Königlichen Sekretärs an den Kontrolleur des Speichers bzw. der Bank. Eine andere Regelung galt bei den Empfangsanweisungen. Vgl. P. Handrock, Weisungen, 101-113. 406 Vgl. G. Lumbroso, Recherches, 246-248; K. Wessely, Mitteilungen aus d. Sammlg. d. Papyrus Erzherzog Rainer 5, 1889, 83-114; A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 126160; F. Oertel, Liturgie, 56; G. Fogolari, Aegyptus 2, 1921, 327-336 (zu Pathyris/ Krokodilopolis); D. Cohen, Schets; M. G. Raschke, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 349-356; BASP 13, 1976, 17-29 (unter Berücksichtigung vornehmlich der römischen Zeit); P. W. Pestman, in: Ptolemäisches Ägypten, 203-210; H. J. Wolff, Recht II, 8-45 (mit weiterer Literatur); Gabriella Messeri Savorelli, in: Miscellanea Papyrologica, 185-271 (Liste der ἀγορανόμοι); P. W. Pestman, in: Textes et études, 9-44 u. T. II-IV (zu Krokodilopolis und Pathyris); A. Martin, CE 76, 2001, 187-195 (zu Stud. Pal. IV 2 = P. Brux. Inv. E 6029; vgl. P. W. Pestman, in: Textes et études, 23 Nr. 120); Fabienne Burkhalter, in: Ancient Alexandria, 103; L. Koenen, P. Sijp., S. 314; U. Yiftach-Firanko, APF 54, 2008, 212214. 215f.; G. Gorre, Relations, 602; U. Yiftach-Firanko, in: Handbook, 543-546; außerdem PP III/IX 7648-7685; IX 7659a; weiterhin PP III/IX 7686-7692 (Untergebene der ἀγορανόμοι); schließlich A. Calderini, RIL II 54, 1921, 604-618 (zu sprachlichen Eigentümlichkeiten der notariellen Urkunden, die in der Thebaïs ausgefertigt wurden). – Zum seleukidischen ἀγορανόμος, der andere Aufgaben zu erfüllen hatte als der ptolemaiische ἀγορανόμος, vgl. G. G. Aperghis, Seleukid Royal Economy, 285. 407 Vgl. etwa M. G. Raschke, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 349; P. W. Pestman, in: Textes et études, 27-33. 408 Die ἀγορανόμοι trugen stets griechische oder gräzisierte Namen, nie ägyptische Namen. Vgl. etwa P. W. Pestman, in: Ptolemäisches Ägypten, 204-210.

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se Dokumente unterschrieben, waren an sich überflüssig409. Im übrigen scheinen sie unter der Aufsicht von strategoí gestanden zu sein410. Zweifellos übernahmen die agoranómoi ihren Titel von staatlichen Funktionären des griechischen Bereichs 411 . Wie aber wurde aus dem griechischen „Marktaufseher“ ein in Ägypten tätiger Notar412? Eindeutig läßt sich diese Frage nicht beantworten. Vielleicht aber weist folgender Hinweis in die richtige Richtung: „In der Tat erscheint er in drei der ältesten Erwähnungen … als mit der Registrierung von Sklaven bzw. Verfügungen über solche, in drei weiteren … anscheinend mit der von Grundstücksgeschäften befaßt, also in einer der alten Marktaufsicht nicht ganz unähnlichen Funktion“413. Jedenfalls scheint mir das Amt des agoranómos eine Entwicklung durchlaufen zu haben. Der agoranómos der zweiten Hälfte des 2. Jh. war kaum der agoranómos der ersten Hälfte des 3. Jh.414. Im übrigen handelte der agoranómos aufgrund einer königlichen Verfügung in der chóra, kaum in einer griechischen Stadt Ägyptens415. Begann auch die Blütezeit des Notariats, wie es scheint, in der zweiten Hälfte des 2. Jh., so sind doch einige Notare bzw. Notariate bereits für das 3. Jh. bezeugt416. In der Regel war ein agoranómos für einen Gau zuständig417. Doch gab es Ausnahmen: Manchmal waren agoranómoi auch in Vororten von toparchíai ___________________________

409 Zum Vorgang vgl. P. W. Pestman, in: Textes et études, 33-44. 410 Vgl. P. Enteux. 15, Z. 6-10 (vor dem 13. Januar 218). 411 Vgl. dazu etwa J. Oehler, RE I 1, 1893, 883-885, s. v. Agoranomoi; G. Busolt, Griechische Staatskunde I, 491f.; G. Busolt - H. Swoboda, Griechische Staatskunde II, 1118f.; R. Garland, Piraeus, 77. 90f. 153. 195f.77; Sitta von Reden, NP I, 1996, 274f., s. v. Agoranomoi. 412 Vgl. dazu D. Cohen, Schets, 53f.; H. J. Wolff, Recht II, 11f. 413 H. J. Wolff, Recht II, 11. 414 War der ἀγορανόμος auch mit der Archivierung demotischer Verträge betraut? Vgl. dazu U. Wilcken, UPZ I, S. 596-621; H. J. Wolff, Recht II, 12; außerdem W. Huß, Ägypten, 592; U. Yiftach-Firanko, in: Handbook, 546-548. – Erliegt Strabon in XV 707f. nicht einem Irrtum? 415 Vgl. auch Fabienne Burkhalter, in: Ancient Alexandria, 103-107. 416 Vgl. einen nichtedierten Sorbonne-Papyrus, auf den Hélène Cadell, in: Grund und Boden, 293, hinweist: spätestens 268; P. Hib. I 29, Z. 2f. 9f. = Chrest. Wilck. 259, Z. 2f. 9f.: um 265; P. Tebt. III 1, 814, Z. 11f. 22: 240 oder 239 (zum Datum vgl. L. Koenen, Agonistische Inschrift, 71); SB XIV 11376, Z. 12-14 ≈ P. Hib. I 89, Z. 1214: 239 oder 238; P. Enteux. 15, Z. 7: vor dem 1. Januar 218; SB XIV 11375, Z. 13f. 29: 211 oder 210; außerdem P. Col. I, Inv. No. 480, Z. 4: um 198-197; P. Tebt. III 1, 812, Z. 9: 192/91 (?); P. Harr. I 61, Fr. I, Col. II, Z. 7. 11 ≈ SB VI 8993, col. II, Z. 5. 7. 11: vor 176/75. 417 Vgl. H. J. Wolff, Recht II, 13. – Aller Wahrscheinlichkeit nach befand sich in jedem Vorort eines Gaus ein Zentralarchiv der Notariatsurkunden (δημόσιον). Vgl. U. Wilcken, P. Freib. III, S. 47-52; H. J. Wolff, Recht II, 34f.; außerdem Fabienne Burkhalter, in: Ancient Alexandria, 103-106.

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tätig418 – im Arsinoïtes in den Vororten der merídes und in den Vororten der nomarchíai bzw. toparchíai – und gelegentlich sogar in kómai419. Und manchmal gab es in einem Gau eine Hauptstelle eines Notariats und eine Nebenstelle oder mehrere Nebenstellen dieses Notariats. So befand sich im Pathyrites das zentrale Notariat (agoranomeíon) in Krokodilopolis und die Zweigstelle (grapheíon) 420 in Pathyris 421 . Außerdem arbeiteten, wie es scheint, manchmal zwei oder mehrere Notare in einem Notariat – so in Hermonthis, in Diospolis magna, in Memnoneia und in einem unbestimmten Ort422. Offensichtlich richtete sich die Regierung in der Frage der Errichtung von Notariaten nicht nach starren Normen, sondern nach der Zahl der nachfragenden Klienten423. Die agoranómoi waren vielfach lange Zeit im Dienst. So übten in den 30 Jahren von 131 bis 101 in den beiden Orten Krokodilopolis und Pathyris nur vier agoranómoi ihren Dienst aus – und diese vier agoranómoi waren Mitglieder einer einzigen Familie424. Über die Vergütung der Dienste der agoranómoi wissen wir nichts Genaues. Wir dürfen jedoch annehmen, daß ihre Tätigkeit teils vom Staat und teils von den Klienten bezahlt wurde425. Neben den griechischen bzw. gräzisierten Notaren gab es auch – seit langer Zeit – einheimische „Notare“ (shw qnbt426), die jedoch zu Unrecht als Notare bezeichnet werden, da sie nicht als Garanten der Authentizität der Inhalte der von ihnen redigierten demotischen Urkunden angesehen werden können, da vielmehr die Rechtskraft dieser Urkunden ganz von den Unterschriften von 16 Zeugen abhing. Sie agierten „im Namen“ der Priester eines Tempels. Die Griechen nannten sie synallagmatográphoi bzw. monográphoi427. Während die Zahl der von ___________________________

418 Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 138-141; M. G. Raschke, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 351; P. W. Pestman, in: Ptolemäisches Ägypten, 205-210; H. J. Wolff, Recht II, 13f. 419 Vgl. P. Lond. II 219 b, Z. 1: Itos (in der Thebaïs). 420 Zum γραφεῖον (p3 c.wy sh) – P. dem. Sijp. 9 b, Z. 8 – vgl. D. Cohen, Schets, 56f.; H. J. Wolff, Recht II, 18-23; U. Yiftach-Firanko, APF 54, 2008, 214f. 217; B. Muhs, in: Actes du IXe congrès international des études démotiques, bes. 247f. – Zum Begriff ἀρχεῖον vgl. H. J. Wolff, Recht II, 27. 8520. 421 Vgl. H. J. Wolff, Recht II, 18-23; P. W. Pestman, in: Textes et études, 8-13. 422 Vgl. BGU III 993, Z. 9 (Hermonthis); SB III 7204, Z. 8f (Diospolis magna); UPZ II 197, Z. 1f. (Memnoneia [?]); P. Lond. II 225, Z. 22 (?) (unbestimmter Ort); dazu M. G. Raschke, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 351; H. J. Wolff, Recht II, 14. 423 Vgl. etwa P. W. Pestman, in: Textes et études, 9-13. 424 Vgl. P. W. Pestman, in: Ptolemäisches Ägypten, 205-210. 425 Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 143f.; F. Oertel, Liturgie, 56. 426 Vgl. dazu Carolin Arlt, in: Actes du IXe congrès international des études démotiques, 29. 427 Zu den συναλλαγματογράφοι bzw. μονογράφοι vgl. G. Lumbroso, Recherches, 258f.; L. Mitteis, Reichsrecht und Volksrecht, 52; A. Bouché-Leclercq, Histoire IV,

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den Tempel-„Notaren“ ausgefertigten Urkunden – insbesondere seit den letzten Jahrzehnten des 2. Jh. – zurückging, nahm die Zahl der von den agoranómoi ausgestellten Urkunden in steigendem Umfang zu. Warum? Verfolgte die Regierung die Absicht, die Tätigkeit der Tempel-„Notare“ zurückzudrängen428? War dies tatsächlich der Fall, ist es schwierig, dies heute nachzuweisen. In jedem Fall sahen die (meist) ägyptischen Klienten seit den letzten Jahrzehnten des 2. Jh. in der Ausfertigung der Urkunden à la mode grecque gegenüber der Ausfertigung der Urkunden à la mode égyptienne einen Vorteil. Sonst wären sie kaum zu der fremdländischen Praxis übergegangen. Vielleicht war es bei der Abwicklung gewisser rechtlicher Vorgänge von Vorteil, nicht eine demotische, sondern eine griechische Urkunde vorzulegen. Abschließend sei noch auf das rätselhafte „agoranomeíon der Fremden“ (xenikón agoranomeíon) hingewiesen429. Worum handelte es sich hier? War es das nicht-staatliche, „kirchliche“ Archiv, in dem die demotischen Urkunden aufbewahrt wurden430? ___________________________

132f.; W. Otto, Priester und Tempel II, 295-297; F. Maroi, Aegyptus 1, 1920, 366370; E. Kießling, RE XVI 1, 1933, 143f., s. v. Μονογράφος; K.-Th. Zauzich, Schreibertradition, I 1-5; II 245-248. 335; P. W. Pestman, P. Recueil I, S. 139-161; H. J. Wolff, Recht II, 716. 119. 32; B. P. Muhs, Administration, 76-83 (Thebai und Memnoneia); Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 249 (Pathyris); Carolin Arlt, in: GraecoRoman Fayum, 15-26 (Arsinoïtes und Memphis); U. Yiftach-Firanko, APF 54, 2008, 214f.; Carolin Arlt, in: Actes du IXe congrès international des études démotiques, 2949 (Karnak und Medinet Habu, 2. Jh.); außerdem Kerstin Sänger-Böhm, Tyche 24, 2009, 105f. – In römischer Zeit hieß der μονογράφος (sh qnbt) νομογράφος (ebenfalls sh qnbt). Und als ὁ πρὸς τῶι γραφείωι (sh mtn) wurde in dieser Zeit „der Schreiber des Registrierungsvermerks“ bezeichnet. Vgl. Sandra L. Lippert - Maren Schentuleit, Urkunden, 103f. – Zu der Bezeichnung γραμματοδιδάσκαλος vgl. Carolin Arlt, in: Graeco-Roman Fayum, 24f.; außerdem K.-Th. Zauzich, Schreibertradition, 4. – Ähnlich wie die ἀγορανόμοι versahen auch die συναλλαγματογράφοι bzw. μονογράφοι ihren Dienst vielfach über einen langen Zeitraum. So scheint in der Zeit von 204 bis 64 in Memphis eine Familie das Amt des συναλλαγματογράφος innegehabt zu haben. Vgl. Carolin Arlt, in: Graeco-Roman Fayum, 23. Und so scheint ein gewisser Peteesis, der Sohn des Paes, und sein Sohn Paes über 90 Jahre in Medinet Habu als συναλλαγματογράφος tätig gewesen zu sein. Vgl. Carolin Arlt, in: Actes du IXe congrès international des études démotiques, 35. 39-41. – Bemerkenswert ist die Tatsache, daß staatliche Stellen bei der Bestellung von συναλλαγματογράφοι Einfluß genommen haben. Vgl. Carolin Arlt, in: GraecoRoman Fayum, 24f. (μερίς des Herakleides des Arsinoïtes). 428 Vgl. dazu A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 144f. 429 Vgl. UPZ II 195, Z. 8 (119); 196, Z. 6 (119); PSI IX 1023, Z. 9-11 (mit BL V, S. 123) (106); außerdem P. Bad. II 25, Z. 4f. (1. Jh. n. Chr.); dazu H. J. Wolff, Recht II, 13f. 430 Anderer Ansicht ist U. Wilcken, UPZ II, S. 205, der im ξενικὸν ἀγορανομεῖον bzw. ἀγορανόμιον „ein griechisches Notariat für Ortsfremde“ sieht. Anderer Ansicht ist auch P. W. Pestman, OMRL 44, 1963, 174, der folgende Meinung vertritt: „Puisque les parties sont des Egyptiens dans les deux cas [d. h. in den beiden UPZ-Texten und im PSI-Text], il me semble plus logique de supposer que c’est de leur point de vue

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Der symbolophýlax431 In den sog. Revenue Laws ist an mehreren Stellen vom symbolophýlax („Garantiewächter“) die Rede432. Als staatlicher Funktionär ist er sicherlich vom privaten syngraphophýlax („Urkundenwächter“) zu unterscheiden433. Seine Aufgabe scheint darin bestanden zu haben, die Garantieerklärungen, die die Steuerpächter den staatlichen Behörden vorzulegen hatten, in einem Archiv aufzubewahren. Insofern kann man mit Recht von „une position intermédiaire entre les fonctionnaires locaux de l’administration fiscale et les fermiers ou compagnies fermières“434 des symbolophýlax sprechen. Seine Dienste wurden in der Zeit um 259/58 mit einem monatlichen Gehalt von 15 Drachmaí entlohnt 435. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig! Spätestens gegen Ende des 3. Jh. scheint der Chef der königlichen Bank eines Gaus die Aufgaben eines symbolophýlax übernommen zu haben436. Die administrative Durchdringung der Gaue geschah in vielfältiger Form. Bei der Erfüllung dieser wichtigen, ja lebenswichtigen Aufgabe bediente sich die Regierung einerseits gewisser Schemata, die sie in allen Gauen zur Anwendung brachte, strebte aber andererseits keineswegs nach der Durchsetzung einer starren Uniformität437. Die historischen Hintergründe, die regionalen Gegebenheiten und die politischen Ereignisse führten zu einer beträchtlichen Diversifizierung des administrativen Aufbaus der verschiedenen Gaue. Ein Weiteres kam hinzu: die Vorgeschichte des Landes. Die Regierung verfolgte keineswegs die Absicht, ___________________________

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national qu’ils appellent l’étude de l’agoranome (une institution grecque!) l’étude des étrangers, c.-à-d. de ceux qui ne sont pas Egyptiens.“ Vgl. dazu H. J. Wolff, Recht II, 13f. Ich schlage vor, entgegengesetzt zu argumentieren, da die griechischen Bürokraten ägyptische Institutionen gelegentlich mit dem Adjektiv ξενικός belegten. Vgl. etwa F. Bechtel u. a., P. Hal. 1, S. 95-97. – Zu den ξενικὰ δικαστήρια von P. Hal. 1, Z. 156-165 vgl. H. J. Wolff, Justizwesen, 91f.; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 50f.; IIa, 200134. 203f.156. Zum συμβολοφύλαξ vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, S. 557f.; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 355f.; IV, 1361; Seidl, RE IV A 1, 1931, 1093, s. v. Συμβολοφύλαξ; Claire Préaux, Économie royale, 456; H. J. Wolff, Recht II, 5912. 76100; vor allem aber Fabienne Burkhalter, in: Archives et Sceaux, 293-301. Vgl. P. Rev., Col. 10, Z. 2; 12, Z. 16; 13, Z. 2. Vgl. H. J. Wolff, Recht II, bes. 59; Fabienne Burkhalter, in: Archives et Sceaux, 294f.; U. Yiftach-Firanko, APF 54, 2008, 203-218. Fabienne Burkhalter, in: Archives et Sceaux, 295. Vgl. P. Rev., Col. 12, Z. 14-18. Vgl. UPZ I 112, Col. II, Z. 2-5 (τούτων δὲ τὰ σύμ̣β̣[ολα] τεθήσετα[ι ...] ἐπὶ τῆς βασιλικῆς τραπέζης μετ’ ἀναγραφῆς ἐσφρ̣α̣γισμένα̣ ὑπὸ [τῶν αὐτ]ῶν καὶ τοῦ τραπεζίτου); dazu Fabienne Burkhalter, in: Archives et Sceaux, 298f. Vgl. etwa Claire Préaux, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 211-213.

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gewachsene Verwaltungsstrukturen durch neue Verwaltungsstrukturen zu ersetzen – jedenfalls dann nicht, wenn sich die alten Strukturen bewährt hatten. So koexistierten über längere Zeiträume alte und neue Ämter. Allerdings war es unter diesen Umständen nicht zu vermeiden, daß sich die Kompetenzbereiche der verschiedenen Amtsträger berührten, ja teilweise überschnitten. Ein Drittes schließlich war der Faktor Zeit: Verschiedene Zeitumstände führten dazu, daß Ämter des 4. und 3. Jh. im 2. Jh. verschwanden, jedenfalls ihre bisherige Bedeutung verloren und daß neu geschaffene Ämter auf die Erfordernisse einer neuen Zeit zu antworten suchten. Ob Alexandreia in diesem Wirrwarr von Kompetenzen und Ereignissen immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat, ist keineswegs sicher. Sicher aber ist, daß man der Regierung ein hohes Maß an Flexibilität bei der Gestaltung der administrativen Strukturen nicht absprechen kann438.

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438 Zu weiteren auf der Gauebene tätigen Funktionären, deren Stellung im administrativen Aufbau der Gaue bedauerlicherweise nicht in jedem Fall genügend deutlich wird, vgl. PP I/VIII 514-527; VIII 514a; 514b; 525a; 527a (γεωμέτραι); I/VIII 528542; VIII 535a (ἀρχιτέκτονες [τῶν ἐν τῶι νομῶι ἔργων]); außerdem I/VIII 543 (zu einem Untergebenen eines ἀρχιτέκτων); I/VIII 1320-1325 (δοκιμασταί); I/VIII 1442-1454; VIII 1444a; 1444b; 1450a; 1454a (χειρισταί); I/VIII 1664-1707; VIII 1666a; 1674a; 1676a; 1676b; 1678a; 1680a; 1680b; 1683a; 1692a; 1692b; 1692c; 1696a; 1696b; 1698a; 1699a; 1701a; 1702a; 1702b; 1702c; 1705a (λογευταί); außerdem I/VIII 1708-1710 (zu Untergebenen von λογευταί); I/VIII 1711-1746; VIII 1718a; 1720a; 1723a; 1723b; 1731a; 1741a; 1745a (πράκτορες); außerdem I/VIII 1747-1750 (zu Untergebenen von πράκτορες). In P. dem. Bonn Inv.-Nr. BoS L 1646, Z. 8 (= H.-J. Thissen, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 235, Z. 8) wird ein ┌mr┐ k3.t (?), ein „Aufseher der Arbeit“, erwähnt, der in einer μερίς des Arsinoïtes tätig gewesen ist. Fungierte ein solcher Funktionär in jeder μερίς des Arsinoïtes – oder gar in jedem Gau? War er ein Beamter, der (u. a.) mit der Verpachtung staatlicher Aufträge betraut war? Ist sein Titel mit einem der uns bekannten griechischen Titel zu gleichen? (Zum Titel mr k3t in der Zeit Dareios’ I. vgl. etwa W. Huß, Tyche 12, 1997, 136.)

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Die Zahl und die Namen der Gaue439 Was die Zahl und die Namen der Gaue angeht440, so besitzen wir glücklicherweise für die ptolemaiische Zeit – genauer: für das Jahr 259 – zwei Listen, die in den offiziellen Dokumenten der sog. Revenue Laws stehen441. Bedauerlicherweise stimmen aber die Angaben beider Listen – insbesondere hinsichtlich der Abfolge der Gaue – nicht vollständig überein. Dies mag entweder darin begründet sein, daß diese Listen in die Zusammenhänge der Darlegung verschiedener Zwecke eingefügt worden sind, oder darin, daß verschiedene Büros die entsprechenden Schriftstücke ausgefertigt haben. Die Zahl der erwähnten Gaue ist jedoch fast identisch: 24 Gaue und der „Ober-Gau“ der Thebaïs bzw. 23 Gaue und der „Ober-Gau“ der Thebaïs442. Der Unterschied rührt davon her, daß in der ersten Liste ein Gau Delta genannt ist, in der zweiten Liste dagegen nicht. Auffallend ist insbesondere die Tatsache, daß die Gaue der Thebaïs443 zu einem „Ober-Gau“ zusammengefaßt worden sind. Dies bedeutet aber natürlich nicht, ___________________________

439 Vgl. J. P. Mahaffy, in: B. P. Grenfell, P. Rev., S. XLIV-LI; G. Steindorff, Gaue; H. Gauthier, Nomes; H. Kees, RE XVII 1, 1936, 833-840, bes. 837-839, s. v. νομός; J. Ball, Egypt, passim; P. Montet, Géographie, 2 Bde. (in „altägyptischer“ Sicht); H. Bengtson, Strategie III, 10-13; J. D. Thomas, Aegyptus 47, 1967, 217-221; A. H. M. Jones, Cities, 297-301; W. Helck, Gaue, 30-47. 64-67. 132-138; J. D. Thomas, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 397-403; W. Helck, LÄ II, 1977, 385-408, s. v. Gaue; H. Beinlich, GM 107, 1989, 7-41; D. Brent Sandy, Vegetable Oils, 89-91; H. Beinlich, GM 117-118, 1990, 59-88; A. Geissen - M. Weber, ZPE 144, 2003, 277-300 u. T. If.; 147, 2004, 259-280 u. T. Vf.; 149, 2004, 283-306 u. T. If.; 151, 2005, 279-305 u. T. I-IV; 153, 2005, 291-316; 155, 2006, 271300; 157, 2006, 277-304; 158, 2006, 271-300; 160, 2007, 275-300; 164, 2008, 277305 (zu den Gau-Prägungen der römischen Zeit); außerdem W. Matthes, Prosopographie (Prosopographie aller in den Delta-Gauen lebenden Personen). Vgl. auch H.-G. Bartel - J. Hallof, in: Ägyptische Tempel, 115-129, deren Ausführungen mir jedoch schwer verständlich sind. – Zur Problematik des Begriffs „Gau“ in altägyptischer Zeit vgl. Renate Müller-Wollermann, CE 71, 1996, 5-8. – Zu den großen Verwaltungseinheiten Ägyptens in römischer Zeit vgl. J. D. Thomas, in: Proceedings of the Twelfth International Congress of Papyrology, 465-469. 440 Zu Herodot. II 165f. vgl. H. Gauthier, Nomes, 1-28; W. Helck, Gaue, 30; A. B. Lloyd, Herodotus III, 188-196. 441 Vgl. P. Rev., Col. 31, Z. 4-14; 60, Z. 18 – 72, Z. 23; dazu etwa H. Kees, RE XVII 1, 1936, 833-840, hier 838, s. v. νομός 1. 442 D. Brent Sandy, Vegetable Oils, 89, und J. G. Manning, Land and Power, 3225, sind der Ansicht, daß in diesen Listen die Namen von wenigstens drei Gauen ausgefallen sind: die des Xoïtes, des Phthemphutes und des Menelaïtes. Mir erscheint diese Annahme willkürlich. 443 In der Zeit der XVIII. Dynastie sind die nördlich des Lykonpolites gelegenen Gaue von den „kanonischen“ oberägyptischen Gauen getrennt und Unterägypten zugeschlagen worden. Vgl. etwa P. Steindorff, Gaue, 893-895. – Zur Grenze zwischen Ober- und Unterägypten in vorhellenistischer Zeit vgl. auch Adelheid SchlottSchwab, Ausmaße Ägyptens, 77-82.

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daß es zu dieser Zeit keine oberägyptischen Gaue mehr gegeben hat. Berücksichtigen wir die uns aus anderen Zusammenhängen bekannten Zeugnisse, können wir davon ausgehen, daß der „Ober-Gau“ damals zwölf Gaue umfaßt hat444. Oberägypten: Gau von Elephantine Apollonopolites Eileithyiaspolites Latopolites Gau von Thebai Koptites Tentyrites Diospolites Thinites Panopolites Aphroditopolites445 Lykonpolites Unterägypten: Hermupolites446 Kynopolites Oxyrhynchites ___________________________

444 Bei der folgenden Auflistung richte ich mich nach der altägyptischen Reihenfolge, an die sich beispielsweise auch W. Helck, LÄ II, 1977, 385-408, s. v. Gaue, gehalten hat. In diesem Zusammenhang ist die Tatsache nicht ohne Interesse, daß R. Bogaert, ZPE 120, 1998, 186-201, in folgenden 10+x oberägyptischen Gauen (?) – allerdings im Hinblick auf die gesamte ptolemaiische Zeit – Metropol- oder Dorfbanken gefunden hat: Gau von Elephantine Apollonopolites Eileithyiaspolites Latopolites Pathyrites Perithebas Koptites Tentyrites Antaiopolites Lykonpolites unbekannter Gau oder unbekannte Gaue. 445 Die Teilung des 10. oberägyptischen Gaus in den Antaiopolites und in den Aphroditopolites ist nach A. Geissen - M. Weber, ZPE 149, 2004, 293, „spätestens in augustischer Zeit“ erfolgt. Vgl. außerdem D. Kurth, Dekoration, 301. 446 Agatharchides (mar. Erythr. 22 [GGM I 122]) bezeichnet die zwischen Memphis und der Thebaïs liegenden fünf Gaue – den Herakleopolites, den Kynopolites, den Oxyrhynchites, den Hermupolites und den Gau Φυλακή bzw. Σχεδία – als μεταξὺ νομοὶ ἐθνῶν. Zu dem fünften Gau vgl. etwa Kees, RE II A 1, 1921, 403, s. v. Schedia 2.

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Herakleopolites Aphroditopolites447 Limne Memphites und Memphis448 Letopolites Libye (?)449 Prosopites Saïtes Menelaïs/Nitriotes (?)450 Busirites Athribites Leontopolites Sebennytes Heliopolites451 Sethroïtes452 Mendesios ___________________________

447 Den Namen Aphroditopolites haben in der Tat zwei verschiedene Gaue getragen. Vgl. etwa S. Daris, in: Akten des 23. Internationalen Papyrologenkongresses, 156f. 448 Bemerkenswert ist die Parallele von P. Cair. Zen. IV 59706, Z. 2f.: Μέμφιν [[καὶ]] Μεμ̣φ̣ίτην. – Memphis scheint zwar besondere Verwaltungsfunktionen im Gefüge der von Alexandreia festgelegten Rechte und Pflichten der Gaue ausgeübt zu haben, jedoch kein selbständiger Gau gewesen zu sein. Vgl. auch J. P. Mahaffy, in: B. P. Grenfell, P. Rev., S. XLVIII. Träfe die gegenteilige Ansicht zu, müßte man wohl auch in Bubastos – vgl. P. Rev., Col. 31, Z. 9f.; 64, Z. 19f. – einen eigenständigen Gau sehen. Dies aber wird kaum jemand annehmen. – Auch in entsprechenden EdfuTexten erscheint manchmal der Name des Gaus, manchmal der Name der Stadt. Vgl. D. Kurth, Dekoration, 299. – Das Gebiet des alten 21. oberägyptischen Gaus, des Hinteren Oleander-Gaus (ncrt pḥt), scheint in hellenistischer Zeit zum memphitischen Gau gehört zu haben. Zu dieser Frage vgl. jedoch auch Christiane Zivie-Coche, in: Tanis, 547-550. 449 Ist dieser Gau – jedenfalls teilweise – mit dem Gau zu identifizieren, der in anderen Zeugnissen als Momemphites oder als Gynaikopolites oder als Andropolites bezeichnet wird? Zu diesen etwas verwickelten territorialen Verhältnissen vgl. auch K. Zimmermann, Libyen, 171f.; A. Geissen - M. Weber, ZPE 153, 2005, 302-305; 157, 2006, 278. 450 Vgl. J. P. Mahaffy, in: B. P. Grenfell, P. Rev., S. XLVIII. Anders B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Oxy. XI, S. 204. 212f.: Menelaïs + Delta = Nitriotes. Anders auch J. D. Thomas, Aegyptus 47, 1967, 218. Vgl. außerdem – zur Frage des Gauvororts – A. Bernand, Delta égyptien I, 431-433; A. Geissen - M. Weber, ZPE 157, 2006, 277279; dazu Sandra Scheuble, Chiron 39, 2009, 466. 451 Zur Ergänzung [Ἡλιο]πολίτηι in P. Rev., Col. 31, Z. 4f. vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Oxy. XI, S. 206. Anders J. D. Thomas, Aegyptus 47, 1967, 217f. 452 Vgl. dazu A. Geissen - M. Weber, ZPE 158, 2006, 290f.

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Delta (?)453 Bubastites und Bubastos Tanites454 Pharbaitites bzw. Pharbaithites Arabia. Wenn ich mich nicht irre, ist die Zentrale zur Zeit Ptolemaios’ II. (259) davon ausgegangen, daß es 36 ägyptische Gaue (12+24) gibt. Sie hat jedoch bei der Zusammenstellung der Gaulisten weder eine altägyptische Vorlage455 noch eine altägyptische Ordnung456 benützt. Der Schreiber eines Zenon-Papyrus folgt in der Anordnung der zwischen Memphis und Hermupolis magna liegenden Gaue der Reihenfolge der sog. Revenue Laws – nur der nun Arsinoïtes genannte Gau Limne steht an einer anderen Stelle457. In einem demotischen Karnak-Ostrakon, das aus der Mitte des 3. Jh. stammt und das eine Übersetzung einer offiziellen (griechischen) Verlautbarung der Zentralregierung darzustellen scheint, wird ebenfalls die Zahl von 36 Gauen genannt458 – eine Zahl, die allerdings interlinear in die Zahl 39 korrigiert worden

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453 Ist das ∆έλτα von P. Rev., Col. 31, Z. 6 zu dem Μικρὸν ∆έλτα von Ptol. IV 5,40 in Beziehung zu bringen? Anders etwa J. P. Mahaffy, in: B. P. Grenfell, P. Rev., S. XLVIII; H. Gauthier, Nomes, 44f.; H. Bengtson, Strategie III, 113; J. D. Thomas, Aegyptus 47, 1967, 218: ∆έλτα = Ἡλιοπολίτης. Anders auch B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Oxy. XI, S. 204: „a town rather than a district“. 454 Zur Geschichte des Tanites und des Pharbaitites/Pharbaithites vgl. A. Geissen - M. Weber, ZPE 160, 2007, 290-292. 455 Vgl. W. Helck, Gaue, 138. 456 Anders W. Helck, Gaue, 66. 457 Vgl. P. Cair. Zen. IV 59706, Z. 2-9: Μέμφιν [[καὶ]] Μεμ̣φ̣ίτην Ἀφροδιτοπολίτην Ἀρσινοΐτην Ἡρακλεοπολίτην Ὀξυρυγχίτην Κυνοπολίτην Ἑρμοπολίτην. 458 Merkwürdigerweise wird in Z. 4f. zwischen tš („Gau“) und sp3.t („Bezirk“) unterschieden. Doch Edda Bresciani, EVO 6, 1983, 24, sagt zu Recht: „… le due espressioni finiscono per essere sinonimi“.

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ist459. Welche drei zusätzlichen Gaue der Schreiber des Ostrakon im Sinn gehabt hat, wissen wir nicht460. Der jüdische, wohl in Alexandreia lebende Historiker Artapanos (3./2. Jh.) spricht von 36 Gauen, in die Moses das Land geteilt hat461 – eine Zahl, die er wohl der Verwaltungswirklichkeit seiner Zeit entnommen hat. Dies ist bemerkenswert. Von Agatharchides (etwa 200-145) erfahren wir bedauerlicherweise nur, daß es zwischen Memphis (bzw. dem Memphites) und der Thebaïs fünf Gaue gegeben hat462. Und auch Artemidoros (1. Jh.) verrät uns nicht viel – immerhin dies, daß (seiner Meinung nach) der Sethroïtes einer von zehn Delta-Gauen ist463. Diodoros (Mitte des 1. Jh.) berichtet ebenfalls von 36 Gauen, hat allerdings die vorhellenistische Zeit im Blick464. Strabon, der nun schon in römischer Zeit schreibt, der aber (in diesem Punkt) noch weithin ptolemaiische Verhältnisse schildern dürfte, erzählt wesentlich mehr. Auch er berichtet von 36 Gauen465 – wenn er der Meinung ist, daß die Thebaïs 13 Gaue umfaßt hat 466, und wenn er „Libye“ und „Arabia“ nicht als Gaue betrachtet467. In jedem Fall befinden wir uns hier – was die Zahl der Gaue

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459 Vgl. Edda Bresciani, EVO 6, 1983, 15 bzw. 30 bzw. 31, Z. 5; außerdem Edda Bresciani, in: Ptolemäisches Ägypten, Abb. 51a, Z. 5; Dorothy J. Thompson, in: Ptolemy II Philadelphus, 34f. 36 (mit dem Hinweis auf die Lesung „Psammetichos“ [in demotischer Form], die M. Chauveau vorschlägt). 460 Einer dieser drei Gaue kann jedenfalls kaum der Limne-Gau gewesen sein, wie Edda Bresciani, in: Ptolemäisches Ägypten, 33; EVO 6, 1983, 24, annimmt; denn dieser Gau ist bereits in P. Rev., Col. 31, Z. 12; Col. 69, Z. 2; Col. 71, Z. 5; Col. 72, Z. 12 erwähnt. 461 Vgl. FrgHist 726 Artapanos F 3,4: ἔτι δὲ τὴν πόλιν εἰς λς̅ νομοὺς διελεῖν [sc. τὸν Μώυσον]. 462 Vgl. Agatharch. mar. Erythr. 22 (GGM I 122f.); dazu W. Helck, Gaue, 32f. 463 Vgl. Strab. XVII 804: ἔστι δὲ καὶ νομὸς Σεθρωίτης παρὰ τὴν ἑτέραν λίμνην· ἕνα δὲ τῶν δέκα τῶν ἐν τῷ ∆έλτα διαριθμεῖται καὶ τοῦτον. – Zu den angeblich zehn DeltaGauen von SB IV 7337, Z. 15 (12. April 41) vgl. Marie-Thérèse Lenger, CE 25, 1950, 324-327; außerdem C. Ord. Ptol., S. 213. 464 Vgl. Diod. I 54,3. 465 Vgl. Strab. XVII 801-817; dazu etwa H. Kees, RE XVII 1, 1936, 833-840, hier 838f., s. v. νομός 1. 466 Die Thebaïs umfaßte gegenüber der Zeit der Abfassung der sog. Revenue Laws in jedem Fall (wenigstens) einen Gau mehr, da in der Zwischenzeit der Gau von Thebai zweigeteilt worden war. 467 Vgl. Strab. XVII 806: Ἐντεῦθεν δὴ ὁ Νεῖλός ἐστιν ὁ ὑπὲρ τοῦ ∆έλτα· τούτου δὴ τὰ μὲν δεξιὰ καλοῦσι Λιβύην ἀναπλέοντι, ὥσπερ καὶ τὰ περὶ τὴν Ἀλεξάνδρειαν καὶ τὴν Μαρεῶτιν, τὰ δ’ ἐν ἀριστερᾷ Ἀραβίαν.

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angeht (36 oder 38) – noch ganz in der Nähe der Angaben der sog. Revenue Laws468. Mit dem Älteren Plinius (23/24-79) ändert sich die Situation. Plinius bringt eine wesentlich höhere Zahl von Gauen: 43 Gaue (17+22+4)469. Daß er – merkwürdigerweise – eine ägyptische Vorlage benützt hat470, ist aus zwei Beobachtungen zu ersehen: Zum einen bewegt er sich in der Nähe der kanonischen Zahl 42 und zum anderen zählt er die Gaue nicht in nord-südlicher, sondern in südnördlicher Richtung auf. Der fast ein Jahrhundert später schreibende Ptolemaios bringt zwar ebenfalls die Zahl von 43 Gauen (24+8+11)471, doch ist bei ihm – mehr noch als bei Plinius – in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit seine Darstellung Verhältnisse der ptolemaiischen Zeit widerspiegelt. Das gleiche gilt für eine aus Oxyrhynchos stammende Liste, die in den 40er Jahren des 2. Jh. entstanden sein dürfte472 und in der 37 + x Gaue (13 + 11 + 11 + 2 + x) aufgezählt sind473. ___________________________

468 Strabon berichtet auch in XVII 787 von 36 Gauen. Doch hat er hier die „pharaonische“ Zeit im Blick und nimmt – natürlich im Anschluß an seine Vorlage – eine etwas eigenwillige Zuordnung der Gaue zu drei Landesteilen vor: ἡ δὲ χώρα τὴν μὲν πρώτην διαίρεσιν εἰς νομοὺς ἔσχε, δέκα μὲν ἡ Θηβαΐς, δέκα δ’ ἡ ἐν τῷ ∆έλτα, ἑκκαίδεκα δ’ ἡ μεταξύ. Vgl. dazu etwa E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 6. 469 Vgl. Plin. nat. V 49f.; dazu etwa H. Kees, RE XVII 1, 1936, 833-840, hier 839, s. v. νομός 1. Bei der Annahme, daß es sich um 43 Gaue handelt, gehe ich davon aus, daß der dritte oberägyptische Gau, der Latopolites, nicht, wie W. Helck, Gaue, 41, annimmt, ausgefallen ist. Diese Annahme läßt sich – bis zu einem gewissen Grad – mit zwei Texten aus späterer Zeit stützen: Weder in Ptol. IV 5,70 noch in P. Oxy. XLVII 3362, Z. 4 taucht der Latopolites als selbständiger Gau auf. Der eine Text lautet: Ἑρμονθίτης νομὸς καὶ μητρόπολις Ἑρμονθίς ... καὶ ἐφεξῆς Λάτων πόλις, der andere lautet: [Ἑρμωνθ]ε̣ίτου Λατοπολείτου. Zu letzterem Text vgl. J. D. Thomas, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 399f. – Wenn Plinius (nat. V 49) Alexandriae regionem, item Libyae, Mareotis aufführt, dann scheint er in diesen regiones nicht Gaue gesehen zu haben – dies schon deswegen nicht, weil sich der Gau Libya im nomus Hammoniacus (nat. V 49) zu verstecken scheint. Später änderte sich die Situation. Vgl. Ptol. IV 5,46: Ἀλεξανδρέων χώρας νομός; dazu etwa A. Geissen - M. Weber, ZPE 157, 2006, 278f. 288f. (mit der früheren Literatur). 470 Vgl. etwa W. Helck, Gaue, 41. 471 Vgl. Ptol. IV 5,38-73 (Geus); dazu etwa H. Kees, RE XVII 1, 1937, 833-840, hier 839f., s. v. νομός 1. 472 Vgl. J.-Y. Carrez-Maratray, REgypt 54, 2003, 37f. 473 Vgl. P. Oxy. XLVII 3362; dazu J. D. Thomas, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 397-403; J.-Y. Carrez-Maratray, REgypt 54, 2003, 35-38. – Der „Lykonpolites und Hypsele“ bilden zusammen einen Gau: Z. 12: [Λυκοπολείτου] κ̣αὶ Ὑψήλη[ς]; dazu J. D. Thomas, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 403. – Da sich in Z. 14 die Erwähnung einer [νομαρ]χ̣ίας Ἀντινόου – nicht eines νομοῦ Ἀντινόου – findet, sind die beiden in Z. 20-22 genannten arsinoïtischen Gaue in der Tat als zwei verschiedene Gaue anzusehen. Vgl. auch P. Med. inv. 83.22 b, Z. 3; Plin. nat. V 50; dazu S. Daris, in:

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Die Angaben, die im Synékdemos des im 6. Jh. schreibenden byzantinischen Schriftstellers Hierokles stehen474, sind in unserem Zusammenhang ohne Bedeutung. In den Gaulisten der ägyptischen Tempel der ptolemaiischen Zeit wurde vielfach streng an der alten „kanonischen“ Ordnung der 42 Gaue (22 + 20) festgehalten475. Besonders bemerkenswert sind hier Inschriften und Darstellungen des Tempels von Edfu (etwa 210)476 und die Gauliste, die in den „Geier-Text“ des „Buchs des Thot“ (spätptolemaiische/frührömische Zeit) eingefügt worden ist477. Neben diesen „kanonischen“ Gaulisten gibt es verschiedene Darstellungen von Ritualszenen, mit denen die Priester die Wände bzw. die Säulen der Tempel haben dekorieren lassen und in denen sie bestimmte theologische Vorstellungen im Hinblick auf die Gaue Ägyptens zum Ausdruck gebracht haben. In Edfu betreffen diese Ritualszenen 44 Gaue bzw. Kultorte. Da es sich aber im einen Fall um eine geheiligte, in der Praxis überholte Tradition und im anderen Fall um theologische Inventionen handelt, sind die entsprechenden Angaben für die Kenntnis der Verwaltungswirklichkeit der ptolemaiischen Zeit nicht hilfreich – jedenfalls weitgehend nicht hilfreich478. Die wesentlich älteren Darstellungen und Texte des Sanktuars des Alexandros (Luxor) reihen sich nicht in die Zahl der „kanonischen“ Gaulisten ein. In ihnen ist von 35 (19+16) Gauen die Rede479. Darf man aus diesen Darstellungen und Texten schließen, daß es zur Zeit des Alexandros 35 Gaue gegeben hat? Jedenfalls steht die Zahl 35 in nächster Nähe zur offiziellen Zahl der Mitte des 3. Jh. (36)480.

Einzelne Gaue Obwohl einerseits kaum zu leugnen ist, daß die ptolemaiische Regierung eine Vereinheitlichung der Verwaltungsstrukturen der Gaue angestrebt hat, so ist doch andererseits festzustellen, daß es nie ihr Ziel gewesen ist, diese Vereinheitlichung

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Akten des 23. Internationalen Papyrologenkongresses, 156f. Anders – ohne Kenntnis eines später aufgetauchten Fragments – J. D. Thomas, in: Akten des XIII. Internationalen Papyrologenkongresses, 400f. Vgl. Hierocl. synecdem., S. 45-47 (Honigmann). Vgl. etwa H. Gauthier, Nomes, 49-82. Vgl. Sylvie Cauville - D. Devauchelle, Edfou I 3, 329-344; dazu etwa D. Kurth, Treffpunkt, 96-99 (Übersetzung einiger Texte); J. Assmann, Weisheit, 75-77. Vgl. R. Jasnow - K.-Th. Zauzich, Book of Thoth I, 53. 332-352. Vgl. D. Kurth, Dekoration, bes. 292-309. Ich danke Herrn Kollegen Kurth, Hamburg, für freundliche Hinweise (23. August 2007). Vgl. M. Abd el-Raziq, Darstellungen und Texte, 48-54. Die Zahl 36 findet sich auch in P. Boulaq 3 (7, Z. 11; 8, Z. 13) (Sauneron).

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um jeden Preis durchzusetzen481. Fast könnte man behaupten: im Gegenteil! Die bekanntesten Gegenbeispiele sind die Thebaïs und der Limne-Gau. Um ein möglichst differenziertes Bild der Verwaltung des hellenistischen Ägypten zu erhalten, wird es daher – unter anderem – erforderlich sein, wenigstens die wichtigsten strukturellen Besonderheiten der Gaue zur Kenntnis zu nehmen. Zunächst stellt sich jedoch die Frage, ob es in ptolemaiischer Zeit – von der Thebaïs abgesehen – weitere Zusammenschlüsse von Gauen gegeben hat – wie etwa in römischer und byzantinischer Zeit. Konkret: Dürfen wir aus dem Text eines próstagma des Jahres 79 (?)482 schließen, daß es eine vorrömische „Heptanomia“ gegeben hat?483 Zweifelsohne ist in diesem próstagma von drei Bereichen die Rede: von den „Gauen südlich von Memphis“, von dem „nördlich (von Memphis) gelegenen Land“ und von der „Thebaïs“484. Es stellt sich jedoch die Frage, ob diese Bereiche echte Verwaltungsbezirke gewesen sind485. Diese Ansicht läßt sich m. E. nicht erhärten – auch nicht durch prosopographische Überlegungen486. Würde man dies dennoch tun, müßte man wohl auch annehmen, daß Ägypten in der Zeit Ptolemaios’ IV. geteilt war in das Gebiet „nördlich von Naukratis“ und in das Gebiet „südlich von Naukratis“487. Dies wird ernstlich niemand in Betracht ziehen. Würden wir in beiden Fällen die spezifischen Hintergründe besser kennen – auf der einen Seite Hintergründe versorgungspolitischer, auf der anderen Seite Hintergründe kultpolitischer Natur –, könnten wir klarer urteilen. Wenn es aber nur „die beiden Länder“ Oberägypten und Unterägypten gegeben hat, stellt sich die Frage, wo die Grenze zwischen beiden Gebieten verlaufen ist. Hier geben uns Aussagen antiker Autoren verhältnismäßig klare Hinweise: Agatharchides spricht – etwas ungenau – von der Zollstation der „Wache“488, die zwischen Hermupolis magna und Lykonpolis, dem „Anfang der Thebaïs“489, ___________________________

481 E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica selecta, 327, sagt zu Recht: „Rien n’est sans doute plus anachronique que d’attribuer aux Lagides des structures trop rigides“. 482 Vgl. BGU VIII 1730; außerdem C. Ord. Ptol. 73 mit All. 94. 483 Dieser Ansicht ist L. Mooren, Hiérarchie, 941. Mooren könnte vielleicht auch darauf hinweisen, daß es im 4. Jh. anscheinend drei Amtsbezirke von sj3w-ntt (≈ διοικηταί) gegeben hat: Hermonthis (für die Thebaïs), Hermupolis magna (für Mittelägypten [?]) und Memphis (für das Delta [?]). Vgl. J. Yoyotte, CRAI 1989, 76f. 484 Vgl. W. Huß, Ägypten, 676f. 485 Vgl. J. D. Thomas, Epistrategos I, 125-131, bes. 128. Anderer Meinung scheint E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 149-152, zu sein, wenn er – allerdings ohne nähere Begründung – von der „Égypte-Centrale“ spricht. 486 So jedoch L. Mooren, Hiérarchie, 91-96. 487 Vgl. BGU VI 1211 ≈ SB III 7266 ≈ C. Ord. Ptol. 29; dazu W. Huß, Ägypten, 454f. 488 Agatharch. mar. Erythr. 22 (GGM I 122): πέμπτος [sc. νομός] ὃν οἱ μὲν Φυλακήν, οἱ δὲ Σχεδίαν καλοῦσιν. 489 Agatharch. mar. Erythr. 22 (GGM I 122): ἀρχὴ τῆς Θηβαΐδος.

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zu lokalisieren ist, und Strabon berichtet von der „hermopolitischen Wache“490, die in der Nähe der anderen „Wache“ gelegen sein muß. In der einen phylaké wurden die Waren verzollt, die von Norden nach Süden transportiert wurden, in der anderen die Waren, die den umgekehrten Weg nahmen 491 . Von ähnlichen Zollstationen bei Memphis erfahren wir, was die ptolemaiische Zeit angeht, nichts. Somit dürfte sicher sein, daß das Land damals die beiden großen Verwaltungsbezirke Oberägypten und Unterägypten umfaßte, daß Oberägypten mit der Thebaïs zu gleichen ist und daß die Grenze zwischen beiden Verwaltungsbezirken südlich von Hermupolis magna verlief 492 . Allerdings dürfen diese beiden Verwaltungsbezirke nicht auf eine Stufe gestellt werden. Die Verwaltung des „Ober-Gaus“ Thebaïs hatte ihre eigenen Gesetze. In der Thebaïs 493 arbeiteten Funktionäre, deren Kompetenzen sich auf den gesamten „Ober-Gau“ erstreckten, andere, denen die Verwaltung von zwei oder mehreren Gauen anvertraut war, und schließlich solche, die einen einzigen Gau beaufsichtigten494. Die herausragende Stellung bekleidete der strategós tes Thebaΐdos495, dem die strategoí, die an der Spitze von zwei oder mehreren Gauen

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490 Vgl. Strab. XVII 813: Ἐξῆς δ’ ἐστὶν Ἑρμοπολιτικὴ φυλακή, τελώνιόν τι τῶν ἐκ τῆς Θηβαΐδος καταφερομένων. 491 Vgl. etwa H. Kees, RE XX 1, 1941, 981f., s. v. Phylake 2; außerdem Ptol. IV 5,60: … Ἑρμοῦ πόλις Μεγάλη καὶ ἀπὸ δυσμῶν τοῦ ποταμοῦ παρακείμεναι Φυλακαί. 492 Auch in P. Rev., Col. 31, Z. 4-14; 60, Z. 18 - 72, Z. 23 ist der südlichste Gau Unterägyptens der Hermupolites, südlich dessen die Thebaïs beginnt. – Allerdings bildete diese Grenze keine fixe Grenze. Auch in ptolemaiischer Zeit gab es Leute, die – beeinflußt von alten Vorstellungen? – anders dachten. So rechneten manche im 2. Jh. Hermupolis magna, den Vorort des Hermupolites, zur Thebaïs und manche im 2./1. Jh. Oxyrhynchos, den Vorort des Oxyrhynchites, ebenfalls zur Thebaïs. Vgl. einerseits SB V 7632, Z. 4. 28; P. Dion. 26, Z. 2; 27, Z. 1f.; 28, Z. 1. 6f.; 29, Z. 1f. 8; 23, Z. 2; 30, Z. 1. 8; 25, Z. 1f.; 31, Z. 1. 11, und andererseits P. Oxy. XIV 1723, Z. 5f.; IV 831; XIV 1628, Z. 4f.; II 236b, Z. 5f.; 236c, Z. 5f.; XIV 1644, Z. 3f.; 1629, Z. 4; 1635, Z. 2; dazu E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 1494; J. D. Thomas, Epistrategos I, 129-131. Vgl. außerdem P. W. Pestman, P. Tor. Choach., S. XXVI (zum oberägyptischen Tätigkeitsbereich der χρηματισταί). 493 Demotisch heißt die Thebaïs – nicht der Gau von Thebai! – stets, soweit wir wissen, tš n Nwt. Vgl. etwa Renate Müller-Wollermann, in: Life, 244. Daher ist wohl auch in O. dem. Caire 47601, Z. 2 – vgl. Ursula Kaplony-Heckel, in: Mélanges Edith Varga, 222f. – nicht der „Gau von Theben“, sondern die Thebaïs zu sehen. Mit anderen Worten: Der mr-mšc Hermaïs war für die Bestattung der Katzen der (gesamten) Thebaïs zuständig. 494 Vgl. E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 314-328; 329-385; P. W. Pestman, P. Tor. Choach., S. XXII-XXVII. 495 Handelt es sich bei P. Sijp. 13 recto um eine ἔντευξις an den στρατηγὸς τῆς Θηβαΐδος?

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der Thebaïs standen496, und die epistátai ton nomón bzw. die strategoí, die die Chefs eines einzigen Gaus der Thebaïs waren497, untergeordnet waren. Der Gau von Elephantine498, der frühere t3 Stj („Land des Nubiers“), der in vorhellenistischer Zeit existiert hatte, existierte m. E. auch in hellenistischer Zeit, und zwar von Anfang an499. Explizite Zeugnisse fehlen jedoch für die erste Hälfte der ptolemaiischen Zeit. Erst seit den siebziger Jahren des 2. Jh. berichten die Dokumente genauer, jedoch nicht immer deutlich500. Wohl bald nach dem Ende ___________________________

496 E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 318-328, nimmt an, daß die Thebaïs verwaltungstechnisch – jedenfalls zeitweise – in eine südliche Thebaïs und eine nördliche Thebaïs getrennt war, fügt allerdings hinzu, daß er nicht der Ansicht ist, es habe „une subdivision invariable et bipartite de la Thebaïde“ (327) existiert. Bedenkt man jedoch die Lage der Gaue, die die uns bekannten strategoí mehrerer Gaue verwaltet haben, wird man zögern, in diesem Zusammenhang von einer „Thébaïde-Sud“ und einer „Thébaïde-Nord“ zu sprechen. Im übrigen läßt sich der Passus UPZ II 172, Z. 3-5 (126/25) kaum zur Stützung der Annahme heranziehen, die südliche Thebaïs habe das Gebiet vom Koptites bis zum Ombites umfaßt. Es handelt sich in diesen Zeilen allem Anschein nach um einen Distrikt, den Steuerpächter des συνηγορικόν und des ἐπιδέκατον gepachtet haben, nicht um einen staatlichen Verwaltungsbezirk. Vgl. U. Wilcken, UPZ II, S. 124 (mit vorsichtiger Zurückhaltung). 497 L. Mooren, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1219, und E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 322-324, sind – offensichtlich zu Recht – der Ansicht, daß auch in den Gauen, die zum Verwaltungsbereich von στρατηγοί gehörten, ἐπιστάται τοῦ νομοῦ bzw. στρατηγοί installiert waren und daß letztere ersteren untergeordnet waren. 498 Vgl. Gihane Zaki, Premier Nome, 329-368. 499 Renate Müller-Wollermann, in: Life, 244. 245f., sieht im t3-šd-rs („Land des Distrikts des Südens“) von P. dem. Berl. I 13543, Z. 2. 8 (11. August 219 [?]) (vgl. 13582, Z. 3 [bis]; 15522, Z. 5; 15609, Z. x + 1; III 13566, Z. x + 6 (7. Juni 216 [?]) „den Gau von Syene oder die ihn umfassende Gegend“ (246). Doch ist zu beachten, daß der Ausdruck Tštrs in den aramäischen Elephantine-Texten allem Anschein nach das Gebiet bezeichnet, das zwischen Syene und Hermonthis liegt. Vgl. etwa F. Ll. Griffith, P. dem. Ryl. III, S. 1432; B. Porten, Archives, 42-45; J. D. Ray, in: CAH IV 1, 21988, 267. Aus diesem Grund ist im t3-šd-rs wohl eher die Thebaïs zu sehen. Vgl. auch Katelijn Vandorpe, JJP 27, 1997, 75f.3, die weitere Argumente ins Spiel bringt. 500 Vgl. P. dem. Siut 10591 Verso, Col. I, Z. 10f. (171/70): srtyqws n n mc {p} nt p qty Swn („strategus of the districts round about Syene“); Col. III, Z. 7f.: srtyqws (?) n mc.w nt p qty Swn („strategus of the districts round about Syene“); IGEN (Louvre) 15, Z. 2-4 (26. Juli - 24. August 146 oder 23. Juli - 21. August 135): γραμματεὺς τῶν ἐν τῶι Περὶ Ἐλεφαντίνην δυνάμεων; SEG XXVIII 1484, Z. 7f. (9. Juli 116 [?]): σ̣[τρ]ατ̣ηγοῡ̣ [τοῦ Π]ερὶ Ἐλε[φ]αντί̣νην; vgl. Z. 12: … πρὸς τῆι στρατηγί[α]ι τοῦ αὐτοῦ νομοῦ; IG Philae I 41, Z. 2-6 (88-80): [τοῦ συγγενοῦς καὶ στρατηγοῦ] τοῦ [Ὀμβίτου καὶ τοῦ Περὶ Ἐλεφαν]τίνη̣[ν καὶ Φίλας καὶ τοῦ Παθυ]ρίτου [καὶ Λατοπολίτου καὶ] Τεντ[υρίτου]; dazu J. Bingen, CE 79, 2004, 252f.; W. Spiegelberg, ZÄS 57, 1922, 89 (50-30): der strategós „von Edfu, von Dendera, von dem nubischen Gau, von Philae, von El-Kab (und) von Kom-el-Aḥmar”. – Die στρατηγοί der thebaiischen Gaue bzw. die ἐπιστάται/στρατηγοί des Gaus von Elephantine hatten anscheinend vielfach auch die militärische Befehlsgewalt in der Dodekáschoinos

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der Großen Revolte (207/6-186) verlegte die Regierung den Verwaltungssitz von Elephantine bzw. Syene nach Ombos501 – anscheinend aufgrund der schlechten Erfahrungen, die man in der Vergangenheit mit dem äußersten Süden des Landes gemacht hatte. Doch bedeutete die Verlegung des Gauvororts nicht eine Teilung des alten 1. oberägyptischen Gaus502, wenngleich festzustellen ist, daß nach dem Zeitpunkt der Verlegung des Gauvororts vielfach nicht mehr vom Gau von Elephantine, sondern vom Ombites die Rede war503. Über die Verwaltung des Gaus sind wir nicht zuletzt aufgrund der Prinz-Joachim-Ostraka informiert – jedoch auf eine unzureichende Weise504. Der Apollonopolites scheint in ptolemaiischer Zeit wenig organisatorische Änderungen erfahren zu haben505. Bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, daß dieser Gau – wie viele andere Gaue – in die beiden toparchíai áno tópoi und káto tópoi bzw. áno toparchía und káto toparchía gegliedert war506. Zu diesen beiden toparchíai traten als eigene toparchíai Apollonopolis und Arabia507. ___________________________

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bzw. in der Triakontáschoinos. Vgl. etwa IG Thèbes/Syène 302, Z. 17 = OGIS I 111, Z. 17 = SB V 8878, Z. 17 (152-145): [Heroides,] ἐπὶ τῶν ἄνω τόπων [ταχθείς]; SB I 1918, Z. 5 (vor 143/42): [Heroides,] [καὶ ἐπὶ τῆς ∆]ωδεκασχοίνου; dazu L. Mooren, CE 55, 1980, 267f.; außerdem H. Heinen, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 343f.; G. Gorre, Relations, 5-9 Nr. 1. Ich halte es jedoch für unwahrscheinlich, daß der Begriff Thebaïs (in einem erweiterten Sinn) auch den unternubischen Raum umfaßt hat. Anders S. Mazzarino, RhM N. F. 125, 1982, 320-322; F. Hoffmann Martina Minas-Nerpel - St. Pfeiffer, Dreisprachige Stele, 146. – Zu den φρούραρχοι von Elephantine vgl. L. Mooren, CE 55, 1980, 268-270; J. Locher, Topographie und Geschichte, 33 (Elephantine). 81-83 (Syene). 138-140 (Philai). – Zur Verwaltung der Dodekáschoinos bzw. der Triakontáschoinos vgl. J. Locher, Topographie und Geschichte, 243-249 bzw. 253f. Vgl. Gertrud Dietze, in: Politics, 79f.; Gihane Zaki, Premier Nome, 357-360. Anders J. Locher, Topographie und Geschichte, 208-213; Gertrud Dietze, in: Politics, 79. – Zu der umstrittenen Frage Gau von Elephantine / Gau von Ombos vgl. etwa J. Locher, Topographie und Geschichte, 201-227; A. Geissen - M. Weber, ZPE 147, 2004, 259f. Vgl. etwa IG Thèbes/Syène 188, Z. 2 = OGIS I 114, Z. 2: οἱ ἐν τῶι Ὀμβίτηι τασσόμενοι πεζοὶ καὶ ἱππεῖς καὶ οἰ ἄλλοι; außerdem (aus römischer Zeit) OGIS I 202, Z. 2-4: στρατηγὸς τοῦ [Ὀμβ]είτου καὶ τοῦ Περὶ Ἐλεφαν[τίνην] καὶ Φίλας; 210, Z. 2: στρ(ατηγὸς) Ὀμβ(ίτου) Ἐλεφ(αντίνης). Irritierend ist die Bezeichnung p3 t3š n Nb.t („der t3š von Ombos“) in H. W. Fairman, in: R. Mond - O. H. Myers, Bucheum II, 4 Nr. 6, Z. 6 = R. Mond - O. H. Myers, Bucheum III, T. XXXIX, Z. 6; denn in diesem Fall kann t3š nicht „Gau“ bedeuten – die betreffende Stele ist bereits im J. 214 errichtet worden. Vgl. F. Preisigke, O. Joach., S. 37-63; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Prosopographica, 105-112; J. F. Oates, Basilikos Grammateus, 103f. Zur Größe des Gaus vgl. Th. Christensen, Edfu Nome, 111-117. Vgl. O. Heid. 16, Z. 2; O. dem. Heid. 16, Z. 5; P. Haun. inv. 407 passim. Vgl. Th. Christensen, Edfu Nome, bes. 7. 117-119.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

An den Apollonopolites schloß sich allem Anschein nach – auf der rechten Seite des Nils – der Eileithyiaspolites an508. Zwar ist die Existenz dieses Gaus nur dürftig bezeugt, doch kennen wir immerhin einen epistátes des Gaus509. Und der entsprechende Text spricht doch eine relativ deutliche Sprache510. Im Latopolites lag – neben dem Vorort Latopolis (heute Esna) – die nicht unbedeutende Stadt Hierakonpolis (heute Kom el-Ahmar). Gelegentlich wird dieser Ort als Vorort eines Gaus betrachtet – jedenfalls im Blick auf die spätptolemaiische Zeit 511. Doch sind die Argumente, die für diese Ansicht vorgebracht werden, nicht zwingend512. Wohl in der zweiten Hälfte des 3. Jh. wurde der thebaiische Gau in den Pathyrites und in den Perithebas geteilt 513 . Der Pathyrites 514 umfaßte die ___________________________

508 Vgl. H. Gauthier, Nomes, 115; H. de Meulenaere, RSO 34, 1959, 23. 25; W. Helck, Gaue, 77; LÄ II, 1977, 385-408, hier 387, s. v. Gaue; J. Bingen - W. Clarysse, Elkab III, 19f.; A. Geissen - M. Weber, ZPE 147, 2004, 268; D. Hagedorn, O. Heid., S. 267. 509 Vgl. P. Ross. Georg. II 10, Z. 5-7 = SB III 7180, Z. 5-7: Ψεναπά̣θου τοῦ [ἐ]π̣ιστάτου τοῦ Εἰλι[θυο]πολίτου (27. November 88). 510 Anders J. D. Thomas, Epistrategos I, 135. Vgl. auch L. Coulon, REgypt 52, 2001, 10359. 511 Vgl. etwa Barbara Adams, LÄ II, 1977, 1182-1186, hier 1182, s. v. Hierakonpolis. 512 Wenn Hierakonpolis als Amtsbereich der στρατηγοί Pachom/Hierax (L. Mooren, Aulic Titulature, 119f. Nr. 0127) und Pamenches (L. Mooren, Aulic Titulature, 121f. Nr. 0128) erwähnt wird, deutet dies möglicherweise darauf hin, daß beide στρατηγοί in Hierakonpolis ein nicht unbedeutendes Priesteramt innegehabt haben (50-30) – mit anderen Worten: daß die Nennung von Hierakonpolis mit der Existenz eines Gaus nichts zu tun gehabt hat. 513 Der Pathyrites ist zum ersten Mal in einem Dokument bezeugt, das entweder aus dem Zeitraum 12. Juli/10. August 212 oder dem Zeitraum 11. August/9. September 212 oder dem Zeitraum 10. September/9. Oktober 212 stammt. Vgl. P. dem. Brit. Mus. 10071, recto, Z. 2: p3 tš Pr-Ḥw·t-Ḥr; dazu Carol A. R. Andrews, in: Pyramid Studies I. E. S. Edwards, 193 u. T. 40; außerdem in: L’eau, 29. Aus späterer Zeit stammen folgende Dokumente: P. dem. Recueil I 8 A, Z. 9; 8 B, Z. 11 (Februar/März 198): p3 rmt ntj šn r p3 tš Pr-Ḥ.t-Ḥr („der epistátes des Pathyrites“); dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 382f. (zweifelnd); SB V 7657, Z. 6f. = 8033, Z. 6f.: ἐν τῆι κάτω τοπαρχίαι τοῦ Περιθήβ[ας] (182); dazu Lucia Criscuolo, in: Actes du XVe Congrès International de Papyrologie IV, 97f.; anders E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 354-357. 381-383 (um das Jahr 165); P. Grenf. I 11, Col. I, Z. 8: τῶ[ι ἐν τ]ῶι Παθυρ[ίτηι] (181); P. dem. Brit. Mus. 1201, Z. 4 (= W. Spiegelberg, RecTrav 31, 1909, 92) (3. November 162): p3 tš n Pr-Ḥtḥr; dazu D. Meeks, Grand Texte, 142. 514 Zum Pathyrites vgl. Carol A. R. Andrews, in: L’eau, 29f.; M. Abd el-Ghani, in: Proceedings of the Ninth International Congress of Egyptologists I, 33-53 (mit unterschiedlichen Informationen). – Nicht ohne Interesse ist die Beobachtung, daß die Infrastruktur des Pathyrites im 2. Jh. stark verbessert worden ist. So gab es, soweit wir wissen, seit dem Jahr 187 in Hermonthis, seit dem Jahr 137 in Krokodilopolis und seit dem Jahr 116 in Pathyris eine Bank. Vgl. R. Bogaert, ZPE 120, 1998,

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Memnoneia (Thebai-West), Hermonthis, Krokodilopolis, Pathyris, Asphynis und die Gegend Arabia (auf dem Ostufer des Nils) 515 , der Perithebas – modern gesprochen – Luxor, Karnak und Medamud. Nunmehr war der Perithebas nicht mehr ein tópos516, sondern ein nomós, der zwei toparchíai umfaßte: eine áno toparchía und eine káto toparchía517. Der Pathyrites scheint merkwürdigerweise erst seit dem Jahr 134/33 oder seit dem Jahr 133/32 in toparchíai untergliedert gewesen zu sein518. Doch vielleicht täuschen uns die fehlenden Dokumente. Die zweifelhafte Haltung, die die Pathyriten in der Auseinandersetzung zwischen Ptolemaios VIII. Soter II. und Ptolemaios IX. Alexandros I. an den Tag gelegt hatten, führte dazu, daß der siegreiche Soter II. im J. 88 Pathyris seine Bedeutung nahm. Die Stadt verlor die Rechte eines Gauvororts an den alten Rivalen Hermonthis. Und aus dem Pathyrites wurde nunmehr der Hermonthites519. Der Koptites hat möglicherweise – wegen seiner offenen Flanke hin zu den Bergwerken der Arabischen Wüste und zu den Häfen des Roten Meers? – in spätptolemaiischer Zeit unter den Gauen Oberägyptens eine gewisse Sonderrolle gespielt. Die strategoí, die im 1. Jh. die Gaue vom Ombites bis zum Tentyrites verwaltet haben520, haben jedenfalls den südlich an den Tentyrites angrenzenden Koptites nicht mitverwaltet521. Die Große Oase gehörte, soweit wir wissen, in ptolemaiischer Zeit zum Panopolites522. ___________________________

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192-195; AncSoc 29, 1998-1999, 116f.245. Auch die Wasserwege des Gaus waren offensichtlich gut ausgebaut. Vgl. Carol A. R. Andrews, in: L’eau, 30-36. Vgl. A. Calderini, Dizionario I 2, 181, s. v. Ἀραβία 12. Vgl. UPZ II 153, Z. 9-11. 22f. (20. März 255); 154, Z. 9f. (7. Juli 254). Vgl. etwa UPZ II 196, Z. 1f. (1. Juli 119); 162, Kol. I, Z. 2f. (11. Dezember 117); dazu U. Wilcken, UPZ II, S. 72. 209. Zu den τοπαρχίαι des Pathyrites und des Perithebas vgl. E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 152f.; A. Bataille, CE 26, 1951, 344f.; Lucia Criscuolo, in: Actes du XVe Congrès International de Papyrologie IV, 95-100; P. W. Pestman, in: Textes et études, 9-13; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 383; Katelijn Vandorpe, JJP 27, 1997, 75-78; in: Politics, 405-436 (zu den τοπαρχίαι und den θησαυροί des Pathyrites). Vgl. D. Devauchelle - J.-C. Grenier, BIFAO 82, 1982, 161f. 168f.; außerdem W. Huß, Ägypten, 665f. Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 119 Nr. 0126 (Epi[machos?]), 119f. Nr. 0127 (Pachom/Hierax), 121f. Nr. 0128 (Pamenches); außerdem H. de Meulenaere, RSO 34, 1959, 1-25. Diese Feststellung gilt im übrigen in den Fällen des Pachom und des Pamenches auch für die beiden „Sondergaue“ Pathyrites/Hermonthites und Perithebas. Offensichtlich war die Große Oase in ptolemaiischer Zeit nicht ein selbständiger Gau. Zwar ist in dem von W. Spiegelberg edierten Graffito ZÄS 51, 1914, 68, Z. 4 ein „strategós des t3 ḥḳ3 von Panopolis und des tš von Hibis und ?“ erwähnt (14. Januar 70), doch dürfte in diesem Fall qḥ als νομός und tš als τοπαρχία zu verstehen sein. Vgl. auch H. Kees, RE XVII 2, 1937, 1681-1686, hier 1682f., s. v. Oasis. Anders W. Spiegelberg, ZÄS 51, 1914, 70-72. In dem vermutlich etwa 40 Jahre

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Der Lykonpolites fügte sich glatt in die Verwaltungsstrukturen Oberägyptens ein. So war anscheinend ein gewisser Theomnestos während der Regierungszeiten Ptolemaios’ V. und Ptolemaios’ VI. der Chef mehrerer Gaue, die in der nördlichen Thebaïs lagen523, so trug ein gewisser Timarchos, der Chef des lykonpolitischen Gaus, den wir aus den Jahren 174/73-171/70 kennen, nicht nur die Amtsbezeichnung strategós524, sondern auch die für Oberägypten typische Amtsbezeichnung epistátes525, und so kennen wir schließlich aus einem Papyrus des Trinity College von Dublin einen epí tu Lykopolítu („Chef des Lykonpolites“) namens Marsyas, d. h. einen epistátes dieses Gaus526. Im Hermupolites gab es sicher zwei toparchíai, die Leukopurgites toparchía527 und die Mochites toparchía 528 , vielleicht sogar (wenigstens) vier: neben den genannten toparchíai die Kussites toparchía und die Polis toparchía529. Gehörte gegen Ende des 2. Jh. der Hermupolites – und auch der Oxyrhynchites – zur Thebaïs? Manche Fachleute vertreten diese Ansicht530. Während in der Zeit der Abfassung der sog. Revenue Laws der Kynopolites und der Oxyrhynchites getrennte Gaue waren, scheinen sie vor der Mitte des 2. Jh. zu einer einzigen Verwaltungseinheit zusammengefügt worden zu sein531. Doch wurde dieser Doppel-Gau bald wieder getrennt532. In spätptolemaiischer ___________________________

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jüngeren Graff. dem. Gebel Teir 133 (Cruz-Uribe) (21. August 31 [?]) ist die Lage m. E. eindeutiger. Hier wird der tš von [Panopolis ?] erwähnt (Z. 6. 11. 12) und der qḥ Hb Gš (Z. 11). Der qḥ Hb Gš dürfte die τοπαρχία von Hibis und Kysis bezeichnen. Anders D. Devauchelle, in: D. Devauchelle - G. Wagner, Graffites, S. 28: „le nome d’Hibis … et de Douch“. (Natürlich ist es mißlich, daß die gleiche τοπαρχία einmal tš und einmal qḥ genannt wird.) – Zu den ägyptischen Namen der Orte der DachleOase, der westlichen Oase der Großen Oase, vgl. O. E. Kaper, BIFAO 92, 1992, 117132. Vgl. E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 319-327. Vgl. P. dem. Siut 10591 Recto, Col. II, Z. 2f.; Col. III, Z. 13f. 20; Col. IV, Z. 23; Col. V, Z. 7. Vgl. P. dem. Siut 10591 Verso, Col. IV, Z. 4. Vgl. W. Clarysse, in: Actes du XVe Congrès International de Papyrologie IV, 104. In späterer ptolemaiischer Zeit scheint die Λευκοπυργίτης τοπαρχία in eine Λευκοπυργίτης ἄνω und in eine Λευκοπυργίτης κάτω geteilt worden zu sein. Vgl. J. Vergote, in: Studi A. Calderini - R. Paribeni II, 386; Marie Drew-Bear, Nome Hermopolite, 242; außerdem H. Maehler, BGU XIX, S. 20. Vgl. Marie Drew-Bear, Nome Hermopolite, 45. Vgl. H. Henne, Liste, *13. Vgl. J. K. Winnicki, Ptolemäerarmee, 7 (ohne Belege); Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 2f. 25. 37f. Anders – und wohl zutreffend – J. D. Thomas, Epistrategos I, 125131. Vgl. P. Tebt. III 1, 739, Z. 12f. (etwa 163 oder etwa 145); außerdem 819, Z. 9f. (26. Juli 171); dazu E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 7; H. Bengtson, Strategie III, 49; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 371. Vgl. P. Fouad 16, Z. 1 (2. Jh.); P. Würzb. 5, Z. 1 (31); dazu E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 1516; außerdem W. Clarysse, in: Proceedings of the 24th International Congress

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Zeit gab es wenigstens zwei toparchíai: die áno toparchía und die káto toparchía533. Als Hauptstadt des Gaus scheint – jedenfalls zu dieser Zeit – Ḥw.tnsw.t/Apollonos polis fungiert zu haben534. Der Oxyrhynchites war im 3. Jh. in zwei toparchíai geteilt: in die „obere“ und die „untere“ toparchía535. Auch der Herakleopolites 536 war im 3. Jh. in mindestens zwei toparchíai geteilt537: in die Koïtes toparchía538 und in die Agema toparchía539. Die Zahl der toparchíai vergrößerte sich aber zusehends – mehr als in jedem anderen Gau540. ___________________________

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of Papyrology I, 185f. Anders H. Henne, Liste, *19, aufgrund von P. Oxy. XII 1453, Z. 13f. (30/29) (τοῖς ἐ̣π̣ὶ̣ τῶν ἱερῶν τοῦ Ὀξυρυχίτου κ[αὶ] Κυνοπολείτου) und von P. Oxy. IV 746 verso (16 n. Chr.) (βα(σιλικῶι) γρ(αμματεῖ) Ὀξυ̣(ρυγχίτου) Κυνοπ(ολίτου)). Vgl. W. Clarysse, in: Proceedings of the 24th International Congress of Papyrology I, 185f. Vgl. W. Clarysse, in: Proceedings of the 24th International Congress of Papyrology I, 189. Vgl. einerseits BGU VI 1229, Z. 4 (257/56) und andererseits P. Hib. I 169 (2. November 255 oder 2. November 254) (?); 44, Z. 9f. (5./6. April 253 oder 5./6. April 252); 73, Z. 9 (244/43); 34, Z. 1 (1. Juni 243); P. Frankf. 3, Z. 16f. (213/12); außerdem die Zeugnisse, die K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 8822, anführen. Da die ἄνω τοπαρχία gelegentlich als ἡ πρὸς ἥλιον (τοπαρχία) bezeichnet wird – vgl. BGU VI 1230, Z. 12 –, scheint die κάτω τοπαρχία mit der πρὸς λίβα τοπαρχία – vgl. PSI V 549, Z. 4 – zu gleichen zu sein. Vgl. dazu E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 151. Waren in der Zeit eines gewissen Horos, des sm3 Ncrt, der XX. und der XXI. oberägyptische Gau zusammengefügt worden? Vgl. dazu G. Gorre, Relations, 205. Zu Horos vgl. G. Gorre, Relations, 198-209 Nr. 41. Zu den τοπαρχίαι des Herakleopolites vgl. E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 149-151; W. M. Brashear, BGU XIV, S. 220-222; Maria Rosaria Falivene, Herakleopolite Nome, bes. 7-12; außerdem D. Kaltsas, P. Heid. VIII, S. 254-256; Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 37f. Vgl. A. Calderini - S. Daris, Dizionario III, 171f. (mit zahlreichen Belegen). – In P. UB Trier S 188-44, Z. 5f. (= Bärbel Kramer, in: Von Noricum nach Ägypten, 279, Z. 5f.) (vor dem 3. Juni 136) wird der Koïtes nicht als τοπαρχία, sondern als τόπος des Herakleopolites bezeichnet. Vgl. dazu Bärbel Kramer, in: Von Noricum nach Ägypten, 278. 281. – Zur τοπαρχία Koïtes in spätptolemaiischer Zeit vgl. W. Huß, Ägypten, 699f. (mit der früheren Literatur); anders E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 379, und Renate Müller-Wollermann, in: Life, 244, die im Koïtes dieser Zeit einen Gau sehen. – Ist in FgrHist 1 Hekataios von Milet I 315 statt νομὸς Κρωίτης νομὸς Κωίτης zu lesen? Vgl. dazu Maria Rosaria Falivene, Herakleopolite Nome, 12. Vgl. P. Hib. I 101, Z. 3 (261/60); BGU XIV 2392, Z. 2 (etwa 250). – Zum Ursprung der merkwürdigen Bezeichung Ἄγημα vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 276; W. Schubart - D. Schäfer, BGU VIII, S. 52; Maria Rosaria Falivene, in: Akten des 23. Internationalen Papyrologenkongresses, 213f. War Busiris schon im 2. Jh. das Zentrum einer τοπαρχία? Vgl. P. Hels. I 32, Z. 4: τ̣ῶν περὶ Βουσῖριν (26. August 160 [?]). Aus dem 1. Jh. stammt ein weiteres Zeugnis,

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Spätestens im 2. Jh. wurde die Agema toparchía in eine obere Agema toparchía und in eine untere Agema toparchía geteilt541. Im 1. Jh. tauchten weitere toparchíai auf. So scheint sich die Zahl der herakleopolitischen toparchíai in dieser Zeit auf zehn erhöht zu haben. Es existierten nun die Koïtes toparchía = die Phebichis toparchía 542 , die Peran toparchía, die obere Agema toparchía, die untere Agema toparchía543, die Techtho toparchía544, die mittlere toparchía545, die Polis toparchía, die Tekmi toparchía, die Tilothis toparchía546 und die Koma toparchía. Warum sich in diesem Gau die toparchíai gehäuft haben, wissen wir nicht, jedenfalls nicht in allen Einzelheiten. Sind die Gründe – teilweise – in innenpolitischen Schwierigkeiten zu suchen? Im Limne-Gau („See“-Gau) herrschten in verschiedener Hinsicht besondere Verhältnisse – auch in administrativer Hinsicht. In gewisser Weise spielte dieser „Gau“ bereits in vorhellenistischer Zeit eine Sonderrolle, eine Sonderrolle insofern, als er nicht in die reguläre Gauliste eingefügt war, sondern allenfalls am Ende der Liste der oberägyptischen Gaue als eigener Bezirk eingefügt wurde547. Vor dem 25. April 256 erhielt er zu Ehren der verstorbenen Königin Arsinoe II. den Namen Arsinoïtes548. Daneben hielt sich die Bezeichung Krokodilopolites ___________________________

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vielleicht gar zwei. Vgl. BGU XVIII 1, 2746, Kol. I, Z. 2: [Περὶ Βο]υσῖριν (28. November 86); P. Berl. Salm. 18, Z. 12f.: [ἐ]κ̣ Θ̣μο̣ ι̣ ο̣ ̣βα̣σ̣`[[τ]]´εως [τῆς περ]ὶ̣ Β̣[ου]σῖ[ριν?] (21. November 78). Maarit Kaimiο, P. Rain. Cent., S. 311, und Panagiota Sarischouli, BGU XVIII 1, S. 20, bejahen die gestellte Frage, Maria Rosaria Falivene, Herakleopolite Nome, 8. 60-64, verneint sie. Vielleicht aber bezeichnet die Wendung τὰ περὶ Βουσῖριν nicht eine τοπαρχία („tax-area“), sondern einen „tax district“. Vgl. dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 114. Vgl. P. Hels. I 6, Z. 2: ... τόπους τῆς ἄνω Ἀγή(ματος) (18. August 164 [?]). Vgl. W. M. Brashear, BGU XIV, S. 221f. – Neue Zeugnisse der Περὶ Φέβιχιν bringen P. Berl. Salm. 2, Z. 5. 20; 4, Z. 1; 10, Z. 2. Vgl. W. M. Brashear, BGU XIV, S. 221; außerdem K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 86f. In dieser Zeit scheint die untere Agema τοπαρχία – vgl. BGU XIV 2437, Z. 26; 2438, Z. 89; 2440, Z. 3 – sowohl als „untere τοπαρχία“ – vgl. BGU XIV 2370, Z. 26. 73; P. Berl. Salm. 20, Z. 3; BGU VIII 1778, Z. 6f.; XIV 2434, Z. 10 – als auch als „Agema“ – vgl. P. Berl. Salm. 15, Z. 2; BGU XIV 2370, Z. 37; P. Berl. Salm. 17, Z. 2; BGU VIII 1771, Z. 13 – bezeichnet worden zu sein. Vgl. J. Frösén, P. Hels. I, S. 94; Maria Rosaria Falivene, Herakleopolite Nome, 38f.; E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 152. Vgl. J. Kaimio, P. Hels. I, S. 108. Vgl. Maria Rosaria Falivene, Herakleopolite Nome, 74. 9f. 248-251. Anders – im Hinblick auf die Existenz einer eigenen Phnebieus τοπαρχία – E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 125. 126 (zu P. Berl. Salm. 11, Z. 3). Neue Belege für die mittlere τοπαρχία bringen P. Berl. Salm. 4, Z. 9; 12, Z. 2. Der älteste sichere Beleg für die περὶ Τιλῶθιν toparchía liegt in P. Heid. IX 436, Z. 2 (161-155) vor. Vgl. Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 113f. Vgl. etwa W. Helck, LÄ II, 1977, 385-408, hier 392f., s. v. Gaue. Vgl. PSI V 509, Z. 5. 7 (nach der Finanzjahr-Datierung); dazu F. Uebel, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di Papirologia, 3661. Die neue Bezeichnung setzte

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(nach dem Namen des Vororts Krokodilopolis549, einem Namen, mit dem bereits Herodotos550 den Ort Šdt bezeichnet hatte). Eine Besonderheit der Verwaltungsstruktur des großen und wirtschaftlich bedeutenden Gaus, der im Demotischen stets als tš bezeichnet wurde, war die Einteilung in drei merídes („Teile“)551. Zum ersten Mal begegnet uns eine solche merís am 25. Januar 259552. Die drei merídes erhielten die Namen der ersten meridárchai (?)553: merís des Herakleides (im Norden)554, merís des Themistos555 (im Südwesten) und merís des Polemon (im Südosten)556. Diese Bezeichnungen blieben für Jahrhunderte bestehen557. Die drei merídes gliederten sich bis in die 30er Jahre des 3. Jh. hinein in etwa zehn nomarchíai558, die ebenfalls die Namen ihrer Chefs erhielten – jedoch die Namen ihrer jeweiligen Chefs. Im Zuge einer gewissen Vereinheitlichung der ___________________________

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sich nicht sofort und überall durch – vor allem nicht in privaten Dokumenten. Zum Zeitpunkt der Umbenennung vgl. auch W. Clarysse, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 70; Dorothy J. Thompson, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 305. – J. P. Mahaffy, Empire, 157f., B. P. Grenfell, P. Rev., S. 104f., und H. Gauthier, Nomes, 126f., sind der Ansicht, daß die Umbenennung anläßlich eines Besuchs Ptolemaios’ II. im Fajjum erfolgt ist. Doch ist dieser Besuch wohl nicht ins 30. Jahr (256/55), sondern in das Jahr 253 zu datieren. Vgl. W. Clarysse, in: Studies, 83-89; in: Politics, 31. 44. Zu den verschiedenen Namen des Ortes vgl. etwa E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 11f. Vgl. Herodot. II 148,1; außerdem Diod. I 89,3; Strab. XVII 811. Der Begriff μερίς wurde jedoch nicht nur für die drei großen „Teile“ des Fajjum verwendet, sondern auch für νομαρχίαι, ja sogar für Untergliederungen von νομαρχίαι. Vgl. Suzanne Héral, CE 65, 1990, 312f.; W. Clarysse, EVO 17, 1994, 72. – Demotisch hieß einer der drei großen „Teile“ des Fajjum tnjt, wohl „eine direkte Übersetzung des Wortes μερίς“: Renate Müller-Wollermann, in: Life, 245. Vgl. P. Lille I 5, Z. 19f. Der Θεμίστου μερίς begegnen wir zum ersten Mal am 2. Oktober 251 oder 250, der Πολέμωνος μερίς am 4. November 244 (?) oder am 4. November 243 (?). Vgl. P. Col. III 51, Z. 3; P. Cair. Zen. III 59357, Z. 6f. (Bei der Angabe „PCairo Zen. IV, 595433“ [257] von A. Calderini - S. Daris, Dizionario II, 254, handelt es sich offensichtlich um einen Irrtum.) Vgl. dazu E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 48f. In P. Enteux. 27, Z. 14 (28. Januar 222) ist die Ἡρακλείδου μερίς als κάτω μερίς (im Genitiv) bezeichnet. Themistos, nicht Themistes. Vgl. PSI V 548, Z. 8; P. Col. IV 63, Z. 2; P. Tebt. III 1, 815, Fr. 4, Z. 18; dazu E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 462; J. Bingen, CE 62, 1987, 234-239. Zu den Funktionären der μερίδες vgl. E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 46-59. Anscheinend wurden in den sechziger Jahren des 2. Jh. die Grenzen zwischen dem Arsinoïtes und dem Herakleopolites verschoben. Vgl. Maria Rosaria Falivene, in: Proceedings of the 20th International Congress of Papyrologists, 205f.; H. Melaerts, in: In honorem A. Gerlo IV, 180; K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 135. Wir kennen die Namen von wenigstens sieben νομάρχαι, die zur gleichen Zeit im Amt waren. Vgl. SB XXIV 15937; dazu W. Clarysse, in: Archeologia e Papiri, 7072; außerdem E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 8; Katja Mueller, APF 51, 2005, 113.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Verwaltungsstrukturen der Gaue wurden dann die nomarchíai von toparchíai559 abgelöst560. Die kleinste Verwaltungseinheit war die kóme bzw. das epoíkion („Dorf“), demotisch der dmy561. Über den hierarchischen Aufbau der Ämter des Arsinoïtes gibt uns ein Schreiben des dioiketés (?), das vom 27. November 233 oder vom 16. November 181 datiert ist, eine klare Auskunft562. Über die hellenistische Geschichte der alten Hauptstadt Memphis sind wir relativ gut informiert563, über die Geschichte des memphitischen Gaus weniger gut, weniger gut jedenfalls im Hinblick auf die Kenntnis der Einzelheiten der politischen Organisation des Gaus. Immerhin erfahren wir aus einem aus der ersten Hälfte des 2. Jh. stammenden Brief etwas über den Aufbau der Verwaltungsstruktur564. In diesem Schreiben werden – hierarchisch gestuft – fünf Instanzen genannt: der strategós, der Polizei-Chef, der epistátes565, der oikonómos und der Polizei-Offizier einer Spezialeinheit566. Doch ist zu beachten, daß diese Reihung ihre Entstehung nicht einem gleichsam systematischen Interesse, sondern einer speziellen politisch-steuerrechtlichen Situation verdankt567. Innerhalb des Sebennytes lag seit saïtischer Zeit ein Gebiet, das sich um das Zentrum Xoïs gruppierte. Wurde dieses Gebiet im 2. Jh. aus dem sebennytischen Gau eximiert und zu einem selbständigen Gau erhoben? Die Erwähnung des Kaphisodoros, des „strategós des Xoïtes“568, scheint für diese Annahme zu spre___________________________

559 Die demotische Bezeichnung für τοπαρχίαι lautet – wie im übrigen Ägypten – c (wj)w („Häuser“, „Plätze“). Vgl. Renate Müller-Wollermann, in: Life, 244f. 560 Vgl. W. Clarysse, in: Archeologia e Papiri, 69-76; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 116-122; außerdem Katja Mueller, APF 51, 2005, 112-126. 561 W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 113-115, schieben zwischen die τοπαρχία („tax-area“) und die κώμη bzw. das ἐποίκιον die verwaltungstechnische Einheit τὰ περὶ N. N. („tax-district“). Diese Einheit umfaßte durchschnittlich fünf Dörfer. – Natürlich bildete nicht jedes Dorf eine selbständige Verwaltungseinheit. Vgl. etwa Bärbel Kramer, CPR XVIII, S. 97. 98f.; Katja Mueller, APF 51, 2005, 114f. 562 Vgl. SB XXII 15766, Z. 2-6: τῶι στρα(τηγῶι) τοῦ Ἀρσινο(ΐτου) νο(μοῦ) καὶ τῶι ἐπ(ιστάτηι) τῶν φυ(λακιτῶν) καὶ `τοῖς κατὰ με(ρίδα)´ ἀρχιφυ(λακίταις) καὶ τοῖς κατὰ κώμην ἐπ(ιστάταις) καὶ τοπάρχαις καὶ τοπογραμματεῦσι καὶ̣ κωμάρχαις καὶ κωμογραμματεῦσι καὶ τοῖς φυ(λακίταις) ... 563 Vgl. Dorothy J. Thompson, Memphis. 564 Vgl. SB XXII 15767. 565 Die Funktion des ἐπιστάτης ist rätselhaft. 566 Vgl. SB XXII 15767, Z. 8-10: ὁ ὑ̣πὲρ τῶν ἀνακεχω(ρηκότων) δεκαν(ὸς) τῶν φυ(λακιτῶν) (im Dativ). Es handelt sich hier um das bisher früheste Zeugnis des Chefs dieser Spezialeinheit. 567 Es geht um den Fragenkomplex ἀπόμοιρα - τελῶναι - ἀνακεχωρηκότες. 568 Vgl. SEG II 871, Z. 6-9 = SB III 6664, Z. 6-9: Κα̣φ̣ισό̣δωρος Καφισοδώρου Βοιώτιος ὁ ἀρχισωματοφύλαξ καὶ στρατηγὸς τοῦ Ξο̣ΐτου καὶ ἱερεὺς τοῦ πολιτεύματος; dazu

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chen569. Doch warnt das Beispiel des Alexandros, des „strategós des Koïtes“570, eines Funktionärs, der eher topárches als strategós (im üblichen Sinn) war571. Sollte aber der Xoïtes in der Tat einen eigenen Gau gebildet haben, dann wohl nicht bis in die römische Zeit hinein572. Das Gebiet um Thmuis bildete in ptolemaiischer Zeit keinen eigenen Gau, sondern war Teil des Mendesios573. Der „Erbfürst“ (rpct) und „Graf“ (ḥ3tj-c) Nektanebis, der Großneffe des Königs Nektanebis, scheint in frühptolemaiischer Zeit als nomárches nicht nur den Tanites, sondern auch den Sethroïtes 574 und den Sebennytes verwaltet zu haben575. Dies bedeutet aber nicht, daß diese drei Gaue einen „Gau-Verbund“ gebildet haben. Sie erscheinen in der Folgezeit als durchaus selbständige Verwaltungseinheiten. Der „Arabia“ genannte Gau 576 war in römischer Zeit in zwei toparchíai geteilt577. Auch in ptolemaiischer Zeit? Zu einem ungewissen Zeitpunkt – vermutlich jedoch in ptolemaiischer Zeit – scheint im Ostteil des alten 8. unterägyptischen Gaus der heroonpolitische Gau (wieder) eingerichtet worden zu sein578. Der „neue“ Gau entlehnte seinen Namen dem Vorort Heroonpolis, trug aber auch den Namen Arsinoïtes (II)579. Nicht allzu lange nach dem Jahr 77 n. Chr. – in diesem Jahr schrieb der Ältere Plinius seine Notizen über die ägyptischen Gaue – dürfte er in den Gau „Arabia“ eingegliedert worden sein. ___________________________

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W. Helck, LÄ II, 1977, 385-408, hier 396, s. v. Gaue; A. Geissen - M. Weber, ZPE 155, 2006, 288. (Zur Datierung der Inschrift vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 1021.) Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 105 Nr. 088. Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 114 Nr. 0109. Vgl. W. Huß, Ägypten, 699f. (mit der früheren Literatur). – Allerdings befinden wir uns im Fall des Kaphisodoros im 2. Jh., im Fall des Alexandros im 1. Jh., d. h. in innenpolitisch recht unterschiedlichen Zeiträumen. Vgl. auch A. Geissen - M. Weber, ZPE 155, 2006, 288. Vgl. W. Helck, LÄ II, 1977, 385-408, hier 400, s. v. Gaue; J.-Y. Carrez-Maratray, REgypt 54, 2003, 31-46 (grundlegend); A. Geissen - M. Weber, ZPE 160, 2007, 276. Sethroë löste spätestens unter Ptolemaios II. Sile als Metropole des Gaus ab. Natürlich trug der Gau erst seit dieser Zeit den Namen Sethroïtes. Vgl. A. Geissen M. Weber, ZPE 158, 2006, 290f. Vgl. K. Sethe, Urkunden II 1, 11; dazu H. Kees, RE IV A 2, 1932, 2175-2178, hier 2177, s. v. Tanis 1; NAWG 1944, 171-176. Vgl. G. Bastianini - R. Coles, P. Oxy. LX, S. 144-149.- Ägyptisch hieß der Gau seit spätptolemaiischer Zeit J3bt („Osten“). Vgl. A. Geissen - M. Weber, ZPE 164, 2008, 277. – Der Hauptort des Gaus war Pr-Spdw. A. Geissen - M. Weber, ZPE 164, 2008, 278f., nehmen wohl zu Recht an, daß im strabonischen Φαγρωριόπολις (XVII 805) der griechische Namen von Pr-Spdw erhalten ist. Vgl. P. Oxy. XII 1435, Z. 8 (147 n. Chr.). Vgl. G. Bastianini - R. Coles, P. Oxy. LX, S. 146; A. Geissen - M. Weber, ZPE 164, 2008, 278f. Vgl. Plin. nat. V 50.

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Die Zahl der Gaue änderte sich in ptolemaiischer Zeit – im Gegensatz zur römischen Zeit – nur geringfügig. Dies war ein Element der Beharrung im Staatsaufbau dieser Zeit. Anders entwickelten sich die Dinge im Inneren der Gaue. Hier wechselten die Verwaltungsstrukturen relativ rasch: Alte Ämter verloren ihre Bedeutung, ja ihre Existenz, neue Ämter mit neuen Kompetenzen tauchten auf, und die Profile der einzelnen Ämter mutierten innerhalb gewisser Zeitgrenzen in nicht unbeträchtlichem Maß. Im übrigen sorgten nicht allein die regulären Beamten für das Funktionieren der Gauverwaltungen. Gelegentlich scheint die Regierung Sonderbeauftrage in die Gaue entsandt zu haben, die dort nach dem Rechten sehen sollten, beispielsweise Ariston, einen Mann aus der näheren Umgebung des Königs, „zur Inspektion des Gaus“580. Die Dorfverwaltung581 Das tägliche Leben der meisten Einheimischen spielte sich im Rahmen des Dorfes ab582. Und dieses Leben wurde seit Jahrhunderten, wenn nicht seit Jahrtausenden von einem Gremium von Honoratioren (qnbt) mehr oder weniger in geordnete Bahnen gelenkt583. Diese Honoratioren übten eine Art von Selbstverwaltung aus, sofern nicht übergeordnete Interessen ein Eingreifen anderer Kräfte erforderten. Die Griechen nannten diese Honoratioren presbýteroi („Ältere“, „Älteste“)584. Natürlich war der Charakter dieses Gremiums schon in vorhellenistischer Zeit gewissen Veränderungen unterworfen gewesen. Er war dies auch in ptolemaiischer Zeit585 – und dann in römischer Zeit586. Im 3. Jh. vertraten die ___________________________

580 P. Cair. Zen. II 59247, Z. 3: ἐπὶ θέαν τοῦ νομοῦ (1. März 252). 581 Vgl. N. Hohlwein, MB 10, 1906, 38-58. 160-171; M. Engers, De administratione; Swoboda, RE Suppl. IV, 1924, 950-976, hier 973-975, s. v. Κώμη 1; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 5-38. 582 Zum Phänotyp des ägyptischen Dorfes vgl. etwa S. Daris, in: Egitto e società antica, 211-231; außerdem Hélène Cadell, RSJB 41, 1983, 365-390 (zum Dorf im Fajjum). 583 Vgl. etwa Sch. Allam, RIDA III 42, 1995, 11-69, bes. 39-69; in: Acts of the Seventh Conference of Demotic Studies, 1-26; ZÄS 133, 2006, 1-9; außerdem JEA 77, 1991, 119-127; ZÄS 128, 2001, 84f. 584 Näherhin sprachen die Griechen von πρεσβύτεροι, von πρεσβύτεροι ἐκ τῆς κώμης, von πρεσβύτεροι ἀπὸ τοῦ τόπου, von πρεσβύτεροι τῶν γεωργῶν (seit der zweiten Hälfte des 2. Jh.) und von πρεσβύτεροι τῆς κώμης (seit dem 1. Jh.). Vgl. A. Tomsin, BAB V 38, 1952, 96f. 101f. 110. 126f. (mit den entsprechenden Nachweisen); außerdem G. Lumbroso, Recherches, 259f.; Maren Schentuleit, Buchhaltung I, 209f. 585 Vgl. A. Tomsin, BAB V 38, 1952, 95-130 u. 1 T. – Die Zahl der Mitglieder einer qnbt hat sicherlich von Dorf zu Dorf und von Zeit zu Zeit geschwankt. In dem bedeutenden Fajjum-Dorf Oxyrhyncha gab es 12 πρεσβύτεροι. Vgl. P. Tebt. III 1, 788, Z. 2-10 (Mitte des 2. Jh.). 586 Zum Verhältnis der πρεσβύτεροι κώμης und der ἡγούμενοι κώμης in römischer Zeit vgl. W. Wegner, ZPE 165, 2008, 165-167 (Soknopaiu Nesos).

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presbýteroi eines Dorfes die Interessen der Bevölkerung dieses Dorfes – wenn erforderlich: in Zusammenarbeit mit staatlichen Funktionären. Im 2. Jh. erhielten die presbýteroi einen offiziellen Charakter. Sie hatten nunmehr die Arbeit der staatlichen Dorffunktionäre zu unterstützen. So tauchen beispielsweise in einem offiziellen Rundbrief, der nach dem 10. März 108 geschrieben worden ist, „die Ältesten der Bauern“587 inmitten von staatlichen Funktionären auf. Gegen Ende der ptolemaiischen Zeit waren die presbýteroi nicht mehr in erster Linie die Verteidiger der Interessen der bäuerlichen Dorfgemeinschaften, sondern „de veritables agents du fisc“588, die die rechtzeitige Zahlung der Steuern und Abgaben zu garantieren hatten589. Bereits in vorhellenistischer Zeit spielte im verwaltungsrechtlichen Leben einer Gemeinde der Chef der qnbt590 eine bedeutende Rolle591. Später – in frührömischer Zeit – begegnen wir einem Funktionär, der im Demotischen den Titel p3 sh qnbt („der Sekretär der qnbt“) bzw. p3 sh qnbt p3 sh mtn („der Sekretär der qnbt und der Sekretär des Siegels“) und im Griechischen offensichtlich den Titel nomográphos kai pros to(i) charagmó(i) („Notar bzw. Archivar und Siegelbewahrer“) trug592. Doch hatte dieser „Gemeindebeamte“ den Titel nomográphos bereits in ptolemaiischer Zeit getragen – (bisher) allerdings nur in einem einzigen Dokument593. So haben wir hier erneut ein Beispiel vom Fortleben alter enchorischer Traditionen in hellenistischer Zeit – und dann in römischer Zeit – vor uns594. In ptolemaiischer Zeit war der nomográphos anscheinend mit der Ab___________________________

587 Vgl. P. Grenf. II 37, Z. 3f. = Chrest. Wilck. 169, Z. 3f.: ... καὶ το[ῖς] πρεσβυτέροις τῶν γεωργῶν … – A. Tomsin, BAB V 38, 1952, 111, verweist außerdem auf P. Tebt. I 43, Z. 7-9: … κατὰ τὸ [ἔθι]μον παρεγενήθημεν εἰς ἀπάντησιν σὺν τῶι τῆς κώμης κωμάρχωι [sic!] [καί] τινων τῶν πρεσβυτέρων τῶν [γ]εωργῶν (22. Mai 117). Ich würde allerdings dieser Stelle ein geringeres Gewicht beimessen. 588 A. Tomsin, BAB V 38, 1952, 125. 589 Die βασιλικοὶ γεωργοί eines Dorfes scheinen gelegentlich in δεκαταρχίαι zusammengefaßt gewesen zu sein. Vgl. Chrest. Wilck. 304, Z. 8 (3. Jh.); dazu U. Wilcken, Grundzüge, 275f.; außerdem G. Vitelli, PSI IV, S. 74. An der Spitze dieser δεκαταρχίαι wird ein δεκάταρχος gestanden sein. Vgl. P. Cair. Zen. IV 59745, Z. 83. 590 Vgl. etwa A. Piccato, in: D. Polz u. a., MDAIK 55, 1999, 365-368, Recto, Z. x+5: ḥrj qnbt. 591 Vgl. Sch. Allam, ZÄS 133, 2006, 1-9. Ich würde allerdings das Adjektiv „eponym“ zur Kennzeichnung der Stellung des Sekretärs vermeiden. 592 Vgl. B. Muhs, in: Tebtynis und Soknopaiu Nesos, 101-104 (mit den Nachweisen). 593 Vgl. KUL inv. ? (3. Februar 92 [?], Kynopolites); dazu W. Clarysse, in: Proceedings of the 24th International Congress of Papyrology I, 185f. – Zum νομογράφος der römischen Zeit vgl. H. J. Wolff, Recht II, 5232. 594 Im Gegensatz zu Sch. Allam, ZÄS 133, 2006, 8f., halte ich den εἰσαγωγεύς der ptolemaiischen Zeit nicht für den Nachfolger des „Sekretärs der qnbt“. Der εἰσαγωγεύς war stets ein von der Regierung bestellter und bestallter Grieche – vgl. etwa H. J. Wolff, Justizwesen, 29f. 50f. –, d. h. ein Funktionär, dessen Wurzeln nicht im Boden einer Gemeinde lagen. Der Ausdruck „Übertünchung des enchorischen

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fassung von Urkunden beschäftigt, die – unter anderem? – die Gebiete Monopolwesen und Steuerpacht betrafen595. Nun stellt sich noch die Frage, ob dieser nomográphos auch mit einem anderen Ausdruck bezeichnet werden konnte. Ich halte dies durchaus für möglich; denn der grammateús ton georgón („Sekretär der Bauern“), der als Kandidat hier in Frage kommt und der uns in einem Dokument des 3. Jh. und in einem Dokument des 2. Jh. begegnet596, scheint eher ein „Gemeindebeamter“ als ein staatlicher Funktionär gewesen zu sein597. Die letztlich entscheidenden Figuren im Leben der Dörfer der ptolemaiischen Zeit waren aber nicht die „Gemeindebeamten“, sondern die staatlichen Funktionäre. Allerdings waren staatliche Funktionäre – jedenfalls die höheren Chargen der lokalen Beamten – nicht in allen Dörfern anzutreffen. Kleinere Orte wurden nicht selten von größeren Orten aus mitverwaltet598. Und in manchen Gegenden – besonders in der Thebaïs, aber nicht nur in der Thebaïs – war die niederste Verwaltungseinheit nicht die kóme, sondern die toparchía599. Schon aus diesem Grund – aber nicht nur aus diesem Grund – wird es verständlich, daß ein dioiketés (der Zeit Ptolemaios’ III.) einem oikonómos (?) geschrieben hat: „Prüfe auch die Abrechnungen über die Einkünfte – wenn möglich, Dorf für Dorf …, wenn nicht, wenigstens toparchía für toparchía“600! Einen ersten Hinweis auf die Hierarchie der Ämter der Dorfverwaltung geben manche offiziellen Rundschreiben. In ihnen steht beispielweise der epistátes (Chef) stets vor dem komárches (Dorfvorsteher)601.

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Gerichtswesens mit griechischen Begriffen“ (8 [sinngemäß, nicht wörtlich]) scheint mir in diesem Fall nicht den richtigen Sachverhalt wiederzugeben. Dürfen wir annehmen, daß bereits in ptolemaiischer Zeit der νομογράφος mit dem μονογράφος identisch war? Es hat fast den Anschein. Vgl. P. Rain. Cent. 46, Z. 6 (zweite Hälfte des 3. Jh.); P. Tebt. III 2, 927, Z. 2 (Zeit Ptolemaios’ VII. Euergetes’ II.); dazu J. Bingen, P. Rain. Cent., S. 316. Anders F. Oertel, Liturgie, 34-37; A. Tomsin, BAB V 38, 1952, 122. Vgl. etwa E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 157f.; in: Ptolemaica, 34; H. E. L. Mißler, Komarch, 16. Vgl. etwa E. Van ’t Dack, CE 23, 1948, 158; in: Ptolemaica, 32f. P. Tebt. III 1, 703, Z. 117-123: δ[ι]α̣λογίζου δ̣ὲ κ̣α̣ὶ̣ τὰς προσόδους, ἐὰμ μὲν ἐνδεχόμενον ἦι, καὶ κατὰ κώ̣μη ̣ ν, ... εἰ δὲ [μ]ή γε, κατὰ τοπαρχίαν. Vgl. P. Rain. Cent. 46, Z. 1-7 (zweite Hälfte des 3. Jh.); SB XXII 15766, Z. 2-6 (27. November 223 oder 16. Dezember 181); P. Rain. Cent. 45, Z. 1-10 (197/90) (?); P. Tebt. III 2, 903, Z. 4-8 (2. Jh.); dazu E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 213 (nicht restlos überzeugend).

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Der epistátes tes kómes (Dorfchef)602 Der Dorfchef war ursprünglich der Vertreter des (militärischen) strategós auf der Dorfebene und als solcher ein staatlicher Funktionär603. Da er insbesondere für die Sicherheit des dörflichen Lebens verantwortlich war, unterstanden ihm anscheinend die im Dorf tätigen Polizeikräfte604. Wenn es erlaubt ist, aus einem Dokument des 2. Jh. auf Verhältnisse des 3. oder gar des 4. Jh. rückzuschließen605, war der strategós für die Einsetzung und Absetzung des Dorfchefs verantwortlich606. Vom Ursprung des Amts her verwundert es nicht, daß sämtliche Dorfchefs im 3. Jh. griechische Namen trugen, d. h. Griechen bzw. Makedonen waren607. Und auch im 2. Jh. trugen von den (im J. 1945 bekannten) 26 Amtsträgern (?) 23 Amtsträger griechische Namen und 3 Amtsträger gräzisierte Namen608. Aus die___________________________

602 Vgl. G. Lumbroso, Recherches, 252; F. Engers, De administratione, 86-93; U. Wilcken, Grundzüge, 412; F. Oertel, Liturgie, 50f.; O. Guéraud, P. Enteux., S. XLIIXLVII. LXVII-LXXII; Emiel Lavigne, Epistates; dazu J. Bingen, CE 23, 1948, 213215; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 20-22. 24f.; E. Seidl, Ptolemäische Rechtsgeschichte, 80-82; P. Handrock, Weisungen, 73-80; H. J. Wolff, Justizwesen, 170175; W. Wegner, REgypt 60, 2009, 171-173. 176. – Gelegentlich scheinen mehrere ἐπιστάται in einem Dorf fungiert zu haben. Vgl. SB XVI 12813, Z. 3. – Zu den demotischen Transkriptionen von ἐπιστάτης vgl. W. Clarysse, in: Aspects, 17. 24. 603 Im übrigen weist schon die Bezeichung ἐπιστάτης auf den militärischen Ursprung des Amts hin. 604 Doch darf der Amtstitel ἐπιστάτης τῆς κώμης nicht als eine Abkürzung der Bezeichnung ἐπιστάτης τῶν φυλακιτῶν τῆς κώμης verstanden werden. Der ἐπιστάτης τῶν φυλακιτῶν war ein Gau-Funktionär. Vgl. etwa Emiel Lavigne, Epistates, 9f. 605 Vgl. P. Tebt. III 1, 788, Z. 17f. 606 Vgl. Emiel Lavigne, Epistates, 23-26. – Die Amtsdauer des ἐπιστάτης τῆς κώμης betrug durchschnittlich etwa drei Jahre. Vgl. Emiel Lavigne, Epistates, 28-33. 607 Vgl. Emiel Lavigne, Epistates, 20-22. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß Arist(e)ios/Aristaios, ein ἐπιστάτης τῆς κώμης (Oxyrhyncha), ein FremdvölkerDeterminativ erhalten hat. Vgl. P. dem. Yale 4628 qua, Recto, Z. 1; Verso, Z. 2 (28. Januar 211 [?]); dazu W. Wegner, REgypt 60, 2009, 163. 608 Vgl. Emiel Lavigne, Epistates, 22f. Diese Zahlen sind von W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 44f., rektifiziert worden. Neuere Funde können das Bild vermutlich nur unwesentlich verändern. Vgl. im übrigen PP I/VIII 632-725 und 726; 727; VIII 650a; 654a; 662a; 664a; 666a; 675a; 676a; 676b; 684a; 690a; 694a; 705a; 719a; 719b; 721a; 722a; 723a und 727a; außerdem P. Cair. Zen. III 59410, Z. 11f. (Mitte des 3. Jh.); SB XX 14999, Z. 4-6 (vor dem 13. Juli 217); dazu Tracy Caulfield - Anita Estner - Susan Stephens, ZPE 76, 1989, 241. 247. 254 (mit einer anderen Erklärung); P. dem. Yale 4628 qua, Recto, Z. 1; Verso, Z. 2 (28. Januar 211 [?]); dazu W. Wegner, REgypt 60, 2009, 160f. 177; P. Heid. IX 424, Z. 5f. (161-155); dazu Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 45; 431, Z. 27 (?) (30. Mai - 28. Juni 158); dazu Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 92 (mit dem Hinweis auf den ägyptischen Namen Pates); SB XXII 15542 (Mitte des 2. Jh.); dazu N. Gonis, in: Proceedings of the 20th Internatio-

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sem Befund darf man in diesem Fall wohl schließen, daß sich die Verhältnisse – was die Frage der Nationalität der Amtsinhaber angeht609 – nur unwesentlich geändert haben, wenn überhaupt610. Mag der Dorfchef innerhalb des Dorfs auch über nicht unbeträchtliche Machtbefugnisse verfügt haben, so besaß er doch keine jurisdiktionelle Gewalt im eigentlichen Sinn611. Nur in den Fällen von juristischen Auseinandersetzungen, in die klerúchoi verwickelt waren, scheint er jurisdiktionelle Kompetenzen besessen zu haben612. Hier schimmert wohl die ursprüngliche militärische Gewalt des Amtsinhabers durch. Das Beispiel des Dorfchefs zeigt, daß die ptolemaiische Regierung von Anfang an bestrebt war, das Leben auf der untersten Verwaltungsebene nicht allein Einheimischen anzuvertrauen, denen man mit mehr oder weniger großem Vertrauen begegen konnte, sondern an wichtigen Stellen Angehörige der Besatzungsmacht zu plazieren613.

Der myriáruros („Zehntausend-Arurai-Mann“) In der Mitte des 3. Jh. taucht in aus dem Arsinoïtes stammenden Dokumenten für kurze Zeit ein Mann auf, der griechisch als „Zehntausend-Arurai-Mann“614 und demotisch als „Großer der Zehntausend“ bezeichnet wird615. Lange Zeit wurde darüber gestritten, was diese Bezeichnungen bedeuten sollten. Handelt es sich um den Inhaber einer großen doreá616? Oder handelt es sich um einen königlichen Funktionär 617 ? Heute ist die Sache in letzterem Sinn entschieden 618 . ___________________________

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nal Congress of Papyrologists, 231-235 u. T. 12. – W. Wegner, REgypt 60, 2009, 172, findet unter den bisher bekannten ἐπιστάται von Oxyrhyncha teilweise ἐπιστάται τῆς μερίδος, W. Clarysse, in: Graeco-Roman Fayum, 62, anscheinend nicht. Vgl. Emiel Lavigne, Epistates, 26-28. Vgl. W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 40. 44f. Vgl. Emiel Lavigne, Epistates, 35-78; P. Handrock, Weisungen, 73-80. Anders O. Guéraud, P. Enteux., S. LXVII-LXXII. Vgl. Emiel Lavigne, Epistates, 63-65. Zu Petitionen an den ἐπιστάτης τῆς κώμης vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 59f.; J. Scherer, in: Livre du centenaire, 307-310 u. T. XLIX; J. R. Rea, in: Scritti Orsolina Montevecchi, 317-321; J. Hengstl, in: Symposion 1995, 27243. 275. 275f.54. 276f. Vgl. etwa P. Petr. II 42 (a), Z. 3. Im Demotischen hieß der μυριάρουρος c3 n 10 000 („Großer der 10 000“). Vgl. dazu etwa W. Clarysse, in: State and Temple Economy II, 736f. Vgl. etwa M. Rostovtzeff, Large Estate, 46-50; W. Clarysse, in: State and Temple Economy II, 731-743; Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 359f. Vgl. Lucia Criscuolo, Aegyptus 57, 1977, 109-122 u. T. I; Aegyptus 61, 1981, 116118; W. Clarysse, Enchoria 19-20, 1992-1993, 215-217.

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Mehrere Argumente können für diese Ansicht angeführt werden, insbesondere aber das Argument, daß ein myriáruros in einem demotischen Dokument619 als „the muriarouros of Suron Kome“ bzw. als „the muriarouros of Suron Kome and ist surroundings“ bezeichnet wird. Dieser Mann – ein gewisser Harchebis bzw. Ḥr-ḫb – war demnach offensichtlich mit Funktionen betraut, die sich auf die Gemeindeflur von Syron Kome (Arsinoïtes) bezogen. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben wandte er sich brieflich an einen gewissen Aristarchos, „the administrator (nomarches) of the northern district“620. Der myriáruros Harchebis war demnach – wie seine Kollegen – ein Beamter, der auf der Dorfebene tätig war621. Welche Aufgaben aber hatten die myriáruroi näherhin zu erfüllen? Bei dem Versuch einer Beantwortung dieser Frage beginnen die Schwierigkeiten. Als Untergebene von nomárchai scheinen sie mit der Zuteilung und der Verwaltung anbaubaren Landes – vielleicht insbesondere mit der Zuteilung und der Verwaltung meliorationsbedürftigen Landes – zu tun gehabt zu haben. Genaueres wissen wir nicht. Von den bis zum Jahr 1993 bekannten elf myriáruroi trugen vier ägyptische Namen, (nur) zwei griechische Namen und fünf (bisher) unbekannte Namen622. Dies könnte darauf hindeuten, daß es sich bei den myriáruroi um Männer gehandelt hat, die mit den lokalen Gegebenheiten vertraut waren, aber auch darauf, daß die myriáruroi tatsächlich auf der Dorfebene, nicht auf der Bezirksebene oder gar auf der Gauebene anzusiedeln sind623.

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618 P. Jouguet, P. Lille I, S. 213, und D. Foraboschi, P. Rain. Cent., S. 105f., haben die gestellte Frage offengelassen. 619 Vgl. Françoise de Cenival, REgypt 20, 1968, 44f., Z. 2f.; 46f., Z. 2f.; W. Clarysse, Enchoria 19-20, 1992-1993, 216f. 620 W. Clarysse, Enchoria 19-20, 1992-1993, 217. 621 Darauf weist schon das Schreiben des [Ἀρίστ]ανδρος, des οἰκονόμος des Arsinoïtes hin, der folgende Funktionäre, die auf Dorfebene tätig waren, aufzählt: φυλακῖται μυριάρουροι - κωμάρχαι - κωμογραμματεῖς. Vgl. P. Petr. II 42 (a), Z. 2-4. (Zu der neuen Lesung [Ἀρίστ]ανδρος vgl. W. Clarysse, Enchoria 19-20, 1992-1993, 2155.) 622 Vgl. W. Clarysse, Enchoria 19-20, 1992-1993, 215f. 623 Die Tatsache, daß das ägyptische Element bei den μυριάρουροι stark vertreten ist, ist natürlich immer schon aufgefallen. Diese Tatsache verführte manche Forscher, die in den μυριάρουροι Inhaber von δωρεαί sahen, zu der Annahme, daß es sich bei diesen δωρεαί um die Güter alter einheimischer aristokratischer Familien handelte. Vgl. W. Clarysse, in: State and Temple Economy II, 740-743; W. Clarysse - W. J. Tait, P. Zen. Pestm., S. 163; J. Modrzejewski, RD 59, 1981, 504f. (dazu W. Peremans, in: Système palatial, 331); Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 359f.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Der komárches (Dorfvorsteher)624 Der Dorfvorsteher war für alle Belange der Dorfverwaltung zuständig625. Er war nicht der Vertreter der Interessen der Dorfgemeinschaft626, wenngleich er (gewöhnlich?) aus dem Dorf stammte, das er verwalten sollte, sondern der Vertreter der Interessen der Regierung627; denn er wurde nicht von den Bewohnern des ___________________________

624 Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 132f.; Preisigke, RE XI 1, 1921, 1129-1131, hier 1129f., s. v. Κωμάρχης; H. E. L. Mißler, Komarch; W. Ameling, NP VI, 1999, s. v. Komarches. – Zur (griechischen) Herkunft des Titels vgl. H. E. L. Mißler, Komarch, 3f. Ich zweifle, ob man mit H. E. L. Mißler, Komarch, 4, behaupten kann: „Nach der Eroberung Ägyptens wurden im Zuge der Gräzisierung die bereits vorhandenen Behörden mit dem griechischen Namen belegt.“ Welche „bereits vorhandenen Behörden“ sollten dies gewesen sein? – Ob die ägyptischen Zeitgenossen in dem hieroglyphischen Ausdruck ḥ3t („Vorsteher“) – vgl. etwa Edfou V, 126f., pluribus locis – den κωμάρχης der Gegenwart gesehen haben, erscheint fraglich. Vgl. dazu auch M. Alliot, Culte II, 4731: „… ḥ3wtj, qui désigne un chef (de police (?)) placé, dans l’administration royale, à la tête d’une localité …“ – Zu der Frage, inwieweit die κωμάρχαι mit polizeilichen oder jurisdiktionellen Problemen beschäftigt waren, vgl. H. E. L. Mißler, Komarch, 113-121 (unter Berücksichtigung auch der römischen und der byzantinischen Zeit); außerdem E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 127-130 (teilweise problematisch). – Vgl. außerdem PP I/VIII 728-780; VIII 730a; 738a; 743a; 749a; 749b; 763a; 767a; 769a; 777a; 777b; 778a; P. Marb. inv. 1 (und weitere Dokumente); dazu Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 144-151; P. Moen. 4, Z. 2f.; SB XVI 12813, Z. 3; schließlich PP VIII 780 (zu einem Untergebenen eines κωμάρχης). – Zu SB XX 14527, Z. 2 vgl. W. Clarysse, ZPE 168, 2009, 246. 625 Vgl. H. E. L. Mißler, Komarch, 43-112 (unter Berücksichtigung auch der römischen und der byzantinischen Zeit). Neben den Aufgaben, die mit der Bestellung der Felder in Zusammenhang standen, hatte der κωμάρχης insbesondere die Aufgabe zu erfüllen, die Arbeiten an den Kanälen, Dämmen und Schleusen zu beaufsichtigen. Vgl. etwa Danielle Bonneau, BSFE 120, 1991, 12-20 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit). Vielleicht unterstanden auch die ἀφεσοφύλακες (Schleusenwärter), die innerhalb der Gemarkung eines Dorfes tätig werden mußten, der Aufsicht des jeweiligen κωμάρχης. Vielleicht aber auch nicht. Denkbar wäre als aufsichtführender Beamter auch der τοπάρχης, außerdem der κωμογραμματεύς und der τοπογραμματεύς. Zu diesen ἀφεσοφύλακες vgl. etwa A. E. R. Boak, in: Raccolta G. Lumbroso, 45-48. 626 In manchen Orten – vor allem oder ausschließlich in Gaumetropolen – scheint es zeitweilig mehrere κωμάρχαι gegeben zu haben. So begegnen wir in P. Tebt. III 1, 796, Z. 14f. einem gewissen Horos, κωμάρχηι τῆς Σα̣τύ ̣ ̣ρου λ̣α̣ύρα̣ς (17. November 185). H. E. L. Mißler, Komarch, 11f., sucht die Σατύρου λαύρα – mit guten Gründen – in Krokodilopolis, der Hauptstadt des Arsinoïtes. (Zu λαύρα vgl. D. Hennig, Chiron 30, 2000, 586f. 592f.) Und in manchen Fällen scheint ein κωμάρχης über mehrere κῶμαι „geherrscht“ zu haben. Vgl. Maria Rosaria Falivene, in: Handbook, 527. 627 Vgl. F. Oertel, Liturgie, 48f. Anders M. Engers, Mnemosyne N. F. 47, 1919, 148f.3.

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Dorfes gewählt, sondern vom dioiketés ernannt628. Selbstredend aber waren die meisten Dorfvorsteher ägyptischer Abkunft 629 . Neben den komogrammateís (Dorfsekretäre) waren sie die staatlichen Funktionäre, die in engstem Kontakt zur einheimischen Bevölkerung standen. Sie konnten allerdings in ihren kleinen Verwaltungsbereichen nicht „wie die Könige“ regieren; denn sie waren offensichtlich gegenüber den topárchai (Bezirksvorsteher) und natürlich auch gegenüber den nomárchai (Gauvorsteher) weisungsgebunden630 – darauf weist schon die Reihenfolge der Amtsbezeichnungen in den offiziellen Rundschreiben hin631. Im 2. Jh. scheint im Verhältnis der Dorfvorsteher zu den Dorfsekretären eine Änderung eingetreten zu sein. Nunmehr hatten die Dorfsekretäre gegenüber den Dorfvorstehern den höheren Rang632. Die Dorfvorsteher waren nur noch für die Angelegenheiten der basilikoí georgoí (königliche Bauern) und die Bestellung der ge basiliké (königliches Land) zuständig 633 . So blieb es wohl auch im 1. Jh.634.

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628 Vgl. H. E. L. Mißler, Komarch, 8f. Als staatlicher Funktionär war der κωμάρχης nicht der Präsident der πρεσβύτεροι. Vgl. A. Tomsin, BAB V 38, 1952, 122. Anders M. Engers, De administratione, 60; P. Jouguet, Vie municipale, 63f. 629 Vgl. etwa W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 34f. 40. 630 Vgl. P. Tebt. III 1, 701, Z. 331-335 (236/35 oder 211/10); SB III 7203, Z. 7f. (247/46); dazu A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, 224. (Zur Datierung von P. Tebt. III 1, 701, Z. 331-347 vgl. einerseits W. Huß, Untersuchungen, 86372, und andererseits E. Van ’t Dack, Gnomon 51, 1979, 347.) Vgl. außerdem P. Handrock, Weisungen, 118. – Zu den weisungsgebenden Funktionären gehörte – jedenfalls im 3. Jh. – auch der οἰκονόμος. Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 44-47: … ἐάν τινες αὐτῶν τοῖς κωμογραμματεῦσι ἢ κωμάρχαις ἐγκαλῶσι ..., ἐπισκοπεῖν... Die Reihenfolge κωμογραμματεῖς - κωμάρχαι spielt in diesem Zusammenhang wohl keine Rolle. Vgl. dazu A. E. Samuel, in: Essays C. B. Welles, 224. – Andererseits scheint der κωμάρχης – jedenfalls im 3. Jh. und jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen – befugt gewesen zu sein, den Ordnungskräften seines Dorfes Anweisungen zu geben. Vgl. Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 151. 631 Vgl. P. Hib. II 198, Col. II, Z. 28f. = C. Ord. Ptol. 3, Z. 14f. (nach 278/77); P. Rain. Cent. 46, Z. 5 (zweite Hälfte des 3. Jh.); SB XXII 15766, Z. 4f. (27. November 223 [?] oder 16. November 181 [?]); P. Rain. Cent. 45, Z. 6 (?) (197/90); P. Gen. III 132, Z. 3f. (ab der zweiten Hälfte des 2. Jh.). 632 Vgl. H. E. L. Mißler, Komarch, 13f. In P. Tebt. III 1, 709, Z. 3f. (27. Oktober 159) allerdings, in einem Rundschreiben eines „monopoly-superintendent“, erscheint der κωμάρχης noch vor dem κωμογραμματεύς. Zur Wertschätzung des Amts des κωμάρχης auch noch im 2. Jh. vgl. etwa H. E. L. Mißler, Komarch, 117f. 633 Vgl. etwa P. Tebt. I 13, Z. 1-5 (nach dem 2. August 114); 50, Z. 19 = Chrest. Wilck. 329, Z. 19 (112/11); dazu M. Engers, De administratione, 59-63; Mnemosyne N. F. 47, 1919, 148; Preisigke, RE XI 1, 1921, 1129-1131, hier 1130, s. v. Κωμάρχης. 634 Vgl. Preisigke, RE XI 1, 1921, 1129-1131, hier 1130, s. v. Κωμάρχης.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Der komogrammateús (Dorfsekretär)635 Wie der Dorfvorsteher wurde auch der Dorfsekretär (p3 sh dmj636) vom dioiketés ernannt637. Er agierte dementsprechend als einer der Vertreter der Interessen der Regierung im Dorf (kóme638). Gewöhnlich wird er aus dem Dorf gestammt sein, an dessen Verwaltung er beteiligt war639. Da er – ähnlich wie der Dorfvorsteher – zwischen den zumeist ägyptischen Dorfbewohnern und den höheren Chargen der Verwaltung eine Scharnierfunktion auszuüben hatte 640 , mußte er auch die ___________________________

635 Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 392-400; M. Hohlwein, MB 10, 1906, 41-58 (unter Berücksichtigung auch der Verhältnisse der römischen Zeit, die bedauerlicherweise nicht deutlich von denen der ptolemaiischen Zeit getrennt werden); Preisigke, RE XI 2, 1922, 1281-1284, hier 1281f., s. v. Komogrammateus; E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 116-127; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 36-38; P. Handrock, Weisungen, 119f.; J. F. Oates - A. E. Samuel - C. B. Welles, P. Yale I, S. 156-162; Françoise de Cenival, P. dem. Lille II, S. 210f.; Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 3-101; S. P. Vleeming, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1053-1056 (Pathyris); A. M. F. W. Verhoogt, Menches; W. Ameling, NP VI, 1999, 704f., s. v. Komogrammateus; außerdem PP I/VIII 781-870; VIII 793a; 807a; 809a; 815a; 815b; 816a; 824a; 824b; 834a; 836a; 848a; 848b; 850a; 865a; 865b; 867a; 867b; 867c; H. Thompson, P. dem. Siut 10598, Z. 19 (vgl. S. 124 Nr. 280); SB XXII 15589, Z. 2f. 5. 6. 9. 13; Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 93 (W. Clarysse); Françoise de Cenival, P. dem. Lille 110 Verso I, Z. 2 (= Livre du Centenaire, 199); H. Melaerts, in: Studia Varia Bruxellensia II, 133f. (zu SB XX 14663 Verso). 134f.; K. Maresch, P. Köln X, S. 72 (zu P. Köln X 411 B, Kol. II, Z. 18); P. Köln X, S. 106 (zu P. Köln X 412 B, Z. 6; C, Z. 2); Charikleia Armoni, P. Heid. IX, variis locis (zu P. Heid. IX 423, Z. 1. 4. 18. 26f. und 425, Z. 10; 424, Z. 6a; 425, Z. 2 und 435, Z. 12; 433, Z. 5f. und 435, Z. 3. 8); W. Clarysse, P. Sijp., S. 42f. (zu P. dem. Sijp. 9b, Z. 3); Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 151 (zu P. Marb. inv. 8); Charikleia Armoni, ZPE 171, 2009, 173f. (zu P. Sijp. 18, Z. 3f.); R. G. Warga Jr., APF 56, 2010, 240 (zu P. Mich. inv. 1329a, Z. 2 und 4); schließlich PP I 869; 870; VIII 870a (zu Untergebenen von κωμογραμματεῖς); dazu Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 91f. – Die Zeugnisse für die Existenz von κωμογραμματεῖς reichen vom Jahr 265/64 oder vom Jahr 258/57 bis zum Jahr 51/50. Vgl. Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 10-17. 636 Vgl. etwa Françoise de Cenival, in: Festschrift E. Lüddeckens, 16; in: Studi Edda Bresciani, 157; Ursula Kaplony-Heckel, ZÄS 121, 1994, 88. 637 Vgl. Preisigke, RE XI 2, 1922, 1281-1284, hier 1281, s. v. Komogrammateus; Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 18; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 66f. 83-90. 638 Zum Verwaltungsbereich des κωμογραμματεύς vgl. E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 22f. 34-36; Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 29-39; außerdem D. Kaltsas, P. Paramone, S. 100. 639 Vgl. Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 39; außerdem W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 34f. 40; 10, 1979, 143. 640 Vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 70-82. Hier sind vor allem der στρατηγός, der βασιλικὸς γραμματεύς und der διοικητής zu nennen. – Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auch die Korrespondenz zwischen κωμογραμματεῖς und

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griechische Sprache beherrschen641. Menches allerdings, der bekannteste Dorfsekretär (ca. 120 - ca. 110), scheint eher ein ägyptisierter Grieche als ein gräzisierter Ägypter gewesen zu sein642. Die finanziellen Lasten, die ein Bewerber um das Amt eines Dorfsekretärs auf sich nehmen mußte, waren beachtlich643. Menches beispielsweise hatte einmalig 160 artábai Feldfrüchte (100 artábai Weizen und 60 artábai Hülsenfrüchte) zu zahlen und sich zu verpflichten, nach der Anstellung jährlich 50 artábai Weizen abzuliefern – eine Menge, die er als königlicher Bauer (basilikós georgós) aus 10 árurai bisher unkultivierten (königlichen) Landes (hypólogos ge) zu erwirtschaften hatte644. Die Gegenleistungen des Staats für die Führung des Amts müssen entsprechend hoch gewesen sein645. Oder waren „andere Dinge“ im Spiel? Für die Amtsdauer gab es keine feste Regel646. Häufig waren die Dorfsekretäre wenigstens zwei Jahre im Amt. Iteration war möglich. Die Aufgaben der Dorfsekretäre waren vielfältig647 und änderten sich im Lauf der Zeit wahrscheinlich in stärkerem Maß, als unser weithin auf Menches fokussierter Blick erkennen läßt. Bei der Verwaltung des Landes hatte er zunächst zwischen bebautem Kron-Land, nicht-bebautem Kron-Land und Nicht-Kron-Land zu unterscheiden und dann entsprechende Listen anzulegen648. Die zentrale Aufgabe der Einnahme der Naturaliensteuern lag in seiner Hand649. Bei der Gewährung und der Verteilung von Saat-Vorschüssen und Saat-Darlehen sprach er das ___________________________

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κωμογραμματεῖς zu erwähnen. Die Kollegen bezeichneten sich seltsamerweise – besser: bezeichnenderweise – als ἀδελφοί. Vgl. etwa Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 24f.; P. W. Pestman, in: Egitto e Storia Antica, 156f. – Aus römischer Zeit kennen wir allerdings einen Dorfsekretär, der die griechische Sprache und Schrift nur rudimentär beherrscht hat. Vgl. P. Petaus 121 (184-187 n. Chr.); dazu etwa Bärbel Kramer, APF 41, 1995, 217. Vgl. P. W. Pestman, in: Egitto e Storia Antica, 157. Vgl. Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 18-23. Vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 54-66. Vgl. Preisigke, RE XI 2, 1922, 1281-1284, hier 1281, s. v. Komarches; Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 23f. Vgl. Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 26-28. Vgl. Preisigke, RE XI 1, 1921, 1129-1131, hier 1129f., s. v. Κωμάρχης; XI 2, 1922, 1281-1284, hier 1281f., s. v. Komogrammateus; Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 53-90; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 67-148; außerdem Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 151. Vgl. etwa M. Rostowzew, APF 3, 1906, 201-203. Die Bewirtschafter der ἱερὰ γῆ und der κληρουχικὴ γῆ hatten kein ἐκφόριον (in natura), sondern ein σιτικόν (teils in natura, teils nummis) zu entrichten. – Umstritten ist die Frage, ob das σιτικόν von staatlichen Funktionären oder von Steuerpächtern eingezogen worden ist. Vgl. einerseits M. Rostowzew, APF 3, 1906, 204-208, und andererseits C. B. Welles, in: Studien F. Oertel, 7-16; J. F. Oates - A. E. Samuel - C. B. Welles, P. Yale I, S. 164f. (zu P. Yale I 55, 6. August 107). – Der κωμογραμματεύς Menches war nur für die Einziehung der Naturalienabgaben zuständig. Vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 109-111. 114.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

entscheidende Wort. Die Sorge um die Instandhaltung der Kanäle und der Deiche war weitgehend ihm anvertraut – jedoch nicht ihm allein, sondern auch dem Dorfvorsteher und den Ältesten. Der Viehbestand war von ihm listenmäßig zu erfassen. Die Einhaltung der Bestimmungen des Monopolrechts hatte er zu überwachen. Zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung waren ihm gewisse polizeiliche Funktionen übertragen worden650. Bei der Nähe, die er zu den Dorfbewohnern hatte, ist es nicht verwunderlich, daß er vielfach die erste Anlaufstelle zur Entgegennahme von Petitionen war651. Andere Aufgaben kamen hinzu. Besonders bemerkenswert sind die Konferenzen, an denen er teilzunehmen hatte652. Menches und die im Arsinoïtes tätigen Kollegen versammelten sich anscheinend zweimal im Jahr im Gauvorort Ptolemaïs Euergetis beim Königlichen Sekretär zu einer Dienstbesprechung, und alle Dorfsekretäre des Landes fuhren einmal im Jahr nach Alexandreia hinab, um zusammen mit dem dioiketés die anstehenden dienstlichen Probleme zu beraten und die Weisungen des Chefs der Verwaltung entgegenzunehmen. Die Zentrale war daran interessiert, über die Dorfsekretäre detaillierte Informationen über das wirtschaftliche und politische Leben in den Dörfern des Landes zu erhalten, um positive Entwicklungen bekräftigen und negativen Entwicklungen entgegenwirken zu können. Gewöhnlich wird in der Forschung die Meinung vertreten, der Dorfsekretär habe gegenüber dem Dorfvorsteher im 3. Jh. einen niedrigeren Rang, im 2. und im 1. Jh. einen höheren Rang eingenommen. Doch gibt es auch Stimmen, die anderer Meinung sind. Beide Funktionäre seien in parallelen hierarchischen „Systemen“ gestanden, so daß sie „su un piano di parità“653 gehandelt hätten. Vielleicht ist diese Sicht zwar richtig, aber nur in einem formalen Sinn. Der Dorfsekretär war „natürlich“ auch im 2. und im 1. Jh. nicht der Dienstvorgesetzte des Dorfvorstehers, dürfte aber zu dieser Zeit die umfangreicheren Befugnisse gehabt haben. Vielleicht aber lassen wir uns hier auch durch das (relativ) umfangreiche Archiv des Dorfsekretärs Menches täuschen654. Im übrigen scheint mir eine genaue Abgrenzung der Geschäftsbereiche des Dorfsekretärs und des Dorfvorstehers – nicht nur im 3. Jh., sondern auch im 2. und im 1. Jh. – nicht

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650 Vgl. E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 116-127. 651 Vgl. E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 116-118; Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 60; Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 81-87; Gabriella Messeri Savorelli R. Pintaudi, ZPE 104, 1994, 233-240 u. T. IIf. (zu SB XXII 15762); J. Hengstl, in: Symposion 1995, 272. 275. 286; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 67f. – Zur Entgegennahme von Anzeigen (προσαγγελίαι) vgl. etwa P. Heid. IX 423, Z. 2. 18f. 652 Vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 82-105. 142-146; Th. Christensen, Edfu Nome, bes. 128f. 653 Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 40-43, hier 43. 654 Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 43f., ist der Ansicht, daß auch der ἐπιστάτης τῆς κώμης nicht über dem κωμογραμματεύς gestanden ist.

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möglich zu sein655. Auch die Frage der Weisungsgebundenheit des Dorfsekretärs gegenüber dem Bezirkssekretär ist umstritten. Die einen bejahen656, die anderen verneinen diese Frage657. Die ptolemaiische Ämtersystematik scheint mir eher für erstere Ansicht zu sprechen658. Eine Kumulierung des Amts des Dorfsekretärs mit anderen Ämtern war möglich – aber nur mit bestimmten anderen Ämtern: mit dem Amt des „ZehntausendArurai-Manns“ (myriáruros), mit dem Amt des Bezirkssekretärs (topogrammateús), mit dem Amt des Speicheraufsehers (thesaurophýlax)659, mit dem Amt des „Gegenschreibers“ des Speicherbeamten (antigrapheús des sitológos) 660 , auch mit dem Amt des Priesters (hiereús)661.

Der genematophýlax (Erntewächter)662 Die Erntewächter übten in der Verwaltung der Dörfer eine spezielle und zeitlich begrenzte Funktion aus. Sie hatten dafür zu sorgen, daß kein Korn des Getreides, das entweder die königlichen Bauern oder die klerúchoi oder die auf den Tempelgütern beschäftigten Arbeiter geerntet hatten, auf dem Weg von den Äckern zu den öffentlichen oder privaten Tennen (hálo)663 und schließlich zu den Spei___________________________

655 Vgl. Preisigke, RE XI 1, 1921, 1129-1131, hier 1129f., s. v. Κωμάρχης. Anders etwa W. Ameling, NP VI, 1999, 704f., hier 705, s. v. Komarches. 656 Vgl. Preisigke, RE XI 2, 1922, 1281-1284, hier 1281, s. v. Komogrammateus; P. Handrock, Weisungen, 114-117. 657 Vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 103. 658 W. Ameling, NP VI, 1999, 704f., hier 704, s. v. Komogrammateus, läßt diese Frage offen. 659 Im Gegensatz zum „einfachen“ φύλαξ war der θησαυροφύλαξ ein staatlicher Funktionär. Vgl. etwa C. Homoth-Kuhs, Phylakes, 13f. 660 Vgl. P. Sijp. 18, Z. 5-7; dazu Charikleia Armoni, ZPE 171, 2009, 174. 661 Vgl. Preisigke, RE XI 2, 1922, 1281-1284, hier 1281, s. v. Komogrammateus; Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 45-52; S. P. Vleeming, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1053f.; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 67. Nicht kombinierbar war das Amt des κωμογραμματεύς beispielsweise mit den Ämtern des οἰκονόμος, des τοπάρχης, des σιτολόγος und des κωμάρχης: „perhaps for some unknown conflict of interest“. Vgl. P. Tebt. I 24, Z. 62-64; dazu A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 67. 662 Vgl. M. Rostowzew, APF 3, 1906, 204f.; U. Wilcken, Grundzüge, 339f.; Chrest. Wilck., S. 387; Claire Préaux, Économie royale, 126-129; P. Kool, Phylakieten, 3439; Hélène Cuvigny, CE 59, 1984, 123-135; außerdem F. Oertel, Liturgie, 47f. 50; C. Homoth-Kuhs, Phylakes, 28f. 663 Da es neben den βασιλικαὶ ἅλως auch private Tennen gab – vgl. etwa P. Petr. II 38a, Z. 21-24; SB XIV 12089, Z. 7 –, ist wohl davon auszugehen, daß beispielsweise das Getreide, das auf der γῆ ἐν ἀφέσει geerntet worden war, nicht (nur) auf die βασιλικαὶ ἅλως, sondern (auch) auf die privaten Tennen gebracht wurde. Auch auf diesem Weg hatten die γενηματοφύλακες ihre Pflicht zu tun. Vgl. U. Wilcken, Chrest. Wilck., S.

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chern (thesauroí) verlorenging664. Dies war keineswegs eine unbedeutende Aufgabe. Hier ging es um „bares Geld“! Daher hatten sie auch im Hinblick auf ihre Amtsführung einen Eid zu leisten. Sie sollten schwören, „dafür zu sorgen, daß auch das übrige zur Erntezeit redlich abgewickelt wird, [die Ernte] aber an die bezeichneten Orte [d. h. zu den Tennen] zu bringen und nichts davon verlustig gehen zu lassen ...“665. Im übrigen leisteten die Erntewächter offensichtlich nicht eine leiturgía, sondern wurden für ihre Dienste vom Staat entlohnt666. Gelegentlich (?) scheinen die Erntewächter von Polizisten unterstützt oder durch Polizisten ersetzt worden zu sein 667 . Oder verhielt es sich gar umgekehrt668?

Der komomisthotés (Verpächter auf Dorfebene)669 Der nur selten bezeugte komomisthotés 670 scheint ein Funktionär gewesen zu sein, der die königlichen Ländereien, die innerhalb einer Dorfflur lagen, an einzelne königliche Bauern verpachtet hat. Sicher geschah dies im Einvernehmen mit dem Dorfvorsteher, dem Dorfsekretär und anscheinend auch dem Ernte___________________________

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38955. – Zum Problem königliche Tenne/private Tenne vgl. auch K. G. Münzer - H. G. Westermann, ZPE 23, 1976, 177. Zur schwierigen Frage der γενηματοφυλακία der anderen landwirtschaftlichen Produkte vgl. Hélène Cuvigny, CE 59, 1984, 132-135; K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 121-123. P. Tebt. I 27, Z. 60f. ≈ Chrest. Wilck. 331, Z. 60f.: φροντίζειν, ὅπως καὶ τἆλ[λα γέν]ηται κατὰ θερείαν ἐξ ὑγιοῦς, παρακομ[ίζειν δὲ] ἐπὶ τοὺς ἀποδεδειγμένους [τόπου]ς καὶ μηθὲν τούτων καταπ̣ρ̣ο̣ήσ̣ε[σθαι] ... (11. Januar 113). (Ist statt παρακομ[ίζειν] παρακομ[ιεῖν] zu lesen?) – Vgl. auch P. Tebt. II 282. Vgl. Lucia Criscuolo, Aegyptus 58, 1978, 623. 901; C. Homoth-Kuhs, Phylakes, 28f. Anders U. Wilcken, Grundzüge, 339f.; Chrest. Wilck., S. 387. Anders anscheinend auch Hélène Cuvigny, CE 59, 1984, 130f. Vgl. PSI IV 344, Z. 8f.; P. Tebt. III 1, 731, Z. 1-7; III 2, 831, Z. 4-6; BGU VIII 1851, Z. 7-11; dazu Hélène Cuvigny, CE 59, 1984, 123-130. Dieser Ansicht ist F. Oertel, Liturgie, 47f. 50. Zum κωμομισθωτής vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 526 (zu 183 descr.); M. Rostowzew, APF 3, 1906, 2062; R. Taubenschlag, APF 4, 1908, 39f.; U. Wilcken, Grundzüge, 2744; F. Preisigke, Fachwörter, 115f.; Preisigke, RE XI 2, 1922, 1284f., s. v. Κωμομισθωτής; V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 46f.; M. Rostovtzeff, History I, 344f.; III, 1401f.139. 1403149; Andrea Jördens, in: GraecoRoman Fayum, 148f. Vgl. PSI VI 554, Z. 13 (24. Januar 258); P. Marb. inv. 5 (ohne Datum); 14 (ohne Datum); dazu Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 148; P. Tebt. I 183 (spätes 2. Jh.); P. dem. Oxf. Griffith I 25, Z. 14 (24. März 133); P. dem. Fitzhugh D. 1, Z. 11 (= Eve A. E. Reymond, JEA 58, 1972, 255 u. T. XLIV, Z. 11) (ptolemaiische Zeit). Zu letzteren beiden Texten vgl. K.-Th. Zauzich, Enchoria 6, 1976, 134. – Zu den demotischen Transkriptionen der griechischen Amtsbezeichnung vgl. W. Clarysse, in: Aspects, 10. 25.

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wächter, doch scheint der komomisthotés beim eigentlichen Verpachtungsvorgang den führenden Part übernommen zu haben.

Der sitológos (Speicherbeamte)671 Der örtliche Speicherbeamte erfüllte im wesentlichen die Aufgaben, die in vorhellenistischer Zeit sein Vorgänger zu erfüllen gehabt hatte. Daß es sich bei seinem Amt nicht um ein neu eingeführtes Amt gehandelt hat, verrät schon die Tatsache, daß die Einheimischen zur Bezeichnung des Amts sich gewöhnlich nicht einer Transkription bedient haben, sondern den ägyptischen Ausdruck ḫj („Messer“) verwendet haben672. Neu war allerdings die Tatsache, daß die Speicherbeamten seit dem 3. Jh. zu etwa 80% griechische Namen getragen haben673. Handelte es sich bei den Trägern dieser Namen im 3. Jh. meist oder immer um Griechen bzw. Makedonen, so werden sich im 2. Jh. und im 1. Jh. unter ihnen auch gräzisierte Ägypter befunden haben. Doch wie auch immer – die Regierung sah offensichtlich weithin in Griechen bzw. Makedonen vertrauenswürdigere Kandidaten für die Übernahme des Amts von Speicherbeamten als in einheimischen Ägyptern. Ähnlich verfuhr die Regierung ja auch bei der Auswahl der königlichen Bankbeamten. Der Speicherbeamte war – nach den Regularien der neuen Zeit – für die Überprüfung der Eingänge und Ausgänge des königlichen Speichers (thesaurós, r3 n Pr-c3 [„Tor des Königs“]674) verantwortlich. Bei diesen Eingängen und Aus___________________________

671 Vgl. H. Maspero, Finances, 199-201; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 373-377; F. Preisigke, Girowesen, 42-46; U. Wilcken, Grundzüge, 153. 181; P. Handrock, Weisungen, 108-113; außerdem PP I/VIII 1326-1436; zu 1389 vgl. auch P. Berl. Salm. 3, Z. 1. 3; 4, Z. 12; 5, Z. 1; 8, Z. 2; 10, Z. 3; 11, Z. 4f.; 12, Z. 3f.; 13 Col. II, Z. 5f.; 14, Z. 3; 15, Z. 3; 16, Z. 3f.; 17, Z. 3; 18, Z. 1. 3; 19, Z. 2; 20, Z. 1; VIII 1336a; 1337a; 1338a; 1342a; 1349a; 1350a; 1351a; 1364a; 1367a; 1374a; 1374b; 1384a; 1397a; 1435a; P. Marb. inv. 2; 6+23; dazu Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 145f.; SB XVI 12813, Z. 7; XXII 15237, Z. 3 (zu den σιτολόγοι der Gaue und Dörfer); I/VIII 1437-1441 (zu den Untergebenen der σιτολόγοι); schließlich A. H. El Mosallamy, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 815823 (Schreiben eines übergeordneten Beamten wegen eines Diebstahls eines Teils der σιτομετρία des σιτολόγος); G. D. Herring, ZPE 76, 1989, 27-37 (5 Quittungen von ναύκληροι an σιτολόγοι und 1 Brief eines übergeordneten Beamten an zwei σιτολόγοι); W. Clarysse - H. Hauben, ZPE 89, 1991, 47-68 u. T. II-VI (9 Quittungen eines ναύκληρος an einen ἀντιγραφεύς oder einen σιτολόγος und 1 Quittung eines σιτολόγος an einen anderen Beamten); G. Schwendner - P. J. Sijpesteijn, AncSoc 25, 1994, 141-149 (eine ἔντευξις wegen eines Streits, in den ein σιτολόγος verwickelt ist); G. Nachtergael, REAC 9, 2007, 19 (die Aufgaben des σιτολόγος von Bakchias). 672 Vgl. W. Clarysse, in: Aspects, 12. 28 Nr. 71. 673 Vgl. W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 42. 674 Vgl. F. Preisigke, Girowesen, 40-42; A. Calderini, Θησαυροί; F. Heichelheim, RE Suppl. VI, 1935, 819-892, hier 871-873, s. v. Sitos; außerdem Panagiota Sarischouli, BGU XVIII 1, S. 69. – Der θησαυρός von Bakchias, der von der Mitte des 3. Jh. v.

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gängen handelte es sich in erster Linie um Getreide – aber nicht nur um Getreide, sondern auch um Feldfrüchte, die trocken gelagert werden konnten, außerdem um Ölprodukte675. In gewisser Weise war der Speicherbeamte ein Gegenstück zum königlichen Bankbeamten (trapezítes). Wie der königliche Bankbeamte eines Dorfes letzten Endes gegenüber dem oikonómos bzw. dem Königlichen Sekretär des Gaus weisungsgebunden war, so auch der Speicherbeamte eines Dorfes 676 . Auf der lokalen Ebene unterlag der Speicherbeamte der Kontrolle eines antigrapheús („Gegenschreiber“). Diese verwaltungstechnische Konstruktion diente natürlich in erster Linie der Sicherheit der Einkünfte des Königs. Sie diente aber auch dem Schutz der Speicherbeamten vor ungerechtfertigten Angriffen. Merkwürdig mutet uns allerdings die Tatsache an, daß Quittungen über Eingänge in die Speicher nicht nur gemeinsam von den Speicherbeamten und den „Gegenschreibern“, sondern auch von den Speicherbeamten allein ausgestellt worden sind677. Neben den „gewöhnlichen“ steuerlichen Abgaben hatten die Steuerpflichtigen an den Speicherbeamten noch weitere Abgaben – in natura – zu zahlen: eine Abgabe für die Benutzung der Tenne678, eine Abgabe für die Reinigung des Getreides, eine Abgabe für die Bewachung des Speichers, eine Abgabe für das Sieben des Getreides und eine Abgabe, deren textliche Ergänzung bisher noch unklar ist679. Im übrigen sind Quittungen über den Eingang von Getreidesteuern von der Erntezeit bis zum Ende des (königlichen) Jahres ausgestellt worden680. Mit anderen Worten: Die Abgaben sind nicht bereits – jedenfalls nicht durchgängig – auf der Tenne entrichtet worden. Der Speicherbeamte hatte dem Königlichen Sekretär monatlich über alle Vorgänge, die mit der Speicherverwaltung in Beziehung standen, Bericht zu erstatten: über die Eingänge, die Ausgänge, die Zahlungspflichtigen, die Rückzahlungen von Darlehen und die Ausstände681. ___________________________

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Chr. bis zum Jahr 183/84 oder 215/16 n. Chr. papyrologisch bezeugt ist, hatte in spätrömischer Zeit die beträchtliche Größe von 1120 m2. Vgl. dazu G. Nachtergael, REAC 9, 2007, 15-19. Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 126-128; Chrest. Wilck. 198, Z. 12-21. Vgl. P. Handrock, Weisungen, 108-113. Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, S. 98-103. Zum ἁλοητόν vgl. P. Tebt. I 48, Z. 17 = Chrest. Wilck. 409, Z. 17 (vorletztes Jahrzehnt des 2. Jh., Kerkeosiris); außerdem P. Tebt. I 90; dazu M. Rostowzew, APF 3, 1906, 2042; M. Schnebel, Landwirtschaft I, 171. Vgl. P. Horak I 20 (nach der Mitte des 2. Jh., Ptolemaïs Kaine [wohl in der Θεμίστου μερίς des Arsinoïtes]); außerdem Chrest. Wilck. 198, Z. 18-21 (23. Januar 240 oder 23. Januar 239, Bubastos im Arsinoïtes); P. Tebt. I 92, Z. 9-12 (spätes 2. Jh., Kerkeosiris). Vgl. auch P. Tebt. I 105, Z. 4f. 24: [τὰ ἐσό(μενα)] ἐ̣π̣ὶ̣ τῆι ἅλωι ἀνηλώματα bzw. πάντα τὰ ἐσόμενα ἐπὶ τῆι ἅλωι ἀνηλώματα. Vgl. Zola M. Packman, Taxes in Grain, 59-63. Vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 375.

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In kleineren Dörfern scheint ein Speicherbeamter (und ein „Gegenschreiber“) mit der Bewältigung der Speicherangelegenheiten betraut gewesen zu sein, in größeren Dörfern waren es offensichtlich gelegentlich mehrere682. Und in jeder merís des Arsinoïtes fungierte – jedenfalls zeitweise – ein archisitológos („Speicheroberbeamter“)683. Im Arsinoïtes – und nur im Arsinoïtes – gab es überdies die Einrichtung von ergastéria, von zentralen, einzelnen Speichern übergeordneten Rechnungsbehörden684, in denen anscheinend mehrere Speicherbeamte arbeiteten685. Es ist fraglich, ob die Chefs dieser Rechnungsbehörden den Titel archisitológos getragen haben; denn die ergastéria dürften frühestens in den späten 30er Jahren des 3. Jh. entstanden sein – der Titel archisitológos taucht aber bereits in der Zenon-Korrespondenz auf686.

Der antigrapheús („Gegenschreiber“)687 Der „Gegenschreiber“ war der „Kollege“ des Königlichen Sekretärs im Dorf bzw. im ergastérion mehrerer Dörfer688 bzw. in einer toparchía689. Er fungierte als Korrektiv des Speicherbeamten. Sein Pendant war der „Gegenschreiber“ des königlichen Bankbeamten. Die „Nationalitätenfrage“ spielte bei der Auswahl der ___________________________

682 Vgl. etwa P. Tebt. III 1, 704, Z. 9 (Zeit Ptolemaios’ III.) (?); 813, Z. 2f. (8. Dezember 186); P. Horak I 20, Z. 2 (nach der Mitte des 2. Jh.). – Gelegentlich (?) scheint ein σιτολόγος auch für die θησαυροί mehrerer κῶμαι zuständig gewesen zu sein. Vgl. P. Sijp. 18, Z. 6-8; dazu Charikleia Armoni, ZPE 171, 2009, 174. – Zu der Mehrzahl von Speicherbeamten auf Gauebene vgl. E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 85 (zu P. Berl. Salm. 3, Z. 8). 683 Vgl. A. Calderini, Θησαυροί, 52f.; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 53 (mit den antiken Belegen). – Sollte der ἀρχισιτολόγος des Arsinoïtes im σιτολόγωι [τ]ῶ̣[ν τόπ]ω̣ν der Gegend von Syene ein Gegenstück haben? Vgl. SB VI 9367 Nr. 4, Z. 2123 (nach dem 21. Juni 163); dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 381. 684 Vgl. Ruth Duttenhöfer, ZPE 98, 1993, 253-262; W. Clarysse - Katja Mueller, SEP 1, 2004, 53-58. 685 Vgl. Ph. A. Verdult, P. Erasm. II, S. 6 (zu P. Erasm. I 15, Z. 14). 686 Vgl. einerseits E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 53, und andererseits Ruth Duttenhöfer, ZPE 98, 1993, 260. 687 Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 374. 374f.4; U. Wilcken, Grundzüge, 181; Chrest. Wilck., S. 221; A. Steiner, Fiskus I, 39-42; II, 146; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 28f.; P. Handrock, Weisungen, 101-107; E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 117-122; außerdem PP I/VIII 1751-1821; VIII 1758a; 1770a; 1772a; 1805a; 1821a; P. Dion. App. B, Z. 6; P. Heid. VI 370, Z. 2f.; schließlich PP I 1822-1824 (zu den Untergebenen der ἀντιγραφεῖς). 688 Vgl. dazu P. Heid. VI 370 (4. Juli - 2. August 179 oder 1. Juli - 30. Juli 168). 689 Vgl. etwa P. Dion. App. B, Z. 6; P. Berl. Salm. 4, Z. 8 (?); 10, Z. 2; 11, Z. 3; 12, Z. 2; 13 Col. II, Z. 4; 14, Z. 2; 15, Z. 2; 16, Z. 2; 17, Z. 2. 17; BGU XVIII 1, 2738, Z. 20; 2740, Z. 2; 2741, Z. 2; 2742 Kol. I, Z. 3; 2746 Kol. I, Z. [2]; III, Z. 1; 2751, Z. [1].

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„Gegenschreiber“ eine geringere Rolle als bei der Auswahl der Speicherbeamten690.

Der épergos („Mitarbeiter“)691 „Mitarbeiter“ scheinen Männer gewesen zu sein, die auf der Dorfebene in der königlichen Finanzverwaltung tätig waren. Näheres wissen wir nicht. Die polizeiliche Organisation692 Die polizeiliche Organisation übernahm Alexandros von seinen Vorgängern. Auch Ptolemaios I. wird an dieser Organisation kaum etwas geändert haben – und wenn doch, dann wird er sehr behutsam vorgegangen sein. Erst Ptolemaios II. scheint mit der Einführung des Amts des Polizeichefs (epistátes ton phylakitón), bei dem die Fäden der polizeilichen Gewalten eines ganzen Gaus zusammenliefen693, stärker in das Organisationsgefüge der Polizei eingegriffen ___________________________

690 Vgl. W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 44. 691 Vgl. W. Schubart, Gnomon 11, 1935, 426; H. C. Youtie, AJPh 56, 1935, 1979f.; Claire Préaux, Économie royale, 287; F. Uebel, Kleruchen, 100f.4; G. W. Schwendner, P. Mich. Collection, S. 108f.; D. Kaltsas, ZPE 142, 2003, 215-217; außerdem T. Reekmans, CE 60, 1985, 276. 692 Vgl. G. Lumbroso, Recherches, 249-251; U. Wilcken, O. Wilck. I, 402 (zum φυλακιτικόν); B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 550f.; N. Hohlwein, MB 9, 1905, 394-399 (römische Zeit); H. Maspero, Finances, 19. 138140; N. Hohlwein, MB 10, 1906, 169-171 (unter Berücksichtigung vornehmlich der römischen Zeit); A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 56-62; M. Engers, De administratione, 73-85; U. Wilcken, Grundzüge, 411-413; M. Modica, Contributi papirologici, 277-280; F. Oertel, Liturgie, 50-55; P. Kool, Phylakieten; Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 961-966; J. Bauschatz, Policing (non vidi); außerdem F. Preisigke - E. Kießling, Wörterbuch III, 178f., s. v. φυλακίτης; R. Haensch, in: Römische Provinzen, 8734; M. Depauw, ZPE 171, 2009, 203f.; schließlich – ohne Berücksichtigung des polizeilichen Dienstgrads – PP II/VIII 4524-4751; 4803-4827; VIII 4524a; 4534a; 4543a; 4557a; 4576a; 4579a; 4581a; 4583a; 4588a; 4602a; 4608a; 4608b; 4608c; 4620a; 4624a; 4626a; 4653a; 4660a; 4669a; 4676a; 4711a; 4711b; 4727a; 4727b; 4733a; 4739a; 4742a; 4802a; 4803a; 4808a; 4820a; 4820b; SB XVI 12813, Z. 2; P. Heid. IX 423, Z. 18; 425, Z. 2; 430, Z. 5; 433, Z. 6f.; 434, Z. 1; 437, Z. 12f.; und zuletzt SB I 5675, Z. 3f. (zu den παρ’ αὐτῶν [sc. τῶν ἐπιστατῶν τῶν φυλακιτῶν] τετ̣[αγ]μένοις̣); dazu P. Kool, Phylakieten, 74. 693 Vgl. P. Kool, Phylakieten, 69-71. – Im Arsinoïtes scheint es – seit der zweiten Hälfte des 3. Jh. (?) – nicht nur einen Polizeichef des ganzen Gaus, sondern auch Polizeichefs der einzelnen μερίδες des Gaus gegeben zu haben. Vgl. etwa M. Depauw, ZPE 171, 2009, 203f. War auch ein gewisser Onesandros – in der zweiten Hälfte des 3. Jh. – Polizeichef einer μερίς des Gaus? Vgl. P. Köln III 140, Z. 1-3: Ὀνησάνδ[ρωι] ἐ̣[πι]στάτηι τῆς̣ [Θ]εμί̣στου μερίδος. Anders D. Hagedorn, P. Köln III, S. 72f. Zu den

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zu haben694. Doch sicher ist dies nicht. Einen landesweit agierenden Minister für polizeiliche Angelegenheiten gab es nicht. Wie zu allen Zeiten war es die Aufgabe der Polizei, für Ruhe und Ordnung zu sorgen – eine Aufgabe, deren Erfüllung sowohl den Interessen des Königs als auch denen der Bewohner des Landes diente.

Der epistátes ton phylakitón (Polizeichef)695 In unseren Dokumenten taucht der Polizeichef zum ersten Mal im 3. Jh. auf696. Vielleicht weist die Tatsache, daß Ptolemaios II. in einem Brief, den er im November/Dezember 263 geschrieben hat, zwar Polizeioffiziere (archiphylakítai), aber keine Polizeichefs (epistátai ton phylakitón) erwähnt hat697, darauf hin, daß das Amt des Polizeichefs erst nach dem genannten Datum geschaffen worden ist698. Die Polizeichefs trugen ausnahmslos griechische Namen, waren also zumindest im 3. Jh. Griechen oder Makedonen 699 . Sie waren zwar die Chefs aller Polizeioffiziere und aller Polizisten eines Gaus700, selbst aber ebenfalls rechenschaftspflichtig – rechenschaftspflichtig dem strategós701. Gelegentlich (?) konnten die Polizeichefs ihr Amt mit einem anderen Amt kombinieren. So war anscheinend ein gewisser Nikon nicht nur Polizeichef, ___________________________

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ἐπιστάται τῶν φυλακιτῶν von P. Tebt. III 1, 736, Z. 29-31 (143) vgl. P. Kool, Phylakieten, 24. 41. 71f. – Zu Barkaios, dem ἐπιστάτης bzw. ἀρχιφυλακίτης der Polizeistation des Anubieion von Saqqara, vgl. UPZ I 64; dazu P. Kool, Phylakieten, 73. Vgl. auch P. Kool, Phylakieten, 7. 67. Vgl. M. Engers, Mnemosyne N. F. 45, 1917, 257-271; P. Kool, Phylakieten, 67-85. Vgl. P. Petr. III 128, Z. 2 (239); 130 (3. Jh.); BGU VI 1244, Z. 1 (225/24). P. Kool, Phylakieten, 67, weist zu Recht darauf hin, daß die Entscheidung, ob wir es in P. dem. Lille I 4, script. int., Z. 2; script. ext., Z. 5f. (p ts rs n t t’ Tmst[s] bzw. Tmsts) (247) und I 2, script. int., Z. 3; script. ext., Z. 5 (p3 ts-rsj) (243) mit einem ἐπιστάτης τῶν φυλακιτῶν oder einem ἀρχιφυλακίτης zu tun haben, schwierig zu treffen ist. Vermutlich handelt es sich aber eher um einen ἀρχιφυλακίτης als um einen ἐπιστάτης τῶν φυλακιτῶν. Vgl. P. Rev., Col. 37, Z. 5. Vgl. auch P. Kool, Phylakieten, 7. Vgl. P. Kool, Phylakieten, 67f. War Ptolemaios, der Sohn des Epikydes, der zusammen mit den in Athribis wohnenden Juden eine Synagoge gestiftet hat – vgl. OGIS I 96 –, ein Grieche oder ein Jude? Ich denke: eher ein Grieche. Vgl. auch P. Kool, Phylakieten, 68. Anders V. A. Tcherikover, CPJ I, S. 1746. Weniger wahrscheinlich: ein gräzisierter Ägypter. Die hohe Stellung, die den Polizeichefs zugewiesen wurde, läßt sich auch aus dem hohen Gehalt ersehen, das ihnen (im 3. Jh.) monatlich überwiesen wurde: 300 Drachmaí. Vgl. P. Petr. III 128, Z. 2-4 (239); dazu P. Kool, Phylakieten, 68. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 81.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

sondern auch Polizeioffizier702 und ein gewisser Lykiskos anscheinend nicht nur Polizeichef, sondern auch epistátes eines Gaus703. Natürlich hatten die Polizeichefs mit Vorgängen zu tun, die an den strafrechtlichen Bereich heranführten oder in ihn hineinführten 704 . Spätestens seit dem 2. Jh. traten sie als Richter in Erscheinung. Auf welchen Gebieten? Die Ansichten der Fachleute variieren705.

Der archiphylakítes (Polizeioffizier)706 Die meisten Polizeioffiziere standen an der Spitze der Polizeikräfte der „Städte“ und Dörfer707. Daneben gab es Polizeioffiziere von Stadtbezirken708, von Tem___________________________

702 Vgl. P. Petr. III 130. – In SB XVI 12524, Z. 1 lesen wir: Πάπωι ἐπιστάτηι καὶ ἀρχιφυλακίτηι Θεογονίδο̣ς̣. Doch war Papos m. E. eher ἐπιστάτης τῆς κώμης als ἐπιστάτης τῶν φυλακιτῶν. Anders J. R. Rea, in: Scritti Orsolina Montevecchi, 319. Zu weiteren Fällen, in denen das Amt des ἐπιστάτης (τῆς κώμης) und das Amt des ἀρχιφυλακίτης kombiniert sind, vgl. P. Kool, Phylakieten, 45f.; J. Bauschatz - J. D. Sosin, ZPE 146, 2004, 1674. Vielleicht ist zu diesen Fällen auch der Fall des Apollonios zu zählen. Vgl. P. Erasm. I 4, Z. 1f.; SB XXII 15542, Z. 1; J. Bauschatz J. D. Sosin, ZPE 146, 2004, 168. 703 Vgl. P. Lond. VII 2188, Z. 220-222. Allerdings ist nicht sicher nachzuweisen, daß Lykiskos beide Ämter innegehabt hat. Vgl. T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 295. 704 Vgl. insbesondere SB I 5675 (Zeit Ptolemaios’ V.); P. Tebt. III 1, 797 (2. Jh.); BGU VI 1252 (2. Jh.); P. Tebt. I 43 (118); dazu E. Berneker, Sondergerichtsbarkeit, 78f.; P. Kool, Phylakieten, 74-85; H. J. Wolff, Justizwesen, 6. 12610. 162. 705 Petitionen an ἐπιστάται τῶν φυλακιτῶν sind selten bezeugt. Vgl. Anna Di Bitonto Kasser, Aegyptus 48, 1968, 591; 65, 1985, 5. Sind sie auch selten bei ihnen eingereicht worden? – Handelt es sich in P. Köln III 140 um eine Anzeige an einen Polizeichef (der μερίς des Themistos)? 706 Vgl. M. Engers, De administratione, 73-85; P. Kool, Phylakieten, 43-66; P. Handrock, Weisungen, 49f. 85f. 118f. – In P. Marb. inv. 6+23 (30. Juni 229 [?]) wird Herieus im selben Schreiben einmal als ἀρχιφυλακίτης (von Busiris) und einmal als φυλακίτης bezeichnet. Vgl. Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 146. – In P. Köln IX 367 (2. Jh.) ist ein ἀρχ(ι)φ[υ(λακίτης)] namens Dionysios (Herakleopolis?) erwähnt, der wenig vorteilhaft charakterisiert wird: ὁ κεκολλοπευκώς (Z. 2). – In SB XIV 12089, Z. 1f. ist der ungewöhnliche Ausdruck ὁ προεστηκὼς τῶν … φυλακιτῶν (im Genitiv) verwendet. Vgl. auch P. Tebt. III 1, 731, Z. 1: ὁ ἡγούμενος τῶν ... φυλακιτῶν. – Trug der ἀρχιφυλακίτης im Demotischen die Bezeichnung ts rs3 bzw. sḥn rs3 („Befehlshaber der Wache“)? Vgl. P. dem. Lille I 2, script. int., Z. 3; script. ext., Z. 5: p3 ts-rsj; dazu H. Sottas, P. dem. Lille I, S. 17; außerdem Françoise de Cenival, Associations religieuses, 161. 173. 174. (Zu rs = „posto di guardia“ = Wache vgl. P. dem. Tor. Amen. 10, Z. 11; dazu P. W. Pestman, P. dem. Tor. Amen., S. 95; außerdem S. Vleeming, Enchoria 15, 1987, 157-159; Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 963f.) Anderer Ansicht sind K. Sethe, Sarapis, 89, und H.-J. Thissen, Serapis 6, 1980, 165. 168f.: mr mšc. 707 Die Funktion des δεκανὸς τῶν φυλακιτῶν („Kommandant über eine Abteilung von zehn Polizisten“) – vgl. SB XXII 15767, Z. 8-10 (2. Jh.); P. Paramone 10 (2. Jh.) (?);

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pelbezirken709, von toparchíai710, von merídes (im Arsinoïtes)711, ja sogar von Gauen 712 . Das Verhältnis zwischen den auf der Gauebene agierenden Polizeichefs und den auf derselben Ebene amtierenden Polizeioffizieren ist rätselhaft. Standen sie sich nicht gegenseitig „auf den Füßen“? Kaum. So wenig wir auch über dieses Verhältnis wissen713, so wissen wir doch – aufgrund von verschiedenen Rundbriefen – sicher, daß die Polizeioffiziere unter den Polizeichefs standen. Bereits im 3. Jh. gab es Polizeioffiziere, die einen ägyptischen Namen trugen, demnach Ägypter waren714. Allerdings agierten diese Polizeioffiziere nur auf der ___________________________

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P. Tebt. I 27, Z. 31 (113); 251 (1. Jh.) – ist nach wie vor unklar. Vgl. P. Kool, Phylakieten, 38. 87f.; P. Schubert, P. Paramone, S. 112-114. Wurden diese Einheiten unter dem Befehl eines δεκανός zur Erfüllung besonderer Aufgaben zusammengestellt? Der Text von SB XXII 15767, Z. 8-10 könnte für diese Ansicht sprechen: Φανείαι τῶι ὑ̣πὲρ τῶν ἀνακεχω(ρηκότων) δεκαν(ῶι) τῶν φυ(λακιτῶν). – Hatte der Ordnungshüter, der als ὁ κατὰ πόλιν bezeichnet wurde, gegenüber den gewöhnlichen φυλακῖται eine herausgehobene Position? Es scheint so. Vgl. PSI IV 332, Z. 11 (21. November 257); P. Marb. inv. 1 (31. August 230 [?]); dazu Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 144f.; P. Mich. XVIII 773, Z. 12 (etwa 194); 774, Z. 12 (etwa 194/93). Vgl. OGIS I 85, Z. 4f. (?); dazu P. Kool, Phylakieten, 14. 44. Vgl. UPZ I 5, Z. 5f.; 6, Z. 5f.; 64, Z. 1-7 (?); dazu P. Kool, Phylakieten, 16. 45. Vgl. P. Hib. I 34, Z. 1 (1. Juni 243) mit 73, Z. 10 (244/43); 75, Z. 1 (18. Februar 232 oder 231) (?); P. Frankf. 3, Z. 26f. (213/12 [?]); UPZ II 152, Z. 5f.; SB I 4309, Z. 3f.; dazu P. Kool, Phylakieten, 44f.; außerdem K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 84-87 (zu P. Köln XI 442-447). Vgl. P. dem. Lille I 1, Z. 4 (22. Dezember 244 - 20. Januar 243); P. Petr. III 128, Z. 49 (239); SB XXII 15766, Z. 3 (27. November 223 oder 16. November 181); P. Tebt. III 1, 795, Z. 1-3 (frühes 2. Jh.); III 2, 871, Z. 5f. (1.-30. März 158); III 1, 731, Z. 3f. (153/52 oder 142/41); außerdem P. Tebt. I 27, Z. 29; dazu P. Kool, Phylakieten, 43. Vgl. P. Rev., Col. 37, Z. 5 (November/Dezember 263); P. dem. Lille I 2, script. int., Z. 4f. ≈ script. ext., Z. 6 (243) (?); P. Tebt. I 6, Z. 14 = C. Ord. Ptol. 47, Z. 3 (zwischen dem 3. und dem 12. Februar 139 [?]); 5, Z. 142 = C. Ord. Ptol. 53, Z. 142 (28. April 118); außerdem P. Lond. VII 2188, Z. 91f. 176 (149); UPZ II 187, Z. 1-3 (127/26); I 106, Z. 3 (15. Oktober 99); dazu P. Kool, Phylakieten, 43. 65f. (Die ἀρχιφυλακῖται von P. Köln VII 313, A, Z. 2. 26 [9. Oktober 186] sind eher auf der Dorfebene als auf der Gauebene anzusiedeln.) Merkwürdig ist insbesondere die Tatsache, daß der ἀρχιφυλακίτης (τοῦ νομοῦ) nicht in der Gehaltsliste von P. Petr. III 128 (239) auftaucht. Ist dies damit zu erklären, daß der ἀρχιφυλακίτης des Arsinoïtes vor der Zeit der Abfassung dieses Papyrus durch die ἀρχιφυλακῖται τῶν μερίδων ersetzt worden ist? Der Halb-Phoiniker Chaapis, ḥrj nj mšc nj Mdj („Oberster des Heeres des Persers“), war nicht Polizeioffizier (von Memphis). Ebensowenig sein Vater Paneith. Vgl. K.Th. Zauzich, Enchoria 17, 1990, 161f. (zu Mty = Meder). Anders H. Schäfer, ZÄS 40, 1903, 35; W. Erichsen, Demotisches Glossar, 195. 324; P.-M. Chevereau, Prosopographie, 189; G. Gorre, Relations, 224-226 Nr. 46. – Anhangweise sei erwähnt, daß J. Quaegebeur, in: Pharaonic Egypt, 166, (im Anschluß an Lichtheim und

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Dorfebene. Die Polizeioffiziere der toparchíai, der merídes und der Gaue hatten stets griechische Namen715. Natürlich waren die Polizeioffiziere von den Polizeichefs abhängig. Abhängig waren sie anscheinend auch von den dioiketaí716, dagegen nicht von den oikonómoi717 und den epimeletaí718. Gelegentlich wurde den Polizeioffizieren die Möglichkeit zugestanden, ihr Amt mit einem anderen Amt zu kombinieren719. Schwierig ist die Frage des Verhältnisses zwischen Polizeioffizier und Dorfchef zu klären720. Bei der Aufklärung von bestimmten Fällen von Rechtsbrüchen scheinen beide zusammengearbeitet zu haben. Allerdings ist wohl davon auszugehen, daß die juristische Einordnung von solchen Fällen weithin von den persönlichen Vorstellungen der beiden Funktionäre abhing. Ich halte es aber für wahrscheinlich, daß der Dorfchef, der örtliche Vertreter des strategós, gegenüber dem Polizeioffizier – grundsätzlich – weisungsbefugt war. War dies doch auch der strategós gegenüber dem Polizeichef721! Neben der Erfüllung der üblichen polizeilichen Aufgaben hatte der Polizeioffizier gelegentlich auch mit Dingen zu tun, die mit der Wahrung der fiskalischen Interessen der Regierung in Zusammenhang standen722. Selbstredend wurden bei den Polizeioffizieren – wie übrigens auch bei den einfachen Polizisten 723 – Anzeigen (prosangelíai bzw. prosangélmata) eingereicht724 – doch nicht nur Anzeigen, sondern auch Petitionen725. ___________________________

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Thissen) an einer Stelle des „Chascheschonqi“ tb-m-mšc liest und diesen Ausdruck mit „Chief of Police“ übersetzt. Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 58f.; P. Kool, Phylakieten, 45; außerdem Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 965. Vgl. SB VI 9257; dazu P. Handrock, Weisungen, 49f. Vgl. P. Petr. II 20 ≈ Chrest. Wilck. 166; dazu P. Handrock, Weisungen, 861. 118f. Vgl. P. Petr. II 20 ≈ Chrest. Wilck. 166; dazu P. Handrock, Weisungen, 85f. 118f. Vgl. P. Kool, Phylakieten, 45f.; K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 85f. Allerdings sollte man in manchen Fällen eher davon sprechen, daß ein (höherer) Funktionär sein originäres Amt mit dem Amt des Polizeioffiziers kombiniert hat. Vgl. P. Kool, Phylakieten, 49f. Bemerkenswert sind die Fälle P. Enteux. 50, Z. 4f. 10; 82, Z. 7f. 11; dazu J. Bauschatz - J. D. Sosin, ZPE 146, 2004, 1672. Zwischen dem στρατηγός und dem ἀρχιφυλακίτης scheint es keine direkten dienstlichen Kontake gegeben zu haben, sondern nur zwischen dem στρατηγός und dem ἐπιστάτης τῆς κώμης. Vgl. P. Kool, Phylakieten, 8. 49. Vgl. E. Kießling, RE XX 1, 1941, 987f., hier 987, s. v. Phylakites; P. Kool, Phylakieten, 50-66; A. H. El Mosallamy, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 816f.; Charikleia Armoni, ZPE 132, 2000, 233; W. Clarysse Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 173; K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 84-86. Vgl. etwa P. Kool, Phylakieten, 53f. Vgl. M. Hombert - Claire Préaux, CE 17, 1942, 259-286; P. Kool, Phylakieten, 5259; Maryline Parca, CE 60, 1985, 240-247; A. Papathomas, P. Heid. VII, S. 49f.; D.

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Gewisse Spezialeinheiten der Polizei scheinen nicht unter dem Kommando eines „gewöhnlichen“ Polizeioffiziers gestanden zu sein, sondern unter dem Kommando eines besonderen Vorgesetzten – so die Arabes unter dem Kommando eines Arabophylakítes726 bzw. eines (allerdings erst für die römische Zeit bezeugten) Arabárches727. Diese Wüsten-Polizisten728 kontrollierten wohl bereits in ptolemaiischer Zeit729 die Häfen, die am Roten Meer lagen, und die Wege, die vom Roten Meer zum Nil führten, und zogen die Hafenzölle und Weggebühren ein730. ___________________________

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Kaltsas, P. Heid. VIII, S. 319-321; Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 246f.; außerdem Gabriella Messeri Savorelli - R. Pintaudi, ZPE 107, 1995, 116-118. Vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 62; J. Hengstl, in: Symposion 1995, 272. 275; außerdem H. Schaefer, P. Köln V, S. 108-111 (zu P. Köln V 216); Charikleia Armoni, ZPE 132, 2000, 233f. (zu SB XXVI 16801). 238. (J. Hengstl ist allerdings der Meinung, daß sich diese [zu seiner Zeit bekannten] Eingaben alle – mit einer Ausnahme – als „Anzeigen“ verstehen lassen.) Vgl. nunmehr auch J. Bauschatz - J. D. Sosin, ZPE 146, 2004, 168 (154/53 oder 143/42). – Richteten sich die Petitionen P. Louvre II 98 (16. März 161) und PSI XV 1514 (erste Hälfte des 1. Jh.) an einen ἀρχιφυλακίτης? Vgl. P. Hamb. I 105 Verso: Ἀρα̣βφυλακίτου (sic!). Daß der Ἀλαβάρχης mit dem Ἀραβάρχης identisch ist, scheint heute nur noch selten bestritten zu werden. Vgl. E. Schürer, ZWTh 18, 1875, 31-40; Brandis, RE II 1, 1895, 342f., hier 343, s. v. Arabarches; J. P. Mahaffy, Empire, 3572; U. Wilcken, O. Wilck. I, 350; G. Dittenberger, OGIS II, S. 2563-2583. 4142; J. Lesquier, RA 1917, 96. 100f.; V 6, 1917, 95-103; W. Ameling, NP I, 1996, 427, s. v. Alabarches. Anders G. Lumbroso, Recherches, 236; Seeck, RE I 1, 1893, 1271, s. v. Alabarches; G. Dittenberger, OGIS I, S. 3111; A. Bludau, Juden, 14f. 16; M. E. Abd-El-Ghany, in: Egitto e Storia Antica, 236f. – Daß Ἀραβία mit „Ἀλαβία“ gleichzusetzen ist, geht beispielsweise bereits aus W. Spiegelberg, Demotische Texte, 16f. (Krug A, IV, Z. 16) hervor: p3 t3 3lbjn („das Land Arabien“). – In römischer Zeit gab es – zeitweise – mehrere Ἀραβάρχαι. Vgl. SB XVIII 13167 Verso, col. II, Z. 11 (Mitte des 2. Jh. n. Chr.). Vgl. etwa C. C. Edgar, P. Cair. Zen. II, S. 163; M. Rostovtzeff, History II, 724; H. Bengtson, Strategie III, 831; außerdem P. Kool, Phylakieten, 12f. Vgl. auch M. E. Abd-El-Ghany, in: Egitto e Storia Antica, 237; W. Ameling, NP I, 1996, 943f., hier 943, s. v. Arabarches; Fabienne Burkhalter, in: Alexandrie, 50; G. Schimanowski, Juden und Nichtjuden, 130321; außerdem J. D. Thomas, Epistrategos II, 193. – Ch. Clermont-Ganneau, RHR 80, 1919, 23f., W. W. Tarn, JEA 15, 1929, 16, und M. E. Abd-El-Ghany, in: Egitto e Storia Antica, 238, sind der Ansicht, daß der Ἀραβάρχης zunächst hauptsächlich mit dem Ziel eingesetzt worden ist, die östliche Grenze Ägyptens gegen die nabataiischen Araber zu schützen. Wurde der Ausdruck Ἄραψ auch für einen „gewöhnlichen“ Polizisten gebraucht? V. Tcherikover, CPJ I, S. 1747, ist dieser Ansicht. Doch ist zu beachten, daß die Ἄραβες in P. Cair. Zen. II 59296, Z. 7f. 22f. von den φυλακῖται abgesetzt sind. Vgl. dazu M. E. Abd-El-Ghany, in: Egitto e Storia Antica, 239f. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, daß nicht alle im Polizeidienst stehenden Ἄραβες mit Aufgaben betraut waren, die mit den Häfen am Roten Meer und den östlichen Wüstenrouten zu tun hatten. So war ein gewisser Petemin als ἁλωνοφυλακῶν für eine Arbeit eingesetzt, die für einen Wüstenpolizisten nicht gerade typisch zu sein scheint. Vgl. P. Cair. Zen.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Spezialeinheiten kommandierten auch die Libyárchai, die in den sog. Revenue Laws neben den Polizeioffizieren auftauchen731. Sie hatten wohl für die Überwachung der Wege in der Libyschen Wüste zu sorgen732.

Der phylakítes (Polizist)733 Aus den Salzsteuer-Registern sind die phylakítai (Polizisten) und die éphodoi (Straßenpolizisten)734 bekannt735. Neben ihnen gab es aber auch phýlakes (Wäch___________________________

IV 59745, Z. 85-87. (Aus P. Cair. Zen. II 59230, Z. 4 und III 59425, Z. 1f. läßt sich für unsere Frage keine Erkenntnis gewinnen.) Zu den im Polizeidienst stehenden Ἄραβες vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 159-161. 175f.; außerdem E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 101f. (Zu einer Liste der papyrologisch bezeugten Ἄραβες vgl. W. H. M. Liesker - A. M. Tromp, ZPE 66, 1986, 85-89.) – Möglicherweise hat der ursprünglich völkische Begriff Md3j („Wüsten-Nubier“) in der Zeit des Neuen Reichs eine ähnliche Entwicklung erfahren wie der ursprünglich völkische Begriff Ἄραψ in späterer Zeit. Er wurde zur Bezeichnung von einheimischen (!) Polizisten verwendet. Vgl. Th. Schneider, Ausländer II, 92f. 731 Vgl. P. Rev., Col. 37, Z. 5. Diese Λιβυάρχαι – im Plural! – waren wohl in verschiedenen Posten der Libyschen Wüste stationiert. Von ihnen ist Philammon, der Λιβυάρχης τῶν κατὰ Κυρήνην τόπων, abzusetzen (204). Vgl. Polyb. XV 25, 12; dazu K. Zimmermann, Libyen, 160-162. 168-172; W. Huß, Ägypten, 477. In ihm ist wohl der στρατηγός der kyrenaiischen χώρα zu sehen. 732 Zu einem Außenposten der Wüstenpolizei (zwischen Oxyrhynchos und der Kleinen Oase) vgl. Ursula Kaplony-Heckel, in: L’eau, 229-238 (zu dem demotischen Archiv der Oxyrhynchos-Ostraka). Wir erfahren aus diesen Ostraka allerdings nicht, ob in diesem Posten Λίβυες oder Ἄραβες oder andere φυλακῖται bzw. ἐρημοφύλακες stationiert waren. (Da Ptolemaios VII. Euergetes II. in Ägypten kein 9. und kein 24. Regierungsjahr gezählt hat, müssen zumindest die Dokumente, die dieses Jahr nennen, in die Regierungszeit Ptolemaios’ VI. datiert werden. Anders Ursula KaplonyHeckel, in: L’eau, 230f.) 733 Vgl. M. Engers, De administratione, 73-85; P. Kool, Phylakieten, 11-42, Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 961-966; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 54f. 165-177; Charikleia Armoni - K. Maresch, P. Köln XI, S. 98f.; außerdem – von PP II/VIII 4631-4750; VIII 4653a; 4660a; 4669a; 4676a; 4711a; 4711b; 4727a; 4727b; 4733a; 4739a; 4742a; SB XXII 15589, Z. 4 abgesehen – H. Harrauer, CPR XIII, S. 161-173 (unter Berücksichtigung auch der späteren Epochen). (In P. Iand. Zen. 38, Z. 3f. taucht der φυλακίτης Andron – vgl. Ph. Schmitz, P. Iand. Zen., S. 96 – zum ersten Mal als [ἀ]ρχιφυλακίτης auf.) – Demotisch hieß der φυλακίτης meist gl-šr (Kalasirier) – ein Wort ohne hinreichende etymologische Erklärung! – oder rs („Wache“). Vgl. dazu J. K. Winnicki, JJP 22, 1992, 63-65; Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 963f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 166-168. Dorothy J. Thompson sieht – jedenfalls in einem demotischen Trierer Papyrus (P. UB Trier inv. S 109 A/13, Z. 11-13 [243-217] = P. Count. I 8, Z. 11-13) – im rs dmy einen φυλακίτης und im rs p3 tw einen ἐρημοφύλαξ.

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ter)736. Die phýlakes waren jedoch im Gegensatz zu den phylakítai keine staatlichen Funktionäre und hatten gewöhnlich keinen Full-time-job737. Während die Polizisten die üblichen polizeilichen Aufgaben zu erfüllen hatten, waren die Straßenpolizisten für die Sicherheit des Personen- und Warenverkehrs auf den Straßen und Wegen Ägyptens verantwortlich738. Zur Stärkung des Pflichtbewußtseins hatten die Polizisten und die Straßenpolizisten – natürlich auch ihre Vorgesetzten – einen Eid zu leisten, und zwar einen Eid bei der Person des Königs und überdies in schriftlicher Form739. Doch schützten alle Vorsichtsmaßnahmen der Regierung in nicht wenigen Fällen nicht vor Übergriffen und kriminellen Handlungen der Beamten740. ___________________________

734 Zu den ἔφοδοι vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 424. 550; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 174f. Die ἔφοδοι trugen normalerweise griechische Namen. Auch dies weist – neben den höheren Vergütungen ihrer Tätigkeit – darauf hin, daß sie gegenüber den φυλακῖται eine höhere Stellung eingenommen haben. Man könnte sie vielleicht eher als „Inspektoren“ bezeichnen. 735 Zu den μαχαιροφόροι vgl. J.-J. Aubert, BASP 24, 1987, 1289; P. Schubert, P. Louvre II, S. 32. 736 Vgl. PP II/VIII 4895-4983; VIII 4952a; 4956a; 4958a; 4958b; 4958c; 4958d; 4958e; 4959a; 4959b; 4973a; 4979a; 4983a; außerdem P. Hels. I 26 A, Z. 31; P. Heid. IX 428, Z. 2; dazu V. Tcherikover, CPJ I, S. 17; Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 963; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 173; C. Homoth-Kuhs, Phylakes, 7-29. – Νυκτοφύλακες (Nachtwächter) scheint es in ptolemaiischer Zeit in der χώρα nicht gegeben zu haben. Vgl. E. Kießling, RE Suppl. VII, 1940, 678f., hier 678, s. v. Nyktophylax; D. Hennig, Chiron 32, 2002, 28934. – Die χερσέφιπποι (berittene Wüstenkontrolleure) und die χερσάνιπποι (nichtberittene Wüstenkontrolleure) gehörten eher zu militärischen als zu polizeilichen Formationen. Vgl. E. Van ’t Dack, TRG 61, 1993, 123. Anders B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 550f. 737 Die (aus der einheimischen Bevölkerung rekrutierten) φύλακες wurden gegen Bezahlung insbesondere für Wachdienste in der Landwirtschaft, für Transporte und Kurierdienste und für Personenschutzdienste eingesetzt. In den Fällen, in denen sie staatliche Funktionäre – wie beispielsweise die φυλακῖται – bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützten, fungierten sie in gewisser Weise als „behördliches“ Hilfspersonal. Vgl. C. Homoth-Kuhs, Phylakes, bes. 13-18. Im übrigen scheint die Wendung το̣ὺ̣ς̣ τ̣ῆς κώμης φύλακας in BGU VIII 1787, Z. 7 (64/63-45/44, Herakleopolites) darauf hinzuweisen, daß die φύλακες gegen Ende der ptolemaiischen Zeit einen korporativen Status einnahmen. Vgl. dazu C. Homoth-Kuhs, Phylakes, 17f. 738 Vgl. dazu H. Maspero, Finances, 138-140; A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 59-62; Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 965 (mit entsprechenden Beispielen). 739 Vgl. P. Tebt. I 27, Z. 53 (113). 740 Vgl. etwa P. Tebt. I 5, Z. 188-192 ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 188-192; außerdem Tracy Caulfield - Anita Estner - Susan Stephens, ZPE 76, 1989, 241-254; Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 965; J. G. Manning, Land and Power, 94-96; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 173.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Die Zahl der in einem Dorf tätigen Polizisten, die zumindest im 3. Jh. ägyptischer Nationalität waren741, war erstaunlich hoch742. „Somewhere between 1-5 per cent of the adult population would seem to be the norm.“743 Offensichtlich hielt die Regierung diesen hohen Prozentsatz zur Aufrechterhaltung geordneter Verhältnisse für erforderlich744. Um die Loyalität der auf der mittleren oder unteren Ebene agierenden Ordnungshüter zu stärken, zahlte ihnen die Regierung Gehälter (misthoí), die für die in ihrem sozialen Umfeld herrschenden finanziellen Verhältnisse teilweise beträchtlich hoch waren. Im 3. Jh. erhielten die phylakítai der drei merídes und des Bezirks mikrá Límne des Arsinoïtes – wir würden diese phylakítai vielleicht eher als archiphylakítai bezeichnen745 – ein monatliches Gehalt von 80 bzw. 50 bzw. 40 bzw. 30 Drachmaí746, die éphodoi sogar ein monatliches Gehalt (misthós) von 100 Drachmaí747, die phylakítai und die Árabes allerdings nur eine monatliche Zulage (opsónion) von 6 Drachmaí, wobei jedoch die Zuteilung einer wohl ausreichenden Menge von Getreide (sitometría) zu berücksichtigen ist748. Im 1. Jh. wurde ein phylakítes einmal (aus welchen Gründen auch immer749) als „gehaltlos“ (ámisthos) bezeichnet750 – und gerade diese Bezeichnung weist darauf hin, ___________________________

741 Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 170f. 742 Vgl. Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses, 966; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 169f. 743 W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 169f. 744 Wir dürfen wohl davon ausgehen, daß es in jedem (größeren) Dorf ein Gefängnis (φυλακή bzw. δεσμωτήριον) gab. Vgl. dazu P. Kool, Phylakieten, 29; J. Bauschatz, CB 83, 2007, bes. 11-18; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 568 (zur Frage τελώνιον/φυλακή). – Im Demotischen hieß das öffentliche Gefängnis p3 štḳ Pr-c3. Vgl. P. dem. Saq. H5-DP241, recto, Z. 6f. (4./3. Jh.); dazu H. S. Smith, in: Actes du IXe congrès international des études démotiques, 337; P. dem. Louvre E 3440 B Recto, Z. 3 (und die Erwähnungen in den beiden parallelen Texten) (22. bzw. 23. Februar 175); dazu G. Vittmann, Enchoria 15, 1987, 102. 12114. 745 Zu φυλακῖται, die „mehr“ waren als φυλακῖται, vgl. etwa SB XVI 12823, Z. 1-5: προσάγγελμα Νικάνορι φυλακίτηι Ἀθ̣ρί̣βεως καὶ τοῖς μετ’ αὐτοῦ φυλακίταις. – Zu den Gehältern der ἀρχιφυλακῖται vgl. einerseits F. Oertel, Liturgie, 51, andererseits P. Kool, Phylakieten, 46f. 746 Vgl. P. Petr. III 128, Z. 4-9 (239). 747 Vgl. P. Rev., Col. 12, Z. 17f. (259). – Wenn die ἔφοδοι von P. Petr. III 128, Z. 10-12, die dem ἐπιστάτης τῶν φυλακιτῶν zu Diensten gewesen sind, ein monatliches ὀψώνιον von nur 1 Drachmé erhalten haben, dann ist dies wohl so zu erklären, daß hier Naturalleistungen nicht in Ansatz gebracht worden sind. Vgl. F. Oertel, Liturgie, 52f., der jedoch zu Unrecht die ἔφοδοι (und φυλακῖται) bereits des 3. Jh. zu κληροῦχοι macht. Vgl. auch W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 174. 748 Vgl. P. Cair. Zen. II 59296, Z. 7-17 (250); außerdem P. Kool, Phylakieten, 25f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 172277. – Zur σιτομετρία vgl. T. Reekmans, Sitométrie; Sitta von Reden, Money, 138-141. 749 Vgl. dazu P. Kool, Phylakieten, 26. 750 P. Grenf. I 38, Z. 2f.

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daß auch zu dieser Zeit der phylakítes gewöhnlich ein Gehalt bzw. eine Zulage erhalten hat. Im übrigen sind die genannten Zahlen schon deswegen zu relativieren, weil nicht davon auszugehen ist, daß sie (im 3. Jh.) landesweit in Ansatz gebracht worden sind. Sie werden vielmehr von Gau zu Gau differiert haben. Anscheinend in der Zeit Ptolemaios’ IV. trat jedoch im finanziellen und sozialen Status verschiedener Gruppen von Ordnungshütern eine wichtige Änderung ein751. Die Regierung wies ihnen nunmehr – wie bisher nur den Soldaten – Grundstücke (kléroi) zur landwirtschaftlichen Nutzung zu 752 . Die Straßenpolizisten erhielten Grundstücke von 24 árurai, die Polizisten, Flußwächter und Wüstenwächter Grundstücke von 10 árurai 753 . Dies war eine Maßnahme, die beträchtlich zur Aufwertung des Status der Ordnungshüter beitrug. Die Regierung wußte, was sie der Stärkung der Loyalität der Ordnungshüter schuldig war754. Neben den Polizisten im staatlichen Bereich gab es auch Polizisten im sakralen Bereich, z. B. den epistátes bzw. den archiphylakítes im Anubieion von Saqqara755 oder den ts rmt ἰw.f sḫ bzw. den ts rmt ἰw.f ἰr sḫj („Befehlshaber der Männer, die schlagen“), der in einem Text einer Kultgenossenschaft auftaucht756 ___________________________

751 Vgl. U. Wilcken, Grundzüge, 411f.; Ruth Duttenhöfer, P. Lips II, S. 19; W. Clarysse Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 176f. – Gewöhnlich wird diese nicht unbedeutende Reform in die Zeit Ptolemaios’ V. gesetzt. Wenn jedoch das Dokument P. Köln XI 439 auf den 16. November 213 zu datieren ist und wenn in diesem Dokument von kleruchischen φυλακῖται die Rede ist – beide Annahmen sind m. E. sehr wahrscheinlich –, dann ist diese Reform bereits in der Zeit Ptolemaios’ IV. eingeführt worden. 752 W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 177, sind wohl zu Recht der Ansicht, daß es sich um jene Gruppen handelt, die im 3. Jh. Steuervorteile genossen haben. 753 Ἐν τῶι καταλοχισμῶι standen die Namen der φυλακῖται. Dieser καταλοχισμός der φυλακῖται ist bereits für das 3. Jh. bezeugt, d. h. für eine Zeit, in der den φυλακῖται weithin noch keine κλῆροι zugeteilt worden sind. Mit anderen Worten: Es handelt sich – zumindest ursprünglich – nicht um einen Liste, in die die Namen der φυλακῖται κληρουχικοί eingetragen worden sind. Vgl. P. Petr. III 93 Recto, Col. VII, Z. 23f. = P. Count. I 12, Z. 148f. (243-217); SB VI 9104, Z. 12f. (195 oder 171); dazu P. Kool, Phylakieten, 22-24; W. Clarysse – Dorothy J. Thompson, P. Count. I, S. 275. 754 In kritischen Situationen wurden die Polizeikräfte durch militärische Einheiten verstärkt. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 82f.; außerdem W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 177. 755 Vgl. einerseits UPZ I 64 (3. November 156) in der Interpretation Wilckens und andererseits UPZ I 69 Verso, Z. 2f. (3. August 152); 108, Z. 1. 29 (21. Oktober 99). 756 P. dem. Lille I 29, Z. 22; dazu Françoise de Cenival, Associations religieuses, 37. 173f. 174f.

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und der an den Befehlshaber der „griechischen“ rhabdophóroi („Stockträger“) bzw. mastigophóroi („Peitschenträger“) erinnert757. Die „kirchliche“ Verwaltung758 An der Spitze jedes ägyptischen Tempels stand ein lesónis (= mr šn = Chef der Kontrolle [?]759)760 bzw. archiereús (= Hoherpriester), der natürlich ägyptischer Nationalität war. Er wurde jährlich gewählt und hatte die Verantwortung für alle ökonomischen und offensichtlich auch alle kultischen Angelegenheiten inne. Was die ökonomischen Angelegenheiten betraf, so war er vor allem für die Einziehung der verschiedenen Pachtgebühren, für die Prüfung der Bilanzen der Spinnereien und Webereien des Tempels, für den Eingang der „Kirchensteuern“, die die örtliche Bevölkerung zu entrichten hatte761, und für die Überprüfung der ___________________________

757 Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire IV, 61f. – Zu den ῥαβδοφόροι vgl. Thalheim, RE I A 1, 1914, 18f., s. v. Ῥαβδοφόροι, ῥαβδοῦχοι; außerdem PP II/VIII 4885-4886. Zu den μαστιγοφόροι vgl. K.-W. Welwei, NP VII, 1999, 996, s. v. Mastigophoroi. 758 Vgl. W. Otto, Priester und Tempel II, 72-166; W. Peremans – E. Van ’t Dack, Eos 48,2, 1956, ersch. 1957, 128-131; J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 149-172 (griechisch-römische Zeit, Tempel des Soknebtynis in Tebtynis); J. Quaegebeur, in: State and Temple Economy II, 707-729; W. Huß, König und Priester, 56-58; W. Clarysse, in: Edfu, 17-27; Sandra L. Lippert - Maren Schentuleit, in: Tebtynis und Soknopaiu Nesos, 71-78 (römische Zeit, Soknopaiu Nesos). 759 Kritisch äußert sich zu dieser Erklärung B. P. Muhs, Tax Receipts, 103768. 760 Zum λεσῶνις bzw. λεσώνης vgl. etwa W. Spiegelberg, RecTrav 24, 1902, 188; Edda Bresciani, SCO 7, 1958, 168; Françoise de Cenival, Associations religieuses, 154159; K.-Th. Zauzich, LÄ III, 1980, 1008f., s. v. Lesonis; B. P. Muhs, Tax Receipts, 103; Maren Schentuleit, in: Texte N. F. III, 342-344; außerdem PP III/IX 5377-5422; IX 5377a; 5377b; 5378a; 5378b; 5379a; 5380a; 5380b; 5382b; 5385a; 5386a; 5386b; 5386c; 5392a; 5395a; 5395b; 5395c; 5399a; 5399b; 5399c; 5399d; 5400a; 5400b; 5401a; 5404a; 5404b; 5411a; 5415a; 5416α; 5416β; 5416γ; 5416a; 5416aα; 5416aβ; 5416aγ; 5416b; 5417a; 5417b; 5417c, 5418a; 5421a; 5422a; 5422b; schließlich III 5423; 5424; IX 5423a (Untergebene der λεσῶνες). – Anscheinend konnte der Chef der Tempelverwaltung auch als ḥ3tj-pct oder als mr mšc oder als ḥq3 ḥwt bezeichnet werden. Vgl. G. Gorre, Relations, 465; außerdem Andrea Jördens, in: Graeco-Roman Fayum, 146-148 (zu λεμισας = mr mšc). – Sind unter den mr(w) ḥmw-ntr m gsw-prw („Vorsteher der Gottesdiener in den Tempeln“) von Edfu VII, 4,5 die λεσῶνες bzw. ἀρχιερεῖς (Ägyptens) zu verstehen? – Und eine weitere Frage: Ist P3-tj-Jmn-nswt3wj, „der Große des Tempels“ (p3 c3 n pr), der in S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 23-24, 1974-1975, 28 Nr. 16, Z. 4, erwähnt ist, ein λεσῶνις gewesen? Könnte man dies annehmen, müßte man allerdings auch annehmen, daß in diesem Fall – nur in diesem Fall? – der λεσῶνις P3-tj-Jmn-nsw-t3wj eine vom „Chef der Nekropole“ (Jmn-rwš) verschiedene Person gewesen ist. – Anhangweise sei erwähnt, daß der Brief des Polemon an den λεσῶνις des Gottes Soknebtynis, SB V 7524, nicht von dem μεριδάρχης (?) Polemon (3. Jh.) geschrieben worden ist. Vgl. Claire Préaux, CE 9, 1934, 132f.; U. Wilcken, APF 11, 1935, 125. 761 Vgl. W. Otto, Priester und Tempel II, 162f.; W. Clarysse, in: Edfu, 21.

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Zahlungen für die Mumifizierungsvorgänge verantwortlich 762 . Natürlich hatte der Hohepriester Untergebene, die einzelne Ressorts zu überwachen hatten – insbesondere das Ressort für die Auszahlung der Dienstbezüge 763 . Außerdem standen ihm buleutaí hiereís („ratgebende Priester“) zur Seite, die Verwaltungsaufgaben zu erfüllen hatten und die offensichtlich über Entscheidungskompetenzen verfügten764. Auch sie wurden jährlich gewählt – je fünf Priester aus den vier bzw. (seit 238) fünf phylaí („Abteilungen“) der Priesterschaft eines Tempels. Die Regierung hatte vielfältige Möglichkeiten, in die inneren Verhältnisse der Tempel einzugreifen. Und sie nutzte diese Möglichkeiten auch – sofern es ihr opportun erschien765. Eine der wichtigsten Maßnahmen, die sie ergriff, bestand darin, in jedem Tempel einen epistátes („Chef“) 766 einzusetzen767, der die Zu___________________________

762 Vgl. etwa W. Clarysse, in: Edfu, 20f. 763 Vgl. etwa W. Otto, Priester und Tempel II, 124-126. 129f. 139f. Von Otto werden in diesem Zusammenhang die προεστηκότες τῆς συντάξεως τοῦ ἱεροῦ (UPZ I 53, Z. 10f.; 52, Col. I, Z. 9f.), die πρὸς τοῖς χειρισμοῖς ... τεταγμένοι (UPZ I 42, Col. I, Z. 19f.) bzw. die ὄντες πρὸς χειρισμοῖς (UPZ I 42, Col. II, Z. 34) und die γραμματεῖς (UPZ I 57, Z. 21) angeführt. Vielleicht schließt Otto aus der Verschiedenheit der angewandten Bezeichnungen zu Recht, „daß es einen offiziellen griechischen Titel für sie nicht gegeben hat, sondern nur einen ägyptischen“ (129). – Darf in diesem Zusammenhang auch der mr 3ḥ („Vorsteher des Ackers“) genannt werden? Vgl. P. dem. Memphis 2A, Z. 7; 2B, Z. 3; dazu J. G. Manning, Land and Power, 189; C. J. Martin, P. dem. Memphis, S. 86. – Unter der Voraussetzung, daß P3-hb, der Sohn des P3-dj-Ḥr-p3-Rc von JEA 85, 1999, 190, Z. 26 und T. XXIV, Z. 26 und P3-hb, der Sohn des P3-dj-Ḥr-p3-Rc, von P. dem. Fam. Theb. 10, Z. 3 identifiziert werden dürfen, ist aus diesen beiden Dokumenten zu ersehen, daß der Tempel-Sekretär dem Gau-Sekretär (der Thebaïs) unterstellt gewesen ist. Vgl. dazu J. D. Ray, JEA 85, 1999, 189-195 u. T. XXIV. 764 Vgl. St. Pfeiffer, Dekret, 117-119. Die βουλευταὶ ἱερεῖς trugen im Hieroglyphischen die Bezeichnung wcb.w nd jḫ.wt („die Priester, die die Dinge beraten“) und im Demotischen die Bezeichnung n3 wcb.w nt mnq mt („die Priester, die die Rede/die Sache vollenden“). – Die Einzelheiten der Verwaltungs- und Entscheidungsvollmachten der βουλευταὶ ἱερεῖς sind uns unbekannt. 765 Vgl. W. Huß, König und Priester, 13-68. 766 Vgl. etwa P. M. Meyer, in: O. Hirschfeld zum 60. Geburtstage, 1601; W. Huß, König und Priester, bes. 57 (mit der früheren Literatur); B. C. McGing, P. Paramone, S. 84; St. Pfeiffer, Dekret, 196; Maren Schentuleit, Buchhaltung I, 240f. 251. 378f. 395; G. Gorre, Relations, 247f. (zu UPZ I 42, Z. 23). 588-591. – Im Demotischen hieß der ἐπιστάτης rmt nt šn („der Mann, der untersucht“). Vgl. W. Peremans - E. Van ’t Dack, Eos 48,2, 1956, ersch. 1957, 128; K.-Th. Zauzich, Enchoria 8,2, 1978, 99; St. Pfeiffer, Dekret, 118; B. P. Muhs, Tax Receipts, 103773. – Ist es denkbar, daß die Zeitgenossen in dem alten Titel p3 mr gś-pr nj pr-c3 („der Verwalter des Tempels des Königs“), der in Edfou V, 126,4 auftaucht, den ἐπιστάτης des Tempels von Edfu gesehen haben? Anders M. Alliot, Culte II, 448: „Ce fonctionnaire n’était pas attaché à l’administration d’un temple en particulier, mais devait surveiller, au nom du roi, l’ensemble du pèlerinage.“ – Peremans - Van ’t Dack sehen in τοῖς ἐ̣π̣ὶ̣ τῶν ἱερῶν τοῦ Ὀξυρυχίτου κ[αὶ] Κυνοπολείτου von P. Oxy. XII 1453, Z. 13f. (30/29) wohl

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stände innerhalb der Tempelmauern zu überwachen und der Regierung darüber zu berichten hatte768. Im 3. Jh. übten Griechen die Funktionen von epistátai aus. Doch tauchen unter den Namen der epistátai bereits dieses Jahrhunderts ägyptische Namen auf, die den Schluß zulassen, daß nunmehr auch Einheimische dieses Amt übernehmen konnten. Seit den letzten Jahrzehnten des 2. Jh. begegnen uns sogar Fälle, in denen ein und dieselbe Person das Amt eines Priesters und das Amt eines epistátes innehatte und somit die Interessen des Klerus und die Interessen des Königs vertrat769. Im übrigen gehörten sowohl die epistátai als auch die archiereís zu den pragmateuómenoi. Sie waren Organe der staatlichen Verwaltung770. Welche Rolle aber spielte der – nur aus dem sog. Nikon-Archiv bekannte – práktor („Vollzugsbeamter“) von Tempeln 771 ? War er der epistátes von Tempeln772? War er eine vorübergehende Erscheinung773? Eher letzteres. Über dem epistátes eines Tempels stand der epistátes einer regionalen Gruppe von Tempeln, etwa der Tempel der Thebaïs774. Ersterer dürfte letzterem rechenschaftspflichtig gewesen sein775. ___________________________

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zu Recht die ἐπιστάται der Tempel des Oxyrhynchites und des Kynopolites. – Wie aber stand der ἐπιστάτης zum προστάτης bzw. dem πρὸς τῆι πρστασίαι bzw. dem προϊστάμενος bzw. dem προστάς bzw. dem προεστηκώς eines Tempels? War der προστάτης eines Tempels der λεσῶνις eines Tempels? Manche Texte sprechen gegen diese (eigentlich naheliegende) Vermutung. W. Peremans - E. Van ’t Dack, Eos 48,2, 1956, ersch. 1957, 129, schlagen daher vor, in der ἐπιστατεία eine offizielle und in der προστασία eine eher offiziöse Institution zu sehen. Befriedigt diese Erklärung restlos? Ich zweifle. G. Gorre, Relations, 247f., vermutet (im Anschluß an Françoise de Cenival, Associations religieuses, 155), daß der Titel προστάτης dem Titel p3 rd (n) Pr-c3 („Bevollmächtigter des Königs“) entspricht. Er sieht im προστάτης einen der königlichen Finanzverwaltung unterstellten Funktionär, der seinerseits der Vorgesetzte des λεσῶνις, des ἐπιστάτης und des οἰκονόμος gewesen ist. Geht diese Vermutung nicht zu weit? Anders W. Otto, Priester und Tempel II, bes. 72-76. Gelegentlich griff auch der στρατηγός in die Angelegenheiten des Tempels ein. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 85; W. Huß, König und Priester, 156. Außerdem scheint zu Beginn des 3. Jh. in manchen (?) Tempeln ein sš nsw (βασιλικὸς γραμματεύς) fungiert zu haben, der offensichtlich nicht der „normalen“ königlichen Verwaltung angehört hat. Vgl. G. Gorre, Relations, 158f.; außerdem W. Huß, König und Priester, 8653. Vgl. W. Peremans - E. Van ’t Dack, Eos 48,2, 1956, ersch. 1957, 129; W. Clarysse, in: Edfu, 21f. Vgl. etwa H. Bengtson, Strategie III, 85. – In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß manche Priester manche Funktionen innerhalb der königlichen Verwaltung übernommen haben. Vgl. J. Quaegebeur, in: State and Temple Economy II, 721f. Vgl. W. Clarysse, in: Edfu, 17-20; J. G. Manning, Land and Power, 83-85. 163. Vgl. W. Peremans - E. Van ’t Dack, Eos, 48,2, 1956, ersch. 1957, 128. Vgl. W. Clarysse, in: Edfu, 22.

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Die letzte Instanz war der in Alexandreia residierende phritob776. Alle aber, die im Bereich der königlichen oder städtischen oder tempelbezogenen Angelegenheiten tätig waren777, „besorgten die Geschäfte des Königs“778. Sie bildeten die Räder, die das Getriebe der königlichen Verwaltung in Gang hielten.

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774 Vgl. BGU VI 1214, Z. 7; P. Paramone 7, Z. 8f.; UPZ I 20, Z. 55; 42, Z. 24f.; 43, Z. 16f.; 46 Recto, Z. 19; 47, Z. 11f. 24f.; 48, Z. 10f.; 50, Z. 27f.; 52, Col. I, Z. 22f.; 53, Z. 23f.; P. Oxy. XII 1453, Z. 13f.; dazu W. Otto, Priester und Tempel II, 128f.; W. Peremans - E. Van ’t Dack, Eos 48,2, 1956, ersch. 1957, 129; W. Clarysse, in: Edfu, 23. 24; B. C. McGing, P. Paramone, S. 83f. 775 Vgl. etwa J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 158. 776 Vgl. etwa T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 290. 777 Vgl. P. Köln VII 313 B, Z. 14-17 = C. Ord. Ptol. 34, Col. II, Z. 14-17 = SB VI 9316, col. II, Z. 14-17: … τῶν ἄλλων τῶν̣ [πρὸς ταῖς χρείαις πραγ]ματευομένων τεταγμ̣[ένων ἐπὶ τῶν τε βασ]ι̣λικῶν καὶ πολιτικῶν κ̣[αὶ ἱερευτικῶν] … (9. Oktober 186). 778 Zu der Wendung οἱ τὰ βασιλικὰ πραγματευόμενοι vgl. P. Rain. Cent. 45, Z. 8f. (197/90); P. Gen. III 132, Z. 5 (zweite Hälfte des 2. Jh.); P. Tebt. I 6, Z. 15f. = C. Ord. Ptol. 47, Z. 4f. (zwischen dem 3. und dem 12. Februar 139 [?]); P. Tebt. III 2, 904, Z. 2f. (115); P. Grenf. II 37, Z. 4f. = Chrest. Wilck. 169, Z. 4f. (nach dem 10. März 108); UPZ I 106, Z. 4f. = C. Ord. Ptol. 62, Z. 4f. (15. Oktober 99). Vgl. außerdem P. Hib. II 198, Z. 141f. = C. Ord. Ptol. 11, Z. 1f.: τοὺς πραγματευομένους [τ]ι τῶν βα[σιλ]ικῶ̣ν̣ … (April/Mai 272).

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Die Provinzen und die Einflußgebiete1 In den Provinzen und Einflußgebieten des Reichs begegnen wir manchen Institutionen, denen wir auch in Ägypten begegnet sind. Doch begegnen wir in diesen Gebieten weder allen (bedeutenden) Institutionen, die wir aus Ägypten kennen, noch begegnen wir den in diesen Gebieten bezeugten Institutionen in jeder Provinz bzw. in jedem Einflußgebiet in gleicher Weise. Die ptolemaiische Verwaltung auch der sog. Außenbesitzungen zeichnete sich nicht durch Uniformität, sondern durch Flexibilität aus.

Kyrenaia2 Die Überlieferung zur Verwaltungsgeschichte der Kyrenaia läßt uns weitgehend im Stich: Der Umfang der literarischen Überlieferung ist minimal, und die auch nicht gerade zahlreichen epigraphischen Zeugnisse sprechen wegen ihrer Bruchstückhaftigkeit oft keine eindeutige Sprache. Eine weitere Schwierigkeit bei der Rekonstruktion der Verwaltungsgeschichte der Kyrenaia hängt schließlich mit der Tatsache zusammen, daß dieses Gebiet in der Zeit von 332 bis 96 keineswegs durchgehend von Alexandreia aus regiert worden ist3. Im J. 322 führten innerstädtische Auseinandersetzungen in Kyrene zu einem militärischen Eingreifen Ptolemaios’ I., der mit dieser Aufgabe den Makedonen Ophellas, einen hetaíros des verstorbenen Königs, betraute. Im J. 312 revoltierten anscheinend nicht nur gewisse politische Gruppierungen der Kyrenaier, sondern die Kyrenaier insgesamt. Vermutlich im J. 309 baute sich Ophellas, der bisherige ptolemaiische Generalgouverneur der Kyrenaia4, eine von Alexandreia unabhängige Stellung auf. Etwa im J. 305 erhoben sich die Kyrenaier erneut gegen die ptolemaiische Vorherrschaft. Vermutlich nach der Rückkehr Arsinoes (II.) nach Alexandreia (279 [?]) kündigte Magas, der Cousin Ptolemaios’ II. und Arsinoes (II.), der seit 300/298 als ptolemaiischer Generalgouverneur die Kyrenaia verwaltet hatte, der Zentrale den Gehorsam auf. Ein letztes Mal revoltierten die Kyrenaier im J. 162 oder 161 gegen den rechtmäßigen ptolemaiischen König, und zwar unter der Führung des Ptolemaios/Sympetesis, des damaligen ptolemaiischen Reichs___________________________

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Vgl. D. Cohen, De magistratibus Aegyptiis; M. Rostovtzeff, in: CAH VII, 1928, 126130; History I, 332-351; Claire Préaux, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 213-215; R. S. Bagnall, Administration; W. Huß, Untersuchungen, 176-238; Ägypten, 372f. 425-443. Vgl. J. Machu, RH 205, 1951, 41-55; H. Bengtson, Strategie III, 153-165; R. S. Bagnall, Administration, 25-37; A. Laronde, Cyrène, 417-454. Zu den folgenden Daten vgl. W. Huß, Ägypten, 99-101. 104. 154. 159. 179f. 187. 202. 266. 268. 572. 633f. 654. Ophellas trug wohl den Titel στρατηγός. Vgl. etwa H. Berve, RE XVIII 1, 1939, 632-635, hier 633, s. v. Ophellas 1.

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verwesers der Kyrenaia. Später wurden die kyrenaiischen Städte nur insofern in „außenpolitische“ Probleme verwickelt, als verschiedene Mitglieder des ptolemaiischen Hauses um die Suzeränität über die Kyrenaia stritten – so insbesondere Kleopatra III. und Ptolemaios VIII. Soter II. in den Jahren 108-103/2 (?). Diese militärischen und politischen Auseinandersetzungen hatten insofern Folgen auch für die Verwaltungsgeschichte der Kyrenaia, als die Zentralregierung nach den jeweiligen Wiederherstellungen der Suzeränität vielfach verwaltungsrelevante Neuerungen einführte. Nach den Auseinandersetzungen des Jahres 322 erließ Ptolemaios I. ein diágramma, in dem er zwar die elementaren Grundrechte der Stadt Kyrene achtete, in dem er aber auch seine überragende Stellung im Rechtsleben der pólis festschrieb5. Im übrigen wurden damals zwar keine ptolemaiischen Funktionäre in der Stadt installiert und wurden der Stadt keine Tributzahlungen auferlegt, doch mußte die Stadt eine ptolemaiische Garnison aufnehmen6. Ptolemaiische Besatzungen scheint Ophellas auch in die anderen Städte der Kyrenaia gelegt zu haben7. Den Freibeuter Thibron übergab er Epikydes, dem Besatzungskommandanten von Taucheira, zur Hinrichtung. Epikydes überließ diese Aufgabe jedoch – aus wohlüberlegten Gründen – den Taucheiriten8. Nach der Niederschlagung der Revolte des Jahres 312 ordnete Agis, der als strategós des Ptolemaios einen raschen Erfolg errungen hatte, die Verhältnisse in der Stadt im Sinn der Zentralregierung9. Die Kyrenaier wurden entwaffnet, und die inneren Verhältnisse der Stadt wurden neu geordnet10. Näheres erfahren wir nicht. Es ist jedoch denkbar, daß bereits damals die Verfassung des Jahres 320 in manchen Punkten geändert wurde. Wir wissen auch nicht, ob Ptolemaios nach der Wiedergewinnung der Kyrenaia im J. 308 in die inneren Verhältnisse der kyrenaiischen Städte eingegriffen hat. Sollte er dies getan haben, dann ___________________________

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Vgl. SEG IX 1 (mit den verbesserten Lesungen von P. M. Fraser, Berytus 12, 1956/58, 120-127); dazu W. Huß, Ägypten, 100f. (mit der früheren Literatur); außerdem Gabriella Ottone, MEP 3, 2000, 69-81; Lucia Criscuolo, in: Festschrift W. Huß, 141-158; Céline Marquaille, External Image, 94-97; Elisabetta Poddighe, Aevum 75, 2001, 45-49; Alice Bencivenni, Progetti, 105-149. In SEG IX 1 ist von φρουροί (Z. 71) und von μισθοφόροι οἱ Πτολεμαίωι, die in Kyrene οἰκίαι oder ἀγροί besitzen (Z. 62f.), die Rede. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 162. Außerdem ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß im J. 312 in der Burg von Kyrene eine ptolemaiische Besatzung gelegen ist. Vgl. Diod. XIX 79,1-3. Zu den φρούραρχοι des ptolemaiischen Reiches vgl. Sandra Scheuble, in: Identität und Zugehörigkeit, 35-53. Vgl. Arr. succ. fr. 1,17f.; dazu R. S. Bagnall, Administration, 25. Ich halte es für unwahrscheinlich, daß Ophellas während oder unmittelbar nach der Revolte in Kyrene anwesend gewesen ist. Wäre es anders gewesen, hätte höchstwahrscheinlich nicht Agis, sondern er selbst die Neuordnung der kyrenaiischen Verhältnisse vorgenommen. Vgl. Diod. XIX 79,3. Anders etwa H. Berve, RE XVIII 1, 1939, 632-635, hier 633, s. v. Ophellas 1; H. Bengtson, Strategie III, 1560. Vgl. Diod. XIX 79,3: …τὰ κατὰ τὴν πόλιν διοικήσας, ὥς ποτ’ ἔδοξεν αὐτῷ συμφέρειν.

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vermutlich nicht in einem umfassenden Sinn; denn der Abfall der „Provinz“ war weniger ein Werk der Bürger der Städte der „Provinz“ als ein Werk des Ophellas gewesen. Da die Ruhe nur wenige Jahre anhielt – etwa bis zum Jahr 305 –, sah sich Ptolemaios erneut gezwungen, in der Kyrenaia klare Verhältnisse zu schaffen. Er tat dies etwa im J. 300, und er tat dies durch Magas, seinen Schwiegersohn11. Magas regierte – zunächst als Generalgouverneur, dann als König12 – etwa 50 Jahre über Kyrene und die Kyrenaia13. In welcher Form Magas seine Herrschaft über Kyrene und die Kyrenaia ausgeübt hat, wissen wir nicht. Doch scheint der aus königlichem Geschlecht stammende Herrscher seine politischen Vorstellungen sowohl in den Städten als auch im flachen Land energisch durchgesetzt zu haben. Jedenfalls gelang es ihm nicht, das uneingeschränkte Vertrauen der Kyrenaier und der Marmariden zu gewinnen14. Wohl in den Jahren 282-278 taucht in einer (wohl in der Nähe von Alexandreia verbauten) Weih-Inschrift ein gewisser Archagathos, der Sohn des Agathokles, als „Chef Libyens“15 auf. Wenn aber „Libyen“ hier nicht den Gau, sondern die Kyrenaia bezeichnet16, in welchem Verhältnis stand dann dieser Archagathos zu Magas? Verwaltete er – unter Magas – das flache Land der Kyrenaia? Dies erscheint nicht unmöglich, doch auch nicht gerade wahrscheinlich. Nicht gerade wahrscheinlich vor allem dann nicht, wenn in Archagathos ein Cousin Ptolemaios’ II. zu sehen ist17. Verwaltete er (als Generalgouverneur) die gesamte Kyrenaia? Dies aber tat zu dieser Zeit Magas – entweder als strategós oder als König. So scheint sich die Annahme nahezulegen, daß Archagathos (zu dem in der Weih-Inschrift vorausgesetzten Zeitpunkt) von der Zentralregierung zum Nachfolger des Magas ernannt worden war, daß er aber sein Amt noch nicht angetreten hatte. (Er sollte dieses Amt nie antreten.) Wohl nach dem Tod des Magas (250/48) trafen – auf Bitten der Kyrenaier – die aus Megalopolis stammenden politischen Philosophen Ekdemos und Demophanes in Kyrene ein (249 oder 248), um bei der Entwirrung innenpolitischer Wirrnisse behilflich zu sein18. Sie gaben der Stadt eine neue, freiheit___________________________

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L. Koenen, in: Images and Ideologies, 97, ist – vielleicht zu Recht – der Ansicht, daß Ptolemaios Magas, den Sohn eines gewissen Philippos und Berenikes I., adoptiert hat. 12 Allerdings wird das Königreich des Magas im Vertrag des Magas mit den kretischen Oreiern nicht als βασιλεία, sondern als ἐ̣π̣αρχεία bezeichnet. Vgl. IC II, XVII 1, Z. 10 = H. H. Schmitt, Staatsverträge III, Nr. 468, Z. 10. Zur Datierung des Vertrags – wohl einige Zeit nach 260 – vgl. W. Huß, Ägypten, 298f.367; außerdem Monique Bile, in: Études Catherine Dobias-Lalou, 20f. (unentschieden). 13 Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 155f. 163. 14 Vgl. W. Huß, Ägypten, 268. 15 IG Alex. ptol. 5, Z. 4f. = SEG XVIII 636, Z. 4f. = SB VIII 10040, Z. 4f.: ὁ ἐπιστάτης τῆς Λιβύης. 16 Vgl. K. Zimmermann, Libyen, 157f.; R. S. Bagnall, jetzt in: Hellenistic and Roman Egypt, VII 195-209. add. 2; anders P. M. Fraser, BSAA 41, 1956, 49-55. 17 Vgl. R. S. Bagnall, jetzt in: Hellenistic and Roman Egypt, VII 196-198. 18 Vgl. Polyb. X 22,3; Plut. Philop. 1,4; dazu etwa A. Laronde, Cyrène, 381f.

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liche Verfassung, deren Einzelheiten unbekannt sind. Wir dürfen jedoch annehmen, daß diese Verfassung in manchen Punkten zu den zur Zeit des Magas geltenden Grundsätzen und Verfahrensweisen in Gegensatz stand. Etwa zur gleichen Zeit schlossen sich die Städte der Kyrenaia zu einem koinón (Bund) zusammen. Vielleicht prägten sie nunmehr – genauer: in der Zeit Demetrios’ des Schönen19 – die etwas rätselhaften Koinón-Münzen20. Nicht lange danach änderten sich die in den Städten der Kyrenaia herrschenden politischen Verhältnisse infolge der Verbindung Berenikes, der Tochter des Magas und der Apame, mit Ptolemaios (III.), dem ptolemaiischen Kronprinzen, grundlegend. Die nächsten 1½ Jahrhunderte standen diese Städte unter der direkten Herrschaft eines ptolemaiischen Königs. Zwar hoben die ptolemaiischen Herrscher die „Freiheit“ dieser Städte nicht auf, doch wird ihr politisches Gewicht deren politische Strukturen nachhaltig beeinflußt haben. Natürlich bedurften die ptolemaiischen Könige zur Sicherung ihrer regionalen Machtstellung eines Vertrauensmanns oder zweier Vertrauensmänner, doch halte ich die Annahme, nach der bereits Ptolemaios III. Libyárchai in der Kyrenaia eingesetzt hat, nicht für gesichert 21 . In der Zeit Ptolemaios’ V. allerdings begegnet uns ein „Libyárches der um Kyrene liegenden Gebiete“22. Hatte dieser Libyárches das politische und wirtschaftliche Leben der gesamten Kyrenaia oder nur des weithin von einheimischen Libyern bewohnten „königlichen Landes“ (chóra basiliké) zu kontrollieren? Eher letzteres23. Im übrigen ist keineswegs sicher, daß der Titel Libyárches, den Polybios diesem Mann gegeben hat, ein offizieller Titel gewesen ist 24 . Philammon – so hieß dieser Funktionär – könnte durchaus den Titel „der strategós der um Kyrene liegenden Gebiete“ getragen haben. Doch wie auch immer – im 2. Jh. jedenfalls wurden die Funktionäre, die in den Städten der Kyrenaia die Interessen des Königs vertraten, als strategoí bezeichnet25. Ob Ptolemaios VII. Euergetes II. im J. 161 nach der ___________________________

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Vgl. auch F. W. Walbank, Commentary II, 224. Vgl. E. S. G. Robinson, Catalogue. Cyrenaica, 68-71 Nr. 1-29; dazu A. Laronde, Cyrène, 404-406, der die Koinón-Prägungen der Zeit Ptolemaios’ III. zuweist, und T. V. Buttrey, in: T. V. Buttrey - I. McPhee, Extramural Sanctuary, 37-41, der diese Meinung – zu Recht – ablehnt. Anders A. Laronde, Cyrène, 406. 417f., der in SEG XVIII 732; 733; 734 Λιβυάρχης ergänzt. Polyb. XV 25,12: Λιβυάρχης τῶν κατὰ Κυρήνην τόπων. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 157f.; F. W. Walbank, Commentary II, 483f. Anders R. S. Bagnall, Administration, 33f.; 2141; A. Laronde, Cyrène, 417f.; K. Zimmermann, Libyen, 160-163; NP VII, 1999, 150, s. v. Libyarches; Céline Marquaille, External Image, 74-76; LibStud 34, 2003, 3830. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 157f.; R. S. Bagnall, Administration, 33f. 2141. Vgl. SEG IX 55 = SB VIII 9940; dazu R. S. Bagnall, Administration, 34f. 219; außerdem 35f.; A. Laronde, Cyrène, 418-420. Wenn in SEG IX 359, Z. 2f. zu ergänzen ist [τὸν συγγενῆ καὶ σ]τρατηγὸν τῶν κατὰ [Κυρήνην τόπω]ν oder … τῶν κατὰ [Λιβύην τόπω]ν – vgl. R. S. Bagnall, Administration, 34f.; A. Laronde, Cyrène, 418f. –, dann dürfte es sich auch in diesem Fall um einen στρατηγός der

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Niederschlagung der Revolte der Kyrenaier und der Ausschaltung des Reichsverwesers Ptolemaios/Sympetesis das Verwaltungsgefüge der Stadt Kyrene (und der anderen Städte der Kyrenaia) geändert hat, wissen wir nicht26. Aus einem próstagma Ptolemaios’ VIII. Soters II. und Kleopatras V. (108) erfahren wir jedoch, daß in den kyrenaiischen Städten Standortkommandanten, königliche Richter und weitere königliche Beamte fungierten27. Ein Beweis für das starke königliche Übergewicht! Doch behielten die Städte nach wie vor eine gewisse Autonomie28. Mit dem Tod des Ptolemaios/Apion endete die Existenz des ptolemaiischen Königreichs der Kyrenaia (96). Doch dürften auch schon zur Zeit des Ptolemaios/Apion – wenn nicht noch früher – in Kyrene Zustände geherrscht haben, die Strabon29 für den Winter des Jahres 87/86 folgendermaßen beschreibt: „Vier (Kategorien) gab es in der Stadt der Kyrenaier: die der Bürger und die der Landbewohner, als dritte die der métoikoi, als vierte die der Juden.“ Dieses Bevölkerungsgemisch schuf erhebliche Probleme.

Syrien und Phoinikien30 In vielen Passagen literarischer Werke wird das ptolemaiisch beherrschte Syrien als Koíle Syría bezeichnet – ein geographischer Begriff, der wohl auf den semitischen Ausdruck kl Swrjh („das Ganze Syriens“) zurückgeht und der in der Folgezeit eine wechselvolle Geschichte erfahren hat31. Im offiziellen Sprachge-

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χώρα βασιλική der Kyrenaia gehandelt haben. Auch der στρατηγός einer weiteren Inschrift (108 [?]) scheint mit städtischen Dingen nichts zu tun gehabt zu haben. Vgl. SEG XXXIX 1718, Z. 3f.: [N. N. στρατηγὸς τῶν τόπων τῶν κ]α̣τὰ Λιβύην αἵ τε π̣[όλεις ...]; dazu G. Paci, in: Egitto e Storia Antica, 593. 26 Die Truppen, die während der Regierungszeit Ptolemaios’ VII. Euergetes’ II. in Kyrene stationiert waren, waren offensichtlich stark diversifiziert. Vgl. SEG XXXI 1574; dazu R. S. Bagnall, ZPE 11, 1973, 123f.; F. Piejko, ZPE 44, 1981, 105-107. 27 Vgl. SEG IX 5, Z. 48f. ≈ Z. 70f. = C. Ord. Ptol. 45-46, Z. 3f. ≈ Z. 25f.: οἱ ἐπὶ τῶν πόλεων τεταγμένοι; SEG IX 5, Z. 69 = C. Ord. Ptol. 45-46, Z. 24: οἱ χρηματισταί; SEG IX 5, Z. 62 = C. Ord. Ptol. 45-46, Z. 17: οἱ ἐπὶ χρείαις τεταγμένοι; dazu H. Bengtson, Strategie III, 164f.; R. S. Bagnall, Administration, 30. 35; A. Laronde, Cyrène, 423; W. Huß, Ägypten, 633f. 28 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 30f.; A. Laronde, Cyrène, 424. 29 FrgHist 91 Strabon von Amaseia F 7. 30 Vgl. U. Kahrstedt, Syrische Territorien, 14-34. 42-46; V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, bes. 32-53; H. Bengtson, Strategie III, 166-171; R. S. Bagnall, Administration, 11-24; W. Huß, Untersuchungen, 184-188; Ägypten, 122-124. 315f. 372f.; außerdem Claire Préaux, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 214f. – Zur Bevölkerung der Provinz vgl. etwa V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 4953. 31 Vgl. W. Huß, Ägypten, 123207 (mit der früheren Literatur); außerdem U. Kahrstedt, Syrische Territorien, 14-34; E. Bickermann, DLZ 48,2, 1927, 1766-1769; R. Laqueur, Gnomon 3, 1927, 527-536; M. Stern, Authors I, 14; G. M. Cohen, Hellenistic Settlements II, 37-41.

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brauch hieß die Provinz spätestens seit der Zeit Ptolemaios’ II. „Syrien und Phoinikien“32. Dieses Gebiet, an dessen Beherrschung bereits die Pharaonen des Neuen Reichs interessiert gewesen waren, fand (spätestens) seit dem Jahr 320 die Aufmerksamkeit Alexandreias33. Nachdem Ptolemaios I. – etwa im J. 294 – Tyros und Sidon seinem bisherigen koile-syrischen Besitz hinzugefügt hatte, blieb die Syrische Frage bis zur Zeit des 5. Syrischen Kriegs (202 [?] - 198) geklärt – sieht man von zeitweiligen Verlusten in einem der vier ersten Syrischen Kriege ab. Doch auch nach dem Verlust Koile-Syriens im 5. Syrischen Krieg blieben zwischen Alexandreia und dem koile-syrischen Raum gewisse Verbindungen bestehen – Verbindungen, die in der Zeit Ptolemaios’ VI. und Kleopatras VIII. Philopators sogar rechtliche Formen annahmen. Die Grenzen des ptolemaiischen Syrien zum seleukidischen Syrien34 blieben im 3. Jh. im wesentlichen unverändert bestehen – sieht man von der Stadt Seleukeia Pieria ab, die von der Zeit des 3. Syrischen Kriegs bis zur Zeit des 4. Syrischen Kriegs – wenn nicht gar bis zum Vorabend des 5. Syrischen Kriegs35 – in ptolemaiischer Hand blieb 36. Gewöhnlich nimmt man aufgrund einer StrabonNotiz an, die Nordgrenze Koile-Syriens sei am Eleutheros verlaufen37. Eine genauere Untersuchung der in Frage kommenden polybianischen Aussagen scheint mir jedoch zu der Ansicht zu führen, daß diese Grenze zwischen Kalamos und Tripolis verlaufen ist38. Arados war nicht ptolemaiisch, sondern (relativ) frei39, wenngleich das Münzmaterial der Stadt deutlich erkennen läßt, daß die Stadt phasenweise eine proptolemaiische Politik verfolgt hat. Damaskos stand wäh-

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Vgl. W. Huß, Ägypten, 122f.207. Zur Geschichte Koile-Syriens in persischer Zeit vgl. O. Leuze, Satrapieneinteilung, 25-250; dazu H. Bengtson, jetzt in: Kleine Schriften, 83-100; A. F. Rainey, AJBA 1,2, 1969, 51-78; E. Stern, in: CHJ I, 1988 (= 1984), 70-87. Zu diesen Grenzen vgl. V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 32-36; W. Huß, Untersuchungen, 184-188 (mit der Berichtigung, daß Tripolis im J. 258 nicht ptolemaiisch gewesen ist); C. G. den Hertog, ZPalV 111, 1995, 168-179 (mit teilweise fragwürdigen Argumenten). – Zu den papyrologisch bezeugten Orten Koile-Syriens vgl. Anna Passoni Dell’Acqua, RivBibl 34, 1986, 248-255. 270. 278f. Vgl. W. Huß, Untersuchungen, 75-78. 185-187; Ägypten, 401f. Vgl. Polyb. V 58,10f.: außerdem Isidoros, in: FrgHist 746 Athenodoros von Tarsos F 4,3 (vgl. Tac. hist. IV 84,4) (Zeit des 3. Syrischen Kriegs). Vgl. Strab. XVI 753; außerdem Ptol. V 14,3 (Winkler). Vgl. Polyb. V 68; dazu W. Huß, Untersuchungen, 184f. Anders etwa M. Hengel, Juden, 3813 (zu Orthosia). Vgl. H. Seyrig, jetzt in: Scripta numismatica, 104f. (allerdings mit einer m. E. fragwürdigen Interpretation der συμμαχία von Polyb. V 68,7); R. S. Bagnall, Administration, 11f.; W. Huß, Untersuchungen, 185.

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rend des 3. Jh. zeitweilig unter ptolemaiischer Herrschaft40. Die näheren Einzelheiten sind jedoch strittig41. Zu einem uns unbekannten Zeitpunkt wurde Ake, von Ptolemaios II. als hellenistische pólis Ptolemaïs (heute Akko), neu gegründet. Die Stadt wurde das administrative Zentrum der Provinz42. Natürlich lagen in allen größeren Städten Garnisonen43. Ich zweifle aber, ob manche oder gar alle Kommandanten dieser Garnisonen auch zivile Kompetenzen besessen haben44. Leontios jedenfalls, der Besatzungskommandant der Stadt Seleukeia Pieria (219), scheint nur ein militärisches Kommando innegehabt zu haben, wenngleich Polybios ihn als „den, der für das Ganze verantwortlich ist“45, bezeichnet hat46. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß es in Birta (Ammanitis) eine ptolemaiische Militärsiedlung (katoikía) gegeben hat, deren Chef der jüdische Scheich Tubias gewesen ist47 – die Militärsiedler nannten sich „klerúchoi der Kavalleristen des Tubias“ bzw. „klerúchoi der Männer des Tubias“48. Derartige Militär___________________________

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Vgl. Polyaen. strat. IV 15; FgrHist 260 Porpyhrios von Tyros F 32,8; Eus. chron. (ed. Schoene) I, Sp. 251; chron. (ed. Karst), S. 118. – Die Zeugnisse P. Cair. Zen. I 59004, Z. 7 (259 [?]) und 59006, Z. 19f. (259 [?]) sind m. E. nur unter Vorbehalt für die Annahme einer vor dem Ausbruch des 2. Syrischen Kriegs (259) bestehenden ptolemaiischen Herrschaft über Damaskos heranzuziehen. Vgl. etwa V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 34-36; R. S. Bagnall, Administration, 12f.; C. G. den Hertog, ZPalV 111, 1995, 170-176; W. Huß, Ägypten, 270123. 351. Zur Geschichte und zur Bedeutung von Ptolemaïs in hellenistischer Zeit vgl. G. Cohen - E. Van ’t Dack, in: Conflict, 124-127. Vgl. etwa V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 36-38; R. S. Bagnall, Administration, 14f.; Anna Passoni Dell’Acqua, RivBibl 34, 1986, 227f. G. Hölbl, Geschichte, 61, scheint der Meinung zu sein, daß die Garnisonskommandanten der Provinzen den Provinzstatthaltern nicht unterstellt waren. Diese Ansicht halte ich für unwahrscheinlich. Polyb. V 60,9: τὸν ἐπὶ τῶν ὅλων; vgl. 60,2: τοὺς ἐπὶ τῶν ὅλων; dazu W. Peremans E. Van ’t Dack, in: Antidoron M. David, 99. Zu den militärischen Titeln des ἡγεμών, des ἀκροφύλαξ, des φυλακάρχης, des γραμματεύς und des ἀρχυπηρέτης vgl. P. Cair. Zen. I 59004, Z. 51; 59006, Z. 5. 23. 51. 52; dazu V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 37f.; R. S. Bagnall, Administration, 16; Anna Passoni Dell’Acqua, RivBibl 34, 1986, 277f. V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 37, sieht im Νικίας ἡγ̣εμ ̣ ώ ̣ ν „the chief person in any garrison“. Ich zweifle – nicht zuletzt aufgrund der Position des Nikias innerhalb des Dokuments P. Cair. Zen. I 59004. Vgl. etwa V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 36f. 49f.; R. S. Bagnall, Administration, 17; Anna Passoni Dell’Acqua, RivBibl 34, 1986, 255-259. Ich vermute, daß der eponyme Offizier Tubias nicht nur der Verwalter der Ammanitis war, sondern auch der Dienstvorgesetzte der κληροῦχοι – wenngleich er in den uns zur Verfügung stehenden Zeugnissen keinen militärischen Dienstrang führt. Anders St. Pfeiffer, APF 56, 2010, 248-252. Vgl. P. Cair. Zen. I 59003 ≈ CPJ I 1.

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siedlungen wird es nicht nur in der Ammanitis, sondern auch in anderen Gegenden Koile-Syriens gegeben haben. Diese katoikíai verstärkten die militärische Präsenz Ägyptens. Wir wissen nicht, seit welcher Zeit Generalgouverneure in der Provinz fungiert haben. Es ist durchaus möglich, daß derartige Funktionäre bis in die Zeit Ptolemaios’ III. hinein nicht existiert haben49. Im J. 219 taucht dann der Aitoler Theodotos auf, den Polybios als den „Chef Koile-Syriens“50 bezeichnet51. Allem Anschein nach liefen bei diesem „Chef Koile-Syriens“ nicht nur die Fäden der Militärverwaltung, sondern auch die der Zivilverwaltung zusammen52. Vermutlich bereits seit der Zeit Ptolemaios’ I.53, sicher jedoch seit der Zeit Ptolemaios’ II.54 war die Provinz in „Regionen“ (hyparcheíai) geteilt. An der Spitze dieser „Regionen“ werden regionale Funktionäre (hýparchoi) gestanden sein55, die möglicherweise zunächst nur einen militärischen Charakter gehabt haben. Spätestens zu der Zeit, zu der die (zu postulierenden) militärischen strategoí ___________________________

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Vgl. auch Anna Passoni Dell’Acqua, RivBibl 34, 1986, 276. – Sharon C. Herbert Andrea M. Berlin, BASOR 329, 2003, 4923, gehen jedoch zu weit, wenn sie behaupten: „Although Egyptian records designate an area outside Egypt under this name [i. e. Coele-Syria and Phoenicia], this does not necessitate a central administrative center or officials outside Egypt.” Polyb. V 40,1: ὁ τεταγμένος ἐπὶ Κοίλης Συρίας. Zu weiteren στρατηγοί Koile-Syriens vgl. W. Huß, Ägypten, 3723. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 168-170. Anders V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 38f. Zurückhaltend R. S. Bagnall, Administration, 15f. Für diese Ansicht könnten die Ostraka sprechen, die in Idumaia zutage getreten sind. (Das letzte datierte Ostrakon, das wir kennen, scheint vom 9. Juli 313 zu stammen.) Vgl. A. Lemaire, ZPalV 115, 1999, 13. – Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß Diodoros die Region Idumaia als ἐπαρχία (XIX 95,2) bzw. als σατραπεία (XIX 98) bezeichnet (311). Vgl. SB V 8008, Z. 1. 37f. = C. Ord. Ptol. 21, Z. 1; 22, Z. 5f. – Die Münzen, die die Legende Jhd bzw. Jhdh tragen, scheinen in der ὑπαρχεία Juda (mit dem Zentrum Jerusalem) geprägt worden zu sein. Vgl. A. Kindler, IEJ 24, 1974, 73-76; L. Mildenberg, in: Essays Margaret Thompson, 188-191. 194-196 u. T. 22; Y. Meshorer, INJ 5, 1981, 4; Sylloge VI, T. 2 Nr. 52; Ancient Jewish Coinage I, S. 13-21. 184 u. T. 3 Nr. 14-16; L. Mildenberg, HSPh 91, 1987, 389f.; in: Palästina, 719-728 u. T. 23; F. Bianchi, RSO 63, 1989, ersch. 1990, 213-229; Y. Meshorer, INJ 11, 1990/91, 104106. 115 Nr. 11-13. T. 18 Nr. 11-13 (mit teilweise schiefen Argumenten); B. BarKochva - A. Kindler, in: B. Bar-Kochva, Pseudo-Hecataeus, 255-270. 309-317; D. Barag, INJ 13, 1994-1999, 27-38 u. T. 3f.; D. T. Ariel, cAtiqot 41,2, 2002, 281-294; S. N. Gerson, INJ 14, 2000-2002, 43 u. T. 4. – Zu den (jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt) etwas merkwürdig anmutenden Jhd-Prägungen mit griechischen bzw. pseudo-griechischen Legenden vgl. J.-Ph. Fontanille - Catharine C. Lorber, INR 3, 2008, 45-49 u. T. 2. Vgl. auch H. Bengtson, Strategie III, 1673. – Der Titel μεριδάρχης der seleukidischen Territorialverwaltung Syriens scheint nicht der ptolemaiischen Territorialverwaltung Ägyptens entlehnt zu sein. Vgl. E. Bikerman, Institutions, 197f. Anders U. Wilcken, O. Wilck. I, 3831.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Koile-Syriens auch administrative Aufgaben übernommen haben, werden dies auch die (ihnen unterstellten) hýparchoi56 getan haben57. Da die bedeutenderen Funktionäre, die in der Zeit Ptolemaios’ II. in Marisa, dem Vorort der hyparcheía Idumaia, tätig waren, griechische Namen trugen58, dürfen wir annehmen, daß die hýparchoi dieser Region – und auch die hýparchoi anderer Regionen59 – griechischer Nationalität waren60. Aus der Tatsache, daß Ptolemaios I. und zeitweise auch Ptolemaios II. die Jhd-Prägungen nicht unterdrückt haben, wird man aber auf eine gewisse Liberalität der Regierung gegenüber den politischen Vorstellungen der Führungsschicht der einheimischen Bevölkerung schließen dürfen. Die Dorfvorsteher (komárchai) sorgten auf der niedrigsten Verwaltungsebene, auf der Verwaltungsebene des Dorfes, für einen ordnungsgemäßen Ablauf der Dinge61. Möglicherweise waren die Aufgaben des koile-syrischen Dorfvorstehers teilweise anders geartet als die des ägyptischen Dorfvorstehers; denn der koilesyrische Dorfvorsteher hatte mit der Deklaration von Mobilien zu tun 62 , der ägyptische offensichtlich nicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren die Dorfvorsteher Einheimische. Dies ist schon von vornherein anzunehmen, dies wird aber auch durch den semitischen Namen Oryas bestätigt63, den ein lokaler koilesyrischer Verwaltungsbeamter trug64. Die Kontrolle des wirtschaftlichen Lebens der Provinz lag nicht – jedenfalls bis in die Zeit Ptolemaios’ III. hinein nicht – in den Händen des (zu postulierenden) strategós der Provinz, sonden in den Händen eines Funktionärs, „der die Einkünfte Syriens und Phoinikiens verwaltete“65. Vermutlich trug dieser Funktionär den Titel „oikonómos Syriens und Phoinikiens“66. Offensichtlich war er dem ___________________________

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Vgl. H. Liebesny, Aegyptus 16, 1936, 266. Anders R. S. Bagnall, Administration, 14f. Vgl. V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 41f. War Kadasa (heute Tel Qedesh) der Vorort der ὑπαρχεία Galilaia? Zu den Ausgrabungen von Kadasa vgl. Sharon C. Herbert - Andrea M. Berlin, BASOR 329, 2003, 13-59. Doch V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 52, warnt! – Zur frühen und starken Hellenisierung des Vororts Marisa vgl. A. Kloner, in: Ptolemy II Philadelphus, 171-181. Vgl. SB V 8008, Z. 18 = C. Ord. Ptol. 21, Z. 18. Vgl. SB V 8008, Z. 23-26 = C. Ord. Ptol. 21, Z. 23-26; dazu H. Liebesny, Aegyptus 16, 1936, 267f.; B.-J. Müller, Ptolemaeus II. Philadelphus, 68. Vgl. etwa den Personennamen crj. Vgl. P. Cair. Zen. I 59018, Z. 1. 10; dazu V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 42. SB V 8008, Z. 55f. ≈ C. Ord. Ptol. 22, Z. 23f.: … τοῦ διοικοῦντος τὰς̣ κ̣ατὰ Συρίαν καὶ Φοινίκην προσόδους; dazu H. Liebesny, Aegyptus 16, 1936, 268. 279f. Anders R. S. Bagnall, Administration, 224: „the dioiketes of Syria“. Ihm folgt W. Huß, Ägypten, 37316. Ich halte es jedoch nunmehr zumindest für fraglich, ob man aus der Umschreibung der Tätigkeit dieses Funktionärs auf den Titel διοικητής dieses Funktionärs schließen darf. M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 385, hält es für möglich, daß dieser Funktionär den Titel ὑποδιοικητής getragen hat. Ich halte dies für wenig wahrscheinlich.

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alexandreiischen dioiketés rechenschaftspflichtig, d. h. dem Beamten, der mit der finanziellen Verwaltung nicht nur Ägyptens, sondern auch der der Außenbesitzungen betraut war67. Dem oikonómos der Provinz arbeiteten die oikonómoi der einzelnen hyparcheíai zu68. Sie waren – unter anderem – mit der Entgegennahme und Überprüfung von Steuererklärungen von Steuerpflichtigen befaßt69. Bei der Bewältigung dieser (und ähnlicher) Aufgaben hatten sie mit Steuerpächtern70 und Dorfvorstehern zusammenzuarbeiten71. Richter (dikastaí) werden nur selten erwähnt72. Vermutlich übten sie ihr Amt nur innerhalb militärischer oder quasimilitärischer Einheiten aus, nicht innerhalb einheimischer Rechtsbezirke73. Ein Richter (dikastés) taucht auch in der phoinikischen Stadt Sidon auf (gegen 200)74. Dieser Richter dürfte jedoch mit den erwähnten griechischen Richtern ___________________________

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Vgl. etwa P. Cair. Zen. I 59037 (258/57); III 59341 (247); OGIS I 59 (13. August 163 [?]). Vgl. SB V 8008, Z. 1 ≈ C. Ord. Ptol. 21, Z. 1: ... τὸν ἐν [ἑ]κάστηι ὑπαρχεί̣αι [οἰκο]νόμον; SB V 8008, Z. 37f. ≈ C. Ord. Ptol. 22, Z. 5f.: [... τὸν οἰκον]ό̣μον τὸν ἐ̣[ν ἑκάστηι] ὑπ[α]ρχείαι καθεστηκ̣ότα. – In P. Lond. VII 2086 begegnet uns zwar ein [ο]ἰκονόμος (im Genitiv) (Z. 1) und stoßen wir auch auf Ἰόπη[ν] (Z. 9), doch bemerkt V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 8369, zu Recht, daß der Papyrus zu lückenhaft erhalten ist, als daß wir aus diesen Wörtern historische Schlüsse ziehen könnten. Vgl. H. Liebesny, Aegyptus 16, 1936, 268-271; Claire Préaux, Économie royale, 421f.; M. Rostovtzeff, History I, 340; B.-J. Müller, Ptolemaeus II. Philadelphus, 6669a; R. S. Bagnall, Administration, 18-21. Wenn H. Liebesny, Aegyptus 16, 1936, 270, (im Anschluß an U. Wilcken) die μ̣εμ ̣ ισθωμέν̣ο̣υς τὰς κ̣[ώμ]α̣ς – vgl. SB V 8008, Z. 17f. ≈ C. Ord. Ptol. 21, Z. 17f. – zu Recht auf „die Steuerpächter, welche die Steuererhebung dorfweise gepachtet haben“, bezieht, dann haben diese Steuerpächter nichts mit den κωμομισθωταί Ägyptens zu tun. Daraus ist aber nicht zu schließen, daß die οἰκονόμοι der ὑπαρχεῖαι gegenüber den κωμάρχαι ein Weisungsrecht besessen haben. Vgl. P. Cair. Zen. I 59003, Z. 18; 59006, Z. 25; dazu C. C. Edgar, P. Cair. Zen. I, S. 12; V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 38; R. S. Bagnall, Administration, 21f. Doch fügt R. S. Bagnall, Administration, 22, zu Recht an: „In cases of crown finance, of course, the king retained ultimate jurisdiction, as the Vienna papyrus [SB V 8008 ≈ C. Ord. Ptol. 21-22] tells us.” Vgl. E. Bikerman, in: Mélanges syriens R. Dussaud I, 91, I, Z. 1; dazu R. S. Bagnall, Administration, 22f.; W. Huß, in: Althistorische Studien H. Bengtson, 3138. Dieser δικαστής dürfte mit dem ἐκ Σιδῶνος ἄρχων von P. Mich. I 3, Z. 2 zu identifizieren sein. Vgl. außerdem OGIS II 593, Z. 1. Vgl. dazu J. Teixidor, Semitica 29, 1979, 14; M. Rostovtzeff, Klio 30, 1937, 74f.; V. Tscherikower, Mizraim 4-5, 1937, 44f.; M. Rostovtzeff, History I, 227; H. Bengtson, Strategie III, 1711; R. S. Bagnall, Administration, 23; W. Huß, in: Althistorische Studien H. Bengtson, 3035. 3450; Anna Passoni Dell’Acqua, RivBibl 34, 1986, 279. Anderer Ansicht ist E. Bikerman, in: Mélanges syriens R. Dussaud I, 986, der in diesem ἄρχων eher einen ptolemaiischen Offizier als einen städtischen Beamten sieht. Doch zu Unrecht! – Sollte auch der

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

nichts zu tun gehabt haben, sondern der einheimische „Richter“ (špṭ), der oberste Beamte der Stadt, gewesen zu sein. Dieser Beamte scheint darauf hinzuweisen, daß Alexandreia in die innere Organisation der Städte – zumindest in die innere Organisation der phoinikischen Städte – nicht eingegriffen hat. Jedenfalls nicht in den strukturellen Aufbau der Stadtverwaltungen! Ähnlich verfuhr die Zentrale ja auch mit den abhängigen griechischen Städten. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die ptolemaiischen Könige im 3. Jh. in der Provinz mindestens vier oder fünf griechische Städte gegründet bzw. neu gegründet haben: Ptolemaïs, Philotera bzw. Philoteria, Philadelpheia, Arsinoë „in Syrien“ und Arsinoë „in Koile-Syrien“75. Diese Neugründungen stellten keinesfalls nur Umbenennungen früherer Ortsnamen dar. Vielmehr wurden in diese Neugründungen griechische städtische Strukturen implantiert. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Verwaltungsstrukturen der Provinz weitgehend denen des Mutterlandes entsprochen haben.

Zypern76 Zypern, wegen seiner strategischen Lage, seiner Flottenverbände, seiner Metallvorkommen und seines Holzreichtums ein attraktives Land, weckte die Begehrlichkeit mancher Diadochen und Könige77. Unter denen, die die militärische und wirtschaftliche Bedeutung der Insel erkannten und für ihre Ziele nutzten, befand sich Ptolemaios I. – und dies bereits (spätestens) im J. 320. Seit diesem Jahr befand sich „die Insel“ zunächst im Dunstkreis und später im Würgegriff der ptolemaiischen Macht. Mit kurzen Unterbrechungen blieb dies so bis zum letzten Tag der letzten Kleopatra. Doch wäre es verkehrt, die Geschichte dieser knapp drei Jahrhunderte als ein historisches Kontinuum zu sehen. Vielmehr war Zypern in dieser Zeit – jeweils mit verschieden langen Unterbrechungen – zunächst die Machtbasis verbündeter zyprischer Könige, dann ptolemaiisches Herrschaftsgebiet, dann Operationsgebiet ptolemaiischer Thronrivalen, dann „Gastgeschenk“ ___________________________

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δικαστής von P. Cair. Zen. I 59003, Z. 18 bzw. 59006, Z. 25 ein špṭ gewesen sein? Zu dieser Problematik vgl. St. Pfeiffer, APF 56, 2010, 254f. Vgl. V. Tscherikower, Hellenistische Städtegründungen, 77f. 72f. 77. 65-67. 67; Mizraim 4-5, 1937, 43-45. 48f. 53; G. M. Cohen, Hellenistic Settlements II, 213-221. 273f. 268-272. 102-104. 237; Katja Mueller, Settlements, 207 Nr. 61. 210 Nr. 84. 210 Nr. 77. 201 Nr. 8. 201 Nr. 7. Vgl. G. Hill, History I, 173-211; T. B. Mitford, Aeygptus 33, 1953, 80-90; O. Vessberg, in: Swedish Cyprus Expedition IV 3, 220-237; H. Bengtson, Strategie III, 138-153; R. S. Bagnall, Administration, 38-79. 252-266; A. Parmentier, in: Studia Phoenicia V, 403-412; außerdem Claire Préaux, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 213f. – Zur Verwaltung Zyperns in persischer Zeit vgl. Anne-Marie Collombier, Transeuphratène 4, 1991, 21-43. Vgl. etwa W. Huß, Ägypten, passim.

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abtrünniger ptolemaiischer Provinzgouverneure, dann Beute des seleukidischen Königs Antiochos IV., dann Streitobjekt zweier ptolemaiischer Könige, dann ptolemaiisches Vizekönigtum, dann Herrschaftsbereich zweier ptolemaiischer Thronrivalen, dann selbständiges ptolemaiisches Königreich, dann (zusammen mit Kilikien) römische Provinz und schließlich noch einmal ptolemaiische Provinz. Trotz dieser wechselvollen Geschichte kann man – etwas ungenau – von einer jahrhundertelangen Abhängigkeit Zyperns von Ägypten sprechen78. Im Kampf um die Macht auf der Insel hatte Nikokreon, der König von Salamis, den Satrapen Ptolemaios entschieden unterstützt. Ptolemaios beließ Nikokreon nicht nur die Königswürde – dies war mehr oder weniger selbstverständlich –, sondern übertrug ihm auch die Herrschaft über die Städte der Könige, die nicht seine Sache vertreten hatten, und das Verfügungsrecht über die Einkünfte, die diese Städte abwarfen 79 . Vor allem aber ernannte er ihn zum „strategós Zyperns“80 (312) und bezeichnete ihn damit als den Mann, der das Recht und die Pflicht hatte, die ptolemaiischen Interessen auf der Insel zu vertreten81. Als Nikokreon aber etwa 2 Jahre später starb, suchte Ptolemaios nicht einen Nachfolger des Königs unter den Söhnen oder Verwandten des Königs, sondern ernannte seinen Bruder Menelaos nicht nur zum strategós – falls dies notwendig gewesen sein sollte82 –, sondern auch zum König von Salamis83. Eine etwas erstaunliche Maßnahme! Eine erstaunliche Maßnahme – aber nicht so sehr deswegen, weil der Bruder nun einen Titel trug, den er selbst nicht trug, sondern eher deswegen, weil hier möglicherweise Gefühle, Hoffnungen und Pläne ignoriert wurden, die in Salamis virulent waren84. Doch Ptolemaios ging es offen-

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Der Hauptsitz der Verwaltung Zyperns scheint entweder in der Zeit Ptolemaios’ V. oder Ptolemaios’ VI. von Salamis nach (Nea) Paphos verlegt worden zu sein. Ähnlich T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 152. Vgl. Diod. XIX 79,5: παραδοὺς τάς τε πόλεις καὶ τὰς προσόδους τῶν ἐκπεπτωκότων βασιλέων. Allerdings ist kaum anzunehmen, daß Nikokreon seit dieser Zeit alle Einkünfte, die aus diesen Städten zu erwirtschaften waren, in seine eigene Schatulle legen konnte. Der Satrap und der König werden sich die eingehenden Gelder „irgendwie“ geteilt haben. Diod. XIX 79,5: τῆς ... Κύπρου κατέστησε στρατηγόν. Zur Münzprägung des Nikokreon vgl. R. S. Bagnall, Administration, 39. 188. Zu der Schwierigkeit, die darin besteht, daß Diodoros (XIX 62,4) den Menelaos (bereits) des Jahres 323 als τῶν ... πάντων [sc. des Heers und der Flotte] στρατηγόν und damit auch als στρατηγός zur Zeit des στρατηγός Nikokreon bezeichnet, vgl. R. S. Bagnall, Administration, 40-42. Zum Königtum des Menelaos vgl. H. Hauben, in: Studia Phoenicia V, 42460. Zur endgültigen „Ausbootung“ der zyprischen Könige vgl. W. Peremans - E. Van ’t Dack, in: Antidoron M. David, 90; H. Hauben, in: Studia Phoenicia V, 422. 424; Anne-Marie Collombier, Transeuphratène 6, 1993, 127-141.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

sichtlich darum, die wichtigste Machtbasis Zyperns mit einem Mann zu besetzen, dem er vollkommen vertrauen konnte85. Wenn jedoch sowohl Nikokreon als auch Menelaos als strategoí bezeichnet werden, dann ist daraus nicht zu schließen, daß sie eine Position innehatten, die der entsprach, die die strategoí Zyperns seit den letzten Jahrzehnten des 3. Jh. bekleideten 86 . Diese strategoí hatten die Enden der Fäden des militärischen, wirtschaftlichen, politischen und kultischen Lebens in den Händen. Ja – auch des wirtschaftlichen Lebens! Wenn nämlich der strategós Polykrates sich an die Vorgaben der Zentralregierung hielt, als er – nicht der oikonómos der Insel! – die reichen Einkünfte Zyperns Ptolemaios V. überwies 87 , und wenn der strategós Ptolemaios Makron88 zumindest nicht mit Abmahnungen oder gar schlimmeren Maßnahmen rechnen mußte, als er – nicht der oikonómos der Insel! – mit den ptolemaiischen dioiketaí89 über die Übersendung der auf Zypern erwirtschafteten Gelder verhandelte90, dann zeigt dies, daß sich die strategoí (zumindest in den genannten Fällen) auch als Chefs der Finanzverwaltung Zyperns verstanden91. Die herausragende Stellung der Generalgouverneure Zyperns innerhalb der Verwaltung des Reichs wird auch in den Titeln deutlich, die im Lauf der Zeit dem Titel strategós hinzugefügt wurden. So erhielt Polykrates – wahrscheinlich als erster strategós der Insel – den zusätzlichen Titel archiereús (Hoherpriester) 92 . Spätestens seit dieser Zeit bezog sich die Aufsicht über die Tempel Zyperns höchstwahrscheinlich nicht nur auf die Kultstätten, an denen ein königlicher bzw. ein dynastischer Kult installiert war93, sondern auf alle Kultstätten ___________________________

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Zur Münzprägung des Menelaos vgl. H. Bengtson, Strategie III, 150; R. S. Bagnall, Administration, 41. 188. Pelops (PP VI 15064) war der erste der uns bekannten Generalgouverneure „neuer Art“. Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 252f. – Zu diesen Generalgouverneuren vgl. Bilabel, RE IV A 1, 1931, 184-252, hier 244-246, s. v. Strategos 3; H. Bengtson, Strategie III, 231-236; R. S. Bagnall, Administration, 45-49. 252-262. – Allerdings ist davon auszugehen, daß auch die Provinzgouverneure nach Menelaos und vor Pelops den Titel στρατηγός getragen haben. Vgl. etwa A. Parmentier, in: Studia Phoenicia V, 404. Vgl. Polyb. XVIII 55,4-6. Vgl. dazu F. W. Walbank, Commentary III, 311f. Zu den βασιλικοὶ διοικηταί von Polyb. XXVII 13,2 vgl. F. W. Walbank, Commentary III, 312 (mit einer anderen Ansicht). Vgl. Polyb. XXVII 13. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 142. 149f.; R. S. Bagnall, Administration, 49. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 142f. Zum Kult der Arsinoe Philadelphos in Idalion vgl. CIS I 1, 93 = KAI 40; dazu W. Huß, ZPalV 93, 1977, 132f.; J. Teixidor, ZPE 71, 1988, 189f.; außerdem R. Senff, Apollonheiligtum, 79f. – Zum Kult der Königin in Kurion (?) vgl. T. B. Mitford, APF 13, 1939, 28 Nr. 13 = Ino Michaelidou-Nicolaou, in: Kourion, 368 Nr. 2a. – In den letzten Jahren der ptolemaiischen Herrschaft fungierte in Kurion ein gewisser Andronikos, der Sohn des Poseidonios, als ἱερεὺς τῶν βασιλέων. Vgl. Ino Michaelidou-Nicolaou, in: Kourion, 369, Z. 3. (Zur Datierung dieses ψήφισμα vgl.

Die Provinzen und die Einflußgebiete

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(und deren Einkünfte), die auf der Insel existierten. Ptolemaios, der Sohn des Agesarchos, der Nachfolger des Polykrates, trug dann einen Titel, aus dem dieser Aspekt klar hervorgeht94. Und so fügte man den bisherigen Titeln seit der Zeit des Seleukos, des Sohns des Bithys, den Titel naúarchos (Admiral) hinzu (vor 141/40-106/5)95. Offensichtlich sollte die Bedeutung der in den Städten Zyperns – vor allem in Paphos – stationierten Flotte nunmehr auch titular hervorgehoben werden – nunmehr, als Zypern die wichtigste (und fast einzige) Bastion der ptolemaiischen Macht außerhalb des Kernlands geworden war96. Etwas merkwürdig mutet die Tatsache an, daß den üblichen Titeln des strategós Krokos und des strategós Theodoros die Qualifizierungen „bevollmächtigter“ (strategós) bzw. „bevollmächtigter“ (strategós) und „Vorkämpfer“ 97 hinzugefügt worden sind. Während der Qualifizierung autokrátor ein wie auch immer gearteter „realer Inhalt“98 zugrunde zu liegen scheint, dürfte mit der Qualifizierung hypér[machos]99 der ehrende Gedanke eines propugnator (regis) zu verbinden sein100. ___________________________

einerseits Ino Michaelidou-Nicolaou, in: Kourion, 368-372 [14. Mai 39] [sic!], und andererseits P. Thonemann, ZPE 165, 2008, 88. 94f. [13. Mai 34].) Andronikos unterhielt – was sich bei diesem Amt eigentlich von selbst versteht – enge Beziehungen zum ptolemaiischen Hof. Vgl. Z. 18-20. 94 Vgl. SEG XVI 787, Z. 1-4: Πτολεμαίου το̣ῦ̣ σ̣[τρατηγοῦ] καὶ ἀρχιερέως Ἀρτέμιδος δε̣[σποίνης?] θεῶν καὶ τοῦ βασιλέως καὶ τ[ῶν ἄλλων] θεῶν ὧν τὰ ἱερὰ ἵδρυται ἐν τῆ̣[ι νήσωι]; dazu H. Bengtson, Strategie III, 141-143; R. S. Bagnall, Administration, 48f. 255. – Zu weiteren στρατηγοὶ καὶ ἀρχιερεῖς vgl. T. B. Mitford, ABSA 56, 1961, 1-41 u. T. 1-3 (variis locis); außerdem A. Hermary, CCEC 29, 1999, ersch. 2000, 50 (zu Helenos). 95 Vgl. etwa Inscr. Kourion 45, Z. 2; dazu H. Bengtson, Strategie III, 143f.; R. S. Bagnall, Administration, 47. 259. 96 Zu den beiden Marineoffizieren (?) Ptolemaios und Ischyrion vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 179f. 97 Vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 157 Nr. 26, Z. 2 (Krokos); 157 Nr. 27, Z. 5f. ≈ Inscr. Délos 1528, Z. 5f. ≈ OGIS I 140, Z. 5f. (Krokos); 139 Nr. 16, Z. 2 ≈ OGIS I 158 + 156, Z. 2 (Theodoros); dazu H. Bengtson, Strategie III, 150-152; R. S. Bagnall, Administration, 259f.; K.Ehling, Untersuchungen, 180. (Auch Lochos, dem ὑπομνηματογράφος und dem στρατηγὸς αὐτοκράτωρ τῆς Θηβαΐδος, wurde die Qualifizierung ὑπέρμαχος zuerkannt. Vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 156 Nr. 24, Z. 2 ≈ OGIS I 147, Z. 2 ≈ SEG XIII 575, Z. 2 ≈ SB VIII 9973, Z. 2; 160 Nr. 28, Z. 1 ≈ SEG XIII 574, Z. 1 ≈ SB VIII 9972, Z. 1; außerdem E. Van ’t Dack, Gnomon 51, 1979, 401.) 98 H. Bengtson, Strategie III, 151. 99 Vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 157. Anders H. Bengtson, Strategie III, 151f. (im Anschluß an G. Fougères, BCH 11, 1887, 251): ὑπέρ[τατον]. 100 Die Qualifizierung des στρατηγός Krokos als ἐπιστάτης ist einmalig. Vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 157 Nr. 25, Z. 2; 157 Nr. 26, Z. 2; dazu etwa L. Mooren, Hiérarchie, 193f.5 (mit der früheren Literatur). T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 162105, vermutet, daß die schwierige militärische und politische Situation dieser Jahre es geraten erscheinen ließ, „to make explicit the governor’s capacity as commandant of the city“ (Paphos). Und H. Bengtson, Strategie III, 146, bringt den Titel ἐπιστάτης

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Natürlich trugen die ptolemaiischen Generalgouverneure Zyperns den höchsten Hofrangtitel syngenés101. Ptolemaios VIII. Soter II., der seit dem Jahr 106 bzw. seit dem Jahr 106/5 als König über Zypern herrschte, führte allem Anschein nach einige bedeutende Veränderungen bei der Verteilung der militärischen, politischen und kultischen Kompetenzen herbei102. Er trennte insbesondere die Machtbefugnisse des strategós: Er selbst behielt die königlichen Vorrechte, gliederte das Amt des naúarchos aus der Kompetenzenanhäufung des Amts des strategós aus und teilte die Funktionen des archiereús, die nun ebenfalls aus dieser Kompetenzanhäufung ausgegliedert wurden, auf mehrere Priester auf 103 . Der König schuf mit diesen Regelungen klare Kompetenzbereiche, befriedigte den Ehrgeiz mehrerer Anhänger und nahm vielleicht auch – auf der kultischen Ebene – auf lokale Empfindlichkeiten Rücksicht104. Aus der Zeit Ptolemaios’ VIII. Soters II. ist auch ein antistrátegos tes nésu („stellvertretender strategós der Insel“) bekannt 105 . Wie lange dieses (nur ein einziges Mal bezeugte) Amt existiert hat, wissen wir nicht. Daneben fungierte noch ein „Sekretär der Infanterie- und Kavalleriestreitkräfte“106, der wohl mit der Erledigung der Verwaltungsangelegenheiten der auf Zypern stationierten Streitkräfte betraut war. ___________________________

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des Krokos mit dem κοινόν in Verbindung, das die entsprechenden Texte angefertigt hat. Kritisch äußern sich zu diesen Vermutungen W. Peremans - E. Van ’t Dack, in: Antidoron M. David, 98f.: „… le titre d’ ἐπιστάτης indiquerait plutôt le côté administratif de la tâche du gouverneur“ (98). – Zu den ἐπιστάται in den sonstigen ptolemaiischen „Außenbesitzungen“ vgl. W. Peremans - E. Van ’t Dack, in: Antidoron M. David, 93-99 (mit der früheren Literatur); P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 106; R. S. Bagnall, Administration, 224 (mit zurückhaltendem Urteil); M. Wörrle, Chiron 18, 1988, 436. In diesen ἐπιστάται werden im allgemeinen zivile Funktionäre gesehen, die meist zur Erfüllung von jurisdiktionellen oder finanzpolitischen Aufgaben als temporäre Kommissare eingesetzt wurden. – Zu den ἐπιστάται in den seleukidisch beherrschten Städten vgl. W. Ameling, EA 10, 1987, 36. – Zu dem angeblichen ἐπιστάτης von OGIS I 154, Z. 2 vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 169133. Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 187 Nr. 0349 - 198 Nr. 0358; Hiérarchie, 180-192. (Zu Z. 1 der Theodoros-Inschrift P. Roesch, RA 1967, 225f. = SEG XXV 1059 vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 191f.) Vgl. T. B. Mitford, JHS 79, 1959, 124-129; ABSA 56, 1961, 38 (zu Nr. 103). 39 (zu Nr. 104). 39f. (zu Nr. 107). Zu einem aus der Zeit Ptolemaios’ VIII. Soters II. stammenden Dokument des ναύαρχος Stolos vgl. SEG XXVII 1126; dazu L. Mooren, Aulic Titulature, 203f. Nr. 0372. Nach der Rückkehr Ptolemaios’ VIII. Soters II. nach Ägypten (88) sind die Funktionen des στρατηγός und des ναύαρχος vermutlich wieder bei einem Gouverneur vereinigt worden. Vgl. auch R. S. Bagnall, Administration, 261f. Vgl. OGIS I 165, Z. 2f.; dazu G. Dittenberger, OGIS I, S. 2393; H. Bengtson, Strategie III, 152f.; R. S. Bagnall, Administration, 74. 261.

Die Provinzen und die Einflußgebiete

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Die Streitkräfte waren auf mehrere Garnisonen der Insel verteilt. Der jeweilige Chef dieser Besatzungen 107 trug zunächst gewöhnlich den Titel phrúrarchos (Besatzungskommandeur), dann vielfach den Titel epí tes póleos („über die Stadt [Gesetzter]“)108. Bemerkenswert – und erklärungsbedürftig109 – ist die Tatsache, daß seit der Zeit Ptolemaios’ VII. Euergetes’ II. die Söldner der zyprischen Garnisonen vielfach in koiná („Zusammenschlüsse“) organisiert waren110. So gab es derartige koiná der Lykier, der Ioner, der Thraker, der Achaier und der Kreter. Unter den phrúrarchoi dienten die hegemónes (die Offiziere der Infanterie) 111 und die hípparchoi (die Offiziere der Kavallerie)112. ___________________________

106 Vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 138 Nr. 11, Z. 2f. ≈ OGIS I 155, Z. 2f.: ἐπὶ τῆ[ς] κατὰ τὴν νῆσον γραμματε[ί]ας τῶν πεζικῶν καὶ ἱππικῶν δυ[νάμεων]; außerdem OGIS I 154, Z. 2; dazu H. Bengtson, Strategie III, 148f.; schließlich T. B. Mitford, APF 13, 1939, 22 Nr. 10, Z. 1f.; dazu L. Mooren, Hiérarchie, 195f. (Zu OGIS I 154 vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 169133.) 107 Zu den Standortkommandanten Zyperns vgl. L. Mooren, Hiérarchie, 193-196. 108 Zum Problem φρούραρχος/ἐπὶ τῆς πόλεως vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 153156; H. Bengtson, Strategie III, 148; W. Peremans - E. Van ’t Dack, in: Antidoron M. David, 81-87 (mit der früheren Literatur); T. B. Mitford, Inscr. Kourion, S. 93; R. S. Bagnall, Administration, 49-51. 221-224; außerdem M. Wörrle, Chiron 18, 1988, 435f.; Ivana Savalli-Lestrade, Simblos 3, 2001, 269f.; H. Müller - M. Wörrle, Chiron 32, 2002, 226f. Ursprünglich hatte der φρούραρχος/ἐπὶ τῆς πόλεως rein militärische Aufgaben im Hinblick auf den Schutz der ihm anvertrauten Stadt zu erfüllen. Im Lauf der Zeit reichten seine Kompetenzen immer deutlicher in den zivilen Bereich der entsprechenden Stadt hinein. – Zu den ἐπὶ τῶν πόλεων im attalidischen Reich vgl. H. Müller - M. Wörrle, Chiron 32, 2002, 223-227. – Im Tempel des Milqart von Lapethos errichtete ein gewisser Prm eine Statue, auf deren Basis er eine Inschrift anbringen ließ, in der er sich als ’š cl Lpš [– – –] („der, der gesetzt ist über Lapethos …“) bezeichnete. Vgl. A. M. Honeyman, Muséon 51, 1938, 286, Z. 1. Natürlich erinnert ein derartiger Titel stark an einen Titel ὁ ἐπὶ Λαπήθου. Doch ist es sehr fraglich, ob Prm in ptolemaiischer Zeit – und nicht in persischer Zeit – die Funktion eines ’š cl Lpš ausgeübt hat. Der Titel ’š cl Lpš scheint jedenfalls nicht durch den Titel rb crṣ („Großer des Landes“) ersetzt worden zu sein. Anders J. C. Greenfield, in: Studia Phoenicia V, 396; A. Parmentier, in: Studia Phoenicia V, 410f.; D. T. Ariel - J. Naveh, BASOR 329, 2003, 62-64. – Der in Kition stationierte φρούραρχος Poseidippos von OGIS I 20 scheint sein Amt nicht zur Zeit Ptolemaios’ I., sondern zur Zeit Ptolemaios’ III. ausgeübt zu haben. Vgl. F. Piejko, ZPE 44, 1981, 107-109. Anders R. S. Bagnall, Administration, 49. 52. 63. Vgl. auch A. Hermary, CCEC 29, 1999, ersch. 2000, 50. 109 Reicht die Erklärung, die T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 152, gibt, hin? Mitford schreibt: „In thus replacing the homogeneous army of his brother with these selfcontained regional units, Euergetes was patently more concerned with the safety of his throne than with the welfare of his kingdom”. 110 Vgl. T. B. Mitford, OAth 1, 1953, 150-152. 111 Zu Boethos, einem der in Kition stationierten ἡγεμόνες, vgl. R. S. Bagnall, ZPE 11, 1973, 121-123; Administration, 52. 112 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 51-53.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Wer aber war der rb crṣ (der „Große des Landes“), der uns in einer aus Lapethos stammenden Inschrift begegnet 113 ? War er ein topárches (Bezirksvorsteher)? Ich halte dies durchaus für möglich114. Man wende dagegen nicht ein, toparcheíai (Bezirke) seien aus der Provinzialverwaltung Zyperns nicht bekannt. Solche kleineren administrativen Einheiten können durchaus existiert haben und nur „zufälligerweise“ bzw. „verständlicherweise“ in inschriftlichen Dokumenten nicht aufgetaucht sein115. Denkbar ist aber auch, daß sich hinter dem rb crṣ ein hýparchos, ein regionaler Verwaltungschef, verbirgt. Für diese Ansicht würde sprechen, daß es – etwa zur gleichen Zeit – auch in der benachbarten Provinz Syrien und Phoinikien die Verwaltungseinheit der hyparcheía gegeben hat 116 . Jedenfalls dürfte der Titel rb crṣ kein lokaler Titel gewesen sein117 und daher weit eher auf die Existenz einer mittleren Verwaltungsebene der Provinz hinweisen. Das Verhältnis der Besatzungsmacht zu den Städten der Insel befand sich in einer gewissen Balance118. Die ptolemaiischen Herren griffen im Normalfall in das innenpolitische Gefüge der Städte nicht ein, kontrollierten aber dennoch – mit militärischen, administrativen und diplomatischen Mitteln – die politische Willensbildung in den Städten. Und je weiter die Zeit voranschritt, desto weniger scheinen die Bürger der zyprischen Städte in den ptolemaiischen Militärs und Funktionären ihre „natürlichen Feinde“ gesehen zu haben119. ___________________________

113 Vgl. KAI 43, Z. 2. – Zur Datierung der Inschrift vgl. einerseits W. Huß, ZPalV 93, 1977, 134-136 (212/11[?]), und andererseits etwa Anne-Marie Collombier, Transeuphratène 6, 1993, 134-136 (Zeit Ptolemaios’ II.). 114 Vgl. W. Huß, ZPalV 93, 1977, 134-136. 115 Zu den τοπαρχίαι im seleukidischen Reich vgl. H. Bengtson, Strategie II, 22-29. 116 War der rb crṣ etwa ein οἰκονόμος? Dies halte ich für eher unwahrscheinlich. Allerdings nicht so sehr deswegen, weil in P. Lond. VII 1951, Z. 5f. nur von einem οἰκονόμος Zyperns die Rede ist – es könnte neben dem zentralen οἰκονόμος regionale οἰκονόμοι gegeben haben –, sondern eher deswegen, weil der Wortsinn von rb crṣ von der Bedeutung οἰκονόμος ein Stückchen entfernt ist, und auch deswegen, weil Lapethos doch etwas zu unbedeutend war, um als Amtssitz eines provinzialen οἰκονόμος dienen zu können. 117 In diesem Punkt stimme ich A. Parmentier, in: Studia Phoenicia V, 408-412, zu. Anderer Ansicht sind W. Peremans - E. Van ’t Dack, in: Antidoron M. David, 90f., die im rb crṣ den „Nachfolger“ des Königs von Lapethos sehen. Anderer Ansicht ist auch A. van den Branden, B&O 24, 1982, 121f., der die Funktion des rb crṣ der Funktion eines lokalen ἄρχων annähert. – Dagegen war der στρατηγός Heragoras nicht ein ptolemaiischer, sondern ein städtischer στρατηγός. Vgl. Ph. Le Bas - W. H. Waddington, Voyage archéol. III 2780; dazu T. B. Mitford, APF 13, 1939, 14-17; R. S. Bagnall, Administration, 65; anders etwa A. Parmentier, in: Studia Phoenicia V, 405-408. 118 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 57-73. 79. (Zu Ph. Le Bas - W. H. Waddington, Voyage archéol. III 2783 [Marion/Arsinoë] vgl. R. S. Bagnall, Administration, 78.) 119 Beachtenswert sind die Titel, die ein gewisser [Dion]ỵsios, der Sohn des Aigibios, trägt. Vgl. SEG XXIII 617, Z. 3-5: τῶν φίλων καὶ [βασ]ι̣λικὸν δικαστήν, τὸν γενόμενον πολιτικὸν στρατηγὸν τῶι λδ L καὶ λε L (entweder 148/47-147/46 oder

Die Provinzen und die Einflußgebiete

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Das wirtschaftliche Leben – das Wort verstanden in seiner ganzen Breite – wurde letzten Endes von ptolemaiischen Funktionären überwacht120. Hier ist an erster Stelle der oikonómos zu nennen, der – zumindest in der Zeit Ptolemaios’ II. – für die Überwachung der Abgaben der verschiedensten Art zuständig war121. Allerdings ist sein Verhältnis zum strategós, was die Aufsicht über die Einkünfte angeht, nicht völlig klar. Manches hing in dieser Frage wohl auch von der Persönlichkeit des strategós ab. Daß aber im Normalfall der alexandreiische dioiketés die Einkünfte auch der Provinz Zypern zu kontrollieren hatte, daran besteht kein Zweifel122. Merkwürdigerweise wird nur an einer einzigen Stelle der wichtige Sektor des Erzabbaus genannt. Ein Paphier namens Potamon, der Sohn des Aigyptos, wird in einer aus der Zeit Ptolemaios’ VIII. Soters II. stammenden Inschrift als „der, der über die Bergwerke gesetzt ist“123, bezeichnet. Es handelt sich hier um den Mann, der uns bereits als antistrátegos begegnet ist. Die singuläre Bezeugung dieses Titels läßt aber natürlich keineswegs auf eine untergeordnete Bedeutung des Komplexes Bergbau schließen.

Kilikien124 Der erste Funktionär, der in Kilikien – im J. 310 – im Auftrag Alexandreias tätig war, war ein gewisser Leonides125. Als strategós des Satrapen126 hatte er ___________________________

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137/36-136/35); dazu P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 207173; R. S. Bagnall, Administration, 59f.; L. Mooren, Hiérarchie, 196. Dieser Salaminier – wahrscheinlich war er ein Salaminier – trug nicht nur einerseits einen Hofrangtitel und übte außerdem das Amt eines königlichen δικαστής in der Stadt aus, sondern hatte andererseits auch das (einjährige) städtische Amt eines στρατηγός innegehabt. R. S. Bagnall, Administration, 60, sagt zu Recht: „His position marks an interesting bridge between the royal authority and the civic government.” (Zu den städtischen στρατηγοί vgl. auch W. Peremans - E. Van ’t Dack, in: Antidoron M. David, 91f.) Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 73-79. Vgl. P. Lond. VII 1951, Z. 5f.: παρὰ Σατυρίωνος τοῦ ἐκ Κύπρου οἰκονόμου (nach Skeat 20. Juli 257, nach Samuel 21. Juli 257); dazu R. S. Bagnall, Administration, 73f. Die διοικηταί von Polyb. XXVII 13,2, sind mit höchster Wahrscheinlichkeit keine „local dioecetae“. Anders F. W. Walbank, Commentary III, 312. Mehrere, in einer einzigen Provinz tätige διοικηταί – dies wäre ein Unicum in der ptolemaiischen Provinzialverwaltung! Vor allem aber bietet sich hier eine einfachere und glaubwürdigere Lösung an, auf die Walbank selbst hinweist: „those who from time to time, while he [sc. Ptolemaios Makron] was governor, held the post of dioecetes in Alexandria“. OGIS I 165, Z. 2f.: τὸν ... ἐπὶ τῶν μετάλλων. Vgl. dazu R. S. Bagnall, Administration, 74. 227. 261. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 172-174; R. S. Bagnall, Administration, 114-116.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

damals, soweit wir dies erkennen können, ausschließlich militärische Aufgaben zu erfüllen – wenngleich wir nicht übersehen sollten, daß er einige Zeit später, ebenfalls mit dem Titel strategós127, in Griechenland eine Position einnahm, in der er nicht nur militärische Funktionen auszuüben hatte. Ptolemaios II. gewann im 1. Syrischen Krieg (274-271/70 [?]) Kilikien, um es im 2. Syrischen Krieg (262 [?] - 253) wieder zu verlieren. An den Kämpfen, die offensichtlich im 1. Syrischen Krieg in Kilikien ausgetragen wurden, nahm der Aspendier Aëtos, der Sohn des Apollonios, teil – jedenfalls eroberte er zur Zeit Ptolemaios’ II. „in seiner Eigenschaft als strategós in Kilikien“ 128 die Landzunge, auf der er später die Stadt Arsinoë gründete129. Welche Funktionen waren mit diesem Amt verbunden? Ich denke: nicht nur militärische Funktionen. Klarer sehen wir im Fall des Antiochos, des „Freundes“ (phílos) Ptolemaios’ III., dem der König nach der Wiedereroberung Kilikiens im 3. Syrischen Krieg (246-242/41) die Verwaltung der Provinz anvertraut hatte (246)130. Sein Nachfolger oder einer seiner Nachfolger wurde sein Sohn Thraseas131. Diese Männer waren sicher Provinzgouverneure im klassischen Sinn des Wortes. Im J. 197 verlor Ägypten die kilikische Provinz an Syrien132. Erst etwa 1½ Jahrhunderte später – in der Zeit der letzten Kleopatra – fiel die Provinz wieder an das Reich zurück. Einer der letzten ptolemaiischen Provinzgouverneure – wenn nicht der letzte ptolemaiische Provinzgouverneur – war ein gewisser Dio-

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125 Zu Leonides (PP VI 15053) vgl. Stähelin, RE XII 2, 1925, 2019, s. v. Leonidas 6; H. Bengtson, Strategie I, 143-146. Leonides stammte – wie spätere Gouverneure Kilikiens – aus dem pamphylischen Aspendos. 126 Vgl. Diod. XX 19,4: καὶ τὴν μὲν δύναμιν ἐξαποστείλας Πτολεμαῖος καὶ στρατηγὸν Λεωνίδην… 127 Vgl. Plut. Demetr. 15,1: προσέπεμψε [sc. ∆ημήτριος] Κλεωνίδῃ τῷ Πτολεμαίου στρατηγῷ … 128 SEG XXXIX 1426, Z. 20: στρατηγὸς γενόμενος κατὰ Κιλικίαν. 129 Die Gründung der Stadt erfolgte wahrscheinlich in den 60er Jahren. Vgl. Ch. Habicht, in: C. P. Jones - Ch. Habicht, Phoenix 43, 1989, 336f. 130 Vgl. FgrHist 260 Porphyrios von Tyros F 43: Ciliciam … Antiocho gubernandam tradidit [sc. Ptolemaeus]; dazu H. Bengtson, Strategie III, 172-174; R. S. Bagnall, Administration, 218. – Der seleukidische Vorgänger des Antiochos war ein gewisser Aribazos, ὁ ἐν Κιλι(κί)αι στρατ[ηγός], gewesen. Vgl. FgrHist 160 Bulletin aus dem 3. Syrischen Krieg F 1, Col. II, 2; dazu H. Bengtson, Strategie II, 77: „der Befehlshaber der Reichstruppen in Kilikien …, nicht Statthalter der kilikischen Satrapie“; anders Ch. Habicht, in: C. P. Jones - Ch. Habicht, Phoenix 43, 1989, 335: „in charge of the province, as governor or as commander of the royal troops“. 131 Vgl. SEG XXXIX 1426, Z. 24f.: ἀποσταλεὶς ὑπὸ τοῦ βασιλέως στ̣ρ[̣ α]τηγὸς Κιλικίας. 132 Vgl. W. Huß, Untersuchungen, 189f.; Ägypten, 427f. 498.

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genes, der Sohn des Numenios, der (nach römischem Vorbild) die beiden Provinzen Kilikien und Zypern verwaltete133. Die Städte Kilikiens – wenn nicht alle, so doch die bedeutendsten – wurden durch Besatzungstruppen gesichert. So kennen wir einen gewissen Theodoros, der wahrscheinlich zur Zeit Ptolemaios’ III. als hegemón über die Sicherheit der Stadt Charadra wachte134. Möglicherweise dürfen wir auch in einem gewissen Nikandros einen Funktionär sehen, der in der Nähe einer Stadt namens Neapolis militärische Aufgaben übernommen hatte135. Standen die Städte auch unter ptolemaiischer Kontrolle, so waren sie doch der ptolemaiischen Administration nicht auf Gedeih und Verderben ausgeliefert. Sie konnten ihre innerstädtischen Angelegenheiten – sofern nicht ptolemaiische Interessen unmittelbar betroffen waren – selbständig regeln136 und sich in Streitfragen an den Provinzgouverneur oder an die Zentrale in Alexandreia wenden, und dies mit Aussicht auf Erfolg137. Natürlich hatten die Städte dem König „Einkünfte“ (prósodoi) zu zahlen 138 bzw. einen „Tribut“ (phóros) zu entrichten139. Und wenn sich die ökonomische ___________________________

133 Vgl. Test. Salaminia II 97, Z. 1-3 (19. November 38); dazu J. Pouilloux, in: Praktika tou Protou Diethnous Kyprologikou Synedriou I, 141-150 u. T. XXVIf.; Th. Schrapel, Reich, 89-104. 124-138; W. Huß, Ägypten, 734; außerdem PP VI 15040a. 134 Vgl. SEG XX 293, Z. 3-6: ... Θεόδωρον ∆ημητρίου Ἀρσινοέα τῆς ἐπὶ Παμφυλίας ἡγεμόνα τὸν τεταγμένον ἐπὶ Χαράδρου; dazu T. B. Mitford, AJA 65, 1961, 134-136 Nr. 35. 135 Vgl. SEG XX 315, Z. 2-5 = SB VIII 10155, Z. 2-5: τὸν καθε[στηκότα ὑ]πὸ τοῦ βασιλέως [ἐπιστάτ]ην τῆς περὶ [...... Ν]ε̣απόεως; dazu T. B. Mitford, AJA 65, 1961, 136; R. S. Bagnall, Administration, 115f. 22415. Sollte die Ergänzung [ἐπιστάτ]ην das Richtige treffen, scheint es fraglich zu sein, ob Nikandros dem militärischen Bereich zuzuordnen ist. – Zum seleukidischen ἐπιστάτης vgl. G. G. Aperghis, Seleukid Royal Economy, bes. 284. – Die Stadt Neapolis, von der hier die Rede ist, ist bisher nicht zu lokalisieren. 136 Vgl. SEG XXXIX 1426, Z. 45-49. 137 Vgl. einerseits SEG XXXIX 1426 (zur Streitsache Nagidos - Arsinoë) und andererseits RC 30 (zur Frage der Einquartierung von Soldaten in Soloi). Zu SEG XXXIX 1426 vgl. C. P. Jones - Ch. Habicht, Phoenix 43, 1989, 317-346, zu RC 30 vgl. C. B. Welles, RC, S. 137-139; H. H. Schmitt, Untersuchungen, 2461; F. Piejko, Gnomon 57, 1985, 612 (mit abweichender Meinung); Ch. Habicht, in: C. P. Jones - Ch. Habicht, Phoenix 43, 1989, 340; J. Ma, Antiochos III, 271. – Zu den (zumindest offiziell) engen Beziehungen von Arsinoë zum Königshaus vgl. SEG XXXI 1321; dazu E. Laroche - A. Davesne, CRAI 1981, 361 Abb. 7; A. Davesne, in: A. Davesne - A. Lemaire - Hélène Lozachmeur, CRAI 1987, 378. (Bemerkenswerterweise handelt es sich auch bei dieser Inschrift um die Weihung eines Aspendiers [namens Meas].) – Zu den Problemen (und Möglichkeiten), die die Einquartierungen im Mutterland schufen, vgl. St. Pfeiffer, in: Ägypten, 165-185. Natürlich wurden diese Probleme in Ägypten anders geregelt als in den Provinzen. 138 Vgl. SEG XXXIX 1426, Z. 8 (Arsinoë). 139 Vgl. SEG XXXIX 1426, Z. 33 (Arsinoë).

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Situation der Städte verbesserte, sollten auch diese Abgaben steigen140. Selbstverständlich kamen noch die Aufwendungen für den Kult des Herrschers bzw. des königlichen Hauses hinzu141.

Pamphylien142 Pamphylien war gegen Ende der 70er Jahre des 3. Jh. ptolemaiisch143, ging dann im 2. Syrischen Krieg (262 [?] - 253) verloren144 und wurde von Ptolemaios III. im 3. Syrischen Krieg (246-242/41) wieder gewonnen145. Die Frage, zu welcher Zeit Pamphylien unter ptolemaiische Herrschaft geriet, ist nicht genau zu klären146. Da ein Pamphyli[árches] schon für das Jahr 281/80 bezeugt ist, halte ich es für durchaus denkbar, daß bereits Ptolemaios I. seine Hand auf dieses Gebiet gelegt hat147. Vermutlich gegen Ende der Regierungszeit Ptolemaios’ III. endete die ptolemaiische Herrschaft über Pamphylien148. Jedenfalls herrschte im J. 218 Achaios, der Rivale Antiochos’ III., über „die meisten Teile Pamphyliens“149.

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140 Vgl. SEG XXXIX 1426, Z. 8f.: καὶ τῶι βασιλεῖ τὰς προσόδους πλείους τῶν ἐν ἀρχῆι γινομένων συντελῆτε (Arsinoë). 141 Vgl. SEG XXXIX 1426, Z. 13f. 32f. 39. 142 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 110-114. 196f. 143 Vgl. Theocr. XVII 88f. 144 Vgl. W. Huß, Ägypten, 287. – Wenn die Stadt Arsinoë, die in P. Cair. Zen. I 59052, Z. 5. 13 = P. Mich. I 10, Z. 5. 13 erwähnt ist, nicht in Kilikien, sondern in Pamphylien gelegen war – Strab. XIV 669 scheint gegen diese Ansicht zu sprechen –, dann war zumindest diese Stadt Pamphyliens – vermutlich auch noch weitere Städte Pamphyliens – etwa am 21. April 257 noch ptolemaiisch. (Die bei Nagidos gelegene Stadt Arsinoë scheint hier nicht in Betracht zu ziehen zu sein.) Vgl. dazu auch Ch. Habicht, in: C. P. Jones - Ch. Habicht, Phoenix 43, 1989, 337. 145 Vgl. OGIS I 54, Z. 13f. 146 Bedauerlicherweise ist die Inschrift SEG XVII 639 nicht genauer zu datieren. Wir erfahren aus dem Text dieses Dokuments, daß ein König Ptolemaios der sich in einer Gefahr befindenden Stadt Aspendos Truppen zu Hilfe schickte, die unter dem Befehl des [Phi]ḷokles und des Leonides standen. Sollten unter diesen Truppenführern die berühmten Männer Philokles von Sidon und Leonides von Aspendos zu verstehen sein? Dies ist nicht gerade wahrscheinlich. Zu dieser Inschrift vgl. R. S. Bagnall, Administration, 111-113. 147 Vgl. W. Huß, Ägypten, 270127; außerdem R. S. Bagnall, Administration, 114. 148 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 197 (unter Berücksichtigung numismatischer Argumente); W. Huß, Untersuchungen, 190f.; Ägypten, 428. – R. S. Bagnall, Administration, 114, scheint Korakesion der Provinz Pamphylien zuzuweisen. Doch dürfte die Stadt – was unsere Zeit angeht – eher der Provinz Kilikien zuzurechnen sein. Vgl. Ruge, RE XI 2, 1922, 1371, s. v. Korakesion 1; W. Huß, Untersuchungen, 189-191; K. Tomaschitz, NP VI, 1999, 730, s. v. Korakesion. 149 Polyb. V 77,1: τὰ πλεῖστα μέρη τῆς Παμφυλίας. Vgl. V 72,9.

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Ptolemaios I. oder Ptolemaios II. unterstellte die Herrschaft über die Provinz einem Pamphyli[árches] 150 . Seine Kompetenzen sind nicht genau zu klären. Doch ist es mehr als wahrscheinlich, daß die Standortkommandanten bzw. die Stadtkommandanten Pamphyliens unter seiner Aufsicht standen und daß seine Befugnisse über den militärischen Bereich hinausgingen.

Pisidien151 Die Region Pisidien kam nie unter ptolemaiischen Einfluß oder gar unter ptolemaiische Herrschaft. Allein die an der pisidisch-pamphylischen Grenze gelegene pisidische Stadt Termessos stand zeitweilig unter ptolemaiischer Direktive152. Wir wissen nämlich, daß die Termesser im fünften Jahr Ptolemaios’ II. (281/80) einen Beschluß zu Ehren des Makedonen Philippos, des Sohns des Alexandros, faßten, „der vom König Ptolem[aios] als Pamphyli[árches] eingesetzt worden war“153. Zwar könnte man aufgrund des Textes dieses Beschlusses zunächst zu der Meinung kommen, daß Termessos nur in den Dunstkreis der Macht des Pamphyliárches geraten ist, doch spricht die Tatsache, daß das Dokument nach ptolemaiischer Weise datiert worden ist, für die Annahme, daß die Stadt unter ptolemaiische Herrschaft geraten ist 154. Wie lange sie unter ptolemaiischer Herrschaft blieb, wissen wir nicht. Jedenfalls nicht länger als die Provinz Pamphylien. Das frühe Datum des Dokuments – 281 oder 280 (5. Jahr, Monat Audnaios) – deutet darauf hin, daß die Stadt bereits unter Ptolemaios I. ptolemaiisch geworden ist.

Lykien155 Spätestens im J. 309 zeigte der Satrap Ptolemaios Interesse an lykischen Stützpunkten156. Er hatte vermutlich längst erkannt, daß der Besitz derartiger Stützpunkte zur Beherrschung der Verbindungen zwischen Alexandreia und den Zen___________________________

150 Vgl. L. Robert, Documents, 57; R. S. Bagnall, Administration, 111. 114. 217f. – Eine Vermutung, die R. S. Bagnall, Administration, 217, äußert, ist nicht ohne Charme: „It may be that this first period of Ptolemaic domination in Pamphylia … was marked by a league under royal control, perhaps created for the purpose.” 151 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 110-114; Elizabeth Kosmetatou, AncSoc 28, 1997, 18-20 (mit teilweise fraglichen Ausführungen). 152 Elizabeth Kosmetatou, AncSoc 28, 1997, 19f., vermutet, daß Etenna – neben weiteren pisidischen Orten – das Schicksal von Termessos geteilt hat. 153 Vgl. L. Robert, Documents, S. 53, Z. 8f.: ὑπὸ βασιλέως Πτολεμ[αίου] κ̣ατασταθεὶς Παμφυλι[άρχης]. 154 Vgl. L. Robert, Documents, 53f. 155 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 105-110; R. Behrwald, Lykischer Bund, 49-68; außerdem W. Huß, Untersuchungen, 191-193; Ägypten, 428f. 156 Zur Frage der zeitlichen Einordnung der Eroberung bzw. Wiedereroberung lykischer Städte vgl. M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 47-56.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

tren der „Alten Welt“ nahezu unersetzlich war157. So eroberte er Xanthos, eine Stadt, in der eine Besatzung des Antigonos gelegen war, und vielleicht auch Limyra158. Oder gar „ganz Lykien“159? Allerdings verlor er seine lykischen Stützpunkte anscheinend wieder an Antigonos – ganz oder teilweise160. Erst um das Jahr 294 dürfte er die lykischen Städte erneut auf seine Seite gezogen haben161. Im J. 289/88 (?) jedenfalls war er der Herr von Limyra162, ja, wie es scheint, der Herr von „ganz Lykien“. Und diese Position verloren die ptolemaiischen Könige bis zum Kleinasienfeldzug Antiochos’ III. (197) nicht mehr163. Über die Verwaltung der Provinz sind wir in Details recht gut unterrichtet, aufs Ganze gesehen eher dürftig. So besitzen wir nicht einmal ein einziges Zeugnis für den Titel des Funktionärs, der an der Spitze der Verwaltung der Provinz stand164. Vermutlich trug dieser Funktionär165 – wie in anderen Provinzen – den ___________________________

157 Später kamen auch Orte im Landesinneren – wie Arykanda und Araxa – unter ptolemaiische Herrschaft. Vgl. W. Huß, Untersuchungen, 191f.; Ägypten, 429. 158 Vgl. W. Huß, Ägypten, 173611. – In der Nennung des in der Satrapen-Stele (Z. 6) erwähnten Kriegsziels p3 tš nj Jrmmr (?) („das Gebiet von Jrmmr [?]“) mit H. Klinkott - Sabine Kubisch, Chiron 35, 2005, 551-558, einen Hinweis auf die Eroberung von Limyra (311 [!]) zu sehen, halte ich für ein verwegenes Unterfangen. (Klinkott - Kubisch transkribieren nicht Jrmmr [?], sonder Jlj-mr-3.) 159 Vgl. M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 51f.; 21, 1991, 233f. 160 Patara war im J. 304 antigonisch. Vgl. Diod. XX 93,3. Anders M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 52f. Und nach der Schlacht von Ipsos (301) scheint Seleukos – von Syrien abgesehen – Großphrygien erhalten zu haben, zu dem Pisidien, Pamphylien und Lykien gehört haben werden. Vgl. W. Huß, Ägypten, 199. Anderer Ansicht ist A. Meadows, in: Symposium Proceedings II, 464, der Lykien seit dieser Zeit von Lysimachos beherrscht sein läßt. 161 Vgl. W. Huß, Ägypten, 205. 162 Vgl. SEG XXVII 929; dazu M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 43-66 u. T. 1; 21, 1991, 219. 229. 233f. 163 So schrieb Ptolemaios III. an die Xanthier (SEG XXXVI 1218, Z. 19-24): Ἐπαινοῦμεν οὖν ὑμᾶς ... μεμνημένους εὐχαρίστως ὧν εὐεργέτησθε καὶ ὑπ’ ἐμοῦ καὶ ὑπὸ τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ πάππου … Vgl. im übrigen W. Huß, Untersuchungen, 191f.; R. S. Bagnall, Administration, bes. 105-110; W. Huß, Ägypten, 428f. 498. 520; M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 393f.; außerdem SB XXIV 15971 (257-249/48 [?]); Ch. Picard, CRAI 1951, 346 (Zeit Ptolemaios’ III.). – Zur Datierung der von A. Maiuri, ASAA 8-9, 1925-1926, ersch. 1929, 313-315 Nr. 1, edierten Inschrift vgl. einerseits W. Huß, Untersuchungen, 192100 (278/77 oder 240/39 oder 215/14), und andererseits A. Bresson, REA 100, 1998, 87f.; R. Behrwald, Lykischer Bund, 97f.327 (181/80); dazu H.-U. Wiemer, Krieg, 266f. 271. 164 Die Frage, seit welcher Zeit der Lykische Bund existiert hat, ist in der Forschung umstritten. Hyla A. Troxell, Coinage, 9-13, meint: seit dem späten 3. Jh., R. Behrwald, Lykischer Bund, 69-80, nimmt an: nach 188. 165 War Neoptolemos, der Sohn des Kr[aisis], der erste uns namentlich bekannte στρατηγὸς Λυκίας? Vgl. Steph. Byz. s. v. Ἀγρίαι; dazu R. Merkelbach - J. Stauber, Steinepigramme IV, 59f. Nr. 17/11/02 (70er Jahre des 3. Jh. [?]); SEG LIV 1442 (vor 252/51); dazu M. Adak - S. Șahin, Gephyra 1, 2004, ersch. 2005, 86f. Nr. 1. Ich

Die Provinzen und die Einflußgebiete

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Titel strategós166. Ich lehne allerdings die Vermutung nicht rundweg ab, daß der Titel – jedenfalls zeitweise – Lykiárches gelautet hat167. Zumindest in den wichtigsten Städten Lykiens – etwa in Limyra, Patara/ Arsinoë168, Xanthos169 und Telmessos – werden ptolemaiische Garnisonen gelegen sein 170 . In einer aus Xanthos stammenden Inschrift ist ein phrúrarchos expressis verbis bezeugt171. Die nichtmilitärische Verwaltung Lykiens legte bereits Ptolemaios I. in die Hände von zwei oikonómoi. Im J. 289/88 (?)172 waren dies Amyntas und Sosigenes 173 . Sie hatten den Eingang der Abgaben, die an den König abzuführen waren174, zu überwachen – und diese Abgaben hatten sowohl die Bewohner der Städte als auch die „Umwohner“ (períoikoi) der Städte als auch die Bewohner des flachen Landes (chóra) zu leisten175. Merkwürdig ist die Doppelbesetzung des Amts. Spielten bei der Installierung von zwei oikonómoi regionale Traditionen eine Rolle? Mir scheint nicht176. Wurde später die Doppelstelligkeit des ___________________________

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zweifle stark. M. E. war Neoptolemos eher in Lykien agierender ptolemaiischer στρατηγός als ptolemaiischer στρατηγὸς Λυκίας. Anders etwa M. Adak - S. Șahin, Gephyra 1, 2004, ersch. 2005, 87. – M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 385135, erwägt, in drei Personen Statthalter Lykiens zu sehen: in Aristoteles, in Neoptolemos, dem Sohn des Kr[aisis], und in Tlepolemos, dem Sohn des Artapates. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 174. Vgl. K. J. Beloch, Griechische Geschichte IV 1, 396; R. S. Bagnall, Administration, 217f.; M. Wörrle, Chiron 8, 1978, 227. Anders R. Behrwald, Lykischer Bund, 69-73. Zur Bedeutung von Patara/Arsinoë vgl. M. Zimmermann, ZPE 92, 1992, 211-217; H. Blum, ZPE 140, 2002, 95f. Vielleicht darf in diesem Zusammenhang erwähnt werden, daß nur in Xanthos der „Priester des Alexandros“ in Datierungsformeln erwähnt wird – sonst in keiner Stadt und in keinem Staatenbund der ptolemaiischen Machtsphäre. Vgl. J. Bousquet, REG 99, 1988, 30-32; K. Buraselis, in: Symposion 2009, 425f.; Ch. Schuler, ZPE 173, 2010, 75f. 78. Vgl. R. Behrwald, Lykischer Bund, 62f.189. Vgl. Fouilles d’Amyzon I, 4A, Z. 4-6 (Zeit Ptolemaios’ II.): Πάνδαρος Νικίου Ἡρακλεώτης, ἀποσταλεὶς ὑπὸ βασιλέως Πτολεμαίου φρούραρχος ἐπὶ τῶν ἐν Χάνθωι φρουρίων; dazu R. Behrwald, Lykischer Bund, 62189. Vgl. zuletzt M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 359-361. Anders A. Meadows, in: Symposium Proceedings II, 462-467: 250/49. Vgl. SEG XXVII 929; dazu M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 43-66 u. T. 1; 21, 1991, 219. 229. 233f.; A. Meadows, in: Symposium Proceedings II, 459-470; außerdem J. Ma, Antiochos III, 3947. – Zu Amyntas und Sosigenes vgl. M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 62-64; außerdem A. Meadows, in: Symposium Proceedings II, 466f. (mit anderer Ansicht). In M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 361, Z. 6f. bzw. Z. 15 werden diese Abgaben als [τὰ] καθηκότα (im Genitiv) bzw. als αἱ πρόσοδοι (im Akkusativ) bezeichnet (Limyra). Vgl. M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 61f.; außerdem H. Bengtson, Strategie III, 181. Vgl. auch M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 59f. Zuversichtlicher R. Behrwald, Lykischer Bund, 49f.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Amts177 zugunsten der Einstelligkeit aufgehoben? Kaum178. In jedem Fall verraten die wenigen lykischen Dokumente, die uns über die Verwaltung insbesondere der Städte der Provinz informieren, daß der König ein strenger Herr dieser Städte war179. Doch wäre es verkehrt, wären wir der Meinung, die Städte hätten alle ökonomischen Rechte an den König abzutreten gehabt180. So konnte die Stadt Limyra das Privileg der „Steuerfreiheit in allen Dingen, über die die Stadt das Verfügungsrecht hat“181, gewähren182. Allem Anschein nach waren auch die Männer, die in einem Dokument des Jahres 219/18183 oder 202/1184 auftauchen185, oikonómoi der lykischen Provinz186. In diesem Dokument, das wohl im Büro des alexandreiischen dioiketés geschrieben worden ist, ist die Rede von Einkünften in Geld (argyrikaí prósodoi), von einem Tor-Zoll (diapýlion) und von einer Abgabe auf Purpurstoffe (porphyriké). ___________________________

177 In M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 361 (31. Dezember 277 [?], nach Samuel; Limyra), wird die Zahl der οἰκονόμοι nicht erwähnt. Doch handelt es sich sicher um (wenigstens) zwei οἰκονόμοι und höchstwahrscheinlich um οἰκονόμοι, deren Tätigkeitsbereich nicht auf Limyra beschränkt war, sondern die ganze Provinz umfaßte. 178 Vgl. M. Domingo Gygax, BASP 42, 2005, 45-50 (zu P. Tebt. I 8, Z. 15-33 ≈ Chrest. Wilck. 2, Z. 15-33 ≈ R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 169, Z. 15-33). Die Annahme, die M. Domingo Gygax vertritt, hat allerdings – unter anderem – mit der Schwierigkeit zu kämpfen, daß der Beginn der Z. 24 des genannten Dokuments nicht wiederhergestellt werden kann. Vgl. etwa R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 176. Anderer Ansicht als M. Domingo Gygax ist M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 60, der jedoch – wohl zu Unrecht – in Z. 29 (im Gefolge früherer Editoren) [Νικοστρά]τωι zu ergänzen scheint. 179 Vgl. etwa Sh. Jameson, RE Suppl. XIII, 1973, 265-308, hier 276, s. v. Lykia; M. Wörrle, Chiron 9, 1979, 106-111. – Die Verhältnisse, die wir in den Städten Lykiens vorfinden, dürfen wir jedoch nicht ohne weiteres auf die Städte anderer Provinzen übertragen. Vgl. etwa R. Behrwald, Lykischer Bund, 63. M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 62, verweist auf das Beispiel Iasos. 180 Vgl. etwa M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 389152. 181 SEG XXVII 929, Z. 12f.: ἀτέλειαν πάντων ὧν ἡ πόλ[ις κυ]ρ̣ία ἐστίν; dazu Sh. Jameson, RE Suppl. XIII, 1973, 265-308, hier 276, s. v. Lykia; M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 58; 9, 1979, 110f.; R. Behrwald, Lykischer Bund, 50f. Vgl. auch die entsprechende Wendung in iasischen Dokumenten: M. Wörrle, Chiron 9, 1979, 111156. 182 Im übrigen weist auch die Tatsache, daß Ptolemaios II. zwei lykische Städte nach seinen Schwestern Arsinoe und Philotera benannt hat, darauf hin, daß der König die Absicht verfolgt hat, die Provinz eng mit der Krone zu verbinden. Vgl. dazu M. Wörrle, Chiron 9, 1979, 104-106. 183 Vgl. R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 177-180. 184 Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 68; P. M. Fraser, in: T[– – –] Rönne - P. M. Fraser, JEA 39, 1953, 91f.5; H. Bengtson, Strategie III, 181f.; W. Huß, Untersuchungen, 229373; E. Lanciers, ZPE 89, 1991, 71-74; W. Huß, Ägypten, 42834; M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 380. 185 Vgl. P. Tebt. I 8, Z. 15-33 ≈ Chrest. Wilck. 2, Z. 15-33 ≈ R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 169, Z. 15-33. 186 Vgl. etwa H. Bengtson, Strategie III, 174f.4. („Oikonomos“ ist wohl in „Oikonomoi“ zu verbessern.) Vgl. auch M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 59.

Die Provinzen und die Einflußgebiete

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Es handelt sich hier um Steuern bzw. Monopolabgaben, die offensichtlich an Männer, die in Lykien als Steuer- bzw. Monopolpächter ihren Geschäften nachgingen, verpachtet worden waren187. Vor eine besondere Schwierigkeit für das Verständnis der Verwaltungsorganisation der Provinz Lykien – nur der Provinz Lykien? – stellt uns eine limyrische Inschrift, die vermutlich in das Jahr 277 zu datieren ist188. In diesem Dokument ist die Rede von einer (weder namentlich noch institutionell genannten) Instanz, die sich zwischen den König und die oikonómoi der Provinz schob. Wer waren diese Männer? Weder der alexandreiische dioiketés noch der Provinzstatthalter (dessen Amt damals vermutlich noch gar nicht existiert hat)! Dies schon deswegen nicht, weil von diesen Männern im Plural die Rede ist! Faute de mieux könnte man in der Tat auf den Gedanken kommen, in ihnen Männer zu sehen, die in einem überregionalen Auftrag der Regierung handelten – Männer wie Philokles und Aristoteles189. Ich vermute allerdings, daß diese „Zwischeninstanz“ spätestens zu der Zeit weggefallen ist, zu der das Amt des Provinzstatthalters eingeführt worden ist. Die enge Verzahnung zwischen der Wirtschaft und der Verwaltung des Mutterlands und der Wirtschaft und der Verwaltung der Provinzen wird selten so deutlich wie in diesen beiden zuletzt genannten Dokumenten190. Ein spezielles – besser gesagt: ein spezielles zu sein scheinendes – Problem der Verwaltung Lykiens ist mit dem Stichwort „Geschenk“ (doreá) bezeichnet. ___________________________

187 Es handelt sich näherhin um folgende Aussagen: Erstens: Die Verpachtung der ἀργυ(ρικαὶ) πρόσοδοι hat sich für das Jahr 4 auf 6 Tálanta, 1312 Drachmaí, 4 Oboloí erhöht. Zweitens: Die zu bezahlende Pachtsumme ist mit 2 Tálanta, 1366 Drachmaí im Minus. Um die Grundlage für die Ausgleichung des Defizits zu schaffen, ist ein Verzeichnis zu erstellen, in dem – beginnend mit dem Jahr 16 – die jährlich von den Weinhändlern importierten Mengen aufgelistet sind. Drittens: Zwei Monopolpächter (?), die die πορφυρική in Lykien für fünf Jahre gepachtet haben, haben den φόρος in Höhe von 1 Tálanton, 1800 Drachmaí jährlich einzutreiben – auch den φόρος des Jahres 4. Vgl. dazu etwa R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 173-176; Administration, 108f.; E. Lanciers, ZPE 89, 1991, 73f.; außerdem M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 380384. – Zur πορφυρική vgl. auch M. Wörrle, Chiron 9, 1979, 9249. Ich vermute, daß es sich bei dieser πορφυρική eher um Monopolpachtgebühren handelt. 188 Vgl. M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 361 (31. Dezember 277 [?], nach Samuel). – Sicher war der „eigentliche“ Verfasser des Dokuments der König. Was aber soll die irritierende Wendung Γινέσθω οὖ̣ν οὕτ̣ω̣ς̣ (Z. 15)? Vielleicht darf man eine Vermutung äußern. Hat der διοικητής den Brief des Königs aufgesetzt, und der König hat die erwähnte Wendung hinzugesetzt? Anders M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 367f. 189 Vgl. M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 386-388. 190 Obwohl das Dokument SEG XXIX 1516 (Telmessos) aus nachptolemaiischer Zeit stammt, gibt es doch Einblicke in das System der Abgaben und Dienstleistungen, die eine lykische Stadt – in diesem Fall Telmessos – in ptolemaiischer Zeit auf sich zu nehmen hatte. Vgl. M. Wörrle, Chiron 9, 1979, 87-91.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Spätestens im J. 282 erwog Ptolemaios II., die Stadt Telmessos191 einem Mann seines Vertrauens192 zum „Geschenk“ zu machen193. Die Telmesser protestierten energisch und erfolgreich194. Der König gab nach195. Wie stark dieses Problem den Telmessern auf den Nägeln gebrannt hatte und brannte, ist aus den Flüchen zu ersehen, die sie gegenüber allen ausstießen, die in Zukunft einen derartigen Versuch unternehmen würden196. Doch die Flüche nützten nicht. Ptolemaios, der Sohn des verstorbenen Königs Lysimachos, erhielt einige Zeit später – m. E. zwischen 259 und 257/56197 – die Stadt als doreá des ptolemaiischen Königs198. Aus den von Ptolemaios, dem Sohn des Lysimachos, gewährten, wohl befristeten Steuererleichterungen des Jahres 239199 ist – zumindest teilweise – auf die „normalen“ Belastungen zu schließen, die Alexandreia lykischen (und anderen) Städten auferlegt hatte und auferlegte.

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191 Offensichtlich handelte es sich nicht nur um die Stadt selbst, sondern um die Stadt Telmessos, die Dörfer und die chóra der Telmesser. Vgl. SEG XXVIII 1224, Z. 2629. 192 Den Kandidaten des Königs kennen wir nicht. War es vielleicht Philokles? Vgl. SEG XXVIII 1224, Z. 16-18. 193 Vgl. SEG XXVIII 1224 (282/81); dazu M. Wörrle, Chiron 8, 1978, 201-246; 21, 1991, 229122; Haritini Kotsidu, TIMH, 409-411 Nr. 291. 194 Zur Unterstützung ihres Anliegens sandten die Telmesser dem König einen στέφανος. Vgl. SEG XXVIII 1224, Z. 10f. 195 Zu Philokles und Aristoteles, die der König von seiner Entscheidung in Kenntnis gesetzt hat, vgl. SEG XXVIII 1224, Z. 16-18; dazu M. Wörrle, Chiron 8, 1978, 225230; 40, 2010, 386-388. 196 Vgl. SEG XXVIII 1224, Z. 24-41; dazu M. Wörrle, Chiron 8, 1978, 230-236. 197 Vgl. die von M. Segre, Clara Rhodos 9, 1938, 183, edierte und von L. Robert, Documents, S. 55, verbesserte Inschrift; dazu W. Huß, Untersuchungen, 192; ZPE 121, 1998, 245f.; außerdem R. S. Bagnall, Administration, 106f.; anders M. Wörrle, Chiron 8, 1978, 218-221. 198 Deutlich geht dies aus TAM II 1, 1, Z. 8f. = OGIS I 55, Z. 8f. (239) hervor. 199 Vgl. TAM II 1,1, Z. 7-21 = OGIS I 55, Z. 7-21; dazu R. S. Bagnall, Administration, 109f.; M. Wörrle, Chiron 8, 1978, 223-225; Ivana Savalli, ASNP III 17, 1987, 129137; M. Wörrle, Chiron 21, 1991, 229122; J. Kobes, „Kleine Könige“, 111; R. Behrwald, Lykischer Bund, 63-68; W. Tietz, Golf von Fethiye, 308-310. – Nebenbei sei bemerkt, daß die ἀπόμοιρα von TAM II 1,1, Z. 20f. = OGIS I 55, Z. 20f. ein achaimenidisches Erbe zu sein scheint.

Die Provinzen und die Einflußgebiete

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Karien200 Die Verwaltungsstrukturen der unter ptolemaiischem Einfluß oder unter ptolemaiischer Herrschaft stehenden karischen Städte waren – wie die Verwaltungsstrukturen anderer, unter ptolemaiischem Einfluß oder unter ptolemaiischer Herrschaft stehender Städte – nicht gleichförmig. Dies ist eine an sich schon naheliegende Vermutung. Dieser Gedanke drängt sich aber geradezu auf, wenn man feststellt, daß die Status-Entwürfe bzw. Status-Vereinbarungen einer einzigen Stadt sich innerhalb von wenigen Jahren in wesentlichen Fragen geändert haben. Es handelt sich um Iasos 201. Während in einem aus dem Jahr 309 (?) stammenden Dokument von der Freiheit, der Autonomie, der Besatzungsfreiheit, der Abgabenfreiheit und dem Allianzvertrag mit Ptolemaios und dessen Nachfolgern die Rede ist202, sind in einem aus dem Jahr 306 oder einem der folgenden Jahre stammenden Dokument zwar auch die Gesichtspunkte der Freiheit, der Autonomie und des Allianzvertrags mit Ptolemaios und dessen Nachfolgern aufgenommen, aber nicht die Gesichtspunkte der Besatzungsfreiheit und der Abgabenfreiheit erwähnt 203. Die Situation hatte sich geändert. Während hinter dem ersten Dokument der Gedanke der Hegemonie gestanden war, stand hinter dem zweiten Dokument der Gedanke der (verschleierten) Kontrolle. Im zweitgenannten Dokument wird einerseits ein gewisser Aristobulos204 und andererseits ein gewisser Asklepiodotos 205 erwähnt. Beide waren Funktionäre des Satrapen bzw. des Königs. Sie verraten uns aber nicht ihre Titel. Vermutlich waren sie strategoí. Waren sie gar „strategoí Kariens“206? War dies der Fall, dann waren sie vor allem mit militärischen und diplomatischen, weniger mit verwaltungstechnischen Aufgaben betraut. ___________________________

200 Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 174-176; R. S. Bagnall, Administration, 89-102; außerdem W. Huß, Untersuchungen, 193-200; Ägypten, 429-431; dazu M. Domingo Gygax, Chiron 30, 2000, 360-362 (Kildara); 359-362 (Mylasa); P. Funke, Chiron 30, 2000, 500-517 (Herakleia am Latmos). Der in Inscr. Labraunda I 3, Z. 5f. erwähnte Ptolemaios, ὁ ἀδελφὸς [im Genitiv] βασιλέως Πτολε[μ]α̣ίου (etwa 245 [?]), scheint eine Position innegehabt zu haben, die höher war als die eines στρατηγός Kariens. Vgl. dazu W. Huß, ZPE 121, 1998, 244f. 201 Vgl. einerseits Inschr. Iasos I 2 und andererseits Inschr. Iasos I 3; dazu etwa R. S. Bagnall, Administration, 89-91; W. Huß, Ägypten, 174620 (mit der Ersetzung von „Allianzvertrag“ durch „Plan eines Allianzvertrags“); A. Giovannini, EA 37, 2004, 69-87; L. Migeotte, in: Exception égyptienne?, 189-203. 202 Vgl. Inschr. Iasos I 2, Z. 6f. 30-32. 49-51. 54f. 203 Vgl. Inschr. Iasos I 3, Z. 2f. 12f. 23f. – Statt von φόροι spricht man hier etwas vornehmer von συντάξεις. Vgl. Z. 4f. 7. 14f. 25. 204 Vgl. Inschr. Iasos I 3, Z. 1. 11. 20. 205 Vgl. Inschr. Iasos I 3, Z. 19. 21. 206 R. S. Bagnall, Administration, 91. 101, vermutet dies.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

In späteren Jahrzehnten begegnen uns Funktionäre, die sicher oder wahrscheinlich „strategoí Kariens“ gewesen sind207. Sie hatten sich um die militärische Sicherung der ptolemaiisch beherrschten Städte und Gebiete der Provinz zu kümmern, eine generelle Aufsicht über die Geschehnisse in der Provinz auszuüben und bei gewissen finanziellen Transaktionen mit den oikonómoi der Provinz zusammenzuarbeiten208. Insofern unterschied sich ihre Tätigkeit kaum von der der strategoí anderer Provinzen. Vielleicht residierten sie in Halikarnassos209. Die direkt vom König ernannten 210 und jeweils in der Einzahl amtierenden oikonómoi der Provinz, die den alexandreiischen dioiketaí unterstellt waren211, hatten die Einkünfte der Provinz, die für die königliche Kasse (basilikón) bestimmt waren, zu überwachen und die Militäradministration in logistischen Fragen zu unterstützen212. Sie übten zwischen der Zentrale und den Städten eine wichtige Scharnierfunktion aus. ___________________________

207 Hier sind folgende Männer zu nennen: Margos (Fouilles d’Amyzon I 6, Z. 6. 8f.: ὁ στρατηγός bzw. τὸν στρατηγόν; dazu Jeanne u. L. Robert, Fouilles d’Amyzon I, S. 128f.; September/Oktober 274); Motes (P. Cair. Zen. III 59341 (a), Z. 20: τὸν στρατηγόν; dazu H. Bengtson, Strategie III, 175-177; 247/46); Aristolaos, der Sohn des Ameinias, Makedone (IG XII 6,1, 120, Z. 2: [σ]τρατηγὸς ἐπὶ Καρίας κατεστηκ[ώς]; wahrscheinlich Zeit Ptolemaios’ II.); Sophron (?) (Inscr. Labraunda I 3, Z. 4; dazu W. Huß, Untersuchungen, 198158. 203-205; C. Brixhe, REG 108, 1995, 523f. Nr. 523; nach 246); Hagesarchos von Megalopolis (?) (IG XII 6,1, 156; dazu K. Hallof - Ch. Mileta, Chiron 27, 1997, 269-278; Zeit Ptolemaios’ III.); Iason, der Sohn des Minnion, von A[– – –] bzw. Ha[– – –] (SEG XXXII 1112, Z. 2f.: [κατασταθεὶς] στρατηγὸς ἐ[πὶ Καρίας ὑπὸ βασιλέως Πτολεμαίου [?]]; dazu Ch. Marek, Chiron 12, 1982, 119-123; 3. Jh.); N. N. (?) (SEG XLII 705; außerdem SEG XLVI 1401; dazu C. Brixhe, REG 108, 1995, 523f. Nr. 523; 3. Jh.). – Nach Polyb. XXX 31,6 haben die Rhodier im J. 197 (?) Kaunos um den Preis von 200 Tálanta παρὰ τῶν Πτολεμαίου στρατηγῶν gekauft. F. W. Walbank, Commentary III, 457, sieht in diesen στρατηγοί „the στρατηγός of Caria and the garrison commander at Caunus“. Dies halte ich für unwahrscheinlich. Wenn einer diese Transaktion ausführen konnte, dann war es der στρατηγός Kariens – und niemand sonst. Vgl. auch H. Bengtson, Strategie III, 175. 208 Was Samos angeht, so hält R. S. Bagnall, Administration, 83. 87. 88, es für möglich, daß die Insel zum Jurisdiktions-Bereich des Aristolaos, des στρατηγὸς ἐπὶ Καρίας, gehört hat. Mag sein. Zur Provinz Karien wird Samos jedoch kaum gehört haben. 209 Eine reine Vermutung! Für diese Vermutung sprechen die Bedeutung und die Lage der Stadt. 210 Vgl. M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 5987. Anders R. S. Bagnall, Administration, 245. 211 Zu den οἰκονόμοι der Provinz dürften Apollonios (Inscr. Labraunda II 43, Z. 4f. [10. Juni 267, nach Samuel]), Apollodotos (P. Cair. Zen. I 59036, Z. 1 [2. Februar 257, nach Samuel]) und Diodotos (P. Cair. Zen. III 59341 (a), Z. 20f. 29 [248/47]; (c), Z. 7) gehört haben. Vgl. etwa H. Bengtson, Strategie III, 175-177; R. S. Bagnall, Administration, 95-97. 102. 226; 99-101. 226. 245; M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 57f. 212 Zur Frage der Einquartierungen vgl. P. Cair. Zen. III 59341 (b), Z. 3-9 (Kalynda); dazu Claire Préaux, Économie royale, 389f. – M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 57f., spricht von „richterliche[n] Funktionen des οἰκονόμος“ (57) in Karien und in

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In manchen – wohl nicht in allen – karischen Städten waren ptolemaiische Verbände stationiert, die jeweils unter dem Kommando eines Standortkommandanten standen. Wir kennen solche Standortkommandanten aus Xystis (November/Dezember 274 [?])213, aus Halikarnassos (270/69)214, aus Herakleia am Latmos (3. Jh.)215 und aus der Umgebung von Amyzon (3. Jh.)216. Natürlich standen diese Standortkommandanten unter dem Oberbefehl des strategós Kariens. Auch die karischen Städte waren – wie die Städte anderer Provinzen – nicht „rechtlos“. Dies zeigt sich auf verschiedenen Gebieten, nicht zuletzt auf steuerrechtlichem Gebiet. Die Steuern, die eine Stadt aufbrachte, flossen teils in in die königliche Kasse (basilikón), teils in die städtische Kasse (politikón)217. Und im Hinblick auf die städtischen Steuern konnte die Stadt natürlich Steuerfreiheit (atéleia) gewähren218. Allerdings waren die Bereiche königliche Finanzverwaltung und städtische Finanzverwaltung nicht immer fein säuberlich getrennt – jedenfalls nicht in der Weise getrennt, daß es zwischen der Tätigkeit der Finanzbeamten des Königs und der der Finanzbeamten der Stadt keine Berührungspunkte geben konnte. Im Gegenteil! In manchen Fällen sahen sich die Funktionäre des Königs gezwungen, ihre Autorität zur Lösung bestimmter Probleme in die Waagschale zu werfen219. Und aus der Behandlung anderer Fälle ist zu erse___________________________

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anderen Provinzen. Ich halte diese Ansicht für fragwürdig, da der οἰκονόμος in Ägypten nicht über jurisdiktionelle Funktionen verfügt hat, gebe allerdings zu, daß der Verweis auf das Mutterland kein schlüssiges Argument liefert. Am 6. Juni 2003 hat Herr Kollege A. Bresson, Bordeaux, in der „Kommission“, München, den Text einer Xystis-Inschrift vorgestellt, in der ein gewisser Moschion, der Sohn des Moirichos, von Thera als „über die Stadt und das Umland gesetzter strategós“ bezeichnet wird. Vgl. SEG XXVIII 60, Z. 71f.: Kallias, Sohn des Thymochares, von Sphettos, νῦν ἐν Ἁλικαρνασσῶι καθεστηκὼς ὑ[π]ὸ τ[οῦ βασιλέως Πτολ]εμαίου. Vgl. SEG XXXVII 857, Z. 3-5: Ἀμφικλ̣ῆ̣ς̣ .εισάνδρου Ἀθηναῖος κατασταθε[ὶς ἐπὶ] τ̣[ῆς πόλ]ε̣ως̣ ὐπὸ βασιλέως Πτο̣[λεμαίου – – –]. Vgl. Fouilles d’Amyzon I 4, Z. 6f.: … Ἀκα[ρ]νὰν [κ]ατασταθεὶς [ὑ]πὸ [β]ασιλέως [φρ]ούρ̣αρ̣χ̣ος … Vgl. Inschr. Mylasa I 104, Z. 8f.; 201, Z. 8f. 11. – Zu den direkten Steuern, die der König den Städten oder manchen Städten auferlegte, scheint die Gesundheitssteuer (ἰατρικόν) gehört zu haben. Vgl. P. Cair. Zen. I 59036, Z. 4. 13 (Halikarnassos). Und die 20 Tálanta, von denen in P. Cair. Zen. I 59037, Z. 4f. (Halikarnassos) die Rede ist, scheinen eine Steuerpachtsumme bezeichnet zu haben. Außerdem dürfte der 3 000 Drachmaí „zählende“ στέφανος, den die Halikarnasser für den König aufgebracht haben – vgl. P. Cair. Zen. I 59036, Z. 26 –, nicht ein Geschenk gewesen sein, das die Bürger der Stadt freiwillig gesammelt haben, sondern eine etwas „verschleierte“ Steuer, die der König den Bürgern der Stadt auferlegt hat. Vgl. Inschr. Mylasa I 104, Z. 8f.: εἶναι δὲ αὐτῶι ἀ[τέλειαν τ]οῦ ἰ[δ]ίου σώματος ὧν ἡ πόλις κ̣υρ̣ία ἐστ̣ίν; dazu Ph. Gauthier, Chiron 21, 1991, 64-66. Vgl. auch Inscr. Labraunda II 42, Z. 14-17 (frühes 3. Jh.). Vgl. P. Cair. Zen. III 59341 (Kalynda, 247); dazu R. S. Bagnall, Administration, 99101; M. Wörrle, Chiron 7, 1977, 57f.

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hen, daß die zentrale Finanzverwaltung eine relativ strenge Kontrolle über die städtischen Finanzverwaltungen ausübte220.

Ionien und Aiolis221 In Ionien und in der Aiolis kreuzten sich ptolemaiische, seleukidische, attalidische und antigonidische Einflüsse. Nicht selten wechselten die Städte dieser Region ihre patroni bzw. socii. Da diese Städte zu keiner Zeit vollständig oder wenigstens überwiegend unter ptolemaiischem Einfluß bzw. unter ptolemaiischer Herrschaft standen, ist es kein Wunder, daß wir niemals einem ptolemaiischen strategós Ioniens begegnen. Doch auch andere ptolemaiische Funktionäre treten selten in Erscheinung. Immerhin treffen wir in einer aus Priene stammenden Inschrift auf den Funktionär Antiochos 222 , in Ephesos auf den Funktionär Sophron223 und in Kolophon-am-Meer auf den Funktionär Sosias224, außerdem – wieder in Ephesos – auf Ptolemaios den „Sohn“, der dort im Auftrag des Königs agierte225. Mögen diese Funktionäre möglicherweise auch verschiedene Aufgaben zu erfüllen gehabt haben, so wird aus den entsprechenden Notizen doch hinreichend deutlich, daß manche ionische Städte sich gezwungen sahen, ptolemaiische Garnisonen aufzunehmen226. Natürlich sind auch Fälle denkbar, in denen ionische Städte von sich aus um den Schutz ptolemaiischer Garnisonen baten. ___________________________

220 Hier ist insbesondere auf folgendes Beispiel hinzuweisen. Nachdem die Halikarnasser beschlossen hatten, das γυμνάσιον der νέοι zu restaurieren, sahen sie sich gezwungen, wegen gewisser Fragen der Finanzierung der Renovierung eine Gesandtschaft an den König zu entsenden – obwohl es sich hier doch, wie wir sagen würden, um eine rein innerstädtische Angelegenheit handelte. Vgl. A. Wilhelm, JOEAI 11, 1908, 56f.; dazu R. S. Bagnall, Administration, 94f.; M. Wörrle, Chiron 9, 1979, 109-111 (mit der früheren Literatur). – Zu den Finanzproblemen, die zwischen Alexandreia und Halikarnassos in der Zeit Ptolemaios’ II. bestanden haben, vgl. zuletzt M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 377f. 221 Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 177f.; R. S. Bagnall, Administration, 168-175; außerdem W. Huß, Untersuchungen, 200-208; Ägypten, 431-433; schließlich Ph. Gauthier, REG 116, 2003, 471-485 (Kolophon-am-Meer). 222 Vgl. Ischr. Priene 37, Z. 153f.: [Ἀν]τίοχον τὸν ὑπὸ βασιλέως Πτολεμαίου τεταγμένον [ἐπὶ – – –]; dazu H. Bengtson, Strategie III, 173; R. S. Bagnall, Administration, 172; W. Huß, Untersuchungen, 201f. 223 Vgl. FgrHist 81 Phylarchos (von Athen?) F 24: Σώφρων ... ὁ ἐπὶ τῆς Ἐφέσου; dazu W. Otto, Beiträge, 58. 63; W. Huß, Untersuchungen, 203-206; außerdem A. N. Oikonomides, ZPE 56, 1984, 151f. 224 Vgl. Ph. Gauthier, REG 116, 2003, 472 bzw. 473 bzw. 474, Z. 3-5: Σωσίας Σωκράτου Ἡρακλεώτης, τασσόμενος ὑπὸ τὸμ βασιλέα Πτολεμαῖον. 225 Vgl. Athen. XIII 593a: Πτολεμαῖος ... ὁ τὴν ἐν Ἐφέσῳ διέπων φρουρὰν υἱὸς ὢν τοῦ Φιλαδέλφου βασιλέως; dazu W. Huß, ZPE 121, 1998, 241-244. 226 Zu Charmades, dem Ptolomaei regis praefectus, vgl. Frontin. strat. III 2,11; dazu W. Huß, Ägypten, 283235.

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Auch über die Lasten, die die Zentrale ionischen Städten aufgebürdet hat, erfahren wir fast nichts – genauer: (in einem einzigen Fall) nur Positives. Während „einige der Könige“ – wahrscheinlich während der Jahre 313-309 – die Stadt Miletos mit Abgaben (phóroi) und Durchgangszöllen (paragógia) belastet haben, hat Ptolemaios I. – wahrscheinlich im J. 309 oder 308 – die Stadt von diesen Lasten befreit227. Dies war eine Tat, an die der „Sohn“ – etwa im J. 262 – propagandistisch hervorragend anknüpfen konnte228. Und dies umso unverdächtiger, als sich beide Parteien damals – nach der Aussage des Königs – im Verhältnis der „Freundschaft und Bundesgenossenschaft“229 befanden.

Troas und hellespontische Ostküste230 Die in der Troas und an der hellespontischen Ostküste gelegenen Städte, die während des Laodike-Kriegs (246-242/41) – vielleicht nur für kurze Zeit – unter ptolemaiische Herrschaft geraten waren, bildeten kaum je eine eigene „Provinz“. Sofern diese Städte an der hellespontischen Ostküste bzw. an der Südwestküste des Marmara-Meers gelegen waren, wurden sie offensichtlich zusammen mit dem Bezirk „Hellespontos und Thrakien“ verwaltet231.

Thrakische Chersonesos und Thrakien232 Im 3. Syrischen Krieg (246-242/41) entwand Ptolemaios III. Seleukos II. mit der Thrakischen Chersonesos und Thrakien uraltes seleukidisches Herrschaftsgebiet. An die Spitze der militärischen und zivilen Verwaltung dieser Provinz stellte er den Spartaner Hippomedon, den Sohn des Agesilaos 233 – wohl erst nach dem ___________________________

227 Vgl. Inschr. Milet III 139, Z. 5-7 = RC 14, Z. 5-7: ... κ̣αὶ φόρων τε σκληρῶν καὶ χαλεπῶν ἀπολύσαντα καὶ παραγωγίων παρ’ ὑμῖν, ἅ τινες τῶμ βασιλέων κατέστησαν; dazu J. Seibert, Chiron 1, 1971, 159-166; R. S. Bagnall, Administration, 173f. 228 Vgl. Inschr. Milet III 139, Z. 7-10 = RC 14, Z. 7-10; außerdem Inschr. Milet III 139, Z. 32-35. 229 Vgl. Inschr. Milet III 139, Z. 7f. = RC 14, Z. 7f.: καὶ τὴμ πρὸς ἡ̣μᾶς [φ]ιλίαν̣ καὶ συμμαχίαν οἰκείως διατετηρηκότων. 230 Vgl. W. Huß, Untersuchungen, 208f. (teilweise überholt); Ägypten, 433. 231 Vgl. SEG XXXIV 1256 (Priapos). 232 Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 177-183; R. S. Bagnall, Administration, 159-161. 162. 164f. 165-168; außerdem W. Huß, Untersuchungen, 210-213 (mit der Berichtigung, daß die Inschrift OGIS I 88 nicht aus Sestos, sondern aus Ilion stammt; vgl. etwa P. Frisch, Inschr. Ilion, S. 117); Ägypten, 433f.; schließlich Catharine C. Lorber, Ptolemaic Coinage I (im Druck) (Abdera); M. Arslan - Ayça Özen, AJN II 12, 2000, 61 (Lysimacheia [Zeit Ptolemaios’ III.!] [?]); 62 Nr. 1f. (eine thrakische Stadt unbekannten Namens); 62 Nr. 3f. (ebenfalls eine thrakische Stadt unbekannten Namens). 233 Vgl. IG XII 8, 156 A, Z. 2-4 ≈ SIG I3 502, Z. 2-4 ≈ P. M. Fraser, Inscr. Samothrace, S. 39f., A, Z. 2-4: [Ἱππομέδων] Ἀγησιλάου Λακεδαιμ̣[όνιος ὁ ταχθεὶς ὑπὸ τ]οῦ

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Ende des 3. Syrischen Kriegs234. Als strategós des Hellespontos und Thrakiens kümmerte sich Hippomedon auch um militärische Probleme der Insel Samothrake, die auf der peraía Landgebiet besaß235. Dies ist verständlich. Auf den ersten Blick weniger einleuchtend ist die Tatsache, daß sich der strategós auch gewisser finanzieller und ökonomischer Probleme der heiligen Insel annahm236. Doch ist zu bedenken, daß wir uns mit Hippomedon in einer Zeit befinden, in der auch den strategoí der Gaue des Mutterlands neue Kompetenzen zuwuchsen. In mehreren Orten dieser Provinz werden ptolemaiische Garnisonen gelegen sein. Bezeugt sind solche für Ainos237 und Maroneia238. Epinikos, der Standortkommandant von Maroneia, besaß Kompetenzen, die über seinen Standort hinausgingen239. Dies ist bemerkenswert. Epinikos – und vermutlich auch die anderen Standortkommandanten – war vom König selbst in sein Amt eingesetzt worden. Doch unterstanden die Standortkommandanten selbstverständlich dem strategós der Provinz.

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βασιλέως Πτολεμαίου στ̣ρατ̣[ηγὸς τοῦ Ἑλ]λησπόντου καὶ τῶν ἐπὶ Θράικης τόπων; Teletis reliquiae, 23, Z. 10f.: ὁ νῦν ἐπὶ Θρᾴκης καθεσταμένος ὑπὸ Πτολεμαίου. Vgl. außerdem SEG XXXIV 1256 (Priapos); dazu S. Șahin, EA 4, 1984, 5-7 u. T. 7. Da Teles die Rede Περὶ φυγῆς, in der Hippomedon als ὁ νῦν ἐπὶ Θρᾴκης καθεσταμένος ὑπὸ Πτολεμαίου bezeichnet wird, um das Jahr 240 gehalten zu haben scheint – vgl. W. Huß, Untersuchungen, 210238 –, hat der Spartaner sein Amt spätestens etwa im J. 240 angetreten. Vgl. auch H. Bengtson, Strategie III, 178f. – In P. Tebt. I 8, Z. 47. 54 (219/18 oder 202/1) wird ebenfalls ein Hippomedon erwähnt. Vgl. R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 169f. Handelt es sich um denselben Hippomedon? Natürlich legt sich dieser Gedanke nahe. Vgl. R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 179f.; E. Lanciers, ZPE 89, 1991, 71f. Doch sicher ist dies keineswegs. Es könnte hier beispielsweise auch von einem (sonst unbekannten) Sohn des στρατηγός die Rede sein. Nimmt man jedoch an, daß es sich um den στρατηγός selbst handelt, steht man vor der Schwierigkeit, daß die Briefempfänger, die sonst in diesem Papyrus erwähnt werden, sehr wahrscheinlich οἰκονόμοι – und nicht στρατηγοί – gewesen sind. Hippomedon wäre – soweit wir dies erkennen können – eine Ausnahme. Vgl. etwa R. S. Bagnall, Administration, 160. 164; Ph. Gauthier, Historia 28, 1979, 80-83. Vgl. H. Bengtson, Strategie III, 179-182; R. S. Bagnall, Administration, 164f. 165f. 167; Ph. Gauthier, Historia 28, 1979, 83-88. – R. S. Bagnall, Administration, 167, meint: „ … we do not know whether Hippomedon took his orders in these matters from the dioiketes or from the king.“ Ersteres halte ich für unwahrscheinlich. Vgl. Liv. XXXI 16,4: Kallimedes, praefectus Ptolomaei. Vgl. G. Bakalakis - R. L. Scranton, AJPh 60, 1939, 453, Z. 4-6: Epinikos, ὁ τεταγμένος ὑπὸ τοῦ βασιλέως Πτολεμαίου ἐπὶ Μαρωνείας; außerdem Liv. XXXI 16,4; dazu H. Bengtson, Strategie III, 182f.; R. S. Bagnall, Administration, 160. 162f. Vgl. etwa R. S. Bagnall, Administration, 163. 164.

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Aus einem bereits mehrfach zitierten Papyrus (219/18 oder 202/1) erfahren wir, daß die Gebiete von Lesbos und Thrakien240 in finanzieller Hinsicht gemeinsam von einem einzigen Funktionär verwaltet wurden. Zur Zeit der Abfassung der Notizen dieses Papyrus war dies ein gewisser Aphrodisios241. Wir dürfen in ihm wohl zu Recht einen oikonómos sehen242. War auch der in demselben Papyrus erwähnte Kallimedes243 – in der Zeit nach der Amtstätigkeit des Aphrodisios – ein oikonómos? Möglich ist es. Wenn er dies aber war, dann kaum ein oikonómos der Gebiete von Lesbos und Thrakien, sondern ein oikonómos einer kleineren, in diesem Raum liegenden regionalen oder lokalen Einheit oder einer anderen Provinz244. Die Städte der Thrakischen Chersonesos und Thrakiens verloren im 3. Syrischen Krieg in entscheidenden Fragen ihre autonomía – sofern sie in der vorhergehenden Zeit in diesen Fragen überhaupt eine autonomía besessen hatten. Sie verloren aber ihre autonomía nicht restlos245. Schon die zahlreichen Münzprägungen dieser Städte weisen auf diesen Tatbestand hin.

Ägäis246 Wahrscheinlich im J. 288 oder im J. 287 übernahm Ptolemaios I. von Demetrios Poliorketes das Protektorat über die nesiótai (Insel-Bewohner)247, die im Bereich der Ägäis einen nicht unbedeutenden Machtfaktor darstellten – schon aufgrund der strategischen Lage ihrer Eilande. Mit der (umfassenden) Vertretung seiner Interessen betraute der Protektor einen Funktionär, der den Titel nesiárches er___________________________

240 Vgl. P. Tebt. I 8, Z. 8f. = Chrest. Wilck. 2, Z. 8f. = R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 169, Z. 8f.: ἐν τοῖς κατὰ Λέσβον καὶ Θράικην τόποις. 241 Aphrodisios hat mit der Abrechnung der χρήματα, des σῖτος und der ἄλλοι φό(ροι) zu tun. Vgl. P. Tebt. I 8, Z. 6f. = Chrest. Wilck. 2, Z. 6f. = R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 169, Z. 6f.; dazu R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 172; Administration, 166f,; W. Huß, Untersuchungen, 229372. 242 Zurückhaltend urteilt in dieser Frage R. S. Bagnall, Administration, 166f. 225f. Anderer Meinung ist – wohl zu Unrecht – H. Bengtson, Strategie III, 181f., der in Aphrodisios einen στρατηγός sieht. 243 Vgl. P. Tebt. I 8, Z. 12 = Chrest. Wilck. 2, Z. 12 = R. S. Bagnall, JEA 61, 1975, 169, Z. 12. 244 Sollte dieser Kallimedes mit dem Standortkommandanten von Ainos identisch sein? Wenn ja, ist es denkbar, daß er die Ämter des οἰκονόμος und des praefectus Ptolomaei zu verschiedenen Zeiten bekleidet hat. Anderer Ansicht ist E. Lanciers, ZPE 89, 1991, 72, der es nicht für ausgeschlossen hält, daß Kallimedes der στρατηγός der nördlichen Ägäis-Region gewesen ist. 245 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 165. 246 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 80-88. 103-105. 123-158. 168f. 206. 208. 208f.; außerdem W. Huß, Untersuchungen, 213-238; Ägypten, 434-436. 247 Vgl. W. Huß, Ägpten, 211.

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hielt248. Der erste nesiárches, den wir kennen, dürfte der Kyzikener Apollodoros, der Sohn des Apollonios, gewesen sein249. Sein unmittelbarer oder mittelbarer Nachfolger war der Boioter Bakchon, der Sohn des Niketas250. Im folgte – direkt oder indirekt – der Halikarnasser Hermias, der Sohn des D[– – –]251. Möglicherweise bekleidete auch ein gewisser Thrasy[– – –] das Amt des nesiárches252. Alle diese Männer stammten nicht aus dem Raum der Insel-Griechen, waren offensichtlich demnach nicht von den Insel-Griechen, sondern vom König in dieses Amt berufen worden. Im übrigen scheinen sie nicht den naúarchoi, den kommandierenden Admiralen, unterstellt gewesen zu sein253. Sieht man von Samos254 und Methana/Arsinoë255 ab, unterhielt die königliche Flotte in der südlichen Ägäis – nach dem Verlust des Protektorats – nur noch auf Thera256 und eine Zeitlang auch in Koresia/Arsinoë (Keos)257 Stützpunkte258. Kommandanten Theras259 waren Apollodotos260, [– – –]aphil[os]261, Ladamos262, ___________________________

248 Zum νησιάρχης der Zeit Ptolemaios’ II. vgl. W. W. Tarn, JHS 31, 1911, 251-259; H. Bengtson, Strategie III, 183f.2; R. S. Bagnall, Administration, 156f. 216f. – Möglicherweise hatte der entsprechende Funktionär diesen Titel bereits in antigonidischer Zeit getragen. 249 Vgl. Ch. Michel, Recueil 534; dazu R. S. Bagnall, Administration, 137f. 150. 250 Vgl. IG XII 5,2, 1004, Z. 2 = OGIS II 773, Z. 2 (vgl. IG XII Suppl., S. 96): ein gewisser Zenon als ὁ καταλειφθεὶς ὑπὸ Βάκχωνος τοῦ νησιάρ[χου]; IG XII 7, 506, Z. 2f. = SIG I3 390, Z. 2f.: Βάκχων ὁ νη[σίαρχος]; IG XII 4,1, 135, Z. x (?) = OGIS I 43, Z. x = SEG XLIX 1106, Z. x (?): [Βάκχων Νικήτου ὁ νησίαρχος]; dazu R. S. Bagnall, Administration, bes. 136-138. 141; W. Huß, Untersuchungen, bes. 225. 251 Vgl. IG XI 4, 565, Z. 2. 5f.; dazu R. S. Bagnall, Administration, 138. 252 Vgl. IG XII Suppl. 169, Z. 2f.: Θ̣ρ̣ασ̣υ[– – – ὁ τεταγμένος ὑπὸ τοῦ βασιλ]έως Πτολεμαίου; dazu R. S. Bagnall, Administration, 146f.; W. Huß, Untersuchungen, 225. 253 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 156f. 254 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 80-88; W. Huß, Untersuchungen, 232f. – Darf man im Fall von Samos mit R. S. Bagnall, Administration, 88, zwischen einer „Ptolemaic naval base“ und einer „land force garrisoning the city” unterscheiden? 255 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 135f.; W. Huß, Ägypten, 276. 562. 579. 603f. 256 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 123-134; W. Huß, Untersuchungen, 236f. – Zu den Beziehungen der Garnison zum König und zur Stadt vgl. R. S. Bagnall, Administration, 127-130. 257 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 141-145; W. Huß, Untersuchungen, 226f. 258 Anders W. Huß, Untersuchungen, 227. 259 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 124-127; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 146-156; 124-145. – R. S. Bagnall, Administration, 134, ist der Ansicht, daß Thera „the headquarters of the Ptolemaic Aegean fleet after the reign of Philadelphos“ war. Und Samos? Samos sollte man m. E. nicht allein den ionischen und karischen Bereichen zurechnen. 260 Vgl. IG XII 3, 320, Z. 7 = OGIS I 44, Z. 7: ἐπιστάτ[αν]. 261 Vgl. IG XII 3 Suppl. 1291, Z. 4-6: ἀποσ[ταλὲς ὑ]πὸ τοῦ βασιλέως Πτολ[εμ]αίου [φρούραρ]χος.

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Apollonios263 und Aris[tip]pos264. Der einzige, uns namentlich bekannte Kommandant von Koresia/Arsinoë war der Syrakosier Hieron, der Sohn des Timokrates265. Das Amt des oikonómos ist aus der Zeit Ptolemaios’ VI. bezeugt266. Allerdings bestand zu dieser Zeit längst kein ptolemaiisches Protektorat über den „Bund der Insel-Bewohner“ mehr, so daß das Amtsgebiet des oikonómos zu dieser Zeit nur noch Kreta – besser gesagt: Itanos –, Thera und Methana/Arsinoë umfaßte. Doch wissen wir, daß bereits im 3. Jh. jeweils ein oikonómos die finanziellen Interessen des Königs im Bereich der „Insel-Bewohner“ vertreten hatte267. Wie der aus dem 2. Jh. bekannte oikonómos wird auch der oikonómos des 3. Jh. direkt dem dioiketés – nicht dem nesiárches – unterstellt gewesen sein268. Die Frage, zu welcher Zeit die ptolemaiische Regierung die Kontrolle über das koinón ton nesiotón („Bund der Insel-Bewohner“) verloren bzw. aufgegeben hat, ist in der Forschung umstritten269. Während manche Forscher dieses Ereignis in die Zeit nach der Seeschlacht von Ephesos (258) datieren 270 , sind andere der Meinung, daß das ptolemaiisch beherrschte koinón zumindest in den ersten Jahren der Regierungszeit Ptolemaios’ III. noch existiert hat – wenngleich die Be___________________________

262 Vgl. IG XII 3 Suppl. 1296, Z. 4f. 11f. = OGIS II 735, Z. 4f. 11f.: τῶν περὶ αὐλὴν δια[δόχων, ὁ τεταγμέ]νος ὑπὸ τῶν βασιλέω[ν ἐπὶ Θήρας (?)]; ἐξαποσταλεὶς ... ὑπὸ τῶν βασιλ[έων] καὶ ταγεὶς ἐπὶ ... τῆς πόλεως. 263 Vgl. IG XII 3, 327, Z. 1f. = OGIS I 59, Z. 1f. 264 Vgl. OGIS I 102, Z. 2f. ≈ E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 140, II, Z. 2f.: τῶν διαδόχων τοῦ [τετ]αγμένου ἐπὶ Θήρας. 265 Vgl. IG XII 5,2, 1061, Z. 2-4: τεταγμένος ὑπὸ τὸμ βασιλ̣[έα] Πτολεμαῖον ... κ̣αθεστηκὼς ἐπιστάτης ἐν Ἀρσινόηι. – Der ἐπιστάτης war nicht allein der Chef des Flottenstützpunkts, sondern auch das Auge des Königs auf Keos. Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 145. – Der Malier Philotheros, der Sohn des Antiphanes, [ὁ τετ]αγμένος ὑπὸ τὸν βασιλέα Πτολεμαῖον, war nicht Kommandant des Flottenstützpunkts von Koresia/Arsinoë. Vgl. IG XII 5,1, 533, Z. 1-3 ≈ IG XII 5,2, 1066, Z. 1-3; dazu etwa R. S. Bagnall, Administration, 143. – Welche Funktion der Akarnane Diokles, der Sohn des Damarchos, τεταγμένος πα[ρὰ] βασιλεῖ Πτολεμαίωι, auf Kos ausgeübt hat – vgl. SEG XLVIII 1092, Z. 3-5 –, vermag ich nicht zu sagen. Ch. Habicht, Chiron 37, 2007, 131, sieht in ihm einen Offizier. 266 Vgl. IG XII 3, 466 (II), Z. 9-15 (dazu IG XII 3 Suppl. 1390) = OGIS I 102, Z. 9-16; dazu etwa W. Huß, Ägypten, 579 (mit der früheren Literatur). Übrigens war dieser οἰκονόμος namens Eirenaios zugleich γραμματεύς (Sekretär) der an diesen Orten stationierten στρατιῶται und μάχιμοι. Vgl. dazu R. S. Bagnall, Administration, 136. 267 Vgl. IG XII Suppl. 169, Z. 4: Thrasykles, der Sohn des Hipp̣ạ[– ̣ – –], als οἰκονόμος (im Akkusativ) τῶν νήσων; außerdem IG XI 4, 1043; dazu R. S. Bagnall, Administration, 139. 146f.; W. Huß, Untersuchungen, 225. 268 Ein weiterer ptolemaiischer Beamter könnte ein gewisser Kleinias gewesen sein. Vgl. Callim. epigr. 5 (Pfeiffer) = 14 (Gow - Page) (Koresia/Arsinoë [?]); dazu R. S. Bagnall, Administration, 142f. (mit der früheren Literatur). 269 Vgl. W. Huß, Ägypten, 434f. (mit der früheren Literatur). 270 Vgl. etwa R. S. Bagnall, Administration, 138f.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

zeichnung koinón ton nesiotón bisher in den Regierungszeiten Ptolemaios’ III. und Ptolemaios’ IV. nicht aufgetaucht ist271. Die Interessen des Bundes – und des hinter dem Bund stehenden Königs – vertraten die sýnedroi (Ratsmitglieder) der Städte des Bundes. Sie trafen sich zu ihren sýnodoi (Versammlungen) gewöhnlich in dem „neutralen“ Kultort Delos272. Zum ersten Mal werden sie im sog. Nikuria-Dogma (280/79 [?]) erwähnt273. Bei der in diesem dógma angesprochenen Versammlung beschlossen sie, dem König einen goldenen stéphanos („Kranz“) zu überreichen 274 , für dessen Kosten die einzelnen Städte aufkommen sollten – und zwar „entsprechend dem Beitrag“275, den die Städte zu entrichten hatten. Die Insel-Bewohner zahlten demnach in diesem Fall – und wohl auch in anderen Fällen – eine (verschleierte) Abgabe an den König. Von direkten Steuern, die der König dem Bund der Insel-Bewohner auferlegt hätte, erfahren wir jedoch nichts. Und wir erfahren auch aus diesem Dokument und aus anderen Dokumenten nichts von einem ptolemaiischen Beamten, der vom Bund Steuern eingetrieben hätte. Im übrigen gerierten sich die Städte des Bundes wie freie, unabhängige Städte, die in unkontrollierten diplomatischen Beziehungen zu anderen Städten und Staaten standen276. Das Beispiel Thera dürfte dies beweisen277. In dieses Bild fügt sich der charakteristische Zug ein, der besagt, daß es in den Städten des Bundes nach wie vor das Amt des städtischen strategós gegeben hat278. ___________________________

271 R. S. Bagnall, Administration, 154, ist der Ansicht, daß man hinsichtlich der ersten Regierungsphase Ptolemaios’ II. von „a true hegemony involving a protectorate over Delos“ sprechen kann. 272 Vgl. etwa W. Huß, Untersuchungen, 213-220; Ägypten, 434f. – Die Skepsis, die R. S. Bagnall, Administration, 13979, gegenüber dem Wahrheitsgehalt von OGIS I 54, Z. 5-8 äußert – παραλαβὼν [sc. Ptolemaios III.] παρὰ τοῦ πατρὸς τὴν βασιλείαν Αἰγύπτου ... καὶ τῶν Κυκλάδων νήσων –, geht m. E. zu weit. Was Ptolemaios III. in dieser „Prunkinschrift“ hinsichtlich der im „Westen“ eroberten Gebiete behauptet, trifft – im Kern – das Richtige. 273 Vgl. IG XII 7, 506, Z. 1. 4. 10. 47. 54 = SIG I3 390, Z. 1. 4. 10. 47. 54; dazu W. Huß, Ägypten, 320. 274 Vgl. IG XII 7, 506, Z. 44f. = SIG I3 390, Z. 44f.: χρυ[σῶι] στεφάνωι ἀριστεί[ωι ἀπὸ] στα[τήρ]ωγ χ[ι]λίων. 275 IG XII 7, 506, Z. 60 = SIG I3 390, Z. 60: [κατὰ τὸ ἐπ]ιβάλλον αὐτῆι [sc. ἑκάστηι τῆι πόλει]. 276 Zu Einschränkungen der städtischen Freiheiten vgl. IG XII 5,2, 1065 (Karthaia auf Keos, 3. Jh.); dazu R. S. Bagnall, Administration, 144. 277 Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 131f. 278 Vgl. IG XII 3 Suppl. 1291, Z. 4-6: [– – –]άφιλ[ος] Φιλοστράτου Ῥαύκιο[ς] ἀποσ[ταλὲς ὑ]πὸ τοῦ βασιλέως Πτολ[εμ]αίου [φρούραρ]χος καὶ στραταγὸς τᾶ[ς πό]λιος (Thera, 3. Jh.); dazu E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 146-150; 128-130. Zwar war dieser Mann nicht nur städtischer στραταγός, sondern auch königlicher φρούραρχος (und zudem „Ausländer“). Doch widersprechen sich beide Fakten nicht. – Die Erwähnung eines στρατή̣γ[ιον] in SEG XIV 543, Z. 3 (Karthaia

Die Provinzen und die Einflußgebiete

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Kreta279 Kreta war nie eine Provinz des ptolemaiischen Reichs. Daher gab es auch nie einen strategós Kretas280. Doch knüpften die ptolemaiischen Könige – von Ptolemaios II.281 bis Ptolemaios VI. – Kontakte zu fast allen Städten und Völkerschaften Kretas. Sie verbanden mit diesen Kontakten verschiedene Ziele – vor allem das Ziel, Zugang zum kretischen Söldnermarkt zu gewinnen. Berücksichtigt man die häufigen innerkretischen Auseinandersetzungen und die vielfachen internationalen Interessen an der Gewinnung von Einfluß auf kretische Verhältnisse, nimmt es nicht wunder, daß die ptolemaiischen Könige nicht selten in diplomatische und militärische Aktionen, die mit kretischen Problemen zu tun hatten, hineingezogen wurden – wenn sie nicht solche Aktionen von sich aus initiierten. Doch errichteten sie in kretischen Städten keine Garnisonen – jedenfalls nicht auf Dauer. Von einer direkten Kontrolle der inneren Verhältnisse kretischer Städte durch die ptolemaiische Regierung kann also keine Rede sein282 – setzt man voraus, daß eine direkte Kontrolle von einer militärischen Besatzung abhängig war. Eine Ausnahme bildete Itanos, die kretische Stadt, die Alexandreia am nächsten lag. Vielleicht legte schon Patroklos, der Großadmiral der Zeit des Chremonideiischen Kriegs, eine Garnison in die Stadt283. In der Zeit Ptolemaios’ IV. war der Römer Lucius, der Sohn des Caius, ptolemaiischer phrúrarchos von Itanos284, in der Zeit Ptolemaios’ V. (?) der Epidamnier Philotas, der Sohn des

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auf Keos, 3. Jh.) scheint auf das Amtslokal städtischer στρατηγοί hinzuweisen. Vgl. auch R. S. Bagnall, Administration, 144f. Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 117-123; außerdem H. Bengtson, Strategie III, 184f.; W. Huß, Untersuchungen, 132-162; Ägypten, 275. 297-300. 360-362. 436443. 520. 578-580. Vgl. etwa E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 148f. Möglicherweise hat bereits Ptolemaios I. zu kretischen Städten Kontakte aufgenommen. Doch sind solche Kontakte nicht bezeugt. R. S. Bagnall, Administration, 119f., hält Rhithymna/Arsinoë für eine Ausnahme: „Of all these cities, only Arsinoe-Rithymna appears to have been certainly under Ptolemaic control at any time“ (120). Vgl. R. S. Bagnall, Administration, 120f.; W. Huß, Ägypten, 298. 439. Vgl. IC III, IV 18, Z. 4: Λεύκιος Γαΐου Ῥωμαῖος φρουράρχων; dazu W. Huß, Untersuchungen, 147f.

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Erstes Kapitel: Die Funktionäre

Genthios285. Und in der Zeit Ptolemaios’ VI. entsandte die Regierung Truppen in die Stadt286. Im übrigen war zur Zeit Ptolemaios’ VI. der Alexandreier Eirenaios, der Sohn des Nikias, oikonómos nicht nur von Thera und Methana/Arsinoë, sondern auch von Kreta, d. h. von Itanos287. Es stellt sich allerdings die – kaum definitiv zu beantwortende – Frage, welche fiskalischen Interessen der oikonómos in Itanos (und auf Thera und in Methana/Arsinoë) zu vertreten hatte288. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß wir über die politischen Beziehungen zwischen Alexandreia und Kreta weit mehr wissen als über die verwaltungstechnischen Regelungen. Dies ist aber kein Wunder, da derartige verwaltungstechnische Regelungen weithin nicht existiert haben.

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285 Vgl. IC III, IV 14, Z. 1-7 = OGIS I 119, Z. 1-7: Φιλώτας Γενθίου Ἐπιδάμνιος τῶν πρώτων φίλων καὶ χιλίαρχος καὶ φρούραρχος; dazu L. Mooren, Aulic Titulature, 200f. Nr. 0367. 201 Nr. 0368; R. S. Bagnall, Administration, 122; W. Huß, Untersuchungen, 14889; außerdem J. Bingen, CE 56, 1981, 134f. (zu SEG XXXI 1521, Z. 8-10). 286 Vgl. IC III, IV 9, Z. 41. 43. 107 = Inschr. Magnesia 105, Z. 13. 15. 79 = SIG II3 685, Z. 41. 43. 107; dazu W. Huß, Untersuchungen, 160; Sylvia Kreuter, Außenbeziehungen, 33f.; W. Huß, Ägypten, 579. 287 Vgl. IG XII 3, 466 (II), Z. 9-16 (vgl. IG XII 3 Suppl. 1390) = OGIS I 102, Z. 9-16; dazu R. S. Bagnall, Administration, bes. 130f.; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 139-144. – Neben dem Amt des οἰκονόμος versah Eirenaios das Amt des γραμμα[τεὺ]ς τῶν κατὰ Κρήτην καὶ Θήραν [κ]αὶ Ἀρσινόην τὴν ἐν Π̣[ε]λοπονήσωι στρατιω[τ]ῶν καὶ μαχίμων (Z. 11-14). 288 Vgl. auch R. S. Bagnall, Administration, 123.

Die technischen Voraussetzungen

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ZWEITES KAP ITEL: DIE VERWALTUNGSMAßNAHMEN Jede Verwaltung bedarf der Kommunikation. Da es im Rahmen des staatlichen Gebildes Ägypten nicht möglich – und im übrigen auch nicht wünschenswert – war, sich auf die Nutzung mündlicher Kommunikationswege zu beschränken, war die Regierung gezwungen, sich nach weiteren Möglichkeiten umzusehen. Diese Möglichkeiten bot vor allem der postalische Verkehr.

Die technischen Voraussetzungen1 Der locus classicus, der uns über den staatlichen Postverkehr informiert, ist ein Hibe-Papyrus2, der aus der Mitte des 3. Jh. stammt3. Es handelt sich bei diesem Papyrus um einen Teil eines amtlichen Postregisters, in dem minutiös – Tag für Tag und Stunde für Stunde4 – die Ein- und Ausgänge verzeichnet sind. Genauer: 1. der Tag; 2. die Stunde bzw. die Tageszeit; 3. der zustellende Briefbote; 4. der Postbeamte; 5. die Anzahl der Briefsendungen5; 6. (gelegentlich) der Absender; 7. der Empfänger bzw. die Empfänger; 8. der weiterleitende Briefbote. Die Kommentatoren der Edition sagen zu Recht: „The day-book in the registered letter department of a modern post-office can hardly be more methodical and precise.“6 ___________________________

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Vgl. F. Preisigke, Klio 7, 1907, 241-277; U. Wilcken, Grundzüge, 372f.; E. J. Holmberg, Cursus publicus, 23-32; E. Kornemann, RE XXII 1, 1953, 988-1014, hier 990-995, s. v. Postwesen; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 96-102; S. R. Llewelyn, ZPE 99, 1993, 41-56 (mit teilweise berechtigter Kritik an der Arbeit von Preisigke und mit weiterer Literatur); Sofie Remijsen, Historia 56, 2007, 130-135. 138f. 139f. Vgl. P. Hib. I 110, Z. 51-114 ≈ Chrest. Wilck. 435. Vgl. P. Hib. I 110, Z. 87: εἰς τὸν Ἀρσινοΐτην. Wenn die Umbenennung der Λίμνη in den Ἀρσινοΐτης vor dem 25. April 256 erfolgt ist – vgl. PSI V 509, Z. 5. 7 –, ist der Papyrus spätestens im Frühjahr 256 geschrieben worden. Vgl. außerdem F. Uebel, Kleruchen, 394. Zur Berechnung der Stunden vgl. Sontheimer, RE IV A 2, 1932, 2011-2023, bes. 2017f., s. v. Tageszeiten; Sofie Remijsen, Historia 56, 2007, 127-140. U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 513, sieht in den in diesem Papyrus häufig erwähnten κυλιστοί „nicht Briefe ..., sondern Akten von größerem Umfang, die daher gerollt wurden.“ B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 286.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Wo aber befand sich dieses Postamt? In Phebichis7? Kaum. Handelte es sich um Phebichis, hätten manche Sendungen ihren Bestimmungsort nur über einen Umweg erreichen können. Wenn nämlich der König einem sicherlich nicht unbedeutenden (militärischen?) Funktionär namens Antiochos („von unten“8) mehrere Briefe „in den Herakleopolites“ 9 schickte, dann befand sich dieser Funktionär vermutlich gewöhnlich in Herakleopolis, d. h. mehr als 30 km nördlich von Phebichis. Und wenn eine andere, mehrere Briefe umfassende Sendung des Königs an den oikonómos Dionysios (ebenfalls „von unten“) „in den Arsinoïtes“10 gehen sollte, dann war Phebichis sicher nicht der geographisch nächste Zugangsort in dieses Gebiet. Daher empfiehlt es sich, das Postamt im Memphites zu suchen11. Doch wie auch immer – das Postamt muß sich in einem zentralen Ort befunden haben, in dem die Postsendungen „von unten“12 und „von oben“13 eintrafen und von dem aus sie dann weitergeleitet wurden. In einem Zeitraum von neun Tagen14 erscheint als Absender der Briefe an zwei Stellen der König und ebenfalls an zwei Stellen der Aufseher über die Elefantenherde von Thạ[…]ssos und als Empfänger der Briefe der König (siebenmal)15, der dioiketés Apollonios (sechsmal), der Kreter Antiochos (zweimal oder dreimal)16, außerdem ein gewisser Menodoros, ein gewisser Chel[– – –]17, ein gewisser Demetrios, der für die Pflege der Elefanten zuständig war 18 , die in der Thebaïs gehalten wurden, ein gewisser Hippoteles, der Vertrauensmann (?) des Antiochos in Apollonopolis magna, ein gewisser Theygenes, der für Geldtransporte zuständig war (zweimal), ein gewisser Herakleodoros, der in der Thebaïs eine uns unbekannte Funktion ausübte, ein gewisser Zoïlos, der Chef der Staatsbank des hermupolitischen Gaus, ein gewisser Dionysios, der oikonómos des arsinoïtischen Gaus, ein gewisser Hermippos, der in einer nicht näher bezeichneten Gruppe von Männern eine leitende Funktion ausübte (?)19, ein gewisser P ̣[– – –], der für Geldtransporte zuständig war, und ein gewisser Paṛịḳ[– – –], ___________________________

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Vgl. P. Hib. I 110, Z. 36; dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 287. Anders F. Preisigke, Klio 7, 1907, 254-257: ein Ort in der Πολέμωνος μερίς. P. Hib. I 110, Z. 76: κάτοθεν. P. Hib. I 110, Z. 77f.: εἰς Ἡρακλεοπολίτην. P. Hib. I 110, Z. 87: εἰς τὸν Ἀρσινοΐτη[ν]. Vgl. auch F. Uebel, Kleruchen, 381. P. Hib. I 110, Z. 76. 98: κάτοθεν. P. Hib. I 110, Z. 54 (?). 66. 107: ἄνοθεν. Wir wissen nicht, ob der Tag der Zeilen 51-53 dem Tag der Zeilen 54-60 (unmittelbar) vorausgegen oder dem Tag der Zeilen 109-114 (unmittelbar) gefolgt ist. Zum Inhalt der an den König gerichteten Schreiben vgl. F. Preisigke, Klio 7, 1907, 257-259. F. Preisigke, Klio 7, 1907, 260f., vermutet, daß Antiochos στρατηγός gewesen ist. F. Preisigke, BL I, S. 195, findet in Z. 59 neben Chel[– – –] einen weiteren Adressaten. Er liest statt [.]αι ἐν ἄλλω̣ι: [κ]αὶ Ἐνάλ[λ]ω̣ι. Anders F. Preisigke, Klio 7, 1907, 261. P. Hib. I 110, Z. 94f.: τ̣ῶι ἀπ̣[ὸ τοῦ] πληρώματος.

Die technischen Voraussetzungen

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dessen Funktion uns unbekannt ist. Wie man sieht: lauter Männer, die im staatlichen Dienst tätig waren! Die Post war eine Staatspost. An einer Stelle gewinnt man jedoch den Eindruck, daß sich (in Ausnahmefällen?) auch Privatpersonen der Dienste der Staatspost bedienen konnten – allerdings gegen die Zahlung einer Gebühr20! In der Poststelle arbeiteten – meist zu verschiedenen Zeiten – fünf Männer: Alexandros, Aminon, Phanias, Dinias und Horos. Offensichtlich lauter Griechen! Es hat den Anschein, als sei Phanias der Chef der Behörde gewesen und als habe er das Amtstagebuch geführt21. Die Postsendungen scheinen von berittenen Postboten expediert worden zu sein22; denn an zwei Stellen sind zwei Brüder namens Phoinix erwähnt, die ihre Sendung dem jeweiligen diensthabenden Beamten übergeben und die jeweils als „Hundert-Arurai-Mann“ (hekatontáruros) bezeichnet werden – „Hundert-AruraiMänner“ waren aber zu dieser Zeit meist klerúchoi, die zur Kavallerie gehörten23. Waren auch die anderen Postboten klerúchoi der Kavallerie24? Ich halte dies für möglich25. Ein Oxyrhynchos-Papyrus26, der etwa 140 Jahre jünger ist als der Hibe-Papyrus, bringt weitere Auskünfte, und zwar Auskünfte, die sich auf den staatlichen Postverkehr innerhalb des Oxyrhynchites beziehen27. Danach gab es zum Zeit___________________________

20 Vgl. P. Hib. I 110, Z. 63: … καὶ τὸ ἄξιον; dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 293. Eine genauere Erklärung schlägt U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 513, vor: „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß diese Kleruchen [d. h. Phoinix der Ältere und Phoinix der Jüngere], die die Pferde für die Schnellpost zu stellen hatten, ihre eigenen Briefschaften – zum mindesten ihre amtlichen Korrespondenzen – mit dieser königlichen Schnellpost befördern durften.“ Anders urteilt F. Preisigke, Klio 7, 1907, 246f.: „… Bezahlung an Φανίας für Ausübung der Postdienstgeschäfte“ (247). 21 Vgl. F. Preisigke, Klio 7, 1907, 247; E. Kornemann, RE XXII 1, 1953, 988-1014, hier 992, s. v. Postwesen. Anders F. Uebel, Kleruchen, 392; anders anscheinend auch S. R. Llewelyn, ZPE 99, 1993, 44. 22 Anders S. R. Llewelyn, ZPE 99, 1993, 47-49. 23 Vgl. etwa F. Uebel, Kleruchen, 25. 24 Vgl. dazu F. Uebel, Kleruchen, 393. 25 Vgl. auch E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 97. 97f.15. 26 Vgl. P. Oxy. IV 710 = Chrest. Wilck. 436 (111); dazu F. Preisigke, Klio 7, 1907, 272277; E. Kornemann, RE XXII 1, 1953, 988-1014, hier 992-995, s. v. Postwesen; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 96f. 100-102; S. R. Llewelyn, ZPE 99, 1993, 54-56. – Aus der in diesem Schriftstück erwähnten (bruchstückhaft erhaltenen) Auszahlungsanordnung ist vielleicht zu ersehen, daß der ὡρογράφος und der ἔφοδος jeweils ein monatliches Gehalt (20. September - 19. Oktober 111) von 1 Tálanton erhalten haben. 27 Für die anderen Gaue werden ähnliche Verhältnisse anzunehmen sein. Zum βυβλιαφόρος vgl. P. Hib. I 146, Z. 11 = SB XIV 11308, Z. 11 (22. Dezember 251, Ankyronpolis, Herakleopolites); P. Hal. 7, Z. 6f. (4. Dezember 232, Apollonopolites); 8 Verso, 3. Hand, Z. 4 (29. Januar 231, Apollonopolites [?]) (?); P. dem. Berl. 15692, Z. 3 = P. Ehevertr. 32, Z. 3 (180/76) (fj šc.t n p3 mktl [n] Pr-ḥ.t-[ḥr] = „der Briefträger

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

punkt der Abfassung dieses Schriftstücks im Oxyrhynchites 47 Postbeamte: 44 Briefträger (bybliophóroi), 1 Stationsvorsteher (horográphos), „der … im Tagebuche die Stunden des Durchganges der Posten aufzeichnet“28, 1 Sicherheitspolizisten (éphodos)29 und 1 Kamelreiter (kamelítes)30. Dieser Postdienst, der innerhalb der Gaue abgewickelt wurde, unterschied sich m. E. von dem Postdienst, innerhalb dessen die Sendungen vom Norden in den Süden und vom Süden in den Norden des Landes befördert wurden. Und es scheint nicht abwegig zu sein, letzteren Postdienst als „Expressdienst“ zu bezeichnen, wenngleich nicht zu leugnen ist, daß auch der Postdienst der Gaue – gelegentlich oder auf manchen Strecken? – mit Pferden und außerdem nicht nur bei Tag, sondern auch bei Nacht abgewickelt wurde31. War dieser „Expressdienst“ ein Erbe der persischen Zeit? Ich halte dies nicht für unmöglich32, bin jedoch der Meinung, daß nicht alle Einzelheiten der persischen Staatspost in der neuen Zeit übernommen wurden33.

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der Festung von Pathyris“); außerdem BGU VI 1232, Z. 1f. 12f. (111/10, Oxyrhynchites): ein γραμματεὺς βυβλιαφόρων. Zum ὡρογράφος vgl. P. Stras. VII 621 b verso (232/31 [?], Apollonopolites). Zum ἔφδος vgl. P. Stras. VII 621 a verso (232/31 [?], Apollonopolites). F. Preisigke, Klio 7, 1907, 272. Vgl. F. Preisigke, Klio 7, 1907, 272f., der jedoch von der Möglichkeit spricht, daß der ἔφοδος den καμηλίτης begleitet hat; U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 515. Anders E. Kornemann, RE XXII 1, 1953, 988-1014, hier 992, s. v. Postwesen: „nicht Polizist zum Schutz des Betriebes, sondern ein Kontrollbeamter“; anders auch S. R. Llewelyn, ZPE 99, 1993, 54f.: „probably a control official“; anders schließlich R. Bogaert, AncSoc 31, 2001, 196: „1 policier chargé de la sécurité du bureau“. Vgl. im übrigen W. Claryssse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 174f. Der mn gmwr bzw. gmwl von P. dem. Siut 10591, Recto, Col. I, Z. 24; Col. III, Z. 8; Col. V, Z. 1. 25 scheint kein καμηλίτης im Gau-Postdienst gewesen zu sein. Vgl. auch W. Erichsen, Glossar, 160. 581 („Kamelhirt“); E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 977. 101. Vgl. E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 100; R. S. Llewelyn, ZPE 99, 1993, 55. 56 (mit den entsprechenden Belegen). – In P. Hib. I 146, Z. 11 = SB XIV 11308, Z. 11 (22. Dezember 251) ist von einem Kavalleristen die Rede, dessen Tätigkeit mit βυβλιαφορεῖν umschrieben wird. Und in P. Tebt. III 2, 951, Z. 1f. (Zeit Ptolemaios’ III. [?]) ist ein βυβλιαφόρος erwähnt, der zugleich δεκανικός, demnach Kavallerist, gewesen ist. Vgl. F. Preisigke, Klio 7, 1907, 26-29; U. Wilcken, Grundzüge, 372f.; E. Kornemann, RE XXII 1, 1953, 988-1014, hier 992-995, s. v. Postwesen. Vgl. dazu S. R. Llewelyn, ZPE 99, 1993, 45f.

Die technischen Voraussetzungen

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Die Feuer-Telegraphie, die im achaimenidischen Reich eine nicht unbeträchtliche Bedeutung erlangt hatte, spielte auch im ptolemaiischen Ägypten eine gewisse Rolle34. An mehreren Stellen ist ein „auf einer Anhöhe stationierter Feuer-SignalGeber“ (pyrsurós) erwähnt35. Vermutlich wurden entsprechende Feuer-Signale in militärischen Krisenzeiten gesendet und empfangen – aber wahrscheinlich nicht nur in solchen Zeiten36.

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34 Vgl. E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 98-100. 102. 35 Vgl. SB VI 9302, Z. 1 (3. Jh., Apollonopolis magna); CPR XIII 5, Z. 72 (3. Jh. [?], Trikomia, Arsinoïtes); P. Gur. 22, Z. 1 (3. Jh. [?], Philadelpheia [?], Arsinoïtes). – Das demotische Äquivalent von πυρσουρός ist unbekannt. Vgl. E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 102. 36 Die Karthager haben die Technik der Feuer-Telegraphie aus dem hellenistischen Bereich – insbesonderen aus Ägypten? – übernommen. So hat Hannibal entsprechende Installationen in Afrika und in Spanien errichten lassen. Vgl. etwa W. Huß, Geschichte der Karthager, 47715a; V. Aschoff, Geschichte, 33-35.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Satzungen und die Anordnungen1 Die zentralen Normen, nach denen sich nicht nur die Rechtsprechung2, sondern auch die Verwaltung zu richten hatte, standen in den königlichen diagrámmata („Satzungen“)3. In ihnen waren sehr unterschiedliche Bereiche des wirtschaftlichen, sozialen, verfassungsrechtlichen und gerichtlichen Sektors unter juristischen und verwaltungstechnischen Gesichtspunkten geregelt 4 . Die wichtigsten dieser diagrámmata scheinen auf die Zeit Ptolemaios’ II. zurückzugehen. „Unter ihnen gebührt der erste Platz der … großen Gerichts- und Verfahrensordnung, deren zentrale Rolle … sich darin kundtut, daß sie oft gemeint ist, wenn in den einschlägigen Quellen kurzerhand von to diágramma ohne nähere Kennzeichnung die Rede ist.“5 Manchmal näherte sich der Begriff diágramma dem Begriff nómos („Gesetz“) an, ja wurde sogar mit ihm gleichgesetzt6. Zu den diagrámmata traten die prostágmata („Anordnungen“), in denen der König jeweils auf bestimmte Situationen Bezug nahm7. Sie wurden vielfach mit ___________________________

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Vgl. etwa B.-J. Müller, Ptolemaeus II. Philadelphus, 8-18; Marie-Thérèse Lenger, C. Ord. Ptol., S. XVII-XXIV; außerdem M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 365-367. 369-376. 2 Vgl. insbesondere P. Gur. 2, Z. 42-45 = CPJ I 19, Z. 42-45: ὅσα μὲν ἐν τοῖς βασιλέως Πτολεμαίου διαγράμμασιν ..., κατὰ τὰ διαγράμματα, ὅσα τε μὴ ἔστιν ἐν τοῖς διαγράμμασιν ἀλλ’ ἐν τοῖς πολιτικοῖς νόμοις, κατὰ τοὺς νόμους, τὰ δ’ ἄλλα γνώμηι τῆι δικαιοτάτηι (226/25); dazu H. J. Wolff, ZRG 70, 1953, 38-44; J. Modrzejewski, in: Essays C. B. Welles, 128-132; G. Flore, in: Scritti S. Pugliatti V, 282-289 (zur γνώμη δικαιοτάτη); H. J. Wolff, Vorlesungen, 31; Recht I, 364. 55-58. 84 (mit weiterer Literatur). Anders – was die Interpretation der πολιτικοὶ νόμοι angeht – beispielsweise V. A. Tcherikover - A. Fuks, CPJ I, S. 3385. 3 Zur Liste der διαγράμματα vgl. Marie-Thérèse Lenger, CE 19, 1944, 137-141; J. Modrzejewski, in: Mélanges W. Seston, 37542; Marie-Thérèse Lenger, C. Ord. Ptol., XXI2. – Zur Bedeutung des Begriffs διάγραμμα in makedonischer und ptolemaiischer Zeit vgl. V. Ehrenberg, jetzt in: Polis und Imperium, 524-539; E. Bikerman, RPh 12, 1938, 295-312; C. B. Welles, AJA 42, 1938, 245-260; Marie-Thérèse Lenger, CE 19, 1944, 113-115; E. Seidl, Ptolemäische Rechtsgeschichte, 14f.; H. J. Wolff, Justizwesen, bes. 22-28; J. Modrzejewski, in: Mélanges W. Seston, bes. 366-370; G. Flore, in: Scritti S. Pugliatti V, 255-282; Marie-Thérèse Lenger, C. Ord. Ptol., S. XX f.; A. Laronde, Cyrène, 81-91; M. B. Hatzopoulos, Macedonian Institutions I, 396-424; H. J. Wolff, Vorlesungen, 30f.; Recht I, 51-54; Alice Bencivenni, Progetti, 18-32. 115-129. Eine Übersicht über die früheren Forschungsmeinungen bietet G. Flore, in: Scritti S. Pugliatti V, 257-263. 4 Vgl. G. Flore, in: Scritti S. Pugliatti V, 263-271. 5 H. J. Wolff, Recht I, 51. Vgl. auch J. Modrzejewski, in: Mélanges W. Seston, 374f. (Wolff, 5164, datiert τὸ διάγραμμα in die Zeit vor 271.) 6 Vgl. C. B. Welles, AJA 42, 1938, 255-260; J. Modrzejewski, in: Mélanges W. Seston, 366f.; G. Flore, in: Scritti S. Pugliatti V, 281f. 7 Zur Liste der προστάγματα vgl. Marie-Thérèse Lenger, CE 19, 1944, 116-136; J. Modrzejewski, JJP 5, 1951, 188-196 (unter Berücksichtigung auch der römischen und

Die Satzungen und die Anordnungen

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der schmucklosen Genetivus-absolutus-Formel basiléos prostáxantos („auf Anordnung des Königs“) eingeleitet und mit dem Datum abgeschlossen8. Kein Gruß, keine Höflichkeitsfloskel! „C’est un ordre pur et simple.“ 9 Vermutlich wurden diese prostágmata im amtlichen Tagebuch des „Chefs der Abteilung Anordnungen“ gesammelt10. Natürlich gab es – abgesehen von den diagrámmata – auch andere Formen königlicher Willenskundgebungen, beispielsweise den „Brief“ (epistolé) und den „Rundbrief“ (entolé). Diese Formen unterschieden sich jedoch von den „Anordnungen“ (prostágmata) dadurch, daß sie sich nicht an die Allgemeinheit, sondern an bestimmte Personen bzw. an bestimmte Kreise wandten11. Außerdem ist in diesem Zusammenhang noch zu erwähnen, daß als diorthómata („Berichtigungen“) die Aktualisierungen bereits bestehender königlicher Willenskundgebungen bezeichnet wurden und als prográmmata („Anschläge“) alle Verordnungen, die der Öffentlichkeit auf dem Weg eines Aushangs zur Kenntnis gebracht wurden12. Erfüllten die gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Maßnahmen der ptolemaiischen Könige ihren Zweck? Man mag daran zweifeln 13. Doch sollte man bei der Antwort auf die gestellte Frage nicht von der Idealvorstellung eines breiten Konsenses zwischen dem Gesetzgeber und der Masse der Bevölkerung ausgehen. Die Zeiten waren nicht danach. ___________________________

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der byzantinischen Zeit, außerdem mit den Exzerpten und den Anspielungen von προστάγματα); Marie-Thérèse Lenger, C. Ord. Ptol.; außerdem Claire Préaux, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 208; Marie-Thérèse Lenger, in: Mélanges G. Daux, 213-218; CE 56, 1981, 311-313 (zu den verschiedenartigen προστάγματα im Zenon-Archiv); R. Scholl, Corpus, variis locis; H. J. Wolff, Recht I, 5482; Cs. A. La’da, CPR XXVIII, S. 198-217 (zu CPR XXVIII 14). – Zum Begriff πρόσταγμα vgl. Marie-Thérèse Lenger, CE 19, 1944, 111-113; J. Modrzejewski, JJP 5, 1951, 196-200; E. J. Bikerman, RIDA 2, 1953, 259-267; J. Modrzejewski, in: Mélanges W. Seston, bes. 370-372; Marie-Thérèse Lenger, C. Ord. Ptol., S. XVII-XXIV. – In hieroglyphischen Texten wurde πρόσταγμα mit wd/wdt wiedergegeben. Vgl. Ch. Thiers, Stèle, Z. 15. 19. 23. 24. 26; dazu Ch. Thiers, Stèle, 28. 31f. 37. 48. – Zu den προστάγματα von Göttern und Göttinnen vgl. Marie-Thérèse Lenger, in: Proceedings of the Twelfth International Congress of Papyrology, 255-261. Vgl. auch SEG LIV 1723, Z. 3. – Zu den προστάγματα von höheren Funktionären an niederere Funktionäre vgl. J. Modrzejewski, JJP 5, 1951, 199f.; Marie-Thérèse Lenger, CE 42, 1967, 145-155. Zu den in Briefform abgefaßten προστάγματα vgl. etwa B.-J. Müller, Ptolemaeus II. Philadelphus, 16f.; M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 365-367. E. J. Bickerman, RIDA 2, 1953, 259. Vgl. E. J. Bickerman, RIDA 2, 1953, 262f. Vgl. etwa E. J. Bickerman, RIDA 2, 1953, 262-267. Vgl. Marie-Thérèse Lenger, CE 19, 1944, 141-143 (zu den προγράμματα); außerdem C. Ord. Ptol., S. XXI. Vgl. Claire Préaux, in: Atti del IV Congresso Internazionale di Papirologia, 183-193.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Steuern1 Der Sprachgebrauch Weder die Verwaltungsbeamten noch die einfachen Bewohner des Landes bedienten sich eines klar abgegrenzten Begriffs, wenn sie über „Steuern“ sprachen. Sie verwendeten, sofern sie sich der griechischen Sprache bedienten, die Begriffe télos (etwa „Steuer“), phóros (etwa „Abgabe“)2, oné (etwa „Preis“) und sýntaxis (etwa „Beitrag“) – und meinten doch damit stets das, was wir meist als „Steuer“ bezeichnen. Dies verwundert uns dann nicht mehr so sehr, wenn wir bedenken, daß selbst die im „internationalen“ Verkehr zentralen Begriffe phóros und sýntaxis – in vorhellenistischer und in hellenistischer Zeit – nicht klar geschieden waren3. Nicht viel anders verhielten sich die Bewohner des Landes, die sich der ägyptischen Sprache bedienten. Sie sprachen von ḥd („Silber“, „Geld“), dnj („Teil“) und swn („Preis“)4 – und meinten auch damit das, was wir gewöhnlich unter „Steuer“ verstehen. Der Sprachgebrauch der damaligen Zeitgenossen hilft uns demnach nicht weiter, wenn wir klare begriffliche Scheidungen suchen5.

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Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 130-663 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 284-339. 340-363; U. Wilcken, Grundzüge, 169-173; W. Schwahn, RE V A 1, 1934, 226-310, hier 262-310, s. v. Τέλη 1; F. M. Heichelheim, Wirtschaftsgeschichte I, 655-661; Claire Préaux, Économie royale, 61435; H. Harrauer, CPR XIII, S. 32-41; B. Muhs, in: Life, 249-251 (zu Steuerquittungen des 3. Jh.); Ch. Chandezon, in: Vallée du Nil, 67-81; B. Muhs, in: Edfu, 75-105 (zu den demotischen Ostraka von Edfu); W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 316-318; B. P. Muhs, Tax Receipts; Livia Capponi, Augustan Egypt, 123-155 (mit Anmerkungen) (unter Berücksichtigung vor allem der römischen Zeit); dazu Andrea Jördens, Laverna 17, 2006, 167-169; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, bes. 36-89; G. Le Rider - F. de Callataÿ, Séleucides et Ptolémées, 253-261 (zur Bezahlung der Steuern teils in natura, teils nummis); Sitta von Reden, Money, 84-110; außerdem F. Uebel, Kleruchen, 425f. (Register). Vgl. W. Wegner, ZPE 165, 2008, 164. Vgl. etwa P. Julien, Verwaltung, 69-94, bes. 82; Susan M. Sherwin-White, JHS 105, 1985, 84-86; dazu Ivana Savalli, ASNP III 17, 1987, 13211. Vgl. etwa S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 168, s. v. Taxes I. Zu demotischen Transkriptionen griechischer Fachausdrücke vgl. W. Clarysse, in: Aspects, 21-32 bzw. 33. Zu den λειτουργίαι der ptolemaiischen Zeit vgl. etwa P. Cair. Zen. III 59323, Z. 16f. (βασιλικὴ λειτουργία); außerdem PSI V 484; P. Cair. Zen. I 59042; P. Hib. I 78; dazu F. Oertel, Liturgie, 6. 8-61. 427-429; schließlich Sitta von Reden, Money, 136-138 (mit weiteren Belegen).

Die Steuern

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Die verschiedenen Steuern6 Weder die Verwaltungsbeamten der Antike noch die Wirtschaftshistoriker der Antike haben uns Vorschläge hinterlassen, die es uns ermöglichen, nach antiken kategorialen Gesichtspunkten die Vielzahl der Steuern zu gliedern. Vermutlich haben sie sich über diese Fragen keine Gedanken gemacht. Und die modernen Finanzwissenschaftler sind – was die Strukturierung sogar des heutigen Steuerwesens angeht – keinesfalls einer Meinung. So scheint beispielsweise die alte Unterscheidung von direkten und indirekten Steuern immer noch umstritten zu sein. Wir sind also gezwungen, nach einigen übergeordneten Gesichtspunkten zu suchen, um in das Chaos der Steuern – in diesem Fall der Steuern der ptolemaiischen Zeit – eine gewisse Ordnung zu bringen7. Doch ist die Wahl dieser Gesichtspunkte keinesfalls zwingend. Und bei manchen Steuern ist man im Zweifel, unter welchem Gesichtspunkt man sie einordnen soll. Ein Beispiel: Ist die EineDrachmé-Steuer unter den Personalsteuern einzuordnen, da sie (aller Wahrscheinlichkeit nach) von der Gruppe der klerúchoi erhoben wurde, oder unter den Grundsteuern, da sie offensichtlich im Hinblick auf den vom Staat überlassenen Grund zu zahlen war? Die Beispiele ließen sich ohne Mühe fortsetzen8. Sollten wir aber vielleicht doch die Behauptung, die damaligen Zeitgenossen hätten sich über die Klassifizierung von Steuern keine Gedanken gemacht, einschränken müssen? Es scheint so. Die Priester von Tkw (heute Tell el-Maschuta) schrieben auf die „Pithom-Stele“ folgende Sätze: „En l’an vingt-et-un de (sa) Majesté, le quatrième mois de peret [26. Mai - 24. Juni 264], relevé des biens que sa Majesté a accordé comme bienfaits aux temples de Haute et Basse Égypte: biens collectés dans les maisons d’Égypte: 90.000 deben d’argent (et) biens collectés chez les habitants comme impôt au début de l’année: 660.000 (deben) d’argent.“9 In der Tat ist hier von verschiedenen Steuern die Rede: von Steuern, die auf den prw (auf den Häusern, wohl auch auf den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken) lasteten, und von Steuern, die auf den ḥnmmt (auf den ___________________________

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Zu unspezifischen Steuerquittungen vgl. etwa G. R. Hughes - B. P. Muhs, Cat. dem. Brookl. 99-105; 115; 116-118 (?); B. P. Muhs, Tax Receipts, bes. 39. Mit diesem Problem hat sich bereits U. Wilcken, O. Wilck. I, 405-407, „herumgeschlagen“. W. Schwahn, RE V A 1, 1934, 226-310, hier 282, s. v. Τέλη 1, vertritt folgende Ansicht: „Man kann das ganze Steuersystem im hellenistischen Ägypten auf eine sehr einfache Formel bringen: 1. Alle Personen werden besteuert; 2. alle (konkreten) Sachen werden besteuert; 3. alle Dienstleistungen königlicher Amtsstellen kosten Gebühren.“ Diese Auskunft ist zwar weithin richtig, hilft aber in konkreten Fällen häufig nicht weiter. Im Folgenden ordne ich die Steuern innerhalb der von mir gewählten übergeordneten Gesichtspunkte nach dem griechischen Alphabet bzw. nach dem demotischen „Alphabet“. Pithom-Stele, Z. 27 (Thiers).

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Bewohnern [Ägyptens]) lasteten10 – mit anderen Worten: von Grundsteuern und von Personalsteuern11. Daß dies – nach modernem Verständnis – keine befriedigende Kategorialisierung des ptolemaiischen Steuersystems ist, leuchtet unmittelbar ein. Was aber waren dies überhaupt für Steuern, die der König „comme impôt au début de l’année“ den Bewohnern Ägyptens auferlegt hatte12? Handelte es sich in der Tat um „les diverses taxations auxquelles était soumise la population égyptienne“ 13 ? Oder sollte hier nicht an die „Kopf-Steuer“, die Vorgängerin der „Salz-Steuer“, zu denken sein, die – „au début de l’année“! – verordnet worden war? Doch wie auch immer 14 – sehr hilfreich sind diese Ausführungen der Priester von Tkw nicht, wenn wir daran gehen, die Vielfalt der Steuern der ptolemaiischen Zeit in ein ordnendes System einzufügen15. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß wir, wenn wir uns ein möglichst umfassendes Bild des ptolemaiischen Steuersystems machen wollen, auch heute noch gezwungen sind, auf die Arbeiten zurückzugreifen, die Wilcken (im J. 1899) und Préaux (im J. 1939) veröffentlich haben 16. Natürlich sind in der Zwischenzeit neue Kenntnisse und neue Erkenntnisse hinzugekommen – vor allem aufgrund der Publikationen demotischer Zeugnisse17.

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Vgl. dazu Ch. Thiers, Ptolémée Philadelphe, 80. 121. Zur Diversifizierung von Steuern vgl. auch Christiane Zivie-Coche, Tanis 3, 222f. 227f. (zur Statue des Jmn-p3-jm, Cleveland MA 1948.141, Rückenpfeiler, Z. 3). 12 Eine weitere Frage wäre: Warum interessierten sich die Priester von Tkw überhaupt dafür, woher die Steuern kamen? 13 Ch. Thiers, Ptolémée Philadelphe, 80. Anders 121: „les impositions qui frappent les personnes, telle la capitation …“? 14 U. Wilcken, O. Wilck. I, 298f., denkt in diesem Zusammenhang – im Anschluß an Ermann – an die Verordnung eines στέφανος. Dies ist ganz unwahrscheinlich. 15 Bei den πρόσοδοι καὶ φορολογίαι, die in der Rosettana (27. März 196) erwähnt werden – vgl. OGIS I 90, Z. 12 –, handelt es sich nicht um zwei verschiedene Arten von Steuern, sondern einerseits um nicht-steuerliche Einkünfte, wie etwa die ἐκφόρια der βασιλικοὶ γεωργοί, und andererseits um die Steuern aller Art. Vgl. bereits G. Dittenberger, OGIS I, S. 148f.44. 16 Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I und II; Claire Préaux, Économie royale. 17 Vgl. insbesondere G. Mattha, O. dem. Mattha (1945); dazu Bull. of the Fac. of Arts 18,2, 1956, ersch. 1959, 29-33; S. Wångstedt, O. dem. Wångstedt (1954); außerdem vor allem Orientalia Suecana 17, 1968, 28-60; 19-20, 1970-1971, 23-48, hier 23-31; 23-24, 1974-1975, 7-43; 27-28, 1978-1979, 5-27; 29, 1980, 5-26; S. P. Vleeming, O. dem. Vleem. (1994) (dazu D. Devauchelle, BO 55, 1998, 372-387); B. P. Muhs, Tax Receipts (2005); B. P. Muhs - S. Vinson, Cat. dem. Brookl. (2005); außerdem Charikleia Armoni u. a., O. Heid. (2005).

Die Steuern

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Die Steuern zugunsten der Staatskasse

Die Personalsteuern Die Steuern, die alle betreffen Die Salzsteuer (haliké)18 ___________________________

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Zur ἁλική (dni ḥm3 oder ḥd ḥm3) vgl. insbesondere P. Count. I 1-54; dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 36-89. Zu weiteren Salz-SteuerTexten: Nach einer Mitteilung von M. Akeel - M. Depauw, Enchoria 29, 2004/2005, ersch. 2007, 12, haben W. Clarysse und Dorothy J. Thompson in einer Datenbank fast 300 Salz-Steuer-Quittungen gesammelt. Mir sind – von den in R. Rémondon, BIFAO 50, [1951], 1-5, in F. Uebel, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di Papirologia, 327-343; APF 19, 1969, 62f.3, in S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 27-28, 1978-1979, 5-27, in D. Devauchelle, O. dem. Louvre I, S. 99-127 (mit nicht fortlaufenden Nummern), in S. P. Vleeming, O. Vleem. 14-30. 42, in G. R. Hughes, Cat. dem. Brookl. 72-76. 186, und in B. P. Muhs, Tax Receipts, 44-51, zusammengestellten Belegen abgesehen – folgende Texte bekannt geworden: O. dem. DAI D 1808 (263/62) (unpubliziert); dazu F. Hoffmann, P. Harrauer, S. 57; O. dem. Harrauer 27 (5. September 262 [?]); O. dem. Mattha 134 (20. Juli 253); dazu B. Porten - Ada Yardeni, Enchoria 29, 2004-2005, ersch. 2007, 55-59 u. T. 6f.; B. Muhs, Enchoria 30, 2006-2007, ersch. 2009, 147f.; M. Lidzbarski, OLZ 30, 1927, 1043f. (23. März 252); dazu B. Porten - Ada Yardeni, Enchoria 29, 2004-2005, ersch. 2007, 55-59 u. T. 6f.; B. Muhs, Enchoria 30, 2006-2007, ersch. 2009, 148; O. Wien DO 129 (29. Juli 244) (= S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 18, 1969, ersch. 1970, 7274 Nr. 3); dazu B. Muhs, Enchoria 30, 2006-2007, ersch. 2009, 148; Cairo JdE 67047 (7. Juli 243) (= M. Akeel - M. Depauw, Enchoria 29, 2004-2005, ersch. 2007, 11 u. T. 2); dazu B. Muhs, Enchoria 30, 2006-2007, ersch. 2009, 147; O. Heid. 2 (15. April 236); P. Poethke 8, Z. 28f. 31. 44. 54. 148-162 (235/34); P. dem. Petr. Mus. No. U. C. 31906 (3./2. Jh.); dazu H. S. Smith - W. J. Tait, Enchoria 12, 1984, 43-49 u. T. 4; O. Ont. Mus. I 1 (spätes 3. Jh.); dazu J. Shelton, ZPE 20, 1976, 34. Zu diesen Texten vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 141-143; Claire Préaux, Économie royale, 91. 158. 250-252. 381f.; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 55f.; R. Rémondon, BIFAO 50, [1951], 5-12; F. Uebel, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di Papirologia, 325368; B. Boyaval, RecPap 4, 1967, 73f.; F. Uebel, Kleruchen, bes. 16-18; APF 19, 1969, 62-67 (zu SB X 10506; 10507; 10508); M. A. A. Nur el-Din, O. dem. Leid., S. 7-9; J. Shelton, ZPE 20, 1976, 35-39; R. S. Bagnall, Enchoria 8,1, 1978, 143-146 (zu O. dem. Medin. Habu 12); Françoise de Cenival, in: Egypt, 31-41; D. Devauchelle, O. dem. Louvre I, S. 99-101; Françoise de Cenival, O. dem. Lille III, S. 26-30. 5154; H. S. Smith - W. J. Tait, Enchoria 12, 1984, 43-49 u. T. 4; C. J. Martin, Enchoria 14, 1986, 163-169; H. Harrauer, CPR XIII, S. 33; J. Shelton, ZPE 71, 1988, 133-136; 204 (zu O. Oslo 1); R. Scholl, ZPE 76, 1989, 95-97; S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 35-39; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, CE 70, 1995, 223-229; Dorothy J. Thompson, in: Hellenistic Constructs, 242-257; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 57. 78; Dorothy J. Thompson, in: Essays and Texts J. D. Thomas, 41-44 (zu den Steuersätzen von Sklaven und Sklavinnen); B. P. Muhs, Tax Receipts, bes. 8. 12. 14.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Salzsteuer stand im Mittelpunkt des ptolemaiischen Steuersystems 19 – jedenfalls in den letzten beiden Dritteln des 3. Jh. Dies nicht nur deswegen, weil sie – auf eine nicht klar durchschaubare Weise – mit dem lebensnotwendigen Mineral Salz zu tun hatte, sondern vor allem deswegen, weil sie wie eine KopfSteuer fungierte, die der quantitativen und qualitativen Erfassung der Bevölkerung diente20. Die älteste erhaltene Salz-Steuer-Quittung stammt vom 5. November 26321. Der Salz-Steuer waren – grundsätzlich – alle Erwachsenen22 unterworfen: Männer und Frauen, Freie und Sklaven, Griechen und Ägypter. Die Steuer, die möglicherweise die nḥb-Steuer („Joch-Steuer“)23 und die nḥṱ-Steuer24

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29f. 41-43; J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 3f. (zu O. Heid. 2); Sitta von Reden, Money, bes. 65-67. 75f. 85; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 251. 252. 257f.; außerdem R. Jasnow - Mary-Ann Pouls Wegner, Enchoria 30, 2006-2007, ersch. 2009, 51 (zu S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 27-28, 1978-1979, 15f.) (22. Januar 220, für das 1. Regierungsjahr Ptolemaios’ IV). 19 Zum ersten Mal ist die Salz-Steuer in P. Sorb. inv. 2073 (= B. Boyaval, RecPap 4, 1967, 81, Verso, Col. II, Z. 29-34) erwähnt, u. zw. für das 21. Jahr. Vgl. auch F. Uebel, APF 19, 1969, 623. Da mit diesem Jahr ein Finanz-Jahr bezeichnet worden sein dürfte, scheint es sich um das Jahr 264/63 zu handeln. 20 In ptolemaiischer Zeit wurde der Begriff λαογραφία im Sinn von „allgemeiner Kopfsteuer“ nicht verwendet. Vgl. etwa U. Wilcken, O. Wilck. I, 230-249; Grundzüge, 186f.; V. Tcherikover, JJP 4, 1950, 179-191; J. A. S. Evans, Aegyptus 37, 1957, 259265; V. A. Tcherikover, CPJ I, S. 59-64; J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 246-248; A. Paul, in: Aufstieg und Niedergang II 20,1, 317f.; W. Brashear, in: Life, 41-43; W. Ameling, WJA N. F. 27, 2003, 111; K. Bringmann, Chiron 35, 2005, 13f.; Livia Capponi, Augustan Egypt, 85. 89; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 17; L. Renaut, Mètis N. F. 4, 2006, 219f. 225. Anders S. L. Wallace, AJPh 59, 1938, 429-439; dazu Claire Préaux, Économie royale, 385-387. Vgl. auch W. Huß, Untersuchungen, 54224; Livia Capponi, Augustan Egypt, 83-96. 138-141 (mit Anmerkungen); dazu Andrea Jördens, Laverna 17, 2006, 162f. 168. 21 Vgl. O. dem. Berl. P 6359 (= S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 27-28, 1978-1979, 6 Nr. 1, Z. 3f.); dazu B. Muhs, BASP 33, 1996, 1782. Zum Datum des Dokuments vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 3923. 45. 22 Die männlichen „Jugendlichen“ galten wohl als „erwachsen“, wenn sie das 14. Lebensjahr erreicht hatten. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 41f. Vielleicht wurden die weiblichen „Jugendlichen“ mit zwölf Jahren „erwachsen“. 23 Zur Erklärung dieser Bezeichnung vgl. S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 17, 1968, 35; S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 14f. 98; B. P. Muhs, Tax Receipts, 30f.; außerdem D. Devauchelle, O. dem. Louvre I, S. 39-43. 24 Die Bedeutung des Wortes ist nicht klar. Vgl. S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 15. 21. 98; B. P. Muhs, Tax Receipts, 35; außerdem W. Erichsen, Glossar, 224; G. Mattha, The Bull. of Fac. of Arts, Cairo Univ. 18,2, 1956, ersch. 1959, 220-222; S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 17, 1968, 30; D. Devauchelle, O. dem. Louvre I, S. 55-58.

Die Steuern

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ersetzte25, war in Geld zu entrichten. Und zwar zahlten – nach einer vorläufigen Zusammenstellung26 – die Männer in einer Phase A (263-254) jährlich 1 Drachmé und 3 Oboloí und die Frauen 1 Drachmé27, in einer Phase B (254-231) die Männer 1 Drachmé und die Frauen 3 Oboloí28 und in einer Phase C (243-217)29 die Männer 3 Oboloí (+ 1 Obolós Obolos-Steuer) und die Frauen 1½ Oboloí30. Die fortlaufende Reduzierung der Höhe der Steuer hing vielleicht mit politischen Ereignissen zusammen 31 : Gegen Ende des verlustreichen 2. Syrischen Kriegs (262 [?] - 253) bedurfte Ptolemaios II. der Unterstützung der Bevölkerung, auf deren Schultern die Lasten des Krieges zumindest teilweise geruht haben werden32. Und Ptolemaios III., der im J. 245 wegen des Ausbruchs einer domestica seditio aus Vorderasien nach Ägypten zurückgekehrt war, sah sich gezwungen, das Vertrauen (vor allem) der einheimischen Bevölkerung zurückzugewinnen. Aus welchem Grund oder aus welchen Gründen nach dem Jahr 217 anscheinend keine Salz-Steuer-Quittungen mehr ausgestellt worden sind – obwohl die Steuer bis zum Ende der ptolemaiischen Zeit eingezogen worden ist –, wissen wir nicht33.

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Vgl. B. Muhs, BASP 33, 1996, 178-182; in: Texts and Studies P. W. Pestman, 82f.; B. P. Muhs, Tax Receipts, 29f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 39; Ph. Collombert, AncSoc 38, 2008, 95f.; außerdem B. P. Muhs, Cat. dem. Brookl. 86. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 44-47. – In den Jahren 243231 tauchen in den Dokumenten zwei verschiedene Höhen von Steuerzahlungen auf. Dies ist vorläufig nicht erklärbar. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 47f.; außerdem APF 55, 2009, 257. Merkwürdigerweise scheinen die Militärangehörigen während dieser Zeit eine höhere Steuer bezahlt zu haben als die Zivilpersonen. Anders F. Uebel, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di Papirologia, 347f. Während der Phase B zahlten die Sklaven 6+1 Oboloí, die Sklavinnen 3 Oboloí. Vgl. Dorothy J. Thompson, in: Essays and Texts J. D. Thomas, 41-44. Anders R. Scholl, ZPE 76, 1989, 95-97. Zum Beginn der Phase C vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, CE 70, 1995, 223-229. Anders S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 35. 54x. 56c: im ersten Regierungsjahr Ptolemaios’ III. (246). – Zu numismatischen Überlegungen hinsichtlich der Zahlungen dieser Phase vgl. Sitta von Reden, Money, 66-68. Während der Phase C zahlten die Sklaven 3+1 Oboloí und die Sklavinnen 1½ Oboloí. Vgl. Dorothy J. Thompson, in: Essays and Texts J. D. Thomas, 41-44. Teilweise anders R. Scholl, ZPE 76, 1989, 95-97. Ähnlich W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 86-88; außerdem F. Uebel, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di Papirologia, 351-353. Vgl. dazu Dorothy J. Thompson, in: Ptolemy II Philadelphus, 37, die zu Recht sehr zurückhaltend urteilt. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 44. 51f.; außerdem F. Uebel, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di Papirologia, 362f.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Bei der Einziehung der Steuer34 arbeiteten die (privaten) Steuerpächter (telónai) und die (staatlichen) Steuereinzieher (logeutaí) zusammen – gelegentlich unter Mitwirkung von Straßenpolizisten (éphodoi)35. Die Erbschafts-Steuer (aparché)36 Im Erbfall hatten die Erben einen gewissen Prozentsatz des Werts des Erbes an die Staatskasse zu überweisen. Alle Erben? Dies ist nicht unmöglich. Doch erlauben die wenigen Zeugnisse keine eindeutige Aussage. Die Bäder-Steuer I (phóros tu balaneíu)37 Allem Anschein nach ist die Bäder-Steuer, die alle Steuerzahler jährlich für den Unterhalt der öffentlichen Bäder zu entrichten hatten, von der Bäder-Steuer der Betreiber von Privatbädern zu unterscheiden. Die Höhe der Steuer ist unbekannt. Die Transport-Steuer (katagógion)38 Für den Transport der Steuern nach Alexandreia war ein Steuerzuschlag in Silbergeld zu zahlen: in Krokodilopolis (Arsinoïtes) 7½%, in Phebichis (Herakleopolites) 4% und in den anderen Zentralorten ½%. Warum derart große Unterschiede? Ich weiß es nicht.

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Im Lauf der Zeit wurde die Salz-Steuer vielfach zusammen mit anderen Steuern eingezogen. Vgl. dazu insbesondere W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 50f. 70-74; außerdem APF 55, 2009, 232. 35 Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 59-70. 76f. 350-356. Von den Angehörigen der Armee – und wohl auch von den Inhabern von δωρεαί – wurde die Steuer nicht von τελῶναι und λογευταί, sondern nur von λογευταί eingesammelt. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 61f. 36 Zur ἀπαρχή (Erbschafts-Steuer) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 345f.; A. BouchéLeclercq, Histoire III, 333f.; H. Kreller, Erbrechtliche Untersuchungen, 100-103; Claire Préaux, Économie royale, 337f.; Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 246 (zu P. Dryton 33, Z. 12: τὰ καθήκοντα τέλη θεᾶι Βερενίκηι). 37 Zum (φόρος τοῦ) βαλανείου bzw. zur τιμὴ βαλα(νείου) vgl. P. Hib. I 108, Z. 7; O. Theb. 2, Z. 3; O. Meyer 11, Z. 2 (?); O. Edfou II 236, Z. 1; dazu L. Koenen, Königsurkunde, 30f.; R. Bogaert, ZPE 120, 1998, 198140; AncSoc 29, 1998-1999, 58f. 69. – Zur demotischen Bezeichnung bzw. zu den demotischen Bezeichnungen dieser Steuer vgl. D. Agut, in: Bain collectif, 209-211. 38 Zur Steuer des καταγώγιον vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 379; Claire Préaux, Économie royale, 2802. 335. 335f.8; R. W. Daniel, P. Freib. IV, S. 22f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 64f.

Die Steuern

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Die Dienstleistungs-Steuer (leiturgikón)39 Die Dienstleistungs-Steuer betrug gewöhnlich 2 Drachmaí und wurde anscheinend meist zusammen mit der Salz-Steuer bezahlt40. Mit der Bezahlung dieser Steuer dürfte sich der Steuerzahler von der Verpflichtung, gewisse leiturgische Dienste zu leisten, losgekauft haben. Die Aushub-Steuer (naúbion)41 Die Steuer des naúbion steht in enger Nähe zur Steuer des chomatikón. In den Quittungen des naúbion wurden dem „Steuerzahler“ natürlich keine Geldbeträge, sondern die Aushubzahlen von naúbia bestätigt. Die Obolós-Steuer (obolós)42 Während der Phase B der Salzsteuer (254-231) hatten die Männer – neben der Salz-Steuer – eine jährliche Steuer zu entrichten, die einen Obolós betrug 43 . Diese Steuer wurde zusammen mit der Salz-Steuer eingezogen, aber nicht zusammen mit ihr verrechnet44. Anders in der Phase C (243-217)! Nun wurde die Obolós-Steuer auch mit der Salz-Steuer verrechnet (3 + 1 = 4). Daher verschwinden seit dem Jahr 243 die Obolós-Steuer-Belege. „This might be the start of what in the second century BC went under the name of syntaxis.“45 ___________________________

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Zur Steuer des λειτουργικόν (crṱ) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 382; Claire Préaux, Économie royale, 398; D. Devauchelle, O. dem. Louvre I, S. 31f.; J. Shelton, Enchoria 16, 1988, 137; S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 10; B. P. Muhs, Tax Receipts, bes. 6f. 36. 41. 43. 57-60; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 50f.; Sitta von Reden, Money, 136; außerdem R. Jasnow - Mary-Ann Pouls Wegner, Enchoria 30, 2006-2007, ersch. 2009, 30 (zu O. dem. NAVZ 8, Z. 2) (3. Jh. [?]). Zur λογεία Συηνιτῶν vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 50: “Since crṱ is also used as the demotic for the logeia Syēnitōn it may be that this logeia was the local version of the tax known in Thebes as leitourgikon.” Zum ναύβιον (nby) bzw. ἀωΐλιον vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 259-263; Claire Préaux, Économie royale, 399. 4022; P. J. Sijpesteijn, Penthemeros-Certificates, bes. 18-21; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 65; B. P. Muhs, Tax Receipts, 57-60; außerdem D. Kaltsas, P. Paramone, S. 94f.; W. Clarysse, ZPE 168, 2009, 243 (zu P. Berl. Salm. 6, Z. 7; 7, Z. 8). Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. I, S. 656, s. v. ὀβολός; dazu H. Harrauer, CPR XIII, S. 34f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, bes. 71f. Während dieser Phase der Geschichte der Salz-Steuer waren die Griechen und die „Steuer-Griechen“ von der Zahlung der Obolós-Steuer befreit. Vgl. B. P. Muhs, Tax Receipts, 43; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 57. 71f. 125; anders J. Shelton, ZPE 71, 1988, 13516. Anders jedoch beispielsweise P. Lond. VII 1996, Z. 73 (etwa 250): ἁλικῶν [Plural!] ζ. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 49.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Was aber war der ursprüngliche Sinn dieser (geringen) Steuer? Eine genaue Antwort läßt sich auf diese Frage kaum geben. Vielleicht lag ihr Wert – von der finanziellen Bedeutung abgesehen – in ihrem „symbolic significance“46. Die Leibwächter-Steuer (rhabdophorikón)47 Die Leibwächter-Steuer betrug anscheinend 3¾ Oboloí und wurde gewöhnlich zusammen mit der Salz-Steuer bezahlt48. Die Sicherheitsdienst-Steuer (phylakitikón)49 Für die Bewachung der Herden und der landwirtschaftlich genutzten Flächen oder Bauten war vielfach eine Sicherheitsdienst-Steuer zu zahlen, und zwar sowohl von den königlichen Bauern als auch von den Bewirtschaftern konzedierten Landes, beispielsweise von den klerúchoi. Eine Sicherheitsdienst-Steuer war aber auch für die Bewachung der Manufaktur-Betriebe, an deren Schutz ein öffentliches, d. h. ein königliches Interesse bestand, zu entrichten50. Außerdem war für die Bewachung der Tiere, die zur Opferung bestimmt waren, eine eigene Steuer zu zahlen. Im übrigen wurden aus der Sicherheits-Steuer auch die Gehälter der Polizei bezahlt – jedenfalls teilweise51. Je nach den Umständen war die Steuer entweder in natura oder nummis zu entrichten52.

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W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 71. Zum ῥαβδοφορικόν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 400; B. P. Muhs, Tax Receipts, bes. 41. 43. 56f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 50f. 48 Vgl. O. Bodl. I 14 (21. Juni 236, nach der Finanzjahr-Zählung). 49 Zum φυλακιτικόν vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 402f.; J. Lesquier, Institutions militaires, 216f.; Claire Préaux, Économie royale, 46. 131. 133. 182. 213. 227. 242. 400; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 128 (θησαυροφυλακιτικόν); H. Harrauer, CPR XIII, S. 35-37; Ruth Duttenhöfer, P. Heid. VI, S. 78; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 73; A. Martin - G. Nachtergael, CE 76, 2001, 176; Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 41; H. Harrauer, P. Horak I, S. 106f. (θησαυροφυλακιτικόν); W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 51. 54. 72f. 167. 207; Sitta von Reden, Money, 84. 87. 92-94. 102. 275f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 253. 258 (zu P. Poethke 8, Z. 61f. 163-168. 169-175). 50 Vgl. H. Harrauer, CPR XIII, S. 35; Sitta von Reden, Money, 84. 51 Vgl. etwa P. Hamb. II 172; dazu Dorothy J. Thompson, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 962f.; Sitta von Reden, Money, 275f. 52 Zur Höhe der Steuer vgl. Sitta von Reden, Money, 92-94.

Die Steuern

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Die Steuern, die einzelne Gruppen betreffen Die Priester Die Weizen-Steuer (timé pyrú)53 Die Weizen-Steuer war der adärierte Gegenwert einer Steuer, die nach Weizenmengen berechnet war und die von den pastophóroi der Tempel der zweiten Kategorie zu entrichten war. Die Jungstier-Siegel-Steuer (sphragismós móschon)54 Die Priester, die einen Jungstier als Opfertier anerkannt hatten, brachten auf einem um die Hörner des Tiers gelegten Papyrus ein entsprechendes Siegel an. Für diesen der Opferung des Tiers vorausgehenden Vorgang hatten sie dem König eine Steuer zu zahlen55. Die Priesterstellen-Steuer (telestikón)56 Für die Ersteigerung einer Priesterstelle hatten die Kandidaten eine Steuer zu entrichten. Die Höhe der Steuer richtete sich nach der Bedeutung der Stelle57. Die Steuer auf das Einkommen eines Dieners (cq rmt iw-f šms)58 Diese nur in demotischen Dokumenten bezeugte Steuer, die von männlichen Angestellten der ägyptischen Tempelverwaltungen, beispielsweise von TotenPriestern, erhoben wurde, wurde gelegentlich zusammen mit der Salz-Steuer bezahlt. Die Höhe dieser Steuer variierte.

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Zur τιμὴ πυροῦ vgl. R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 72. Zur Steuer des σφραγισμὸς μόσχων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 395f.; W. Otto, Priester und Tempel II, 173f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 68; außerdem Claire Préaux, Économie royale, 2281; J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 255f. (römische Zeit). Ist die Steuer des σφραγισμὸς μόσχων mit dem τέλος μόσχων θυομένων identisch? Ich halte dies nicht für wahrscheinlich. Vgl. auch J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 254f. Wie aber verhält es sich mit der μόσχων δεκάτη von P. Hib. I 115, Z. 1? Vgl. dazu Claire Préaux, Économie royale, 228; außerdem J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 254. Zum τελεστικόν vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 397f.; Claire Préaux, Économie royale, 404; J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 257f. Zur „Neuordnung“ des τελεστικόν in der Zeit Ptolemaios’ V. vgl. etwa AnneEmmanuelle Veïsse, „Révoltes égyptiennes“, 219f. Zur Steuer des cq rmt iw-f šms („Einkommen eines Mannes, der dient“) vgl. S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 29-31; B. P. Muhs, Tax Receipts, bes. 8. 41. 43. 55f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 50f.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die klerúchoi und andere Bewirtschafter bzw. Pächter konzedierten Landes59 Die Nicht-Reinigungs-Steuer (ak(atharsía)) (?)60 Die Nicht-Reinigungs-Steuer (?) war vielleicht wegen der nicht durchgeführten Reinigung (kátharsis) des Getreides zu entrichten. Die Steuer für die Errichtung von Konstruktionen in Leichtbauweise (?) (anastamáton)61 Die rätselhafte Steuer für die Errichtung von Konstruktionen in Leichtbauweise (?) war von Elefantenjägern und Militärangehörigen zu zahlen. Die Steuer wegen der Nicht-Versorgung der Pferde (anippía)62 Die Kavalleristen, die ihre Pferde nicht selbst versorgten, hatten eine beträchtlich hohe Steuer zu zahlen. Die Felle-Steuer (býrses bzw. byrsón)63 Die Felle-Steuer wird von Kavalleristen (kátoikoi hippeís), die mit Fellen Handel trieben, erhoben worden sein. Sie ist wohl von der Leder-Steuer (dermaterá) zu unterscheiden.

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Zu den steuerlichen Belastungen, die die κληροῦχοι zu tragen hatten, vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 233-236; Claire Préaux, Économie royale, 400-403; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 73203; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 209-214; außerdem W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 293f. – Zu den seltsamen ἄθικτα („Unberührtes“, „Unberührbares“) von P. Poethke 8, Z. 73-82 vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 253. 60 Zur Steuer der ἀκ(αθαρσία) (?) vgl. H. Harrauer, P. Horak I, S. 106f. (zu P. Horak I 20, Z. 8. 14. 18. 21). 61 Zur Steuer der ἀνασταμάτων vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 255f. 259 (zu P. Poethke 8, Z. 102f. 109. 111. 214-219). 62 Zur ἀνιππία vgl. Claire Préaux, Économie royale, 215f.; A. Martin - G. Nachtergael, CE 76, 2001, 178; außerdem W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 255f. 63 Zur Steuer βύρσης bzw. βυρσῶν vgl. P. Petr. III 110 (a), Z. 5; vgl. P. Petr. II 39 (e) (2), Z. 10; (e) (5), Z. 3; (e) (7), Z. 16; P. Poethke 8, Z. 118; P. Petr. III 112 (a), Col. I, Z. 28; II, Z. 7; dazu Claire Préaux, Économie royale, 232; F. Uebel, Kleruchen, 207f.13. 243; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 256.

Die Steuern

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Die Sekretär-Steuer (grammatikón)64 Die Sekretär-Steuer hatten verschiedene Gruppen für verschiedene Beamte zu entrichten. Die klerúchoi bzw. die kátoikoi und die kleruchischen phylakítai zahlten diese Steuer für den Unterhalt der Sekretäre, die im militärischen und polizeilichen Bereich arbeiteten. Die Steuer wurde – je nach den Umständen – entweder in natura oder nummis entrichtet. Die Futter-Steuer (eis grástin bzw. eis krástin)65 Die Bewirtschafter konzedierten Landes hatten für das Futter für die im militärischen Bereich verwendeten Tiere – vor allem natürlich für das für die Pferde benötigte Futter – eine Steuer zu entrichten. Die Damm-Steuer (diáchoma)66 Die klerúchoi, die nicht zur Arbeiten herangezogen wurden, die mit der Befestigung von (Quer-)Dämmen in Zusammenhang standen, hatten zum Ausgleich eine Damm-Steuer zu zahlen. Die Steuer, die offensichtlich von der DeicheSteuer (chomatikón) zu unterscheiden ist, wurde teils in natura, teil nummis gezahlt. Da die Steuer nicht in den Texten des Zenon-Archivs auftaucht, ist sie vermutlich zur Zeit des Zenon nicht entrichtet worden67. Die Eine-Drachmé-Steuer (drachmés)68 Die Eine-Drachmé-Steuer hatten wahrscheinlich klerúchoi zu zahlen – 1 Drachmé pro árura. In welchem Zeitraum diese Steuer erhoben wurde, wissen wir nicht. Die Beitrags-Steuer (eisphorá)69 Die Beitrags-Steuer scheint eine Zusatzsteuer gewesen zu sein, die im 2. und im 1. Jh. gewissen Gruppen auferlegt worden war: Pächtern heiligen Landes, klerúchoi und Wüstenwächtern. Gegen Ende des 2. Jh. hatte beispielsweise ein ___________________________

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Zum γραμματικόν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 132 (Landbesitzer). 402 (κληροῦχοι). 405 (Priester); J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 11f. (kleruchische ἔφοδοι, φυλακῖται und ἐρημοφύλακες); R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 60; Charikleia Armoni - K. Maresch, P. Köln XI, S. 100f. (kleruchische φυλακῖται); Sitta von Reden, Money, 93f. Zur Steuer εἰς γράστιν bzw. εἰς κράστιν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 316. 132. Zum διάχωμα vgl. P. Hib. I 104, Z. 4. 10 (13. August 224); P. Petr. II 39 (e) (2), Z. 9; (5), Z. 1; (7), Z. 15 bzw. P. Petr. III 110 (a), Z. 4; (b), Z. 8; dazu Sitta von Reden, Money, 9446. Vgl. Sitta von Reden, Money, 9446. Zur Steuer δραχμῆς vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 181; Claire Préaux, Économie royale, 403; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 60. Zur εἰσφορά vgl. Claire Préaux, Économie royale, 400. 414; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 260.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Pächter heiligen Landes in Kerkeosiris pro árura etwa ½ artábe Getreide als Beitrags-Steuer zu zahlen 70 . Die konkreten Hintergründe der Erhebung dieser Zusatzsteuer sind dunkel. Der Öl-Beitrag für die gymnásia (elaíu tu eis to gymnásion)71 Die klerúchoi hatten – griechischer Tradition entsprechend – für den Ölbedarf der gymnásia einen steuerlichen Beitrag zu leisten. Die Übernahme-Steuer (embadón)72 Bei der Pacht von kleruchischem Land, von Weingärten und möglicherweise von Flächen, auf denen Feigenbäume standen, war eine Übernahme-Steuer zu zahlen. Vermutlich wurde diese Steuer – jedenfalls teilweise – nach der Größe der in Besitz genommenen Fläche berechnet. Die Ernte-Steuer (epigraphé)73 Der Charakter der epigraphé war lange Zeit umstritten74. Nunmehr aber hat sich die Ansicht durchgesetzt, daß es sich bei dieser Steuer um eine Ernte-Steuer ___________________________

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Vgl. P. Tebt. I 232 descr. = IV 1149; dazu Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 99. 181. Vgl. O. Theb. III 3, Z. 3f.: ἐλαίου τοῦ εἰς τὸ γυμνάσιον; BGU VIII 1813, Z. 12: ἐλαιοχ[ριστιῶν]; dazu Claire Préaux, Économie royale, 402; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 61. Zur Steuer des ἐμβαδόν, die wohl mit der Steuer des ἐμβαδικόν identisch war, vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 190f.; Bärbel Kramer, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 321. 324f.; Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 304f.; außerdem J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 26; anders Claire Préaux, Économie royale, 336f. Zur ἐπιγραφή (= ḥtr šmw oder nur ḥtr) vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 38-40; Zola M. Packman, Taxes in Grain, 67-72; Ursula KaplonyHeckel - Bärbel Kramer, ZPE 61, 1985, 43-57; S. P. Vleeming - K. A. Worp, ZPE 70, 1987, 123-125; W. Clarysse - E. Van ’t Dack, in: Conflict, 117f.; Katelijn Vandorpe, APF 46, 2000, 169-232; in: Politics, 405-436; C. Gallazzi, in: Miscellanea S. Daris, 186f. (zu SB XXVI 16712); Th. Christensen, Edfu Nome, 125. 156-158. 164-167. 181-184 (Apollonopolites); Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 392; Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 28; Katelijn Vandorpe, in: Edfu, 107-122; CRIPEL 25, 2005, 168-171; B. P. Muhs, Tax Receipts, 9. 17-19. 61f.; Sitta von Reden, Money, 86. 90; G. Casa, APapyrol 18-20, 2006-2008, 155-174; außerdem D. Kaltsas, P. Paramone, S. 94. – Weitere Texte: P. Haun. inv. 407, Z. 284f.; Cat. dem. Brookl. 92; O. Heid. 11-17. Vgl. etwa U. Wilcken, O. Wilck. I, 194-215. 306-308; B. P. Grenfell - A. S. Hunt – J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 39f.; U. Wilcken, Grundzüge, 170f.; E. Kühn, BGU VI, S. 135; F. Heichelheim, RE Suppl. VI, 1935, 819-892, hier 868, s. v. Sitos; Claire Préaux, Économie royale, 132. 1783. 1832. 184. 235. 400. 4022. 403. 414f. 512; Zola M. Packman, Taxes in Grain, 67-72; Ursula Kaplony-Heckel - Bärbel Kramer, ZPE 61, 1985, 43-57 u. T. I; Lucia Criscuolo, Aegyptus 66, 1986, 24-30; W. Clarysse - E. Van ’t Dack, in: Conflict, 117f.; J. Bingen - W. Clarysse, O. Elkab, S. 46; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 62; außerdem J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 14f.

Die Steuern

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handelte, die auf heiliges und kleruchisches Land erhoben wurde75. Sie belief sich auf 10% des aus der Ernte zweier vergangener Jahre errechneten durchschnittlichen Ertrags. Sie wurde jedoch offensichtlich nicht in allen Gauen gezahlt76. Neben der Grund-Steuer war die Ernte-Steuer wohl die Steuer, aus der die größten Einnahmen in die königliche Kasse (basilikón) flossen77. In der Thebaïs wurde die Ernte-Steuer als epigraphé bezeichnet, im Arsinoïtes jedoch als ekphórion78. Die Fünf-Achtel-Steuer (hémisy ógdoon)79 Die klerúchoi hatten für jede árura ihres kleruchischen Landes eine Steuer zu entrichten, die ⅝ einer artábe betrug. Die Steuer konnte auch in Geld gezahlt werden. Ersetzte die Fünf-Achtel-Steuer die Eine-Drachmé-Steuer? Oder umgekehrt? Oder wurde die eine Steuer in den einen Gauen gezahlt und die andere Steuer in den anderen?

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Zu der schwierigen Frage, welche gesellschaftlichen bzw. militärischen Gruppierungen zu welchen Zeiten zur Zahlung der ἐπιγραφή und/oder der ἀρταβιεία herangezogen worden sind, vgl. Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 209-214. – Aus Quittungen, die in der zweiten Hälfte des 2. Jh. im Speicher von Thebai bei der Zahlung der ἐπιγραφή ausgefertigt worden sind und die die Zusatzbemerkungen ἱεροῦ/ἱερᾶς und außerdem Zahlenangaben (1% - 2%) tragen, ist wohl zu ersehen, daß Bedienstete des Tempels des Amun diese Steuer eingezogen haben und daß die Tempelverwaltung für die Ausübung dieser Tätigkeit einen entsprechenden Betrag erhalten hat. Vgl. G. Casa, APapyrol 18-20, 2006-2008, 155-174. Vgl. P. Lips. II 124, Z. 36 (137 v. Chr. oder später): ἐν οἷς νομοῖς ἐτελεῖτο ἐπι̣γραφή. – J. G. Manning, Land and Power, 60, ist der Ansicht, daß die ἐπιγραφή (nur) in der Thebaïs abgeführt wurde. Zu dem Sammelbegriff ἐπιγραφόμενα von P. Lond. VII 1996, Z. 4. 67 (etwa 250) vgl. Katelijn Vandorpe, APF 46, 2000, 192f.; außerdem Sitta von Reden, Money, 92f. Das Verbum ἐπιγράφειν kann für die Auferlegung einer jeden Art von Steuer verwendet werden, der Begriff ἐπιγραφή nur für die Bezeichnung der Ernte-Steuer. Dieser Meinung ist jedenfalls Th. Christensen, Edfu Nome, 125. 182. Zur Steuer des ἥμισυ ὄγδοον vgl. J. G. Tait, O. Bodl. I, S. 15; Claire Préaux, Économie royale, 4036; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 63.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Arzt-Steuer (iatrikón)80 Die Kosten für die ärztliche Behandlung der klerúchoi, insbesondere der klerúchoi, wurden vom Staat getragen81. Im Gegenzug erhob der Staat die ArztSteuer82, die teils griechische, teils ägyptische Wurzeln hatte83 und die teils in natura, teils nummis gezahlt wurde84. Strittig ist allerdings, ob es möglich ist, in steuerrechtlicher Hinsicht die Behandlung durch ägyptische Ärzte auf eine Stufe mit der Behandlung durch griechische Ärzte zu stellen85. Die Ferkel- und Sauen-Steuer (phóros basilikón hiereíon hyikón tokádon)86 Zu den Steuern, die die klerúchoi zu zahlen hatten, gehörte die Steuer für die Pacht von Ferkeln und Sauen, die „eigentlich“ dem König gehörten. Die Pferdearzt-Steuer (hippiatrikón)87 Für die Besoldung der Veterinärärzte hatten die klerúchoi die PferdearztSteuer zu zahlen88.

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Zum ἰατρικόν vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 375-377; J. Lesquier, Institutions militaires, 214f.; Claire Préaux, Économie royale, 45. 132f. 133. 401. 421; Ofelia Nanetti, Aegyptus 24, 1944, 119-125; E. Boswinkel, Eos 48,1, 1956, 181-190; F. Kudlien, Arzt, 19-22. 25f.; Donatella Lippi, BASP 20, 1983, 135f.; H. Harrauer, CPR XIII, S. 89-100; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 63; A. Martin - G. Nachtergael, CE 76, 2001, 176f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. I, S. 86. 113. 234; II, 61151. 162-164; Sitta von Reden, Money, 93-277; außerdem F. Jonckheere, CE 26, 1951, 237-268 (zur Tätigkeit und Vergütung der ägyptischen Ärzte). Die Zahlungen aus dem ἰατρικόν dürften den τροφαὶ ἐκ τοῦ κοινοῦ entsprechen, von denen Diodoros (Hekataios von Abdera) (I 82,3) berichtet. Vgl. F. Kudlien, Arzt, 21. Was die Höhe der steuerlichen Belastung angeht, die die κληροῦχοι zu tragen hatten, sagt Sitta von Reden, Money, 93, zu Recht: „Whether the iatrikon was levied at a fixed rate or proportional to the size of the holding is unclear ...“ Ich würde allerdings vermuten, daß Ersteres eher zutrifft. Vgl. etwa Donatella Lippi, BASP 20, 1983, 135f. Das ἰατρικόν, von dem in P. Cair. Zen. I 59036 die Rede ist, war kaum eine Steuer, deren Einführung auf die Zentralverwaltung zurückging, sondern eine städtische Steuer, die wohl schon seit längerer Zeit in Halikarnassos eingeführt worden war. Vgl. etwa Claire Préaux, Économie royale, 4215; M. Wörrle, Chiron 9, 1979, 107f. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 162-164. Zum φόρος βασιλικῶν ἱερείων ὑϊκῶν τοκάδων vgl. M. Hοmbert, RBPh 4, 1925, 657 Nr. 8, Fragment B, Col. I, Z. 6; dazu Claire Préaux, Économie royale, 228. Zum ἱππιατρικόν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 132f. 401. Zur Tätigkeit der ἱππιατροί vgl. Marie-Hélène Marganne, in: Médecine vétérinaire antique, 145-157.

Die Steuern

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Die Pferdefutter-Steuer (híppu trophés)89 Die Pferdefutter-Steuer wird von den Kavalleristen (kátoikoi hippeís) an den Staat abgeführt worden sein. Die Pferde-Steuer (phóros híppon)90 Die Pferde-Steuer scheint eine Steuer gewesen zu sein, die die berittenen klerúchoi des 3. Jh. für die ihnen von der königlichen Intendanz zur Verfügung gestellten Tiere zu entrichten hatten91. Die Reinigungs-Steuer (kátharsis)92 Für die Reinigung des Getreides, das zum Transport nach Alexandreia bestimmt war, hatten die Bewirtschafter konzedierten Landes eine kleine Steuer zu zahlen. Die Gemeinschafts-Steuer (koinoniká)93 Gemeinschafts-Steuern waren sowohl von priesterlichen als auch von kleruchischen Gemeinschaften zu zahlen. Diese Steuern scheinen sich in GrundSteuern verwandelt zu haben und – gegen Ende des 2. Jh. – in natura gezahlt worden zu sein. Die Sieb-Steuer (koskineutikón)94 Neben der Reinigungs-Steuer (Steuer der kátharsis) hatten die Bewirtschafter konzedierten Landes auch eine Steuer zu zahlen, die die Kosten für das Sieben des Getreides aufwiegen sollte. Die Kompanien- und Schwadronen-Steuer (lochilismós) (?)95 Bei der Kompanien- und Schwadronen-Steuer scheint es sich um eine Steuer gehandelt zu haben, die ursprünglich klerúchoi, später – gegen Ende des 2. Jh. – ___________________________

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Zur Steuer der ἵππου τροφή vgl. P. Petr. III 114, Z. 17; P. Pοethke 8, Z. 99; dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 255. – Mit der Futter-Steuer (τροφή) scheint kein Zusammenhang zu bestehen. Zum φόρος ἵππων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 378; Claire Préaux, Économie royale, 215f. 228. – Zum σῖτος ἱππικός vgl. Claire Préaux, Économie royale, 215. Dieser Ansicht ist jedenfalls Claire Préaux. Zur Steuer der κάθαρσις vgl. Claire Préaux, Économie royale, 132; H. Harrauer, P. Horak I, S. 106f. (zu P. Horak I 20, Z. 8. 14. 18). Zu den κοινωνικά vgl. Claire Préaux, Économie royale, 132f. 402f. 405. Zur Steuer des κοσκινευτικόν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 132; H. Harrauer, P. Horak I, S. 106f. (zu P. Horak I 20, Z. 14. 15. 21). Zur Steuer des λοχι(λισμός) vgl. P. Tebt. I 93; 94; 95; dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 413; Claire Préaux, Économie royale, 402. Daß in der Bezeichnung der Steuer (infanteristische) λόχοι stecken, ist wahrscheinlich. Daß in ihr auch (kavalleristische) ἶλαι stecken, ist unsicher.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

auch andere Bewirtschafter konzedierten Landes zu entrichten hatten. Die Steuer war – gewöhnlich96 – in natura zu zahlen. Näheres wissen wir nicht. Die zusätzliche Obolós-Steuer (obolós epilogeuómenos)97 In einem Dokument des 3. Jh. ist ein „zusätzlicher Obolós“ erwähnt, den die klerúchoi zu zahlen hatten. Die Waisen-Steuer (orphanón)98 Sind die Beiträge, die die klerúchoi für die Waisen ihrer verstorbenen bzw. gefallenen Kollegen entrichteten, als Steuerzahlungen zu bezeichnen? Die Tennenboden-Reinigungs-Steuer (pódoma)99 Für die Reinigung des Tennenbodens war eine kleinere Steuer zu zahlen. Die Getreide-Meß-Steuer (sitometrikón)100 Zu den Nebensteuern, die die Bewirtschafter konzedierten Landes zu zahlen hatten, gehörte die Getreide-Meß-Steuer. Die Statér-Steuer (staterismós)101 Die für das 1. Jh. bezeugte Statér-Steuer war – wie die Tálanton-Steuer – eine Grundsteuer, die offensichtlich auf kleruchisches Land erhoben wurde. Die Kranz-Steuer (stéphanos)102 „Ursprünglich“ war ein „Kranz“ – sehen wir von kultischen, sepulkralen und hoheitlichen Zusammenhängen ab – ein Geschenk, das von einzelnen oder von Gruppen oder von Staaten herausragenden Persönlichkeiten zu gewissen Anlässen überreicht wurde. In hellenistischer Zeit erhielten vielfach die Herrscher ___________________________

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Eine Ausnahme scheint in P. Tebt. I 93, Z. 58f. vorzuliegen. Vgl. J. C. Shelton, CE 50, 1975, 266. 97 Zum ὀβολὸς ἐπιλογευόμενος von P. Petr. III 109 (c), Col. III, Z. 1 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 415. 98 Zu den Zahlungen ὀρφανῶν von P. Petr. II 39 (e) (2), Z. 7; (e) (7), in margine; III 110 (a), Z. 2 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 401f. 99 Zur Steuer der Reinigung des πόδωμα vgl. P. Tebt. III 2, 858, Z. 8; dazu Claire Préaux, Économie royale, 1322. 100 Zum σιτομετρικόν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 132. 101 Zum στατηρισμός vgl. Claire Préaux, Économie royale, 403. 102 Zur Steuer des στέφανος (qlm) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 295-302; J. Lesquier, Institutions militaires, 222f.; U. Wilcken, Grundzüge, 356; Claire Préaux, Économie royale, bes. 394f.; J. C. Shelton, ZPE 86, 1991, 267f. (zu SB XX 15117); R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 67; A. Martin - G. Nachtergael, CE 76, 2001, 177; Sitta von Reden, Money, 93; außerdem F. Uebel, Kleruchen, 426 (Register, s. v. στέφανος); Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 676; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 118; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 254 (zu P. Poethke 8, Z. 79f. 110).

Die Steuern

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„Kränze“, die nunmehr aber nicht mehr goldene Nachbildungen von aus Zweigen bestehenden Kränzen darstellten, sondern schlicht aus Geldbeträgen oder aus Naturalien (insbesondere Weizen) bestanden103. Wurden die „Kränze“ anfänglich mehr oder weniger freiwillig geschenkt, so wurden sie im Lauf der Zeit zu regelrechten Steuern degradiert – jedenfalls im Hinblick auf bestimmte Gruppierungen104, etwa im Hinblick auf klerúchoi oder auf königliche Bauern105. Der Beamte, der – im Gau (?)106 – für die Einziehung der Zahlungen zuständig war, trug den Titel, „der, der für die Abgabe zuständig ist“ 107. Über die Höhe der Beträge, die die einzelnen Steuerpflichtigen abzuliefern hatten, erfahren wir wenig108. Die Tálanton-Steuer (talantismós)109 Die für das 1. Jh. bezeugte Tálanton-Steuer war – wie die Statér-Steuer – eine Grundsteuer, die offensichtlich auf kleruchisches Land erhoben wurde.

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103 Vgl. J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 95. 104 Die Tempelverwaltungen scheinen zur Zahlung von στέφανοι nicht herangezogen worden zu sein – jedenfalls nicht in den Fällen, in denen sie βασιλικὴ γῆ gepachtet hatten. Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 59 = Chrest. Wilck. 65, Z. 59 = C. Ord. Ptol. 53, Z. 59; 93, Z. 57-59; dazu J. C. Shelton, CE 50, 1975, 263-267; außerdem B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 545. 105 D. Kaltsas, P. Paramone, S. 97, vertritt sogar die Ansicht, daß ein στέφανος vermutlich jeder Gruppe auferlegt werden konnte. 106 Der Tätigkeitsbereich eines πρὸς τῇ συντάξει überschritt möglicherweise gelegentlich die Grenzen eines Gaus. Vgl. Nadine Quenouille - L. Willms, APF 47, 2001, 60. 65. 107 Vgl. etwa O. Wilck. 320, Z. 4 (nach 173): τοῦ πρὸς τῆι συντά(ξει); P. Hels. I 26 A, Z. 30: διὰ τοῦ πρὸς τῆι συν(τάξει). – Offensichtlich handelte es sich um denselben Beamten – gewöhnlich wird er als „Militärbeamter“ bezeichnet –, der vor allem die Aufsicht über die κλῆροι der κάτοικοι (ἱππεῖς) innehatte. Zum πρὸς τῇ συντάξει vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 164 Nr. 0235-0238; Hiérarchie, 167-169; G. Geraci, in: Proceedings of the Sixteenth International Congress of Papyrology, 267-276; Bärbel Kramer, P. Hamb. IV, S. 17 (mit weiterer Literatur); Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 17. 31; außerdem PP II/VIII 2489-2504; schließlich PP II/VIII 2505-2507 (Untergebene). 108 Am 21. September 100 zahlte ein gewisser Diopides εἰς στέφα[νον] τῶν κατοίκ(ων) 54 Silber-Drachmaí bei der Bank von Thebai ein. Vgl. O. Vars. 50. In der Zeit vom 14. Juli bis zum 12. August 98 zahlte ein gewisser Heroides εἰ̣ς̣ στ̣έ̣φα ̣ (̣ νον) τῶ̣ν̣ [κ]α̣τοίκ(ων) 40 Silber-Drachmaí bei derselben Bank ein. Vgl. O. Heid. 8. Am 22. Februar 97 zahlte ein gewisser Photnuphis εἰς τὸν στέφανον τῶν κατοίκων ebenfalls 40 Silber-Drachmaí bei der Bank ein. Vgl. O. Bodl. I 113. 109 Zum ταλαντισμός vgl. Claire Préaux, Économie royale, 403.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Marine-Steuer (trierárchema)110 Die Marine-Steuer scheint eine kleinere Steuer gewesen zu sein, die von verschiedenen Personengruppen zur Finanzierung der Kriegsmarine erhoben wurde, so etwa von klerúchoi111, von Importeuren 112 und von gewissen Beschäftigten der Leinenfabrikation113. Die Drei-Choinikes-Steuer I (trichoínikon)114 Aus welchem Grund und zu welchem Zweck eine Drei-Choinikes-Steuer zu zahlen war, wissen wir nicht. Hatte die Steuer einen kultischen Hintergrund? Die Drei-Choinikes-Steuer II (trichoínikon iliakón/Iliakón)115 Das trichoínikon iliakón bzw. Iliakón, das von Bewirtschaftern konzedierten Landes zu entrichten war, ist rätselhaft. War es eine Steuer, die anläßlich eines (periodisch wiederkehrenden) Ilion-Fests zu zahlen war116? Die Gänse-Steuer (logeía chenón)117 Die Gänse-Steuer scheint von den klerúchoi einerseits (aufgrund von monopolrechtlichen Bestimmungen) an den König und andererseits (aufgrund von traditionellen Rechtspraktiken) an die Priester eines Tempels bzw. an die Priester verschiedener Tempel abgeführt worden zu sein, u. zw. in natura. ___________________________

110 Zum τριηράρχημα vgl. J. P. Mahaffy - J. G. Smyly, P. Petr. III, S. 277; U. Wilcken, O. Wilck. I, 400; G. Plaumann, P. Grad., S. 44; C. C. Edgar, ASAE 23, 1923, 76f. 89; P. Cair. Zen. I, S. 22; Claire Préaux, Économie royale, 379. 401; Sitta von Reden, Money, 859. 9445; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 253f. (zu P. Poethke 8, Z. 77); außerdem U. Wilcken, in: Raccolta G. Lumbroso, 96. (H. Hauben, AncSoc 21, 1990, 119-139, geht auf das Problem des τριηράρχημα nicht ein.) 111 Vgl. P. Cair. Zen. IV 59604, Z. 5; P. Petr. II 39 (c) (2), Z. 8; (7), Z. 14; bzw. P. Petr. III 110 (a), Z. 3; (b), Z. 7. 112 Vgl. P. Cair. Zen. I 59012, Z. 74. 100. 110. 119; 59015 (recto), Z. 41. 113 Vgl. P. Rev., Col. 94. 114 Zum (τρι)χ(οίνικον) von P. Tebt. I 93, Z. 57 vgl. J. C. Shelton, CE 50, 1975, 264. 115 Zum τριχοίνικον ἰλιακῶν bzw. Ἰλιακῶν vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 641, s. v. τριχοίνικον ἰλιακῶν; A. S. Hunt - J. G. Smyly - C. C. Edgar, P. Tebt. III 2, S. 305, s. v. τριχοίνικον ἰλιακῶν; dazu Claire Préaux, Économie royale, 132. Vgl. außerdem I. Ilion 52, Z. 17. 116 Daß in Ägypten Ἰλιακά zu Ehren der Athena – in einem lokalen bzw. regionalen Rahmen – gefeiert worden sind, halte ich nicht für unwahrscheinlich. Vielleicht darf man in diesem Zusammenhang an die ∆ήλια erinnern, die zu Ehren des Apollon gefeiert worden sind. Vgl. dazu Françoise Perpillou-Thomas, Fêtes, 77f. 117 Zum φόρος χηνῶν τοκάδων von P. Petr. III 112 d, Col. I, Z. 9; g, Z. 4; e Verso, Z. 26 (3. Jh.) vgl. Claire Préaux, Économie royale, 2412. Zur χηνῶν λογε̣ία von P. Poethke 8, Z. 185f. (235/34) vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 258. Zur χηνῶν λογεία von BGU VI 1236, Z. 6f. (2./1. Jh.) vgl. Claire Préaux, Économie royale, 2422.

Die Steuern

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Die Deiche-Steuer (chomatikón)118 Die Deiche-Steuer, die teils in natura, teils nummis gezahlt wurde, diente der (teilweisen) Finanzierung der Deicharbeiten. Vermutlich war diese Steuer nur von Bewirtschaftern nicht-königlichen Landes – insbesondere von Besitzern kleruchischen Landes – zu zahlen. Sie diente wohl der Ablösung des an sich von allen zu leistenden Dienstes der Beteiligung an den Deicharbeiten119.

Die Grundsteuern Die Tennen-Steuern (ta epí téi háloi anelómata)120 Mit dem Ausdruck „(alle) auf der Tenne anfallenden Ausgaben“ werden die kleineren Steuern zusammengefaßt, die jährlich im Zusammenhang mit den Arbeiten auf der Tenne zu entrichten waren. Die Weingärten-Steuern (ampeliká)121 Unter ampeliká verstand man die Summe aller Steuern, mit denen Weingärten belastet waren. Vermutlich ist die Bezeichnung ampeliká mit dem Ausdruck télos oínu gleichzusetzen.

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118 Zum χωματικόν (nbj) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 333-342; J. Lesquier, Institutions militaires, 217; Claire Préaux, Économie royale, 182. 398f.; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 51f.; F. Uebel, Kleruchen, bes. 18; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 74; A. Martin - G. Nachtergael, CE 76, 2001, 178; D. Kaltsas, P. Paramone, S. 94f.; B. P. Muhs, Tax Receipts, 59. 84; Sitta von Reden, Money, 87. 92f. 94. 102; W. Clarysse Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 251f. 256. 259 (zu P. Poethke 8, Z. 38f. 48f. 58 [?]. 65f. 120-127. 212); K. Maresch, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 129. 129f.26. – Zu den von einem gewissen Pyrrhandros, dem Sohn des Demosthenes, einem μισθοφόρ(ος) ἱπ(πεύς), zu zahlenden χωματικὸν ἀμπελώνων vgl. P. Petr. II 29 (a), Z. 1. 6-8 (mit BL I, S. 366f.) (245/44 [?]); dazu Sandra Scheuble, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 216f. 119 Vgl. UPZ II 157 (242/41 [?]); dazu Anne-Emmanuelle Veïsse, Ktèma 32, 2007, 286. 288f. 120 Vgl. P. Tebt. I 105, Z. 4f.: [τὰ ἐσό(μενα)] ἐ̣π̣ὶ̣ τῆι ἅλωι ἀνηλώματα; 24: πάντα τὰ ἐσόμενα ἐπὶ τῆι ἅλωι ἀνηλώματα; dazu Claire Préaux, Économie royale, 131f. 121 Zu den ἀμπελικά vgl. Claire Préaux, Économie royale, 184; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 57; Sitta von Reden, Money, 221f. 277f.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Weingärten- und Obstgärten-Steuer (phóros ampelónon kai paradeíson)122 Die Weingärten- und Obstgärten-Steuer war eine Art Grundsteuer, die jährlich – in Geld – zu entrichten war. Die Grund-Steuer (artabieía)123 Normalerweise war pro árura mit Weizen bebauten Landes eine Grund-Steuer von 1 artábe Weizen abzuliefern 124 . Spätestens gegen Ende des 2. Jh. wurde ___________________________

122 Zum φόρος bzw. zum ἐκφόριον ἀμπελώνων καὶ παραδείσων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 147-152; Claire Préaux, Économie royale, 184f.; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 42; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 259 (zu P. Poethke 8, Z. 26f. 187-197); K. Maresch, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 124-133; außerdem D. Kaltsas, P. Paramone, S. 94. Vgl. auch P. Haun. inv. 407, Z. 281-283: ἀ̣[πὸ τῆς] ἐν φορολογίαι σιτοφόρου σὺν [τ]ῆι κατακεχρημένηι εἰς ἄμπελον καὶ φοίνικας γῆς … - Zu den Bedeutungen der Wortfamilie ἄμπελος und zur Bedeutung von παράδεισος vgl. Hélène Cadell, in: Proceedings of the XIV International Congress of Papyrologists, 36f.; JJP 19, 1983, 123-126. 123 Zur ἀρταβιεία (mt.t pr-c3, die „Angelegenheit des Königs“), zum ἡμιαρτάβιον und zur διαρταβία bzw. zum ἐκφόριον vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 185-188; B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 430f.; B. P. Grenfell - A. S. Hunt - E. J. Goodspeed, P. Tebt. II, S. 177; F. Heichelheim, RE Suppl. VI, 1935, 819-892, hier 866f., s. v. Sitos; Claire Préaux, Économie royale, 131. 483; J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 256f.; Zola M. Packman, Taxes in Grain, 70-72; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, bes. 99. 174f.; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 11f.; P. W. Pestman, P. Batav., S. 115. 117-119; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 58; Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 38f.; J. G. Manning, Land and Power, 59f.; Anne-Emmanuelle Veïsse, „Révoltes égyptiennes”, 218-220 (zur Neuordnung der ἀρταβιεία in der Zeit Ptolemaios’ V.); Katelijn Vandorpe, CRIPEL 25, 2005, 166f.; Sitta von Reden, Money, 89-92; außerdem J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 8f. (zu O. Heid. 7); R. S. Bagnall - K. A. Worp, O. Sijp., S. 253 (zu O. Sijp. 38a); G. Bastianini, PSI XV, S. 212 (zu PSI XV 1513, Z. 5f.). – Eine außerordentlich Forderung ist in BGU XIV 2375 (62-50) erwähnt. Der Beschwerdeführer dieses Schriftstücks behauptet: Früher habe man als Besitzer von heiligem Land 1 ἀρτάβη Grund-Steuer bezahlen müssen, dann sei der Betrag auf 1½ ἀρτάβαι erhöht worden, und nun würde ὑπὸ τῶν ἐ̣[ν] τοῖς τόποις πρὸς ταῖς εἰσαγωγαῖς τεταγμένων (Z. 20-22) eine weitere ἀρτάβη verlangt, und zwar πρὸς τοὺς θεούς, d. h. für Herakles und die Nemeseis. Wie die Sache ausgegangen ist, wissen wir nicht. Jedenfalls stimmen die Zahlen nicht mit dem überein, was wir sonst von der Höhe der Grund-Steuer wissen. 124 Vgl. etwa P. Hels. I 31, Z. 25f. (7. August 160): ἐκφόριον. Zu den Zeilen 26-30 dieses Papyrus vgl. die Verbesserungen von D. Hagedorn, ZPE 136, 2001, 151. – Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 39, stellt fest, daß die διαρταβία (im J. 137 oder später) folgenden Gruppen auferlegt war: 1. Leuten, die ihre κλῆροι käuflich erworben hatten; 2. Leuten, die auf einer ἰδιόκτητος γῆ saßen; 3. Polizisten (φυλακῖται) und Straßenpolizisten (ἔφοδοι), die κάτοικοι geworden waren. – Zu der rätselhaften πυροῦ πενταρταβία von P. Sorb. I 18, Z. 6 (etwa 256-250) vgl. Sitta von Reden, Money, 91.

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diese Steuer jedoch auf ½ artábe Weizen reduziert (hemiartábion), soweit sie für heiliges und kleruchisches Land zu entrichten war125. Sowohl die Grund-Steuer, die die klerúchoi zu zahlen hatten126, als auch der Pachtzins, den die königlichen Bauern abzuliefern hatten, wurde häufig als ekphórion bezeichnet127. Die Spreu-Steuer (áchyron)128 Die Spreu-Steuer wurde – in natura – von den Grundbesitzern entrichtet, deren Getreide auf der Tenne geworfelt worden war. Die an die staatlichen Speicher abgelieferte Spreu wurde von den Behörden wohl verschiedenen Zwecken zugeführt. Genaueres wissen wir – im Hinblick auf die ptolemaiische Zeit – nicht. Die Vermessungs-Steuer (hypér geometrías)129 Für die Vermessung jedes landwirtschaftlich genutzten Stückes Land war eine Steuer zu zahlen, die für alle diese Stücke gleich hoch war. Sofern es sich um Land handelte, auf dem Getreide angebaut wurde, betrug die Steuer ½ artábe. Die Höhe der Steuer, die für die Vermessung von Weingärten, Palmengärten, Obstgärten und Gemüsegärten (in Geld) eingezogen wurde, ist unbekannt.

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125 Zu der komplizierten Frage, wer von der Grund-Steuer, die für die Bewirtschaftung heiligen Landes zu entrichten war, letzten Endes profitiert hat, vgl. E. Boswinkel - P. W. Pestman, P. Batav., S. 116f. 126 Sitta von Reden, Money, 90-92, kommt aufgrund des (angeblichen?) Fehlens von entsprechenden Dokumenten zu dem bemerkenswerten Schluß, daß im 3. Jh. für kleruchisches Land, auf dem Getreide angebaut wurde, keine Grund-Steuer zu entrichten war. 127 Vgl. etwa F. Heichelheim, RE Suppl. VI, 1935, 819-892, hier 866f., s. v. Sitos. Anders etwa Sitta von Reden, Money, 86. 91. Vgl. nunmehr auch P. Haun. inv. 407, Z. 281-285. – Seit dem 2. Jh. waren die ἐκφόρια teils an die διοίκησις, d. h. an das βασιλικόν, teils an den ἴδιος λόγος zu zahlen. Vgl. etwa K. Zimmermann, ZPE 138, 2002, 138f. 128 Zur Steuer des ἄχυρον (tḥ) vgl. die Belege, die J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 21-24, gesammelt hat; außerdem O. Heid. 18, Z. 3; 19, Z. 3f.; dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 102f. 162-164; P. M. Meyer, P. Meyer, S. 119. 135f.; Claire Préaux, O. Wilb., S. 96f.; Économie royale, 132; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 65; J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 20-25. 129 Zur Steuer ὑπὲρ γεωμετρίας vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 173-177; B. P. Grenfell A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 39; Claire Préaux, Économie royale, 131; außerdem J. C. Shelton, CE 50, 1975, 265f.; K. Maresch, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 132.

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Die Defizit-Messungen-Steuer (diámetron)130 Die Steuer, die in gewisser Weise die Defizite, die bei den Messungen der abzuliefernden Getreidemengen festgestellt wurden, ausgleichen sollte, gehörte zu den kleineren Steuern des größeren Komplexes Getreidesteuern. Die doreá-Steuer (doreá)131 In einem Dokument, das vielleicht aus dem Jahr 181/80 stammt, ist eine doreá-Steuer erwähnt, die auf einen Weingarten erhoben wird132. Eine Steuer, die mit der früheren doreá-Qualität des Grundstücks oder eines Teils des Grundstücks in Verbindung zu bringen ist? Die Öl-Steuer (elaíu)133 Nach Angaben der sog. Revenue Laws hatten die Bauern, die Ölpflanzen anbauten, eine 25%ige Grundsteuer zu zahlen, u. zw. in natura. Genannt werden Sesam und Rizinus134. Für 1 artábe Sesam war der Gegenwert von 2 Drachmaí, für 1 artábe Rizinus der Gegenwert von 1 Drachmé abzuliefern. Die Árura-Steuer (eparúrion)135 Die Árura-Steuer ist eine Grundsteuer, die nach der Zahl und der Bonität der árurai berechnet wurde. Sie betraf – ausschließlich? – die Grundstücke von Weingärten und wurde in Geld bezahlt136. ___________________________

130 Zum διάμετρον bzw. διάφορον μέτρου bzw. ἐπίμετρον vgl. Claire Préaux, Économie royale, 132. 131 Zur Steuer der δωρεά vgl. Claire Préaux, Économie royale, 185f. 132 Vgl. P. Mich. III 200 Recto, Z. 9f. 27f. 133 Zum τέλος (τὸ ἀπὸ) τοῦ σησάμου καὶ τοῦ κροτῶνος – vgl. P. Rev., Col. 57, Z. 6. 12f. 15; 59, Z. 7. 17f. – vgl. insbesondere P. Rev., Col. 39; 59; dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 188f.; Claire Préaux, Économie royale, 90. 91 (zu ἐλαίου - ὑπὲρ τιμῆς ἐλαίου - ὑπὲρ ἐλαïκῆς); G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 52; S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 29, 1980, 5. 6; D. Devauchelle, O. dem. Louvre I, S. 63-68; S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 25; H. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 56f. 78-81; J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 5 (zu O. Heid. 3); B. P. Muhs, Tax Receipts, 73-75; Sitta von Reden, Money, 94f. 100-102. 114; außerdem Cat. dem. Brookl. 89, Z. 2. 134 Warum nur Sesam und Rizinus? Genügt es, darauf hinzuweisen, daß Sesam- und Rizinuspflanzen die wertvollsten Ölpflanzen waren? (Von den Ölbäumen ist in diesem Zusammenhang natürlich abzusehen.) 135 Zum ἐπαρούριον (h3prwry3n) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 193; Claire Préaux, Économie royale, 181f. 399; W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 34f. 36; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 20; J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 11f.; Sitta von Reden, Money, 112-117; K. Maresch, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 129-133; außerdem P. J. Sijpesteijn, JJP 16-17, 1971, 99f.; W. Clarysse, P. Sijp., S. 45; ZPE 168, 2009, 244 (zu P. Sijp. 9c, Z. 4). 136 Bemerkenswert ist der Text P. Mich. I 106, Z. 2-9, der im Brief eines Mannes steht, der das Land zu kultivieren beabsichtigt hat: ... ἐγλελειμμέν[ . . παρὰ] τὴν μεγάλην διώρ[υγα ὥστε] καταφυτεῦσαι ἀπ’ αὐτ̣[ῆς μέρος] εἰς (ἀρούρας) κ, ἐφ’ ὧι

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Die Hälfte-Steuer, die Drittel-Steuer und die Viertel-Steuer (hemíseuma, tríte, tetárte)137 Die exorbitante Hälfte-Steuer und die nicht viel weniger exorbitante DrittelSteuer und die immer noch hohe Viertel-Steuer wurden auf die Erzeugnisse von Rebstöcken erhoben: entweder auf Most oder auf Wein138. Eher auf Wein. Und anscheinend auf die Erzeugnisse von Rebstöcken, die auf privatem, kleruchischem oder „geschenktem“ Grund wuchsen139. Wer die Hälfte-Steuer zahlte, wer die Drittel-Steuer und wer die Viertel-Steuer, wissen wir nicht140. Hing die Staffelung allein von der Bonität des Bodens ab? Die Heiliges-Land-Steuer (hierás)141 Die Heiliges-Land-Steuer war von – gewissen (?) – Bewirtschaftern heiligen Landes zu entrichten. Die Gärten-Steuer (téle ton ktematíon)142 Mit dem allgemeinen Ausdruck „Gärten-Steuer“ konnte anscheinend die Weingärten- und Obstgärten-Steuer bezeichnet werden. Die Eichen-Steuer (myrobálanos)143 Die Eichen-Steuer war eine Grundsteuer, die auf Böden lag, auf denen Bäume der Sorte Balanites aegyptiaca gepflanzt waren. Die Steuer war anscheinend entweder in natura oder nummis zu zahlen.

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τελέσο̣[μεν] ... ἀπὸ παντ[οδαποῦ] γενήματος (ἕκτον) (?) τῆι Φιλαδέλφ[ωι] καὶ τῶι βασιλ[εῖ ἐπαρούριον] πρὸς ἀργύρ(ιον δραχμὰς 16 ἡμίδραχμον). Zum ἡμίσευμα bzw. zur τρίτη bzw. zur τετάρτη vgl. C. C. Edgar, ASAE 19, 1920, 84f.; M. Rostovtzeff, Large Estate, 99f.; P. Collart – P. Jouguet, in: Raccolta G. Lumbroso, 123. 124; C. C. Edgar, P. Cair. Zen. II, S. 89f.; Claire Préaux, Économie royale, 182-184. 375; P. Schubert, P. Lips. II, S. 28-31; Sitten von Reden, Money, 10278. Unter der Wendung τ̣ὰ̣ ... γ̣ι̣νό̣ μ ̣ ε̣ ν ̣ ̣α̣ ε̣ἰ̣ς̣ τ̣ὸ̣ βασιλικὸν π̣άν ̣ ̣τα ̣ ̣ von CPR XVIII 7, Kol. IV, Z. 131f. wird das ἡμίσευμα oder die τρίτη oder die τετάρτη mitzuverstehen sein. Mißverständlich Sitta von Reden, Money, 18835. Vgl. Claire Préaux, Économie royale, 183. Vgl. dazu Claire Préaux, Économie royale, 183f. Zur Steuer ἱερᾶς vgl. P. Poethke 8, Z. 121-123. 199f.; dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 256. Zu den τέλη τῶν κτηματίων vgl. P. Cair. Zen. IV 59593, Z. 13; dazu Sitta von Reden, Money, 10278; außerdem Claire Préaux, Économie royale, 166. 168f.; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 235; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 296f. (zu κτήματα). Zur Steuer der μυροβάλανος vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 258f.; Claire Préaux, Économie royale, 365f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 65. 78.

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Die Wein-Steuer (télos oínu)144 Mit dem Ausdruck télos oínu wird anscheinend die Gesamtheit der auf Weingärten liegenden Steuern bezeichnet. Vermutlich ist dieser Ausdruck mit der Bezeichnung ampeliká inhaltlich identisch. Die Taubenschläge-Meß-Steuer (pechismós peristereónon)145 Die Taubenschläge-Meß-Steuer war eine Grundsteuer, die nach der (in Quadrat-Ellen gemessenen) Größe der Flächen der Taubenschläge berechnet wurde. Die Vierundzwanzigstel-Steuer von Grundstücken (tetrakaieikosté)146 Die Vierundzwanzigstel-Steuer war eine – etwas mysteriöse – Grundsteuer, deren Steuersätze unterschiedlich hoch waren147. Doch richteten sich diese Unterschiede nicht nach der Größe der besteuerten Flächen, sondern nach anderen, uns unbekannten Gesichtspunkten. Die Palmengrundstück-Steuer (timé phoinikónon)148 Bisher besitzen wir nur Dokumente, die über die Palmengrundstück-Steuer der römischen Zeit Auskunft geben149 – eine Steuer, die nach árurai berechnet und in Geld gezahlt wurde. „Daß sich in unserer Sammlung keine Quittung über diese Steuer aus der Ptolemäerzeit findet, kann nur ein Zufall sein.“150 ___________________________

144 Zum τέλος οἴνου (p3 (tny n) jrp) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 270f.; Claire Préaux, Économie royale, 1783. 184f.; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 41; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 68. 145 Vgl. dazu R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 66f., der zu Recht die Steuer des πηχισμὸς περιστερεώνων mit der Steuer des περιστερών identifiziert. Anders Claire Préaux, Économie royale, 239f. Demotisch hieß die Steuer p3 tn n st-mn.ty („die Steuer des Taubenschlags“). Vgl. auch B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 301; Katelijn Vandorpe, P. Dryton, S. 393-397 (mit weiterer Literatur). 146 Zur τετρακαιεικοστή vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 400; Claire Préaux, Économie royale, 132 (mit einem Teil der antiken Belege); J. C. Shelton, CE 50, 1975, 265; Bärbel Kramer, P. Hamb. IV, S. 8f.7 (mit weiteren antiken Belegen). – Sind die in P. Hib. I 112, Z. 38. 46. 58. 75 erwähnten Steuerzahlungen aufgrund dieser Art der τετρακαιεικοστή geleistet worden? 147 Zu der angeblichen τετρακαιεικοστή von P. Tebt. I 36, Z. 9f. vgl. J. C. Shelton, CE 50, 1975, 267f. (mit einem allerdings ebenfalls nicht überzeugenden Gegenvorschlag). 148 Zur τιμὴ φοινικώνων bzw. ὑπὲρ φοινικώνων (ḥd bnr n p3 ntr u. ä.) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 313-319 (römische Zeit); S. L. Wallace, Taxation, 49-51; außerdem R. Bogaert, AncSoc 30, 2000, 157; Ursula Kaplony-Heckel, APF 49, 2003, 6233. 149 Vgl. jedoch nunmehr P. Haun. inv. 407, Z. 281-283: ἀ̣[πὸ τῆς] ἐν φορολογίαι σιτοφόρου σὺν [τ]ῆι κατακεχρημένηι εἰς ἄμπελον καὶ φοίνικας γῆς ... (119/18). 150 U. Wilcken, O. Wilck. I, 319.

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Die Grünfutter-Steuer (logeía ton chlorón)151 Bei der Grünfutter-Steuer scheint es sich um eine Steuer gehandelt zu haben, die auf eine gewisse Sorte oder gewisse Sorten von Pflanzen ausgebracht worden war. Auf einfaches Gras? Kaum. Aber nicht unmöglich152.

Die Vermögenssteuern Die Freilassungs-Steuer (aparché)153 Das vieldeutige, häufig mit einer religösen Konnotation versehene Wort aparché ist im Zusammenhang mit der Freilassung eines Sklaven oder einer Sklavin bisher nur ein einziges Mal zur Bezeichnung der bei diesem Vorgang zu zahlenden Steuer aufgetaucht. Die Schenkungs-Steuer (télos dóseos)154 Die Schenkungs-Steuer war bei einem Eigentumswechsel aufgrund einer Schenkung zu zahlen. Die Kauf-Steuer hypothekenbelasteter Güter (timé engaíon ton epikatabebleménon)155 Beim Kauf hypothekenbelasteter Güter war eine Kauf-Steuer von 5% zu zahlen.

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151 Zur λογεία τῶν χλωρῶν bzw. zur τῶν χλωρῶν λογεία von P. Hib. I 51, Z. 2. 5 vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 195; zum λόγος χλωρῶν von P. Petr. III 71, Z. 3 vgl. BL I, S. 383; außerdem A. S. Hunt - J. G. Smyly - C. C. Edgar, P. Tebt. III 2, S. 343, s. v. χλωρός; Claire Préaux, Économie royale, 132. 152 Zu χλωρά vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 563; M. Schnebel, Landwirtschaft I, 213f.; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, bes. 112. 153 Zur ἀπαρχή (eines Sklaven oder einer Sklavin) vgl. P. UB Trier S 135-2, Z. 21; dazu R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 57; Nadine Quenouille, APF 48, 2002, 76f. 87; D. Kaltsas, P. Paramone, S. 97. – Zu den τέλη (ἀπελευθερώσεως [?]) von P. Hib. I 29, Z. 6f. vgl. Claire Préaux, Économie royale, 310. 154 Zum τέλος δόσεως vgl. U. Wilcken, UPZ II, S. 147; R. Bogaert, AncSoc 29, 19981999, 68. 155 Zur τιμὴ ἐγγαίων τῶν ἐπικαταβεβλημένων vgl. R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 69f. 119.

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Die Umsatz-Steuer (enkýklion)156 Die Umsatz-Steuer 157 war beim Kauf bzw. beim Wechsel von registrierungspflichtigen Werten, d. h. insbesondere beim Kauf von Immobilien oder von Sklaven und außerdem bei der Aufnahme oder Erneuerung einer Hypothek zu entrichten. Sie betrug im 2. Jh. zunächst 5%158 und dann – wohl ab 137/31 – 10%, bei Hypotheken nur 2%159. Die Einhundertstel-Steuer (hekatosté)160 Die Einhundertstel-Steuer war eine zusätzliche Steuer, die vom Käufer beim Kauf gewisser staatlicher Güter zu entrichten war.

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156 Zum (τέλος) ἐγκύκλιον bzw. τέλος bzw. τέλος ὠνῆς vgl. G. Lumbroso, Recherches, 303-305; U. Wilcken, O. Wilck. I, 182-185; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 328331; Claire Préaux, Économie royale, bes. 331-334; J. Bingen, CE 17, 1942, 291298; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 52f.; T. C. Skeat, JEA 45, 1959, 77f.; P. W. Pestman, in: Textes, 214-222; W. Schäfer, P. Köln V, S. 142-149; Bärbel Kramer, CPR XVIII, S. 31; S. P. Vleeming, in: Life, 343-350; P. W. Pestman, Archive, S. 348f. 353f.; K. Maresch, Bronze und Silber, 214-216; R. Bogaert, AncSoc 29, 19981999, 60; G. Nachtergael, P. Bingen, S. 205; J. G. Manning, Land and Power, 171173; B. P. Muhs, Tax Receipts, 10. 20. 66-68. 71f.; außerdem Charikleia Armoni, ZPE 132, 2000, 225-230 (zu SB XXVI 16799); J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 10f. (zu O. Heid. 9); Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 112 (zu P. Heid. IX 435, Z. 2). 157 Das Wort ἐγκύκλιον zur Bezeichnung dieser Umsatz-Steuer taucht zum ersten Mal im J. 210 auf. Vgl. B. P. Muhs, Tax Receipts, 71. – Demotisch wurde ἐγκύκλιον anscheinend mit 3ggryn umschrieben. Vgl. P. W. Pestman, in: S. P. Vleeming, in: Life, 350; B. P. Muhs, Tax Receipts, 71. 72514. Anders W. Clarysse, in: Aspects, 2169; E. Van ’t Dack, jetzt in: Ptolemaica selecta, 102; Carol A. R. Andrews, Cat. dem. Brit. Mus. IV, S. 5722; in: Life, 11f. Vgl. auch Katelijn Vandorpe - W. Clarysse, in: Studies R. Bogaert, 16127: p3 tny wc sh db3-ḥd (Pathyris). 158 Die Steuer trug daher den Namen εἰκοστή. 159 Die Steuer hieß auch in diesen Fällen εἰκοστή, obwohl sie in Wirklichkeit eine πεντηκοστή war. Vgl. R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 6029. – Zu den prozentualen Schwankungen vgl. etwa S. P. Vleeming, in: Life, 348-350. 160 Zur ἑκατοστή vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 364; Claire Préaux, Économie royale, 334; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 60.

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Die Weide-Steuer (ennómion)161 Die Weide-Steuer, die nach der Stückzahl der verschiedenen, zu besteuernden Tiere berechnet wurde, war in Geld zu zahlen. Ein dioiketés des 3. Jh. bezeichnet die Weide-Steuer als eine Steuer, die sehr hohe Einkünfte bringt162. Die Vermietungs-Steuer (enoíkion)163 Die Vermietungs-Steuer war vom Hausbesitzer aufgrund des Mietvertrags zu entrichten. Die Einsechzigstel-Steuer (hexekosté)164 Beim Kauf von Immobilien war eine Steuer von einem Sechzigstel des Kaufpreises an den Staat abzuführen.

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161 Zum ἐννόμιον bzw. κτάμιον (?) (qtm) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 191f. 265f.; E. Kühn, BGU VI, S. 113 (zu BGU VI 1351-1353); M. Rostovtzeff, P. Tebt. III 1, S. 96; Sandra Avogadro, Aegyptus 14, 1934, 293-297; Claire Préaux, Économie royale, 225-227. 230. 3369. 421; M. Rostovtzeff, History I, 294f.; V. A. Tcherikover - A. Fuks, CPJ I, S. 196; P. W. Pestman, in: Studia papyrologica varia, 66130; M. A. A. Nur el-Din, O. dem. Leid., S. 25-29; S. P. Vleeming, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1054-1056; O. Vleem., S. 6f.; G. Wagner, O. Eleph. Wagner, S. 28 (zu O. Eleph. Wagner 2); R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 61; B. P. Muhs, Tax Receipts, 6f. 8f. 14-16. 41. 59. 60. 61. 84; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. I, S. 65f.; II, 61152. 73. 207. 212; Sitta von Reden, Money, 857 (Zahlung in natura). 105. 112-117; Katelijn Vandorpe - W. Clarysse, in: Studies R. Bogaert, 16024 (Pathyris); W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 252. 258. 259 (zu P. Poethke 8, Z. 32-34. 47. 176-184. 211); außerdem G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 53 (mit fraglicher Erklärung); W. Clarysse, in: Aspects, 33; Maren Schentuleit, Buchhaltung I, 236f.; K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 118. 162 P. Tebt. III 1, 703, Z. 165f.: οὔσης … τῆς κατὰ τ[ὸ] ἐννόμιον προσόδου ἐν ταῖς πρώταις … 163 Zum ἐνοίκιον vgl. Claire Préaux, Économie royale, 300-302; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 192 (römische Zeit). 365 (Miete). – War das ἐνοίκιον mit dem ḥt cy („Steuer des Hauses“) identisch? Vgl. dazu G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 44f. Ich zweifle, ob neben dem ἐνοίκιον (für die Mietverträge) auch eine Steuer für das οἰκόπεδον (für den Besitz des Grundes, auf dem ein Haus stand) zu zahlen war. In Chrest. Wilck. 223, Z. 3-5 (3. Jh.) ist nur davon die Rede, daß aufgrund des Besitzes eines οἰκόπεδον ein ἐν[οίκιο]ν (!) zu zahlen ist. Vgl. zu dieser Frage Claire Préaux, Économie royale, 300f.; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 390f. (römische Zeit). 164 Zur ἑξηκοστή vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 366; Claire Préaux, Économie royale, 335; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 61.

214

Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Joch-Steuer (télos zeugón)165 Der genaue Sinn der Joch-Steuer ist nicht zu ermitteln. Vermutlich ist diese Steuer auf den Besitz gewisser Tiere, die zusammengeschirrt wurden, ausgebracht gewesen. Jedenfalls scheint sie mit der Joch-Steuer (nḥb-Steuer), die die Vorgängerin der Salz-Steuer war, nichts zu tun gehabt zu haben. Die Vieh-Steuer (télos ktenón)166 Auf welche Tatbestände sich die Vieh-Steuer bezog, ist nicht sicher zu eruieren. Die Geflügel-Steuer (télos peteinón)167 Die Besitzer von Geflügel hatten für diesen Besitz eine entsprechende Vermögenssteuer zu zahlen. Die Schafe-Steuer (probáton)168 Die Schafe gehörten zu den Tieren, für deren Besitz jährlich die Schafe-Steuer zu entrichten war. Sie variierte nach der Zahl der Tiere. Die Einvierundzwanzigstel-Vierfüßler-Steuer (tetartoneikosté tetrapódon)169 Die bisher nur einmal bezeugte Einvierundzwanzigstel-Vierfüßler-Steuer wurde entweder auf den Besitz von Vierfüßlern oder auf den Import bzw. Export von Vierfüßlern bei der Überschreitung von Gaugrenzen erhoben. Die Schweine-Steuer (hyiké)170 Die Schweine-Steuer scheint eine Vermögenssteuer gewesen zu sein, die auf dem Besitz von Schweinen lag. ___________________________

165 Zum τέλος ζευγῶν von O. Wilck. 1028, Z. 3f. vgl. Claire Préaux, Économie royale, 228; S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 17, 1968, 35. 166 Zum τέλος κτηνῶν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 228. 167 Zum τέλος πετεινῶν vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 279. 168 Zum (φόρος) προβάτων (n3 ḥd.w n n3 ἰsw) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 286 (mit den zu dieser Zeit bekannten Belegen); Claire Préaux, Économie royale, 217. 228; P. W. Pestman, in: Studia papyrologica varia, 66130; Carla Balconi, Aegyptus 68, 1988, 47-50 (mit weiteren Belegen); M. El-Abbadi, in: Proceedings of the XIXth International Congress of Papyrology II, 205-215 (mit der früheren Literatur, jedoch unter Berücksichtigung vor allem der römischen Zeit); S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 6f.; B. P. Muhs, Tax Receipts, 6f. 37; Katelijn Vandorpe, APF 54, 2008, 100; außerdem P. Tebt. III 1, 701, Z. 190 (235 oder 210). 169 Zur τετα̣ρ̣τ̣ο̣νεικοστὴ τετραπόδων vgl. P. Hib. I 95, Z. 7f.; dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 264; Claire Préaux, Économie royale, 351f.; Bärbel Kramer, P. Hamb. IV, S. 97. 170 Zur ὑïκή vgl. Claire Préaux, Économie royale, 221-223. 228f.

Die Steuern

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Die Chalkús-Steuer (chalkiaía)171 Die Chalkús-Steuer war eine Zusatzsteuer zur Umsatz-Steuer (enkýklion). Die Höhe dieser Steuer, deren genaue Natur unbekannt ist, bewegte sich jedoch keineswegs allein im Chalkús-Bereich. Die Sklaven-Steuer (ḥd b3k)172 Beim Kauf eines Sklaven bzw. einer Sklavin war eine Steuer zu zahlen, die etwa 20% des Kaufpreises betrug. Bestand zwischen dem ḥd b3k und dem ḥt (?) mnḥ ein Unterschied? Die Sklaven-Steuer (ḥt [?] mnḥ)173 Beim Kauf eines Sklaven war die Zahlung einer Steuer fällig. Ich frage noch einmal: Bestand zwischen dem ḥt (?) mnḥ und dem ḥd b3k ein Unterschied? Die Zweieinhalb-Kite-Haus-Steuer (ḳt 2½ n p3 tny n p3 cwy)174 Die Zweieinhalb-Kite-Haus-Steuer, die in frühptolemaiischer Zeit in Thebai beim Kauf eines Hauses zu zahlen war, wurde von staatlichen Funktionären eingezogen. Möglicherweise wanderte sie aber nicht in die Kasse des Königs, sondern in den Schatz des Amun. Vermutlich ist sie mit der „Haus-Steuer“ gleichzusetzen175. Das Verhältnis der Zweieinhalb-Kite-Haus-Steuer zur Einzehntel-Steuer von Thebai ist nicht geklärt.

Die Gewerbesteuern Bei der Zusammenstellung der Gewerbesteuern befinde ich mich – ich gebe es gerne zu – in terminologischen Schwierigkeiten. So stellt sich beispielsweise bei nicht wenigen dieser Steuern die Frage: Handelt es sich um eine „Lizenz-Steuer“ oder um eine „Produktions- bzw. Verkaufssteuer“?

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171 Zur χαλκιαία bzw. χαλκιεία vgl. B. P. Grenfell, P. Rev., S. 201; U. Wilcken, O. Wilck. I, 403. 7181; S. P. Vleeming, in: Life, 34925; R. Bogaert, AncSoc 29, 19981999, 74; B. P. Muhs, Tax Receipts, 71f. 172 Zur Sklaven-Steuer (ḥd b3k) vgl. R. Scholl, Corpus I, bes. S. 29-34. 44-47. 61; S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 79; B. Muhs, BASP 33, 1996, 184; B. P. Muhs, Tax Receipts, 87. 109; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 304. 173 Zum ḥt (?) mnḥ („Steuer des Sklaven“) vgl. G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 50f. 174 Zur Zweieinhalb-Kite-Haus-Steuer (ḳt 2½ n p3 tny n p3 cwy und ähnlich) vgl. B. P. Muhs, Tax Receipts, 68f. 175 Zur „Haus-Steuer“ (ḥd c.wy) bzw. zur „Haus-Steuer von Thebai“ (ḥd c.wy n Nἰw.t) vgl. B. P. Muhs, Tax Receipts, 70f.

216

Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Akazien-Steuer (phóros akanthón [?])176 Die Akazien-Steuer, die wohl schon in ptolemaiischer Zeit erhoben wurde, war vielleicht ein Bestandteil der Steuern, die unter dem Begriff „Leder-Steuer“ (dermaterá) zusammengefaßt wurden177. Die Fischer-Steuer (tetárte haliéon)178 Die 25%ige Fischer-Steuer war eine Gewerbesteuer, deren Eintreibung Steuerpächtern oblag. Die beträchtliche Bedeutung, die diese Steuer im Nil-Land erlangte, ist vielleicht auch daraus zu ersehen, daß sie nicht selten allein mit dem Wort télos („Steuer“) als hinreichend spezifiziert angesehen wurde. Doch scheinen alle Dokumente, die sich auf die Fischer-Steuer beziehen, aus Oberägypten zu stammen179. War die Sache in Unterägypten anders geregelt? Ob die Fischer der konzedierten oder heiligen Ländereien von der Zahlung dieser Steuer befreit waren, wissen wir nicht. Die Bäder-Steuer II (tríte balaneíon)180 Von den Einkünften aus öffentlich genutzten Privatbädern war ein Drittel an den Staat abzuführen. Eine erstaunlich hohe Steuer!

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176 Zum φόρος ἀκανθῶν (?) vgl. O. Leid. 41, Z. 3 = SB X 10312, Z. 3 (26. Dezember 8 n. Chr. [?]); dazu Bärbel Kramer, P. Paramone, S. 78. 177 Die Hersteller von Lederwaren benützten die Hülsenfrüchte der Akazien bei der Fabrikation ihrer Produkte. Vgl. Wagler, RE I 1, 1893, 1159-1162, hier 1161, s. v. Akazie; Bärbel Kramer, ZPE 97, 1993, 141; außerdem Hultsch, RE Suppl. III, 1918, 70, s. v. Akazie; Bärbel Kramer, P. Paramone, S. 78. 178 Zur τετάρτη ἁλιέων bzw. τετάρτη ἰχθυικῶν ἁλιέων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 137-141. 724; B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 49f.; E. Kühn, BGU VI, S. 97f.; S. L. Wallace, Taxation, 219f.; Claire Préaux, Économie royale, 206f. 375; M. Rostovtzeff, History I, 297; V. A. Tcherikover - A. Fuks, CPJ I, S. 196; F. Uebel, APF 19, 1969, 65-67; J. Kaimio, P. Hels. I, S. 143; H. Harrauer, CPR XIII, S. 52 (Liste der thebaiischen Steuerquittungen); R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 69; B. P. Muhs, Tax Receipts, 83-85; Sitta von Reden, Money, 112-117; außerdem Cs. A. La’da, CPR XXVIII, S. 18322. 179 Vgl. dazu Claire Préaux, Économie royale, 207. 180 Zur τρίτη βαλανείων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 165-170 (teilweise überholt); B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 284. 311; P. M. Meyer, O. Meyer, S. 132f.; S. L. Wallace, Taxation, 155-159; Claire Préaux, Économie royale, 340-343; L. Koenen, Königsurkunde, 30f.; W. M. Brashear, BGU XIV, S. 11; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 58f.; Sitta von Reden, Money, 105f. 112-117; außerdem Bärbel Kramer, in: Festschrift W. Huß, 343.

Die Steuern

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Die Färber-Steuer (télos baphéon)181 Die Färber-Steuer war eine Gewerbesteuer, die (in ptolemaiischer Zeit) jährlich zu entrichten war. Sie betrug im J. 152/51 400 Drachmaí (+ 60 Drachmaí Agio). Die Walker-Steuer (gnaphéon)182 Die Walker-Steuer scheint eine Steuer gewesen zu sein, die zur Ausübung des Walkerberufs berechtigte. Die Leder-Steuer (dermaterá)183 Die Leder-Steuer, die normalerweise jährlich verpachtet wurde, war teils in natura, teils nummis zu zahlen. Sie wurde von den Leuten, die in Ledermanufakturen arbeiteten, erhoben. Die Lederstücke waren – größtenteils? – zur weiteren Verarbeitung in der Rüstungsindustrie bestimmt. Die Zwölf-Drachmaí-Steuer (dodekadrachmía)184 Die Zwölf-Drachmaí-Steuer war eine Steuer, die in irgendeiner Form mit Transporten auf dem Wasser zu tun hatte. Die Einhundertstel-Wein-Steuer in Philadelpheia (hekatosté ton katá Philadélpheian tópon)185 Die Weinhändler, die in der Gegend von Philadelpheia den von ihnen importierten Rebensaft verkauften, hatten anscheinend eine zusätzliche 1%ige Steuer zu zahlen186. ___________________________

181 Zum (τέλος) βαφέων vgl. BGU VI 1349, Z. 2 (Ende des 3. Jh.); O. Wilck. 1516, Z. 3 = CPJ I 65, Z. 3 (20. Juni 151); dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 170f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 59. 182 Zur Steuer γναφέων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 226f. (römische Zeit); Claire Préaux, Économie royale, 116. – Die Identifizierung der Steuer γναφέων mit der Steuer der νιτρικά, die C. C. Edgar, P. Cair. Zen. II, S. 67, vorschlägt, greift wohl zu kurz. – Zu den Zahlungen πλύνου und στίβου, die zwei Steuerpächter beim Inkassobüro von Kynopolis geleistet haben, vgl. P. Hib. I 114; dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 305f.; Claire Préaux, Économie royale, 116. 183 Zur δερματηρά vgl. P. Petr. II 32 (1); P. Petr. III 32d; 36d; P. Paramone 6; P. Phrur. Diosk. 5, Z. 2-6; dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 354; Claire Préaux, Économie royale, 231; J. M. S. Cowey, P. Phrur. Diosk., S. 130-134; Bärbel Kramer, P. Paramone, S. 64-68; außerdem D. Kaltsas, P. Paramone, S. 96. 184 Zur δωδεκαδραχμία vgl. P. Cair. Zen. IV 59753, Z. 12. 30; 59650, Z. 2f. (?); P. Mich. I 60, Z. 2 ≈ PSI VI 619, Z. 2; dazu C. C. Edgar, P. Cair. Zen. IV, S. 183; P. Mich. I, S. 136; Claire Préaux, Économie royale, 346. 185 Zur ἑκατοστὴ τῶν κατὰ Φιλαδέλφειαν τόπων vgl. P. Cair. Zen. III 59373, Z. 2f.; dazu C. C. Edgar, P. Cair. Zen. III, S. 117; Claire Préaux, Économie royale, 186; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 61.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Einsechstel-Steuer (epobelía)187 Neben der Einsechstel-Steuer, die auf Importgüter erhoben wurde, gab es eine Einsechstel-Steuer, die für den Transport von Fischen eingezogen wurde. Die Verkaufs-Steuer (epónion)188 Die in Geld zu entrichtende Verkaufs-Steuer (epónion), zu der auch die Fünfundzwanzig-Prozent-Steuer (tetárte) gehört zu haben scheint189, war offensichtlich Kleinhändlern auferlegt, die das Recht erworben hatten, gewisse Waren zu verkaufen: etwa Backwaren, Bier, Linsensuppe und Salz190. Hatten diese Kleinhändler dieses Recht durch den Kauf eines Verkaufsmonopols erworben? Die sprachliche Form dieser Steuer könnte für diese Annahme sprechen: oné → epónion 191 . Demzufolge dürfte es sich bei dieser Steuer um eine personenbezogene Steuer, nicht um eine umsatzbezogene Steuer gehandelt haben192.

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186 Allerdings irritiert die Tatsache, daß die ἑκστοστὴ τῶν κατὰ Φιλαδέλφειαν τόπων in Z. 4 als τὸ τέλος τοῦ εἰσηγμένου [ο]ἵνου bezeichnet wird. Eine Bezeichnung, die an das οἴνου τέλος von P. Cair. Zen. III 59326, Z. 143; IV 59660, Z. 3; P. Tebt. III 2, 876, Z. 51 erinnert – Stellen, an denen das οἴνου τέλος teils sicher, teils wahrscheinlich nicht als Steuer, sondern als (innerägyptische) Zollgebühr zu verstehen ist. 187 Zur ἐπωβ(ελία) von P. Tebt. III 2, 867, Z. 239 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 3799. 188 Zum ἐπώνιον bzw. zu den ἐπώνια vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 216; Claire Préaux, Économie royale, 158. 227. 250. 336; K. Maresch, P. Köln VII, S. 92f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 62; Sitta von Reden, Money, 105f. 112-117. 189 Vgl. P. Tebt. III 2, 875, Z. 17: (τετάρτης) σιτοποιῶν καὶ τῶν ἄλλω̣ν̣ ἐπωνίων; dazu Claire Préaux, Économie royale, 336: „la τετάρτη σιτοποιῶν est comprise parmi les ἐπώνια“; anders K. Maresch, P. Köln VII, S. 93: „für die τετάρτη σιτοποιῶν und außerdem die ἐπώνια“. – Zu dem Problem τέταρται/ἐπώνια vgl. auch A. S. Hunt - J. G. Smyly - C. C. Edgar, P. Tebt. III 2, S. 122f.; K. Maresch, P. Köln VI, S. 204f. 190 Merkwürdigerweise scheint das ἐπώνιον mit dem ἐννόμιον in Zusammenhang zu stehen. Vgl. P. Cair. Zen. II 59206, Z. 29-36. 44-55. 63-75; dazu C. C. Edgar, P. Cair. Zen. II, S. 65; Claire Préaux, Économie royale, 227. 336; Sitta von Reden, Money, 105. 191 Sitta von Reden, Money, 105f., interpretiert ὠνή als „the purchase of license“ (106). M. E. ist dies ein etwas mißverständlicher Ausdruck. Es handelt sich hier nicht um eine „gewöhnliche Lizenz“, sondern um ein „monopolisches Recht“. (Natürlich behaupte ich nicht, daß ὠνή in jedem Fall als „Monopol“ zu verstehen ist.) 192 Dieser Ansicht ist jedenfalls Sitta von Reden, Money, 105f.

Die Steuern

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Die Wolle-Steuer (télos eréon)193 Die Wolle-Steuer betrug gewöhnlich 3¾ Oboloí 194 . Sie wurde vielfach von Frauen bezahlt, u. zw. häufig zusammen mit der Salz-Steuer (3. Jh.)195. Anscheinend war diese Steuer von Frauen zu entrichten, die berufsmäßig gewisse Textilien herstellten. In manchen Dokumenten ist eine „Einvierundzwanzigstel-Wolle-Steuer“ erwähnt196, d. h. eine Steuer, bei der ein Vierundzwanzigstel (4,17%) des Verdienstes abzuliefern war, der beim Verkauf dieser Arbeiten erzielt worden war197. In anderen Dokumenten taucht eine „Einzwanzigstel-Wolle-Steuer“ (5%) auf 198 . Handelt es sich in beiden Fällen um die „gleiche“ Steuer? Vermutlich. In welcher Beziehung diese beiden Steuern zur „normalen“ Wolle-Steuer gestanden sind, ist mir unklar199. Und in einem einzigen, aus ptolemaiischer Zeit stammenden Dokument begegnen wir einer „Einvierzigstel-Wolle-Steuer“ (2,5%), die Schäfer, wahrscheinlich die Produzenten der Wolle, zu zahlen hatten200. „Possibly, shepherds were taxed at a lower rate than weavers.“201

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193 Zur Steuer der ἔρεα (neutr. plur.) (tny inšn oder ḥd inšn) vgl. Claire Préaux, Économie royale, 112f.; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 41; P. W. Pestman, Mariage, 94f.; C. J. Martin, in: B. Porten, Elephantine papyri, 363-365; M. Smith, Enchoria 24, 1997-1998, 199 (mit der Lesung in-nw, „cloth tax“); B. P. Muhs, Tax Receipts, bes. 8. 14. 41. 43. 51-54; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. I, S. 68f.; II, 50f.; außerdem F. Uebel, APF 19, 1969, 63f.; Sandra L. Lippert, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 151f. (römische Zeit). 194 Vgl. F. Uebel, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di Papirologia, 328-330; außerdem J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 4 (zu O. Heid. 2). 195 In O. Bodl. I 26 und in P. Poethke 8, Z. 83-91 ist jedoch bezeugt, daß die Steuer der ἔρεα auch ohne Verbindung mit der ἁλική bezahlt werden konnte. 196 Zur τετρακαιεικοστὴ (ἐρέων) vgl. P. Hib. II 266 descr.; P. Hamb. IV 237, Z. 6. 23; dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 307f.; Claire Préaux, Économie royale, 112f.; E. G. Turner, P. Hib. II, S. 161f.; Bärbel Kramer, P. Hamb. IV, S. 8f. 197 Vgl. Bärbel Kramer, P. Hamb. IV, S. 9. Anders Claire Préaux, Économie royale, 112: eine Steuer, die auf die Menge des erworbenen Rohmaterials erhoben worden ist. 198 Zu den Zeugnissen der εἰκοστὴ ἐρέων vgl. Claire Préaux, Économie royale, 1129. 199 Anscheinend hatten die Wollhändler – anders als die Wollweber – Steuern nicht nur an den Staat, sondern auch an die Tempelverwaltungen abzuliefern. Vgl. Sandra L. Lippert, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 151f. (römische Zeit). Zeitweise? Gebietsweise? 200 Zur τεσσαρακοστὴ τῶν ἐρέων vgl. SB XXII 15766, Z. 9f.; dazu M. Müller, ZPE 105, 1995, 240. 201 M. Müller, ZPE 105, 1995, 240.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Bier-Steuer (zyterá)202 Die Bier-Steuer dürfte eher eine Produktions- und Verkaufssteuer als eine Verbrauchssteuer gewesen sein203 – genauer gesagt: eine monopolrechtlich erworbene Lizenz für den Verkauf des ägyptischen „Volksgetränks“. Vermutlich eine der einträglichsten Monopolsteuern! Die Maler- und Goldschmiede-Steuer (zoigraphiké kai chrysochoïké)204 Für die Konzession, Maler- und Goldschmiedearbeiten bei der Gestaltung von Mumienporträts und bei der Bearbeitung von templarischen Objekten ausführen zu dürfen, war im J. 183/82 oder im J. 159/58 im Arsinoïtes eine monatliche Steuer von 100 Drachmaí zu zahlen. Man sieht: Der Staat verdiente auch an den Vorgängen mit, die sich im engeren oder weiteren Bereich der Tempel abspielten. Die Flickschneider-Steuer (télos epetón)205 Wie die anderen Gewerbetreibenden hatten auch die Flickschneider aus ihren bescheidenen Einkünften Steuern zu zahlen. Die Händler-Steuer (kapelikón)206 Die (monatlich zu zahlende) Händler-Steuer ist aus einer einzigen Steuerquittung bekannt.

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202 Zur ζυτηρά bzw. zum τέλος τῆς ζυτηρᾶς bzw. zum ζύτου τέλος bzw. zur ζύτου τιμή bzw. zum φόρος ζυτηρᾶς bzw. zum φόρος ζυτοπωλίου (p3 tnj n ḥnḳ.t) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 369-373; Claire Préaux, Économie royale, 1153. 152-158. 192; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 56; M. A. A. Nur el-Din, O. dem. Leid., S. 9-12; A. Loftus - G. Schwendner, P. Mich. XVIII, S. 145-147. 148; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 62f. 81-84; A. Martin - G. Nachtergael, CE 76, 2001, 178; B. P. Muhs, Tax Receipts, 79f.; Sitta von Reden, Money, 105f. 112-117; außerdem W. Clarysse, AncSoc 37, 2007, 89-95; Bärbel Kramer, in: Von Noricum nach Ägypten, 278; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 250 (zu P. Poethke 8, Z. 17f.). 203 Vgl. etwa U. Wilcken, O. Wilck. I, 370; Hélène Cadell, P. Sorb. I, S. 76; Sitta von Reden, Money, 10591. Anders K. Maresch, P. Köln VII, S. 91; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 62f. (aufgrund von P. Petr. III 121 (b), Col. II, Z. 5). 204 Zur [ζωιγραφι]κὴ καὶ χρυσοχοïκή von P. Harrauer 30, Z. 1f. vgl. W. Clarysse, P. Harrauer, S. 68f. 205 Zum τέλος ἠπητῶν von PSI IV 384, Z. 3f. vgl. Claire Préaux, Économie royale, 112; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 220f. (römische Zeit); Th. Reil, Beiträge, 106. 107. 206 Zum καπελικόν (sic!) von BGU VI 1237, Z. 2 (3./2. Jh.) vgl. Claire Préaux, Économie royale, 343f.

Die Steuern

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Die Schneider- und Wollkämmer-Steuer (télos kasopoión kai gnaphallológon)207 Auch die Schneider und Wollkämmer hatten – wie wohl alle Handwerker – eine Gewerbesteuer zu zahlen. Die Wechsel-Steuer (kóllybos trapézes)208 Bei Geldwechselgeschäften und bei Handelsgeschäften mit ungemünzten Metallen hatten die Banken – Privatbanken und Pachtbanken? – WechselSteuern zu zahlen. Die Fleischverkäufer-Steuer (kreopolón)209 Die Fleischverkäufer-Steuer (kreopolón) war wahrscheinlich von der MetzgerSteuer (mageiriké) nicht verschieden. Die Leinen-Steuer (linyphantiké)210 Die Leinweber, die innerhalb der konzessionierten Tempel-Webereien Leinen herstellten, hatten für ihre Produkte Steuern zu zahlen, zunächst in natura, dann – seit dem Jahr 140 bzw. 139 – nummis. Am 27. November 139 – und vermutlich noch für längere Zeit – betrug die Höhe der Steuer ½%211. Die Metzger-Steuer (mageiriké)212 Die Metzger hatten – wie häufig die Produzenten und Verkäufer von Lebensmitteln – eine Steuer zu zahlen, die sie zur Ausübung ihres Berufs berechtigte. Vermutlich handelte es sich bei dieser Steuer um einen Teilbetrag des monopolrechtlich erworbenen Verkaufsrechts213. ___________________________

207 Zum τέλος κασοποιῶν/κασσοποιῶν καὶ γναφαλλολόγων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 224f.; Claire Préaux, Économie royale, 112. (Die Bezeichnungen „Schneider“ und „Wollkämmer“ sind ungenau.) 208 Zum κόλλυβος τραπέζης vgl. Claire Préaux, Économie royale, 297; R. Bogaert, jetzt in: Trapezitica Aegyptiaca, 65f. 74f.; AncSoc 29, 1998-1999, 65. 209 Zur Steuer κρεοπωλ[ῶν] von P. Tebt. III 2, 872, Z. 20 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 2301. Vgl. außerdem CPR XXVIII 6, Z. 7: κρ̣ε̣[οπωλῶν] (?); dazu Cs. A. La’da, CPR XXVIII, S. 42f. 210 Zur λινυφαντική – vgl. Bärbel Kramer, in: Ursula Kaplony-Heckel, in: Festschrift F. Junge II, 39428 – bzw. zur ὀθονιηρά (tny ḥbs) vgl. Claire Préaux, Économie royale, bes. 112f. 192; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 44; Ursula Kaplony-Heckel, EVO 17, 1994, 161-181; S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 34; B. P. Muhs, Tax Receipts, 81f.; Ursula Kaplony-Heckel, in: Festschrift F. Junge II, 383-400. 211 Vgl. O. Lips. 829, Z. 5 (= Ursula Kaplony-Heckel, in: Festschrift F. Junge II, 394 Nr. 9, Z. 5); außerdem Ursula Kaplony-Heckel, EVO 17, 1994, 180f. 212 Zur μαγειρική vgl. Claire Préaux, Économie royale, 229f. 213 A. S. Hunt - J. G. Smyly - C. C. Edgar, P. Tebt. III 2, S. 123f., lassen die Frage offen, ob es sich bei der μαγειρική von P. Tebt. III 2, 873, Z. 3 um eine Steuer handelte, die von Metzgern zu zahlen war, oder um eine Summe, die von Steuerpächtern zu zahlen war, die den Verkauf von Fleischwaren gepachtet hatten.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Honig-Steuer (tetárte ton melissurgón)214 Im J. 129 hatten die Bienenzüchter eine 25%ige, monopolrechtlich geregelte Lizenzsteuer für den Verkauf ihrer Produkte zu zahlen215. Die Salben-Steuer (tetárte mýru)216 Die Salbenhändler hatten eine 25%ige Gewerbesteuer zu zahlen. Die Frachteinnahmen-Steuer (tetárte naúlon)217 Die Transportunternehmer (naúkleroi) scheinen verpflichtet gewesen zu sein, 25% ihrer Einnahmen aus dem Frachtverkehr an den Staat abzuführen – es sei denn, sie transportierten die entsprechenden Frachten in staatlichem Auftrag. Die Soda-Steuer (nitriké)218 Soda wurde hauptsächlich im Wadi en-Natrun und in der Nähe von el-Kab gewonnen. Das Natriumkarbonat unterlag dem königlichen Monopol und wurde über Monopolpächter vermarktet. Die Steuer war von den Handwerkern zu zah___________________________

214 Zur τετάρτη τῶν μελισσουργῶν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 236f. 375; Hélène Chouliara-Raïos, Abeille, 67-74; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 69; D. Hennig, in: Festschrift W. Orth, bes. 123-125. 215 Vgl. SB VIII 9793, Z. 2. Dieser Text scheint gegenüber der Zeit, in der die Bienenzüchter des Arsinoïtes in einem Brief an Zenon darauf hingewiesen haben, daß sie οὐκ̣ ὀ̣[λ]ί̣γο̣ ν ... φόρον ... τῶι βασιλεῖ bringen – P. Cair. Zen. III 59467, Z. 6f. –, eine neue Situation zu reflektieren. Vgl. Claire Préaux, Économie royale, 236f. 216 Zur τετάρτη μύρου bzw. zur τετάρτη τῶν μύρων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 385f. (römische Zeit); P. Collart - P. Jouguet, in: Raccolta G. Lumbroso, 117-119; Claire Préaux, Économie royale, 367f.; CE 28, 1953, 109-112; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 69. 78. Vgl. außerdem P. Lond. VII 2192. 217 Zur τετάρτη τῶν ναύλων vgl. CPR XXVIII 11, Z. 6f. (vor dem 21. Januar 191); dazu Cs. A. La’da, CPR XXVIII, S. 182-184. 218 Zur νιτρική bzw. νιτρικὴ πλύνου vgl. die Belege, die F. Kayser, BIFAO 91, 1991, 219-223, R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 65f., und B. P. Muhs, Tax Receipts, 82, zusammengestellt haben; außerdem P. Hels. I, 26A, Z. 19. 22. 24. 32 (2. September 162); dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 264f.; Claire Préaux, Économie royale, 114f. 157f.; M. Rostovtzeff, History I, 309f.; F. Kayser, BIFAO 91, 1991, 219-223; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 65f. 84; B. P. Muhs, Tax Receipts, 82; Sitta von Reden, Money, 105f. 113-117; außerdem R. Gundlach, LÄ IV, 1982, 358f., s. v. Natron. – H. C. Youtie, jetzt in: Scriptiunculae I, 369, ist der Ansicht, daß der Ausdruck νιτρικὴ πλύνου unter dem Begriff νιτρική subsumiert worden ist, daß wir es hier dementsprechend nicht mit zwei verschiedenen Arten von Steuern zu tun haben. Vermutlich war auch die νιτρικὴ καλλαïνοποιῶν, die Soda-Steuer der Fabrikanten von blaugrünen Fayenceprodukten, keine andere Steuer als die νιτρική und die νιτρικὴ πλύνου. Doch mögen verschiedene Gruppen von Monopolpächtern die verschiedenen Abnehmer des Soda betreut haben. (Zu den καλλαïνοποιοί vgl. Claire Préaux, Économie royale, 115; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 66.)

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len, die Soda bei ihrer Arbeit benötigten: beispielsweise Wäscher, Walker und Fayencefabrikanten219. Die Weideflächen-Steuer (nomé)220 Für das Weiden von Tieren auf nichtverpachteten Weideflächen 221 war eine Weideflächen-Steuer zu zahlen. Diese Steuer war offensichtlich nicht mit der Weide-Steuer (ennómion) identisch222. Die Leinen-Steuer (othonierá)223 Die Leinen-Steuer wechselte im 3./2. Jh. mehrfach ihren Namen: Steuer der Leinenproduktion, Steuer der königlichen Leinenprodukte, [Steuer] der Stoffbahnen der Leinweber, und wiederum Steuer der Leinenproduktion224. Die in das Monopolsystem eingebundenen Leinweber hatten die Steuer zunächst in natura, später nummis zu zahlen. Für jede Stoffbahn – offensichtlich handelte es sich in den hier angesprochenen Fällen um normierte Größen 225 – waren monatlich 2000 Drachmaí – jährlich dementsprechend 4 Tálanta – zu begleichen. Die Kleinkrämer-Steuer (tetárte pantopolón)226 Die „Alles-Verkäufer“ (pantopólai bzw. pantapólai) scheinen – wie viele andere „Fünfundzwanzig-Prozent-Steuerzahler“ – verpflichtet gewesen zu sein, ein Viertel des Betrags ihres monopolrechtlich erworbenen Verkaufsrechts an die königliche Kasse abzuführen. ___________________________

219 Vgl. Sitta von Reden, Money, 105f. 220 Zur Steuer der νομή bzw. εἰς τὰς νομάς vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 265f.; Claire Préaux, Économie royale, 226; Ruth Duttenhöfer, P. Heid. VI, S. 78; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 66. 221 Vgl. P. Tebt. I, S. 541f.: νομαὶ ἐκτὸς μισθώσεως; dazu Claire Préaux, Économie royale, 226; K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 120f. 222 Vgl. Claire Préaux, Économie royale, 2267; anders U. Wilcken, O. Wilck. I, 265f.; B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 542. 223 Zur ὀθονιηρά (Steuer der Leinenproduktion) bzw. τιμὴ ὀθονίων βασιλικῶν (Steuer der königlichen Leinenprodukte) bzw. ἱστέων λινύφων ([Steuer] der Stoffbahnen der Leinweber) bzw. – wiederum – ὀθονιηρά (Steuer der Leinenproduktion (tny ḥbs)) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 266-269; Claire Préaux, Économie royale, bes. 99f. 112; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 63f. 71f.; B. P. Muhs, Tax Receipts, 81f.; Sitta von Reden, Money, 112-117; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 254. 224 Vgl. R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 71f. 225 Zu diesem Problem vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 266f. 226 Zur (τετάρτη) παντοπωλῶν, die mit der Steuer ἐπιζητήσεως παντοπωληίου von O. Bodl. I 81, Z. 3 und der Steuer ἐπιζή(τησις) παντοπωλῶν von O. Wilck. 347, Z. 3; 348, Z. 2 identisch zu sein scheint, vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 216; Claire Préaux, Économie royale, 343; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 62. 66; Sitta von Reden, Money, 10593. 112-117.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Taubenschläge-Steuer (tríte peristereónon)227 Taubenzüchter hatten anscheinend ein Drittel ihrer gewerblichen Erträge teils an den Staat, teils an die Tempel abzuführen. Die Boote-Steuer (tríte ploíon)228 Die privaten Reeder hatten ein Drittel ihrer Einkünfte als Steuer abzuführen. Die Fähren-Steuer (porthmís)229 Die Konzession, Gebühren für den nicht unwichtigen Fähren-Verkehr einzuziehen, wurde Steuerpächtern verliehen230. Jedenfalls für einen Teil des FährenVerkehrs 231 . Ein Beispiel: Der Steuerpächter Poeris, der Sohn des Harthotes, zahlte allein im Monat Mesore des Jahres 112 die Summe von 4 Tálanta, 2740 Drachmaí für die Erhebung der Steuer in die Bank von Apollonopolis magna ein232. ___________________________

227 Zur (τρίτη) περιστερεώνων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 279. 724; B. P. Grenfell A. S. Hunt – J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 369. 543; Maria Cobianchi, Aegyptus 16, 1936, 119-121; S. L. Wallace, Taxation, 69f. (teilweise überholt); Claire Préaux, Économie royale, 49. 238-240. 483; S. Daris, Aegyptus 74, 1994, 3-8 (zu SB XXII 15213); Ruth Duttenhöfer, P. Heid. VI, S. 77f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 73; Sitta von Reden, Money, 105f.95. 112-117. 228 Zur τρίτη ... πλοίων vgl. Claire Préaux, Économie royale, 345f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 73. – Zum τέλος ... χιλιαγωγοῦ von P. Cair. Zen. III 59343, Z. 5 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 3451. 229 Zur πορθμίς bzw. zur Steuer τῶν πορθμίδων oder πορθμικῶν vgl. die Belege, die R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 67, und J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 7, zusammengestellt haben; dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 263 (?). 280-282 (?). 326f. 394; P. M. Meyer, P. Meyer, S. 127-130; E. Kühn, BGU VI, S. 122f.; Claire Préaux, Économie royale, 179. 347-349. 3841; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 66; V. A. Tcherikover - A. Fuks, CPJ I, S. 195; P. Sattler, P. Heid. III, S. 34 (zu O. Heid. 255); H. C. Youtie, ZPE 18, 1975, 224 (zu SB XIV 11498); R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 67; A. Soldati, APF 50, 2004, 116-118 u. T. VII; J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 7; Sitta von Reden, Money, 112-117; A. Soldati, APF 54, 2008, 168 u. T. V; W. Clarysse Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 251 (zu P. Poethke 8, Z. 24f.). – Sitta von Reden, Money, 11310, neigt dazu, in den Zahlungen πορθμίδων keine Steuerzahlungen zu sehen. – Zur Interpretation der Quittungen, die εἰς τὰ πορθμικὰ ναύλου τοῦ οἴνου oder εἰς τὴν διαγωγὴν τοῦ οἴνου bzw. τῶν οἴνων ausgestellt worden sind, vgl. P. M. Meyer, P. Meyer, S. 127-130; Claire Préaux, Économie royale, 179. 230 Die Fähren-Steuer dürfte im J. 235/34 im Arsinoïtes 1% (ἑκατοστή) des Werts der beförderten Waren betragen haben. Vgl. P. Poethke 8, Z. 24f. 231 In Soknopaiu Nesos scheint die Fähren-Steuer an die Verwaltung des Haupttempels gezahlt worden zu sein. Vgl. P. dem. Oxf. Griffith I 52 (11. Oktober 151); 53 (24. September 129); dazu Edda Bresciani, P. dem. Griffith I, S. 133f.; Francisca A. J. Hoogendijk, in: Proceedings of the 24th International Congress of Papyrology I, 436. 232 Vgl. P. Sattler, P. Heid. III, S. 34 (zu O. Heid. 255). – Daß die Fähren-Steuer von einiger finanzieller Bedeutung gewesen ist, läßt sich wohl auch aus der Tatsache

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Die Sesam-Steuer (timé sesámu)233 Die Sesam-Produzenten, die nicht von der Sesam-Steuer befreit waren, hatten während der Regierungszeit Ptolemaios’ II. eine 25%ige Steuer in natura zu zahlen. Doch wurde diese Steuer später offensichtlich adäriert – jedenfalls fakultativ. Die Müller- und Bäcker-Steuer (tetárte sitopoión)234 Die 25%ige Müller- und Bäcker-Steuer gehörte zu den Verkaufsssteuern (epónia)235 und scheint daher keine umsatzbezogene, sondern eine personenbezogene, monopolrechtlich geregelte Steuer gewesen zu sein. „This might be the tetartê referred to when used without specification and in the singular …”236. Waren auch die Müller und Bäcker, die innerhalb der Tempelmauern ihren Geschäften nachgingen, von dieser Steuer betroffen237? Die Schuster-Steuer (skytéon)238 War die Schuster-Steuer239 eine feste Lizenzsteuer oder eine nach dem Gewinn sich bemessende Gewerbesteuer? Wir wissen es nicht. Die Seifenkraut-Steuer (télos strutheíu)240 Die Wollwaren-Fabrikanten, die zur Reinigung ihrer Produkte das Seifenkraut (saponaria officinalis) verwendeten, hatten für die Verwendung dieser Pflanze eine eigene Steuer zu zahlen. Die Teppichweber-Steuer (tapidyphantiká)241 Die Teppichweber hatten für ihre gewerblichen Produkte die TeppichweberSteuer zu entrichten. ___________________________

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ersehen, daß in der Mendes-Stele (Z. D. 15f.) allein die Fähren-Steuer – abgesehen von der Brot-Steuer (?) – ausdrücklich genannt ist. Zur τιμὴ σησάμου vgl. R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 72. Zur τετάρτη σιτοποιῶν bzw. zur σύνταξις ἡ τῶν σειτοποιῶν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 152. 2075. 336; Sitta von Reden, Money, 105; außerdem Cs. A. La’da, CPR XXVIII, S. 31. 43f. 182f. – Ist die τετάρτη σίτου mit der τετάρτη σιτοποιῶν gleichzusetzen? Vgl. dazu Claire Préaux, Économie royale, 1522. Vgl. P. Tebt. III 2, 875, Z. 17f. Sitta von Reden, Money, 10594. Vgl. dazu Claire Préaux, Économie royale, 152. Zum τέλος σκυτέων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 293f. 724; Claire Préaux, Économie royale, 232f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 68; Sitta von Reden, Money, 112-117; außerdem Cs. A. La’da, CPR XXVIII, S. 32f. Etwas vorsichtiger könnte man auch von einer Lederarbeiter-Steuer sprechen. Zum τέλος στρουθείου vgl. P. Cair. Zen. III 59430, Z. 15; dazu Claire Préaux, Économie royale, 116. Zur Steuer der ταπιδυφαντικά vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 177; B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. II, S. 303; Claire Préaux, Économie royale, 112; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 68.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Pökler-Steuer (tetárte taricherón)242 Die Pökler-Steuer gehörte zu den Verkaufssteuern der FünfundzwanzigProzent-Steuern (tétartai) und war daher anscheinend nicht eine umsatzbezogene Steuer, sondern eine personenbezogene, monopolrechtlich geregelte Steuer. Die Web-Steuer (hyphantikón)243 Die Web-Steuer ist bisher in einem einzigen Dokument bezeugt. Sie gehörte zu der großen Gruppe von Steuern, die die Produktion von Stoffen betrafen. Die Linsengericht-Verkäufer-Steuer (phakepsón)244 Wie die Verkäufer anderer Lebensmittel hatten auch die Verkäufer von Linsengerichten eine berufsbezogene Steuer zu zahlen – vermutlich aber nicht einen Teilbetrag ihres Gewinns, sondern einen Prozentbetrag der monopolrechtlich fixierten Verkaufssumme. Die Drogen- und Wacholderöl-Steuer (télos tu pharmáku kai tes kedrías)245 Zur Mumifizierung der Leichen benötigten die Bestattungsunternehmer gewisse Drogen und Wacholderöl. Für diese nicht gerade billigen Ingredienzien hatten sie den Steuerpächtern, die gauweise agierten, die Drogen- und WacholderölSteuer zu übergeben bzw. zu überweisen.

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242 Zur τετάρτη (τῶν) ταριχηρῶν bzw. zur σύνταξις ἡ τῶν ταριχηρῶν bzw. zur τετάρτη (τοῦ) ταρίχου bzw. zur τετάρτη τῶν ταρίχων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 396f. (mit anderer Interpretation); Claire Préaux, Économie royale, 207. 3433. 375; Sitta von Reden, Money, 10593; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 396 (ταριχευτῶν); Cs. A. La’da, CPR XXVIII, S. 18323. 24. 243 Zum τέλος τοῦ ὑφαντικοῦ vgl. O. Bodl. I 127, Z. 3-5 (2. Jh.). Vgl. außerdem O. Eleph. Wagner 6. 244 Zur Steuer φακεψῶν vgl. BGU VI 1234, Z. 8; P. Paris 67, Z. 16; dazu Claire Préaux, Économie royale, 344. 245 Zum τέλος τοῦ φαρμάκου καὶ τῆς κεδρίας vgl. SB XX 14426; drei unveröffentlichte KUL-Papyri; dazu Alia Hanafi, in: Egitto e Storia Antica, 421-428; W. Clarysse, in: Proceedings of the 24th International Congress of Papyrology I, 185-189.

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Die Papyrus-Steuer (télos chartón)246 Wie die Erhebung der Papyrus-Steuer funktionierte, ist kaum zu eruieren. Erhob der König auf den Verkauf des Teils der Papyrusproduktion, der nicht monopolisiert war, eine Steuer247? Die Handwerker-Steuer (cheironáxion)248 Die Handwerker-Steuer hatten alle Handwerker (cheirónaktes) für die Erlaubnis zur Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen249. Die Steuer, die in Geld zu entrichten war, war für die Handwerker, die dasselbe Gewerbe am selben Ort ausübten, gleich hoch250. Zum höchsten Steuersatz werden wohl bereits in ptolemaiischer Zeit die Handwerker, die Luxusartikel herstellten, veranlagt worden sein, zum niedrigsten anscheinend die Bäcker. Die Goldschmiede-Steuer (chrysoïké)251 Die Goldschmiede scheinen mit der Goldschmiede-Steuer eine Gewerbesteuer gezahlt zu haben.

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246 Das χαρτῶν τέλ(ος) ist – was die ptolemaiische Zeit betrifft – sicher nur in O. Edfou III 360 (15. August - 13. September 108) bezeugt. Ob die πραγματευόμενοι τὴν χαρτηρὰν τοῦ νομοῦ von P. Petr. III 115, Z. 2f. (245/44 oder 220/19) etwas mit der Steuer der χαρτηρά zu tun gehabt haben, ist sehr fraglich. (Zur Lesung und Datierung vgl. L. Mooren, PP VIII 1511, zur Interpretation Kerstin Sänger-Böhm, Tyche 24, 2009, 105.) Zur Steuer χαρτῶν vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 403 (römische Zeit); Grundzüge, 255f.; Claire Préaux, Économie royale, 187-196; N. Lewis, Papyrus, 135-139 (zu P. Tebt. I 140 descr. [ein τελώνης χαρτηρᾶς]). 139f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 68. 88f.; Kerstin Sänger-Böhm, Tyche 24, 2009, 103-113 (unter Berücksichtigung vor allem der römischen Zeit und mit weiterer Literatur); außerdem N. Lewis, BASP 30, 1993, 124f. – Möglicherweise entspricht dem χαρτῶν τέλος die Steuer der cr.t („Papyrusrolle“). Vgl. dazu G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 47; G. R. Hughes, Cat. dem. Brookl., S. 32 (zu Cat. dem. Brookl. 90, Z. 2). 247 Vgl. Claire Préaux, Économie royale, 190. 248 Zum χειρωνάξιον vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 321-333; W. Schwahn, RE V A 1, 1934, 226-310, hier 284-286, s. v. Τέλη 1; F. Uebel, APF 19, 1969, 72f.; Bärbel Kramer, P. Hamb. IV, S. 8f. 11 (zu P. Hamb. IV 237, Z. 6f. 16f.); außerdem M. Wörrle, Chiron 9, 1979, 91-94 (Telmessos). 249 Die Arbeiter, die in den Monopol-Branchen arbeiteten (ὑποτελεῖς), wurden offensichtlich nicht zur Zahlung dieser Steuer herangezogen. Vgl. W. Schwahn, RE V A 1, 1934, 226-310, hier 284, s. v. Τέλη 1. 250 Zu den örtlichen Unterschieden vgl. W. Schwahn, RE V A 1, 1934, 226-310, hier 284f., s. v. Τέλη 1. 251 Zur χρυσοïκή vgl. P. Petr. III 117 (e), Z. 16; (f), Z. 1; 119 (a) Verso, Z. 1; dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 403f.; Claire Préaux, Économie royale, 264.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Töpfer-Steuer (phóros von Töpfern)252 Welche Art von Steuern die Töpfer von Syron Kome (Arsinoïtes), die eine Töpferei gemietet hatten, zu zahlen hatten, ist kaum mit Sicherheit festzustellen. Hatten sie den phóros für den Verkauf ihrer Produkte zu zahlen? Die Brot-Steuer (p3 dnj nj cq)253 Die etwas rätselhafte Brot-Steuer, die nur an einer einzigen Stelle bezeugt ist, wird zu den Gewerbesteuern zu rechnen sein. Vermutlich hatten (gewisse?) Bäcker diese Steuer, die wahrscheinlich in einem zeitlich und räumlich begrenzten Rahmen in Geltung war, zu entrichten. Bei der steuerrechtlichen Einordnung der Gewerbesteuern besteht die größte Schwierigkeit – ich wiederhole mich – in der Zuordnung dieser Steuern einerseits zu den sog. Lizenzsteuern und andererseits zu den Umsatzsteuern. M. E. ist es bisher nicht gelungen, in dieser Frage in jedem Fall eine klare Entscheidung zu treffen. Vielleicht läßt sich aber wenigstens behaupten, daß die meisten – wenn nicht alle – Gewerbetreibenden, die eine tetárte (25%) zu zahlen hatten, nicht eine Umsatzsteuer, sondern eine sog. Lizenzsteuer zu entrichten hatten.

Die Sondersteuern254 Die Zwölf-Chalkoí-Steuer (dodekachalkía)255 Der Zweck der Zwölf-Chalkoí-Steuer, die von den Bewirtschaftern heiligen und kleruchischen Landes zu zahlen war, liegt nicht offen zutage. War die Steuer ___________________________

252 Vgl. CPJ I 46, Z. 11: φόρος. 253 Zu p3 dnj nj cq vgl. Mendes-Stele, Z. D. 16; dazu J. F. Quack, in: Ptolemy Philadelphus, 27815. 254 Ellen Elizabeth Rice, Grand Procession, 131-133, nimmt an, daß die Kosten von 2239 Tálanta und 50 Mnaiaía, die für die große πομπή Ptolemaios’ II. bzw. für (die) στέφανοι dieser πομπή aufgewendet worden sind – vgl. FgrHist 627 Kallixeinos von Rhodos F 2,35 –, von Privatleuten übernommen worden sind, und zwar auf freiwilliger Basis. Trifft diese Ansicht zu, handelte es sich in diesem Fall nicht um eine Sondersteuer. Anderer Ansicht ist Françoise Dunand, in: Fête, 14. 369. – Zu den außerordentlich unangenehmen Belastungen der Bevölkerung, die jedoch nicht als Steuern zu bezeichnen sind, gehörten die vorübergehenden oder dauernden Stationierungen von Soldaten in privaten oder tempeleigenen Häusern. Zu diesen Quartieren (σταθμοί) vgl. etwa J. Lesquier, Institutions militaires, 210-212. 224f. 234252; U. Wilcken, Grundzüge, 386; Marie-Thérèse Lenger, CE 27, 1952, 218-246; 29, 1954, 124-136; D. Hennig, Chiron 25, 1995, 267-282 (unter Berücksichtigung auch des außerptolemaiischen Bereichs); St. Pfeiffer, in: Ägypten, 165-185 (mit weiterer Literatur); außerdem W. Clarysse, in: Aspects, 28 Nr. 73. 255 Zur δωδεκαχαλκία vgl. P. Hib. I 112 passim (etwa 260); P. Lille I 16, Z. 2; dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 301; P. Jouguet, P. Lille I, S. 86f.; W. Habermann B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 282; Sitta von Reden, Money, 86. 9446.

Die Steuern

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die adärierte Grund-Steuer (artabieía)256? Vermutlich nicht; denn der Betrag von 12 Chalkoí = 1½ Oboloí wäre für die Bezahlung dieser Steuer zu gering gewesen. War sie eine außerordentliche Kranz-Steuer257? Die Statuen-Steuer (eikónon eisphorá)258 Im J. 163 ordnete Ptolemaios VI. die Entrichtung einer außerordentlichen Steuer für die Aufstellung bzw. die Wiederaufstellung von Statuen an – von Statuen, die den König selbst, wahrscheinlich auch seine Schwester-Gemahlin und vielleicht auch Vorfahren des königlichen Paares darstellten. Die Gastgeschenke-Steuer (xénia)259 Die Bevölkerung war verpflichtet, durchreisenden Beamten Gastgeschenke zu überreichen. Die Art und die Zahl der Geschenke waren offensichtlich seit einem bestimmten Zeitpunkt genau festgelegt – Gau für Gau260. Die Besuchs-Steuer (eis parusían)261 Beim Besuch von Mitgliedern des königlichen Hauses, von (mehr oder weniger) hohen Beamten und von Staatsgästen hatten die Bewohner von Metropolen und Dörfern und die Priester der ägyptischen Tempel beträchtliche steuerliche Aufwendungen zu leisten. Die Getreide-Abgaben (sitiká ekphória)262 „Getreide-Abgaben“, die nicht in natura, sondern nummis zu entrichten waren, wurden sowohl von Zivilisten als auch von Militärangehörigen erhoben. Handelte es sich um eine zeitweilig erhobene Sondersteuer? ___________________________

256 Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 301; Claire Préaux, Économie royale, 383; ähnlich Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 803. 257 Vgl. Sitta von Reden, Money, 9446. 258 Zu dieser εἰκόνων εἰσφορά vgl. P. Gen. II 86c (4. Dezember 163); dazu P. Schubert, in: Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses II, 917-921; außerdem Ch. Thiers, BIFAO 102, 2002, 401. 259 Zu den ξένια vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 389f.; Grundzüge, 356f.; W. Peremans, Vreemdelingen en Egyptenaren, 80; Claire Préaux, Économie royale, 240. 392f. 394f. 260 Vgl. P. Petr. II 10 (1) (mit BL I, S. 352). – Zu den angeblichen [ὅ]δ̣ια von P. Grenf. II 14b, Z. 4 ≈ Chrest. Wilck. 411, Z. 4 vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 390; Claire Préaux, Économie royale, 3922. 261 Zur Steuer der παρουσία vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 274-276; Grundzüge, 356f.; Claire Préaux, Économie royale, 392-394; A. Fuks, CPJ I, S. 234f.; außerdem W. Clarysse, in: Aspects, 27 Nr. 59. 262 Zu den σιτικὰ ἐκφόρια von P. Cair. Inv. 10327 verso, col. II, Z. 5f. vgl. A. Martin - G. Nachtergael, CE 76, 2001, 177. Zu den σ̣ι̣τικὰ ἐκφόρ[ια] von P. Poethke 8, Z. 207210 vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 259.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Verpflegungs-Steuer (sitónion)263 Die Verpflegungs-Steuer war von den Gemeinden für durchziehende Truppen und für durchreisende Funktionäre und Kuriere aufzubringen. Die Drei-Chalkoí-Steuer (trichalkía)264 Nach einer Notiz eines aus dem 3. Jh. stammenden Dokuments hatten die laoí von Sebennytos eine Drei-Chalkoí-Steuer zu zahlen. Wer aber waren diese laoí? Die Einheimischen? Kaum. Eher die königlichen Bauern. Vermutlich war diese Steuer – eine Grundsteuer? – eine Sondersteuer.

Die Gebühren265 Die Darlehen-Erneuerungs-Gebühr (télos ananeóseos)266 Konnte ein Darlehensschuldner das aufgenommene Darlehen nicht rechtzeitig tilgen, hatte er die Möglichkeit, eine Erneuerung des Darlehensvertrags anzustreben. Kam diese Erneuerung zustande, hatte er bei einem Inkassobüro (logeutérion) eine Darlehen-Erneuerungs-Gebühr einzuzahlen, die sich auf 2% der Restsumme belief. Die Gebühr anläßlich der Ausstellung von Heiratsurkunden (gamikón syngraphón)267 Für die Ausstellung einer Heiratsurkunde war eine Gebühr zu entrichten. In welchen Fällen? ___________________________

263 Zum σιτώνιον vgl. U. Wilcken, Grundzüge, 357f.; Claire Préaux, Économie royale, 392-394; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 67. 264 Zur τριχαλκία vgl. P. Lille I 16, Z. 2; außerdem P. Hib. I 112, Z. 6 (?); dazu Claire Préaux, Économie royale, 383; Sitta von Reden, Money, 86. 265 Die öffentlichen Gebühren unterscheiden sich von den staatlichen bzw. staatlich verordneten Steuern dadurch, daß durch ihre Bezahlung eine spezielle Gegenleistung eingefordert werden kann. 266 Zum τέλος ἀνανεώσεως bzw. zur ἀνανέωσις vgl. CPR XXVIII 1, Z. 5f. (18. Februar 237 [?]); SB XVI 12343, Z. 5f. (28. Februar 237 [?]); P. Tebt. III 1, 814, Z. 64 (16. März 227); P. Enteux. 14, Z. 4 (28. Januar 222 [?] [Datum des Vermerks]); P. Enteux. 15, Z. 7 (13. Januar 218 [Datum des Vermerks]); P. Ryl. IV 584, Z. 9f. (spätes 3. Jh.); dazu A. B. Schwarz, Hypothek und Hypallagma, 118f.; O. Guéraud, P. Enteux., S. 43f.; Claire Préaux, Économie royale, 331; H.-A. Rupprecht, in: Proceedings of the Sixteenth International Congress of Papyrology, 379-388 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); A. Bülow-Jacobsen, BICS 29, 1982, 12f.; R. Bogaert, jetzt in: Trapezitica Aegyptiaca, 316; AncSoc 29, 1998-1999, 119; Sitta von Reden, Money, 171f.; außerdem H.-A. Rupprecht, in: Études H. Ankum II, 426-428; Cs. A. La’da, CPR XXVIII, S. 4f. 267 Vgl. P. Poethke 8, Z. 76; dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 253.

Die Steuern

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Die Schreib-Gebühr (grapheíon)268 Bei bestimmten Gelegenheiten – beispielsweise bei einem über eine staatliche Institution getätigten Kauf eines Sklaven – war eine Schreib-Gebühr zu entrichten. Sie betrug in dem angesprochenen Fall 1 Drachmé (198/97). Vom grapheíon dürfte das grammatikón zu trennen sein, das einzelnen Schreibern oder den Chefs von Schreib-Büros (grapheía)269 für ihre Schreiber-Dienste zu zahlen war270. Die Münzprüfer-Gebühr (dokimastikón)271 Die Münzprüfer-Gebühr wurde für die Tätigkeit des Beamten erhoben, der die Qualität der Münzen zu überprüfen hatte, die bei einer staatlichen Bank eingezahlt wurden. Die Lade-Gebühr (émblethron)272 Die Lade-Gebühr war für das Beladen der Schiffe mit Steuer-Getreide zu zahlen. Die Hafen-Gebühr (enórmion)273 Für die Benutzung von Hafenanlagen war eine Gebühr zu entrichten. Die Geldwechsel-Gebühr (epallagé)274 Wechselte man auf der Bank Geld, hatte man für diesen Dienst des Geldinstituts eine gewisse Gebühr zu entrichten.

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268 Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 353 (römische Zeit); Claire Préaux, Économie royale, 308f. 335. 421; R. Scholl, Corpus I, 39-41 Nr. 5. 269 Zu den γραφεῖα vgl. insbesondere H. J. Wolff, Recht II, 22f.; Bärbel Kramer, CPR XIII, S. 26f.; außerdem Sandra Scheuble, APF 56, 2010, 51-58 u. T. V. 270 Vgl. Bärbel Kramer, CPR XVIII, S. 31-34; außerdem Sandra Scheuble, APF 56, 2010, 51-58 u. T. V. 271 Zum δοκιμαστικόν vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 361f.; B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 280f.; U. Wilcken, UPZ II, S. 14f.; Claire Préaux, Économie royale, 204. 297; R. Bogaert, RBN 122, 1976, 25; AncSoc 29, 1998-1999, 60. 272 Zum ἔμβληθρον vgl. Claire Préaux, Économie royale, 1327. 273 Zu den ἐνόρμια von BGU VIII 1834, Z. 11f. vgl. Claire Préaux, Économie royale, 351; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 273f. (römische Zeit). – Bestand zwischen ἐνόρμιον und ἐπιβάθρα ein Unterschied? 274 Zur ἐπαλλαγή vgl. Claire Préaux, Économie royale, 2802. – Mit demselben Wort wurde auch das Agio bezeichnet, das beim Übergang von Bronzegeld zu Silbergeld und von Silbergeld zu Goldgeld zu zahlen war.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Anlege-Gebühr (epibáthra)275 Legte man im Hafen einer Stadt an – etwa in Memphis oder in Aphroditopolis –, hatte man eine Anlege-Gebühr zu zahlen. Das Streitwert-Zehntel (epidékaton)276 Vor Beginn eines Prozesses war von beiden Parteien der zehnte Teil des Streitwerts bei Gericht zu deponieren. Auch hier handelte es sich – wie bei der Rechtsanwaltsgebühr (synegorikón) – um eine Gebühr, die an Pächter vergeben wurde. Die Darlehen-Vollstreckungs-Gebühr (télos epikatabolés)277 Wurde ein hypothekarisch gesichertes Darlehen vollstreckt, hatte der Schuldner eine Darlehen-Vollstreckungs-Gebühr zu zahlen. Das Streitwert-Fünfzehntel (epipentekaidékaton)278 Neben dem Streitwert-Zehntel (epidékaton) gab es auch das StreitwertFünfzehntel (epipentekaidékaton). Die Zoll-Kontrolle-Gebühr (eraunetikón)279 Dem Inspektor des Hafenzolls war für seine Tätigkeit eine Zoll-KontrolleGebühr zu zahlen. Oder war es weniger eine Gebühr als vielmehr ein Bakschisch280?

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275 Zur ἐπιβάθρα von P. Cair. Zen. IV 59753, Z. 34. 36 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 346. – Ich wiederhole meine Frage: Bestand zwischen ἐπιβάθρα und ἐνόρμιον ein Unterschied? – Zum ἐν Μέμφει τέλος von P. Tebt. III 1, 701, Z. 202 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 3469; außerdem A. S. Hunt - J. G. Smyly - C. C. Edgar, P. Tebt. III 2, S. 107f. (zu P. Tebt. III 2, 867). Offensichtlich handelt es sich hier nicht um eine Anlege-Gebühr, sondern um eine Waren-Steuer. 276 Zum ἐπιδέκατον vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 302-304; Claire Préaux, Économie royale, 410-412. 277 Zum τέλος ἐπικαταβολῆς bzw. zur ἐπικαταβολή vgl. SB XVI 12344, Z. 4f. (17. Mai 236); BGU VI 1420, Z. 2f. (30. Juli 81); außerdem BGU VI 1421, Z. 3f. (22. März 20. April 125); dazu A. S. Schwarz, Hypothek und Hypallagma, 119-125; E. Schönbauer, Beiträge, 94f.; O. Guéraud, P. Enteux., S. 43f.; R. Taubenschlag, Law, 282f.; A. Bülow-Jacobsen, BICS 29, 1982, 15f.; außerdem H.-A. Rupprecht, in: Études H. Ankum II, 426-428. 278 Zum ἐπιπεντεκαιδέκατον vgl. Claire Préaux, Économie royale, 411. 279 Zum ἐραυνητικόν vgl. Claire Préaux, Économie royale, 346. 280 Vgl. UPZ I 149, Z. 15: εὐρευνηταὶ πλοίου οἴνου κ(οτύλαι) (ἑκκαίδεκα).

Die Steuern

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Die Depot-Gebühr (théma)281 Die Depot-Gebühr, eine kleinere Gebühr, war beispielsweise für die Kosten zu zahlen, die bei der Lagerung von Getreide in einem staatlichen Speicher entstanden oder entstanden waren. Die Wiege-Gebühr (katastatikón)282 Für das Wiegen von Bronzemünzen scheint die Bezahlung einer eigenen Gebühr verlangt worden zu sein. Die Schaduf-Gebühr (keloneíon)283 Bei der Benutzung öffentlicher Schadufs war eine Gebühr zu entrichten. Die Versteigerungs-Gebühr (kerýkeion, chiliosté)284 Eine Eintausendstel-Gebühr war beim Kauf öffentlicher Güter, die zur Versteigerung gekommen waren, zu entrichten. Die Einhundertstel-Versteigerung-Gebühr (hekatosté kerykikón)285 Wer bei einer öffentlichen Versteigerung eine Sache erwarb – dazu gehörten „natürlich“ auch Sklaven –, hatte eine 1%ige Versteigerungs-Gebühr zu zahlen. Vielleicht aber darf man in der Tat annehmen, „que le taux normal de la taxe de criée était de 10/00 … et que le taux de 1% appliqué à Thèbes en 207 286 est exceptionnel.“287 Die Fracht-Gebühr (naúlon)288 Die Fracht-Gebühr war für den Transport gewisser Güter zu zahlen, die von Steuerpächtern auf Schiffen transportiert wurden. ___________________________

281 Zum θέ(μα) von P. Tebt. I 93, Z. 57 vgl. J. C. Shelton, CE 50, 1975, 265. 282 Zum καταστατικόν von P. Petr. III 67 (a 2), Z. 4 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 280. 3358. 283 Zur Abgabe ἀπὸ κηλωνείων von P. Tebt. III 1, 701, Z. 193 (235) vgl. Claire Préaux, Économie royale, 302. 284 Zum κηρύκειον bzw. zur χιλιοστή vgl. Claire Préaux, Économie royale, 334f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 65. 74. 285 Zur ἑκατοστὴ κηρυκικῶν vgl. U. Wilcken, UPZ I, S. 531; W. L. Westermann, P. Col. I, S. 45f.; Claire Préaux, Économie royale, 334f.; B. P. Muhs, Tax Receipts, 72. 286 Vgl. O. Bodl. I 41, Z. 2 (mit BL IX, S. 395). 287 R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 7498. 288 Zur Gebühr des ναῦλον vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 386f.; UPZ II, S. 293f. 295; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 65. – Zur Interpretation der Quittungen, die εἰς τὰ πορθμικὰ ναύλου τοῦ οἴνου oder εἰς τὴν διαγωγὴν τοῦ οἴνου bzw. τῶν οἴνων ausgestellt worden sind, vgl. P. M. Meyer, P. Meyer, S. 127-130; Claire Préaux, Économie royale, 179.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Garantie-Gebühr gegen Eviktion (propoletikón)289 Ein Privatmann, der auf einer öffentlichen Auktion einen Sklaven verkaufte, hatte – zusätzlich zur Verkaufssteuer – eine Gebühr zu entrichten, die ihn gegen eine mögliche Eviktion schützte. Sie betrug nach einem diágramma der Zeit Ptolemaios’ V. 4 Drachmaí und 1 Obolós und war an die pólis (Alexandreia) abzuführen. Die Körbe-Gebühr (timé spyrídon)290 Die Steuerpächter hatten eine Gebühr für die Bereitstellung von Körben zu zahlen, die für den Transport der Steuergelder nach Alexandreia benötigt wurden. Sie betrug im J. 203/2 für die Steuerpächter des Oxyrhynchites – zusammen mit anderen Gebühren – 1 Drachmé 3½ Oboloí pro Mnaiaíon291. Die Quittungs-Gebühr (sýmbolon)292 Für das Ausstellen bestimmter Quittungen war eine Quittungs-Gebühr zu zahlen. Die Rechtsanwalts-Gebühr (synegorikón) 293 Bei der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts war eine RechtsanwaltsGebühr zu zahlen. Die Hypotheken-Gebühr (télos hypothékes)294 Beim Abschluß eines Hypothekenvertrags war eine 2%ige Gebühr zu zahlen.

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289 Zur Gebühr des προπωλητικόν vgl. P. Col. Inv. 480, Z. 9f. = Sel. Pap. II 205, Z. 9f.; dazu insbesondere F. Pringsheim, JJP 5, 1951, 115-120; R. Scholl, Corpus I, S. 38-40 (mit der früheren Literatur). Zur analogen Bezeichnung προπρατικόν vgl. P. Col. Inv. 480, Z. 14 = Sel. Pap. II 205, Z. 14; P. Oxy. I 50, Z. 3 (ergänzt); XLV 3241, Z. 8; dazu R. Scholl, Corpus I, S. 39f. 290 Zur τιμὴ σπυρίδων (ḥt bjr = „Steuer des Korbes“) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 394; Claire Préaux, Économie royale, 335f.8; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 47; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 72f. 291 Vgl. UPZ I 112, Col. V, Z. 17f. 292 Zur Gebühr des σύμβολον vgl. R. W. Daniel, P. Freib. IV, S. 23 (zu P. Freib. IV 53, Z. 17); R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 67. 293 Zum συνηγορικόν vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 302f.; UPZ II, S. 123f.; Claire Préaux, Économie royale, 410f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 67. 294 Zum τέλος ὑποθήκης vgl. A. Bülow-Jacobsen, BICS 29, 1982, 12f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 68.

Die Steuern

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Die Getreide-Transport-Gebühr (phóretron sítu)295 Für die Kosten eines Getreidetransports war von den Steuerpächtern und den Verkäufern des vom Staat gekauften Getreides (sítos agorastós)296 eine GetreideTransport-Gebühr zu zahlen.

Die nichtklassifizierbaren Steuern Die Einzehntel-Steuer (dékaton etésion)297 In einem einzigen Dokument ist eine „jährliche Zehntel-Steuer“ erwähnt, die in natura (Getreide?) in der Bank von Thebai eingezahlt worden ist (14. November 92). Die Natur dieser Steuer ist unbekannt. Handelt es sich um die oberägyptische apómoira? Die Kopf-Steuer (epikephálion)298 In einer Liste von Steuerzahlungen des Jahres 235 taucht eine Kopf-Steuer auf. „Mais ce mot sans contexte ne laisse pas deviner les bases de la taxe qui’il désigne.“299 Die Arbeitsstätten-Steuer (télos ergasteríu) (?)300 Die meines Wissens nur an einer einzigen Stelle bezeugte ArbeitsstättenSteuer (?) wird sich auf ein Objekt bezogen haben, das sich in staatlichem Besitz befand. Mit den ergastéria des Arsinoïtes, die zentrale, einzelnen Speichern übergeordnete Rechnungsbehörden waren, wird kaum ein Zusammenhang herzustellen sein.

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295 Zum φόρετρον σίτου vgl. Claire Préaux, Économie royale, 132. 145; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 73. – Zum διαχειριστικόν von P. Lond. VII 1940, Z. 23. 26 vgl. Claire Préaux, Économie royale, 1461; T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 25. 296 Zum σῖτος ἀγοραστός vgl. etwa U. Wilcken, Grundzüge, 357f.; Claire Préaux, Économie royale, 141f.; K. Maresch, P. Köln X, S. 58f.; außerdem F. Uebel, Kleruchen, 426, s. v. σῖτος ἀγοραστός. 297 Zum δέκα(τον) ἐτήσ(ιον) von O. Vars. 52, Z. 3 vgl. R. Bogaert, jetzt in: Trapezitica Aegyptiaca, 400f.; AncSoc 29, 1998 -1999, 60. 298 Vgl. P. Tebt. III 1, 701, Z. 186: ἐπικεφαλίου … 299 Claire Préaux, Économie royale, 383. Vgl. auch V. Tcherikover, JJP 4, 1950, 18415. 189; J. A. S. Evans, Aegyptus 37, 1957, 262; YClS 17, 1961, 252f. 300 Zum (τέλος) ἐργαστηρί̣ου von O. Bodl. I 42, Z. 1 vgl. F. Uebel, APF 19, 1969, 73. Uebel sieht in dieser Steuer eine Gewerbesteuer.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die zusätzlichen Steuerbeträge (prosdiagraphómena [?])301 Die meisten Steuerquittungen, die seit dem Jahr 166 von den Bankiers ausgestellt worden sind, weisen nicht nur die Summen aus, die für die verschiedenen Steuern zu zahlen waren, sondern auch zusätzliche Beträge, die bei der Zahlung der Steuern fällig wurden. Es handelt sich hier um Beträge, die für die Zahlung eines Agios zu entrichten waren302, und um Beträge, bei denen die Kosten für die Steuereinziehung, die Verpackung, den Transport des Geldes und weitere Ausgaben verrechnet wurden. Auf diese Weise kamen – seit dem Jahr 129 und bei der erforderlichen Zahlung eines Agios – zusätzliche Steuerforderungen in Höhe von 20% zustande. Die phelochikón-Steuer (phelochikón)303 Was sich hinter dem phelochikón eines anabathmós eines Hauses verbirgt, ist bisher ungewiß. Jedenfalls handelt es sich beim phelochikón um eine Steuer. Die Monats-Steuer (eis to télos tu [menós] x)304 Griechische und demotische Steuerquittungen erwähnen Steuern für den Monat x. „It is possible that in receipts for the tax of month X, ‚month X’ merely modifies the name of the tax, which would then simply be ‚the tax’ …, which could refer to any tax.”305

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301 In römischer Zeit hießen diese zusätzlichen Steuerbeträge προσδιαγραφόμενα, im Demotischen wurden sie als wt bezeichnet. Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 287f.; J. G. Milne, JEA 11, 1925, 269-283; W. Erichsen, Demotisches Glossar, 104, s. v. wt; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 47; Alessandra Gara, Prosdiagraphomena, passim; D. Devauchelle, O. dem. Louvre I, S. 235; K. Maresch, Bronze und Silber, 89-95. 210213; W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 36; R. Bogaert, AncSoc 29, 19981999, 74-77; Livia Capponi, Augustan Egypt, 161-164 (mit Anmerkungen). Vgl. außerdem – zum τέλος δωρεᾶς von E. Revillout, Proceedings of the Soc. of Bibl. Archaeol. 14, 1891/92, 61 – U. Wilcken, O. Wilck. I, 362; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 224; anders W. Otto, Priester und Tempel I, 2682. 302 Diese zusätzlichen Beträge wurden natürlich nur dann in Ansatz gebracht, wenn die Steuern zwar im Silberstandard festgesetzt waren, aber mit Bronzemünzen bezahlt wurden. 303 Zum φελωχικόν bzw. πελωχικόν vgl. SB XVIII 13314, Z. 4f. = P. Carlsb. I 51, Z. 4f.; dazu A. Bülow-Jacobsen, BICS 32, 1985, 47; Maria Rosaria Falivene, in: Proceedings of the 24th International Congress of Papyrology, 319; Inge Uytterhoeven, Hawara, in einer unpublizierten Löwener Dissertation. 304 Vgl. B. P. Muhs, Tax Receipts, 37f. (εἰς τὸ τέλος τοῦ Monat x bzw. p3 tny Monat x). 305 B. P. Muhs, Tax Receipts, 38.

Die Steuern

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Die Steuern zugunsten der Tempelverwaltungen Die Baumfrüchte-Steuer (akrodrýon)306 Die Baumfrüchte-Steuer betrug ein Sechstel des monetären Ertrags, der von Baumfrüchten307 erzielt wurde. Sie war – der Sache nach – teilidentisch mit der Anteil-Steuer (apómoira). In Oberägypten hielt sich der Ausdruck akródrya für den sonst gebräuchlichen Ausdruck apómoira paradeíson (Anteil-Steuer der Gärten)308. Die Tempel-Salz-Steuer (haliké hierón)309 War die Tempel-Salz-Steuer eine Steuer, die – zeitweilig? – an einen Tempel oder an gewisse Tempel oder an alle Tempel abzuführen war? Die Ammoneion-Steuer (eis to Ammoneíon)310 Die Ammoneion-Steuer, die in Weizen zu zahlen war, war bestimmt für die Priester des Amun-Tempels von Poanemunis (in der Nähe von Thebai).

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306 Zur Steuer ἀκροδρύων (p3 tny p3 1/6 tgy [„die Steuer des Sechstels der Früchte“] bzw. ḥd tgy [„Geld/Steuer der Früchte“]) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 134f. 161; Claire Préaux, Économie royale, 179; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 64. 66; R. S. Bagnall, O. Coll. Youtie II, S. 653-656; W. Schäfer, P. Köln V, S. 166-168. 173f.; S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 66; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 57; B. P. Muhs, Tax Receipts, 7. 65f. 87f.; Sitta von Reden, Money, 95f.49. 112-117; außerdem Claire Préaux, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 205; D. Hagedorn, ZPE 145, 2003, 226f. – Zum Wort ἀκρόδρυα vgl. Hélène Cadell, in: Proceedings of the XIV International Congress of Papyrologists, 37; JJP 19, 1983, 126f. 307 Unter ἀκροδρύα verstand man – ursprünglich – Früchte, die „hoch oben“ (κατ’ ἄκρας) auf den Bäumen wuchsen und die eine harte Schale hatten, wie beispielsweise Nüsse, Pistazien, Kastanien und Granatäpfel. Im steuertechnischen Sinn scheint diese Bezeichnung auch auf andere Früchte, die in Obstgärten gediehen, bezogen worden zu sein: beispielsweise Datteln und Oliven. – Zu den ἀκρόδρυα vgl. auch W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 18f. 308 Vgl. W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 28. Zu den dort aufgeführten Dokumenten (38f.) vgl. auch O. Eleph. Wagner 1, Z. 4 (2. November 119). 309 Zur ἁλικὴ ἱερῶν vgl. O. Wilck. 1227, Z. 1f. (231); dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 1422; Claire Préaux, Économie royale, 252. Anders P. J. Sijpesteijn, in: U. Wilcken, O. Wilck. II, 465: „Statt ἱερῶν vl. ἐρεῶν.“ 310 Zur Steuer εἰς τὸ Ἀμμωνεῖον vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 146f.; Claire Préaux, Économie royale, 4802. 491. Die Steuer ist in O. Wilck. 321, Z. 1 als ἀπό(μοιρα) charakterisiert. Vgl. Claire Préaux, Économie royale, 4802. 4914; außerdem P. J. Sijpesteijn, in: U. Wilcken, O. Wilck. II, 438.

238

Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Anteil-Steuer (apómoira)311 Im J. 263 führte die Regierung Änderungen bei der Erhebung der EinsechstelSteuer durch – Änderungen, die sie einige Jahre später (259) präzisierte312. Diese Steuer betraf die Erträge von Wein- und Obstgärten. Seit der Revision des Jahres 259 wurde sie in griechischer Sprache Anteil-Steuer (apómoira) genannt313 – ein Begriff, der im griechischen Raum für gewisse Steuern bereits in voralexandrischer bzw. frühesthellenistischer Zeit verwendet wurde 314 . Vor dem Jahr 263 bzw. vor dem Jahr 264 – die Änderungen wurden rückwirkend eingeführt – war die Einsechstel-Steuer eine Tempelsteuer gewesen. Sie blieb dies auch nach dieser Zeit. Allerdings in einer beträchtlich veränderten Form. Nunmehr war die Steuer für den Kult der Philadelphos zu zahlen, die vor einigen Jahren (270) verstorben war. Doch nicht alle Besitzer von Wein- und Obstgärten hatten diese Steuer für diesen Zweck zu entrichten. Diejenigen, die „heiliges Land“ bebauten, hatten die Steuer – wie bisher – an die einheimischen Götter abzuführen, d. h. an die ägyptischen Tempelverwaltungen, die mit den Eingängen wohl nach Belieben verfuhren315. In einem Punkt jedoch änderte sich auch für die Bewirtschafter „heiligen Landes“ die Situation: Die Steuer wurde nunmehr nicht mehr direkt an die Tempel___________________________

311 Zur ἀπόμοιρα vgl. B. P. Grenfell, P. Rev., passim; U. Wilcken, O. Wilck. I, 157-161; W. Otto, Priester und Tempel I, 340-356; A. Bouché-Leclercq, Histoire, bes. III, 193201; IV, 313f. 318f.; M. Rostowzew, GGA 171, 1909, 628-630; P. Collart - P. Jouguet, in: Raccolta G. Lumbroso, 121-123; G. M. Harper jr., Aegyptus 14, 1934, 4964; S. L. Wallace, Taxation, 53-56; Claire Préaux, Économie royale, bes. 171-181; H. Kortenbeutel, RE Suppl. VII, 1940, 43f., s. v. Apomoira; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 52f.; Claire Préaux, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 221f.; B.-J. Müller, Ptolemaeus II. Philadelphus, 38-49; J. Bingen, Papyrus Revenue Laws, 17f.; W. Schäfer, P. Köln V, S. 154-158; J. Kaimio, P. Hels. I, S. 122126; L. Koenen, in: Images and Ideologies, 66-69; Ruth Duttenhöfer, P. Heid. VI, S. 168-170; W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 5-42 (grundlegend); R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 57f.; Charikleia Armoni, ZPE 132, 2000, 225; D. Kaltsas, P. Heid. VIII, S. 237-242; L. Koenen, in: Apokalyptik und Ägypten, 15228.29; J. G. Manning, Land and Power, 53-58. 92f.; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 284f. 294; Anne-Emmanuelle Veïsse, „Révoltes égyptiennes“, 218-220 (zur „Neuordnung“ der ἀπόμοιρα in der Zeit Ptolemaios’ V.); J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 11f.; Katelijn Vandorpe, CRIPEL 25, 2005, 165f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 25. 27. 74209; K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 92f.; Ph. Collombert, AncSoc 38, 2008, 88f. 91f. 94f.; außerdem P. J. Sijpesteijn, JJP 16-17, 1971, 99f.; G. Nachtergael, Materiały archeologiczne 27,2, 1994, 43f. 312 Vgl. einerseits P. Rev., Col. 36, Z. 3-19 = C. Ord. Ptol. 17, Z. 3-19; Col. 37, Z. 10-20 = C. Ord. Ptol. 18, Z. 9-19 und andererseits P. Rev., Col. 24, Z. 1-13; Col. 32, Z. 6 Col. 34, Z. 1. 313 Vgl. W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, bes. 7f. 314 Vgl. W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 6f. 315 Vgl. W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 17; außerdem C. J. Martin, in: Actes du IXe congrès international des études démotiques, 206.

Die Steuern

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verwaltungen gezahlt, sondern von staatlichen Steuerpächtern eingezogen. Daß diese Regelung Probleme nach sich ziehen würde, war fast vorauszusehen. Die Steuer auf Wein war im 3. Jh. in natura, seit der zweiten Hälfte der Regierungszeit Ptolemaios’ V. nummis316 und seit dem Ende des 2. Jh. wieder in natura zu zahlen – jedenfalls in den Fällen, in denen das „heilige Land“ Oberägyptens betroffen war317. Die Steuer auf Obst war immer nummis zu entrichten. Aus unterschiedlichen Gründen reduzierte die Regierung in gewissen Fällen die Höhe der Steuern. Seit dem Jahr 259 hatten die aktiven Soldaten, die für die Bepflanzung ihrer kléroi mit Weinstöcken Sorge getragen hatten, die Besitzer von oberägyptischen Weingärten, die künstlich bewässert werden mußten, und die Besitzer von Weingärten, die im früheren Gebiet des Simaristos (im Oxyrhynchites) lagen 318 , statt eines Sechstels der Wein-Anteil-Steuer nur ein Zehntel dieser Steuer (dekáte) zu zahlen319. Die Reduzierung des Steuersatzes dürfte mit der Tatsache in Verbindung zu bringen sein, daß diese Weingärten erst vor kurzer Zeit angelegt worden waren und noch keine großen Mengen von Weintrauben lieferten. Und auch für nicht wenige Besitzer von Obstgärten scheint um die Mitte des 2. Jh. eine Änderung eingetreten zu sein: Die klerúchoi hatten seit dieser Zeit offensichtlich nicht mehr ein Sechstel der Obst-AnteilSteuer, sondern nur noch ein Zehntel dieser Steuer zu entrichten320. Die Anteil-Steuer wurde auch in römischer Zeit noch bezahlt321. Die Bordell-Steuer (ek ton aphrodisíon)322 Die Damen, die in einem Bordell mit einem Besuch beehrt worden waren, hatten an die Tempelverwaltung eine Steuer zu zahlen. Vermutlich handelte es sich aber nur um die Berücksichtigung von Aktivitäten, die innerhalb des Bereichs der Tempelprostitution stattgefunden hatten323. ___________________________

316 317 318 319 320 321 322

323

Vgl. J. Kaimio, P. Hels. I, S. 122-126. Vgl. W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 25f. Vgl. dazu E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 40-46. Vgl. W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 19-21; Maren Schentuleit, Buchhaltung I, 293; Sitta von Reden, Money, 97; Katelijn Vandorpe - W. Clarysse, in: Studies R. Bogaert, 16026 (Pathyris). Vgl. W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 28f. Vgl. etwa S. L. Wallace, Taxation, 55f.; H. Kortenbeutel, RE Suppl. VII, 1940, 43f., hier 44, s. v. Apomoira; R. Bogaert, AncSoc 30, 2000, 138. Vgl. P. Tebt. I 6, Z. 28f.; vgl. Z. 37 = C. Ord. Ptol. 47, Z. 17f.; vgl. Z. 26: τὰ ἐκ τῶν ἐπικα̣λουμένων ἀφροδισίων; dazu A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 205f.; H. Thompson, JEA 26, 1940, 68f.; F. W. von Bissing, RhM N. F. 92, 3 u. 4, 1944, 375381; W. Fauth, JbAC 31, 1988, 33; Vinciane Pirenne-Delforge, Aphrodite grecque, 120f.; B. Legras, in: Symposion 1995, 255-257. 262f. – Zu den steuerlichen Verhältnissen der römischen Zeit vgl. C. A. Nelson, BASP 32, 1995, 23-33. Auch außerhalb der Tempelmauern wurde Prostitution ausgeübt. Vermutlich hatten die Dirnen auch in diesen Fällen Steuern zu zahlen – natürlich aber nicht an die

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Einfünftel-Steuer (epípempton)324 Die Einfünftel-Steuer war eine zusätzliche 20%ige Steuer zur BaumfrüchteSteuer (akródrya). Im Gegensatz zur Baumfrüchte-Steuer, die – bei Beachtung gewisser Regularien – nach der Obsternte entrichtet werden konnte, war sie sogleich nach dem Tag des Wirksamwerdens der Steuerpflicht zu zahlen325. Die „Chef“-Steuer (epistatikón hierón logeías)326 Die Priester eines Tempels bzw. eines Tempelbezirks hatten zum Unterhalt ihres „Chefs“ (epistátes) eine „Chef“-Steuer zu zahlen. Die Heiliges-Land-des-Amun-Steuer (hierás Ámmonos)327 In einem bilinguen Koptos-Ostrakon ist eine Steuer für das heilige Land des Amun erwähnt. Sinn und Zweck der Steuer sind unklar. Die Tempel-Steuer (hierón phóros)328 Für die Gunsterweise des Königs hatten die Tempelverwaltungen dem König Gegengaben zu geben – Gegengaben, die als „Steuern“ bezeichnet wurden. Näheres wissen wir nicht. Die „Heiliges-Getreide“-Steuer (hierú pyrú, hierás krithés)329 Eine 1%ige „Heiliges-Getreide“-Steuer (in Weizen oder in Gerste) war anscheinend in der Region von Thebai an die Tempelverwaltung des Amun von Thebai abzuliefern330 – vermutlich über die Speicher-Beamten der Region.

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324 325 326

327 328 329 330

Tempelverwaltungen. Vgl. auch W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 202428. Zum ἐπίπεμπτον vgl. R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 62. Vgl. R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 6241. Zum ἐπιστατικὸν ἱερῶν λογείας vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 366; M. Rostowzew, GGA 171, 1909, 612-614; Claire Préaux, Économie royale, 383-385. 4024. 404f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 62; anders W. Otto, Priester und Tempel I, 238-240; II, 47-49; V. Tcherikover, JJP 4, 1950, 185f. Vgl. SB XXIV 16083, Z. 8: ἱερᾶς Ἄμμω̣(νος); Z. 2. 16: n3 3ḥ.w n lmn (4. April 119); dazu W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, in: Culte, 31-37. 40-42. Zum ἱερῶν φόρος von P. Tebt. III 1, 701, Z. 187 vgl. A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. III 1, S. 61; Claire Préaux, Économie royale, 404. Zur Steuer ἱεροῦ (πυροῦ) bzw. ἱερᾶς (κριθῆς) vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 221-223; Claire Préaux, Économie royale, 131. 491; J. M. S. Cowey, O. Heid., S. 14f. 16. Zu Teilen dieser Steuer – 1/2, 1/3, 1/4, 1/6, 1/12 – vgl. Claire Préaux, Économie royale, 4913.

Die Steuern

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Die Wein-Sammlung-Steuer (oinología)331 Die Wein-Sammlung-Steuer (oinología) scheint zusammen mit der AnteilSteuer (apómoira) eingezogen worden zu sein. Vermutlich nur kurzzeitig, vielleicht nur lokal begrenzt. Die Zwei-Drachmaí-Steuer des Suchos (didrachmía tu Súchu)332 Im Umkreis gewisser Tempel war beim Kauf von Immobilien neben der staatlichen Umsatzsteuer (enkýklion) eine weitere Steuer für die Gottheit zu zahlen. Die Steuer, die ihren Ursprung wohl in vorptolemaiischer Zeit hatte, wurde anscheinend gelegentlich als eine Einzehntel-Steuer (dekáte) bezeichnet333. Die Einsechzigstel-Steuer für Suchos (hexekosté Súchoi)334 Eine wohl auf vorptolemaiische Zeit zurückgehende, in ihrem Wesen nicht klar zu bestimmende Einsechzigstel-Steuer für Suchos (Tebtynis) ist aus dem 3./2. Jh. bekannt. Ist diese Steuer von der Zwei-Drachmaí-Steuer des Suchos (didrachmía tu Súchu) zu unterscheiden? Anscheinend. Die Jungstier-Opfer-Steuer (télos móschon thyoménon)335 Für die Opferung von Jungstieren hatten wohl die Darbringer der Opfer – nicht die Priester – eine Steuer zu zahlen, und dies vermutlich nicht erst in römischer Zeit, sondern bereits in ptolemaiischer Zeit. Die Steuer wird an die entsprechenden Tempelverwaltungen abgeführt worden sein. Die Beitrags-Steuer (sýntaxis)336 Die Beitrags-Steuer war in natura oder nummis zu entrichten. Sie wurde zwar an staatliche Institutionen gezahlt, befriedigte aber entweder die Bedürfnisse der ___________________________

331 Zur Steuer der οἰνολογία vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 269f.; Claire Préaux, Économie royale, 184f.; B. P. Muhs, Tax Receipts, 64. 65446. 332 Zur διδραχμία τοῦ Σούχου von P. Tebt. II 281 = Chrest. Wilck. 289 (18. März 125) vgl. U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 340f.; Claire Préaux, Économie royale, 333f. 491; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 360; W. Otto, Priester und Tempel I, 356f. 333 P. Tebt. II 281, Z. 10 = Chrest. Wilck. 289, Z. 10. 334 Zur ἑξηκοστὴ Σούχωι von P. Tebt. III 2, 1063 descr. vgl. Claire Préaux, Économie royale, 334. – Die Lieferungen εἰς τὸ Σουχιεῖον, von denen in P. Tebt. IV 1140, Z. 93 die Rede ist, waren kaum Steuerzahlungen für Suchos. Vgl. auch J. Shelton, P. Coll. Youtie I, 121f.32, der in diesen Lieferungen zwar nicht „temple contributions“, aber „taxes“ sieht. 335 Zum τέλος μόσχων θυομένων vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 384f.; B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 307; W. Otto, Priester und Tempel II, 173f.; J. A. S. Evans, YClS 17, 1961, 254f.; außerdem Claire Préaux, Économie royale, 2281. 336 Zur σύνταξις bzw. zur sntks (o. dgl.) vgl. W. Otto, Priester und Tempel I, 366-384; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 59f.; J. A. S. Evans, Aegyptus 37, 1957, 261f. 263; S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 17, 1968, 57; B. C. McGing, P. Paramone, S. 84-86; außerdem W. Clarysse, in: Aspects, bes. 30 Nr. 79.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Tempelverwaltungen oder wurde zur Zahlung der Gehälter der Priester verwendet oder diente beiden Zwecken. In den demotischen Zeugnissen findet sich beispielsweise der Ausdruck „die sýntaxis des Tempels [des Amun] in Thebai“. Die Futter-Steuer (trophé)337 Die Futter-Steuer scheint eine aus vorhellenistischer Zeit stammende Steuer gewesen zu sein, die für die Ernährung gewisser Tiere – vermutlich heiliger Tiere – an die Tempel abzuliefern war338. Die Horus-Sammlung (yp.t Ḥr) (?)339 Die „Sammlung des Horus“ scheint eine Steuer zur Unterstützung der HorusPriester gewesen zu sein. Die Einzehntel-Steuer von Thebai (mḥ md …)340 In frühptolemaiischer Zeit war in Thebai beim Kauf von Immobilien „die Einzehntel-Steuer der Sekretäre und Beauftragten von Thebai“ zu zahlen. Die Verwaltung dieser Steuer oblag offensichtlich Bediensteten der Tempelverwaltung, und die Einkünfte aus dieser Steuer scheinen dem Tempel zugute gekommen zu sein. Das Verhältnis der Einzehntel-Steuer von Thebai zur Zweieinhalb-Kite-HausSteuer ist nicht geklärt. Die Obst-Steuer (ltm)341 Die Früchte des ltm-Baums, die in artábai gemessen wurden, waren einer Steuer unterworfen. Die Steuer war entweder in natura oder nummis zu zahlen, und zwar an einen Tempel.

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337 Zur Steuer der τροφή vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 400f. (mit zurückhaltendem Urteil); Claire Préaux, Économie royale, 491. 338 Der „Anteil (?) des Futters (für) den Ibis“ (wn (?) n t3 hr(.t) p3 hb) – vgl. S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana, 19-20, 1970-1971, 31 Nr. 7, Z. 3 – dürfte eine spezielle Form der Futter-Steuer dargestellt haben. 339 Zu t yp.t Ḥr (Thebai) vgl. G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 43. 340 Zu p3 1/10 n n3 sh.w rt.w n Nἰwt (od. ä.) vgl. B. P. Muhs, Tax Receipts, 66-68. 341 Zur Steuer des ltm vgl. D. Devauchelle, REgypt 32, 1980, 65-68; 41, 1990, 218-220; Ursula Kaplony-Heckel, APF 49, 2003, 57-78 u. T. IX-XI (mit den Texten).

Die Steuern

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Die Bestattungs-Steuer (ḥd mr ḫ3s.t)342 In saïtischer und nachsaïtischer Zeit wurden die Zahlungen der BestattungsSteuer auf Papyri bestätigt343. In ptolemaiischer Zeit wurden die entsprechenden Steuerquittungen auf Keramikscherben ausgestellt. Die Bestattungs-Steuer, die vermutlich nur einmal im Leben entrichtet wurde, war nicht an den Staat, sondern an einen Tempel zu zahlen. Sie wurde jedoch anscheinend von staatlichen Funktionären eingetrieben 344 . Vielfach wurde die Steuer mit dem Ausdruck ḥd mr ḫ3s.t („Geld des Aufsehers der Nekropole“) umschrieben, manchmal mit dem Ausdruck tny mr ḫ3s.t („Steuer des Aufsehers der Nekropole“), gelegentlich auch mit der schlichten Wendung r ḥw.t-ntr („für den Tempel“) oder mit anderen Wendungen345. Die Höhe der Steuer betrug ½ kite (= 1 Drachmé) (Zeit Ptolemaios’ II.) bzw. ½ 1/12 kite (= 1 Drachmé, 1 Obolós) (Zeit Ptolemaios’ II. und Ptolemaios’ III.)346. Die Steuern zugunsten von Privatpersonen Die „Zweig“-Steuer (Steuer des thallós)347 Die „Zweig“-Steuer scheint beim Abschluß von Pachtverträgen oder gewissen Dienstleistungsverträgen an den Besitzer des verpachteten Objekts bzw. an den Erbringer der Dienstleistung gezahlt worden zu sein. Sie dürfte auf ältere Vorbilder zurückgegangen sein und eine Art „rite de passage“ markiert haben.

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342 Zur Bestattungs-Steuer vgl. Claire Préaux, Économie royale, 405; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 51. 64; M. Malinine, in: Mélanges Mariette, 137-168 u. T. I-VI; S. V. Wångstedt, Orientalia Suecana 23-24, 1974-1975, 7f.; D. Devauchelle, O. dem. Louvre I, S. 154; BIFAO 87, 1987, 142f.; Bull. de la Soc. d’Égyptol. de Genève 12, 1988, 35-37; S. P. Vleeming, in: Studies A. F. Shore, 354-362. 364; O. Vleem., S. 124f. (zu O. Vleem. 55); B. Muhs, in: Texts and Studies P. W. Pestman, 78f.; G. R. Hughes, Cat. dem. Brookl., S. 20-22 (zu Cat. dem. Brookl. 57-66); B. P. Muhs, Tax Receipts, bes. 4. 9f. 41. 87. 88-95. 99f. 101. 102; S. P. Vleeming, Enchoria 30, 20062007, ersch. 2009, 93-98 (zu B. P. Muhs, Tax Receipts, 140f. Nr. 7). 343 Vgl. D. Devauchelle, BIFAO 87, 1987, 141f. 344 Vgl. B. P. Muhs, Tax Receipts, 9f. 345 Vgl. etwa B. P. Muhs, Tax Receipts, 88f.; außerdem W. Clarysse, in: Proceedings of the 24th International Congress of Papyrology I, 187 (zu einem griechischen, aus spätptolemaiischer Zeit stammenden Papyrus). 346 Vgl. B. P. Muhs, Tax Receipts, 89. 347 Zur Steuer des θαλλός vgl. S. Eitrem, SO 17, 1937, 41-45; Françoise PerpillouThomas, Fêtes, 239f.; außerdem Ph. Derchain, CE 30, 1955, 324-326.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Esel-Steuer (hypozýgia)348 Die auf der doreá des Agathokles349 arbeitenden Besitzer von Eseln scheinen staatlicherseits gezwungen gewesen zu sein, eine Steuer zugunsten des Inhabers der doréa abzuführen. Läßt man die über 180 namentlich bekannten Steuern und Gebühren vor seinem geistigen Auge Revue passieren, ist man geneigt anzunehmen, daß das wirtschaftliche Leben der Bewohner Ägyptens in ptolemaiischer Zeit vor allem darin bestanden hat, Abgaben zu zahlen. Nun wird niemand leugnen, daß der steuerliche Druck, der auf der Bevölkerung lastete, beträchtlich stark war. Die vielen Beispiele, die zeigen, daß einzelne und Gruppen häufig diesem Druck entgegenzuwirken oder zu entkommen versucht haben350, sprechen eine deutliche Sprache. Doch wäre es verkehrt, den Gesichtspunkt des Steuerdrucks überzubetonen 351. Viele der genannten Steuern und Abgaben waren nicht während der gesamten Zeit der ptolemaiischen Herrschaft zu zahlen; viele dieser Steuern und Abgaben betrafen nur einzelne Bevölkerungsgruppen; und nicht wenige der Steuern und Abgaben, die beispielsweise auf klerúchoi lasteten, lasteten nicht auf allen klerúchoi des Landes. Im übrigen gewährte die Regierung in Zeiten, in denen die Bewohner des Landes oder einzelne Gruppen des Landes in beträchtliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, in nicht seltenen Fällen Steuererleichterungen bzw. Steuernachlässe – beispielsweise in Amnestie-Erlassen. Im übrigen weise ich darauf hin, daß eine Geschichte der ptolemaiischen Steuerpolitik und damit eine Geschichte einer tragenden Säule der Sozial- und Wirtschaftspolitik dieser Zeit bisher nicht geschrieben worden ist und wohl auch in Zukunft nicht geschrieben werden wird – und dies trotz der relativ zahlreichen antiken Zeugnisse, die uns zur Verfügung stehen. Die Lücken sind zu groß und werden wohl zu groß bleiben, wenngleich die Publikation weiterer antiker Zeugnisse manche neuen Erkenntnisse bringen wird.

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348 Zur Steuer der ὑποζύγια von O. Wilb. 2, Z. 4f. und BGU VI 1415, Z. 3 (?) vgl. Claire Préaux, O. Wilb., S. 18-21; Économie royale, 229. 349 Zu einem anderen Fall einer Besteuerung zugunsten einer δωρεά vgl. O. Bodl. I 32, Z. 5-7: τὸ γεινόμενο[ν] εἰς τὴν Ἀρ̣ι̣σ̣τολάου [δω]ρεάν (1. Dezember 231, bei einer Datierung nach dem Finanzjahr). 350 „Natürlich“ haben viele Steuerzahler (auch) im ptolemaiischen Ägypten die Steuergesetze zu umgehen versucht. Ein anschauliches Beispiel eines solchen Versuchs stellt der – allerdings nicht in allen Einzelheiten verständliche – Brief eines uns unbekannten Priesters des Chons namens Teos dar. Vgl. P. dem. Berl. III 13537 (Elephantine, 21. Juli 217 [?]); dazu J. F. Quack, Enchoria 29, 2004/2005, ersch. 2007, 60-66. 351 Vgl. etwa Claire Préaux, Économie royale, 132. 403.

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Die Steuerbefreiungen und die Steuererleichterungen Steuern zu zahlen, war für alle Bewohner des Landes eine unangenehme und häufig drückende Pflicht. Um den Druck zu verringern, der in manchen Schichten aus der Unzufriedenheit über die steuergesetzlichen „Daumenschrauben“ entstanden war oder entstehen konnte, um die Unterstützung der obrigkeitlichen Intentionen durch gewisse Kreise zu stärken und um die staatstragenden Tätigkeiten mancher Gruppen mit der Gewährung finanzieller Vorteile und der Verleihung sozialen Prestiges zu belohnen, griff die Regierung zu den Mitteln der Steuerbefreiung und der Steuererleichterung352. So gab es – natürlich – Listen „der Personen, die im Hinblick auf die Zahlung der Salz-Steuer registriert waren“353. Mit anderen Worten: Es gab auch Personen, die nicht zur Zahlung der Salz-Steuer verpflichtet waren354. Deutlich ist dies an einer anderen Stelle gesagt: „Liste der Personen, die keine [Salz-]Steuer zahlen“355. Berühmt – und bezeichnend für die Kulturpolitik Ptolemaios’ II. – ist die Steuerbefreiung, von der in einem Brief des bekannten dioiketés Apollonios an einen gewissen Zoïlos die Rede ist: „Wir haben sowohl die Schullehrer als auch die Trainer als auch die Schauspieler des Dionysos als auch die Sieger bei dem in Alexandreia veranstalteten Agon, und zwar sowohl bei den Basileia als auch bei den Ptolemaia, wie es der König verfügt hat, von der Salz-Steuer befreit – sowohl sie als auch die Mitglieder ihres Haushalts.“ 356 Dieses próstagma verfolgte eindeutig die Absicht, ___________________________

352 Diejenigen, die von der Zahlung einer Steuer befreit waren, wurden als ὑπόλογοι bezeichnet. Vgl. etwa W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 34. – In der Mendes-Stele (Z. D. 15-18) (264/63-259) behaupten die Priester von Mendes, daß der König dem Gau von Mendes die Fähren-Steuer und dem Tempel des Bocks von Mendes die Brot-Steuer (?) erlassen und die Steuern des ganzen Landes erheblich reduziert hat – die Rede ist von einer jährlichen Reduzierung von mehreren Hunderttausenden und mehreren Zehntausenden von deben (über 600 000 deben?). Sind diese Zusagen (?) realisiert worden? Man könnte zweifeln. (Zur Brot-Steuer [p3 dnj nj c q] vgl. J. F. Quack, in: Ptolemy II Philadelphus, 27815.) 353 P. Lond. VII 1936 Verso, Z. 2f. (15. April 257 [?]). 354 Von der Zahlung der Salz-Steuer befreit zu sein, war wohl der erstrebenswerteste Steuerstatus, den man erreichen konnte. Vgl. auch W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 52. 355 P. Lille I 10, Fragm. 3, Z. 3 ≈ P. Count. 1, Z. 4: λόγος τ̣ῶ̣ν μὴ τελούντων. Vgl. auch P. Petr. III 59 (b), Z. 3f. = Chrest. Wilck. 66, Z. 3f. = P. Count. 16, Z. 3f.: τῶν μὴ τελούντων. Vgl. dazu auch Françoise de Cenival, P. dem. Lille III, S. 28f. 51f.; Dorothy J. Thompson, in: Life, 323-326; in: Hellenistic Constructs, 242-257; außerdem E. Lanciers, Aegyptus 71, 1991, 290. 356 P. Hal. 1, Z. 260-265: ἀφείκαμ[εν] τού[ς τε διδασκάλους] τῶν γραμμάτων καὶ τοὺς παιδοτρίβας [κ]αὶ τ[οὺς ἐπιτηδεύοντας] τὰ περὶ τὸν ∆ιόνυσον καὶ τοὺς νενικηκό[τ]ας τ[ὸν ἐν Ἀλεξανδρείαι] ἀγῶνα, καὶ τὰ Βασίλεια καὶ τὰ Πτολε[μ]α[ῖ]α, κ[αθάπερ ὁ βασιλεὺς] προστέταχεν, τοῦ ἁλὸς τὸ τέλος αὐτούς τ[ε] καὶ [οἰκείους] (etwa 256); dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 52f. 125-138. – Zum ἐν Ἀλεξανδρείαι ἀγών vgl. Dorothy J. Thompson, in: Politics, 37331; außerdem

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die griechische Kultur mit Hilfe finanzieller Anreize und mit der Perspektive sozialen Prestiges in Ägypten zu verankern. Doch wäre es m. E. verkehrt, diese Seite der Kulturpolitik des Königs absolut zu setzen357. Die Griechen, die zumindest in der ersten Hälfte der Zeit der ptolemaiischen Herrschaft die führende gesellschaftliche Schicht bildeten, zahlten in der Phase B der Geschichte der Salz-Steuer (254-231) zwar die Salz-Steuer, aber keine Obolós-Steuer358. Diese Steuerbefreiung brachte zwar nur einen geringen finanziellen Vorteil, scheint aber dennoch eine gewisse Bedeutung besessen zu haben. Der Wert des Symbols war wichtiger als der Wert des Gelds! Im übrigen dürften die Autoren im Recht sein, die behaupten: „Hellenes may have enjoyed other (possibly more important) privileges besides exemption simply from the oboltax.“ 359 Da wüßten wir allerdings gerne mehr! In einem Punkt wissen wir anscheinend etwas mehr. Aus einem Dokument des Jahres 242/41 (?) scheint hervorzugehen, daß die Griechen vom Frondienst der Deicharbeiten befreit waren360. War dies der Fall, dann bedeutete dies jedoch nicht, daß sie nicht – ersatzweise – zur Zahlung der Deiche-Steuer (chomatikón) verpflichtet waren. Als „Griechen“ wurden in den steuerliche Aspekte betreffenden Dokumenten aber nicht nur Griechen bezeichnet, sondern auch Juden361. Und als „Griechen“ zahlten auch sie keine Obolós-Steuer362. In ihrer Nachbarschaft befanden sich Perser und Araber, deren Identität allerdings etwas obskur ist 363. Als „Steuer___________________________

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Françoise Perpillou-Thomas, Fêtes, 152-154; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 52103 (mit weiterer Literatur). – Zu den οἰκεῖοι vgl. N. Lewis, CE 27, 1952, 406. Zu den interessanten Fällen der beiden διδάσκαλοι Αἰγύπτιοι von P. Count. 3, Z. 32f. 86f. (P. Lond. III 1107) vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 127129. Vgl. Dorothy J. Thompson, in: Hellenistic Constructs, 247f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, bes. 138-147. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 127. – Zu dieser grundlegenden, über den Bereich der Steuerpolitik hinausreichenden Problematik vgl. etwa AnneEmmanuelle Veïsse, Ktèma 32, 2007, 279-291. Vgl. UPZ II 157, Z. 10-35, hier 32 = Chrest. Wilck. 385, Z. 10-35, hier 32; dazu U. Wilcken, Grundzüge, 331; UPZ II, S. 21; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 140. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 145. 147f. Gelegentlich allerdings werden sie nicht als Ἕλληνες bezeichnet, sondern als Ἰουδαῖοι. Vgl. P. Count. 15, Z. 4; dazu W. Clarysse, in: Proceedings of the 20th International Congress of Papyrologists, 202; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 148. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 30. 57. 73f., nehmen an, daß die „Steuer-Griechen” nach dem Wegfall der Obolós-Steuer keine „trade taxes“ zu zahlen hatten. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 56f. 125. 157-161; auch 138147; außerdem W. Clarysse, EVO 17, 1994, 69-77; C. A. La’da, EVO 17, 1994, 183189.

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Griechen“ waren sie den Juden gleichgestellt364. Eine uns – jedenfalls zunächst – merkwürdig anmutende Gruppe von „Steuer-Griechen“ bildeten die Leute, die im Singular als „Mann von Elephantine“ (rmt Yb) und als „Mann von Philai“ (rmt Pylq) bezeichnet wurden365. Sie wohnten – in der Zeit Ptolemaios’ III. – in der merís des Themistos im Arsinoïtes, „possibly“ – ursprünglich – „members of detachments of border-police“ 366 . Im Lauf der ersten Hälfte des 3. Jh. (?) scheinen ihnen militärische oder semimilitärische Aufgaben zugewiesen worden zu sein – Aufgaben, die nicht mehr an Orte des südlichen Grenzgebiets gebunden waren. Neben den Genannten gehörten auch andere, ursprünglich ethnisch bestimmte Gruppen zur Schicht der „Steuer-Griechen“: Thraker und wahrscheinlich Angehörige anderer Völker, in manchen Fällen sogar Ägypter367. Außerdem gehörten zu den „Steuer-Griechen“ oder genossen jedenfalls gewisse Steuerprivilegien – sehen wir von den Dorfsekretären ab – manche Vertreter mancher Berufe368: Ärzte369, Lehrer, Köche, Brauer, Gärtner, Schäfer, Pferdeknechte, Walker, Friseure (?) und die rätselhaften „Andersstämmigen“ (allóphyloi)370. Warum gerade diese? Wir wissen es nicht. „Steuer-Griechen“ gab es anscheinend noch im 1. Jh. Jedenfalls ersehen wir aus einer in die Jahre 96/94 oder 63/61 zu datierenden Zusammenstellung, die uns über Steuerzahlungen des Dorfes Petachor (Herakleopolites) informiert, daß 20 (gesondert aufgeführte) „Griechen“ bei der Zahlung einer (unbekannten) Steuer zu einem niedrigeren Steuersatz veranlagt worden sind als die übrigen 108 steuerpflichtigen Personen des Dorfes – genauer: zu 69 Drachmaí gegenüber 92 ___________________________

364 Vielleicht jedoch nicht völlig! Vgl. P. dem. Lille II 35 B, Z. 4: Mdj ms n Kmj („Perser, der in Ägypten geboren ist“) = Πέρσης ἐπιτελής („Perser, steuerpflichtig“); dazu W. Clarysse, EVO 17, 1994, 76; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 157. Oder könnte es sein, daß τῆς ἐπιγονῆς in ἐπιτελής verschrieben worden ist? (Der griechische Text dieses Dokuments ist im J. 1994 noch nicht publiziert gewesen.) 365 Vgl. P. Count. 2, Z. 501. 503; dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. I, S. 87-90; P. Count. II, 56f. 154f. – Die „Leute von Syene“ (im Singular rmt Swn) werden in P. Count. 2 nicht erwähnt. Sie werden aber – rechtlich gesehen – von den „Leuten von Elephantine“ und den „Leuten von Philae“ nicht zu trennen sein. 366 W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 57. – Zu den genannten Gruppen vgl. auch M. Chauveau, in: Acts of the Seventh International Conference of Demotic Studies, 5444; C. A. La’da, in: Akten des 23. Internationalen Papyrologenkongresses, 369-380; Katelijn Vandorpe, APF 54, 2008, 98f. 104f. (mit weiterer Literatur); C. J. Martin, JEA 95, 2009, 28017. 367 Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 142-145. 368 Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, bes. 124-138; außerdem 55. 56f. 57f. 145f. 164f. 369 Gehörten ägyptische Ärzte zur Gruppe der „Steuer-Griechen“? Vgl. dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 162-164. 370 Vgl.dazu W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 186f.; Anne-Emmanuelle Veïsse, REG 120, 2007, 51f. (Totengräber) (?). Ich vermute, daß der Begriff ἀλλόφυλοι – zumindest ursprünglich – einen ethnischen Sinn hatte.

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Drachmaí und 1 Obolós371. Sollte man unter diesen „Griechen“ ethnische Griechen verstehen? Kaum – jedenfalls nicht durchgängig. Oder griechische Soldaten, die steuerrechtlich höchstwahrscheinlich besser gestellt waren als ägyptische Zivilisten372? Vermutlich nicht. Eher doch „Steuer-Griechen“373! Die Soldaten, die – jedenfalls im 3. Jh. – in den Steuerlisten getrennt von den Zivilisten geführt wurden, hatten höchstwahrscheinlich einen Steuerstatus, der mindestens dem der griechischen Zivilisten entsprach374. Die Polizisten waren von der Salz-Steuer befreit, in den Phasen A (263-254) und B (254-231) – nicht jedoch in der Phase C (243-217) – auch ihre Familienangehörigen375. Doch scheint diese Steuerbefreiung mit dem Gehalt verrechnet worden zu sein, so daß sie nicht einen „realen“, sondern nur einen „symbolischen“ Wertzuwachs brachte. Aber immerhin! Schließlich genossen auch die Priester und zumindest etliche andere Personen, die innerhalb der Tempelmauern beschäftigt waren, steuerliche Vorteile376. Manches bleibt hier allerdings unklar – insbesondere die Antworten auf die Fragen, welche priesterlichen Gruppen steuerliche Vorteile genossen und wie weit diese steuerlichen Vorteile gingen. Im übrigen ist noch anzumerken, daß die Zahl derer, die eine Steuererleichterung oder gar eine Steuerbefreiung in Anspruch nehmen konnten, im Lauf der Zeit – schon seit dem 3. Jh. – zunahm377. Doch dürfen wir davon ausgehen, daß die Regierung für diese Ausfälle ohne Schwierigkeiten jeweils Ersatz fand.

Die Steuerveranlagung und die Steuererhebung378 Um den zentalen Bereich des Steuerwesens in der Praxis möglichst effizient zu gestalten, verband die Regierung – in Fortführung einer alten pharaonischen Tradition – zwei Systeme: das System der privaten Steuererklärung und das System der amtlichen Nachprüfung379. Die Steuererklärungen (apographaí) über ___________________________

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Vgl. BGU XIV 2429, Z. 10. 13f. Vgl. K. Goudriaan, Ethnicity, 103. Vgl. zu dieser Frage auch Anne-Emmanuelle Veïsse, Ktèma 32, 2007, 290f. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 48. 139f. Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 54f. 165f. Vgl. F. Uebel, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di Papirologia, 342f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 48f. 55f. 58f. 177-186. – Im übrigen scheinen die Priester, die eine Parzelle einer einem Gott anvertrauten βασιλικὴ γῆ gepachtet hatten, nicht zur Zahlung eines στέφανος verpflichtet gewesen zu sein. Vgl. J. C. Shelton, CE 50, 1975, 263-267. 377 Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 88. 378 Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 340-363; U. Wilcken, Grundzüge, 173-185; A. Steiner, Fiskus I, 14-24 (zu den Funktionen des οἰκονόμος); W. Schwahn, RE V A 1, 1934, 226-310, hier 302-310, s. v. Τέλη 1 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); außerdem M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 369f. (Lykien). 379 Vgl. etwa P. Rev., Col. 36f.

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die personelle Zusammensetzung der Haushalte380, über immobilen und mobilen Besitz381 und über gewerbliche Einnahmen waren natürlich an die zuständigen Finanzbeamten zu richten382. Der Grundbesitz jedoch war nicht in einer Steuererklärung anzugeben, da für die steuerlichen Berechnungen der (vermutlich jährlich auf Stand gebrachte) amtliche Kataster genügte, aus dem – unter anderem – zu ersehen war, ob ein Grundstück königliches, heiliges, geschenktes, kleruchisches oder privates Land war. Auch bei der Steuererhebung bediente sich die Regierung zweier Verfahren: einerseits der von staatlichen Funktionären überwachten direkten Einziehung der Steuern 383 und andererseits der über „Steuerkäufer“ (telónai) 384 organisierten indirekten Einziehung der Steuern. Das eine Verfahren übernahmen die ptolemaiischen Könige von ihren pharaonischen Vorgängern, das andere entlehnten sie der Welt der griechischen póleis, insbesondere Athens385. Natürlich erfuhr das vorhellenistische bzw. frühhellenistische Steuerpachtsystem in der neuen Welt des absolutistischen, großflächigen und multiethnischen Staats manche Veränderung386. Doch sollte man m. E. nicht in Frage stellen, daß die Ursprünge dieses ___________________________

380 Im Zusammenhang mit der ἁλική scheint der Begriff ἀπογραφή eher als ein Begriff der behördlichen als der privaten Seite verwendet worden zu sein. Vgl. W. Clarysse Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 17. 18. 21. 31. 381 Zu ἀπογραφαί von immobilem Besitz vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt, APF 2, 1903, 82-84; Sandra Avogadro, Aegyptus 15, 1935, 199-202 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); A. Papathomas, P. Heid. VII, S. 20-22; A. Martin - G. Nachtergael, CE 72, 1997, 300-303; außerdem Claire Préaux, Économie royale, 298-300; M. Hombert - Claire Préaux, Recherches, 44-47. 382 J. Harmatta, AAntHung 7, 1959, 402f., hält es für möglich, daß die aramäisch sprechenden Bewohner des Landes in der Zeit Ptolemaios’ I. ihre ἀπογραφαί – „übergangsweise“ – in aramäischer Sprache und Schrift abgeben konnten. Dies ist sehr zweifelhaft. 383 In römischer Zeit wurden jährlich zwei Priester des Tempels des Soknopaios von Soknopaiu Nesos als staatliche Steuererheber eingesetzt. Vgl. Sandra L. Lippert, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 155. Vermutlich nicht erst in römischer Zeit und vermutlich – in dieser oder in einer ähnlichen Form – nicht nur Priester des Soknopaios von Soknopaiu Nesos! 384 Im Demotischen wurde τελώνης – gelegentlich (?) – mit trns/tlns transkribiert. Vgl. Sandra L. Lippert, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 149. Diese transkribierte Amtsbezeichnung ist den transkribierten Amtsbezeichnungen hinzuzufügen, die W. Clarysse, in: Aspects, 10f. 12f. 16f., aufgelistet hat. 385 Vgl. insbesondere Claire Préaux, Économie royale, 450-459; J. Bingen, Papyrus Revenue Laws, 13-17; Ch. Chandezon, in: Vallée du Nil, 69f. 78-81. 386 Zum ptolemaiischen Steuerpachtsystem vgl. insbesondere P. Rev., Col. 1-22; UPZ I 112; dazu J. Bingen, CE 34, 1942, 291-298; P. Hels. I 36-38; dazu Maarit Kaimio, in: Proceedings of the Sixteenth International Congress of Papyrology, 281-287; außerdem U. Wilcken, O. Wilck. I, 513-570; H. Maspero, Finances, 157-171; U. Wilcken, Grundzüge, 182-185; W. Schwahn, RE V A 1, 1934, 226-310, hier 307-309, s. v.

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Systems tatsächlich in „Griechenland“ und nicht in Ägypten gelegen sind – selbst wenn es zutreffen sollte, daß bereits in einem demotischen Dokument des Jahres 292/91 der erste, in Ägypten anzutreffende Steuerpachtvertrag vorliegt387. Allerdings besteht durchaus die Möglichkeit, ja sogar die Wahrscheinlichkeit, daß es schon vor den Steuerpachtgesetzen (nómoi telonikoí) der sog. Revenue Laws (259/58) ein Steuerpachtgesetz bzw. Steuerpachtgesetze gegeben hat; denn in einem etwa aus dem Jahr 265 stammenden Dokument sind Bestimmungen zur Durchführung von mit der Steuerpacht zusammenhängenden Vorgängen enthalten, die nicht zu Bestimmungen der sog. Revenue Laws passen388. Neben anderen Faktoren hatte die Einführung des griechischen Systems der Steuerpacht, in dessen Rahmen die Steuern meist nicht in natura, sondern nummis gezahlt wurden, eine starke Intensivierung der Geldwirtschaft zur Folge 389 – eine Entwicklung, die zu einer beträchtlichen Umgestaltung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens des Landes führte. Der Zweck der Steuerpacht ist leicht zu erkennen: „La ferme lagide n’est plus qu’une institution d’assurance contre risques fiscaux.“390 Bei der jährlichen Ausbietung der Steuern391 – wohl zu Beginn des ägyptischen Jahres392 – erhielt der ___________________________

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Τέλη 1; 418-425, hier 421-425, s. v. Τελῶναι; W. Lotz, Studien, 13-15. 23; H. C. Youtie, ZPE 1, 1967, 6-16; J. Bingen, Papyrus Revenue Laws, 12-17; Bärbel Kramer, in: Von Noricum nach Ägypten, 277f. Vgl. P. dem. Brit. Mus. I 10528; dazu S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 115; M. Depauw, P. dem. Brux. Depauw, S. 70-74; B. P. Muhs, Tax Receipts, 7. 101. Vgl. P. Hib. I 29, Z. 25. 37-39 = Chrest. Wilck. 259, Z. 25. 37-39; dazu etwa J. Bingen, Papyrus Revenue Laws, 1420. Vgl. etwa B. P. Muhs, Tax Receipts, 6-8; außerdem (unter Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte) J. Bingen, in: Ptolemäisches Ägypten, 211-218 bzw. 219; Sitta von Reden, in: Money, 65-76; Jane Rowlandson, in: Money, 145-155; Sitta von Reden, in: Ancient Economies, 170-175; Money, 58-78. 79-152; J. G. Manning, in: Monetary Systems, 103-111; Sitta von Reden, in: Alexandreia, 35-38; W. Huß, Wirtschaft, 38f. (?) (im Druck); anders W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 312f. – Besonders aufschlußreich sind zwei Sätze eines Briefs, den ein gewisser Nikanor am 12. Februar 252 an Zenon, den Verwalter des διοικητής Apollonios, geschrieben hat: περὶ χόρτου μοι ἔγραψας ὅπως ἂν συναγορασθῆι πρὸς σπορ̣[άν]. οὐθεὶς οὖν ἐν τοῖς τόποις πωλεῖ πρὸς σῖτον, ἀλλὰ πρὸς ἀργύριον (PSI IV 356, Z. 6-8). Claire Préaux, Économie royale, 451. Die Verpachtung der Steuern fand unter der Aufsicht des οἰκονόμος statt. Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 516-518. Vgl. dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 518-520; H. Maspero, Finances, 161f. Möglicherweise war diese Regelung in der Zeit nach der Abschaffung des Finanzjahrs (wohl während der Regierungszeit Ptolemaios’ IV.) in Geltung. – W. Clarysse Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 75f. 85f., nehmen an, daß das „Salz-Steuer-Jahr“ im 3. Jh. am ersten Tag des Finanzjahrs – ihrer Meinung nach am 1. Mecheir – begonnen hat. Sie scheinen demnach der Ansicht zu sein, daß die jährliche Auktion der Steuerpachten kurze Zeit vor dem 1. Mecheir oder am 1. Mecheir oder kurze Zeit

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Meistbietende393 den Zuschlag394. Er hatte mit seinem Vermögen für die Zahlung der von ihm gebotenen Summe zu haften. Um sicher zu gehen, verlangte die Regierung die Stellung von Bürgen (éngyoi oder engyetaí) 395 . Und um Interessenkonflikte zu vermeiden, verbot die Regierung staatlichen Funktionären, als Bürgen zu fungieren. Da ein am „Kauf“ (oné) einer Steuer Interessierter nicht selten feststellte, daß die Pachtsummen seine finanziellen Möglichkeiten überstiegen, sah er sich nach Kollegen um, die sich am Pachtgeschäft beteiligten (métochoi)396. Sie bildeten gemeinsam eine „Gesellschaft“ (koinonía). Er selbst aber blieb immer der „eigentliche“ Pächter (archónes)397. Im übrigen wurden die Anschläge, in denen das Steuerpachtgesetz eines Jahres publiziert wurde, in griechischer Sprache und Schrift und in demotischer Sprache und Schrift abgefaßt398. Daraus zu schließen, daß auch Nicht-Griechen Steuerpächter werden konnten399, ___________________________

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nach dem 1. Mecheir stattgefunden hat. Ihre Meinung läßt sich – wenn auch mit Einschränkungen – mit Hilfe des amtlichen Schreibens P. Köln VI 260 begründen. In diesem Schreiben, das am 26. Tybi des 10. Finanzjahrs Ptolemaios’ IV. (9. März 213) bei einem gewissen Apollonios eingegangen ist, kündigt der οἰκονόμος Metrodoros an, daß er am 26. Tag eines Monats, dessen Name verlorengegangen ist, in Oxyrhyncha (Arsinoïtes) die Steuerpachtauktion durchführen wird. Natürlich liegt der Gedanke nahe, daß der οἰκονόμος den 26. Tag des nächsten Monats, des Mecheir, im Auge gehabt hat. Frauen scheinen nie einen Steuerpachtvertrag abgeschlossen zu haben. Vgl. etwa V. Tcherikover, CPJ I, S. 195. Zum Ablauf von Auktionen vgl. die (etwas hypothetischen) Ausführungen von U. Wilcken, O. Wilck. I, 525-531; außerdem J. G. Manning, in: Studies E. F. Wente, 278; Dorothy J. Thompson, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia II, 1261-1263; Charikleia Armoni, APF 55, 2009, 186-189. 189-192 (zur staatlichen Auktion eines konfiszierten Privatbesitzes). – Im Griechischen wurde der Ausdruck „staatliche Versteigerung“ (nicht nur der Steuern) mit der Wendung ὠνεῖσθαι ἐκ βασιλικοῦ umschrieben, im Demotischen lautete dieser Ausdruck cyš n pr-c3 („Bekanntmachung des Königs“). Vgl. K.-Th. Zauzich, Enchoria 1, 1971, 7982; 17, 1990, 161f.; J. G. Manning, in: Studies E. F. Wente, 279f.; K. Ryholt, P. Petese II, S. 16; dazu F. Hoffmann, in: Erzählen I, 358. Zu den geforderten Sicherheiten vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 547-555; Maarit Kaimio, in: Proceedings of the Sixteenth International Congress of Papyrology, 281287; P. Hels. I 36-38 Komm.; außerdem W. Clarysse, Enchoria 16, 1988, 13 (zu SB XX 14429). 14 (zu SB XX 14430). Die Bürgschaftserklärungen (σύμβολα) – vgl. UPZ I 112, Col. II, Z. 2 – waren innerhalb von 30 Tagen nach der Auktion abzugeben, vermutlich beim ἐπιμελητής. Vgl. Maarit Kaimio, P. Hels. I, S. 142; B. C. McGing, APF 48, 2002, 54f.; anders Maarit Kaimio, in: Proceedings of the Sixteenth International Congress of Papyrology, 284: beim βασιλικὸς γραμματεύς. Dieser Beamte hatte die Bürgschaftserklärungen dem οἰκονόμος zuzustellen. Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 535-547. Vgl. P. Rev., Col. 14, Z. 2; dazu G. M. Harper jr., Aegyptus 14, 1934, 269-285. Zu der Wendung ἐν ἡμέρα[ις] δέκα von P. Rev., Col. 9, Z. 3 vgl. J. Bingen, Papyrus Revenue Laws, 1217. So Ch. Chandezon, in: Vallée du Nil, 72.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

ist zwar logisch verkehrt, aber sachlich richtig400. Die Dokumente beweisen es401. Da die aus den Steuerpachtgeschäften zu erwartenden Gewinne (epigenémata) keineswegs immer „berauschend“ waren 402 , zahlte die Regierung den Steuerpächtern Tantiemen (opsónia): im 3. Jh. 5%, im 2. Jh. 10%403. Die Bezirke, in denen die Steuerpächter tätig wurden, waren verschieden groß: oft nur ein Dorf, nicht selten auch mehrere Dörfer, manchmal eine merís (im Arsinoïtes) und gelegentlich ein ganzer Gau404. Die eingezogenen Steuerbeträge waren täglich bei der (königlichen) Bank einzuzahlen405, und monatlich erfolgte die Abrechnung über die im vergangenen Monat getätigten Zahlungen (anaphoraí)406. Am Ende der Vertragsdauer erfolgte die Endabrechnung407. Damit die Steuerpächter die übernommenen Pflichten ordnungsgemäß erfüllen konnten, stellte ihnen die Regierung einen umfangreichen Apparat zur Verfügung408. In der Zeit Ptolemaios’ II. waren dies ein Inspektor (éphodos), Erheber (logeutaí) 409 , Diener (hyperétai) und Quittungsbewahrer (symbolophýlakes) 410 . ___________________________

400 Vgl. etwa U. Wilcken, O. Wilck. I, 523-525; außerdem R. Bogaert, AncSoc 31, 2001, 184, der allerdings der Meinung ist, daß 93% der Steuerpächter Griechen oder hellenisierte Bewohner des Landes waren: „Sur 179 fermiers cités dans la Pros. Ptol. I et VIII, il n’y a que 12 Égyptiens“ (18437). – Zu „neuen“ Steuerpächtern (Maron, Marres) vgl. P. Harrauer 30, Z. 1. 15f. (183/82 oder 159/58). 401 Vgl. etwa W. Clarysse, AncSoc 37, 2007, 89-95, zu Taëmbes, einer Dame, die in Talaë (Herakleopolites) wohnte und die höchstwahrscheinlich die ζυτηρά gepachtet hatte. Nicht nur eine Frau, sondern „sogar“ eine Ägypterin! 402 H. C. Youtie, ZPE 1, 1967, 14-16, vermutet, daß ein Steuerpächter in einem gewöhnlichen Geschäftsjahr wenigstens einen Gewinn einstreichen konnte, den er auch bei der Ausgabe eines Darlehens hätte erzielen können. In ptolemaiischer Zeit waren dies immerhin 24%. Vgl. auch U. Wilcken, O. Wilck. I, 534f. (mit positivem Urteil hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten der τελῶναι). 403 Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 532-534. 404 Vgl. etwa U. Wilcken, O. Wilck. I, 520f. – Möglicherweise wurden im Arsinoïtes die meisten oder gar alle verschiedenen Steuern auf den verschiedenen geographischen bzw. institutionellen Ebenen verpachtet, die wir großenteils aus der Einziehung vor allem der ἁλική kennen: 1. νομός (?); 2. μερίδες; 3. τοπαρχίαι/„tax-areas“; 4. „taxdistricts“; 5. κῶμαι. Vgl. Dorothy J. Thompson, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia II, 1255-1261; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, bes. 102f. 113-122. 352f. – Zu den τελῶναι und den λογευταί der μερίδες des Arsinoïtes vgl. E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 53-55. – Vielleicht wurden die „tax-districts“ – jedenfalls zu gewissen Zeiten und in gewissen Regionen – bereits in ptolemaiischer Zeit als λαῦραι bezeichnet. Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 712f.; R. Bogaert, ZPE 86, 1991, 261f. 405 Vgl. etwa CPR XXVIII 9. 406 Vgl. P. Rev., Col. 56, Z. 14-18; dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 569f. 407 Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 570. 408 Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 555-561. 409 Die demotische Bezeichnung des λογευτής ist sḥn bzw. sš sḥn. Vgl. W. Spiegelberg, ZÄS 42, 1905, 57; S. R. K. Glanville, P. dem. Brit. Mus. I, S. 18; G. Mattha, O. dem. Mattha, S. 9. 15f.; Françoise de Cenival, Associations religieuses, 174; W. Clarysse,

Die Steuern

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Diese staatlichen Funktionäre trieben – zusammen mit den Steuerpächtern411 – die Steuern ein. Bei Vorgängen, die mit der Eintreibung von Steuerrückständen, mit Verdachtsfällen von Steuerhinterziehungen, mit der Einziehung von Strafgeldern und mit der Durchführung von Zwangsvollstreckungen zusammenhingen, durfte der Steuerpächter nicht eingreifen. Dies war Sache staatlicher Funktionäre, insbesondere des oikonómos412. Um zu vermeiden, daß sich der Steuerpächter irgendwelche Unregelmäßigkeiten erlaubte – etwa Unregelmäßigkeiten bei den Abrechnungen – stellte ihm die Regierung einen „Gegenschreiber“ (antigrapheús), der als Kontrolleur fungierte, an die Seite413. Hier – wie auch sonst – hieß es: safety first414! Für die faktische Eintreibung von Steuerrückständen, von Geldern aus Zwangsversteigerungen und von Strafgeldern gab es jedoch einen „Spezialbeamten“: den „Zwangsvollstrecker“ (práktor)415. Er war zwar anscheinend dem oikonómos unterstellt, bekleidete aber dennoch eine angesehene Position. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß unter den uns bekannten práktores kein einziger

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410

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in: Hundred-Gated Thebes, 9; G. Gorre, Relations, 157f.409. – Zu ägyptischen λογευταί vgl. PP I 1694; 1699; 1700; außerdem PSI XV 1514, Z. 7f. Vgl. P. Rev., Col. 12, Z. 11 - Col. 13, Z. 4. Der ἔφοδος erhielt ein monatliches Gehalt (μισθός) von 100 Drachmaí, die λογευταί ein monatliches Gehalt von 30 Drachmaí, die ὑπηρέται ein monatliches Gehalt von 20 Drachmaí und die συμβολοφύλακες ein monatliches Gehalt von 15 Drachmaí. Dies waren – insgesamt gesehen – beträchtliche Beträge, die ἀπὸ τῶ[ν λογευ]μάτων abgezweigt wurden. Vgl. P. Rev., Col. 12, Z. 13. Der διοικητής und die οἰκονόμοι werden aber diese Beträge bei der Ausbietung der Steuerpachtverträge berücksichtigt haben. Vgl. P. Rev., Col. 15, Z. 10-12. Vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 561-564. Dieser ἀντιγραφεύς des τελώνης darf natürlich nicht mit dem ἀντιγραφεύς des οἰκονόμος verwechselt werden. Nicht immer handelten die Steuerpächter ἀπὸ τοῦ βελτίστου κατὰ τοὺς νόμους! Vgl. UPZ I 112, Col. I, Z. 5f.; dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 568f. Zum πράκτωρ vgl. E. Revillout, Revue égyptol. 2, 1882, 140f.; 267f. (zu den πράκτορες τῶν βασιλικῶν und den πράκτορες τῶν ξενικῶν); U. Wilcken, O. Wilck. I, 564f.; Grundzüge, 185; E. Van ’t Dack, in: Ptolemaica, 24. 28; 55 (zum πράκτωρ in den μερίδες des Arsinoïtes); H. Schaefer, RE XXII 2, 1954, 2538-2548, hier 25432545. 2547f., s. v. Πράκτωρ; Claire Préaux, CE 30, 1955, 107-111 (zu den Funktionen des πράκτωρ ξενικῶν); J. J. Rabinowitz, JJP 11-12, 1957-1958, 180f. (kaum zutreffend); W. Peremans - E. Van ’t Dack, JJP 18, 1974, 197-202 (zum πρά(κτωρ) τῆς (πρώτης) (τετρα)μή(νου) von O. Heid. 3, Z. 1f.); G. Agosti, PSI Congr. XXI, S. 40 (zum πράκτωρ ξενικῶν); R. Bogaert, ZPE 120, 1998, 196f. (zum πράκτωρ τῶν ἱερῶν); W. Clarysse, in: Edfu, 20-22 (zum πράκτωρ τῶν ἱερῶν); außerdem Ursula Kaplony-Heckel, in: Festschrift F. Junge II, 387 (zu Ursula Kaplony-Heckel, EVO 17, 1994, 165f.); L. Koenen, P. Sijp., S. 314f.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

einen ägyptischen Namen getragen hat – weder im 3. Jh. noch später416. Dieser außerordentliche Befund zwingt uns wohl zu der Annahme, daß die Regierung diesen nicht unbedeutenden Sektor der Finanzverwaltung für Angehörige der griechischen Führungsschicht reserviert hat – jedenfalls im 3. Jh.417. Hinter den griechischen Namen der práktores des 2. und des 1. Jh. mögen sich teilweise Ägypter oder Gräko-Ägypter verbergen. Die Steuerquittungen wurden entweder von den Bankbeamten (trapezítai)418 bzw. den Speicherbeamten (sitológoi) oder von den Steuerpächtern (telónai) bzw. den Erhebern (logeutaí) 419 unterschrieben 420 . Bemerkenswert ist die Tatsache, daß nicht nur die demotischen, sondern auch die griechischen Salz-SteuerQuittungen in Elephantine, in diesem „hintersten Winkel“ der ägyptischen Zivilisation, von ägyptischen Erhebern, vielleicht auch von ägyptischen Steuerpächtern geschrieben bzw. unterschrieben worden sind421. Das ägyptische Element war offensichtlich – zumindest auf der Ebene der Erheber – stärker vertreten, als man zunächst vermuten möchte!

Die jährlichen Steuereinnahmen422 Einige literarische Notizen informieren uns über die jährlichen Einnahmen zweier ptolemaiischer Könige: über die Einnahmen Ptolemaios’ II.423 und die Einnahmen Ptolemaios’ XI. Neos’ Dionysos’424. Zwar sprechen die Verfasser dieser No-

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416 Schon der Titel verrät, daß dieser Beamte – wie der Funktionsträger τελώνης – aus dem griechischen Bereich „importiert“ worden ist. In demotischen Dokumenten wurde der Titel translitteriert. Vgl. W. Clarysse, in: Politics, 17. 27 Nr. 61. 417 Vgl. W. Peremans, AncSoc 2, 1971, 35f. 43. 418 Vgl. R. Bogaert, AncSoc 31, 2001, 177-182 (griechische Steuerquittungen). 185f. (zweisprachige Steuerquittungen). 419 Vgl. W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 60f. (zu den Steuerquittungen der τελῶναι und der λογευταί). 420 J. Locher, Topographie und Geschichte, 293-317, hat eine Liste der Steuer- und Abgabequittungen zusammengestellt, die in Syene, Elephantine und Philai ausgestellt worden sind (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit). Die aus ptolemaiischer Zeit stammenden Quittungen sind von τραπεζῖται, σιτολόγοι und λογευταί unterzeichnet worden. 421 Vgl. S. P. Vleeming, O. Vleem., S. 36-38; R. Bogaert, AncSoc 31, 2001, 183f. 422 Vgl. etwa G. Le Rider - F. de Callataÿ, Séleucides et Ptolémées, 171-175; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 147-150. 423 Vgl. FgrHist 260 Porphyrios von Tyros F 42. 424 Vgl. Diod. XVII 52,6; Strab. XVII 798 (eine Notiz, die wohl Ciceros Rede „De rege Alexandrino“ entnommen ist).

Die Steuern

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tizen nicht ausdrücklich von Steuereinnahmen425, scheinen aber doch – jedenfalls in erster Linie426 – Steuereinnahmen vor Augen gehabt zu haben. Die Zahl von 14 800 (Silber-)Tálanta und von 1 500 000 artábai Getreide, die Ptolemaios II. nach dem Bericht des Porphyrios jährlich eingenommen hat427, hat vielfach zu Skepsis Anlaß gegeben428. Ich halte diese Skepsis nicht für gerechtfertigt429. Die konkreten Angaben des Porphyrios sind im allgemeinen vertrauenswürdig430. Die Zahlen, die Cicero/Strabon und Diodoros hinsichtlich der jährlichen Einnahmen Ptolemaios’ XI. Neos’ Dionysos’ überliefern, divergieren. Während Cicero, ein Zeitgenosse des genannten Königs, von 12 500 (Silber-)Tálanta spricht, erwähnt Diodoros, der sich während der 180. Olympiade (60/59-56/55) in Alexandreia aufgehalten hat und der sich auf Aussagen der zuständigen Behörden beruft431, die Summe von über 6 000 (Silber-)Tálanta. Wem soll man vertrauen? Ich denke: eher dem Historiker als dem Redner – jedenfalls in diesem Fall 432. Alle Versuche, zwischen diesen beiden Zahlen zu „vermitteln“, haben etwas Gezwungenes an sich.

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425 Porphyrios: de Aegypto … acceperit; Diodoros: ἐκ ... τῶν προσόδων τῶν κατ’ Αἴγυπτον; Strabon (im Anschluß an Cicero): τῆς Αἰγύπτου ... τὰς προσόδους ... φόρον. 426 Natürlich besteht die Möglichkeit, daß auch die Zölle in diesen Summen berücksichtigt worden sind. Doch ist daran zu erinnern, daß die Zölle in weit geringerem Maß als die Steuern einen fixen Posten im „Haushalt“ des Staats gebildet haben. 427 Zu den Einnahmen aus den sog. Außenbesitzungen vgl. etwa – faute de mieux – Ios. ant. XII 175 (Steuereinnahmen τῆς κοίλης Συρίας ... καὶ τῆς Φοινίκης καὶ Ἰουδαίας σὺν τῇ Σαμαρείᾳ); dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 412f. 428 Vgl. etwa K. J. Beloch, Griechische Geschichte IV 1, 340f.; W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, P. Count. II, 1. 429 Vgl. etwa U. Wilcken, O. Wilck. I, 412; außerdem W. Clarysse - Dorothy J. Thompson, APF 55, 2009, 233. 260 (zu P. Poethke 8, Fragment B, Verso). Natürlich kann es sich hier nur um die Einnahmen eines bestimmten Jahres oder um Durchschnittswerte handeln, da die Höhe der Einnahmen von Jahr zu Jahr schwankte. 430 Zu der Notiz des Appianos (prooem. 10,40), nach der zu einem bestimmten Zeitpunkt in der königlichen Kasse 740 000 (Silber-)Tálanta gelegen sind, vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 416-420; A. Bouché-Leclercq, Histoire I, 2391; IV, 314; K. J. Beloch, Griechische Geschichte IV 1, 341. 3521; Claire Préaux, Économie royale, 426; M. Rostovtzeff, History II, 1152. 431 Vgl. Diod. XVII 52,6: οἱ τὰς ἀναγραφὰς ἔχοντες τῶν κατοικούντων. 432 Vgl. etwa R. A. Hazzard, Ptolemaic Coins, 549; anders U. Wilcken, O. Wilck. I, 413416; H. Maspero, Finances, 232; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 401f.; M. Rostovtzeff, History III, 160786.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Zölle1 Welch immense Einnahmen manche Staaten aus der Erhebung von Importzöllen erzielen konnten, läßt sich am Beispiel von Rhodos, einem der bedeutendsten, wenn nicht dem bedeutendsten Handelspartner Alexandreias ersehen. Vor der vom römischen Staat verfügten Installierung des Freihafens Delos (166) strich die Stadt jährlich eine Summe von nicht weniger als 1 000 000 Drachmaí aus Importzöllen ein2. Importzölle hatte natürlich auch der persische König in den Häfen Ägyptens, in denen der Handelsverkehr mit der Außenwelt abgewickelt worden war, verlangt. Im J. 475 hatten sich griechische Kaufleute gezwungen gesehen, Importzölle in Höhe von 20% zu zahlen, und phoinikische Kaufleute, Importzölle in Höhe von 10% zu entrichten, wenn sie in einem – namentlich unbekannten – Mittelmeerhafen Ägyptens ihre Waren gelöscht hatten3. In hellenistischer Zeit trat – grundsätzlich – keine neue Situation ein. In Alexandreia4 und in Pelusion5, höchstwahrscheinlich auch in Syene6 und in den wichtigsten Häfen der Ostküste7 wurden Außenzölle erhoben8. Die Importzölle, die zur Zeit Ptolemaios’ II. im Hafen von Pelusion zu zahlen waren, waren erstaunlich hoch9. 20% waren zu zahlen für Wolle, 25% für Honig von Theangela, von Rhodos, von Thasos, aus Attika und aus Lykien, pontische Nüsse, Granatäpfel, Wildschweinfleisch, Hirschfleisch, harte und weiche ___________________________

1

Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 320-326 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 308. 341; Grundzüge, 172. 190; Th. Reil, Beiträge, 20; W. Schwahn, RE V A 1, 1934, 226-310, hier 301f., s. v. Τέλη 1; Claire Préaux, Économie royale, 371-379. – Ein eigenes Wort für „Zoll“ kannten die Griechen nicht. Vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 3201. 2 Vgl. Polyb. XXX 31,12; dazu F. W. Walbank, Commentary III, 459f. 3 Vgl. Ada Yardeni, BASOR 293, 1994, 70. 4 Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 22-35 ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 22-35. – Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß offensichtlich zollrechtliche Bestimmungen hinter dem Verbot standen, sich in Alexandreia ohne Passierschein einzuschiffen. Vgl. Strab. II 101: … οὐδ’ ἐξῆν ἄνευ προστάγματος ἐξ Ἀλεξανδρείας ἀνάγεσθαι; dazu Claire Préaux, Économie royale, 378. 5 Vgl. P. Rev., Col. 52, Z. 25-28 (ein indirekter Hinweis). – Zur Interpretation der Wendung p3-hrw in Pithom-Stele, Z. 10 vgl. Ch. Thiers, GM 157, 1997, 95-101; Ptolémée Philadelphe, 94-96. – Zu Penmeret, dem Zoll-Direktor von Pelusion (?), vgl. G. Gorre, Relations, 423-437 Nr. 83, hier 431f. 6 Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 322f. 7 Vgl. dazu M. Rostowzew, APF 4, 1908, 309f.; U. Wilcken, Grundzüge, 172. 190. 8 Über Zölle, die im ägyptisch-kyrenaiischen Handel zu zahlen waren, erfahren wir nichts. 9 Vgl. P. Cair. Zen. I 59012 (Mai/Juni 259); 59015 (recto) (259 oder 258); dazu U. Wilcken, APF 7, 1924, 293f.; C. C. Edgar, ASAE 23, 1923, 74-84. 86-95.

Die Zölle

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Schwämme, Käse von Chios oder von anderen Orten, Meeresfische, gepökelte Fische, Bauchstücke von Fischen und gepökeltes Fleisch, 33⅓% für den Wein von Chios und von Thasos und getrocknete Feigen, und 50% für Öl. Im übrigen kennen wir – schemenhaft – an Außensteuern noch den Einsechstel-Zoll (epobelía) und den Gute-Fahrt-Zoll (eúploia). Der (zusätzliche) Einsechstel-Zoll wurde anscheinend – ähnlich wie die Marine-Steuer – auf Importgüter erhoben10. Nur auf das Importgut Öl? Kaum. Näheres wissen wir nicht. Mit der Obolós-Steuer hatte dieser Zoll jedenfalls nichts zu tun. Der Gute-Fahrt-Zoll11 wurde auf Öleinfuhren – nur auf Öleinfuhren? – erhoben, „possibly a tax for the upkeep of the Alexandrian light-house“12. Zölle wurden aber nicht nur an den Grenzen, sondern auch im Landesinneren erhoben. So waren für die Waren, die von Oberägypten nach Unterägypten transportiert wurden, bei der „Wache“, die sich zwischen Hermupolis magna und Lykonpolis befand, Zölle zu entrichten, und für die Waren, die den umgekehrten Weg nahmen, bei der „hermopolitischen Wache“ 13 . Auch an manchen – an allen? – Gaugrenzen mußten die Händler in die Tasche greifen14. So hatten sie beim Überschreiten der Grenze zwischen dem Herakleopolites und dem Arsinoïtes den Einvierundzwanzigstel-Zoll (tetrakaieikosté) (4,17%) zu entrichten (250)15. Ein Zoll (?) in Höhe von 3% war allem Anschein nach zu zahlen, wenn man Waren von Philadelpheia (Arsinoïtes) nach Kerke (Aphroditopolites) verfrachtete (21. Juni 132 [?])16. Von einem Importzoll ist anscheinend auch in ___________________________

10 Zur ἐπωβελία von P. Cair. Zen. I 59015 (recto), Z. 44 vgl. C. C. Edgar, ASAE 23, 1923, 89. 11 Zum Zoll der εὔπλοια vgl. P. Cair. Zen. I 59015 (recto), Z. 40; (7), Z. 10; dazu C. C. Edgar, ASAE 23, 1923, 89; Claire Préaux, Économie royale, 379. 12 C. C. Edgar, P. Cair. Zen. I, S. 32. 13 Vgl. Agatharch. mar. Erythr. 22 (GGM I 122); Strab. XVII 813; außerdem Ptol. IV 5,60. 14 Anscheinend bestand die Möglichkeit, diese Zölle nicht nur beim Überschreiten der Gaugrenzen, sondern auch am Zielort (des Nachbar-Gaus) zu zahlen. Vgl. P. Hib. I 80 = Chrest. Wilck. 290; P. Hib. I 154; 155; dazu U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 341; Grundzüge, 190f. (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit). 15 Zur τετρακαιεικοστή vgl. P. Hib. I 80, Z. 4. 10 = Chrest. Wilck. 290, Z. 4. 10; dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 235; U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 341. 16 Vgl. P. Thomas 3, Z. 13; dazu W. Clarysse, in: Essays and Texts J. D. Thomas, 81f.; außerdem P. Yale I 40, Z. 3f.; dazu W. Clarysse, in: Faces, 163f. In P. Thomas 3 wurde der Zoll nach der Zahl der Transporttiere und nach der Art und der Menge der Waren berechnet. – Worin sich die zusammen erwähnten Abgaben der ἑκατοστή (1%) und der πεντεκοστή (2%) unterschieden haben, ist mir unklar. Ist vielleicht gar in der ἑκατοστή die Fähren-Steuer und in der πεντεκοστή der Binnenzoll zu sehen? (Jedenfalls ist es nicht notwendig gewesen, eine 3%ige Abgabe mit den Zahlen 1+2 zu kennzeichnen; denn wenn es eine τετρακαιεικοστή (4,17%) gegeben hat, hätte es auch eine τρισκαιτριακοστή (3,03%) geben können.)

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

einem Dokument die Rede, in dem die „Einfuhr von weiblichen Tieren“ (einer uns unbekannten Art) erwähnt ist17. Außerdem kennen wir die Existenz eines Tor-Zolls (diapýlion)18, der auf Waren erhoben wurde, die zu Schiff von einem Bezirk in einen anderen verfrachtet wurden. Er betrug im Durchschnitt 4% des Werts der Waren. Die aus römischer Zeit stammenden Dokumente lassen vermuten, daß die Erhebung dieses Zolls auch in ptolemaiischer Zeit nicht auf die Häfen von Alexandreia und Pelusion beschränkt war. Die Einzelheiten bleiben jedoch unklar19. Immerhin scheinen wir aber über die Zollformalitäten „informiert“ zu sein, die für die Ladung von Schiffen, die von Memphis nach Alexandreia fuhren20, bei der „Wache“ von Memphis zu erledigen waren (etwa 20820621)22. Zollstationen gab es schließlich auch an den Stadtgrenzen Alexandreias, und zwar an den Ausgangspunkten bzw. Endpunkten der Landstraßen, die von Alexandreia nach Taposiris magna und nach Kanopos bzw. von Taposiris magna und von Kanopos nach Alexandreia führten23 – anscheinend auch an dem Ausgangspunkt der Landstraße, die ins Landesinnere führte. Im Amnestie-Erlaß des Jahres 118 schärfte die Regierung den Zöllnern bzw. den hinter ihnen stehenden Zollpächtern ein, daß sie nur „die gesetzlich festgelegten Zölle“ (ta kathékonta) einnehmen dürften – offensichtlich waren in der Vergangenheit auf diesem Gebiet manche unsauberen Geschäfte getätigt worden. ___________________________

17 Vgl. P. Cair. Zen. III 59326 bis, Z. 17f.: εἰς τὰς θηλεί[– – –]ους εἰσαγ̣̣ω̣γ̣ῆς̣ (etwa 249); dazu Claire Préaux, Économie royale, 3518. 18 Zum διαπύλιον vgl. P. Cair. Zen. I 59012, Z. 75. 88. 99. 109. 118; außerdem P. Tebt. I 8, Z. 19 = Chrest. Wilck. 2, Z. 19 (Lykien); dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 354-360 (römische Zeit); C. C. Edgar, ASAE 23, 1923, 76-78; P. Cair. Zen. I, S. 22; Claire Préaux, Économie royale, 352. 19 Als Zölle wird man auch die ἑκατοστή – vgl. P. Cair. Zen. I 59012, Z. 76. 99. 101. 111. 120 – und die διακοσιαστή – vgl. P. Cair. Zen. I 59015 (recto), Z. 39; (7), Z. 9 – bezeichnen können. Vgl. auch C. C. Edgar, ASAE 23, 1923, 89, der von „local harbour dues“ spricht. 20 Dürfen wir in diesem Zusammenhang auch an das (aus römischer Zeit bekannte) τελώνιον von Schedia erinnern? Vgl. Strab. XVII 800: ἐνταῦθα δὲ καὶ τὸ τελώνιον τῶν ἄνωθεν καταγομένων καὶ ἀναγομένων; dazu A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 323; B. Boyaval, ConnHell 39, 1989, 68-70. Wir dürfen daran erinnern – vor allem dann, wenn in P. Tebt. III 1, 701, Z. 152. 224. 318 (236/35 oder 235/34 [?]) „Σχεδία“, nicht „σχεδία“ zu lesen ist. Vgl. P. J. Sijpesteijn, Customs Duties, 17f.14; Sandra Scheuble, Chiron 39, 2009, 4645. Anders A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. III 1, S. 61. – Zur Lage von Schedia vgl. etwa W. Helck, LÄ II, 1977, 385-408, hier 406191, s. v. Gaue; Sandra Scheuble, Chiron 39, 2009, 463-466. 21 Zur Datierung vgl. Hélène Cadell - G. Le Rider, Prix du blé, 53-56. 22 Vgl. UPZ I 149, Z. 11 = Chrest. Wilck. 30, Z. 11; dazu U. Wilcken, UPZ I, S. 593f. 640; Chrest. Wilck., S. 49. 23 Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 28-31 ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 28-31; dazu S. G. Bernard, ZPE 168, 2009, 265-270.

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Abschließend ist jedoch festzustellen, daß sich aufgrund der wenigen und zerstreuten Notizen bedauerlicherweise kein kohärentes Bild des ptolemaiischen Zollwesens gewinnen läßt.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Bußgelder1 Außerordentliche Einnahmen erzielte der König mit Bußgeldern, die aufgrund von strafgesetzlichen Bestimmungen eingezogen wurden. Solche Bußgelder (próstima) wurden eingezogen, wenn ein Grundbesitzer die ihm zur Verfügung stehende Anbaufläche eigenmächtig zum Schaden des Staats erweitert oder wenn er unbefugterweise die Art der anzubauenden Früchte gewechselt hatte – natürlich deswegen, um eine größere Rendite zu erzielen oder um geringere Abgaben zahlen zu müssen – oder wenn er gar beide Straftatbestände kombiniert hatte. So hatte eine ägyptische Grundbesitzerin, die sich etwa 55,12 m2 unbebauten, d. h. königlichen Landes angeeignet und außerdem auf diesem Grundstück Palmbäume gepflanzt hatte, einen überhöhten Grundstückspreis in Höhe von 1 200 Bronze-Drachmaí (plus Agio) zu zahlen und außerdem das Doppelte der anfallenden Steuern – in diesem Fall 180 Drachmaí2. Das Bußgeld war in die „Spezialkasse“ (ídios lógos) der Könige einzuzahlen. Weitere Bußgelder kennen wir aus den privatrechtlichen Verträgen der ptolemaiischen Zeit3 – genauer gesagt: aus den Verträgen, die etwa seit dem zweiten Viertel des 2. Jh. geschlossen wurden4. Waren in die Verträge, die vor dieser Zeit geschlossen worden waren, Bestimmungen über Bußgelder (epítima) eingearbeitet, die (als Konventionalstrafen) im Fall eines Vertragsbruchs an den geschädigten Vertragspartner zu zahlen waren, so war nunmehr auch eine weitere Summe an den Staat zu zahlen: die sog. Fiskalmult. Bei der Formulierung hinsichtlich dieser zweiten Summe gab es regionale Unterschiede. Während im Arsinoïtes, im Herakleopolites und im Oxyrhynchites die Summe, die an die ___________________________

1 Zu den πρόστιμα und ἐπίτιμα vgl. U. Wilcken, O. Wilck. I, 289. 366-368; APF 2, 1903, 119-121; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 336-339; A. Berger, Strafklauseln, 4-14; Claire Préaux, Économie royale, 1621. 405-410; R. Taubenschlag, Law, 59. 556f.; J. Herrmann, Studien, 145-150. 154; Eve A. E. Reymond, P. dem. Ashm. I, S. 66; D. Hennig, Untersuchungen, 73-98; P. R. Swarney, Idios Logos, 32f.; K. Maresch, Bronze und Silber, 9f.24. 24. 31-33. 45f. 199-205; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 97-99; Katelijn Vandorpe, APF 46, 2000, 190; R. Bogaert, AncSoc 31, 2001, 186f. – Demotisch hieß das πρόστιμον bzw. das ἐπίτι+ον qns. Vgl. Katelijn Vandorpe, APF 46, 2000, 190; Katelijn Vandorpe - W. Clarysse, in: Studies R. Bogaert, 161. 2 Vgl. P. Amh. II 31 = Chrest. Wilck. 161 (112); dazu U. Wilcken, Chrest. Wilck., S. 193; P. R. Swarney, Idios Logos, 32f.; R. Bogaert, AncSoc 29, 1998-1999, 97; J. G. Manning, Land and Power, 94-96; anders A. Berger, Strafklauseln, 12 (im Anschluß an P. M. Meyer). – Zu der Höhe des ersten Teils des πρόστιμον, das auf der Grundlage von 10 Tálanta (= 60 000 Kupfer-Drachmaí) pro ἄρουρα errechnet wurde, vgl. R. Bogaert, a. e. a. O., 97f. 3 Zu den ἐπίτιμα, die in die verschiedensten Vertragstypen der ptolemaiischen Zeit aufgenommen worden sind, vgl. K. Maresch, Bronze und Silber, 199-204. 4 Der früheste Beleg stammt aus der Zeit zwischen dem 4. Dezember 172 und dem 2. Januar 171: BGU XIV 2389, Z. 35-37.

Die Bußgelder

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königliche Kasse zu zahlen war, als eine Summe bezeichnet wird, die gleich hoch war wie die Summe, die an den geschädigten Vertragspartner zu zahlen war – eine Summe, die in beiden Fällen in Bronze-Drachmaí zu entrichten war –, war in Oberägypten die Höhe der zweiten Summe, der sog. „heiligen Drachmaí“ (hieraí drachmaí) in Silber-Drachmaí angegeben5. Seit dieser Zeit verdiente der Staat an Vertragsverletzungen ordentlich mit, sei es in der Form von BronzeDrachmaí, sei es in der Form von Silber-Drachmaí6. Natürlich wurden vom Staat auch Bußgelder eingezogen, die nicht aufgrund von Vertragsverletzungen zu zahlen waren, sondern aufgrund von Gesetzesübertretungen7. Wir sehen: Die Einnahmen des Staats waren vielfältig und umfangreich – vorausgesetzt, das „System“ wurde nicht durch innenpolitische Unruhen gestört. Die Aufrechterhaltung bzw. Schaffung der „Sicherheit des Landes“8 war daher das höchste Ziel der ptolemaiischen Verwaltung. Nur bei der (approximativen) Erreichung dieses Ziels konnten „die Einkünfte (des Königs) gesteigert werden“ 9 . Doch seit der Zeit Ptolemaios’ III. wurde dieses Ziel häufig nicht erreicht.

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5 Zu der Ausnahme von P. Polit. Iud. 9, Z. 13-16 (20. Juni 132, Herakleopolis) vgl. K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 106f. 6 Die Ausdrücke πρόστιμον und ἐπίτιμον scheinen synonym verwendet worden zu sein, jedenfalls in der ptolemaiischen Zeit. Vgl. etwa U. Wilcken, O. Wilck. I, 368; A. Berger, Strafklauseln, 4f. 10f. 343; anders A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 337. 339. 7 Vgl. bereits SB XVI 12519 (304) mit der Erwähnung des Bußgelds der ἱεραὶ Ἀλεξάνδρειαι; dazu K. J. Rigsby, ZPE 72, 1988, 273f.; weiterhin U. Wilcken, O. Wilck. I, 368; A. Berger, Strafklauseln, 10-14 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); Claire Préaux, Économie royale, 405-408. 8 P. Tebt. III 1, 703, Z. 232f.: τῆι χώραι τὴν ἀ[σ]φά[λε]ιαν πο̣ιή ̣ ̣σε̣ ̣τ̣[ε]. 9 P. Tebt. III 1, 703, Z. 233f.: καὶ̣ τὰς προσόδους οὐ παρὰ μικρὸν ε̣[– – –].

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde In einem Land, dessen Wirtschaft primär von der landwirtschaftlichen Produktion bestimmt war, war eine der zentralen Fragen die Frage nach dem Zugriff auf landwirtschaftlich nutzbare Flächen. Wem „gehörten“ diese Flächen? War der Besitzer dieser Flächen rechtlichen bzw. finanziellen Einschränkungen unterworfen? Waren diese – und ähnliche – Fragen nicht global, sondern differenziert zu beantworten, stellten sie natürlich die Verwaltung des Landes vor große Herausforderungen. Ein weiteres Problem war mit der Existenz der verschiedenen ethnischen Gruppierungen des Landes verbunden – sehen wir einmal von der Tatsache ab, daß das Land in hohem Maß und für lange Zeit von den Eroberern und deren Kindern und weiteren Zuwanderern beherrscht worden ist! Sollten diese Gruppierungen ein eigenes politisches und kulturelles Leben entfalten können? Und wenn ja, in welchem Umfang? Waren diese Fragen grundsätzlich positiv zu beantworten, war auch in diesem Fall die Verwaltung des Landes in mancher Hinsicht gefordert. Diesen beiden Fragekomplexen sind die folgenden Ausführungen gewidmet.

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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Die Zuordnung von Grundbesitz1 Ptolemaios I. betrachtete Ägypten als „speergewonnenes Land“2, d. h. als persönlichen Besitz. Und die ägyptischen Priester gaben auf den Wänden der Tempel in Wort und Bild zu verstehen, daß sie im König den Herrn des ganzen Landes sahen. Da wundert es nicht, wenn in der Vergangenheit im Souverän vielfach – stricto sensu – der Eigentümer des gesamten Bodens Ägyptens gesehen wurde3. Diese Sicht schien durch papyrologische Notizen bestätigt zu werden. In einem aus dem Jahr 113 stammenden Dokument ist die Rede von „Männern, die das königliche (Land) und das [Land] in Überlassung bebauen“4. Liegt hier nicht der Schluß nahe, daß die beiden erwähnten Begriffe „désignent à eux deux tout l’ensemble des terres cultivées, réparties en deux catégories bien tranchées“5? Und wird nicht in drei weiteren, fast wortgleichen Dokumenten mit dem Begriff „Land in Überlassung“ das gesamte nicht-königliche Land bezeichnet? Die Texte ___________________________

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Vgl. dazu B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 538-580 (grundlegend); H. Maspero, Finances, 10-28; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 178236; M. Rostowzew, GGA 171, 1909, 621-626; Studien, 1-84; U. Wilcken, Grundzüge, 270-287. 385f.; J. Partsch, in: K. Sethe - J. Partsch, Demotische Urkunden, 610-636; M. Rostovtzeff, History I, 276-292; III, 138187-138593; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, bes. 53-105; E. Seidl, Bodennutzung und Bodenpacht; H. Kreißig, Wirtschaft und Gesellschaft, 32-74 (zu den „Eigentumsformen in der Landwirtschaft“ im seleukidischen Reich [in marxistischer Sicht]); J. MélèzeModrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 351-367; H. Kreissig, in: Proceedings of the VIIth Congress of the International Federation of the Societies of Classical Studies I, 313-321 (zur Situation in den hellenistischen Staaten außerhalb Ägyptens); Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 355-374; Hélène Cadell, in: Grund und Boden, 291-296; A. Kränzlein, in: Symposion 1993, 239f.; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 225-238; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 107-120; J. G. Manning, PBA 96, 1999, 83-105; Th. Christensen, Edfu Nome; J. G. Manning, Land and Power, bes. 54-56; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 277-297; Livia Capponi, Augustan Egypt, 97-121 (mit Anmerkungen) (unter Berücksichtigung besonders der römischen Zeit); dazu Andrea Jördens, Laverna 17, 2006, 163-167. – Frau Kollegin Dorothy J. Thompson, Cambridge, hat mir im Mai des Jahres 2009 eine Kopie des Textes und der Übersetzung von P. Haun. inv. 407 (Th. Christensen) zugesandt. Dafür danke ich sehr herzlich. Vgl. etwa W. Huß, Ägypten, 116. 187 (mit der früheren Literatur). – Gewiß – die in dem Ausdruck δορίκτητος verborgene Spitze richtete sich nicht gegen die Bewohner Ägyptens, sondern gegen Perdikkas und Antigonos Monophthalmos. Doch bedeutete der Ausdruck in letzter Konsequenz dennoch nichts anderes als „die Herrschaft über Ägypten“. Anders E. Turner, in: CAH VII 1, 21989 (= 21984), 122. 148. Zu den Begriffen „Eigentum“ und „Besitz“ (in vorhellenistischer Zeit) vgl. A. Kränzlein, Eigentum und Besitz, passim. P. Tebt. I 27, Z. 54f.: … τῶν γεωργούντων τὴν βασιλικὴν καὶ τὴν ἐν ἀφέσει [γῆν]. H. Maspero, Finances, 11.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

lauten: „das private und d[as heilige und das kleruchisch]e und das andere [Land] in Überlassung“ (118)6; „(des) heiligen und (des) kleruchischen und des anderen [Landes] in Überlassung“ (117)7; „des heiligen und [des kleruchi]schen [und d]es anderen Landes in Überlassung“ (113 [?])8. Ist daraus nicht zu ersehen, daß es nur zwei Kategorien von Land gab, das königliche Land und das Land in Überlassung, und daß das Land in Überlassung natürlich Land war, das vom König überlassen worden war? Mit anderen Worten: daß das gesamte Land – im Grunde – königliches Land war9? Doch ist diese Meinung „zu schön, um wahr zu sein“. Die große, systematischem Denken entgegenkommende Kategorialisierung in königliches Land und in Land in Überlassung hat es nie gegeben10. Gegen diese Ansicht spricht schon die Verwendung des Adjektivs állos („anderer“), das keineswegs in jedem Fall die in seiner Nähe stehenden Bezeichnungen in einen größeren Zusammenhang aufnimmt, sondern nach unserem sprachlichen Empfinden pleonastisch gebraucht ist und etwa „außerdem“ oder „überdies“ bedeutet11. Wir werden daher in der Frage der Zuordnung des Grundbesitzes zwischen „Theorie“ und „Praxis“ zu unterscheiden haben. „Here is an important case in which the ideology of royal power must be made distinct from real political and economic power.“12

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P. Tebt. I 5, Z. 110-112 ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 110-112: τὴν ἰδιόκτητον καὶ τ[ὴν ἱερὰν καὶ τὴν κληρουχικὴ]ν καὶ τὴν ἄλλην τὴν ἐν ἀφέσει. 7 P. Tebt. I 63, Z. 2f. ≈ Chrest. Wilck. 333, Z. 2f.: … ἱερᾶς καὶ κληρουχικῆς καὶ ἄλλης [τῆ]ς oder [γῆ]ς ἐν ἀφέσει. J. C. Shelton, CE 46, 1971, 115-117, liest – anscheinend zu Recht – nicht [γῆ]ς, sondern [τῆ]ς. 8 P. Tebt. I 85, Z. 2f.: … τοῦ σπόρου καὶ τῆς ἱερᾶς καὶ [τῆς κληρουχι]κῆς [καὶ τῆ]ς̣ ἄλλης τῆς oder γ̣ῆς ἐν ἀφέσ{σ}ει. J. C. Shelton, CE 46, 1971, 171, liest – auch hier anscheinend zu Recht – nicht γῆς, sondern τῆς. 9 Vgl. H. Maspero, Finances, 10-28; M. Rostowzew, Studien, bes. 3-6; U. Wilcken, Grundzüge, 270-272; M. Rostovtzeff, History I, 276f. 10 An der hier skizzierten Auffassung haben folgende Autoren – aus verschiedenen Gründen – Kritik geübt: J. Herrmann, CE 30, 1955, 95-106; E. Seidl, Ptolemäische Rechtsgeschichte, 111; J. C. Shelton, CE 46, 1971, 113-119; E. Seidl, Bodennutzung und Bodenpacht, 11f.; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 3; J. Mélèze-Modrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 362-366; J. Modrzejewski, in: Terre et paysans dépendants, 163-167; außerdem Hélène Cuvigny, Arpentage par espèces, 87f.8. 102f.; Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 355f.; A. Kränzlein, in: Symposion 1993, 239; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 227f. 11 Vgl. E. Mayser, Grammatik II 2, 87 § 70; außerdem J. Modrzejewski, in: Terre et paysans dépendants, 165. 18016; E. Turner, in: CAH VII 12, 14883. 12 J. G. Manning, Land and Power, 158.

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Das königliche Land13 Der größte Teil des Landes gehörte dem König. Er hatte das Land von den vorhellenistischen Pharaonen geerbt, durch Meliorationsarbeiten erweitert und aufgrund von Verwaltungs- und Strafmaßnahmen vergrößert. Die Größe des gesamten Landbesitzes des Königs kennen wir nicht. Doch mag uns ein Beispiel eine gewisse Vorstellung von den Größenverhältnissen geben. Im J. 118 waren 52% der Gemarkung von Kerkeosiris (Arsinoïtes) königliches Land – 52%, von denen 47% kultiviert waren14. Allerdings darf von diesem Beispiel nicht hochgerechnet werden, da der Arsinoïtes im Gaugefüge einen Sonderfall darstellte. Das königliche Land wurde auf öffentlichen Auktionen an Bauern verpachtet15, die dem König jährlich die vereinbarten Pachtsummen (ekphória)16 zu zahlen hatten 17 . Die Pächter hatten vor der Auktion Pachtangebote (hypostáseis) ___________________________

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Zur γῆ βασιλική vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 558-580; H. Maspero, Finances, 12-16; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 182-191; M. Rostowzew, GGA 171, 1909, 624-626; Studien, 47-76; U. Wilcken, Grundzüge, 272278; Claire Préaux, Économie royale, 459-463. 491-514; M. Rostovtzeff, History I, 277-280; III, 138288; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, bes. 103-105; J. Shelton, P. Coll. Youtie I, S. 119-121; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 4-10; J. MélèzeModrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 353-359; J. Modrzejewski, in: Terre et paysans dépendants, 170. 173-178; Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 356f.; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 111-119; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 278-281; A. Monson, JESHO 50, 2007, 363-397 (mit teilweise hypothetischen Ausführungen). – Demotisch hieß die βασιλικὴ γῆ anscheinend 3ḥ nj njswt („Feld des Königs“). Vgl. etwa D. Klotz, BIFAO 109, 2009, 289. – Zur gesamthellenistischen Sicht der χώρα βασιλική vgl. P. Julien, Verwaltung, 94-117. Vgl. Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 44f. – Zur γῆ ἐν ἀρετῆι (kultiviertes Land) und zur ὑπόλογος γῆ (nichtkultiviertes Land) vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 540f.; M. Rostowzew, Studien, 472; U. Wilcken, Grundzüge, 273f.; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 4-6; außerdem A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 11220. 11425. Vgl. dazu etwa H. Maspero, Finances, 15f.; Claire Préaux, Économie royale, 437444; von Bolla, RE XVIII 4, 1949, 2439-2483, hier 2439-2469, s. v. Pacht; E. Seidl, Bodennutzung und Bodenpacht, 23f.; J. Mélèze-Modrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 354. – Allem Anschein nach folgte die Regierung mit der Übernahme des Systems der Verpachtung des königlichen Landes an βασιλικοὶ γεωργοί nicht einem ägyptischen, sondern einem griechischen Modell. Vgl. J. Mélèze-Modrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 355-357. Teilweise anders M. Rostovtzeff, History I, 278. Die gelegentlich auftauchende Bezeichnung κεφάλαιον – vgl. UPZ I 110, Z. 28. 92. 118; P. Tebt. I 61 (b), Z. 28f.; 24, Z. 2f.; 42, Z. 13 = Chrest. Wilck. 328, Z. 13 – scheint inhaltlich dem Ausdruck ἐκφόριον entsprochen zu haben. Vgl. M. Rostowzew, Studien, 56; U. Wilcken, Grundzüge, 277; UPZ I, S. 477f.; Claire Préaux, Économie royale, 505. – Im Demotischen dürfte ἐκφόριον als šm („Ernte“) bezeichnet worden sein. Vgl. E. Seidl, Bodennutzung und Bodenpacht, 12f. Das ἐκφόριον, das für die Pacht von Feldern zu zahlen war, auf denen Weizen angebaut wurde, war in natura zu entrichten. Das ἐκφόριον, das für die Pacht von

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

unterbreitet, die die Basis für die Pachtverträge (synalláxeis) bildeten18. Allem Anschein nach wurden diese Pachtverträge – gewöhnlich? – auf eine unbestimmte Zeit abgeschlossen19. Beide Seiten hatten jedoch das Recht, zu einem ihnen geeignet erscheinenden Zeitpunkt den Pachtvertrag – zum Ende eines Jahres – auslaufen zu lassen20. Die „königlichen Bauern“ (basilikoí georgoí)21 ___________________________

Feldern zu zahlen war, auf denen andere Feldfrüchte angebaut wurden, wurde in „Weizen-Währung“ umgerechnet. Vgl. etwa B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 559; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 8; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 117; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 278. – Der Pachtzins betrug normalerweise für 1 ἄρουρα 2-5 ἀρτάβαι – genauer: 1 ἀρτάβη - 411/12 ἀρτάβαι. Vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 187f.; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 6; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 1082; J. M. S. Cowey, P. Polit. Iud., S. 122; W. Habermann B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 279. Vgl. außerdem M. Rostovtzeff, History I, 279; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 125-128. 18 Bedauerlicherweise sind weder ὑποστάσεις noch συναλλάξεις erhalten. Wurden die Verhandlungen mündlich geführt? Anscheinend. In jedem Fall führten sie zu vertraglichen Vereinbarungen. Im übrigen scheinen diese Vereinbarungen – waren es „Vereinbarungen“? – auf verschiedenen Wegen zustande gekommen zu sein; denn aufgrund von P. Tebt. I 6, Z. 31f. = Chrest. Wilck. 332, Z. 31f. = C. Ord. Ptol. 47, Z. 20f.; 61 (b), Z. 21f. 89. 91. 106; 72, Z. 68 wissen wir, daß es einerseits Äcker gab, die μεμισθωμέναι waren, und andererseits Äcker, die ἄνευ συναλλάξεων zugeteilt oder übernommen worden waren. Vgl. dazu M. Rostowzew, Studien, bes. 53-55; U. Wilcken, Grundzüge, 277f.; Claire Préaux, Économie royale, 439. 504; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 104f.; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 7; J. MélèzeModrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 355; Hélène Cuvigny, Arpentage par espèces, 124-128. Die Diskussion um die Bedeutung dieser Ausdrücke – eine Diskussion, die von Shelton neu belebt worden ist – scheint noch nicht beendet zu sein. In jedem Fall darf die Wendung ἄνευ συναλλάξεων in P. Tebt. I 6, Z. 31f. = Chrest. Wilck. 332, Z. 31f. = C. Ord. Ptol. 47, Z. 20f. nicht mit dem passivisch verstandenen Verbum βιάζεσθαι in Verbindung gebracht werden. Vgl. J. Shelton, P. Coll. Youtie I, S. 12442; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 17f.; außerdem B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 62; Marie-Thérèse Lenger, C. Ord. Ptol., S. 117. – Zum Fachausdruck συνάλλαξις vgl. M. Rostowzew, Studien, 531; U. Wilcken, Grundzüge, 275. 19 Vgl. M. Rostowzew, Studien, 50f.; U. Wilcken, Grundzüge, 274f.; M. Rostovtzeff, History III, 138288; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 103f. Anders E. Seidl, Bodennutzung und Bodenpacht, 24-27. Teilweise anders auch J. Shelton, P. Coll. Youtie I, S. 118-121; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 6f.; A. Kränzlein, in: Symposion 1993, 240; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 278-280 (im Hinblick auf Kerkeosiris, in den letzten Jahrzehnten des 2. Jh.). 20 Vgl. etwa M. Rostowzew, Studien 33-35. 50f. 21 Zum Status der βασιλικοὶ γεωργοί vgl. etwa J. Modrzejewski, in: Terre et paysans dépendants, 173-178. – Offensichtlich gab es zwei Gruppen von βασιλικοὶ γεωργοί: Pächter, die als μεμισθ̣ωμένοι εἰς τὸ πατρικόν – vgl. P. Tebt. I 5, Z. 12 ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 12 – bezeichnet wurden und die die Pachtgrundstücke vererben, erben, verpfänden, verkaufen, teilen und verpachten konnten, und Pächter, denen diese Rechte – vielleicht vom Recht der Weiterverpachtung abgesehen – verwehrt waren.

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waren freie Menschen – freie Menschen, denen jedoch gewisse Fesseln angelegt worden waren: Sie hatten bereits seit dem 3. Jh. die Bestimmungen des SaatRegisters (diagraphé tu spóru) zu beachten; sie hatten den Eid zu leisten, während der Vertragsdauer die Arbeit auf den Äckern nicht einzustellen; und sie hatten seit dem Jahr 164 – in einem gewissen Umfang – Zwangspachten (epibolaí) zu übernehmen22. Trotz dieser Einschränkungen gab es – gewöhnlich – genügend Interessenten, die bei den Behörden ihre Pachtangebote abgaben23. Und es wäre auch verkehrt, in den „königlichen Bauern“, die im übrigen Afterpachtverträge abschließen konnten, ausschließlich verarmte Fellachen zu sehen. Es gab vielmehr arme und reiche „königliche Bauern“24. Das königliche Land war – steuerrechtlich gesehen – nicht eine uniforme Masse, sondern – jedenfalls seit dem 2. Jh. – in verschiedene Kategorien unterteilt: entweder in sechs Kategorien25 oder in fünf Kategorien26 oder in vier Kategorien27. Die Vier-Kategorien-Lösung scheint mir am ehesten zutreffend zu sein. ___________________________

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Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 32; H. Maspero, Finances, 15; M. Rostowzew, Studien, 39-41. Rostowzew sieht in den Grundstücken, die die erstgenannte Gruppe der βασιλικοὶ γεωργοί gepachtet haben, nicht Grundstücke, die in den Besitz der Pächter übergegangen sind, sondern Grundstücke, die den Pächtern in Erbpacht überlassen worden sind. – Βασιλικοὶ γεωργοί arbeiteten jedoch nicht nur auf der γῆ βασιλική, sondern auch auf Böden anderer Kategorien – beispielsweise auf der γῆ ἱερά. Vgl. P. Amh. II 35. Vgl. etwa M. Rostowzew, Studien, 53-59; U. Wilcken, Grundzüge, 275f.; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 104f.; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 17f.; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 281. In P. Rain. Cent. 40, Z. 2f. (28. Januar 256 [?]) und in PSI XV 1513, Z. 2f. (24. September 108 oder 15. September 72) scheinen mehrere βασιλικοὶ γεωργοί in einen Pachtvertrag eingestiegen zu sein: N. N. καὶ οἱ μέτοχοι. Vgl. etwa UPZ I 110, Z. 149-152. Vgl. auch U. Wilcken, Grundzüge, 274. 276; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 105. 122-131; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 16-18 (Kerkeosiris, letzte Jahrzehnte des 2. Jh.); W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 280. – Auf das Phänomen der ökonomischen und sozialen Unterschiede weist im übrigen schon die Tatsache hin, daß Leute sehr unterschiedlicher Provenienz βασιλικοὶ γεωργοί werden konnten. Vgl. J. Shelton, P. Coll. Youtie I, S. 114-117; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 6. Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 559-580; außerdem A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 111-113. 113f. 115-120: a) ἀπηγμένον: („accounted for“ [?]): derzeit kultiviertes königliches Land; b) ἀπηγμένον α ἔτους ἐκφόριον: ursprünglich (kultiviertes) königliches Land, das einem κληροῦχος gegen Zahlung einer einjährigen Pachtsumme zugeteilt worden war; c) κεχωρισμένη πρόσοδος: ursprünglich königliches Land, das nunmehr verwendet wurde ἐν προσόδωι τῶν τέκνων τοῦ βασιλέως – vgl. P. Petr. III 97, Z. 10 – und das von προστάται verwaltet wurde; wenn die Kinder auf den Thron gelangten, wurde dieses Land Land τῆς κεχωρισμένης προσόδου, wenn nicht, blieb es ἐν προσόδωι τῶν τέκνων τοῦ βασιλέως;

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Doch dürfte zu diesen vier Kategorien – eher vor als nach dem Tod Kleopatras III. (101)28 – eine weitere „Kategorie“ hinzugetreten sein: das „Land der Königin“29. Zwar ist in manchen Dokumenten von „Bauern der Königin“30 die ___________________________

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d) ἐν συγκρίσει: königliches Land, über dessen steuerrechtliche Kategorie der διοικητής noch nicht entschieden hatte; e) ἡ ὑπόλογος: königliches oder ehemals königliches Land, das für den Staat keinen Profit abwarf, da es ἄχρηστος war; f) ἐν ἐπιστάσει καὶ ἐν ἀπολογισμῶι: königliches Land einer m. E. bisher obskuren Kategorie bzw. zweier obskurer Subkategorien, deren zweite anscheinend unkultiviertes Land bezeichnete, dessen erwartete Erträge bereits berechnet worden waren (ἐπιγεγραμμένα ἐκφόρια). Vgl. dazu im einzelnen: Zur κεχωρισμένη πρόσοδος vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 569f.; P. M. Meyer, in: Festschrift O. Hirschfeld, 132f.4; H. Maspero, Finances, 26f.; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 190f. 380f.; P. M. Meyer, APF 3, 1906, 87; M. Rostowzew, Studien, 44f.; U. Wilcken, Grundzüge, 147. 278; Charikleia Armoni, ZPE 132, 2000, 235f. (zum nicht völlig geklärten Verhältnis der προσόδου γῆ – vgl. SB XXVI 16801, Z. 10 –, der ἐν προσόδωι ... γῆ und der κεχωρισμένη πρόσοδος). Zum Land ἐν συγκρίσει vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 11321. Zur ὑπόλογος γῆ vgl. nunmehr auch P. Haun. inv. 407, Z. 346-348: τῆς ἀναφερομένης ἐν ὑπολόγωι τῆς τε κεχερσευμένης καὶ κατενηνεγμένης ὑπὸ τοῦ ποταμοῦ καὶ τῶν ἄλλων παραπλησίων εἰδῶν …; dazu Th. Christensen, Edfu Nome, 106-109; außerdem A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 112f. Zur. γῆ χέρσος ἀφορολόγητος vgl außerdem SB XXVI 16651, Fragm. A, Z. 2; Fragm. B, Z. 1f. 5f.; schließlich P. Tebt. III 1, 737, Z. 21f.; dazu J. D. Sosin, GRBS 42, 2001, 125-137 u. T. 1f. Zum Land ἐν ἐπιστάσει vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 11219. Land, das – aus welchen Gründen auch immer – ἀφορολόγητος gewesen war und nunmehr wieder Steuern abwarf, konnte als μετατιθεμένη εἰς τὴν φορολογίαν bezeichnet werden. Vgl. etwa P. Haun. inv. 407, Z. 122. 192. 230f. 265. – Zur γῆ ἀρορολόγητος vgl. J. D. Sosin, GRBS 42, 2001, 125-137 u. T. 1f. Vgl. H. Maspero, Finances, 13f. 21. Maspero (142. 262) streicht die Kategorie κεχωρισμένη πρόσοδος. Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 1854; 190f. Bouché-Leclercq (1854) streicht die Kategorien ἀπηγμένον α ἔτους ἐκφόριον und κεχωρισμένη πρόσοδος. Zur Identifizierung der Königin von P. Mil. Vogl. VI 269, Z. 30 (124 n. Chr.) vgl. einerseits Livia Capponi, in: Ancient Alexandria, 118; Augustan Egypt, 114f. (mit Anmerkungen) (Kleopatra VII. Tryphaina oder Arsinoe IV.) und andererseits (zuletzt) Andrea Jördens, Laverna 17, 2006, 165f. (Kleopatra II.). Zur γῆ (ἐν προσόδωι oder ἐν προσόδοις bzw. ἐπὶ τῶν προσόδων) βασιλίσσης vgl. P. Mil. Vogl. III 128, Z. 6f.; dazu Charikleia Armoni, ZPE 132, 2000, 235f.; P. Tebt. I 86, Z. 25. 39. 42; P. Berl. Salm. 3, Z. 5f.; 6, Z. 2; 15, Z. 5f.; 20, Z. 11; BGU XIV 2433, Z. 113; 2438, Z. 13. 16. 20. 42. 48. 53. 76; 2439, Z. 9. 84. 96. 104; 2441, Z. 100; 2442 (?); dazu Maria Rosaria Falivene, in: Akten des 23. Internationalen Papyrologenkongresses, 208f.; 2444, Z. 64 (?); 2449, Z. 64; XVIII 1, 2733, Z. 9 (?); dazu E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 101; 2734, Z. 4f. 9; dazu Panagiota Sarischouli, BGU XVIII 1, S. 51f.; E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 58-60; Maria Rosaria

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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Rede und damit eine Wendung gebraucht, die auf eine Trennung des „Landes der Königin“ vom „königlichen Land“ schließen lassen könnte. Doch deuten andere Wendungen darauf hin, daß auch die Einkünfte der Königin auf dem „königlichen Land“ erwirtschaftet wurden31, daß dementsprechend das „Land der Königin“ nur steuertechnisch, nicht kategorial vom „königlichen Land“ getrennt war32. Während der zweiten Phase der Regierungszeit Ptolemaios’ VIII. Soters II. (88-80) wurde das „Land der Königin“ gelegentlich bezeichnet als das Land, das „früher für die Einkünfte des Landes der Mutter des Königs“33, Kleopatras III., herangezogen wurde. Während der Regierungszeit Ptolemaios’ XI. Neos’ Dionysos’ (80-51) war es dann einfach das „Land der Königin“34. Im übrigen dürfte sich heute im Hinblick auf das Recht des Königs am Grund und Boden des Landes zu Recht eine differenzierte Sicht der Dinge durchgesetzt haben – eine Sicht, die sich folgendermaßen formulieren läßt: „Il y avait … ___________________________

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Falivene, in: Akten des 23. Internationalen Papyrologenkongresses, 207-209. – In P. Tebt. I 86, Z. 25 wird die (γῆ) der Königin – vermutlich das Land bzw. ein Teil des Landes Kleopatras III. (in der Gemarkung von Arsinoë [Arsinoïtes]) – als ἰερά bezeichnet. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 385, erklären diese Bezeichnung folgendermaßen: „ἱερά perhaps means that this land had been dedicated to her as goddess.“ Diese Erklärung mag zutreffen. Doch ist aus dieser Bezeichnung natürlich nicht zu schließen, daß allen Grundstücken, die zum „Land der Königin“ gehörten, diese Qualifikation zuzuweisen ist. Anders anscheinend E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., S. 59f. – Daß auch das „Land der Königin“ zur κεχωρισμένη πρόσοδος gerechnet wurde, ist möglich, aber nicht bezeugt. Vgl. P. Berl. Salm. 15, Z. 5; BGU XVIII 1, 2734, Z. 4. Vgl. P. Berl. Salm. 3, Z. 5f.: … τοῖς ἐκ τ̣οῦ τ̣όπου βασιλικοῖς κ̣αὶ βα̣σιλίσ̣ση ̣ ς κα[ὶ] πασῶν προσόδω̣ν γεωργοῖς; 6, Z. 2: … [βασι]λ̣ι[̣ κ]ῆς γῆς ἐπ̣ε̣ὶ̣ τ̣[ῶν] προσόδων βα̣σιλ̣ίσσης; 20, Z. 10f.: … πᾶσα̣ν τὴν περὶ τὴν κώμην βασιλικὴν γῆν καὶ βασιλίσσης καὶ τῶν ἄλλων πρ̣[ο]σ̣ό[̣ δ]ω̣ν. Maria Rosaria Falivene, in: Akten des 23. Internationalen Papyrologenkongresses, 209, rechnet auch das „Land der Königin“, das es in den Fluren der Dörfer des Herakleopolites gab, zum „local land ἐκτὸς μισθώσεως, which the Crown did not lease directly to farmers“. Ist diese Formulierung, sofern sie das „Land der Königin“ betrifft, nicht zumindest irreführend? Vgl. P. Berl. Salm. 15, Z. 6: … ἐν προσόδο̣ι̣ς̣ (πρότερον) τῆς μητρὸς τοῦ βασιλέως γῆς; BGU XVIII 1, 2734, Z. 5: … [ἐν] προσ(όδωι oder -όδοις) (πρότερον) τ̣ῆς μητρὸς τοῦ βασιλέως γῆς. Dieses Land konnte damals passender als „Land der Mutter des Königs“ denn als „Land der Königin“ bezeichnet werden, da Kleopatra VI. Berenike III. nicht Koregentin war. Vgl. W. Huß, Ägypten, 667f. Doch wurde diese erweiterte Bezeichnung keineswegs durchgängig verwendet. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die σύνταξις τῆς βασιλίσσης hinzuweisen: eine Spezialkasse, die in verschiedenen Orten der χώρα installiert war und in die die der Königin zustehenden Erträge flossen. Vgl. P. Erasm. I 17, Z. 5f.: εἰς [τὴ]ν̣ τῆς βασιλίσσης σύνταξιν (Mitte des 2. Jh.); dazu Charikleia Armoni, Tyche 21, 2006, 195. – Zu weiteren, hauptsächlich römerzeitlichen Dokumenten, in denen der Landbesitz einer Königin erwähnt wird, vgl. die teilweise problematischen Ausführungen von Livia Capponi, in: Ancient Alexandria, 117-119.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

convergence idéologique entre la monarchie hellénistique et la monarchie égyptienne: toutes les deux reconnaissaient au roi un prérogative d’autorité sur le sol du pays. Cette prérogative ne s’identifiait pas à un droit de propriété englobant la totalité du territoire, mais à un pouvoir souverain autorisant et réglementant par voie légale tout droit privé sur la terre.“35. Das heilige Land36 Die Institution des heiligen Landes übernahmen die makedonischen Herrscher von ihren pharaonischen Vorgängern37. Der Umfang dieser Ländereien war – trotz der restriktiven Religionspolitik mancher persischer Könige – beträchtlich groß. Ein antiker Autor (Diodoros) behauptet sogar, die Tempel hätten ein Drittel des Landes besessen38. Doch trifft diese Behauptung weder für die vorhellenistische Zeit noch für die hellenistische Zeit zu, wenngleich der Autor, der dies behauptet, sich auf Ausführungen eines kenntnisreichen Vorgängers (Hekataios von Abdera) und letzten Endes auf eine ägyptische Vorlage zu stützen scheint. Eine Vorstellung vom Umfang des heiligen Landes mag eine Zahl geben, die uns aus dem arsinoïtischen Dorf Kerkeosiris überliefert ist. Gegen Ende des 2. Jh. hatte hier das heilige Land eine Fläche von 2917/8 árurai, d. h. etwa 6% der gesamten Fläche der Gemarkung des Dorfes39. ___________________________

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Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 373. Zur γῆ ἱερά vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 543-545; P. M. Meyer, in: O. Hirschfeld zum 60. Geburtstage, 160f.; H. Maspero, Finances, 16-18; W. Otto, Priester und Tempel I, 262-282. 401; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 191229; W. Otto, Priester und Tempel II, 81-110. 285f.; M. Rostowzew, GGA 171, 1909, 621-624; Studien, 76-78; U. Wilcken, Grundzüge, 278-280; Claire Préaux, Économie royale, 480-488; M. Rostovtzeff, History I, 280-284; III, 1383f.90; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, bes. 86-102; J. Shelton, P. Coll. Youtie I, S. 121-124; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 12-14 (Kerkeosiris); P. W. Pestman, P. Batav., S. 116-119; J. Modrzejewski, in: Terre et paysans dépendants, 171; Bernadette Menu, jetzt in: Recherches, 103f.; Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 357f.; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, bes. 109-111. 200; Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 201-206 (Apollonopolites); H. Koskenniemi, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia II, 743-747 u. T. XXXIX (γῆ ἀνιερωμένη); W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 281-285; A. Monson, in: Tebtynis und Soknopaiu Nesos, 79-91; W. Clarysse, in: Handbook, 573f. 37 Von Konfiskationen heiligen Landes in hellenistischer Zeit ist nie die Rede. Im Gegenteil! Bei gewissen Anlässen vergrößerten die ptolemaiischen Herrscher die Areale der Götter. So verwundert es nicht, wenn in P. Tebt. III 1, 815 Fr. 3 Verso, Col. I, Z. 26f. (spätes 3. Jh.) folgende Wendung steht: τὴν ἱερὰν γ̣̣ῆ̣ν {γῆν} ἣν ἔχει ἐκ βασιλικοῦ. Vgl. dazu Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 94f. 101. 38 Vgl. Diod. I 21,7; 73, 2f. – Zum Umfang der ἱερὰ γῆ vgl. etwa W. Otto, Priester und Tempel I, 262-278, dessen Ausführungen allerdings in manchen Punkten berichtigt werden müssen. 39 Vgl. Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 44. 93. 174f.

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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Wer aber war der Eigentümer des heiligen Landes? Offensichtlich der König40 – der König jedoch nur als Stellvertreter des Gottes, dem das entsprechende Areal gehörte41. Zwar erwirtschaftete der König aus dem heiligen Land keine Pachterträge, ja er ließ das heilige Land nicht einmal durch staatliche Funktionäre verpachten42 und auch die Pachterträge nicht von staatlichen Funktionären einziehen43, er unterwarf aber dieses Land der Besteuerung44. Gelegentlich jedoch scheinen die Grundsteuern, die die Tempelverwaltungen zu entrichten hatten, reduziert oder gar ausgesetzt worden zu sein45. Im übrigen sorgten natürlich die vom König ernannten epistátai der Tempel dafür, daß die Dinge – wirtschaftlich und steuertechnisch gesehen – (möglichst) nicht aus dem Ruder liefen46. Doch wäre es verkehrt anzunehmen, die Vertreter der Regierung und die Repräsentanten der Götter hätten bei der Behandlung von Fragen, die mit dem heiligen Land zusammenhingen, immer nach den hier angedeuteten Grundsätzen zusammengearbeitet. Das Gegenteil scheint (vielfach) der Fall gewesen zu sein! Es ging um „Geld“, es ging um Macht. Der „Staat“ und die „Kirche“ führten hier nicht selten einen teils offenen, teils versteckten Kampf um „Marktanteile“47. ___________________________

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Handelt es sich in Stele von Herakleion, Z. 18 (= Ch. Thiers, Stèle, Z. 18) um eine Schenkung einer ἱερὰ γῆ (durch Ptolemaios IV.) und in Z. 10. 17 (= Ch. Thiers, Stèle, Z. 10. 17) ebenfalls um eine Schenkung einer ἱερὰ γῆ (durch Ptolemaios VII. Euergetes II.)? Die griechische (und moderne) Unterscheidung zwischen Eigentümer und Besitzer mag in diesem Zusammenhängen – jedenfalls „behelfsmäßig“ – zu Hilfe gerufen werden. Sobald es aber um ägyptische Vorstellungen dieses Komplexes geht, wird die Sache schwierig. Vgl. J. G. Manning, Land and Power, 194. Zu sprachlichen und rechtsgeschichtlichen Untersuchungen zu demotischen, heiliges Land betreffenden Land-Pacht-Urkunden vgl. T. Q. Mrsich, Rechtsgeschichtliches. Vgl. J. Shelton, P. Coll. Youtie I, S. 123f. Vgl. etwa Katelijn Vandorpe, CRIPEL 25, 2005, 166f. – Die Steuer betrug gegen Ende des 2. Jh. pro ἄρουρα kultivierten Landes normalerweise ½ ἀρτάβη. Vgl. J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 14; außerdem W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 282f. Vgl. etwa W. Huß, König und Priester, 14-16; außerdem Claire Préaux, Économie royale, 483. 486. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß in dem wohl aus dem Jahr 135/34 stammenden Dokument PSI XIII 1310 davon die Rede ist, daß in den juristischen Vorgang der παραχώρησις („Abtretung“) heiligen Landes keine „kirchlichen“, sondern nur „staatliche“ Stellen involviert waren. Vgl. dazu W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 283f. Zu diesem Dokument vgl. auch G. Bastianini - Gabriella Messeri, in: Studi Edda Bresciani, 59-65 (mit der dort erwähnten weiteren Literatur). Vgl. etwa A. Bouché-Leclercq, Histoire III, bes. 191-193; U. Wilcken, Grundzüge, 278f.; Claire Préaux, Économie royale, 483-488; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 100-102; Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 357f. (mit m. E. überzogenen Ausführungen). – Zu alten und neuen Elementen in der Verwaltung des

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Die schillernde Rechtsstellung des heiligen Landes wird auch darin sichtbar, daß die Bearbeiter von Parzellen des heiligen Landes ihre Parzellen nicht nur verpachten, sondern auch verkaufen konnten48 – verkaufen allerdings nur in der Weise, daß das Land im Eigentumsbereich des Gottes verblieb. Es hat den Anschein, als betrachteten die Bearbeiter dieser Parzellen ihre Parzellen als „une véritable proprieté“49. In den (meist) papyrologischen Zeugnissen taucht neben dem „heiligen Land“ (hierá ge) das „geweihte Land“ (anhieroméne ge) auf50. Sind beide „Länder“ voneinander zu unterscheiden? Diese Frage wird in der Forschung teils bejaht51, teils verneint52. Die Autoren, die einen Unterschied zwischen beiden Bezeichnungen ablehnen, können sich auf Tebtynis-Texte berufen, in denen dasselbe Stück Land einerseits als „heilig“ und andererseits als „geweiht“ bezeichnet wird 53 . Die Vertreter der gegenteiligen Meinung können immerhin auf einen anderen (allerdings ergänzten) Tebtynis-Text verweisen, in dem das „heilige Land“ vom „geweihten Land“ getrennt ist54. Wenn aber – was mir schon aus sprachlichen Gründen wahrscheinlich zu sein scheint – das „heilige Land“ in gewisser Hinsicht oder in gewissen Hinsichten vom „geweihten Land“ zu trennen ist – worin bestand dann der Unterschied? Bei der Beantwortung dieser Frage ___________________________

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heiligen Landes im Übergang von der ptolemaiischen zur römischen Zeit (Tebtynis, Arsinoïtes) vgl. A. Monson, in: Tebtynis und Soknopaiu Nesos, 79-91. Zur Weiterverpachtung heiligen Landes vgl. P. dem. Tor. Botti 4; 19 (= P. dem. Ackerpacht., S. 20f.); 25 C (= P. dem. Ackerpacht., S. 23-25); 43 (= P. dem. Batav. 1); zum Verkauf heiligen Landes vgl. K.-Th. Zauzich, P. dem. Schreibertrad. I, S. 33f. Nr. 24. S. 34 Nr. 25. S. 36 Nr. 27. S. 37-40 Nr. 30. S. 40 Nr. 32. S. 40f. Nr. 33. S. 42f. Nr. 39. S. 51 Nr. 48. S. 51 Nr. 49 (Amun von Thebai); S. 64-67 Nr. 80-89 (Horus von Apollonopolis magna); außerdem J. G. Manning, PBA 96, 1999, 90f. – Auch im „Gesetz von Hermupolis“ ist von Verpachtung von Feldern die Rede. Vgl. K. Donker van Heel, Legal Manual, variis locis. Bernadette Menu, jetzt in: Recherches, 103. Die Abgaben, die nach P. Haun. inv. 407, Z. 13 [εἰ]ς̣ τὸ ἐν Τεντύρ̣ει ἱερό[ν] abzuliefern waren, scheinen eher Abgaben aus ἱερὰ γῆ als Abgaben aus ἀνιερωμένη bzw. παρακεχωρημένη gewesen zu sein. Vgl. W. Otto, Priester und Tempel I, 401; II, 286; M. Rostovtzeff, GGA 171, 1909, 623f.; U. Wilcken, Grundzüge, 279f.; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 96-99 (96: „mysterious”); Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 201-205 (im Hinblick auf die Verhältnisse im Apollonopolites). Vgl. J. Shelton, P. Coll. Youtie I, S. 123f.; Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 201-205 (im Hinblick auf die Verhältnisse im Arsinoïtes). Vgl. einerseits P. Tebt. I 61 (b), Z. 324 (118/17); 84, Z. 92 (118); 98, Z. 28 (etwa 112), und andererseits P. Tebt. I 63, Z. 18f. (116/15). Vgl. P. Tebt. I 6, Z. 20f. = Chrest. Wilck. 332, Z. 20f. = C. Ord. Ptol. 47, Z. 9f. (140/39): [περὶ τῆς ἱερᾶς γῆς – – –σ]ὺν τῆι ὑπὸ τῶν κεκληρουχη[μένων ἀνιερωμένηι ...]. Vgl. außerdem P. Tebt. I 5, Z. 50 und Z. 59f. = Chrest. Wilck. 65, Z. 50 und Z. 59f. = C. Ord. Ptol. 53, Z. 50 und Z. 59f.

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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sind wir weitgehend auf Vermutungen angewiesen. Sollten wir annehmen dürfen, daß einzelne Personen oder Gruppen von Personen55 – etwa klerúchoi bzw. kátoikoi56 – einem Gott – auch einem „ptolemaiischen Gott“ 57 – aus ihrem Besitz Stücke ihres Landes „weihten“, so daß diese Stücke als „geweihtes“ Land neben das alte „heilige“ Land traten58? Sollten wir weiter annehmen dürfen, daß die Tempelverwaltungen bei der Verwaltung des geweihten Landes noch umfassendere Rechte besaßen als bei der Verwaltung des heiligen Landes59? Und sollten wir schließlich annehmen dürfen, daß die Flächen, die zum geweihten Land zählten, von der Grund-Steuer befreit waren60?

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Zur Unterstützung dieser Ansicht könnte darauf hingewiesen werden, daß die Flächen, die zur ἀνιερωμένη (γῆ) zählten, relativ klein waren. Vgl. dazu Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 204. Vgl. P. Haun. inv. 407, Z. 150f.: τῆς ὑπὸ τῶν ἀνδρῶν [i. e. τῶν κληρούχων] παρακεχωρημένης εἰς τὸ ... ἱερόν (119/18) – unter der Voraussetzung, daß παραχωρεῖν ἀνιεροῦν entspricht. Vgl. P. Haun. inv. 407, Z. 18-20: καὶ τῆς ἀνιερωμένης θεῶι Σωτῆρι̣ ... ἄνευ φόρου, τῆς τῶν Πτολεμαιέων πόλεως (119/18). – Sollte mit παραχωρεῖν ein ähnlicher oder gar ein gleicher Vorgang ausgedrückt werden können wie mit ἀνιεροῦν? Vgl. P. Haun. inv. 407, Z. 97-99: [καὶ τῆς] παρακεχωρημένης Ἁ̣ρβ̣ α[κτη νετω νε]β̣[π]η θεῶι μεγίστωι; Z. 150-152: καὶ τῆς ὑπὸ τῶν ἀνδρῶν παρακεχωρημένης εἰς τὸ ἐν Ἀπόλλωνος πόλει τ̣ῆι̣ μεγάληι ἱερὸν Ἁρβακτη νετω νε̣βπ̣η τοῦ μεγίστου (119/18). (Th. Christensen, Edfu Nome, 71f. 141. 170, ist der Ansicht, daß die παρακεχωρημένη offiziell im Besitz der κληροῦχοι verblieben ist, daß nur die Erträge an den Horus von Edfu gegangen sind. Ich zweifle.) – Allerdings ist denkbar, daß die dem Horus von Behedet παρακεχωρημένη nicht identisch ist mit der [ἀνιερωμένη [im Genitiv] τοῖς] ἐ̣μ Βάχθει θεοῖς (Z. 6) – dies jedoch nicht wegen der (vermuteten) Verwendung des Verbums ἀνιεροῦν. Vgl. W. Otto, Priester und Tempel II, 286. Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 57-61 ≈ Chrest. Wilck. 65, Z. 57-61 ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 57-61; dazu U. Wilcken, Grundzüge, 279f. Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 59f. ≈ Chrest. Wilck. 65, Z. 59f. ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 59f.; dazu W. Otto, Priester und Tempel II, 592 (teilweise mit anderer Ansicht). – Sollte die Annahme zutreffend sein, daß die ἐκφόρια des geweihten Landes des Apollonopolites an die Staatskasse abzuliefern waren – vgl. Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 203 –, würde dies mich sehr erstaunen und zumindest eine teilweise Revision der hier geäußerten Ansichten erforderlich machen. – Wenn übrigens in P. Haun. inv. 407, Z. 19 (119/18) davon die Rede ist, daß die ἀνιερωμένη des θεὸς Σωτήρ (bis zum 12. Jahr = 170/69) ἄνευ φόρου gewesen ist, dann ist dies m. E. nicht in der Weise zu interpretieren, daß zwar dieses Land steuerfrei gewesen ist, daß aber die anderen ἀνιερωμέναι dies nicht gewesen sind. Allerdings hat es den Anschein, als sei im Status der ἀνιερωμένη des θεὸς Σωτήρ im J. 180/79 eine Änderung eingetreten. Anders Th. Christensen, Edfu Nome, 49.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Über das „Land in Überlassung“ (en aphései (ge))61 ist viel gerätselt worden. Beginnen wir mit der Frage: Wer „überläßt“? A priori drängt sich die Vermutung auf: der König – nicht etwa der Nil oder die Eigentümer oder Pächter des Landes62! Zum ersten Mal begegnet uns die Wendung „Land in Überlassung“ in einem wahrscheinlich aus dem Jahr 209/8 stammenden Dokument63. Aus diesem Zeugnis wird zumindest dies Eine deutlich: „Land in Überlassung“ ist nicht mit „Land in Schenkung“ identisch. Ein weiteres Dokument stammt aus dem Jahr 16464. Dieses Zeugnis belehrt uns darüber, daß „Land in Überlassung“ auch nicht mit „heiligem Land“ gleichzusetzen ist. Ein drittes, hier zu nennendes Dokument wurde etwa im J. 113 geschrieben65. Aus den Ausführungen dieses Zeugnisses erfahren wir schließlich, daß im „Land in Überlassung“ weder „königliches Land“ noch „heiliges Land“ noch „kleruchisches Land“ zu sehen ist 66 . Wenn aber weder „königliches Land“ noch „heiliges Land“ noch „Land in Schenkung“ noch „kleruchisches Land“ – und vermutlich auch nicht „privates Land“ –, was ___________________________

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Zur ἐν ἀφέσει (γῆ) vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 34f.; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 1912; M. Rostowzew, Studien, 4-6; U. Wilcken, Grundzüge, 278-280; H. Kortenbeutel, RE Suppl. VII, 1940, 204f., s. v. Γῆ ἐν ἀφέσει; M. Rostovtzeff, History I, 276f.; J. Herrmann, CE 30, 1955, 95-106; L. Koenen, Königsurkunde, 24; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 11. 93f. 111f.; J. C. Shelton, CE 46, 1971, 113-119; A. Stollwerck, Untersuchungen, 4-6. 8-10; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 3f.; J. Mélèze-Modrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 362366; E. G. Turner, in: CAH VII 1, 21989 (= 21984), 14883; Hélène Cuvigny, Arpentage par espèces, 87f. 102f.; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 226-228. 234; Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 203-205; Ursula Kaplony-Heckel, ZÄS 128, 2001, bes. 29-31. 34f.; W. Habermann B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 295; D. Kaltsas, P. Paramone, S. 95; K. Maresch Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 123-126. – K. Maresch - Charikleia Armoni, P. Köln XI, S. 124137, weisen darauf hin, daß M. Depauw in Helsinki einen Vortrag über „Fiscal Aspects of Land in Release and Cleruchic Land“ gehalten hat. So jedoch E. Seidl, Ptolemäische Rechtsgeschichte, 111. Ähnlich J. MélèzeModrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 362-364. Vgl. P. Tebt. III 1, 705, Z. 6f.: … παρὰ τῶν ἐχόν̣[των ἐν συντάξει (?)] καὶ δωρεᾶι καὶ ἀφέσει γῆ[ν] (13. Dezember 209 - 11. Januar 208); dazu H. Maspero, Finances, 22f.; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 222-229; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 94. Vgl. UPZ I 110, Z. 177f.: … τὰ τῶ̣ν̣ τὴν ἐν ἀφέσει καὶ τὴν ἱερὰ̣[ν γ]εωργούντω[ν] καὶ τὴ̣ν λοιπὴν πᾶσαν; dazu Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 942. Doch ist aus diesem Text nicht mit Crawford zu schließen, „that the nature of the category had changed“. Vgl. P. Tebt. I 85, Z. 2f.: … [κατ]ὰ περίχωμα τοῦ σπόρου καὶ τῆς ἱερᾶς καὶ [τῆς κληρουχι]κῆς [καὶ τῆ]ς̣ ἄλλης τῆς ἐν ἀφέσ{σ}ει; dazu Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 11; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 132. Vgl. außerdem P. Haun. inv. 407, Z. 25: τῆ[ς δ’ ἐν ἀ]φ[έ]σ̣ει …; Z. 268f.: [[καταλείπο̣νται ἐν ἀφέσει καὶ ἐν κληρουχίαι γῆς]] … (119/18).

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dann? Die Lösung des Problems liegt anscheinend bei demotischen Texten 67 . Sowohl in thebaiischen „Tempel-Quittungen“ als auch in thebaiischen (staatlichen) „Acker-Amt-Quittungen“68 findet sich die Wendung „, von dem geschrieben worden ist, daß (der Pharao) Abstand (gemacht hat)“ ( ntj sh w3j) oder eine ähnliche Wendung69. Es kann kaum zweifelhaft sein, daß mit w3j („Abstand“) dasselbe gemeint ist wie mit áphesis („Überlassung“)70. Die Rede ist demnach von Land, von dem der König – „zugunsten“ (m-b3ḥ) eines Gottes bzw. einer Göttin – Abstand genommen hat, das er – einem Gott bzw. einer Göttin – überlassen hat. „Land in Überlassung“ ist demnach zwar „heiliges Land“, aber „heiliges Land“, das eine besondere Qualität besitzt: die Qualität der Steuerfreiheit. Sein Umfang scheint – jedenfalls in Thebai – jährlich neu festgesetzt worden zu sein71.

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Vgl. bereits Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 94: „The explanation probably lies in the translation of an unknown Egyptian land category.” Crawford (949) verweist zu Recht auf E. Seidl, Ptolemäische Rechtsgeschichte, der zwar auf die entscheidende Wendung n3 3ḥ.w ntj sh w3j in O. dem. Medin. Habu 150, Z. 3 hingewiesen hat, der diesen Text aber nicht zufriedenstellend erklärt hat. Vor Seidl hat Miriam Lichtheim, O. dem. Medin. Habu, S. 66 (zu O. dem. Medin. Habu 150), zur Interpretation dieses Textes kurz und bündig behauptet: „ceded land = γῆ ἐν ἀφέσει“. Vgl. auch Ursula Kaplony-Heckel, ZÄS 128, 2001, 3055. Die Bezeichnungen stammen von Ursula Kaplony-Heckel. Vgl. Ursula Kaplony-Heckel, ZÄS 128, 2001, 30f. 35. 35-40 (Dokumente aus ptolemaiischer und römischer Zeit). Anders J. C. Shelton, CE 46, 1971, 113f.4. Vgl. Ursula Kaplony-Heckel, ZÄS 128, 2001, 30. 35. – Im J. 119/18 betrug der Umfang der ἐν ἀφέσει γῆ im Apollonopolites 3231/16 ἄρουραι. Vgl. Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 204.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Das „Land in Schenkung“72 Bereits in der Zeit des Alten Reichs scheint der Pharao hohen Funktionären Land „geschenkt“ zu haben – ohne es aus der Hand zu geben73. Hielt sich diese Institution über die Jahrtausende hinweg bis in die ptolemaiische Zeit hinein? Kaum74. Doch dürfte es eine analoge Form von zeitweiliger Landschenkung bereits in vorhellenistischer Zeit gegeben haben75. Männer, die sich in den Augen des Königs um die prágmata verdient gemacht hatten, erhielten vom König – nicht selten76, jedoch nicht immer – Land zu „Geschenk“, gelegentlich auch ganze kómai („Dörfer“)77. Die Beschenkten, unter denen sich auch Einheimische befanden78, konnten in ihren Ländereien weithin eigenständig wirtschaften79. Sie unterlagen jedoch der staatlichen Kontrolle, ___________________________

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Zur γῆ ἐν δωρεᾶι vgl. H. Maspero, Finances, 22-24; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 222-229; M. Rostowzew, Studien, 42-47. 78; U. Wilcken, Grundzüge, 284; M. Rostovtzeff, Large Estate, 42-55; Claire Préaux, Économie royale, 17f.; M. Rostovtzeff, History I, 289; II, 731f.; III, 1498f.150a; T. Reekmans, Aegyptus 32, 1952, 288; J. Harmatta, AAntHung 11, 1963, 202f.; W. Schäfer, P. Köln V, S. 192-195; Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 358-360; H. Koskenniemi, in: Proceedings of the 20th International Congress of Papyrologists, 245f.; M. Domingo Gygax, Untersuchungen, 157-167 (Telmessos); W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 286f. Vgl. H. Goedicke, in: Grund und Boden, 227-234, bes. 229; zum Titel tpy-hrt-nswt („the one upon royal property“ = „holder of royal property“). Vgl. Bernadette Menu, jetzt in: Recherches, 101f. Hat bereits Psammetich I. dem Ioner Pedon eine πόλις „geschenkt“? Vgl. SEG XXXVII 994, Z. 5-9: Ψαμμήτιχος ἀριστήïια ψίλιόν τε χρύσεογ καὶ πόλιν ἀρετῆς ἕνεκα. Man könnte fast versucht sein, dies anzunehmen. Doch scheint unter der Gabe der πόλις eher ein Gouverneursposten als eine δωρεά zu verstehen zu sein. Vgl. J. Yoyotte, in: O. Masson - J. Yoyotte, EA 11, 1988, 178f.; W. Haider, in: Naukratis, 200; H. Hauben, in: Festschrift W. Huß, 7186. Für diese Annahme spricht die relativ häufige Erwähnung von γῆ ἐν δωρεᾶι in den sog. Revenue Laws. Vgl. P. Rev., Col. 36, Z. 15; 43, Z. 11f.; 44, Z. 3. Vgl. P. Rev., Col. 43, Z. 11f.: [Ὅσ]οι ... ἐν δ[ωρεᾶ]ι ἔχουσι[[ν]] κώμας καὶ γῆν ...; 44, Z. 3: Ὅσαι ... ἐν δωρεᾶι κῶμαί εἰσιν ...; P. Turku 2, Z. 11 = SB XXII 15545, Z. 11: ... ἔχει ὁ Ἄγλαος ἐν δωρεᾶι τὴν κώμην ... – Neben den δωρεαί in der Form von Landschenkungen vergab der König auch δωρεαί in der Form von Steuereinkünften. Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt, P. Hib. I, S. 213; M. Rostovtzeff, Large Estate, 45; W. L. Westermann, P. Col. I, S. 26-29; Claire Préaux, O. Wilb., S. 18-21; Économie royale, 46; W. L. Westermann - C. W. Keyes - H. Liebesny, P. Col. IV, S. 173. 175178; M. Rostovtzeff, History II, 731; W. Schäfer, P. Köln V, S. 192-195. Vgl. H. Maspero, Finances, 23f.; W. Clarysse, in: State and Temple Economy II, 736. 743. Natürlich sollten durch die Vergabe von δωρεαί die Bindungen der Beschenkten an den König gestärkt werden. Doch verfolgte die Regierung – jedenfalls teilweise – auch das Ziel der (weiteren) wirtschaftlichen Erschließung des Landes. Vgl. etwa M. Rostovtzeff, History I, 289.

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hatten gewisse Steuern und Abgaben zu zahlen80 und mußten mit der Einziehung ihrer „Geschenke“ rechnen; denn der König blieb der eigentliche Eigentümer auch dieser Ländereien. Der – aufgrund der Zenon-Korrespondenz – berühmteste Nutznießer dieser Institution war Apollonios von Aspendos (Pamphylien) (?), der bekannte dioiketés Ptolemaios’ II.81. Er besaß doreaí im Gebiet von Philadelpheia (Arsinoïtes) (10 000 árurai)82, in der Umgebung von Memphis und auch in der koile-syrischen Provinz83. Die letzten doreaí, von denen wir hören, waren die doreaí, die Ptolemaios VII. Euergetes II. einzog84. In ihren Namen lebten die doreaí der ptolemaiischen Zeit bis in die Kaiserzeit hinein fort85.

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Allerdings nur gewisse Steuern und Abgaben! Vgl. M. Rostovtzeff, Large Estate, bes. 83f. 142f. Anders M. Rostowzew, Studien, 42-44. Einige weitere Besitzer von δωρεαί nennen M. Rostowzew, Studien, 42, M. Rostovtzeff, History II, 731, und T. Reekmans, Aegyptus 32, 1952, 2883. Vgl. im übrigen PP IV 10061-10108. Zur Einziehung der δωρεά von Philadelpheia vgl. C. Orrieux, CE 55, 1980, 213-239. Vgl. dazu M. Hengel, ZNTW 59, 1968, 11-16; W. Clarysse - Katelijn Vandorpe, Zénon, 86f.; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 286f. Vgl. W. Huß, Ägypten, 602. Vgl. W. Clarysse, in: State and Temple Economy II, 739; W. Schäfer, P. Köln V, S. 19412.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Das kleruchische Land86 Anders als die seleukidischen Nachbarn87 siedelten die ptolemaiischen Könige ihre Söldner im allgemeinen nicht in Camps oder in geschlossenen Militärsiedlungen an, sondern verteilten sie, einer pharaonischen Tradition folgend88, über das ganze Land89. Sie verfolgten damit mehrere Zwecke90: Die Ausgaben für den Unterhalt der Truppen sollten reduziert werden; die militärischen Kräfte sollten bei drohenden oder aktuellen Auseinandersetzungen mit äußeren Feinden rasch einsatzbereit sein; die einheimischen oppositionellen Gruppen sollten einge___________________________

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Zur γῆ κληρουχική vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 545558; H. Maspero, Finances, 18-22; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 229-236; M. Rostowzew, Studien, 6-13; U. Wilcken, Grundzüge, 280-284; Claire Préaux, Économie royale, 463-477; M. Rostovtzeff, History I, 284-287; F. Uebel, Kleruchen, 4-7. 18-21. 24-28. 378-384; P. R. Swarney, Idios Logos, 23-26; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 53-85; A. Stollwerck, Untersuchungen, 14f.; J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 10-12. 15; J. Bingen, ICS 3, 1978, 74-80; J. Mélèze-Modrzejewski, AEHE, IVe sect. 1977/78, 359-362; P. J. Sijpesteijn, AncSoc 10, 1979, 151-158; G. M. Cohen, in: Proceedings of the VIIth Congress of the International Federation of the Societies of Classical Studies I, 323-325; S. R. Pickering, in: Greek Colonists, 629-631; W. Clarysse, P. Petr.2 I, S. 37-39; E. Van ’t Dack, JJP 23, 1993, 163-167; Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 360-362; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 228-235; A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 111; Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 203-205; Edfu Nome, 167-172. 188199; Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 40f.; Th. Christensen, in: Edfu, 11-16 (Apollonopolites); J. G. Manning, Land and Power, 178-181; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 288-294; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 214-217 (zu den Funktionären, die mit der Verwaltung der γῆ κληρουχική betraut waren). – Zur (γῆ) ἐν συντάξει vgl. P. Rev., Col. 43, Z. 12; dazu B. P. Grenfell, P. Rev., S. 137; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 227-229; außerdem J. Bingen, CE 21, 1946, 138f.: „Il est probable qu’il faut entendre par là les terres concédées, autres que les δωρεαί, par exemple les terres clérouchiques” (139). Vgl. etw G. G. Aperghis, Seleukid Royal Economy, 96. 196f.; außerdem Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 291-295. Vgl. Herodot II 168; Diod. I 73,7-9; dazu etwa Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 193-195. Vgl. etwa Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 196-200. – Zu den κληροῦχοι vgl. die (nunmehr bereits älteren) Zusammenstellungen PP IV 8551-10060, und F. Uebel, Kleruchen, 32-352. – Im übrigen sei erwähnt, daß man den Status eines κληροῦχος bereits Jahre vor der Zuteilung des κλῆρος erhalten konnte. Vgl. Th. Christensen, Edfu Nome, 61. 168f. - Außerdem sei darauf hingewiesen, daß in Unterägypten weit größere Flächen γῆ κληρουχική waren als in Oberägypten. Vgl. etwa Th. Christensen, Edfu Nome, 188-199; Dorothy J. Thompson, PapLup 14, 2005, ersch. 2007, 307-309 (Arsinoïtes). – Zur Herkunft der κληροῦχοι vgl. R. S. Bagnall, BASP 21, 1984, 7-20. Vgl. etwa M. Rostowzew, Studien, 9f., der allerdings den Gesichtspunkt des „Entgelts“ leugnet.

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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schüchtert oder kontrolliert werden; die Fremden sollten in dem Land, dessen König sie dienten, Wurzeln schlagen; und die neuen Siedler sollten – last but not least – bei der Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsverhältnisse mitwirken. So erhielten die Söldner Landanteile (kléroi) 91, die natürlich – je nach Dienstgrad und Truppengattung – verschieden groß waren: im Arsinoïtes Flächen von 3092, 70, 80 oder 100 árurai93. Seit der Zeit Ptolemaios’ IV. nannten sich die griechischen Soldaten-Siedler – das Wort „griechisch“ im weitesten Sinn verstanden! – vielfach nicht mehr klerúchoi, sondern kátoikoi94. Allem Anschein nach setzten sie sich mit dieser Bezeichnung von den einheimischen Soldaten (máchimoi)95 und den Polizisten (phylakítai) ab96, denen seit eben dieser Zeit97 ebenfalls kléroi zugeteilt wurden98: den máchimoi Flächen von 5, 7, 20 ___________________________

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Die κλῆροι bestanden vielfach aus Ödland, teilweise aber auch aus Kulturland. Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 554f.; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 58; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 291-293; Th. Christensen, Edfu Nome, 156f. (Apollonopolites). 147-151 (zu den Kategorien νῆσος [t3 m3y] und ἤπειρος [t3 q3y]). – Für die Annahme, daß Grundstücke konfisziert worden sind, um in κλῆροι umgewandelt zu werden, gibt es keinen Beleg. Vgl. etwa Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 200f.43. – Zur Erklärung des Ausdrucks ἀγοραστός in P. Lips. II 124, Z. 78 vgl. Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 40. – Zu einem nach dem Dienstgrad benannten κλῆρος vgl. P. Heid. IX 437, Z. 9 ([– – –ἡγ]εμονικοῦ κλ̣[ήρου]); dazu Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 116. Zu den τριακοντάρουροι von CPR XVIII (Infanteristen) vgl. E. Van ’t Dack, JJP 23, 1993, 164-167. Vgl. F. Uebel, Kleruchen, 378-384. – Die Bezeichnungen τριακοντάρουροι, ἑβδομηκοντάρουροι, ὀγδοηκοντάρουροι und ἑκατοντάρουροι entsprechen nicht immer den Flächen, die den Soldaten-Siedlern zugeteilt wurden. Vgl. etwa B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 547f.; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 201. Zu anderen Zahlen – in P. Tebt. I 99, Z. 45-61, werden gar κλῆροι von 320-500 ἄρουραι genannt – vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 548f. – Zu den εἰκοσιπεντάρουροι des Arsinoïtes vgl. F. Uebel, Kleruchen, 881. 3821. Vgl. dazu etwa Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 204f. – Zu der Abbreviatur des Ausdrucks γ(ῆ) κ(ατοικική) in manchen hermupolitanischen Papyri vgl. U. Wilcken, APF 5, 1913, 184f. Dies sei wenigstens am Rande vermerkt. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, daß nicht nur einheimische Soldaten als μάχιμοι bezeichnet wurden, sondern auch Soldaten nichtägyptischer Herkunft – jedenfalls in spätptolemaiischer Zeit. Vgl. etwa K. Goudriaan, Ethnicity, 103. 121-125. 137; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 101-107. Zu den im Herakleopolites angesiedelten κάτοικοι ἱππεῖς einerseits und den κληροῦχοι andererseits vgl. Maria Rosaria Falivene, in: Akten des 23. Internationalen Papyrologenkongresses, bes. 207-211. In SB III 6285, Z. 4 ist bereits für das Jahr 229/28 ein (πεν)τάρ(ο)υ(ρος) erwähnt. Vgl. dazu F. Uebel, Kleruchen, 272 Nr. 1143; K. Goudriaan, Ethnicity, 124. Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 545-550. 557f.; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 288f. In der Sache bestand zwischen den κάτοικοι und ihren „Vorgängern“, den κληροῦχοι, kaum ein Unterschied.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

oder 30 árurai99, den phylakítai der verschiedenen Gattungen Flächen von 10, 24 oder 30 árurai100. Daß die soeben genannten Gruppen seit der Zeit Ptolemaios’ IV. „Lehen“ erhielten, entsprang nicht einer Laune des Zufalls. Die Berater des Königs hatten erkannt, daß die einheimischen Streit- und Ordnungskräfte in stärkerem Maß als bisher an die Krone zu binden waren – und wodurch hätte dies wirkungsvoller geschehen können als durch die Zuwendung gewisser, auf Dauer angelegter materieller Vorteile 101 ! Allerdings bestanden, wie die Zahlen zeigen 102 , zwischen den „griechischen“ kátoikoi und den ägyptischen máchimoi doch noch erhebliche Unterschiede103. Und dies war auch – bedenkt man die nach wie vor bestehende griechische Dominanz! – kein Wunder. Aber ein Fortschritt war es doch104! So werden jedenfalls sowohl einflußreiche griechische Funktionäre als auch einfache ägyptische Soldaten gedacht haben105. ___________________________

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Faktisch waren die Flächen häufig etwas kleiner, als die Titel der einheimischen κληροῦχοι – πεντάρουροι μάχιμοι, ἑπτάρουροι μάχιμοι, δεκάρουροι μάχιμοι, εἰκοσιάρουροι μάχιμοι ἱππεῖς und τριακοντάρουροι μάχιμοι ἱππεῖς – vermuten ließen. Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 552; außerdem Th. Christensen, Edfu Nome, 62. 70 (zu den κλῆροι von δεκάρουροι); Sophie Kambitsis, P. Graux IV, S. 25f. Vgl. B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 550f.; außerdem Th. Christensen, Edfu Nome, 61. 66. Die Dienstgrade waren: φυλακῖται, ἐρημοφύλακες, ἔφοδοι und χερσέφιπποι. Ich würde allerdings – im Anschluß an E. Van ’t Dack und im Gegensatz zu den genannten Herausgebern und Bearbeitern des ersten Bands der Tebtynis-Papyri – die χερσέφιπποι eher militärischen als polizeilichen Verbänden zuordnen. Zur sozioökonomischen Situation insbesondere der μάχιμοι des 2. Jh. vgl. Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 247-256. Die Zahlen, die uns zur Verfügung stehen, stammen größtenteils aus dem Arsinoïtes, insbesondere aus Tebtynis. Sie dürfen weder regional noch temporal verallgemeinert werden. Vgl. etwa F. Uebel, Kleruchen, 380 (Memphites); außerdem W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 289. Vgl. etwa J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 10f. Im übrigen ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß den μάχιμοι der vorptolemaiischen Zeit – zeitweise – ähnlich große Flächen zugewiesen worden sind wie den μάχιμοι der ptolemaiischen Zeit. Vgl. etwa Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 193-196. 200. Im 3. und im 2. Jh. – vielleicht auch im 1. Jh. – wurden κλῆροι auch an Kriegsgefangene verteilt. Vgl. F. Uebel, Kleruchen, 1173 (mit den antiken Belegen und der modernen Literatur). Die 9 κληροῦχοι, die F. Uebel, Kleruchen, 183 Nr. 629-632, auflistet und die wohl Kriegsgefangene waren, erhielten κλῆροι zu 167/16 ἄρουραι. (Sind auch an die 8 000 seleukidischen Soldaten, die nach Diod. XIX 85,4 nach der Schlacht von Gaza [312] ἐπὶ τὰς νομαρχίας (ci. Wesseling) Ägyptens geschickt worden sind, κλῆροι verteilt worden? Diese Ansicht vertreten U. Wilcken, O. Wilck. I, 7041, H. Bengtson, Strategie III, 16-20, F. Uebel, Kleruchen, 1173. 349 Nr. 1458a, und Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 55, W. Huß, Ägypten, 162532, bestreitet sie. Vgl. dazu auch Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 134101. 195.) – Gegen Ende des 2. Jh. – vermutlich auch später – wurden κλῆροι auch

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Die kléroi, die die Soldaten-Siedler erhielten106, waren keine milde Gabe der Regierung – schon deswegen nicht, weil ihr Besitz zur Zahlung verschiedener Steuern und Abgaben verpflichtete107. Den klerúchoi war es natürlich unbenommen, ihre kléroi zu verpachten 108 . Früher wurde häufig die Ansicht vertreten, die griechischen klerúchoi bzw. kátoikoi hätten größtenteils ihre kléroi verpachtet und ihr Leben in den Gaumetropolen oder gar in Alexandreia verbracht109. Diese Ansicht wird heute nicht selten in Frage gestellt110. Doch ist das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen und wird vielleicht auch nie gesprochen werden. Die Menschen, die in ptolemaiischer Zeit gelebt haben, haben es versäumt, uns statistisches Material zu hinterlassen! Die kléroi waren Eigentum des Königs. Wenn ein klerúchos gestorben war oder sich gewisse Verfehlungen hatte zuschulden kommen lassen, wurde sein kléros eingezogen111. Doch schon in der Mitte des 3. Jh. lockerte sich die Bindung des „Lehens“ an die „Krone“. So konnten nun kléroi beispielsweise in bestimmten Fällen verpfändet werden112. Außerdem wurde es üblich, daß einer der Söhne nach dem Tod des Vaters den kléros übernahm113 – natürlich unter der ___________________________

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Zivilbeamten zugewiesen. Vgl. P. Tebt. I 65, Z. 17-22; 75, Z. 50f.; 85, Z. 111 (?); IV 1115, Z. 185f. – Etwa seit der zweiten Hälfte des 2. Jh. erhielten sogar Handwerker und Händler κλῆροι. Vgl. P. Tebt. III 2, 833; dazu F. Uebel, Kleruchen, 179f.5. Offensichtlich wurden die κλῆροι – Gau für Gau? – in den Amtsbüchern eines καταλογεῖον aufgelistet. Zu diesem καταλογεῖον vgl. Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 75f. Vgl. etwa B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 555f.; M. Rostovtzeff, History I, 286f.; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 294; außerdem A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 111; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 209-214. Zur Situation in Kerkeosiris (Arsinoïtes) während der letzten Jahrzehnte des 2. Jh. vgl. Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 77-85. Vgl. etwa U. Wilcken, Grundzüge, 284; J. Bingen, in: Problèmes de la terre, 219222; ICS 3, 1978, 74-80 (mit zurückhaltenden Urteilen). Anders jedoch H. Braunert, Binnenwanderung, 38-40. Vgl. etwa J. C. Shelton, P. Tebt. IV, S. 10; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 290f.; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 232-235; außerdem J. Bingen, in: Ptolemäisches Ägypten, 218f. Vgl. etwa Marie-Thérèse Lenger, CE 27, 1952, 236; P. R. Swarney, Idios Logos, 23f. – Während der kriegsbedingten Abwesenheit der κληροῦχοι scheinen die κλῆροι – nunmehr βασιλικοὶ κλῆροι! – eingezogen worden zu sein. Jedenfalls in den Anfängen! Vgl. F. Uebel, Kleruchen, 18-21; Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 55. 55f.8 (mit den antiken Belegen und den Hinweisen auf die modernen, sich teilweise widersprechenden Ansichten); Charikleia Armoni, ZPE 132, 2000, 23538. Vgl. P. Hib. I 48, Z. 2-4 (28. September 255 – falls es sich nicht um ein FinanzjahrDatum handelt); dazu F. Uebel, Kleruchen, 335 Nr. 1418; außerdem 3252. Vgl. etwa P. Lille I 4, Z. 26f. ≈ Chrest. Wilck. 336, Z. 26f. (218/17). Der κλῆρος war vom Tod des Vaters bis zu seiner Übernahme durch den Sohn ein κατόχιμος κλῆρος,

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Voraussetzung, daß er auch den Militärdienst des Vaters fortführte114. Und bereits in der zweiten Hälfte des 3. Jh. konnten kléroi testamentarisch vererbt werden115. Im J. 218/17 regulierte dann ein próstagma genauer die Modalitäten, die beim Übergang des kléros vom Vater auf den Sohn zu beachten waren116. Sieht man von den nicht ganz eindeutigen Bestimmungen eines próstagma des Jahres 118117 ab, wurde spätestens um das Jahr 60 in einem weiteren próstagma angeordnet118, daß ein kléros – beim Nichtvorliegen eines Testaments – bei den engsten Familienmitgliedern119 zu verbleiben habe120. Aus dem kleruchischen Land ___________________________

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d. h.: von den staatlichen Behörden beschlagnahmt, aber nicht konfisziert. Vgl. S. R. Pickering, in: Greek Colonists, 629-631. Außerdem stand er in dieser Zwischenzeit – jedenfalls in einer gewissen Epoche und in gewissen Fällen – unter der Verwaltung eines προεστηκώς. Vgl. Lucia Criscuolo, in: Proceedings of the Sixteenth International Congress of Papyrology, 259-265. – Diejenigen Funktionäre, die insbesondere für die Zuteilung und die Einziehung der κλῆροι verantwortlich waren, trugen den Titel οἱ ἐπὶ συντάξεως bzw. οἱ πρὸς τῆι συντάξει. Zu den „Chefs der Abteilung Unterstützung“ und ihren Untergebenen vgl. PP II/VIII 2489-2504 bzw. 2505-2507; außerdem L. Mooren, Aulic Titulature, 164 Nr. 0235-0238; dazu U. Wilcken, O. Wilck. I, 296f.; B. P. Grenfell - A. S. Hunt - J. G. Smyly, P. Tebt. I, S. 122; J. Lesquier, Institutions militaires, 195-197; U. Wilcken, APF 5, 1913, 223f.; J. Bingen, CE 21, 1946, 138f.; G. Geraci, in: Proceedings of the Sixteenth International Congress of Papyrology, 267-276; Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 37f.; H. Grace Ioannidou, APF 52, 2006, 37 (mit weiterer Literatur); Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 216f. – Zum ersten Mal ist der ἐπὶ συντάξεως im J. 218/17 bezeugt. Vgl. P. Lille I 4, Z. 24f. = Chrest. Wilck. 336, Z. 24f. Anderer Ansicht ist – wohl mit Bezug auf P. Tebt. III 1, 793, Col. II, Z. 23 (?); Col. III, Z. 21; Col. IV, Z. 2 – H. Grace Ioannidou, APF 52, 2006, 37: 183. – E. Boswinkel - P. W. Pestman, P. Dion., S. 157, scheinen den Titel ὁ πρὸς ταῖς συντάξεσιν – vgl. P. Dion. 9, Z. 29f., etwa 139 – vom Titel ὁ πρὸς τῆι συντάξει zu unterscheiden. – Der Sinn der Wendung οἱ ἐν τῆι συντάξει – vgl. P. Tebt. III 2, 876, Z. 75 – scheint noch nicht restlos geklärt zu sein. Vgl. F. Uebel, Kleruchen, 41f.2. Vgl. P. Lond. VII 2015, Z. 10 (241); P. Petr.2 I 22, col. 2, Z. 22f. (235/34); dazu W. Clarysse, P. Petr.2 I, S. 37-39. 221 (mit weiterer Literatur); Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 226-228; anders F. Uebel, Kleruchen, 41f.2. Vgl. P. Lille I 4 ≈ Chrest. Wilck. 336 ≈ C. Ord. Ptol. 25. Vgl. P. Tebt. I 124, Z. 25-27 ≈ C. Ord. Ptol. 54, Z. 3-5. Vgl. BGU IV 1185 ≈ C. Ord. Ptol. 71; dazu U. Wilcken, Grundzüge, 385f.; außerdem H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 234f. BGU IV 1185, Z. 17f. ≈ C. Ord. Ptol. 71, Z. 17f.: εἰς τοὺς ἔγγιστα γένους. – Wenn keine männlichen Nachkommen vorhanden waren, konnten auch Frauen κλῆροι erben. Vgl. SB VIII 9790; dazu W. Müller, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 190-192; außerdem P. Berl. Salm. 9; dazu E. Salmenkivi, P. Berl. Salm., bes. S. 110f. 113f. Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 220-226, ist vermutlich zu Recht der Ansicht, daß die erbenden Frauen als Garanten für die Findung künftiger κληροῦχοι betrachtet wurden. – Darf aus dem Wortlaut des πρόσταγμα geschlossen werden, daß der Inhaber eines κλῆρος seinen κλῆρος testamentarisch auch an Nichtmitglieder seiner Familie vererben konnte?

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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war nunmehr fast schon privates Land geworden121. Fast schon! Jedoch nicht ganz! Eine bemerkenswerte Entwicklung 122 ! Aber eine Entwicklung, die ihre Parallelen auch auf anderen Feldern der ptolemaiischen Geschichte findet! Das private Land123 „Privates Land“ wird in den griechischen Dokumenten der hellenistischen Zeit selten erwähnt124. An seiner Existenz ist jedoch nicht zu zweifeln. Im AmnestieErlaß des Jahres 118 wird dieses Land als he idióktetos bezeichnet125. ___________________________

120 In diesem πρόσταγμα, das an die κάτοικοι ἱππεῖς des Herakleopolites ergangen ist, ist davon die Rede, daß analoge Verfügungen im Arsinoïtes bereits in Geltung sind (Z. 18f.). 121 Zur παραχώρηςις katoikischen Landes in Notsituationen vgl. W. Kunkel, ZRG 48, 1928, 285-313; außerdem Claire Préaux, Économie royale, 472-477; W. Müller, ZÄS 93, 1966, 94; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 234f.; Th. Christensen, Edfu Nome, 170; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 228f. 122 Dorothy J. Crawford, Kerkeosiris, 57, sagt zu Recht: „One cannot know from these texts whether legislation preceded or ratified the event though the latter seems more likely.“ 123 Zur ἰδιόκτητος (γῆ) vgl. H. Maspero, Finances, 24-28; A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 1912. 2311; M. Rostowzew, Studien, bes. 13-41; U. Wilcken, Grundzüge, 271. 284-286; M. Rostovtzeff, History I, 289-291; R. Taubenschlag, Law, 232-236; Claire Préaux, in: Proceedings of the IX International Congress of Papyrology, 218f.; E. Seidl, Ptolemäische Rechtsgeschichte, 111; P. R. Swarney, Idios Logos, 23-26. 2631; A. Stollwerck, Untersuchungen, 6-8. 15-17; E. Seidl, Bodennutzung und Bodenpacht, 28-30; J. Modrzejewski, in: Terre et paysans dépendants, 167-170; Barbara Anagnostou-Canas, in: Grund und Boden, 362f. 364f.; A. Kränzlein, in: Symposion 1993, 239f.; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 232-238; Bärbel Kramer, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 321-323; Th. Christensen, in: Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia I, 204f.; Edfu Nome, 100-104. 163. 172-176. 184f. (Apollonopolites); Ruth Duttenhöfer, P. Lips. II, S. 41; J. G. Manning, Land and Power, passim; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 295297; J. G. Manning, JITE 160, 2004, 758-764; Katelijn Vandorpe, CRIPEL 25, 2005, 167-171. 124 So gab es offensichtlich in der (am besten dokumentierten) Gemarkung von Kerkeosiris keine ἰδιόκτητος γῆ. Vgl. jedoch P. Haun. 407, Z. 294: ἰδιοκτήτου νήσου (119/18, Apollonopolites). 125 Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 110f. ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 110f. – Die singuläre Wendung βασιλικὴ γῆ ἰδιόκτητος – vgl. P. Lond. VII 2188, Z. 209. 335 (Zeit Ptolemaios’ VI.) – ist etwas rätselhaft. T. C. Skeat, P. Lond. VII, S. 295, sieht in dieser Wendung „personal property, but personal property of the King, as distinct from the ordinary γῆ βασιλική“. (H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 235, schließt sich Skeat an.) Ich halte diese Erklärung für unwahrscheinlich. A. Kränzlein, in: Symposion 1993, 239f., denkt „eher an ‚durch Veräußerung privatisierte’ oder ‚privat, d. h. nicht durch βασιλικοὶ γεωργοί benützte’ γῆ βαιλική“.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

Was aber verstand man unter der idióktetos126? Sicher Garten- und WeinlandLand, das auch mit dem Ausdruck ktéma („Eigentum“, „Besitz“) umschrieben wurde 127 . Derartige Grundstücke waren vielfach ererbt. Doch konnten solche Grundstücke auch erworben werden – entweder aufgrund von Kaufverträgen128 oder aufgrund von (staatlich genehmigten) Kultivierungsarbeiten129. War jedoch auch anderes Land eine idióktetos? Früher hat man dies gelegentlich aus dem Ausdruck idioktémones („Privateigentümer“)130 geschlossen. Doch scheint aus dem Wortlaut der Urkunde, in dem diese idioktémones erwähnt werden, hervorzugehen, daß es sich bei ihnen um Männer handelte, denen kléroi zugewiesen wurden, die frühere klerúchoi aufgegeben hatten. Kleruchisches Land war aber – grundsätzlich – nie privates Land. Die idioktémones waren also kaum Eigentümer von Grundstücken131. Doch sehen wir weiter! Eine gewisse Vorstufe zu dem Land, das man als Land des Eigentums bezeichnen konnte, war das Land, das man in Erbpacht erwerben konnte 132 . Solches Land gab es. Es war Land, das zunächst in privater Hand gewesen war, das aber dann an den Staat gefallen war133 und das schließlich auf staatlichen Auktionen

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126 Die Problematik einer inhaltlichen Fixierung eines etwa κτῆσις ἰδιόκτητος lautenden Ausdrucks wird beispielsweise darin sichtbar, daß ein Soldat der neugegründeten Stadt Euergetis – gelegentlich (?) auch ein „Privatmann“ bzw. eine „Privatfrau“ – einen σταθμός zwar als κτῆσις ἰδιόκτητος erhalten hat, daß aber diese κτῆσις ἰδιόκτητος auf dem Weg der παραχώρησις zugeteilt worden ist. Vgl. SB XXIV 15973, Z. 6; 15974, Z. 11; dazu Bärbel Kramer, in: Bärbel Kramer - H. Heinen, APF 43, 1997, 321-323. 336. 127 Vgl. etwa M. Rostowzew, Studien, 14-18; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 235. 128 Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 99f. ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 99f. 129 Vgl. etwa A. Stollwerck, Untersuchungen, 13f. – Diejenigen, die die Mühe des καταφυτεύειν auf sich genommen haben, erhalten zunächst Steuerbefreiungen, dann Steuererleichterungen und werden schließlich ab dem neunten Jahr steuerpflichtig wie οἰ ἄλλοι ... κεκτημένοι. Vgl. P. Tebt. I 5, Z. 93-98 ≈ C. Ord. Ptol. 53, Z. 93-98. Vgl. außerdem SB XX 15068, Z. 8-16; dazu B. Kraut, ZPE 80, 1990, 274. 276. 130 Vgl. P. Tebt. I 124, Z. 32. 38. 131 Vgl. W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 295. – Zur der ἰδιόκτητος (γῆ) von BGU VI 1216, Z. 83 (Aphroditopolites); XIV 2437, Z. 15; 2440, Z. 62 (Herakleopolites) vgl. H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 235f.; W. Habermann B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 295. (W. Spiegelberg, APF 7, 1924, 184, lokalisiert BGU VI 1216 nicht im Memphites, sondern im Aphroditopolites.) 132 M. Rostowzew, Studien, bes. 27f. 39, und U. Wilcken, Grundzüge, 285, sehen in der Erbpacht die sog. μίσθωσις εἰς τὸ πατρικόν. Vgl. P. Köln VII 313 A, Z. 17 ≈ C. Ord. Ptol. 34, Col. I, Z. 17 (ergänzt); P. Tebt. I 5, Z. 12 = C. Ord. Ptol. 53, Z. 12 ≈ 53 ter, Z. 12. 133 Vgl. etwa J. G. Manning, in: Studies E. F. Wente, 280f.; Charikleia Armoni, APF 55, 2009, 186.

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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ausgeboten und ersteigert worden war134. Die Ersteigerer hatten natürlich einen Kaufpreis zu entrichten und außerdem eine jährliche Pachtsumme zu zahlen135. Doch sehen wir weiterhin weiter! In griechischen Dokumenten ist gelegentlich von Verkauf (prásis) bzw. Kauf (oné) von Saatland die Rede136. Diese Begriffe deuten nun offensichtlich darauf hin, daß es sich bei den entsprechenden rechtlichen Vorgängen nicht nur nach modernen, sondern auch nach antiken Vorstellungen um Übertragungen von privatem Eigentum gehandelt hat. Zu den griechischen Dokumenten treten nicht wenige demotische Dokumente, deren Verfasser sich zwar anderer rechtlicher Vorstellungen und anderer sprachlicher Formulierungen bedient, aber „letztlich“ die gleichen juristischen Sachverhalte zum Ausdruck gebracht haben137. ___________________________

134 Vgl. etwa A. Stollwerck, Untersuchungen, 10-13; außerdem J. G. Manning, in: Studies E. F. Wente, 277-284, und Th. Christensen, Edfu Nome, 65f. 179-181, die jedoch die Möglichkeit, daß es in den von ihnen erwähnten Texten um den Kauf von Erbpachtrechten geht, nicht in Betracht ziehen. 135 Vgl. P. Eleph. 14 = Chrest. Wilck. 340 (223/22); dazu etwa F. Pringsheim, jetzt in: Gesammelte Abhandlungen II, 309f.; M. Talamanca, MAL VIII 6, 1955, 35-104; H.A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 236, der jedoch in diesem Dokument keine „Auktionsordnung“ sieht, in dem die Regularien festgelegt worden sind, die bei der Ausfertigung von Erbpachtverträgen zu beachten gewesen sind. Vgl. außerdem PUG inv. DR 107 (?); dazu Monica Berti, in: Proceedings of the 24th International Congress of Papyrology I, 105-109 u. T. I; P. Lond. VII 2188, Z. 273-283; BGU III 992 = SB I 4512 = Chrest. Wilck. 162; dazu P. R. Swarney, Idios Logos, 7-10; BGU VI 1218; 1222; UPZ II 218; 220; 221. 136 Vgl. M. Rostowzew, Studien, bes. 18-27, der allerdings – entsprechend seiner Grundüberzeugung – nicht von Eigentum, sondern von Besitz spricht; H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 232f. 234-237; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 296. Vgl. auch – außer den in den genannten Arbeiten erwähnten Dokumenten – BGU XIV 2441, Z. 29f. 72. 259; 2447, Z. 48; 2449, Z. 43. Das in diesen Dokumenten verwendete Verbum ὠνεῖσθαι entscheidet unsere Frage jedoch nicht, da es sich beim Kauf dieser Grundstücke um den Kauf von Erbpachtrechten gehandelt haben kann. Vgl. auch P. Poethke 1, Fr. c, Z. 3f. (πρᾶσις). Allerdings wird in diesem Dokument nicht expressis verbis gesagt, daß es sich um die Auktion eines Grundstücks handelt. – Zur Ersteigerung von (γῆ) ἀδέσποτος vgl. etwa Th. Christensen, Edfu Nome, 179-181. 137 Vgl. H.-A. Rupprecht, in: Symposion 1993, 232f. (mit der früheren Literatur); außerdem J. G. Manning, PBA 96, 1999, 96; Land and Power, 182-225, bes. 210218. – Th. Christensen, Edfu Nome, 172-176, ist der Ansicht, daß die im Apollonopolites gelegenen Grundstücke, die als „die Felder des Königs“ (n3 3ḥ.w n Pr-c3) oder als „der Grundbesitz des Horus von Edfu“ (p3 ḥtp-ntr Ḥr Bḥtt) bezeichnet werden – vgl. einerseits P. dem. Hausw. 7a, Z. 3. 5; 7b, Z. 3 und andererseits 1a, Z. 3; 1b, Z. 3; 7a, Z. 4; 8b, Z. 5 –, sich im Eigentum von Privatpersonen befunden haben. Vgl. auch A. Monson, JESHO 50, 2007, 382. Ich gestehe, daß es mir schwerfällt, dieser Ansicht zuzustimmen. Vgl. auch Th. Christensen, Edfu Nome, 176-178 (zur Nicht-Erwähnung der βασιλικὴ γῆ und der ἱερὰ γῆ in P. Haun. inv. 407); außerdem Katelijn Vandorpe, APF 46, 2000, 173.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

In einem oberägyptischen Ostrakon ist ein Grundstück von 30 árurai erwähnt, das als idióktetos ge bezeichnet wird138. Handelt es sich hier um ein Privatgrundstück (im engeren und eigentlichen Sinn)? Wahrscheinlich. Im übrigen hat die Vermutung eines für sich, daß es in Oberägypten häufiger Grundstücke gegeben hat, die als Privatgrundstücke zu bezeichnen sind, als in Unterägypten139. Wenn wir in diesem Zusammenhang von „Unterägypten“ sprechen, ist jedoch zu beachten, daß wir über die Verhältnisse, die im Delta geherrscht haben, keine Informationen besitzen. Abschließend darf ich noch eine – letzte – Vermutung äußern: Private Ländereien werden vor allem die alten aristokratischen Familien besessen haben – ob sie nun ihre Wohnsitze in Oberägypten oder im Delta gehabt haben140. Im übrigen gilt nicht nur für die Frage der Erbpacht, sondern für den gesamten Fragenkomplex der ge idióktetos: „There is still much room for speculation.“141

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138 Vgl. O. Bodl. I 120 (146 oder 135). – In O. Bodl. II 1783 sind ἰδιω(τικὰ) ἐδά(φη) erwähnt. Doch spielt dieses Ostrakon in unserem Zusammenhang eine untergeordnete Rolle, da es vielleicht aus römischer Zeit stammt. Vgl. A. Stollwerck, Untersuchungen, 73. 139 Vgl. M. Rostowzew, Studien, 29-38; W. Habermann - B. Tenger, in: Wirtschaftssysteme, 296; außerdem A. Monson, in: Graeco-Roman Fayum, 178-180; K. Maresch, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 132. 140 Die χώρα der griechischen Städte des Landes befand sich natürlich in privatem Eigentum. 141 P. R. Swarney, Idios Logos, 10.

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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Die politeúmata142 Mit der Schaffung der „landsmannschaftlichen Verbände“ der politeúmata 143 eröffnete die Regierung den verschiedenen Gruppen, die aus den Ländern des östlichen Mittelmeerraums in ihren Herrschaftsbereich gelangt waren, die Möglichkeit, ein „Stück“ alte Heimat in ihre neue Heimat mitzunehmen. Sie hatte erkannt, daß in diesen Fällen die Gewährung einer begrenzten Autonomie den Interessen des Staats nicht schadete – im Gegenteil! Die Zugewanderten waren dem König dankbar, daß er ihnen ihre „Identität“, wie man heute vielfach sagt, belassen hatte. Mögen auch auf anderen Sektoren aufgrund der Multikulturalität der Gesellschaft beträchtliche wirtschaftliche, soziale und politische Schwierigkeiten existiert haben – im Blick auf die politeúmata ist uns von derartigen Schwierigkeiten nichts bekannt. Ein gelungener Versuch, die Probleme einer multikulturellen Gesellschaft – jedenfalls in einem bestimmten Umfang – zu meistern! Allerdings war dieser Versuch natürlich auch deswegen erfolgreich, weil sich die Zahl der Betroffenen in Grenzen hielt. Den nucleus eines políteuma bildete gewöhnlich – gewöhnlich, nicht immer! – eine militärische Einheit. Um diesen Kern gruppierten sich nicht selten andere polítai, d. h. Mitglieder des betreffenden políteuma, die aus derselben Stadt oder derselben Gegend gekommen waren. In unserem Zusammenhang wird es genügen, das Augenmerk auf drei Gesichtspunkte zu richten: auf die „Verfassungen“ der politeúmata, auf die Kompetenzen der führenden Männer der politeúmata und auf die Elemente, in denen die Beziehungen der polítai zu ihrer alten Heimat sichtbar werden. Allerdings wird es nicht möglich sein, in jedem Fall zu allen drei Komplexen die ___________________________

142 Zu den πολιτεύματα vgl. P. Perdrizet, RA III 35,2, 1899, 42-48; W. Schubart, Klio 10, 1910, 63-67; J. Lesquier, Institutions militaires, 143-155; F. Bechtel u. a., P. Hal., S. 38; W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 268-312. 433-454; E. Ziebarth, RE XXI 2, 1952, 1401f., s. v. Πολίτευμα; H. J. Wolff, ZRG 70, 1953, 38-44; V. A. Tcherikover, CPJ I, S. 6f.; M. A. Levi, PP 17, 1962, 312-336; J. Modrzejewski, in: Essays C. B. Welles, 143-147; E. Mary Smallwood, Jews, bes. 225f.; Julie P. Vélissaropoulos, Ἀλεξανδρινοί νόμοι, 26-28; A. Biscardi, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1201-1215; A. Kasher, Jews, bes. 29-38. 208-211; N. Lewis, Greeks, 30f.; M. Launey, Recherches II, bes. 1064-1085; außerdem XIXf.; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 171-185; W. Huß, in: Festschrift D. Wuttke, 6-9 (mit der früheren Literatur); G. Lüderitz, in: Studies, 183-225; J. MélèzeModrzejewski, in: Introduction, 77f.; K. Goudriaan, in: Valeur et distance, 47f. 5052; W. Ameling, WJA N. F. 27, 2003, 86-100; Sylvie Honigman, AncSoc 33, 2003, 61-102; Christelle Fischer-Bovet, Army and Society, 285-290. 143 Zu den verschiedenen Inhalten des Begriffs πολίτευμα in vorhellenistischer und hellenistischer Zeit vgl. W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 268-312. 433-454; M. A. Levi, PP 17, 1962, 321-336; A. Biscardi, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1205-1213.

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

erhofften Antworten zu geben – das zur Verfügung stehende Material ist vielfach zu wenig aussagekräftig. Die Schwierigkeiten beginnen bereits beim ersten zu verhandelnden Fall. In Sidon errichtete das políteuma der Kaunier eine Stele zur Erinnerung an sechs Soldaten144, die – vermutlich in einer militärischen Auseinandersetzung – ihr Leben verloren hatten 145 . Die Gemeinschaft nannte die Verstorbenen „ihre (Mit-)Bürger146“ – ein Ausdruck, der sich offensichtlich nicht auf die pólis Kaunos, sondern auf das políteuma der Kaunier bezog147 . In welcher Zeit aber wurde diese Stele errichtet? In der Zeit der seleukidischen Herrschaft über Sidon, d. h. in der Zeit nach 199? Dies halte ich deswegen für wenig wahrscheinlich, weil keiner der seleukidischen Könige, soweit wir wissen, engere Beziehungen zur karischen Stadt Kaunos unterhalten hat. Ganz anders die ptolemaiischen Könige! Daher wird sich das sidonische políteuma der Kaunier eher unter dem Patronat eines ptolemaiischen Königs bzw. ptolemaiischer Könige befunden haben 148 . Dies aber würde bedeuten, daß es bereits in der zweiten Hälfte des 3. Jh. existiert hat. Allerdings ist zuzugeben, daß diese Annahme deswegen mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, weil die frühesten, uns bekannten „ptolemaiischen“ politeúmata erst seit der Mitte des 2. Jh. bezeugt sind. Ein Fragezeichen bleibt daher stehen. Eine weitere Stele zur Erinnerung an einen (ebenfalls gefallenen) Kameraden (sýmmachos), „ihren (Mit-)Bürger“149, errichtete „das políteuma der Termesseier, der bei Oinoanda wohnenden Pisider“150. Eine dritte Stele für einen (wohl ebenfalls gefallenen) Kameraden stellte „das políteuma der Pinareier“151 (Lykien) auf. Und eine vierte Stele gab „das políteuma der [ – – –]ndeier“ 152 für „ihren (Mit-)Bürger“153 N. N. in Auftrag. ___________________________

144 Für diese Ansicht sprechen die bildlichen Darstellungen, die auf der Stele – und auf anderen, zu diesem Fundkomplex gehörenden Stelen – zu sehen sind. Vgl. P. Perdrizet, RA III 35,2, 1899, 42-44. 47f. (mit teilweise anderer Wertung); außerdem IV 3, 1904, 234-244. 145 Vgl. Th. Macridy, RBi N. F. 1, 1904, 549, Stele A = OGIS II 592; dazu W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 310-312; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 174f.; G. Lüderitz, in: Studies, 193-196; Sylvie Honigman, AncSoc 33, 2003, 61f. 146 OGIS II 592, Z. 6: τοὺς αὑτῶν [πο]λίτ[ας]. 147 Vgl. P. Perdrizet, RA III 35,2, 1899, 47; E. Mary Smallwood, Jews, 229f.; A. Kasher, Jews, 30 (mit anderer Wertung); anders M. Launey, Recherches II, 1083f.; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 174f.; G. Lüderitz, in Studies, 194f. 148 Anders P. Perdrizet, RA IV 3, 1904, 240: „il est impossible de décider si ce roi était un Lagide ou un Séleucide“. 149 Th. Macridy, RBi N. F. 1, 1904, 551 Nr. 2, Z. 5f.: τὸν ἑαυτῶν πολείτην. 150 Th. Macridy, RBi N. F. 1, 1904, 551 Nr. 2, Z. 3-5: Τερμησσέων τῶν πρὸς Οἰνοάνδοις Πισιδῶν τὸ πολίτευμα. Zu dieser Stelle vgl. G. Lüderitz, in: Studies, 193-196. 151 Th. Macridy, RBi N. F. 1, 1904, 552 Nr. 3, Z. 1: Πιναρέων τὸ πολίτευμα. Vgl. dazu G. Lüderitz, in: Studies, 193-196.

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Zu diesen politeúmata ist Ähnliches zu sagen wie zu dem políteuma der Kaunier154. Aus den Jahren 163-153/52 oder 152-145155 stammt eine Weih-Inschrift, die ein gewisser Kaphisodoros, ein in ptolemaiischen Diensten stehender Boioter, anläßlich der Errichtung eines sakralen Bezirks (témenos) „für“ (hypér) die königliche Familie in Xoïs in Stein hat schlagen lassen156. Kaphisodoros bezeichnete sich als „Priester des políteuma“157, er war demnach ein führender Mann innerhalb des xoïtischen políteuma der Boioter – nicht unbedingt der führende Mann dieses políteuma. Doch nicht Kaphisodoros allein errichtete dieses Bauwerk, beteiligt an seiner Errichtung waren vielmehr auch – sieht man von seinen Söhnen ab – „die in Xoïs zusammengezogenen Boioter und die Mitglieder des políteuma, deren Namen auf der Stele verzeichnet sind“ 158 . In „den in Xoïs zusammengezogenen Boiotern“ scheint eine militärische Einheit zu sehen zu sein, die sich – vollständig oder teilweise – aus Boiotern zusammensetzte und deren boiotische Angehörige – vermutlich vollständig – Mitglieder des políteuma waren. Hinter den sympoliteuómenoi dürften weder Bürger von Xoïs noch Bürger von Städten des Boiotischen Bundes, sondern aus Boiotien eingewanderte Zivilisten zu suchen sein, die Mitglieder des políteuma geworden waren159. Über Kompetenzen, die die führenden Männer des políteuma besaßen, verrät uns das xoïtische Dokument kaum etwas – abgesehen von der Tatsache, daß es innerhalb des políteuma einen Priester gab, der für die kultischen Belange zuständig war. Dies ist allerdings nicht ohne Bedeutung. Wird hier doch deutlich, daß das xoïtische políteuma – und wohl auch die meisten anderen politeúmata – keinesfalls nur ein „Heimatverein“ oder ein Zusammenschluß zur Vertretung politischer Interessen war, sondern in der Nähe eines kultischen Vereins (thíasos, sýnodos) stand160. ___________________________

152 Th. Macridy, RBi N. F. 1, 1904, 554 Nr. 8, Z. 1: [– – –]νδέ[ων τὸ] π̣ολε[ίτευμα]. 153 Th. Macridy, RBi N. F. 1, 1094, 554 Nr. 8, Z. 3: [αὑτῶν] πολίτ̣ην. 154 Vgl. auch M. Launey, Recherches II, 1081-1084; M. Sartre, D’Alexandre à Zénobie, 276-278. 155 Vgl. L. Mooren, Aulic Titulature, 105 Nr. 088: „possibly not before 157/56“. 156 Vgl. SEG II 871 = SB III 6664; dazu W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 309f.; M. Launey, Recherches II, 954f. 1066f.; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 175; G. Lüderitz, in: Studies, 196f. 157 SEG II 871, Z. 8f. = SB III 6664, Z. 8f.: ἱερεὺς τοῦ πολιτεύματος. 158 SEG II 871, Z. 11-14 = SB III 6664, Z. 11-14: [ο]ἱ̣ ἐ̣πισυνηγμένοι ἐν Ξόει Βοιωτο̣ὶ̣ [καὶ] ο̣ἱ̣ σ[υμ]πολιτευόμενοι, ὧν τὰ ὀνόμ[ατα ἐ]ν στήληι ἀναγέγραπται. 159 Das Relativpronomen ὧν dürfte sich nur auf die σ[υμ]πολιτευόμενοι, nicht auf die ἐ̣πισυνηγμένοι ἐν Ξόει Βοιωτο̣ί̣ beziehen. 160 Dieser Gedanke wird von W. Ameling, WJA N. F. 27, 2003, bes. 88-91, überbetont. Ein πολίτευμα war „mehr“ oder doch etwas „anderes“ als ein θίασος bzw. eine σύνοδος.

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Die Beziehungen des políteuma (und seines damaligen Priesters) zur boiotischen Heimat sind klar benannt. Das sakrale Bauwerk wurde errichtet zu Ehren des Zeus Basileus und der anderen väterlichen Götter161. Zeus Basileus aber war der Gott, der insbesondere im boiotischen Lebadeia Verehrung fand162. Vielleicht trug auch der Priester des políteuma den Titel „Priester des Zeus Basileus“. Im J. 145 (?) stieg in Kerkeosiris (Arsinoïtes) ein gewisser Asklepiades aus der Truppe einer merís der Straßenpolizisten (ton katá merída ephódon) in die militärische Schicht der katoikischen Kavalleristen (kátoikoi hippeís) auf163. Bei diesem Vorgang 164 wurden verschiedene königliche Funktionäre aktiv, auch zwei Männer namens Sosos und Aigyptos, die in dem entsprechenden Dokument als „die – – – vom políteuma der Kreter gewählten Männer“165 bezeichnet werden. Asklepiades aber sollte einen kléros „in der Gruppe der 500 Männer, die dem políteuma der Kreter zugewiesen worden sind“166, erhalten. Die Zugehörigkeit zu diesem políteuma stellte demnach die Voraussetzung für die Zuteilung des kléros dar. Bemerkenswerterweise hatte die Regierung in diesem Fall offensichtlich nicht nur die Approbation des políteuma vorgenommen, sondern war auch weitgehend an seiner Organisation beteiligt. Wenn irgendwo, dann ist hier der militärische Ursprung eines políteuma deutlich zu erkennen. Allerdings lenkte die Regierung nicht allein die Geschicke des políteuma, denn die „Sprecher“ des políteuma wurden nicht von der Regierung ernannt, sondern von den Mitgliedern des políteuma gewählt. Näheres erfahren wir nicht. Vielleicht jedoch dies: Man konnte „politeumatischer Kreter“ werden, ohne etwas mit dem „Bund der

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161 SEG II 871, Z. 4f. = SB III 6664, Z. 4f.: ∆ιὶ Βασιλεῖ καὶ [τοῖς] ἄλλοις πα̣τρίοις θεοῖς. 162 Vgl. H. Schwabl, RE Suppl. XV, 1978, 993-1411, hier 1102f.; 1441-1481, hier 14451448, s. v. Zeus. 163 Zum πολίτευμα τῶν Κρητῶν vgl. P. Tebt. I 32 = Chrest. Wilck. 448; dazu W. Schubart, Klio 10, 1910, 64f.; J. Lesquier, Institutions militaires, 143-151. 154f.; W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 299-306; M. Launey, Recherches II, 1068-1072; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 176f.; G. Lüderitz, in: Studies, 197; Aikaterini Mandalaki, EHHD 40, 2007, 55-83 (non vidi). 164 Vgl. dazu A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 27-29. 165 P. Tebt. I 32, Z. 8f. = Chrest. Wilck. 448, Z. 8f.: τῶν ... [προ]χειρισθέντων ὑπὸ τ[ο]ῦ̣ πολιτε̣ύ̣μ̣ατ[ος τῶν Κρητῶν]. 166 P. Tebt. I 32, Z. 16f. = Chrest. Wilck. 448, Z. 16f.: ἀπὸ τῶν ἐπικεχωρημένω[ν] τῶι πολιτεύματι τῶν Κρητῶν ἀνδρῶν φ.

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Kreter“ zu tun zu haben; denn weder Asklepiades167 noch Sosos noch Aigyptos dürften Kreter gewesen sein168. Papyri, die nahezu mit Sicherheit aus den Jahren 144/43-133/32 stammen, geben uns die genauesten Informationen über ein políteuma der ptolemaiischen Zeit. Es handelt sich um das políteuma der Juden von Herakleopolis169. An der Spitze dieses políteuma standen árchontes, aus denen ein politárches herausragte, der jedoch möglicherweise nur ein primus inter pares war170. Die árchontes, deren Zahl unbekannt ist, wurden jährlich gewählt – vielleicht jedoch nicht der politárches 171 . Mitglieder des políteuma waren in Herakleopolis ansässige Juden172. Alle Juden von Herakleopolis? Es scheint so173. Sie nannten ___________________________

167 Asklepiades wird zwar in P. Tebt. I 32, Z. 18 = Chrest. Wilck. 448, Z. 18 als Μακεδών bezeichnet, doch beweist die Verwendung dieses Ethnikon nicht seine makedonische Herkunft. Anders etwa J. Lesquier, Institutions militaires, 149; M. Launey, Recherches II, 1071. Seine bisherige Verwendung im Polizeidienst spricht eher für eine ägyptische Herkunft. 168 Zu den Beziehungen Ptolemaios’ VI. zum κοινὸν τῶν Κρηταιέων vgl. W. Huß, Ägypten, 578-580. 169 Vgl. P. Polit. Iud.; dazu J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 1-34; Sylvie Honigman, SCI 21, 2002, 251-266; AncSoc 33, 2003, 61-102; K. Maresch - J. M. S. Cowey, SCI 22, 2003, 307-310; Th. Kruse, in: Septuaginta, 166-175. – Vor der Veröffentlichung dieser Papyri waren nur wenige Zeugnisse bekannt, die über jüdische πολιτεύματα der ptolemaiischen Zeit einigen Aufschluß gaben oder zu geben schienen: [Arist.] 310; dazu W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 279-283; E. Mary Smallwood, Jews, 226f.; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 181-184; G. Lüderitz, in: Studies, 204-208; W. Ameling, WJA N. F. 27, 2003, 91f.; Sylvie Honigman, AncSoc 33, 2003, 69f.; FgrHist 91 Strabon von Amaseia F 7; dazu Sylvie Honigman, AncSoc 33, 2003, 72-76; Inscr. métr. 16 = JIGRE 39 = CPJ III 1530 A – ein Dokument, das jedoch wahrscheinlich erst aus römischer Zeit stammt; außerdem Ios. ant. XIX 280-285 (zur ἴση πολιτεία); dazu etwa E. Mary Smallwood, Jews, 229f.; J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 8f.; W. Ameling, WJA N. F. 27, 2003, 85f. (mit der früheren Literatur); K. Bringmann, Chiron 35, 2005, 7-21. – Zum alexandreiischen πολίτευμα vgl. außerdem E. Starobinski-Safran, in: Mélanges P. C. Mondésert, 45-75. 170 Vgl. J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 10f. 171 Vgl. Sylvie Honigman, AncSoc 33, 2003, 73f. Anders J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 10f. 172 Vgl. J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 18. 20. 173 Vgl. J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 18f.59. Jedenfalls läßt sich aus der Wendung τῶν ἐκ τοῦ πολιτεύματος, die manche Petenten in ihren Schreiben gebraucht haben – vgl. P. Polit. Iud. 1, Z. 4f.; 4, Z. 4; 7, Z. 2 –, wohl nicht erschließen, daß es in Herakleopolis (männliche) Juden gegeben hat, die nicht zum πολίτευμα gehört haben. Vgl. zu dieser Frage auch Sylvie Honigman, AncSoc 33, 2003, 87. Trifft die hier vertretene Annahme vermutlich im Fall von Herakleopolis zu, so scheint sie jedoch nicht ohne weiteres auf alle analogen Fälle übertragbar zu sein. Vgl. auch Th. Kruse, in: Septuaginta, 172f.

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sich – wie die Kaunier, die Termesseier und die [– – –]ndeier in Sidon, die Idumaier in Memphis und die Juden in Berenike (Kyrenaia) – polítai („Bürger“) und setzten sich mit dieser Bezeichnung von den allóphyloi („Andersstämmige“) ab174. Zwar gehörten die in den Dörfern des Herakleopolites wohnenden Juden nicht zum políteuma der Juden von Herakleopolis und bildeten auch in ihren Dörfern nicht eigene politeúmata, verfügten aber dennoch über gewisse, uns allerdings nicht näher bekannte Formen der Selbstverwaltung. Wenn beispielsweise in einem Brief an die árchontes des políteuma von Herakleopolis der Absender (namens Theodotos, der Sohn des Theodotos) sich einführt als „Jude, derer im Oxyrhynchites ... im Dorf Teei (?) desselben Gaus“ 175 und wenn in einem anderen Brief an die árchontes des políteuma von Herakleopolis die Absenderin (namens Berenike, die Tochter des Archagathos) sich bezeichnet als „Jüdin, derer aus Aphrodites Polis“176, so läßt sich aus diesen Absenderangaben doch wohl ersehen, daß diese Personen nicht isoliert gestanden sind, sondern sich in den Verbund der Juden dieser Dörfer eingebunden gewußt haben. Diese Annahme wird durch ein weiteres Schreiben bestätigt, in dem ein Mitglied des políteuma von Herakleopolis die árchontes seines políteuma auffordert, in einer ihn bedrängenden Angelegenheit „den im Dorf [N. N.] wohnenden Juden zu schreiben“177. Wo aber befand sich die Anlaufstelle der Juden dieser Dörfer? Diese Anlaufstelle bildeten die presbýteroi („Älteren“)178. Die presbýteroi verfügten sogar über gewisse richterliche Vollmachten. So erfahren wir, daß die presbýteroi eines Dorfes, die zu kritaí („Richter“) bestellt worden waren, es versäumt hatten, in einem Rechtsstreit eine sýnkrisis („Urteil“) zu fällen179. ___________________________

174 Vgl. P. Polit. Iud. 1, Z. 17f.; dazu J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 22f. 38; Anne-Emmanuelle Veïsse, REG 120, 2007, 51. – Darf man in der Bezeichnung ἀλλόφυλοι nur „die Abgrenzung gegenüber dem großen ‚Rest’, nämlich den unterworfenen Ägyptern“ ausgedrückt sehen, wie Th. Kruse, in: Septuaginta, 174, vorschlägt? Wenn es auch richtig ist, daß sich viele Juden vielfach mit den Griechen auf eine Stufe zu stellen bemüht haben, so scheint doch in diesem Text nicht vom Gegensatz Juden - Ägypter, sondern vom Gegensatz Juden - Nicht-Juden die Rede zu sein. 175 P. Polit. Iud. 8, Z. 7-9: Ἰ̣ο̣υδ̣ α ̣ [̣ ί]ο̣υ̣ τ̣ῶν ἐν τῶι Ὀξυρυγχίτηι ... ἐν κώμηι̣ Τ̣η̣ει τοῦ α̣ὐτοῦ νομοῦ. Vgl. Z. 33: γράψαι τοῖς ἐν̣ Τ̣ν̣η̣ε̣ὶ̣ (sic?) Ἰουδαίοις; außerdem Z. 1f. 176 P. Polit. Iud. 9, Z. 3: Ἰουδαίας τῶν ἐξ Ἀ̣φ[ρο]δ̣ιτ̣ ης πόλ̣ε̣[ω]ς̣. Vgl. Z. 29-31: π̣α̣ρ̣ακεκ̣ομ ̣ ικυῖα πρὸς ὑμᾶς ἄ̣[λ]λ̣η[̣ ν τῶ]ν ἐν Ἀφροδίτης πόλει Ἰουδαίω̣ν̣ πε̣ρ̣ὶ τού̣τ̣[ου] ἐ̣π̣ισ̣ τολήν̣. 177 P. Polit. Iud. 4, Z. 26f.: γ̣ρ̣άψ̣αι τοῖς ἐν τῆι̣ κώμηι̣ Ἰουδαίοις. 178 Vgl. P. Polit. Iud. (3, Z. 17f.); 6, Z. 12; 19, Z. 1; 20, Z. 2. Man könnte zunächst versucht sein, in diesen πρεσβύτεροι zwar jüdische, aber (in ägyptischer Tradition stehende) Dorfälteste zu sehen – vgl. P. Polit. Iud. 6, Z. 12: [ἐ]πὶ̣ τῶν ἐν τῆι κώμηι πρε̣σβυτέρω̣ν;̣ außerdem 3, Z. 17f.; 18, Z. 2; 19, Z.1 –, doch widerspricht einer derartigen Annahme klar die Aussage von P. Polit. Iud. 20, Z. 2: [παρὰ τῶν ἐν] Τεβέ̣τ̣νο̣ι περσβυτέρω̣[ν] τῶν̣ [Ἰ]ουδαίων. 179 Vgl. P. Polit. Iud. 6, Z. 10-24; dazu J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 15. – Cowey und Maresch nehmen an, daß die dörflichen jüdischen κριταί von den

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Der Kreis der Petenten – bei den meisten der genannten Papyri handelt es sich um Petitionen – war nicht auf den Herakleopolites beschränkt. Auch aus dem Oxyrhynchites180 und vielleicht auch aus dem Aphroditopolites181 wandten sich jüdische Bittsteller an die árchontes des políteuma von Herakleopolis. Möglicherweise gab es in diesen Gauen (zu dieser Zeit) keine jüdischen politeúmata. In jedem Fall war der Einfluß der führenden Männer des herakleopolitischen políteuma beträchtlich. Beträchtlich war dieser Einfluß auch in anderer Hinsicht: hinsichtlich der Kompetenzen, die die árchontes und der politárches besaßen. Diese Männer waren befugt, Petitionen (von Juden bzw. Jüdinnen) entgegenzunehmen, Streitsachen zu entscheiden182 und Streitfälle an lokale jüdische Gemeinden weiterzuleiten. Man kann demnach mit Fug und Recht von einer Art „Beamtenjustiz“ und einer Art jüdischer Sondergerichtsbarkeit sprechen183. Ein Weiteres kommt hinzu – und dies überrascht doch sehr! In drei Fällen waren Personen, die im Hafenviertel von Herakleopolis wohnten 184 und die offensichtlich Nicht-Juden bzw. Nicht-Jüdinnen waren, in Auseinandersetzungen mit Juden bzw. Jüdinnen involviert185. Auch in diesen Fällen erwarteten die Petenten bzw. Petentinnen einen Schiedsspruch der jüdischen Richter. Offensichtlich hatte die Regierung den árchontes des políteuma gewisse Kontrollfunktionen im Hafenviertel von Herakleopolis zugestanden – und dies läßt sich (bis zu einem gewissen Grad) mit der Annahme erklären, daß in diesem Stadtviertel, das auch andernorts in gewisser Weise von der „eigentlichen“ Stadt getrennt war186, viele Juden wohnten. Über Beziehungen des políteuma zur Heimat – Iudaia, Jerusalem – verraten uns die herakleopolitischen Papyri nichts. Dies verwundert nicht. Die „Heimat“ dieser Juden war die Diaspora187. Was alle Juden, die Juden der „Heimat“ und die Juden der Diaspora, einte, war ohnehin nicht mehr eine Gegend oder ein Ort, sondern das Festhalten am Gesetz188, am „väterlichen Gesetz“189. ___________________________

180 181 182 183 184 185 186 187 188

ἄρχοντες des πολίτευμα von Herakleopolis in dieses Amt berufen worden sind. Könnte es aber nicht sein, daß eine solche Entscheidung auf dörflicher Ebene gefallen ist? Vgl. P. Polit. Iud. 8. Vgl. P. Polit. Iud. 9. In P. Polit. Iud. 12, Z. 23f. bezeichnet der Petent das Forum der ἄρχοντες mit den Worten ἐπ̣ὶ̣ τ̣ο̣ῦ παρ’ ὑμῖν κρ̣ι̣τ̣ηρίου. Vgl. dazu J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 11-14; K. Maresch - J. M. S. Cowey, SCI 22, 2003, 307f. Vgl. P. Polit. Iud. 1, Z. 7f.; 10, Z. 4; 11, Z. 5: τῶν ἀπὸ τοῦ ὅρμου. Vgl. P. Polit. Iud. 1; 10; 11; dazu J. M. S. Cowey - K. Maresch, P. Polit. Iud., S. 1113. In P. Oslo III 98, Z. 12 (132/33) wird ein γρ(αμματεὺς) (im Dativ) μητροπ(ό)λ(εως) καὶ ὅρμο(υ) erwähnt. Im übrigen wissen wir nicht, wie die Juden von Herakleopolis – mehrheitlich – zur damaligen Zentrale des Judentums in Jerusalem gestanden sind. Vgl. P. Polit. Iud. 4, Z. 14f.: κα̣τ̣ὰ τὸν νόμον. Vgl. Z. 30.

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Über die Entstehungszeit des políteuma von Herakleopolis erfahren wir nichts190. Höchstwahrscheinlich im J. 112/11191 beschloß das políteuma der Idumaier von Memphis in Verbindung mit den in Memphis wohnenden Idumaiern, Dorion192, den „Verwandten“, strategós und Priester der Truppe der Dolch-Träger, zu ehren193. Dorion war zwar ein Halb-Ägypter – sein Vater war Idumaier, seine Mutter Ägypterin –, fühlte sich aber offensichtlich mehr dem Erbe seines Vaters als dem seiner Mutter verpflichtet. Das idumaiische políteuma, das offensichtlich mit der militärischen Truppe der Dolch-Träger identisch war, und die in der Stadt wohnenden idumaiischen Zivilisten werden nicht nur bei der Beschlußfassung zu Ehren von Dorion, sondern auch bei anderen Anlässen eng zusammengearbeitet haben. Es hat sogar den Anschein, als hätten sich beide Gruppierungen zusammen als pólis194 verstanden195. Ich würde allerdings vermuten, daß es sich hier um eine ungenaue Formulierung handelt und daß sich nur das políteuma – nicht auch „die Idumaier von der Stadt“ (Memphis)196! – als pólis sah. Mit anderen Worten: Daß sich die Mitglieder des políteuma – wie die der sidonischen politeúmata und die des herakleopolitischen und des kyrenaiischen políteuma der Juden – als polítai („Bürger“) bezeichnen konnten. Offensichtlich standen mehrere Männer an der Spitze des políteuma – zu ihnen wird Dorion als „Priester der Truppe der Dolch-Träger“ gehört haben –, ___________________________

189 Vgl. P. Polit. Iud. 9, Z. 28f.: τ̣ὸν πά̣τ̣ριον νόμον. – In diesem Zusammenhang spielte der ὅρκος πάτριος eine gewisse Rolle. Vgl. P. Polit. Iud. 3, Z. 28f.; 9, Z. 27; 12, Z. 10. 190 Th. Kruse, in: Septuaginta, 172, läßt das πολίτευμα – „möglicherweise“ – „in Zusammenhang mit den Unruhen in Ägypten infolge der Streitigkeiten zwischen Ptolemaios VI. Philometor und Kleopatra II. mit ihrem Bruder Ptolemaios VIII.“ (nach der Zählung Kruses) entstanden sein. Ich zweifle. 191 Vgl. etwa A. Bernand, IG Prose II, S. 68. 69. – Zur Ankunft der Idumaier in Memphis vgl. auch Sylvie Honigman, AncSoc 33, 2003, 6622. 192 Zu Dorion vgl. G. Gorre, Relations, 263-269 Nr. 54. 193 Vgl. IG Prose 25 = OGIS II 737 = SB V 8929; dazu W. Schubart, Klio 10, 1910, 63f.; W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 306-309; Dorothy J. Thompson Crawford, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1069-1075; M. Launey, Recherches II, 1072-1077; Dorothy J. Thompson, Memphis, 99-105; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 175f.; J. Bingen, CE 69, 1994, 157f.; G. Lüderitz, in: Studies, 199; G. Gorre, Ktèma 32, 2007, 239-250. 194 Vgl. IG Prose 25, Z. 24 = OGIS II 737, Z. 24 = SB V 8929, Z. 24; dazu Dorothy J. Thompson Crawford, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1072f.; M. Launey, Recherches II, 1073. 195 Anders W. Schubart, Klio 10, 1910, 63: „Vertreter der πόλις, nämlich Memphis“. 196 Vgl. IG Prose 25, Z. 3f. = OGIS II 737, Z. 3f. = SB V 8929, Z. 3f.: τῶν ἀπὸ τῆς πόλεως Ἰδουμαίων. – Zu der Wendung οἱ ἀπὸ τῆς πόλεως vgl. auch É. Bernand, IG Alex. ptol., S. 95.

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Männer, die die Versammlungen (synagogaí) anberaumten, die die Beschlüsse (psephísmata) vorberieten, die die Darbringung der Opfer (thysíai) organisierten, die die Gestaltung der Gottesdienste überwachten (epitáttein), die die Publikation von Beschlüssen in die Wege leiteten (engráphein kai anatithénai) und die gegebenenfalls Kopien (antígrapha) der Beschlüsse ausfertigen ließen. Obwohl einerseits nicht zu leugnen ist, daß die Idumaier – und auch das memphitische políteuma der Idumaier – weitgehend hellenisiert waren197, so ist doch andererseits festzustellen, daß sich die Idumaier – auch und gerade das memphitische políteuma der Idumaier – nach wie vor ihrer kulturellen Wurzeln bewußt waren198. Das políteuma hatte sich in unserem Fall „im oberen Heiligtum des Apollon“199 versammelt – „Apollon“ aber war nur der griechische Name des idumaiischen Gottes Qos –, hatte beschlossen, Dorion dürfe bei den Opfern einen Kranz „nach dem väterlichen Brauch“200 tragen, hatte an „die Priester und Sänger“201 erinnert, die auch in den heimatlichen Gottesdiensten tätig waren, und hatte schließlich festgelegt, der Geehrte solle bei den Festlichkeiten des políteuma „stets mit einem [in der Heimat üblichen] Ehrenkranz bekränzt werden“202. Bis zu einem gewissen Grad erinnert das memphitische políteuma der Idumaier an das herakleopolitische políteuma der Juden. Beide politeúmata waren in ähnlicher Weise sowohl in der Tradition verankert als auch von ihrer (hellenistischen) Umgebung geprägt. Im J. 107 oder 73 oder 42203 weihte der Kiliker Arrhenides in Krokodilopolis/ Arsinoë einen pylón dem Zeus und der Athena – „und dem políteuma der Kiliker“ 204 . Diese Nebeneinanderstellung von Zeus, Athena und einem políteuma wirkt merkwürdig. In jedem Fall kommt in dieser Formulierung die Wert___________________________

197 Vgl. besonders SB I 681; 4206; V 8066; dazu Dorothy J. Thompson Crawford, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1072; Dorothy J. Thompson, Memphis, 100. 103-105. 198 Vgl. Dorothy J. Thompson Crawford, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia III, 1071; Dorothy J. Thompson, Memphis, 101. 103-105. 199 IG Prose 25, Z. 2f. = OGIS II 737, Z. 2f. = SB V 8929, Z. 2f.: ἐν τῶι ἄνω Ἀπολλ[ω]νιείωι. 200 IG Prose 25, Z. 15 = OGIS II 737, Z. 15 = SB V 8929, Z. 15: κατὰ τὸν πάτριον νόμον. 201 IG Prose 25, Z. 16 = OGIS II 737, Z. 16 = SB V 8929, Z. 16: τοῖς ἰερεῦσι καὶ ἱεροψάλταις. 202 IG Prose 25, Z. 18f. = OGIS II 737, Z. 18f. = SB V 8929, Z. 18f.: στεφανοῦσθαι διὰ παντὸς ἐξάλλωι στεφάνωι. 203 Zur Datierung vgl. É. Bernand, IGEN (Louvre), S. 65 (mit der früheren Literatur). 204 Vgl. IG Fay. I 15 = IGEN (Louvre) 22 = SEG VIII 573 = SB IV 7270; Z. 5f.: καὶ τῶι πολιτεύματι τῶν Κ̣ιλίκων; dazu H. Henne, BIFAO 25, 1925, 179-183. 189f.; M. Launey, Recherches II, 1067f.; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 175; G. Lüderitz, in: Studies, 196.

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schätzung des Stifters für das políteuma der Kiliker, dessen Mitglied er selbst gewesen zu sein scheint, zum Ausdruck. Auch aus diesem Dokument ist der enge Bezug des políteuma zum Militär zu ersehen; denn Arrhenides gehörte zur Schicht der chilíarchoi (Infanterie-Offiziere) und war einer der Dolch-Träger der königlichen Garde205. Ob sich hinter „Zeus“ und „Athena“ kilikische Götter verbergen, ist ungewiß. Ich halte es für möglich206. Das einzige, bisher bekannte Zeugnis eines politeuma, das keine ethnische Konnotation aufweist, stammt aus Alexandreia (112/11 oder 76/75)207. Es handelt sich um „das políteuma der in Alexandreia dienenden Soldaten“208. Die Mitglieder dieses políteuma – vor allem Griechen209? – haben eine Weihung210 an Zeus Soter und Hera Teleia211 vollzogen. Von der Organisation dieses políteuma wissen wir nur, daß in ihm ein prostátes („Vorsteher“)212 und ein grammateús („Sekretär“) fungierten. Ein Dokument, das zwar wahrscheinlich nicht auf dem Boden Ägyptens oder Alexandreias entstanden ist, sondern in Kos, einer Stadt, die zu dem in Frage stehenden Zeitpunkt längst dem unmittelbaren ptolemaiischen Einflußbereich entglitten war213, mag dennoch in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Es handelt sich um das Dokument einer Ehrung Ptolemaios’ XI. Neos’ Dionysos’, die ein gewisser Apollophanes und ein gewisser Iliades, ehemalige árchontes eines políteuma, und außerdem ein gewisser Zenodoros vorgenommen haben214 (79 [?] - 51), und zwar „für das políteuma“215. ___________________________

205 Vgl. IG Fay. I 15, Z. 2f. = IGEN (Louvre) 22, Z. 2f. = SEG VIII 573, Z. 2f. = SB IV 7270, Z. 2f.: χ(ιλι)ά(ρχων) καὶ περὶ τοὺς βασιλεῖς μαχαιροφόρων. 206 Vgl. auch H. Henne, BIFAO 25, 1925, 183. 207 Vgl. IG Alex. ptol. 32 = SEG XX 499 = SB VIII 9812; dazu P. M. Fraser, Berytus 13, 1959/60, 147-152 Nr. 11; J. Bingen, CE 36, 1961, 225; P. M. Fraser, JEA 48, 1962, 142f.; P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, bes. 88f. 281; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 177; G. Lüderitz, in: Studies, 192f. 208 IG Alex. ptol. 32, Z. 3-7 = SEG XX 499, Z. 3-7 = SB VIII 9812, Z. 3-7: τὸ πολίτευμα τῶν ἐν Ἀλεξανδρείαι φερομένων στρατιωτῶν. – Zu φερομένων vgl. Jeanne u. L. Robert, REG 75, 1962, 213 Nr. 351; É. Bernand, IG Alex. ptol., S. 92. 209 Zu dieser Ansicht neigt P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, 281: „probably predominantly or entirely Greek.” 210 Zu den κτίσται dieses Dokuments (Z. 13) vgl. É. Bernand, IG Alex. ptol., S. 92. 211 Zu Ζεὺς Σωτήρ und Ἥρα Τελεία vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria I, bes. 194f.; É. Bernand, IG Alex. ptol., S. 91. 212 Zum προστάτης vgl. P. M. Fraser, Ptolemaic Alexandria IIa, 476121; É. Bernand, IG Alex. ptol., S. 95. 213 Vgl. G. Dittenberger, OGIS I, S. 653. 214 Vgl. OGIS I 192; dazu W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 437-439. 215 Inscr. Cos 74, Z. 5 = OGIS I 192, Z. 5: ὑπὲρ τοῦ πολιτεύματος.

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Für welches políteuma sind diese Männer gestanden? Sie verraten es uns nicht. Oder doch? Sie verraten es uns vielleicht insofern, als sie das políteuma nicht näher kennzeichnen. Mit anderen Worten: Dieses politeuma ist nicht eines der politeúmata gewesen, die uns in diesem Zusammenhang interessieren, sondern die pólis von Kos216. Aus Berenike (Kyrenaia) stammen zwei Zeugnisse eines jüdischen políteuma. Allerdings sind diese Zeugnisse erst in römischer Zeit entstanden. Doch besteht m. E. die hohe Wahrscheinlichkeit, daß das jüdische políteuma dieser Stadt bereits in ptolemaiischer Zeit (vor 96 bzw. 75) begründet worden ist. Beim ersten der beiden Dokumente217 handelt es sich um einen Beschluß, den „die (sieben) árchontes des políteuma und das políteuma“ 218 zu Ehren eines gewissen D. Valerius Dionysius, eines Mitglieds des políteuma219, gefaßt haben (9/8 oder 7/6) 220 . Dionysius hatte sich um die Restauration eines amphithéatron221 verdient gemacht und sollte deshalb „von jeder leiturgía befreit“222 sein. Auch in Berenike leiteten árchontes die Geschicke des políteuma, und auch in Berenike nannten sich die Mitglieder des políteuma polítai („Bürger“)223. Sie

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216 Zur Gleichsetzung von πολίτευμα und πόλις vgl. Iscr. Cos ED 131, Z. 3 (2. Jh.); 180, Z. 35 (1. Jh.); außerdem etwa W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 433. 434. 441. 444. 445. 454, und aus neuerer Zeit SEG XLVI 1721, Z. 16f. (Xanthos, 196). Anders haben seinerzeit P. Perdrizet, RA III 35,2, 1899, 47, und W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 438, geurteilt: das πολίτευμα τῶν Ἰουδαίων von Kos. 217 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 245-247 Nr. 18 = SEG XVI 931; dazu W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 439-442; Jeanne u. G. Roux, REG 62, 1949, 281-296 u. T. IIIf. (mit weiterer Literatur); G. Lüderitz, Corpus, 148-151; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 179; G. Lüderitz, in: Studies, 210-222. 218 J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 246 Nr. 18, Z. 12 = SEG XVI 931, Z. 12: ἔ[δοξε τοῖς ἄ]ρχουσι καὶ τῶι πολιτεύματι. 219 Vielleicht verbirgt sich in Z. 6f. sein Titel. Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 247; G. Lüderitz, Corpus, 151. 220 Zur Datierung vgl. G. Lüderitz, Corpus, 150f. 221 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 246 Nr. 18, Z. 10f. 20. 23f. = SEG XVI 931, Z. 10f. 20. 23f. Vgl. außerdem J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 244 Nr. 17, Z. 27 = IGRR I 1024, Z. 27. Das ἀμφιθέατρον scheint ein Gebäude oder ein Teil eines Gebäudes gewesen zu sein, das zum Komplex der Baulichkeiten des πολίτευμα gehört hat. Vgl. dazu G. Lüderitz, Corpus, 155; in: Studies, 213f. 219f. Anders C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 179. 222 J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 246 Nr. 18, Z. 14f. ≈ SEG XVI 931, Z. 14f.: εἶεν ἀλειτούργητο[ν πά]σης [λε]ιτουρ[γί]ας. Natürlich kann es sich hier nur um λειτουργίαι gehandelt haben, die Dionysius gegenüber dem πολίτευμα zu erfüllen gehabt hatte. Vgl. G. Lüderitz, Corpus, 151. 223 J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 246 Nr. 18, Z. 9f. ≈ SEG XVI 931, Z. 9f.: ἑκάστωι τῶν π̣[ο]λ̣ι̣τ[̣ ῶν].

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kamen regelmäßig zu sýnodoi („Versammlungen“) zusammen224. Sie kamen aber nicht nur regelmäßig zu sýnodoi zusammen, sondern auch zu numeníai („Neumondfeste“) 225 . Die jüdische Tradition blieb auch in Berenike lebendig! Und sowohl bei den sýnodoi als auch bei den numeníai sollte Dionysius mit einem Kranz aus Olivenzweigen und einem Wollband bekränzt werden226. Etwa drei Jahrzehnte später (24/25) faßten die (nunmehr neun) árchontes und das políteuma einen ähnlichen Beschluß zu Ehren eines gewissen M. Tittius227. Tittius scheint ein städtisches Amt innegehabt zu haben228, aber auch im políteuma eine führende Funktion ausgeübt zu haben229. Also offensichtlich ein Jude! Die Versammlung, bei der dieser Beschluß gefaßt wurde, fand am Tag des Laubhüttenfests dieses Jahres statt230.

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224 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 246 Nr. 18, Z. 16 = SEG XVI 931, Z. 16. – G. Lüderitz, in: Studies, 215-220, führt für die Ansicht, daß nicht alle in Berenike lebenden (männlichen) Juden Mitglieder des πολίτευμα gewesen sind, gute Gründe an. 225 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 246 Nr. 18, Z. 16f. = SEG XVI 931, Z. 16f. 226 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 246 Nr. 18, Z. 17 ≈ SEG XVI 931, Z. 17: σ̣τε̣ [̣ φ]άνωι [ἐλ]αίνωι καὶ λημνίσκωι. In diesem Fall handelt es sich nicht um einen jüdischen, sondern einen griechischen Brauch. Vgl. etwa Ganszyniec, RE XI 2, 1922, 1588-1607, hier 1591, s. v. Kranz: „ … den Juden (Semiten?) waren die Kranz-Sitten unbekannt“. 227 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 244f. Nr. 17 = IGRR I 1024; dazu W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 439-442; Jeanne u. G. Roux, REG 62, 1949, 281-296 u. T. IIIf. (mit weiterer Literatur); E. Gabba, Iscrizioni greche e latine, 62-67; G. Lüderitz, Corpus, 151-155; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 179; G. Lüderitz, in: Studies, 210-222. 228 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 244 Nr. 17, Z. 10-12 = IGRR I 1024, Z. 10-12: παραγενηθεὶς εἰς τὴν ἐπαρχείαν ἐπὶ δημοσίων πραγμάτων τήν τε προστασίαν αὐτῶν ἐποιήσατο …; dazu J. Reynolds, a. e. a. O., 245. – Bemerkenswert ist, daß in diesem ψήφισμα des πολίτευμα die πολῖται – vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 244 Nr. 17, Z. 17 = IGRR I 1024, Z. 17 – nicht Juden sind, sondern Bürger der Stadt Berenike. 229 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 244 Nr. 17, Z. 17-19 ≈ IGRR I 1024, Z. 17-19: τοῖς ἐκ τοῦ πολιτεύματος ἡμῶν Ἰουδαίοις ... εὔχρηστον προσστασίαν [sic!] ποιούμενος ... 230 Vgl. J. Reynolds, in: Excavations Sidi Khrebish Benghazi I, 244 Nr. 17, Z. 1f. = IGRR I 1024, Z. 1f.: ἐπὶ συλλόγου τῆς σκηνοπηγίας.

Die Schaffung spezieller kategorialer Gebilde

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Ein weiterer Stein, der über ein políteuma der Phryger (3 v. Chr.) informiert231, wurde zwar in Pompeii gefunden, dürfte aber von Alexandreia nach Pompeii verschleppt worden sein232. Ein gewisser C. Iulius Hephaestio, ein römischer Bürger, berichtet in dieser Inschrift, daß er, „ehemals Priester (des Zeus Phrygios?) des políteuma der Phryger“233, eine Statue des Zeus Phrygios234 hat errichten lassen. Der Text der Inschrift bietet keine neuen Informationen – abgesehen davon, daß aller Wahrscheinlichkeit nach in Alexandreia ein políteuma der Phryger existiert hat und daß ein Priester in diesem políteuma fungiert hat. Über ein Jahrhundert später (120 n. Chr.) berichtet Marcius Moesiacus, der Chef des ídios lógos, über Leute „aus dem políteuma der Lykier“235, die mit der „Bewachung“ ihrer Gräber beschäftigt gewesen waren und die aus gewissen Gründen mit den staatlichen Behörden in Konflikt geraten waren236. Allem Anschein nach pflegten diese Lykier einen Brauch eines einheimischen, allerdings sonst nicht bezeugten Totenkults237. Ob die Existenz ihres políteuma in die ptolemaiische Zeit zurückreicht, wissen wir nicht. Aus den vorhergehenden Ausführungen dürfte deutlich geworden sein, daß die „landsmannschaftlichen Verbände“ der politeúmata recht verschieden konzipiert waren238. In den meisten Fällen – anscheinend aber nicht in allen Fällen239 –

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231 Vgl. RIGLAI 74 = IGRR I 458 = OGIS II 658 = SB V 7875; dazu S. de Ricci, RPAA 2, 1923-1924, 87-90; W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 442f.; M. Launey, Recherches II, 1066; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 178; G. Lüderitz, in: Studies, 198. 232 Vgl. S. de Ricci, RPAA 2, 1923-1924, 89; G. Lefebvre, ASAE 13, 1914, 898; M. Segre, BSAA N. F. 10, 1938/39, 135; F. Kayser, RIGLAI, S. 232 (mit weiterer Literatur). 233 RIGLAI 74, Z. 2-4 = OGIS II 658, Z. 2-4 = SB V 7875, Z. 2-4: ἱερατεύσας τοῦ πολιτεύματος τῶν Φρυγῶν. 234 Der Ζεὺς Φρύγιος ist sonst nicht bezeugt. Vgl. H. Schwabl, RE Suppl. XV, 1978, 993-1411, hier 1159-1163, s. v. Zeus II; 1441-1481, hier 1477. 1479, s. v. Zeus; Th. Drew-Bear - Ch. Naour, in: Aufstieg und Niedergang II 18,3, 1907-2044; 18,4, 27772781. Ich vermute, daß sich hinter dem Ζεὺς Φρύγιος ein einheimischer Gott verbirgt. 235 RIGLAI 24, Z. 4 = IG Prose 61, Z. 4 = SEG II 848, Z. 4 = SB III 6025, Z. 4 = V 8757, Z. 4: ἀ̣[πὸ πολιτ]ε̣ύματος Λυ̣κίων. 236 Vgl. RIGLAI 24 = IG Prose 61 = SEG II 848 = SB III 6025 = V 8757; dazu P. M. Meyer, APF 3, 1906, 795. 871; S. de Ricci, RPAA 2, 1923-1924, 893; W. Ruppel, Philologus 82, 1927, 448f.; P. R. Swarney, Idios Logos, 916. 99. 109; M. Launey, Recherches II, 1066; C. Zuckerman, SCI 8-9, 1985-1988, 178; M. Zimmermann, Untersuchungen, 160-162; F. Kayser, RIGLAI, S. 90-97; G. Lüderitz, in: Studies, 198f. 237 Vgl. insbesondere M. Zimmermann, Untersuchungen, 160-162. 238 Die Ἑλληνομεμφῖται dürften kaum ein πολίτευμα gebildet haben. Vgl. auch Anna Świderek, Eos 51, 1961, 60. Anders U. Wilcken, UPZ I, S. 637. Zu den

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Zweites Kapitel: Die Verwaltungsmaßnahmen

bildete eine militärische Gruppierung den Kern oder das Ganze eines políteuma. Die führenden Männer der politeúmata trugen offensichtlich nicht immer dieselbe „Amtsbezeichnung“ – der Titel árchontes („Herrschende“) wurde jedoch von den „Chefs“ der jüdischen politeúmata bevorzugt240. Die Kompetenzen dieser führenden Männer bewegten sich innerhalb des Rahmens ihrer politeúmata. Nur im Fall des políteuma der Juden von Herakleopolis sprengten sie diesen Rahmen – jedenfalls kennen wir bisher keinen weiteren derartigen Fall. Einen hohen Stellenwert im Leben der politeúmata hatten kultische bzw. religiöse Aktivitäten. In dieser Hinsicht ähnelten die politeúmata den thíasoi und sýnodoi. Und dieser kultische bzw. religiöse Aspekt war es auch, der am sinnfälligsten die „Fremde“ mit der „Heimat“ verband. Natürlich bedurften die politeúmata – wie die thíasoi und die sýnodoi241 – einer regierungsamtlichen Approbation242. Doch damit war es nicht getan. In gewissen Zeiten scheint die Regierung es für notwendig erachtet zu haben, das Treiben der politeúmata etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, zumal die politeúmata im Lauf der Zeit relativ zahlreich und außerdem vermögend geworden waren243. Zahlreich und vermögend waren sie im letzten Drittel des 2. Jh. anscheinend vor allem in Alexandreia und im Arsinoïtes geworden244.

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Ἑλληνομεμφῖται vgl. Dorothy J. Thompson, Memphis, 96-97. – Zur Hypothese eines πολίτευμα τῶν Περσῶν vgl. J. Lesquier, Institutions militaires, 151-155. Natürlich besteht die Möglichkeit, daß in den Dokumenten, die uns zur Verfügung stehen, der ursprünglich militärische Aspekt eines πολίτευμα nicht zum Vorschein kommt. Vgl. dazu auch K. Maresch - J. M. S. Cowey, SCI 22, 2003, 309f. Bildeten die Juden von Leontopolis ein πολίτευμα? Vgl. dazu E. Mary Smallwood, Jews, 226; G. Lüderitz, in: Studies, 208-210; J. Mélèze-Modrzejewski, in: Introduction, 77; Sylvie Honigman, AncSoc 33, 2003, 65f. Ich zweifle. Vgl. etwa W. Huß, König und Priester, 48-50 (zu zurückhaltend). Vgl. etwa W. Ameling, WJA N. F. 27, 2003, 90. Solche Approbationsurkunden sind nicht erhalten. Vgl. aber immerhin – was jüdische πολιτεύματα von Alexandreia angeht – FgrHist 264 Hekataios von Abdera F 21,189 (= Pseudo-Hekataios II): εἶχεν [sc. ἡ διφθέρα (Lewy)] ... τὴν πολιτείαν γεγραμμένην; dazu V. A. Tcherikover, CPJ I, S. 6f. Vgl. P. Tebt. III 1, 700, Z. 37f. ≈ C. Ord. Ptol. 50, Z. 16f. (vor dem 24. September 125): [προστετά(?)]χαμεν τὰ ἐ̣ν Ἀλεξανδρείαι γυμνάσια [καὶ – – – καὶ πολιτεύμα]τα καὶ συνόδους ἐκδιοικεῖν; Z. 41-43 ≈ Z. 20-22: [... προστετάχα(?)]μεν ... [... τ]οὺς ἔχοντάς τι τῶν ἐν τῶι Ἀρσινοΐτηι [νομῶι γυμνασίων καὶ – – – καὶ συνόδ]ω̣ν καὶ πολιτευμάτων ἀπογράφεσθαι ... Vgl. P. Tebt. III 1, 700, Z. 37 = C. Ord. Ptol. 50, Z. 16; Z. 42f. = Z. 22.

Die Idealität

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DIE IDEALITÄT UND DIE REALITÄT 1 Die Idealität Eine der vordringlichsten Aufgaben der Regierung bestand darin, eine funktionstüchtige Verwaltung des Landes zu installieren2. Dies war keine leichte Aufgabe. Abgesehen von den Schwierigkeiten, die in jedem Land und zu jeder Zeit mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Verwaltung verbunden sind, gab es in Ägypten in ptolemaiischer Zeit Schwierigkeiten besonderer Art: Im Land lebten Sieger und Besiegte, Träger ägäischer Traditionen und Träger indigener Traditionen (mit den daraus folgenden Implikationen), NichtKleriker und Kleriker (im Hinblick auf die ägyptische „Kirche“), Leute, die griechisch sprachen, und Leute, die ägyptisch sprachen, ausländische Söldner und einheimische Soldaten, Bürger griechischer póleis und Bewohner des flachen Landes und schließlich Menschen, die lesen und schreiben konnten, und Menschen, die dies nicht konnten. Daß in diesem „Gemisch“ verwaltungskonzeptionelle und verwaltungstechnische Probleme entstanden, ist nicht verwunderlich. Und die Regierung leugnete in ihren Verlautbarungen derartige Probleme nicht. Sie gab zu, daß es Zeiten gegeben hat, in denen Funktionäre Unrecht verübt und schlimme Verhältnisse herbeigeführt haben3, daß aber „nunmehr“ – und darauf kommt es an – derartige Zustände überwunden sind und „alles aufs beste verwaltet wird“ 4 . Natürlich war mit dieser Verlautbarung des dioiketés ___________________________

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Vgl. A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 392-400; F. Heichelheim, RE Suppl. VI, 1935, 819-892, s. v. Sitos; W. Schubart, APF 12, 1937, 1-26; Verfassung und Verwaltung; W. L. Westermann, in: Actes du Ve Congrès international de Papyrologie, 565-579; C. B. Welles, JJP 3, 1949, 21-47; B. A. van Groningen, MH 10, 1953, 178-191; C. Kunderewicz, Eos 48,2, 1956, ersch. 1957, 101-115; V. Poláček, in: Actes du Xe Congès International de Papyrologues, 201-208; in: Proceedings of the Twelfth International Congress of Papyrology, 411-426 („then and today“ in marxistischer Sicht); H. Bengtson, jetzt in: Kleine Schriften, 304-322; Dorothy J. Crawford, in: Ptolemäisches Ägypten, 195-202; W. Huß, APF 27, 1980, 67-77; R. S. Bagnall - P. Derow, Greek Historical Documents, 253-255; außerdem M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 392-394. Zur strengen Behandlung der Funktionäre, die in überseeischen Gebieten tätig waren, vgl. etwa M. Wörrle, Chiron 40, 2010, 361 (Limyra); dazu bes. 390f. 392f. Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 222-230: π̣αρ̣αλογεία – ἀδίκημα – κ̣ακ̣ε̣ξ̣ί̣α̣. P. Tebt. III 1, 703, Z. 231f.: π̣άν ̣ των οἰκονομουμένων ἀπὸ τοῦ βελτίστου; dazu W. Huß, APF 27, 1980, 71f.26.

302

Die Idealität und die Realität

Zenodoros (aus der Zeit Ptolemaios’ III.5) „das Problem“ nicht auf Dauer gelöst – es gab aber immer wieder ein „Nunmehr“6. „Alles“ kann aber nach der Meinung der Regierung nur dann „aufs beste verwaltet“ werden, wenn das ganze Land unter der Herrschaft des Rechts (díke) steht7. Ein zwar nicht sehr origineller Gedanke, aber ein unverzichtbarer Gedanke 8 ! Die Beamten haben mit allen Kräften darauf hinzuarbeiten, daß jeder Erpressung (paralogeía), ja überhaupt jedem Unrecht (adíkema) ein Ende gesetzt wird9! Die strenge Herrschaft des Rechts soll aber in begründeten Fällen durch die Haltung der Nachsicht (epieíkeia) gemildert werden10; denn dem König liegt daran, daß seine Untertanen nicht mutlos, niedergeschlagen oder gar ganz verzweifelt sind11. Verfahren die Beamten nach diesen Grundsätzen, wird dem Land die Sicherheit (aspháleia) zuteil werden, nach der es sich sehnt12. Jedoch – die grundsätzliche Anerkennung der Maximen der Gerechtigkeit und der Nachsicht genügt nicht. Diese Maximen sind in der Praxis durchzusetzen mit Bereitwilligkeit (prothymía), Genauigkeit (akríbeia), Sorgfalt (epiméleia) und Eifer (spudé)13. Aus dem Gesagten dürfte deutlich geworden sein, daß die ptolemaiische Verwaltung nicht nur Züge einer absolutistischen Strenge, sondern auch Züge eines ___________________________

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Vgl. dazu W. Huß, Ägypten, 463f. Vgl. etwa P. Köln VII 313 (pluribus locis) (9. Oktober 186 [?]). Vgl. etwa P. Tebt. III 1, 703, Z. 266: δίκαια; UPZ I 144, Z. 28-30: Ἡγεμονικώτατον γὰρ καὶ μέγιστον ἀγαθὸν ἐν πράγμασιν τὰ πάντ’ οἰκονομεῖσθαι καθαρῶ[ς] καὶ δικαίως; 111, Z. 6f.: ... προνοεῖσθαι, ὅπως τ̣ὰ̣ δ̣ίκαια γ̣ί̣νηται τοῖς ἀνθρώποις ...; 113, Z. 5f.: τοῦ βασιλέως καὶ τῆς βασιλίσσης πρὸ πολλοῦ ἡγουμένων πάντας τοὺς ὐπὸ τὴν βασιλείαν δικαιοδοθεῖσθαι ...; außerdem [Arist.] 280. Diese Grundsätze werden auch in dem ὑπόμνημα erwähnt worden sein, das der διοικητής Herodes an den hohen Funktionär Onias geschickt hat. Vgl. UPZ I 110, Z. 17f. = CPJ I 132, Z. 17f. Zum Ideal der δικαιοσύνη vgl. etwa W. Schubart, APF 12, 1937, 6-8. Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 222-225. Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 60-63. Dieser Gedanke wird m. E. beispielsweise von F. Heichelheim, RE Suppl. VI, 1935, 819-892, hier 874f., s. v. Sitos, und H. Bengtson, jetzt in: Kleine Schriften, 316, zu wenig berücksichtigt. Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 41-43. 60-63: (sinngemäß) ἀθαρσεῖς – κατατεταμένοι – παντελῶς ἀνειμένοι; außerdem UPZ I 110, Z. 13f. = CPJ I 132, Z. 13f.: ὅπως μήτε{ν} τῶν ἀδυνατούντων γεωργεῖν περισπᾶται μηθείς ... Vgl. auch UPZ I 110, Z. 60-62. 74-78; außerdem [Arist.] 290. Zum Aspekt der ἐπιείκεια vgl. W. Schubart, APF 12, 1937, 4f. 8; C. B. Welles, JJP 3, 1949, 31f. Vgl. P. Tebt. III 1, 703, Z. 232f.: τῆι χώραι τὴν ἀ[σ]φά[λε]ιαν πο̣ιή ̣ ̣σε̣ τ̣ ̣[ε]. Vgl. außerdem [Arist.] 291; dazu O. Murray, JThS N. F. 18, 1967, 353. Vgl. W. Schubart, APF 12, 1937, 8; Dorothy J. Crawford, in: Ptolemäisches Ägypten, 195f.; W. Huß, APF 27, 1980, 70. – In einem Fragment einer vermutlich in Ägypten spielenden Komödie (?) ist litaneiartig zusammengestellt, was man – im 3. Jh. (?) – vom idealen Beamten (?) erwartete: χρηστός, εὐγενής, ἁπλοῦς, φιλοβασιλεύς, ἀνδρεῖος, ἐ̣μ̣ πίστει μέγας, σώφρων, φιλέλλην, πραΰς, εὐπροσήγορος, τὰ πανοῦργα μισῶν, τὴν [δ’ ἀ]λήθειαν σέβων. Vgl. W. Crönert, NGG 1922, 31; A. Körte, APF 7, 1924, 257.

Die Idealität

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gewissen paternalistischen Denkens trug14. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, daß alle Bewohner des Landes zu allen Zeiten sich direkt an den König bzw. an dessen Beamte 15 wenden konnten, wenn sie der Meinung waren, ihr gutes Recht sei von Beamten oder Mitbewohnern mißachtet worden16. Und sie machten auch ausgiebig von dieser Möglichkeit Gebrauch17. Um die Beamten eindringlich auf die Bedeutung ihrer Aufgaben hinzuweisen, verlangte die Regierung von ihnen, daß sie vor ihrem Dienstantritt einen Eid ___________________________

14 Vgl. etwa W. L. Westermann, in: Actes du Ve Congrès international de Papyrologie, 570-577. Im einzelnen mag an diesen Ausführungen Westermanns Kritik anzubringen sein. 15 Zu der parallelen Wertung des Königs und der Beamten vgl. W. Schubart, APF 12, 1937, 6-8. 14. 18; Verfassung und Verwaltung, 37f. – Zu Eingaben an den König vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 47, 1967, 5-57; außerdem SB XXII 15237 (244-242); SB XX 15001 (15. Juli 215); dazu Tracy Caulfield - Anita Estner - Susan Stephens, ZPE 76, 1989, 250-254; D. Bain, ZPE 79, 1989, 71f.; SB XXII 15558 (209/8 oder 192/91); P. Stras. II 96 (Zeit Ptolemaios’ VII. Euergetes’ II.); dazu Charikleia Armoni, Tyche 21, 2006, 196; zu Eingaben an Beamte vgl. Anna Di Bitonto, Aegyptus 48, 1968, 53107; B. E. Nielsen, BASP 28, 1991, 18319; J. Hengstl, BASP 33, 1996, 111-116; in: Symposion 1995, 265-289; außerdem P. Mich. XVIII 778 (nach 193/92); 779 (192); CPR XXVIII 11 (vor dem 21. Januar 191); P. Gen. III 128 (163-156 [?]); P. Thrace 1 (2. Jh.); dazu Grace Ioannidou, APF 52, 2006, 31-40 u. T. III; SB XXVI 16743 (um 140/39); dazu Charikleia Armoni, Tyche 21, 2006, 196; O. dem. Ifao Edfou D 632 (1. Jh.); dazu D. Devauchelle - Ghislaine Widmer, in: Recueil d’études D. Meeks, 8398. – Gelegentlich wandten sich die Bittsteller auch an („nicht-beamtete“) einflußreiche Persönlichkeiten, von denen sie annahmen, sie könnten ihnen zu ihrem Recht verhelfen – etwa an Zenon, den Verwalter des διοικητής Apollonios. Vgl. P. Cair. Zen. III 59528; 59421; IV 59623 (?); 59628; 59629; 59639 + P. Iand. Zen. 50 (?); SB XXII 15462. 16 Zum Instrument der ἐντεύξεις bzw. der ὑπομνήματα vgl. A. Moret, Actes du Dixième Congrès international des Orientalistes. Section IV, 139-165; P. Collomp, Recherches, 51-140; O. Guéraud, P. Enteux., S. XIX-XCII; E. Ziebarth, RE Suppl. VII, 1940, 175f., s. v. Ἔντευξις; M. Hombert - Claire Préaux, CE 17, 1942, 259-286; R. Böhm, Ἔντευξις, 2-41; Marie Teresa Cavassini, Aegyptus 35, 1955, 299-324; Anna Di Bitonto, Aegyptus 47, 1967, 5-57; Aegyptus 48, 1968, 53-107; Aegyptus 56, 1976, 109-143; Maryline Parca, CE 60, 1985, 240-247; H. Schaefer, P. Köln V, S. 108-111; A. Farid, Fünf demotische Stelen, 119-125. 242 (unter Berücksichtigung auch der römischen Zeit); B. C. McGing, APF 48, 2002, 46f.; Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 4. 17-20; außerdem R. S. Bagnall, in: Hellenistic Constructs, 233f.; R. Scholl, in: Papyrologische Beiträge Bärbel Kramer, 229. 232. – Im Demotischen wurde die ἔντευξις als smj oder als tbḥ bezeichnet. Vgl. Ch. Thiers, Stèle, 30f. 17 Wohl aus taktischen Gründen äußerten sich die königlichen Bauern von Oxyrhyncha (Arsinoïtes) in einer an den στρατηγός Phanias gerichteten Petition hinsichtlich des (tatsächlichen oder angeblichen) Fehlverhaltens gewisser Beamter äußerst zurückhaltend, ja geradezu vornehm: τῶν μὴ ἀπὸ τοῦ βελτίστου ἀναστρεφομένων! Vgl. P. Tebt. III 1, 786, Z. 14f. (etwa 138). Ein hübsches Streiflicht!

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schworen – einen Eid, in dem sie versprachen, loyale Staatsdiener zu sein18 und die (finanziellen) Interessen des Königs im Auge zu behalten19. Die Idealvorstellungen der gerechten Verwaltung des Landes speisten sich aus zwei Quellen: aus der griechischen Philosophie20 und aus der ägyptischen Tradition21. Im übrigen war das Recht hier wie dort nicht nur ein sozial-ethisches Konstrukt, sondern eine theologische, ja eine kultische Größe – eine Göttin: die Díke bzw. die M3ct.

Die Realität „Natürlich“ entsprach die Realität nicht immer – oder gar häufig nicht – der Idealität. Doch wäre es verkehrt, aufgrund von Petitionen, Anzeigen und Polizeiund Gerichtsakten ein Nachtgemälde der ptolemaiischen Verwaltungswirklichkeit zu entwerfen. Gewiß gab es Beamte, die ihre Position dazu nutzten, sich ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen22. Und es mag ja sein, daß manche Regierungsvertreter in solchen Fällen ein Auge zudrückten23. Darf man aber aus der Tatsache, daß Jobs in der Verwaltung begehrt waren, schließen, daß sie nur deswegen begehrt waren, weil sie die Gelegenheit boten, die Bevölkerung auszurauben24? Sicher – derartige Dinge kamen vor! Aber in welchem Umfang25? Es ist unmöglich, darauf eine Antwort zu geben26. ___________________________

18 Vgl. UPZ I 110, Z. 160: ... διὰ τὴ̣ν̣ πρὸς τὰ π̣ρ̣άγματ’ εὔνοιαν; P. Tebt. I 124, Z. 3f.: ... πρὸς τὰ πράγματ̣’ ε̣ὐ̣νοίαι ...; BGU IV 1185, Z. 3: ... εἰς τὰ πράγματα εὔνοιαν ... 19 Vgl. P. Petr. III 56 (b), Z. 10 bzw. (c), Z. 1: ὀρθῶς καὶ δικαίως bzw. ὀρθῶς καὶ δικ[αίως]; P. Grad. 4, Z. 9 = SB I 5680, Z. 9: ὀρθῶς καὶ δικ̣[α]ί̣ω̣ς; außerdem UPZ I 110, Z. 35-94. 20 Vgl. etwa W. Schubart, APF 12, 1937, 2f. 21 Vgl. etwa V. Poláček, in: Actes du Xe Congrès International de Papyrologues, 201206; C. B. Welles, JJP 3, 1949, 31-36; W. Huß, APF 27, 1980, 72-77; außerdem Dorothy J. Crawford, in: Ptolemäisches Ägypten, 197f. 22 Vgl. etwa Charikleia Armoni, P. Heid. IX, S. 81f. (mit einem Teil der antiken Belege und der modernen Literatur). 23 Vgl. UPZ I 113 (156); dazu C. Kunderewicz, Eos, 48,2, 1956, ersch. 1957, 104f.; außerdem A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 396. 399. 24 Vgl. C. Kunderewicz, Eos 48,2, 1956, ersch. 1957, 110-113. Gewiß – der Aufwand, den der bekannte Dorfsekretär Menches betrieb, um (erneut) den Posten eines Dorfsekretärs zu ergattern, war beachtlich! Vgl. A. M. F. W. Verhoogt, Menches, 54-66. 25 Dorothy J. Crawford, in: Ptolemäisches Ägypten, 202, urteilt streng: „ … it was almost impossible for our good official not to be bad.” 26 A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 396, behauptet zwar: „Ainsi s’établit, en dehors des règlements, une sorte de tarif, … en vertu duquel les hauts dignitaires exploitaient leurs subordonnées, et ceux-ci le contribuable“, gibt aber auch zu: „Ces usages, résultant d’une entente tacite, n’ont guère laissé de traces dans les documents, en ce qui concerne les fonctionnaires.“

Die Realität

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Daß jedoch die Griechen gegenüber den Ägyptern in mancher Hinsicht Vorteile genossen haben – daran besteht kein Zweifel. Ich nenne die Punkte Steuern, Einquartierungen, kléroi, höhere Verwaltungsstellen, Offiziersposten und Positionen bei Hof. Derartige Zurücksetzungen der Einheimischen widersprechen dem egalitären Denken der modernen Zeit. Und zumindest teilweise dürften sie auch dem Denken sowohl vornehmer als auch einfacher Ägypter der damaligen Zeit widersprochen haben. Doch „die Verhältnisse“ – die waren nun einmal so. Daß aber die Regierung – im eigenen Interesse und im Interesse der „Betroffenen“! – die Verwaltung durchgreifend organisiert hat27, mag aus zwei Beispielen zu ersehen sein, die aus den Papieren des Dorfsekretärs Menches (ca. 120 ca. 110) bekannt geworden sind: Zweimal im Jahr hatten sich die Dorfsekretäre des Arsinoïtes beim Königlichen Sekretär im Gauvorort Ptolemaïs Euergetis zu einer Dienstbesprechung einzufinden. Und einmal im Jahr hatten gar alle Dorfsekretäre des Landes nach Alexandreia hinabzufahren, um zusammen mit dem dioiketés die anstehenden dienstlichen Probleme zu beraten und die Weisungen des Chefs der Verwaltung entgegenzunehmen. Das Räderwerk der Administration lief gut – jedenfalls in normalen Zeiten28.

___________________________

27 A. Bouché-Leclercq, Histoire III, 395, gibt immerhin zu: „En tout cas, le vice était dans les hommes plutôt que dans les institutions“. 28 Zum angeblichen Einfluß der ptolemaiischen Verwaltung auf ein indisches Werk über die Staatskunst vgl. F. M. Heichelheim, in: Actes du Ve Congrès international de Papyrologie, 135f.

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Postscriptum: In P. Köln XII (2010) sind manche Papyri ediert und kommentiert worden, die die Thematik dieser Arbeit berühren. Bedauerlicherweise konnten diese Editionen und Kommentare nicht mehr berücksichtigt werden. Dies betrifft auch die Arbeiten, die W. G. Claytor in ZPE 176 (2011) und D. Martinez in ZPE 177 (2011) veröffentlicht haben.

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Register

REGISTER Register

Abdera 171232 Achaia, Achaier 155 Achaios 160 áchyron 207 adelphós 119640 adéspoton 39 Ägäis 173-176 Ägypten, Ägypter passim Aëtos 158 Agathokles 244 Agema toparchía 105f. Agio 231274. 236. 260 Agis 141 agoranomeíon 87 agoranómos 85-88 agorastés 45f. agorastós 27991 Aiakideús 1822 Ainos 172. 173244 Aiolis 170f. akatharsía 196 Ake/Ptolemaïs 146 akrodrýon 237 akrophýlax 14646 Alexandreia 17-24. 29. 69. 120. 192. 234. 255. 256-258. 291169. 296. 299. 300. 300242. 243. 305 allóphylos 247. 291f. Amasis 33 Ammanitis 146 Ammonieús 1822 Amnestie-Erlaß 78. 244. 258 ampeliká 205. 210 Amphikles 169215 Amun 237. 240. 242. 27248 Amyntas 163 Amyzon 169 anachóresis 108567. 244

anaphorá 252 anastamáton 196 Andanieús 2667 Andronikos 152f.93 Andropolites 93449 anippía 196 Ankyronpolis 18127 Antaiopolites 92444. 445 Antigonos (Monophthalmos) 162 antigrapheús 16. 47-49. 67. 72. 85405. 121. 123671. 124f. 125f. 253 Antinoe 166 Antiochos III. 162 Antiochos IV. 150f. Antiochos, Funktionär 170 Antiochos, Funktionär 180 Antiochos, strategós 158 antistrátegos tes nésu 154. 157 Anubieion (Saqqara) 127693. 135 aoΐlion 19341 aparché I 192 aparché II 211 apegménon 26725 aphesophýlax 116625 Aphrodisios 173 Aphrodites Polis 292 Aphroditopolites 60261. 71329. 92. 93. 94457. 284131. 293 apographé 248f. Apollodoros 174 Apollodotos, epistátes 174 Apollodotos, oikonómos 168211 Apollon 295 Apollonios, dioiketés 180. 245. 277 Apollonios, Kommandant 174f. Apollonios, oikonómos 168211 Apollonopolis 101. 105. 180. 18335. 224. 27357

Register Apollonopolites 92. 101. 181f.27. 19873. 27036. 27251. 27991. 283123. 124 . 285137 Apollophanes 296 apómoira 108567. 166199. 208f.136. 235. 237. 238f. 241 Arabárches 131 Araber 246f. Arabia, Gau 94. 95 (?). 109 Arabia, toparchía des Apollonopolites 101 Arabia, toparchía (?) des Pathyrites 102f. Arabische Wüste 103 Arabophylakítes 131 Arados 145 Araps 131. 131f.730. 132732. 134 Araxa 162157 Archagathos 142 archedéatros 29. 3091 archeíon 87420 archidikastés 2029. 45 archiereús 136. 152. 15394. 154 archigéron 2029 archiphylakítes 49f. 64f.288. 75355. 76. 108. 127693. 127. 127696. 127f. 128702. 128-132. 132733. 134. 135 archiprýtanis 26 archisitológos 125 archisomatophýlax 44. 108568 architékton 90438 archithyrorós 29. 3090 árchon 14974. 156117. 291-293. 296. 297f. 300 archónes 251 archyperétes 14646 Ariadneús 1822 Aristippos 174f. Aristobulos 167 Aristolaos, Inhaber einer doreá 244349 Aristolaos, strategós Kariens 168207. 208

Aristoteles

163165. 165. 166195

369 Arrhenides 295 Arsinoe II. 106. 140. 15293. 164182. 208f.136. 238 Arsinoe IV. 26828 Arsinoë (im Arsinoïtes) 26929 Arsinoë (am Heroonpolitischen Golf) 2779 Arsinoë (in Kilikien) 158. 159137. 138. 139 . 160144 Arsinoë „in Koile-Syrien“ 150 Arsinoë (in Pamphylien?) 160144 Arsinoë „in Syrien“ 150 Arsinoeús 2667 Arsinoïtes (I) 1922. 2029. 53. 53221. 223. 53f.225. 55. 57240. 245. 247. 58f. 62f. 66308. 67314. 69316. 70324. 80376. 82388. 84403. 86f. 88427. 90438. 94. 94457. 96f.473. 106-108. 110582. 114. 115621. 120. 124679. 125. 126693. 128f. 129713. 134. 1793. 180. 180. 220. 224230. 235. 252404. 257. 260f. 265. 27252. 27889. 279. 27993. 280102. 283120. 300 Arsinoïtes (II) 109 artábe 119. 206123. 206f. 207. 208. 242. 255. 26617 artabieía 19975. 206f. 228f. árura 119. 135. 197. 197f. 208. 210. 2602. 26617. 270. 27144. 277. 279f. 286 Arykanda 162157 Asklepiades 290 Asklepiodotos 167 Aspendos 158125. 159137. 160146 Asphynis 102f. astós 2137 atéleia 169 Athen 1923. 21. 32. 249 Athena 295f. Athénaion 1822 áthikta 19659 Athribis 127699. 134745 Athribites 53222. 74345. 93

370

Register

Attika 256 Auktion 250f. 265f. 285135. 136 autokrátor 153 autonomía 173 Bakchias 123671. 123f.674 Bakchon 174 basileía 14212 basilikón 36f. 62274. 75f. 168. 169. 199. 207127. 27360 basilikós georgós 111589. 117. 119. 18815. 194. 203. 230. 26515. 266f. 283125 basilikós grammateús 3196. 47-50. 50. 51214. 65. 67313. 315. 68-73. 78. 81. 82386. 389. 84f. 105532. 118640. 120. 124. 125. 138768. 251395 Berenike II. 143. 19236 Berenike, alexandreiische phylé 1821. 22 Berenike (in der Kyrenaia) 297f. Berenikeús 2667 Besitz 284-286 Bir Ilyan 55235 Birta 146 Boethos, epistrátegos 27 Boethos, hegemón 155111 Boiotien, Boioter 289f. Bubastites 94 Bubastos (im Arsinoïtes) 124679 Bubastos (im Delta) 93448. 94 bulé 16. 2351. 26. 2772 buleutés 16 buleutés hiereús 137 Busiris (im Arsinoïtes) 128706 Busiris (im Herakleopolites) 105f.540 Busirites 93 Buto 24 bybliaphóros bzw. bybliophóros 181f.27. 182 býrses bzw. byrsón 196 chalkiaía

215

Charadra 159 Charmades 170226 Chef der Palastverwaltung 29 cheirismós 137763 cheiristés 90438 cheironáxion 227 chersánippos 133736 cherséphippos 133736. 280100 Chersonesos 171-173 chilíarchos 296 chiliosté 233 Chios 256f. chomatikón 193. 197. 205. 246 Chons 244350 chóra 24. 24f.59. 2560. 61. 28. 29-139. 163. 166191. 286140 chóra basiliké 143. 143f.25 chrémata 173241 chrematismós 69319. 78371 chrematistés 45. 48. 58. 99492 Chremonideiischer Krieg 177 chrysoïké 227 Dachle-Oase 104522 Damaskos 145f. Dareios I. 32. 90438 dekanikós 18231 dekanós ton phylakitón 108. 128f.707 dekatarchía 111589 dekátarchos 111589 dekáte 239. 241 dékaton etésion 235 Delos 176 Delta 91439. 286 Delta, Gau 93450. 94 Demetrios Poliorketes 173 Demetrios der Schöne 143 Demetrios von Phaleron 32 Demophanes 142f. démos 166. 18f. 26 demósion 86417 dermaterá 216. 217 desmotérion 134744

Register diacheiristikón 235295 diáchoma 197 diágramma 57. 84404. 141. 184f. 234 diagraphé tu spóru 267 diakosiasté 25819 diámetron 208 diáphoron métru 208130 diapýlion 164. 258 diartabía 206123. 124 didrachmía tu Súchu 241 dikastérion 20. 26. 2772. 58 dikastés 149f. 156f.119 díke, Dike 302. 304 Diodotos 168211 Diogenes 158f. dioíkesis 32. 207127 dioiketés 2670. 30-37. 40. 41. 41157. 42. 44. 45188. 51f. 59. 63f. 74. 75. 77. 78373. 98483. 108. 112. 116f. 118. 118640. 120. 130. 14866. 148f. 152. 157. 164. 165. 168. 172236. 175. 180. 213. 253410. 301f. 305 Dionysía 1821 Dionysios 180. 180 Dionysos 16 diórthoma 185 Diospolis magna 87 Diospolites 92 Djoser 46 dodekachalkía 228f. dodekadrachmía 217 Dodekáschoinos 100f.500 dógma 176 dokimastés 90438 dokimastikón 231 Doloaspis 51f. doreá 114. 115623. 165f. 208. 209. 236301. 244 doríktetos chóra 263 Dorion 294f. drachmés 187. 197 édaphos

39

371 Eid 122. 133. 267. 303f. Eigentum 284-286 eikónon eisphorá 229 eikosipentáruros 27993 eikosté 212158 eikosté eréon 219 Eileithyiaspolites 60261. 92. 102 Eirenaios 175266. 178 eisagogeús 111594 eisangeleús 29 eis grástin bzw. eis krástin 197 eis parusían 229 eisphorá 197f. eis to Ammoneíon 237 eis to télos tu menós x 236 Ekdemos 142f. ekklesía 23. 26 eklogistés 36f. ekphórion 39. 119649. 18815. 199. 206123. 124. 207. 265. 265f.17. 27360. ek ton aphrodisíon 239 elaíu 208 elaíu tu eis to gymnásion 198 Elefant 180 Elephantine 56239. 100f. 254. 254420 Eleútheros 145 Elle 210 embadikón 19872 embadón 198 émblethron 231 empórion 15-17 en epistásei kai en apologismó(i) 26825 éngyos bzw. engyetés 251 enkýklion 212. 215. 241 en Mémphei télos 232275 ennómion 213. 218190 enoíkion 213 enórmion 231. 232275 en synkrísei 26825 entolé 46-51. 54. 56. 65. 73338. 76. 111. 112. 117. 117632. 129. 185 epallagé 231

372 eparcheía 14212. 14753 eparúrion 208. 208f.136 épeiros 27991 épergos 126 Ephesos 170 éphodos 132. 133734. 134. 135. 18126. 182. 192. 19764. 206124. 252. 253410. 280100. 290. 291167 epibáthra 232 epibolé 267 epidékaton 100496. 232 epieíkeia 302 epigamía 16f. epigénema 252 epigraphé 198f. epigraphómena 19977 epikephálion 235 Epikydes 141 epimeletés 48f. 73-76. 82. 130. 251395 epímetron 208130 Epinikos 172 Epinoos 28 epípempton 240 epipentekaidékaton 232 epispudastés 37 epistátes 59. 108. 153f.100. 174260. 175265 epistátes (tes kómes) 48-50. 112. 113f. 118. 120654. 128702. 130 epistátes tes Libýes 142 epistátes ton katá ten chóran 42 epistátes ton phylakitón 48-50. 59. 60f.261. 81. 113604. 126f. 127f. 129. 130. 134747 epistátes (tu hierú) 44f. 60f.261. 135. 137f. 240. 271 epistátes (tu nomú) 49. 55. 59-62. 76. 99f. 100f.500. 102. 102513. 104. 127f. epistatikón hierón logeías 240 epistolé 185 epistolographeíon 40 epistolográphos 3092. 40f.

Register epistrátegos 27. 3092. 43. 58249 epí syntáxeos 282113 epí tes póleos 22f. 155. 169215 epítimon 260f. epí ton katá ten Thebaΐda 77366 epí ton prosódon 49f. 66. 74. 77-83 epí ton prostagmáton 41. 185 epobelía 218. 257 epoíkion 108 epónion 218. 225 eraunetikón 232 eremophýlax 76. 132732.733. 135. 19764. 197. 280100 ergastérion 125. 125. 235 Euantheús 1822 Euergetis 27. 284126 eúploia 257 Eusébeios 1822 exegetés 19f.29 Fajjum s. Arsinoïtes Feuer-Telegraphie 183 Galilaia 14859 gamikón syngraphón 230 Gau von Elephantine 84403. 92. 100f. Gau von Thebai 92. 102 ge adéspotos 285136 ge anhieroméne 27036. 272f. ge aphorológetos 26825 ge basiliké 75f. 117. 203104. 248376. 265-270. 274. 283125. 285137 ge basilísses 268f. ge en aphései 121663. 274f. ge en areté(i) 26514 ge en doreá(i) 274. 276f. ge en syntáxei 27463. 27886 ge hierá 44. 119649. 206f. 238f. 26721. 270-275. 285137 ge idióktetos 206124. 209. 274. 282f. 283-286 ge kleruchiké 119649. 206f. 207126. 209. 228. 274. 278-283. 284

Register genematophýlax 53223. 81. 121f. 122f. geométres 90438 georgós 144 ge parakechoreméne 27357 gerusía 19f. gnaphéon 217 grammateúon bulés 19 grammateús 16. 1928. 2670. 68316. 100500. 137763. 14646. 154. 155106. 175266. 178287. 18227. 296 grammateús ton georgón 112 grammatikón 197. 231 grammatodidáskalos 88427 grapheíon, Büro 87. 88427 grapheíon, Gebühr 231 Griechenland, Griechen passim Große Oase 103 „Großer des Landes“ 155108. 156 „Große Revolte“ 2564. 43. 100f. gymnásion 170220. 300243 gynaikonómos 1923 Gynaikopolites 93449 Hadra 45f. Hadra-am-Meer 45f. Hagesarchos 168207 Halikarnassos 168. 169. 169217. 170220. 20084 haliké 187f. 189-192. 193. 193. 195. 219. 245. 246. 248. 249380. 252404. 254 haliké hierón 237 haloetón 124678 halonophylakón 131730 hálos 121f. 124 Hathor 43f. hebdomekontáruros 27993 hegemón 47. 14646. 155. 159 hekatontáruros 181. 27993 hekatosté, Steuer 212 hekatosté, Zoll 25716. 25819 hekatosté kerykikón 233

373 hekatosté ton katá Philadélpheian tópon 217 Heliopolites 93 Hellenomemphítai 299f.238 Hellespontos 171. 171f. hemiartábion 206123. 206f. hemíseuma 209 hémisy ógdoon 199 Heptanomia 98 Hera 296 Heraΐs 167 Herakleia am Latmos 167200. 169 Herakleopolis 128706. 180. 291-294. 295. 300 Herakleopolites 3195. 46194. 55. 56238. 68f.316. 80376. 82388. 92446. 93. 94457. 105f. 107557. 133737. 180. 257. 260f. 26932. 27996. 283120. 284131. 292f. Herakles 206123 Hermeias 25 Hermias 174 Hermonthis 43f. 87. 98483. 100499. 102514. 102f. 103 Hermonthites 103. 103521 Hermupolis magna 94. 98f. 98483 Hermupolites 71327. 92. 94457. 99492. 104. 180. Herodes 3027 Heroonpolis 109 Heroonpolites 109 Hestia Prytanis 16 hexekosté 213 hexekosté Súcho(i) 241 Hibis 103f.522 hieraí Alexándreiai 2617 hieraí drachmaí 260f. Hierakonpolis 102. 102512 hierás 209 hierás Ámmonos 240 hierás krithés 240 hierón phóros 240 hierothýsion 21 hierothýtes 20f. 2670

374 hierú bzw. hierás 19975 hierú pyrú 240 hippárches bzw. hípparchos 47. 155 hippiatrikón 200 Hippomedon 171f. híppu trophés 201 horográphos 18126. 182 Horus 27248. 27357. 285137 hyiké 214 hyparcheía 147f. 149. 156 hýparchos 147f. 156 hyperétes 2984. 252. 253410 hypér geometrías 207 hypérmachos 153 hyphantikón 226 hypodioiketés 30-37. 43f. 75355. 77. 14866 hypographé 69319 hypólogos 245352 hypólogos ge 119. 26514. 26825 hypómnema 31. 3194. 41. 63f. 76 hypomnematographeíon 40. 64 hypomnematográphos 2029. 3092. 40f. 15397 hypóstasis 265f. hypostrátegos 56-59 hypozýgia 244 Iason 168207 Iasos 164179. 181. 167 iatrikón 169217. 200 Idalion 15293 ídios lógos 38-40. 50209. 207127. 260. 299 Idumaia, Idumaier 14753. 148. 294f. Iliades 296 Ionien, Ioner 155. 170f. Iope 14968 Itanos 175. 177. 178 Iudaia 293 Jerusalem 14754. 293 Juda-Prägung 14754. 148

Register Juden 127699. 144. 246f. 291-294. 295. 297f. 300 Kadasa 14859 Kalamos 145 Kalender 1924 Kallias 169214 Kallimedes 173 Kalynda 168212 kamelítes 182 Kanobeús bzw. Kanopeús 2881 Kanobos bzw. Kanopos 28. 258 kapelikón 220 Kaphisodoros 289 Karien, Karer 167-170 Karnak 88427. 102f. Karthaia 176276. 176f.278 katagógion 192 katalochismós 135753 katalogeíon 45. 281106 katá merída archiphylakítes 48 katastatikón 233 kátharsis 201 kathékonta 258 kathekóta 163174 katóchimos kléros 281f.113 katoikía 2881. 146f. kátoikos 273. 279f. 281 kátoikos hippeús 203107. 27996. 283120. 290 Kaunos 168207. 288f. kechorisméne prósodos 81380. 267f.25. 26929 keloneíon 233 kephálaion 26516 Kerke 257 Kerkeosiris 124679. 197f. 265. 270. 27036. 281108. 283124. 290 kerýkeion 233 Kildara 167200 Kilikien, Kiliker 151. 157-160. 295f. Kition 155108. 111 Kleine Oase 132732

Register Kleinias 175268 Kleomenes 25. 52. 53222 Kleopatra II. 26828. 294190 Kleopatra III. 141. 268f. Kleopatra V. 144 Kleopatra VII. Tryphaina 26828 Kleopatra VIII. Philopator 145. 150. 158 Kleopatra, heute Buhen 27 kléros 39. 135. 203107. 206124. 239. 27889. 279-283. 284. 290. 305 klerúchos 114. 121f. 134747. 146. 181. 187. 194. 196-205. 239. 244. 273. 278-283. 284 König passim Koíle Syría 144. 255427. 277 koinodíkion 58 koinón 143. 153f.100. 155 koinonía 251 koinoniká 201 koinón ton nesiotón 173-176 Koïtes toparchía 46194. 105f. 109 kóllybos trapézes 221 Kolophon-am-Meer 170 komárches 1611. 47f. 51214. 76. 112. 115621. 116f. 120f. 121661. 122f. 148. 149 Koma toparchía 106 kóme 1922. 46193. 55234. 63f. 86f. 108. 110-126. 129f. 166191. 229. 252. 276. 292 komogrammateús 68316. 76. 81. 115621. 116625. 117. 118-121. 122f. 247. 305 komomisthotés 122f. 14970 „Kopf-Steuer“ 187f. Koptites 46194. 92. 100496. 103 Korakesion 160148 Koresia/Arsinoë 174. 175265. 268 Kos 175265. 296f. koskineutikón 201 Krateraieús 1822 kreopolón 221

375 Kreta, Kreter 155. 175. 177f. 290f. Krokodilopolis 87. 102514. 102f. 106f. 116626. 192. 295 Krokodilopolites 106f. Krokos 153 ktámion 213161 ktémata 209142 ktenotróphos 50f. ktístes 25. 2879 Kultgenossenschaft 135 Kurion 15293 Kussites toparchía 104 Kynopolites 92. 94457. 104f. 111593. 137f.766 Kyrenaia, Kyrenaier 140-144. 2568 Kyrene, Kyrenaier 140-144 Kysis 103f.522 Ladamos 174 laographía 19020 laoí 230 laokrítes 58 Lapethos 155108. 156 Latopolis 102 Latopolites 92. 96469. 100500. 102 laúra 116626. 252404 Lebadeia 290 leiturgía 122. 1865. 297 leiturgikón 193 Leonides 157f. 160146 Leontopolis 300240 Leontopolites 93 Lesbos 173 lesónis 136 Letopolites 93 Leukopurgites toparchía 104 Libyárches 132. 143 Libye, Gau 61261. 93. 95 (?). 96469 Libyen 61261. 143f.25 Libys 132732 Libysche Wüste 132 Limne 46194. 93. 94. 95460. 98. 106108. 1793

376 Limyra 162. 163. 164. 165. 3012 linyphantiké 221 lochilismós (?) 201f. Lochos 15397 logeía chenón 204 logeía Syenitón 19340 logeía ton chlorón 211 logeutérion 230 logeutés 90438. 192. 249383. 252404. 252. 253409. 410. 254 logistérion 37128 Lucius 177 Luxor 102f. Lykiarches (?) 163 Lykien, Lykier 62274. 155. 161-166. 256. 299 Lykonpolis 98f. Lykonpolites 46194. 91443. 92. 104 Lykonpolites und Hypsele 96473 Lysimacheia 171232 Lysimácheios 1822 Lysimachos 33108. 162160 machairophóros 133735. 296 máchimos 50f. 63f. 175266. 178287. 279f. Magas 140. 142f. mageiriké 221 Makedonien, Makedone 21f. 54230. 56. 85. 113. 123. 127 Mann von Elephantine 247 Mann von Philai 247 Mann von Syene 247365 Margos 168207 Marisa 148 Marmarike, Marmariden 142 Maroneia 172 Maße und Gewichte 81 mastigophóros 135f. Medamud 102f. Medinet Habu 88427 Megisteús 2667 Memnoneia 87. 88427. 102f.

Register Memphis 22. 23f. 29. 60f.261. 88427. 92446. 93. 94. 94457. 95. 98. 98483. 99. 108. 129714. 258. 277. 294f. Memphites 82388. 93. 94457. 95. 108. 180. 280102. 284131 Menches 119. 120. 30424. 305 Mendes 245352 Mendesios 93. 109. 245352 Menelaïs/Nitriotes 93 Menelaïtes 91442 Menelaos 151f. meridárches 53223. 55. 107. 136760. 14755 merís 53223. 55. 60261. 61261. 62f. 66308. 67314. 69316. 70324. 71327. 80376. 84403. 86f. 88427. 90438. 107. 114608. 124679. 125. 126693. 128705. 128f. 129713. 130. 134. 1807. 247. 252. 253415. 290 Methana/Arsinoë 174. 175. 178 métochos 251 métoikos 21. 144 Metrodoros 251392 metrópolis 28. 116626. 229. 281. 293186 mikrá Límne 134 Miletos 17. 171 mistophóros 1416 misthós 134f. 253410 Mochites toparchía 104 Momemphites 93449 monográphos 87. 88427. 112595 Monopol 63. 75f. 111f. 120. 164f. 165187 Month 43f. Moschion 169213 móschon dekáte 19555 Moses 95 Motes 168207 Münzprägung 17. 27 Mylasa 167200 myriáruros 53223. 114f. 121 myrobálanos 209

Register 137

144

Nagidos 159 . 160 naúarchos 153. 154. 174 naúbion 193 naúkleros 123671. 222 Naukratis 15-17. 98 naúlon 233 Neapolis (in Kilikien) 159 Neiliás 167 Nektanebis 109 Nektanebos 34117 Nemeseis 206123 Neoptolemos 162f.165 neóteroi 2772 nesiárches 173f. 175 nésos 27991 Nikandros 159 Nikokreon 151f. Nil 274 nitriké 217182. 222f. nomárches 16. 47-49. 50. 51-55. 57. 57f. 65. 69. 74. 82f. 107558. 109. 115. 117 nomarchía 53. 86f. 107f. nomé 223 nomográphos 88427. 111f. nómoi telonikoí 250 nómos 184 nomós 2029. 46-110. 128f. 130. 181f. 199. 203. 229. 252. 257f. 281106 nykterinós strategós 2029. 2347 nyktophýlax 133736 obolós 193f. 246. 257 obolós epilogeuómenos 202 ogdoekontáruros 27993 oikonómos 17. 31. 36f. 38133. 41. 42167. 47-50. 50f. 54. 57f. 62-67. 67. 70. 74. 75. 76357. 77. 81. 82. 108. 112. 115621. 117630. 121661. 124. 130. 138766. 148f. 14968. 71. 152. 156116. 157. 163f. 164f. 165. 168. 168f.212. 172234. 173. 175. 178.

377 180. 248378. 250391. 251392. 251395. 253410. 413. 253 oikuméne 17 oinología 241 Ombites 71327. 80376. 100496. 100500. 101. 103 Ombos 100f. oné 186. 218. 251. 285 Onias 3027 Ophellas 140. 141f. opsónion 134f. 252 Oreier 14212 orphanón 202 Orthosia 14538 othonierá 221210. 223 Oxyrhyncha 110585. 113607. 114608. 251392. 30317 Oxyrhynchites 3196. 53221. 56238. 60261. 92. 94457. 99492. 104. 104f. 105. 137f.766. 181f. 234. 239. 260f. 292. 293 Oxyrhynchos 99492. 132732 Pamphyliárches 160f. 161 Pamphylien 160f. 161. 162160 Panopolis 103f.522 Panopolites 92. 103 Paphos, Paphier 15178. 153. 153100. 157 parachóresis 27146. 283121. 284126 paragógion 171 Paraitonion 27f.79 Pareús 18f.22 Pari 1822 Parion 18f.22 Paros 1922 pastophóros 195 Patara/Arsinoë 162160. 163 Pathyris/Krokodilopolis 43f. 59257. 85406. 87. 88427. 102514. 102f. 118635. 181f.27. 212157. 213161 Pathyrites 46194. 60260. 261. 77366. 80377. 87. 92444. 100500. 102f. 103521

378 Patroklos 177 pechismós peristereónon 210 Pelops 15286 Pelusion 24. 56239. 256. 258 pentartabía 206124 pentáruros 27997 pentekosté 25716 Peran toparchía 106 períoikoi 163 Perithebas 55234. 60261. 79374. 80376. 92444. 102f. 103521 Perser 246f. Petachor 247 Petition 3195. 35120. 43171. 47. 50209. 57f.247. 62271. 72332. 73344. 76. 99495. 114613. 120. 123671. 128705. 130. 131725. 291173. 293. 303 phakepsón 226 Phanias, Poststellenleiter 181 Phanias, strategós 30317 Pharbaitites bzw. Pharbaithites 94 Phebichis, Phebichis toparchía 106. 180. 192 phelochikón 236 Philadelpheia (im Arsinoïtes) 18335. 217. 257. 277 Philadelpheia (in Koile-Syrien) 150 Philadélpheios 1822 Philai 100500. 101500. 503. 254420 Philammon 143 philía 171 Philippos 161 Philokles 160146. 165. 166192. 195 Philometóreios 166 Philometoris 27 Philopatóreios 166 Philotas 177f. Philotera 164182 Philotera bzw. Philoteria 150 Philotera, heute Marsa Gawasis 2779 Phnebieus toparchía 106545 phóretron sítu 235 phorologíai 18815

Register phóros 159. 165187. 167203. 171. 173241. 186. 228. 27360 phóros akanthón 216 phóros ampelónon kai paradeíson 206 phóros basilikón hiereíon hyikón tokádon 200 phóros chenón tokádon 204117 phóros híppon 201 phóros tu balaneíu 192 phrátra 18f. phritob 43f. phrúrarchos 48-50. 101500. 1417. 155. 155108. 163. 169. 174261. 176278. 177f. phrurós 1416 Phrygien, Phryger 162160. 299 Phthemphutes 91442 phylakárches 14646 phylaké 134744 Phylake, Gau 92446 Phylake, Zollstation 98f. 257 phylakítes 50. 76. 81. 115621. 122. 128706. 129707. 130. 131730. 132732. 132-136. 19764. 206124. 248. 279f. phylakitikón 194 phýlax 121659. 132f. phylé 16. 18f. 22. 26 phylé (eines Tempels) 137 Pinara 288f. Pisidien, Pisider 161. 162160 pódoma 202 pólis 15-28. 42. 86. 249. 286140. 294. 297 Polis toparchía (im Herakleopolites) 106 Polis toparchía (im Hermupolites) 104 politárches 291. 293 polítes 288. 291f. 294. 297 políteuma 22. 108568. 287-300 politikoí nómoi 1842 politikón 169

Register Polykrates 152 pompé 228254 porphyriké 164. 165187 porthmís 224 Post 179-183 Potamon 157 potamophýlax 135 práktor 37. 38133. 48. 51. 90438. 138. 253f. prásis 285 presbýteroi 50f. 110f. 117628. 120. 292 Priapos 171231. 172233 Priene 170 Priester (äg.) 64283. 81f. 87. 121. 138. 195. 229. 248 Priester (griech.) 152f.93. 94. 154. 289f. probáton 214 probúleuma 2668 prógramma 185 propoletikón 234 prosangelía 120651. 130 prosángelma 130. 134745 prosdiagraphómena 236 prósodoi 159. 163174. 164. 165187. 18815 Prosopites 93 próstagma 41. 52220. 57. 98. 144. 184f. 245f. 282. 283120 pros tais apostolaís 37132 prostátes 138766. 296 pros te(i) syntáxei 203. 203106. 107 próstimon 39. 260f. pros to(i) charagmó(i) 111 pros to(i) idío(i) lógo(i) 36 proxenía 28 prytaneíon 16 prýtanis 19. 26 „Psammetichos” 95459 Ptolemaiΐs, phylé 2666 Ptolemaios I. 17. 19f. 25-27. 28. 32. 53222. 62. 71. 74345. 126. 140. 141f.

379 145. 147. 148. 150f. 155108. 160. 161. 161. 161. 163. 167. 171. 173. 177281. 249. 263. 27357 Ptolemaios II. 17. 1821. 22f. 2779. 2882. 56. 57. 62f. 70. 72. 74. 94. 107548. 109574. 126f. 127. 140. 144f. 147. 148. 157. 158. 161. 161. 163171. 164182. 166. 168207. 170220. 176271. 177. 184. 191. 225. 228254. 243. 245. 252. 254f. 256. 277 Ptolemaios III. 2882. 54. 57. 63276. 74. 74345. 75352. 112. 143. 14320. 147. 148. 155108. 158. 159. 160. 162163. 168207. 171. 171232. 175f. 176272. 177. 18231. 191. 19129. 243. 247. 261. 301f. Ptolemaios IV. 17. 1821. 74345. 98. 135. 175f. 177. 177. 190. 250f.392. 27140. 279f. Ptolemaios V. 104. 128704. 135. 143. 152. 177. 177f. 19557. 206123. 234. 238311. 239 Ptolemaios VI. 82. 104. 132732. 145. 175. 177. 178. 229. 283125. 291168. 294190 Ptolemaios VII. Euergetes II. 23. 78. 112596. 132732. 143f. 155. 27140. 277. 294190 Ptolemaios VIII. Soter II. 103. 141. 144. 154. 154103. 104. 157. 269 Ptolemaios IX. Alexandros I. 103 Ptolemaios XI. Neos Dionysos 59. 254f. 269. 296 Ptolemaios XII. 56238 Ptolemaios XIII. Philopator II. 56238 Ptolemaios XIV. Philopator Philometor 56238 Ptolemaios/Apion 144 Ptolemaios der „Sohn“ 166. 167200. 170. 171 Ptolemaios, S. d. Agesarchos 153 Ptolemaios Makron 152 Ptolemaios/Sympetesis 140f. 143f.

380 Ptolemaΐs, phylé 1821. 22 Ptolemaïs Euergetis 120. 305 Ptolemaïs Hermeiu 25-27. 43. 27357 Ptolemaïs Kaine 124679 Ptolemaïs Theron 2779 pyrsurós 183 rhabdophorikón 194 rhabdophóros 135f. Rhithymna/Arsinoë 177282 Rhodos, Rhodier 168207. 256. 256 Rotes Meer 103. 131. 256 Saïtes 155. 75351. 93 Salamis (auf Zypern) 151. 15178 Samos 168208. 174. 174259 Samothrake 172 Sarapieíon (Memphis) 43f. 64283 satrapeía 14753 Schedia, Gau 92446. 98488 Schedia, Ort 25820 Sebennytes 93. 108f. 109 Sebennytos 230 Seleukeia Pieria 145. 146 Seleúkeios 18f.22 Seleukos I. 162160 Seleukos II. 171 Seleukos, S. d. Bithys 153 Sethroë 109574 Sethroïtes 93. 95. 109 Sidon 145. 14974 Siegelbewahrer 29 Sile 109574 sitiká ekphória 229 sitikón 119649 sitologikón diágramma 84404 sitológos 41158. 48. 58250. 66. 67. 84f. 121661. 123-125. 240. 254 sitometría 123671. 134 sitometrikón 202 sitónion 230 sítos 173241 sítos agorastós 235

Register sítos hippikós 20190 Siwa 51 Sklave 22. 215. 231. 233. 234 skytéon 225 Soknopaios 249383 Soknopaiu Nesos 136758. 224231. 249383 Soldaten 248 Soloi 159137 Sophron 168207. 170 Sosias 170 Sosigenes 163 sphragismós móschon 195 Staphyleús 1822 staterismós 202. 203 stathmós 159137. 168212. 228254. 284126. 305 stéphanos 166194. 169217. 176. 18814. 202f. 228254. 229. 248376 Steuern 186-255. 273. 274f. 276f. 281. 284129. 305 Stolos 154103 strategós 2670. 27. 3195. 43. 47-50. 52220. 54. 55. 56-59. 66. 67313. 72f. 78f. 81. 83. 84f. 86. 99f. 100f.500. 102512. 103. 103522. 104. 108. 108f. 113. 118640. 127. 130. 132731. 138768. 1404. 141. 143. 143f.25. 147f. 148. 151-154. 157. 157f. 162f. 167f. 169. 170. 171f. 172234. 173242. 244. 176. 176f.278. 177. 18016. 30317 strategós tes Thebaΐdos 27. 99f. 15397 Suchos 241 Sunieús 1922 Sunion 1922 Syene 84403. 100499. 500. 100f. 125683. 254420. 256 sýmbolon 234. 251395 symbolophýlax 89. 252. 253410 symmachía 14539. 171 Synagoge 127699 synallagmatográphos 87. 88427

Register synállaxis 265f. sýnedros 176 synegorikón 100496. 232. 234 syngenés 154 syngraphophýlax 16. 89 sýnodos 176. 289. 300. 300243 sýntaxis 64283. 137763. 167203. 186. 241 sýntaxis tes basilísses 26934 Syrien und Phoinikien 144-150. 156. 162160 1. Syrischer Krieg 158 2. Syrischer Krieg 14640. 158. 160. 191 3. Syrischer Krieg 145. 14536. 158. 160. 171. 171f. 173 5. Syrischer Krieg 145 Syron Kome 115. 228 ta epí te(i) hálo(i) anelómata 205 Talaë 252401 talantismós 203 Tali 76 Tanis 79374 Tanites 56238. 94. 109 tapidyphantiká 225 Taposiris magna 258 Taucheira 141 Tebtynis 136758. 241. 271f.47. 280102 Techtho toparchía 106 Teei 292 Tekmi toparchía 106 telestikón 195 téle ton ktematíon 209 Telmessos 163. 165190. 166. 227248 telónes 67. 108567. 192. 224. 227246. 234. 235. 238f. 249-254 telónion 134744. 25820 télos 186. 212156 télos ananeóseos 230 télos baphéon 217 télos chartón 227 télos dóseos 211

381 télos epetón 220 télos epikatabolés 232 télos eréon 219 télos ergasteríu 235 télos hypothékes 234 télos kasopoión kai gnaphallológon 221 télos ktenón 214 télos móschon thyoménon 19555. 241 télos oínu 205. 210 télos onés 212156 télos peteinón 214 télos strutheíu 225 télos tu pharmáku kai tes kedrías 226 télos tu sesámu kai tu krotónos 208133 télos zeugón 214 Tempel (äg.) 44. 58. 128f. 136-139. 203104. 219199. 221. 224. 224231. 225. 229. 237-243. 270-275 Tentyris 27250 Tentyrites 92. 100500. 103 Termessos 161. 288f. tessarakosté ton eréon 219 tetárte 209. 218. 228 tetárte haliéon 216 tetárte mýru 222 tetárte naúlon 222 tetárte pantopolón 223 tetárte sitopoión 225 tetárte sítu 225234 tetárte taricherón 226 tetárte ton melissurgón 222 tetartoneikosté tetrapódon 214 tetrakaieikosté (eréon) 219 tetrakaieikosté, nicht näher bekannte Steuer 210 tetrakaieikosté, Zoll 257 thallós 243 Thasos 256f. Theangela 256 Thebai 69316. 88427. 19975. 203108. 215. 233. 235. 237. 240. 242. 275

382 Thebaïs 2564. 27. 35119. 46194. 53221. 54. 60f. 68316. 69319. 72331. 75350. 77366. 80. 82388. 84403. 85406. 91f. 92446. 95. 98. 99f. 100499. 101500. 104. 112. 137763. 138. 180. 199. 260f. 286 Thebárches 49. 77366. 80. 81377. 378 théma 233 Theodoros, hegemón 159 Theodoros, strategós 153 Theodotos 147 Theoxéneios 1822 Thera 174. 175. 176. 178 thesaurophylakitikón 19449 thesaurophýlax 121 thesaurós 103518. 121f. 123. 123f.674. 125682. 19975. 233 thesmophýlax 2670 Thespiai 28 Thestieús 1822 thiasos 289. 300 Thibron 141 Thinis 2774 Thinites 2562. 2774. 92 Thmuis 109 Thoantheús 1822 Thrakien, Thraker 155. 171. 171173. 247 Thraseas 158 Thrasy[– – –] 174 Thrasykles 175267 Tilothis toparchía 106 timé engaíon ton epikatabebleménon 211 timé phoinikónon 210 timé pyrú 195 timé sesámu 225 timé spyrídon 234 timúchos 16 Tlepolemos 163165 topárches 47-49. 51214. 215. 52220. 53221. 53f.225. 54. 55. 65294. 109. 116625. 117. 121661. 156

Register toparcheía bzw. toparchía 46194. 53. 55. 63f. 86f. 103. 104522. 104. 104f. 105f. 107f. 109. 112. 125. 128f. 130. 156 topogrammateús 48-50. 68-73. 116625. 121 tópos, tópoi 46193. 55234. 103 trápeza 92444. 203108. 221. 224. 231. 231. 235. 252 trapezítes 41158. 48. 50f. 58250. 66. 67. 84f. 89. 123. 124. 236. 254 triakontáruros 27992. 93 Triakontáschoinos 27. 100f.500 trichalkía 230 trichoínikon 204 trichoínikon iliakón/Iliakón 204 trierárchema 204 Trikomia 18335 Tripolis 145 tríte 209 tríte balaneíon 216 tríte peristereónon 224 tríte ploíon 224 Troas 171 trophé 20189. 242 Tubias 146 Tyros 145 Verwaltung, attalidische 155108 Verwaltung, seleukidische 3092. 33108. 62271. 77364. 85406. 14755. 154100. 156115. 158130. 159135. 2631. 278 Xanthos 162. 162163. 163. 297216 xénia 229 xenikón agoranomeíon 88 xenikón dikastérion 89430 xénos, xenikós 21f. 2350. 88. 89430. 278f. Xoïs 108f. 289f. Xoïtes 91442. 108f. Xystis 169

Register Zenodoros 296. 301f. Zenon 250389. 30315 Zeus 295f. 296. 290. 299 Zölle 255426. 256-259 zo(i)graphiké kai chrysochoïké Zoïlos 180 Zypern 150-157 158f. zyterá 220. 252401

220

3ḥ.w n lmn 240327 3ḥ nj njswt 26513 3ḥ n pr-c3 285137 3ḥ ntj sh w3j 275 3ggryn 212157 J3bt 109576 imy-r3 / mr sš(w) d3d3t 37127 jmj-r3 ḫtmt 40151 yp.t Ḥr 242 c 3 n 10 000 114615 c 3 n pr 136760 c yš n pr-c3 251394 c (wj)w 108559 c .wy sh 87420 c r.t 227246 c rṱ 19340 c q rmt iw-f šms 195 wcb.w nt mnq mt 137764 wcb.w nd jḫ.wt 137763 wt 236301 wd bzw. wdt 1857 p3-hrw 2565 Pr-Spdw 109576 fy-tbc 2987 M3ct 304 mn gmwr bzw. gmwl 18230 mr 3ḥ 137763 mr 3ḥt 44180 mr mšc bzw. mr mšc wr 56238. 57240. 99493. 128706. 136760 mr(w) ḥmw-ntr m gsw-prw 136760 mr ḫtm 33107

383 mr šn 136 mr šnwt 84401 mr k3.t 90438 mr gś-pr nj pr-c3 137766 mḥ md … 242 mkmk 41159 Mty 129714 mt.t pr-c3 206123 Mdj ms n Kmj 247364 Md3j 132730 ncrt pḥt 93448 nby 19341. 205118 nḥb 190f. 214 nḥṱ 190f. ntj šn 61267 r3 n pr-c3 123 rpct 109 rmt ntj šn 60260. 137766 rmt ntj šn r p3 tš Pr-Ḥ.t-Ḥr rs 128706. 132733 rs p3 tw 132733 rs dmy 132733 rd (n) pr-c3 138766 ltm 242 h3prwry3n 208135 ḥ3t 116624 ḥ3tj-c 57246. 109 ḥ3tj-pct 136760 ḥry idb 44 ḥry wdb 44180 ḥry p3y tš 61267 ḥry pr 2988 ḥry m3c 53223 ḥry Nwt 80377 ḥry n mšc n Mdj 129714 ḥq3 ḥwt 136760 ḥt cy 213163 ḥt bjr 234290 ḥtp-ntr Ḥr Bḥtt 285137 ḥt mnḥ 215 ḥtr šmw bzw. ḥtr 19873 ḥd 186 ḥd inšn 219193

102513

384 ḥd c.wy 215 ḥd.w n n3 isw 214168 ḥd b3k 215 ḥd bnr n p3 ntr 210148 ḥd mr ḫ3s.t 243 ḥd ḥm3 18918 ḥd tgy 237306 ḫj 123 ḫtm ntr 2987 swn 186 sp3.t 94458 smj 30316 sntj bzw. sj3 ntt 32-34. 44. 98483 sntks 241336 srtyqws n mc bzw. mc.w nt p qty Swn 100500 sḥn 54. 62. 74346. 83399. 252409 sḥn p3 ct mḥṱ 53223 sḥn p3 dmy nm3y 54226 sḥn m3c 54 sḥn rs3 128706 sḥn tš 53223 sḥn dnj.t 53223 sh pr-c3 69. 71. 71f. sh m3 bzw. sh m3c 70 sh mtn 88427. 111 sh n p3 tš n Nw.t 70324 sh n tš Niw.t T3-šd-rsj 72331 sh qnbt 87. 88427. 111. 111594 sh dmj 118 sš njswt 69. 138768 sš sḥn 252409 šm 26516 štq pr-c3 134744 Šdt 106f. qcḥ bzw. qḥ 46-110. 103f.522 qnbt 110f. qt 2½ n p3 tny n p3 cwy 215 qtm 213161 gl-šr 132733 t3 3lbjn 131727 t3 m3y 27991 t3 Stj 100

Register t3š bzw. tš 46-110. 103f.522. 107 t3-šd-rs 100499 t3š n Nb.t 101503 t3 q3y 27991 tb-m-mšc 129f.714 tbḥ 30316 tpy hrt njswt 27673 tnjt 107551 tny inšn 219193 tny wc sh db3-ḥd 212157 tny p3 1/6 tgy 237306 (tny n) jrp 210144 tny n ḥnḳ.t 220202 tny n st-mn.ty 210145 tny ḥbs 221210 tny Monat x 236304 trns bzw. tlns 249384 tḥ 207128 tš nj Jrmmr (?) 162158 tš (n) Pr-Ḥw·t-Ḥr 102513 tš n Nwt 99493 t3t 33f. ts rmt iw.f sḫ 135f. tw rs3 bzw. ts rsj 127696. 128706 Tkw 187f. dmy 108 dnj 186 dnj nj cq 228. 245352 dni ḥm3 18918

Zum Buch Die Verwaltung Ägyptens in ptolemaiischer Zeit ist insbesondere aufgrund von zahlreichen Papyrusfunden relativ gut bezeugt. Dennoch bleiben viele Fragen – nicht zuletzt im Hinblick auf die Verwaltung der Provinzen und der Einflussgebiete. Trotz der angedeuteten Schwierigkeiten wird hier zum ersten Mal der Versuch unternommen, ein Gesamtbild der Verwaltung des ptolemaiischen Reichs zu erstellen. Die Arbeit gliedert sich in zwei große Teile: Im ersten Teil werden die Verwaltungskompetenzen der Funktionäre untersucht, im zweiten Teil werden die Verwaltungsmaßnahmen der Regierung vorgestellt. In einem abschließenden Teil werden Gedanken zur Idealität und zur Realität der ptolemaiischen Verwaltung zur Diskussion gestellt.

Über den Autor Werner Huß wurde im Jahr 1967 von der Katholisch-Theologischen Fakultät der LudwigMaximilians-Universität München promoviert und im Jahr 1975 vom Fachbereich Geschichtsund Kunstwissenschaften derselben Universität habilitiert. In den Jahren 1978-2001 war er Inhaber des Lehrstuhls für Alte Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.