Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [24]

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Mitteilungen des

Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Herausgegeben im Auftrag des Vereins von

Dr. Ernst Mummenhoff, Archivdirektor a. D.

Vierundzwanzigstes Heft.

—SSC"-

NÜRNBERG VERLAG

VON

J. L. SCHRÄG

(In Kommission) 1922.

Inhalt. Seite

Metzgergewerbe und Fleischversorgung der Reichsstadt Nürnberg bis zum Ende des 30 jährigen Kriegs. Von Dr. Carl L. Sachs

1

Zur Geschichte Wendelsteins bei Nürnberg. Von Dr. Ernst Wiedemann

261

Conrad Celtis und sein Buch über Nürnberg von Albert Werminghoff. Besprochen von Dr. Friedrich Bock..............................................

297

Metzgergewerbe und Fleischversorgung der Reichsstadt Nürnberg bis zum Ende des 30jährigen Kriegs.

Von

Dr. Carl L. Sachs Dozent für Staatswissenschaft an der Universität Erlangen und der Handelshochschule Nürnberg.

Inhalts-Verzeichnis.

1. Kapitel: Die lokale Konzentration des Gewerbebetriebs............... Seite 1 2. u Die Fleischbeschau............................................................. » 12 n 21 3. i, Die behördliche Organisation des Metzgergewerbes . . . 4. /; Die Schweinezucht in der Stadt — Das Schweinestecher­ gewerbe — Die Wurstherstellung — Die Landmetzger — * 41 Die Polizeistrafen............................................................. 5. „ Die Fleischpreispolitik ...................................................... » 55 „ 71 6. u Die Viehbeschaffungspolitik....................... ...................... 7. n Nürnbergs Stellung zur interlokalen Bekämpfung der Fleischnot......................................................................... * 91 ,, 100 8. n Der Fürkauf......................................................................... „ 105 9. „ Der Viehmarkt...................................................................... „ 123 10. » Die städtische Viehkasse ........................... ................... * 135 11. » Das städtische Unschlittmonopol....................................... 12. // Nürnbergs Viehhandelspolitik gegenüber den Nachbar­ tt 148 territorien ..................................................... ................... 13. „ Nürnbergs Viehhandelspolitik gegenüber Böhmen und „ 163 Ungarn ....... .............................................. „ 177 Anmerkungen zum 1. Kapitel ............................................................. „ 183 » h 2. n ............................................................. » 184 tt tt 3. tt ................................... ... „ 198 tt n 4. tt ................ ... .......................... ... 203 tt tt 5. tt ... .............................................. „ 211 tt tt 6. tt ............................................................. » 217 // tt 7. tt ............................................................. „ 218 tt tt 8. n .............................................................. ,, 221 «f » 9. „ ............................................................. tt 227 tt t, 10. tt ............................................................. „ 233 tt // 11tt .... ........................... ... „ 238 tt tt 12. n ............................................* . • • „ 241 II M 13. tt ...... ..................................

Anhang: Beilage

I: Fleischbeschau-Ordnung von 1540 .............................Seite 245 II: Schuldurkunde des Meusel von Straubing und des Fritz Ogan für Berthold Holzschuher auf den Betrag von 800 Gulden gegen Verpfändung ungarischer Ochsen (1360).............................,............................ „ 247 u IIIA: Ochsenmakler-Ordnung vom6. Juli 1597....................... » 248 „ IIIB: Fragment der Ochsenmarkts-Ordnung vom 6. Juli 1597 „ 249 /, IV: 1. Statut der Viehkasse vom 4. Juni 1535 .................. » 250 „ V: 2. Statut der Viehkasse vom 19. April 1558 .... „ 251 „ VI: Ochsenfleischpreis (1 Pfund) vom 14. bis ins 17. Jahr­ hundert » 252 Verzeichnis der nicht-archivalischenAbkürzungen................................... « 253 Archivalien-Verzeichnis.................................................................................. » 255 Literatur-Verzeichnis...................................................................................... » 257



Berichtigung: S. 5, Zeile 11 von unten muß es statt 1571 heißen: 1570.

i. Kapitel.

Die lokale Konzentration des Gewerbebetriebs. Das Handwerk der Metzger zählt mit zu den ältestenx) Gewerben in den aufstrebenden Städten des Mittelalters. Damit ist zugleich gesagt, daß auch seine Verkaufstände, neben denen für Brot, zu den ältesten derartigen Anstalten gehören, die, wohl überall an einer Stelle konzentriert, unter mannigfachen Namen Vorkommen2). In Nürnberg befanden sie sich von Anfang her an der Südwestecke des Markts, bei der Ende des 16. Jahr­ hunderts aus Stein erbauten und heute noch vorhandenen Fleisch­ brücke, an der Pegnitz 3). Ungefähr in der Mitte des 15. Jahr­ hunderts wurden auf dem sogenannten Säu-, dem jetzigen Trödel­ markt, die „neuen“ Bänke errichtet4) anstatt einer Vermehrung der nunmehrigen „alten“, um der wachsenden Zahl der Meister gerecht zu werden, vornehmlich jedoch, um eine Verkaufstätte zu schaffen für die Landmetzger und den Kl ein vertrieb des im Auftrag von Bürgern geschlachteten Viehs. Die Anzahl der Bänke, über die wir auch in andern Städten, besonders aus Gründungsurkunden, Bankvermehrungsbeschlüssen u. dgl. oft genug unterrichtet werden5), läßt sich in Nürnberg an Hand der Rechnungsbücher des städtischen Zinsmeisteramts feststellen. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gab es darnach 73 alte uud 19 neue Bänke, mit denen 32 für die Dorfmetzger ver­ bunden waren. Man war bis zur Errichtung der neuen auf die seit langem unveränderte6) Zahl der alten Bänke angewiesen. Sicher ergaben sich hieraus, wenn es galt junge Meister unterzubringen, mancherlei Schwierigkeiten, die ohne Reibungen nur behoben werden konnten, sofern z. B. alte Meister, welche das Handwerk aufgeben wollten, ihre Bank leer stehen ließen und diese dann der Rat dem Nach­ wuchs zuzuweisen vermochte 7). Die Gewohnheit, eine Bank 1

2

auch bei — freiwilliger oder erzwungener — Einstellung bezw. Unterbrechung des Handwerkbetriebs festzuhalten, ward im Lauf der Zeit zur Unsitte. 1550 waren so gleichzeitig 23 alte Bänke unbesetzt, ohne daß das Recht an ihnen verloren gegangen wäre; daher konnte auch der Rat über keine einzige von ihnen end­ gültig weiterverfügen, nur ordnete er an, daß zwei von den feiernden Metzgern (sie waren beide im Spital) ihre Bänke an zwei Meister von den neuen Bänken um einen durch die Ge­ schworenen zu taxierenden Zins vermieten sollten8). Dieser Fall zeigt, wie damals auch die Bänke am Säumarkt nicht mehr aus­ reichten. Es dauerte denn auch nicht lange, bis die dortigen Meister Antrag auf Erweiterung stellten. Bewilligt wurde daraufhin als Anbau ein 90 Schuh langer und 6 Schuh breiter Gang, der auf die Pegnitz hinausführte. Die Kosten beliefen sich auf 120 Gulden, der Jahreszins ward auf 3 Pfund a, festgesetzt. Daß sofort 25 einheimische Meister den Gang in Benützung nahmen, zeugte wohl am besten für die Bedürfnisfrage9). Seit ältesten Zeiten bestand der Grundsatz, daß jeder Meister eine Bank innehabe als unabweisliche Voraussetzung der Verkaufs­ befugnis: „Ez sol auch kain flaischacker kain flaisch vaile haben unter den penken, danne er enhabe selber ain pank “ 10). Damit war zugleich Beschränkung auf diese eine Bank ausgesprochen, um dem Aufkommen von Großschlächtern von vornherein ein rein lokales Hemmnis entgegenzusetzen. In-die-Bank-Stehen, d. h. Verwendung der Bank eines Gewerksgenossen zu Verkaufszwecken, war für beide Teile, den beanspruchenden wie den gewährenden, für jeden einzelnen Tag der Verfehlung hoch verpönt11). Im 15. Jahrhundert wurde zwar Mitverwendung einer weiteren halben Bank gestattet12), um Fleischstücke darauf niederzulegen, jedoch nicht zum Aushauen, Abwiegen und Verkaufen. Dies durfte nach wie vor nur auf der eigenen Bank erfolgen. Immerhin bedeutete diese Zusatzbestimmung eine, wenn auch vorsichtige, Konzession an den Großbetrieb. Bald entfielen jedoch solche Kautelen und es durfte jeder Meister von etwa nicht verlosten oder wenigstens nicht bezogenen Bänken mit Einwilligung der Geschworenen eine halbe, sogar auch eine ganze Bank sich mieten13). Auf dieser durfte jetzt also auch zerkleinert, zugewogen und verkauft werden : der Großschlächter hatte die alte Bankgleichheit gesprengt. In

5 Kürze hatten reiche Metzger des öfteren zwei bis drei Bänke inne und versperrten damit den jüngeren Meistern selbständige Existenz. Der Rat versuchte zwar dagegen einzuschreiten14), aber die Wurzel des Übels konnte er nicht mehr treffen. Das war zudem auch nicht der einzige Weg, auf dem mehr und mehr das Groß­ handwerk den kleinhandwerklichen Betrieb, der alteingesessene den neuaufstrebenden Fleischer, kurz: die größere. Kapitalkraft die Mittellosigkeit verdrängte. Hatten, um nur dies noch zu erwähnen, auch arme Meister schließlich den Genuß eigner Bank sich zu sichern gewußt, was blieb ihnen, wenn sie ihr Handwerk auf ihr nicht zu betreiben vermochten, anderes übrig, als sie glücklicheren Genossen gegen Zins weiterzuvergeben15) ? Natürlich war überall je nach Lage, Bequemlichkeit und Beleuchtung die Beliebtheit der einzelnen Bankplätze eine unter­ schiedliche 16). Diese Tatsache war auch in Nürnberg der innere Grund für die jährlich wiederkehrende Verlosung. Schließlich durften ganz minderwertige Plätze von der Verlosung ausgeschieden bezw. völlig eingezogen und ihr Zins im Interesse des Stadt­ fiskus auf die Bänke bester Lage geschlagen werden17). Acht Bänke die hinter den Krämen der Kandelgießer lagen, gewährten übrigens seit unvordenklicher Zeit ihren Inhabern das ausschließliche Recht des Feilhaltens in gewissem Umfang auch am Freitag zum Aus­ gleich ihrer ungünstigen Lage/ ein Recht, das der Rat wegen länger unterbrochener Ausübung und deshalb aufgetauchten Wider­ spruchs gelegentlich bestätigen mußte18). Über das ursprüngliche Eigentumsrecht an den Bänken liegt Dunkel. Möglich, ja wahrscheinlich ist, daß das Eigentum anfangs, wie so häufig, dem Stadtherrn, also dem Burggrafen, zustand19); urkundlicher Beweis ist nicht zu erbringen. Wie anderwärts, z. B. in Straßburg 20), Brotbänke frühzeitig , im Besitz reicher Privater sich befanden, so weist auch die erste Erwähnung21) der Nürnberger Fleischbänke auf Privatbesitz hin, der vielleicht durch Pfandverfall entstanden war. 1236 ergeht nämlich ein Urteil betreffend Fleisch (und Brot-) bänke, die Heinrich und Hermann, die beiden Söhne des Hermann Amberger, dem Deutschen Haus zu Nürnberg geschenkt haben22). Im Jahr 1317 verkaufte der Orden den ihm zustehenden dritten Teil der Fleischbänke „bei der Brücken“ an die Stadt gegen einen bestimmten „ewigen“ Zins23). Nach *1

4 der Meisterliii’schen Chronik zinste ein Teil der Bänke auch an die Juden, eine Tatsache, die spätestens mit Verbrennung der Juden im Jahr 1349 ihr Ende fand24). Sicherlich trat damals der Rat als deren Nachfolger auf. Bis zur Mitte des 15. Jahr­ hunderts waren sämtliche Verkaufsplätze für Fleisch in seiner Hand, wenn auch der Erwerb im einzelnen sich weiter nicht belegen läßt. Nun begann auch die Verlosung der Bänke, das sogenannte Bankziehen, das jährlich an Mitfasten statt fand in Gegenwart des Pfändern, seines Schreibers, der geschworenen Meister, des Bankknechts und einiger anderer Aufsichtspersonen, späterhin auch eines Ratsdelegierten. Der städtische Zinsmeister gewährte aus diesem Anlaß den beteiligten Amtsorganen geringfügige Gratifikationen25) und den Beschluß der Zeremonien bildete regelmäßig eine „Kollation“ der Metzger, zu welcher der Rat die Zutaten: Mandeln, Weinbeeren, Zibeben, Feigen, Bretzen und die benötigte Menge Rot- und Weißweins auf seine Kosten beisteuerte26). Nach Errichtung des Ochsenamts (1532) stellte sich auch bald dessen Vorstand, der Ochsenamtmann, bei dem Verlosüngsakt ein, nachdem der Rat ihm zunächst mit Rücksicht auf diejenigen Metzger, welche Amtsschuldner waren, Anwesenheit untersagt hatte; ünnmehr sollte er dabei die Interessen seines Amts durch Mahnung und Eintreiben von Schulden wahrnehmen27). Zur Verlosung kämen sämtliche Bänke, auch die Plätze dejr Landmetzger, der „Gäste“ aus Sittenbach, Henfenfeld, Ottensoos, Lauf, Leinburg, Feucht, Brand, Geschaid, Kalkreuth, Eschenau, Wöhrd, Kornburg, Offetihausen usf.28). Blieben alte Bänke unverlost, so wurden sie einige Tage darauf der Verlosung der neuen zugeteilt29). Los­ berechtigt war jeder Meister, gleichgültig, ob er das Handwerk betrieb oder nicht; sodann jede Meisterswitwe, ausnahmsweise auch eine Meisterin in Stellvertretung ihres Mannes30); endlich Söhne und Töchter verstorbener Meister ohne Rücksicht auf ihre Mündigkeit, sofern sie nur dem Handwerk treu blieben 31). Heiratete also eine Meisterstochter aus dem Handwerk heraus, so ging sie ihres Bankansprüchs verlustig; heiratete sie nicht, so blieb sie im Genuß ihres Rechts; heiratete sie innerhalb ihres Handwerks, so erlosch natürlich die Selbständigkeit ihres Rechts gegenüber dem ihres Mannes, der ja nur Meisterssohn oder Meister sein konnte 32).

5 Es vererbte sich also, wenigstens grundsätzlich, nicht die Bank als solche, sondern nur das Los. Kinderlosigkeit, Ausheirat, Berufswechsel vernichteten den Anspruch, desgleichen späterhin mit der zunehmenden Verschuldung des Handwerks Flucht aus der Stadt unter Hinterlassung von Schulden33). Nur in solchen Fällen konnte ein junger Meister, der nicht Meisterssohn war, ein eigenes Los erwerben. Sonst konnte er nur von einem der Berechtigten, hauptsächlich einem der kleinen Meister, eine Bank mieten, wobei er natürlich so und so oft die Konkurrenz der Großschlächter um gute Plätze im Weg fand, wenn er sich nicht mit Miete eines ungünstigeren Piatzes gleich von vornherein zufrieden geben wollte. Einmal, i 544, schritt der Rat gegen die als Mißbrauch betrachtete Vererbung der neuen Bänke ein und bestimmte, beim Tode des Inhabers solle die Bank dem Zinsmeister anheimfallen; es wird bei der guten Absicht geblieben sein. Die alten Bänke wurden von ihr an sich nicht berührt84). Verpfändung der Bänke dagegen verstand der Rat eher zu verhindern; erstens sollte durch diesbezügliches Verbot, sofern die Verpfändung gegenüber einem Genossen erfolgte, dessen Interesse und Beteiligung an der Verlosung nicht ausgeschaltet werden durch seine Berufung auf Übernahme der verpfändeten Bank35); zweitens wollte sich der Rat dadurch die Sicherheit seiner Vorschüsse nicht zugunsten privater Gläubiger schmälern36), sondern die Bank des zahlungsunfähigen Schuldners durch den Ochsenamtmann weiter verleihen lassen37). Das „alte“ Fleischhaus, das man sich wohl als hallenartige Überdachung der alten Bänke zu denken hat, wurde angeblich 1419, das „neue“ Fleischhaus auf dem Säumarkt 1444 errichtet38). Im November 1571 mußte, offenbar wegen Baufälligkeit, mit Abtragung des ersteren und zu Lichtmeß des folgenden Jahres mit dessen Neubau begonnen werden. In der Zwischenzeit bauten sich die dortigen Metzger auf eigene Kosten Stände und Kräme in der Nähe des Henkerstegs und auf dem sogenannten Neuen Bau, dem heutigen Maxplatz, wozu die Stadt jedem 3 Stämme Bauholz stellte und für die Zeit der Umsiedelung auf Zinszahlung verzichtete. Der Einbau einer „Stube“ ins neue Haus wurde dem Handwerk abgelehnt; dagegen wurden oben für die Tuchmacher etliche Gemächer eingerichtet, nachdem das alte Tuchhaus am Markt 3 Jahre vorher abgebrochen worden war. Noch im Jahr 1571

6 wurde der Bau vollendet und wieder bezogen: es ist das stattliche, heute noch stehende und benützte Haus an der Fleischbrücke, an dem Ende des Jahrhunderts der steinerne Ochs, noch jetzt ein Wahrzeichen, angebracht wurde. Zwei Jahre später, 1573, erwies sich auch das Fleischhaus auf dem Säumarkt als baufällig und mußte rasch geräumt werden: Die Metzger wurden auf die Schütt oder den Platz beim Hiserlein, wie schon 1395 der Brunnen beim Unschlitthaus hieß39), verwiesen; da ihnen beides nicht zusagte, räumte der Rat, nachdem er seinerseits die Benützung des Mehl­ oder Obstmarkts abgeschlagen hatte, ihnen auf Bitte den Spital­ kirchhof ein mit der Auflage, am Donnerstag während der Predigt sich still zu verhalten. Inzwischen erfolgte ein Einsturz der Mauer und des Verschlags gegen die Pegnitz zu, so daß nichts andres übrig blieb als auch hier von Grund auf neu zu bauen. 1595 richtete Hochwasser Schaden an dem neuen Gebäude an, der 5 Jahre nachher zum abermaligen Neubau zwang40). Von den Fleischhäusern, den Verkaufshallen, sind wohl zu unterscheiden die eigentlichen Schlachthäuser, wenn auch enge Verbindung zwischen ihnen bestand41'). Im 14. Jahrhundert war zunächst nur eine einfache hölzerne, höchstens gedeckte „Schlag­ brücke“ an der Pegnitz vorhanden, von der Blut und Abfälle unmittelbar in den Fluß gelangten42). In der Folge erweiterte man diese Anlage zu einem förmlichen, mit Schindeln gedeckten Schlachthaus, das auf Pfeilern über dem Wasser ruhte und von dem zum Fleischhaus hinüber eine Brücke führte. Instandhaltung oblag dem Handwerk, nur für die Verbindungsbrücke und sonstige Kleinigkeiten hatte der Stadtbaumeister zu sorgen 43); doch gewährte die Stadt allgemein zu Reparaturen Holz gegen mäßiges Entgelt44). Im weiteren Verlauf scheint sie die gesamte Baulast auf sich genommen zu haben; wenigstens wurde 1554 die Behebung einer beträchtlichen Baufälligkeit vom Rat angeordnet45). 1499 beschloß man den Bau eines Schlachthauses auf dem Säumarkt; zur Ausführung kam es jedoch erst 5 Jahre hernach. Sein Platz war an der Pegnitz bei dem Wildbad neben der Stadt­ küche 46). Ein drittes Schlachthaus, vornehmlich für die Bäcker, stand beim Siechhaus. Mit seiner Einrichtung unzufrieden, beantragten sie einen Neubau und schlugen hiefür den Platz beim Henkersteg

7 oder beim Hiserlein vor; das Haus sollte über die Mauer an der Pegnitz vorspringen. Die Baukommission war einverstanden; der Kosten Voranschlag lautete auf 100 Gulden, wovon das Handwerk die Hälfte zu tragen sich erbot. War das Haus auch vor allem für Schweineschlachtungen bestimmt, so wurde doch seine Größe auch der Verwendung für Großviehschlachtungen angepaßt. Die bisherige Schlachtgebühr — vom Ochsen 14, vom Schwein 5 und vom Hammel oder Schaf 1 Pfennig — blieb mit Rücksicht auf die Beisteuer der Bäcker zum Bau ausdrücklich unerhöht47). Wann die Freibänke48) aufkamen, läßt sich urkundlich nicht genau festlegen. Das Vieh der Landmetzger und auswärtigen Viehtreiber, der Bürger und der schweinezüchtenden Handwerker kam vor deren Errichtung zum Verkauf in die neuen Bänke an die ständigen Plätze der Losinhaber, oder es wurden den Fremden, die kein Platzlos besaßen, jeweils leerstehende oder unverloste Bänke dort oder in selteneren Fällen auch im alten Fleischhaus angewiesen. Aber wie ehemals die Bäcker mit ihrem Fleisch­ vertrieb aus Räumlichkeitsgründen und sicherlich auch infolge der Mißgunst der Metzger — ohne daß es jedoch zu nachweisbar handgreiflichen Äußerungen gekommen wäre, wie sie uns z. B. von Wien und Straßburg berichtet werden49) — eigene getrennte Verkaufstellen sich errangen, so wies später die gesamte Lage gebieterisch hin auf Errichtung neuer Verkaufsplätze, und zwar infolge der Zunahme der Bevölkerung und des Zutriebs von Vieh aus der weiteren Stadtumgebung, infolge des Bedürfnisses, auch minderwertiges Fleisch in größerer Menge dem Konsum zuzuführen und infolge der steigenden Notwendigkeit, die einheimischen Metzger in der Preisstellung durch vermehrte Konkurrenz im Zaum zu halten. 157250) werden die Freibänke zum ersten­ mal erwähnt; sie befanden sich beim „Hiserlein“. Ausnahms­ weise durften auch Nürnberger Metzger ihrer sich bedienen, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß sie während dieser Zeit ihre „Ziehbank“ gesperrt hielten; sie mußten also entweder ganz „Freibänker“ sein oder überhaupt nicht51); auch war die Genehmigung des Handwerks dazu erforderlich, sofern der Rat nicht aus beson­ derem Anlaß einen solchermaßen erhobenen Einspruch vernach­ lässigte 52). Gesuche Nürnberger Metzger um ständige Beteiligung an der Freibank durch Anweisung eines erledigten Platzes wurden

8 grundsätzlich abgelehnt53). Verkaufskonzessionen für die Freibank erhielten in erster Linie auswärtige Metzger und Händler bezw. Treiber54), sodann Nürnberger Nichtmetzger. In Betracht kam Groß- und Kleinvieh jeder Art; freibankpflichtig waren geringere Qualitäten, der Regel nach mithin auch Kuhfleisch55), falls es nicht gerade dem Ochsenfleisch an Güte gleichkam56), sowie Vieh, das vom Zutrieb ermattet in Nürnberg anlangte und daher wie krankes behandelt, eventl. notgeschlachtet werden mußte57). Zu­ getriebenes Vieh, das weder bei den Stadtmetzgern noch nach halbtägigem Angebot auf dem Markt58) anderweitige Abnahme hatte finden können, war früher meistens wieder weggetrieben worden, sofern nicht in wenigen Fällen Freischlachtungen erlaubt wurden59); jetzt kam es durchweg zur Freibank. Bald hatten jedoch die Metzger einen Ausweg gefunden, um diese Art der Konkurrenz hintanzuhalten; sie wiesen fremde Angebote von vorn­ herein zurück, aber nur so lange, bis die Erlaubnis zur Freibank­ benützung erteilt war; dann handelten sie das Vieh im letzten Augenblick vor dem Schlachten den Fremden dennoch ab, da diese, nachdem sie dem Rat gegenüber Verpflichtung zum Ver­ kauf um i Pfennig unter Taxe, d. h. meist mehrere Pfennige unter dem wirklichen Kleinverkaufspreis, hatten übernehmen müssen, froh sein durften, schließlich durch Lebendverkauf womöglich doch höheren Nutzen zu erzielen als durch Absatz in der Freibank. Erst nach einiger Zeit schritt der Rat gegen diese neue Praxis, die nur wieder die ärmeren Schichten der Bürgerschaft belastete, ein und forderte zugleich mit Erteilung der Lizenz die eides­ stattliche Versicherung, sie ungeschmälert zur Ausführung bringen zu wollen60). Gelegentlich trat auch die Stadt selbst in Wett­ bewerb mit den Metzgern, indem sie Großvieh, das weder auf dem Markt noch hernach bei der Bürgerschaft abzusetzen war, auf eigene Rechnung übernahm und in der Freibank ausschlachten ließ 61). Die Beschau des für die Freibank bestimmten Viehs und Fleisches lag auch62) in Nürnberg in den Händen der offiziellen Beschauer63), wobei natürlich oft genug deren amtliche Stellung mit dem Privatinteresse des Metzgerhandwerks in unreelle Ver­ bindung trat. Die Beschau erfolgte parteiisch64) oder nachlässig65), um die Einrichtung der Freibank auf jede Weise in Mißkredit

zu bringen; ebensowenig machte man sich ein Gewissen daraus, Schlachtlizenzen zu hintertreiben durch Mängelrüge an Tieren, die man gar nicht zu Gesicht bekommen hatte66); die geschworenen Meister ließen sich so und so oft bei den „Hunds- und Schelms­ bänken“, wie sie verächtlich sagten, gar nicht blicken, und es bedurfte der Anzeige und des Rats Verweises, um sie zur Pflicht anzuhalten 67). Auch mit Berufung auf fingierte Polizeivorschriften wurde operiert: in einer Eingabe gegen die häufige Erlaubnis des Ausschi achtens für Fremde machten die Geschworenen im Namen des Handwerks zur Begründung ihres ablehnenden Standpunkts geltend, die Voraussetzung dreitägigen Lebendangebotes sei nicht erfüllt und die ihnen für die Schau zustehende Hälfte der Gebühr von io Pfennigen je Stück ihnen entzogen; in Wirklichkeit war von solchen Vorschriften keine Rede, und der Rat stand nicht an, derartige Geschäftskniffe entsprechend niedriger zu hängen68). Dagegen gelang es, die,strikte Verpflichtung der Müller, Bäcker usw., vor Nachsuchen um Freibanklizenz ihre Schweine dem Fleischerhandwerk anzubieten, vom Rat zu erwirken69). Ferner waren Überforderungen an Schlachtgefällen schier an der Tages­ ordnung; einem Heidecker Metzger wurde z. B. ein ganzes Jahr hindurch doppelte Gebühr — io statt 5 Pfennige — für 700 Schafe abgenommen; dahinter steckten die Geschworenen, die den Markt­ meister derart angewiesen hatten; wofür das Geld bestimmt war, ist klar: günstigstenfalls für Zwecke des Handwerks 70). Auch die Pfänder scheuten sich nicht den Fremden gegenüber die Gebühren nach Willkür zu gestalten 71). Das alles vollzog sich hinter dem Rücken der Verbraucher; nur ein Unfug kam diesen zum Bewußt­ sein, der auch — oder vielleicht erst recht — bei der Freibank nie ganz auszumerzen war: die Zuschiebung besserer Qualitäten und größerer Mengen an bevorzugte Abnehmer, wie Wirte, Gar­ köche, Tuchfärber, große Haushaltungen, ja sogar Ratsfamilien, teils unmittelbar, teils auf dem Umweg über Metzgersgesellen und sogar beamtete Marktmeister, die ganze Viertel und Zentner unter Erhöhung des Pfundpreises um 1 Pfennig Weitergaben72). Die Anordnung vorwiegend pfundweise zu verkaufen, auf keinen Fall aber täglich auf den Kopf mehr als ein Schweineviertel oder mehr als 4 bis 5 Pfund Würste herzugeben, konnte mangels Straf­ bestimmungen keine Abhilfe schaffen73).

IO

Die Benützung der Freibank, die sich beim Publikum trotz aller Mängel offensichtlicher Beliebtheit erfreute, führte schon wertige Jahre nach Bestehen infolge Platzmangels zu Unregelmäßigkeiten; die Ausschlacjitung nahm dermaßen zu, daß oft an einem Tag über ein halbes Dutzend fremde Viehtreiber und Metzger sich um den Platz rissen, schließlich zum Schlachten in ihren Herbergen Zuflucht nahmen an Stelle des ja auch für die Freibank gültigen Schlachthauszwangs und den Verkauf auf offener Straße in eigenen Ständen bewerkstelligten. Da so auch die Kontrollmaßnahmen sehr leicht umgangen werden konnten und tatsächlich auch bald Klagen über falsches Gewicht, Eingeweidezuwage usf. einliefen, erfolgte unterm 18. April 1581 die erste Freibankordnung, die auch an der Freibank selbst zur allgemeinen Kenntnisnahme angeschlagen wurde 74). Das bisherige Gewohnheitsrecht betreffend halbtägiges Markt­ angebot, Schau, Konzessionserteilung durch die Bürgermeister zusamt den geschworenen Marktmeistern, Schlachthauszwang, Taxabschlag von mindestens 1 Pfennig usw. blieb in Kraft bezw. wurde neu ejngeschärft. Mit Rücksicht auf geordneten Betrieb durfte Verkauf seitens eines neuen Berechtigten erst dann einsetzen, wenn sein Vorgänger vollends ausgewogen hatte: eine Bestimmung, die so tief in den bisherigen Zustand regellosen Andrangs eingriff, daß sie buchstäblich einzuhalten gewiß bald als unmöglich sich herausstellte; zweckvoller war entschieden die weitere Bedingung, daß das Fleisch nach dem Schlachten mindestens noch 12 Stunden aufgehängt bleiben bezw. völlig erkaltet sein mußte, ehe es in die Hände des Verbrauchers gelangte. Ordnungsgemäß justiertes Gewicht war zu verwenden und hiefür eine geringe Gebühr' zu entrichten. Der Verkauf von Innenteilen war nach den Vorschriften der allgemeinen Metzgerordnung zu regeln. Widersetzlichkeit gegen Beschau sollte abgesehen von Geldstrafe mit Wegnahme des betreffenden Tiers zugunsten des Spitals geahndet werden. Für Überwachung des Betriebs waren auch noch die Viehbereiter75) zuständig, die überdies zweimal wöchentlich ein Verzeichms über die erfolgten Schlachtungen aufstellen mußten. Vor allem aber hatten sie, wie schon ihr Name besagt, Abschlachten und Bearbeiten des Viehs mit Ausnahme der Schweine zu be­ sorgen. Die Lohntaxe war verschieden bemessen, je nach dem

II

Stadium der Bereitung: wurden beim Rind auch Innenteile und Eingeweide ausgenommen, so betrug sie 5 Batzen, andernfalls nur Y4 Gulden; bei Kalb und Schaf 3/2 Batzen. Ingeräusch konnte — aber nur von Fremden — als Belohnung verabfolgt werden, doch stand dessen Annahme ganz im Belieben der Viehbereiter. Zum Abstechen, Brühen, Zerteilen, Abwiegen und Verkauf der Schweine bezw. ihres Fleisches und der Würste waren spezielle Schweinebrüher76) ausschließlich berechtigt. Für noch passierendes unreines Fleisch hatten sie einen besonderen Stand zu verwenden. Ihr Lohn betrug für völlige Bearbeitung und gänzlichen Verkauf eines Schweins V8 Gulden, wozu — wenigstens seitens der Bäcker — noch Kost und Trank zugestanden werden mußte. Von den Freibänkern sich irgendwie bestechen zu lassen und sei es auch nur durch Freihalten bei gemeinsamen Zechen, war Marktmeistern und Viehbereitern ausdrücklich untersagt. Die bei Benützung der Freibank auflaufenden Gebühren schieden sich in: 1. Schlachtgebühr an Stelle festen Bankzinses: vom Rind 14, vom Schaf, Kalb und Schwein je 5 Pfennig, 2. Schaugeld: Ochse 10, Rind 8, Kalb oder Schwein 4, Schaf oder Lamm *2 Pfennig. Es fiel zu 2/3 an die Geschworenen, zu ys an die Marktmeister, 3. Gewichtleihgebühr: je Tag 8 Pfennig, 4. Häute- oder Fellgebühr: 1 Pfennig bezw. 1 Heller vom Verkauf je Stück (1 Heller bei Kalbs- und Schaffellen). Sie war der Verwaltung des Unschlittmonopols zugewiesen. Für mehrere Jahre des 17. Jahrhunderts läßt sich schließlich eine eingehende Statistik über die Freibankschlachtungen auf­ stellen, teils auf Grund einiger Verzeichnisse des „Viehanzeigers auf der Freibank“, teils an der Hand von Angaben, die in den Bilanzen des Unschlittmonopols zwecks Gebühren Verrechnung ent­ halten sind 77). Die Schwankungen innerhalb der einzelnen ebenso wie diejenigen unter den verschiedenen Viehgattungen sind darnach, auch wenn man unbeabsichtigt oder beabsichtigt ungenaue Auf­ schreibungen in Ansatz bringt, ganz außeiordentliche gewesen, die besonders stark auch in den Gesamtstückzahlen aller Schlacht­ ungen hervortreten. Wie weit sie auf Zufall oder tieferen Ur­ sachen beruhen, muß dahingestellt bleiben.

12

Tabelle I.

Jährliche Schlachtungen in der Freibank in der Zeit von

1610-1670. Jahr

. l6ll/l2 1612/13 1615/16 1616/17 1630 . 1640 . 1650 . IÖÖO . 1670 . IÖIO

Ochsen .

.

. . . • . . . . .

, . . • . . . . .

Kühe

3118 1052 1940 533 1753 869 1597 1024 1446 1791 844 162 829 906

Kälber

72

16 7003

Schafe

1851 43 1331

4

15 742 2 096 502

18

74 136

35

345

239

Schweine Gesamtzahl

I

71 57

219 299 44

21 201

5257 31°8 3 704 9469 18 508 4 106 1649 280 1 014 1487

2. Kapitel.

Die Fleischbeschau. Die Fleischbeschau in ihren beiden Zweigen: Schlachtvieh­ beschau und Schau des zum Verkauf gelangenden Fleisches *) war -auch in Nürnberg eine sehr alte Einrichtung, die nach den Polizeiordnungen des 14. Jahrhunderts bereits seit langem in den Händen von „ Meistern über das Fleisch Ä 2) ruhte, aus denen die späteren Geschworenen und die Marktmeister hervorgingen. Schau­ pflichtig war grundsätzlich jedes zum Schlachten und Verkauf bestimmte Tier, besonders wenn es von auswärts stammte; die Schau erstreckte sich auf jede Art von damals erkannter Gesund­ heitschädlichkeit und schloß die Feststellung der Schlachtreife mit ein. Rinder unter drei Jahren durften nicht geschlachtet werden; ebensowenig ursprünglich Kälber jeden Alters, offenbar im Interesse der Aufzucht; später war ein Alter von 4—10 Wochen Voraussetzung, die Untergrenze begann im 15. Jahrhundert bereits bei drei Wochen, auch für bloßen Verkauf ohne Absicht des Schlachtens. War trotzdem ein unreifes Kalb geschlachtet worden, so mußten die Schaumeister wenigstens nachträglich ihm die Füße abschlagen, um es durch diese Kennzeichnung vom Verkauf

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auszuschließen8). 1530 setzte man die Untergrenze wieder auf vier Wochen herauf und bestimmte, daß Kälber, denen das Merkmal von acht Zähnen fehlte, in aufsehenerregender Zeremonie unter. Paukenschall in die Pegnitz geworfen werden sollten4). Schaden und Spott sollten so von zu frühem Verkauf oder Schlachten abschrecken. Trächtige Rinder zu schlachten war wenigstens noch im 14. Jahrhundert nicht verboten, nur waren die noch nicht ausgetragenen Kälber unter dem Schutz der Nacht oder sonstwie unbemerkt zu beseitigen5). Wenn späterhin auch Schlachten trächtiger Kühe zu unterbleiben hatte, so wurde es doch erst 1624 unter empfindliche Geldstrafe gestellt6). Schafe waren vor allem auf Räude zu untersuchen. Schafkauf durch die Metzger in der Stadt und deren Gebiet durfte deshalb nur erfolgen im Beisein eines vereidigten Unterkäufers7) und später noch eines Marktmeisters8). Scharf kontrolliert wurde haupt­ sächlich der Schafzutrieb seitens der Metzger, Bauern und Vieh­ treiber vom Lande; hohe Geldstrafe, Ausschluß vom weiteren Handel, Verbrennung beanstandeter Tiere, sofern deren Zahl beschränkt war, gehörten hiebei zu den ständig wiederkehrenden Polizeirequisiten9); handelte es sich um ganze Herden, die nur „angelaufen“ oder auch schon ganz verseucht („unrein, blättrig, räudig“) waren, so mußten sie unverzüglich, um Ansteckung und Verkauf zu verhüten, wieder von der Stadt weggetrieben werden 10). Trotz all dieser Maßregeln nahmen die Fälle, in denen unter den Herden der Metzger kranke Tiere sich fanden, von Jahr zu Jahr mehr überhand. Mit Rücksicht auf die Trächtigkeitsperiode und damit auch aus Gründen der Aufzucht war vom Nikolaustag bis St. Johannis Verkauf und Abstechen nur bei Hammeln ge­ stattet11). 1535, 15 Jahre später, wurde der Anfangstermin auf Michaelis verlegt, sowie auch das Abstechen von Lämmern zu­ gelassen 12). Fast regelmäßig jedoch stellte das Handwerk, zumal wenn es mit Schafen reichlich eingedeckt war und Überwinterung einer größeren Menge scheuen mußte, den Antrag auf Verlängerung der Erlaubnis zum Schafstich um einige Wochen, eventuell bis Allerheiligen13); der Rat ging auch meistens darauf ein, besonders wenn die Mutterschafe noch nicht eigentlich trugen, sondern nur „ angesetzt “ hattenu); doch mußte dann ständig gegen still­ schweigende Ausdehnung des Dispenses angekämpft werden.

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Fremden wurden solche Ausnahmen überhaupt verweigert15). Schaffleisch mußte mit noch anhängendem Kopf und Fell der Schau unterbreitet werden, falls nicht Konfiskation eintreten sollte16). Anhängen von Kopf und Haut eines gesunden Tiers an das Fleisch eines kranken zog Strafe wegen Betrugs nach sich. Auch die Lunge durfte vor der Schau vom Körper nicht getrennt werden; erwies sie sich als krank, so nahmen die Schauer sie heraus und warfen sie in die Pegnitz 17). Finniges Fleisch galt im Mittelalter und noch lang darüber hinaus nicht als geradezu gesundheitschädlich, sondern nur als minderwertig; es war zwar auszusondern, aber vom Verkauf an sich nicht ausgeschlossen, vielmehr nur auf eine eigene Vertriebstelle außerhalb der „rechten“ Fleischbänke verwiesen, die auch als „Finnbank“ bezeichnet wurde; auch ein weißes Tuch, eventuell noch ein dazu gestecktes Schlächtermesser kommen „ als weitgre Unterscheidungsmerkmale vor18). Es galt also, schon weil der Preis sich niedriger stellen mußte als bei guter Ware, in erster Linie eine Übervorteilung des Verbrauchers zu verhüten. Daß man gleichwohl finniges Fleisch auch aus gesundheitspolizeilichen Gründen so weit wie möglich von allzu häufigem Verkauf auszuschließen bestrebt war, zeigen die einschlägigen Vorschriften für Nürnberg ganz deutlich. Kein Kaufabschluß über Schweine durfte, von welcher Seite auch immer, in der Stadt getätigt werden, ohne daß die speziellen vereidigten Schweinschauer vorher ihres Amts gewaltet hatten. Von ihnen wurden finnige Schweine mit einem Zeichen versehen, woraufhin diese vom Eigentümer innerhalb zweier Tage wieder weggetrieben werden mußten, um erst jenseits eines Dreimeilenumkreises verkauft und geschlachtet werden zu dürfen. Gesunde Schweine unterlagen am Tag des Abstechens oder am Tag vorher erneuter Schau. Zum drittenmal erfolgte Untersuchung bei den Bänken — die erste und zweite fand am Markt und im Haus des Metzgers oder sonstigen Eigentümers statt — am Fleisch des geschlachteten Tiers, welches daher in ungeteiltem Zustand ins Fleischhaus gebracht werden mußte. Fanden sich auch nur wenige Finnen, so blieb dem Metzger die Wahl, entweder das beanstandete Fleisch außerhalb, der Stadt zu verkaufen — was natürlich höchst selten geschah — oder es getrennt von Qualitätsware und mindestens um i Pfennig billiger

t6 — Vör den Bänken zu verkaufen19). Selbstverständlich wurde immef wieder versucht, finniges Fleisch ins Fleischhaus hereinzuschmuggeln, um es als vollwertig zu vertreiben20). Auch untersuchten die Metzger auf eigene Faust nach dem Abstechen durch zwei Schnitte “an verschiedenen Stellen das Tier auf Finnen und brachten es bei ungünstigem Befund überhaupt nicht zur dritten Schau ins Fleischhaus, sondern verwandten es zuhause heimlich zur Wurst­ bereitung. Als der Rat dagegen einschritt, kam zwar das finnige Fleisch zum Verkauf vor den Bänken, aber die Metzger .hatten auch da sofort ein Umgehungsmittel gefunden, das die Anordnung ständiger Kontrolle durch einen Marktmeister bis jeweils zum Verkaufsschluß erzwang: sie ließen es durch Mittelspersonen kaufen, um es dann doch wieder unter die Würste mengen zu können 21). Auch die Lebendschau wurde häufig genug umgangen, wozu besonders das unmittelbare Kaufgeschäft zwischen Metzgern einer-, Bäckern, Müllern oder Pfragnern andrerseits leichte und erwünschte Gelegenheit darbot, da es der Regel nach gleich an Ort und Stelle beim Stall des Züchters abgeschlossen wurde. Die Vorschrift ging dahin, daß ein solcher Kaufakt nur im Beisein eines Beschauers erfolgen und auch nachträglich kein Tier über die dabei bedungene und untersuchte Anzahl geliefert werden durfte. Um bessere Gewähr für die Aufzucht nur gesunder Schweine seitens der Bäcker zu haben, sowie um angesichts der häufigen Seuchen unter diesen Tieren der Übertragungsgefahr einen Riegel vorzuschieben, mußte jeder Bäcker, in dessen Stall auch nur ein Schwein der Beschau nicht genügte, vier Wochen hindurch auf jeden weiteren Verkauf verzichten. Entsprechende Anwendung fand diese Bestimmung auf die von Müllern, Pfragnern usw. von auswärts bezogenen und nach der Mast den Metzgern zu verkaufenden Schweine22). Auch wenn Nichtmetzger auf eigene Rechnung schlachteten, wobei Vertuschungen an sich ja eher möglich waren, Spielte die ausdrückliche Einschärfung vorgängiger Schaupflicht (I—2 Tage vor dem Abschlachten) eine wichtige Rolle23). Und nicht zuletzt waren die Garköche und -köchinnen bei Selbst­ schlachtungen zwecks Verwendung für Koch- und Bratfleisch sowie für Würste im gleichen Umfang wie die Metzger der Beschau unterworfen24). Frei von jeder Untersuchung waren überhaupt nur von Anfang an im Stall eines Bürgers oder Inwohners

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aufgezogene und allein für dessen Hausbedarf geschlachtete Tiere, ein Beweis dafür, daß die Fleischbeschau ausschließlich dem Interesse der Allgemeinheit zu dienen hatte. Da die Fleischbeschauvorschriften zu sehr zersplittert und zudem besserungsbedürftig waren, ließ der Rat im Jahr 1540 einen umfassenden Reformentwurf ausarbeiten ,und das Gutachten der Geschworenen, der Marktmeister, des Pfänders und seines Schreibers darüber einholen. - Die ersteren erhoben bei einzelnen Artikeln zwar Einwendungen, drangen damit aber nicht durch. Nach einem halben Jahr erst war man so weit, daß die Verordnung von dem Haderschreiber Jörg Hoffmann redigiert und sodann den Geschworenen publiziert werden konnte. Von der ursprünglich beabsichtigten Aufstellung eines besonderen Amtmanns über das gesamte Fleischbeschauwesen war man im Lauf der Vorberatungen wieder abgekommen25). Bestehen26) blieben die Vorschriften über Beschau noch am Tag des Verkaufs; über täglich erforderte Anwesenheit von wenigstens zwei Geschworenen neben den Marktmeistern bis zur Erledigung der Schaugeschäfte; über die Schau von Schaf- und Hammelfleisch in Verbindung mit Kopf, Haut und Lunge; über Ausschluß räudiger Schafe von Zutrieb und Verkauf usw.; schließlich einer Generalklausel zufolge überhaupt alle bisherigen Artikel, soweit sie nicht ausdrücklich außer Kraft gesetzt wurden. Eingehende Regelung fanden der Zutritt zum Fleischhaus, dessen Sperrung, sowie die Ansetzung der Schautermine. Jeden Abend mußten in beiden Fleischhäusern von Bankknecht und Marktmeister alle Türen bis auf eine von innen abgesperrt werden; die eine von außen zu öffnende wurde mit zwei verschiedenen Schlössern versehen, zu deren einem nur der Bankknecht, zum andern allein der Markt­ meister den Schlüssel besaß. Am Morgen konnten also beide nur zusammen aufschließen, was sie überdies erst dann tun durften, wenn die Beschau des für die Bank bestimmten Fleisches vor dem Haus beendet war. Dann mußten sie vor allen Metzgern als erste den Raum betreten und sofort die inwendigen Schlösser nebst den einzelnen Verkaufsplätzen prüfen für den Fall, daß noch vom vorhergehenden Abend stammendes oder gar während der Nacht mittelst Einbruchs in eine Bank verbrachtes Fleisch von schlechter Beschaffenheit sich vorfände. rNichts ist für die Praktiken 2

i8 der Metzger und die Notwendigkeit schärfster Kontrolle bezeichnender als das Mißtrauen, das diese Bestimmung diktierte. Jedes weitere Fleischquantum, welches über das bei der Hauptbeschau am Morgen vorgelegte hinausging, durfte nur durch die erwähnte eine Tür in die Bänke gebracht werden und zwar nur zu zwei bestimmten Zeiten: um 12 Uhr mittags und zum Vesperläuten, beide Male während je einer Stunde; für Schweinefleisch und Würste waren je zwei Stunden festgesetzt. Ochsen- und Rindfleisch konnte dagegen zu jeder Zeit eingeliefert werden, weil es am lebhaftesten nachgefragt war und überdies ja nur unmittelbar vom Schlachthaus herüber kommen konnte, wo es zuvor die Schau bestanden haben mußte. Ware, die zu einer anderen Tür oder außerhalb der angegebenen Zeiten eingebracht werden sollte, verfiel sofortiger Einziehung, meistens zugunsten des Kontrollbeamten, der die Anzeige erstattete. Das Strafgeld — mit wenigen Ausnahmen 4 Pfund n. für jeden Übertretungsfall — kam zur Hälfte den Schauund Aufsichtsorganen (mit Ausschluß freilich der geschworenen Meister) zugute, eine Zuwendung, die der Rat dem Handwerk geheimzuhalten für angezeigt fand. Diese Schauordnung unterzog man 159627) einer Revision. Hiebei wurde die Strafe für Benützung einer anderen Tür, um der Kontrolle zu entgehen, wesentlich erhöht und auf dritten Rückfall halbjährige Handw'erkssuspension gesetzt. Schweineseiten durften mit Rücksicht auf die Schau in den Häusern der Metzger nicht zerstückelt werden, was seither oft geschehen war, indem nur Stücke auf die Bänke kamen; ferner hatte der Vertrieb unreinen Fleisches von jetzt ab nur mehr auf den Freibänken zu erfolgen. Auch in diesen Punkten griff man zu schärferen Strafbestimmungen und drohte u. a. mit Unredlichkeitserklärung. Schweinefleischbeschau im Metzgerhaus hatte von der Vesperzeit an bis zum Einbruch der Nacht stattzufinden, außerdem noch zu den offiziellen Schauterminen beim Fleischhaus, die auch für alle andern Sorten, wieder mit alleiniger Ausnahme von Ochsen- und Rindfleisch, einzuhalten waren; nur blieben sie jetzt auf den Vormittag beschränkt: frühmorgens bei Öffnung des Hauses, sodann in Abständen von je zwei Stunden immer eine ganze Stunde hindurch. Schließlieh einigte man sich noch über die Aufstellung eines dritten Marktmeisters, der nur der Schau sich widmen sollte, indessen die beiden andern nach wie

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vor unter den Bänken nach dem Rechten zu sehen verpflichtet waren. Für die Beschau der Schweine und ihres Fleisches stellte, wie sich bereits zeigte, die Stadt frühzeitig besondere beamtete Beschauer auf. Das empfahl sich, abgesehen von dem starken Vorkommen der Finnen, 'schon wegen der Zersplitterung der Untersuchungsgelegenheiten: Markt, Zuchtstall, Metzgerhaus, Fleischhaus, während bei allen anderen Gattungen die Beschau wesentlich einfacher — am einfachsten beim Rindvieh infolge des Schlachthauszwangs — sich gestaltete und daher in allen Zweigen von geschworenen Meistern, Marktmeistern und Pfändern vorgenommen werden konnte. Die Schweinschauer28) fungierten gleichzeitig als Makler, als solche lange Zeit auch noch bei den andern Vieharten. Zu ihren Pflichten zählten neben der Fest­ stellung von Finnen, Zeichnung unreiner Tiere und Sorge für deren Fortschaffung die Verhinderung der Ausfuhr von in der Stadt gemästeten Schweinen, sofortige Anzeige verweigerter oder sonst umgangener Schau seitens eines Metzgers an den Pfänder, fortlaufende Angabe der Anzahl der beanstandeten Tiere29) (also der Anfang einer Veterinärstatistik) u. dergl. mehr. Nach altem Herkommen betrug die Beschaugebühr vom Stück I Pfennig30); später, als das Schweinestechen ein besonderes Handwerk geworden und daher den Schauern untersagt war, wurde sie auf 5 Pfennig bei einem mageren, auf 7 Pfennig bei einem fetten Tier erhöht31) und schließlich unterschiedslos mit 4 Kreuzern bemessen. Die Schau der zugetriebenen Schweine fand seit der Ver­ legung des Schweipemarkts vor das Frauentor im Jahr 1488 in einer Bretterhütte daselbst statt, nur im Winter, von Martini bis Fastnacht, behielt man auch fernerhin den alten Platz an der „Langen Brücke“ zwischen den beiden Pegnitzarmen, den Säumarkt, bei. Auf Feilhalten von Schweinen und Großvieh am „Schönen Brunnen“, wie es später durch Landleute und Gärtner vielfach zur Gewohnheit wurde, hatten die Schweinschauer ein scharfes Auge, um jede Umgehung der Schau und damit eine Schmälerung ihrer Gebühren hintanzuhalten. Schließlich durften dort nur mehr Ferkel unter 1/2 Jahr sowie Kälber angeboten werden, alles übrige Vieh mußte auf die regulären Märkte kommen32). Die Schweineschau, die mit Anwachsen des aus2*

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wärtigen Zutriebs wieder im Freien beim Frauentor unmittelbar vor Kaufabschluß vor sich ging, führte zuletzt zu Unzuträglich­ keiten mit den Eigentümern der dortigen Schweineställe, vor allem den Bäckern, welche klagten, daß infolge der durch Beschau und Feilschen hervorgerufenen Unruhe ihre Tiere in den Ställen übereinander herfielen. Daraufhin wurde nach Gutachten der Schauer fortab Beschau und Verkauf auf den Wall vor dem Tor verwiesen 33). Besonders strengen Vollzugs der Beschau bedurfte es zur Zeit einer Seuche34), von der besonders die Schweine oft befallen wurden; zumeist scheinen dabei Darmerkrankungen Vorgelegen zu haben, die im Spätherbst oder Winter auftraten. Stets schrieb der Rat dann seinen Amtsorganen, hauptsächlich dem Pfänder, genaueste Pflichterfüllung noch ausdrücklich vor. Visitation sämtlicher Ställe wurde angeordnet; wer hiebei im Besitz ver­ seuchter Tiere sich betreffen ließ, machte sich strafbar; Ablieferung verendeter Tiere hatte der Abdecker („ Hundsschläger “) un­ verzüglich dem Rat anzuzeigen. Endlich mußten Bäcker usw. ihre Schweine unter Verzicht auf den sonst üblichen Verkauf im Stall dem regulären Freitagsmarkt zuführen. Doch bald erkannte man, daß im Seuchenfall die fast nur auf Finnen, nicht auf innere Erkrankungen abgestellte Beschau nicht zu genügen vermochte. Die Krankheit war bei dem Mangel jeder Tierheilkunde an sich schwer zu erkennen, sicher eigentlich erst an der Tatsache des Verendens; zudem konnte ein Tier, das als völlig gesund die Schau passiert hatte, im Augenblick des Abstechens bereits erkrankt sein, ohne daß die Fleischbeschau i. e. S. das nach­ träglich noch feststellen konnte. So schlug man 1558 vor, das in Bayern angewandte Erkennungsmittel, wonach verdächtige Tiere, die Fressen nicht verweigerten, als gesund zu betrachten seien, zu übernehmen; doch verzichtete man wieder darauf angesichts der Möglichkeit, durch vorheriges Aushungern schließlich auch erkrankte Tiere gefräßig zu machen, und leistete Vorschlägen einer Kommission, bestehend aus den vier Schweineschauern und je zwei erfahrenen Schweinemetzgem und Bäckern, Folge. Man schritt mithin zur Aufstellung von je vier Bäckern und Schweinemetzgern, die zur Hälfte in wöchentlichem Wechsel bis zum Erlöschen der Seuche neben Beschauern und Marktmeistem

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auf den Märkten die Beschau zu vollziehen hatten; außerhalb der beiden gewöhnlichen Schweinemärkte, vor dem Frauentor und beim neuen Kornhaus, waren Kaufabschlüsse strengstens verboten. Einige Jahre vorher35) hatte man schon die Zeit zwischen Beschau und Abstechen auf vier Tage ausgedehnt und sogar eine eigene Methode („an der Zunge über den Stecken“) unter die Beschaumaßnahmen aufgenommen. Doch scheinen beide Bestimmungen nicht lang in Geltung gewesen zu sein, da die erwähnten Kommissionsvorschläge sie mit keinem Wort mehr berührten. 3. Kapitel.

Die behördliche Organisation des Metzgergewerbes. Die mittelalterliche Handwerksverfassung Nürnbergs war, ähnlich wie im benachbarten Rothenburg und wohl auch in einigen andern fränkischen Städten, von jeher unzünftlerisch, einseitig behördlich geregelt1). Nur die Revolutionsperiode der Jahre 1348/49 brachte eine regelrechte Zunftverfassung und zugleich ein politisches Zunft­ regiment, das jedoch selbst in der kurzen Zeit seines Bestehens nicht ohne Widerspruch blieb — neben den Messerern hatten auch die Metzger, deren konservativer Charakter bei ähnlichem Anlaß auch in andern Städten zutage trat2), sich abgesondert und der patrizischen Verfassung Treue gehalten — und dem energischen Auftreten Karls IV. nicht zu trotzen vermochte3). Rasch war die Autorität des Geschlechterrats mit geringfügigem demokratischen Einschlag wiederhergestellt4), die behördliche Bedingtheit und Zentralisation der Gewerbeverfassung von neuem in mählich steigendem Ausmaß stabilisiert. Einzelheiten lassen sich nicht feststellen; das Dunkel, welches für das folgende Jahrhundert über der Nürnberger Wirtschaftsgeschichte liegt, ist nur spärlich zu erhellen. Aufsichtsorgane über Brot- und Fleischverkauf, zum Teil dem Rat, zum Teil dem Handwerk entnommen5), waren ohne Zweifel die ältesten ihrer Art und damit Bäcker und Metzger die ersten reglementierten Handwerker. Schneider, Schuster, Bierbrauer, Tuchmacher, Schlosser, Weber usw. folgten6). Die Einrichtung der geschworenen Meister, entstanden aus der Not­ wendigkeit gewerbepolizeiliche Befugnisse m Sachverständige zu

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erteilen, ward mehr und mehr zum Vermittlungs- und Beratungs­ organ, zur Vertretung gewerblicher Interessen vor dem Rat. Vor­ geschlagen vom Handwerk, wurden sie jährlich um Ostern bei der Neubesetzung der Ämter vom Rat bezw. den „ Amtbuch­ herren“ ernannt und vereidigt7). Das geschworene Handwerk oder „Handwerk“ schlechthin war organisiert, aber nicht autonom; die „freie Kunst“ autonom, aber nicht organisiert. Kein Hand­ werk durfte sich Statuten aus eigener Machtvollkommenheit geben; alles, was auf Einführung, Änderung, Abschaffung oder Auslegung eines Artikels der Ordnung Bezug hatte, mußte dem Rat vor­ getragen werden. Die Handwerksordnungen wurden vor der Konkurrenzneugierde anderer Städte sowie vor Aspirationen der einheimischen Handwerke fast ängstlich gehütet8); sie dienten eigentlich nur zur jährlichen Verlesung bei der Eidesleistung der Geschworenen und zum Nachschlagen in der Kanzlei in Zweifels­ oder Streitfällen; unter dem Handwerk selbst zirkulierten sie nur durch mündliche Tradition. Unkenntnis von Vorschriften oder wenigstens Berufung hierauf, gewohnheitsrechtliche Derogation, Anlaß zur Neueinschärfung und dergl. waren daher an der Tages­ ordnung. Soweit die Vorschriften rein gewerbepolizeilicher und nicht betriebstechnischer Natur waren, wurden sie ausnahmsweise auch zur Kenntnis des Publikums durch den Druck verbreitet, z.B. 1532 und 1534 die Bestimmungen über das Metzgergewerbe9). Später bekamen einige Handwerke Erlaubnis, die Artikel in ihrer Lade aufzuheben, so u. a. die Goldschmiede, Goldschläger, Gold­ spinner, Messerer, Plattner, Beutler, Kandelgießer, Bortenwirker und Glaser, doch mit der Auflage, daß die Geschworenen sie gut verwahren und niemandem Abschrift geben sollten 10). Auswärtige Korrespondenz bedurfte stets der Vermittlung des Rats; jeder Einlauf mußte uneröffnet den Bürgermeistern vorgelegt werden, jeder Auslauf war, um einen späteren Ausdruck zu gebrauchen, an die Form eines auf Eingabe hin gewährten Interzessions- und Promotorialschreibens gebunden. Versammlungen jeglicher Art, soweit es sich nicht um die „ordentliche pott“ oder „aufleg“ der geschenkten und gewanderten Handwerke handelte, die auch nur im Beisein einer Amtsperson oder wenigstens der geschworenen Meister stattfinden durfte, erforderten die Erlaubnis des jüngeren Bürgermeisters und außerdem die Gegenwart des Rugsamtsschreibers,

2i der sich erst bei Beginn der Zeche zu entfernen hatteu). Die Autonomie des Nürnberger Handwerks bewegte sich also in den Grenzen des Trinkkomments. 1 Aufsicht und Gerichtsbarkeit über die einzelnen Gewerbe ruhten in den Händen des Fünfergerichts 12) und des Rugsamts 13). Ersteres, das sich zusammensetzte aus den beiden geschäftsführen­ den Bürgermeistern, ihren beiden Vorgängern und einem andern Ratsherrn, war die einzige Instanz für geringere Vergehen, sog. Frevelsachen, Verbal- und Realinjurien sowie Übertretungen polizei­ licher Natur. Das Verfahren war denkbar summarisch14); Urteils­ grundlage hauptsächlich der Reinigungseid, selten Zeugenaussage. Diese Polizeistrafgewalt bildete den Ausgangspunkt für Eingliederung auch sonstiger, das Gewerbe berührender Befugnisse, vor allem hinsichtlich der Lebensmittelgewerbe, deren Reglementierung fast ausschließlich auf dem Polizeiverordnungsweg erfolgte. So fand z. B. die Ansage neuer Meister des Metzgerhandwerks vor den „Fünfern“, wie sie kurz hießen, auch dann noch statt, als bei den andern Handwerken für diesen Akt schon längst die Zuständigkeit des Rugsamts begründet war15). Die Anfänge des Rugsamts liegen im Dunkel. Der Ansicht, daß es unmittelbar nach dem Sturz des demokratischen Regimes eingerichtet wurde 16), steht die weit wahrscheinlichere gegenüber, daß seine Tätigkeit erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts ein­ setzt17). Jedenfalls liefert das erste Ämterbüchlein von 1463 noch keinerlei Anhaltspunkt für die Existenz dieses Amts, während das zweite vorhandene von 1481 bereits zwei Ratsherrn nennt als „bey dem pfenter und seynem buch sitzend“ 18). Sie hießen auch „Herren bei dem Pfänder“ 19), bis später der Name „Rugsherren“ aufkam; 1498 oder 1499 wurde deren Zahl auf vier, 1543 auf fünf erhöht. Sie hielten zusammen mit dem Pfänder wöchentlich dreimal (Dienstag, Donnerstag, Samstag) ihre Sitzungen ab, in denen alles behandelt und entschieden wurde, was außer­ halb des Bereichs der Polizeistrafgewalt und sonstiger Kompetenz­ reste des Fünfergerichts in Gewerbesachen anhängig wurde: Verstöße gegen die Handwerksordnungen, deren Änderung und Auslegung, Eingaben und Gesuche, Streitigkeiten unter ver­ schiedenen Handwerken, Zwist im Schoß eines Gewerbes usw. Rügeannahmen seitens der Geschworenen und Einschreiben neuer

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Meister und Lehrjungen war Aufgabe eines eigens angestellten Rugsschreibers. Noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts schied der Pfänder infolge Anwachsens seiner eigenen Amts­ obliegenheiten, wie auch wegen des Geschäftsumfangs des Rugsherrenressorts fast gänzlich aus dem Rugsamt aus; von da ab bestand seine Verpflichtung diesem gegenüber, abgesehen von der ständigen Anwesenheit bei den Rügeverhandlungen, allein in der vierteljährigen Abrechnung über die vom Amtsboten, dem so­ genannten Rugsknecht20), eingebrachten Strafgelder der Hand­ werker, die der Stadtkasse ungeschmälert zuflossen 21); ausgenommen waren und besonders verrechnet wurden die Strafgelder der Metzger und der Bäcker, in welche Stadtkasse und Pfänder in gleicher Weise sich teilten. Bei den Bäckern überwog die Geld­ strafe für zu leicht gebackenes sowie aus schlechtem Teig her­ gestelltes Brot („Talkenstrafe“) 22). Späterhin fanden nicht mehr drei, sondern nur noch zwei Sitzungen statt, die Samstagsitzung fiel weg. Am Dienstag war Termin für die von den Geschworenen der verschiedenen Hand­ werke während der abgelaufenen Woche dem Rügeschreiber an­ gezeigten Rügen in ihrer und des Pfänders Gegenwart; Donnerstag war Termin für den schriftlichen Parteien verkehr, d. h. für Bitt­ gesuche, Eingaben und Gegenberichte in Kompetenzkonflikten, für Korrespondenzen und sonstige materiellrechtliche Verfügungen, die zu den Ordnungen oder zu Protokoll kamen. Kurz, das Kollegium der Rugsherren übte alle Befugnisse aus, die andernorts den Zunftmeistern zuzustehen pflegten23); Ort der Sitzungen war die Fünferstube im Rathaus. Für den Bereich des Metzgergewerbes war die Zuständigkeit der Rugsherren eine beschränkte; Strafgewalt und Aufsichtsrecht über dasselbe hatten sie, wie schon ausgeführt, überhaupt nicht. Das Verordnungsreferat hatten sie anscheinend nur begrenzte Zeit inne24); sonst geschah die Vorberatung der einschlägigen Polizeivorschriften durch besonders beauftragte Ratsmitglieder, denen auch der Erlaß oblag25), und späterhin, seit 153626), wie bei den Bäckern, im Schoß einer besonderen Kommission, der „Fleischherren“, die im Jahr 1633 27) dem Unschlittamt ver­ einigt wurde und "seitdem den Namen „deputierte Herren zum

Qghgen- und Vnschlittamt, zu den Metzgern und den Fleisch*

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bänken “ führte. Ihr Gutachten, spontan oder eingeholt, war stets Richtschnur für die Beschlüsse des Plenums, das dann häufig in Bausch und Bogen annahm. So verblieb für das Rugsamt im wesentlichen28) Vermittlung bei Streitigkeiten („Irrungen“), wie sie 1477 zwischen Fleischhackern und Saitenmachern „der saitling halb“29) und im Lauf der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehrfach in der Häute- und Lederfrage mit den Weißgerbern, Schustern, Rotlederern und Lederhändlern ausgefochten wurden 30). Die manchenorts, vor allem in der Fastenzeit, übliche Verbindung des Fischergewerbes mit dem Metzgerhandwerk in einer Person 31) ließ das Amt nicht zu 32), getreu dem Grundsatz, daß man „keinem andern in sein Handwerk greifen“ solle33). Eine Zwischeninstanz in der Gewerbeaufsicht war der Pfänder34), der dem großen Rat als Mitglied angehörte. Ur­ sprünglich allein Gerichtsbeamter zur Vornahme von Pfändung und Pfandverkauf mit Unterstützung der Büttel35) war er schon frühzeitig mit der umfassenden Aufsicht über den Vollzug der gesamten Polizei- und besonders der Gewerbepolizeigesetzgebung betraut worden. Seine Gehilfen 36) dabei waren die Marktmeister, die Büttel bezw. später die Stadtknechte, der „Löwe“, eigentlich ein Gehilfe des Scharfrichters, daneben aber niederes Polizei­ organ 37), der Abdecker, endlich die in seinem Dienst tätigen Knechte, Schützen und Kundschafter. Die geschworenen Meister der einzelnen Handwerke waren nicht seine Untergebenen, sie hatten Weisungen von ihm nur im Auftrag des Rats bezw. der Rugsherren entgegenzunehmen; seiner Kontrolle unterlagen natürlich auch sie. Der Regel nach befand sich das Pfänderamt in den Händen eines einzigen Vertreters, des Stadtpfänders. Ihm zur Seite trat I527 38) ein Landpfänder zur Wahrnehmung der Amtsgeschäfte im Landbezirk. Vorübergehend schritt man wegen Überlastung des einen auch zur Aufstellung eines zweiten Stadtpfänders. So wurde 1535, im Jahr der großen Gewerbegesetzkodifikation, die Rügegewalt über Handwerker und Dienstboten („Ehehalten“) dem älteren, die über Metzger allein dem jüngeren Inhaber des Amts widerruflich erweise zugesprochen 39). Das Amt lag nicht immer in besten Händen. Zu große Strenge des einen Vertreters40) wechselte ab mit Nachlässigkeit



und Bestechlichkeit des andern. Charakteristisch in dieser Hinsicht ist die in jeder Bürgermeisterperiode in den Protokollen wieder­ kehrende formelhafte Mahnung an den Pfänder, in seinem Amt fleißig zu sein. Das schloß natürlich nicht aus, daß auch die mildeste Amtsführung die Metzger zu Beschwerden auf den Plan rief, die der Rat dann energisch zurückzuweisen nicht versäumte. Dagegen trug er auch Sorge, das Handwerk mit allzu vielen Rügen nicht vor den Kopf zu stoßen, überhaupt die Anzeigen und Strafen elastisch nach der gesamten oder der Lage des einzelnen Falls zu behandeln. Zeitweise sollten so bloß gröbere Übertretungen und täglich höchstens zwei oder drei Metzger41) sowie ein und derselbe innerhalb 14 Tagen nicht öfter als einmal 42) gerügt werden, und in den Wochen ständiger Fleischknappheit zwischen Ostern und Pfingsten sollte Anzeige nicht schon wegen unbelegter Bänke, sondern erst bei Taxüberschreitung erfolgen, meistens auch da nur, wo es sich um allzu hohe Preisüberspannung handelte43). Auch sonst wurde, sobald die augenblicklichen Verhältnisse auf dem Fleischmarkt es mit sich brachten, dem Pfänder, zunächst ohne Vorwissen der Metzger, befohlen, innerhalb einer gewissen Zeit­ spanne 44) oder bis auf weiteren Bescheid „ Umschau “ zu tun4Ö), zu „ dissimulieren “ 46) oder zu „ temporisieren “ 47), d. h. ein Auge zuzudrücken und keine Rüge vorzunehmen. Das war an sich keine Maßnahme der Schwäche, sondern notwendig in Anbetracht einer gestörten Gleichgewichtslage des Markts; aber selbstverständlich war damit eine gewisse Autoritätsminderung verbunden, die leicht zu dem Versuch verlockte, den Zeitpunkt erneut strenger Hand­ habung hinauszuschieben oder eine solche Nachsicht bei Ausführung der Vorschriften auch ungerechtfertigter Weise durchzusetzen. Dazu bot auch gelegentlich der Pfänder selbst seine Hand, eine gröbliche Überschreitung seiner Befugnisse, die der Rat an ihm und seinem Schreiber mit Turmstrafe ahndete48). Nicht selten war über Einverständnis des Pfänders mit den Metzgern zu klagen, vor allem mit den reichen, die trotz genugsam bekannter Verfehlungen nur zu häufig ungerügt davonkamen49). Der Grund lag natürlich in ständigen offenen oder verschleierten Bestechungsversuchen, deren Erfolg nicht ausblieb: Gelddarlehen50) — wobei niemand an Zins und Rückzahlung dachte; Geschenke bei jedem Anlaß, mochte er auch nur das Kindbett der Pfändersfrau sein51); gemein-

21 same Gastereien und Spaziergänge 52). Quittiert wurde seitens des Pfänders auch gern mit Durchstechereien beim Strafvollzug, indem er Verbüßung der Eisenstrafe zu umgehen wußte und höchstens Geldstrafe einzog53). Dafür hatte er ein umso schärferes Auge auf die ärmeren Metzger, die es auch gemeinhin mit dem Reinigungseid genauer nahmen und, um ihr Geschäft, das allein ihnen Lebensunterhalt bot, ungestört fortführen zu können, den Weiterungen eines Meineids mehr aus dem Weg gingen54). Immer wieder mußte der Rat, wenn auch ohne dauernden Erfolg, gegen derartige Äußerungen krasser Parteilichkeit auftreten. Kann Bestechlichkeit angesichts des im Mittelalter (wie ja auch noch lange über die Schwelle der Neuzeit hinaus) noch nicht konsolidierten Begriffs von Beamtentum und Beamtenehre auch keineswegs überraschen, so ist doch nicht zu vergessen, daß es sich hier um ein Mitglied des großen Rats, um einen der obersten Funktionäre innerhalb des Gemeinwesens handelte, dessen Bezüge aus einem nicht unbedeutenden Einkommensfixum und erheblichem Gebühren­ anteil sich zusammensetzten. Der Pfänder war gehalten, so oft als möglich unter den Fleischbänken nach dem Rechten zu sehen, wöchentlich mindestens zweimal,, nötigenfalls sogar täglich, auch in Begleitung von Markt­ meistern oder Stadtknechten55); vornehmlich Obhut für gleiche Behandlung kaufkräftiger und armer Abnehmer seitens der Metzger war ihm zur Pflicht gemacht, eine Vorschrift, die bei Anwesenheit des Kaisers oder sonstiger Fürstlichkeiten, sowie während der Zeit eines Reichstags besondere Geltung beanspruchte56). Auch bei der Beschau des Fleisches war seine Gegenwart erforderlich57). Auf die Metzger der Vorstädte Wöhrd und Gostenhof, ebenso auf die Landmetzger erstreckte sich gleichfalls seine Amtsgewalt58), wobei freilich auch seine Parteinahme zugunsten der Stadtmeister unverhüllt zutage trat. Endlich hatte er noch die Einhaltung der Vorschriften über den Verkauf bezw. das Ausfuhrverbot des Unschlitts in der Zeit vor Einführung des Monopols zu überwachen59). Besonders starke Unzuträglichkeiten hatte der Rat in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts mit dem Pfänder Hieronymus Meixner, der ein Landgut zu Laufamholz besaß und es vorzog, lieber dieses als sein Amt zu kultivieren. Erst, als man ihn vor die Wahl stellte, entweder Gut oder Amt aufzugeben, erbot er sich

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zum Verkauf des Gutes und zu vorschriftsmäßiger Erfüllung seiner Dienstpflichten; nur bat er um Enthebung von der Schaukontrolle mit der eigenartigen Begründung, er könne den Anblick des rohen Fleisches nicht vertragen. Der Rat ging auch wirklich, darauf ein, mehr noch, er erließ ihm auch den Besuch der Fleischhäuser und übertrug Schau- und Verkaufsaufsicht an seiner Statt dem Pfänderschreiber 60). Die Pfänderrügen waren von zweierlei Art: offene und heimliche oder blinde; unter ersteren verstand man die bei handhafter Tat sofort ausgesprochenen und glatt beweisbaren, unter den blinden die nur durch Mittelspersonen oder nach dem Hörensagen angebrachten Rügen, bei denen im allgemeinen der Eid des Bezichtigten den Ausschlag gab. Der Pfänder stützte sich hiebei auf die Beobachtungen und Aussagen seiner Kundschafter, die sich natürlich oft als unzuverlässig erwiesen, da die Aussicht auf Belohnung bezw. Ausfolgung eines Prozentsatzes der Geldstrafe die Leute es oft mit der Wahrheit nicht genau nehmen ließ. Die Kundschafter wurden meist von jedem Pfänder neu bestellt, doch wurden als tüchtig erprobte auch vom Nachfolger mit übernommen 61). Sie wurden auch als Lockspitzel verwandt, obwohl der Rat sich mit Recht gegen diese Praxis aussprach62). Heimliche Rügen, deren Beweis auf schwachen Füßen stand und die vor dem Fünfergericht eidlich leicht entkräftet werden konnten, veranlaßten die Metzger nicht selten, den Eid überhaupt auf die leichte Schulter zu nehmen. Gegen diese Gewissenlosigkeit hatte der Rat immer wieder von neuem anzukämpfen63); in einem seiner hiegegen gerichteten Beschlüsse gab er sogar der Befürchtung Ausdruck, Gott werde in seinem Zorn über diese Häufung der Meineide das Gedeihen des Metzgerhandwerks und damit der Fleisch Versorgung der Stadt schädigen 64). Nachdem man auf Drängen des Handwerks von Eidesauferlegung im Rügeverfahren probeweise Abstand genommen hatte, ohne, jedoch damit günstigere Resultate zu erzielen65), versuchte man schließlich dem Übel zu steuern auf dem einzig möglichen Weg: durch genaueste Nachforschung. Falls die Kundschafter den Namen des übervorteilten Abnehmers nicht kannten, sollten sie sich das Haus merken, wo er das Fleisch hinbrachte66). Bei der Verhandlung sollte zwar der Eid dann auferlegt, vor seiner Ableistung jedoch, um sichern Meineid m

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hindern, des Käufers überführende Aussage gehört werden67). Durch Extrabelohnungen in Einzelfällen, sowie am Schluß eines halben oder ganzen Jahres, während dessen die angebrachten Anzeigen als stichhaltig sich erwiesen hatten, suchte man die Kundschafter zur Genauigkeit anzuhalten68). Desgleichen drang der Rat auf Spezifikation der Rügen in den Rügezetteln 69), wenigstens bei Mängeln in Quantität und Qualität, während andrerseits die Preisrüge nicht auf einen bestimmten Preis, sondern allgemein auf Überschreiten der Taxe abgestellt sein sollte, um dem weiten Gewissen der Metzger nicht noch weiteren Spielraum zu lassen 70). Ferner verbot man dem Pfänder schließlich ganz, Rügen nur nach dem Hörensagen anzubringen, er mußte vielmehr durch persönliches Verhör der Kundschafter über den Tatbestand nach Möglichkeit sich vergewissern 71). Endlich zog man auch den Plan in Erwägung, neben den beiden Fleischmarktmeistem noch besondere Aufseher anzustellen, ohne ihn jedoch auszuführen 72). Eigenmächtigkeiten des Pfänders duldete der Rat nicht; Beanstandungen, die sich nicht auf den Wortlaut der Vorschriften stützten und vielleicht rachsüchtigen Motiven entsprangen, wurden abgewiesen; ebenso Neuerungen auf eigene Faust, wogegen Besserungsanträge der Würdigung nicht entraten sollten; Versuche, Rügen nur auf die Dienstboten, nicht auf Meister und Meisterin zu beziehen, sowie ein andermal Absetzung eines Rugsknechts infolge von Differenzen wurden schleunigst rückgängig gemacht78). Rechte Hand des Pfänders waren die Marktmeister. Ur­ sprünglich gab es nur einen74), der mit Überwachung des gesamten Verkehrs auf dem Markt, besonders mit der Lebensmittelkontrolle betraut war75). 1493 wurden noch zwei weitere bestellt, aus­ schließlich für die Führung der Aufsicht in den Fleischhäusern 76). Dort stand ein eigenes Gemach zu ihrer Verfügung, um das Fleisch nachzuwiegen 77); zum gleichen Zweck konnte das Markt­ meisterhäuschen am großen Markt, dem heutigen Hauptmarkt, verwendet werden. Jeder Käufer hatte das Recht Nachwiegen zu verlangen, und die Marktmeister waren außerdem gehalten, mehrmals in der Woche den Dienstmägden das Fleisch, welches sie für ihre Herrschaft holten, aus den Körben zu nehmen zwecks Nachprüfung des Gewichts78). Begehrte einer der Fleischmeister (das war ihr spezieller Name) von einem Metzger die Öffnung

30 seiner Truhe, um zurückgehaltenes oder reserviertes Fleisch auf­ zuspüren und dem allgemeinen Verbrauch zuzuführen, so mußte dieser bei Strafe unverzüglich Folge leisten 79). Der Fleischbeschau mußten auch die Marktmeister anwohnen80); anfänglich war ihnen sogar Schlachten und Verkauf freigestellt, späterhin jedoch ver­ boten 81). Ferner gehörte das Authängen der amtlichen Preis­ verzeichnisse, der „Täfelein“, an den Verkaufsständen zu ihren Aufgaben82). Kommissionsweiser Einkauf von Fleisch für Bürger war ihnen nur ausnahmsweise gestattet83); gänzlich untersagt war ihnen solcher auf Rechnung des Pfänders84), um die Amts­ beziehungen nicht zu beeinflussen, sowie für Herren vom Rat, da dies nicht selten zum Vorwand diente, um Wirten und andern Personen mit starkem Bedarf gute Sorten und größere Mengen mit Zwischengewinn in die Hände zu spielen85). Passive Be­ stechung in irgend welcher Form war den Marktmeistern und ihren Frauen, die gerne mit den Metzgerinnen zu zechen pflegten, gleichwie dem Pfänder strengstens verboten86), in der Regel aber auch ohne Erfolg. Ihre ständig beklagte Nachlässigkeit87), die durch Unterlassung jeglicher Rüge im Lauf eines ganzen Jahrs aufs klarste belegt wird 88), war nicht zuletzt hierauf zurückzuführen. Strafen und Entlassungen wegen Pflichtversäumnis waren so an der Tagesordnung89). Wenn das Amt auch fast durchweg Metzgermeister und -gesellen innehatten, die selbstverständlich dann auf ihr Handwerk verzichten mußten90), so suchte man doch bisweilen Anwärter auch außerhalb dieses Kreises91). War zeitweise die Aufsicht der Marktmeister über den Fleisch verkauf gar zu lässig oder ihre Beanspruchung dabei zu beträchtlich, so wurden sie schließlich auch einmal, um den ganzen Tag über in den Bänken anwesend sein zu können, von der Verpflichtung der Beschauteilnahme befreit92) oder Stadtschützen neben ihnen mit der Aufsicht betraut, die dann zugleich auf die Tätigkeit der Marktmeister selbst ein scharfes Auge haben mußten und die Hälfte der auf Grund ihrer Anzeigen verwirkten Strafgelder ein­ stecken durften93). Dadurch zogen diese Schützen jedesmal den stärksten Haß der Metzger auf sich, der in wüsten Beschimpfungen und Bewerfen mit Knochen sich Luft machte, sodaß sie sich wegen anhaltender Verhinderung in der Ausführung ihres Auf­ trags schutzheischend an den Rat wenden mußten94).

Nürnberg, von jeher stark darauf bedacht zu große Kon­ kurrenz fernzuhalten, bildete daher schon frühzeitig eine Domäne der gesperrten Handwerke, welche nur aus Bürgerskindern der Stadt sich ergänzten, Nichtbürgerssöhnen unzugänglich waren und demzufolge das Verbot des Wanderns strengstens einhielten95). Auch die geschlossenen Handwerke treten sehr bald auf. 1402 wird die Zahl der Messingschläger auf 12 96), die der Blechschmiede auf 1597) und 18 Jahre nachher die der Färber auf 8098) festgesetzt. Das Metzgerhandwerk ist in keine der beiden Kategorien glattweg einzureihen. Am ersten noch in die der geschlossenen Handwerke; was sonst die ein für allemal fixierte Mitgliederzahl, war hier die für lange Zeit gleichbleibende Anzahl der Fleisch­ bänke. Die vorzugsweise Erneuerung des Handwerks aus dem eigenen Kreis heraus, was u. a. erhellt aus der Neigung die Bänke zu vererben, ist zweifellos das wesentliche Merkmal der Sperrung. Aber gleichwie Meistersöhne einem andern Beruf sich zuwenden konnten, so waren auch Fremde von Gesellendienst und Meister­ würde keineswegs ausgeschlossen. Ebenso war vom Wanderverbot keine Rede. Vielmehr mußte, während bei Meistersöhnen Wander­ schaft ins freie Belieben gestellt war, ein Auswärtiger oder ein Nürnberger, der nicht eines Fleischermeisters Sohn war, mindestens zwei Jahre auf der Wanderschaft zubringen99). An der allgemeinen Bewegung der Gesellen, die ihren Brenn­ punkt fand in den Kämpfen mit den Obrigkeiten um die Aus­ führung der das Handwerk betreffenden Artikel der Reichspolizei­ ordnungen und Reichstagsabschiede des 16. Jahrhunderts100), nahmen die Gesellen des Metzgerhandwerks keinen ersichtlichen Anteil. Vom Oktober 1551 bis zum gleichen Monat 1553, wo wieder der Umschwung zugunsten der Gesellenschaft eintrat, waren in Nürnberg die Schenken beseitigt, die Verbände der Gesellen zerstört, die Arbeitsvermittlung in den Händen der Meister101): die Metzgergesellen betraf das alles nicht, ihr Hand­ werk war ein ungeschenktes102). Kaum vor dem 17. Jahrhundert und wohl im Zusammenhang mit der zunehmenden Verarmung der Nürnberger Metzgerschaft, welche zur Auffrischung durch Auswärtige zwang103), sowie mit dem Beispiel, das die organisierte Gesellenschaft der andern Handwerke ständig vor Augen stellte,

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errangen auch die Metzgergesellen ihre Herberge, wo Zugewanderte und ausständige Einheimische, selbst wenn sie Meistersöhne waren, Unterkommen finden konnten. Alle Vierteljahre kamen sie dort in Gegenwart des Rugsschreibers als Vertreters des Rats ordnungs­ gemäß zur „Umfrage“ zusammen, wobei jeder für kranke oder notleidende Mitgesellen den Betrag von 6 Kreuzern in die Unter­ stützungskasse zu entrichten hatte104). Allgemeines Erscheinen in ehrbarer Kleidung war geboten. Wer durch auswärtige Geschäfte abgehalten war, mußte sich entschuldigen sowie das „ Aufleggeld “ — eben den Unterstützungsbeitrag — durch andere zahlen lassen105). Wie überall hatte auch bei der Umfrage der Metzger­ gesellen strenger Komment zu herrschen: Fluchen und Gottes­ lästern, Raufen und Schlagen, Hänseln und Spitznamen waren verpönt106). Die Meisterschaft war dabei durch drei geschworene Meister vertreten, während die Leitung in den Händen von vier Altknechten lag, von denen halbjährlich zwei ausschieden und durch Neuwahl ersetzt wurden. Wortführer war der „vorderste“ Altknecht, den „Ausspruch“ mußten die Geschworenen tun107). So verstand es der Rat, gestützt auf den mindestens latenten Gegensatz zwischen Gesellen und Meistern, durch Zweiteilung des Verfahrens geschickt eine Überschreitung der Bewegungsfreiheit bei der Umfrage zu verhüten. Nur ganz geringfügige Verfehlungen durften bestraft werden, und zwar nicht mit Geld, nur mit höchstens einem Maß Wein; um auch dieses Zugeständnis nicht als zu autonom, zu „ zünftlerisch “ erscheinen zu lassen, ward sie aus­ drücklich mit dem Entlastungsbedürfnis der Behörde motiviert108). Lehrlinge, die ausgelernt hatten und zum erstenmal als „Knechte“ der Umfrage an wohnten, mußten wenigstens 30 Kreuzer in die „ Lade “ einzahlen, andere Einstandsgelder waren ab­ geschafft109). Jedes Halbjahr fand gemeinsame Zeche des gesamten Handwerks statt; daran hatten neben den vier Altknechten mindestens zwölf andere Gesellen teilzunehmen; ihr Beitrag durfte 30 Kreuzer nicht übersteigen, arme Gesellen waren auch hievon befreitno). Während der Zeche, in Anwesenheit der Meister, galt es für die Gesellen bescheidene Haltung zu wahren; zu unmäßigem Essen und Trinken durfte keiner genötigt werden; wer mehr Bier oder Wein, als mit Hand und Fuß zu bedecken war, ausgoß, sollte ein Maß des verschütteten Getränks als Strafe zahlen.

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Auf Borg durfte nichts genommen werden111); Verlassen der Herberge, um in einem andern Wirtshaus nach Belieben weiter­ zechen zu können, galt als unzulässig 112). Das war trotz aller Schranken eine gewaltige Änderung in der Organisation des Fleischergewerbes seit den Zeiten, wo — wie noch im Jahr 1505 — eine freie Vereinigung der Metzger nur zu dem streng begrenzten, rein kirchlich-brüderschaftlichen Zweck, ein eigenes Leichentuch zu besitzen, genehmigt worden war, aber mit dem Zusatz „ on ein püchsen und all ander zünftisch wesen “ 113). Wenn im weitern Verlauf das Handwerk auch in den Besitz einer Kasse gekommen war, die der Rat sogar dotierte, indem die Strafe für verbotenen Verkauf rohen Fleisches seitens der Wirte und Garköche zur Hälfte ihr zufloß (1574) 1U), und Besprechungen auch in Fragen der Handwerksinteressen gerade bei den Metzgern nie zu umgehen waren, weil bei ihnen die schwierigen Probleme der Beschaffung, des Einkaufs, der Zahlung, Verteilung und Verwertung fortgesetzt zur Erörterung standen: die Anfänge selbständiger Organisation im Gegensatz zu der bestehenden autoritär-regulativen, liegen doch erst in dem, was die Gesellen für sich und damit für das Handwerk erreichten. Die allgemeinen Vorschriften115) über Lehrlinge, Gesellen und Meister fanden ihre Anwendung auch beim Metzgergewerbe. Lehrgeld wurde niemals verlangt, auch nicht zu den Zeiten, wo auf andern Handwerken dessen prohibitive Erhöhung, z. B. auf 60 Gulden bei Barbieren, Ätz- und Flachmalern, in Blüte stand Die Lehrzeit betrug drei Jahre, was dem Durchschnitt entsprach. Ein Mindestalter war nicht vorgeschrieben U6). Jeder Lehrvertrags­ abschluß mußte beim Pfänder angezeigt werden, der dann das Einschreiben des Lehrjungen in das Lehrjungenbuch 117) besorgte. Ohne zureichenden Grund, worüber Rugsamt und Pfänder zu befinden hatten, durfte kein Lehrling die Arbeit bei seinem Meister verlassen, wollte er nichtseine Zugehörigkeit zum Handwerk überhaupt in Frage stellen. Ergab sich Verschulden des Meisters, so konnte der Lehrling bei einem andern Meister auslernen, während der frühere Lehrherrbis zur Beendigung der Lehrzeit bei diesem keinen andern Lehrling mehr annehmen durfte l18). Zur Kündigung des Lehrverhältnisses berechtigte auf Seite des Meisters: Unfleiß, Ungehorsam, Diebstahl und Übernachten des Lehrlings außerhalb 3

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des Hauses ohne Erlaubnis des Meisters; auf Seite des Lehrlings: ungenügende Verpflegung und Unterkunft, ungebührliche Arbeits­ belastung, Mißhandlung und endlich Beeinträchtigung der Ausbildung durch Hausarbeit, Kinderwarten u. dgl.119). Ein Lehrbrief sollte auf dem Metzgerhandwerk nur mit Vorwissen des Rats erteilt werden, wenngleich lange Zeit hindurch Ausstellung seitens des Meisters gang und gäbe war120). Eine Meisterswitwe galt als nicht befähigt zur Lehrlingserziehung121). Zahl der Lehrjungen hing einzig’ und allein vom Bedarf ab. Auch die Menge der zu beschäftigenden Gesellen stand dem Handwerk frei122). Als jedoch der Niedergang, besonders des Kleinbetriebs, infolge der allgemeinen Viehknappheit und Preis­ revolution einsetzte — von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an mehren sich die Klagen über Verarmung und die Symptome des Verfalls —, suchten auch die Metzger ihre Zuflucht bei der Erschwerung der Möglichkeit Meister zu werden. 1579 erstrebten sie zum erstenmal in einer Eingabe eine Regelung in der Frage der „Überhäufung der jungen Meister“ 123). Doch erst nach sieben weiteren Jahren gelang es ihnen, unter Hinweis auf die fremden Gesellen, die nur das geringe Vermögen von 100 Gulden zur Erlangung des Bürgerrechts nachzuweisen brauchten, ihre Forderung durchzusetzen. Als Voraussetzung zum Meisterrecht wurde das Erfordernis sechsjähriger ununterbrochener Gesellenzeit auf dem Nürnberger Handwerk statuiert und gleichzeitig der Vermögens­ nachweis zwecks Einbürgerung auf die Summe von 200 Gulden erhöht. Wer die Tochter oder Witwe eines Meisters heiratete, konnte jederzeit Meister werden 124). Die Gesellenjahre waren zur einen Hälfte als „Gäuknecht“, d. h. als Einkäufer auf dem Land und Viehtreiber, zur andern als „Bankknecht“, d. h. als Schlächter und Verkäufer, zu verbringen 125). Der Bankknecht genoß bereits gewisse Aufsichtsbefugnisse über Jungen und Gäuknechte126). Im übrigen zählte auch der Geselle mit zum Haushalt des Meisters; auch er durfte ohne dessen Wissen das Haus nicht verlassen, abends nicht länger als bis zum Läuten der Feuerglocke ausbleiben, nicht anderswo übernachten, kein Kostverächter sein. Er hatte seinem Meister treu zu dienen und stets auf dessen Nutzen bedacht zu sein, hauptsächlich beim Einkauf auf dem Viehmarkt und auf dem Land, „im Gäu“. Was alles bei diesen Gelegenheiten beliebt

35 war, zeigen nur zu deutlich weitere Verbote: das vom Meister empfangene Geld sollte nicht verspielt und vertrunken, darüber hinaus keine Schulden gemacht, kein übles und herausforderndes Benehmen auf den Kälber- und Viktualienmärkten zur Schai^ getragen, kein eingekauftes Vieh hinter dem Rücken des eigenen an andere Meister oder Personen wieder verkauft werden usw.127). Die Dingung eines Gesellen hatte regelmäßig auf mindestens ein Jahr zu erfolgen, über außerordentliche Kündigung entschied das Rugsamt. Ein Geselle, der diese Vorschrift außer acht ließ, mußte halbjährige Stadtverweisung gewärtigen sowie Anschrift an der „schwarzen Tafel“ zum Zeichen der Unredlichkeitserklärung, wenn er sich vor Ablauf der Frist in der Stadt antreffen ließ128). Die Forderung, daß Gesellen lediglich auf Grund einer „Kundschaft“, d. h. Bescheinigung über Tauglichkeit und Wohl verhalten von Seite des Meisters, bei dem der Ankömmling zuletzt in Arbeit gestanden, sollten angenommen werden, war vom Handwerk bereits 1586 aufgestellt, aber nicht durchgesetzt worden; der Rat hatte weitläufige Wirkung eines solchen Präzedenzfalls auf andere Handwerke befürchtet und die Meister daher angewiesen, sich mit Kautions­ leistung oder Vorzeigen eines behördlichen „Abschieds“ zu begnügen129). Ungefähr hundert Jahre später war freilich Notwendigkeit einer „Kundschaft“ eine bereits lange gültige Vorschrift130). Ein Meisterstück 131) bezw. ein sonstiger Befähigungsnachweis, war nicht gebräuchlich. Die redlich verbrachte Gesellenzeit gewährte ohne Prüfung Anwartschaft darauf, von den Geschworenen vor dem Fünfergericht als Meister „angesagt“ zu werden. Nach diesem Akt wurde der junge Meister zum Rugsschreiber geführt, der ihm die Ordnung seines Handwerks vorzulesen hatte, da es oft genug vorgekommen war, daß Gerügte sich auf Unkenntnis der Vorschriften, die sie niemals gehört, berufen hatten132). Neue Meister durften in den ersten beiden Jahren keinen Lehrknecht annehmen. Hatte ein Meister einen Jungen aus der Lehre gegeben, so war ihm — auch eine Vorschrift, um Handwerks­ übersetzung hintanzuhalten — ein „ Stillstand “ von drei Jahren vorgeschrieben, innerhalb dessen er ohne Lehrling auskommen mußte133). Die Zulassung zum Meisterrecht bedang einzig und allein den Nachweis eines bestimmten Barkapitals, der eidlich 3*

36 zu erbringen war und offenbar auch bei Einheirat nicht nach­ gelassen wurde. Der vorgeschriebene Betrag — Ausnahmen in Einzelfällen kamen vor134) — belief sich nach Bestimmung vom Jahr 1407 135) auf 30 Gulden 1513186)



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(1591)137)200 ,, Voraussetzung für Erlangung des Bürgerrechts für einen Metzger war ein Kapital von 1492 138) 60 Gulden 1586139) 200 „ (1626) 14) 300 „ 1626 zog der Rat bereits weitere Erhöhung auf 500 bis 600 Gulden in Erwägung. Der Nachweis oblag eigentlich nur Gesellen, die Bürger werden wollten, denn mit dem Meisterrecht war Bürgerrecht ja an sich verbunden141). Die Anzahl der neuen Meister betrug in den Jahren 1430—1462: 47u2) 1461—1495: 51u3) , 1496—1534: 99u4) 1534—1571: 136145>

Auch unter den Neubürgern, deren Listen bis aufs Jahr 1314 zurückgehen 146), findet sich in den meisten Jahren einiger Zugang für das Metzgergewerbe; die Zahl 7 je für die Jahre 1396 und 1397 ist dabei die höchste; späterhin, zugleich mit dem relativen und absoluten Sinken der Neuaufnahmen, geht auch das Kontingent des Metzgerhandwerks dabei zurück. Die geschworenen Meister wurden nach den Verkaufsplätzen aufgestellt147). Im alten Fleischhaus walteten sechs, im neuen vier ihres Amts, zu denen weiterhin noch zwei für die Bänke der Dorfmetzger traten; diese wurden aus dem Kreis der Land­ schlächter entnommen, so daß mithin auch Nichtbürger' vom Rat als Aufsichtsorgane im städtischen Dienst vereidigt waren, freilich zunächst ebenfalls nur über Nichtbürger; da sie aber an allen Schritten der übrigen Geschworenen bei Vertretung der Handwerksinteressen teilnahmen, so ergab sich der seltene Fall, daß Nichtbürger auch über Angelegenheiten der Nürnberger Metzger mit zu befinden hatten. Die Nominierung der Ge-

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schworenen geschah durch Aufstellung einer Vorschlagsliste in einer allgemeinen Handwerksversammlung; die Auswahl trafen die Amtbuchherren mit Unterstützung des Ratsmitglieds aus dem Handwerk, des sogenannten Ratsfreundes, dann des Pfänders und des Zinsmeisters in seiner Eigenschaft als Einnehmer der Bankzinse148). Mit Zunahme der Handwerkerzahl ließ man übrigens die Liste nur bei kleinen Handwerken in einer Voll­ versammlung aufstellen, bei großen Handwerken, darunter auch dem der Metzger, begnügte man sich mit Zuziehung von io bis 12 der ältesten Meister149). Ordnungsgemäß hatten unter den alten Bänken jährlich zwei Geschworene im Turnus auszuscheiden und mußten neu gewählt werden, unter den neuen und Gäste­ bänken je einer. Wiederwahl war jedoch zulässig150). Neben sorgsamer Beschau war Hauptaufgabe der Ge­ schworenen Rügerecht und Rügepflicht, worein sie sich mit den Fleischmarktmeistern und dem Pfänder teilten. Rügbar war jede Übertretung der Vorschriften inner- und außerhalb der Fleisch­ häuser151) von Seite eines Handwerksangehörigen, mit Einschluß der Geschworenen selbst152). Natürlich übten sie das Rügerecht ebenso wie die Schau häufig nur nachlässig und einseitig aus153), da sie sich in ihrer Doppelstellung von den Interessen des Hand­ werks, diesfalls freilich unberechtigten, nun einmal nicht völlig frei zu machen vermochten; andererseits war ihr Amtsansehen doch hoch genug, um Metzgerrügen der Marktmeister nur mit ihrer Bestätigung Geltung zu verschaffen 154). Im übrigen drückten sie bei Überschreitung der Höchstpreise gern ein Auge zu, beriefen sich sogar wider besseres Wissen auf eine angeblich amtliche Taxerhöhung155), ließen verbotenes Zuwägen zu156), gestatteten gleichzeitige Abgabe von Kuh- und Ochsenfleisch157), beanspruchten Ausnahmestellung in ihrem eigenen Geschäfts­ betrieb (z. B. Ablösung der Felle von den Schafskörpern vor der Beschau158) und gingen schließlich sogar so weit, einen Ochsenmakler aus eigener Machtvollkommenheit seines Amts zu entsetzen159). Gelegentlich enthob der Rat auch einen Ge­ schworenen wegen Unzuverlässigkeit nach Rücksprache mit dem Pfänder für immer seines Postens160). Daß trotzdem die Ein­ richtung der Geschworenen in der Regel ihren Zweck erfüllte, läßt sich am besten daran erkennen, daß sie, besonders in früherer

38 Zeit, starker Unbeliebtheit bei den Handwerksgenossen begegnete. Ausdrückliche Schutzvorschriften hinsichtlich Ausübung des Amtes, wie sie in andern Städten vorkamen161), finden sich zwar in Nürnberg nicht; doch wurden Beleidigungen der Geschworenen exemplarisch bestraft und die Metzger ernstlich gewarnt, sie „unverlupft“ zu lassen162). Die Rügen der Geschworenen163), auch teils offene, teils geheime, wurden wöchentlich viermal dem Pfänder vorgetragen, der sich mit den Geschworenen über die Stichhaltigkeit der gemeldeten Verfehlungen einigte und die Anzeige ans Fünfergericht erstattete. Die eine Hälfte der Strafgefälle kam dabei dem Pfänder, die andere der Stadtkasse zu 164). Bei dieser gemeinsamen Sitzung der Geschworenen mit dem Pfänder mußte, um Beeinflussungen hintanzuhalten, ein Geschworener, dessen Freunde von den andern gerügt wurden, bis zur Erledigung des Falls die Sitzung ver­ lassen165). Die Übertreter wurden ursprünglich, als der Pfänder noch die Gerichtsbarkeit innehatte, durch einen Büttel vor diesen zitiert und von ihm abgeurteilt. Bei Nichterscheinen des Gerügten konnte der Pfänder mit Banksperre einschreiten und jeden in Strafe nehmen, der gleichwohl seine Bank dem Gestraften zur Ver­ fügung stellte166). Spätestens in der zweiten Hälfte des ^.Jahr­ hunderts167) wurde dann, die Entscheidung in Fällen der Metzger­ rüge vor die Fünfer gezogen. Der Bußanteil des Pfänders blieb bestehen; auch die Anzeige sollte nach einer Verfügung v. J. 1516, wie nach einer zwei Jahre später für die Marktmeister erlassenen, direkt am Fünfergericht erfolgen 168). Beide Bestimmungen waren nur vorübergehender Natur. Die Verhandlung vor dem Pfänder kam mindestens daneben bald wieder in Aufnahme und führte schließlich, wohl wegen dabei obwaltender Parteilichkeit, zu einer Eingabe des Handwerks betreffend Abstellung der im Einvernehmen mit den Geschworenen getroffenen Rügentscheide des Pfänders. Daraufhin ward jedem Meister, wie bei den Fischern, Rügerecht |zuerkannt und entsprechend Rügepflicht auferlegt; die Anzeige jlwar beim Pfänder anzubringen, der Strafbefehl in Form des |fMetzgerrügezettels durch die Fünfer zuzustellen. Daß diese tief^einschneidende Änderung des Verfahrens, die einer Aufhebung des Geschworenenamts fast gleichkam, nur in der Animosität der Metzger mindestens gegen dessen augenblickliche Träger ihren

Ursprung hatte, wird deutlich durch die Beibehaltung des Pfänders als Zwischeninstanz. Die Verordnung dürfte jedoch kaum in Kraft getreten sein; zehn Tage nach Erlaß wurde sie infolge neuen Gutachtens der Referenten wieder zurückgezogen169). Die Geschworenen hatten wieder die alleinige Berechtigung neben Pfänder und Marktmeistern zu rügen, sowie die Wahl ihre Rügen bei jenem oder vor den Fünfern selbst anzugeben 17°). Damit wollte man sicher nicht über die unleugbaren Nachteile dieses Aufsichtssystems sich täuschen, aber man erkannte doch wohl, daß man ein größeres Übel gegen ein geringeres einzutauschen im Begriff stand. Viel­ leicht sprachen auch üble Erfahrungen, die man in dieser Be­ ziehung beim Fischergewerbe gemacht hatte und die in der Zwischenzeit bei Fortsetzung der Beratungen größere Durchschlags­ kraft erlangt hatten, gegen die Neuerung. Mit Schau und Rüge sind die vornehmlichsten Funktionen der Geschworenen umschrieben; alle andern traten diesen täglichen Pflichten gegenüber zurück und ergaben sich nur von Fall zu Fall: so z. B. Vermittlung zwischen Handwerk und Rat, einerseits durch Überreichung von Eingaben, andrerseits durch Publizierung von Bescheiden; Verhinderung und Anzeige autonomer Tendenzen jeglicher Art im Schoß des Handwerks; Abnahme des Vermögens­ eides von Bewerbern um die Meisterwürde; Ansage neuer Meister vor dem Fünfergericht; Andingung von Lehrlingen im Haus des Lehrmeisters u. dgl. mehr171). Wie in andern Städten172), war auch in Nürnberg eine Teilung des Fleischergewerbes jijL.. Rinder- „ und Schweinemetzgerdurchgeführt; nur jene unterlagen dem Schlachthauszwang und auch nur insoweit, als sie nicht anderes Kleinvieh: Schafe, Böcke, Lämmer und Kälber schlachteten. Die Teilung war, wie auch in Köln und Ulm — die Ulmer Ordnung diente überhaupt injäifi&fir Frage als Vorbild für Nürnberg173) —, jeweils nur für ein Jahr gültig. Jeder Metzger hatte am Termin der Bankverlosung zu ; erklären, für welche Viehgattung er für das kommende Jahr sich entschieden habe. Trotz dieser Möglichkeit jährlichen Übergangs lag es in der Natur der Sache, daß die einmal getroffene Wahl tunlichst beibehalten wurde, sofern nicht triftige Gründe einen Wechsel rechtfertigten174).

Jedes Spezialhandwerk hatte seine

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eigenen Geschworenen und vertrat durch diese seine Interessen gegenüber dem Rat selbständig, nicht selten in Opposition zum andern Teil. Die ersten Beratungen über die Sonderung begannen im Jahr 1529175), aber erst um die Wende 1531/32 kam es zu Beschluß und Ausführung176). Von da an datierte, da man ja nicht, wie z. B. in Straßburg, die Verwertung aller Arten von Kleinvieh der einen Gruppe zugewiesen hatte, ein ständiger, mit wechselndem Erfolg geführter Kampf der Schweinemetzger um die Genehmigung auch Kleinvieh schlachten zu dürfen. Sie beriefen sich dabei auf gebieterisches öffentliches Interesse, während der Rat die Gefahr betrügerischer Übervorteilung des Publikums — war doch der Preis des übrigen Kleinviehfleisches häufig niedriger als der des Schweinefleisches — besonders beim Verwursten ins Feld führte. 1558 brachte äus solchen Gründen der Rat die strenge Beschränkung auf Schweineschlachten den Schweinemetzgern in Erinnerung und beharrte trotz Gegeneingabe fest auf seinem Standpunkt177). Doch gleich im nächsten Jahr erfolgte ein neues Gesuch mit der Begründung, daß infolge des vorjährigen Beschlusses empfindlicher Mangel an Kalb-, Hammel­ und ähnlichem Fleisch eingetreten sei; abermals vergebens, vor­ nehmlich infolge eines vom Rat bei den Rindermetzgern eingeholten Gegenberichts 178). Zwei Jahre hernach trat, vielleicht durch eine Seuche hervorgerufen, derartiger Mängel an schlachtreifen Schweinen in der Stadt auf, daß angeblich dem Handwerk Feierzwang drohte; mit Suspension der von den Schweinemetzgern aus diesem Anlaß erneut zäh bekämpften Vorschrift erklärte sich das Gewerk der Rindermetzger jedoch nur unter der Bedingung einverstanden, daß neben der Schlachtung von Kleinvieh auch solche von Großvieh von ihnen übernommen werde 179). Welcher Gedanke die Rinder­ metzger hiebei leitete, liegt auf der Hand: konnte angesichts des bedenklichen Schweinemangels auch ein völlig ablehnender Stand­ punkt nicht eingenommen werden, so waren doch mit der Ver­ pflichtung sich plötzlich auf Großvieh einzustellen, den kapitalschwächeren Schweinemetzgem derartige Unannehmlichkeiten ge­ schaffen, daß das Entgegenkommen ohne viel praktische Bedeutung verblieb. Das Jahr 1564 brachte abermals eine vorübergehende Aufhebung der beengenden Vorschrift, die bis 1573 in Kraft Stand180). Mit einer Übergangsfrist von acht Tagen, in denen

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die Schweinemetzger alles andere Vieh losschlagen mußten181), ward sodann der alte Stand wiederhergestellt, woran auch erneute Petitionen in den Jahren 1579 182) und 1580183) nichts mehr zu ändern vermochten. Auch in den folgenden Jahrzehnten sollte die Angelegenheit wieder in Fluß kommen, ohne daß jedoch eine grundsätzliche Änderung getroffen wurde184).

4. Kapitel.

Die Schweinezucht in der Stadt - Das Schweine­ stechergewerbe - Die Wurstherstellung - Die Landmetzger - Die Polizeistrafen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß in der mittelalterlichen Stadtwirtschaft die Schweinezucht eine große Rolle spielte1). Jeder Bürger und Einwohner, der dazu irgendwie in der Lage war, mästete Schweine, schlachtete sie selbst oder ließ sie schlachten und deckte sich mit Salz- und Rauchfleisch sowie Speck für seinen Hausbedarf ein. Bei einigen Gewerben, besonders den Müllern, Bäckern und Pfragnern, bildete die Schweinezucht geradezu einen Nebenbetrieb; die reichlich verfügbaren Abfälle gaben das beste Material für die Mästung ab. Die Ulmer Müller scheuten sich nicht zu diesem Zweck einen Teil des von ihren Kunden zum Ausmahlen gelieferten Getreides zu unterschlagen 2). Die „ Bäcker­ schweine“ und die durch deren Halten, Schlachten und Verkauf zwischen den Handwerken der Bäcker und Metzger stets neu genährten Mißhelligkeiten stellen ein keineswegs seltenes Kapitel älterer Stadtgeschichtsquellen dar; sie wurden nicht nur mit Worten und Eingaben ausgefochten, sondern zuweilen auch auf handgreiflichere Art, wozu gemeinschaftlicher Verkauf durch die beiden Konkurrenten in den gleichen Bänken Veranlassung bot, wie u. a. das Beispiel Wiens (1340) und Straßburgs (1412) beweist. In Straßburg führte der Zwist schließlich sogar zur Einräumung besonderer Bänke für die befehdeten Bäcker3). Der Regel nach fand der vorwiegend autarkisch-protek­ tionistische Grundzug der mittelalterlichen Stadtwirtschaftspolitik hinsichtlich der eigenstädtischpn Vieh- und besonders Schweine­ zucht seinen Ausdruck in der Bestimmung, daß alles in der Stadt

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oder auf städtischer Weide aufgezogene und gemästete Vieh nicht ausgeführt werden, sondern dem Fleischbedarf der Gemeinde zugute kommen sollte4). In Nürnberg bestand eine solche Vor­ schrift nur für in der Stadt gemästete Schweine, und zwar bereits im 14. Jahrhundert, doch wurde sie wahrscheinlich auch auf andere Viehgattungen ausgedehnt; im übrigen durfte kein Vieh, das innerhalb zehn Meilen im Umkreis der Stadt gekauft, noch Vieh, das zwar außerhalb dieses Bezirks gekauft, aber einmal in ihn hineingetrieben worden war, mehr nach außen verkauft werden ö). Die Schweinezucht gab auch dem Straßenbild der mittel­ alterlichen Stadt ein Gepräge, das immer noch eine gewisse Dorf­ ähnlichkeit aufwies6). Die Schweineställe waren unmittelbar vor den Häusern, die Tiere liefen frei auf der Straße umher und wurden zu Weide und Tränke durch die Stadt getrieben. Noch Mitte des 17. Jahrhunderts war das alles z. B. in Berlin an der Tagesordnung, und erst der Große Kurfürst verbot den Berlinern gänzlich das Mästen der Schweine7). In Nürnberg —- ähnlich wie in Ulm, wo man bei den sonstigen Anlagen für Straßenreinigung allein die Verunreinigung durch die Schweine beklagte8) — war die an sich so notwendige Schweinezucht mit ihren Begleiterscheinungen eine Quelle ständiger Kalamitäten. Um wenigstens etwas Besserung zu schaffen, wurde besonders mit Rücksicht auf die Fremden und hohen Herrschaften schon bald — 1475 — das Herumlaufen der Schweine vor den Häusern und in den Gassen, sowie das Lagern des Schweinemists auf dem Pflaster untersagt. Nur einmal täglich durften die Schweine an die Pegnitz zur Tränke getrieben werden; der Mist war in den Fluß zu schütten9). Die Schweineställe befanden sich in großer Menge am Stadt­ graben zwischen Frauen- und Spitalertor10), sowie zwischen der Stadt und Wöhrd11) und in Wöhrd selbst. Außerdem gab es noch Ställe im städtischen Eigentum vor dem Frauentor, die gegen Zins verpachtet wurden. Sie sollten hauptsächlich zur Unterbringung der von auswärts, namentlich aus Böhmen, zum Nürnberger Markt zugetriebenen Schweine dienen, die von der Stadt femgehalten werden sollten, und zwar nicht nur aus Gründen der Reinlichkeit, mehr wphi noch wegen der häufig bei ihnen

43 vorliegenden Seuchengefahr. Auch eine Herberge für die Schweine­ treiber und ihr Gesinde fehlte dort nicht. Der Stallpächter hatte einen ständigen Kampf zu führen gegen die verbotene Konkurrenz der Wirte in und vor der Stadt, die immer wieder böhmische Schweine bei sich einstellten und ihm dadurch die Aufbringung des Zinses erschwerten. Dazu kam, daß man den Wirten in Wöhrd seit unvordenklicher Zeit ein Sonderrecht in der Beherbergung der zugetriebenen Tiere zugebilligt und aufrecht erhalten hatte. Steigerte der Pächter die Miete oder brachte er die Fütterungs­ kosten stärker in Ansatz, so wandten wieder die Viehtreiber beschwerdeführend sich an den Rat. Schließlich wurde als Aus­ gleich gegenüber dem Wöhrder Privileg der Zins, der bisher 30 Gulden und nach dem Herbergsbau 36 Gulden betragen hatte, um 25 o/0 herabgesetzt12). Die Anlage von Schweineställen vor der Stadt in den Gärten war nur nach der vom Rat gegebenen Norm gestattet: 50 Schritte Entfernung vom Stadtgraben, von der Straße und den nächst­ gelegenen Behausungen. Neuerrichtung war genehmigungspflichtig13). Hand in Hand damit ging Beschränkung der Schweinezucht, zu­ nächst innerhalb der Landwehr, d. i. eines Grabens, der in der Entfernung einer starken Viertelstunde um die Stadt gezogen und hin und wieder mit Wachthäusern und Schlagbäumen versehen war, auf 20 Stück, während (1485) außerhalb derselben keine bindende Vorschrift galt14). Bald wurden weitere Unterschiede gemacht, indem man das Landwehrgebiet einteilte in den eigent­ lichen Stadtbezirk und den Umkreis vor der Stadt, sowie die Berechtigung zur Mast nicht nur in dieser lokalen, sondern auch in personaler Beziehung genau abstufte. So wurden gestattet16) für die Bäcker in der Stadt 10 Schweine, außerhalb der Stadt 20 Schweine Müller an der Pegnitz 10 Müller am Fischbach 4 JL6\ Marktpfragner 6 » / Ladenpfragner 4 » sonstige Bürger 3 » Spital und Klöster waren von der Kontingentierung ausgenommen.

1544 erhöhte man die Zahl für die Müller auf 1217),

44 1567 gab man für Bäcker und Pfragner, nicht jedoch für Müller, die Mästung außerhalb der Stadt frei58), ein Zeichen, daß in der Zwischenzeit auch diesen eine Begrenzung der Aufzucht vor­ geschrieben worden war. Fünf Jahre darauf mußten auch die Bäcker und Pfragner in Gostenhof und Wöhrd, die bisher die größere Vergünstigung des Außenrayons genossen hatten, sich an der Gleichstellung njit den innerstädtischen genügen lassen19). Natürlich herrschte fortwährender Argwohn unter den schweine­ züchtenden Gewerben selbst, um jede Überschreitung der gesetzten Höchstzahl sofort an die große Glocke hängen zu können. So ließ einmal der Rat auf Klage der Bäcker bei Müllern, Pfragnern, aber auch bei den Klägern selbst Bestandsaufnahme sämtlicher inner- und außerhalb der Stadt gehaltenen Schweine vornehmen: sie ergab allseitig eine stattliche Überzahl, die binnen dreiwöchiger. Frist bei Strafandrohung beseitigt werden mußte20). Bäcker, Pfragner und Müller waren hinsichtlich der Ver­ wertung ihrer Schweine lange Zeit, abgesehen vom Hausverbrauch, in erster Linie auf Verkauf an die Metzger angewiesen; konnten an diese nicht alle losgeschlagen werden, so galt doch seit Beginn der freien Viehmärkte zugunsten der Bäcker sicherlich eine still­ schweigende Ausnahme von dem allgemeinen Ausfuhrverbot für das in der Stadt gemästete Vieh; freilich ein so blühender Schweine- • handel, wie* er bei den Ulmer Bäckern bezeugt ist, die schließlich angehalten werden mußten, wenigstens den dritten Teil ihrer Aufzucht in der Stadt zu belassen21), ist in Nürnberg nicht an­ zunehmen; ein beträchtlicher Teil ging sicher auch unmittelbar in die Hände von Bürgern über. Dem Streben der Bäcker nach selbständigem Verkauf trat der Rat stets mit Rücksicht auf die Metzger entgegen.' Er konnte sich nicht dazu verstehen, ihnen eine eigene Bank im Fleischhaus anzuweisen; denn, so urteilte er, es werde ihnen „auch nit gefallen, wo die metzger sollten brot bachen und fail haben“ ; er befürchtete mit Recht ständige Zwistig­ keiten22). Diese Haltung nahm er noch im Jahr 1529 ein, doch schon zwei Jahre nachher ward zum erstenmal einem Bäcker Erlaubnis zum Fleischverkauf erteilt28). Die Fälle mehrten sich in der Folgezeit24), wobei regelmäßig die Konzession an drei Voraussetzungen gebunden war: 1. vergebliches Angebot an die Metzger, 2. Beschau und 3. ein um 1 Pfennig billigerer Verkaufs-

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preis. Die Beschau sollte wenigstens i—2 Tage vor dem Ab­ stechen stattfinden25), dieses selbst durch die vereidigten Schweinestecher erfolgen26). Der Preisnachlaß lag in den geringeren Mästungskosten begründet27). War gleich die Konkurrenz der Bäcker auf die Dauer nicht ganz zu verhindern gewesen28), so sollte bei ihnen vom Standpunkt der Metzger aus wenigstens ein Sondergewinn auf Grund ihres Vorteils bei der Mästung aus­ geschaltet sein; damit glaubten sie offenbar über den Anreiz, der in der Verbilligung für den Käufer lag, sich hinwegsetzen zu können. Umgekehrt fanden die Bäcker natürlich die Differenz zu stark und suchten um Ermäßigung auf die Hälfte nach; der Rat gewährte sie bei einer Taxe von 6 Pfennig, während es bei einer solchen von 7 Pfennig bei der bisherigen Vorschrift ver­ bleiben sollte29). Schließlich setzte man den höheren Preis für alle gemästeten Schweine in Kraft und beließ den niederen nur noch bei ungemästeten 30), was wieder einen Schlag für die Metzger bedeutete. Zu ernsten Konflikten kam es jedoch niemals ange­ sichts der klugen Kompromißtaktik des Rats81). Schlachtung und Verarbeitung von Schweinen für Privatbedarf oder für Verkauf seitens der Bürger, vor allem der schweinezüchtenden Handwerke, war im allgemeinen, sofern nicht der Bürger selbst Hand anlegen wollte oder konnte82), Aufgabe besonderer Lohn­ schlächter, die die Bezeichnung Säustecher führten und auch um Lohn Würste herstellten. Ursprünglich waren es ohne Zweifel Gesellen oder arme Meister, die auf diese Weise ein erwünschtes Nebeneinkommen zu erwerben suchten, oder einfach Leute, die sich durch Übung selbst für diesen Erwerbszweig ausgebildet hatten. Bald jedoch begann auch bei ihnen die Reglementierung. Schon 1431 88) ward ihr Lohn normiert und weiterhin eine bestimmte Anzahl von ihnen behördlicherseits vereidigt34); daneben gab es zwar noch immer, wie auch bis ins 17. Jahrhundert hinein, Störer und „ Streuner “3Ö), doch suchte man wenigstens auch sie der Lohntaxe zu unterwerfen86). Diese war abgestuft nach dem Preis der Schweine87), erhöhte sich etwas bei Verwendung anderer Därme als denen des geschlachteten Tiers zur Wurstherstellung und sollte naöh einer Bestimmung vom Jahr 1512 im Höchstfall 28 Pfennige erreichen38). Abstechen durfte erst nach Beschau durch einen der geschworenen Schweineschauer vor sich gehen89); stellte sich

46 gleichwohl nachträglich Unreinheit heraus, so war von fernerer Verarbeitung Abstand zu nehmen40). Ein von einem Bürger (Nichtmetzger) trotz des Zeichens der Unreinheit gekauftes Schwein — solche Käufe waren ungeachtet aller Vorschriften, die allerdings in erster Linie zum Schutz des allgemeinen Konsums bestanden, gerade keine Seltenheit — durfte nur auf dessen Ersuchen, das Nachweis alleinigen ^elbstverbrauchs in sich schloß, gestochen werden 41). Streben der Berechtigten und Pflicht des Rats, bestmöglich Unregelmäßigkeiten auszuschalten, führten bald zur Verleihung des Handwerkscharakters. Jeder Schweinestecher mußte Bürgerrecht und amtliche Bestallung besitzen42); Unberufene waren durch Pfänder und Schweinebeschauer, die fortan selbst vom Stechen ausgeschlossen waren, tunlichst fernzuhalten43), eine Bestimmung, die, wie erwähnt, nie restlos durchgeführt werden konnte. Drei geschworene Meister hatten die Verbindung zwischen Rat und den übrigen „gemeinen“ Schweinestechern aufrecht zu erhalten44). Das Handwerk war geschlossen und ungeschenkt. Die Höchstzahl seiner Mitglieder belief sich zunächst für die eigentliche Stadt nur auf io, dann (ab 1544) auf 20, schließlich (1559) auf 40 Meister. Ebensoviele Gesellen und Lehrlinge durften gehalten werden. In den beiden Vorstädten war die Zahl auf je zwei Meister und je zwei Knechte begrenzt. Die Knechte waren gleichfalls vereidigt45) • Fortführung des Handwerks nach eines Meisters Tod durch einen Knecht war nur mit Ratserlaubnis gestattet46). Petitionen um erledigte Meisterstellen, die ohne Gebühr verliehen wurden47), liefen stets zahlreich ein 48). Daran beteiligten sich auch Bauhandwerker, Tüncher und Steinmetzen, die — sei es infolge Rückgangs der Bautätigkeit oder mit Rücksicht auf den Saisoncharakter ihres Berufs — als Schweinestechergesellen sich angedingt hatten49). Über die Aufnahme entschied der Regel nach neben dem Alter das Gutachten der Geschworenen60). Die Lehrzeit war auf drei Jahre, das Lehrgeld auf 4 Gulden festgesetzt; dieses kam später in Wegfall. Die allgemeinen Vorschriften über Dingen und Einschreiben eines Lehrlings fanden Anwendung51). Wer drei Jahre gelernt hatte und im Besitz des Bürgerrechts war, hatte grundsätzlich wenigstens Anwartschaft auf eine freie Stelle. Abgesehen jedoch von der tatsächlich mäßigen

47 Aussicht auf Selbständigkeit hatten die Gesellen noch zu leiden unter absichtlicher Zurücksetzung durch ihre Meister, die so und so oft junge Burschen, die nur ungefähr drei Monate bei den Metzgern als Hütejungen gedient hatten, ohne jede Beachtung der vorgeschriebenen dreijährigen Lehrzeit zum Schweinestechen ver­ wandten. Der Rat bestand auf seiner Verordnung und beschloß, wegen Gefahr der Überhäufung des Handwerks mit Nachwuchs zweijährige Karenzzeit nach Auslernung eines Lehrlings als Einschränkungsmaßregel einzuführen. Die weitere Forderung der Gesellen, nur Bürger in die Lehre zu nehmen — m. a. W. das Handwerk zu sperren — wurde dagegen als übertrieben und unzeitig abgelehnt52). Schließlich ging das Handwerk so weit, daß es Gesellen, die schon lang ihre Zeit auf dem Schweinemetzger­ handwerk ausgedient hatten, gleichwohl nochmals die ganze Stech­ lehrzeit durchmachen lassen wollte. Ein besonders rigoroser Fall gab 1589 Anlaß zu einer vom Ratsplenum angenommenen Entscheidung des Rugsamts, wonach künftig bei Übergang von dem einen zum andern Gewerbe eine redlich und ehrlich bestandene Dienstzeit wechselseitig in Anrechnung gebracht werden mußte58). Von jedem neu ernannten Stechermeister hatten die Geschworenen herkömmlicherweise x/4 Maß Wein oder 1Taler zu beanspruchen. Den Meistergulden gewährte man ihnen jedoch nicht, da diese Sportel nur wegen der Mühewaltung bei Besichtigung eines Meisterstücks üblich und berechtigt war und bei den Schweine­ stechern ebensowenig wie bei den Metzgern ein solches in Gebrauch stand 54). Die Wurstherstellung, von jeher der Wechselbalg der Metzgerei55), war strengsten Bestimmungen unterworfen66). Früher Recht jeden Metzgers, ward sie mit der Teilung des Handwerks ausschließliche Befugnis der Schweinemetzger. Zu Würsten durften nur reines Schweinefleisch und Schweineblut sowie Schweinedärme, äußerstenfalls nicht eingesalzene Jungrinderdärme verwendet werden57). Den Rindermetzgern war Abgabe von Ochsenblut sowie von Leber, Herz und sonstigen Innenteilen von Rindern untersagt58). Dagegen bestand ihrerseits den Schweinemetzgern gegenüber vertragliche Verpflichtung zur Lieferung von brauchbaren Rinderdärmen59), was jedoch nicht ausschloß, daß mit Zunahme der Wurstbereitung diese von auswärts Därme in Fässern einführen

48 mußten60). Die Würste hatten, wie alles Fleisch, die Schau der geschworenen Meister bezw. der Marktmeister zu passieren. • Zu den drei Schauzeiten mußten sie — wie beim Schweinefleisch waren je zwei Stunden angesetzt — täglich auf einem kleinen Tisch vorgelegt werden, wobei etliche zur Probe aufgeschnitten und schlechte Würste, deren Zusammensetzung oder Wassergehalt Beanstandung erfuhr, in die Pegnitz geworfen wmrden. Die Wurst­ beschau unterlag ein- bis dreimal wöchentlich der Kontrolle durch den Pfänder61). Die Herstellung der Würste ging — das bedang j eben strenge Vorschriften und hohes Strafmaß — im Haus des j Metzgers vor sich, nicht wie in Straßburg62) vor den Augen des \ Publikums auf den Bänken unter der gleichzeitigen doppelten ^Kontrolle des Fleisches, nämlich am Stück und während des iHackens. Kalb- und andres Fleisch durfte allein auf besondere Bestellung hin verwurstet werden63). Verkauf nach Gewicht wrard den Metzgern frühzeitig eingeschärft; als infolge dieser Verfügung einige besonders Schlaue zur Bereitung von Würsten nur aus Kuhlungen und -lebem schritten, allein zum Zweck wenigstens diese nach bisherigem Gebrauch „ ungewogen nach dem Gesicht “ verkaufen zu können, dehnte der Rat seinen Beschluß unverzüglich auch auf diese Sorte aus und gestattete deren Absatz überhaupt nur auf dem Säumarkt64). Hergestellt wurden Brat-, Leber- und Röselwürste. Der Siegeszug der Gewürze blieb dabei nicht ohne Einfluß; gepfefferte Bratwürste galten lange Zeit als etwas Besonderes und standen höher im Preis als einfache, bis im Lauf der Zeit das Merkmal der Besonderheit entfiel65). Die Taxe bestimmte, nicht ohne Einvernehmen mit den Herstellern66), die auf i Pfund treffende Anzahl von Würsten, den Preis des Pfundes und damit auch den Stückpreis; denn wenn auch Mindestverkauf eines Pfundes üblich war, so sollte doch stückweise Erstehung ärmeren Volks­ schichten nicht verwehrt sein und auch für diesen Fall die Taxe Schutz vor Uebervorteilung bieten67). Das Darmgewicht war im Gesamtgewicht mit inbegriffen; es wurde also nicht, wie in Überlingen, zum Schutz der Verbraucher (um Betrug durch dicke, schwere Därme zu verhüten) nur der Wurstteig gewogen und in Rechnung gebracht, auch bestand nicht wie dort eine Maximierung in der Abgabe von Würsten bezw. Wurstteig68).

49 Für Garköche und Wirte durften etwas kleinere Würste ver­ abfolgt werden, zu gleichem oder einem nur wenig höheren Pfundpreis wie für den „gemeinen Kauf“69). Einige Einzelheiten über Stückzahl und Preis gibt folgende kurze Übersicht an die Hand: Tabelle III.

Wurstpreise in der Zeit von 1462—1621. Zeit 1462 70)

147571) ca. 152072)

15 3 5 78) 1553 74) ' 1573 76) 1596 76)

Anzahl

Preis

Preis

je Pfund

je Pfund

je Stück

7

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4

4

5—6

5

5

6

7 72 9

5

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„ 2.—3 »> 12 4 3 » 3V2 I606 77) „ j Pfeffer-1 4 bezw. 16 Pfg. 4 14 „ l Würste / 4 „ 20 „ 1607 78) 5 15 »> 3 162 1 79) 1 Kr. Kr. 5 5 Die Preise sowohl für das Pfund wie für das Stück stiegen also durchgehends; wo eine augenblickliche Verbilligung ein trat — wie 1607 — hatte sie eben ihren .Grund darin, daß die Stückzahl, die das Pfund ausmachen sollte, erhöht worden war, womit Steigerung des Pfundpreises Hand in Hand ging. Garköche und Wirte durften bei Selbstschlachtung auch verwursten lassen, doch nur zum Verbrauch in ihren Betrieben, nicht zum Verkauf außer Haus80). Mit der Beschränkung der Schlachtkonzession auf 22 Gaststätten war Mitte des 16. Jahr­ hunderts die bis dahin häufig eingetretene Verdrängung der Metzger in der Wurst- und Fleischbelieferung der Küchen und Wirtshäuser wohl zu einem gewissen Teil beseitigt81). Die genaue Kontrolle der Wurstbereitung hatte mit den Hauptgrund gebildet für die Zweiteilung des Gewerbes; sicherlich war mit dieser manchem Betrugsversuch von vornherein der Boden entzogen, wenn sie auch weit entfernt war, in diesem Punkt ein Allheilmittel abzugeben. Manipulationen im Ein­ verständnis mit einigen Rindermetzgern kamen immer wieder vor,

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wobei Verwendung von Rinderlunge und Ochsenblut noch weit­ aus die geringste Verfehlung darstellte82). Bei jeder Petition der Schweinemetzger um Zulassung von Kleinviehschlachtung kam der „Betrug mit dem Unterhacken und Einfüllen in die Würste“ 83) stets von neuem zur Sprache, und die fast regelmäßige Ablehnung solcher Gesuche war nicht zuletzt auf den Mangel eines anderen Abhilfemittels zurückzuführen. Selbst noch so strenge Beschau vermochte eben in diesem Punkt angesichts der mannigfachen Praktiken der Metzger nicht aufzukommen. In noch stärkerem Maß und bereits weit früher als die Ver­ sorgung mit den Mastschweinen der einzelnen Lebensmittelgewerbe handhabte der Rat zugunsten der Einwohnerschaft und gegenüber monopolistischen Bestrebungen der Metzger die Frage der Fleisch­ einfuhr seitens der Landmetzger84). Die Regel war seit alters Erlaubnis zweimaliger Zufuhr in der Woche, besonders in der Zeit von Ostern bis Pfingsten85), in der wegen der zahlreichen hohen Festtage stets reichlich Fleisch gegessen wurde86), während doch zugleich die Bestände alten Einkaufs zu Ende gingen und der neue Viehzutrieb vom Ausland erst langsam wieder einsetzte87). Auch an den Vorabenden einzelner Festtage, wie Lichtmeß, Ostern, Allerheiligen und St. Nikolaus, war mit Rücksicht auf verstärkten Fleischverbrauch Feilhalten der fremden Metzger zugelassen88). In der Bankberechtigung standen sie den einheimischen gleich, seit 1499 war ihr Platz im neuen Fleischhaus89), dort hatten sie, wie schon erwähnt, ihre eigenen geschworenen Meister und unter­ standen in Rüge und Strafvollzug dem Rat und seinen Polizei­ organen, die sämtliche Betriebsvorschriften des Stadtmetzgergewerbes auch auf sie anwenden mußten90). Nur eine Ausnahme bestand, wenigstens früher, für sie: während sonst Ochsen- und Kuhfleisch von dem gleichen Verkäufer nur dann nebeneinander auf der Bank ausgelegt werden durfte, wenn letzteres prima Qualität und dem Ochsenfleisch als gleichwertig taxiert worden war91), blieb den Landmetzgern gleichzeitiges Feilhalten auch bei verschiedener Qualität unverwehrt; nur mußten dann die Preise auf kleinen Tafeln amtlich vermerkt sein*2). Die Vorstadtmetzger erscheinen stets in der Reihe der Landmetzger bezw. der „auswendigen metzger, die hiehere faren und einem rathe verwandt sind“, wie z. B. die von Lauf, Heroldsberg usw.ö3). Nur scheinen mehrfach

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die Wöhrder täglich den Nürnberger Markt beschickt zu haben; sicher geschah dies im Jahr 1553 auf ein Kompromiß hin, das im Auftrag des Rats der Stadtzinsmeister zwischen den Nürnberger und Wöhrder Meistern, die durch die Einäscherung der Vorstadt im Jahr vorher während des zweiten Markgrafenkriegs geschädigt waren, nach längeren Bemühungen zustande brachte94). Häufig genug war übrigens täglicher freier Marktverkehr der Landmetzger oder auch nur die Drohung damit ein probates Mittel, um die Fleischer in der Stadt gefügig zu machen und zu erhalten, sei esf daß sie den Preis überspannten, die Marktversorgung lässig be­ handelten oder Fleisch nicht in der gewünschten Weise abgaben95). Meist führte solche tägliche „Öffnung des Thürleins“ dann ziem­ lich rasch einen Umschwung im Verhalten der damit Gemaßregelten herbei, die sich dann — z. B. 1519 — zu genügender Fleisch­ versorgung erboten, wogegen das tägliche Einfahren der Auswärtigen wieder abgestellt wurde96). Länger dauerte es zehn Jahre später, wobei allerdings die im Gefolge der türkisch-ungarischen Wirren allgemein auftretende Viehknappheit wohl den Ausschlag gab von Ende Mai 1529 bis Sommer 1531 war ohne oder nur mit ganz geringen Unterbrechungen der Nürnberger Fleischmarkt trotz verschiedener Eingaben der Stadtfleischer für die Landzufuhr frei­ gegeben97). Die Fremden brachten auch Speck und Schweine­ schmalz mit herein"); nach Einführung des Unschlittmonopols wurden auch sie — zu diesem Zweck erfolgte amtliche Aufnahme von Zahl und Wohnort der im neuen Fleischhaus bankberechtigten Dorfmetzger — zur Ablieferung des anfallenden Unschlitts gemäß der bestehenden Vorschrift verpflichtet, allerdings auf dem Ver­ handlungsweg, während die Wöhrder gleich den Nürnbergern durch einseitige Ratsverfügung hiezu angehalten wurden99). Mit Zunahme der Fleischnot, mit Steigerung der Viehpreise, wodurch das Metzgerhandwerk zu teils gewollter, teils ungewollter Zurückhaltung im Einkauf veranlaßt wurde, konnte das Aushilfs­ mittel der Fleischzufuhr nicht mehr genügen; man mußte Vieh­ treibern und fremden Metzgern erlauben ihr Vieh, zumal wenn es keine Abnehmer gefunden hatte, in der Stadt zu schlachten und zu verkaufen. Das geschah nachweislich zum erstenmal im Jahr 1531 10°). Die Polizeistrafen für die Metzger bildeten eine ganze Skala: 4*

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Geldbuße, Konfiskation, Handwerkssperre, Haft, Pranger, Ver­ bannung. Am ausgeprägtesten waren die Geldstrafen, die in reich abgestuften Sätzen fast jedem Artikel schon der ältesten Polizei­ ordnungen einverleibt waren. Sie blieben lange Zeit unverändert in Geltung. Auch als sie erhöht wurden, entsprachen sie keineswegs dem veränderten Geldwert, sodaß sie nachgerade an Wirkung einbüßten und von den Metzgern, besonders ihren Frauen, die meist den Verkauf im Fleischhaus besorgten, nicht mehr ernst genommen wurden101). Das traf zu vor allem bei der häufigsten Übertretung, der Mißachtung des Höchstpreises, sei es, daß diese unmittelbar oder mittelbar, d. i. durch Forderung und Annahme von Extrazuwendungen, erfolgte. Sie ward daher schon im 15. Jahrhundert102) durch Handwerkssperre neben der Geldstrafe geahndet; diese betrug 5 Pfund n., jene hatte zwei Tage, an denen Fleischverkauf stattfand, zu währen; bei ein- oder zwei­ maliger Wiederholung des Delikts binnen Jahresfrist maß man die doppelte bezw. dreifache Strafe, letztenfalls also 15 Pfund n. und 6 Tage „Feier“ zu, während für weitere Rückfälle der Rat sogar Leibesstrafe sich vorbehielt. Nachdem Vorschläge und Erwägungen, die auf Verdopplung dei Feierstrafe103), auf schärfere Behandlung von Rückfällen im Lauf einer Woche oder eines Monats sowie auf Bestrafung auch der Käufer104) abzielten, ohne Resultat geblieben waren, verschärfte man 1562 105) die geltenden Be­ stimmungen durch Hinzufügung von Turmhaft, die in der Zeit der Handwerkssperre zu verbüßen war; die Metzgersfrauen wurden mit der Strafe des Anschließens ans Eisen, d. h. an eine Kette im Haus eines Stadtknechts bedacht. Sechs Jahre später106) erhöhte man das Strafmaß auf 8 Pfund nebst vier Tagen Sperre und Haft, mit den entsprechenden Rückfallsverschärfungen; die vierte Rüge innerhalb eines Jahres bedeutete von da an Hand­ werkssperre für den Zeitraum eines vollen Jahres. War auf Grund dieser Verfügung eine Strafe verhängt, so mußte einer der Markt­ meister in das Haus des Verurteilten sich begeben, den dort befindlichen Vorrat an Fleisch übernehmen, das Pfund hievon um 1 Pfennig unter der Taxe verkaufen und den Erlös dem Gestraften hernach einhändigen. Gesuche um Haftaufschub zwecks Selbstverkaufs vorhandenen Fleischvorrats wurden abschlägig beschieden 107).

53 In manchen Fällen erschien die Aufrechterhaltung der ausgesprochnen Strafe in vollem Umfang zu hart. Der Rat ge­ nehmigte dann Strafnachlaß108), Strafaufschub109), eventuell gänz­ lichen Erlaß wenigstens der am meisten gefürchteten Betriebs­ sperre110); das Ersuchen die Feierstrafe in der Fastenzeit, wo der Fleischverkauf teils ganz verboten, teils stark eingeschränkt war, verbüßen zu dürfen, drang jedoch aus begreiflichen Gründen nicht durch111). Auch Verkauf von Eingeweideteilen auf dem Säumarkt war während der Banksperre nicht gestattet112). Natür­ lich suchten die Fleischer durch allerlei Spitzfindigkeiten und Ausreden die Strafe zu umgehen oder abzuschwächen, z. B. die Zeit der Sperre zu kürzen mit der Begründung, der Tag der Verurteilung sei als erster, voller Tag zu rechnen, was die Weisung ans Fünfergericht zur Folge hatte, künftig bei Bestrafung eines Metzgers genau Dauer und Beginn der Strafe anzugeben113). Derartige Kniffe gingen soweit, daß man ernstlich an eine authen­ tische Interpretation der Vorschriften zur Entkräftung all der „Schlupfwinkel und schimpflichen clusiones“ denken mußte114). Half den Straffälligen alles nichts, so bemühten sie sich durch Bestechung der Turm- und Eisenwärter ihre Söhne und Töchter an ihrer Stelle die Freiheitsstrafe verbüßen zu lassen, bis der Rat auch hiegegen einschritt115). Auf jeden Fall aber suchten sie sich die Tage der Haft durch reichliches Essen und Trinken, das sie von ihren Angehörigen sich zutragen ließen, sowie durch Besuche, die sie empfingen, im Einverständnis mit ihren Wächtern so angenehm wie möglich zu gestalten116). Das etwas seltsame Ansinnen, in Zeiten von Epidemien ihnen die Freiheitsstrafe zu schenken, mußte — unter Berufung auf den ungünstigen Eindruck, der hievon bei der Bürgerschaft zu erwarten stand — der Ab­ lehnung verfallen 117). Die Handwerkssperre hatte, besonders wenn in Zeiten schwieriger Marktlage der Pfänder mit seinen Rügen ganz pflicht­ gemäß vorging und sich weder durch persönliche Rücksicht beeinflussen ließ noch Dispensationsantrag beim Rat stellte, nicht zu unterschätzende Nachteile für eine geregelte Fleischversorgung im Gefolge118), ganz abgesehen davon, " daß arme Meister, die freilich weniger häufig straffällig wurden, mit der Entrichtung der Geldstrafe, die bis zum Ende der Sperre und Haft zu erlegen

54 war, sich oftmals recht schwer taten, zumal andernfalls Verkaufs­ verbot bis zur Zahlung zu gewärtigen war119). 159812°) beriet man infolgedessen auf Grund eines Referats des Pfänders über eine Änderung der hinsichtlich der vierten Rüge geltenden Vorschrift und zog sogar Abschaffung der Sperrstrafe in Betracht. Das Ergebnis war deren Herabsetzung auf drei Monate im vierten Wiederholungsfall, während erst die fünfte Rüge Handwerksverbot und zwar jeweils bis zum Schluß des laufenden Jahres — also eine wesentliche Milderung der bisherigen Bestimmung — nach sich ziehen sollte 121). Wer nicht nach Gewicht verkaufte, wurde in älterer Zeit, als mit der .Durchführung dieser Vorschrift noch hart zu kämpfen war, mit einjähriger Banksperre bestraft122). Späterhin unterlag diese Bestimmung wie auch manche andere Übertretung, z. B. Gejnischtverkauf, unerlaubtes Zuwiegen, unvorschriftsmäßige Wurst­ bereitung usf., den Strafen für Höchstpreisüberschreitung123). Auf Fürkauf auf dem Land stand beträchtliche Geldstrafe. Als einmal benachbarte Gebiete über die verteuernde Aufkauf­ tätigkeit der Nürnberger Metzger sich beklagten, drohte der Rat sogar Leibesstrafe an124); daneben galt jedoch noch immer die alte Zusatzstrafe der Konfiskation weiter. Ausweisung auf drei Jahre traf denjenigen, der kranke Schafe zur Stadt brachte, dort schlachtete und verkaufte; handelte es sich um einen Metzgerknecht, so tfat Strafschärfung ein : vier­ wöchige Haft, eine Stunde Pranger und fünfjähriger Ausschluß aus dem Stadtgebiet125). Ebenso hatten Gesellen bei betrügerischem Auswiegen eine härtere Strafe zu gewärtigen: lJ2 Stunde Pranger und zweijährige Stadtverbannung statt der sonst üblichen Strafe von 5 Pfund n.126). Besonders exemplarisch bestraft wurde 152 1 ein Metzgerknecht, der einen räudigen Schatkörper im Fell eines gesunden Tiers ins Fleischhaus getragen hatte: er wurde auf zehn Jahre aus dem Stadtgebiet verwiesen, ebenso sein Meister, auf dessen Geheiß er sich in dieser Weise vergangen hatte127). Mit all diesen Polizeistrafen, zu denen noch die gericht­ lichen Strafen sich gesellten, z. B. Fingerabhauen bei Meineid128), Gefängnis bei Körperverletzungen mittelst der „ StechmesserÄ, Schuldhaft bei Zahlungsunfähigkeit u. dgl., konnten letzten Endes Verfehlungen nicht verhütet, sondern bestenfalls eingeschränkt

55 werden. Daß auch dieser Erfolg sehr fraglicher Natur war, kann man u. a. an der Tatsache ermessen, daß 1601 das Handwerk insgesamt um Strafnachlaß einkam mit der Begründung, daß „fast das halbe Handwerk strafwürdig “ ■ sei. Allerdings vergeblich129).

5. Kapitel.

Die Fleischpreispolitik. Dem Geist des Mittelalters entsprach die aus ethisch-religiösen Quellen entspringende, auf dem justum pretium als Richtschnur beruhende behördliche Festsetzung der Preise der wichtigsten Waren und Leistungen. Der Zweck dieser Taxierung war ein mehrfacher, ohne daß sich im einzelnen angeben ließe, welcher überwog: einmal die Sorge für ausgiebige und billige Verbrauchs­ möglichkeit für die niedern Schichten der Bevölkerung, für das tägliche Brot des „gemeinen Mannes“, also eine Äußerung mittel­ alterlicher Sozialpolitik; dann das Bestreben dem Mittelstand, den Gewerbetreibenden und Krämern, die Grundlage genügenden Aus­ kommens, die „Nahrung“ zu sichern; endlich der Versuch, mittelst Preisregulierung des Verbrauchsguts die Vorstufen: Erzeugung und Handel mäßigend zu beeinflussen 1), somit die gesetzgeberische Absicht der Fürkaufs verböte noch auf einem andern Weg zu erreichen. Praktisch war jedoch der Erfolg der Taxen unzu­ länglich und konnte es auch nicht gut anders sein: denn ihre Verlegung in die unmittelbare Nähe des Verbrauchs, bedingt durch die mangelnde Beherrschung der Erzeugungs- und Groß­ marktverhältnisse, war eben deshalb völlig ungeeignet .diese nennenswert zu berühren; sie gehorchten eigenen Gesetzen. Da diese früher oder später auch in der Taxe zum Ausdruck drängten, war Anlaß zur Unzufriedenheit gleicherweise für Käufer und Verkäufer von vornherein gegeben: diesem ging die Anpassung an die Großhandelspreisgestaltung zu langsam, jenem zu rasch von statten. Vom allgemeinen volkswirtschaftlichen Gesichtspunkt aus hatte freilich die Tarifierung ohne Zweifel immerhin eine gewisse Wirkung: sie verhinderte allzustarke Übervorteilungen, veranlaßte

56 genauere Kalkulationen und bewährte sich doch wenigstens als verzögerndes Moment in der Preisbewegung nach aufwärts. Die Nürnberger Fleischtaxen waren genau wie anderwärts keine Fix-, sondern Maximaltaxen2). Beispiele für deren Über­ schreitung seitens der einheimischen Metzger sucht man gleichwohl vergebens3): für diese waren sie zu Normal-, bei zu langsamer Anpassung an die fast fortgesetzt steigenden Viehpreise4) schließ­ lich zu Mindestpreisen geworden. Nur auswärtiges Fleisch mußte von den Landmetzgern, ebenso zugetriebenes Vieh, das die Nürnberger Meister zu übernehmen nicht gesonnen waren, von den Treibern, die Schlachterlaubnis für die Freibank erlangt hatten, zu einem um 1/2—i Pfennig unter der Taxe stehenden Preis verkauft werden. Das geschah nicht allein wegen der ja zweifellos oft schlechten Qualität des Angebots, selbst nicht lediglich um Konkurrenz hervorzurufen, sondern bezeichnender­ weise auch, um dem städtischen Fleischergewerbe nicht Außen­ seiter auf den Hals zu hetzen, die gleichen Gewinn, gleiche „Nahrung“ bezogen; schreckte man doch die Metzger bei Taxüberschreitungen, wenn alles nichts mehr half, wirksam mit der Androhung, man werde den Fremden Verkauf zum gleichen ungesetzmäßig hohen Preis gestatten5), während doch, wenn einzig und allein Abhilfe durch Wettbewerbsdruck im heutigen Sinn beabsichtigt gewesen wäre, gerade umgekehrt fortgesetzte und stärkste Unterbietung durch Einfuhr und Freibankschlachtungen hätte begünstigt werden müssen. Die Taxierung war, außer bei gewissen Fleisch teilen, wie Leber, Wamme, Kopf usw., abhängig vom Verkauf nach Gewicht. Festsetzung einer Gewinnquote ^uf das Stück Vieh, wie es im 13. Jahrhundert in Freiburg im Uechtland und in Murten Ge­ brauch war6), kam in Nürnberg auch in den ältesten Zeiten nicht wor. Erst als es gelungen war, Verkauf aus der Hand, „nach dem Gesicht“ einzudämmen und allmählich fast ganz abzustellen 7), stand die Taxeinheit und damit die Taxgrundlage fest, nämlich das Nürnberger Gewichtspfund (ca. 480 g). Die wichtigste Taxe war die für Rind-, besonders Ochsenfleisch, das Gegenstand stärkster Nachfrage, auf der andern Seite aber wegen der häufigen Zutriebstörungen auch stärksten Angebots­ schwankungen ausgesetzt war. Die Ochsenfleischtaxe bildete im

57 Zusammenhang mit den Kämpfen, die um sie von Rat, Hand­ werk und Bürgerschaft geführt wurden, das Barometer der Nürnberger Fleischversorgung. Die andern Sorten, die — mit Ausnahme des Schweinefleisches, das zu einem großen Teil böhmischer und bayerischer Herkunft war — wesentlich der Vieh-, besonders Schafzucht in der nähern und weitern Um­ gebung entstammten, wurden in der Regel l Pfennig tiefer gehalten8). Doch bestand nicht selten auch Einheitspreis für alle Sorten, veranlaßt von dem Bestreben, durch Heraufsetzen der Taxe für z. B. Schöpsenfleisch Steigerung des Rindfleischpreises wenigstens zu verzögern9). Doch kam auch das Gegenteil vor: Unterlassung der begehrten Erhöhung der Hammelfleischtaxe aus Besorgnis, der Steigerung des Rindfleischsatzes, der der Regel nach ja um i Pfennig höher stand, den Weg zu ebnen, sowie die Landmetzger zur Nachahmung anzureizen10). Die Schweinefleischtaxe konnte angesichts der Handwerksspezialisierung ohne solche Rücksichten aufgestellt werden; auch wenn den Schweinemetzgern zeitweise Kleinviehschlachtung genehmigt war, ging das ohne jede Wechselwirkung in der Tarifierung ab. Kuhfleisch galt allgemein als geringere Qualität gegenüber Ochsenfleisch; es mußte daher, wie bereits erwähnt, gesondert feilgeboten und durfte nicht zu Ochsenfleisch zugewogen werden; auch unterlag es nicht der vom Rat ausgesprochnen Taxe, sondern einer durch die Aufsichtsbeamten in Verbindung mit den geschworenen Meistern jeweils bei der Schau vorgenommenen Abschätzung, die je nach Güte wenig oder mehr von dem offiziellen Preis für Ochsenfleisch abzuschlagen und nur — nicht eben häufig — bei völlig gleicher Beschaffenheit Schätzungswert und Taxe gleichzustellen hatte; dann durften freilich auch beide Sorten vermischt .werdenn). Das geschah z. B. im Mai 1553 12), als Markgraf Albrecht Alcibiades in einem Feldzug gegen die Bistümer Bamberg und Würzburg, auf deren Seite die Reichsstadt stand, in Nürnberger Gebiet einfiel13) und die Ochsenzufuhr nur unter äußerstem Risiko zu bewerkstelligen war 14); ausdrücklich wurde freilich auch damals betont, daß „dürres“ Kuhfleisch nach wie vor nach dem Schätzungswert abzugeben sei. Versuche, hiefür den Taxwert zu setzen15), hörten nie auf; die Metzger konnten sich dabei sogar häufig auf den Ausspruch ihrer Geschworenen stützen, die mindere

58 als beste Qualität beschaut und geschätzt hatten16). Gleiche Absicht verfolgten diese auch mit zeitweiliger Unterlassung der Magerfleischschätzung, was den Rat veranlaßte, den Tagesbeginn als Zeitpunkt und gleichzeitige Anwesenheit aller mit der Ab­ schätzung Betrauter erneut einzuschärfen; vorher durfte kein Verkauf erfolgen17). Zwecks öffentlicher Aufzeichnung der Preisunterschiede, überhaupt der Taxen, bediente man sich kleiner Tafeln, die von den Aufsichtsorganen an den Bänken sowie am Waghäuschen am Markt anzubringen waren18); das geschah aber fast nur, wenn Überforderungen schon reichlich vorhergegangen waren. Ein Beschluß betr. ständige öffentliche Preisnotiz, „damit der gemein mann sehen mueg, wie sie es zalen sollen“, ward zwar 156019) gefaßt, blieb aber ohne nachhaltige Wirkung. Auch daß die Mandate20), die hauptsächlich seit Beginn des 16. Jahr­ hunderts auf stattlichen Blättern im Druck an den Fleischhäusern angeschlagen wurden und die Taxen katalogartig zusammenfaßten, in dieser Hinsicht eine Wendung zum Bessern brachten, ist nicht anzunehmen. Günstigstenfalls erfüllten sie ihren Zweck noch eine Zeit lang nach der Publikation, bis die Praktiken der Metzger, eine tatsächliche Änderung der Angebotsverhältnisse oder auch nur Pflichtvergessenheit der Aufsichtsbeamten — im übrigen ward schon dafür gesorgt, daß der Anschlag nicht zu langer Dauer sich erfreute — ihre Anwendung mehr und mehr in Vergessenheit geraten ließen. Zur Rechtsgrundlage hatte die Taxe einen Gesamtrats­ beschluß. Festgestellt wurde sie von einem Sachverständigen­ gremium, zu dessen Mitgliedern die Ratsreferenten, d. h. die Herren beim Pfänder, dieser selbst, der Ratsfreund und meistens auch der Fleischmarktmeister zählten21). Späterhin wurden dann auch die Beamten des Ochsenamts, in erster Linie dessen Vorstand, zugezogen 22). Die Kommission trat ursprünglich nur im Bedarfsfall zusammen; daß dieser oft genug als vorliegend erachtet wurde, zeigen die häufigen Taxbeschlüsse, die bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts innerhalb Jahresfrist zustandekamen23). Wenn man später auch mit Recht auf Einhaltung bestimmter Termine verzichtete, so wurde doch die Zeit der Winterwende im weitern Verlauf obligatorisch für regelmäßig neue Beschlußfassung24).

59 In Kraft trat die Taxe stets erst einige Zeit nach ihrer Verkündung25), um dem Gewerbe Zeit zu lassen, sich auf sie einzustellen. Die Verkündung erfolgte mündlich durch den Rats­ freund bezw. die Geschworenen und den Pfänder26) an das gesamte Handwerk, selten sofort durch gedruckte Vorschrift27). Der Zeitpunkt des Inkrafttretens mußte auf Eingabe des Hand­ werks hin bisweilen hinausgeschoben weiden, selbstverständlich nur, wenn es sich um Erniedrigung bezw. Beibehaltung des alten Satzes handelte28); man berief sich dabei auf unverwertete Partien teuer eingekauften Viehs, auf höheren Preis des neuesten Zutriebs29) oder ganz allgemein auf ungünstige Marktlage, auf „hohen Ochsenkauf“30). Die Gültigkeit der Taxe pflegte bis zum Widerruf31) durch neuen Beschluß zu währen. Spätestens in den 40 er Jahren des 16. Jahrhunderts suchte der Rat circa halbjährlich, am 1. Januar und am i.Juni32), wechselnde Taxen einzuführen. Der erstere Termin, welcher Taxerhöhung brachte, war gewählt mit Rücksicht auf den im Lauf des November ein­ tretenden Schluß des Viehmarkts, der klaren Überblick über die Wintereindeckung des Fleischergewerbes gestattete; der Juni­ stichtag mit seinem Taxabschlag war veranlaßt durch den bald nach Pfingsten einsetzenden Wiederbeginn der Marktzeit, der im Zusammenhang mit Nachrichten über politische Verhältnisse, Zollfragen, Zutriebsstärke usw., sowie den ersten Käufen neue Kalkulationsunterlagen schuf. Doch drang das System nicht durch. Immer erneute Suspensionen und Verschiebungen konnten nur beweisen, daß man mit der bisherigen Gepflogenheit größt­ möglicher Elastizität in der Taxgestaltung auf dem richtigen Weg sich befand. Gerade die schärfsten Preiskämpfe spielten sich ab in der Zeit, die zwischen beiden Daten liegt, in der typischen Fleischnotzeit zwischen Ostern und Pfingsten. Bis man sich jedoch gänzlich von diesen Terminen frei machte, setzte man noch den Tag des hl. Johannes oder Jakobus an die Stelle des i.Juni33). Die für den Taxbeschluß grundlegenden Momente sind teil­ weise schon kurz berührt. Der maßgebendste Faktor war natur­ gemäß die Marktlage und der nach ihr ausgerichtete Marktpreis. Da dieser für Ochsen je nach Herkunft und Gewicht — nach einer Notiz von 1530 schwankte dieses zwischen 31/2 und

6o 4Y4 Zentnern je Stück34) — erheblich sich unterschied, mußte der Rat auf Anlehnung an eine mittlere Qualität bedacht sein, während umgekehrt die Metzger in ihren Petitionen — auch wenn es nicht direkt zu belegen ist — die oberste Preisgrenze als Basis ihrer Forderungen benutzten. Um die Marktlage besonders bei ungünstiger Tendenz besser beobachten zu können, ließ der Rat bisweilen insgeheim sondieren35), gegebenenfalls auch bei Viehtreibern, die eine größere Anzahl Ochsen zu einem vom Rat beabsichtigten niedern Preis bereits ausgeschlachtet hatten36), Erkundigung über ihren Gewinn oder Verlust einziehen. Da der Marktpreis bei ungeregeltem Einkauf der Metzger sowie infolge händlerischer Monopolgelüste nicht selten der gesunden Grundlage entbehrte, befleißigte die Behörde sich, zutreffende Informationen über die Preisgestaltung auf den ausländischen Hauptmärkten in Ungarn, Österreich und Polen37), über die Kosten des Zutriebs und der Wegfütterung, über Zollsätze und sonstige Spesen zu erhalten38). Eine ausgiebige Rolle spielte u. a. hiebei 1546 der Breslauer39) und drei Jahre später der ungarische Ochsenzoll; was diesen anlangt, so waren Augsburg und Ulm damals für Minderung des Fleischsatzes eingetreten, wogegen Nürnberg, das vom Ausgleich der Ochsenzollherabsetzung durch Erhöhung des Stierzolls unterrichtet war, diesen Vorschlägen sich verschloß40). Ferner zog man nicht allein das gegenwärtige Angebot, sondern auch das mit Sicherheit zu erwartende mit ein in die Taxkalkulation. So veranlaßte im Juni 1555 die Nachricht, „das noch vyl ochsen hieher zu treyben auf den paynen seyen, also das daran nit mangel erscheinen sol “, sofort die Herabsetzung der Taxe von 8 auf 7 Pfennig41). Umgekehrt kam in der markt­ losen Winterzeit der dem Handwerk zur Verfügung stehende, in der Stadt und auswärts eingestellte „Vorrat“ an Mastochsen in Ansatz, der z. B. Ende Februar 1553 immerhin noch ca. 400 Stück betrug42); das reichte zwar, da nach der Angabe des Conrad Celtes für die Zeit um 1520 wöchentlich außer einer großen Menge Rinder und Schafe ungefähr 100 Ochsen geschlachtet wurden43), angesichts der inzwischen erhöhten Bevölkerungszahl kaum bis Ende März, war aber doch, zumal da gleichzeitig weitere 80. Ochsen aus der nähern Umgebung zu Verkauf

6i standen und übernommen wurden, angesichts der drohenden Belagerung und Zufuhrsperre durch den Markgrafen von erheb­ licher Tragweite für die Frage der künftigen Fleischversorgung. Der Rat, der über mangelnde Einsicht und Willfährigkeit der Metzger sich diesmal nicht beklagen konnte, beließ infolgedessen inoffiziell den Preis bis St. Johannis auf 8 Pfennig, d. h. er traf keine Änderung in der 7-Pfennig-Taxe, die offiziell weiter galt, schritt aber gegen ihre Verletzung, soweit sie 1 Pfennig aufs Pfund nicht überstieg, nicht ein. Endlich waren auch die auswärtigen Fleischpreise mit Rücksicht auf die Nürnberger Taxe Gegenstand fortlaufender Beobachtung durch den Rat; sie erstreckte sich im 15. Jahr­ hundert zwar noch nicht über die Kleinstädte der Nachbarschaft hinaus, wie Lauf, Hersbruck usw.44), die damals dem reichs­ städtischen Landgebiet noch fernstanden; aber im Verlauf des folgenden Jahrhunderts griff sie weiter: auf die etwas entlegeneren Territorialstädte, wie Neumarkt und Sulzbach, vor allem aber auf die schwäbischen Reichsstädte Augsburg, Ulm, Donauwöhrd sowie auf Dinkelsbühl, Weißenburg, Bamberg, Würzburg usw.45). Sogar mit Straßburg46) und Köln47) ward, wenn auch nicht aus­ schließlich in der Preisfrage, korrespondiert. Die Metzger behaupteten nämlich, daß in andern Städten der Fleischpreis über der Nürnberger Taxe stehe; das traf wohl bisweilen zu, doch konnte der Rat auf solche Argumente nicht eingehen, sondern durfte, wollte er sich nicht der Autorität berauben, nur Vergleiche zwischen den verschiedenen behördlichen Normierungen zulassen. Und diese fielen nicht zu ungunsten der Nürnberger Metzger aus; die Nürnberger Taxen hielten sich wenigstens auf gleichem, mehrfach auf höherem Niveau wie die auswärtigen, obwohl Städte wie Augsburg, Dinkelsbühl, Nördlingen usw. auf den Nürnberger Viehmärkten kauften und noch die Zutriebskosten ab Nürnberger Markt in Rechnung stellen mußten48). Der Rat versäumte nicht, den Vorteil hervorzukehren, der darin für das Handwerk lag, und wahrheitswidrige Angaben zur Stütze von Supplikationen den Metzgern energisch zu verbieten. Zu einer Zeit, wo die Taxe auf 9 Pfennig für Ochsenfleisch und 8 Pfennig für die übrigen Sorten stand (Herbst 1577) und der Rat durch Probeschlachtung von drei Ochsen im Spital sich überzeugt hatte,

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daß dabei für die Metzger ziemlich guter Nutzen herausspringe, belief sich nach einem Referat des Ratsherrn Joachim Nützel der amtliche Preis des Pfunds guten Ochsenfleisches in Amberg und Neumarkt ebenfalls auf 9, dagegen in Sulzbach, Bamberg, Dinkelsbühl, Weißenburg und Donauwöhrd nur auf 8 Pfennig. Obgleich der Rat dies dem Handwerk ausdrücklich zur Kenntnis brachte und zudem die Marktbeschickung mit Schlachtochsen in keiner Weise zu wünschen übrig ließ, fuhr das Handwerk fort um 10 Pfennig zu verkaufen 49). Das letzte Mittel der Preisprüfung, wenn alle andern, darunter auch geheimer Einkauf auf den Märkten in des Rats Namen 50), versagten und das Drängen wie die Verfehlungen der Metzger das hergebrachte Maß überschritten, war und blieb die Vornahme von Probeschlachtungen51). Schon frühzeitig fanden solche statt, fast für jede Viehgattung, hauptsächlich freilich für Mastoehsen; als Örtlichkeit wählte man stets das Spital, dem auch das an­ fallende Fleisch — wie sonst das konfiszierte — zugewiesen wurde. Ängstlich wachte man über die Geheimhaltung, damit, falls die Probe nicht im Sinn des Rats ausfiel, dem Handwerk nicht gerade­ zu ein Beweismittel für verstärkte Forderungen in die Hand gespielt wurde ; deshalb verwandte man dazu keinen einheimischen Metzger und sorgte für Kontrolle des ganzen Vorgangs durch Ratsdelegierte. Je nach dem Ergebnis nahm der Rat Stellung im Preiskampf, freilich nicht ohne gerechte Würdigung der Gesamtlage. Im Dezember 1543 52) z. B. wurde durch Probeschlachtung festgestellt, daß der Selbstkostenpreis des Pfunds Ochsenfleisch 5 Pfennig nicht überstieg und für Schöpsenfleisch durchweg unter diesem Betrag sich hielt, ein Resultat, das rein rechnungsmäßig Herab­ setzung der Taxe (7 bezw. 6 Pfennig) hätte nach sich ziehen sollen; gleichwohl hielt sie der Rat bis auf weiteres aufrecht, weil die versorgungsarmen Monate noch vor der Tür standen und es daher vorderhand unklug gewesen wäre, den Anreiz höheren Gewinns den Metzgern zu nehmen. Im Spätsommer 156053) kam der Selbstkostenpreis für Ochsenfleisch auf 61/2 Pfennig zu stehen. Der Rat, der schon seit Wochen mit dem Gedanken der Taxminderung sich trug und den Realpreis von 8 Pfennig seither nur inoffiziell hatte gelten lassen, sah sich also, obwohl die Herbst­ monate mit ihrer der Regel nach günstigeren Marktlage noch

63 bevorstanden, genötigt, endgültig mit der Taxerhöhung' sich abzu­ finden. Besonders zugespitzt war die Lage im Sommer 157654). Damals hatte der Rat auf entsprechendes Gutachten hin beschlossen, die Taxe, die zum letztenmal zwei Jahre zuvor auf 9 bezw. 8 Pfennig erstellt worden war, zu erneuern und zwar mit Wirkung vom Sonnwendtag an; Publikation sollte durch gedruckten Anschlag an den Fleischhäusern erfolgen. Durch irgendwelche Indiskretion bekam das Handwerk vorher Kenntnis von dem Beschluß und ergriff sofort seine Gegenmaßnahmen. Zehn bis zwölf der an­ gesehensten Meister trafen — zunächst nur pro forma — osten­ tativ alle Anstalten ihr Handwerk aufzugeben, indem sie mit Verkauf ihres Mastviehs nach auswärts begannen. Gleichwohl war das keine gänzlich leere Drohung an die Adresse des Rats; denn äußerstenfalls konnten die betreffenden Metzger, gestützt auf ihr Vermögen, ohne Schaden von der Gewerbeausübung sich zurück­ ziehen und ausschließlich dem Viehhandel, den sie zum Teil doch schon nebenher betrieben hatten, sich widmen. Dadurch wäre dann aber die bereits akute Verarmung des Handwerks weiter beschleunigt und der Stadtfiskus durch die Notwendigkeit einer Steigerung der Ochsenamtsvorschüsse sowie durch die Vermehrung uneinbringlicher Forderungen noch weit erheblicher belastet worden. Daher verlegte sich der Rat aufs Lavieren. Obgleich die ange­ ordnete Probeschlachtung den völlig unzureichenden Gewinn der Metzger bei einem Kleinverkaufspreis von 10 Pfennig einwandfrei nachwies, beharrte er aus grundsätzlichen Erwägungen auf der 9-Pfennig-Taxe, suspendierte sie aber unter der Hand ohne Vor­ wissen der Metzger — was diesen jedoch selbstredend nicht lange verborgen blieb — bis einschließlich 10 Pfennig je Pfund für den Fall der Auslage von prima Qualität. Erst Nichtachtung auch dieser Grenze sollte strafbar machen. Bezeichnend ist hiebei die Vorsicht, die wegen des Zeitpunkts der Veröffentlichung obwaltete: man wartete damit solange, bis das Handwerk sich ausreichend mit Groß- und Kleinvieh eingedeckt hatte 55). Doch die Verhält­ nisse waren stärker als alle Preispolitik. Anfangs November, nach Schluß der Viehmarktzeit, erklärte das Handwerk, angesichts der hohen Einkaufspreise mit der letzten Satzung unter keinen Umständen auskommen zu können und bat um Hinaufsetzung, die der Rat denn auch, wenn schon immer noch zögernd, zu-

64 gestehen müßte56). Auch eine im Sommer 1602 veranstaltete Probeschlachtung ergab, im Zusammenhalt mit Gutachten zweier Prager Viehhändler, daß der Satz für Ochsenfleisch zu niedrig \\rar,~ worauf er dann auf 1 Batzen erhöht wurde57). Anders dagegen war es wieder, um noch ein letztes Beispiel anzuführen, im August 1622. Damals war besonders starker Mangel an gutem Rindfleisch in der Stadt und der Rat konnte sich mit den Metzgern über den Fleischpreis nicht einigen, da diese sich weigerten, nach der Taxe zu verkaufen. Schließlich ließ der Rat sechs ungarische Ochsen schlachten, auf Grund genauester Kalkulation das Pfund um 28 Pfennig feilbieten und bewies damit, daß die Metzger bei Einhaltung der 10-Kreuzer-Taxe über mangelnden Gewinn sich zu beschweren keinen Anlaß hatten58). Das half natürlich auch nichts, denn mehr noch als Knappheit in der Viehversorgung hatte Schuld an den Preistreibereien das Elend der Kipper- und Wipperzeit, das gerade damals seinen Höhepunkt erreicht hatte59). Es ist klar, daß bei der Zunahme der Bevölkerung, dem Nachlassen der östlichen Zufuhr, den ständig unruhigen politischen Verhältnissen, der allgemeinen Geldentwertung und Preisrevolution60) und nicht zuletzt infolge der Gewohnheit starken Fleischverbrauchs, vor allem auch in den Schichten der Gesellen- und Arbeiter­ schaft61) — berechnet doch Schmoller nach den Angaben des Celtes an Ochsenfleisch allein eine Kopfquote von jährlich mindestens 60 Pfund62) — die allgemeine Tendenz der Fleischtaxen eine ständig steigende sein mußte. Der Kampf um die Fleischtaxe ist, angefangen von seinen frühesten Äußerungen bis in die Zeiten des 30jährigen Kriegs, ein äußerst reizvolles Kapitel städtischer Wirtschaftsgeschichte und Wirtschaftspolitik, in welchem unauf­ hörlich die auseinandergehenden Interessen von Lieferanten, gleich­ viel, ob Händler oder Fleischer, und Verbrauchern aufeinanderprallten und mit der vorwiegend gemeinnützig orientierten Ver­ mittlungsstellung des Rats sich kreuzten. Wo nur irgend möglich, suchte dieser beiden Teilen gerecht zu werden. Vor allem ver­ langte der Unwille der in ihrer Kaufkraft hart bedrängten niedern Volksschichten, der sich einige Male bedrohlich Luft machte, schleunigste Abhilfe. Zum erstenmal kam es zu derartigen Szenen im Mai 152963), zu einer Zeit also, wo die oberdeutsche Vieh­ knappheit im Gefolge der Türkenwirren mit erschreckender Deut-

65 lichkeit als vordringliches Wirtschaftsproblem in Erscheinung trat. Beruhigungsversuche mit dem Hinweis darauf, daß die Frage aus­ reichender Fleischversorgung Gegenstand ernstester Fürsorge seitens des Rats sei, vermochten allerdings einen förmlichen Aufstand zu verhüten. Das gelang durch tatkräftiges Zugreifen auch das zweitemal, während der Waffenstillstandsverhandlungen mit dem Markgrafen Albrecht, Mitte Juni 155264), als die Volksmasse gegen Pfragner, Bäcker und Metzger wegen Preiswuchers am Lebensmittelmarkt eine drohende Haltung einnahm; Schmalz war nur zu unerschwinglichem Preis angeboten, das Brot an Gewicht und Qualität zu gering, und die Fleischer gaben das Fleisch, dessen Taxe auf 7 Pfennig stand — wobei der Rat allerdings den Fehler begangen hatte, sie den schwierigen Zeitverhältnissen gemäß nicht rechtzeitig zu erhöhen —, nur um 12 Pfennig an die Käufer ab. Das war ein durch die Sachlage in keiner Weise gerechtfertigter Preis, zumal da die Metzger infolge starken Drucks, den sie bei Einkauf des von den geflüchteten Bauern in die Stadt getriebenen Viehs ausübten, an sich schon höheren Gewinn als üblich ein­ geheimst hatten. In durchaus den meisten Fällen lag im Preiskampf das Unrecht auf der Seite des Handwerks; auch wo der weitere Verlauf der Dinge ihm Recht geben sollte, war wenigstens die Art und Weise oder der Zeitpunkt der Erhebung ihrer Forde­ rungen verfehlt. Nicht nur, daß ihre Eingaben und ihre Ent­ gegennahme der Bescheide nicht selten des ergebenen Tons ermangelten, auf den der Patrizierrat so starkes Gewicht legte, vielmehr in unziemlichen trotzigen Redewendungen sich ergingen 65), sie operierten auch mit wissentlich falschen Angaben, hauptsächlich bei ihrer Berufung auf auswärtige Preise66), und verstiegen sich sogar zu Formen, die gar nicht anders gedeutet werden konnten als mit der Drohung, durch Zurückhaltung im Einkauf die Fleisch­ versorgung der Stadt in Gefahr zu bringen und so schließlich doch die Annahme ihrer Forderungen zu erzwingen. Solchen Absichten entsprach denn auch ihr tatsächliches Vorgehen. Zögernder Einkauf oder gänzliche Zurückhaltung an mehreren aufeinanderfolgenden Märkten war eine oft geübte Taktik, die zwar auch als berechtigtes und wirksames Abwehrmittel zur Erzielung eines Preisausgleichs dienen konnte, jedoch fast durchweg 5

66 oppositioneller Natur war. Kein besserer Beweis dafür als der, daß in Verfolg solcher Opposition auch die günstigste Marktlage unausgenützt blieb67). In gleicher Richtung wirkte zu Zeiten empfindlichen Viehmangels der rücksichtslos-ungehemmte Zugriff der einzelnen kapitalkräftigen Metzger auf das Marktangebot, der trotz aller Mahnungen des Rats und ungeachtet der Interventionspolitik des Ochsenamts zum Ausschluß der ärmeren Meister von der Eindeckungsmöglichkeit führen und überdies das ungezügelte Hinaufschrauben der Fleischpreise durch die Großschlächter be­ günstigen mußte 68). Hinzukam eine gewisse Großmannssucht, die gerade im Fleischergewerbe üppige Blüten trieb, in verschwende­ rischer Haushaltung, Verwendung zahlreichen Gesindes, Vorliebe für Schmausereien, Zechgelage69) u. dgl. ihren Ausdruck fand und eher alles andere hervorrief als die Geneigtheit des Rats, durch Erhöhung der Taxe oder Verzicht auf Rügerecht diesem Treiben zum Nachteil des „gemeinen Mannes“ geradezu Vorschub zu leisten. Eine weitere Kalamität lag in der Praxis der Gäuknechte, die beim Kälbereinkauf auf dem Land mit Erfolg gleicher Üppig­ keit sich befleißigten wie ihre Herren, schwunghaften Zwischen­ handel trieben und in der Verwendung der ihnen an vertrauten Gelder durchaus nicht kleinlich waren70). Der Rat nahm zwar mehrfach Anlauf den Unfug abzustellen, ohne jedoch seine Ab­ sichten durchzuführen71); denn er mußte sich sagen, daß er mit den Auswüchsen, sollte anders sein Vorgehen überhaupt von Belang sein, zugleich auch die für den Fleischmarkt trotz allem ersprießliche und notwendige Einkaufstätigkeit der Gesellen unter­ band, mithin ein kleineres Übek auszurotten unternahm, um schließlich ein weit fühlbareres einzutauschen. Die Unterlassung gesetzlicher Regelung mochte auch dadurch etwas erleichtert sein, daß der im reichsstädtischen Landgebiet wie in den benachbarten Territorien allgemein statuierte Marktzwang, mochte er auch massenhaft umgangen werden und damit Anlaß geben zu handels­ politischen Weiterungen, dennoch den gröbsten Ausschreitungen wilden und heimlichen Autkäufertums einen Riegel vorschob. Die den Metzgern vorgehaltene Ratsmeinung, daß durch Ab­ schaffung der Gäulpiechte die Bauern gezwungen würden, mit ihren Kälbern selbst in die Stadt zu kommen, war nur für die nähere Umgebung, aus der an sich schon Zutrieb erfolgte, stich-

67 haltig; weiter entfernte Gebiete, wie die Gegend der heutigen Fränkischen Schweiz, das Eichstätter Gebiet, die Pfalz hinter Neumarkt usw., wo andere Verbrauchszentren die Aufzucht an sich zogen, konnten allein durch eigens entsandte Einkäufer für Nürnberg erschlossen und genützt werden. Auch im täglichen Verkauf suchten die Metzger auf alle erdenkliche Art die Polizeivorschriften zu umgehen, um ihren Willen dem Rat gegenüber durchzusetzen, vor allem, um höhere Gewinne zu erzielen. Minderwertiges Fleisch, das nur außerhalb der Fleischbänke (später nur auf der Freibank) verkauft werden durfte 72) — wozu u. a. längere Zeit auch das Fleisch der sogenannten Wacken, d. h. ungarischer Schafe zählte, die in der Qualität hinter den einheimischen zurückstanden 73) —, wurde immer wieder unter die Qualitäsware gebracht. Das Publikum wurde trotz allen behördlichen Einschreitens ständig mit allerlei Zuwagen74) über­ nommen sowie genötigt, Fleisch nicht unter einer bestimmten Menge zu kaufen75) oder, um die eine Sorte zu bekommen, gleichzeitig auch von einer andern mitzunehmen 76). Die schon seit alters geltende Vorschrift des Verkaufs nach Gewicht77) wurde nicht minder häufig übertreten 78), um so auch bei Einhaltung der Taxe mehr zu profitieren; zu diesem Zweck wurden Manipulationen an den Wagschalen vorgenommen, falsche Gewichte verwendet oder die Wagen so aufgestellt, daß der Käufer möglichst wenig oder gar nichts kontrollieren konnte. Oder man gab überhaupt Fleisch nur ungewogen her, was sonst nur am Vorabend des Osterfests hinsichtlich Lamm- und sonstigen jungen Fleisches als Ausnahme zugelassen war 79). Am schwersten gewöhnten sich die Schweinemetzger an Wurstabgabe nach Gewicht, doch ließ der Rat nicht nach80). Beliebt waren auch gewisse Kunstgriffe, um bessere Qualität des Fleisches vorzutäuschen: Autblasen der Lungen mit Wasser, Streichen der Stücke mit heißen Messern oder Hölzern81), Aufspannen von Lamms- oder Schafbäuchen mit. Klammern usw.82) Hammel- und. Schaffleisch wurde, ohne Haut verkauft, deren Aussehen Gesundheit und Preiswürdigkeit garantieren sollte83); zum Taxpreis konnte man oft nur schlechteste Qualität beziehen84), während gute zurückgehalten wurde; reelle Schweinefleischpreise suchte man durch ungebührlich hohen Preis von Speck und Rauchfleisch wieder wettzumachen 85); oder man 5*

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hielt sich an das erprobte Mittel, dem Publikum, das nicht ständig Möglichkeit der Kontrolle hatte, Preisüberspannungen als erlaubten Preis hinzustellen86). Man ließ zum Protest die Fleischbänke ganz oder teilweise leer stehen; oder schaffte, wenigstens wenn die Marktbeamten wegen zu hohen Preises warnten, das Fleisch ostentativ in Truhen nach Haus87), wo es leichter zum höheren Preis-abzusetzen war. Jede Ausnahmegelegenheit wurde getreulich benützt, um den Preis zu schrauben: Feiertage88), Reichs-89) und Fürstentage90), Kaiserbesuch91); einmal allerdings gestattete der Rat von sich aus während der Anwesenheit des Kaisers einen Preisaufschlag 92), um in solchen bewegten Tagen, die Gefolge und Volk in die Stadt zogen, die Versorgung auf der Höhe zu halten. Großverbraucher wurden immer in jeder Hinsicht bevorzugt, was nicht verwundert, wenn man erfährt, daß z. B. 1633 die Garköche für das Pfund Schweinefleisch statt 6 Kreuzer zahlten93); zumal an den Samstagenö4) bekamen reiche Leute, besonders niederländische95) und italienische96) Kaufleute, die im Lauf der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und noch mehr im 17. sich in Nürnberg ansässig machten, als wertvolle Kundschaft die besten Stücke, natürlich gegen erhöhten Preis, den sie ja anstands­ los zu zahlen vermochten. Ärmere oder weniger gute Kunden wurden nach alter Gepflogenheit mit dem Bemerken abgewiesen, das Fleisch, das sie erstehen wollten, sei reserviert oder bereits verkauft97). Schließlich war aucfl das Einsalzen des Schweine­ fleischs bisweilen ein Mittel des Preiskampfs, vornehmlich in den Wochen nach Ostern, wie das einschlägige Verbot schon für das 15. Jahrhundert zur Genüge beweist98). An dem fortgesetzten Preiswucher waren aber auch manche Kreise des Publikums nicht schuldlos. Zahlung jeden geforderten Preises statt Anzeige; bereitwillige Unterstützung des durchaus verbotenen Fleischverkaufs in den Metzgershäusern "); Darreichung von Geschenken an die Metzger, um ihre Wohlgeneigtheit zu erhalten 10°): all das und noch manches andere konnte die Aus­ schreitungen nur begünstigen, statt sie zu mindern. Letzter Grund war freilich der meist ungenügende Stand der Gesamtversorgung, den manche Käuferschichten dadurch für ihre eigene Person und ihren eigenen Haushalt zu überwinden strebten, daß sie dem Gewinnstreben der Metzger, ohne Rücksicht auf Allgemeininteresse

69 Vorschub leisteten. Ein einziger Fall ist nachweisbar — im Jahr 1495, also zu einer Zeit, wo die Viehnot noch nicht fühlbar war —, daß ein Metzger unter der Taxe verkaufen wollte, freilich außerhalb der Bänke. Dagegen wandten sich die übrigen mit dem Hinweis, er habe drei (!) Bänke im Fleischhaus inne, auf denen er sein Fleisch, so billig er möge, verkaufen könne. Der wahre Kern dieses Einwands war natürlich der, daß sie billigeren Verkauf in den regelrechten Ständen leichter zu verhindern wußten als außerhalb deren. Der Rat erfüllte in seinem Bescheid auch ihr Begehren 101). Die sachlichen Argumente, die seinerseits der Rat be Behandlung der Preisfrage ins Treffen führte, waren kaum minder zahlreich als die subjektiv gefärbten Methoden der Metzger. Grundzug der behördlichen Stellungnahme war eine erstaunliche Zähigkeit, mit der meist bis zuletzt Taxerhöhungen vermieden wurden. Jede günstige oder günstig nur scheinende Gelegenheit ward zum Ausgang genommen für Erwägungen und Beschlüsse, die auf Preissenkung hinzielten102). Besonders hartnäckig war das Hin und Wider vor der endgültigen Festsetzung der Taxen von 5, 8 und 10 Pfennig. Die Ablehnung von Steigerungs­ petitionen, sofern solche überhaupt beantwortet wurden 108), erfolgte meist mit Begründung, die Hinweis enthielt: auf mangelnde Unter­ stützung der Eingabe aus den Kreisen des Handwerks selbst — allerdings ein nicht wiederholter Fall104); auf den alleinigen Nutzen 105) oder den sicheren Anreiz zu Preisaufschlag 106) seitens des Viehhandels; auf den zeitlichen Ausgleich von Gewinn und etwaigem Verlust innerhalb eines Jahrs107); auf die Unersättlich­ keit ihrer Forderungen108); auf bisherigen Genuß großer Vorteile109), nicht zuletzt infolge der allein in Nürnberg bestehenden Förderung durch eine eigene Viehkasse110); auf die von den übrigen Reichs­ ständen zu gewärtigenden Einwände111); auf noch vorhandene Partien aus den der laufenden Taxe zugrunde gelegten Einkäufen; auf Besserung der Verhältnisse mit Wiederbeginn der Marktzeit112); auf guten Weide- und Futterstand113) u. dgl. mehr. Scharfe,' anzügliche wie haltlose Eingaben wurden zurückgewiesen114); als besondern Trumpf verwandten die Ratsherren die aus dem eigenen Haushalt ihnen nur zu deutlich gewordene Kenntnis der tat­ sächlichen Fleischpreise115). Selbst die Versicherung der Metzger, daß der Handel zix dem augenblicklichen Höchstpreis kein Vieh.

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mehr nach Nürnberg zu liefern vermöge, verfing nicht ohne weiteres U6). Zugunsten niedrigeren Fleischpreises bei den Ochsenhändlem selbst auf mäßige Preisforderung zu dringen, ward zwar auch erwogen, aber nicht ausgeführt117). Lieber ermahnte man die Metzger, richtige Einkaufsweise anzuwenden, nicht gegenseitig leichtfertig sich die Preise zu treiben, indem sie sich „ aus den Händen kauften “ 118), sondern vielmehr mit überteurem Einkauf „nit also hineinzuplatzen, sondern an sich zu halten“ 119). Auch verfehlte man nicht, den häufig recht unsanften Metzgersweibern einzuschärfen, die Leute nicht so hart anzufahren. Erfüllt wurden die Forderungen der Metzger fast nur, wenn es den Umständen nach nicht mehr anders ging 12°); nur ganz selten auch ohne solche Zwangslage, aus einer Art patriarchalischen Wohlwollens heraus121), wobei es freilich letzten Endes weniger darauf als auf irgend einen Grund ankommen mochte, der mit der Fleisch­ versorgung in Zusammenhang stand122). Jedem Erhöhungsbeschluß wurde übrigens der Hinweis auf die dadurch verstärkte Pflicht bestmöglicher Fleischversorgung in formelhafter Art ein verleibt123). Außer solchen Mitteln124) zur Einhaltung des „gerechten“ Preises, die, um es zusammenzufassen, gegenüber den Ansprüchen des Handwerks bald gewährenden, bald abschlägigen, bald dilatorischen Charakters waren, handhabte der Rat im gleichen Interesse schließlich noch seine Bestimmungen über den Gebrauch der Wagen. Schon 1478125) trug er sich mit dem Gedanken, eine öffentliche Wage aufzustellen, damit durch Nachwiegen die Käufer von Fleisch und Fischen vor Betrug sich schützen konnten. Späterhin war, wie oben erwähnt, den Marktmeistern diese Obliegenheit anvertraut. Jeder Metzger sollte nur eine Wage gebrauchen, damit er nicht gleichzeitig inner- und außerhalb des Fleischhauses verkaufen konnte126). Wage und Gewicht durften, als logische Folge des Bank­ zwangs, im Haus des Metzgers nicht gebraucht werden. Die Wagschalen waren nach Muster anzufertigen127); die Schale, die das Gewicht aufnahm, mußte nach dem Käufer zu gehängt werden 128) und die andere, wie bei den Fischern, mit Gitterboden versehen sein129). Die Gewichte unterlagen dem Eichzwang; ungerade (bezw. halbierte) Stücke wurden 1562 13°) für unzulässig erklärt.

7.i 6. Kapitel.

Die Viehbeschaffungspolitik. Letzten Endes trug, wie schon gesagt, an allen Unzulänglich­ keiten der Preispolitik der immer bedrohlicher auftretende Vieh­ mangel Schuld, vor allem die Stockung in der östlichen Zufuhr. Vorboten dieser Erscheinung zeigten sich in Nürnberg schon in den 8oer und 90 er Jahren des 15. Jahrhunderts 4), doch setzte auch hier, wie andernorts, die Periode der Hauptschwierigkeiten erst mit Beginn des zweiten Viertels des 16. Jahrhunderts ein. Vernehmlichster Grund war2), abgesehen von der Zunahme der Bevölkerung, die damals viel zu wenig beachtet wurde3), das Vordringen der Türken in Ungarn und Österreich, wodurch die Viehzucht und die Ausfuhr aus diesen beiden Bezugsgebieten, die damals das Hauptkontingent für Oberdeutschland stellten, unterbunden wurde4). Dazu kam Belastung mit hohen Auflagen, auch in den Ländern, die nächstdem für die Versorgung in Betracht kamen: in Polen und Sachsen; so verursachte z. B. jeder Ochse allein auf der Strecke von Ofen bis Wien im Jahr 1533 3 Gulden Unkosten mehr als vier Jahre zuvor. Auch der in­ ländische Viehstapel schmolz zusammen, teils durch Verluste während der Unruhen des Bauernkriegs und des Fehdewesens, teils durch allzustarke Beanspruchung infolge konzentrierten Ver­ brauchs — Reichstage, Ansammlungen und Durchzüge von Truppen nach dem Osten —, teils durch den Krebsschaden des Fürkaufs5) mit seiner Bereicherung unberufener und unnötiger Zwischenhändler, nicht zuletzt aber durch starken Rückgang der Aufzucht selbst; verkaufte doch der Bauer oft genug, angereizt durch den hohen Erlös, Kühe und Kälber, die er eigentlich für die Aufzucht hätte verwenden sollen, und benützte für die Feldbestellung mehr und mehr Pferde statt der Zugochsen, die zugleich als Schlachtvieh in Frage gekommen wären. Schließlich schmälerte auch die überhandnehmende Schäferei, die mit der Blüte der Wollindustrie und des Wollexports Schritt hielt, die Neigung zu stärkerer Rindviehhaltung. Solchem Angebotsmangel gegenüber fiel die Verbrauchssteigerung, die allenthalben hervor­ trat, nur umso stärker ins Gewicht. Galt doch tägliches Fleisch­ gericht, nicht nur zu Mittag, in allen Schichten der zunehmenden

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Bevölkerung geradezu als Lebensnotwendigkeit; die Fastenzeit und die einzelnen Fasttage im Lauf des Jahrs wurden nicht im entferntesten eingehalten: Zwischenmahlzeiten mit gesottenem und gebratenem Fleisch in den Wirtshäusern zählten auch beim einfachen Mann zum guten Ton; übermäßiger Fleischgenuß bei Kirchweihfesten, Hochzeiten, Kindstaufen usw. war gleichfalls im Schwang. Diese Erscheinungen zwangen die Regierungen und Behörden der oberdeutschen Territorien, Kreise und Städte bald zu stets intensiveren Beratungen, Korrespondenzen, Abschieden und Mandaten in den Angelegenheiten des „Fleischkaufs“. Was als nächstes Problem unmittelbar vor Augen trat: die Steigerung des Fleischpreises, war auch hauptsächlicher Gegenstand von Beratungen und Maßregeln. Auf Anregung der vorderösterreichischen Regierung kam im Jahr 15206) bereits der Bund der schwäbischen Rappenmünze, der seit über 100 Jahren bestand und neben Niederösterreich vornehmlich die Städte Basel, Kolmar, Freiburg, Breisach u. a. umfaßte, zu dem Beschluß, im Gebiet des Breis- und Sundgaus einen Einheitspreis für Ochsenfleisch festzusetzen. Der Halbheit dieses Schritts, der nur die Oberfläche des Problems berührte, ward man sich bald bewußt; die Tagesordnung des zweiten Kongresses, der 1527 in Ensisheim stattfand, brachte denn auch die Frage des Zwischenhandels zu ausgiebiger Erörterung. Man war sich klar darüber, daß der wilde Viehhandel, der auch hier wieder allgemein als „ Fürkauf“ bezeichnet wurde, den regel­ mäßigen Wochenmärkten stärksten Abbruch tue und somit ver­ teuernd wirke; daher war der Marktzwang von neuem energisch statuiert, seine Befolgung unter dauernde Kontrolle gestellt, Suspension nur bei unmittelbarem Verkauf aus der Hand des Bauern an den Metzger — und zwar ausdrücklich nur behufs Ausschlachtung — gestattet, sowie endlich der Export durch Lizenzen und eine Art Ausfuhrzoll reguliert. Man sieht, die Frage der ausländischen Zufuhr spielte bei diesen Beratungen, wie auch bei allen spätem des Bunds keine Rolle: die Zucht auf den Schwarzwaldweiden blühte nach wie vor, und die Produktion und Ausfuhr des Schweizer und Burgunder Rindviehs, für das einer der Hauptmärkte Sennheim war, litt nicht unter



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kriegerischen Wirren, wie sie im Osten des Reichs herrschten. Auf Grund solcher Maßnahmen gegen Auswüchse des Handels, die zunächst noch von den meisten Bundesgliedern streng gehandhabt wurden, konnte man mit Erwartung besseren Erfolgs die Fleischpreisregulierung wieder aufnehmen und sie (1528) nicht allein auf das Gesamtgebiet des Bunds, sondern auch auf alle gangbaren Fleischsorten ausdehnen. Doch der Wurzel allen Übels, dem Fürkauf, konnte gleichwohl nicht dauernd gesteuert werden, und Beschlüsse des Jahrs 1544 brachten notgedrungen eine Durchlöcherung des straffen Regulierungssystems, indem angesichts lokaler Verschiedenheiten der Einheitspreis für Schmalviehausschlachtung außer Kraft gesetzt wurde. Elf Jahre hernach griff man zu den letzten Mitteln, die theoretisch blieben : General­ ausfuhrverbot nach allen der Vereinigung sich fernhaltenden Gebieten und strengste Untersagung der Vieh Verstellung, d. h. des Kompagniegeschäfts zwischen Händler und Bauer durch Mästung des beiden gehörigen Viehs, sowie jeder Art von Zwischenhandels­ geschäften mit Ausnahme des Ankaufs vcfa Magervieh zu Mast­ zwecken. Damit war jedoch der Bogen überspannt und praktisch die Auflösung der Konvention angebahnt: die Schwarzwaldbauern dachten nicht daran, von der gewinnbringenden Gepflogenheit der Viehverstellung abzulassen, und die Stadt Straßburg trat in Opposition wegen der auf sie ausgedehnten Viehhandelssperre. Mit Erneuerungen, Abänderungen und vor allem mit ständig durch die Verhältnisse erzwungenen Preiserhöhungen fristete die Konvention ihr Leben durch die zweite Hälfte des Jahrhunderts, bis es im nächsten, in der Zeit der großen Münzwirren (1625), gänzlich erlosch. Frühzeitig, im Juli 1533 7), beschäftigten sich auch die bayrischen Kreisstände nebst einigen andern Fürsten und Städten mit der Fleischversorgungsfrage. Im Gegensatz zum Südwesten trat in ihren Beschlüssen die Stockung der östlichen Zufuhr als stärkste Ursache des Mangels klar zutage. Da diese jeglicher Einfluß­ nahme seitens des Kreises entzogen war, mußte man sich auf Versuche beschränken, die Schäden des Inlandmarkts abzustellen. Das beste Heilmittel sah man auch hier in der strengsten Hand­ habung des Marktzwangs im Kampf gegen den fürkäuferischen Zwischenhandel. In Erkenntnis der Gemeinsamkeit der Interessen

74 und der Mittel sie zu wahren, unternahm man es auch, die Städte Augsburg, Ulm, Regensburg und Nürnberg zu gleichem Vorgehen zu veranlassen. Mastvieh sollte außerhalb des regulären Markts nur in die Hand von Metzgern für den Bedarf ihrer Bänke über­ gehen, und nur Kauf von Magervieh zwischen Lichtmeß und Josephi allgemein freistehen. Das waren mithin die gleichen Maß­ nahmen, die der Rappenmünzbund später auch treffen sollte. Dagegen erkannte der bayrische Kreis sofort richtig die Unmöglich­ keit, angesichts der verschiedenen Münz- und Gewichtsverhältnisse sowie der ständig wechselnden Zeitläufte eine Einheitstaxe festzu­ setzen und vor allem: aufrechtzuerhalten. So half man sich damit, daß man eine Preisgrenze nur für den Geltungsbereich des Wiener Gewichtspfunds unter angemessener Berücksichtigung der jeweiligen Münzsorte fixierte8). Auch der Verbrauchsbeschränkung ward das Wort geredet: in jeder Woche sollten mindestens zwei bis drei fleischlose Tage gehalten, sowie das Fastengebot streng befolgt werden. Die Aufzucht des Rindviehs suchte man zu fördern, wenn nötig auf Kosten der überreichlichen Schafhaltung. Den Wirten sollte nur eine begrenzte Zahl — es blieben immer noch vier — ordentlicher Mahlzeiten, d. h. solcher mit Fleisch Verab­ reichung, zugelassen werden und zwar unter obrigkeitlicher Taxierung, sonst nur Auftischen von Käse, Obst, Brot usw. Das Eingreifen des schwäbischen Kreises9) in die Probleme der Fleischversorgung erfolgte wesentlich später. Er wandte sich zunächst — Dezember 1555 — im Anschluß an den Augsburger Reichstagsabschied vom Februar 1551 gegen den übermäßigen Verbrauch in den Wirtschaften; kam dabei auch das starke Steigen der Fleischpreise zur Frage, so erfolgte ein Beschluß in dieser Hinsicht doch erst im April des nächsten Jahrs. Kraft dessen wurde eine neue Preiserhöhung an die Zustimmung des Kreises gebunden und einheitliches Vorgehen im Einvernehmen mit dem bayrischen, fränkischen 10), kur- und oberrheinischen Kreis in Aus­ sicht genommen, da man richtig erkannt hatte, daß eine Bewältigung des Problems, wenn überhaupt, dann nur auf breitester territorialer Grundlage möglich sei. 1562 beschloß der Kreis — neben Erneuerung der bisherigen Vorschriften — ein Schlachtverbot für zwei Tage in jeder Woche sowie durchgängig für die Monate Februar und März, wobei Ausnahmen nur für Kälber zugelassen

wurden, deren Fleisch für Kranke und Wöchnerinnen notwendig war. Ferner wurde den Protestanten eingeschärft, die Fasttage gleich den Katholiken zu halten, weshalb man an Stelle der Monate Februar und März die Fastenzeit und als Beginn für das kreisgesetzliche Schlacht- und Fleischverbot den Sonntag Invocavit setzte. Zwei Jahre später jedoch gab man das System der straffen Zentralisierung wieder auf und überließ mit Rücksicht auf die Mannigfaltigkeit der lokalen Verhältnisse den einzelnen Ständen die Preisregulierung, für die von Januar 1567 an die Sanktion des Kreises eingeholt werden mußte. Man hatte ^ich damit wieder dem Aprilbeschluß des Jahrs 1556 genähert. Nicht zuletzt konnte Württemberg u) dank seiner ausgebildeten Territorialgewalt an gesetzliche Bekämpfung des Übels denken. Abgesehen von einer zu einseitigen Festlegung gegen die Dorf­ metzger — man glaubte, durch deren Abschaffung oder mindestens Beschränkung die Bauern hauptsächlich auf vegetarische Kost vertrösten zu können und so alles verfügbare Vieh in die Städte zu ziehen! — erging sich die Gesetzgebung im allgemeinen in bekannten Geleisen. Das Einstellen von Melkrindern durch Aus­ länder, die den „ Kälberzinsa sich ausbedangen und die Kälber ausführten, wurde untersagt, ebenso die Neuerrichtung von Schäfereien; die Schafzahl der vorhandenen wurde kontingentiert. Hornvieh sollte mit Weide und Winterfütterung in jeder Weise bevorzugt werden, und eine Sonderkommission über Verwendung von Zugochsen statt Pferden zum Ackerbau jeweils entscheiden. Kälber durften nur an Metzger, nicht mehr an Wirte, sonstige Untertanen, für Hochzeiten usw. verkauft werden; schließlich hatte noch Hausschlachtung der Metzger zu unterbleiben. Wie weit alle diese Beschlüsse oberdeutscher Instanzen ver­ wirklicht wurden, darüber liegen so gut wie keine Angaben vor. Aber man braucht nur zu denken an die von ihnen unbeeinfluß­ bare Macht der Entwicklungstatsachen, an die ständige Wieder­ holung der gefaßten Beschlüsse, an die Milderung von Vorschriften, c)ie in ihrer ganzen Strenge als undurchführbar sich erwiesen hatten, ganz abgesehen von gesetzgeberischen Mißgriffen und von der in den meisten Fällen unzulänglichen Exekutivgewalt —: so wird man die Einwirkung der verschiedenen Maßnahmen, selbst wenn sie dem Kern des Problems nahekamen, eher zu gering als zu hoch einschätzen.

76 Die Nürnberger Fleischversorgungspolitik, soweit sie über bloße Fleischpreisregulierung hinausging, war stets darauf bedacht, neben den Interessen des Publikums und des Metzgergewerbes auch die sorgfältig abgewogenen der städtischen Finanzen hin­ reichend zu würdigen. Beratungen über die geeignetsten Wege der Belieferung mit Vieh und Fleisch begannen frühzeitig im Ratsplenum eine ständig wachsende Rolle zu spielen und endeten, wenn sie sich nicht zu eigentlichen Aktionen verdichteten, der Regel nach, im Zusammenhang mit Taxbeschlüssen, Petitions­ erledigungen, Verweisen und Verwarnungen, mit einer formelhaften Aufforderung an das Handwerk, nichts zu unterlassen, um die Gemeinde genügend mit Fleisch zu versehen 12). Half dies nichts und drohte auch der weitere Ausweg, den Dorfmetzgern tägliche Einfuhr zu gestatten, zu versagen, so trat der Rat, meist schweren Herzens, der Frage kommunalen Vieheinkaufs näher. Dabei gab es zwei Möglichkeiten, die beide genützt wurden: Großeinkauf zu möglichst günstigen Bedingungen, wie sie mangels ausreichender Kapitalkraft das Handwerk sich nicht verschaffen konnte, nebst Abgabe des Viehs an die Metzger zum Einstandspreis, also eine Art Kaufvermittlung; oder Einkauf kleinerer Partien von Fall zu Fall nebst unmittelbarer Ausschlachtung auf Rechnung der Stadt. Der erste Weg wurde bereits im Frühsommer 1491 13) be­ schritten, als ein glänzender und stark besuchter Reichstag, sowie die fast halbjährige Anwesenheit des Königs Maximilian mit seinem Gefolge die Metzger nur zu preistreiberischer Zurückhaltung im Einkauf veranlaßten, statt zu reger Bemühung allen Ansprüchen gerecht zu werden. Seit Beginn des Zutriebniedergangs nahm der Rat häufiger zum Selbsteinkauf seine Zuflucht. So wurde im Mai 1529 die gesamte Herde eines böhmischen Treibers über­ nommen, nachdem das Handwerk von der Absicht des Rats in Kenntnis gesetzt, mit dem Treiber auf dem Rathaus abgeschlossen und ein Sachverständiger beigezogen worden war14). Selbst vor einer bedeutenden Stückzahl schreckte der Rat nicht zurück: für Juni des gleichen Jahrs war Ankunft von 800 Ochsen, offenbar aus Polen bezw Sachsen, in Schweinfurt gemeldet, die die Stadt zu übernehmen beschloß, falls das Handwerk die Gelegenheit vorübergehen lasse 15). Wenige Wochen hernach erhielt der Ratsherr Christoph Kreß

77 -von einem Geschäftsfreund, Wilhelm Weidolt16) — dessen Wohn­ ort leider unbekannt bleibt, wahrscheinlich wohnte er in Sachsen oder in Breslau —, privatim Nachricht über Lieferungsmöglichkeit von Ochsen aus Polen. Er übergab das Schreiben dem Rat, der sich sofort mit dem Handwerk ins Benehmen setzte. Da inzwischen der Zutrieb aus Südosten sich wieder gebessert hatte, erg^b sich dieses nur zu rasch einem unbegründeten Optimismus, schlug die von Weidolt ausgesprochne Sorge hinsichtlich der Türkengefahr in den Wind und argumentierte ausschließlich mit dem Risiko der weiten Einkaufsreise und der Schwierigkeit der Überwinterung des Viehs. Der Rat ließ sich hievon beeinflussen und lehnte es ab, als Selbstkäufer aufzutreten. Ende des folgenden Monats befand sich Weidolt in Nürnberg und es kam, nachdem die Erwartungen auf dauernde Besserung des Zutriebs sich nicht erfüllt hatten, zu Verhandlungen zwischen ihm und dem Rat, der für das kommende Frühjahr Lieferung von iooo Ochsen auf einer Preisgrundlage von 5 Pfennig je Pfund Schlacht­ gewicht bei einem Vorschuß von 1500—2000 Gulden vorschlug. Das waren bei einem Durchschnittspreis von 23 Gulden für das Paar rund 13 — 17 % der Gesamtsumme. Der Rat verpflichtete sich ferner, für Übernahme des Viehs zu den verabredeten Bedingungen durch die Metzger Sorge zu tragen und, falls das nicht gelinge, ihm oder seinen Treibern Schlachterlaubnis zum gleichen Pfundpreis zu erteilen. Bei unverschuldetem Lieferungs­ verzug wurde ihm noch Schadloshaltung für besonders erwachsene Fütterungskosten gewährleistet. Doch der Zutrieb konnte pünktlich anfangs Februar 1530 erfolgen, was den Rat zur Bestellung von weiteren 800 Stück unter gleichen Bedingungen veranlaßte. Lieferungstermin wurde auf Bartholomäi angesetzt, eine bis dahin etwa in Kraft getretene Taxerhöhung sollte bei der endgültigen Preisberechnung berücksichtigt und zudem die Gesamtzahl in Einzelherden von je 200 Stück zugetrieben werden. Auch diesmal vermochte Weidolt den Vertrag genau einzuhalten, ja sogar statt der angeforderten 800 zum zweitenmal 1000 Stück zu liefern. Die zunächst eingetroffenen 600 Stück kamen je Paar auf 20 bis 24 bis 26 Gulden zu stehen und hatten entsprechend ein Lebend­ gewicht von je 3^ bis 4 bis 4A/4 Zentnern. Doch nun traten die Metzger in Opposition und verweigerten die Übernahme zu

78 der Taxe von 5 Pfennig. Der Rat, weit entfernt auf eine Er­ höhung einzugehen, ließ durch Weidolt selbst die Ochsen in der Umgebung der Stadt auf Weideplätzen unterbringen, zahlte die Kosten der Fütterung, gab ihm den Verkauf des noch ausstehenden Teils der Lieferung völlig frei, erteilte ihm Befugnis zur Aus­ schlachtung der unverkäuflichen Stücke und behielt sich nur Bestimmung über den Zeitpunkt vor, zu welchem das auf fremden Weiden untergebrachte Vieh nach der Stadt zurückgebracht werden sollte. Beim Siechhaus wurde eine eigene Schlachtbrücke errichtet, zunächst für Weidolts, sodann überhaupt für kommunale Aus­ schlachtungen. Ob und wie weit es zu solchen kam, erscheint zweifelhaft; es hat den Anschein, als ob die Hartnäckigkeit der Metzger an der Festigkeit des Rats scheiterte und sie im letzten Augenblick vor Vollzug der Freischlachtungslizenz mindestens einen beträchtlichen Teil des Viehs übernahmen. Auch diesmal war übrigens das ganze Geschäft zwischen Rat und Weidolt auf einem Vorschuß (nicht über 5000 Gulden) aufgebaut, der in bestimmten Fristen zurückzuzahlen war. Ferner war der Zutrieb vom Torzoll befreit. Zum letztenmal erscheint Weidolt, der offenbar ganz nach Nürnberg übergesiedelt war und wohl eine Faktorei innehatte, April 1531 in Verhandlungen mit den Metzgern und dem Rat, ohne daß jedoch Näheres zu ersehen wäre. Im weitern Verlauf des Jahrs 1531 mußte der Rat, sofern er es nicht vorzog ganz allgemein die kapitalkräftigen Metzger zum Besuch auswärtiger Märkte anzuhalten17), einzelne Metzger als Einkaufskommissionäre18) entsenden, unter Vorschußgewährung bezw. mit der Bestimmung, daß Barzahlung sofort nach Lieferung erfolgen werde und zwar zu Nürnberg, um vor allem dem Risiko der Geld- bezw. Wechselversendung zu entgehen. Die in Betracht kommenden Märkte waren Straubing, Zerbst (wo bis zu 400 Ochsen gekauft werden sollten) und Putzka. Reiche Metzger, die sich mehr und mehr auf Viehhandel verlegt hatten, wurden veranlaßt, in der Zeit vor Pfingsten ihre Ochsen dem gesamten Handwerk käuflich abzulassen, weil sie diese alsdann noch nach der höheren Taxe berechnen konnten19) ; gewissermaßen als Gegenleistung für die so ermöglichte Gewinn­ sicherung — waren doch sonst Viehhandelsgeschäfte unter den Metzgern selbst verboten und wäre vermutlich Ausschlachtung

79 seitens des betreffenden Meisters zu einem Teil in die Periode der niedrigem Taxe gefallen — wurde in einem Fall die Ver­ pflichtung zu baldigster Nachlieferung der gleichen Stückzahl auferlegt20). Mit Errichtung des Ochsenamts trat auf längere Zeit die Notwendigkeit direkt oder kommissionsweise kommunalen Ein­ kaufs in den Hintergrund. Erst in der Zeit des zweiten Mark­ grafenkriegs 21), überhaupt gegen Ende der 50 er Jahre, als das neue Amt bereits im Zeichen des Niedergangs stand, mußte man öfters wieder zu solchem greifen. Nur auf größere aus­ wärtige Angebote für eigene Rechnung einzugehen, lehnte nunmehr der Rat beharrlich ab, wie er es schon vorher, als der Kaiser nach dem Mühlberger Sieg mit dem Herzog von Alba und spanischem Kriegsvolk in der Stadt weilte (Juli 1547), dem Proviantmeister Albas — wenn auch wohl nicht aus rein wirtschaftlichen Beweggründen — gegenüber getan hatte, als dieser Weidegelegenheit und Hüter bezw. käufliche Übernahme für eine Riesenherde von 2600 Ochsen, welche die Ernährung der Truppen bei ihrem Nürnberger Aufenthalt und Durchzug sicher stellen sollte, verlangte22). Der Beschluß, auf städtische Rechnung schlachten und ver­ kaufen zu lassen, wurde zum erstenmal im Juni 152923) gefaßt im Anschluß an den oben erwähnten Einkauf aus der Hand eines böhmischen Treibers: von den Ochsen sollten täglich 10 Stück durch die beiden Marktmeister, sonderbarerweise im Verein mit den Nußmessern, geschlachtet und nach dem Pfund verkauft werden. Zur Ausführung kam es jedoch nicht; der Rat hatte sich — weshalb, ist nicht klar ersichtlich — die Sache rasch anders überlegt und bemühte sich, die Ochsen, 71 an der Zahl, selbst unter Einbuße an die Metzger wieder zu verkaufen 24). Dagegen wurde im übernächsten Jahr zweimal Einkauf auf dem Viehmarkt und nachherige Ausschlachtung auf Rechnung des Rats in begrenztem Umfang (50 bis 100 Stück) in Aussicht genommen 25). Später gab es auch städtische Freibankschlachtungen. So hatte — Dezember 1598 — ein polnischer Viehhändler Erlaubnis erhalten, einen Teil seines Viehs auf der Freibank zu schlachten und den Rest an Bürger, mit Ausnahme von Metzgern und Vieh­ händlern, zu verkaufen, sofern diesfc Selbstverbrauch glaubhaft

8o machten. Da aber der Verkauf an die Bürgerschaft nicht recht vonstatten ging, beschloß der Rat — es handelte sich um 160 Stück —, diese selbst zu übernehmen und auf der Freibank ausschlachten zu lassen. Durchgeführt wurde der Beschluß freilich nur bei 15 Stück, da der Händler inzwischen doch noch Abnehmer in Bürgerkreisen gefunden hatte. Der Preis wurde auf 11 Pfennig, also unter Taxe, festgesetzt und der Ochsenschreiber mit dem Einkassieren betraut26). Einkauf auf großen auswärtigen Viehmärkten erwies sich besonders seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts des öftern als nicht zu umgehen. Nur lag jetzt die Initiative beim Hand­ werk, das entweder in seiner Gesamtheit Kommissionäre bestellte oder aus sich heraus größere oder kleinere Gruppen bildete, die selbständige Einkaufsreisen unternahmen. Dabei handelte es sich fast stets um die Vermögenden unter den Gewerbeangehörigeri, so daß der Rat, obgleich er früher selbst sich mit Vorliebe auf diesen Kreis gestützt hatte27), zugunsten der unbemittelten Meister einschreiten mußte, wenigstens dann, wenn Vorschüsse des Ochsen­ amts wegen ungünstiger Lage des einheimischen Großviehmarkts nicht erteilt werden konnten. Handhabe bot dem Rat dabei die Verbescheidung des Darlehensgesuchs, das regelmäßig von den Kauflustigen gestellt wurde, ja gestellt werden mußte; gab doch ein Ratsgutachten unumwunden zu, daß die Metzger ausreichendes Kapital zu größeren auswärtigen Einkäufen nicht aufbringen könnten und Kommunaldarlehen das einzige Aushilfsmittel in solchen Fällen abgäben 28). So beabsichtigte im September 1561 ein großer Teil des Handwerks, auf dem Markt zu Büttstedt in Thüringen sich einzudecken. Dabei sahen sich jedoch neunzehn unvermögende Meister genötigt, wegen der hohen Unkosten von vornherein ihren Ausschluß zu erklären, wenn auch unter gleichzeitiger Bereitwilligkeit, auf jede ihnen mögliche Weise sich Vieh zu beschaffen. Der Rat, der mit Recht hierauf nichts gab und den Einkauf nicht allein den Großschlächtem überlassen wollte, um nachher von ihnen nicht zu Taxzugeständnissen gezwungen zu werden, drang darauf, daß, wenn die Beteiligung die Kräfte von zwei bis drei Meistern übersteige, die Quote eben auf die Schultern von vier bis fünf verteilt werden müsse29). Ein

8i andermal, als elf Metzger um Vorschuß für Einkauf auf den ungarischen Ochsenmärkten gegen Solidarhaftung ersuchten, lehnte der Rat das Ansinnen als nur im Interesse der reichen liegend rundweg ab 30). Das erste Beispiel städtischen Darlehens an Metzger zum Ochseneinkauf außerhalb des Nürnberger Markts findet sich bereits im Jahr 1493 31); es betrug 1500—1600 Gulden, bei dem damals noch niedrigen Viehpreis eine stattliche Summe; die beteiligten Metzger zeichneten als Gesamtschuldner, sogar mit Einbeziehung ihrer Weiber; Rückzahlung hatte in drei Raten zu erfolgen, Verzug sollte zu Schuldhaft führen. Solidarhaftung war stets unumgängliche Voraussetzung für jeden Kommunal Vorschuß, andernfalls wurde das Gesuch abgelehnt. Eintragung des Schuld­ anerkenntnisses ins Gerichtsbuch 32) gewährte gegebenenfalls einen sofort vollstreckbaren Titel. Anschaffung einer bestimmten Stück­ zahl — z. B. 153033) 4—500 Stück auf Grund eines Vorschusses von 1000 Gulden an sechs Meister —, sowie Verpflichtung die Taxe einzuhalten waren neben pünktlicher Rückzahlung — ur­ sprünglich waren die Vorschüsse zinslos — die den Darlehens­ nehmern auferlegten Bedingungen. Einige weitere Beispiele noch aus den 70 er Jahren des 16. Jahrhunderts, bald nach Erlaß des kaiserlichen Mandats, das den deutschen Viehhandel vom ungarischen Märkt auszuschließen versuchte! Daß man zeitweise glaubte, dieses Handelsverbot nicht besonders ernst nehmen zu müssen84), beweist ein Ende April 157435) von 18 Metzgern eingereichtes Gesuch um ein Darlehen von 10000 Gulden, um 600 Ochsen in Ungarn einzukaufen; die Hälfte der Gesuchsteller verpflichtete sich als Mitbürgen, die andere sollte nur intern mithaften. Der Rat zog beim Ochsenschreiber Erkundigung ein über das Schuldkonto eines jeden der Petenten im Ochsenamt, ließ seine Zahlungsfähigkeit anläßlich der bevor­ stehenden Pfingstverfallfristen prüfen und vergewisserte sich über Zeit und Ort der beanspruchten Remittierung, sowie über die beabsichtigten Rückzahlungstermine. Im Verlauf der Verhandlungen ermäßigten die Beteiligten aus freien Stücken die Summe auf 4000 Gulden, bei Auszahlung 8—14 Tage vor Johannis und Rückgabe nach einem halben Jahr, und versprachen, vorher ihre 6

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Rückstände im Amt zu begleichen. Wie weit das alles eingehalten ward, läßt sich freilich nicht erweisen; sicher ist nur, daß der Rat den Vorschuß gewährte. Die Einkaufskommission konnte bereits anfangs Juni auf dem Wiener Markt — sie hatte es also auf Einreise in Ungarn doch nicht ankommen lassen wollen — mit Besorgung von 226 Ochsen und 800 ungarischen Schafen ihren Auftrag als erfüllt ansehen. Auf die Nachricht hievon über­ wies der Rat sofort die ausgemachte Summe nach Wien36). Im nächsten Jahr 37) erfolgte ein neues Gesuch um ein Dar­ lehen zum Einkauf in Ungarn und Polen, das sich nicht weiter verfolgen läßt, und im August 157638) baten acht namentlich aufgeführte Meister, darunter allein drei Angehörige der alt­ angesehenen Metzgerfamilie Schlauersbach, um Vorschuß von 4000 Gulden zum Besuch der Märkte in Österreich und Polen; Ungarn kam mithin nicht mehr in Frage. Der Hauptpunkt in den darüber gepflogenen Verhandlungen war die Entrichtung einer Gebühr von 15 Kreuzern für jeden der zu kaufenden Ochsen, die die Metzger umgehen wollten, während der Rat darauf bestand, da sonst eine Benachteiligung derjenigen Meister eingetreten wäre, die nur auf dem Nürnberger Markt in kleineren Partien mit Unterstützung der Amtskasse kauften und diese Gebühr zahlen mußten. Wie es scheint, verstand der Rat auch seinen Stand­ punkt zur Geltung zu bringen. Der am meisten aufgesuchte Markt war der schon erwähnte von Büttstedt in Thüringen39), nahe bei Weimar. Er bestand schon seit unvordenklicher Zeit und war mit einem häufigen Zutrieb von f6—20000 Stück Vieh aus Polen, Pommern und Branden­ burg der Zentralmarkt Mitteldeutschlands, vielleicht, neben dem Wiener, der größte des Reichs überhaupt. In erster Linie diente er der Bedarfsdeckung Sachsens und der anliegenden Territorien, half aber auch entlegenere Gebiete, wie die Rheingegend und Franken, versorgen. Er fand jährlich dreimal statt, an Johannis, Michaelis und Allerheiligen. Berichtet wird von ihm, daß er ein eilend Markt“ war, knapp je einen Tag dauerte und daß die ^Kaufabschlüsse. so heftig und unordentlich getätigt wurden, daß genauere Zählung des Zutriebs sich nicht ermöglichen ließ und der Stadtrat nicht selten einen 33 %igen Ausfall an Marktabgaben zu verschmerzen hatte. Der nicht weit entfernte Viehmarkt zu

83 Eckartsberga im Albertinischen Sachsen spielte gegenüber dem Buttstedter eine nur untergeordnete Rolle; auch ein Versuch des Grafen Ernst von Mansfeld, kraft kaiserlichen Privilegs (1519) in seinem Gebiet, zu Artern, einen Konkurrenzmarkt zu errichten, war bald zum Scheitern verurteilt. Erst die Privilegierung Leipzigs mit zwei freien Viehmärkten (1625) scheint den ersten Schatten auf die Blüte des Buttstedter Markts geworfen zu haben. 153540) wurde zum nachweislich erstenmal die Bedarfs­ deckung Nürnbergs auch auf den Thüringer Zentralmarkt erstreckt, nachdem Getreide schon bisher aus Sachsen und Thüringen, haupt­ sächlich aus der Erfurter Gegend, in Notjahren seinen Weg nach der Reichsstadt gefunden hatte41). Mit der nationalisierenden Abschließung des ungarischen Lieferungsgebiets verstärkte sich naturgemäß die Nachfrage nach polnischem, überhauptt nordöst­ lichem Rindvieh und damit die Bedeutung Büttstedts für Ober­ deutschland, Franken und nicht zuletzt für Nürnberg. Hauptsächlich der dortige Michaelismarkt Ward mehr , und mehr von den Nürn­ berger Metzgern zwecks Eindeckung für den Winter besucht. Nachdem 1553 42) und 157243) eine Einkaufsreise dorthin wegen politischer Unsicherheit offenbar hatte unterbleiben müssen, erhielt im Herbst 157544) eine Gruppe von Meistern, vertreten durch das Ratsmitglied Erasmus Schlauersbach, einen Vorschuß auf Buttstedter Geschäfte im Ausmaß von 3—4000 Gulden vom Rat mit der Auflage, die Rückzahlung an Pfingsten des kommenden Jahrs zu bewerkstelligen. Mitunter kamen dazu Abschlüsse aus eigenen Mitteln; z. B. erstand auf dem Allerheiligenmarkt 157646) eine Gruppe im ganzen 288 Ochsen, davon 192 mit Hilfe eines Kommunaldarlehens von 4000 Gulden, den Rest von 96 Stück mit Eigenkapital. Bisweilen nahm das Handwerk den Kapital­ bedarf einer Marktreise auch ganz auf seine Schultern und ersuchte den Rat nur, Handelswechsel auf den beabsichtigten Zahlungsort durch Vermittlung der Kaufmannschaft zur Verfügung zu stellen 46). Der Herbst 1578 47) brachte einen neuen Vorschuß von 5—6000 Gulden unter den üblichen Bedingungen; es war wohl die nämliche Gelegenheitsgesellschaft von 15 Meistern, die auch im folgenden Jahr48) unter Führung des Konrad Schlauersbach für 300 Ochsen einen Vorschuß von 6000 Gulden unter angemessenen Rück­ zahlungsfristen (Lichtmeß, Mitfasten, Pfingsten 1580) erzielte. 6*

84 Noch in den ersten Jahren des 30jährigen Kriegs49) versuchte man, in Büttstedt einen Teil des Bedarfs — es stand die Ver­ legung des Kurfürstentags nach Nürnberg in Aussicht — zu decken. Während der Schwedenzeit jedoch — Oktober 1632 — versagte auch diese Quelle50). Andere Märkte, die von Nürnberg aus häufiger besucht wurden, waren, abgesehen von den bereits erwähnten zu Wien, Zerbst und Putzka, die verschiedenen in Schlesien gelegenen, die zum Teil Vorläufer und Reservoir der Buttstedter Märkte waren : vor allem Brieg51) und Schweidnitz52), dann Liegnitz53) und Breslau54), sowie das mährische Auspitz55) und Straßnitz56). Außerdem die Märkte am Böhmerwald: Regen und Cham. Nahe bei Nürnberg schließlich der Bamberger Dionysiusmarkt57), der besonders zum Einkauf von Schweinen besucht war, sowie der wichtige Neumarkter Kälber- und Schafmarkt. Auch Kaufgeschäfte der Schweinemetzger — ob auf dem Nürnberger oder einem auswärtigen Markt, läßt sich nicht sagen — erfreuten sich in späterer Zeit hie und da der gemeindlichen Bevorschussung; Kautionsleistung und Solidarhaftung sowie Ver­ pflichtung, die gekauften Schweine nur in Nürnberg zu schlachten, waren Bedingung; die Fristen waren knapp, auf zwei bis vier Wochen bemessen. Derartige Darlehen, die teils dem ganzen Handwerk, teils Einzelgruppen (12 - 16 Meister) gewährt wurden, schwankten z. B. in den Jahren 1622/23 zwischen 400 Talern und 3000 Gulden58). Was auswärtige Angebote, die der Rat mittelbar oder un­ mittelbar erhielt, betrifft, so ließ er es bei dem ersten unbe­ friedigenden Versuch der Vermittlung und Finanzierung in den Jahren 1529—1531 sein Bewenden haben. In weitern Fällen vermied er ängstlich Übernahme auf eigne Rechnung und wies stets darauf hin, daß Handelsgeschäfte private, nicht städtische Angelegenheiten seien. Er scheute jedes Risiko — trug er doch mit Zunahme der Finanznot genügende Lasten schon an den Kalamitäten im Ochsenamt —, wollte aber auch dem Metzger­ handwerk nicht vorgreifen. Daher verwies er zunächst immer an dieses. Nachdem schon 1544 ein durch die Reichstaggesandten Hieronymus Holzschuher und Hieronymus Paumgartner übermittel­ tes Projekt des kurfürstlich brandenburgischen Vertreters Conrat

85 Trotzieher betr. Ochsenzutrieb aus Polen nicht die Unterstützung des Rats gefunden hatte59), legte Mitte März 1553 60) der bekannte Ratssyndikus und Gesandte Johann Thein von Breslau aus ein Angebot von 1000 Ochsen seitens des Krakauer Kaufmanns und Viehhändlers Goltsch vor. Die in Kenntnis gesetzten Metzger­ geschworenen traten für Maklerdienste des Rats ein, doch dieser wies sie an den Nürnberger Vertreter des Goltsch, an Joachim Frayßlich, der ca. 600 Ochsen auf eigene Kosten und Gefahr bis nach Nürnberg oder wenigstens bis an die böhmisch-pfälzische Grenze bringen sollte. Vermutlich zerschlug sich das Geschäft an dieser Bedingung61). — Im Dezember 155962) lief ein An­ gebot aus Lemberg ein, worauf zwei Sachverständige dorthin abgesandt wurden, um an Ort und Stelle die nähern Umstände, Beschaffenheit und Gewicht des Viehs, Preisgestaltung usw. zu prüfen. — Der Ausschluß des deutschen Viehhandels aus Ungarn rief ein Anerbieten des Grafen Julius von Salm 63) an den Patrizier Thoma Löffelholz hervor, worin er, da in seinem Territorium die besten Viehmärkte gehalten würden, im Einvernehmen mit dem Nürnberger Rat die durch den Erlaß drohende Schädigung des Handels zu vermeiden sich anheischig machte. Wieder ließ der Rat für sich dankend ablehnen, wennschon er nebenher die Sache in Erwägung zu ziehen versprach. Das war freilich weiter nichts als eine Begrabung des Projekts: man scheute Konflikte und ver­ traute wohl auch auf die größere Beständigkeit des nördlich­ nordöstlichen Zutriebs, der allmählich an Stelle des östlich-süd­ östlichen zu treten schien. — Im nächsten Jahr, 157464), bot ein polnischer Starost schriftlich 120 Mastochsen an, deren Gegen­ wert seinen beiden Söhnen nach Heidelberg — offenbar studierten diese dort — remittiert werden sollte. Das Handwerk fürchtete jedoch die zu weite Reise (170 Meilen) und deren hohe Spesen, zumal wenn der Kauf nicht zustandekäme, und schlug dagegen einige Märkte vor, adf denen die Übernahme erfolgen sollte. Büttstedt stand dabei gewiß an erster Stelle. Auch dieses Geschäft scheint nicht zustandegekommen zu sein. — Nicht besser erging es dem Angebot eines Prager Händlers, Namens Rebenik, der im August 1596 65) nicht weniger als 1500 siebenbürgische^Ochsen als sofort greifbar anzeigte und Abnahme an der mährischen Grenze vorschlug: das eingeholte Gutachten der Metzger über die Qualität

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des siebenbürgischen Viehs, sowie etwaige „ impedimenta “ des Geschäfts hatte nicht ermutigend gelautet. — Zuletzt sei noch ein Angebot erwähnt, das im Jahr 1633 66) durch den Nürnberger Kaufmann Johann Wolf Aichinger zu Ohren des damaligen Ochsenamtsvorstands Moritz Fürer gelangte und auf den Herzog von Sachsen-Lauenburg zurückging. Dieser beabsichtigte, polnische Ochsen in größerer Anzahl über Schlesien und Büttstedt auf eigne Gefahr nach Nürnberg bringen zu lassen, falls ihre Abnahme durch die Nürnberger Metzger und Bezahlung durch das Amt zugesichert würde. Er seinerseits wollte für ein Gewicht von 8 Zentnern je Paar Gewähr leisten. Das Handwerk ging auf einen Versuch mit 3—400 Stück ein, und Fürer erhielt Vollmacht, mit Aichinger, der das ganze Geschäft vermittelte, in dessen Namen abzuschließen. Weit seltner als zu Vorschüssen verstand sich der Rat zu Bürgschaftsleistung. Übrigens wurden derartige Gesuche auch nur selten gestellt. 1505 67) z. B. kommt Bürgschaftsleistung zu­ gunsten einiger Meister für den Kaufpreis von Ochsen vor, die ein Bürger der Stadt Reutlingen dem Handwerk zugeführt hatte. 157 7 68) eine solche für sechs Metzger, die vom Abt des Klosters Langheim 66 Mastochsen bezogen hatten, nicht ohne daß vorher Auskünfte im Ochsenamt über ihre Zahlungsfähigkeit eingeholt worden, sowie zuverlässige Bürgen zur Sicherheit des Rats von ihnen gestellt worden waren. Tragung des Transport-, Kriegs- und Krankheits- bezw. Seuchenrisikos wurde von der Stadt unter allen Umständen abgewiesen. Selbst in den sie aufs stärkste berührenden Zeiten des Markgrafen- und des 30 jährigen Kriegs blieb die Gefahr des Transports ungemildert auf den Schultern der Metzger und der Viehhändler liegen, höchstens daß ungefähr eintägiger Convoi bei Annäherung einer Herde an die Stadt bis zu ihren Mauern zugestanden wurde69). Damit ging allerdings für diese knappe Strecke die Gefahr auf den Rat über. Statt für weitere Ent­ fernung, etwa ab Leipzig oder ab Pfraumberg, der böhmischen Grenzzollstation70), sich damit zu belasten, verlegte man sich lieber auf Streckung des Ochsenbestands in der Stadt durch vermehrte Ausschlachtung von Landkühen. Schließlich sah man sich im Frühjahr 1553 71) doch genötigt, um den unterbrochenen Zutrieb aus Böhmen wieder zu beleben, für die ersten 3— 400

87 von dort gelieferten Stück je i Gulden „für die Gefahr“ -in Aussicht zu stellen. Ebenso wie bei Kriegsrisiko verhielt sich die Stadt gegenüber den Unkosten des Zutriebs. Vor allem aber war Übernahme des Seuchenrisikos in der Regel Voraussetzung jeglicher Vorschuß* gewährung, worauf das bereits angeführte Gutachten aus dem Jahr 1601 ausdrücklich hinweist72). War die Seuchengefahr besonders stark 73), so ging der Rat in Vorbesprechungen schließlich auch so weit, 50—75 0/0 des Risikos auf sich zu nehmen; zur geforderten Übernahme des ganzen verstand er sich auch dann nicht, angeblich um die Metzger nicht zu verleiten, leichtfertigen Leuten den Zutrieb anzuvertrauen. Auch dachte man daran, von den Verkäufern für einige Wochen Garantie („gewerschaft“) zu verlangen; daß dies jedoch gelang, darf wohl ebenso bezweifelt werden wie der Erfolg eines andern Ratsvorschlags, der darauf abzielte, das Seuchenrisiko zwischen Verkäufer und Käufer in der Weise zu verteilen, daß ersterer es wenigstens bis zu bestimmten Orten zu tragen sich bereit finden ließe74). Auch das Valuta­ risiko stand auf Seite der Käufer. Falls der Rat nicht selbst remittierte 75), mußten die Metzger mit Hilfe des ihnen gewährten Kommunaldarlehens von dem eingesessenen Großhandel GuldernWechsel kaufen und eine bis zu den Rückzahlungsterminen ein­ getretene Entwertung der geringen Münzsorten auf sich nehmen 76). Dagegen gab es allerdings kein andres Mittel, als die Fleischpreise zu steigern und damit von der Grundlage der Einkaufskalkulation sich zu entfernen. Assoziationsgeschäfte waren schon frühzeitig erlaubt, da man den fördernden Einfluß vereinigten Betriebskapitals für die gemeind­ liche Fleisch Versorgung richtig erkannt hatte. Die Verkaufs­ vereinigung war und blieb allerdings, wie fast überall im mittel­ alterlichen Fleischergewerbe, z. B. jn Augsburg, Saalfeld, Wien, Baden usw.77), durchweg beschränkt, da man als Kehrseite eine verstärkte Zurückhaltung gegenüber der Nachfrage fürchtete. Um Nachteil und Vorteil gemeinschaftlichen Verkaufs gegeneinander abzuwägen, ward schon im 13. Jahrhundert bestimmt, daß zwar für die Zeit von Walpurgis bis Egidius, der Periode hauptsächlichen Genusses von frischem Fleisch und der Eindeckung mit Fleisch zum Einsalzen und Räuchern für den Winterverbrauch, Verkauft-

88 gemeinschaft statthaben dürfe, jedoch nur für ein einziges Rind und nur zwischen zwei Meistern78); es ist sehr fraglich, ob die Bestimmung viel praktische Bedeutung gewann. Völlig frei von gesetzlicher Vorschrift und Hemmung war dagegen von jeher Bildung einer Gelegenheitsgesellschaft zwecks gemeinschaftlichen Vieh ein kau fs. Zwar ging diese Freiheit nicht so weit, wie in der Stadt Baden (1518), wo Fleischer auch mit beliebigen Bürgern und Inwohnern sich zusammentaten 79), aber doch weiter, wie in Straßburg (1435), wo au^ Antrag Zwangsbeteiligung am abgeschlossenen Kaufgeschäft Platz griff, und in Eßlingen, wo man möglichst für gemeinsame Annahme eines gemeldeten Vieh­ transports durch die ganze Metzgerzunft einzutreten pflegte80). In Nürnberg galt Einkaufsassoziation als reine Privat­ angelegenheit des Handwerks. Der Rat ließ sich dabei nur von dem Bestreben leiten, die unvermögenden Meister nicht allzustark in den Schatten der Kapitalkraft vereinigter Großschlächter geraten, sondern umgekehrt deren Kapital ihnen zugute kommen zu lassen. Das geschah durch die Ermahnung, arme Meister, die ihren Anteil bar zu bezahlen oder doch Sicherheit zu leisten imstande waren, vom Gruppenbezug nicht auszuschließen81) oder, wie schon er­ wähnt, im Rahmen von Vorschußverhandlungen durch Beein­ flussungsversuche, die sogar zur Ablehnung eines Darlehensgesuchs wegen zu einseitig sich äußernden Großschlächterinteresses führen konnten82). Es ist klar, daß Kautionsunfähigkeit unter allen Umständen arme Meister von den Vorteilen der Kaufassoziation ausschloß83). Das war nicht der letzte Grund, der die Errichtung des Ochsenamts im Sinn einer Viehvorschußkasse im Jahr 1532 begünstigte. Freilich mußte man auch da bald einsehen, daß mangelndes Betriebskapital nicht durch behördliche Unterstützung zu ersetzen war, besonders wenn diese vom ängstlich gehüteten fiskalischen Standpunkt, der ja an sich, besonders im Nürnberg der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts notwendig war, nicht loszukommen vermochte. Von Wichtigkeit war ferner die Frage der Unterbringung, Fütterung und Mästung des gekauften Viehs. Für Schweinemast boten die Eicheln, Bucheckern usw. der Reichswälder8*), sowie die Abfälle einzelner Gewerbebetriebe und der Haushaltungen genügendes Material, und die Schafweide erfolgte vor allem auf

89 den Stoppelfeldern der Umgebung, wobei freilich ständige Reibungen mit den Bauern, die zum Teil andern Herrschaften unterstanden, mit in Kauf zu nehmen waren. Weit schwieriger war die Fütterung des Großviehs. Zwar hatten die Metzger bei der Stadt eigene Wiesen und in der Stadt eigene Stallungen, aber das reichte nicht entfernt aus, um den nach Schluß der Marktsaison vorhandenen starken Viehbestand unterzubringen. Die Wiesen der im Umkreis wohnenden Bauern reichten gerade für deren Viehhaltung aus, und selbst zur Geneh­ migung einer Nachweide darauf für die Ochsen der Metzger konnte der Rat sich nicht verstehen85). Bedarf für Stallfütterung konnte in guten Zeiten auf dem städtischen Heumarkt86) oder zum Teil durch rechtzeitige Sicherung des Heuertrags weiter ent­ fernter Wiesen gedeckt werden 87), bei ungünstiger Futterlage fand sich auch ein mäßiger Rückhalt an dem Heumagazin der Stadt88). Waldweide war im allgemeinen verboten wegen der damit meist verbundenen Schädigung des Jungholzes; nur bestimmte, jeweils vom Waldamtmann angewiesene Plätze durften benutzt werden89). Später wurde Unterbringung von Rindvieh im Reichswald häufiger gestattet, jedoch fast90) nur für Ochsentreiber, die auf dem Markt mit den Metzgern nicht handelseinig geworden waren oder eines Teils ihrer Herde nicht hatten loswerden können; dadurch wollte man verhindern, daß das Vieh sofort nach Marktschluß andern Märkten zugetrieben wurde, in der Erwartung, daß doch wohl auf dem nächsten Wochenmarkt die Unstimmigkeiten — meist solche in der Preisfrage — beigelegt würden91). So blieb denn für die Mästung der im Sommer und besonders im Herbst, der Periode der bestbeschickten Märkte, angekauften Partien nur die eine Möglichkeit: Einstellung in fruchtbarer Gegend auswärts, wo Weideflächen 92) gepachtet und Ställe eigens angelegt wurden, wo das für den Winter zum Schlachten bestimmte Vieh von den dortigen Bauern oder Nürnberger Gäuknechten gehegt und gehütet wurde und von wo aus es dann, gut gemästet, bedarfs­ gemäß nach Nürnberg zurückgetrieben wurde. Das eingestellte Vieh blieb im vollen Eigentum der Metzger oder Metzgergruppen, nur in der Zeit des Markgrafenkriegs nahm man Scheinverkäufe vor, um wenigstens während der Weide- und Mastperiode das Vieh vor feindlichem Zugriff* nach Möglichkeit zu schützen93).

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Bevorzugt waren zur Mästung das fruchtbare Ries, vor allem die Wemdinger94) Gegend, dann Weißenburg95), pfälzische und fränkische Orte96), schließlich auch die nächste Nachbarschaft, z. B. Fürth97) und Hersbruck98). Als eines der schwierigsten Probleme trat endlich dasjenige der Zahlung des Kaufpreises schon im 15. Jahrhundert in Er­ scheinung. Die Käufe auf dem Wochenmarkt99) erfolgten in den seltensten Fällen gegen sofortige Barzahlung, meist gewährte der Händler, auch der auswärtige, der „Gast“, Stundung bis zu ver­ traglich festgesetzten Terminen und zwar, wie es scheint, in Form reinen Personalkredits. Diese Kreditierung konnte nur dem zahlungsfähigen Abnehmer von Vorteil sein, dem kapitalschwachen mußte sie schließlich zum Verhängnis ausschlagen. Die Klagen des Handels über Nichteinhaltung der Zahlungsfristen wurden immer beweglicher, der Ruf des Handwerks und mehr noch die geregelte Viehversorgung der Stadt standen auf dem Spiel. Ende des Jahrhunderts wechselten dringende Mahnungen des Rats an die säumigen Zahler ab mit stets wiederholten Beratungen über ein Gesetz betr. „der fleischhacker bezalung“ 10°). Doch erst als mit dem Gesetzbuch der Nürnberger Reformation im Jahr 1484 auch das Recht der Zwangsvollstreckung eine feste Grundlage erhalten hatte, kam eine einschlägige Verordnung heraus101). Diese bezweckte zunächst, bei Zahlungsstreitigkeiten die Beweis­ erhebung zu vereinfachen: die Makler, deren Beiziehung obliga­ torisch war, mußten deshalb die wesentlichen Abreden des Kauf­ geschäfts, wie Preis und Zahlungsfristen, neben den Namen der Vertragschließenden aufzeichnen. Diese amtliche Bescheinigung gab in Streitfällen rasch einen vollstreckbaren Titel an die Hand, da sie wie ein durch rechtskräftiges Erkenntnis bestätigtes Gut­ achten gewertet wurde. Das Vermögen der Frau des Schuldners, bewegliches- wie unbewegliches, haftete dabei in gleicher Weise wie das des Schuldners selbst, gleichgültig, ob sie von Eingehung des Schuldverhältnisses Kenntnis hatte oder nicht. 1519102) wurde die Verordnung dahingehend verschärft, daß wiederholter Zahlungsverzug mit Feierzwang, auch für Angehörige und Dienst­ boten, bis zur Befriedigung des Gläubigers sollte geahndet werden, und erneut ausgesprochen, daß der Bürgermeister auf Antrag des Gläubigers, falls der Schuldner keinen Bürgen beibringen oder keine

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Realsicherheit leisten konnte oder wollte, sofortige Inhaftierung im Schuldturm anzuordnen habe. Die Frage der Haftung verwickelte sich, wenn ein Metzger dem klägerischen Gast gegenüber seine Schuld zwar nicht in Abrede stellte, aber auf die Beteiligung von Handwerksgenossen am Geschäft sich berufen konnte. Solchen­ falls galten diese als Gesamtschuldner103). Diese strengen und, wie die Protokolle des Rats zeigen, mehrfach streng gehandhabten Vorschriften konnten freilich höchstens Gleichgültigkeit oder Böswilligkeit in der Zahlungsfrage treffen; an die Wurzel des Übels, die im Unterschied des Betriebskapitals, der Umsatzgröße und damit der Kreditwürdigkeit innerhalb des Handwerks lag, reichten sie nicht. Die Zahlungs­ schwierigkeiten der Metzger und die Beschwerden des Handels hörten nicht auf; das Vieh wurde in immer stärkerem Maß unter Ausschaltung des Nürnberger Markts den Städten Schwabens zugetrieben104); Erwägungen zur Behebung des Krebsschadens verschwanden im Lauf der zwanziger Jahre nicht mehr von der Tagesordnung der Ratssitzungen105); Gutachten von Seite des Großhandels wurden eingefordert106) und Auskunft in gleicher Angelegenheit vom Stadtschreiber Konrad Aytinger zu Ulm erholt107): bis als Abschluß und greifbares Ergebnis aller Ver­ handlungen die durchaus selbständige und für die damalige Zeit völlig einzigartige Gründung der städtischen Viehkasse, im behörd­ lichen Rahmen des bereits mehrfach erwähnten Ochsenamts, im Jahr 1532 erfolgen sollte. 7. Kapitel.

Nürnbergs Stellung zur interlokalen Bekämpfung der Fleischnot. Lebhaft unterzog sich Nürnberg Korrespondenzen und Ver­ handlungen in der Fleischfrage mit verschiedenen Städten, vor allem mit Augsburg und Ulm, mit welchen es im Schwäbischen Bund vereinigt war1) und im Mai 1533 vor dessen Auflösung2) noch ein auf religionspolitischer Grundlage beruhendes So*iderbündnis auf sieben Jahre abschloß3). Es ist äußerst anziehend, die Stellung der drei Städte im Lauf der Jahrzehnte zu beobachten,

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zu sehen, wie aus mangelnder Einsicht in die tiefgreifenden wirt­ schaftlichen Zusammenhänge anfänglich noch starker Optimismus herrschte, wie dieser jedoch, besonders bei Nürnberg, mehr und mehr ins Wanken geriet und zugleich mit dem richtigen Einblick in die Ursachen der Vieh- und Fleischnot ein verzichtendes Geschehenlassen Platz griff. In den letzten Tagen des Jahrs 15254) fragte Ulm bei Nürnberg an, ob und aus welchen Gründen der Preis des Ochsen­ fleisches heraufgesetzt worden sei und, wenn ja, ob das günstigen Einfluß auf die Versorgung ausgeübt habe. Die Antwort hierauf gab zwar Mangel an Rindfleisch wegen ungarischen Viehausfuhr­ verbots zu und sprach von auf Betreiben der Metzger erfolgter Taxerhöhung von 4 auf 5 Pfennig, stellte aber eine fühlbare Not noch in Abrede. Im Januar des nächsten Jahrs5) schlug Ulm, dem die Nürnberger Taxsteigerung unangenehm war, Abhaltung einer Konferenz seitens der drei Städte vor, ein Gedanke, den auch Nürnberg begrüßte. Als Ort der Tagung wurde Augsburg bestimmt, wo die Bundesgesandten an und für sich in Fühlung miteinander standen. Nürnbergs Vertreter waren der vielgewandte Christoph Kreß, der schon seit 1520 das Amt eines Bundesrats innehatte, sowie der gleichfalls häufig zu diplomatischen Sendungen gebrauchte Clemens Volkamer6). Ihre Instruktion gewährte vor­ sichtigerweise keine Entscheidungsvollmacht, sondern verlangte nur Verhandlungsbericht7). Dieser lautete anfangs März 8) dahin, daß Ulm glaube, beim Preis von 5 Pfennig beharren zu können, und daß es im Verein mit Augsburg vorschlage, keine der drei Städte solle ohne Vorwissen der andern eine Preiserhöhung vor­ nehmen. Das war, wie man sieht, herzlich unbedeutend: ein Steigerungsbeschluß war damit keineswegs von Genehmigung der andern beiden Städte abhängig gemacht, sondern allein an eine Notifikationspflicht gebunden; zudem bezog sich der Vorschlag nur auf die Festsetzung des Höchstpreises, nicht auf dessen vielfach ja auch amtlich geduldete Umgehüngsmöglichkeiten, brachte also nur eine gewisse formale Bindung, die Nürnberg abzulehnen schließlich keinen Anlaß hatte. •Doch schon anfangs Mai9) klagte Ulm abermals über wachsenden Mangel an Rindfleisch und machte neue Vorschläge zur Abhilfe. Nürnberg wies in seiner Erwiderung darauf hin,

93 daß die Lage in fast allen Territorien und Städten die gleiche sei, und führte diesmal als Hauptgrund die fortgesetzte Geld­ entwertung in Ungarn an, die einen zu starken Anreiz zur Aus­ fuhr, ohne daß die Viehproduktion gleichen Schritt zu halten vermochte, gebildet habe. Mit erneuten Verhandlungen zu Augsburg war man im Rat einverstanden, da man sich einer baldigen Besserung der Verhältnisse versah (obwohl bereits zu Wien, in der Nähe des Herkunftlands, der Fleischpreis auf 5 Pfennig stand) und zwar aus dem Grund — laut der Instruktion an Kreß10) —, weil man nach der angeblich erfolgten Ausfuhr und Einschmelzung eines beträchtlichen Teils der entwerteten ungarischen Zirkulation auf Hebung der Valuta und im Zusammenhang damit, auf normale Aufzucht und Ausfuhr rechnen zu dürfen glaubte. Daher sollte Taxerhöhung zu Augsburg und Ulm, die automatisch zur Nach­ ahmung in Nürnberg führen müsse, bis auf weiteres unterbleiben, ganz abgesehen davon, daß andernfalls auch der Preis des Zu­ triebs aus Ungarn sich steigere. Noch entschiedener sollte Kreß sich gegen den Vorschlag, aus öffentlichen Mitteln Viehkaufs­ darlehen zu gewähren, wenden, da hiebei doch mehr Schaden als Vorteil herauskomme. Angesichts der damals noch nicht in ihrer Tragweite erfaßten Änderung der Lage am süddeutschen Viehmarkt hatte diese begreifliche Betonung des fiskalischen Grundsatzes offenbar ihre Ursache in ungünstigen Erfahrungen, die der Rat bei seinen bisherigen vereinzelten Versuchen auf diesem Gebiet hatte machen müssen. Er ahnte damals noch nicht, daß das Mittel, welches er diesmal noch weit von sich wies, wenige Jahre hernach als einziges, das noch Erfolg zu ver­ sprechen schien, zur Anwendung gelangen sollte. Diese zweite von Ulm angeregte Tagung fand jedoch ent­ weder nicht statt, oder verlief ergebnislos, da sich in den Quellen darüber kein Niederschlag mehr finden läßt. Die Verpflichtung, Taxsteigerungen sich gegenseitig bekanntzugeben, bestand fort, wie aus derartigen Mitteilungen Augsburgs in den Jahren 1527 1J) und 153012) hervorgeht. Erst im Mai des letztgenannten Jahrs mußte die schwäbische Reichsstadt ihren Satz auf 5 Pfennig erhöhen, viel später als die beiden andern Mitglieder der Kon­ vention. Nürnberg, das allmählich anfing von der Grundlosigkeit seines bisherigen Optimismus sich zu überzeugen, begann damit

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auch den Glauben an den Wert begrenzter interlokaler Ver­ einbarungen zu verlieren. Es richtete sich im nächsten Jahr mit dem erhöhten Satz von 6 Pfennig für die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten einfach nach den Umständen und teilte das Augsburg erst, auf besondere Anfrage, statt von sich selbst aus, mit13). Doch schon einige Monate später, im Zusammenhang mit der immer stärker auftretenden FJeischnot und den seit geraumer Zeit angestellten Erwägungen über eine Reform der Zahlungsmethode im Viehhandelsgeschäft, wandte sich der Rat spontan an Augsburg, Ulm und Köln mit der Bitte um Zusendung eines Exemplars der in diesen Städten geltenden Metzgerordnung, sowie um Aus­ kunft über die Finanzierung des Großviehmarkts14). In einem Antwortschreiben an Markgraf Georg von Ansbach15), der sich in ähnlicher Verlegenheit an Nürnberg gewandt hatte, kommt deutlich der nachhaltige Umschwung auf dem Nürnberger Wochenmarkt zum Ausdruck. Bisher wesentlich der Versorgung der Stadt selbst dienend, war er infolge des allseits geminderten Angebots nach­ gerade zur Zentrale für die Schlachtviehbedarfsdeckung Frankens und eines großen Teils von Oberdeutschland geworden. Der Einkaufswettbewerb auswärtiger Metzger und Viehhändler, nicht zuletzt der ansbachischen, mußte dabei preistreibend wirken und begann andernorts bereits den Fleischsatz auf 6 Pfennig hinauf­ zuschrauben. Nürnberg wollte das unbedingt vermeiden, da die endgültige Steigerung für Ochsenfleisch um einen vollen Pfennig in einer so volkreichen Stadt, aber schließlich auch im ganzen Frankenland eine schwere Belastung des Verbrauchs bedeutete und bald auch den Preis der übrigen Fleischsorten auf gleiche Höhe bringen mußte. Anderseits brachte aber auch die schon mehrfach beobachtete Zurückhaltung des einheimischen Fleischer­ gewerbes im Vieheinkauf und die Benachteiligung der Metzger bei Aufrechterhaltung des 5-Pfennig-Preises den Rat in kaum geringere Verlegenheit. So ergriff denn jetzt Nürnberg selbst die Initiative zu gemeinsamem Vorgehen der fränkischen Fürsten mit den Städten Augsburg, Ulm und Nördlingen im Rahmen des Schwäbischen Bunds, wobei Vereinheitlichung der Taxe auf breiter territorialer Grundlage angestrebt wurde: „dann wo die oberkaiten nit in gemein durchaus darob halten, ist hoch zu besorgen, das fleysch

95 werde nicht allein dieser landart allenthalben das pfund auf sechs pfennig kommen, sondern durch viehtreyber und metzger noch höher gesteigert werden“. Es kam jedoch gar nicht zu Ver­ handlungen; der Schwäbische Bund, in dessen Schoß schon im Sommer 1528 ein für den damaligen Eßlinger Städtetag eingebrachter Vorschlag Memmingens auf Rationierung des Fleisch­ verbrauchs nicht zur Verabschiedung gediehen war16), stand bereits im Zeichen der Auflösung, gelähmt von dem religiösen Zwiespalt unter seinen Gliedern, wodurch auch der Boden für wirtschaft­ liche Vereinbarungen von vornherein untergraben war. Im Sommer 1532 17) machte Ulm zum drittenmal den Ver­ such, die Fleischversorgungsfrage einer gemeinschaftlichen Lösung entgegenzuführen; der Regensburger Reichstag sollte Gelegenheit dazu bieten, ev. der große Ausschuß damit befaßt werden. Die Nürnberger Gesandten Christoph Kreß und Hieronymus Paumgartner empfingen Vollmacht auch hinsichtlich der Beratungsinstanz, wenn­ schon ihrer Instruktion das grundsätzliche Bedenken beigefügt wurde, „das sich in ansehung yetziger leufd und sonderlich, wo der Türck Hungern überziehen sollt, dise sach nit werde finden lassen, sonder sich ain yeder stand also darein richten muß, wie ine die leufd lernen werden “. Das innere Widerstreben, sich an voraussichtlich doch nutzlosen Beratungen zu beteiligen oder, sollten sie auch zu Beschlüssen sich verdichten, durch diese iii der Bewegungsfreiheit sich eingeengt zu sehen, ist deutlich genug erkennbar; vermochte man doch in Nürnberg den schon seit geraumer Weile festgesetzten 6-Pfennig-Preis nur mit äußerster Mühe mehr beizubehalten und war überdies — als Hauptsache — die Organisation des Ochsenamts bereits angebahnt, womit Nürnberg seine eigenen Wege in der Frage zu gehen sich anschickte. Ab­ lehnung der Ulmer Anregung unterblieb so eigentlich nur mit Rücksicht auf die bisherige Konvention. Zu Ergebnissen kam es auch diesmal nicht, sicher ganz im Sinn und wohl auch infolge der Haltung Nürnbergs. Auch die nächsten Jahre verstrichen ohne Erneuerung des wirtschaftlichen Einvernehmens. Augsburg empfing auf Bitte Mit­ teilung vom Preisstand auf dem Nürnberger Ifleischmarkt und — absichtlich sehr knappe — Auskunft über die neu errichtete Viehkasse18). Anregungen der Augsburger und Ulmer Reichstags-

96 gesandten verliefen im Sand19); man vertröstete sich auf einen weitern Städtetag20), und durch Ulm übermittelten Vorschlägen des Herzogs Ulrich von Württemberg, die auf Preisabschlag hin­ zielten, versagte sich der Rat ausdrücklich mit dem Hinweis auf die lokalen Verschiedenheiten: Württemberg vermöge jederzeit auf seinen einheimischen Viehstapel zurückzugreifen, während Nürnberg in erster Linie auf den Zutrieb aus Ungarn angewiesen sei, der völlig andern Bedingungen unterliege21). Neuerdings kam die Angelegenheit anfangs 154622) wieder in Fluß, als Ulm starke Befürchtungen für die kommende Markt­ saison aussprach, die Nürnberg teilen mußte, wenn es auch der wieder geäußerten Ulmer Ansicht, gemeinschaftliches Vorgehen werde der Preissteigerung Einhalt gebieten können, durchaus zweifelnd gegenüberstand. Ulm kam es dabei vor allem darauf an, durch Bindung Nürnbergs sich einen Rückhalt zu verschaffen angesichts der mit Sicherheit zu erwartenden Forderungen seiner Metzger, während Nürnberg freie Hand behalten wollte, um den Umständen sieh anpassen zu können. Immerhin sagte der Rat zu, auf der für 12. Januar nach Augsburg angesetzten Tagung in der Sache des Ritters Albrecht von Rosenberg, einem unanangenehmen, noch aus der Zeit des Schwäbischen Bunds her­ rührenden Schadenersatzprozeß23), in abermalige Verhandlungen über die Fleischnot einzutreten. Die Instruktion für die beiden Abgeordneten Sebald Haller und Caspar Nützel war diesmal besonders ausführlich gehalten, wenn sie auch der Abschlußvollmachten entbehrte, wie es bei der Abneigung des Rats, sich festzulegen, gar nicht anders zu erwarten stand. Drei Gründe für den Fleischmangel werden aufgezählt: die überall verstärkte Zollbelastung, die .nur durch Vermeidung der Zollstationen, d. h. durch Schmuggel, zu umgehen war; die Schwankungen am Markt der Futtermittel und endlich der ver­ hängnisvolle! Wettbewerb der Käufer, der dem Handel die Aus­ wahl der besten Absatzgelegenheiten erlaubte24). Eine Fleisch­ preiskonvention sei daher mangels auch nur annähernd gleicher Voraussetzungen in den lokalen Verhältnissen ein Ding der Unmöglichkeit, jede Stadt müsse nach eigenem Ermessen ihre Maßnahmen treffen können ; eine Rationierung des Verbrauchs komme für Nürnberg mit Rücksicht auf die Gesellenschaft, die

— $7 Ä sich „ on flaisch nit speisen lasse “ überhaupt nicht in Betracht. Auf den seit einiger Zeit gebräuchlichen zweimaligen Taxwfcchsel innerhalb Jahresfrist und dessen günstige Wirkung auf Handel und Verbrauch hinzuweisen, war den Gesandten nicht verwehrt. Über Organisation und Wirkung der Vorschußkasse findet sich in der Instruktion kein Wort; das ist so auffallend, daß die Vermutung, die Stellungnahme des Rats und seine Beweisführung sei wesent­ lich von der eifersüchtigen Wachsamkeit über dieses Institut diktiert gewesen, kaum fehlgreift. Auf der Konferenz beharrten die beiden schwäbischen Städte, die schon drei Jahre vorher auf einem süd­ deutschen Städtetag zu Ulm sich beraten hatten 25), auf den beiden Punkten: gegenseitige Höchstpreisbindung und Festsetzung einiger fleischloser Tage in der Woche. Nürnberg machte keinerlei Zugeständnisse, ließ sich jedoch zu der unverbindlichen Erklärung herbei, künftige Taxerhöhungen den beiden Städten aßzeigen Zu wollen 26). Erst die besonders ungünstige Preislage auf dem Nürnberger Viehmarkt im Jahr 155827) — der Durchschnittspreis für ein Paar Ochsen war auf 35, für beste Qualität auf 42 Gülden ge­ stiegen, während die schlechteste mit 28 Gulden immer noch 41m volle 2 Gulden über dem Preis bester Stücke vor knapp einem Menschen alter zu stehen kam — veranlaßte erneute Fühlungnahme Nürnbergs mit den zwei schwäbischen Reichsstädten, die mit geringerer Taxe auszukommen schienen. Der Rat fragte nach allen Einzelheiten in der dortigen Viehkaüfsorgänisation tmd im Stand der dortigen Fleischversorgung, u. a. nach dem Preis des Viehs, nach der Art der Beschaffung (ob auf Offnem Markt mit Hilfe des Handels oder durch Einkaufskommissionen der Metzger), nach den dabei erwachsenden Spesen, nach der Kapitalsaüfbringung (ob aus eignen Mitteln der Zunft oder durch zinslose öffentliche bezw. verzinsliche private Vorschüsse), nach den Taxen, dem jähr­ lichen und wöchentlichen Viehbedarf, der Behandlung der Dorf­ metzgerei u. dgl. mehr, um schließlich Vorschläge zur Hint&nhaltung fernerer Preissteigerung zu erbitten. Diesmal scheinen nun die beiden schwäbischen Städte zurückhaltendere Auskunft erteilt Zu haben, vor allem vermochten beide auf bisherigen Erfolg ihres Strebens nach möglichster Niedrighaltung der Taxe nachdrücklich hinzuweisen, was Nürnberg, wenngleich es dies schon wußte, nicht 7

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gerade ermutigen konnte. Augsburg erwähnte dabei sein Zwischen­ handelsmonopol in Unschlitt, mit dem es auf die Preisgestaltung des Fleisches mittelbar einzuwirken imstande war. Der Rat beschloß, für diesen Punkt sich genauer zu interessieren, im übrigen aber vorderhand unter Bezugnahme auf die beiden Städte seinen Metzgern keine Erhöhung zu bewilligen 28). Dreizehn Jahre hernach29) trieb die gemeinsame Not die drei Städte abermals zu gegenseitigem Meinungsaustausch, diesmal auf Veranlassung Augsburgs30), das durch hartnäckige Forderungen der Metzgerzunft bedrängt wurde. Dabei faßte Nürnberg den Entschluß, eine Konferenz abzulehnen; es kargte mit Gründen hiefür nicht und rollte dabei noch einmal das ganze Problem der Fleischversorgung in seiner Schwere und Aussichtslosigkeit auf in einer Weise, die vom hohen Stand der wirtschaftlichen Einsicht des damaligen reichsstädtischen Regiments Zeugnis ablegt. ✓ Aus­ gehend von der Fleischnot als allgemeiner Erscheinung, die überall die Ansprüche der Metzger unerhört in die Höhe schraube, was wieder in gleichem Sinn auf den Viehhandel zurück wirken müsse, bezeichnete der Rat als eine der tiefem Ursachen die Sprengung geordneten Marktverkehrs durch die fortgesetzte Aus­ breitung des Fürkaufsunwesens, bei dem die Tiere durch so und so viele Hände gingen und für den Gewinn sämtlicher Zwischenglieder letzten Endes der Verbraucher aufzukommen habe. Doch der Kern der Frage liege in der starken Bevölkerungs­ zunahme Deutschlands31), während gleichzeitig die Bevöl­ kerung und damit die Viehproduktion in Ungarn und dessen Nachbarländern zurückgegangen sei. Diese Tatsachen lägen außer­ halb jeder behördlichen Einflußsphäre und verböten für immer, auf Wiederkehr des frühem Preisstands zu hoffen. Die Fortdauer der Türkenkriege habe im fernen Osten auf feindlicher wie christ­ licher Seite zu gewaltig gesteigertem Fleisch verzehr geführt; beide Parteien erhöben ohne Rücksicht die Dreißigstabgabe von allem Viehaustrieb, ganz zu schweigen von den vielen Zöllen und Auf­ lagen, die noch zu entrichten seien, bis das Vieh endlich in die Hände der Schlächter gelange. Betrage doch die Zollsumme auf ein Paar Ochsen jetzt mindestens ebensoviel als vor Jahren der gesamte Kaufpreis, wobei die sonstigen Unkostensteigerungen noch nicht einmal in Anschlag gebracht seien. Theoretisch gäbe es

zwar Mittel der Abhilfe, z. ß. Förderung der Viehzucht, Ver­ brauchseinschränkung, Zollherabsetzung und Reform der Einkaufs­ finanzierung; doch davon sei praktisch nichts zu erreichen, am allerwenigsten durch das Vorgehen von nur zwei bis drei Städten, um derenwillen weder der Sultan. noch sonstige Machthaber ihr Zolleinkommen sich irgendwie würden schmälern lassen. Abzu­ helfen vermöge allenfalls nur eine gemeinsame Aktion sämtlicher Stände und Kreise des Reichs. Die Augsburger Antwort hierauf war so beschaffen, daß der Rat schließlich doch seinen Gesandten für den bevorstehenden Eßlinger Städtetag, Julius Geuder, für etwaige Verhandlungen instruierte, ohne daß jedoch über den Inhalt der Instruktion oder der dortigen Beratungen etwas verlautete. Eine letzte Auswirkung des gegenseitigen Austausches von Meinungen und Erfahrungen zwischen den befreundeten Städten lag endlich darin, daß Nürnberg sich lebhaft interessierte für die zu Augsburg getroffene Einrichtung, wonach zwecks erleichterten Vieheinkaufs die dortige Metzgerzunft in vier Gruppen („Rotten“) eingeteilt war, von denen jede für ein ihr vom Rat gewährtes Darlehen solidarisch haftete. Doch kam man nach eingehenden Beratungen davon ab, dieses Vorbild nachzuahmen 32J, sondern beließ es bei der Gepflogenheit der freien Gruppenbildung unter Vorbehalt der jeweiligen Prüfung aller nähern Kreditumstände. Der fränkische Kreis, der in der ersten Hälfte des 16. Jahr­ hunderts33) manche Jahre ohne Lebensäußerungen geblieben war und besonders mit den Wirtschaftsfragen des Münz- und Polizei­ wesens sich erst spät befaßt hatte, bedurfte des Anstoßes seitens des schwäbischen Kreistags, um die Fleischteuerung wenigstens in den Bereich seiner Betrachtungen zu ziehen. Dieser Anstoß ging aus von dem bereits erwähnten schwäbischen Kreistags­ beschluß vom April 1556, der einheitliche Fleischpreispolitik der benachbarten Kreise schaffen sollte. Nürnberg, das schon im Punkt der fränkischen Polizeiordnung seinen ablehnenden städtischen Standpunkt gegenüber dem nicht geleugneten gemein­ samen ländlichen Interesse zur Geltung gebracht hatte, enthielt sich dazu überhaupt jeder Äußerung. Dafür war die Würzburger Instruktion für den Windsheimer Septemberkreistag, nach der sonstigen Haltung des Nürnberger Rats zu urteilen, ganz in 7*

toö dessen Sinn gehalten, wenn sie einheitliche Preispolitik für Franken als abwegig erklärte, da der fränkische Kreis nun einmal kein Überschuß-, sondern ein Bedarfsgebiet bilde und eine Über­ spannung der Preisregulierung den völligen Zusammenbruch der an sich schon unzureichenden Versorgung bewirken könne; mit Rücksicht auf „das hart arbeitende Volk“ müsse daher der Fleisch verkauf möglichst frei von Zwang vor sich gehen. Eine leicht ironische Resignation lag in den letzten Worten der Instruktion: „dann one das nit zu vermuten, das man dasselbig teuer geben lassen werde, wann man dasselbig in wolfailem kauf finden möge.“ Der Kreistag verschob die Beschlußfassung auf den gleichzeitig tagenden Regensburger Reichstag, vor allem, weil Brandenburg wegen des Streits in der Frage des Ausschreibens nicht erschienen war. Auch dort kam es zu keinem Ergebnis, und ebenso verschob der fränkische Kreisabschied vom 15. De­ zember 1557 34) die Angelegenheit, da sie im Ausschreiben nicht aufgenommen war und die meisten Gesandten daher sich auf Instruktionsmangel beriefen, erneut auf den wieder zu Windsheim für den Februaranfang des folgenden Jahrs angesetzten Kreistag. Dieser kam jedoch nicht zustande, und da auch der nächste Abschied vom 30. Oktober 1559 kein Wort in der Sache enthielt, war die Anregung des schwäbischen Kreises somit endgültig begraben.

8. Kapitel.

Der Förkauf. Der Vorkauf, ein Hauptmoment im Wirtschaftsleben .des Mittelalters, machte natürlich auch nicht Halt vor den Schranken des Viehmarkts. Vielmehr entwickelte sich aus dem nur gelegent­ lichen Spekulieren, das die Metzger durch wucherischen Auf- und Fürkauf im Rahmen ihres Gewerbes betrieben1), spätestens in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der regelrechte einheimische Viehhandel, der in rein kaufmännischer Weise vom Einkauf zum Zweck der Weiterveräußerung sich nährte und, wenn auch an­ fänglich mit schelen Augen betrachtet, doch bis zum Ende des Jahrhunderts einer kleinen Zahl von Vertretern zu einer Monopol-

Stellung verhalf. Gerade eine solche zu vermeiden, war die tiefste ratio der auch in Nürnberg stets wiederholten Fürkaufs verböte, wennschon man sich bewußt war, daß Fürkauf auch ohne Monopolstreben erfolgen konnte 2). Es genügte bereits die Absicht der Fürkäufer, die Waren vom Markt abzulenken oder doch nur unzureichende Mengen zum Markt zuzulassen3), mit ihrer unaus­ bleiblichen Wirkung auf den Preis, um behördliches Einschreiten hervorzurufen. Ganz allgemein war für Bürger und Nichtbürger der Fürkauf in der Stadt und im Umkreis von einer Meile, speziell der aller Viktualien, vorab Getreide, Schmalz, Eier, Käse, Geflügel usw., in gleicher Ausdehnung verboten4). Die Erzeugung des engsten und engern Stadtgebiets unterlag dem Marktzwang. Das galt nicht minder für Vieh jeder Art; dem Fürkauf gleich stand dabei die Kaufabrede, bevor das Vieh auf den Markt getrieben war, mochte auch der formelle Kaufabschluß erst während des Markts Zustandekommen5). Im 15. Jahrhundert6) wurde der Bannbezirk auf fünf Meilen ausgedehnt. Austrieb bezw. Wiederverkauf von Vieh innerhalb dieses Bezirks — und sei es auch an Bürger zum Selbstschlachten — war Metzgern und ihren Vertretern untersagt. Für Jungschweine schärfte man die alte Meilengrenze noch besonders ein, offenbar, weil die Ferkelzucht in der Stadt und der nächsten Umgebung ein recht beliebtes Objekt für Zwischenhandelsgewinn abgab. Kettenhandel mit geschlachteten Tieren oder Fleisch stand selbstverständlich gleichfalls unter Strafe. Diese Vorschriften wurden jedoch nicht im mindesten ein­ gehalten. Wieder erfolgten die meisten Übertretungen durch die Großschlächter, die den angekündigten Viehherden entgegen ritten7), sich im Feilschen mit den Treibern gegenseitig überboten und den kleinen Metzgern vielfach nur die minderwertige Qualität zum Erwerb auf dem Markt übrig ließen. Geldstrafen wurden von ihnen auf die Verbraucher abgewälzt, und die Strafe der Handwerksfeier auszusprechen hinderte den Rat die Rücksicht auf ununterbrochne Fleischbelieferung. Schließlich sah er sich sogar in die Zwangslage versetzt, diese Art des Vorkaufs zu gestatten unter der Bedingung, andre Handwerksgenossen hernach von der Beteiligung nicht auszuschließen8). Das war gewisser­ maßen die erste offizielle Anerkennung eines einheimischen Vieh-

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handels, wenn diesem auch zunächst noch die Wiederausfuhr von auf dem Freimarkt eingehandeltem Vieh unter Androhung des Marktausschlusses in entsprechender Anwendung der Fürkaufs­ bestimmungen verboten war9). Von da bis zur direkten Auf­ forderung an die Metzger, die Ochsenherden vor ihrem Eintreffen sich zu sichern, war nur ein Schritt10). Er war die notwendige Folge der auch in den Zeiten der Not auf dem Nürnberger Viehmarkt stets aufrechterhaltenen Verkehrsfreiheit, welche mit dem vermehrten Zustrom oberdeutscher Käufer die Schranken des Marktzwangs hatte durchbrechen lassen. Es war jetzt soweit gekommen, daß der Wettbewerb der fremden die Nürnberger Metzger zur Bedarfsdeckung in Thüringen und andernorts zwang, während noch nicht ganz drei Jahrzehnte zuvor die Fleischer der benachbarten Kleinstädte sich darüber aufgehalten hatten, daß die Nürnberger Meister mit ihrem Überbieten sie gar nicht zum Kauf gelangen ließen11). Wenn nunmehr die fremden Händler, z. B. aus Dinkelsbühl und Schwäbisch-Hall12), statt zur Ausfuhr nach ihren Städten zum Wiederverkauf in Nürnberg selbst schritten, so ließ der Rat auch dies im Namen der Marktfreiheit geschehen, obwohl darin eine Besserstellung der Gäste den Bürgern gegen­ über lag, die schließlich mit der weitern Verselbständigung des Nürnberger Viehhandels schwinden mußte13). Schärfer als der Vorkauf von Rindvieh konnte der von Klein- und Jungvieh gehindert werden; ganz zu beseitigen gewesen wäre er freilich nur bei Abschaffung des Gäueinkaufs der Metzger­ knechte, die, wie wir wissen, trotz aller Anläufe nie gelang. Ein 1560 und 1611 wiederholtes Mandat vom Jahr 153614) gegen das Treiben der Gäuknechte, die sämtliche Dörfer in der Nähe unsicher machten und dort Kälber, zuweilen noch ungeborne, nebst Schafen, Lämmern und Schweinen in den Bauernhäusern autkauften, bot immerhin die Handhabe, um in den einzelnen städtischen Pflegämtern das fern vom Amtsmarkt eingehandelte Vieh in Beschlag zu nehmen, sowie die verwirkte Strafe von 5 Gulden einzuziehen 15), und zwar auch vom Verkäufer, d. h. von jedem Nürnberger Bauern, der aus Bequemlichkeit und um des hohem Gewinns willen auf Beschickung des Markts verzichtete16). Was Fürkauf im außernürnbergischen Gebiet betrifft, in der Pfalz, im Bambergischen, Ansbachischen, Eichstättischen usw., so

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verstieß er dort gegen die Verbote der jeweiligen Territorialherren ; der Rat konnte sich darauf beschränken, seine Metzger von Zeit zu Zeit vor Umgehung der dortigen Märkte zu warnen und, falls sich durch ihre Zuwiderhandlungen oder durch Anmaßung der Territorialbeamten Zwischenfälle ergaben, sie nach Möglichkeit in Schutz zu nehmen17). Der wilde Aufkauf in den Nachbar­ gebieten durch Nürnberger Metzger erfolgte schließlich in solchem Umfang, daß dort selbst Mangel auftrat und Fürsten, Herrschaften und Bevölkerung in Klagen gegen die Überhandnahme des Un­ wesens sich ergingen. Diese kamen auch dem Rat zu Ohren; er benützte sie allerdings nur dazu, um als Gegengewicht gegen solche Preistreiberei billigeren Hammelfleischverkauf auf der Frei­ bank anzudrohen 18). Die Gäuknechte begnügten sich zudem nicht mit Fürkauf allein, sondern verteuerten das Vieh noch durch die Unkosten, die aus ihrem „ Fressen und Saufen “ auf dem platten Land erwuchsen, sowie durch gegenseitigen Kettenhandel19). Nicht geringe Schuld an solchen Auswüchsen trug auch eine Bestimmung im Dienstbotenrecht, durch welche die Metzgergesellen förmlich dazu gedrängt wurden: vorzeitiger Dienstaustritt der Ehehalten ohne triftigen Grund zog nämlich Verbot weitern Dienens in der Stadt auf die Dauer von vier Jahren nach sich. Daher befleißigten sich die Metzgergesellen oft geradezu des Dienstvertragsbruchs,, um draußen ein unabhängiges Leben als „Fürkäufer“ führen zu können und den Ertrag ihrer Streifzüge in der Stadt einzuheimsen. Erst 1591 20) wurde auf Hinweis des Pfänders W. Topler dieser Artikel dahin geändert, daß derartige Vertragsbrüche nicht allein mit Dienstverbot, sondern stets mit Ausweisung aus der Stadt geahndet werden sollten. Wirte21) und Garküchenbesitzer trieben trotz aller Verbote fortgesetzt fürkäuferischen Zwischenhandel mit rohem Fleisch und Würsten, wobei sie obendrein diese eine Zeitlang zu einem Gewicht von knapp 25 Gramm, je für 4 Pfennig (also das Pfund für 80 Pfennig, während die gleichzeitige Taxe vier bis sechs Stück zum Preis von 12 Pfennig je Pfund vorschrieb) anboten22). Der Frisch verkauf der Wirte und Garköche näherte sich bereits erheblich dem Gebaren der Stümpler und Störer23), von denen auch das Metzgerhandwerk mit dem Wachsen der Stadt und der

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Vorstädte sowie mit der Zunahme der Dorfmetzgerei nicht ver­ schont blieb. Besonders überhandnahmen sie in der Zeit des 30jährigen Kriegs; Gesellen, die es nicht mehr zum Meister bringen konnten, stellten dabei ohne Zweifel ein beträchtliches Kontingent. Der Keim lag auch hier in der ausschließlichen oder vorzugsweisen Beschäftigung mit Fürkauf, wie sie haupt­ sächlich in den Vorstädten und den Gärten vor der Stadt florierte. Vom wilden Handel ging man über zur Vornahme von Schlach­ tungen in den Gärten und den Häusern der Bürger vor der Stadt und schmuggelte das Fleisch in ganzen Vierteln, in Körben, Fässern und Truhen, in Heu und Stroh, unter Wäsche und Gartenfrüchten verborgen, trotz verstärkter Bewachung der Tore in die Stadt hinein. Ein 1637 eingeführter Toraufschlag24) erhöhte natürlich die Tätigkeit der Störer und Schleichhändler. Das zwei Jahre vorher ausgesprochne Schleichhandelsverbot mußte bereits 1644 verschärft werden: Käufer und Verkäufer hatten empfindliche Geldstrafen zu gewärtigen (20—50 Gulden); das Publikum wurde mobil gemacht durch Belohnung von Anzeigen mit 50 o/0 der Strafsumme sowie mit Überlassung des verfallenen Fleisches, und endlich erhielt das reelle Fleischergewerbe, wie bereits manches andre Handwerk, die Berechtigung, an ver­ dächtigen Orten in der Stadt, in den beiden Vorstädten und in den Gärten unter Zuziehung eines Stadtknechts Haussuchungen abzuhalten, mithin einen regelrechten Feldzug gegen das Störertum zu unternehmen. Bald folgte das Gebot, bis zu einer bestimmten Frist (Allerheiligen 1648) der Stümpelmetzgerei abzusagen, wobei gleichzeitig die Fürkaufsbestimmungen in Erinnerung gerufen wurden; was nicht für die Bänke der Metzger bestimmt war, sollte auf der Freibank geschlachtet oder verkauft werden. Die Fristsetzung konnte sich freilich nur auf Nürnberger Untertanen beziehen; wieweit die Aufforderung durchdrang, läßt sich nicht erweisen. Der Umstand, daß die fremden Störer davon über­ haupt nicht betroffen wurden, sowie die Notwendigkeit der Er­ neuerung des ganzen Mandats bereits im Jahr 1656 gestatten freilich keinen allzu optimistischen Schluß25).



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g. Kapitel.

Der Viehmarkt. Wann der Nürnberger Viehmarkt aufkam, läßt sich nicht mit Sicherheit angeben; höchst wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts1). Seine Errichtung war eng ver­ knüpft mit dem Wachstum der Stadt und der so hervorgerufenen Notwendigkeit, die Viehbeschaffung auf eine bessere als die bis­ herige ungeregelte Grundlage zu stellen. In den früheren Zeiten2) war, wie von allen mittelalterlichen Verbrauchszentren, so auch von Nürnberg aus der Metzger zum Einkauf von Dorf zu Dorf, von Gehöft zu Gehöft gezogen, bis die Zunahme der städtischen Bevölkerung, das Aufblühen der Lebensmittel-Wochenmärkte und der Anreiz, den die gewerbliche Erzeugung für die Bedarfs­ deckung des ländlichen Haushalts bot, mehr und mehr den Bauern veranlaßten, auch mit seinem Vieh die Stadt zu besuchen. Auf dem allgemeinen Marktplatz, wo ja auch späterhin immer noch Landvieh in beschränktem Umfang feilstand3), kam es zum Verkauf an Metzger, Gewerbetreibende, Wirte, Bürgerhaus­ haltungen usw. Auch während dieses zweiten Stadiums des Vieh­ handels, das die Fortdauer des bisherigen keineswegs unterband, war der Beschaffungskreis noch nicht so groß, daß gewerbs­ mäßiges Händlertum festen Fuß fassen konnte. Erst mit der ständigen Bedarfszunahme mußten Gegenden aufgesucht werden, die so entfernt vom Verbrauchsort lagen, daß es weder dem Erzeuger möglich war, sein Vieh selbst in die Stadt zu bringen, noch dem Metzger, seine Reisen öfters so weit auszudehnen. Diese Phase, zu der Nürnberg mit andern oberdeutschen Städten im Lauf der Entwicklung Anstoß gab und der die Überschuß­ erzeugung des Ostens mit ihrem Ausfuhrbedürfnis zugute kam, dürfte für Nürnberg um die Wende des 13. zum 14. Jahrhundert eingetreten sein. Daß die Metzger, die sicherlich schon damals notgedrungen Ungarn — der reguläre Wiener Markt fand erst ab 1350 statt4) — aufsuchten, diese Fahrten nicht als Händler unternahmen, sondern nur zur Deckung ihres Handwerksbedarfs, steht außer Zweifel. Der Nürnberger Metzger war nicht wie der Freiburger5), der sich in der viehreichen Umgebung seiner Stadt weit leichter mit Vieh versorgen konnte und daher zu weiterer

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Beschäftigung mit Handel sich geradezu gedrungen sah, in erster Linie Kaufmann, sondern Gewerbetreibender. Auch die älteste Nachricht, die von Handel mit in Ungarn gekauftem Vieh Kunde gibt, deutet nicht daraufhin, daß die beiden darin erwähnten Händler Nürnberger Fleischer waren6). Und was die Umgebung der Stadt anlangt, so hinderte die alte Bestimmung, daß im Fünfmeilenkreis kein Wiederverkauf darin gekauftem Viehs statt­ finden dürfe 7), ebenso einen regelmäßigen Viehhandelsbetrieb der Metzger, wie solcher andrerseits an der schon für die Fleisch­ bänke schwierigen Viehbeschaffung scheiterte, ungeachtet der Tatsache, daß außerhalb der Fünfmeilenzone Kauf zwecks Wiederverkaufs gesetzlich freistand. Erst als der ausländische Viehhandel seinen Weg nach Nürnberg gefunden und der ständige Markt die Belieferung des Handwerks und der Stadt gebessert und zunächst auch sichergestellt hatte, bekamen die Metzger Anregung und Spielraum, in erlaubter und mittelst der mannigfachen Möglich­ keiten des Fürkaufs auch in unerlaubter Weise reinen Handels­ gewinn8) zu beziehen, weiters durch dessen Mehrung allmählich aus dem engern Rahmen des Handwerks herauszutreten und zu einem gewissen Teil schließlich völlig dem Großhandel sich zu widmen. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die Tradition der Sachkenntnis und des Kapitals, wie sie ja in den alteingesessenen Metzgerfamilien zu Hause war. Die bedeutendste, die der Schiauersbach, läßt sich durch mehrere Generationen hindurch verfolgen. Bereits in den 30 er Jahren des 16. Jahrhunderts oblag einer der Schlauersbach, Stephan, neben seinem Handwerk auch einem nicht unbeträchtlichen Handel; sah siph doch der Rat genötigt, ihm einzuschärfen, Bestellungen von Ochsen, die er seinem Sohn — wohl nach Böhmen — zuschreibe, in bescheidenen Grenzen zu halten, um den Nürnberger Markt und das Hand­ werk, nicht zu schädigen9). Dagegen ging ein Sproß der Familie Krauß, Hans Krauß — er wurde Meister im Jahr 154610) — ganz zum Viehhandel über. Schon 1551 gab seine Kauftätigkeit auf dem Nürnberger Markt Anlaß zu einer Untersuchung, wie­ weit sein Auftreten durch Kommission für das Handwerk gedeckt sei11); gegen Ende des Jahrhunderts beherrschte er mit einem andern Großhändler, Endres Schurger, als Monopolist den

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Nürnberger Markt12). Schurger gehörte einer andern Kategorie der Nürnberger Viehhändler an; er war Kaufmann größten Stils und legte nur einen, wenn auch wohl beträchtlichen Teil seines Kapitals im Viehhandel an; bei Verleihung des Bürgerrechts — 1577 13) — wurde er auch als Viehhändler eingetragen. Er besaß u. a. ein Kupferhammerwerk mit Wohngebäude zu Stein u) und Grundstücke beim Frauentor15); er war der Hauptvertreter des Nürnberger Handels mit Ungarn und wurde 1610 vom Rat in der Frage der Erneuerung der ungarischen Handelsprivilegien als Gutachter beigezogen16). Schon vorher hatte eine Episode sein Ansehen ins Licht gerückt: Der Rat von Pfraumberg — der wichtigen böhmischen Grenzzollstation — bat durch eine Ab­ ordnung im Dezember 1591 um ein Darlehen von einigen tausend Gulden, um die Herrschaft Pfraumberg und ihre Unter­ tanen aus der Verfügungsgewalt ihrer Pfandherren zu lösen; die Gesandtschaft bot mancherlei Sicherheiten an, doch der Rat verlangte die Bürgschaft Schurgers, der als Ochsenhändler viel mit den Pfraumbergern zu tun hatte. Schurger erfüllte denn auch deren Bitte, und der Rat genehmigte ihnen daraufhin das gewünschte Anlehen von 3000 Gulden, das er ihnen gegen Schurgers Bürgschaft übrigens sogar verdoppelt hätte17). Ein andrer der großen Nürnberger Viehhändler ist aus der Münzgeschichte bekannt18). Es ist jener Bartl Albrecht, der von Kaiser Rudolf das Privileg erlangt hatte, schadhafte Münzen unter kaiserlichem Gepräge in gute Dukaten umzumünzen, aber bald zum entgengesetzten System übergegangen war, nämlich gute Reichsmünzen in unterwertige umzuschmelzen und riesige Differenz­ gewinne einzuheimsen. Wegen dieser Manipulation war er bereits 1581 zusamt Hans Engel, gleichfalls einem Nürnberger Ochsen­ händler, unter Anklage gestellt und seinerseits wegen „verbotner Finanz“ zu der milden Strafe von 500 Gulden verurteilt worden, während Engel, der den Sortenwechsel nicht in wucherischer Absicht, sondern nur im Betrieb seines Handelsgeschäfts vor­ genommen hatte, freigesprochen wurde19). Albrecht beschwerte sich gegen das Urteil. Der fränkische Kreisabschied vom 24. Januar 158520) enthielt jedoch einen Passus mit deutlicher Spitze gegen seinen Münzwucher, und schließlich entschied das Reichskammergericht endgültig zu seinen Ungunsten.



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Albrecht ließ sein Kapital teilweise im Viehhandel arbeiten, den er mit Hilfe von Dienern — einer hieß Konrad Loy — betrieb. Schon 1571 21) wurde er vom Rat wegen Ablenkung eines Viehtransports vom Markt ernstlich verwarnt, und sechs Jahre nachher kam es zu Reibungen zwischen ihm und dem Handwerk, das ihm Eingriff in ein mit einem Polen bereits angebahntes Kauf­ geschäft vorwarf. Albrecht berief sich auf die Marktfreiheit; es lag auch tatsächlich kein Fürkauf vor, da das Vieh nicht wieder nach Nürnberg, sondern nach Dinkelsbühl verkauft worden war. Schuld trugen an dem Scheitern des Geschäfts vielmehr die Metzger selbst, die, wie schon oft, durch übertriebne Preisdrückerei den Händler vor den Kopf gestoßen hatten22). Es lag zudem auf der Hand, daß, wenn Albrecht darauf rechnen konnte, mit Zwischen­ gewinn die Ochsen in Dinkelsbühl abzusetzen, das Nürnberger Handwerk den vom Verkäufer geforderten Preis ruhig hätte be­ willigen können. Gegen die Verquickung von Handels- und Gewerbebetrieb versuchte der Rat bald aufzutreten, geleitet von dem Bestreben, Doppelgewinn abzuschneiden; doch hatte es bei dem Versuch sein Bewenden23). Es war eben nicht möglich, die Entwicklung aufzuhalten, auch konnte bald z. T. der Übergangscharakter der Erscheinung erkannt werden. Der schon einige Jahrzehnte später als selbständig ausgebildete und als vollgültig anerkannte Stand der einheimischen Vieh-, speziell der Ochsenhändler brachte auch das Metzgergewerbe als reines Handwerk wieder mehr zum Ausdruck. Es kann nicht Aufgabe sein, sämtliche Vertreter des Vieh­ handels in Nürnberg seit dem 16. Jahrhundert aufzuzählen. Außer den bereits Genannten als den bedeutendsten seien noch erwähnt24): Siegmund und Hans Halbert, Peter und Wolf Müsel, Hans Albrecht, Anthoni Groß, Ambrosi Haiden, Nikolaus Rumpler, Melchior Morch, Jörg Gößwein, Jörg Mentler, Mathes Neidhart, Melchior Loyß, Thoma Roch, Hans Bair, Jörg Man, Ludwig Mayer usw. Manche von ihnen führten die Handelsgeschäfte gemeinsam, z. B. Siegmund Halbert und Wolf Müsel25), andere waren oder gerieten in Abhängigkeit von einem der Kapitalisten und Großhändler, z. B. Halbert von Bartl Albrecht26). Wollte der einheimische Handel in den Bahnen der Polizei-

Vorschriften sich halten, so mußte er entweder das Vieh auf ferneren fremden Märkten einkaufen und nach Nürnberg treiben lassen oder auf dem Nürnberger Markt erhandeltes Vieh nach auswärts verbringen, mithin eben jede Art des Fürkaufs meiden. Tatsächlich besuchte der Nürnberger Handel auch fremde Märkte, vor allem den Prager, wobei z. B. bei der Gesellschaft HalbertMüsel der letztere, der dem Handwerk entstammte, als Sach­ verständiger den Einkauf besorgte27), während der Geldgeber zu Hause blieb und anderweitigen Geschäften nachgehen konnte. Selbstverständlich beschränkte der immer selbstgewisser auftretende Handel sich nicht auf dieses unantastbare Geschäft, bei dem es letzten Endes um die Verdrängung böhmischen Kapitals vom Nürnberger Markt ging, sondern er organisierte den Zwischenhandel durchaus monopolistisch, kaufte den Metzgern, wo es ging, das Vieh aus den Händen28), schaffte es mit höherem Gewinn zum Schaden der städtischen Versorgung nach auswärts, ließ es, bevor' es den Nürnberger Markt erreichte, durch drei bis vier Hände gehen oder nützte die Kenntnis der Marktlage, auf Grund recht­ zeitig mit dem fremden Händler getroffener Verabredung oder von ihm erwirkter Geschäftsbeteiligung, skrupellos aus, um den Preis zu treiben 29). Was halfen diesen Machinationen gegenüber Mahnungen, Strafen, Androhung des Markt- und Handelverbots, wiederholte Hinweise auf die veralteten Requisiten des Markt­ zwangs und der Fünfmeilenzone, auf das allein unanfechtbare Recht des Einkaufs auf ausländischen offenen Märkten, in Ungarn, Österreich, Böhmen, Polen und Schlesien30)? Man war eben mit der Zeit auf den einheimischen Handel genau so oder eher noch mehr angewiesen als bisher auf den der Gäste, man hatte ihn durch das an sich zweckmäßige kommunale Vorschußsystem mit in den Sattel gehoben, und man mußte es sich schließlich gefällen lassen — ein schwächlicher Verweis nebst Strafvorbehalt war nur geeignet, die Tatsache zu unterstreichen —, daß der Monopolist Krauß, um seine Preisforderung durchzusetzen, mit der Einstellung der Zufuhr drohte31). Diese Auswüchse kamen nicht nur im Handel mit Großvieh vor. Es wurden auch ganze Schweineherden32), die im Zutrieb aus Böhmen und Bayern sich befanden, von Viehhändlern unter­ wegs aufgekauft und in den Dörfern der Umgebung stückweise

und in Partien losgeschlagen. Oder es erfolgte der Ankauf eines ganzen Zutriebs zwar auf dem Markt, aber nur zwecks sofortigen Wiederverkaufs innerhalb des Fürkaufgebiets an Müller, Bäcker, Branntweinbrenner u. dgl. zur Mästung. Oder man ging zur Vieh­ verstellung über, indem man vorläufigen Verkauf zur Hälfte des Werts abschlöß, die gemästeten Schweine nachher wieder über­ nahm und sie auf dem städtischen Markt zum zweitenmal auftrieb. Diese „Verhögelung“ ging schließlich so weit, daß die böhmischen, bayerischen usw. Viehhändler vom Nürnberger Markt sich zurück­ zuziehen begannen angesichts der zunehmenden Ungewißheit, dort Abnehmer zu finden. Der ursprüngliche Platz des Viehmarkts in der Stadt läßt sich nicht mehr feststellen. 144933) begegnet in den Rats­ protokollen zum erstenmal die Erwägung, einen Freimarkt vor den Toren zu errichten. 1482 34) wurde in Verbindung mit der Kleinodienmesse der Viehmarkt am Zwölfbrüderhaus, der Mendelschen Stiftung bei der Kartäuserkirche35), abgehalten. 148836) beschloß man, falls die Metzger nicht Einspruch erhöben, den Schweinemarkt vor das Frauentor zu verlegen, wo sicher schon damals ein wöchentlicher Rindermarkt stattfand. Nach einem kurzen Versuch ebenfalls mit dem Platz beim Zwölfbrüderhaus erfolgte die endgültige Verlegung vors Frauentor, wo bald eine eigene Bretterhütte für die Beschau gebaut wurde. Doch war der Schweinemarkt ständig getrennt vom Ochsenmarkt, mit welchem allein der Schafmarkt verbunden war. Daneben gab es, zumal in späterer Zeit, allerlei Winkelmärkte für Kleinvieh, so am Platz bei der St. Jakobskirche37), in Gostenhof38), beim neuen Zollhaus 39) usw. Auch der Schweinemarkt auf dem Kartäuserplatz bestand mit behördlicher Genehmigung in Verbindung mit einem Kohlenmarkt fort, wenn auch nur für Zutrieb aus dem nächsten Landbezirk. Die beiden Märkte vor dem Frauentor waren im wesentlichen nur für Auslandvieh, für beste Qualitäten, berechnet. Die Marktsaison begann bald nach Pfingsten und dauerte gewöhnlich bis in den November hinein. Die besten Märkte fielen in die Monate September und Oktober, da alsdann das Vieh von den ausländischen Weideplätzen in stärkerer Menge zur Versorgung der süddeutschen Städte zugetrieben wurde. Trotz der Weideberechtigung längs der Zutriebstraßen40) kam das Vieh

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infolge der herrschenden Hitze und der oft übermäßigen Zutriebs­ geschwindigkeit häufig ermattet und krank in Nürnberg an. Nach Schluß des Markts mußte sofort der Wegtrieb des unverkauften Viehs einsetzen. Erst allmählich und von Fall zu Fall wurde, wie schon erwähnt, Restpartien Aufenthalt und Weide im Reichs­ wald und auf Stoppelfeldern für einige Tage oder bis zum nächsten Markt gestattet, um doch noch Einigung zwischen Treibern und Metzgern zu ermöglichen41). Fremden Schweinetreibern allerdings war solche Benützung von Wald und Feld versagt; auch sonst durften sie mit ihren Tieren höchstens drei Tage in und bei der Stadt verweilen, wogegen einheimische Händler und Treiber bis zu acht Tagen ihre Schweineherden daselbst unterbringen konnten42). Schließlich wurde für Zeiten, in denen der Zutrieb von, Landvieh für die Freibank ungenügend und gleichzeitig der von den Metzgern geforderte Fleischpreis ungebührlich hoch war, eine Art von Nachmarkt am nächsten und übernächsten Tag nach Schluß des regulären Freitagmarkts für übriggebliebne Ochsen, sogenannte Prackochsen, trotz heftigen Widerspruchs der Metzger zugelassen; nur durfte das dann erhandelte Vieh, welches ja ohnedies an fremde Orte getrieben worden wäre, von den Käufern, den Viehhändlern, seiner Bestimmung für die Freibank nicht entzogen werden43). Der Nürnberger Viehmarkt war seit seiner Gründung ein freier, offener Markt, auf dem Fremde mit Einheimischen gleich­ berechtigt auftreten, Gast mit Gast handeln konnten.. Der Rat sah in der Freiheit des Handels die stärkste Gewähr, um den Marktverkehr auf der Höhe zu halten und die Versorgung der Stadt zu sichern. Es finden sich bis zur Zeit des 30 jährigen Kriegs keinerlei Anhaltspunkte für eine marktgesetzliche Be­ nachteiligung auswärtiger Kauflustiger gegenüber einheimischen Metzgern und Bürgern44). Erst 16 ig beriet man im Rat einen Vorschlag des Christoph Schlauersbach, der angesichts der über­ handnehmenden Ablenkung von Transporten durch den außernürnbergischen Handel den Nürnberger Bürgern eine Zeit be­ stimmen wollte, in der sie, geschützt vor fremdem Kaufwettbewerb, ihren Bedarf am Markt decken konnten45). Wenn auch nicht als unmittelbare Folge dieses Antrags, so wurde doch im Lauf der nächsten Jahrzehnte Fremdeneinkauf vor 12 Uhr verboten46).



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Doch die erste völlig erhaltene Viehmarktsordnung von 1720, als der Viehmarkt eigentlich dauernd geworden und der Freitag nur noch der Haupttag, besonders für ungarische und polnische Ochsen war, brachte wieder wenigstens grundsätzliche Verkehrs­ freiheit für Fremde an diesem Tag, allerdings mit Ausschluß von Käufen hinsichtlich der beiden genannten ausländischen Rassen. Am Vortag, Donnerstag, dagegen durften Fremde erst nach Abnahme der Marktfahne kaufen, und die übrigen Wochentage kamen fast ausschließlich der Bürger- und Metzgerschaft zugute. Schweine im Wert von über 8 Gulden je Paar unterlagen den Handelsbestimmungen für Rindvieh, solche geringem Werts durften jederzeit von jedem erstanden werden47). Die Verkäufer gingen bis zum Autkommen eines ortsansässigen Viehhandels so gut wie ausschließlich hervör aus den Kreisen der ungarischen, böhmischen, polnischen und bayerischen Händler bezw. ihrer Treiber oder ihrer in Nürnberg wohnenden Faktoren48). Es begegnen unter ihnen49) Namen slavischer Herkunft, wie Siegmund Staßeck, Hans Packisch, Cura Streit, Mathes Schulko, Sallay Janusch, Endres Caputha, Hans Lüdack usw. neben solchen deutscher Nationalität, z. B. Veit Kellermann, Jörg Aff, Paulus Rektor usw. Ein nicht unbedeutender Händler, Hans Hopfner, stammte von Vohenstrauß, ein andrer von Passau. Vom letzten Viertel des 16. Jahrhunderts an überwog, wie schon gesagt, der einheimische Handel, der eine eigne Organisation für Einkauf und Zutrieb bis nach Böhmen hinein und noch weiter unterhielt. Dazu gesellten sich, neben dem noch das Feld behauptenden ausländischen Handel, einige oberdeutsche Viehhändler, die sich z. T. des Kapitals von Nürnberger Handelshäusern bedienen konnten. Genannt werden in dieser Beziehung die Torisani, Angerer, Trainer, Peiler50) u. a. Eine zahlreiche, doch wenig vertrauenswürdige51) Gruppe von Marktzugehörigen bildete das Gesinde der Händler, die Vieh­ knechte oder Treiber. Auf zwanzig Ochsen durfte man einen Treiber rechnen52), und da Zutrieb von 1000 Stück keine Selten­ heit 53) war, ging die Zahl der Ochsentreiber immer in die Dutzende. In Zeiten von Epidemien bildeten sie eine starke Gefahr für die Stadtbevölkerung, da sie viel in der Stadt sich aufhielten, Herberge nahmen und im Haus ihres Handelsherrn zur Abrechnung aus-

und eingingen. Auch waren sie bei Austeilung des Viehs in den Stallungen der Händler vor Marktbeginn unentbehrlich, wodurch ihr gänzliches Fernhalten von der Stadt sich verbot. Schließlich suchte man die durch sie verstärkte Ansteckungsgefahr zu mildem, indem man das Betreten von Häusern ihnen untersagte, unver­ zügliches Verlassen der Stadt nach Erledigung der Viehausteilung vorschrieb und einen Schuppen für ihr Abrechnungsgeschäft mit den Händlern vor dem Tor erbaute, dessen jährlichen Zins die Händler zu bestreiten hatten54). Als Käufer kamen natürlich, allerdings nicht zahlenmäßig, in erster Linie die Nürnberger Metzger in Betracht. Es bestand eine Zeitlang die Handelsgewohnheit, daß das Handwerk im ganzen als Käufer auftrat und zeitlich vor den fremden Metzgern abschloß55). Mit der überwiegenden Nachfrage ging man zur Gruppenassoziation und zum Einzeleinkauf über, was Preisüberbietungen verursachen mußte. War auch ein andermal die Einhelligkeit des Handwerks rasch wiederhergestellt, falls es sich — weit weniger, um auf den Handel, als auf den Rat einen Druck auszuüben — um Ablehnung selbst billiger oder angemessener Preisangebote handelte, so mußte doch dem Rat an regelmäßigerer Wahrung der Gepflogenheit gemein­ samen Einkaufs viel gelegen sein. Im Spätsommer 1591 wurde das Handwerk entsprechend angewiesen, doch ohne nachhaltigen Erfolg. Knapp zwei Jahre nachher 56) wurde die Vorschrift aus­ führlicher wiederholt: Wer Ochsenkauf beabsichtigte, mußte am Donnerstag seinen Bedarf rechtzeitig anzeigen. War die Liste abgeschlossen, so wurde von den Eingetragenen mit einfacher Stimmenmehrheit ein unparteiischer Ausschuß aus ihrer Mitte gewählt, der Vollmacht erhielt, die Kaufgeschäfte im Namen des gesamten Handwerks abzuschließen. Nach dem Einkauf oblag ihm die Verteilung der erhandelten Tiere an die Besteller. Meister, die nicht auf der Liste standen, durften bei Strafe von 10 Gulden weder für sich selbst noch für Handwerksgenossen einkaufen, auch besaßen sie keinerlei Einfluß auf die Zuteilung. Der Ausschuß konnte jede Woche wechseln und mußte nach einer weitern Vorschrift vom Jahr 1596 regelmäßig dem Rat namhaft gemacht werden 57),. Neben den Metzgern erschienen andere Bürger als Käufer, zumal auf dem Schweinemarkt, wo Bäcker, Müller und Pfragner $

stets einen Teil des Zutriebs sich zu sichern strebten. Großvieh wurde namentlich von Kongregationen, z. B. dem Deutschorden, von Handwerkern, z. B. den Bierbrauern 58), sowie für umfangreiche Privatwirtschaften eingekauft. So finden sich in den Rechnungen des Ochsenamts Posten für die Patrizier Jacob Welser, Burkhard Löffelholz, Christoph Endres Imhof. Christoph Ftirer59), und in den Privatrechnungen des Lukas Friedrich Behaim60) für das Jahr 1621 erscheint der Betrag von 44 Gulden für Ankauf, Hüten, Schlachten und Einsalzen eines polnischen Ochsen. Die Käufergruppe der auswärtigen Metzger und Händler stellten die Kleinstädte und Dörfer des Nürnberger Landgebiets und der angrenzenden Territorien, sowie die oberdeutschen Reichsstädte bis hinunter nach Augsburg. Nachweisen lassen sich u. a.: Altdorf, Ansbach, Bruck, Feucht, Fürth, Großreuth, Gutsberg, Heideck, Heroldsberg, Hersbruck, Lauf, Lichtenau, Muggenhof, Neumarkt, Stein, Vach, Wendelstein, Wetzendorf — Augsburg, Dinkelsbühl, Nördlingen, Rothenburg und Windsheim61). VeVmittlung und Förmlichkeiten des Kaufgeschäfts besorgte eine dritte Gruppe der Marktbesucher, die Viehunterkäufer oder, wie sie später, als das Maklergeschäft verwickelter und mehr aufs Schriftliche eingestellt war, hießen: die Viehschreiber. Sie kamen erst auf zu einer Zeit, als im Warengroßhandel das Sensalwesen schon längst eingebürgert war62). Erst 148063) genehmigten die Rugsherren einen Antrag, wonach dem Metzgerhandwerk Unter­ käufer beizugeben seien; der erste war ein Fleischergeselle, der vom Handwerk vorgeschlagen wurde. Das Vorschlagsrecht der Meister blieb auch künftig in Geltung64), bis 158765) der Rat die Besetzung einer erledigten Stelle formell ganz für sich beanspruchte; das schloß jedoch vorheriges Einvernehmen mit dem Gewerbe nicht aus66). Meister, die in Vermögensverfall geraten waren, konnten als Sensale ihre Sachkenntnis verwerten und eine neue Existenz sich gründen67). Die anfängliche Bezeichnung lautete: Unterkäufer auf dem Vieh68) oder „ufm fleisch“69). Eine Scheidung nach der Vieh­ gattung kam erst allmählich in Gebrauch; bis dahin ruhte im allgemeinen die Vermittlung auch für Großvieh in den Händen der Schweineschauer. Noch bei Errichtung des Ochsenamts gab es zunächst nur eine Stelle70) für Ochsenunterkauf, erst 1537 71)

ll5 erscheinen zwei, 154772) drei und 159473) sechs Makler auf dem Ochsenmarkt, ein Zeichen, wie der Umfang und die Technik des Marktbetriebs ihrer Tätigkeit immer weniger entraten konnten. Als74) vornehmste Pflicht der Unterkäufer galt die Bevor­ zugung der Bürger, d. h. hauptsächlich der Metzger, gegenüber den Fremden, lange Zeit die einzige, mittelbare Einschränkung des Freimarktprinzips. Umso strenger wurde sie gehandhabt; Verfehlungen dagegen führten zur Verwarnung, blieb diese ver­ geblich, zur Amtsentsetzung und zum Ausschluß vom Markt­ besuch75). In zweiter Reihe stand Unparteilichkeit der Vermittlung, gleiche Behandlung von reichen und armen Käufern. Die dritte Amtspflicht war die Unterlassung jeglicher Beteiligung an den zustandegebrachten Abschlüssen. Es braucht kaum betont zu werden, daß auch Verstöße gegen diese beiden Punkte an der Tagesordnung waren, vor allem mußte Vermittlung auf eigne Rechnung reizen76). Weitere Obliegenheiten waren: pünktliches Erscheinen auf dem Markt; Vereinnahmung des Viehzolls77); Anzeige unberechtigten Unterkaufs, der immer wieder, z. B. seitens der Viehhändlerfaktoren, sich breit machte 78); Wahr­ nehmung gewisser Aufsichtsbefugnisse hinsichtlich der Beschaffenheit des zugetriebenen Viehs, die dem Rahmen der Viehbeschau zu­ gehörten usw. Die Makler bezogen eine feste Gebühr, die sie freilich — auch andernorts nicht ohne Beispiel79) — oft auf eigne Faust zu steigern trachteten: je Ochse und je Schwein 1 Pfennig, sowie auf je 100 Schafe 25 Pfennig80). Diese Makler­ gebühr ging zu Lasten des Verkäufers. Als die Schweineunterkäufer eine eigne Ordnung erhielten 81), ward an Stelle der früheren Gebühr je Stück die länger schon übliche Berechnung nach dem Kaufpreis ausdrücklich bestätigt: auf je 100 Gulden 1 Gulden, vom einheimischen Händler jedoch nur *-/2 Taler, eine Minderung, die auch bei Fremden bei einer Kaufsumme von 300 Gulden und darüber in Kraft trat. Die Anzahl der gehandelten Schweine mußte sorgfältig verzeichnet und der Kaufpreis, zumal der gestundete, pünktlich dem Händler zugestellt werden. Bei ihrer Kenntnis der Kreditwürdigkeit der Käufer hatten sie auch nicht zu versäumen, den Händler vor schlechten Zahlern zu warnen. Da ihr Inkasso ihnen zumeist auch Scheidemünze aus den Händen der Metzger, Wirte und 8*

Privaten einbrachte, der Händler aber der Usance nach, mit Rücksicht auf seine Auslands Verpflichtung, in vollwertiger Valuta bezahlt sein wollte, war jede Agiotage („Kipperei“) ihnen streng untersagt. Später wurde den Schweineschreibern der Sortenwechsel vielfach von Juden entzogen, die auf dem Schweinemarkt be­ sonders fremden Käufern das mitgebrachte gute Geld gegen schlechte und teilweise auch gegen außer Kurs gesetzte Münzen umtauschten82). Ferner schrieb die Ordnung behufs Zollkontrolle monatlichen Bericht ans Ochsenamt über die Zahl der verkauften Schweine vor und sprach die Schadensersatzpflicht des Maklers gegenüber dem Händler aus für die Fälle, daß er ein bereits als verkauft verzeichnetes Tier schuldhaft zu Verlust geraten ließ oder die Bereinigung des Kaufpreises hinter der dokumentierten Forderung des Verkäufers zurückblieb. Damit war das Delkredere den Unterkäufern aufgebürdet, eine, wie sich zeigen sollte, steigende Last, die im Lauf des 18. Jahrhunderts zum Ausgleich durch Gesamthaftung auf der Basis grundsätzlich gemeinsamer Geschäftsgebärung hindrängte83). Dazu hatten sie, um sich nicht gegenseitig den Verdienst zu schmälern, unter sich ein vom Rat gebilligtes Abkommen getroffen, wonach sie in der Vermittlung das gemeinsame Interesse zu wahren und die Gesamtsumme ihrer Gebühren in bestimmter Weise zu verteilen willens waren. Die Amtspflichten der Unterkäufer am Ochsen- und Schaf­ markt waren im wesentlichen die gleichen. Nur mußten sie sich seit Bestehen der Viehkasse bis zum Erlaß der ersten Ochsen­ marktsordnung (1597) auf Vereinnahmung und Verrechnung von Geldern beschränken, die aus frei getätigten, nicht vom Ochsen­ amt subventionierten Abschlüssen herstammten, da die Beträge hiefür durch die Hände des Kassenvorstands bezw. seines Gegen­ schreibers liefen. Im übrigen hatten sie Anzahl der zum Verkauf gelangten Ochsen, Zahlungstermin, sowie Vor- und Zuname nebst Wohnort der Käufer in deren und der Händler Gegenwart ordnungsgemäß aufzuschreiben. Damit hatte es jedoch häufig seine guten Wege — waren doch manche Makler mit der Kunst des Schreibens und Lesens noch Ende des 16. Jahrhunderts wenig vertraut —, so daß Richtigkeit und Klarheit der „ Unterkaufs­ zettel *, der Schlußnoten, oft zu vermissen waren und der Handel bei Prozessen vor auswärtigen Gerichten infolge der unzulänglichen

ttf

Beweiskraft dieser Urkunden empfindliche Einbußen zu buchen hatte. Anfangs 159484) drängte deshalb der Handel auf Erlaß einer Ochsenmarktsordnung, die den bisherigen Usancen bindende Kraft verleihen und vor allen Dingen den Schlußnoten überall unbeanstandete prozeßrechtliche Geltung verschaffen sollte. Aus dem Ochsenamt kam ein Gutachten in Vorlage, welches das Sensalwesen aus der Sphäre des Halbbeamtentums herausheben, ein eigenes Amt, offenbar in Personalunion mit der Viehkasse, für den Unterkauf schaffen und die bisherigen freien, vereidigten Makler zu dessen Gegenschreibern machen wollte. Der Rat nahm von dem Plan Kenntnis und übergab die Sache zwei Konsulenten: Dr. Straßburger und Dr. Cliver. Ende Juni 1595 85) mußten die Händler erneut wegen Verabschiedung und Bekanntmachung der Marktordnung vorstellig werden. Ein daraufhin Ende September 86) von den beiden genannten Referenten unterbreiteter Entwurf, der Entlassung aller untauglichen Unterkäufer und ihre Ersetzung durch geeignetere Personen, Reform der Buchführung und dgl. forderte, blieb fast zwei Jahre im Schoß einer Kommission, bis diese zu Beginn des Juli 1597 87) Bericht erstattete, der zur un­ veränderten Annahme des Kommissionsentwurfs führte. Die Verordnung trug das Datum des 6. Juli 1597. Man hatte einen Mittelweg gewählt. Ohne ein neues Amt zu schaffen, hatte man doch die Selbständigkeit der Makler auf­ gehoben, indem man sie dem Ochsenamt eingliederte und dessen Beamten die Aufsicht über sie übertrug. Ohne Sachkenntnis und völlige Beherrschung von Schreiben und Rechnen hatte von jetzt an niemand mehr Anwartschaft auf eine Maklerstelle. Alle Kauf­ und besonders auch Bürgschaftsverträge waren auf dem Markt zur Kenntnis des Ochsenamtmanns zu bringen, der sie aufzuzeichnen und zu Hause in ein eigens angelegtes Buch einzutragen hatte, wodurch zugleich eine Kontrolle der Unterkäufer sich ergab. Auch sollte dabei durch genaueste Vergewisserung dem Unfug gesteuert werden, daß Bürgen ohne ihr Vorwissen von bedenken­ losen Käufern benannt wurden und damit Gefahr liefen, wider Willen haftbar gemacht zu werden. Hatten fremde Metzger, statt selbst zu kommen, ihre Knechte mit Einkauf beauftragt, so war der Makler verpflichtet, den Händler hierauf aufmerksam zu machen, um ihm die Entscheidung darüber änjieimzustellen, ob

118

er auch den Knechten kreditieren wolle. Ging der Händler darauf ein, so mußte der Unterkäufer die genauen Namen der Knechte in die Schlußnote aufnehmen, um sich selbst gegen den Händler zu decken88), und hernach mit diesem und dem be­ treffenden Knecht zum Amtmann sich verfügen, der auch seiner­ seits die Einzelheiten des Geschäfts zu notieren hatte. Jeden Montag mußte ferner der Makler eine Abschrift seiner Schluß­ noten im Ochsenamt einliefern nebst einem eingehenden Ver­ zeichnis über Zahl, Preis, Käufer und Bestimmungsort der von ihm verkauften Ochsen, sowie einer Liste der vereinbarten Bürg­ schaften. So sah sich der Makler zur größten Sorgfalt angehalten, dem Amt wurde erneute Kontrolle ermöglicht und dem Rat, in welchem ein Auszug dieser Einträge wöchentlich zur Verlesung kam89), ein fortlaufender Überblick über die Marktlage gewährt, der seinen Beschlüssen als feste Unterlage dienen konnte. Mochte auch • durch diese Vorschriften der Marktverkehr gegenüber den bisherigen Gepflogenheiten das Gepräge einer gewissen Schwerfälligkeit empfangen, so geschah das doch nur zugunsten größerer Sicherheit in der Kreditierung, die rückwirkend wieder zu einer Belebung des Markts führen mußte. , Sein all­ gemeiner Aufschwung, vor allem die Verschiedenartigkeit und der starke Wechsel seiner Besucher, hatten eben immer mehr die alte bona fides mündlicher oder ungenügender schriftlicher Abrede ins Wanken gebracht und gebieterisch ihre Ersetzung durch un­ anfechtbare amtliche Beurkundung verlangt. Kam es jetzt zu Kaufstreitigkeiten oder mußten die Händler ihre Diener zur Ein­ forderung der Außenstände nach auswärts entsenden, so vermochte man nunmehr gegen Gebühr einen authentischen, vom Amtmann gesiegelten Auszug aus dem Amtsbuch oder gar eine entsprechende Ratsurkunde aus der Kanzlei mit dem Stadtsiegel als Beweis­ mittel beizubringen. In der Tat verstummten auch bald die Klagen des Handels. Die Maklergebühr, die lange auf dem niedrigen Satz von i Pfennig je Stück gestanden hatte, war schließlich, da der Rat keine Anstalten zur Erhöhung getroffen hatte, von den Maklern selbst auf 1/2 bezw. i Batzen für eine kleinere Partie, die so­ genannte „Schanz“ 90), gesteigert worden, je nachdem ihre Tätig­ keit von einem Bürger oder einem Fremden beansprucht wurde.

Der Rat beließ es dabei, legte jedoch die Verteilung der Provision aus den Händen der Unterkäufer, die darüber in Streit geraten waren, in die des Kassenbuchhalters91). 1603 92) erfolgte Neu­ regelung der Gebühr: der Verkäufer hatte fortan den alten Satz von 1 Pfennig, der Käufer 1/2—1 Kreuzer zu entrichten. Da man inzwischen von der Sitte des Schanzverkaufs abgekommen war, galten die Sätze für jeweils 1 Stück. Streitigkeiten zwischen Händlern und Metzgern oder unter den Metzgern allein waren vor und nach Erlaß der ersten Markt­ ordnung von 1597 keine Seltenheit, mochte es sich nun handeln um Erfüllung des Kaufvertrags durch Abnahme des Viehs93), um Austeilung gekaufter Partien im einzelnenö4), um schwer erzielbare Einigung über den Preis oder dergleichen mehr. Der Rat suchte fast stets auch hier durch Vorschlag eines Mittel­ preises 95) zu begütigen, und nur bei gänzlicher Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen erklärte er, er könne weder Händler noch Metzger zu ungünstigen Abschlüssen veranlassen96). Lag die Schuld offenkundig auf Seite der Metzger, so griff er auch ungescheut zum Mittel des Kaufzwangs, sogar unter Androhung mehrjähriger Banksperre bei Nichtbeachtung seines Gebots97). Hartnäckigkeit der Händler beabsichtigte er anderseits zu brechen durch Erteilung von Einkaufsaufträgen auf eigne Rechnung an Strohmänner, um durch Angebot auf dem Markt den Preis zu senken98). Diesen Plan auszuführen, wäre jedoch ganz in Wider­ spruch zur sonstigen Haltung des Rats gewesen; tatsächlich finden sich auch keine Beweise für Verwirklichung der guten Absicht. Man wäre dabei auch zu sehr auf die Geheimhaltung solchen Vorgehens angewiesen gewesen, deren geringste Verletzung die Stellung der Händler im Grund nur hätte stärken müssen. Irgend welche äußeren Einrichtungen wies der Markt offen­ bar nicht auf. Abgesehen von den städtischen Schweineställen vor dem Frauentor, der gleichfalls dort befindlichen Treiberherberge, dem Schuppen für die Schweinebeschau und der Bretterbude für Abrechnungszwecke erfährt man nichts von Veranstaltungen zur Ordnung des Marktverkehrs. Vor allem gab es keine Schranken und Stände, was nicht verwunderlich ist, wenn man hört, daß der Wiener Markt erst 1760 solche erhielt"). Das Auftreiben der halbwilden ungarischen und polnischen Herren war ein stets

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beliebtes Schauspiel 10°) und allerlei Müßiggänger machten sich trotz der Gefahr ein Vergnügen daraus, die Ochsen scheu zu machen, Verwirrung auf dem Markt zu stiften und vor allem die an sich nicht einfache Verteilung in Partien zu stören. Der Rat mußte immer wieder durch Ausrufen, durch Schützenaufgebot und schließlich durch Anschlag gedruckter Mandate gegen das „Gesindel“ und sein Treiben auftreten, ohne daß jedoch die Klagen der Händler und Metzger verstummen wollten. Die Beschwerden der Metzger standen dabei wohl manchmal auf etwas schwachen Füßen: stellte es sich doch heraus, daß sie dem Unfug durchaus nicht so fernstanden, wie sie sich den Anschein zu geben wußten, sondern geradezu Leute aufstellten, die das Vieh scheu machen und „höxen“ sollten, damit sie das entstandene Durcheinander zur Ausübung eines Preisdrucks auf die in Auf­ regung geratenen Händler und Treiber ausnützen konnten. Ein alter Brauch101) bestand in der Dreingabe von Prack­ ochsen, d. h. der Nichtberechnung von i—4 Stück schlechterer Qualität seitens eines Händlers oder Treibers bei Verkauf einer Herde oder größeren Partie. In Wirklichkeit war freilich ihr Wert schon mit einkalkuliert worden, ja der Rat sah sogar in der Beibehaltung dieses Usus mit eine der Ursachen des fast fort­ gesetzt hohen Preisstands der Ochsen und erwog mehr als einmal die AbschafRing der Dreingabe. Doch war die Sitte zu fest gewurzelt, um beseitigt werden zu können, zumal da sie, rein äußerlich betrachtet, eine Art Nachlaß für die Käufer bedeutete, indem der Erlös aller Zugabeochsen ihnen ratierlich gemäß ihres Einkaufs zufloß. Man ließ daher den Brauch fortbestehen und begnügte sich damit, den Maklern gerechte Austeilung des Zugabe­ werts und eignen Verzicht darauf einzuschärfen. Der Auftrieb auf den Markt unterlag starken Schwankungen. Soweit die seltnen, sehr verstreuten und wenig einheitlichen Zahlen­ angaben es gestatten, möge folgende Tabelle davon sowie von der Kaulbeteiligung wenigstens in Umrissen ein Bild geben. Sie vermittelt trotz der Dürftigkeit des Materials einen Einblick, da sie durchgehends die Periode der besten Märkte berücksichtigt. Von Gleichmäßigkeit der Verhältnisse kaqn darnach in keiner Hinsicht die Rede sein. Nur das stets starke Überwiegen auswärtiger Käufer follf sofort ms Auge. Deutlicher noch wirken die Vomhundertzahlen:

Tabelle IV.

Auftrieb und Verkauf von Sctilachtochsen auf dem Nürnberger Viehmarkt in der Zeit von 1570—1624. Verkauf an

Marktdatum Tag

Jahr 1570

Auftrieb

Gesamt

August

°/o

Gesamt

°/o

Gesamt

%

Dreingabe Gesamt

°/o

399

2

1,6

1243

182

9.9

19

1,1

„ 2. September

1254

194

413

32,9

64I

0,5

167

495

244

9

1,0

8.

IO92

457

54,i 41,8

51.5 26,6

6

915

*5,5 18,3

424

38,8

6

0,6

54,3

132

2 1,9

6

52,4

3

1,1 0,8

54,5

11

i,3

49,4

12

1,1

18.

0

15-

602

137

22,7

22.

377

176

46,6

327 198

820

335

40,8

474

39i

36,9

29-

6. Oktober

1059*)

CM

1-0

18,8



über

14-

August 3. September

1241

191

I5>4

841

144

I7»1

IO.

1224

177

14,4

17-

893

193

21,6

971

189

*

1787

167

26.

24-

*



1614

November 26. September

1624

11.

1.

524

900 409

32,9

647

88,1

9>4 9,3

1620

734

*) Darunter 132 Stück für das Brauergewerbe und den Deutschorden.

64I

51.7

12 I

1843

67,4

25-

1575

Unverkauft

Fremde

Metzger



122

-------

Die folgende Tabelle bringt die Preise der Schlachtochsen auf dem Nürnberger Viehmarkt in der Zeit von 1530—1660 nach den Angaben der Ratsprotokolle, Stadtrechnungsbelege und Viehkassebilanzen: Tabelle V.

Preise der Schlachtoclisen auf dem Nürnberger Vielimarkl in der Zeil von 1530—1600. Jahr

24. 19. 4. 6. 10.

1530

1533 1558 1559 1570

Juni . . August . November August . Juni . .

. ................... 20 — 24 — 26 Gulden *) , . 35 n — 26 . 11 . . . 28 — 32 - 38 — 42 11 . • 36 11

23-

„ • . . 19. August . . 26. „ . . 2. September 8-

1575 1577 1594 1595 1597

Preise je Paar

Datum

i5236. 26. 12. 21. 24. 2. 11. 30.



Oktober Januar Februar Juni . Oktober Juni . „ . „ .

1598 24. 18. 25. 22.

1599 IÖOO l6oi

Juli . August Juli bis Juni .

n

... 27 — 3 *7, - 36V2

— 42 307, — 34 ...... 27 — 31 —■ 35V2 3272 — 37 3ol/a — 34 . . ................... 32 — 35 — 40 — 40 . . 44V2 . . . . . . . . . . . 46 . . ................... 46 — 53 — 55 . . . . • 50 — 64 31. Okt. ... 49 — 57 — 63 . . . 58

*) 37. - ♦ - 47., Ztr. (Weidolt). **) ***) f) ff)

Buttstedter Ochsen. Galt als billiger Preis. 46 Gulden: polnische Ochsen, Brieger Ochsen.

11 11 11

11 11 11 1' 11

**) 11 11 T) TI V 11 V

t)

11 n

11

tt)

123 Jahr

1614 162 I

Datum

Preise je Paar

26. September . . .

Gulden *■

. 66 27. Oktober

1631 1633 1641 1650 1660



. . .

11

64V, — 75 - 84 n **' . Bo Taler — 60 — 54 • V • • • 55 — 60 — 64 . . 48 - 54 — 60l/* T)

• • 21. Juni.................

.................

*) Liegnitzer Ochsen. **) Vom Herzog von Lauenburg. Die Preise, ebenso wie die von 1641, verstehen sich ausschließlich Torsteuer von 4 Gulden je Paar.

10. Kapitel.

Die städtische Viehkasse. Unzulänglichkeit und Unsicherheit des Marktverkehrs, als deren eine Ursache man die aus Kapitalmangel eines großen Teils der Käufer hervorgegangene Verschlechterung der Zahlungs­ sitten erkannt hatte, führten im Jahr 1532 zur Gründung einer städtischen Viehkasse unter der schon mehrfach erwähnten Be­ zeichnung: Ochsenamt. Damit verwirklichte man einen Gedanken, den man noch kurz vorher, als er bei den interlokalen Verhand­ lungen in der Fleischfrage von Seite Ulms, wenn auch in andrer Form, zur Debatte gestellt worden war, weit,, von sich gewiesen hatte: ständige Subventionierung des Viehankaufs durch Kommunal­ darlehen. Die Kasse wurde nach Befragung aller Interessenten, des Handels und des Metzgergewerbes, errichtet und in Verbindung mit dem städtischen Finanzamt, der Losungstube, gebracht1); ihr Leiter war der Ochsenamtmann, dem als Prokurator2) ein soge­ nannter „Gegen- oder Ochsenschreiber“ zur Seite stand. Vier Jahre hernach 3) erfolgte auf Antrag des Vorstands die Aufstellung' eines ständigen Ratsreferenten — der erste war Paulus Gruntherr —, damit der Amtmann „ sich jederzeit in seins ampts fürfallenden gescheften bey demselben herrn bescheids erholen und sein notdurft anden, auch durch ine anpringen lassen mög.“ In den

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ersten drei Jahren ihres Bestehens war die Tätigkeit der Kasse noch nicht statutarisch festgelegt; der Rat wollte erst Erfahrungen sammeln. Das erste Statut, das nach längeren Beratungen und Rechtsgutachten zustandekam, stammt vom 4. Juni 15354). Der erste Amtmann war Martin Franz, ein Kaufmann, der die Frankfurter Messe besuchte, mit Tuch handelte 5) und, soweit zu sehen ist, bisher in keiner Beziehung zum Viehhandel gestanden hatte. Am 16. August 1532 wurde er auf sein Amt vereidigt. Er scheint an diesem keinen besondern Gefallen gefunden zu haben oder durch anderweitige Geschäfte zu stark beansprucht worden zu sein: jedenfalls suchte er nach kaum vier Jahren6) um Enthebung von seinem Amt nach, ließ sich jedoch wieder umstimmen und verwaltete es weiter bis zu seinem anfangs 1546 erfolgten Tod. Seine Frau Cordula und sein Sohn führten die Geschäfte weiter, erfüllten die schwebenden Verbindlichkeiten und zogen die ausstehenden Forderungen ein. Als der Rat das Provisorium beendete 7) und die Amtmannstelle neu zu vergeben suchte, bestand aus Martin Franzens Amtszeit her zugunsten des Rats immerhin noch ein Saldo von 4000 Gulden, den der Ochsen­ händler Hans Keßler übernahm und bis zum Jahr 1554 abzahlte8). Die Neubesetzung des Amts gestaltete sich nicht eben einfach, zumal da gerade die Viehbeschaffung sich ungünstig anließ. Ver­ handlungen mit Gabriel Tetzel9), zerschlugen sich, hauptsächlich wohl an der Kautionsfrage. Ebenso ging es mit Martin Bschorn 10), einem Kaufmann, der das merkwürdige Ansinnen gestellt hatte, die Amtsgelder auch für sich, also vermutlich zu einer Art von Selbsteintritt, verwenden zu dürfen. Der Rat lehnte das natürlich ein für allemal ab, erwog jedoch eine Erhöhung der Besoldung. Endlich, im Mai, konnte der Posten mit einem gewissen Bartl Held11) besetzt werden, der sich 1537 mit der Patrizierstochter Ursula Nützel verheiratet hatte12). Nach fünfjähriger Geschäfts­ führung tat auch er die Absicht kund, das Amt aufzugeben13), ließ sich jedoch gleichfalls zur Rücknahme seines Entschlusses bereden. Auf Held folgte Wolf von Thiel, dann, im Jahr 1588 Hans Wilhelm Ebner14), der zwei Bürgen für je 1000 Gulden Kaution stellte; 1595 Erasmus Kötzler15), der neben einem mit seinem Bruder Bernhard gemeinsamen Depot von 1215 Gulden in der Losungstube mit Verpfändung seiner gesamten Habe und

einer Bürgschaft von 4000 Gulden seitens des Erckenbrecht Koler und des Stephan Kötzler Sicherheit leisten mußte; sein Nachfolger war Sebastian Schedel, der 1615 16) das Haus des Ambrosi Haiden beim „Bösen Brunnen“ mit Zustimmung des Rats als Sitz des Amts erwarb; er ward abgelöst durch Moritz Fürer, der den Posten noch am' Ende des 30jährigen Kriegs bekleidete. Die Besoldung des Amtmanns betrug anfänglich kaum mehr als 80—100 Gulden jährlich, spätestens von 1595 an 120 Gulden; 1621 findet sie sich mit 140 Gulden in den Amtsetat eingesetzt. Die eigentliche Geschäftslast lag jedoch auf den Schultern des Buchhalters, des Gegenschreibers. Fortlaufend hatte er Ein­ tragungen, Einkassierung, Auszahlung, Kontrolle der Verfallfristen, Mahnungen usw. vorzunehmen; er war der Hauptsachverständige, dessen Stellung unabhängig vom Wechsel in der Amtsleitung war. Er stand beim Amtmann in der Kost, und als diese Sitte einmal vorübergehend außer Uebung gekommen war, strebte der Rat nach ihrer Wiedereinführung, nur um die Besoldung des Schreibers niedrigerhalten zu können17). Uebernahme von Faktoreien, vor­ nehmlich solcher des Viehhandels, war ihm mit Rücksicht auf das Amt untersagt; immerhin hatte, als einmal der Buchhalter Hieronymus Krüger darum einkam, die Ablehnung des Gesuchs wenigstens eine Besoldungserhöhung um 20 Gulden zur Folge 18). 15 5 5 19) bekam den Buchhalterposten Caspar Wernlein, der gleich­ wie später Joachim Wernlein Verwalter des Unschlittmonopols wurde; er bezog als Buchhalter 112 Gulden. Unter Kötzler war Ochsenschreiber Franz Eller20), der nur 100 Gulden Gehalt hatte und statt der verlangten Kaution von 1000 Gulden nur 500 Gulden zu stellen vermochte, so daß der Rat auch die Höchstsumme der durch seine Hand fließenden Gelder formell auf diesen Betrag festsetzte21). 1621 erscheint die Buchhalter­ besoldung mit 124 Gulden22). Wegen der mit der Markt- und Maklerreform von 1597 verbundenen Steigerung der Amtsgeschäfte, vor allem der Schreib­ arbeiten, wurde Amtmann und Gegenschreiber auf jeden ver­ kauften Ochsen noch eine Sondergebühr von 1 Kreuzer zu­ gesprochen, die aus der Summe des Dreingabegelds vorweg bestritten wurde, so daß zur Verteilung an die Käufer nur mehr ein mäßiger Rest verfügbar gewesen sein dürfte23). Spätestens

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seit 1631 24) bekam der Amtmann außerdem noch jährlich einen Ochsen für seinen Hausbedarf auf Unkostenkonto des Amts gestellt. Die Aufgabe des Amts umschrieb das erste Statut25) dahin, daß die Zahlungsmißstände am Viehmarkt und dadurch hervor­ gerufene Minderung des Auftriebs Veranlassung gegeben hätten, daß der „bürgerschaft zu gut und nutz und auf das das metzgerliandwerk desto mit pesserm vorrath getriben werden möcht, dem selben hantwerk ain statliche fürstreckung aus gemainer stat losungstub6n geschehe, also das der amptman, so yederzeit darzu verordent, dem unvermögenden als wol dem reichen ein anzal ochsen oder vychs zusteen und widerfaren lassen sollt.“ Mit andern Worten: neben die bisherige Alleinherrschaft des Personalkredits im Viehhandelsgeschäft sollte der städtische Kredit treten als stärkere Gewähr für den Handel. Strenge Einhaltung der Zahlungsfristen sowie erleichterte Barzahlung konnten den Handel der Einkalkulierung der Verzugs- und Delkredererisiken, die beide der Rat übernahm, überheben und somit die Preis­ stellung günstig beeinflussen. Das persönliche Kreditband blieb an sich unzerrissen; wo es aber als nicht tragfähig sich erwiesen hatte, da sollte der Stadtfiskus einspringen. Die Vorschüsse wurden also grundsätzlich nur auf Antrag, nicht von Amts wegen erteilt, und zwar nur zur Bezahlung von Hornvieh; im Kleinvieh­ geschäft boten angesichts des geringeren Kapitalbedarfs der persönliche Kredit, die halbamtliche Stellung der Makler sowie deren Ausfallhaftung genügende Sicherheit. Das erforderliche Betriebskapital stellte die Losungstube nach Bedarf in Teilsummen zur Verfügung26). Mit dieser, vielfach auch mit der Schau, d. i. der städtischen Münzanstalt, bestand ein reger Abrechnungs-, Überweisungs- und Wechsel verkehr, der sich noch weiter aus­ dehnte, als die Unschlittmonopolverwaltung dem Kreis angeschlossen wurde. Ochsen- und Unschlittamt unterstützten sich gegenseitig nach Kräften in der Begleichung ihrer Fälligkeiten, indem dieses Erlöse aus Unschlittabsatz oder Forderungen des Metzgerhandwerks aus Un­ schlittlieferung jenem zur Deckung von Schulden an Händler, das Ochsenamt hingegen Rückzahlungen des Handwerks der Monopol­ verwaltung zur Bezahlung abgenommenen Unschlitts überwies27). Vorschuß wurde grundsätzlich allein für Käufe auf dem heimischen Viehmarkt gewährt; Finanzierung von Einkäufen auf

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einem auswärtigen Markt auf Rechnung des Amts bildete eine verschwindende Ausnahme28): wir wissen bereits, daß bei den großen Gruppendarlehen für Einkaufreisen regelmäßig die Losung­ stube unmittelbar auszahlte. Als Amtsschuldner waren zunächst ausschließlich die Nürnberger Meister gedacht, ohne Unterschied, vermögende und unvermögende. Doch ward im Lauf der Zeit, besonders auf Veranlassung Bartl Heids, der ärmere Teil des Handwerks bevorzugt29), sowie der Kreis der Kreditnehmer auf die Metzger vom Land und aus den Städtchen der Nachbarschaft, desgleichen auf einzelne Bürger erstreckt. Zu Berücksichtigung fremder Metzger führten auch Gesuche ihrer Behörden beim Nürnberger Rat, beispielsweise von Seite Windsheims30), Neu­ markts31) und Dinkelsbühls32). Freilich wurden Darlehensgesuche fremder Metzger mitunter auch abschlägig beschieden33). Ende x5 4 5 34) wurde Martin Franz allgemein angewiesen, nur die Nürnberger Meister und die ratsuntertänigen Landmetzger zu fördern. Einen Schritt weiter ging das zweite Amtsstatut vom 19. April 1558 35), das dieser Vorschrift in Artikel 5 den grund­ sätzlichen Ausschluß von Bürgschaftsübernahme heimischer Meisten für fremde hinzufügte, jedoch mit der Ausnahme in Artikel 6, wonach Vorschüsse an Altdorfer, Hersbrucker, Läufer, Lichtenauer, Neumarkter und Windsheimer Meister gewährt werden sollten, voraus­ gesetzt, daß ihre Obrigkeiten für sie gutsagten. Für Nürnberger Bürger schlechthin durfte das Amt für einige Ochsen auf die Dauer von 8—14 Tagen gegen genügende Sicherheit jederzeit eintreten. Die Vorschüsse gelangten nicht in die Verfügungsgewalt der Metzger, sondern wurden unmittelbar den Händlern zugeführt. Der Verkauf erfolgte nach wie vor in weitaus den meisten Fällen auch jetzt noch gegen Terminzahlung; ständige Barzahlung36), die technisch möglich gewesen wäre, hätte auch solide alte Zahlungsgewohnheiten umgestoßen und den Fortbestand des freien, nicht subventionierten Kaufs auf Kredit äußerst gefährdet. Man überließ daher auch im Anschluß an die bisherigen Usancen die Festsetzung der Fristen der jeweiligen freien Vereinbarung zwischen Händler und Metzger; nur wurde darüber, abgesehen von der Eintragung im Kassahauptbuch, fortlaufend ein eigenes Termin Verzeichnis37) geführt. Als üblich galt, die Forderungen der Händler in zwei Terminen zu begleichen, im allgemeinen

bezw. 3, 2 bezw. 4 oder höchstens 21/2 bezw. 5 Monate nach Eingehen der Verbindlichkeit38). Die meisten Fälligkeiten trafen mithin auf die Monate Januar-März 39), in denen die auf den besten Märkten, September-Oktober, vorgenommenen Käufe zu bereinigen waren. Die Auszahlung erfolgte in Gulden, die internationalen Währungscharakter besaßen, und zwar unmittelbar zu Händen des Gläubigers bezw. Treibers oder an dessen Ordre: Faktor, Konsorte oder Geldgeber40). Sofortige Barzahlung ohne Einhaltung der Termine genoß 6 1631 , 1690.......... .......... 4IX5 » 1691 .......... I64I , 1692.......... 1693 .......... 1650 . ................. . 46 842 77 1694 .......... Die Zahl der Vorschußempfänger umfaßte in den ersten 150 Jahren des Bestehens der Kasse stets den größten Teil des Handwerks, einschließlich der reichen Meister; dazu kamen meist noch mehrere Metzger des Landgebiets und häufig auch die Hersbrucker und Windsheimer Metzgerschaft als Gesamtheit. Die Verteilung auf städtische und nichtstädtische Metzger gestaltete sich z. B. in dem Zeitraum zwischen 1558 und 1570 folgendermaßen: i.Juni 1558 . . . 49 Nürnberger Metzger, 17 auswärtige Metzger 14. Dezember 1558 . 48 „ „ 12 „ „ 20. September 1559 • 45 77 n *4 11 n 16. Dezember 1562 • 7® *3 » » 20. September 1570 • 44 77 77 4 n In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts schwankte die Beteiligung im ganzen zwischen 42 (1600) und 88 (1650), in den 80 er Jahren sank dagegen mit den Kreditsummen auch die Zahl der Schuldner auf 32 (1686)—27 (1688). Sehr stark unter­ schieden sich auch die einzelnen Schuldkonten, deren Höhe durchgehends dem Ermessen des Amts anheimgestellt war. 155^/59 überschritt das höchste Konto noch nicht den Betrag von 700 bis 800 Gulden, in den 90 er Jahren waren Passivkonten von über 1000 Gulden bereits keine Seltenheit mehr, und im Ausnahmejahr 1621 mußten sogar 16 Vorschüsse von über je 2000, sowie 2 ))

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134 von über je 3000 Gulden gebucht werden. Noch 1631 befanden sich unter 70 Konten 2 mit je über 2000, 6 mit je über 1500 und 21 mit je über 1000 Gulden. Doch bereits 10 Jahre später betrug die Höchstsumme nur noch ca. 1000 Gulden, um in der Folgezeit im allgemeinen noch weiter abzunehmen, z. B. 1670 auf 382 Gulden. Gleichwie die Fälle von Aufgeben74) des Handwerks als Folge von dessen fortschreitender Verarmung75) Zunahmen, so mehrte sich auch die Zahl der Exekutionen, deren erste schon 1534 stattfand76). Da die Schuldhaft gegebenenfalls auf Jahre hinaus sich erstreckte und mit Betriebssperre verbunden war, so bildete nicht selten die Vermietung der Fleischbank und die Ab­ lieferung des Jahreszinses ans Amt für den Inhaftierten die nächste oder einzige Möglichkeit, seinen Verbindlichkeiten nachzukommen 77). Bestellung einer Hypothek zugunsten des Amts auf das Haus des Schuldners oder sonstige Pfandsicherungen wechselten 78) mit Teilzahlungsarrangements 79), die oft in Form kleinster Beträge auf lange Zeit getroffen wurden, sowie mit Hilfsaktionen seitens Be­ kannter und Diener des Schuldners 80) durch Bürgschaftsübernahme usw. Nach solcher Auseinandersetzung mit dem Amt, die durch Ansprüche von Privatgläubigern bisweilen erschwert wurde, erfolgte dann regelmäßig Haftentlassung, bei Fluchtverdacht gegen Kaution81). War einmal ein Arrangement getroffen, so legte das Amt oft große Langmut bei dessen Durchführung an den Tag; es gab Fälle, in denen Rückstände seit 24—4982) Jahren her immer wieder ge­ bucht wurden, ohne daß man sie, wie sonst Uneinbringliches, abgeschrieben hätte 83). Tabelle VI.

Abschlussziffern der Viehkasse in der Zeit von 1601—1694. Jahr

Gulden

1601 16141 162 1 137660 1631 128180 1641 50360 1650 68635 1660

23602

Jahr

Gulden

Jahr

Gulden

Jahr

Gulden

1670 1680 1681 1682 1683 1684

3 I 290 32 143 32 399 24199 18176 11677

1685 1686 1687 1688 1689

11 916 13 954 11 568 IO481 12 229

1691 1692

17306 16804

1693

21235

1694

13861

1690 13 994

»35 11. Kapitel.

Das städtische Unschlittmonopol. Neben Häuten und Hörnern war das wichtigste Nebenprodukt im Verwertungsprozeß des Fleischergewerbes der Talg oder, wie man auch sagte, das Unschlitt, d. h. das an Nieren und Gedärmen liegende, ausgelassene Fett, hauptsächlich von Rindern, aber auch von Kleinvieh x). Zum Auslassen des Talgs und der Grieben besaß das Hand­ werk schon frühzeitig eigne Schmelzhütten; zuerst wird 1450 eine solche am Fischbach, halbwegs Tafelhof, erwähnt; 1539 wollten die Metzger eine weitere an der Pegnitz außerhalb der Stadt gegen Wöhrd zu errichten, was ihnen jedoch wegen der zu erwartenden Belästigung durch den Geruch abgelehnt wurde. Eine zweite Hütte befand sich hinter St. Peter, vor dem Wald, eine dritte vor dem Frauentor. Um die Stadt möglichst mit dem durch das Talgauslassen verbundenen üblen Geruch zu verschonen — verwandten doch die Metzger häufig Griebenkuchen statt Holz zur Feuerung — , wurde ihnen 1560 anbefohlen nicht zu schmelzen, wenn der Wind auf die Stadt zu wehe, eine Bestimmung, die das Schicksal so mancher andern teilen mußte2). Unschlitt war neben Wachs Rohstoff zur Kerzen- und zur Seifenherstellung; auch fand es, in weniger reinem Zustand, Ver­ wendung bei den Gewerben der Lederer, Schuster, Seiler und Messingbrenner; schließlich wurde es noch zu Wagenschmiere verarbeitet, ein Produkt, das im mittelalterlichen Verkehrswesen von ungleich größerer Bedeutung war als heutzutage. Der Wichtigkeit dieser verschiedenen Verwendungen entsprach die Rolle, die der Talg im Nürnberger Handel einnahm. Soweit er in der Stadt selbst anfiel, sollte der Vorrang der innem Bedarfs­ deckung gelten, d. h. Ausfuhr erst gestattet sein, wenn die städtische Nachfrage befriedigt war 3). In Wirklichkeit nahm der freie Handel darauf keine Rücksicht. Da allerorts stets starke Nach­ frage nach Unschlitt bestand, nicht zuletzt auch seitens der kleinen fränkischen und schwäbischen Reichs- und Territorial Städte, ent­ wickelte sich eine rege Ausfuhr, an der sich nicht allein die Erzeuger, die Metzger, beteiligten, sondern vor allem auch fremde

Kaufleute sowie die Pfragner, in deren Händen die Kerzen­ herstellung lag, und endlich an der Ware selbst uninteressierte Kreise der Bürgerschaft, wie Wirte u. dgl. Stets wiederholte Ausfuhrverbote4) allgemeiner Natur oder unter Freilassung des Landgebiets 5), mit Stichkontrolle6) und Ausfuhrgenehmigungen 7), vermochten zwar im großen und ganzen auf den legitimen Handel einzuwirken, ließen aber den Schleichhandel zu umso größerer Blüte gedeihen: man führte Talg aus unter falscher Deklaration in Weinfässern, in Fäßchen, wie sie sonst für Schmalz in Gebrauch standen, in Salzscheiben usw.8). Auch die strenge Vorschrift9): alles _ aus der Stadt stammende Unschlitt, ausgenommen das für den Selbstverbrauch der Metzger bestimmte, zusamt dem ein­ geführten vor das Zollhaus zu bringen und nur dort, sei es an Nürnberger Pfragner und Gewerbetreibende, sei es an fremde Exporteure, zu verhandeln, sowie die noch schärfere Bestimmung von 1561 10), wonach die Zollhausbeamten Unschlitt überhaupt nur an Pfragner verkaufen lassen sollten, boten Anlaß zu weiteren Umgehungen. Die Metzger griffen zum gleichen Mittel, das sich beim Fleisch als Maßnahme gegen die Taxe oftmals bewährte: sie gaben, um jeglicher Überwachung aus dem Weg zu gehen, Talg nur in ihren Häusern ab11) oder brachten nur Proben vor die Wage und schlossen daraufhin in größeren Mengen ab, die dann, selbst bei nachträglicher Anfuhr vors Zollhaus, als vor­ verkauft der Nachfrage der Pfragner entzogen waren 12). Zwischen Metzgern und Pfragnern spielte sich überhaupt ein ständiger Kampf ab um die Lieferung und Abnahme des Unschlitts: Angebotszurückhaltung und Ausfuhr auf der einen, Mäßigung bezw. völliges Unterlassen der Nachfrage auf der andern Seite waren die mit wechselndem Erfolg geführten Waffen13). Der Kampf drehte sich um die auf den Zentner reinen ge­ schmelzten Unschlitts festgesetzte Taxe. Damit war die Haltung des Rats ohne weiteres gegeben; genau wie in der Fleischpreis­ politik bemühte er sich um Ausgleich der Interessen unter mög­ lichster Wahrung seiner Autorität. Nahm man dabei auch von der Anordnung bestimmter Termine für die Ausschmelzung des Talgs Abstand14), so wandte man sich doch entschieden gegen die Taktik absichtlicher Verzögerung15); ja man ging mehrmals dazu über, das Ausschmelzen von Rats wegen aufzuerlegen16)

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und ließ es obendrein an Mahnungen zu richtiger Belieferung, Abnahme und Preisstellung nicht fehlen. Einmal hatten die Metzger Taxerhöhung für Hammelfleisch durchgesetzt gegen das Versprechen, einen mäßigeren Unschlitt­ preis einzuhalten, kümmerten sich jedoch bald um diese Abrede nicht mehr, sondern forderten, noch dazu unter wissentlich falscher Berufung auf auswärts höhere Taxe, eine Steigerung des Unschlitt­ preises17). Dadurch wurden die Pfragner auf den Plan gerufen, deren Kerzentaxe von der Unschlittaxe abhing und die durch willkürliche oder behördliche Änderung der letzteren in Mitleiden­ schaft gezogen wurden. Auf den Vorschlag, im Entwurf eines Gesetzes betreffend den Handel mit Unschlitt diesen Egoismus der Metzger ausdrücklich zu brandmarken, ging der Rat aller­ dings nicht ein, sondern ließ im Punkt der Verteuerung und übertriebenen Ausfuhr von Talg nur eine allgemein gehaltene Begründung einfügen18). Solang es irgend ging, wurden alle Gesuche um Steigerung der Unschlittaxe abschlägig beschieden 19) und, sobald die Lage es gestattete, eine Herabsetzung vor­ genommen 20). Die Neigung des Rats zu vermittelnder Entscheidung zeigte sich besonders deutlich im Jahr 1557. Im Januar beklagte sich das Metzgerhandwerk über ungenügenden Absatz seines beträcht­ lichen Unschlittvorrats wegen Zurückhaltung der Pfragner im Einkauf. Da es bereits aufs Frühjahr zuging und daher Abnahme des starken Lichterbedarfs der einzelnen Gewerbezweige in Aus­ sicht stand, gestattete der Rat, unter Voraussetzung ausreichender Deckung des Bürgerschaftsbedarfs, freie Ausfuhr für Kerzen, sofern die Pfragner unverzüglich den Metzgern 300 Zentner Unschlitt zum festen Preis von 51/4 Gulden je Zentner, zahlbar in bar innerhalb vierzehn Tagen, abzunehmen sich verstanden. Das Abkommen wurde geschlossen und eingehalten, bis im Oktober seine Schattenseite: empfindlicher Talgmangel infolge der ungehinderten Lichterausfuhr, sich zeigte und neue Maßnahmen erheischte 2l). Die Stellung der K1 e i n pfragner im Kampf um das Unschlitt suchte man, da sie oft den Großeinkäufern gegenüber das Nach­ sehen hatten und so nur unzureichend die Kerzenherstellung betreiben konnten22), durch die Vorschrift eines Kaufbeteiligungs-

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zwangs zu erleichtern, indem jeder Pfragner — gemeint war der reiche—, der etliche Kübel oder „Ständer“ Talgs vor der Wage erstanden hatte, einem andern — ärmeren — auf Ansuchen wenigstens einen Kübel zum Selbstkostenpreis gegen Barzahlung oder gesicherten Kredit überlassen mußte23). Ein Gesuch des Landgrafen Philipp von Hessen um Lieferung einer großem Menge Unschlitts führte anfangs Dezember 1555 24) zur ersten Bestandsaufnahme allen rohen und geschmelzten Talgs bei den Metzgern; sie ergab von letzterem 75 Zentner, sodaß für den Gesandten des Landgrafen Ausfuhrbewilligung für immer­ hin 20 Zentner erteilt werden konnte, zumal da baldige neue Ausschmelzung zu erwarten war. Gleichzeitig ordnete man, einst­ weilen bis Lichtmeß des nächsten Jahrs, eine genaue Handels­ statistik an, die alles während dieser Zeit im Zollhaus umgesetzte Unschlitt verzeichnen sollte unter Angabe des Lieferers, des Abnehmers, der im kleinen verkauften Menge, des Preises usw. Auf Grund von Beschwerden der Pfragner über künstliche Ver­ knappung des Unschlittmarkts wiederholte man im Februar 155625) diesen Beschluß, um Ende 155726) (neben erneuter Bestands­ aufnahme von Haus zu Haus — diesmal auch von Lichtern bei den Pfragnern — unter Vergleichung mit dem Ergebnis der vorjährigen) die Zollbeamten anzuweisen, fortlaufend wöchentlich über die gesamte Anlieferung städtischen und auswärtigen Un­ schlitts eine Erhebung in Form der sogenannten Unschlittzettel27) einzureichen. Der so geförderte Einblick in die Marktlage setzte, genau wie bei der Statistik des Ochsenmarkts, den Rat in den Stand, in größerer Unabhängigkeit von den Angaben der Inter­ essenten seine Entschließungen zu treffen. Die Prüfung von Reinheit und Trockenheit des Unschlitts, das oft mit Steinen, Sand oder Mehl betrügerischerweise ver­ mischt wurde oder zu hohen Wassergehalt aufwies, oblag besondern Schauern, die ihre Pflicht vor der Wage im Beisein des ver­ kaufenden Metzgers oder seines Vertreters sowie des Käufers auszuüben und im Beanstandungsfall den Metzger zur Rücknahme und Strafzahlung von 2 Gulden je Zentner zu veranlassen hatten, wovon ihnen die Hälfte zufiel28). Die Talgschau ruhte in den Händen je eines Pfragners und eines Metzgers oder Marktmeisters. Schien trotz dieser paritätischen Zusammensetzung aus den beiden

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Interessentenkreisen die Unparteilichkeit nicht genügend gewahrt, so bestellte man zu dem Amt schließlich auch einmal einen Schweinestecher und einen ehemaligen Pfragner, also Leute, die dem Unschlitthandel persönlich fernstanden. Der Pfänder führte die Aufsicht und hatte durch seine Kundschafter Anzeige von Übertretungen zu erstatten. Die Schauordnung wurde den Metzgergeschworenen und den Pfragnern von Amts wegen mit­ geteilt und überdies an einer Tafel am Zollhaus angeschlagen29). Angesichts der ständigen Mißhelligkeiten im Unschlitthandel hatten die Metzger schon 1547 30) den Vorschlag gemacht, ihren jährlichen Gesamtanfall an Talg zum Preis von 5 Gulden je Zentner auf Rechnung der Stadt zu übernehmen. Der Rat hatte damals, wie auch neun Jahre hernach31), bei seiner oft schon zutage getretenen Abneigung, sich mit eigenen Handels- oder Gewerbeunternehmungen zu befassen, den Plan entschieden ver­ worfen. Doch sollte es damit ähnlich gehen wie seinerzeit bei Errichtung des Ochsenamts. Als im Herbst 1561 32) auch die Pfragner den gleichen Antrag stellten mit der Maßgabe, für Winter- und Sommerunschlitt wegen der verschiedenen Güte zwei Preisstufen festzusetzen, erwog der Rat nach Erkundigung über die jährliche Unschlitterzeugung die Frage eines Zwischenhandels­ monopols, wobei er auch über die Organisation des Unschlitt­ handels in Ulm und Augsburg sich vergewisserte. Ein gerade Ende 1561 bis Anfang 1562 merklich fühlbarer Talgmangel33), der zu verschiedenen, nur teilweise erfolgreichen Bemühungen zur Einfuhrbelebung 34) führte, die Erhöhung sowohl der Unschlittals der Lichtertaxe erzwang35) und die Bestimmung veranlaßte, alles im Zollhaus angelieferte Unschlitt ausschließlich den Pfragnern zuzuweisen36), war, ganz abgesehen von dem Gedanken an größere Sicherung der Ochsenamtsvorschüsse durch Deckungs­ lieferungen an eine zu errichtende Monopolverwaltung, nur ge­ eignet, die Beratungen zu beschleunigtem Abschluß zu bringen. Im Juli 1562 37) erfolgte die Errichtung eines beschränkten und zunächst unfiskalischen Zwischenhandelsmonopols: die Stadt übernahm die Hälfte der gesamten städtischen Unschlitt­ erzeugung, soweit sie der Beschau genügte, zum Preis von 5 3/4 Gulden je Zentner und gab sie zum gleichen Preis den Pfragnern wieder ab. Die Verwaltung übertrug man dem frühem

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Bürgerschreiber38) Wolf Krabler und bestimmte zur Unterbringung des Vorrats das Kornhaus beim Hiserlein, das heute noch so­ genannte Unschlitthaus. Es handelte sich also um Ansammlung eines Vorrats mit der Aufgabe des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage auf dem freien Markt, welcher noch immer der andern Hälfte der Nürnberger Erzeugung sowie der gesamten Einfuhr, bei der allerdings die Monopolverwaltung mehr und mehr als Wettbewerberin auftrat, Äffen stand. Dabei war der Zweck der Magazinierung insofern ein sozialpolitischer, als die Abgabe in erster Linie an die Kleinpfragner in geringer Menge (i—2 Ztr. wöchentlich) gegen bar zu erfolgen hatte39). Die Gebühr für die beiden Schauer wurde auf 2 Pfennig vom Zentner festgesetzt unter Beibehaltung des bisherigen Anfalls von 50 0/0 der Straf­ gelder; getragen wurde sie im freien Verkehr vom Käufer, im gebundenen entsprechend von der Magazinverwaltung, also zu Lasten“ des Unkostenkontos40). Die Abnahme erfolgte anfänglich noch vor dem Zollhaus — maßgebend war noch immer das Gesetz betreffend den Handel mit Unschlitt, das erst im Oktober 155741) erneuert worden war —, wobei die zwei Wagknechte das Abwiegen besorgten und der Magazinvorstand sodann die Verbringung der dem freien Verkehr entzogenen Hälfte der Anlieferung ins Unschlitthaus veranlaßte. Doch schon einige Wochen nach Inkrafttreten der Verordnung wurde dem Metzgerhändwerk unmittelbare Lieferung ins Magazin auferlegt; jeder Metzger mußte hiebei sein Quantum mit einem Span, der sein Zeichen trug, versehen42). Die nächste Folge dieser halb freien, halb öffentlichen Be­ wirtschaftung war bereits im September die alte Klage der Pfragner über Unschlittmangel; anfangs Oktober waren nur wenig über 200 Zentner im städtischen Vorrat43). Der Grund hievon lag offenbar in unzureichender Erfüllung der Lieferpflicht seitens der Metzger und in dem starken Wettbewerb um die von der Zwangs­ wirtschaft freie Produktionshälfte, bei welchem die Pfragner vielfach von andern Gewerbetreibenden, wie Messingbrennern, Lederern usw., die bei Absatz ihrer Erzeugnisse nicht an Taxen gebunden waren, aus dem Feld geschlagen wurden. Der Rat erwog daher die Einbeziehung aller Handwerke, die Unschlitt benötigten, in den Abnehmerkreis des Magazins. Dabei stellte sich bald die

Notwendigkeit heraus, auch die bisher noch freien 50 °/0 der gesamten Nürnberger Unschlitterzeugung zu übernehmen sowie die Einfuhr größtenteils zu verstadtlichen. So trat denn mit Beginn des Jahrs 1563 ein fast lückenloses Zwischenhandelsmonopol in Kraft, zunächst noch ohne fiskalischen Nebenzweck, bis man nach einiger Zeit darin auch eine ausgezeichnete Finanzquelle erkannte44). Lieferungspflichtig waren neben den städtischen Metzgern auch die von Wöhrd, die allerdings im ersten Halbjahr nach Errichtung des Magazins zunächst noch ausschließlich dem Zoll­ hauszwang unterworfen waren45), sodann freien Absatz in ihrer Vorstadt unter Aufsicht des Gemeindevorstehers, des Richters, genossen hatten46); die Metzger der Vorstadt Gostenhof standen spätestens seit Beginn des 17. Jahrhunderts47) denen von Wöhrd in der Lieferpflicht gleich. Die bald im Fleischergewerbe auf­ tretende Auffassung, daß der Lieferzwang sich nur auf diejenigen Meister beziehe, die die Viehkasse in Anspruch nahmen, wurde vom Rat entschieden bekämpft und wiederholt verordnet, ohne Rücksicht auf das Kommunaldarlehen sei jeder Meister zur Ab­ lieferung seines ganzen Unschlitts verpflichtet48). Im Lauf der 70 er Jahre wurden auch die Freibankmetzger, nachdem ihre Anzahl und ihr Wohnort verzeichnet waren, dem Monopol als Lieferer angeschlossen mit der Begründung, daß, wer in Nürnberg sein Fleisch verkaufen wolle, auch in der Verfügung über sein Unschlitt mit dem heimischen Handwerk sich gleichstellen lassen müsse49). Im ersten Jahrhundert des Monopols mußten die Metzger ihr Unschlitt selbst schmelzen. Bald nach 1650 übernahm die Monopolverwaltung das Ausschmelzen auf eigne Rechnung, wohl auf Grund von praktischen und finanziellen Erfahrungen, die sie mit dem Freibanktalg, der nur in nassem, ungeschmelztem Zustand geliefert werden konnte, von Anfang an gemacht hatte50). Minder reines, „schwarzes“ Unschlitt wurde in den ersten Monaten der öffentlichen Bewirtschaftung nach frei ausgeführt; dann wurde auch dessen Ablieferung zu etwas niedrigerem Preis angeordnet, da es für die Messingherstellung und die Bereitung von Wagenschmiere von Bedeutung war und man so reines, „weißes“ Unschlitt für die Kerzenherstellung freimachen konnte51). Natürlich kamen, obwohl oder, vielleicht besser gesagt, weil die Metzgergeschworenen als Sachverständige bei der Übernahme durch das Monopol auf-

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gestellt waren52), Durchstechereien genug vor. Wo nur immer möglich, suchte man den Lieferzwang zu umgehen, besonders durch Schiebungen mit Lederern und Seifensiedern, die höheren Preis anlegten als die Monopolverwaltung53); da sich offener Ver­ kauf dabei nicht empfahl, so beließ man wenigstens im Schmirgel — dem Rückstand bei der Talgschmelze und dem hauptsächlichen Rohstoff für Herstellung einfacher „Landseife“ im Gegensatz zur feinem, der „ venetianischen “ 54) — einen beträchtlichen Teil guten Unschlitts, bis schließlich die Vorschrift erlassen wurde, allen Talg nebst Schmirgel nur im Unschlitthaus, also auch nicht im Zollhaus, abwiegen zu lassen, um das Verhältnis beider nachprüfen zu können. Später fiel auch der Schmirgel unter den Lieferzwang, und die Seifensieder wurden bei Androhung der Betriebssperre angehalten, mindestens die Hälfte ihres Bedarfs daran aus dem Unschlittamt zu beziehen55). Überwiegend Abnehmer des Monopols waren jedoch stets die Pfragner, unter denen seit 1578 56) die ausschließlich mit dem Recht und der Pflicht der Kerzenherstellung von der Stadt betrauten („angestellten“) an erster Stelle standen. In weiterem Abstand folgten die Seifensieder. Lederer und Messingbrenner waren, wie schon vorher Seiler und Schuster57), seit 159558), wo wegen erneuter Kriegswirren in Ungarn der Ochsenzutrieb und damit die Unschlitterzeugung nicht nur in Nürnberg sehr im Argen lagen59), vom regelmäßigen Bezug aus dem Unschlittamt ausgeschlossen und mußten ihren Bedarf vorwiegend auswärts zu decken suchen. Die dritte in den Monopolrechnungen stets wieder­ kehrende Abnehmergruppe war die Bürgerschaft, die den Talg für Haushaltszwecke brauchte; sie wurde streng geschieden von den Ratsherren, vom Patriziat sowie von auswärtigen Käufern, die alle weit geringere Mengen bezogen60). Zu der Übernahmetaxe kamen beim Verkauf an die ver­ schiedenen Abnehmergruppen verschieden abgestufte Zuschläge. Die günstigste Preisstellung genossen die Pfragner, am meisten zu zahlen hatten fremde Käufer, während die Preise der übrigen Bezieher zwischen beiden Grenzen sich bewegten. Ratsherren, Patrizier und städtische Beamte waren dabei gegenüber den ein­ fachen Bürgern wesentlich bevorzugt und blieben es auch trotz gegenteiligen Antrags aus dem Amt selbst61). Die Münzverwirrung

in den ersten Jahren des 30jährigen Kriegs ließ auch beim Monopol die Preise nominell stark in die Höhe schnellen, doch zeigte sich bereits 1630 wieder die Möglichkeit starken Preisabbaus62). Die Lichtertaxe wurde stets nach dem für die Pfragner geltenden Abgabepreis bemessen; erschien der Gewinn der Lichter­ zieher als zu hoch, so begrenzte ihn das Monopol durch Erhöhung seines Abgabepreises; z. B. wurde 1625 bei einer Kerzentaxe von 11 Kreuzer je Pfund und einem Rohgewinn von 181/2 Gulden auf den Zentner Unschlitt dessen Preis von 15 auf 16 Gulden gesteigert, wobei als gerechter Gewinn für die Arbeit der Pfragner immer noch 2 1/2 Gulden übrig blieben63). Der Aufbau des Monopols war im allgemeinen dem des Ochsenamts angepaßt, mit dem es ja auch später verschmolzen und einem Gremium von drei Ratsdeputierten „ zum Ochsenund Unschlittamt“ unterstellt wurde. An der Spitze stand ein Amt­ mann, der, wie bei der Viehkasse, ursprünglich bürgerlicher, hernach meist patrizischer Herkunft war. Auf den ersten, den schon genannten Wolf Krabler, folgten die beiden Wernlein, Caspar und Joachim, so­ dann kamen Siegmund Gabriel Holzschuher, Hans Christoph Briller, Hans Siegmund Träumer, Hans Moritz Fürer, der uns schon be­ kannte Ochsenamtmann, der 1625 vorübergehend auch die Leitung des Monopols zum Zweck der Reorganisation bekam64), und als letzter in der von uns behandelten Zeit Hans Christoph Harsdörfer. Die Hauptgeschäftslast lag auch hier beim Gegenschreiber, der mit 100 Gulden jährlicher Besoldung 32 Gulden weniger als sein Vorgesetzter empfing65). Da der erste Amtmann bei seinem Tod (1572) fast 2000 Gulden Amtsschulden hinterließ, denen an Nachlaßaktiven nur 700 Gulden gegenüberstanden, so verlangte der Rat auch in diesem Amt Kaution; Joachim Wemlein z. B. mußte 1595 67) 4000 Gulden verbürgen. Sonstiges Amtspersonal waren: die beiden Schauer; der Wagmeister; Wächter, die nachts das Unschlitthaus behüten mußten; schließlich, als auch das Ausschmelzen zum Monopol­ betrieb hinzukam, vier eigne Talgschmelzer68). Sachliche Ausgaben entstanden: beim Schmelzen für Ankauf und Instandhaltung der Kessel69), sowie für Beschaffung von Feuerungsmaterial; beim Einlagern bezw. Aufhängen und Sortieren des Unschlitts in den acht Gewölben des Magazins für Haken^

144 Stangen usw.; ferner für Ausbesserungen, z. B. an der Wage; für Nachprüfung und Aufnahme des Unschlittbestands der einzelnen Metzger; für Schreibzeug usw. Außer dem Verkaufszuschlag zur Übernahmetaxe hatte das Amt noch eine — mäßige — Reineinnahme durch die ihm zufließende Freibankschlachtgebühr, die je Rind und Schwein i Pfennig, je Schaf 1/2 Pfennig betrug, sowie durch die Gebühr von 8 Pfennig für jede Benützung der Freibank wage. Der jährliche Vorratsschwund durch Austrocknung, Zertreten und Abgang beim Abwiegen war dank der sorgfältigen Behandlung des Unschlitts denkbar geringfügig 70). Die Bezahlung des von den Metzgern gelieferten Talgs erfolgte, wie schon erwähnt, womöglich durch Aufrechnung, d. h. durch Überweisung auf das Vorschußkonto des Handwerks im Ochsenamt, hauptsächlich in den ersten drei Monaten eines jeden Jahrs, wo den sich drängenden Fälligkeiten gegenüber dem Vieh­ handel beträchtliche Talglieferungen in der Zeit der „ Mitfasten­ schmelze w entsprachen. Der Überweisungswert entstammte dem Erlös aus der im Winter dringlichen Nachfrage der Pfragner nach Kerzenunschlitt. Sie, wie auch die andern Abnehmer, hatten ursprünglich bar oder auf nur kurze Frist Zahlung zu leisten. Allmählich griff auch hier ein langfristiges Borgsystem Platz: jede Jahresbilanz weist neben neuen stets auch noch erhebliche alte Debitorenposten auf71). Zur Verstärkung des Betriebskapitals endlich nahm das Monopol, nach dem Vorbild der Viehkasse, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Einlagen auf in ver­ schiedener Höhe gegen 4—5 0jQ jährliche Verzinsung 72). Nach den wenigen vorhandenen Bilanzen zu urteilen, hätte das Unschlittamt den Erwartungen und Anforderungen im all­ gemeinen Genüge leisten müssen: jede schließt ab mit einem beträchtlichen Vorrat per ultimo Dezember73). Man darf dabei jedoch nicht übersehen, daß dies gerade die günstigste Zeit für den Abschluß war, da die Metzger stärkere Lieferungen gemacht hatten, die Einfuhr meist auf der Höhe stand und ein ansehnlicher Teil des Winters mit seiner Zunahme der Nachfrage noch bevor­ stand. In Wirklichkeit hatte das Monopol oft genug kritische Zeiten zu überwinden, die im tatsächlichen Mangel an Unschlitt, nicht allein in der lässigen Erfüllung oder völligen Umgehung der

145

Lieferpflicht durch das Fleischergewerbe begründet lagenl?4). So mußte schon sieben Jahre nach seiner Errichtung, i. August t57o75), eine Bitte der Stadt Weißenburg um Überlassung von Talg ab­ geschlagen werden mit dem Hinweis, Nürnberg habe selbst kaum 50 o/0 seines Bedarfs. Mehr und mehr mußte die Monopol­ einfuhr in die Bresche treten, obwohl auch sie mit wachsenden Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, wie sie in der ständigen Preis­ steigerung und in erhöhten Transportspesen sich zeigten. Nach immer weiter entfernten Erz'eugungsstätten mußte die Nachfrage des Nürnberger Monopols greifen: auf Augsburg, Ulm und Eger folgten Lübeck und Hamburg, Passau, Linz und Prag, Lüneburg, Danzig und Krakau76). Die Stadt bediente sich dabei der Kommissionstätigkeit einheimischer Großkaufleute, die in den ge­ nannten Städten Verbindungen hatten; unter vielen andern begegnen die Namen J. Baumgärtner77), Hans Welser77), Imhof78), Seifried Pfinzing79), Carl Werdemann80), Nikolaus Bernhardt81), Georg Stengel82), Michael Schiller82), Lucas Steffan82), Mang Dillher82), Christoph Hagenauer83), Cäsar Calendrini84), Lorenz Stäuber und Friedrich Sperber85), Julius Cäsar Pestalozza86) und Wolf Wahlthurner87). Bei den einzelnen Kommissionen handelte es sich stets um mehrere hundert, einigemal auch um 'mehr als 1000 Ztr.88). Das eingeführte Unschlitt wurde anfänglich zum Einkaufspreis, einmal nachweislich sogar unter diesem, abgegeben 89), späterhin jedoch möglichst in die eignen Verkaufspreise des Monopols einkalkuliert und in die Bilanz zu einem rechnungs­ mäßigen Durchschnittspreis eingestellt. Gleichwohl ließen Verluste sich nicht immer vermeiden; so schloß, um nur ein, freilich wegen der allgemeinen Zeitverhältnisse außergewöhnliches Beispiel anzuführen, die Stadtrechnung des Jahrs 1625 im Titel „Unschlitt­ amt“ mit einem Fehlbetrag von nicht weniger als 54000 Gulden90). Zuletzt mögen noch die folgenden vier Tabellen einen Über­ blick gewähren 1. über die Preisbewegung des Unschlitts im freien Handel und im Rahmen des Monopols; 2. über die Zwangslieferungen und den Monopolverkauf (spezifiziert nach Gewicht und Wert) sowie 3. über den Bestand an Unschlitt im Magazin an bestimmten Stichtagen (meist ultimo Dezember). Als Abschluß ist das Jahr 1670 gewählt; Quellen der Statistik sind die Bilanzen, Ratsprotokolle und Ratsbücher: 10

Tabelle VI.

Preisbewegung des Unschlitts im freien Handel und im Rahmen des Monopols in der Zeit von 1553-1670 Preis Zeit Sept.-Okt. 3. Jan. 21. Aug. 24. Okt. 16. Dez. 5-

»

Einfuhr

1553 1554 1555 1555 1556 1561

2. Nov. 1562 7. Mai 1569 2. Jan. 1595 9%*) . Herbst 1595 10—10 s/4—12 **) März 1596 j 2 ***^ 1597 April 1598 1599 1610 9. März 1625 1626 1630 22. Okt. 1632 6. April 1633 1640 1650 1660 1670 *) **) ***) f) •j-j)

Metzger

in

Gulden

Pfragner

Fremde

71/«

9

für Rats­ herren

Bürger

Seifen­ sieder

Messing­ brenner

9

. 9

Eisen­ händler

57.-6 6-67, 57, 57. 5\ 6 57. 6 77s 77s 77s 97. IO, II

12fl« 5fb 26^ IO fl. 2 fb 20 16 11 fl. 2 fb 24 ^ II1/,,- 11 fl. 50 kr. 13, 14 I31/,

io74

ii8/4

IO

18 12

19 13

13 13

12, 13 14 fl. 50kr«tf)

IO, II

15, 16 157, 167,

12, 13 6 —ii

II, 12

9, 10

14

12, 14 13

137,* I57e 137,

8, 10 9, IO

Von Augsburg, circa 1300—1400 Ztr. Von Ulm, Hamburg und Lübeck. Von Hamburg und Lübeck. Von Ulm und Lübeck. 15 fl. für reiche Bürger.

IO

io74, ioV,

x3

107«

Tabelle VII.

Verkauf durch das 0429 ” An Pfragner Ztr. A.

Jahr IÖIO

3245

1630

2211

1640

934

1650

1075 557

1670

33484 15703 13354 14 281

Fremde . Ztr. fl.

52

654

68

920

' in der Zeit von 1610—1670. Bürger Ztr. fl.

Ratsherren Ztr. fl.

89

I 107 6625

556

5560

526

872

9108

393

6107

392

4983

488 485

7485

407

5098

954

154

Seifensieder Ztr. fl.

94

Eisenhändler Ztr. fl.

V,

325

Tabelle VIII.

Lieferungen an das 5429 " . Metzgerlieferung Ztr. fl.

Zeit

Mitte Juni Ende März Mitte März Mitte Juni Anfang April 1610 1630

10



1640 1650 1660 1670

1574 1596 1597 1597 1598

in der Zeit von 1574—1670.

F reibanklieferung Ztr. fl.

10000 855 954 347 1037 4124 336o 1686 1673 1596 1658 360 1420

38 146 35272 22 274 21554 3 190

Bemerkunge

Schätzung für das laufende Jahr

465 561 448 318 720 1176

4425 5293 5746 53“ 6449

Von 1610 ab in der Zeit vom i. Januar—Juli August—Dezember

5

Abgang Ztr.

9 Vf 8

15 6

148

Tabelle IX. «

Unscblittbestand des Monopols in der Zeit von 1562—1670. Ztr.

Zeit

6. Oktober 203 1562................... ................... ................... 2967 13. Juni 1597................... 31. Dezember 1609................... 1610................... 1626................... 1629................... ................... 6838 3i1630................... ..... 7074 3 r1632................... ................... 6341 22. Oktober 14. Dezember 1632................... ................... 5749 5. September 1633................... 14. Dezember 1639 .... 1640................... 311649................... 1650................... 1659................... 1660 ..... 1669...................

49857 54880 77494 80 160

................... 1156 • • . . . 1175 ................... 2812

O

3.13i313.13i3i-

Wert in fl.

13 102

32138

12. Kapitel.

Nürnbergs Viehhandelspolitik gegenüber den Nachbarterritorien. Die Grundlage des Handelsverkehrs zwischen Nürnberg und dem Markgrafentum Ansbach bildete das laudum Palatinüm x), d. h. der Schiedsspruch, den Herzog Friedrich von Bayern zwischen seinem Schwäger Burggrafen Friedrich und der Reichs­ stadt am 30. August 1386 fällte. Er bestimmte die Zahl der burggräflichen Zollstätten auf 13, darunter Bruck, Neustadt a. Aisch, Tennenlohe, Roth und Vach, gab ein Verzeichnis zollpflichtiger Waren und stellte einen Tarif auf. Einfuhr von Vieh und Viktualien — Wein allein ausgenommen — nach .Nürnberg blieb zoll­ frei, dagegen war Ausfuhr von Vieh (nebst Salz und Heringen)

149

von dort nach dem Frankenland und der Rheingegend zu ver­ zollen. Wie die Freundschaftsklausel bereits zwei Jahre später Kriegsausbruch nicht zu hindern vermochte, so setzten die Mark­ grafen auch bald über die wesentlichen Bestimmungen des laudum sich hinweg, bis 1453 durch Vermittlung des Pfalzgrafen Ludwig zwischen seinem Oheim, dem Markgrafen Albrecht Achilles, und der Stadt ein neuer Vertrag2) zustandekam, der den handels­ politischen Status quo wieder herstellte mit Ausnahme der inzwischen durch Kauf, Erbfall oder Heirat erworbenen Zollstätten, deren Berechtigung unangetastet bleiben sollte. Erneute Zollerhöhungen wurden schließlich im sogenannten Harrasvertrag von 14963) wieder beseitigt; auch hinsichtlich der aufgeführten 15 Neu­ erwerbungen, worunter Baiersdorf, Gunzenhausen und Schwabach, sollte das alte Herkommen gewahrt bleiben. Dagegen setzte Ansbach seinen Standpunkt durch in der Frage von 6 Nebenzoll­ stätten, welche die Umgehung ordentlicher Zölle verhindern bezw. treffen sollten. Der Harrasvertrag begrub auch endgültig eine seit langen Jahren schwebende Streitigkeit. Der Sachverhalt war folgender: Gegen Mitte der 70 er Jahre liefen Klagen ein über einen Zoll, den Ansbach von Vieh, besonders von Ochsen, die von Österreich her durch Bayern nach Nürnberg getrieben wurden, zu Ferrieden an der Regensburger Straße erhob4). 1474 und 1476 5) gingen in der Angelegenheit zwei Gesandtschaften an den Markgrafen ab, jedoch ohne Erfolg. Vor weitern Schritten zog der Rat Erkundigung ein über die bisherigen Zollverhältnisse zu Ferrieden und ließ Vieh eigens dort durchtreiben, um das Ver­ halten des Zöllners zu prüfen6)- Mitte des Jahrs 1479 sollten alle Zweifel über die Ansbacher Absichten behoben werden: eine größere Ochsenherde, die ein Nürnberger Metzger, Namens Moser, nach der Stadt bringen wollte, wurde wegen Zoll Verweigerung zu Ferrieden aufgehalten. Alsbald begaben sich zwei Ratsherren nach Ansbach, um Freigabe zu verlangen, wenn nicht anders möglich, gegen Kaution, die Moser, eventuell durch Bürgen, stellen sollte. Die geforderte Auslösungssumme von 1000 Gulden wurde jedoch als zu hoch erachtet, und man beschloß daher, als Markgraf Albrecht Ende August in Nürnberg weilte, in aller Form ihn nochmals um freiwillige Rückgabe zu ersuchen, andernfalls den

Rechtsanspruch darauf zu erheben. Man machte aber damit nicht Emst, obwohl Moser inzwischen auf die Beeinträchtigung des Viehs durch die Beschlagnahme hingewiesen hatte, sondern ließ sich auf neue vergebliche Verhandlungen ein, bei denen auch ein damals zu Nürnberg anwesender päpstlicher Gesandter eine gewisse Rolle spielte7). Vorsichtshalber wählte Moser künftighin den Weg über Röthenbach. Dort konnte er zunächst zollfrei durch­ treiben, sodaß ihm der Rat auf Befragen die Beibehaltung dieses Wegs empfahl. Doch gleich darauf erfolgte auch zu Röthenbach Beschlagnahme einer Ochsenherde, woraufhin Moser mit dem Hinweis, er habe im Vertrauen auf des Rats Anweisung gehandelt von der Stadt Schadenersatz verlangte. Die von ihm aufgemachte Rechnung wurde geprüft und nach Mosers eidlicher Erklärung, daß sein Anspruch den Wert der Herde nicht übersteige, der Forderung stattgegeben8). Wurden auch diese beiden Fälle durch den Harrasvertrag begraben, so blieb doch die Zollstätte Ferrieden sowie die zu Fürth, wo gleichfalls 1479/809) beim Durchtrieb von Schafen Zoll erhoben wurde, bestehen, ohne daß es Nürnberg gelungen wäre, gegen deren Bewilligung freien Verkehr auf der Katzwanger Straße zu erreichen10). Im Lauf des 16. Jahrhunderts wurde noch mehrmals zu Ferrieden Viehzollabgefordert, bis ein besonders schwerwiegender Fall Nürnberg 1581 zur Klagerhebung beim Reichskammergericht veranlaßte. Dieses entschied nach fast 50 Jahren, 1628, zugunsten Ansbachs11). Zollscherereien bei Viehtransporten waren auch an der Zoll­ stätte Baiersdorf gang und gäbe. Das dortige markgräfliche Zollrecht ging zurück auf eine Bewilligung Wenzels vom Jahr 1396, die sich sowohl auf den Fluß- wie den Straßenverkehr bezog, jedoch u. a. ausdrücklich Vieh freiließ, das für den Nürnberger Verbrauch geliefert wurde12). Diese Klausel war wesentlich bestimmter als die entsprechende des um zehn Jahre ältern laudum Palatinum, wonach u. a. Vieh zollfrei war, das „zu gemainer stat gefürt“ wurde. Diese Abweichung der Zoll­ verleihungsurkunde vom Wortlaut des ersten Nürnberg-Ansbacher Handelsvertrags war der Hauptanlaß zu den seit Ende der 70 er Jahre des 15. Jahrhunderts unaufhörlichen Zollstreitigkeiten, zumal da die Baiersdorfer Zollbeamten, abgesehen von der Be-

Stimmungsprüfung der Viehtransporte, noch mit der Forderung hervortraten, der Zutrieb dürfe nur durch Nürnberger Bürger erfolgen und, damit nicht jedermann fälschlich auf seine Eigen­ schaft als reichsstädtischer Bürger sich berufen konnte, Vorlegung einer amtlichen Urkunde darüber verlangten13). Einmal, 1557, war der Rat auch nicht abgeneigt, diesem Begehren nachzugeben, wobei dahinstehen möge, ob der Wunsch, fortwährende Plackereien sich vom Hals zu schaffen, oder die Tatsache, daß der Zutrieb zum Viehmarkt mehr und mehr in die Hände des einheimischen Handels überging, diese Bereitwilligkeit veranlaßte. Am Ende blieb Nürnberg doch auf seinem ablehnenden Standpunkt, da ein schriftliches Gutachten der Metzgergeschworenen mit aller Ent­ schiedenheit gegen das Zugeständnis eines Bürgerrechtszeugnisses sich erklärte14). 1582 verfocht ein von Dr. Hardesheim ent­ worfenes Schreiben nach Ansbach abermals des Rats Stellung in der Frage. Als schließlich auch das folgende Jahr keine Antwort, wohl aber erneute Zollforderung brachte, ließ man den Baiersdorfer Kästner, Christoph Greinsdorfer, bei einem Aufenthalt in Nürnberg festnehmen, eine Vergeltungsmaßregel, mit Hilfe deren die Rückgabe widerrechtlich erhobener Zollgebühren duichgesetzt worden zu sein scheint15). Auch die alten Zollstätten auf dem weitern Weg nach Nürnberg, Bruck-und Tennenlohe, gaben dem Rat Anlaß zu meist erfolgreichem Einschreiten. Um dem auch hier ge­ forderten Nachweis des Bürgerrechts von vornherein aus dem Weg zu gehen, wurde den Metzgern empfohlen, den Zutrieb möglichst durch den Zollbeamten bekannte Leute vornehmen zu lassen16). An der Zollstätte Vach, über welche das Vieh vom Würzburger Gebiet, aus dem Aisch- und Zenngrund her nach Nürnberg kam, wurde auch zuweilen unberechtigter Zoll erhoben. Einer dieser Fälle war dadurch bedeutungsvoll, daß er (1526) zur Auslegung einer bislang ungeklärten Bestimmung führte: bei Durchfuhr geschlachteten Viehs sollten von nun an Häute, die noch in Verbindung mit dem Fleisch standen, auch wenn sie bis zum Kopf abgezogen waren, zollfrei sein — es handelte sich dabei, wie wir wissen, um eine Vorschrift der Nürnberger Fleisch­ beschau —, völlig getrennte Häute dagegen der Verzollung unterliegen17).

152

Auch zu Roth kamen Versuche vor, Viehzoll einzuführen, besonders bei Durchtrieb von Seiten der Wöhrder Metzger; doch drang dagegen der Nürnberger Standpunkt durch, der sinngemäße Ausdehnung des laudum Palatinum auf Wöhrd, auch wenn es erst 1427 unter reichsstädtische Hoheit gekommen war, forderte, zumal da die Wöhrder Metzger, wie alle Wöhrder Bürger, in der direkten und indirekten Besteuerung den Nürnbergern gleich­ standen und überdies an zwei Wochentagen zum Fleisch verkauf in der Stadt verpflichtet waren, sodaß tatsächlich der größere Teil ihres Viehs dem innerstädtischen Bedarf diente18). Zuletzt sei noch die Schwabacher Zollstätte erwähnt, an der es ebenfalls fortgesetzt zu Weiterungen kam. Nürnberg wollte jedoch vor klageweisem Vorgehen den Ausgang des Ferriedener Zollprozesses abwarten und begnügte sich daher mit den üblichen Verwahrungen, mit Rückforderungen geleisteter Zollbeträge durch Syndici u. dgl. Als dort sowie zu Crailsheim im Jahr 1600 vom Durchtrieb Schweizer (!) Ochsen Zoll genommen wurde, erging ein ausführliches Rechtsgutachten, das nach beweglicher Klage über die seitens der benachbarten Territorialherren ständig sich äußernde Mißachtung der alten Nürnberger Rechte deren unbedingte Festhaltung empfahl und somit sich auch gegen die Bewilligung von „ Polittena, d. h. von Bürgerrechtszeugnissen, wandte, deren Einführung nur stets neue Scherereien sowie Ab­ lenkung des fremden Handels .vom Nürnberger Markt bewirken mußte. Nürnberg drohte zunächst mit Vergeltungsmaßregeln und stellte zwei Jahre später beim Reichskammergericht Antrag auf Strafmandat gegen Markgraf Georg Friedrich von BrandenburgKulmbach. Eine endgültige Austragung des Streits wurde jedoch durch die Ereignisse des 30 jährigen Kriegs, der andere Sorgen schuf, vereitelt19). Mit dem Bistum Bamberg erhoben sich Zwistigkeiten in Fragen des Viehzolls zuerst hinsichtlich des Fürth er Brücken­ zolls, den der dortige Amtmann im Namen des Domkapitels unter Berufung auf die Gründungsschenkung Kaiser Heinrichs II. beanspruchte. Schließlich bestimmte eine Forchheimer Konvention vom 28. Juni 1537 u. a., daß von allem Nürnberger Bürgern gehörigen Vieh, das durch Fürth nach Nürnberg getrieben werde, je Stück 1 Pfennig, von 2—20 Stück 2 Pfennig und von über

153 20 Stück 3 Pfennig als Brückenzoll zu zahlen seien. Dieser Vertragsartikel wurde im allgemeinen streng eingehalten, nur in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts mußte er einigemal von Nürnberg, und zwar erfolgreich, gegen übertriebene Forderungen ins Feld geführt werden20). Ebensowenig wie Beseitigung des Fürther Brückengelds gelang Nürnberg die Abschaffung von Viehdurchtriebzöllen zu Bamberg und in den bischöflichen Orten Holfeld, Ebermannstadt, Forchheim und Höchstadt. Ein eigentlicher Handelsvertrag mit dem Bistum, welcher der Reichsstadt Zollfreiheit gewährt hätte, bestand nicht, und das Gewohnheitsrecht sprach, zumindest im Fall Bamberg selbst, seit Menschengedenken zu ungunsten Nürnbergs. Immerhin glückte es 1589, die Rückgabe des Zoll­ gelds, das von drei Metzgern für 43 zu Kloster Langheim gekaufte Ochsen entrichtet worden war — der Satz war 2 Pfennig je Stück — durchzusetzen. Weiterer Einspruch bei Bischof Neidhart in den Jahren 1595/96 — eine Hammelherde aus Thüringen hatte zu Bamberg mit 28 und zu Forchheim mit 20 Pfennig verzollt werden müssen — führte jedoch zu keinem Ergebnis, auch nicht in den darauf folgenden Jahren21). Schießlich einigte man sich dahin, auf einer Tagung zu Forchheim die Angelegenheit ins reine zu bringen. Besonders schwierig erschien dabei die Frage des Ebermannstädter Zolls, da das Städtchen die Zoll­ zuständigkeit des Stifts bestritt, sich auf ein eignes, 200 Jahre altes Königsprivileg berief und den bereits vom Bischof erteilten Befehl zur Einstellung der Zollerhebung beiseite setzte 22). Ohnedies war Nürnberg sich von vornherein klar darüber, daß eine gänzliche Beseitigung des Viehzolls ebensowenig zu erhoffen war wie die gleichzeitig angestrebte Aufhebung des Kran- oder Hebegelds im Bamberger Hafen. Die erste Instruktion23) lautete demgemäß auf Festlegung des Betrags der Hafengebühr und auf Bewilligung von nicht mehr als einer Zollstelle, an der Vieh verzollt werden müsse. Der Bamberger Kanzler Dr. Vasold legte zunächst zwei Tarife für Forchheim und Ebermannstadt vor und machte im Namen des Bischofs den Vorschlag, durch eine „Generalauswechslung“ der im Stift Bamberg gelegenen Nürnberger Güter die Streitsache aus der Welt zu schaffen. Die Tarife übergab der Rat den Hand­ werken der Metzger, Rot- und Weißgerber, den Eisenhändlern

*54 und sonstigen Interessenten zur Begutachtung, vor allem, um die jährliche Belastung des Handels durch diese beiden Zölle kennen zu lernen. In der Austauschfrage erklärte er mit Bezug auf frühere Verhandlungen grundsätzliche Geneigtheit, falls Bamberg die Güter der Dompropstei zu Fürth, Schweinau und Poppenreuth, die von jeher eine Quelle von Reibereien, nicht zuletzt wegen der Weiderechte der Nürnberger Metzger, gebildet hatten, als Kompensationsobjekte betrachte 24). Das entsprach allerdings wenig den Absichten Bambergs, das die territoriale Bereinigung in aus­ schließlichem Zusammenhang mit der Zollfrage geregelt wissen wollte, während Nürnberg damit deutlich zu verstehen gab, daß es selbständige Behandlung der letzteren wünschte. Eine zweite Instruktion25), die eingangs die überragende Wichtigkeit der Viehzollangelegenheiten betonte, forderte Bindung der Viehzölle — die ursprüngliche Absicht der Beschränkung auf nur eine Zoll­ stätte war also gescheitert — und berief sich hiezu u. a. auf die durch den Bamberger Bischof selbst auf dem letzten Kreistag angeregte Beschwerde der Stände gegen eine Zollerhöhung im Stift Würzburg, die inzwischen als angeblich eigenmächtiges Vor­ gehen der Zollbeamten widerrufen worden war26). Auf jeden Fall sollte die Klausel des alten Herkommens durchgesetzt, ferner dem Zugriff auf Viehtransporte bei Umgehung des Zolls wider­ sprochen und in diesem Punkt die entsprechende Anwendung der gegenüber der Markgrafschaft Ansbach für den . Warenverkehr im Rechtsweg zur Anerkennung gebrachten Forderung erreicht werden, wonach zwar Pferde, Wagen und Fuhrleute, nicht jedoch die Waren zur Haftung herangezogen werden sollten. Nürnberg wollte also die Gäuknechte den Fuhrleuten gleichgestellt wissen und damit zugleich verhindern, daß sie im Einverständnis mit den Zollbeamten die Zollstätte Umtrieben, hernach von dem ver­ fallenen Vieh einen Teil für sich nahmen, unter der Hand ver­ kauften und so ihre Meister erheblich schädigten. Das Ergebnis der Verhandlungen war Artikel 5 des Forchheimer Vertrags vom 22. Februar 16072?), der den pessimistischen Erwartungen Nürnbergs zwar insofern widersprach, als die Aufhebung der Krangebühr, hinsichtlich deren vor dem Reichskammergericht ein von Bamberg offenbar als verloren angesehener Prozeß schwebte, zugestanden wurde, aber in der Hauptfrage, den Viehzöllen, den obsiegenden

155

Standpunkt des Bistums unverhüllt zum Ausdruck brachte: weder Beschränkung der Zollstätten noch Tarifbindung, sondern einzig und allein die Zusicherung, auf differentielle Behandlung zum Nachteil Nürnbergs an den fünf Orten verzichten zu wollen; Zollfreiheit sollte nach wie vor nur die Pfarrei St. Sebald genießen. Der Hinweis auf die zugunsten Nürnbergs erledigte Zollfrage mit Würzburg, den die Instruktion für die Forchheimer Konferenz enthielt, bezog sich auf die Zollstätte Hilkersdorf, wo nach Angabe des Nürnberger Viehhändlers Georg Krauß, die sich wieder auf Mitteilungen Augsburger Händler stützte, seit 1603 28) von 1 Ochsen 1 Kreuzer Zoll, ebenso Zoll von Kleinvieh und Waren erhoben wurde. Hilkersdorf war nach dem Aussterben der Grafen von Henneberg 1583 teils an Sachsen-Coburg, teils an Würzburg gefallen, und es bestanden daher in Nürnberg einige Zeit Bedenken darüber, ob der dortige Zoll gemeinsam von den Miteigentümern erhoben werde oder — was sich schließlich als zutreffend herausstellte — allein Würzburg zuzuschreiben sei29). Der Rat, der sich an die Hartnäckigkeit des Bischofs Julius in Sachen des Schlüssel fei der Viehzolls vor noch nicht 20 Jahren erinnern mochte30), beschloß, den Hilkersdorfer Fall zusamt Zoll­ beschwerden gegen Böhmen und Bayern auf die Tagesordnung des nächsten Kreistags setzen zu lassen31). Inzwischen sollte der Hilkersdorfer Viehzoll, um ja nicht den Gedanken an eine Einwilligung aufkommen zu lassen, jedesmal unter Verwahrung gezahlt werden. Ein Rechtsgutachten empfahl obendrein, die Sache am Reichskammergericht anhängig zu machen. Das war jedoch nicht mehr nötig; denn die Würzburger Gesandten erklärten den Nürnberger Abgeordneten schon vor dem offiziellen Beginn des Kreistags, der Bischof habe, nachdem er erst durch die Tagesordnung Kenntnis von der Sache erhalten, sofort die Be­ strafung des dortigen Zöllners, der ohne Auftrag gehandelt, angeordnet und werde „sich in solchem Fall künftig zur Zu­ friedenheit der Stände erweisen“. Eine gleichlautende Erklärung nahm auch der Kreistag in Empfang. Daraufhin erging formell ein Schreiben um Rückgabe gezahlten Zollgelds an Würzburg, und der Rat konnte sodann vom Erfolg seiner Bemühungen dem Handel und dem Handwerk Mitteilung machen82).



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Weitaus am unerquicklichsten waren die Zollverhandlungen mit der Pfalz. Pfalzgraf Wolfgang von Neuburg-Zweibrücken hatte wegen starker Schuldenlast schon 1559 ein Gesuch um Zollerhöhung an die Kurfürsten gerichtet, die nach der Goldnen Bulle und der Frankfurter Konvention von 1558 für Beschlüsse in Zollfragen zunächst zuständig waren, jedoch abschlägigen Be­ scheid erhalten. 1564 unternahm er, gestützt auf alte Ansprüche im Betrag von 1/2 Million Gulden gegenüber Reich und Ständen, einen abermaligen Versuch und gewann mit der Absicht, diese gegen Zollbewilligungen aufgeben zu wollen, die Stimme des Kaisers33). Schon vorher war er jedoch, obwohl noch keinerlei Ermächtigung vorlag, an die Ausführung seines Vorhabens gegangen, hatte zu den bisherigen Zollstätten noch 22 neue errichtet, die Warenzölle beträchtlich erhöht, ferner auf dem ihm 1545 nur für die Dauer von sechs Jahren zugestandenen Pferdezoll beharrt und endlich die Abgabepflicht auch auf die bisher zollfreien Viehtransporte erstreckt34). Nürnberg sollte sich bald gezwungen sehen, an die Spitze einer Protestbewegung des fränkischen Kreises zu treten. Seine Stellung schien zunächst zwar dadurch erschwert zu sein, daß 20—30 Jahre lang erfolgte Zollzahlung der Metzger und Vieh­ händler zu Siebeneichen bei Sulzbach, zu Schwarzfelden, Popperg und Hirschweiden Zollersitzung seitens der Pfalz nahegerückt haben mochte; doch sollte sich bei genauerer Nach­ forschung ergeben, daß der Viehzoll zu Siebeneichen und Schwarzfelden in den Jahren 1541/42 und der zu Popperg und Hirsch­ weiden erst in der Mitte der 50 er Jahre aufgekommen und obendrein auf Einspruch des Rats seinerzeit wieder aufgehoben worden war35). Als vollends die Amtleute zu Sulzbach im August 156436) die Stückzahl einer Ochsenherde, die auf Rechnung des Nürnberger Metzgers Peter Müsel nach Nürnberg durch­ getrieben wurde, genau verzeichneten zwecks Unterlage für spätere Zollnachzahlung, falls die Reichsstadt mit der Pfalz hinsichtlich der neu eingeführten Viehzölle nicht anders Übereinkommen sollte, da wandte sich Nürnberg sofort an den Kreistag, bei dem auch • von andern fränkischen Städten Klagen über den Sulzbacher Waren- und Viehzoll eingelaufen waren. Der Kreis ging daraufhin den Pfalzgrafen schriftlich um Abstellung der Zollbelastung an37).

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Im Januar des folgenden Jahrs lag noch keine Antwort Wolfgangs vor, wohl aber eine Anzeige des Metzgerhandwerks über mehr­ fache Zollabnahme zu Schwandorf, sowie eine Erwiderung der Stadt Ulm auf die Anfrage Nürnbergs wegen der Haltung des schwäbischen Kreises, aus der sich ergab, daß der schwäbische Kreistag vom vorhergehenden November sich gleichfalls mit der Angelegenheit befaßt hatte38). Auf dem Augsburger Reichstag von 1566 setzte Wolfgang bei Kaiser und Kurfürsten die Bewilligung seines Anliegens auf die Dauer von 20 Jahren durch mit der Maßgabe, daß an allen seit alters hergebrachten Zollstätten eine dreifache Zollsteigerung vorgenommen werden dürfe 39). Dieses Zugeständnis erfolgte ungeachtet allen Widerspruchs der beiden Kreise, denen sich auch noch der bayrische anschloß. Da der erhöhte Zollsatz, zunächst an den Stationen Monheim und Berg, unverzüglich in Kraft trat, beschloß der fränkische Dezemberkreistag^ erneut ein Gesuch an den Pfalzgrafen, sowie außerdem ein Schreiben an die beiden korrespondierenden Kreise zu richten, worin um Mitteilung ersucht werde, wie Bayern und Schwaben zum Austrag des Streits vor dem Forum des Kaisers bezw. des Kammergerichts sich stellten40). Inzwischen bemühte sich Nürnberg, für den Zutrieb aus Böhmen eine Straße ausfindig zu machen, die Schwandorf, überhaupt das Gesamtgebiet der pfalzgräflichen Obrigkeit, umging, was auch gelang41). Eine gemeinsame Ver­ sammlung der drei Kreise zu Nördlingen faßte sodann im April 156742) den Beschluß, endgültig die Entscheidung von einer beim Kaiser auf dem nächsten Reichstag zu erbittenden Sonderkommission abhängig zu machen. Sollte bei einem für die drei Kreise günstigen Kommissionsentscheid die Zollerhebung gleichwohl nicht eingestellt werden, so waren weitere Schritte in Aussicht genommen, wobei der bayrische Kreis jeweils für Ein­ schreiten der Kreisobersten auf Antrag eines durch den Zoll benachteiligten Standes und der fränkische für Anrufung des Reichskammergerichts bei Zugriffen auf Waren und Vieh eintrat, während die schwäbischen Gesandten derartige Erwägungen für müßig hielten, solange der Kaiser nicht entschieden habe43). Daß Wolfgang durch diese allgemeine Abwehrbewegung in seinen Absichten nur bestärkt wurde, bewies anfangs Juni die vom

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Schwandorfer Zollamt dem Nürnberger Metzgerhandwerk über­ reichte Zollrechnung, die von ungefähr 800 in der letzten Zeit durchgetriebnen Ochsen je Stück 2 Kreuzer - die Zahlung war vom Handwerk bereits verbürgt — liquidierte 44). Die drei Kreise entschlossen sich nunmehr zu verschärfter Kampfansage: jeder Kreis hatte ein Mandat zu erlassen, das seinen Untertanen bei Strafe verbot, den pfälzischen Zöllnern höhere Zollsätze als bisher zu entrichten, und Unterstützung des Kreises bei daraus sich ergebenden Weiterungen in Aussicht stellte45). Jedoch schon auf dem nächsten allgemeinen Kreistag zu Nördlingen im Juli 1567 46) erklärte der fränkische Kreis, der starke Hoffnung auf das Urteil des Kaisers setzte, seine Bedenken hinsichtlich der Durchführung des Mandats und riet zu einer gemeinsamen Gesandtschaft an den Kaiser; erst wenn auch diese ergebnislos verlaufen sei, wolle er sich der Handhabung des Mandats nicht ferner widersetzen. Am 4. September47) erfolgte zu Wien die Antwort des Kaisers auf die Vorstellungen der Kreisgesandtschaft. Sie lautete in der Hauptsache ablehnend. Der Pfalzgraf hatte alle Minen springen lassen und schriftlich sowohl wie durch einen Spezial­ vertreter am kaiserlichen Hof seine Sache verfochten. Immerhin stellte der Kaiser den Kreisen in Aussicht, ihre Beschwerden ans Kurfürstenkolleg zu Erfurt weiterzugeben. Die Gesandten erklärten hierauf die Behauptung des Pfalzgrafen, nicht alle Stände der drei Kreise widersprächen seinen Zollmaßnahmen, für falsch; es herrsche völlige Einmütigkeit in deren Ablehnung; man habe zwar günstigeren Bescheid erwartet, doch tröste man sich mit der versprochenen Vorlage am Kurfürsten tag; nach spätestens vier Wochen jedoch müßten die Kreisstände sich Eigenhilfe Vorbehalten. Des Kaisers Schreiben an die kurfürstlichen Räte zu Erfurt wurde sehr geheim gehalten, doch sickerten Bemerkungen durch von einem den Kreisen im allgemeinen freundlichen Inhalt. Das dürfte auch zugetroffen haben; denn Maximilian befürchtete Aus­ tragung des Handels mit Waffengewalt und war bemüht, den Frieden zu erhalten48). Auf dem Kurfürstentag, der zu Fulda im Januar 1568 statt­ fand, vertrat Dr. Springinklee als Gesandter des fränkischen die Interessen der drei Kreise und erreichte von* den kurfürstlichen

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Bevollmächtigten die Zusicherung befriedigender Erledigung der Beschwerden, wenn an die Entscheidung des Kaisers appelliert werde49). Tatsächlich aber ging Wien wieder dilatorisch vor, indem statt des erhofften unzweideutigen Bescheids Anberaumung einer Spezialkonferenz zu Speyer für Ende Juni erfolgte. Auch dort wurde trotz sorglich abgestufter Instruktion von den Kreis­ vertretern nichts erreicht, da letzten Endes der unbedingten Ablehnung neuer Zollstationen und neuer Tarifpositionen von Seiten der Kreise die gleiche Unerschütterlichkeit der Pfalz in deren Aufrechterhaltung gegenüberstand 50). Nürnberg sollte das auch praktisch zu gleicher Zeit erfahren am Wiederaufleben von Viehzollscherereien zu Schwandorf51), im Februar 156952) an Erhebung eines neuen Zolls (je Ochse 3 Pfennig) zu Vohenstrauß. Ende 1570 erging ein kurfürstliches Dekret, das vermittelnd 100 0/0 Zollerhöhung genehmigte, woraurhin das Abwehrmandat von 1567 mit dessen Inhalt in Einklang gebracht wurde, sodaß es, abgesehen von völlig neuen Zöllen, nur gegen mehr als doppelte Sätze an den herkömmlichen Orten sich wandte53). Trotz des unterdessen erfolgten Ablebens des Pfalzgrafen Wolfgang und größeren Entgegenkommens seiner Söhne Philipp Ludwig und Johann54) war der Zollkrieg noch weit von seiner Beilegung entfernt, sodaß der Kaiser erneut zu einer Sonderkonimission sich verstehen mußte55). Nürnberg hatte seit Ende 1572 56) be­ trächtlich unter dem Siebeneichener Zoll zu leiden, der i4/2 bis 2 Gulden für je 100 Ochsen ausmachte und mit dem ge­ wohnten von 5 Pfennig für je 4 Ochsen im stärksten Miß­ verhältnis stand. Der Rat verlangte Einstellung des Mehrzolls wenigstens bis zum Entscheid der neuen Kommission. Philipp Ludwig lehnte dies rundweg ab. Auf dem fränkischen Kreistag vom Mai des gleichen Jahrs (1573)67) vertrat Nürnberg, das Verzicht auf weitere Schritte in der leidigen Angelegenheit weit von sich wies, die Ansicht, auf der neuerdings bewilligten Sonder­ kommission, die freilich noch nicht ernannt war, müsse unbedingt bestanden werden. Bald mußte man freilich auch dort trotz allem Optimismus sich zu der Überzeugung bekehren, die Kom­ mission sei ad calendas Graecas vertagt. Die Pfalz hatte so tatsächlich den Sieg über die drei Kreise davongetragen. War auch die ursprüngliche Zollerhöhung von

200 °/0 nicht durchgedrungen, so war das legitime Ergebnis der Verdoppelung umso unbestrittener, zumal da es 1586, 1596 usw. verlängert wurde58). Die Viehzölle auf dem Weg von Böhmen her blieben gewohnheitsrechtlich in Geltung, und als 1595 59) das Nürnberger Metzgerhandwerk sich wieder anschickte, den Rat dagegen mobil zu machen, gab dieser den Bescheid: „nachdem die zolle bey 20 jahre ohne widerred oder protestation bezahlt worden und dardurch die Pfaltz so stark in poßeß kommen, sei der Sachen fürter übel zu rathen.“ Neben der Zollpolitik der benachbarten Territorien war es deren Binnenhandelspolitik, die — gleichviel, ob damit eine Spitze gegen die Reichsstadt gerichtet oder nur eignes Landesinteresse gewahrt werden sollte — dem Rat manche Sorgen verursachte. Dabei handelte es sich entweder um Einkaufsverbote, die sich allgemein auf Viktualien sowie aus kirchlichen Gründen besonders auf Vieh und Fleisch in der Fastenzeit bezogen, oder um die Folgen, die aus dem Erlaß von Marktzwang-Verfügungen in den angrenzenden Gebieten für die Lebensmittelversorgung der Stadt sich ergaben, wobei der Vieheinkauf der Metzger und Gäuknechte in erster Linie zu berücksichtigen war. Gegen die allgemeine Tendenz dieser Landesmandate sowie gegen ihre grundsätzliche Gültigkeit besaß Nürnberg natürlich keine Hand­ habe; rings eingeschlossen von mächtigen Territorien, welche die Zufahrtstraßen aus dem Ausland her beherrschten, konnte es nicht daran denken, die althergebrachten Freihandelsprivilegien gegenüber deren erstarkter, merkantilistisch orientierter Wirtschafts­ macht auf die Dauer zu behaupten. Die Stadt mußte zugeben, daß jeder Landesherr — genau wie sie selbst in ihrem eignen Gebiet — zur Abwehr von Teuerung, überhaupt im Dienst der Wohlfahrtspolizei, zu wirtschaftlichen Verfügungen jeder Art berechtigt sei, soweit seine Territorialgewalt sich erstreckte60). Grund zum Einschreiten hatte sie nur dann, wenn auch ihre eignen Untertanen und Hintersassen, die ihren Wohnsitz in den betreffenden Gebieten hatten, den daselbst erlassenen Ge- und Verboten unterstellt werden sollten, oder wenn eine mißbräuchliche und mißgünstige Anwendung solcher Vorschriften Durchfuhr und Durchtrieb von Waren und Vieh zu behindern drohte61); denn außer der sogenannten „Fraisch“, der hohen Gerichtsbarkeit,

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gestand der Rat den Landesherren keinerlei obrigkeitliche Gewalt, auch nicht in Fragen der Wirtschaftspolitik, über Nürnberger Untertanen zu. Mochte er auch mit den Landesherren in der Bekämpfung des wilden Aufkaufs und der Förderung des Markt­ zwangs einheitlicher Meinung sein, indem er seinen Bürgern, nicht zuletzt den Vieheinkäufern, im Fall des Zuwiderhandelns jegliche Unterstützung versagte62): sobald es galt, die Exemption seiner Untertanen in fremdem Gebiet, und sei es auch nur aus Gründen des Ansehens, zu retten, dann schieden sich seine politischwirtschaftlichen Interessen von denen der Territorien. Zum erstenmal hatte er diesen Standpunkt zu verfechten in den Jahren 1527/2863) gegenüber dem Pfalzgrafen Friedrich, dessen Neumarkter Schultheiß wegen Nichtbeachtung der pfälzischen Verordnung, die Kauf und Verkauf von Vieh und Viktualien allein auf dem Neumarkter Wochenmarkt erlaubte, etliche für einen Nürnberger Metzger bestimmte Kälber und Schafe beschlag­ nahmt hatte. Nürnberg konnte dabei ins Treffen führen, daß nur ein geringer Teil des Viehs von pfälzischen, der größte von nürnbergischen, wolfsteinischen und Deutschordens - Untertanen gekauft worden sei; gleichwohl hielt man die Sache damals noch nicht für spruchreif und vermochte nicht zu Vergeltung, Klag­ erhebung oder Antrag auf Strafmandat beim Schwäbischen Bund sich zu entschließen. Sechs Jahre später, 153464), führte die Frage aus Anlaß eines neuen Falls zu Hilpoltstein zu einer Regelung im sogenannten Sulzbacher Abschied, worin Nürnberg versprach, für seine Untertanen im Amt Hilpoltstein eine gleiche Verordnung von sich aus zu erlassen, wie die Pfalz sie den ihrigen gegenüber bereits erlassen hatte. Damit waren freilich noch nicht alle Schwierigkeiten beseitigt. Nürnberg wandte sich später mehrmals ans Kammergericht, obsiegte jedoch nur in zwei bis drei Fällen, in denen es sich um Einkauf auf Nürnberger Boden handelte. Die Forderung der Reichsstadt, die Ausnahme­ stellung ihrer Leute innerhalb fremder Territorien in rein personaler Beziehung zu regeln, war damit abschlägig entschieden. Neben dieser Klärung der Rechtslage war allmählich auch das Verständnis für die wirtschaftlichen Lebensnotwendigkeiten der Territorien, die man bisher noch gern mit dem allgemeinen Maßstab des Verhältnisses zwischen Stadt und plattem Land 11

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betrachtet hatte, deutlich gewachsen. Man begann, ohne Ent­ sagung, die Grenzen der Außenpolitik zu erkennen und damit der Kraftverlegung auf Innenpolitik, die zum Vorteil der Lebens­ mittelversorgung Ausweisung nicht steuerzahlender Inwohner, Gesetze gegen Luxus usw. empfehlen mochte, ernstlich das Wort zu reden. Ja man gab zu, daß die Bevölkerung der Stadt derart zunehmen könne, daß die Nachbargebiete schließlich selbst Mangel leiden müßten, und zitierte in diesem Sinn das Wort: Nemo tenetur irrigare fundos alienos sitientibus propriis65). Auch mit Bamberg kam es zu Auseinandersetzungen in der Frage wirtschaftsgesetzlicher Zuständigkeit. Das Bistum beschwerte sich darüber, daß die in seinen Grenzen ansässigen reichs­ städtischen Untertanen seinen Viktualienmandaten mit Unter­ stützung Nürnbergs zuwiderhandelten. Der Rat wies die Ansprüche des Bischofs als Anmaßung zurück und berief sich auf den Ver­ trag von 1537, dem zufolge ihm nur Niedergerichtsbarkeit und Botmäßigkeit über die ihm steuerpflichtigen Untertanen im Stift zustand. Verhandlungen zu Würzburg im Januar 1563 66) führten zu dem Beschluß, daß den Nürnberger Hintersassen Ausfuhr ihrer eignen landwirtschaftlichen Erzeugnisse einschließlich Vieh nach Nürnberg sowie deren Verkauf im Bistum selbst an Nürn­ berger Bürger uneingeschränkt gestattet sei; Fürkauf seitens der Nürnberger blieb dabei nach wie vor verboten; den Bamberger Behörden wurde diesfalls Strafbefugnis erteilt, wie umgekehrt auch Nürnberg Fürkauf von Bambergern in seinem Gebiet sollte ahnden dürfen. Der Vertragswortlaut enthielt zunächst noch eine Unklarheit, insofern als das Recht ungehinderten Einkaufs von Nürnberger Hintersassen allein Reffträgem „und andern dergleichen“ nicht gebühren sollte. Nürnberg befürchtete Auslegung dieser Stelle zu ungunsten der Metzger und Gäuknechte und ließ sich' von den bischöflichen Unterhändlern die Erklärung zu Protokoll geben, darunter sei nur bütten- und karrenweiser Kauf zu ver­ stehen, womit ungehinderter Vieheinkauf außer Frage gestellt war67).

13. Kapitel.

Nürnbergs Viehhandelspolitik gegenüber Böhmen und Ungarn. Ungleich größere Tragweite als handelspolitische Verwicklungen mit den Nachbarterritorien, bei denen es sich manchmal doch nur um Rivalitätsäußerungen oder um eifersüchtige Wahrung alter Privilegien, denen man praktische Bedeutung kaum mehr zu­ sprechen konnte, handelte, besaßen Einwirkungen, die zurückgingen auf Veränderung der handelspolitischen Lage in den großen Erzeugungs - und Zwischenhandelsländern Böhmen und Ungarn. Die eigentlichen Vieherzeugungsgebiete lagen noch weiter östlich: Moldau, Walachei, Podolien, Schwarze-Meer-Küste und Krim, bis mit dem Vordringen der Türken allmählich die großen Viehstapel Ungarns und Polens in den Vordergrund traten. Schon im 14. und 15. Jahrhundert und wohl noch früher handelten Lemberger Kaufleute in Kaffa, Biahogrod oder Akkerman, späterhin auf dem näher gelegenen Markt zu Sniatyn Vieh, Häute, Fische, Gewürze usw. gegen Tuch, Kram waren und Waffen: Waren, die vor allem aus Nürnberg und Köln stammten*). Auch Griechen, meist aus den venetianischen Kolonien, waren im 16. Jahrhundert als Vermittler tätig2), ebenso Deutsche aus den alten, seit den Zeiten des Mongolensturms entstandenen Ansiedlungen in der Moldau und Walachei. Zwischenhandelsmärkte fanden statt in den siebenbürgischen Orten Hermannstadt, Kronstadt, Klausenburg und Bistritz3). Schließlich kamen auch die Moldauer mit ihren Herden nach Lemberg, wo sie bald mit den Nürnberger Kauf­ leuten Bekanntschaft machten4); dort und in andern galizischen Städten und Marktflecken ging das Vieh auch in die Hände jüdischer Händler über5). Die Herden wurden nach Ober­ deutschland teils durch Ungarn und Österreich, teils über Krakau durch Mähren und Böhmen getrieben oder über Schlesien nach Mittel- und Norddeutschland. 1588 6) wurde sogar ein Handels­ vertrag abgeschlossen zwischen England, das durch seinen Ge­ sandten in Konstantinopel vertreten wurde, und dem moldauischen Fürsten Petru dem Lahmen, auf Grund dessen englische Woll11*

stoflfe gegen Schlachtvieh, das über Danzig und Hamburg ver­ schifft wurde, lebhaften Austausch fanden. Von Böhmen aus führten drei Straßen7) über das Gebirge nach Oberdeutschland: die eine über Prachatiz nach Passau, die zweite über Taus, Furth und Cham nach Regensburg, während die dritte die Verbindung Böhmens mit Nürnberg und Franken herstellte. Sie besaß anfangs vielleicht nicht die Bedeutung der beiden ersten, im spätem Mittelalter jedoch wurde sie fast aus­ schließlich benützt. Sie ging im Tal der Mies über Kladrau, Neustadtl, den Pfraumberger Waldpaß, Leuchtenberg und Waid­ haus nach Vohenstrauß und von da über die uns schon bekannten Zollstätten der Pfalz nach Nürnberg. Weiter nördlich überschritt ein etwas weniger wichtiger Weg bei Tachau die Grenze. Die drei nördlichen Straßen8), die Tachauer, Pfraumberger und Tauser, liefen in Pilsen zusammen und führten von da vereinigt über Bettlarn nach Prag, wo die großen Zufuhrstraßen vom Osten und Süd osten mündeten. Ende des 14. Jahrhunderts bereits war für den Viehhandel nach Oberdeutschland das Miestal und für den Zutrieb von Österreich her der Weg über Budweis als Zwangsstraße in rein fiskalischem Interesse vorgeschrieben 9). Mit Beginn der hussitischen Revolution im Mai 1409 geriet, wie fast der gesamte Außen­ handel, so auch der Handel mit Vieh ins Stocken; dazu gesellte sich bald ein polnisches Ausfuhrverbot nach Böhmen, das die letzten Reste des böhmischen Durchfuhrhandels von dorther vollends beseitigte; nur die Tachauer Straße war wenigstens bis zum Hochsommer 1427 für denVerkehr nach Bayern frei, auch das Egerland wurde von den Wirren nicht wesentlich berührt10). Doch kamen selbst noch 1436 — am 23. August ds. Js. zog Kaiser Siegmund in Prag ein — die Handelsbeziehungen mit dem Ausland nicht gleich wieder in Gang, solange man dem deutschen wie überhaupt dem fremden Kaufmann mißgünstig, ja feindselig — und das währte noch geraume Zeit — gegenüber­ stand. Stellte ^loch im Verlauf der nationalen slavischen Be­ wegung gegen Albrecht II. der Kuttenberger Oppositionsparteitag den Plan eines neuen Straßenzugs aus dem fernen Osten Europas durch Böhmen und Polen auf, welcher für die Benützung durch deutsche Kaufleute gesperrt sein sollten)!

Eine Erhebung von Grenzzoll12), der reiner Ausfuhrzoll war, fand schon in den frühesten Jahrhunderten statt, wobei aller­ dings zur Zeit der Adelsherrschaft namentlich des 15. Jahrhunderts eine starke Zersplitterung und Unordnung des Zollwesens durch Verpfändung und Verschenkung des Erträgnisses der wichtigsten Stationen herrschte. Bei Beginn der Regierung Ferdinands I. befanden sich die Zolleinkünfte nahezu ausschließlich in den Händen von Korporationen und Privaten. An Abschaffung dieser feudalen Zollrechte konnte der König trotz aller Finanznot nicht denken; so half er sich damit, daß er das Land mit einer Kette neuer Zollstationen umgab, in denen der Zoll nur für seine Rechnung erhoben wurde. Sofort setzte auch dagegen die Opposition ein. Pilsen widersetzte sich mit Erfolg der Zoll­ entrichtung unter Berufung auf seine Privilegien. Die Herren von Rosenberg, Leb, Malewetz und Schlick untersagten mit Rücksicht auf ihre eigenen gefährdeten Zolleinnahmen die Zahlung der neuen Viehzölle. Auf Grund solcher Verbote und unter Be­ nützung von Nebenwegen entzog tatsächlich der Viehhandel häufig genug sich der Abgabenerhebung, so daß mehrere Jahre hindurch das finanzielle Erträgnis sich in sehr engen Grenzen halten mußte13). Unter den Mitte des 16. Jahrhunderts sich auf ungefähr 50 belaufenden königlichen Zollstätten kam für Nürnberg so gut wie ausschließlich die zu Pfraumberg, die nach Ueberschreiten des (gleichnamigen) Passes zu passieren war, in Betracht. Zum erstenmal hatte sich der Rat mit ihr im Dezember 1538 14) zu befassen, als mehrere Nürnberger Ochsentreiber über eine Er­ höhung des Ochsenzolls um 7 Weißgroschen je Stück sich be­ schwerten. Man sandte einen gewissen Sebastian Waltenhofer zu den Kammerräten nach Prag, der jedoch seines Auftrags in völlig unzureichender Weise sich entledigte: statt auf Abstellung hinzu­ arbeiten, begnügte er sich mit einem Auslegungsbescheid, wonach der Zoll nicht nur auf Durchfuhr polnischer und ungarischer, sondern auch auf Ausfuhr böhmischer Ochsen sich bezog. Gleich­ wohl verschob der Rat weitere Schritte in der Angelegenheit, da er sich bei des Königs Abwesenheit von Böhmen keinen Erfolg versprach. Als im Februar 154015) Ferdinand I. nach Nürnberg kam, ging der Rat ihn mündlich sowie durch eine Bittschrift, die neben der Schädigung der Reichsstadt auch die Beeinträchtigung

i66 der Einkünfte der böhmischen Kammer durch die erfolgte Zollerhöhung betonte, um deren Aufhebung an. Wenn man auch Näheres nicht erfährt: Die Antwort, so überhaupt eine erfolgte, wird ablehnend oder nach bewährtem Rezept dilatorisch ge­ wesen sein. Im Juni 154616) hörte man von einer neuen Ochsenzoll­ erhöhung zu Pfraumberg, die angesichts der durch den Schmalkaldischen Krieg verursachten Unsicherheit des Zutriebs doppelte Sorge hervorrief. Nürnberg brachte sie auf dem Reichstag zur Sprache und dachte vor allem an Umgehung der Station, wozu übrigens, was kein Geheimnis war, manche böhmischen Grundherren in sonstigen Fällen schon die Hand geboten hatten. Man bemühte sich ferner, auch von Seite des Handels unter Führung von Jobst Fürter und Niklas Gößwein, in Prag durch .Vermittlung Theins Freipässe für weitern Austrieb österreichischen und ungarischen Rindviehs zu erhalten, weil man Ende Juli erfahren hatte, daß außer 550 noch unterwegs befindlichen Ochsen in absehbarer Zeit wegen der Kriegsereignisse in Ungarn auf keinen Zutrieb mehr zu rechnen sei17). Erreicht wurde nichts, da unglücklicherweise Kammerrat Achacius Schrot, an den man sich gewandt hatte, in dieser Zeit verstarb. Auch die persönliche Anwesenheit Fürters in Prag, wohin er über Passau gereist war, vermochte an dem schlechten Stand der Sache nichts zu ändern. Nürnberg, das augenblicklich noch mit Vieh versehen war, tröstete sich mit künftigem Zutrieb von Büttstedt her, sowie mit der Hoffnung, daß nach einiger Zeit der Zoll, den man nur als Kriegsmaßnahme ansah, wieder in Wegfall kommen werde. Selbst­ verständlich lag jedoch der Hauptgrund für die Erfolglosigkeit der Nürnberger Bemühungen in der unklaren Haltung des Rats während des Schmalkaldischen Kriegs dem Kaiser gegenüber, der nicht mit Unrecht die allgemeine Ansicht teilte, Nürnberg „ trage auf beiden Achselnw, und aus diesem Grund auch zur gleichen Zeit Nürnberger Kaufmannsgut in Wien und Böhmen vorüber­ gehend mit Beschlag belegen ließ 18). Ende August19) erschien als Gesandter Ferdinands Moritz Rumpf in Nürnberg, um Widerspruch zu erheben gegen die Versorgung des sächsischen und hessischen Heers mit böhmischem Vieh durch die Stadt Nürnberg und Sicherheit dafür zu ver-

langen, daß dieses fortan nur mehr dem städtischen Bedarf zugeführt werde. Der Rat erkundigte sich daraufhin über die nächsten Aussichten des Viehtriebs aus Böhmen und über die Folgen einer etwaigen gegen Nürnberg gerichteten Ausfuhrsperre. Da man den Stand der Versorgung mit Ochsen- und Hammel­ fleisch, auch bei Erlaß eines böhmischen Ausfuhrverbots, günstig beurteilen zu dürfen glaubte und höchstens einige Bedenken wegen der Versorgung mit Schweinefleisch laut wurden, so lehnte der Rat jede Garantie — Rumpf hatte Verstadtlichung des Zutriebs gefordert — entschieden ab mit der Begründung, eine solche widerspreche der Einrichtung des freien Viehmarkts, wie sie seit alters in Nürnberg bestände. Ueberdies ersuchte der Rat den Gesandten, dem König die Bitte zu übermitteln, auch den freien Kleinviehaustrieb nicht aufzuheben. Rumpf erklärte hierauf, er wolle den Bescheid des Königs in Nürnberg abwarten. Diese Absicht wußte der Rat sofort als möglichst unverfänglichen Ver­ such einer Handelsspionage richtig zu deuten und wies daher den Vorstand des Ochsenamts, das Fleischergewerbe und vor allem die Viehhändler an, vor ihm und seinen Leuten auf der Hut zu sein, sich „ nit ploß ze geben “ und vor allem vom augen­ blicklichen Markt weg Vieh nur mit größter Vorsicht ins hessische Lager zu verkaufen. Der Pfraumberger Zoll blieb weiter in Kraft, wurde jedoch meist Umtrieben 20). Erfolg hinsichtlich seiner Aufhebung versprach man sich nunmehr nur noch von gemeinsamem Vorgehen der süddeutschen Städte, einschließlich Straßburgs21). Es ist nicht ersichtlich, daß es zu einem solchen kam. Wohl aber wurde im Mai 1548 erneut über Zollerhöhung geklagt22); unter diesen Umständen mußte der Rat es begrüßen, daß die Stadt Eger im März 1551 23) eine Abschrift des böhmischen Grenzzolltarifs als Material für weitere Erwägungen und Schritte übersandte. Eine Wendung der Dinge schien möglich, als im September 1554 24) Nürnberger Kaufleute und Viehhändler berichten konnten, einige Kammerräte des Königs hätten unter der Hand sich dahin ver­ nehmen lassen, daß die Zollerhöhung den böhmischen Finanzen eher ab- als zuträglich sei, da sie den Handel von den legitimen Straßen abgezogen habe; um nicht falschem Verdacht sich auszu­ setzen, vermöchten sie das dem König nicht selbst vorzutragen,

i68 doch rechneten sie auf günstige Wirkung, falls ihre Ansicht auf Umwegen dem König zu Ohren komme. Gleichzeitig konnten die Kaufleute von in Aussicht stehenden Protesten der Städte Breslau, Krakau usw. gegen die hohen Zollsätze vermelden, wes­ halb sie den Rat um Anschluß an diese Aktion ersuchten. Dieser war damit einverstanden, nur gab er Weisung, den andern Städten in keiner Weise vorzugreifen. Die Sache scheint jedoch schließlich im Sand verlaufen zu sein. Neben den königlichen Zöllen bildeten die vom Landtag bewilligten eine eigene Klasse25); sie wurden, im Unterschied zu jenen, nur für bestimmte Positionen sowie nur für gewisse Zeit­ räume erhoben, wenn eben die Staatsbedürfnisse die Erschließung neuer Einnahmequellen unbedingt erheischten. Landtagszölle waren schon 1534 — 36 von einigen Waren sowie von Vieh in Form von 2—3 obigen Wertzöllen erhoben worden. Eine zweite Be­ willigung, für Getreide und Vieh auf die Dauer eines halben Jahrs, fand 1575 mit Wirkung ab 16. Oktober statt. Daraufhin erfolgte gleich zu Beginn des nächsten Jahrs26) eine Eingabe des . Nürnberger Viehhandels, vertreten durch Bartl Albrecht, Hans Engel, Niklas Gößwein, Hans Halbert und Endres Schurger, an den Rat, die sich gegen diese neuerliche Zollsteigerung zu Pfraumberg und an andern böhmischen Grenzstationen wandte. Da bei einer sofort einberufenen Sitzung der Stadtjuristen der Hauptsachverständige, Dr. Roggenbach, krankheitshalber fehlte, mußte man sich auf ein von ihm schriftlich erstattetes Gutachten stützen, worin er ein Schreiben an den Kaiser unter Bezugnahme auf die Privilegien empfahl. Bei näherer Beratung ergab sich, daß die allgemeinen Privilegien Böhmen gegenüber nicht ein­ schlägig waren, da sie nur von Reichs auflagen befreiten, daß man sich aber auf das von Georg Podiebrad bestätigte böhmische S p e z i a 1 privileg, das Nürnberg von allen neuen Mauten ausnahm, stützen konnte. Das geschah, und da die Zollmehrforderung noch nicht beglichen, sondern nur sichergestellt war, fügte man Bitte um Erlaß der Kaution bei. Fernere Maßnahmen erübrigten sich schließlich mit der einige Monate später durch Zeitablauf bedingten Einstellung des Mehrzolls, einer Tatsache, die Nürnberg fälschlich als Erfolg für sich buchte27).

i6g Bald sollte sich ein neuer Übelstand bemerkbar machen: das aus Rußland und Polen über Schlesien durch Böhmen nach Oberdeutschränd getriebene Vieh, das bereits zu Breslau dem schlesischen Ausfuhrzoll unterlag, wurde zu Pfraumberg abermals der Verzollung unterworfen, obwohl dieses Vorgehen dem Grund­ satz widersprach, daß, was in einem Erbland einmal verzollt sei, in keinem andern nochmals herangezogen werden sollte, und obwohl das böhmische Zollpatent ausdrücklich zur Vermeidung solcher Doppel Verzollung Bescheinigungen über bereits entrichteten Zoll vorsah 28). 158429) bereits verlangte der Nürnberger Metzger Simon Dunki gegen diese zweifache Belastung das Einschreiten des Rats. Ende 158630) urgierten Hans Krauß, Melchior Morch und andre Viehhändler ihrerseits in der gleichen Sache; hatte ihnen doch im Oktober der Pfraumberger Zöllner geschrieben, er dürfe trotz beigebrachter Breslauer Zollquittungen keinen Ochsen mehr zollfrei passieren lassen, müsse sogar auf Nach Verzollung des seitherigen Durchtriebs bestehen und werde, angesichts des für das laufende Jahr bereits beendeten Viehtriebs, einstweilen Nürnberger Transitgut zwecks Zollsicherung mit Beschlag belegen. Der Rat entschloß sich zu gleichem Verhalten, wie er es zehn Jahre zuvor eingenommen hatte. Im Dezember 1586, im Februar und März 1587 ergingen denn auch drei Schreiben an Rudolf II., die jedoch sämtlich unbeantwortet blieben31). Im folgenden September wurden, obwohl die Nürnberger Viehhändler ständig dem böhmischen Kanzler im Ohr lagen, zu Pfraumberg 140 Ochsen, die für den Nürnberger Markt bestimmt waren, zurückgehalten 82). Der Rat schrieb zum viertenmal an den Kaiser33), erwähnte dabei die Verzögerung, die seine seitherigen Gesuche zu Prag wegen anderweitiger Beanspruchung des Kaisers erfahren hatten, betonte die Schädigung der Handelskreise durch den erfolgten Zugriff und bot in deren Namen Zahlung desjenigen Betrags an, um den der böhmische den schlesischen Ausfuhrzoll übersteige. Anfangs Oktober erfolgte der kaiserliche Bescheid hierauf: er lautete auf Freigabe der Herde unter der Voraussetzung, daß für die beiden letzten Jahre die Nachzahlung des Zollunterschieds von 8 Kreuzern und 1 Weißpfennig auf das Stück Vieh sofort sichergestellt werde und an Galli, „bey der negsten hauptraiß“,

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in bar erfolge. Den um Verhaltungsmaßregeln bittenden Händlern empfahl der Rat, mit dieser Entscheidung sich abzufinden, aber auf keinen Fall mehr als den Unterschied zu erlegen34). Sei es nun, daß eine entsprechende Anweisung an das Pfraumberger Zollamt überhaupt nicht erging oder daß ihrer ungeachtet nach wie vor der volle Zollbetrag abverlangt wurde: jedenfalls sah sich Nürnberg schon im Sommer des nächsten Jahrs35) zu aber­ maligen Vorstellungen in Prag und Pfraumberg veranlaßt, und noch im August 159036) erhoben die mit Polen in Verbindung stehenden Handelsleute Beschwerde beim Rat über das Pfraum­ berger Zollverfahren. Nach einem weitern Jahr37) verlangte endlich Rudolf II. Auskunft über den in den Jahren 1586—88 für polnisches Vieh zuviel gezahlten Zollbetrag, unter Vorlage von Abschriften aller empfangenen Zollquittungen. Das gesamte Material ging daraufhin, mit dem Nürnberger Gerichtssiegel ver­ sehen, an die Hotkammer nach Prag, — wo die Angelegenheit abermals begraben ward. Große Aufregung und stärkste Gegnerschaft riefen, nicht nur in Nürnberg, schließlich noch die in den Jahren 1601 bis 1607 neben den königlichen wieder zur Erhebung gelangenden landtäglichen Ausfuhrzölle auf alles Vieh hervor. Man bezeichnete Metzgern und Viehhändlern gegenüber zunächst die Sache als „alte lemung“ 38), da man glaubte, es handle sich wieder um die doppelte Verzollung des polnischen Viehs, beschloß, angesichts der beiden frühem dilatorischen Bescheide des Kaisers, bei der Bedeutung der Angelegenheit keine Kosten zu scheuen und einen Sollicitator zu ernennen, der bis zur endgültigen Entscheidung die Vertretung der Interessen des Handels und der Reichsstadt bei der Hofkammer übernehme. Als solcher wurde Ende März der ständige Agent des Rats zu Prag, Christoph Fugger, instruiert39). Die Klagen über die unerträgliche Belastung mehrten sich im Lauf des Jahrs; der Rat erwog Befassung des Kreistags mit der Sache40). Ende Oktober41) hielt sich der Pfraumberger Zöllner in Nürnberg auf, um Verhandlungen mit dem Metzger­ handwerk und den Viehhandelskreisen zu pflegen. Die Zollbelastung war in der Tat eine, außergewöhnlich hohe und sollte durch neue Bewilligung seitens des Landtags in den nächsten Jahren sogar noch gesteigert werden. Hatte der

i7i

-

königliche Zoll fast in der ganzenl zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts 10 Groschen (=r 23 V. Kreuzer) auf einen Ochsen betragen, so gestaltete sich nun die gesamte Zollbelastung folgendermaßen 42): 1 Ungar. Ochse Groschen

fl.

kr.

1 poln. Ochse Groschen fl.

kr.

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1599 IÖOO

IO

23i

IO

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1602 1603

1 mag. Schwein Groschen fl.

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1 Schaf Groschen fl. kr.

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Mitte März 1603 43) riefen die Nürnberger Viehhändler den Rat um Unterstützung an, da sie noch weitere Steigerung befürchteten; unterzeichnet war das Gesuch von Ambrosi Haiden, Hans Krauß, Ludwig Mayer, Stephan Schlauersbach und Hans Zeller. Bald darauf erfolgten zu Regensburg Besprechungen der Nürnberger Reichstagsgesandten Volkamer, Löffelholz und Dr. Cammermeister mit den Gesandten Ulms, die als völlig unorientiert sich erwiesen und deshalb um Abschrift der Eingabe des Viehhandels ersuchten, die ihnen bereitwillig zugestellt wurde. Der Grund für ihre auffallende Unkenntnis war, wie sie erklärten, darin zu suchen, daß ungarisches Vieh nicht mehr nach Ulm getrieben wurde44). Bamberg, mit dem zunächst wegen der Charwoche und der Osterfeiertage keine Besprechung möglich war, meinte schließlich, für diese Zollbeschwerde seien laut Reichstagsabschieds von 1576 die Kreisobersten zuständig45). Ob diese Instanz oder nicht doch unmittelbar der Kaiser an­ zugehen sei, mußte weitem Erwägungen Vorbehalten bleiben46). Über dieses Stadium kam die Angelegenheit jedoch nicht mehr hinaus. Weder in den Akten noch im Abschied des gleichzeitig zu Regensburg abgehaltenen Städtetags ist ein Niederschlag zu finden, und ebenso schweigsam verhielt sich der Reichstagsabschied vom 23. Juni 160347). Vielleicht war ein Ergebnis daran gescheitert, daß die zur Verhandlung stehenden Materien auf wirtschaftlichem Gebiet zu vielseitiger und schwieriger Natur waren: kamen doch neben dem böhmischen Grenzzoll der Zoll zu Deggendorf, Fragen des bayerischen Salzhandels sowie die

unvermindert dringlichen Probleme des Wollhandels zusamt der Tuchschau zur Debatte48). Da die Erhebung des ungeminderten Viehzolls an der böhmischen Grenze — als Stationen kamen vor allem noch Muttersdorf, Taus und Tein in Betracht — andauerte, auch bisher zollfreie Waren, wie Hopfen, Leder, Federn usw., als zollpflichtig angesprochen wurden 49), so setzte man die Angelegen­ heit auf die Tagesordnung des fränkischen Februarkreistags vom Jahr 1606. Am 31. Januar50) instruierte Dr. Held die Nürnberger Kreistagsabgeordneten Ernst Haller und Leonhard Grundherr in allerdings völlig pessimistischer Weise: ein Gesuch um Abstellung unter Anziehung der Privilegien, wie es schon erfolgt sei, falle nicht in den Rahmen der Kreistagszuständigkeit, wohl aber ein nur allgemein gehaltenes Immediatgesuch an den Kaiser als König von Böhmen, wobei gemeinsames Vorgehen der Nachbar­ kreise, wie seinerzeit im pfälzischen Zollstreit, sich empfehle; da jedoch dieses, trotz aller aufgewandten Mühen und Kosten, nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt habe, so sei vermutlich gegenüber Böhmen erst recht nichts zu erreichen. Fast in völlig gleichem Sinn urteilte wenige Tage darauf51) ein Gesamtgutachten aller Stadtjuristen, das vor allem von der Klage auf Grund der Privilegien abriet, da man das hiefür zuständige Forum nicht so leicht zu bestimmen vermöge und obendrein das gewaltige Odium eines Prozesses gegen das Reichs­ oberhaupt auf sich lade; Appellation an die Kurfürsten sei wegen der Kostspieligkeit gleichfalls von der Hand zu weisen. Der Kreistag52) beschloß denn auch ein Schreiben an den Kaiser, ohne sich jedoch mit den andern Kreisen ins Benehmen zu setzen, wohl weil einerseits die Zeit drängte und anderseits deren Interesse durch die Frage — man hatte dies ja bereits 1603 zu Regensburg am Beispiel Ulms erfahren — nicht so stark berührt wurde wie das des fränkischen Kreises, der haupt­ sächlich auf ungarisches Vieh angewiesen war. Die noch im gleichen Monat53) abgegangene Eingabe an den Kaiser hob vor allem den in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Zollerhöhung bemerkten beträchtlichen Rückgang des Handels mit Böhmen, hauptsächlich in Vieh, hervor

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und erwähnte sogar, zweifellos übertreibend, den dadurch herauf­ beschworenen Konkurs des größeren Teils der betreffenden Handelsleute. Auch dieser letzte Schritt zeitigte kein Ergebnis. Nachdem 1607 der böhmische Landtag abermals die Ausfuhr­ zölle bewilligt hatte, verzichteten Nürnberg und Franken auf weitere Bemühungen. Um so stärker muß dafür die Entspannung der Handelslage empfunden worden sein, als vom folgenden Jahr ab die Landtagszölle wieder verschwanden und nur mehr der alte königliche Ausfuhrzoll zur Erhebung kam. Ungarn, das im Lauf des 16. Jahrhunderts aus einem Durchfuhrland mehr und mehr zu einem Vieherzeugungsland geworden war, erhob seit langer Zeit eine Dreißigst-Abgabe von der Ausfuhr allen einheimischen Viehs; frühzeitig wurden auch, wohl zwecks Förderung der Aufzucht, Ausfuhrverbote erlassen, die jedoch, ihrer häufigen Erneuerung nach zu schließen, meist unbeachtet blieben54). Im Jahr 1546 55) wurde, um die Finanz­ last der Türkenkriege zu erleichtern, der bisherige Zoll um den außerordentlich hohen Satz von 4 ungarischen Gulden erhöht. Nürnberg setzte sich auf die Kunde hievon sofort mit Augsburg und Ulm ins Benehmen und versuchte im Verein mit beiden Städten eine Gegenaktion beim Reichstag einzuleiten, jedoch ohne Erfolg, da die Kriegsereignisse dort alles Interesse in Anspruch nahmen. Der Zoll auf Ochsen wurde zwar bald darauf etwas ermäßigt, dafür jedoch der Zoll auf Stiere, der bislang sehr niedrig war, dem auf Ochsen gleichgestellt, so daß, da im all­ gemeinen jährlich mehr Stiere als Ochsen nach Oberdeutschland ausgeführt wurden, die Gesamtbelastung der Nachfragegebiete sich im gleichen Rahmen hielt56). . I57°57) wurden die Viehzölle derartig erhöht, daß dadurch die Ausfuhr eine Zeitlang gänzlich unterbunden blieb. Auf Ein­ gabe des Handels erging ein von Dr. Gugel verfaßtes, auf die alten Privilegien der ungarischen Könige für Nürnberg gestütztes* Gesuch um Wiederaulhebung dei Zollerhöhung an den Kaiser, auf das hin der Handel in den bisherigen Bahnen sich wieder bewegen konnte58). Das sollte freilich nur wenige Jahre andauern. Bereits 1573 verfügte der Kaiser, daß nicht-österreichisch-ungarische Kaufleute bei hoher Strafe ungarisches Vieh nur mehr auf öster­ reichischen Märkten, vor allen auf dem Wiener Markt, sollten

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einkaufen dürfen. Diese Verfügung bedeutete einen schweren Schlag für den oberdeutschen und hauptsächlich für den Nürnberger Viehhandel, der damit von den Vorteilen des Einkaufs aus möglichst erster Hand ausgeschlossen werden sollte, ohne in dem geminderten Risiko verkürzter Einkaufsreisen einen Ausgleich finden zu können. Der Rat wandte sich sofort schriftlich an den Kaiser, erklärte vorsichtshalber, daß das Handelsverbot für Deutsche seiner Überzeugung nach sicherlich nicht ohne triftigen Grund erfolgt sei, weshalb er auch jeden Widerspruchs sich enthalten wolle, und verwies sodann auf die stets ordnungsmäßig seitens des Nürnberger Handels erfolgte Entrichtung aller Mauten, des • Dreißigsten und sonstiger Gebühren, um schließlich unter Be­ tonung der Handelsprivilegien die dringende Bitte um Widerruf der Verfügung zu erheben59). Auf erneute Schritte Nürnbergs hin, bei denen weder der Rat noch die Kaufmannschaft an Schmiergeldern gegenüber den Beamten der Kgl. Kammer zu Prag es fehlen ließen, erfolgten 157660) und 157761) endlich kaiserliche Resolutionen in der Angelegenheit, die offenbar Entgegenkommen enthielten. Wenigstens konnte Nürnberg, als Rudolf II. sieben Jahre später 62) dem Nürnberger Handel den Ausschluß aus Ungarn unter Androhung des Verlusts der Handelsgüter erneut in Erinnerung rufen ließ, jede Zuwiderhandlung gegen die beiden Erlasse in Abrede stellen, da die Nürnberger Händler kraft kaiserlichen Freibriefs in erlaubter Weise ihren Einkauf in Ungarn betrieben hätten. Das neuerliche Verbot Rudolfs kam dem Handel schon des­ wegen sehr ungelegen, weil bereits zahlreiches Vieh in Ungarn eingekauft war, welches von Woche zu Woche in Partien nach Nürnberg getrieben werden sollte, so daß nicht umsonst Sorge vor starken Verlusten herrschte. Der Kaiser wurde denn auch vor allen Dingen um ungehinderten Austrieb des schon gekauften Viehs für die Dauer der laufenden Viehtriebsmonate ersucht. Syndikus Joachim König, dem die tatkräftigste Betreibung des Anliegens zur Pflicht gemacht war, konnte schon nach drei Wochen aus Prag berichten, die Sache sei der Entscheidung des kaiserlichen Statthalters, Erzherzogs Ernst, zu Wien übertragen worden mit der Maßgabe, falls keine besondere Erinnerung bestehe, das gegen den Nürnberger und den übrigen deutschen Viehhandel gerichtete

Verbot bis zum Ende des laufenden Jahrs außer Kraft zu setzen. Der Rat unterrichtete davon sofort die Ochsenhändler und wies sie an, nunmehr bei der Wiener Hofkammer, vor allem bei deren Präsidenten Helfrich Gute, den Erlaß einer entsprechenden Ver­ fügung an die ungarischen Zollbehörden zu erwirken 68). Der Erfolg scheint nicht ausgeblieben zu sein. Auch in der Folgezeit ist von staatlichen Hemmungen im Handel mit Ungarn, soweit zu sehen, keine Rede mehr.

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Betr. Verfassernaraen, Archivalienbezeichnungen und sonstiger Abkürzungen vergl. die einschlägigen Verzeichnisse. Datenangaben ohne weitere Kennzeichnung beziehen sich auf die Ratsprotokolle (Ratsverlässe), Jahresangaben ohne Anführung des Jahrhunderts auf das 16. Jhdt. Die Schreibung der Quellenbelege vornehmlich im Anschluß an die Reichstagsakten, an die Bestimmungen der Sächs. Komm. f. Gesch., an Hampe und Stieve.

Anmerkungen zum 1. Kapitel. !) Berlepsch 2. Baader II 95 f. gibt, um die allmähliche gewerbliche Entwicklung aufzuweisen, ein Verzeichnis der Nbger Gewerbe, wie sie vom 13. bis zum 15. Jhdt. in Erscheinung treten. Fürs 13. Jhdt. führt er an: Tuchmacher, Wollenschläger, Mäntler oder Gewand­ schneider, Färber, Gürtler, Kürschner, Schwertfeger, Schmiede, Hammerschmiede, Beckenschmiede; fürs 14. Jhdt. nennt er ebenfalls eine sehr stattliche Anzahl, darunter auch Halbbeamte. Höchst sonder­ bar ist es, daß er das Metzgergewerbe erst dem 15. Jhdt. zuteilt! 2) Berlepsch 47. Auch in Nbg hatten sie anfänglich den Namen Tische (Baaderl 198; Januar 1449), wie solche für Augsburg, Frankfurt, München usw. im 13. Jhdt. von Berlepsch für Brot erwähnt werden. Anderswo findet sich die Bezeichnung Scharre oder Schrägen, besonders in Norddeutschland (vgl. z. B. Genzmer 193). — Ein­ richtung und Erhaltung der Bank, die durchs Los zugeteilt war, oblag in Nbg dem betr. Meister. Eine Bank, die der Inhaber nicht selbst „pauen“ wollte, wurde weiter gegen Zins verliehen: 13. März 29; B 15^ 6. Oft kam es vor, daß die Auslage (die „lider“) zum Nachteil der Banknachbarn zu umfangreich gestaltet wurde. Daher wurde bei der Verlosung des Jahrs 46 angeordnet, alle Meister sollten eine nach alter Sitte durch eingeschlagene Nägel markierte Linie mit der Schnur festlegen und darnach „alle ire penk eben und gleich pauen, damit die genge in ziemlicher weiten pleiben, also das keine für die andern mit dem lid geen 12

i78

soll.“ Acht Jahre später kam es in der gleichen Frage zu einem Kompromiß der Metzger selbst, dessen Einzelheiten z. T. jedoch nicht mehr verständlich sind: MO IV; WB I 371 f. 3) Reicke 602. 4) Das Fragment des Zweitältesten ZB von 1414 führt 48 Bänke auf. Das erste vollständige ZB von 1468 bringt bereits die Scheidung in alte (73) und neue (19) Bänke, daneben noch 32 für die „Gäste“. — Hegel (Chron. 1, 507 f.; Adler I 46, Anm.) führt im Handwerkerverzeichnis von 1363 nach 81 Schustern, 76 Schnei­ dern, 75 Bäckern auch 71 Fleischer auf. Den Unterschied in der Zahl der Bänke (1414: 48) und der Meister (1363: 71) möchte man sich zunächst erklären durch die Annahme, das Fragment des ZB enthalte nicht die Gesamtzahl der an die Stadt zinsenden Bänke; das ist aber nicht der Fall. - Sollten ferner einige Bänke nicht verlost worden sein, so war deren Zahl doch zu gering, um den Unterschied zu erklären. Es kann sich also wohl nur darum handeln, daß 1414 noch nicht alle Bänke im Eigentum der Stadt standen. Dazu würde stimmen, daß 1468 die Zahl der alten Plätze beträchtliche Uebereinstimmung zeigt mit der Zahl der Meister von 1363. Dann hätte nach 1363 überhaupt keine Erweiterung der alten Bänke stattgefunden, sondern die Stadt wäre gleichzeitig mit oder bald nach deren völligem Erwerb zur Errichtung der neuen geschritten, eine An­ nahme, welche die größte Wahrscheinlichkeit in sich birgt. — Scheidung in alte und neue Bänke gab es auch in Breslau späte­ stens seit 1389: EulenburgI 264. Betr. Köln vgl. Schmidt, J. 24 f. Das von Hegel benützte Verzeichnis befindet sich in Rep. 52b Nr. 302. Es enthält in der ursprünglichen Nieder­ schrift 78 Namen für cärnifices; davon sind 2 ausgestrichen, 15 mit + und 5 mit O versehen. H. hat offenbar die 2 aus­ gestrichenen und die 5 mit O bezeichneten Namen in Abzug gebracht; jedenfalls aber ist als ursprüngliche Zahl des Eintrags 78 und nicht 71 festzuhalten. Das Ms ist, abgesehen von seinem statistischen Charakter, mit die älteste erhaltene Niederschrift von allgemeinen Handwerks­ vorschriften : Meisterwürde unterlag der Zustimmung des Rats; festgesetzte Anzahl der Knechte durfte nicht überschritten werden; geschworene Meister waren bei Erfüllung ihrer eidlich über­ nommenen Verpflichtungen mit Schmähungen zu verschonen; Ab­ dingen von Hilfskräften beiderlei Geschlechts „vor dem zill“ hatte z.u unterbleiben. Einheitliche Strafe für alle diese Verfehlungen war ewige Stadtverweisung. Freigegeben war die Zahl der Gehilfen nur bei sartores, calciatores, pistoresf, cärnifices, Goldschmieden, Malern und Glasern (Chron. 1, 510). Im übrigen war die Zahl, wie folgt, festgesetzt:

179 Handwerk

5) 6) 7) 8) 9) i°) u) 12) 13) u)

15)

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19)

20) 21)

22) 23) 24)

Lohnknechte

Lehtrknechte

Büttner, Gürtler, Messingschmiede, Spengler, Zinn­ gießer usw. ............................. i i Blechhandschuher, Nadler, Plattner, Sarwürker, Schreiner, Wagner usw.............................................. 2 i Hufschmiede, Sattler.......................................................... 3 1 Loder.................................. 2 2 Färber.......................................................................................4 1(?) Glaser ante portam, Hafner, Spiegler.............................. 1 Belege vor allem bei Adler II 220 ff. Vgl. Anm. 4. Mindestens bis zum nächsten Bankziehen: 8. Juni 1449. B 25, 101. B 25. 17. u. 23. April, 26. Sept. 50. Baaderl 200. 224. Rep. 52b Nr. 258, 10. Baader a. a. O.; 224 Abs. 3 fehlt in MO II. Baader a. a. O; 224 Abs. 4 (zit. bei Adler I 85, Anm. 1) fehlt in MO IV. MO I. O des Bankziehens v. 9. März 19: B 11, 199 u. MO I. B 62, 112 : 27. Juni 1603; MOV. Weitervermietung einer Bank war noch im 15. Jhdt. mit Rücksicht auf Betriebsgleichheit verboten: Baader a. a. O. 224. 1516 wurde sie ausdrücklich gestattet: B 11, 16: 20. Juni. Berlepsch 54. B 2, 274: 1479. 8. März 37; B 18, 134. Verkauf jedoch nur gestattet „mit Öffnung des kleinen thürleins bis auf 4 stund auf den tag“ bei Strafe von 4 Pfd. n. Berlepsch 53; Rietschel I 139. — In Freiburg i. B. gehörten die Bänke für Brot und Fleisch, sowie die Kramlauben ursprünglich der Kaufmannsgilde der 24, doch nicht über das Stadtrecht von 1275 hinaus. In Konstanz hatten noch 1427 die Metzger ein ausschließlic h vom bischöflichen abgeleitetes Eigentumsrecht an ihren Verkaufstätten, obwohl damals die Reichsfreiheit der Stadt längst anerkannt war: Gothein 195, 199, 327, 331. Annahme ursprüng­ lich eigener Privatbänke lehnt Gothein 497 wohl mit Recht ab. Gothein 313 (1260); ebenda 497 Beispiel von vollem Eigentum eines Mainzer Bäckers an seiner Bank schon am Ende des 12. Jhdts. Reicke 602 gibt unzutreffend erste Erwähnung einer Urkunde von 1298 an. RAM D.-O.-Komm. Nbg f. 2. Dez. StA Rep. der Abgaben an RAM: 20. Juni; Reicke 602; Hist. Nor. dipl. 248; Chron. 1, 292. Reicke 602. 12*

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ZBr. RB. B 16, 126: 10. März 34 u. B 17, 204: 20. März 36. ZB 1468. ZB 1469. Als „ledig“ wurden bezeichnet zwar ,verloste, aber nicht besetzte Bänke. Nach der Tradition sollten unter den alten Bänken nicht mehr als 7 ledig bleiben; daher wurden bis­ weilen mehrere ältere Meister von den neuen herüber in die alten Bänke versetzt: B n, 208: 8. April 19. Leerstehenlassen einer Bank erfolgte meist wegen Vieheinkaufs auf dem Land. Später ließen die Metzger auch häufig aus Trotz gegen Rats­ befehle (Fleischtaxen!) ihre Bänke leer stehen, woraufhin ihnen mit Verbot des Handwerks gedroht wurde: Bedenken der Fleisch­ deputierten v. 28. Jan. 1606 in B 65, 51 ff. 28. Febr. 54: „weil ir mann also im land umbziehe und derselben auch nit fehig sein könn“ ; daher mußte sie selbst „ daran steen “ und durfte sie nicht weiter vermieten. Vgl. Anm. 13. Meister und Meisterswitwen werden darin, als selbstverständlich, nicht aufgeführt. In der O. des Bankziehens findet sich darüber zwar nichts, doch dürfte die Annahme nicht fehlgreifen; anders 31. Aug. 1490: es ist erteilt, des Meussels tochter, die sich ytzo zu einem fleischhacker verheirat hat, die ledige pank unter den alten fleischpenken umb zins zu verlassen, nachdem sie die pank, so sie vor gehabt, die­ weil sie ledig gewest ist, irem bruder vergeben hat. — Vgl. hiezu auch Schmidt, J, 36. MO I; B 11, 76: 21. März 17: letztmaliger Beschluß, die Bänke zweier Meister, die wegen Schulden mit Weib und Kind sich ent­ fernt hatten, bis auf weiteres deren „Freundschaft“ zuzuteilen, um sie für die Flüchtigen zu reservieren. Doch auch jetzt er­ folgte Ausschluß von der Ziehung nur bei leichtsinnigem und be­ trügerischem Bankrott, nicht jedoch, wenn der flüchtige Schuldner für Teilnahme an der Verlosung vorher beim Rat Erlaubnis sich erwirkt hatte „durch anzaigung seins redlichen Verderbens und abkumens“. B 22, 96: 19. März. 7. März 53. 7. März 71. 2. Sept. 59. Reicke 602 f; Chron. 4, 179. Reicke 611. 2i.Nov. 70; 29. Jan., 5. März, 10. Mai 71; 17., 19., 20. Jan., 6. März 73; 4. Juni 1600. Reicke a. a. O. u. 1029; Schäfer 71, der Fleischbank und Schlachthaus fälschlich gleichstellt. Das Jahr 1551, das Nopitsch als Baujahr des erhaltenen Fleischhauses angibt, ist, wie schon Reicke richtig vermutet, falsch.

41) Ueber mittelalterliche Schlachthäuser vgl. besonders Berlepsch 41 ff.; Haas 30, 107 (Fleischhallen betr.). Nach Hüllmann 1, 306 kommen in Paris Schlachthäuser schon Mitte des 12. Jhdts. vor. Haas gibt für Köln 1360 an, Lindlar 39 allg. Ende des 14. Jhdts. Ueber das Ulmer Schlachthaus gibt Nübling keine Daten, ebenso­ wenig Stetten und Chron. Augsb. solche über das Augsburger. 42) Baaderl 199; Reicke 602. 43) TB 199 f. Chron. u. Reicke a. a. O. 44) 18. Febr. i486; 13. März 1490; 9. Mai 81. 45) 27. Sept. 46) 30. Nov. 1498; 5. u. 18. März 1499; B 8, 9: 15. Mai 04. Vorschriften über Benützung des alten Schlachthauses an Feiertagen wurden am 6. Sept. 16 erlassen: B 11, 30. 47) 11., 14., 18. Sept. 55. 48) Ueber Freibank vgl. Berlepsch 51, 54; Barlage 77; Herzog 68; Mayer 125 f.; Mechler 83 f.; Nübling 10, 14; Siebert 71. Die Freibänke standen sicher nicht nur, wie Berlepsch meint, in der Regel, sondern stets im Eigentum der Stadt, da sie nicht vor Beginn der Neuzeit aufkamen und die Metzgerzünfte selbst gewiß nicht als Eigentümer zu interessieren waren. Wenn Herzog für Straßburg die Freibank schon i. J. 1200 konstatieren will, so gelingt ihm dies nur durch verfehlte Gleichstellung von Finn- und Freibank. 49) Adler I 58. 50) 4. Febr.: Der Pfänder bringt die beiden Marktmeister zur Anzeige wegen ihres Unfleißes besonders unter „den neuen penken beim Hiserlein.“ Der Rat bestimmt, daß hinfür alles Vieh, „so man beim Hiserlein fail haben will“, nur nach Beschau geschlachtet und verkauft werden dürfe. Zehn Jahre zuvor erwähnt noch ein Rats verlaß vom 7. Juni, daß „kein füglicher platz zum failhaben geringen flaischs “ vorhanden sei. Darnach wäre die Errichtung der Freibänke in die Zeit zwischen 1562 und 1572 zu setzen. 51) 8. Dez. 78; 19. Mai 80. 52) 20. u. 2 1. Okt. 78. 53) 18. Okt. 94; 29. Aug. 95. 54) Bewilligung wird in den Protokollen stets verzeichnet unter Angabe von Namen und Herkunft des Ansuchenden, sowie von Anzahl und Art des zur Schlachtung auf der Freibank bestimmten Viehs. 55) 1632 bat das Handwerk um Genehmigung des Kuhschlachtens auch unter den „ rechten Bänken “; der Rat lehnte zwar aus grundsätzlichen Erwägungen ab, schritt aber dann doch angesichts des Mangels an Ochsen gegen die Mißachtung seines Bescheids nicht weiter ein: 16. Juni u. 14. Juli. 56) Z. B. 7. Juni 1600: ein Metzger darf 2 Kühe wegen ihrer besonderen Qualität unter den „gemeinen Fleischbänken“ aus­ hauen. — Schon vor Bestehen der Freibank war übrigens der

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Regel nach Kuh- und Ochsenfleisch getrennt zu verkaufen: Baader 226 Abs. 1 (vom 22. März 1458 nach Rep. 52 b Nr. 230). 24. Juli 85. Bisher war solches, wie überhaupt krankes Vieh von den Ochsenhändlern vielfach heimlich in ihren Häusern geschlachtet worden. AB II 497 ff.: Pflicht der Viehbereiter unter der Freibank v. 1. Dez. 80; WBI 374h: „Ordnung, wie es mit dem außschlachten und außhauen deß flaischs unter der freypank beim Hiserle soll gehalten werden “ v. 18. April 81. Belege finden sich in den Protokollen und Ratsbüchern in den meisten Jahren. Veranlassung war meist Unverkäuflichkeit auf dem Markt, in erster Linie wegen Halsstarrigkeit der Metzger; Schau und Taxabschlag Voraussetzung. Mäßige Bankgebühr wurde erhoben, z. B. von je 4 Hammeln 1 Pfg. (27. Nov. 43). Pfundweiser Verkauf — bei völligem Ausschluß der Metzger als Käufer — war ausdrücklich vorgeschrieben (1. Dez. 43). .Also deutlich die Grundzüge der nachherigen Freibankpolitik! 29. Sept. 85. Die Viehhändler gingen sogar so weit, auf diese Weise erstandenes Vieh wieder nach auswärts zu verkaufen. Der Rat stellte dieses Vorgehen in einem Spezialartikel unter das Fürkaufsverbot und setzte Strafe nach Anzahl der in Betracht kommenden Viehstücke fest (je Ochse 2 fl.) von jedem andern Stück Vieh 2 Pfd. n.): 13. Febr. 82; WB I 365. 29./30. Dez. 98. Natürlich sah der Rat darauf, keinen Schaden zu erleiden. Der Ochsenschreiber hatte das Geld zu vereinnahmen. Ebenso z. B. in Leipzig: Adler I 66. Auf Kommissionsbeschluß hin wurde am 26. Juni 1600 u. a. bestimmt, daß 2 geschworene Metzger und 2 Marktmeister in der Schau unter der Freibank abwechseln sollten, sodaß mindestens 2 (1 Metzger und 1 Marktmeister) täglich sich damit befaßten. Bei zweifelhaften oder bedenklichen Fällen sollten alle 4 zu­ sammen die Entscheidung treffen. 18. Aug. 99. Damals wurde beschlossen, bei der Freibank die hiesigen Metzger und Schauer abzuschaffen und andre, unparteiische Leute aufzustellen. Daß es beim Beschluß blieb, zeigt die vorige Anmerkung. Z. B. 1. Sept. 80. 27. Okt. 85. Die Geschworenen empfangen daraufhin ernstlichen Verweis wegen ihres „wankelmütigen und widerwertigen fürgebens“, da der Rat ihre Absicht, „den frembden das ausschlachten auf der freipenk abzutreiben und der bürgerschaft denselben vortail im fleisch zu entziehen“, durchschaut. 22. Juli 80. 30- Okt. 79. Im Anschluß daran erhielt der Pfänderschreiber die Anweisung, die monatliche Gesamtschlachtung fremden Viehs auf



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der Freibank aus den Ratsmanualen zusammenzustellen, um die Verrechnung der Gefälle durch den Pfänder kontrollieren zu können. 25- Juni 99. 6. April 81. 12. Sept. 83: 40 Pfg. von jedem geschlachteten Stier. 16. Aug. 1600; B 60, 46: 15. Mai 1601; 499: 22. Febr. 1602. 17. Juni 1603. WB I 374 f. Vgl.Anm. 58. AB II 497 ff.: Pflicht der Viehbereiter usw. (1580); 26. Juni iboo Gutachten der Verordneten betr. Freibank, Schau und Aufhauen des fremden Viehs. AB II 409 ff: Pflicht und Ordnung der Schweinbrüher .unter den Freibänken vom 29. Dez. 1604. Viehanzeiger war der Metzger Wolf Hübner. Die Verzeichnisse reichen von einer Ratswahl bis zur andern, während die Angaben in den UR für das Rechnungsjahr vom 1. Jan. bis 31. Dez. gelten. Mit dieser Einschränkung sind die Zahlen der Tab. I, S. 12 vergleichbar. Für 1610 entstammt die Gesamtzahl dem Freibank­ register, die beiden Zahlen für Rinder und Schafe den UR, woraus die mangelnde Uebereinstimmung sich erklärt; für dieses Jahr sind im Freibankregister keine Einzelzahlen vorhanden.

Anmerkungen zum 2. Kapitel. 4) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) u) 12) 13) 14) 15) 16) 17) 18) 19)

HWBStIV 334 ff Art. Fleischbeschau. Baaderl 198. Ebda 200 f., 228. MO I (24. März); desgl. MO IV. Baader a. a. O. 200. MOV (5. Febr.). Baader 229. 10. April 98. Z. B. 4. Aug. 1459; 5- Nov. *474; 15* Nov. 24i 24. Okt. 25; 6. Dez. 27 usw. 26. Okt. 25. MO IV (28. Juni 16; 19; 19. Nov. 20); WB I 359 s. d. Ebda; B 17, 107: 16. Okt. Einträchtiges Schaf hieß „Zaupel“. Z. B. 29. Sept. 53; 12. Okt. 60. 1. Okt. 47 ; 11. Okt. 57. 21. Nov. 60. Baader 229; MO IV. Ebda 230; MO IV. Adler I 24. Baader 232.

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20) 7. X. 77. 21) 22) 23) 24) 25) 26) 27) 28) 29) 80) 31)

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MO I (1520). Ebda: 2. Juni 26. MO IV; WB I 363 f. AB I 357 ff. 27. Sept. Fleischschau - O. v. 12. Oktober 40. Vgl. Beil. I. 22. Dez.; MO V. ABI 671 ff: Eid und Ordnung der Schweinschauer und Viehunterkäufel. Ebda: 25. Febr. 31. 14. Mai 35. Vgl. Anm. 28: 12. Dez. 44; bestätigt 19. März 55; AB II 414 fr. Ein Gesuch der Schweinschauer „umb lüftung, das sie auch selbs Schwein stechen möchten“, wurde abgewiesen: 30. Dez. 44. 5. Dez. 72; AB II 414 ff. Ebda: 9. Nov. 83; desgl. cod. 139, 190 f. 7. u. 15. Okt. 58. 4. Okt. 54.

Anmerkungen zum 3. Kapitel. L)

Eine nur einigermaßen umfassende Darstellung der Nbger Handwerksverhältnisse ist noch nicht vorhanden. Auch ur­ kundliches Material über das Handwerk ist im Gegensatz zu vielen andern Städten — vgl. neuerdings besonders die Ver­ öffentlichung der Frankfurter Amts- und “Zunfturkunden durch Bücher und Schmidt — nur wenig gedruckt. Grundlegend ist und bleibt die sorgfältige Edition der ältesten PolizeiOrdnungen durch Baader i. J. 1861. Von geringem Wert ist der Versuch einer ältesten Nbger Handwerksgeschichte bei Murr 5, desgl. der Abdruck einiger Handwerks- und Polizeigesetze des 14. Jhdts. bei Siebenkees 4, 679 ff; 728 ff ; brauchbarer schon dessen „kleiner Beytrag zur Nürnbergischen Handlungs- und Hand­ werksgeschichte“ (2, 402 ff), während die Ms „Von Ursprung usw. aller Handwerke in der Stadt Nürnberg“ im StA und GNM nur mit größter Vorsicht zu verwerten sind. — Von den neueren Darstellungen sind die wertvollsten: Hegel in Chron. 2, 513 ff; Mummenhoff in v. Schuh, Die Stadt Nbg im Jubiläumsjahr 1906, 224 ff Ferner von Bedeutung: Beckh; Mummenhoff I, sowie ders. über Nbger Drechslerhandwerk im „Fränk. Kurier“ 1921; Reicke (Register s. v. Handwerk und Handwerker, 1049); Sachs I u. II;

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Sander 218; Schönlank, der 147 auch kurzen Literaturüberblick bietet; Voit 8 ff. Dagegen ist Stockbauers Schrift ein unglückliches Mittel­ ding zwischen Edition und Darstellung, mit Willkür in der Auswahl, unkritisch und fehlerhaft, zwar nicht gerade (wie Schönlank 147 sagt) unbrauchbar (denn seine Zitate aus cod. 1535 bieten trotz aller Modernisierung im Ausdruck immerhin Quellenauszüge), jedoch wissenschaftlich entschieden wertlos. Vgl. auch die Besprechungen Stiedas in JNÖSt 34, 133 und Pöhlmanns in MNbg 2, 213. Was P. dort sagt, trifft leider auch heute und voraussichtlich noch für lange Zeit zu: „Es läßt sich die beschämende Tatsache nicht in Abrede stellen, daß für die Stätte der glänzendsten Entfaltung deutschen Gewerbfleißes nichts geleistet worden ist, was sich auch nur entfernt mit den Darstellungen messen könnte, die das gewerbliche Leben anderer deutscher Städte, wie z. B. Straßburgs, Bremens, Lübecks, Danzigs, ja kleiner Orte, wie z. B. Iglaus..in Mähren, gefunden hat.“ — Archivalisches Material noch gedruckt vor allem bei Gatterer, Hampe, Sachs II, wo im Anhang die O. der Bauhandwerker v. 1502 sich findet. In der Streitfrage über das Vorhandensein von Zünften im mittelalterlichen Nürnberg hatSchönl. 5 sich dem Standpunkt Baaders, Lochners, Stahls und Mummenhoffs angeschlossen und erklärt, mit einer einzigen Ausnahme, im Zeitabschnitt 1348/49, habe es in Nbg niemals Zünfte gegeben. Eulenburg (in seinem ausführlichen Referat über Schönl. ZSozWG 4, 136 ff.) sieht darin eine Quelle zu argen Mißverständnissen, da alles darauf ankomme, was man unter „Zünften“ verstehen wolle; daß der Rat in Nbg sich des öftern gegen „zünftlerisch wesen“ wende, betreffe doch nur die äußere Form, während das materielle Gewerberecht durchaus den zünftlerischen Charakter trage. Also: zwar keine politischen Zünfte, wohl aber eine durchaus zünftlerische Gewerbeverfassung. Auf das generelle Verbot der „ainung“ (Baader 153) ohne Rats­ konsens wendet E. seine früher schon für Wien /'ebda 1. 264 ff , bes. 284) und Breslau (ebda 2, 270) aufgestellte Analogie von Kartell und Einung an; schon 1892 hatte er die Nbger Gewerbe­ verhältnisse mit denen Breslaus verglichen (diss. Berl. 8, 10). E’s. Stellungnahme ist ein Kompromiß, das nicht zu be­ friedigen vermag. Die Scheidung von materiellem Gewerberecht und formellem ist weder an sich besonders glücklich — wo ist die Grenze?—-noch beweiskräftig. Wenn in Breslau nach 1420 die selbständige Gewerbegesetzgebung authörte und allein, wie in Nbg, vom Rat abhängig wurde, so erscheint es belanglos, wenn der „materielle Inhalt des Gewerberechts genau derselbe blieb wie zuvor“ (diss. 10). Dessen umstürzende Aenderung verbot sich ja schon durch die notwendige Kontinuität des technisch­ wirtschaftlichen Betriebs und durch die Sorge vor der Konkurrenz.

i86 Was in Wegfall kam, die von E. so genannte formale Seite, war in Wirklichkeit der Kardinalpunkt des Zunftwesens, die Selbst­ verwaltung des Handwerks. Daß dies aus politischen Motiven erfolgte, berechtigt keineswegs zu der Auffassung, der neue Zustand sei nun eben eine Zunft im wirtschaftlichen Sinn ge­ wesen. Selbst wenn man nicht mit Schmoller I 8 ff. als Wurzel des Zunftwesens in erster Linie den Gerichtszwang ansieht, so ist doch jedenfalls Autonomie als wesentlicher Bestandteil der Zunftverfassung festzuhalten. Blieb schon das materielle Gewerbe­ recht unverändert („zünftlerisch“), weshalb dann überhaupt die Aktionen gegen die Zünfte ? Sie beweisen doch gerade, daß man in ihm den Zunftgedanken eben gar nicht bekämpfen konnte. Vgl. hiezu Stieda 11 f. — Sicher umfaßt ferner das Verbot der Einung kartellartige Abreden, aber es geht, wenigstens sei das für Nbg behauptet, darüber hinaus So gehörte zum Eid der geschworenen Meister der Metzger (Baader 224) u. a.: „das sie nit daran noch mit und bey sein wollen, das auf irem handwerk einich straffe, puß, verpietung oder zusamenpieten beschehe oder fürgenomen werde umb eynicherley Sachen willen, one erlaubnus ‘ eines rats.“ Dieser Passus ist nicht mehr und nicht weniger als eine Umschreibung, eine authentische Interpretation des Einungs­ verbots. Neben Versammlungsrecht und Verrufserklärung wird an erster Stelle ' die Strafgewalt als Ausfluß selbständiger Gerichts­ barkeit unterbunden. Dazu kommt vor allem noch das Verbot selbständiger Korrespondenz. Das Verbot der Einung umschließt also den gesamten Komplex der Selbstverwaltungsbefugnisse. Ausnahmen, z. B. Ordnungsstrafen während der Zeche, außer­ ordentliche Zusammenkünfte u. dgl., bedurften der Genehmigung des Rats, die ein für allemal oder nur speziell erteilt wurde. Daß in Nbg in allen offiziellen Dokumenten die Bezeichnung „Handwerk“ im korporativen Sinn und nicht „Zunft“ sich findet, ist also durchaus keine „Titel“frage, wie E. meint. Und wenn von einigen Handwerken, z. B. den Beutlern, Nestlern, Handschuh­ machern usw., bestimmt wird, sie sollten „hinfüro ein hantwerk sein“, so ist dies keineswegs sinnlos, sondern bezeichnet den festen Gegensatz zur sog. „freien Kunst“, d. h. dem unreglementierten Zustand eines Gewerbezweigs. Die „freie Kunst“ war die — allerdings wenig umfangreiche — Domäne absoluter Ge­ werbefreiheit im mittelalterlichen Nbg, die immer mehr, und zwar meist auf Betreiben des fraglichen Gewerbezweigs selbst, dem der Rat nicht stets sofort nachgab, zugunsten der Reglementierung, des „Handwerks“charakters, abbröckelte. Es bleibt also das Forschungsergebnis von Mummenhoff und Schönlank gegenüber Eulenburg bestehen: Im mittelalterlichen Nbg gab es keine Zünfte. Damit ist die Existenz gewerblicher Ver-

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bände durchaus nicht in Abrede gestellt, sondern nur deren Form negativ bestimmt. Die positive Formulierung des Ver­ hältnisses ist übrigens — und das beweist von neuem, daß E. auf den Kern der Sache, die Autonomie, seiner Kartelltheorie zuliebe nicht einging — treffend am Ende des Referats gegeben: „Wir sehen, daß abweichend von den bisherigen Vorstellungen über das frühere Gewerbewesen in der größten deutschen Gewerbe­ stadt früherer Zeit das Handwerk ganz und gar nicht autonom gewesen ist, sondern zentralistisch vom Rat geleitet wurde. Wirt erkennen so von neuem, daß die formelle Verfassung für die Blüte eines Wirtschaftszweiges weit weniger zu bedeuten hat, als die primären Faktoren der wirtschaftlichen Lage, der Absatz­ bedingungen und der Betriebsweise.“ Berlepsch 103 sucht daraus den Schluß zu ziehen, daß die Metzger jener Zeit sehr reich waren und darum (!) zu den Konservativen gehörten. Ueber den Nbger Aufruhr vgl. Chron. 3, Beil. III, 317 ff.; Lochner 8 ff; Schönlank 5 ff; Reicke 206 ff. Es wurde von nun an aus acht Handwerken, darunter auch den Metzgern, je ein Vertreter in den kleinen Rat gewählt. Docl\ hatte diese Vertretung so gut wie gar nichts zu bedeuten: Chron. 1, Einl. 26; 3,327. Das „goldene Ehrenbuch“ nennt Heinrich Fütterer als den ersten Metzgermeister, der zu Rat ging. Zur Regelung des Bäckergewerbes gab es schon im 13. Jhdt. „meister über das brot“, die vom Rat zur Hälfte aus seiner Mitte bestellt wurden und später auch als „Beckenherren“ erscheinen. Ebensoviele wurden aus der Zahl der Bäcker gewählt, und zwar für die beiden Stadtteile: Baader 194; Hofmann 19 f. Die letzteren waren die später sogenannten geschworenen Meister. RAO. Sander 1, 218 f. Die Ordnungen blieben in der Kanzlei bezw. im Rugsamt auf­ bewahrt : RAO. MO III; B 16, 178: 8. Sept. 34. Vgl. Anm. 8. Desgl. Ueber das Fünfergericht vgl. Baader 44; Chron. 5, 796 (17* Kap. aus Scheurls Epistel an Staupitz 1516); Reicke 638; Sander 205; Silberschmidt 47. Ueber das Rugsamt vgl. RAO (diese Denkschrift ist, wenn nichts andres angegeben, die Hauptquelle der folgenden Darstellung); Häslein; Siebenkees 2, 421 ff.; Roth 4, 172 ff; Chron. 5, 799 (Scheurl 21. Kap.); Reicke 236; Voit 10. procedunt summarie, Chron. a. a. O. B 20, 112: 21. Febr. 40; 28. Febr. 94; RAO; Stockbauer 2.

i88 16) Kl. Chron. 18; Roth a. a. O. 17) So Reicke a. a. O. und ähnlich, aber etwas unbestimmter, Roth a. a. O. Vergl. Anm. 25. 18) RAO spricht fälschlich vom Fehlen aller Aemterbücher von 1463 — 1489. 19) Z. B. 15. Jan. 1482. 20) Früher hieß er Pfänderschreiber. 21) 12. April 32 wurde beschlossen, „ das den beden pfentem nun fürohin an allen rügsgefellen auch ain zimlicher taile soll volgen, .wie man das beratschlagen und ertailen würdet“. Kam der Beschluß überhaupt zur Ausführung, so blieb er doch nicht ständig in Kraft. Die Abrechnung des Pfänders Wolf Topler v. J. 94 in RB teilt die Handwerksstrafen ganz dem Rat zu. 22) Ebda. 23) „in summa, was andern orten die zunftmaister, das sein pei uns die fünf rugsherrn “ : Scheurls Ep. a. a. O. Diesen Satz zitiert zwar Eulenburg in seiner Besprechung Schönlanks, ohne jedoch die einzig richtige Folgerung aus ihm zu ziehen. Vergl. Anm. 1. 24) 16. Okt. 1475; 15-Jan. 1482. 25) Die betr. Ratsverlässe lauten: 1471. 12. Jan.: Geuder und Volckmar des gesetz halben des flaysch höher gebens ein verzaychnüs und peserung zu machen ... und herwiderpringen; 3. Mai: das gesecze der fleischacker zu bessern herr Rupprecht Haller; 1474. 30. März: zu der fleyschhacker Ordnung geben . . . Volkamer; 18. April: item von des fleisch wegen in acht haben. Gabriel Nüczel, Steflan Coler; 30. April: item die Ordnung mit dem fleisch, nochdem der Gümler fleischacker von des ganzen hantwerks wegen die angeben hat, in acht zu haben. Gottlieb Volkmar, Gabriel Nüczel; 1475. 16. Okt.: von einem gesetz zu ratslagen vihs halben, das die fleischhacker auß diser stat lebendig wider verkaufen, die herren bey dem pfenter; 1482. 15. Jan.: dez fürkaufs der ochsen und anders vihes zway gesetz in der stat buch zu ratslagen und wegen, ob die ze dulden, abzethun oder ze ändern sein. Die herren bei dem pfenter. Es hatten also zunächst das Referat in Fragen des Metzger­ gewerbes und der Fleischversorgung ein bis zwei Ratsherren inne, von April 1474 an scheinen ständig zwei damit betraut gewesen zu sein; im nächsten Jahr erfolgt keine namentliche Anführung mehr, dafür treten jetzt die „Herren beim Pfänder“ auf. Hält man dazu, daß diese im ersten Aemterbüchlein 1463 noch nicht, wohl dagegen im zweiten von 1481 genannt werden, wobei der eine von ihnen der schon 1474 begegnende Steflan Coler ist: so wird man nicht fehlgehen, wenn man das Institut der Pfänder­ herren, d. h. den Keim des Rugsamts, von der Mitte der 70 er Jahre des 15. Jhdts. an datiert. Reicke gibt als frühestes Jahr 1490 an.

189 26) Reicke 602. — Z. B. 2. Juni 62: auf der verordenten herm verlesens bedenken auf die jüngst eingefallene mengl und beschwerungen aufm metzkerhandwerk .... 27) Reicke a. a. O. 28) Daneben hatten sie gleichwohl noch ab und zu Teil am Ver­ ordnungsreferat, z. B. 19. Juni 50: die durch die verordenten rügsherrn bedacht und verlesen pesserung zu der schweynschauerordnung und -pflicht pringen und inen sollichs ansagen lassen. 29) 16. Aug. 39) 21. Febr. u. 13. Sept. 76; 3. Jan. 94; 13. Mai 96 usw. 31) Z. B. Wien 1350, nach Berlepsch 30. 32) 2. März 98: Auf Bedenken der Rugsherren wird einer Metzgerin (die Tochter oder Witwe eines Fischers war) befohlen, „das sie und ir mann aintweder bey dem vischerhandel allein oder aber beym metzkerhandwerk allein bleiben und sich nicht zweyerley gewerbs nebeneinander gebrauchen sollen“. 33) cod. 1535, 8; cod. 1629, 8; Stockbauer 40. 34) Betr. Pfänder vgl. Sander 1, 216 ff.; Reicke, Register s. v. Pf.; Baader 7, 10, 11; Scheurls Ep. 35) Baader a. a. O. Auch bei Sitzungsversäumnis von Ratspersonen hatte im 13. u. 14. Jhdt. der Pfänder Pfändung vorzunehmen. Außerdem hatte er Streitigkeiten zwischen Dienstboten und Herr­ schaft zu entscheiden (Scheurl). 36) Sander 218. 37j Reicke 607. 38) Ebda 638; 13. Mai 27. 39) 17. Juli 35. Die Zuständigkeitsteilung erfolgte zu dem aus­ gesprochenen Zweck, „damit solchen metzgerrügen desto baß mög obgelegen werden“: B 17, 70; auch wurde jedem Pfänder ständig ein Stadtknecht zur Vornahme der Rügen zugeordnet. 40; Besonders 49 (22. Jan.) beklagten sich die Metzger über den Pfänder „so hoch, als ob er mehr dan nie kein pfenter auf inen lege“. Der Rat seinerseits wies die Klage als unbegründet ab und erklärte ihnen, „sie wißten sich zu erinnern, als man sie hievor im 35 ten jar auf ir flehlich bit des aids erlassen und sie selbs begert, mit statlichen rügen gegen den verprechem zu handlen, het man damals, als 2 pfenter geweßt, dem einen bevolhen, allein mit den metzgerrügen umbzugeen, wie dan gschehen, und wer derselben zeit vil härter dan jetz angehalten, aber di überdrettungen damals nit so gemein geweßt, sondern wern die Ordnungen bäser gehalten und gelebt worden“. Ihre jetzige Eingabe sei derartig, „das meine herren gute ursach hetten, mit ernstlicher straf gegen inen und sonderlich den redlifürern einsehen ze thun, wolten aber ir jugent ansehen und solche straf jetz mit offner hand anstellen, und wiewol nit one, das meine

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49) 50) st)

herren müßten metzger haben, so wolten sie aber solche metzger haben, die inen gehorsam und nit so widerspenstig und unruig weren, wie sie sich jetz erzeigt hetten, und sich also zu inen versehen, sie wirden sich füran anders und päser halten, auch den pfenter nit Ursachen, sie also zu rügen, wölchs sie durch haltung der Ordnung nur wol thun könten, und wer meinen herren dasselb lieber dan ir gelt; dan sie hetten zu bedenken, das meine herren ir gemein müßten ansehen und derselben zu gutem handlen; darumb sie den pfenter unpillich anzögen, dweil er nichs anders handlet, dan was sein ampt und ime bevolhen wereu. Die bald darauf folgenden Beschränkungen in den Metzgerrügen, die dem Pfänder auferlegt wurden, lassen jedoch erkennen, daß diesmal die Beschwerde der Metzger nicht so unberechtigt war. J3- Juni 49; 3. Nov. 51. 2. Juni 62. 19. April 54. 21. Juni 96. Z. B. 19. April 54 (bis Pfingsten). 13. Sept. 85. 6. Juni 94. 4. Mai 57: Die Metzger hatten die Genehmigung, bis Pfingsten gutes Ochsenfleisch um 8 Pfg. zu verkaufen, mißbraucht, indem sie „ alles ander flaisch one underschid auch umb 8 pfennig geben und also die leut überreden, das es inen gleicherweise zugelassen“. Ueber Beteiligung und Bestrafung des Pfänders sagt der Verlaß: „dieweil dem pfender und seinem Schreiber nit gebürt, bey ob­ gehörter Vergleichung zu sein und solchs meinen herrn zu ver­ schweigen, so sollen sie bede biß sambstags zu mittags uf ein thurn verschafft . . . werden.“ 6. Aug. 51; 2. Juli 77; 10. Juni u. 22. Juli 81 usw. 26. Aug. 91; 3. Jan. 97. 30. Aug. 91.

52) 3- Jan. 97.

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7. März 84. 6. Aug. 51. 16. März 30; 6. Juni 61. 9. Aug. 42; 26. Jan. 43; B 21, 151 v. gl. Dat. 29. Mai u. 1. Juni 66. 15. Nov. 42. 18. Okt. 54.

60) Vgl. Anm. 57.

61) 23. u. 24. Jan. 59. 62) 2. Okt. 65: wann ein kuntschafter das flaisch oder wein selbs zalt und ein rüg darauf stellen wolt, derseib kuntschafter würd zur beweisung nit gnug sein.



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63) Schon lang, seit dem 15. Jhdt., bestand allgemein ein Verbot gegen das frevelhafte Schwören: Baader 114. 64) 2. Nov. 58. 65) 13. u. 28. April 35; 22. Jan. 49. Vgl. Anm. 40. 66) 2. Jan. 49. 87) Ebda. 68) 17. Jan. u. 10. April 59. 69) 14. März 87. — Die .durch den Pfänderknecht zugestellten Rüg­ zettel wurden einmal sogar von etlichen Metzgern zurückgewiesen mit der Begründung, „sie wissen wol, das meiner herrn gemuet und mainung sey, das man irer dieser zeit verschonen soll“; sie wurden mit Haft bestraft: 6. August 58. 70) 27. Okt. 68. 71) 19. Jan. 71. 72) 15. Juli 49. 73) 10. Febr. u. 16. Okt. 68; 9. Nov. 59. 74) Die Vorstadt Wöhrd durfte eigenen Marktmeister anstellen; Nbg stellte zu diesem Zweck seine neue Marktmeister-O. zur Verfügung: 11. Febr. 1479. 75) 8. Okt. 1489. 70) 28. Sept. Am 12. Okt. wird verfügt, die z^ei neuen Marktmeister sollen „bei dem pfenter an der fleischhacker rüg und bei irem mal sein“, der alte Marktmeister und der Löwe dagegen nicht. 77) 17. Juni 1494. 78) MOI; 20. u. 23. Nov. 26. 79) 11. Juni 1498. 80) Baader 223, 225. 81) Daß Schlachten usw. den Marktmeistern ursprünglich freistand, dürfte aus Baader 225 hervorgehen, wonach ein Metzger sein Fleisch nur dann auf seiner Bank auslegen durfte, wenn es zuvor „ in bey wesen des pfenters oder eines markmeisters unter den fleischpenken uf desselben markmeisters bank beschauet und rechtvertig erkannt . . . worden.“ Freilich kann diese Bank auch nur Zwecken der Beschau gedient haben. Das Verbot ergibt sich aus Ratsverlaß v. 6. u. 8. Nov. 25. 82) 27. April 58. 83) Baader a. a. O.; desgl. MO IV. 84) 6. Febr. 43. 85) 10. Jan. 1600; MOI (1514). 86) Baader 223; MO IV; ABI; WB I 342; 2. Mai 42. 87) Z. B. 29. Jan. 38; 17. April 42; 21. April 73. 88) 3. Mai 49. 89) Ebda u. 12. April 37; 10. ff. Mai 4.1 usw. 90) 19. Sept. 30; B 18, 150: 12. April 37. 91) 15. Mai 42.

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92)

B 61, 313: 31. August 1602. 93) Ebda 86: 2 u Mai. 9^) 16. Juni 96. 95) Stahl 354 ff., bes. 357. St. beruft sich dabei auf Gatterer 235 ff, der freilich von einer spätem Zeit ausgeht. Stockbauer 18: Auf den gesperrten Handwerken mußte der Lehijunge binnen 6 Wochen beim Pfänder eingeschrieben werden, der ihn ver­ pflichtete, sein Handwerk nach der Lehrzeit nirgends anderswo als in Nürnberg auszuüben. Daher mußte er im letzten Jahr seiner Lehrzeit das Bürgerrecht erwerben. Später mußte der Lehrjunge bereits innerhalb der ersten 4—8 Wochen seiner Lehr­ zeit zum Bürger gemacht werden, z. B. bei den Brillenmachern; bei den Compaßmachern mußte der Lehrling bereits das Bürgerrecht erworben haben, wenn er in die Lehre trat. — Rep. 52b Nr. 229, 56 heißt es ganz allgemein, es solle kein Meister „auch dheinen lerknecht haben, er sey dann eins bürgers sun.“ Desgl. Nr. 303. 96) Ebda Nr. 303 (13. Okt. 1402): die übrigen ließ man „absterben“, ohne neue für sie zuzulassen. 97) Ebda Nr. 304 (3. Aug. 1402): jeder sollte jährlich nicht mehr als 26 „plechvaß“ arbeiten; starb einer, so mußte („wem denn die bürger das werk fürbas leihen“) der neu Zugelassene 20 Gulden geben. Chron. 2, Beil. IV, 510. 98) Ebda Nr. 304 (4. April 1420): jeder sollte über „der pürger geld“ 200 Gulden haben. Nr. 303, 18; Chron. a. a. O. ") MGO a 6. 10°) Abdruck bei Schönlank 188 ff. und zwar: RPO 1530 a 39; RPO 1548 a 37; RA 1551 §§ 83, 84; RA 1559 §§ 75 bis 80; RA 1566 § 177. 10 L) Ebda 88 ff. 102) HV. 103) 27. Mai 86. i°4) MGO a 9. i°5) Ebda an. 106) a 12. 107) a 13. Von den geschworenen Meistern waren 2 Rinder- und der dritte Schweinemetzger. Die 4 Altknechte schieden sich in 2 Meistersöhne und 2 einfache Knechte; sie mußten bei „offner Ladeu sitzen. 108) a 14. Der Passus lautet: „zu verschonung der obrigkeit.a Vgl. allg. GO 1573 (18. Dez.) a 15 in cod. 1535, 36 ff, abgedruckt bei Stockbauer 25 ff. und Schönlank 194 ff. u. 110; Reicke 244 (nach Stockb.). 109) a 10. 110) a 15. U1) a 16.

*93 112) a 17. 113) B 8: 18. Juni. Mummenhoff I 26. U4) 20. Jan.; AB II 213 ff. Kontrolle und Anzeige war Recht jeden Metzgers. U5) Vgl. bes. cod. 1535, 8 ff.; cod. 1629, 8 ff: Verbot des Doppelhand­ werks; Meisterwürde nur mit Ratserlaubnis; Anzeige unerlaubter Entfernung eines Meisters; keine Widersetzlichkeit gegen Vornahme der Schau; Materialkauf nur in den Grenzen der Verarbeitungs­ möglichkeit. 21 bezw. 11 f.: die lerknecht betr. 21 bezw. 12 : die ursach, der ein meister entgelten soll. 22 bezw. 12: ursach, der ein junger entgelten soll. 22 bezw. 13: die handwerksgesellen betr. 22 bezw. 12: Verbot der Lehrlingsannahme für Witwen. 23 bezw. 8: die meisterstück ledig zu machen. 36 ff: GO v. 18. Dez. 73, vgl. Anm. 108; 38: Lehrlings-0 v. 22. April 1606. Stockb. passim, bes. 22; Reicke 241 ff. 110) HV. — Dieses alphabetische Verzeichnis führt 103 Handwerke auf und ist sehr beachtenswert und übersichtlich. Bei den meisten Handwerken findet sich keine Angabe über Lehrgeld, bei einigen ein solches von 6, 12, 20—24, sogar 60 Gulden (Barbiere, Aetzund Flachmaler). Je nachdem kürzere oder längere Lehrzeit ver­ einbart, ergibt sich in einzelnen Fällen Erhöhung, Minderung oder Wegfall des Lehrgelds, z. B. bei den Kürschnern 20 Gulden und 3 Lehrjahre, oder über 20 „2 » » 5 » ff Durchschnittliche Lehrzeit 3—4 Jahre, bei Barettmachern 6, bei Steinschneidern 6—7 Jahre. Dazuvielfach noch Mindestalter von 14—18 Jahren Vorschrift. Gesellenzeit 2 bis 15 Jahre; letzteres bei Compaßmachern und Kammachern, 12 Jahre bei Gold­ schmieden, 10 Jahre bei Ahleschmieden, leonischen Drahtziehern, Steinmetzen und Zimmerleuten. — Vgl auch cod. 1629, 20 ff.: „auf welchen handwerken und wie viel auf jehdem man hinfüro lehrgeld geben soll.“ Anlaß zu der Bestimmung bot zu große Lehrgeldsteigerung; aufgeführt werden 32 Handwerke, auf 52 andern ward seit alters kein Lehrgeld gegeben, wobei der Rat es bewenden ließ. ll7) RAO u. cod. 1535, 21; 1629, 11. Diese Vorschrift wurde 1563 und 1606 erneuert. ns) Ebda; MGO a 3. 119) Stockb. 22. Vgl. Anm. 115. 12°) Die Frage des Lehrbriefs kam 1570 zur Erörterung. Ein Metzger­ lehrling hatte sich wegen einer mit mehreren Metzgerknechten bei Nbg begangenen Vergewaltigung auf seine Jugend, sowie auf Lehrbrief und Kundschaft des Handwerks berufen. Dieser Lehr­ brief war ohne Genehmigung des Rats von etlichen Meistern dem 13

194

128) 129)

Vater des Lehrlings auf sein Ansuchen hin „ zu eren “ ausgestellt worden. Daraufhin verfügte der Rat, „in solcher gestalt hinfüro die wenigste urkund mitzuteiln, sondern dergleichen Sachen für uns als die oberkeit zu weisen.“ BB 182, 237: 3. April. Die geschwornen Metzger hatten berichtet, „das es vor alter uf disem handwerg preuchlich gewest, dergleichen urkunden zu geben“: Ratsverlaß v. 1. April. Vgl. Anm. 115. HV u. Anm. 4 zu Kap. 1. 1. April. 27. Mai 86. Vgl. auch HV. MGO a 5. Ebda a 2. a 2, 7, 8. Bei schlechtem Betragen auf den Märkten war sogar Leibesstrafe angedroht. a 3. Vgl. Anm. 124.

130)

a 1.

121) 122) 123) 124) 125) 126) 127)

131) .HV. — Vgl. z. B. auch Schmidt, J. 18 f. !32) cod. 1629, 19: 22. April 1628. !33) HV. Schon gleich nach dem Aufstand 1348 wurde u. a. bestimmt (Rep. 52b Nr. 258, 10): man sol auch in fünf iaren keinen lerknecht auf dem hantwerch mehr leren. 134) Z. B. 22. Mai 91 : 170 statt 200 Gulden. 135) Baader 26; Chron. 1, 280; Rep. 52b Nr. 305: Ausgenommen, von der Vorschrift waren die Handwerker, ,.die gelt umb ir meisterrecht geben und den sunder zole geltz, die sie haben . sullen, bestympt ist, oder daz einer so reich oder stathaft, daz kuntbar und wissentlich wer; dieselben bedürfen nit sweren“. Dieser Zusatz galt 1461—66. 136) ß 10, 62: 4. März; MO I. 137) Vgl. Anm. 134; der Verlaß zeigt nur die Geltung des Satzes von 200 Gulden; wann dieser eingeführt wurde, läßt sich nicht belegen. Ein Gutachten der Deputierten zum Metzgerhandwerk von 1624 (16. April, B 77, 26 ff.) schlug als Voraussetzung des Meister­ rechts vor: bei Bürgerssöhnen 400, bei Fremden 500 Gulden. •i88) 9. Oktober. 139) 27. Mai. Vgl. Anm. 124. uo) B 78, 24: 7. September: Der Rat zieht in Erwägung, ob nicht die 300 Gulden, die jeder Metzger zwecks Erlangung des Bürger­ rechts haben muß, auf 5—600 Gulden erhöht werden sollten; aus dem Verlaß geht zugleich hervor, daß vor Verleihung des Bürgerrechts an einen Petenten der Rat die geschwornen und ältesten Metzgermeister fragen läßt, „ob sie ihn leiden mögen“. iii) RAO macht darüber folgende Angaben : Bürgerrecht ist allgemeine



142) 143) 144) 145) 146)

147) 148) 149) 15°)

*95



Voraussetzung des Meisterrechts, es muß der Regel nach schon vor Beginn des Meisterstücks erworben sein. Wird Bürgerrecht „uf die maysterstueck zugesagt“, so ist, wer mit dem Meisterstück bestanden, zugleich Bürger; jeder Meister muß überdies ver­ ehelicht sein. Rep. 52b Nr. 304. Ebda Nr. 305. Ebda Nr. 307. Ebda Nr. 309. Rep. 52b Nr. 297—300, 306, 308, 3x0. Es mögen aus diesen Bürgerbüchern und-Verzeichnissen (1314—1630) einige Angaben hier folgen: 297 : nota, quod Walpurgi [1314] fuit constitutio edita, quod quilibet de novo in concivatum susceptus tenebitur ad tres annos habere in civitate residenciam et infra scripti astricti sunt habere residenciam tribus annis. Ausdrücklich erwähnt werden nur zwei Fleischer, ein Josephe carnifex und hernach [1325]: Huda carnifex probavit, quod plus quam 14 annis hic fuisse residens. Sonst meist keine Angabe von Beruf, wohl aber vom Ort der Herkunft. 298: 1348: Hans carnifex de Tau. Ab 1365 heißt die. Formel: et juravit, quod hic deberet sedere ad quinque annos.299: Jahr:

Gesamtaufnahmc:

1545 1546 1547 1548 1549 1550 1551 1552 1553 15 77

*7

I

8



25 22

2

20



15

17

darunter Metzger:

1

---

.

i (Viehtreiber)

9



11



1578

38 3i

1579

24

1580

12

1581

24

1

(Viehhändler Schurger)





1 1 (Ochsenhändler Morch)

In den Jahren 1545 — 53 sind nur die gegen Gebühr (10 fl) 1577—81 auch die gebührenfrei Aufgenommenen verzeichnet. B 21, 10: 8. Mai 42; 12. Mai 53 usw. 4. April 1476; 25. April 59. 24. April 68. Beschluß auf Grund von Anzeige des Rugschreibers, wwas Unordnung bei den handwergen mit dargebung, wer zu geschwornen fürzuschlagen.“ Späterhin gab es auch Freibankgeschworne. 13*

196

151) 8. Nov. 1491. 152) 15S) 154) 155) 156) 157) 156) 159) 160) 161)

162) 163)

164) 165) 166) i07)

Baader 223; MO IV; ABI 461 ff. Z. B. 16. Nov. 1480; 13. Jan. 1487 usw. B 9, 11 : 9. Juni 08. 5. Juni 70. 8. Mai 48. 25. u. 26. April 53. 9. Okt. 1492. 21. Aug. 95. 26. Juli 72. Vgl. z. ß. Herzog 69 betr. Straßburger Fleischschaukommission der sog. Fünf. 23. Nov. 1480; 31. Mai 1488. Vgl. zu dem Folgenden: 18. Febr. 68: belangend, das sie, die metzger, neben dem pfender einander auch ruegen muegen, sol man der verordenten bedenken nach die vier wöchentlichen rügen der geschwornen meister der metzger, so bei dem pfender gehalten werden, hinfüro ghar abschaffen . . und hergegen durchaus zu­ lassen, das nicht allein die geschwornen, sondern auch alle und ein yeder maister, inmassen bei den fischern gepreuchlich, einander ^ruegen; dem ganzen handwerg auch bei iren pflichten einbinden . die verprecher zu ruegen und keins zu verschonen und die rügen yedesmals bei dem pfender anzusagen und es mit solchen rügen allermassen halten, wie sonsten mit zuschickung der metzger rüg­ zettel gepreuchlich; die strafen auch gegen den vjerprechern , fürzunemen, wie der ratschlag lengers inhalts vermag. 28. Febr. 68: auf der verordenten herrn verlesens bedenken von wegen der metzger rügen sol man jüngsten verlaß berürter rügen halben •cassirn und aus den darin angezeigten Ursachen und motiven die rügen beim pfender und den fünfen pleiben lassen, wie hivor gescheen. Toplers Rechnung 1594 in RB. 4. Aug. 1489. Bader 201 (14. Jhdt.). 12. Jan. 1471: Die zetel der flayschacker vom pfenter in rat geben; dieselben dorinnen vermelt sol man verschicken für die fünf und dem gesetz gen in nachgeen. Bic, 1. 1461: Wird ein Metzger gerügt und die Fünfer bedäucht, „das er nit recht dargelegt het“, so sollen die Pfänder gehört werden. „Gefähr­ lichkeit“ soll dann vor den Rat gebracht werden „und den umb ein stroff zu fragen u. Damals zog also der Rat gewisse Fünfer­ fälle noch an sich. Rechtskräftig und inappelabel ward das Fünferurteil durch Urk. K. Friedr. III 1470; Reicke 638. Vgl. hiezu noch die knappen Verlässe, nach denen es sogar den Anschein hat, als ob bereits zu Anfang des 15. Jhdts. der Pfänder

197

168)

169) 17°) 171) 172) 173) 174)

175)

176) 177) 178)

179) 18°) 181)

seine Strafgewalt an die Fünfer habe abtreten müssen: B iÄ, 52. 1408: item die rüge vom pfenter außrichten; B ib, 14. 1441: der fleischacker rüg nachzugeen, als daz buch außweißt und die zu besenden. B 11, 16: 20. Juni 16: es ist in aim gesammeten rat ertailt, das man hinfüro die straff und rügen umb der metzger verprechen laut ains erbaren rats gesetzen mit der pen des gelts und feyr pleiben lassen und dieselben nicht mer vor dem pfender, wie bißher geschehen, sonder vor den fünf herrn fürnemen und rechtvertigen [soll]. Trotzdem soll der Pfänder vom Bußgeld seinen Teil wie bisher erhalten. Desgl. MOI; MO IV [1518]: die markmaistere sollen hinfüro ainiche rüg vor dem pfender nicht mer fürpringen, sondern dieselben vor den fünf herrn anpringen, damit die straff und feyer nach inhalt der gesetz gehandelt werde. Vgl. Anm. 163. 13. Dez. 68. Baader 224; B 10, 216: 1515; RAO. Ueber Einzelheiten vgl. Adler I 85 f.; Berlepsch 45; Herzog 57 f.; Lindlar 40; v. Loesch 2, 135: Mechler 80; Nübling 1; Tucker­ mann 115. 14. Juni 29. 22. Nov. 96 : Auf Gutachten der Kommission für die Mängel im Metzgergewerbe wird u. a. beschlossen: Zwecks Verhütung des Betrugs beim Wurstmachen (Untermischung von jungem Fleisch, Kalb-etc.-Fleisch, Gekröse, Geblüte und anderem „Geschmeiß“) soll es bei Trennung von Schweine- und Rindermetzgern bleiben. Jeder soll „ seiner arbeit, darzu er sich jedes jar erclern und bekennen wird, allain ab warten u. Strafe 10 Gulden nebst Turmund Feierstrafe. Doch kann jeder beim Bänkeziehen in der Fastenzeit seinen Uebergang erklären. Desgl. MO V. 3. Juni. Ferner 16./17. Sept. 30; 12. Aug. 31. Natürlich gab es schon bisher Metzger, die ausschließlich oder vorwiegend Schweine­ fleisch verarbeiteten bezw. feilboten, ohne daß sie zu einem besondern Handwerk zusammengefaßt waren; vgl. z. B. 25. Nov. 1491: die Metzger, „die sweynein fleisch arbeiten“. 26. Febr. 32 spricht bereits von den „metzkern mii dem schweinenflaischu. Vgl. auch BB 103, 141: 12. Aug. 31. An Ulm. 20. Sept. u. 13. Okt. 6. Febr., 14. März u. 8. Sept. Zugleich tadelt der Rat die Schweine­ metzger, ^das sie den speck und Schweinenflaisch allein einsalzen und gemeiner bürgerschaft ir notturft darvon nit zusteen lassen wollen“. 8. u. 10. Sept. 3. Aug. 9. u. 11. Sept.

198

182) 9. Nov. 183) 7* Jan. 184) Vgl. Anm. 174.

Anmerkungen zum 4. Kapitel.

xy Inama 3, 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) n) 12) 13) u) 15) 16) 17) 18) 19)

20) 21) 22) 23) 24)

1, 360; Berlepsch 70; Adler I 56; Gothein 506; Jäger 622; Schmoller II 298; Nübling 9 ff.; Reicke 559. Nübling 10; den Ulmer Kundenmüllern wurde daher schon 1388 die Haltung von mehr als 3 Schweinen verboten. Adler I 58; Herzog 62. Adler I 68. Baader 201 f., Adler a. a. O. 70. Schmoller a. a. O. Berlepsch a. a. O. Nübling a. a. O. Baader 281 ff. Vgl. auch Sugenheim 3, 609. 10. Okt. 1478. 5. März 1493. 27. Nov. 53; 22. Aug. u. 3. Dez. 54; 6. Febr. 56; 18. Nov., 10., 15. u. 20. Dez. 57 ; 14. Okt. 58 ; 20. Okt. u. 9. Nov. 59 ; 20. Dez. 76. Baader 283; 7. März 1485. Baader a. a. O. (1485); Adler I 6; Martin 320. Rep. 52b Nr. 230; WB II; cod. 1535, 436. Desgl. 1. Okt. 71. B 22, 263 f.: 29. Sept. 44. Bei den Bäckern bleibt die bisherige Anzahl; nur wird ihnen empfohlen, sie rascher zu mästen und dann wieder andere einzustellen. 15. März 67; am 31. Okt. 66 wurde verfügt, man möge Erkun­ digung einziehen, „ob nit contrabanda under inen gepraucht und einer dem andern seinen stall und anzahl schwein zu halten verlasse “. 19. Juli 72. Inzwischen war die Zahl der Schweine für die Pfragner auf 10 erhöht worden, so daß alle drei Gewerbe sich gleichstanden. Die Brauer, die sonst auch oft Schweine nebenher mästeten (Inama a. a. O.), treten in dieser Weise in Nbg nicht hervor. Sie durften nicht mehr Schweine mästen als die übrigen Bürger, einschl. der Metzger, nämlich 3 (vgl. Baader 236). B 21/117: 8. Dez. 42. Nübling 10. 4. Febr. 28; 9. Juni 29: dhweil es mit alter nit herkommen und ganz ungeschickt, auch zu vil unlusts beder handwerk fürderlich sey. 30. Okt. 31. 23. Nov. 31; 9. März, 14. Mai u. 4. Juli ff. 32. Die Konzession erteilte der jüngere Bürgermeister: 8. Febr. 38. Ueberschreiten der Taxe wurde mit 38 Pfund geahndet: 8. Aug. 44.

199

2ß) 26) 27) 28) 29) 30) 31) 32)

83) 34) 35) 3tr) 37)

38) 39) 40) 41) 42)

MO IV; WB I, 363 f. 5. Okt. 32. 12. Sept. 76. 17. April 32; 14. Juli 35. 10. April 45 ; B 23, 2. 17. April 46. Wie den Metzgern, so blieb übrigens auch den Bäckern der Vor­ wurf nicht erspart, daß sie den Wirten das beste, den armen Bürgern aber das schlechteste Fleisch gaben: 28. Mai 97. Den Garköchen war Abstechen und Bereiten eigner Schweine nur mit Zuhilfenahme der Schweinestecher gestattet. ABI 357 ff.: Eid der Köche. Die Vorschrift ist vom 25. Febr. 31. Nach MStA vom 15. Juli 1648 durften auf Beschwerde des Metzger­ handwerks hin nur mehr die 18 im Aemterbuch d. J. 1648 verzeichneten Garköche sowie- die 4 „ Kücheleinswirte “ in den sog. „Herrnküchen“ bei St. Sebald und Lorenz, am Weißen und Läufer Turm in der Woche je 1 — 2 „leichte“ Schweine schlachten lassen, den übrigen Garköchen und Zapfen wirten, auch in den zwei Vor­ städten, wurde Kauf und Schlachtenlassen von Schweinen bei Strafe von 10 Gulden verboten. Motiv war, „damit aller Betrug . . . bey so vieln, in allen Winkeln eingeschleichten Garköchen, Bierund Zapfenwirten an verbottener, heiifilicher Abschlachtung und Verhausierung deß Fleisches, so nicht ordentlich geschauet wird, desto besser verhüttet und der Fleischkauf nicht ganz und gar auß den Fleischbänken gezogen werden möchte“. Desgl. schon 17. Febr. 1644 und erneut 17. April 1656. Rep. 52b Nr. 230. Vgl. Anm. 37. 13. April 1482. Z. B. 10. März 86. 13. Mai 1482. 1431 kamen Klagen wegen zu hoher Lohnforderung. Der Rat setzte daraufhin den Lohn für jedes Tier („mit sein selbs Würsten zu stechen und zu beraiten“) fest bei einem Preis oder Wert von 5—11 Pfund auf 10 Pfg. 2i—3i Gulden „ 14 „ 4—5 „ 21 „ Rep. 52b Nr. 230. AB I 679 ff.: Eid und Ordnung der geschwornen und andren gemeinen Schweinstecher. Ebda 15. Nov. 44. Ebda 25. Febr. 31. Vgl. Anm. 39. Ebda. Vor 1512. Schweinestechen durch Nichtbürger war mit 20 Gulden Strafe belegt. 12. März 86 wurde diese Strafe auf jede Art des Viehstechens und Schlachtens ausgedehnt. WB I

200

378. Dies erfolgte auf Eingabe der Schweinestecher und ein­ geforderten Bericht der Metzgergeschworenen hin: 10. März 86.

43j B 22, 293: 12. Nov. 44; auch durfte kein Schweinschauer mehr einen Knecht zum Stechen halten. 44) . AB I 686 ff.: Pflicht der geschwornen Meister, so über die andern Schweinstecher verordnet sind. 1544 u. 1547.

45) 46) 47) 48) 49) 50)

51) 52) 53) 54)

55) 56) 57) 58)

P9) 60)

Vgl. Anm. 43; Rep. 52 b a. a. O.; HV. Rep. 52 b a. a. O. 1544. Die Blechschmiede z. B. mußten 20 Gulden zahlen: ebda. Z. B. 7 Bewerber: 9. Mai 95. 2. März 88; 12. Sept. u. 15. Okt 93; 13. Juni 94. 12. Sept. 93; 13. Juni 94. Auch kleine Metzger suchten sich bessere Existenz zu schaffen durch Bewerbung um eine SchweinestecherstelJe, vgl. Gesuch eines Gostenhofer Metzgers, das jedoch abgelehnt wurde, da die Zahl der Berechtigten voll war: 24. Nov. 78. AB II, 416 ff: Eid und Ordnung der Schweinestecher. Nov. 8. Dez. 59; HV. 16. Dez. 80; 1. Febr. 81; HV. 31. Jan.: Supplikation des Hans Seuschab, der 10 Jahre auf dem Schweinemetzgerhandwerk gedient hatte. Desgl. WBI 378 u. ABU, 10. u. 13. Nov. u. 27. Dez. 78. Am 15. Nov. 44 (AB I 679 ff.) wurde bestimmt, daß Metzger Bürgern Schweine abstechen durften, sofern sie Knechte hatten; doch war Haltung von besondern Knechten zum Zweck des Stechens verboten. Ratio dieser Vor­ schrift war wohl einerseits Schutz der Stecher vor Konkurrenz der Metzger, andrerseits doch auch die Absicht, Schweinemetzger­ gesellen im Hinblick auf die Erschwerung ihrer Selbständigkeit vom Erwerb durch Lohnschlächterei nicht auszuschließen. Natür­ lich griff das wieder in die Interessen der eigentlichen Stecher­ gesellen ein; wie das Stecherhandwerk reagierte, zeigt Anm. 53. Adler I 29. Dies war im Gegensatz zu Deutschland nicht der Fall# in den Städten Großpolens, wo die obrigkeitliche Aufsicht nachlässiger war: Adler II 236. — Betr. Wurstherstellung vgl. bes. Rothe 14 f. Baader 235 f. Diese Bestimmungen wurden im Lauf des 16. Jhdts. öfters wiederholt. Z. B. 9. Sept. 73; 26. Aug. 91. 3 Schweinemetzger haben bei verschiedenen Ochsenmetzgern Schaf- und Ochsenblut aufgefangen und unter die Würste getan. MO V setzte Strafe von 5 Gulden auf Verkauf von Rinderteilen an die Schweinemetzger. 23. Sept. 73 : den schweinemetzgern auflegen, den rindernmetzgern den contract mit den gederm zu halten und inen bei straf 10 f. verpieten, kein fremd gedirm hereinzuführn. 16. Okt. 99. Die in kleinen Fässern eingeführten Därme waren natürlich meist schlechtes Material,

201

61) 62) 63) 64) 65) 66)

67) (;8) 69) 70) 71) 72) 73) 74) 75) 76) 77) 78) 79) 80)

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83) 84)

85)

Baader a. a. 0.; MO IV; MO V. Herzog 66. MO IV. Baader a. a. O. Vgl. Tab. S 49. Wurde Pfeffer und andres Gewürz vom Besteller geliefert, so galt der Normalpreis: MO V. Die Aenderung der Taxe von 1553 (vgl. Tab. a. a. O.) erfolgte auf Eingabe der Schweinemetzger (8. u. 28. April). Bei der ersten Taxe war 2 Pfg.-Preis je Stück bei Abgabe in gekochtem oder gebratenem Zustand seitens eines Wirts oder Garkochs Vor­ behalten worden. Bessere und größere Würste nur auf Bestellung. Baader a. a. O. Heuschmid 54 f. Z. B. 5 statt 4 Bratwürste zum Pfundpreis von 4 Pfg. (Baader a. a. O.) oder acht Pfennigbratwürste aufs Pfund statt 5 Dreiheller­ würste, mithin Pfund 8 statt 74/2 Pfg. MO II. B 1 c, 23: 20. Mai 1462. Baader a. a. O. 20. Juni 1475. MO I. MO II. 8. u. 28. April. 9. Sept. 22. Dez.; MOV. Schon 2. Aug. 92 hatte der Rat erwogen, ob eine gute Bratwurst nicht auf 3 Pfg., mit dem Gewicht von 4/4 statt !/3 Pfund gesetzt werden solle. MStA 31. Okt. Ebda 19. Sept. Ebda 15. Dez. ABI 357 ff.; AB II 213 ff. (20. Jan. 74). Die Strafe hiefür wie für Verkauf von Speck und rohem Fleisch betrug 16 Pfund a., wovon die Hälfte den Metzgern zustand, die alle zu Kontrolle und Anzeige angehalten wurden. MStA 17. Febr. 1644; 15. Juli 1648 und 17. April 1656. Das Gutachten der Kommission für die Mängel im Metzger­ gewerbe, das im Dezember 1596 zur Aenderung der MO führte, erwähnt im 11. Punkt auch die Verwendung von „ kröß, geblüte, auch anderen geschmeißt. 13. Sept. 85. Adler I 70 ff.; Berlepsch 48 ff.; Rothe 22 f. Den meisten dort angeführten Beispielen gegenüber ist die weitgehende Begünstigung der Fleischeinfuhr seitens des Nbger Rats festzustellen. Nur Viehschlachten durch Auswärtige war bis ins 16. Jhdt. hinein ver­ boten; aber Vorschriften hinsichtlich der Mindestverkaufsmenge, der Verkaufsstunden usw. gab es niemals. B 11, 205: 2. April 19.

202

86) 87) 88) 89) 90)

Adler I 71. Dieses wesentliche Moment hat Adler übersehen. 26. Jan. 1482; 25. Okt. 1477; 3-Jan. 1478. B lc, 1: 1461; 20. Juli 1499. 3. März und 31. Mai 1449; 21. März 98: Auf Klage der Nbger Metzger werden die von Gostenhof, Wöhrd, Lauf, Heroldsberg u. a. gefragt, wer ihnen erlaubt habe, allerlei Fleisch zusammen feil­ zuhaben und Blut und Kuhfleisch zu den Würsten zu nehmen. 91) Baader 226; MO IV; Rep. 52b Nr. 230. 92) 18. März 1488. 93) Vgl. Anm. 90 (1598); 13. Mai 29. 94) 31. Mai 31; 18. März 32; 7. Mär3 53. Ueber die Einäscherung Wöhrds: Mummenhoff II 15. 95) B Ic, 151 : 1468; 23. Juni 1495; 24. Juni u. 24. Juli 1499 usw. 96) B 11, 205: 2. April; 219: il.Juni; 224: 7. Juli. — Desgl. Köln: Schmidt, J. 89. 97) 21. Mai, 20. und 25. Aug., 29. und 30. Sept. und 28. Dez. 29; 2. Aug. 30; 31. Mai 31. 98) 15. Sept. 36; 2. Aug. 50. ") 14. März 77. Vgl. S. 141. 10°) 13. Aug. 30: Dem Pfänder soll angesagt werden, „bey dem handwerk für sich selbs laut werden zu lassen, wo das handwerk gemeine bürgerschaft mit flaisch zu fürsehen nit solten weg wyssen oder bewilligen, würde es seins achtens dahin langen, das ein rate etwa möchten verursacht werden, frembden viechtreybern und andern zuzelassen, welcher herkommen würde, ir viech öffenlich aufschlachten und verkaufen zu lassen; das würde dann ine auch zu beschwerung kumen“. 14. Okt. 31. 101) 23. Juli 43; 25. Aug. 61. 102) Baader 227. 103) I. Sept. 61. 104) 2. Juni 62. 105) 7- Juni. 106) 13. Dez. MKA. 107) 21. Jan. 81. 108) Z. B. 17. März 1449: bloß halbe Buße. 109) 17. Mai 1474. 110) 13. Nov. 53. Rüge wegen Vergehens in der Fastenzeit, z. B. Schlachtens, das von Mitfasten bis Ostern verboten war, bedang nur Geld- und Freiheitsstrafe, wogegen Banksperre natürlich unter­ bleiben mußte: WB I 353. m) Jan. 1475112) i 14. Jan. 58: im Uebertretungsfall Konfiskation durch den Pfänder fürs Spital. 113) 5. u. 10. Jan. 58.



1U) 115) 116) 117) 118) *19) 120) m) 122) 123) 124) 125)

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20. Dez. 80. 7. April 97. 9* Jan. 63 ; 21. Juni 96. 7. Okt. 62; 23. Sept. 1600. Gegebenenfalls wurde auch einer der Sperrtage aufgehoben und auf eine Zeit verlegt, wo weniger Fleischmangel herrschte: 5. Mai 54. WB I 353. s. d.: die zugeschickten rügzetl betreffend; MO IV. 5. Mai. B 61, 313: 31. Aug. 1602. Baader 199. Vgl. hiezu bes. Schmidt, J. 13 f. MO IV. 20. Febr. 1600. Baader 231.

126) Ebda 237.

127) B 12, 24: 22. Aug. 128) 15. März 68: erneute strenge Androhung der Meineidsstrafe ohne Rücksicht auf Fürbitte. 129) B 59, 510: 27. März.

Anmerkungen zum 5. Kapitel. 4) Diesen Gesichtspunkt übertreibt Gothein 499, wenn er sagt: „ Die Gewerbetreibenden selber waren ja nur die Mittelsleute, ihren Gewinn wollte der Rat [von Freiburg] nicht schmälern und nicht vermehren; wenn man den Preis zu Gunsten der Kon­ sumenten regulierte, wollte man nur die Produzenten, die Bauern treffen.“ Richtig Inama 3. 2, 462 ff.: „So wertvoll nun auch immerhin diese preisbildenden und preisausgleichenden Einflüsse der öffentlichen Gewalt für die Förderung einer gewissen Ordnung und Stetigkeit des lokalen Marktes sein konnten, ihr Einfluß auf die großen Züge der Preisbildung mußte doch zu aller Zeit ein sehr geringer bleiben. Er reichte weder in die Kreise der Ur­ produktion hinab, noch in die Kreise des großen Handelsverkehrs hinauf......... Die Preisskalen aller Waren, welche dem nationalen oder gar dem internationalen Verkehr angehören, verlaufen .... sehr sprunghaft .... und die Taxen können nur sehr unvoll­ kommen diesen Bewegungen der Preise folgen.“ 2) Vgl. zum folgenden Adler I 92 ff.; Baader 226 f. 3) jedoch die einzig nachweisbare Ausnahme S. 69 mit Anm. 101. 4) Vgl. Tab. S. 122 f. 5) 1. Sept. 81: 10 Pfg.-Taxe abgelehnt; bei Zuwiderhandlung werde man „ den frembden fürkeufeln und metzkern ..... die ver-

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stattung thun, das sie das flaisch eben in dem gelt, wie sie das irig, aushauen und geben mügen.“ Adler a. a. 0. 93 ff. ßetr. Fleischtaxen vgl. ferner: Adler II 239; Barlage 67. ff.; Berlepsch 32; Frank 72 ff; Gothein 499 ff; Herzog 66 ff; Heuschmid 51; Inama 3. 2, 461; Lindlar 42; v. Loesch 2, 126, 151; Mayer 121 ff; Mechler 81 ff; Nübling 13, 16 f.; HWBSt IV, 343; Rothe 23 ff bringt u. a. Nbger Taxen nach einer in Halle a. S. aufbewahrten Nbger Fleischer­ ordnung aus dem 16. Jhdt. Eine Anfrage in Halle blieb aus Personalgründen ergebnislos. Baader 199, 201, 225. 12. Sept. 76. 5. April 54: Trotzdem die Metzger dem Rat als Gegenleistung für Erhöhung des Schöpsensatzes auf 7 Pfg. ausreichende Ver­ sorgung des Markts auch mit Rindfleisch zum gleichen Preis ver­ sprochen hatten, baten sie dennoch um dessen Erhöhung, was abgelehnt wurde „ mit Vermeidung, das sy pillich bedenken sollen, was sy dise zway jar here am schützen- und kuefleisch für gewyn und vorteyls gehabt, dermassen, das sy auch das schützenflaysch mit gutem gewyn wol umb die 6 Pfg. heten geben können, da mans inen doch umb 7 Pfg. zu geben zugelassen“. 6. Okt. 56; 7. Sept. 60; 24. März 88: Anläßlich Supplikation um Taxerhöhung werden die Metzger daran erinnert, daß der Rat ihnen „hievor alles flaisch ingemain uf siben pfenning gesetzt, allein darumb, das sies mit dem oxenflaisch desto baß zukumen können upd das unßlit auch desto wolfailer geben sollen“. 28. Aug., 1. u. 13. Sept. 85. Baader 226; 29. März 1477; 27. März 1479 usw. 9. Mai. Mummenhoff II 99. Der Rat hätte, um einigermaßen gesicherten Zutrieb aufrecht zu erhalten, die Gefahr tragen müssen, wozu er sich nicht verstehen konnte; „ dieweil man diser zeit on grossen vorsteenden schaden und gefahr meiner herrn und gemeiner stat halben, als auf die man das vich herzu zu pringen allain die gefahr aufzulegen vermaint, dasselb nit haben kan“. Z. B. 30. Juni 53; 22. Mai 60. 12. u. 21. Juni 40; 4. Juni 52.

17) 15- Jan- 1487-

18) Baader 225; 16. Juli 44; 2. Mai u. 9. Juni 57; 27. April u. 8. Sept. 58; 22. Mai 60; 6. Jan. 8i. 19) 5. März. 20) Aufzählung, beginnend mit 1526, in Bibi. Nor. Will. s. v. Fleisch­ satzung; doch sind nicht alle Mandate mehr erhalten. Muster­ beispiele MStA v. 9. Juli 1602 u. 19. Sept. 1607.

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21) 12. Jan. 1471; 25. Mai 1482; 30. März 1490. Letzterer lautet: des fleischkaufs halben zu ratslagen und herwiderbringen Ga. Holtschuher und Grolant mitsambt dem pfenter, marktmeister und Slaurspach. — Schl, war der „Ratsfreund“, d. h. der vom Metzger­ handwerk gestellte Ratsherr. 22) 8. Juni 38. 23) Z. B. 1477: 6; 1479: 8; 1480: 9; 1481: 10. — Die bei Baader enthaltenen Taxen stellt Adler a. a. O. 96 ff. zusammen. 24) 3. Juni 1483: in acht ze haben, das fürter in der ersten vastwocherl von dem fleischkauf, wie es den nachvolgenden sumer darnach damit sol gehalten werden, fürzelegen. 25) 31. Okt. 28: für die Zeit nach Weihnachten, also fast 2 Monate vorher; 3. Juni 29: Beginn am folgenden Samstag; 24. März 42: Beginn nach Ablauf von 8 Tagen. Am 18. März 1625 (B 77, 202) werden im Zusammenhang mit der 5-Kn-Taxe für Rind-, Kalb- und Schöpsenfleisch die Fünfer als Taxamt bezeichnet. Ratsverlaß vom 28. Nov. 1632 bestimmt ferner, daß Metzger, die um 6 statt um 5 Kr. verkaufen, • von den Deputierten zum Taxamt gestraft werden sollen. — Das Fünfergericht war seit einiger Zeit eingestellt gewesen, doch wurden seine Sitzungen jetzt wieder aufgenommen. Näheres über dieses Taxamt sowie seine Verbindung mit der Fünfergerichtssuspension zu erfahren, wäre erwünscht. 26) Z. B. 6. Juli 48.

27) 7- Jun* 76.

28) Z. ß. 12. Mai 59: 8-Pfg.-Taxe für Ochsenfleisch bis 15. Juni verlängert. 29) 8. Juni 46: den metzgern die Vertröstung thuil, das man mit inen hiezwischen Johannis das flaisch umb 7 Pfennig zu geben umbsehen thun woll, damit si die vorsteenden ochsen destobaß zu sich pringen und on schaden außhauen mögen. 16. Juni 74: Da 226 angekommene ungarische Ochsen für 9-Pfg.-Taxe zu teuer seien, bitten die Metzger, das Pfund um IO Pfg. geben zu dürfen, „biß sie dise oxen zu geld gemacht“. Abgelehnt. 30) B 8, 262 : 8. Juni 06. 31. Aug. 60; 2. u. 7. Sept. 76; i.Sept. 81. 31) Z. B. 29. Juli 35. 32) 4. Juni 46: diweil die Ordnung des flaischkaufs auf 1. january und I.juny steet mit der enderung der 6 und 7 pfennig. — Ein Ratsverlaß vom 21. Juni 30 scheint jedoch auf schon frühere Geltung dieser Einteilung hinzudeuten. 33j 3. Juni 29; IO. Juni 30; 28. Mai und 21. Juni 69. 34) 24. Juni. 35) Z. B. 5. Juni 55.

36) IS-Juli 53. B7) 17. Juni 25: Erkundigung bei den Kaufleuten, die nach Oester­ reich und Ungarn Handel treiben. IO. Okt. 41 ; IO. Aug. und

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29. Dez. 58; 4. Mai 68; 7* Sept. 60: teurer Einkauf auch auf den Hauptmärkten; 20. Dez. 68 : Erkundigung durch Unparteiische über Einkauf in Ungarn und Oesterreich. Adler a. a. 0. 99 (1622) nach Siebenkees 3, 25 ff. 4. Juni. I. März 49. Vgl. S. 173. 10. Juni. Aehnlich 28. Mai 44; 3. Aug. 45 (B 23, 56). 24. Febr. Schmoller II 291 ; Martin 3 20. 17. Okt. i486. 31. Aug. 60; 14. Juli 74; 10. Sept. 77; 3. Jan. 98. 1574 z. B. wurde beschlossen, bei andern Städten sich zu erkundigen, „ob es ein gewiesen und bestendigen Satz und welchergestalt, item, ob nit an etlichen orten das flaisch nach gelegenheit der guete ydesmals gesetzt und wie es mit dem ingthumb gehalten“. 20. Febr. 46; BB 135, 58. BB 103, 135* 5« Aug. 31. Hierauf bezügliche Nachforschung im Kölner Historischen Archiv war ohne Ergebnis. 3. Jan.. 98: das sie dann in irer supplication die stett im land zu Schwaben, als Augspurg und anderer orten, anziehen, wisse man, das sie ir vieh auch allhie kaufen und doch dahaim neher als sie, die hieige, das irige alhie geben; können es nun die frembden zukommen, so werden sie es auch thun können. Ebenso schon 5. Sept. 77. 4. u. 31. Aug., 10. u. 28. Sept. 31. Mai 29. Dieses Mittel fiel weg mit Errichtung des Ochsen­ amts, das die Marktverhältnisse laufend kontrollierte. 20. Juni 1489; 31. Mai 29; 13. Aug. 43; 26. Aug. 53; 27. Aug. 60; 13., 24. Juli und 29. Aug. 95 ; 11. Juni 96; 15. Sept. 99 usw. 12.

63) 28. Aug. 64) 7. und 16. Juni. 53) 12. Sept. Schon 2. März 56 hatten die Metzger unter Beteurung, daß sie um die geltende Taxe von 7, sogar um 8 Pfg. kein Vieh mehr einkaufen könnten, gebeten, dafür zu sorgen, daß sie „nit gar von irem handel lassen dürfen“. Doch war der Rat fest geblieben. 56) 2. und 7« Sept. 57) B 61, 224: 19 Juli; 313: 31. Aug. 58) Adler nach Siebenkees. 59) Ueber die Kipper- und Wipperzeit in Nbg vgl. die Darstellung bei Scholler II 2IO ff, bes. 229, sowie Reicke im Beiblatt des „Fränk. Kur.“ 1921. co) Vgl. hierüber die grundlegende Arbeit Wiebes, bes. 195 ff, 227, 235. S. 235 kommt W., hauptsächlich im Anschluß an Schmoller,



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auch auf den Viehhandel zu sprechen und erwähnt dabei die nicht ganz unbedeutende Viehausfuhr aus Oberdeutschland nach Frankreich und Italien. Dabei kann es sich natürlich nur um Schwaben und allenfalls Elsaß handeln. ,;1) ii. März 41 : Auf Eingabe der Metzger hin bis Pfingsten 7-Pfg.Taxe für Ochsenfleisch genehmigt „ allerley Ursachen halben, sonderlich das der arm handwerksmann sonst nichs zu leben hat und am flaisch zum nechsten kompt“. 1601 beschwerte sich die Brüderschaft der Leinewebergesellen, daß sie von ihren Meistern kaum dreimal wöchentlich Fleisch bekämen, obwohl es ihnen alle Tage gebühre. Dagegen erklärten die Meister, man vermöge für 6 Kreuzer Kostgeld den Gesellen nicht täglich Fleisch vors Maul zu setzen; sie seien dazu nicht verpflichtet, ja es sei ihnen ausdrücklich in ihrer Ordnung verboten: Schönlank 139 ff. G2) Vgl. Anm. 43. (53) 18. Mai: bede pfender schicken, das volk zu stillen mit anzeige, was gehandelt, geschee der gemeind zu gut und ein rathe wolle sie mit fleisch wol fürsehen. ()4) 13. Juni: nachdem an ein erbern rate gelangt, das der gemain mann der proviand und victualien halben auf die pfragner, metzger und pecken von wegen ihrer übermessigen staigörung essender Ding und faylschaft etwas seer unwillig und schwierig seyen . . . .; Mummenhoff II 72 f. °5) 5. Jan. 49: scharpf anzügig suplicim; 30. Mai 60. °°) 15. Juni 49. ,;7) 23. Juli 45: Der Rat findet, daß die Metzger „fürsetzlich nit Ochsen kaufen wollen, sonder vermeinen, die Satzung in höherung tu pringen“. 2. Okt. 45: Der Ochsenamtmann zeigt an, „wie jezo vil ochsen und gute keuf vorhanden, aber di metzger nit kaufen wollen“. 15. Juli 53: Die Metzger haben laut laufenden Berichts des Ochsenamts („ochsenzettel“) auf letztem Markt „so gar nichts kauft“. 9. Febr. 55: ... wie sy dann disen sumer vyl guter ochsenmerkt vor der thür, ja also zu reden gar im hauß gehabt und umb ain zimlichs wol zu vich kummen können, das sy aber alles also hinschleichen und an frembde ort kumen lassen, ungezweyfelt allain darumb, meine herrn in der not, wanns nit vorhanden, wie es yetzo geschieht, dahin zu dringen, 12. Mai 59: Gegenüber der mit der Satzung zu steigen. Forderung des 8-Pfg.-Preises drückt der Rat sein Mißfallen aus, „das sie sich vor der zeit wol hetten mit flaisch und viech gefasst machen können; das sie aber nit getan“. 20. Juli 59: Der Rat tadelt die Metzger, „das sie ein markt zween so gar kain viech gekauft“. ,i8) 11 .Juni 96: Ursache des hohen Fleischpreises trotz wohlfeiler Ochsen allein die, daß die reichen Metzger so teüer einkaufen, „das der

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arm nit hinnach könne; wann man aber das flaisch hemacher wiederumb verkaufe, so habe der reich in dem abermal ein vorteil, das er das flaisch seines gefallens umb 12 und mehr Pfg. das Pfund keuflich hinpringen könne; da nun der arm nachfolgen wolle, so werde er alßpalden mit rüg fürgenomen, wie solches die Erfahrung zu erkennen gebe, welche ungleicheit hernach im kaufen auch ein ungleicheit mache, das der reich das viehe teurer dann der arme metzger kaufen könne“. — Desgl. Schmidt, J. 96. 28. März 56: Der Rat tadelt die Metzger wegen ihrer Zurück­ haltung trotz günstiger Marktlage, wogegen sie „allein irem schlam und praß außwarten und hielten samt iren knechten und gesinde dermassen hauß, das sy nurt überflüssigen gewin haben und ■ inen die arme bürgerschaft denselben bezalen muessten, welches meinen herm von inen zu gedulden fürter keineswegs gelegen Und wolten inen ytzo gesagt haben, das si gedechten ir haußhalten in andere ordenlichere weg anzustellen, damit gemaine bürgerschaft von inen dermassen nit mer beschwert würde“. 24. März 58: Die Metzger berufen sich auf starke Einbuße. Der Rat erwidert, „das man doch viel ein anders und sonderlich das wiß, wie sie und ir gesind haußzuhalten pflegen, welchs alles sie am gemeinen mann gern wider zukomen wolten“. 21. Jan. 68; B 61, 183: I. Juli 1602: Satzerhöhung abgelehnt; Metzger sollen „ihre reuliche haushalten etwas änger einzihen, wie andere mehr handwerksleut thun müßen“. — Desgl. Schmidt, J. a. a. O. MGO a 13. 20. Juni 47; 22. Jan. 49; 10. Jan., 6. Febr. 59; 14. Mai und 2. Juni 62. B 1 b, 69: Okt. 1442: Kuttelflecke dürfen nur „über dem Steg“ verkauft werden. 6. Sept. 1477: schlechtes Fleisch soll aus dem Fleischhaus ins Spital oder in die Findel gebracht werden. 2 1. Aug. 1483; 3* Dez. 1485: betr. Fleisch von Geißen und Böcken. B 13, 59: 19. Febr. 26: Mischung von Ochsen- und Kuhfleisch unter­ sagt, trotzdem es sich um ungarische Kühe handelte, „weliche sich dem gueten ochsenfleisch vergleichen“. (60: 20. Febr.). Z. B. Herbst 1489; 8. Juni 95: nur magere außerhalb der Bänke. Baader 226, 230. Später wurde Zuwage in gewissen Grenzen erlaubt: „doch solten kifeln, wo die zeen herausgethon und vornen die keuen drey zwer finger hinweggehauen werden, deßgleichen, wo die metzger die kelber- und schützpeuch ganz hingeben, * das die gelünge und lebern hiemit zuzewegen zugelassen sein, das auch das milz und deumlein von der lebern yedesmals wie vor alter hero im schaf hangende pleiben und mit hingewegen werden mag: MO IV. Nach Ratsverlaß v. 28. Febr. 68 galten auch Rinder­ nieren und -herz als erlaubte Zuwage: WB I 347. Auch Lunge, Herz und Leber von jungen Lämmern und Schweinen, desgl. Rüssel

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und „Seutrossel“ durften zugewogen werden, ebenso Euter und Zunge von Kühen und Schafen. Vgl. Baader 227 f. — Diese Wandlung der Anschauung hing natürlich zusammen mit dem Wandel in der Fleisch Versorgung. Betr. Zuwage und Nötigung vgl. auch Barlage 73; Gothein 514; Heuschmid 53; Lindlar 41; Mayer 118; Mechler 78 ff.; Nübling 13, 16. 15. Mai 53: Die Metzger wollen unter i1^ Pfund nichts hergeben. 19. Juni 1498: Die Metzger erhalten die Erlaubnis, „so ymant schützenfleisch von ir eynem haben wollt, das er so viel rinders als Schützes nemen soll, doch also, ob ymant unter zweyen pfunden Schützes nemen und kein rindfleysch darzu nemen wollt, dem sollen sie das Schützes nit versagen.“ Vgl. Anm. 7. Betr. Wiegezwang bietet auch die schon mehrmals zitierte Spezialliteratur Angaben. Z. B. 22. Juli 69; Baader 237: Vom gefährlichen Auswägen der Fleischhacker. 21. März i486: „nach der pauß ungewegen“, jedoch nur bei Einigung mit dem Käufer, sonst nach Gewicht. Absicht hiebei war offenbar möglichst rasche Verkaufsabwicklung angesichts des hohen Festbedarfs. Baader 230; MO II (1535). 2. April 76. Baader 228 ff.; Adler 1 41 ; vgl. auch Berlepsch 59; Herzog 66; Mayer 120; Rothe 13 2. März i486. Baader 229. 27. April 1633. 2. Aug. 50: Der Rat lehnt das Begehren der Metzger, das Pfund Speck auf 14 Pfg. zu setzen, ab, „dweil das flaisch so hoch gestigen, so habs die meinung mit dem speck nit, das derselbig zwiret so hoch verkauft werden sol“. 5. Juni 70; 2. Jan. 90. 3i- Jan. 55 (trotz genügenden Viehbestands); n.Juni 96: Münd­ liches Referat, daß „so gar wenig guett flaisch under die metzg gepracht und darzu daselbsten der Ordnung zuwider zu teur [besonders von den vornehmen Metzgern] verkauft wird, allain darumb, das sie vermeinen, dardurch meine herren zu trutzen und den flaischkauf ires gefallens zu staigern“. 2. Jan. 1600: betr. Heimschaffung in Truhen 2. Jan. 1600: An den vergangenen Feiertagen wollten die Metzger Fleisch nur um 16 Pfg. verkaufen. Vgl. Anm. 56 zu Kap. 3. 22. und 29. August 42: Der Rat gewährt für 2 Uebertretungsfälle gegenüber dem König und dem Mainzer Einkäufer Rügnachlaß. 18. Nov. 80: Wegen des in Aussicht stehenden Kurfürstentags war den Metzgern für dessen Dauer Erhöhung um 1 Pfg. gewährt 14

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98) ") 10°) 101) 102) 103) 1M) 105) 106) 107)

108) 109) 110) m)

112) 113) u4) 115) 116) 117)

worden. Trotz Ausfalls des Tags hatten sie seit etlichen Monaten ständig den erhöhten Preis beibehalten. 24. April 70: Erhöhung abgelehnt. 27. Jan. 41 : 8 Tage lang 7-Pfg.-Preis gestattet. 3- Febr. 1633. 14. März 49. 17* Aug. 94. B 61, 313: 31. Aug. 1602: Die Fremden kauften bloß den Kern des Fleisches um 5 — 6 Kr. je Pfund. Baader 226; betr. Verbot, Fleisch zu reservieren: Baader 199; hiezu Adler II 235; Gothein 514; Herzog 63; Heuschmid 53; Mechler 80; Crebert 271 ff., der darauf hinweist, daß in diesem Zusammenhang Metzger am meisten genannt werden; er zitiert auch aus der Stadtordnung für Waldürn v. 1492 die dabei beliebte Redensart: „Das ist des Priesters, des Edelmanns oder des Wirts“. Baader 234. Hausschlachtung und -verkauf erfolgte besonders während der Fastenzeit, z. B. I. April 60. 15. April 64: bedenken, wie zu verhueten, das inen nit so große geschenke und Verehrungen gegeben werden. 7. Febr. Z. B. 7. Sept. 25; 15. Juli 53; 13-Juli 74 usw. 18. April 83; 13. Sept. 85. 8. Sept. 39. 19. Juni 66. 5- April 5422. Mai 35: des steigens halben [soll ihnen] gesagt werden, ob sie schon jetzund nit allwegen gewinn haben, so sey aber umb Bartolomej der gewinn desto grösser, also das eins gegen dem andern wol zu vergleichen. 15. April 64: do man inen gleich ytzo auch wilfarn, das sie doch bald ein anders begern würden. 15. Febr. 47. 7. Sept. 60. 15. April 64: Das Handwerk bittet um 8-Pfg.-Preis für Schöpsenund Lammfleisch; abgelehnt unter Hinweis darauf, „was meine herrn für ungnad bei allen stenden des reichs auf sich laden, wann sie in ein solche staigerung dises flaisch giengen, weil es sonst im ganzen reich nit gepreuchlich “. 23. Mai 73. 3- Juh 45; 16. April 96. 5-Jan. 491. Sept. 81; 17. Mai 96. 2. Juni 57. 8. Nov. 1555.

2It

118) 12. Juni 1633.

419) 10. Juli 96. 12°) Ratsverlaß vom 7. Sept. 60 z. B. führt 3 Gründe auf: hohen Vieh­ preis auf den Märkten des Aus- und Inlands; keine Aussicht auf Besserung; Notwendigkeit der VorratsbeschafFung. 121) 13. Jan. 41. 122) Das geht unzweideutig hervor aus Ratsverlaß vom 7. Jan. 50: Trotz der aus der Gesamtlage abzuleitenden Berechtigung, das Fleisch um 1 Pfg. herabzusetzen, hat es der Rat „aber auß väter­ licher gunst und genaigtem willen und fürnemlich darumb unterlassen, das sy sich mit ainem sollichen vorrath vichs versehen solten, das gemaine bürgerschaft hinauß am flaisch nit mangel leiden dürften“. 12B) Z. B. 5. Febr. 26; 28. März 56 usw. 124) Ein Beschluß vom ii.Juni 96 zeigt, auf welch’ originelle Aus­ wege der Rat kam, um die Metzger zur Raison zu bringen: „damit die metzger sehen, das es meinen herrn ein ernst, soll man den deputierten herrn befelchen, nit allein laut werden zu lassen, sondern auch in der statt herumbzugehen, nach gelegenen orten sich umbzusehen, das daselbsthin ein bänk für die frembde metzger gepauet werden sollte, ob vielleicht die metzger uf solches sich eines andern besinnen.“ 125) 19. Nov. 126) 25. Sept. 1489. 127) B 15, 145 : 30. Dez. 30. 14. Okt. 64. 128) 1. Juli 69. 129) 18. Febr. 68. 1B0) 5. Juni. U. a. sollen nach Gutachten der verordneten Herren die Metzger „ire wagen hinfüro unbetrüglich und dermassen henken, damit die schalen, darin das gewicht ligt, allemal einer zwerchenhand niderer zum stöckle oder aufsatz haben soll, dann die ander schalen“.

Anmerkungen zum 6. Kapitel. J) 7. Jan. 1492: ze ratslagen, wie fleisch zu der stat ze bringen sei; 12. Juni 1495: ze ratslagen, wie man vihe zu der stat füglich bringen möge. 2) Das Folgende entstammt im wesentlichen dem noch zu erwähnenden Beschluß der bayerischen Kreisstände vom 30. Juli 33 bei Schriioller II 356 f., nach Bucholtz 9, 41 f. Adler I 103. 3) Vgl. jedoch das Schreiben Nbgs an Augsburg v. J. 1571 : S. 98. 4) Den Einfluß dieser Verhältnisse auf den Wiener Viehmarkt schildert Riedl 835. Dazu kam noch der Beginn der religiösen 14*

212

ß) 6) 7) 8)

9) 19) n)

12J

13)

u) 15) 16)

17) 18)

Bewegung in den Erblanden. 1549—1559 war die Vieheinfuhr aus Ungarn eine Zeitlang völlig unterbrochen, Vgl. S 100 ff. Gothein 500 ff; Adler I 107 ff. Vgl. Anm. 2. 1 Pfund Ochsenfleisch Wiener Gewichts allgemein nicht über 7 Vierer, in Bayern nicht über 5 Schwarzpfennige; Kuhfleisch im Gebiet der Viererzirkulation, z. B. in Tirol, bis zu 6 Vierern ; Kalbfleisch in Bayern 3 Schwarzpfennige. Langwerth 172 ff, 262 f. Vgl. S. 99 f. Adler I 105; Gothein 517; Reyscher 12, 259 ff: Erste Fleischund Metzger-O. v. 6. April 54. Deren Präambel klagt über Mangel an Vieh, sodaß Fleisch „schier umb zwei gelt höher . . . dann vor etlichen wenig jaren“. Um gleichmäßige Taxe zu ermöglichen, wurde Einführung eines neuen Gewichtssystems beschlossen. Z. B. 29. Jan. u. 18. Aug. 26; 7. April 35; 8. Mai 53; 6. Okt. 56; 1. Okt. 58 usw. Die beiden letzterwähnten Verlässe z. B. lauten: dieweil die oxenmärkt nunmehr ein end haben werden, soll man die metzger alle beschicken, sy erinnern und warnen, sich mit notdürftigem flaisch, damit gemaine stat, biß die viechmärkt widerumb angehen, versehen sein mag, gefasst zu machen............. Ferner: man soll die metzker vermahnen, weil itzt die letzten märkt herzugehen, viech in die mastung einzukaufen, damit gemaine stat künftig versehen werd, sonderlich weil das ander viech, so sie bißher gekauft, inen teglich aus den henden gehen wirdet. 21. Mai: des fleischs halben, wie das zu fürsehung der gemeyn von gemeyner stat wegen zu der stat bracht werden müge, ratslagen und an die ende, da vihe vail ist, fürderlich ze schicken. — Die Metzger sollten zuerst König und Fürsten, dann die Einwohner­ schaft bestens mit Fleisch versorgen; die Dorfmetzger duiften täglich hereinfahren. — Der König empfing damals „auf vilfeltige flehliche ansuchung“ eine Anleihe von 10000 Gulden (31. Mai). Reicke4Ö2.— 18. Juni: Wenn Vieh zugetrieben wird, das die Metzger nicht kaufen wollen, „das alsdann gemeyner stat ze kaufen“. 22.—28. einschl. 10. 9. u. 10. Juli, 25. Aug., 26. Okt., 4. Nov. 29; 5. u. 9. Febr., 26. März, 17. Mai, 24. u. 28. Juni, 1. u. 4. Juli, 13. u. 24. Sept., 5. Okt., 23. u. 28. Nov. 30; 21. April 31. B 15, 116: 27. Juni 30. BB 99, 180: 10. Juli 29. 12. Aug.: die reichen metzker zu beschicken und mithin handln, ob sy gen Zerbitz und Putzka umb ochsen wolten reyten. 4., 8. u. 9. Aug.

2i3

19) 20) 21) 22) 23)

24) 25) 26) 27) 28) 29j 30) 31) 32) 33) 34) 3Ö) 3Ü)

37) 38) 39)

23* Juni. 24. März. n.Febr. 53; 27. Okt. 58. 8. — Reicke 884; 2. — Schon 1505 wurde das im Jahr zuvor — bayerischer Krieg! — vorratsweise eingekaufte Rauchfleisch im kleinen von der Stadt am Markt verkauft. Der Preis je Pfund betrug 6 Pfg., der angestellte Verkäufer empfing täglich einen Lohn von 50 Pfg.: B 8, 118 : 27. März. 33. u. 11. Aug. 6., 23., 29. u. 30. Vgl. Anm. 17. B 60, 57: 20. Mai 1601. 13. u. 20. — Den reichen ließ der Rat noch ansagen, „mit inen wissen gedult zu haben“. 6. Juli 69. 27. April u. 4. Mai. B 15, 127: 19. Sept. 30. — 17. Sept. 78. 19. Sept. I57°—73 war der Handel unbehelligt geblieben. Näheres S. 173. 29. April, 3. Mai u. 8. Juni. Mehr Umstände bereitete der Einkauf von 124 Ochsen zu Wien im Jahr 1622, da diese nur durch ein Extrapräsent an den „Landgrafen“ fortzubringen waren. Der Rat ließ ein Faß Wein nach Wien an Jeremias Pistorius schicken mit dem Auftrag, es dem Landgrafen zu übergeben und ihn um fernere Unterstützung bei Einkäufen für Nbg zu ersuchen: B 76, 89: 4. Juli. 14. April. 28. Aug., 12. u. 18. Sept. Kius 158 ff.; Schmoller H 360; Adler I 74; Roscher 3, 169 Anm. 16 nach Kius; Zedier 4 (Büttstedt) und 48 (Viehmarkt); Schmidt enthält nichts Einschlägiges. B 17, 11 o: 25. Okt.: Metzger Hanns Behaim hat 180 Ochsen durch Baiersdorf getrieben, die Hanns Krauß und andre Nbger Meister zu B. gekauft hatten. Der 2. Beleg stammt vom 26. Sept. 48 : Die Metzger hatten bestellt, „ das inen vom Putstater markt ein gute anzal ochsen hieher zukomen “. Hofmann 85. 22. Sept. 19. Sept. I. u. 9. Sept. Begründet wurde die Absicht damit, daß sie „ein vorrath oxen zu gemeiner statpringen möchten, weil sie der frembden metzger und fürkeufel halb darzu hie nicht khumen könnten“. Dabei wurde auf ein vorher genehmigtes Darlehen von 8000 Gulden hingewiesen. ‘L

40)

41) 42) 43) 44)

214

45) 12. Febr. 77. 46) So bat das Handwerk am 20. Sept. 1600, daß ihm zum Besuch einiger Viehmärkte „ etlich tausent thaler zu Leipzig erlegt werden mögen, die sie allhie uf iren last wider gutt thun wollenu. Darauf verhandelte der Losungschreiber Hieronymus in diesem Sinn mit den Pfinzing, Fetzer und Finolt. 47) 17. Sept. 48) 14. u. 16. Sept. Inzwischen waren die Darlehen verzinsliche geworden; baten doch die Metzger diesmal „ an statt eins interesse von jedem ochsen' ein ort ... zu bezalen “. 49) B 77, 69: II. Sept. 1624. 50) 19. Okt. 51) B 60, 112 : 22. Juni 1601. Vgl. Anm. 55. 52) Vgl. Anm. 49. 5B) B75, 188: II. Sept. 1621 : Konr. Schlauersbach schreibt aus L. an den Ochsenamtmann M. Fürer, er habe 980 Ochsen gegen bar eingekauft und dadurch ca. 2000 Gulden erspart. Es werden ihm 33000 Gulden aus der Losungstube angewiesen. 54) B 76, 208: 30. Juli 1623: Hans Leidei schreibt aus Br. an Fürer, er habe 923 Ochsen zu 23 560 Reichstalern gekauft, die 14 Tage nach Sicht („nach weißung seines darüber gegebenen schultbriefs “ ) gezahlt werden sollen. Der Losungschreiber erhält Befehl, das Geld flüssig zu machen. 55) Vgl. Anm. 51 : Gg. Ehemann ist vom Handwerk zum Ochsenkauf abgesandt. Zu Brieg hat er 150 Ochsen, das Paar um 58 Gulden, gekauft. Da dort^ bis Jacobi kein Markt mehr stattfindet, fragt er an, ob er nach Wien und Auspitz reiten solle. Es wird ihm geschrieben, das zu tun und dabei Pfundpreis von 14 Pfg. zugrunde zu legen; man werde ihm die Wechsel „dahin machen“. 56) B 61, 6: IO. April 1602. 57) Als die Metzger auf dem Nbger Markt nichts einkauften, ließ der Rat „kundschaft geen Bamberg machen, was sie uf ytzigem markt Dionisy doselbst kaufen werden und widerpringenu : 7. Sept. 59. 5Ö) B 76, 170: 27. Nov. 1622; 17. Jan., 12. Nqv., 8. Dez. 1623. 59) 28. u. 30. April; BB 131, 85. 60) 28. u. 29. März. f;l) 30 März: Die Metzger behaupteten, unter dem Preis von IO Pfg. je Pfund auf das Angebot nicht eingelien zu können. Der Rat war überzeugt, daß sie die Angelegenheit „ nur gern gar in meine herrn schieben wollten “, obwohl er dem Angebot doch fernstand; er wies auf die Vorteile des Geschäfts hin und begehrte dessen Abschluß nach Rückkehr des Frayßlich von der Frankfurter Messe* ,:2) 4. — Das Angebot ging aus von „Stenntzl und Melchior die Häsen zur Reusischen Lemburg“. Sachverständige waren der

215

Rotschmied (!) Georg Herl und der Ochsenhändler (28. Juni 68) Georg Mentler. 63) ÄV Nr. 6, 139: 6. Aug. 73. — 10. Sept. 64) 22. Febr. und 1. März. Es war der Starost Rafael Lyscinsky auf „Radißjar.“. 65) 21.

66) 21. Juni. Der Preis war je Paar festgesetzt auf 80 Gulden „benebens 4 f hiesiger aufschlag“, Pfundpreis auf 6 Kr. 67) B 8, 132 : 21. Mai. 68) 1. Febr. Im Langheimer Gerichtsbezirk herrschte auch viel später noch beträchtliche Hornviehzucht, die auf den Viehmärkten zu Bamberg, Lichtenfels etc. Absatz fand: Lex. Fr. 3, Sp. 276. 69) 8. Mai 53 (ab Neumarkt). 70) 9. Mai. Ueber Pfraumberg vgl. S. 165 ff. 71) 17. Mai. Die Guldenprämie wurde für 238 Stück ausbezahlt: 26. Juni. 72) Vgl. Anm. 28.— 18. Sept. IÖOO; B 71, 4: 22. Juni 1607 (Brieg). 73) B 63, 16: 5. April 1605; 31: 12. April. 74) B 69, 316: 18. Sept. 1610 (Büttstedt, 8—9000 Gulden). 75) Vgl. Anm. 55 a. E. 76) Vgl. Anm. 74: sie sollen bedacht sein, von wem sie dieselbe (d. h. die 8;—90OO Gulden) zu Wechsel nemen wollen. B 71, 77: 20. Sept. 1610: Darlehen von 8—9000 Gulden für Besuch des Schweidnitzer Ochsenmarkts, der offenbar an Stelle des Besuchs von Büttstedt getreten war, genehmigt; „doch das sie der Wechsel halben mit den kautleuten selbst handlen und den latzo tragen“. 77) Adler I 86 f. Ueber solche Kompagniegeschäfte vgl. ferner Adler II 243 und 246 f.; Barlage 50; Berlepsch 44 ; Gothein 501 f.; Herzog 58; v. Loesch 2, Nr. 346, 349; Mayer 104; Mechler 70; Rothe 28 f. 7S) Baaderl 199; Adler I a. a. O. 79) Allerdings war früher zeitweise auch Kaufassoziation mit Gästen gestattet, jedoch unter ausdrücklichem Hinweis, daß dabei das von den Nbger Metzgern erstandene Vieh auch dem' Verbrauch in der Stadt zu dienen habe und nicht ebenfalls ausgeführt werde: 8. Sept 1468. 80) Adler I 77; Crebert 257, 277; Gothein 512 f.; Berlepsch 27. Auch nach der Kölner Fleisch- und Viehmarkts-O. v. J. 141O (v. Loesch a. a. O.) war Teilungspflicht ohne Widerrede zum Einkaufspreis unter Androhung von 14 tägiger Turmstrafe Vor­ schrift. — In Wien wurde 1350 gegenüber monopolistischen Bestrebungen einzelner Fleischergruppen Einkaufsgenossenschaft auf nur 2 Mitglieder, desgl. die Einkaufsmenge auf 8 Stück im Inland und 12 im Ausland beschränkt: Riedl 834.

2 l6

81) 9. Okt. 1492. Völlige Entscheidungsfreiheit beließ den reichen Metzgern Ratsverlaß v. 20. Juni 16 (B II, 16). Bereits 1507 war ein Gesuch von 28 kleinen Metzgern um Verfügung einer Zwangsbeteiligung abschlägig beschieden worden; desgl. die Be­ schränkung, täglich nur 1 Ochsen zu schlachten, da beide Vor­ schläge — auf Grund schriftlichen Gegenberichts der Großschlächter — „zu abbruch und mangel der ganzen gemain“ aussch*lügen: B 8, 341 : 22. März. 82) Vgl. Anm. 30. 83) Obwohl an sich nicht verboten: B 10, 62: 4. März 13. Derart „verlegte“ Metzger erlitten bei Zahlungsunfähigkeit auf Antrag ihrer Verleger Turmstrafe: 28. Sept. 1499. 84) Es gab eine eigne Verfügung betr. „aichlklauben und schweinmesten“ als Bestandteil der Wald-O.: 26. Juni 62. — Schweine, die verkauft werden sollten, durften nicht in den Wald getrieben werden. Voraussetzung war vielmehr neben der allgemeinen Berechtigung, dem sog. Waldrecht, der Selbstverbrauch: Wald-O.Fragm. GNMA VIII. 85) 6. Nov. 5486) Doch litt dessen Beschickung vielfach durch den Autkauf, der durch Nürnberger Viehhändler auf dem Land getrieben wurde. Eine Beschwerde des Heuwägers blieb ohne Erfolg, da der Rat gestehen mußte, er „könns inen nit wehren“: 12. Juni 62. 87) So hatten z. B. 3 Metzger den Engelthaler Klosterfrauen den Ertrag einiger Wiesen abgekauft und beschwerten sich über gleichzeitigen Viehtrieb vop Henfenfeld aus: 15. Okt. 55. 88) 4. Okt. 54. 89) B lb, 350: 1458. 90) Ratsverlaß vom 17. Okt. 90 erlaubte auch den Metzgern, Hornvieh in den Wald zu treiben unter Schonung der jungen Saat, da infolge großer Hitze Futtermangel herrschte. 91) Z. B.: 8. Sept. 48; 3. Aug., 9. Juli u. 2. Sept. 53; I. Juli 54; II. Juli 56 usw. 92) Vgl. Anm. 89: „waidflecken“. 93) 16. Okt. 53 : Die Metzger sollen den Wemdingern die gekauften 150 Ochsen „in ainem scheyp gar zustellen und ain plinden kauf oder andere contrabanda mit inen machen, damits der veind dester weniger antasten möcht“. 94) Vgi. vor. Anm. — 30. Aug. 46; 24. April 57. 95) 3. Aug. 65: Weißenburger Gesandte berichten über Unzuträglich­ keiten mit dem Ellinger Deutschordensstatthalter wegen der Vieh­ hut auf dem Rohrberg. 96) Genannt werden: Ammerndorf, Burgtann, Crailsheim, Heng, Lay, Linden, Neustadt a. A., Reckersmühl, Rotaichen, Sulzberg. 97) 5. Nov. 74.

217

98) ") 10°) 101)

102)

103) 104) 105) 10tJ) 107)

30. Okt. 53. Baader 238 f.; Adler I 78. 20. Juli 1480; 3. Juni 1483; 5. Febr. 1484; 19. März 1485. Vgl. Anm. 99. Adler setzt sie ins Jahr 1497, indem er fälschlich die Datierung eines spätem Abschnitts betr. Vieh treiben etc. (Baader 241) auch auf sie bezieht. Tatsächlich ist sie höchst­ wahrscheinlich noch im Jahre 1485 herausgekommen, da mit diesem Jahr bis auf weiteres die Einträge über Vorberatungen in den Protokollen abschließen. B 11, 245: 17. Okt. Schon 3 Jahre zuvor hatte der Rat, als die Metzger wegen hohen Ochsenpreises Taxe von 5 Pfg. forderten, u. a. darauf verwiesen, „ das sy durch ire verzügige pöse bezalung, darüber alle frembde, so mit inen kaufschlagen, ye und ye geclagt haben und noch, dises mangels, so an den ochsen erschein, selbs Ursachen sein “ : B 11, 12: 24. Mai. 4. Okt. 1499. 2. Mai 20. 13. März 25; 31. Mai 26. 29. Juli 25. Vgl. Anm. 104.

Anmerkungen zum 7. Kapitel. x) 2) 3) 4) 5) (i)

Nbg trat i. J. 1500 bei: Reicke 464. 1534 : Hartung 183. Reicke 864; Riezler 4, 266. 27. Dez.; BB 91, 166 v. gleich. Dat. 22. Jan.; BB 91, 195 v. gleich. Dat. Reicke 828.

7) 19. Febr.

8) 10., 23. u. 24.; BB 92, 97. 9) 9. Mai; BB 92, 170 v. gl. D. 10) BB 92, 172: 11. Mai: Mit der ungarischen Münzverschlechterung habe man „den gemeinen man also betrogen, das ein yeder, so vil viechs gehabt, darfür gehalten, mit dem häufen und der menig solcher bösen monz werde ime sein viech mer und höher, dan hievor bescheen, bezalt; darumb yderman sein viech dargeben und verkaufen und vil gelts lösen wollen“. — Die Beweisführung ist, abgesehen von der angenommenen Ausfuhr des schlechten Gelds aus Ungarn, für die damalige Zeit theoretisch erstaunlich richtig. Der wahre Hauptgrund lag jedoch wohl in der Unter­ bindung der Ausfuhr durch das Vordringen der Türken. u) 4. u. 13. Mai; 12. Juni. 12) 2. April u. 10. Mai.

2l8

13) u) «) 16) 1T) 18) 19) 20) 21) 22) 23) 24) 25) 26) 27) 28)

29) 30) 31)

32) 33)

34)

i. März; BB 102, 154 v. gl. Dat. BB 103, 135: 5. Aug. Ebda. Klüpfel 2, 324 ff. 10. Juli; BB 105, 19 f. v. gl. Dat. 7. Aug. 35; BB i n, 16: 10. Aug. 35. Uebrigens hatte Ende 1532 auch Passau Taxmitteilung empfangen (28. Nov.). 1. Nov. 39. 10. Nov. 39. 7. Aug. 40; BB 122, 198 v. gl. Dat. 4., 8. u. 25. Jan.; BB 135, 52: 4. Jan. Näheres Reicke 875 ff „zudem sich auch die ochsentreiber nit Hessen zwingen an ein ort, dweil sie es alsbald an eim andern ort wißten hinzepringen.“ Schmoller II 358. Weitere Anträge Ulms und Augsburgs behandelte Nbg dilatorisch: 19. Febr. 46. 6. Aug.; BB 163, 203 v. gl. D.; 16. Aug. u. 2. Sept. Eine weitere Korrespondenz gab Veranlassung, die Unterschiede zwischen dem Augsburger und Nbger Gewichts- und Münzsystem festzustellen: Der Nbger Zentner war 4 Pfund schwerer als der Augsburger, der Kreuzer galt dort 372* in Nbg jedoch etwas mehr als 4 Weißpfennige: 1. Juni 62; BB 170, 247 v. gl. D. 1. u. 16. Aug.; 10. Sept. 71; BB 185, 52: 17. Aug. 71. Das Augsburger Schreiben war v. 14. Juli. Das Bevölkerungsproblem der damaligen Großstädte bestand nicht zuletzt in der zunehmenden Fluktuation, die eine Menge sog. Unbürger in ständigem Wechsel in ihren Mauern vereinte. In Nbg sah man in ihnen eine beträchtliche Ursache der Fleisch­ teuerung und dachte daher an entsprechende Maßnahmen, ohne daß es jedoch zu solchen kam: 2. Juni 98. 19. März 75. Hartung 165 ff u. 367; 425 ff Auszug des Schreibens des schwäbischen Kreises v. 23. April 56 bei Limnaeus 4, addit. ad lib. I., cap. 7, S. 46 f. Regest bezw. Zitat der Würzburger Instruktion bei Hartung 426. KTA tom. III, qo ff

Anmerkungen zum 8. Kapitel. 1) Crebert 207, wo überhaupt die Beziehungen verschiedener Berufs­ klassen zur wucherischen Preissteigerung dargelegt werden. 2) Ebda 225. 3) Ebda 226.

219

4) 5) Q 7)

Baader I 213 f. Ebda 201. Ebda 238. B 8, 159: 26. Juli 05.

8) 7- >n. 35°) 7. u. 28. Juni 35. lü) 24. Sept. 48. Das war Fürkauf nur im Sinn der (behördlich sanktionierten!) Umgehung des Marktzwangs; das Vieh ging dabei, ohne Zwischenhandel, unmittelbar in die Hände der Metzger über. Crebert 258 h kennt nur einen einzigen Beleg aus städtischen Quellen für Ausübung des Fürkaufs mit Bewilligung der Obrigkeit, nämlich das Münchener Stadtrecht betr. Korn. n) Vgl. Anm. 9. 5. Juli 38. 12) 18. u. 30. Sept. 67. 13) Doch wurde auch späterhin noch der einheimische Handel mit den Fürkaufsbestimmungen gemessen. So wird 1571 ein Metzger bestraft wegen Verkaufs von 18 in Nbg gekauften Ochsen nach Altdorf (6. Dez.); desgl. 1582 der Ochsenhändler Endres Schurger wegen Viehfürkaufs (22. Jan.). Dagegen vertrat Nbg offensichtlich das Interesse des Handels gegenüber Beschwerden von Rat und Metzgerzunft zu Augsburg betr. Fleischfürkauf. Ein Gegenbericht des Nbger Handwerks hierauf wird Joachim Pömer für den Augs­ burger Probationstag zugestellt mit dem Bemerken, der Rat habe sich erkundigt, aber die Augsburger Beschwerden beträfen Nbg wenig, zudem habe es „ der märkt und viehkaufs halben hie umb und zu Augsburg vil ein andere und ungleiche gelegenhait “: 26. April 85. u) MStA u. MKA: Der Inhalt des Mandats ist folgender: Abgesehen von Käufeln und Reffträgern, die bei den Bauern, oft gleich für ein ganzes Jahr, nebst Darlehensgewährung, Hühner, Eier, Schmalz usw. aufkaufen, legen auch die Metzger ihre Gäuknechte in die nahen Flecken, wo sie Kälber („und zu Zeiten, ehe sie werden“), Lämmer, Schafe, Schweine usw. in den Bauernhäusern autkaufen, „ dardurch gemeinglich alle essende wahr zu markt und sonst, wie vor äugen, merklich verteuert worden “. Der Rat verbietet diesen Verkauf seitens der ihm untertänigen Bauern und befiehlt ihnen, ihre Feilschaften nach Nbg oder in andre gemauerte Städte und Flecken, die offenen Markt und Marktrecht haben, zu bringen. Strafe: Waren­ verfall und 5 Gulden für Käufer und Verkäufer. Auf offenem Markt soll „nach gefallnen schaub oder eingezognen fannen“ gemäß Gewohnheit jeden Orts gekauft werden. Doch dürfen auch die Bürger und Inwohner der betr. Orte, wenngleich sie zunächst Vorkaufsrecht genießen, nur das zu ihrem Haushalt Nötige erstehen, sonst verfallen sie der gleichen Strafe. 15) 28. Dez. 37; 13. März 50.

16) Vgl. auch Riedl 830, 835, der Zitate aus Fürkaufsmandaten des 16. Jhdts. bringt. Ausnahmsweise war österreichischen Fleischern Gäukauf erlaubt, freilich nur für Bedarf der eigenen Schlachtbank; doch kam es auch vor, daß sie dieses Recht verlören und auf den Besuch der Märkte an ihrem Wohnsitz und in den Nachbar­ orten beschränkt wurden. Nach einer Wiener Verordnung von 1401 durften die Fleischhackerknechte nur von den Bauern, nicht aus zweiter Hand von den Landmetzgern einkaufen, eine Be­ schränkung, die im 16. Jhdt. allmählich wegfiel. 1559 WUfde Viehkauf auf dem Gäu schlechthin (einschl. Ochsen) gestattet. 17) Vgl. S. 160 f. 18) 6. Sapt. 97. Schon im April 73 hatte sich der Neumarkter Schultheiß über den Fürkauf der Gäuknechte beschwert, die „die Pfalz dermassen mit aufkaufung der kelber und viehs erösigten, das die Pfalz und sonderlich die churfürsten großen zadel am fleisch leiden müßten“. Er hatte daher etlichen Knechten, „welche in den Wirtshäusern gesessen und uf das erkauft viehe gedempft“, dieses genommen. 19) B 62, 112: 27. Juni 1603. 20) 29. Juli. 21) 8. Dez. 71. 22) 7. Okt. 73. 23) MStA: 24. März 1635; 17. Febr. 1644; 15. Juli 1648; 17. April 1656. 24) Der Toraufschlag wurde von der gesamten Einfuhr an Waren (z. B. von Kramware 5 °/o, dann 21j2 °/o des Werts) und Vieh erhoben. Bei Kälbern und Schafen betrug er 12 Kreuzer, bei Rindvieh 2 Gulden je Stück. Dazu kam noch eine Schlachtsteuer von 2 Pfg. auf das Pfund Fleisch. Die Akzise mußte auch in Wöhrd entrichtet werden; die dortigen Metzger jedoch konnten gegen „politten“ zollfrei in die Stadt einfahren. Dem Aufschlag und der Schlachtsteuer widersetzte sich das Metzgerhandwerk aufs heftigste, bis 1648 wenigstens ersterer zu seinen Gunsten auf­ gehoben wurde, während sonstige Bürger, Wirte usw. ihn weiter zahlen mußten. Die Kriegsstube, der bisher der ganze Viehaufschlag zugeflossen war, bekam von da an als Ersatz die Fleischsteuer zugewiesen Die Eingänge aus beiden Abgaben, wie übrigens auch aus den andern Akzisen, erfolgten sehr langsam und mußten oft gestundet werden. Am 21. Dez. 1650 wurde auch die Fleisch­ steuer abgeschafft: 14. Dez. 1632; 8. Jan. u. 18. Juni 1633; 19. Mai, 22. Sept., 26. Okt., 29. Nov. 1636; 10. Jan. 1637; 15. Juni 1648; 29. N0V. 1650. OR. MStA: 16. Febr. 1643. 25j Vgl. auch VMO 1720, a 5 u. 1731, a 6.

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Anmerkungen zum 9. Kapitel.

2)

3) *) 5) 6) 7) 8)

9)

Erste Erwähnung bei Baader I 201. Selbstverständlich fand schon bald nach Gründung der Stadt (vgl. hiezu nächste Anm.) marktmäßiger Verkehr mit Vieh statt, aber lokale Konzentration, Regelmäßigkeit, polizeiliche Ueberwachung und Zutrieb vom Aus­ land dürfte erst im Lauf des 14. Jhdts. eingetreten sein. — Müller I 610 spricht von den Nbger Spezialmärkten, ohne den Viehmarkt zu erwähnen. Das Folgende im Anschluß an Riedl 830 ff. R. stellt drei Ent­ wicklungsphasen für den Viehhandel auf: 1. Gäuhandel der Metzger. 2. Verkehr zwischen Metzger und Bauer auf dem städt. Viktualien­ markt. 3. Gewerbsmäßiger Viehhandel. — Es handelt sich jedoch nicht allein um Phasen, sondern zugleich um Arten des Handels, die nebeneinander fortbestanden. Vgl. S. 19. Riedl 832. Gothein 498 ff. Vgl. Beil. II. Baader I 238. Riedl hätte die Auffassung, daß speziell von den städtischen Fleischhauern (den ländlichen schreibt er mit Recht angesichts deren geringer Ausschrotung starke Handelsneigung zu) aus von ihm angeführten Gründen kein Handel betrieben wurde bezw. betrieben zu werden biauchte, nach den schon ein Jahr zuvor von Gothein beigebrachten Beweisen nicht mehr aufstellen dürfen. Das Beispiel Nbgs beweist ebenfalls die Verfehltheit dieser Meinung. In den Gäufahrten und dem damit untrennbaren Fürkauf ist, wie schon im Text erörtert, der Ursprung des Handels der städtischen Metzger zu suchen (dagegen R.: „obgleich (!) deren anfängliche Gäufahrten die Entstehung eines solchen zu begünstigen scheinen (!)“). Die Fürkaufsgesetze standen eben zum großen Teil auf dem Papier, besonders in späterer Zeit, und die an sich in der Stadt gewiß geringere Veranlassung, Viehhandel als Neben­ erwerb zu treiben, war noch nicht gleichbedeutend mit Verzicht darauf. Daß in Nbg Metzgerviehhandel vorwiegend als Ueber­ gang zu selbständigem Großhandel mit Vieh typisch ist, ändert an der Sache nichts. 8. Sept. 39. Vgl. auch 30. Juni 31: dem Schlaurßpach sagen, das er den von Nördling die 12 ochsen müg folgen lassen. 17. Okt. 62 : Erasmus und Sebastian Schlaurspachen, den metzgern, und iren mitverwandten die begerte urkund und fürschrift von wegen des hie bezalten gelts und das man inen die übrigen schaff one fernere beschwerd volgen lassen woll, an graf Joachim und Sebastian der Schligken amptleut zu Schlagkawald mittailen.

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10) Rep. 52b Nr. 309. n) 30. April. 12j 7. Sept. 98: Ratsfreund Wolf Schlauersbach macht den Vorschlag, die Stadt möge selbst als Käufer in Ungarn auftreten, „dieweil die ochsen- und viechkaufshändel allein in zweyer hieigen ochsenhendler, als in des Schurgers und Krausen händen sind“. Des Hans Krauß gleichnamiger Sohn behauptete die Monopolstellung;' als er einmal auf Grund des Verkaufs von 380 Ochsen an das Handwerk den Rat um Anweisung von 2300 Reichstalern („weiln er solche in specie Wechsel halber, so uf ihne trasiert, haben muß“) ersuchte, bewilligte dieser die Bitte mit der ängstlich­ resignierten Motivierung: „damit der flaischkauf bei hiesiger statt bleibe“: B 75> 181: 16. Aug. 1621. — 1546 hatte dagegen der Rat dem Gesandten Rumpf (vgl. S. 166 f.) u. a. zur Antwort gegeben, der Nürnberger freie Viehmarkt werde von überallher beschickt „und mehrerteils durch frömbde vichtreiber“ : 24. Aug.— Von einem Ring oberungarischer Viehhändler gegen den Wiener Rat, Anfang 17. Jhdt., berichtet Riedl 836. 1B) Vgl. Anm. 146 zu. Kap. 3. An andrer Stelle kommt er vor als „Endres Sorg, bürger und hendler hie“: ÄV Nr. 8, 87: 22. März 81. u) B 60, 87: 9. Juni 1601. 15) 20. März 93. 16J Hans Rotenwürger zu Wien erbietet sich schriftlich, zur Bestätigung der ungarischen Privilegien durch den jetzigen König zu verhelfen, nachdem sie mit Anfall Ungarns ans Haus Oesterreich nicht mehr bestätigt worden. Der Rat läßt in der Registratur Erkundigung einziehen, sowie Endres Schurger und andre Handelsleute, die mit Ungarn in Beziehung stehen, um ihre Meinung fragen: B 68, 18: 14. April 1610. 17) ÄV Nr. 12, 67 u. 70: 17. Dez. 91 u. 11. Jan. 92. 1S) Scholler I 132; Gebert 63. 19) 28. Febr. u. 6. April. 20) 25. Jan. 21) 8. Sept. 22) 9. Nov. Es handelte sich um 133 Ochsen eines polnischen Händlers, mit dem die Metzger „umb 90 oxen in kauf gestanden“. SieUbeänspruchten diese zu dem von Albrecht gezahlten Preis. 23) B 20, 263: 15. Juli 41: der hieigen vichtreyber halben, so metzker sein und das handwerk treyben sollen, erkundigen, wieviel derselben seyen und wie sy es damit halten; alßdann bedenken, wie inen ir gesuch und vortl abzustellen sey. 24) Nach den Rats Verlässen, RB u. OR, Wobei ich auf Belege im einzelnen verzichten muß.

25) Auch Krauß stand, mindestens zeitweise, mit Schurger und Haiden in Verbindung. Halbert und Müsel handelten bis nach Württem-

223

2G) 27)

28)

29) 30) 31) 3‘2) 33) 34) 35) 3G) 37)

berg und Straßburg (8. Febr. 91); wegen in W. ausstehender Metzgerschulden empfingen sie (11. Juli 92) Fürschrift an den Herzog, da der Rat nicht wollte, daß sie „ir hantirung deß orts gar einstellten“. 1548 bereits wird die Gesellschaft Niklas Gößwein, Sebastian Hofmann, Jobst Fürter und Paulus Lengenfelder erwähnt: 4. Dez. 20. März 94: Bartl Albrecht und des Wiener Händlers Latzari Henckhelts Diener verlangen Exekution gegen Halbert. 19. u. 23. Juni 90: Halbert zeigt an, daß Michel Albrecht, Bürger von Prager Neustadt, seinen Mitverwandten Wolf Müsel, Nürn­ berger Bürger, am 12. Juni auf öffentlichem Markt zu Prag habe verstricken lassen wegen einer Forderung an den Nürnberger Hans Albrecht. Letzterer hatte bereits schriftlich erklärt, er habe den Schuldbetrag durch Bartl Albrecht nach Prag überweisen lassen. Da dies nicht zutrifft, wird er in Haft genommen und ihm, als er um Freilassung für Besuch der Naumburger Messe bittet, eröffnet, er werde erst frei, wenn Prag die Erfüllung der Verbindlichkeit und die Befreiung Müsels und seiner Bürgen bestätige. VMO 1731, a4- Daran beteiligten sich zu dieser Zeit auch die Juden. Das auf dem Markt den Metzgern weggekaufte Vieh kam zum Teil daselbst wieder zum Verkauf. Selbstverständlich war das schon weit früher üblich, vgl. 23. Dez. 77: Beschwerde der Metzger gegen die Ochsenhändler, „das sie inen das viehe also aus den henden kaufen“* VMO 1720 u. 1731, a 2. II. Aug. 96 in WB I 381 f., sowie die beiden VMO. Die Strafe betrug je Stück 10 Gulden. 17. Aug. 99. VMO a 3. 2. Sept. 16. April. Reicke 288. 7. u. 28. März. 5. Sept. 64.

) COd. 139, 337. ») 15. Febr. 72.

38 3

40) 8. Juli 75 : Eingabe des Nürnberger Viehliandels an den Kaiser betr. „vihtribs und waid durch Beheim“. 41) Vgl. S. 89. 42) Wald-O.Fragm. GNMA VIII. 43) AB II 497 ff. : 4. Nov. 1613. 44) I. Sept. 91 wird als Marktsitte, nicht als gesetzliche Bestimmung, erwähnt, daß die Metzger früher vor den Fremden kauften. 45) B 81, 137: 12. Juni 1619. Schl, war fälschlich bezichtigt worden, er habe den Zutrieb von 204 polnischen Ochsen den Augsburger

224

4(5) 47) 48)

49) 50)

öl) 52) 53) 54) 55) 56) 57) 58) 5») 60) 61) 62j G3) 64) 65) GG) G7)



Metzgern und Viehhändlern gegen Schmiergeld von IO Gulden je Stück „ verkundschaftet “, worauihin diese bis Hersbruck ent­ gegengeritten seien und fast alle gekauft hätten. cod. 139, 171 ff. VMO a 1. Frayßlich ist als Faktor des Krakauer Goltsch bereits genannt, vgl. S. 85. 30. Okt. 49 kommt vor „der Pillßnisch faktor Wolf Pair“. In RB erscheint ferner anfangs 1599 Hanß Friesei als Faktor des Wiener Lazarus Henigkhel; der Prager Händler Hans Neupauer hatte den ihm aus dem Ochsenamt fälligen Betrag von ca. 3400 Gulden an Friesei zu Händen Henkels überwiesen. Vgl. auch Anm. 26. Beispiele aus RB und OR. RB: 2300 Gulden Ultimo Sept. bis Ultimo Nov. 97 aus dem Ochsenamt fällig, hatte ein Händler Fleischmann „ den herrn Dorisanischen angewiesen“, desgl. der Vohenstraußer Hopfner 800 Gulden den „ Angererischen erben“. Derselbe Fleischmann über­ wies am 27. Sept. 96 ca. 1900 Gulden an Hans Trainer und Mitverwandte. In OR 1680 findet sich 6. Nov. der Eintrag: „ zalt auch der Pellerischen handlung an der meisterschaft er­ kauften 196 ungarischen ochsen . . . 2000 fl.w; desgl. 16. Nov. an Joh. Gg. Hagen 1200 fl. „wegen der hiesigen metzger“. 1584 z. B. erfolgte auf der Feuchter Straße ein Ueberfall auf einen Krämer durch 5 Ochsentreiber, Knechte von Halbert, Schurger und Engel (21. Juli). Riedl 839. Vgl. Tab. S. 121. 6. u. 31. Aug., 17. Sept. 82. Vgl. Anm. 44 sowie 28. Aug. 91. 17. Mai in WB I 380 f. Ebda : 11. Aug. RB 7. Okt. 70, vgl. Tab. S. 121. OR 1641, 1650. Rechnungen des L. Fr. Beh. 1612 —1648, fase. 1 im GNMA. Die ziemlich erschöpfenden Beispiele aus Ratsverlässen, sowie RB 1561, 1570 u. 1595/6. Betr. Augsburg vgl. Anm. 45. Weißen­ burg ist merkwürdigerweise niemals erwähnt. Unterkäufel „ an kaufmanschaft “ schon im 13. u. 14 Jhdt.: Baader I 124 und Siebenkees 4, 689. 18. Mai und 20. Juni. 7. Nov. 1495. 5. Mai. Damals hatten neben den Fleischern auch die Kürschner einen aus ihrer Mitte präsentiert. I. Dez. 97, 3- Juni 79 u- 25. Mai 94.

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f;8) Vgl. Anm. 63. ,:9) 27. u. 30. April OI. 70) 28. Juli 34 wird der „underkeufel oder factor auf dem ochsen­ markt“ erwähnt; allerdings ist schon 16. April 15 von „underkeufeln der ochsen“ die Rede. 71) 18. April 37 u. 15. April 39. 72) 28. April. 78) 29. Mai. Gleiche Anzahl auch noch nach OR 1621. 71) Für das Folgende vgl. AB I 671 ff.: Eid und Ürdnung der Schweinschauer und Viehunterkäufel s. d. mit Nachträgen v. 22. Sept. 17 bis 19. Juni 50; AB II 481 ff: Pflicht der Unter­ käufer des Ochsen- und Viehkaufs v. 14. Mai 71, sowie Ordnung des Ochsenamts „mit dem auf- und einschreiben der ochsenkäuf und andern nottwendigen dingen“ v. 6. Juli 97, vgl. Beil. III; cod. 139, 171 ff: Eid und Pflicht der Schweinschreiber v. 18. Juni 1674; 188 ff: Eid und Ordnung der Schauer und Unterkäufer der Schweine s. d. mit Nachträgen v. 28. Febr. 31 bis 9. Nov. 83; 191 : Pflicht der Schweinschreiber auf dem Viehmarkt vor dem Frauentor s. d.; Einlage nach 337: Erneute Pflicht der Unter­ käufer am Viehmarkt v. 14. Jan. 1745; 338 ff: Eid der Unter­ käufer des Ochsen- und Viehkaufs v. 14. Mai 71 und später; 351 d f: Ordnung der Schweinschreiber v. 18. Juni 1674, erneuert 15. März 1715; 351 g_i: Pflicht der Viehschreiber s. d. 75) 4. u. 11. Sept. 36. 7r>) 16. Aug. 99: Die Unterkäufer empfangen Verweis, „das sie des viechkaufs halben allerlei partida treiben.“ Den Roßtäuschern war Ankauf von Pferden gestattet, nur durften sie diese vor Ablauf von 4 Wochen nicht wieder verkaufen: cod. 139, 201 ff 29. Mai 38. 77) Der Viehzoll betrug nach der ältesten Nürnberger Zollordnung a. d. 14. Jahrh. von 1 Kuh und 1 Schwein je 1 Heller, desgl. von 2 Schafen; ebenso noch nach dem Zollbuch von 1465 (ioa). Er wurde jährlich vom obersten Zöllner verpachtet, meist wohl an die Unterkäufer, die schon frühzeitig als Viehzolleinnehmer erscheinen. Mit Errichtung des Ochsenamts hatte dessen Vor­ stand den Ochsenzoll zu vereinnahmen, den übrigen Viehzoll erhoben die Makler, die mit dem Amt darüber abzurechnen hatten. Die betr. Beträge sind höchst geringfügig, da weitaus der größte Teil des Zutriebs zollfrei erfolgte: Rep. 52b Nr. 294; 23. Aug. 33; OR; Müller I 603 ff. 78) 18. Juni 44. 7f>) Riedl 834. 80) 22. Sept. 17. 81) 1674; doch wurde darin auf altes Herkommen verwiesen. 82) VMO 1720, a6; 1731, a 7. Wechselbriefe in hebräischer Sprache 15

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waren ungültig. Das gleiche Treiben nicht zugelassener Unter­ käufer, besonders jüdischer, herrschte auf dem Wiener Markt 1617: cod. Austr. 2, 78 ff. 83) Nach Ordnung von 1715 ernannten sie aus ihrer Mitte einen Buchhalter, der u. a. die Händler anzuweisen hatte, „daß ein ieder an statt der bißherig gewöhnlichen Zettul sich die verkaufte oder selbst verborgte Posten in einem besonderen Büchlein auf­ zeichnen lasse.“ Ein anderer führte die Kasse. Nach Markt­ schluß setzten sich alle zusammen, um mit dem Buchhalter Rechnungskontrolle vorzunehmen. Einkassierte Gelder waren alle Freitag Abend dem Kassier zu übergeben, um ihm Zeit zu lassen, durch Umwechseln die Kasse mit Kurantgeld zu versehen. Im Interesse der Solidarhaftung und der Kasse mußte jeder 1500 Gulden Kaution und 2000 Gulden Einlage leisten. 84) 7. Febr. 85) 25* Juni*

86) 24. Sept. 87) 6. Juli. Die Publikation erfolgte in einer OchsenunterkäuferOrdnung in 6 Artikeln (vgl. Anm. 74) und einer OchsenmarktsOrdnung in 13 Artikeln, die auf dem Markt angeschlagen war. Leider ist letztere in keinem ganzen Exemplar mehr vorhanden. Nur ein Fragment existiert noch in Rep. 79 Nr. 209, das die Motive und die ersten 3 Artikel (den 3. unvollständig) umfaßt. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß die 6 Artikel der er­ haltenen Unterkäufer - Ordnung einen Teil der Markt-Ordnung bildeten, so daß von dieser nur 4 als fehlend gelten müssen. Vgl. Beil. III. 88) „damit, wann sie [die Knechte] hernach gleich einen falsch wolten gebrauchen, daß die underkeufel gegen den ochsenhendlern desto mehr entschuldigt weren und nicht hernach die ochßen bezalen dörften, wie etwan zuvorn geschehen.“ 89) Der sog. Ochsenzettel. Exemplare sind noch in RB vorhanden, sie sind u. a. in Tab. S. 121 verwertet. 90) Die Stückzahl einer „Schanz“ ist nicht mehr festzustellen. In Wien hieß eine (größere) Partie „Bandl“: Riedl 852. 91) 25. u. 29. Mai, 6. Juni 94. 92) B 62, 266: 29. Sept. »3) Z. B. 6. Juli 57: Metzger Wolf Kroer hat im Namen des Hand­ werks von Wilh. Sambson von Pilsen 100 Ochsen gekauft „und will den kauf nit halten.“ 94) 8. Juli 60: Kunz Kiener und andre Metzger haben auf dem letzten Markt im Aultrag des Handwerks eingekauft; wegen der neuen 7-Pfennig-Taxe wollen die übrigen jedoch keinen Anteil mehr am Kauf. Der Rat erklärt, er könne sich „in ire tailung nit schlagen.“

227

95) Z. B. 19. Aug. 53: statt 35 bezw. 31 Gulden: 33 (284 Ochsen des Veit K^llermann von Pilsen); 4. Nov. 53; 10. Okt. 98 (wegen ausnehmend teuren Verkaufs des E. Schurger auf Grund des Ochsenzettels „sich zu erkundigen, ob nicht zwischen ihm und den metzkern ein collusion unterlaufen thue.“) 9«) I- Juli 53. I)7) 2. Juni 98; 15. Sept. 99. 98) 17. Juli 60. Vgl. auch Anm. 12. ") Riedl 840. l0°) 18. Juli 69; 10. Sept. 80; 5. Aug. 81; 10. Aug. 82; 28. Juli u. 11. Nov. 87; 11. Juli 89; 30. Aug. 93; 3. Juli 96 usw. MKA v. 11. Juli 89 „das nachlaufen und verscheuung des viechs am ochsenmarkt betreffend.“ ' 101) 24. Juli 93; 25. Sept. u. 22. Dez. 96; 12. Juni 98; MO V; RB u. OR.

Anmerkungen zum 10. Kapitel. 1) 8. Aug. 32: Mertin Frantz soll morgen uf den ochsenmarkt geen und sich lassen hören, was ein rat für ein Ordnung ufzurichten vorhab und disen ganzen handel bey einem gesamleten rat wider fürzulegen. — Der Gründungsbeschluß selbst datiert’vom 23.JUH32; vgl. ferner Ratsverlässe vom 3., 14. u. 16. Aug. — Gründung des Ochsenamts kurz erwähnt bei Schmoller II 358 und Adler I 72 nach Fischer 2, 609, der in einer Anm. die weitere Literatur an­ führt: Journal 5, 502 u. Häberlin I 1, 339. Abdruck aus dem Journal bei Waldau 2, 447 ff. Doch handelt es sich bei allen diesen Literaturstellen aus dem 18. Jhdt. hauptsächlich um das Unschlittamt, wobei des Ochsenamts nur ganz beiläufig Erwähnung geschieht. — Reicke 616. 2) B 16, 106: 1. Okt. 33. 3) B 17, 204: 20. März 36. 4) B 17, 55 ff; vgl. Beil. IV. Das Statut stammte aus der Feder des Dr. Gugel. Vier Tage vor Erlaß hatte man beschlossen, den Entwurf unverändert anzunehmen, „wiewol solch Statut gar wenig fürtreglich, sonder mer ein forcht und Zurichtung zur bezalung, dann ein execution werd sein, in ansehung, das einem yeden andern an seiner vorhabenden schulden und rechten nichts dodurch benomen“: RSB 9, 5: 1. Juni. Vgl. Anm. 51. 5) In RB 1536, 1539 und 1545 finden sich Zettel über Ankauf von Tuch von M.Fr.; so stellte er z. B. 31. März 37 in Frankfurt eine Tuchrechnung aus für die Kriegsstube im Betrag von 456 Gulden. 6) 27. Jan. 36. 16*

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7) 31. März 46. 8) RB (XII L31) findet sich ein Päckchen: allerlay verzaichnüs und handlungen von wegen Martin Frantzen schuld, so Hans Keßler bezalt hat in anno 1554. Darin befindet sich neben der Kopie eines Schuldbriefs (dat: Aschaffenburg, Osterdienstag 1545) des Mainzer Erzbischofs Albrecht von Brandenburg über 3176 Gulden, die ihm M. Fr. gegen Verpfändung „unser beyden infei“ geliehen hatte, sowie der Kopie eines Schreibens des Erzbischofs Sebastian (1546) in der gleichen Angelegenheit an des Franz Witwe ein Brief Cordulas an den Rat, aus dem. sich die Ver­ bindlichkeiten des Amts zur Zeit des Todes ihres Mannes (1. März) ergeben. Sie betrugen gegenüber: Lorenz Lang, Niclas Gößwein u. Gesellsch. . . 4450 Gulden, Stenzei Gutheter bezw. seinem Diener Benedikt. 2521 „ Thomas Roch, Jobst' Foederer u. Gesellsch. . . 1300 „ Hans Keßler .............................................................1251 „ Sa. 9522 Gulden. Diese 9522 Gulden waren von Cordula im Juni bis auf einen Restbetrag von 710 Gulden abgezahlt. Schließlich enthält das Päckchen noch das Bekenntnis des Hans Keßler für sich und seine Erben, daß Cordula Franz dem Rat „von wegen des ochsen­ handeis und desselbigen Verwaltung hinterstelliger verrechneter und bekantlicher schulden schuldig gewest und noch ist“ 4000 Gulden, daß er diese zu bezahlen auf sich genommen habe und zwar in halbjährlichen Beträgen von je 1000 Gulden. — Wahrscheinlich kamen zu den 710 Gulden noch die 3176 Gulden des Mainzer Darlehens nebst Zinsen hinzu, da Cordula dem Erzbischof Sebastian wegen Rückzahlung von mindestens 2 bis 3000 Gulden geschrieben hatte — offenbar zunächst vergeblich — mit der Begründung, daß ihr Mann „ solichs geld umb andere leut entnommen, die jeczunder bezalt sein wollen.“ Offenbar hatte s. Z. Franz das Darlehen aus Amtsgeldern gewährt. 9) 30. April. 10) 10. u. 11. Mai; 1. Dez. u) 15. Mai. 12) B 18, 161 : 24. Mai. 13) 6. u. 14. April 51. u) 20. April. 15) ÄV Nr. 13, 166: 8. Juli. 16) B 73, 14: 20. Okt. 17) 13. Nov. 55. 18) 17. Sept. 52 u. 1. Dez. 53. 19) 30. Dez. Erst damals wurde für den Ochsenschreiber eine „Pflicht“ verabfaßt und im Eidbuch registriert. Am ii. Jan. 1556 leistete Wernlein dann den Amtseid.

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20) 19. Aug. 98. 21) ÄV Nr. 13, 171 : 17. Juli 95. Der eine der 2 Bürgen war Schurger. 22) OR. 23) a6 der O. v. 6. Juli. 24) OR. 25) Vgl. Anm. 4. 23) Anfänglich war dazu noch spezieller Ratsbeschluß erforderlich: Martin Franntzen soll man zu dem ochsenkauf noch tausent gülden darleyhen und ime ansagen, das er sich zu außgang des jars mit seiner rechnung geschickt mach: B 16, 100: 13. Aug. 33. -7) Die Beziehungen zwischen Ochsenamt, Unschlittamt, Schau und Losungstube werden durch RB, OR und UR hinreichend klar­ gelegt: Abrechnungsstelle für beide Aemter war die Losungstube. Bisweilen überwies diese auch direkt an andere Aemter, z. B. 22. Juli 1596 den Betrag von 1200 Gulden aus dem Ochsenans Bauamt. Die Ablieferungen des Ochsenamts an die Losung­ stube betrugen z. B. 1596: 9200 Gulden, 1597: 10200 Gulden, 1598: 13500 Gulden, 1621: 53000 Gulden, 1631: 58200 Gulden, 1641: 11000 Gulden, 1650: 9600 Gulden. Dem­ gegenüber standen an Anweisungen ans Ochsenamt aus Losung­ stube bezw. Unschlittamt z. B.: 1621: 45000 Gulden, 1631: 28600 Gulden, 1641: 17500 Gulden, 1650: 7000 Gulden. Ein Einzelbeispiel gibt ein Zettel vom 31. Dez. 1595 aus den RB an die Hand: „erlegt ich [Unschlittamtmann J. Wernlein] dem herrn ochsenamptmann auß dem unschlittampt, so ich sonsten in di losungstuben bette bezaln und erlegen müssen, zu beschluß meiner rechnung f 500 und diese 500 f wird der herr ochsen­ amptmann in seiner rechnung für empfahen setzen per memori.“ Ferner verrechnete z. B. Ende März 1596 das Unschlittamt für 855 x/2 Ztr. von den Metzgern gelieferten Unschlitts 6735 Gulden, wovon die Metzger durchs Unschlittamt dem Ochsenamt zur Bezahlung ihrer Fälligkeiten 5494 Gulden überwiesen. Der Rest wurde bar bezahlt. Das Ochsenamt brauchte jedoch zunächst für Händlerfälligkeiten nur 3—3V2 Tausend Gulden. Anfangs April 1598 überwies z. B. ferner das Handwerk den Betrag von 8168 Gulden für 103 71/3 *Ztr. gänzlich ans Ochsenamt. Um­ gekehrt flössen Beträge aus dem Ochsenamt auch direkt ans Unschlittamt, z. B. der oben erwähnte Betrag von 9600 Gulden (1650), von dem es in der OR heißt: „zalt der losungstuben per überweißung dem unschlitampt. “ 28) Es lassen sich nur zwei Fälle nachweisen: 1. Nach OR 1601 brachten zwei Metzger auf Ratsbefehl von Büttstedt 91 Ochsen nach Nürnberg, von denen das Paar mit allen Unkosten bis Nürnberg 49 Gulden 10 Kr. kostete; 2. nach OR 1621 ließ

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der Rat 1014 Ochsen von „Pruen aus Schlessien“ kommen. Es dürfte dabei entweder Brünn in Mähren oder Brieg i. Schl, gemeint sein. 29) 18. Sept. 50. Uebrigens kauften auch ärmere Metzger noch immer aus eignen Mitteln; so berichtete Kötzler 1595 (31. Dez.), sieben Metzger seien zu unvermögend, um ihre Schulden gegenüber dem polnischen Händler Endres Lypowsky zahlen zu können, worauf der Rat ihnen gegen Bürgschaft die Hälfte aus dem Amt vorschoß. Rückzahlungsbeträge noch in OR 1601. 30) 16. April 35; 20. Aug. 46; 2. Juni 48; 5. Juni 53. 3A) 28. u. 30. Juni 50. 32) 3. Mai 48. 33) 1. Aug. 55 (zwei Metzgern von Pegnitz); 12. Dez. 45 (Schwabach). 34) 12. Dez. 35) Rep. 52b Nr. 234, 148 ff. Vgl. Beil. V. 36) Gleichwohl finden sich nicht wenige Beispiele sofortiger Bar­ zahlung; so wurde z. B. (RB) 1599 der geringe Kassabestand am Ende des Jahrs damit begründet, „weil man dann heuer in wehrendem ochsentrieb die ochsenhendler maisttails mit parem gelt hinweg richten muessen, die metzger aber noch zur zeit wenig zahlen.“ 37) Sog. „fristregisterlein“: RB. 38) Bucheintrag erfolgte nach diesem Schema (RB S XII L 39): „adi 18 augusty [1570] verkauft Petter Müsell den maistern hie 163 ochsen und den frembden 145, das par umb f 36A/2, und 3 ochsen vergebens; frist halb in 6 wochen und halbs in 6 wochen darnach, mer verkauft er den frembden 148, das par umb f. 3iV2> zwen ochsen in kauf“. 39) RB 1599, Zettel der Januarfristen: „doch in der zeit [bis Mit­ fasten] allweg die maisten fristen verfallen “. 40) Vgl. Anm. 8 (Benedikt, Diener des Gutheter) und Anm. 50 zum 9. Kap. 41) OR 1631 : [u. a.] erlegt dem Hans Kraußen 1865 l/2 f 1 x/2 monat, dann so viel 3 monat vor der zeit thutt der intereße ä 6 pr. den jar nach .... f 42. 42) 30. April. Die Erhöhung wurde damit begründet, daß „ nicht allein uf den oxenambtman und seinen Schreiber viel ein mehrers gewendt werden mus und also nur einbuesen bei diesem ambt, zudem das meine herrn jerlich 10 m f feirend und ohne — [zerfressen!] ung liegend hetten, das man in dises ampt gepraucht; so würden auch viel böser schulden gemacht, die meinen herrn auch zu schaden geraichten “. — Eine Erhöhung auf 1/2 Gulden, wie sie 1624 ein Gutachten der Deputierten zum Unschlittamt .und Metzgerhandwerk vorschlug, wurde abgelehnt (B 77, 26 ff: 16. April). 43) Vgl. Anm. 28. Ueber Verhältnis von Wagnisgeld und Amts* Unkosten unterrichtet folgende Zusammenstellung:

*3 *

i6ot

44)

45) 46) 47) 48) 49)

50) 51) 52) 53) *4) 55)

56) 57)

58) 59)

X621 1631

1641

1650

1660

1670 1680

Bezahlte Ochsen: 622 1281 2096 762 1034 — 176 397 Wagnisgeld: 155 320 524 190 258 — 44 99 Amtsunkosten: 243 831 550 303 291 289 298 303 Die unmittelbaren Amtsausgaben (Besoldungen, Hauszins, Probe­ schlachtungen, Ochse des Amtmanns, Bücher, Papier usw.) waren also stets höher als die wesentlichste Amtseinnahme, die aus dem Wagnisgeld. 1621 (27. Okt.) erscheint unter den Unkosten der Betrag von 500 Gulden „ recompens “ für den Händler Hopfer, weil „er sich der banco-bezallung begeben und lauter münz für 300 ochsen auß dem ochsenampt angenommen“. Man wollte offenbar die im gleichen Jahr gegründete Girobank ausschließlich dem Waren großhandel Vorbehalten [?]. Nach RB 1570 (OR 20. Sept.) zahlte z. B. Erasmus Schlauersbach in der Zeit von Anfang Okt. 70 bis Ende Jan. 71 .in 6 ver­ schiedenen Raten insgesamt 221 Gulden. Vgl. Anm. 27. a8 des Stat. v. 1558. B 17, 204: 20. März 36. a 10 d. St. v. 1558. a 9, 11, 12, 13, 14. Ratsverlaß vom 17. März 52 hatte bereits Kreditsperre für denjenigen Meister statuiert, der seine neue Schuld 1 Monat nach Ablauf der mit den Händlern ausbedungenen Frist noch nicht beglichen hatte. OR 1601 unter dem Titel „interesse“. Stat. 1535; vgl. Beil. IV, sowie Anm. 4; Nürnberger Reformation v. 1564, Tit. XXI, Gesetz 5. a 15; vgl. das Verzeichnis in OR 1601. Vgl. Tab. S. 122. Vgl. Beil. VI. Von den vielen Beispielen ist besonders die Notiz in OR 1682 interessant, nach der acht Metzger auf Zahlungsaufforderung hin erklärten, ihre neue Schuld nicht sofort bezahlen zu können, da sie „dießes jahr über nicht nur wegen deß vielfältigen verhausieren deß fleisches, sondern auch wegen der schweinstecher (alß welche ihnen mit so stetigem ochsenschlachten an ihrer nahrung so großen schaden zufügen) gar einen schlechten abgang des fleisches gehabt haben“. 15. Jan. 89. 12. Okt. 59: Der Amtmann soll darauf achten „wie ein yeder metzger haußhalte, und welcher übel haußhalte, dem soll er dester weniger fürleihen“. 28. u. 30. April 51; WB I 381 f.: 11. Aug. 96. 26. April 57: Bartl Held soll fleißiger sein mit Einbringung der

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Metzgerschulden, bisweilen selbst unter die Bänke gehen und sich nicht in allem auf seinen Schreiber verlassen. 4. Nov. 53. Doch war auch bisweilen genügende Deckung durch den Ochsen­ vorrat vorhanden, z. B. 26. Jan. 75: Schulden der Metzger 16216 Gulden, davon fällig 7560 Gulden; demgegenüber 845 ge­ mästete Ochsen zu je 18—20 Gulden. 27. Okt. 18. Sept. 50. Vgl. Anm. 62. B 60, 93: 12. Juni. 17. März. 12. Okt 59: zu der nehern frag ist man so vil schuldig blieben, in der zeit ist so vil bezalt und so vil bleibt noch im reßt, das zu bezalen. 1. u. 9. Juli; 7. Sept. 88. . 23. Okt. 90. B 77, 141 : 9. März. B 78, 24: 7. Sept. Schon 2 1/2 Jahre vorher hatte das bereits erwähnte Gutachten vom April 1624 u. a. gefordert, wenn der Losungstube „die verlaag des metzgerhandwerks“ zu schwer falle, so sollten die Metzger aus eignen Mitteln Zahlung leisten. Vgl. zu diesem Absatz B 76, 169: 4. April 1623; 77, 20: 20. März 1624; 144: 8. April 1625; 272: 31. März 1626; 78, 135: 3- April 1628. Die Ziffern der ersten drei Jahre sind nur bedingt verwertbar, da sie lediglich den Stand an dem betr. Datum angeben (nach RB), während die Ziffern von 1601 ab auf das ganze Geschäftsjahr sich beziehen. 11. Juni 57 (2); 9. Juni 59 (3). 5. Febr. 88: zu beratschlagen, wie doch bei disen geschwinden leuften und Zeiten, alda das handwerk der metzker so gar ver­ armt, zu besserer Versicherung zu kommen. Vgl. auch Anm. 68. — Nach RB 1570 (OR 17. Mai) hatte bereits ein Metzger „armuth halber zu flaischwerken aufgehört“. 1597 (11. Juli) war ein ehe­ maliger Metzger „ so gar bluetarm “, daß er eine Appellation nur mit Hilfe des Rats durchführen konnte. B 16, 136: 8. April: Martin Franz wird Verbot zu Recht (d. h. Arrest) vergönnt auf der Croerin Hab und Gut wegen aus­ stehender Ochsenschuld, da sie sich nicht betreten lassen will. OR 1601. 11. Aug. 91 : Ein Metzger bietet dem Rat für 237 Gulden Schulden Hypothek von 100 Gulden auf sein Haus in der Breitengasse, das er täglich verkaufen will, an, leistet für den Rest Pfandsicherung und stellt zudem 2 Bürgen.

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6. April 88: für 372 Gulden Schulden wöchentlich je 2 Gulden. OR 1601 (Schulden ab 1591 ff.) 6. April 88. OR 1621, 1631 bezw. 1660. 2. Sept. 59: welche aber gestorben und verdorben und nichts vorhanden ist, dieselben schulden soll man außthun.

Anmerkungen zum 11. Kapitel. 1) Zedier 49 (Unschlitt). 2) 22. Jan.. 1450; B 19, 252: 12. Juni 39; 22, 343: 14. Jan. 45; 7. Mai 60; 6. Aug. 65. Im September 1566 wurde abermals Bau einer neuen Schmelzhütte wegen ungeeigneten Platzvorschlags abgelehnt. 3) 4. April 41; B 20, 226. 4) 11. Sept. u. 24. Okt. 53; 16. Sept., 22. Nov. u. 18. Okt. 54; 22. Aug. 61; 8. Aug. 62; 3. Nov. 62; 24. März 64; WBI 295 s. d. 5) 18. Okt. 54. ,;) 16. Sept. 53; 18. Okt. 54. 7) 18. Okt. 54; ferner vgl. 12. Sept. 53 ; 13. Febr. 54; 14. Aug. 56 usw. 8) 18. Okt. 54; 6. Dez. 55. 9) WB I a. a. O. 10) 5. Dez. u) 16. Nov. 539. Okt. 55. 12) 7« Juni 54: Ein Metzger hatte nur drei Kübel vor die Wage gebracht, darauf „umb noch 18, di er im hauß gehabt, ain gleichen kauf getroffen und dann erst in die wag gefuert“. 13) 31. Okt. u. 1. Nov. 55. 14) 13. Nov. 63, also nach Errichtung des Monopols. 15) 24. Okt. u. 23. Dez. 55. 16) 4. Nov. 57; 17. Okt. 61. 17) 2. Nov. 53. Es handelte sich um die 7-Pfg.-Taxe für Hammel­ fleisch und den Unschlittpreis von 5 x/4—-5 x/2 Gulden, während die Metzger bald 53/4—6 Gulden verlangten. 18) 26. Okt. 55: Man soll „den eingang oder narration dises gesetz nit so gar auf der metzger aigennützigkeit, sondern etwas gemainer und glimpfiger stellen, auf maynung: dieweyl das ynßlit (wie an ainen erbern rathe gelangt) von tag zu tag ye mer in ainen grossen aufschlag kumen, welches aber gemainer bürgerschaft, zumal den armen handwerksleuten, die zu iren handwerken vyl Hechts geprauchen muessen, zum höchsten beschwerlich etc. und dergleichen. Darzu sol man des verkaufens und verfuerens halben des ynßlits die sach nit allain auf die metzker, sondern auf andere auch stellen . . .

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19) 20) 21) 22) 23) 24) 25) 26) 27) 28)

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21. Aug. 55; 28. Jan. 90; 27. Dez. 1602. Vgl. Tab. S. 14b. 5. Jan. u. 14. Okt. 14. Okt. 57. WB I a. a. 0. 5., 6. u. 7. Dez. 7. Febr. 27* Okt. Das Resultat der Bestandsaufnahme hatte geheim zu bleiben. Vgl* z. B. 25. Juni 58: den übergebnen unschiitzettel, das desselben 64 centner und 32 tt gewest, auf im selbs ruhen lassen. AB II 489 ff.: Eid der zwei Unschlittschauer s. d., doch nicht nach 1565. Desgl. cod. 139, 357 ff. 24. Okt. 55 ist die 2-GuldenStrafe je Kübel festgesetzt, woraus sich ergibt, daß 1 Kübel = 1 Zentner. 24. Okt. u. 6. Nov. 55. 5. Dez. 16. Dez.; damals war ausnahmsweise kein Mangel an Unschlitt vorhanden. 15. u. 22. Sept.; 1. Okt. 10. u. 17. Okt.; 19. Nov.; 5. u. 2 1. Dez. 61; 5. Jan. u. 14. März 62. Z. B. sollte Thoma Schweitzer 200 Ztr. von Regensburg ein­ führen, wobei der Rat l/i Gulden zu der geltenden Taxe von 53/4 Gulden zuschießen wollte; doch stellte die Lieferung sich als unmöglich heraus. Schließlich konnte Augsburg 200 Ztr. liefern und ein Pfragner vermochte 40 Ztr. einzuführen. Diese kleinen Mengen sind der beste Beweis für den damaligen allgemeinen Mangel. Auf 6 Gulden bzw. 17 Pf. 5. Dez. 61. 14. Juli. — Bisherige Literatur über das Monopol: Gundling 479; Deliciae 18 bzw. (2. Aufl.) 46; Häberlin I 2, 239 ff.; Zedier 49 (Unschlittamt); Joh. ab Ind. (= Falckenstein) 5. Buch, 112. Kap. § 5 Nr. IV; Journal 5, 502 f.; Fischer 1, 609; Waldau 2, 447 ff.; Reicke 602, 616. — Gundlings Angabe, das Unschlittamt sei 1575» als großer Lichtermangel bei gleichzeitig starkem Unschlitt­ bestand herrschte, errichtet worden, erbte sich in der Literatur fort. Joh. ab Ind. setzte zudem auch die Entstehung des Ochsen­ amts in dieses Jahr, bis das Journal die richtige Zahl 1532 brachte. Reicke spricht richtig von dem schon 1562 nachweisbaren Unschlittamtmann und löst damit die Verquickung der Monopol­ errichtung mit der Erzählung Gundlings für das Jahr 1575. Daß seit 1562 der Ochsen- mit dem Unschlittamtmann identisch sei, trifft allerdings nicht zu. Auch war die Vereinigung der beiden Aemter 1625 (nicht 1624) zunächst nur eine vorübergehende.

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Die Identität der beiden Aemter für 1575 auch fälschlich im Journal und (daraus) bei Waldau. 38) RB 1562: Wolf Krabler, Bürgerschreiber, liefert von Licht und Unschlitt am 7. Febr. (wohl 1563) 437V2 Taler zu je 24 Groschen in die Losungstube. 39) 3i.Okt.; 2. Nov. 62 und viele weitere Verlässe bis Ende 63. Der Name eines jeden Käufers mußte aufgezeichnet werden; die Großpfragner durften nichts erhalten, einer von ihnen, Lichtenthaler, mußte 1 Monat hindurch seinen wöchentlichen Ankauf vor der Wage zusamt dem Namen derjenigen Kunden, die über 1 Gulden Unschlitt von ihm bezogen, angeben. Auch sonst wurde der Geschäftsbetrieb der Großpfragner überwacht, z. B. mußte (25. Sept. 62) jeder, der seit 1. Mai über 10 Ztr. eingekauft hatte, Rechenschaft über seinen Absatz und Bestand ablegen. 40) 28. Juli 62; AB II a. a. O. 41) i5-

42) 17. Okt. 62. 43) 6.

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9. Jan. 31. Okt. 62. 4. Nov. 62. Vgl. auch S. 51. 1610 erscheinen sie in der ersten erhaltenen UR. 26. Aug. 94; B 63, 22 : April 1605; 528: 24. Sept. 1605 (Dekret). Vgl. auch Rep. 42 a Nr. 7 u. Rep. 77 Nr. 103. 3. Sept. 74; 4. März 77. Die UR 1660 bringt bereits die niedrigen Preise von 8—10 Gulden, die sich nur auf Rohunschlitt beziehen können. UR 1670 spricht vom Schmelzen rohen Unschlitts „in 23 schmelzen“. Journal und Waldau sprechen für das folgende Jahrhundert davon, daß das rohe Unschlitt durch besonders dazu bestellte Personen in einem eigenen Gebäude in der Stadt geschmolzen, gereinigt und in verschiedenen Gattungen sortiert wurde. — 1610 (UR) wurden z. B. aus 665 Ztr. nassen Freibankunschlitts (das in 14 verschiedenen Preisstufen übernommen wurde) 465 Ztr. Reinunschlitt gewonnen. 13. Nov. 63; 24. März 64; 24. Nov. 65. Schwarzes und weißes Unschlitt zu mischen, war verboten. Das schwarze Unschlitt ent­ stand dadurch, daß die Metzger zu viel Rohunschlitt zum Schmelzen Zusammenkommen ließen, „ auch das schöbßen nit hangent trucknen, sondern naß uf ein pällein zusammenwickeln, welches dann . . . ermodet und schimlich wird“. Annahme solchen Unschlitts nur um 4/2 Gulden unter Taxe, bei besonders schlechtem Anzeige an den Bürgermeister: cod. 139 a. a. O. 23. Nov. u. 18. Dez. 63. 24. April 74; 1. Juni 77; 3. Juni 90.

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54) AB II 426 ff.: O. betr. hier gemachter und hergebrachter Land­ seife (15. Nov. 72). Jeder Seifensieder hatte besonderes Zeichen; gute „Venedisch saifen“ trug den Mond als Marke. 5ö) 25. Jan. 1611 in B 68, 572 u. cod. 53, desgl. ebda 31. Aug. 1626. 5f;) Pfragner-O. betr. Lichterverkauf v. Febr. 1578 in AB II 484 ff. u. cod. 139, 343 ff. Diese 24 Pfragner erhielten vom Monopol wöchentlich eine bestimmte Menge Unschlitts, deren völlige Ver­ arbeitung zu Kerzen scharf kontrolliert wurde. Der Verkauf der Lichter war lokal konzentriert, erfolgte turnusweise und unterlag der Rationierung. Gleichwohl waren Bevorzugung von Bekannten, „Hamsterern“ (z. T. auch mit der Absicht unerlaubter Ausfuhr), sogar „Kerzenpolonaisen“ durchaus keine Seltenheit. Erst 1644 wurde dislozierter Ladenverkauf wieder gestattet. Vgl. cod. 139, 346c~s, s. d.: Erneuerte Pfragner-O. betr. Lichterverkauf; AB II 239: Lichtwägerpflicht s. d.; desgl. cod. 139, 351 a c: 27. April 1667; B 60, 202: 17. Aug. 1601: Um die Lichter ist täglich solches Gedränge, „das die leut oft zwo, drey oder mehr stund müßen aufwarten und dannoch endlich ohne liecht widerumb haimbgehen.“ Ueber diesen von der Stadt bewerkstelligten Lichterverkauf, der in Anlage und Wirkungen durchaus an unsere heutigen, durch die Kriegswirtschaft aufgekommenen städtischen Verkaufsstellen für verschiedene Waren gemahnt, ist außer dem zitierten noch andres Material reichlich vorhanden. 57) 3. Sept. 74. 58) 22. Nov. Auch die Seifensieder wurden übrigens in den beiden Jahren vom Bezug aus dem Amt ausgeschlossen, jedoch nur vorübergehend. 59)

,;o)

alten königlichen Fronhofs und damit Reichsiehen waren, für deren Nutzung dem damit belehnten Wendelsteiner Richter Frondienste zugestanden hätten, erfüllt die Geschichte des Gerichts Wendelstein vom ersten uns bekannten Anfang bis zum oben berührten Jahr 1529 und darüber hinaus. Der Umfang dieser sogenannten Wendelsteiner Holzmark steht nicht fest, die traditionelle Zahl von 2800—3800 Morgen galt schon Ende des 18. Jahrhunderts für übertrieben. Zu der

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Holzmark zählten vor allem die großen Forsten an der Schwarzach zwischen Schwarzenbruck und Nerreth ; im einzelnen genannt werden die Hölzer Eichstock, Appersloh, Dresenbach bezw. Drosenloch, der Langfirst, das Loh südöstlich Raubersried, die Blumenau, das Flurlein und die Au, darunter ein Stück „auf der Lach“ genannt. Der Kreis der Waldberechtigten ist gegeben durch die Bestimmungen der Urkunden von 1340 bis 1387, die die Nutzungen ausschließlich den vier Dorfmarken Wendelstein, Raubersried, Nerreth und Dürrenhembach und den Leuten, die darin gesessen seien, zusprechen, wobei die Höfe südlich Röthenbach bei St. Wolfgang zu Nerreth zählen und wobei es ohne Belang sein soll, ob die Leute Hintersassen des Reichs, des Gotteshauses, der Bürger oder von Ausleuten oder sonst jemanden sind. Zu diesen Berechtigten treten vornehmlich nach der Neuregelung von 1529, teils allerdings unter heftigstem Widerspruch der bisher Berechtigten, Besoldungs­ hölzer für Richter, Gerichtsdiener, Schulmeister, Mesner, Hebammen, Nachtwächter, Salvaguardia und den Amts- und Gerichtsknecht. Außerdem leistete die Holzmark große Zuschüsse zu den kirchlichen Baulasten, da der eigentliche Kirchherr das Gericht Wendelstein war. Nur die Baulast am Pfarrhaus traf den Patronatsherrn, seit 1464 Ansbach. Im wesentlichen und ursprünglich hatten aber nur die Orts­ ansässigen, die Bürger des Gerichts Wendelstein, Anteil und Rechte an dem sog. „Eigen“, außerdem die Erbherm, für die auch nicht die Ablegung des Bürgereids Bedingung zum Ansässigwerden war. Die Frage, ob auch Beständner in der Erbherrn Häuser, deren es Mitte des 16. Jahrhunderts 17 in Wendelstein gab, Anspruch auf die Waldnutzungen hätten, gab vor allem 1543 Anlaß zu größeren Streitigkeiten, da die Dorfmarken sich strikte weigerten, Holz aus dem Eigen für einen Erbherrn hauen zu lassen, wenn er sein Erbe nicht selbst besitze. Auch später, so 1690, sind gleiche Streitigkeiten entstanden. Schon früher, um 1508, hatten die Beständner und Handwerker gleichlaufende Ansprüche wie nun die Erbherrn für ihre Beständner auf gleichen Anteil an der Holzmark mit den Bauern gestellt. Ihre Ansprüche sind jedoch abgewiesen worden. Die Gemeinde hatte nämlich nach Zusicherung von „Frid und Geleite“ für ihre Briefe diese vor den Herrschaften aufgelegt, und es mußte den Beständnern auf Grund der Urkunden



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erklärt werden, daß sie nur aus gutem Willen und nicht Rechtens halber das Holz erhielten. Die Größe der Nutzungen ist erst spät eine fest geregelte geworden. Ursprünglich, wenigstens zu Anfang des 15. Jahrhunderts» scheint jeder aus den Wäldern geschlagen zu haben, soviel er gerade heimbringen konnte. Spätestens die völlige Niederbrennung Wendelsteins 1449 führte mit dem abnorm hohen Holzbedarf auch zu einschneidenden Maßnahmen, indem die Berechtigten die Nutzungen zunächst völligpsperrten und dann dieselben in einer Einung genau festsetzten. Während die Nutzungen an Scheitholz im sog. Bürgerstoß bald feste Umgrenzung erfuhren, steigt das Ausmaß der Berechtigung an Zimmerholz mit der Zeit stark an, zumal seit Anfang des 18. Jahrhunderts, wo infolge Raupenfraß im Wendelsteiner Holz dort vermehrte Nutzungen einsetzten, wogegen die im Reichswald außer acht kamen. Durch eine Verordnung von 1771 wurde der Entwicklung ein Ziel gesetzt und die Nutzungen genau umschrieben, worauf hier aber nicht eingegangen werden kann. Noch zu Anfang des 16. Jahrhunderts zahlten übrigens die Raubersrieder auf Grund uralten Herkommens nur 3 Kr., alle übrigen Gerichtsbürger aber 7V2 Kr. für den Baumstamm. Die Schrotbäume werden bei der jährlichen zweimaligen Bauholzabgabe im Frühjahr und Herbst abgegeben. Die strittige Frage war nun, wie eingangs hervorgehoben, die, ob die Wendelsteiner Holzmark freies Eigen der vier Dorfmarken im Wendelsteiner Gericht oder unmittelbare Zugehörungen des alten Königshofes und somit nunmehr Teile dieses Reichslehens seien, oder anders betrachtet, ob die Rechte des Gerichtsherrn an der Mark nur anteilsmäßige sind oder er der Alleinberechtigte ist, von dem die Gerichtsbürger ihre abgeleiteten Rechte durch Frondienst erkaufen müssen. Die ersten Urkunden, die wir über die Holzmark kennen, führen uns mitten in den Streit der beiden Auffassungen hinein. In der ersten Urkunde von 1325 läßt sich Heinrich der Amman von Wendelstein von des Burggrafen Friedrich von Nürnberg Amtmann Erckenprecht Koler auf die eidliche Aussage einer ehrbaren Kundschaft hin bestätigen, daß die Leute zu Dürrenhembach und alle die Güter, die in das Amt Wendelstein gehören — sie seien des

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Burggrafen, der Bürger, Widemgüter oder andere —, ihm wie jedem anderen Amman folgende Rechte und Dienste zu tun schuldig sind: Jedermann soll alle Jahr zwei Tage mit seinem Pflug zu Acker gehen und von jedem Gut ihm jährlich ein Herbsthun, zu Weihnachten einen Forstlaib, zu Ostern io Eier und zu Pfingsten einen Käse geben und zur St. Jakobsmesse einen Schnitter stellen. Schon die nächste Urkunde aus dem Jahre 1340 zeigt uns die Rechtslage von der anderen Seite. Das kaiserl. Landgericht zu Nürnberg bestätigt nämlich den Abgesanden der vier Dorf­ marken Wendelstein, Raubersried (Redwizzreut), Nerreth (Neureut) und Dürrenhembach ein Urteil des Wendelsteiner gebannten Gerichts vom Jahre 1330, in dem folgende Entscheidung getroffen worden war: Die Holzmark, genannt die Au, der Droßenloch, der Eichenstock, der Oppersloch und die anderen kleinen Löher, die rechtens dazu gehören, gehören den vier Dorfmarken und denen, die darin ge­ sessen sind — sie seien des Reichs, des Gotteshauses, der Bürger oder Ausleuten oder hinter wem sie sonst gesessen sind —; weder Heinrich Amman noch ein anderer Amman oder Förster haben Rechte in oder an der Mark, er wäre denn ein Förster von der Gemein wegen der Leute, die zu dem Eigen gehören, und deshalb sollen die vier Dorfmarken auch in Zukunft wegen Holzmark, Pflug und Schnittern von den Ammännern ungestört bleiben. Anscheinend Entscheidendes in diesem Streit bringt der Lehen­ brief für Konrad von Wendelstein 1348, die sogenannte Wendel­ steiner Konstitution, die im Gegensatz zu den früheren Lehen­ briefen die Rechte der Richter zu Wendelstein an der Holzmark genau umschreibt, wie wir wohl annehmen können, auf Bitten des Belehnten, der sich damit eine feste Rechtsgrundlage in dem Streite mit seinen Bauern schaffen wollte. Der Lehenbrief erklärt nach den allgemeinen Worten der Belehnung: „Wir wollen auch, daß keiner in die vorgenannten Weid [sie sind in Wirklichkeit nicht genannt], die zu unserm und des Reichs vorgenanntem Gericht gehören zu Wendelstein, nicht fahre noch seinen Frommen oder Nutzen darinnen schaffe, es sei denn, daß sie unserm Richter zu Wendelstein dienen mit Pflügen und Schnittern und mit Forstrechten, als es von Alter Herkommen ist. Wer es aber überführe, der soll wissen, daß er uns und dem Reiche zehn Pfund Haller, so oft er das tut, verfallen ist, den unser vorgenannter Richter zu Wendelstein

*73 von unsern wegen darum benotten soll.“ Damit erklärt der Lehen­ brief die Holzmark als zu des Königs und des Reichs Gericht zu Wendelstein gehörig, als Reichslehen. Das Urteil des Nürnberger Landgerichts vom Jahre 1348, das auf Grund des Urteils von 1340 die Ansprüche der Gebrüder Albrecht und Johannes von Leonrod auf die Holzmark abweist, steht dem Inhalt des Lehnbriefs noch nicht entgegen, da, wie wir wissen, die Kläger ihre Rechte ja nur von burggräflicher Belehnung ableiten. Anders dagegen die grundlegende Entscheidung des Jahres 1387. Sebald Seibot und die Gebrüder Vogt hatten versucht, ihre Ansprüche auf die Holzmark als Richter des Gerichts Wendelstein in die Tat umzusetzen. Anscheinend fand Burggraf Friedrich die Gelegenheit günstig, seine Niederlage in der Frage der Lehenshoheit über das Gericht Wendelstein wettzumachen und die reichslehnbaren Richter zu drücken. Er klagte auf Unter­ lassung der Benachteiligung und der Schäden, die die genannten Richter den vier Dorfmarken und damit auch ihm und seinen armen Leuten zufügten, und setzte sich durch. Das Urteil des Nürnberger Landgerichts weist die Ansprüche der Wendelsteiner Richter restlos ab, indem es zum Ausdruck bringt, daß die Beklagten keinen Pflug noch Schnitter verlangen, auch kein Holz abhauen, verkaufen und hinwegführen dürfen, sondern nur „Förster über [die Wälder]“ sein sollen. Dadurch fielen nicht nur die Leistungen der Nutznießer als zu Unrecht beansprucht fort, nein, auch das Nutzungsrecht der Richter wurde auf ein anteilmäßiges zurückgeschraubt. Die damit den Wendelsteiner Richtern verlorenen Einkünfte waren aber so groß, daß jeder neue Gerichtsinhaber den Streit von neuem aufrollte. Zum ersten Mal geschah dies anscheinend nach Seibots Tod, da die Dorfmarken sich 1407 das Urteil von 1387 vidimieren lassen. 1422 versuchen dann die Wendelsteiner Richter endgültig ihr Recht durchzusetzen, doch verlief der Vor­ stoß, so scharf er geführt wurde, anscheinend im Sande. Zuerst bestand der König darauf, die Angelegenheit vor sein Gericht selbst zu ziehen, den beiden Parteien aber erschien die Reise an des Königs Hof gar beschwerlich und vor allem auch für die Beweisurkunden zu gefährlich. Dem deshalb 1422 und 1424 geäußerten Wunsch, die Sache vor den Rat der Stadt Nürnberg 18

27 4 zu verweisen, wurde nicht willfahrt. 1426 versucht Erhard Wendelstein unter Ausnutzung seiner Stellung im Hofstaat der Königin den Prozeß neuerdings in Gang zu bringen und erzielt auch eine Zitation der Parteien an den kgl. Hof. Auch diesma wird die Bitte der Grundherrn im Namen ihrer Hintersassen auf Ueberweisung des Prozesses an den Nürnberger Rat abgelehnt. Dem König selbst war anscheinend die Durchsetzung seiner Ansprüche auf die Holzmark wirklich wichtig genug, um den Prozeß an seinem Hole selbst führen zu lassen. Er sagt daher in seiner Zitation : „Erhard Wendelstein, unser und des Riehs lieber getruer und unser lieben Gemahel Diener, [hat] fürbracht mit Klage, wie ir im widersaczig und ungehorsam seit in mancherlei Sachen und vast verkürtzet an dem Gericht zu Wendelstein und Holcz abhauet und maint die Weld(er) uns und dem Riehe und in zuentpfremden, das doch alles von uns und dem Riehe zu Lehen rüret, und meint, ir habt das uf andern Gerichten mit Urteil behalden, und sindenmal nu solich Gericht und Weld(er) von uns und dem Rieh zu Lehen geen und vor uns als einen Lehenherrn zu richten gebüret, doran ir uns und dem Riehe und auch euern Richtern zu kurz tut, und sind also von dem egenanten Erhärten seines Bruder und den andern seiner Mitrichter des Mertein Geuders Sun wegen angeruffen worden, in des Rechten ze helfen, dorumb so heischen, laden und fordern wir euch alle reich und arm für uns . . . “ Es wird also ausdrücklich der Schwerpunkt des Streits dahin verlegt, daß die Wälder Reichslehen sind und die Nutznießung daran folglich nur gegen entsprechende Gegenleistungen möglich ist. Auf die Zitation hin finden, nachdem die Dorfmarken sich eine neuerliche Bestätigung ihrer Rechte haben ausstellen lassen, am 29. Oktober 1427 Verhandlungen in Griechisch-Weißenburg, in Belgrad, statt. Die Verhandlungen verliefen ergebnislos und der König übertrug daraufhin die Entscheidung der Streitsache seinem Hofmeister Grafen Ludwig von Oettingen und dem Erbmarschalk, dem edlen Haupt von Pappenheim. Die Parteien wurden zu einem Rechtstag auf Sonntag nach Pfingsten 1428 nach Wemding im Ries geladen, aber infolge Erkrankung des Oettingers und einer Auslandsreise des Pappenheimers mußte der Termin ver-

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schoben werden — und damit war dieser Kampfabschnitt ab­ geschlossen, wenn auch in dem Lehnsbrief für Erhärt Windisch, der 1427 den Wendelsteiner Anteil erwirbt, der Standpunkt des Königs nochmals ausdrücklich betont wird. 1437 sendet dann Erhard Windisch seine Reichslehen, den freien Amtshof bei der Kirche und mit zwei Teilen des Gerichts auch die Vogtei mit den Wäldern Drossenloch, Au, Eichenstock, Stockeich und Droppersloch u. a. dem König auf, und sie werden bei Anwesenheit des Königs in Nürnberg am 12. August 1444 Wenzel Artolf und Heinz Peurlin verliehen. Nicht zufällig ist es wohl, daß am Tage darauf der kgl. Hofrichter auf der Burg zu Nürnberg, Michel Burggraf zu Maidburg und Graf zu Harrdeck, dem Vertreter der oft genannten vier Dorfmarken die hofgerichtliche Entscheidung des Jahres 1422, d. i. des Vidimus ihres Urteils von 1387, neu bestätigt. Von einem Aufleben des Streitfalls hören wir jedoch zunächst nichts. Erst Hans Ortolf, dem Sohne Wenzels, blieb es Vorbehalten, 1464 die Frage von neuem aufzurollen. Ihm brannte die Geld­ not, wie wir aus anderen Urkunden wissen, auf den Fingern. Er mußte demgemäß auch doppelt und dreifach die Einbuße empfinden, die ihm der fast völlige Nutzungsentzug dieser großen Waldungen brachte. Auch diesmal nimmt sich, da außer den Holzstreitigkeiten auch solche zwischen Ortolf und dem Pfarrer Vorlagen, Ansbach der Sache an. Markgraf Albrecht Achilles entscheidet, daß jeder Teil dem anderen bei altem Herkommen ungestört bleiben lassen solle, bei entstehenden neuen Irrungen aber ein Schiedsgericht mit dem Ritter und Stadtschultheißer Sigmund von Egloffstein als Obmann und je zwei Bevollmächtigten beider Parteien als Beisitzer endgültig zu Recht erkennen solle. Obwohl Ortolf seine Bereitwilligkeit an diesen Schiedsverhand-, lungen durch den Markgrafen teilzunehmen erklärt hatte, unterwarf er sich dem Schiedsspruch nicht, sondern machte den Prozeß beim kaiserlichen Hof anhängig. Dieser lädt die Acht aus den vier Dorfmarken 1465 wegen Beschädigung der vom Reich zu Lehen gehenden Wälder, im Gericht Wendelstein durch Abholzung und Wüstung verübt, vor sich. Zur Stütze seiner Ansprüche läßt Ortolf sich 1465 auch die alte Entscheidung von 1325 vidimieren. Der Ausgang der Angelegenheit ist zwar urkundlich nicht bekannt, 18*

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aber außer allem Zweifel. Im Jahre 1472 erhalten die vier Dorf­ marken eine neue Bestätigung des alten Urteils und sowohl in des späteren Nürnberger Landpflegschreibers Nötteleins Beschreibung von Wendelstein, 1528, als in der von Ansbach und Nürnberg gemein­ sam verfaßten Gerichts- und Gemeindeordnung, 1529, wird die Holzmark als freies Eigen der vier Dörfer anerkannt, und damit war der alte Streit, ob Markwaldung oder reichslehnbarer Forst, endgültig zugunsten der frei eigenen Markwaldung entschieden. Fragen wir nun, wie überhaupt die Rechtsansprüche auf die Holzmark seitens der Richter und des Reichs entstehen konnten, so hat das wohl darin seinen Grund, daß von Anfang an der Wendelsteiner freie Amthof, der alte Königshof, mit den übrigen Höfen gleichen Anteil an der Markwaldung hatte und die auf ihm sitzenden königlichen Amtleute kraft ihrer gehobenen Stellung von alters her, wie später die Amman von Wendelstein, von der Gemeine das Amt des Försters übertragen erhalten hatten, wogegen ihnen die Gemeinbürger freiwillige Dienste leisteten. Wie es scheinen will, hat nun Heinrich Amman 1325 an­ läßlich der Weigerung Dürenhembachs, diese Dienste weiter zu verrichten, versucht, diese Leistungen als Pflichtleistungen, Fron­ dienste, festlegen zu lassen, wobei — wie auch später — die Wälder als Zugehörungen des alten Königshofs von den Wendel­ steiner Richtern für sich in Anspruch genommen werden. Die Entwicklung dieses jahrhundertelangen Streits zwischen der Marktgemeinde und den Wendelsteiner Richtern prägt sich deutlich auch in dem VerwaltungsOrganismus der Holzmark aus. Ursprünglich lag die Verwaltung der Holzmark, wie wir gehört haben, in den Händen der Amman von Wendelstein, denen diese Tätigkeit, „ Förster von der Gemein wegen zu sein“, 1330 als ein Recht bestätigt wird. Mit der Zeit ist dieses Recht in Ver­ gessenheit geraten und die Verwaltung von den Markgenossen selbst ausgeübt worden. Der spätere Nürnberger Landpfleg­ schreiber Nöttelein sagt über diese Entwicklung im Wendelsteiner Protokollbuch von 1528 folgendes: „ [Alsdann sind] die Untertanen einig worden, ein Hai darein zu schlagen, das niemand ichts daraus hauen soll, welches etliche Jar, bis die Schleg besembt und das Holz aufgewachsen, ist gehalten worden. Nach etlichen Jaren, als die Hölzer gewachsen,

*77 anzugreifen und zu gebrauchen gewesen und die Herrschaften derselben Zeit sich des Forschterambts abermaln nit benomen oder, als etlich wollen, die Herrschaften, so das Recht des Forstersamts erhalten, ire Teil und Herlichkeit zu Wendelstein verkauft und nit mer allda gewesen, auch die Herschaften, so dise Teil erkauft, der Handlung und das sie hierin Forschter und Oberherrn seien, nit gewußt, aus Ursachen, das die Brief also verholen durch die Unterthanen gehalten, da haben die Unterthanen inen selbs ein Ordnung gemacht und Holz ausgeteilt, die Uebertreter der Ordnung selbs gestraft, das Strafgelt für sich eingenomen und behalten, auch eigene Gebot und Versamlung gebraucht, die Richter und Obrigkeit je mer geussert, uff daß sich die Herr­ schaften nit Ursach herüberkemen, um ir habende Herlichkeit zu reden, also ire Sachen durch eigene Versamlung fürgenommen.“ Wir sehen, wesentlichstes Organ der Markverwaltung war eine Art Märkerding, dem sämtliche Märker, 1528 bei anderthalb­ hundert an der Zahl, angehörten, und zu dem die Berechtigten, „die in das Eigen gehören “ oder „die Eigens Verwandten“ durch einen besonderen Diener von den sogenannten Holzherrn bei Strafe eines Orts (1/4 fl.) geladen werden. Im Ding galt jede Stimme gleichviel, vor allem hatten die Richter bzw. Unterrichter keine irgendwie gearteten Vorrechte. Aufgabe des Märkerdings war vor allem die Wahl der Beamten, die jedes zweite Jahr in dem in Anschluß an das zweite Ruggericht nach Ostern tagenden Ding gewählt wurden, sodann die Regelung der Marknutzung, Aufstellung des Wirtschaftsplans und die Straffestsetzung für alle Markfrevel, die gewöhnlich sich auf 1 fl. beliefen. Schwerwiegende Beschlüsse ließ man, wie dies auch seitens der Gemeindeverwaltung geschah, vom Wendelsteiner Gericht zu Recht sprechen; an das Gericht wurde ja auch bei Widersetzlichkeiten gegen die Markbeamten appelliert. Das wichtigste Gemeinurteil von den Hölzern wegen, wohl aus dem Jahr 1438, ist das folgende: „Also, were der ist, der in dem Gericht gesessen ist, der einbegriffe in den Hölzern, der darin nicht Recht zu hauben hat [also einen Fremden], demselben sol man nachfarn und zu seinen Händen nemen und in herein in das Gericht füren auf der Richter und der Gemein Rechten, und ob einer zu stark were,

278 so mag derselbe einen oder zwen oder mere zu im beruffen, er sei in dem Gericht gesessen oder nicht, daz er in dazu beholfen sei“, wobei interessant ist, daß man hier ausdrücklich auf die Gerechtsame ‘ des Richters, die wir oben in der Wendelsteiner Konstitution haben umschrieben gesehen, hinweist. Beamte der Mark waren ursprünglich außer den Dienern, deren Zahl wir nicht kennen, „die Acht, die von ihr allen wegen über die Ding geordnet“ oder „über die Weid“ gesetzt sind. Von ihnen waren 1464 vier von Wendelstein, zwei von Raubers­ ried und je einer von Dürrenhembach und Nerreth. In ihren Händen lag der Vollzug der vom Märkerding gefaßten Beschlüsse, vor allem die Zuweisung der Schläge und etwaigen Pfändungen. Die Arbeit im Wald haben die Markgenossen im wesentlichen wohl selbst besorgt, so wissen wir es wenigstens vom Gräbenziehen, und auch ihr Scheitholz mußten sie selber schlagen, das vor dem Abfahren zu Pfingsten von den Förstern besichtigt wurde. Anfang des 16. Jahrhunderts sind es übrigens nicht mehr acht, sondern nur mehr fünf Forstmeister, die dann auch Holzherrn genannt werden. Neben ihnen lernen wir noch eine andere Institution der Markverwaltung kennen, die „zwölf Geheimten“, auf die wir noch zurückkommen werden. Wie in der Gerichtsverfassung, so brachte auch in der Mark Verfassung die von Ansbach und Nürnberg gemeinsam aufgestellte Gemeinde- und Gerichtsordnung vom 1. Juli 1529 einschneidende Veränderungen. Das Eigentum der Markgenossen an der Mark wurde zwar, wie wir gesehen, nicht angetastet, aber die Selbstverwaltung auch ihnen genommen und der ursprünglichste Zustand wieder hergestellt, demzufolge die Richter das Forstmeister­ amt innehaben. In Zukunft gibt es jetzt nicht mehr fünf, sondern nur mehr drei Forstmeister, die auch nicht mehr von der Gemeine im Märkerding, sondern von Richtern und Schöffen erwählt und verpflichtet werden. Richter und die Gerichtsbürgermeister sind über sie als oberste Holzherrn gesetzt. Zwar behalten die .Holzmeister auch weiter die Schlüssel zur Strafgeldbüchse, aber diese ist bei Gericht verwahrt. Von allen Verfügungen wegen Holzens, Bestrafungen usw. müssen die Holzmeister vorher bei Richter und Bürgermeister Anzeige erstatten.

Nach wie vor blieb natürlich das Holzschlagen auf eigene Faust verboten, i fl. die gewöhnliche Strafe. Die Holzrechnung wurde in Zukunft jedes zweite Jahr an einem besondern Tag vor Richter und Gericht unter Zuziehung zweier Männer aus der Gemeinde zu Wendelstein und je eines von Raubersried, Nerreth und Dürrenhembach als Umstand verlesen. Die Mitwirkung der Gesamtgemeinde ist also auch hier stark zurückgedrängt, Ansbach und Nürnberg haben als Gerichtsherrn durch Richter und Schöffen bedeutenden, wenn auch nur mittel­ baren Einfluß auf die Wälder gewonnen. Nur eines bekam das Gericht nicht in seine Hände, nämlich die durch Jahrhunderte gehüteten Privilegien und Urkunden. Über diese wachten nach wie vor die „zwölf Geheimten“,ursprünglich wohl eine Art Siebnerkollegium, dem allein die Markgrenzen bekannt waren. Niemand aus dem Volke weiß, wer die Zwölf sind, noch weniger, wo die alten Urkunden verwahrt werden; denn die Männer, die ihre Zwölfzahl durch Zuwahl stets ergänzten, verband Treueschwur zu unverbrüchlichem Stillschweigen. Neun Mann von ihnen sind nürnbergisch, drei pfarrerisch, und ihre Urkunden lagen, wie uns jetzt bekannt ist, in einer Holzlade mit sechs Schlüsseln verschlossen, von denen vier in Nürnberger Händen, bei einem der Geheimten in Verwahr. Auch nach der Umwälzung von 1529 waren es die „zwölf Geheimten“, die mit Argusaugen über den Rechten der Markgenossen wachten, so daß noch 1763 an ihrem Widerstand das überhandnehmende Unwesen des Besoldungsholzes einen Damm fand. Es ist kein Wunder, wenn die Phantasie des Volkes durch dies Geheimnisvolle in seiner Mitte und die jahrhundertelange Dauer seines sieghaften Streites mit Herren und Königen mächtig angeregt worden ist. Den Niederschlag finden wir in der Geschichte von der „Eigen Holzmark“, in der der Besitz der Holzmark auf eine Schenkung der Achihilla, Tochter des legendären -Edelmannes Joh. Friedrich Freiherrn von Achihilles zu Wendelstein und seiner Gemahlin, einer geborenen Prinzessin von Dornau, zurückgeführt wird. In der Legende finden wir alles, was sich im Lauf der Jahrhunderte zugetragen und mit der Holzmark zusammenhängt, wieder, wenn auch naturgemäß stark verzerrt und mißverstanden. Daneben enthält die Ueberlieferung

viele religiöse Motive, die mit der Geschichte der Holzmark nichts zu tun haben. Aber auch sie wurzeln in der Geschichte. Sagt doch ein Holzamtsbericht des Jahres 1797 ausdrücklich: „Nach einer Tradition soll dem Gericht Wendelstein die eigene Holz­ mark durch eine gewisse Achahildis testamentarisch verschafft worden sein; schriftlich ist über dies Vermächtnis nichts — über die wirkliche Existenz der Achahildis allhier aber und daß solche Wunder gewirkt habe, ein auf Pergament gefertigtes Notariats­ instrument de anno 1447 vorhanden“, und der Wendelsteiner Pfarrer Nopitsch führt noch in seinen antiquarischen Notizen vom Jahre 1836 das „Grabmahl der heiligen Achahild im Westen der Kirche, das älteste Denkmahl “, auf. Im Volksbewußtsein ist also der Holzmarküberlieferung ein anderer vorreformatorischer Bestand­ teil der Heiligenverehrung beigemengt worden. Spüren wir in der Geschichte des Ortes nach, so finden wir auch tatsächlich, daß, heutzutage völlig unbekannt dem Volke, um die Mitte des 15. Jahrhunderts Wendelstein ein Wallfahrtsort7) war, dessen Heiligtum die im obengenannten Grabmal, einem heute als Mensa des Wendelsteiner Hochaltars verwendeten Sarkophag, verwahrten Gebeine der Kirchenstifterin, der heiligen Achahild, im Volksmund auch Frau Atzin genannt, waren, ein Wallfahrtsort, der sich ruhig in seinem Ansehen neben anderen ähnlichen sehen lassen konnte. Seiner Geschichte wenden wir uns nunmehr zu. Ausgangspunkt der Heiligenverehrung in Wendelstein war wohl die Tatsache, daß in dem uralten, dem Ritter St. Georg geweihten Gotteshause daselbst, eine Frau begraben lag, die dem Volke als Stifterin der Kirche galt und sich schon deswegen eines frommen Rufes erfreute, deren Grabstätte daher von erhöhter Verehrung umgeben war. Vielleicht deckte schon damals ein Stein das Grab, der die Inschrift „Da liegt begraben die heilig Frau Sant Aczin, ein Stifterin dis Gotshauses“, trug, wie wir sie später auf der Superficies des Sarkophags wieder finden. Die ersten Fragen, die sich uns aufdrängen, gelten naturgemäß Namen und Person der Frau, die hier ruhte und deren Grabstätte der Wendelsteiner Kirche wenigstens für ein Säkulum den Ruf eines gnadenbringenden Wallfahrtsortes brachte. Als Namen der Heiligen treten uns entgegen Achahildis, Achihildis, Achahild, Achild und, vor allem im Volksmund, Hatz,

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Atz bezw. Atzin, sowie Achatia, doch dürften diese Formen wohl alle mehr oder weniger auf den der Heiligen in ihrem kirchlichen Leben zuerkannten Namen Achahild zurückzuführen sein. Über die Person der Heiligen äußert sich die Legende in ganz bestimmter Form. Achahildis wird als die Schwester der Kaiserin Kunigund genannt; es wird erzählt, daß sie die Glocken in Bamberg im Augenblick des Todes ihrer Schwester habe läuten hören und daß die hinabgesandte Abordnung habe feststellen können, daß zur selbigen Stunde des Tages, an dem Achahildis das Geläut vernommen habe, die Kaiserin Kunigund tatsächlich verschieden war. Vor der Geschichte läßt sich aber diese Legende nicht halten, dagegen scheint sie insoweit der Wahrheit nahezukommen, als wir das Erdenleben unserer Heiligen zum mindesten in diese Zeit verlegen dürfen. Wenigstens läßt uns ganz allgemein die Weihe des Gotteshauses zu Ehren des Ritters Georg die Wende vom i./2. Jahrtausend als die Gründungszeit vermuten. Damit fällt aber auch das Leben Achahilds in diese Zeit, die den Angaben der Legende entspricht; denn daß sie die Stifterin des Gotteshauses gewesen ist, macht ihr Begräbnis in der Kirche fast zur sicheren Tatsache. Auch über die Familienzugehörigkeit der Heiligen läßt sich Sicheres nicht sagen. Versuche, auf Grund der Ortsgeschichte die Persönlichkeit sicher zu bestimmen, scheitern. Meinem Empfinden nach war die als Stifterin der Kirche bezeichnete St. Achahildis dem Geschlecht der Putigler von Kornburg nahe verwandt, das ja den reichslehnbaren Kirchensatz schon 1347 in Händen hatte und deren Grund und Boden in Räubersried, Röthenbach und Nerreth oft mit dem Wendelsteiner Pfarrwidem in Kollision steht. Schon in früher Zeit werden Legenden heiligen Lebens­ wandels das Grab der Frau Atzin, der Kirchenstifterin, umwoben haben. Daß sie dabei auch zur Schwester der auch in Nürnberg als zum Bistum Bamberg gehörenden Stadt hochverehrten Kaiserin Kunigund gemacht wurde, haben wir schon gehört, gewiß schon bald wurde von der einen oder anderen Gebetserhörung an ihrem Grab berichtet, und es ist wohl möglich, daß schon damals Gläubige von auswärts zu dem Grabe wallfahrteten, wie man aus dem Ausdruck peregrinatio des Ablaßbriefs von 1357 zu schließen

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versucht ist. Um die Mitte des 14. Jahrh. wurde das Wendel­ steiner Kirchlein zu klein, ein rühriger Geistlicher, der Eremit Marquard Griner, war willens das Gotteshaus größer, prächtiger zu gestalten. Ein Ablaßbrief wurde am 29. April 1357 in Avignon erwirkt, und bald flössen reichliche Mittel, um den Kirchenbau zu betreiben. Noch heute sehen wir in den gekehlten drei Fenstern des Chors mit dem ringsherum geführten Rundstab und in dem Chorgestühl auf der Südseite Zeugen dieser Tätigkeit. Ueber das Grab der Kirchenstifterin aber wurde eine gegen das Schiff hin offene Kapelle gebaut. Noch heute ist an dem Untergeschoß zu sehen, daß, soweit der dunkelgrüne Quarzit geht, hier ein Bauteil für sich war. Das Kaffgesims auf der Westseite ist abgeschlagen, auf der Nordseite aber umzieht es das spitzbogige Fenster im Rechteck und endigt am halbrunden Treppenturm, der in seinem untern Teil aus der gleichen Zeit, der zweiten Hälfte bis Ende des 14. Jahrhunderts, stammt. Marquard Griner erlebte die Vollendung seines Werkes nicht. Am dritten Sonntag nach Pfingsten 1402 erst, an dem Sonntag, an dem das Offizium „Factus est dominus protector meus“ gesungen wird, fand anscheinend die neue Kirchweihe durch den Titularbischof von Hierapolis Seyfrid aus dem Benediktinerorden als Weihbischof des Eichstätter Oberhirten statt, wenigstens möchte ich die Worte des Ablaßbriefes von 1402 „publice et manifeste reconciliavimus ecclesiam et cimiterium“ dahin gedeutet wissen. Für meine Annahme spricht vor allem die Tatsache, daß bis in die Reformationszeit hinein die Wendel­ steiner Kirchweih eben an diesem dritten Sonntag nach Pfingsten gefeiert wurde, und daß das Jahr 1402 in der Legende noch lange als Geburtsjahr Achahildens eine ganz besondere Rolle spielte. Wie es scheint, sind auch an diesem Tage, vielleicht auf Grund einer von Rom aus erlaubten privaten Kultapprobation, die aus der Erde gehobenen Gebeine der Stifterin als Reliquien in dem oben genannten Sarkophag beigesetzt worden; denn wie die Untersuchung gelehrt hat, zeigt dieser, aus der Wende des 14./15. Jahrh., in seinem Maßwerk deutlich die Formen des Kapellenbogenfensters. Sicher ist auf jeden Fall dem Ablaßbrief von 1402 zufolge, daß am Tage der reconciiiatio ein Altar zu Ehren der Heiligen Achatzia geweiht wurde. Dieser Name hat sich dann auch im Volksmund für Achahildis eingebürgert.

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Jetzt nach dem Umbau fand sich wohl auch die Hand, die das Erdenleben der Heiligen im Bilde festhielt, zur Erbauung all der Gläubigen, die die neue Kirche besuchten. Auf dem ersten Bild der uns im sogenannten Instrumentum St. Achahildis von 1448 bezeugten Tafel gegenüber dem Sarkophag war das feierliche Ge­ lübde der Keuschheit Achahilds und ihres Mannes in Gegenwart der Kinder zu sehen. Vielleicht, daß wir schon hierin eine Bezug­ nahme auf die legendäre Schwesternschaft zur Kaiserin Kunigund erblicken dürfen; denn eine nahe Verwandtschaft des Keuschheits­ gelübdes unserer Heiligen mit der legendarischen Josephsehe der heiligen Kunigund ist nicht von der Hand zu weisen, wobei wir darauf aufmerksam machen wollen, daß auch das im dritten Bild dargestellte Wunder (Achahild hängt ihre Handschuhe als zur frommen Handlung überflüssig an den in die Kirche fallenden Sonnenstrahlen auf) dem Heiligenleben der hl. Kunigund entnom­ men ist. Das zweite Bild der Tafel enthält unserer Heiligen ureigenes Wunder: Achahild ruft aus dem nackten Gänseknochen die von der ungetreuen Dienerin heimlich geschlachtete und verzehrte Gans wieder ins Leben. Ihr Vorbild scheint hier das Heiligenleben St. Phacaildis (besser Pharaildis), einer belgischen Heiligen des 8. Jahrhunderts gewesen zu sein. Auf dem vierten Bild sehen wir die Heilige die Armen speisen, das fünfte zeigt uns die Verwandlung von Wein in Öl auf ihre Bitten und die Bekehrung ihres Mannes durch diese in deutlicher Anlehnung an das Rosenwunder der hl. Elisabeth von Thüringen, und das sechste Bild endlich führt uns vor, wie Achahild mit ihrer Tochter, die in der Hoffnung ist, mitten im Winter im Garten spazieren geht und, um das Verlangen ihrer Tochter nach Amarellen zu stillen, den Amarellenbaum mit Früchten sich bedecken heißt. Der Wunder genug, um den heiligen Ruf der Frau im Volke zu festigen und weiter zu verbreiten. Die Wunder des zweiten und sechsten Bilds haben nach dem Brande dann neue Wiedergabe in dem einen der beiden jetzt im Germanischen Museum befindlichen Seitenflügel des Wendelsteiner Hochaltars gefunden, und zwar das Wunder des sechsten und nicht, wie früher behauptet worden ist, das Keusch­ heitsgelübde des ersten Bildes, weil nicht Achahild als Weltdame in der linken Frauengestalt wiedergegeben ist, sondern ihre Tochter, wie die Einzelheiten der Darstellung — die Frau ist gesegneten

Leibes und pflückt eine Frucht vom Baume — genügend dartun. Durch den Neubau der Kirche hatte Wendelstein sich das Haus geschaffen, das die Schar der Gläubigen fassen konnte, welche alsbald die wundertätigen Reliquien herbeirufen sollten. Wir dürfen annehmen, daß seit T402 Höhepunkt der Wallfahrt die anläßlich des Kirchweihtags stattfindende Prozession war, bei der der Blei­ schrein, von Geistlichen und Bruderschaftmitgliedern abwechselnd getragen, mitgeführt wurde. Im Anschluß daran wurden die Re­ liquien der Gläubigen zum Kusse ausgestellt. Schon bald hören wir auch von den am Grabe geschehenen Wundertaten und Wall­ fahrten aus größerer Entfernung zum Wendelsteiner Heiligtum. Bis zum Jahre 1447, dem Jahre der Heiligenuntersuchung, ist Wendelstein als Wallfahrtsort zu immer größerer Blüte gekommen, und alle Art von Leiden und Gebrechen finden am Sarkophage wunderbare Heilung. Einzeln aufgeführt wird von den Zeugen noch die Heilung eines bresthaften Knaben (ad sarchophagum seu tumulum presentati) und eines stummen Kindes (oblati ex voto ad sarchophagum), ja sogar ein ertrunkener Knabe wird durch die Berührung des Sarkophags zu neuem Leben erweckt (quo producto ad sarchophagum et demum fornicaci Stube applicato (!) puer revixit). Für die Zahl der Heilungen aber zeugt die Masse der Weihegaben; nicht weniger als an 80 Stück wurden 1447 gezählt. Und nicht nur von Mund zu Mund ging der Ruf der Wendelsteiner Heiligen, selbst im Traum wurde den Kranken die Wallfahrt dorthin anempfohlen. Allmählich war der Zeitpunkt gekommen, wo man der Wallfahrtskirche durch neue öffentliche kirchliche Empfehlung noch größeren Zulauf und neues Wachsen des Ansehens sichern zu können glaubte. Außergewöhnliche Vorbereitungen fanden dazu statt. Vor allen wurde im Oktober 1447 auf Befehl des Eichstätter Bischofs Johann von Eich durch eine Kommission, bestehend aus den Pfarrern von Neumarkt, Schwabach und Wendelstein, die Kultstätte einer genauen Untersuchung unterzogen, der sich ein Zeugenverhör über die Wallfahrt nach Wendelstein und die Segnungen, die einzelnen Gläubigen in wunderbarer Weise dabei zu teil geworden waren, unmittelbar anschloß. 1448 fand dann in Nürnberg in der Lorenzkirche ein weiteres

Verhör Nürnberger Wallfahrer über den gleichen Gegenstand statt. Das Ergebnis aller drei Verhandlungen wurde am 26. Oktober 1448 durch den öffentlichen Notar Friedrich Gumler zu Nürnberg auf Antrag des Wendelsteiner Pfarrers und der dortigen Kirchenpfleger in einer öffentlichen Urkunde, einem Instrumentum publicum, niedergelegt. Dies geschah nicht ohne guten Grund. In Nürnberg verweilte nämlich dieser Tage der päpstliche Legat und Kardinaldiakon Johannes Barjaval. Ihm ist ohne Zweifel die Urkunde im Laufe der nächsten Tage mit der Bitte um Erteilung eines Ablaßbriefs für die Wendelsteiner Wall­ fahrtskirche übergeben worden, und am 30. Oktober 1448 stellte er denn auch für sie einen Ablaßbrief auf 100 Tage aus, wobei er ausdrücklich die Hebung der Wallfahrt als Begründung angibt. Ungeahntes Aufblühen verhieß dieser Ablaßbrief des päpst­ lichen Legaten und Kardinaldiakons der Wendelsteiner Kirche. Die Niederb rennung des Orts Wendelstein einschließlich der Kirche im Juli 1449 — die Einäscherung geschah durch den Markgrafen — brach die Entwicklung, bevor sie noch recht hatte einsetzen können. In offiziellen kirchlichen Urkunden findet der Name der heiligen Achahildis bald keine Erwähnung mehr. Im Volke erfreute sich Achahildis jedoch nach wie vor großer Verehrung, wie dies ja zur Genüge aus den Visitations­ protokollen des Eichstätter Generalvikars Vogt von 1480 und der Nötteleinschen Beschreibung von Wendelstein hervorgeht. Uebrigens wurde die Kapelle, in der der Sarkophag stand, beim Neubau der Kirche nach dem Brande wieder würdig hergerichtet und ein gut ausgebildetes Sterngewölbe eingesetzt. Die in den Schnittpunkten der Gewölberippen angebrachten Wappen, im Scheitel ein großes Schild mit den Wappen Koler und Haller, in den kleinen Wappenschilden rundum die Wappen Haller, Koler, Schaller, Rumei, Pirckheimer, Rumei und Schaller, verweisen die Bautätigkeit hier in die Wende des 15./16. Jahrhunderts. Ueberhaupt war in Wendelstein um jene Zeit kirchlicher Sinn und Opferfreudigkeit rege genug, daß der Wallfahrtsort den Schlag von 1448 sehr wohl noch hätte überwinden können. Dazu sollte es aber nicht mehr kommen. Die kirchlichen Verhältnisse änderten sich Anfang des 16. Jahrhunderts, wie noch gezeigt werden soll, plötzlich zum Schlechten. In der Folge

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fand die Reformation auch in Wendelstein Eingang, und mit ihr verschwand die Erinnerung an jene Achahildis der Geschichte. Im nachreformatorischen Wendelstein war kein Platz mehr für die Heilige und ihre Wundertaten, nur ganz kärgliche Ueberreste, sind in die neuzeitliche Legende von der „Eigen Holzmark“ hinüber­ gerettet worden. Daß die alte Legende aber fast vollkommen aus dem Volks­ erinnern ausgetilgt wurde, ist ein Beweis, wie tief und nachhaltig die Reformationszeit8) auf Herz und Gemüt der Wendelsteiner gewirkt haben muß. Es ist von hohem Interesse, dieser teils dramatisch verlaufenden Bewegung zu folgen, zumal Wendelstein als eine der ersten Gemeinden des Nürnberger Gebiets 1524, wenn nicht schon 1523 die evangelische Lehre zu der ihren gemacht hat. Nach allem, was wir aus jener Zeit von Wendelstein wissen, zeigt sich der Boden dort zur Aufnahme der neuen Ideen vor­ bereitet, wie selten sonst auf dem flachen Lande; denn tiefes religiöses Gefühl und ungebändigt freiheitliches, selbstwußtes Denken von alters her sind die Charaktergrundzüge der Wendel­ steiner Bauern, die aus der Achahildislegende und dem Streit um die Holzmark hervorleuchten. Dazu kam Anfang des 16. Jahr­ hunderts ein drittes Moment, das den unmittelbaren Anstoß zur Abkehr von der alten Lehre geben sollte, schwerste Konflikte der Gemeinde mit ihrem Geistlichen. Im Jahre 1510 war Pfarrer Behaim, mit dem die Gemeinde in vollster Eintracht gelebt hatte, gestorben. Nach seinem Tode sollte sich dies Verhältnis mit erschreckender Schnelligkeit ändern. Nachfolger Behaims wurde Hieronymus Marquardt, ein Mann, zu dessen Charakterisierung es genügt, wenn wir berichten, daß er 1518 vom Markgrafen den Befehl erhielt, seine Pfarre durch einen Priester versehen zu lassen, nachdem sie ihm nicht dazu verliehen sei, daß „ die Pfarrkinder so weisellos ohne gebürliche Seelsorge gelassen“ würden. In seiner Antwort gibt er zwar körperliche Gebrechen als Entschuldigungsgrund an, in Wirklichkeit aber hatte er wohl schon damals eine Pfründe zu Schwabach und daher kein Interesse für Wendelstein. Gegen eine Pension von 20 fl. resignierte er. Wir treffen ihn 1525 als Vikar des Domstifts in Speyer wieder. Sein Nachfolger wird der bisherige Konventuale Friedrich Santner, der schon etliche

287 Jahre Marquardt vertreten hatte und, wie wir hören, in der Ge­ meinde gut gelitten war. Für seine Berufung ausschlaggebend aber war der Umstand, daß der Pfarrhof zu Wendelstein infolge Marquards Nachlässigkeit völlig baufällig war und Santners Bruder (der Müller) zu Wendelstein sich erboten hatte, die Baukosten zu tragen. Statt besser, sollten die Verhältnisse nur schlechter werden. Wendelstein, an und für sich schon keine reiche Pfarrei, konnte die 20 fl. Pension nicht erschwingen. Die Folge war, daß Santner auf Grund eines alten Salbuchs, dessen Rechtserheblichkeit nie anerkannt wurde, der Gemeinde neue Reichnisse auferlegen wollte, vor allem den Zwang, drei Seelenmessen lesen zu lassen, u. a., und, um in Ansbach den nötigen Rückhalt zu gewinnen, versuchte er, seine Hintersassen dem Markgrafen in die Hände zu spielen. Dies Vorgehen erzeugte bei den Bauern gegen den Pfarrer, der sie markgräflich machen wolle, eine tiefgehende Erbitterung, die eine um so engere Anlehnung an Nürnberg im Gefolge hatte, und vor allem wurden die bisher meist gutwillig gegebenen Reichnisse, weil nun als Recht beansprucht, überhaupt nicht mehr gegeben. Santner versuchte sich, da seinen Bitten um Versetzung nicht stattgegeben wurde, durch Abholzen der Pfarrwaldungen zu helfen, aber auch das wurde ihm von den Schwabacher Amtleuten ver­ boten. Auf seinen Hilferuf nach Ansbach erhielt er von dort den Befehl, die Sache gegen die Gemeinde beim Chorgericht Eichstätt anhängig zu machen, worauf sich Nürnberg sowohl in Eichstätt als beim Markgrafen ins Mittel legte mit dem Vorschlag, den Pfarrer im guten zum Abstehen von seinen Forderungen zu bewegen, wonach er sicher auch bei der Gemeinde wieder guten Willen finden würde. Die Bauern aber wurden immer aufsässiger. 1521 entschloß sich Santner abermals um seine Permutierung einzukommen, da infolge des Streits der Altar immer mehr abnehme und er die 20 fl. unmöglich aufbringen könne. Dieser Zustand hielt an. In diese Stimmung hinein kam von Nürnberg her der Geist der neuen Lehre unter die Bauern. In Scharen strömten die Wendelsteiner zu den Predigten des oder der Nürnberger Prediger, die die Taufe deutsch in den Häusern vornehmen und dem Volk verbieten, die lateinische Messe zu hören. Dem Pfarrer gegenüber berufen sich die Wendelsteiner auf den Befehl ihrer Herrn in

288 Nürnberg, und solcher Haß sammelte sich gegen Santner, ihren Bedrücker, der doch selbst in Not war, daß dieser zur Sicherheit seines Lebens 1524 abermals ernstlich und dringend um seine Versetzung bat, die ihm dann auch gewährt wurde. Doch schon vorher hatten die Wendelsteiner endgültig mit ihm gebrochen und einen der Prediger als ihren eigenen „christlichen“ Prediger auf­ gestellt, dessen Namen wir leider nicht kennen. Aus der Klagschrift Santners gegen die Gemeinde, worin er gegen „ den unbekannten, fremden Gott wie ein Laie, daß ich nicht weiß, was Stands oder Glaubens er ist“, eifert, den die von Wendel­ stein zu predigen aufgestellt haben, sowie aus der Verantwortungs­ schrift der Gemeinde gegen den Markgrafen geht dies deutlich hervor. In dieser Schrift, die ganz den Atem der neuen Lehre spüren läßt, heißt es u. a.: „Dieweil dieser Pfarrer mit dem Namen, aber Mietling mit den Werken und der Wolf, den er ihm zugemessen, selbst ist, uns als seine Schäflein mit dem Evangeli und dem Wort Gottes, wie jetzt allenthalben geschieht, nicht weidet, sondern auf seinem Geiz und alten Geigen gelegen ist, haben wir nicht unbillig bei uns selbst in Rats funden und mit Euern an Statt unseres gnädigen Herrn und der von Nürnberg ziemlichen Vorwissen einen frommen, unverleumdeten, evangelischen Prediger angenommen, der guter christlicher Lehre, gutes Wesens ist und uns besser Exempel vor­ zeigt wie der Pfarrer. Und wiewohl ihn der Pfarrer auf der Kanzel hinterwirft, erbeut sich unser Prediger und sagt, er woll all seiner Lehr Rechenschaft geben, dem wenigsten als wohl als dem meisten und man woll seinen Lehren keinen Glauben geben, er zeige denn die Schrift darum an ... . Nun halten wir solchen Prediger auf unserer Selbstkosten, entziehen der Pfarr nichts, wie er mit Un­ recht klagt. Er irrt ihn auch an seinen Predigen, Meß-, Vesper­ singen und andern in der Kirchen gar nichts, sondern prediget uns zu müßiger Zeit, daran wir unser Seligkeit nach ganz guten Genügen haben.“ Wann die Anstellung dieses Predigers durch die Gemeinde erfolgt ist, läßt sich nicht genau bestimmen. Nach der Sonntag nach Joh. Baptiste beginnenden Dorfrechnung sind in dem Rechnungsjahr 1523/24 einmal „63 Pf. dem Prediger als er das ander Mal gepredigt hat“ und dann „4 fl. dem Prediger

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bis auf Sonntag nach Kiliani“ ausgegeben worden, wodurch die letzte Gehaltzahlung auf Anfang Juli 1524 fixiert ist. Daß die hier aufgezeigte Bewegung nicht von allen freudig begrüßt wurde, darf uns nicht wundern. Besaß doch der Pfarrer durch seinen Bruder, den Müller, der zugleich Gerichtsschöffe war, immerhin einigen festen Anhang im Ort. Wir hören denn auch von einem „Cisma“ in Wendelstein, und der Rat der Stadt Nürnberg sieht sich veranlaßt dem Richter zu verbieten, zwangsweise Geld zum Unterhalt des Predigers zu erheben, andererseits aber den Müller ernstlich seines Schmähens wegen gegen diesen zu verwarnen. Mit der Bestallung des Kaspar Krantz, der seinen Eid am 27. September 1524 ablegt, schienen ruhigere Zeiten für das kirch­ liche Leben Wendelsteins heraufziehen zu sollen. Am 19. Ok­ tober 1524 wird Krantz in der Gemeinde durch den Schwabacher Amtmann eingeführt. Bei dieser Gelegenheit erfolgt die berühmt gewordene Ansprache des Gemeindevertreters, dessen schriftliches Original noch heute unter den Wendelsteiner Dorfakten im Nürn­ berger Stadtarchiv verwahrt wird. In dieser von uns zum besseren Verständnis z. T. in moderner Form wiedergegebenen Ansprache sagt die Gemeinde, zweifellos inspiriert durch ihren bisherigen Prediger, dem Amtmann unter anderem: , „Nachdem einer christlichen Gemein nach Anzeigung der heiligen Geschrift gebührt und zugehört, Gott den Herrn zu bitten, daß er Arbeiter in seine Ernte schicke, und dann also Macht haben einhellig in sich in die Gemein zu greifen nach einem erbern unverleumten Mann, der ihnen das Wort Gottes nach der Wahr­ heit schneide als ein getreuer Diener Jesu Christi und ein gut Exempel vortrage, welchen auch dieselbig Gemein Macht hat wiederum abzuschaffen, ein andern an sein Statt aufzustellen, so hat doch die Welt das Zeitlich höher geacht dann des Ewigen . . . daß auch zuletzt dieser Gebrauch der christlichen Gemein durch den Widerchristen entzogen ist. V Nun aber, „seit unsern Eltern und Brüdern angezeigte und andere christliche Freiheit durch den Widerchristen entzogen, durch Menschen Gebot hingenommen seind und wir in derselben babylonischen Gefängnis, so lang Gott will, erhalten werden, wollen wir’s zu dieser Zeit auch Gott befehlen, der die Seinen nicht wird verderben lassen“............... 19

Zu Krantz selbst gewendet, fährt er später fort: „Nun lieber Bruder und guter Freund, seit du hierher, wiewohl von uns unberufen, selbst kommen bist, aus Befehl unsers gnädigen Herrn Markgrafen unser Diener zu sein, sollst du vernehmen, was unser Begehren und Fürnehmen ist, des du dich auch fortan halten sollst: Erstlich, so werden wir dich für keinen Herren, sondern allein einen Knecht und Diener der Gemein erkennen, daß du nicht uns, sondern wir dir zu gebieten haben, und befehlen dir, daß du uns das Evangelion und Wort Gottes lauter und klar, nach der Wahrheit, unverhängt treulich vorsagest. Zum andern, daß du in der Versammlung und Kirchen dem Evangelion mit der Tat nachfahrest als ein getreuer Diener Jesu Christi. Das Sakrament des Testaments Jesu Christi sollst du aus­ teilen und anders damit nicht handeln, dann wie uns der Herr gelernt und befohlen hat. Desgleichen auch sollst du mit dem Sakrament der Taufe handeln öffentlich, daß männiglich verstehen möge und deß erinnert werde. Was aber anders unnutzen Dings und gotteslästerlichen Wesens ist, sollst du dich gänzlich und gar entschlagen, allein bei dem einigen und ewigen Worte Gottes bleiben, dich durch keinerlei Weis, weder durch Menschen Lehre noch Gebot davon leiten oder schrecken lassen, wie denn einem rechten Hirten zugehört. Wo du dasselbig tun würdest, wollen wir dich als für einen getreuen, rechten Hirten und getreuen Diener Jesu Christi erkennen So du aber das Widerspiel halten wolltest, dich für ein Herrn fürgeben und deines Gefallens leben, sollst du wissen, daß wir dich nicht allein für einen ungetreuen Diener erkennen werden, sondern als eine reißende Wolfsgeburt bis ins Netz verfolgen und dich keines­ wegs bei uns gedulden.“ Und Pfarrer Krantz verpflichtete sich, sein Verhalten nach diesen und weiter gemachten Verhaltungen zu richten. Gegen Markgraf Kasimir rechtfertigte sich die Gemeinde unter Berufung auf den Landtagsabschied 1524 dahin, daß sie ihm nicht im mindesten in seine Lehensrechte hätte eingreifen wollen, „dweil der angezaigt christlich Gebrauch uns und anderen längst entzögen, da wir es zu diser Zeit auch Gott bevolhen und uns weiter darein nit begert zu verwickeln“. Im übrigen aber

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gaben sie ihm deutlich zu verstehen, wie sie die neue Lehre und die Pflichten eines Patronatsherrn den Wünschen der Gemeinde gegenüber auffaßten. Die Ruhe sollte aber nicht kommen, denn Krantz weigerte sich, die Marquardt zustehende Pension zu über­ nehmen und die Stelle vorher anzutreten. Die Gemeinde war zwar mit ihrem selbstbesoldeten Prediger weiterhin zufrieden, doch wurden ihr wohl die Lasten zu hoch. Sie forderte daher Krantz auf, sich einzufinden, die Pfarre zu übernehmen und dem Pfarrverweser seinem Versprechen gemäß die Hälfte der Besoldung zu entrichten. Dienstag nach Neujahr kam es bei der persön­ lichen Anwesenheit Krantzens zum Streit, in deren Verlauf Krantz sich jeden weiteren Befehl verbat, die Gemeinde ihren Prediger selbst bezahlen hieß und seinen Verzicht erklärte. Der Bitte nun den Verweser, „einen frommen, züchtigen, gelehrten Priester“ mit der Pfarrei zu belehnen wurde trotz ihrer Unterstützung durch den Amtmann Wolf Christoph von Wiesenthau nicht willfahrt. Anscheinend hatte der Markgraf mit seinen Bemühungen um Nachlassung der Pensionslast Erfolg gehabt, Krantz trat, freudig begrüßt wohl nur von denen um den Müller Santner, seine Stelle an; wann ist allerdings ungewiss. In Wendelsteiner kirchlichen Dingen war Ansbach als Patro­ natsherr der allein bestimmende Teil. Die Haltung Markgraf Kasimirs ist bekannt: nach dem Bauernkrieg rückt er sichtlich von der neuen Lehre ab. Kein Wunder, daß dies im Lande seinen Ausdruck fand. Auch in Wendelstein erhoben die Anhänger der katholischen Lehre das Haupt, in des Müllers Haus hielten sie geheime Konventikel ab, in denen vor allem der Frühmesser eine führende Rolle spielte, in der Kirche aber versuchte Krantz die alten Gebräuche wieder einzuführen. Nürnberg sah sich daher schon im März 1526 veranlaßt, auf Beschwerde der Gemeinde hin den Markgrafen zu bitten, dem Pfarrer ernstlich zu befehlen, an seiner der Gemeinde gegebenen Zusage, daß er das Pfarrvolk mit lauterem und reinem Worte Gottes weiden wolle, festzuhalten oder ihn durch einen anderen zu ersetzen. Im November 1526 hören wir von den ersten neuen Streitig­ keiten. Anscheinend drang Nürnberg erneut auf die Abschaffung des Pfarrers, die Ansbacher Räte aber ließen in Abwesenheit des Markgrafen den Amtmann in Schwabach wissen, daß dies nicht 19*

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in ihrer Macht stünde, er solle von der Pfarrgerechtigkeit nichts wegkommen lassen, „dann wo das nit gescheen und der pfarr etwas zu nachteil gehandelt werden sollt, so wist ir wol, was unsers g. h. gemuet ist.“ Am 9. März verbietet Nürnberg dem Pfarrer, das markgräfliche Mandat der Zeremonien halber von der Kanzel zu verkünden, ebenso am 16. dem Richter das über das Fleischverkaufsverbot in der Fastenzeit. Krantz, der sich vor allem durch sein sittliches Verhalten die Verachtung der Gemeinde zugezogen hatte, wurde der Boden allmählich doch zu heiß. Zwischen ihm und und dem Pfarrvolk kam unter Beistand des Schwabacher Amtmanns und Nürnberger Abgeordneten ein Vergleich zustande, demzufolge er die Pfarrei räumen solle, die Kirchenschlüssel aber wurden vom Amtmann dem Frühmesser zur Verwahrung bis zum Eintreffen eines neuen Geistlichen über­ geben. Zweifellos hatte damit der Schwabacher Amtmann seine Befugnisse überschritten. Infolgedessen fanden auch alle Begehren Nürnbergs bei Ansbach, dem Vertrag gemäß den Pfarrer abzu­ schaffen, taube Ohren. Die Gemeinde aber hielt sich an den Vertrag, ließ Krantz allenthalben hören, daß er ihr Pfarrer nicht mehr sei, und verweigerte ihm jedwede Hilfeleistung bei den kirchlichen Verrichtungen. Verschärft wurde die Lage dadurch, daß die Anhänger des Pfarrers im Vertrauen auf die Ansbacher Strömungen in ihrem Tun immer offener wurden und zumal der Frühmesser nun auch begann, die alten Gebräuche wieder ein­ zuführen und dem Pfarrer, dem Vertrag zuwider, die Kirchen­ schlüssel einhändigte und ihm so Zugang zu der Kirche ver­ schaffte. Am Donnerstag den 30. Mai aber entlud sich das Gewitter. Krantz war stark angetrunken von seiner Kebse in Röthenbach, seiner ehemaligen Köchin, die er seinem dortigen Amtsbruder ins Haus getan, nach Wendelstein zurückgekommen, um in der Kirche zu singen. Erst läutete ihm der Mesnerjunge dazwischen, dann wurde er in der Kirche von einigen jungen Leuten auf seine Betrunkenheit hin dumm angeredet. Als man ihn nun auch vor der Kirche zur Rede stellte, ging ihm in seinem Zustand jede Selbstbesinnung verloren und er läutete Sturm. Dabei kam es außer gröblichem Fluchen anscheinend zwischen ihm und dem Mesner, der ihm die Schlüssel entriß, zu Tätlichkeiten und

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hinterher zu Beschimpfungen des Nürnberger Richters, der Krantz wegen seines Sturmläutens zur Rede gestellt hatte. Nunmehr war für Nürnberg die Zeit gekommen. Dem Pfarrer wurde für den Fall seiner Rückkehr nach Wendelstein seine Verhaftung angedroht, des Pfarrers Köchin aber ins Loch gesteckt. Dem Müller wurden die Versammlungen verboten und Jörg Rieter als Lehensherr der Frühmesse aufgefordert, den Frühmesser abzu­ schaffen. Pfarrer Krantz versuchte zwar durch eine Supplikations­ schrift seinen Schutz in der Durchführung des Schwabacher Mandats herbeizuführen, aber schon bei den Zusammenkünften der Schwabacher Amtsleute mit Hans Pauer als Nürnberger Abgesandten am 19. Juni zu Wendelstein wurde diese Schrift von seiten Schwabachs als eine „ungeschickte Klag“ erklärt und die baldmöglichste Ernennung eines anderen Geistlichen in Ansbach zu erwirken versprochen. Als die Durchführung sich verzögerte, drohte Nürnberg am 24. Juli 1527 mit einer Klage bei den Bundesständen, wenn Krantz die Pfarrei nicht bis Michaelis räume. Das half. Zwar gestattete Nürnberg Krantz noch seine Gült einzuholen, am 22. August aber war er durch einen neuen Geistlichen, einen verheirateten Mann, Georg Raischenpeck (Rauschenbeck) ersetzt.

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Quellennachweis. 1) Lehenshoheit S. 265—267. München Reichsarchiv: KaiserLudwig-Selekt Nr. 646, 1337 Febr. 18. Nürnberg Stadtarchiv: Extradition 1890, Heiliggeistspital Nr. 416, 1356 März 16; ebdas. Nr. 418, 1376 Sept. 17. Wohltätigkeitsstiftung Seyfrid Pfinzing PXVIIIk 101, 1375 Febr. 21; ebdas. PXVIIIk 110, 1406 Mai 12. Chmel , Auszüge aus den Wiener Reichsregistraturbüchern Nr. 2303, 1407 Mai 3. Nürnberg Stadtarchiv: Wohltätigkeits­ stiftung Seyfrid Pfinzing P XVIIIk 106, 1399 März 18. Nürnberg Kreisarchiv: Urkunden des Heiliggeistspitals 1464 Mai 24; ebdas. 1437 Ju^ I2Chmel a. a. 0. Nr. 3024, 1453 Febr. 27. Nürnberg Kreisarchiv: Urkunden des Heilig­ geistspitals 1467 Sept. 12. Erwerbsurkunden des Fürsten­ tums Ansbach Tom. IV Nr. 33, 1467 Dez. 9. Guido v. Volckamersche Sammlung 462/3, Genealogie der Familie Voit von Wendelstein mit Proben, 1466, sexta ante omnium sanctorum. Nürnberg Kreisarchiv: Erwerbsurkunden des Fürstentums Ansbach Tom. IV, Nr. 35, 1484 Aug. 18. Germanisches Museum: Ur­ kunden des Pfarramts Wendelstein, 1529 Juli 1. Nürnberg Stadt­ archiv: Extradition 1890, Heiliggeistspital Nr. 414, 1349 Dez. 2. Nürnberg Kreisarchiv: Urkunden des Heiliggeistspitals 1438 Aug. 12. — Küster, Beiträge zur Finanzgeschichte des Deutschen Reiches nach dem Interregnum I, Diss. Leipzig 1883 S. 104. Monumenta Zollerana II p. 133, 1282 Febr. 22. Wittmann, Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg. Groß-Longolius, Burg- und markgräflich - brandenburgische Landes- und Regenten­ geschichte 1749, S. 114. Böhmer, Regesta Imperii VIII, Nr. 420, 1347 Nov. 8. — Nürnberg Stadtarchiv: Wohltätigkeitsstiftung Seyfrid Pfinzing P XVIII k 115, 1357 März 4. 2) Zuständigkeit S.267. Nürnberg Stadtbibliothek, Bibliotheca Norica Williana: Relatio seu Votum in Causa Revisionis 1731, p. 91 ff. München Allgemeines Reichsarchiv: Gerichtsurkunden Hirsch­ berg Nr. 287, 1606 Dez. 17. Germanisches Museum: Urkunden des Pfarramts Wendelstein 1340 Nov, 15 (1350 Juli 21). Nürnberg Kreisarchiv: Urkunden des Heiliggeistspitals 1348 Febr. 19. Rep. 222 a, Nr. 32, Gerichtsbuch von Wendelstein 1438 fr.

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3) Gerichtsverfassung und Gerichtsverfahren S. 267—269. Nürnberg Kreisarchiv: Nürnberger Briefbücher Nr. 18, fol. 146, 1447 feria quarta post Anthoni. Ansbacher Oberamtsakten Nr. 1128, 1478/1483, Saal I, Lade 23 Nr. 76, 1479/1483. Nürnberg Stadtarchiv: Wohltätigkeitsstiftung Spital S XVIIa 107, Wankelbuch fol. 1, Richterwahl zu Wendelstein. Nürnberg Kreisarchiv: Saal I Lade 20 Nr. 1 a, A-Lade, [Nötteleins] Geschichte und Gerechtsame des Orts Wendelstein 1530 [richtig 1528]. Nürnberg Stadtarchiv: Spitalamtsakten Sp. 1375, Protokollbuch des Gerichts Wendelstein 1528. 4) Gemeindeverfassung S. 269. Wendelsteiner Gerichtsbuch 1438 ff. (s. o.). Nürnberg Stadtarchiv (lose Akten des Heiliggeistspitals): Güterstreit Wendelstein. 5) GrundbesitzS.270. Nürnberg Stadtarchiv: Spitalamtsakten Sp.1365, Bericht, was Gestalt . . . der freie Amtshof privilegiert, 1614; ebdas. Spitalamtsakten Sp. 2248, Akta den freien Amtshof zu Wendelstein betr. 1718. Nürnberg Kreisarchiv: Saal I Lade 24 Nr. 1, darin Bericht des Landpflegschreiber Nöttelein über die Rechtsverhältnisse der Dürrenhembacher Höfe. Pfarregistratur Wendelstein: Fach VIII fase. 3, Verschiedene Akte fol. 143 ff. Monumenta Boica, Neue Folge I, Urbar des Burggrafentums Nürnberg S. 349. Nürnberg Kreisarchiv: Abgabe Amtsgericht Schwabach Nr. 40, Steuerkataster 1758 fol. 1199. Die Legende der heil. Achahildis (s. u.) fol. 76 ff und fol. 93 Anm. 4. 57. Jahres­ bericht des Hist. Vereins f. Mittelfranken S. 70—97 : v. Dobeneck, Ueber d. Heik. des Luthergegners D. Johannes Cochlaeus u. die Anverwandten seines Namens. — German. Museum: Urkunden des Pfarramts Wendelstein, 1498 Jan. 13 (Bürgerverzeichnis von Wendelstein). Guido v. Volckamersche Sammlung 462/$ (s. o.), 1467 vig. Conc. Marie. Nürnberg Kreisarchiv: Rep. 52b Nr. 46 fol. 13 1, 1360 Juli 31. Pfarramt Wendelstein: Registratu'rfach VIII fase. 13 a, Materialien zur Geschichte von Wendelstein 1808. 6) Holzmark Wendelstein S.271-282. Nürnberg Kreisarchiv: Saal VII Lade 128 Nr. 451, Kaiser Josephs Mandat, den Novalzehnten zu Wendelstein betr. 1707; ebdas. Abgabe des Amtsgerichts Schwabach Nr. 37, die verteilten 144 halbe Tagwerk Holz, 1802. München Allgemeines Reichsarchiv: Hochstift Literalien Eichstätt Nr. 314, Registrum 1447, fol. 128a. Protokollbuch des Gerichts Wendelstein 1528 (s. o.): Die eigen Holzmark. Nürnberg Kreisarchiv: Urkunden der A.-Lade Nr. 44/45, 1325 Juni 1 (1465 Jan. 16). Germanisches Museum: Urkunden des Pfarramts Wendelstein, 1340 Nov. 15 (1350 Juli 21). Nürnberg Stadtarchiv: Spitalamts­ akten Sp. 522, Beschwerde der 12 Geheimten 1763/64. Nürnberg Kreisarchiv: Abgabe des Amtsgerichts Schwabach Nr. 41, Einführung

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des Justizamts Schwabach 1797. Pfarrämt Wendelstein: Registratur­ fach XVI Nr. 3a, Baupflicht an den Amtsgebäuden 1841/65. Nürnberg Kreisarchiv: Saal I Lade 23 Nr. 77, Richter und Gemein zu Wendelstein contra W. Schlüsselfelder, J. Geuder und Hansen Geiger, 1542/43. Nürnberg Stadtarchiv: Spitalamts­ akten Sp. 1407, Beschwerde W. M. Endters 1690; Wohltätigkeits­ stiftung Spital S. XVIIa 86, Bericht wegen der Holzmark Wendelstein vom 22. Aug. 1797. Nürnberg Kreisarchiv: Saal I Lade 24 Nr. 1, Wendelstein, Raubersried, Neureut und Dürren­ hembach, Holzgerechtigkeit 1464—1530. German. Museum: Urkunden des Pfarramts Wendelstein 1348 Dez. 18; ebdas. 1387 Nov. 5. Nürnberg Kreisarchiv: Nürnberger Briefbücher Tom. V fol. 270% VI i25b, VII 94, VIII 17, 1422/1428. German. Museum: Urkunden des Pfarramts Wendelstein 1426 März 15; ebdas. 1426 Aug. 28; ebdas. 1427 Nov. 5; ebdas. 1428 März 22. Nürnberg Kreisarchiv: Urkunden des Heiliggeist­ spitals 1427 April 8; ebdas. 1437 Juli 15. Chmel a. a. O. Nr. 1682, 1444 Aug. 12. German. Museum: Urkunden des Pfarramts Wendelstein 1444 Aug. 13; ebdas. 1465 Jan. 19; ebdas. 1465 Mai 29; ebdas. 1472 Febr. 7. Wendelsteiner Gerichtsbuch 1438 ff. (s. o.), fol. 295 a. 7) Geschichte des Wallfahrtorts Wendelstein S. 282 — 288. Beiträge zur bayer. Kirchengeschichte Bd.XXVII Heft 3, Wiedemann, Die Legende der heiligenAchahildis, der Lokalheiligen vonWendelstein. 8) Einführung der Reformation in Wendeistein S. 288 — 295. Ebdas. Bd. XXVI Heft 2, Wiedemann, die Frühmesse zu Wendel­ stein. Dorfakten im Nürnberger Stadtarchiv Spitalamtsakten Sp. 1375 (s. o.).

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Cotirad Celtis und sein Buch über Nürnberg von Albert Werminghoff. Freiburg i. B., J. Boltze 1921. (1 Taf., X, 245S.) 8 0. Diese Neuausgabe ist eine hochwillkommene Bereicherung der ernsteren wissenschaftlichen Literatur über Nürnberg. Die Einleitung bringt außer eingehender Würdigung der beiden Urausgaben (Handschrift 1495, stark überarbeiteter Druck 1502) und ihrer Geschichte auch eine Zusammenstellung von Städte­ beinamen, z. B. Rom = die ewige Stadt usw. Die eigentliche Ausgabe der Schrift hat einen sehr ausführlichen textkritischen Apparat. Anhang: aus Georg Alts Übersetzung der ältesten Redaktion das erste Kapitel als Probe; Zusammenstellung der Holzschnitte in der Druckausgabe von 1502, mit Literaturangaben, und aller bekannt gewordenen Bildnisse des Celtis; Abdruck von Christoph Scheurls Epistel über die Verfassung Nürnbergs 1516 zur Erläuterung und Ergänzung von Celtis’ Kapitel 13. Zuletzt drei Verzeichnisse: 1. von Städten und Gegenden mit Beinamen, s. oben, 2. von zitierten Autoren, 3. Orts- und Personenverzeichnis von Karl Bösel. Die Herausgabe dieses Denkmals aus Nürnbergs Blütezeit ist schon an sich sehr dankenswert, noch mehr aber die grundgelehrte Arbeit des Herausgebers. So geben die Anmerkungen zum Text viele kleine gelehrte Exkurse, besonders auch eine Fülle von Literaturangaben; sie werden uns oft mit Hilfe des Ortsregisters die Bibliographie einigermaßen ersetzen, die für Franken und Nürnberg leider immer noch fehlt. Schade, daß gerade von den Stellen über Nürnberg nur „eine planmäßig beschränkte Auswahl“ im Register gegeben worden ist. Ausstellungen im einzelnen zu machen, ist gegenüber dem großen Verdienst der Gesamtleistung nicht angebracht. Ein grundsätzliches Bedenken kann ich aber nicht unterdrücken: editionstechnisch hätte es vielleicht anders angefaßt werden sollen. Mußte wirklich der Wortlaut der beiden ältesten Ausgaben immer, wenn sie etwas differieren, im Text nebeneinander abgedruckt

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werden? Die erzielte Übersichtlichkeit steht in keinem Verhältnis zum Raumverlust und zur Wichtigkeit der Sache. Und noch weniger nötig war es vielleicht, die kleinsten Varianten der Hand­ schriften im Apparat anzumerken. Ob z. B. ein Abschreiber um 1500 nun Graeciae, Grecie, Greciae oder Graeeie geschrieben hat (vgl. S. 102, Anm. n), ja sogar, ob Celtis selbst so oder so schrieb, ist uns gleichgültig. Besser wäre W. im Textabdruck der Ausgabe von 1502 gefolgt, für die Abweichungen der älteren Redaktion war im Apparat Platz, und Unwichtiges konnte ganz unterdrückt werden. So wäre Raum gewonnen worden für eine Übersetzung des Ganzen in modernes Deutsch, die dann wieder manche Anmerkung überflüssig gemacht hätte. Besonderer Dank gebührt auch noch dem Stadtrat Nürnberg, der durch einen namhaften Zuschuß das Erscheinen des Werkes erst ermöglicht hat. Nürnberg. Dr. Friedrich Bock.

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Diese Veröffentlichung wurde ermöglicht durch namhafte Zuwendungen des Stadtrats Nürnberg, des Metzgergewerbes, einer Reihe von industriellen Werken und Firmen und durch reichliche Spenden einer großen Anzahl von Privaten, denen allen an dieser Stelle der aufrichtige und herzliche Dank des Vereins ausgesprochen wird. In dem nächsten Jahresberichte werden die Namen der sämtlichen Spender mitgeteilt werden.