Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen [1 ed.] 9783428477814, 9783428077816


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Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen [1 ed.]
 9783428477814, 9783428077816

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft

Band 73

Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen Von

Susanne Hilsmann

Duncker & Humblot · Berlin

SUSANNE

HILSMANN

Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp

Band 73

Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen

Von

Susanne Hilsmann

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Hilsmann, Susanne: Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen / von Susanne Hilsmann. Berlin : Duncker und Humblot, 1993 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft ; Bd. 73) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1992/93 ISBN 3-428-07781-4 NE: GT

D 6 Alle Rechte vorbehalten © 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-07781-4

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit lag im Wintersemester 1992/93 dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation vor. Ich danke Herrn Professor Dr. Wilfried Schlüter, der die Arbeit betreut hat und der sich sehr für ihre Veröffentlichung eingesetzt hat. Seine Anregungen und stete Diskussionsbereitschaft haben mir sehr geholfen. Dem Zweitgutachter, Herrn Professor Werner Merle, spreche ich ebenfalls meinen Dank aus. Mein Dank gilt auch den Herren Professoren Dr. Helmut Kollhosser, Dr. Hans-Uwe Erichsen und Dr. Jürgen Welp für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe "Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft".

Unna, im Mai 1993 Susanne Hilsmann

Inhaltsverzeichnis Α. Einführung § 1

Der Mindeijährige im Gesellschaftsrecht

19

§2

Gegenstand der Untersuchung

20

§ 3

Der verfassungsrechtlich gebotene Mindeijährigenschutz auf der Grundlage der Entscheidung des BVerfG

22

I.

Die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs

23

II.

Die Entscheidungsgründe des Bundesverfassungsgerichts

25

III. Die Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf den Mindeijährigenschutz im Gesellschaftsrecht §4

26

Überblick über den gesetzlichen Mindeijährigenschutz im Gesellschaftsrecht

27

I.

Die Rechtsstellung des Mindeijährigen im Gesellschaftsrecht

27

1.

Der Begriff des Mindeijährigen

27

2.

Der Minderjährige als Gesellschafter

28

II.

Die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters bei Aufnahme des Mindeijährigen in die Personengesellschaft

III. Das Erfordernis einer Pflegerbestellung nach § 1909 BGB

29 32

1.

Die Bestellung eines Abschlußpflegers

32

2.

Das Erfordernis einer Dauerpflegschaft

34

a)

Beschlüsse in laufenden Gesellschaftsangelegenheiten

35

b)

Änderungen des Gesellschaftsvertrages

38

IV. Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung

40

1.

Die Funktion der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung

40

2.

Das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bei Aufnahme des Mindeijährigen in eine Personengesellschaft

41

a)

42

b)

Die Gründung einer Personengesellschaft Der Eintritt in eine bestehende Gesellschaft

44

aa) Eintritt als weiterer Gesellschafter

44

10

nsverzeichnis

c)

bb) Übertragung der Mitgliedschaft

47

Zusammenfassung

50

B. Hauptteil § 5

§ 6

Die Darstellung des Streitstandes zur Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bei Mitwirkung Mindeijähriger

52

I.

Die Auffassung der Rechtsprechung

52

II.

Die in der Rechtslehre vertretenen Auffassungen

56

1.

Generelle Genehmigungsbedürftigkeit

56

2.

Differenzierende Ansicht

58

3.

Generelle Genehmigungsfreiheit

58

III. Vorläufige Stellungnahme

60

Änderungen des Gesellschaftsvertrages als Gegenstand einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungspflicht

62

I.

Die „Grundlagen der Gesellschaft"

62

II.

Die einzelnen Fallgruppen der Vertragsänderungen

66

1.

Änderungen im Mitgliederbestand

66

2.

Beteiligungsänderungen

68

a)

Beteiligungsumwandlung

68

b)

Sonstige Beteiligungsänderungen

Änderung der Bestimmungen über die Geschäftsführung und Vertretung

4.

Zweckänderungen

70

5.

Sonderfall: Änderung der Gesellschaftsform

71

III. Vertragsänderungen, die kraft Gesetzes oder nach dem Gesellschaftsvertrag automatisch eintreten

§7

69

3.

69

71

Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf spätere Änderungen eines Gesellschaftsvertrages

72

I.

Eingehen eines Gesellschaftsvertrages

72

II.

Zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts

76

1.

Vertragsänderungen als Abänderung des bestehenden Gesellschaftsvertrages

2.

Vertragsänderungen als Abschluß eines neuen Gesellschaftsvertrages

78

a)

80

Veränderungen im Mitgliederbestand

. . 76

b)

c)

d)

nsverzeichnis

11

aa) Eintritt eines neuen Gesellschafters

80

bb) Übertragung der Mitgliedschaft

83

cc) Ausscheiden eines Altgesellschafters

84

Beteiligungsumwandlung

86

aa) Vorbemerkung: Das Verhältnis der Gesellschaftsumwandlung zur Beteiligungsumwandlung

86

bb) Umwandlung der Stellung eines Kommanditisten in die eines Komplementärs

88

cc) Umwandlung der Stellung eines Komplementärs in die eines Kommanditisten, insbesondere durch Ausübung des Wahlrechts nach § 139 Abs. 1 HGB

90

Zweckänderungen

93

aa) Erwerbszweck einer BGB - Gesellschaft

93

bb) Auflösung einer Gesellschaft

94

cc) Fortsetzungsbeschluß nach Auflösung einer Gesellschaft

95

Sonderfall: Änderung der Gesellschaftsform aa) Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (1) Errichtung einer Kapitalgesellschaft (2) Umwandlung in eine Personengesellschaft bb) Umwandlung einer stillen Gesellschaft in eine OHG oder KG (1) Errichtung einer stillen Gesellschaft

97 . . 97 97 100 102 102

(a) Der Mindeijährige als stiller Gesellschafter

103

(b) Der Mindeijährige als Geschäftsinhaber

110

(c) Vertragsänderungen innerhalb einer stillen Gesellschaft . . . .

113

(2) Umwandlung in eine Personengesellschaft

114

III. Zwischenergebnis

115

Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages

117

I.

II.

Vorbemerkung: Das Bedürfnis nach einer Erweiterung des Genehmigüngskataloges der §§ 1821, 1822 BGB in der Praxis

117

Die Zulässigkeit einer Analogie im Rahmen des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB

118

1.

120

Der Charakter des § 1822 BGB als Enumerationsvorschrift a)

Die Zulässigkeit einer analogen Anwendung bei Enumerationsvorschriften 121

b)

Abwägung Mindeijährigenschutz - Verkehrsschutz

123

2.

Der Charakter des § 1822 BGB als Ausnahmevorschrift

127

3.

Zusammenfassung

131

12

nsverzeichnis III. Das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke 1.

2.

132

Die Genehmigungsbedürftigkeit nach anderen Vorschriften der §§ 1821, 1822 BGB

133

a)

§ 1822 Nr. 3 1.Alt. BGB

133

aa) Die Aufnahme zusätzlicher Gesellschafter

133

bb) Die teilweise Übertragung eines Gesellschaftsanteils an einen Mitgesellschafter

135

cc) Die Umwandlung der Komplementärsposition in eine Kommanditistenstellung

138

dd) Auflösung einer Personengesellschaft

139

b)

§ 1822 Nr. 10: Die Umwandlung einer Kommanditistenstellung in die eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder KG

139

c)

Das Eingreifen sonstiger Genehmigungstatbestände

144

d)

Zusammenfassung

146

Die Bedenken der h.M. gegen die Anordnung einer Genehmigungspflicht für Änderungen eines Gesellschaftsvertrages

146

a)

Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Gesellschaft

148

b)

Die Überforderung des Vormundschaftsgerichts

151

c)

Die Entscheidungsfreiheit des gesetzlichen Vertreters

153

d)

Die Gefahrdung des Rechtsverkehrs durch die Nichtgeltung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft 155 aa) Auswirkungen einer fehlenden Genehmigung bei Vertragsänderungen vom Abschluß des Änderungsvertrages bis zum Vollzug der Änderung 156 bb) Auswirkungen einer fehlenden Genehmigung nach Vollzug der Vertragsänderung

158

(1) Vorbemerkung: Das Institut der „fehlerhaften Gesellschaft" bei fehlerhafter Gründung einer Personengesellschaft

159

(2) Auswirkungen einer fehlenden Genehmigung auf die Rechtsstellung des Mindeijährigen nach Vollzug des fehlerhaften Änderungsvertrages

160

(3) Auswirkungen einer fehlenden Genehmigung auf die Rechtsstellung der übrigen Gesellschafter sowie des Rechtsverkehrs nach Vollzug des fehlerhaften Änderungsvertrages

164

(a) Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf fehlerhafte Vertragsänderungen

165

(b) Auswirkungen der Grundsätze der „fehlerhaften Gesellschaft" auf den Bereich der infolge einer fehlenden Genehmigung fehlerhaften Vertragsänderungen 172 e) 3.

Zusammenfassung

Die Einbeziehung der Vertragsänderungen in den Schutzzweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

175 175

nsverzeichnis a)

13

Die Ermittlung des spezifischen Schutzzwecks des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

176

aa) Die Entstehungsgeschichte des § 1822 Nr. 3 BGB

176

bb) Der Schutz des Mindeijährigen vor den mit einer Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Gefahren 177 (1) Die Übernahme des mit einem Erwerbsgeschäft verbundenen unternehmerischen Risikos 178 (2) Die Einschränkung der Selbstbestimmung des Mindeijährigen durch die Eingehung eines langfristigen Gesellschaftsverhältnisses

181

(3) Die Gefährdung der Vermögensinteressen des Mindeijährigen durch die unbeschränkte Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Mitgesellschafter 184

b)

(4) Die Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten

187

(5) Zusammenfassung

191

Eingreifen des Schutzzwecks des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bei rechtsgeschäftlichen Änderungen des Gesellschaftsvertrages

191

aa) Kriterien für die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bei der Aufnahme eines Mindeijährigen in eine Personengesellschaft 192 (1) Orientierung am „Wohl und Interesse" des Mindeijährigen . . . .

192

(2) Abgrenzung zum Begriff des „lediglich rechtlichen Vorteils" . . .

193

(3) Inhalt der vormundschaftsgerichtlichen Abwägungspflicht bei der Genehmigung eines „Gesellschaftsvertrages zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" 195 (a) Beurteilung materieller Gesichtspunkte (aa)

195

Beurteilung der Chancen und unternehmerischen Risiken eines Erwerbsgeschäfts

196

(bb) Beurteilung der Rechtsstellung des Mindeijährigen innerhalb der Personengesellschaft

196

(cc)

Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitgesellschafter sowie des gesetzlichen Vertreters 197

(b) Berücksichtigung des „Familienfriedens"

198

(c) Zusammenfassung

199

(4) Auswirkungen des Grundsatzentscheidung des BVerfG auf die Genehmigungsfähigkeit einer nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtigen Gesellschaftsbeteiligung

199

bb) Der Umfang der erteilten Genehmigung und die nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrages

206

cc) Die Unvereinbarkeit der Genehmigungsfreiheit nachträglicher Änderungen des Gesellschaftsvertrages mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Mindeijährigenschutz 209 (1) Vertragsänderungen mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Rechtsstellung des mindeijährigen Gesellschafters

210

14

nsverzeichnis (2) Vertragsänderungen mit mittelbaren Auswirkungen auf die Rechtsstellung des minderjährigen Gesellschafters

212

(3) „Gefahrlose" Vertragsänderungen

215

(4) Zusammenfassung

216

dd) Das Unvermögen zur Wahrung des Mindeijährigenschutzes bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages ohne die Anordnung eines Genehmigungserfordernisses 217 (1) Keine Kompensation des GenehmigungsVorbehalts durch die Bestellung eines Ergänzungspflegers 217 (2) Sonstige Lösungsansätze zum Schutz des mindeijährigen Gesellschafters bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages c) 4.

Zusammenfassung

220

Zwischenergebnis

221

IV. Die Vergleichbarkeit der Interessenlage des mindeijährigen Gesellschafters bei der Begründung und der Änderung eines Gesellschaftsverhältnisses

V.

§ 9

II.

221

1.

Begründung von Rechten und Pflichten durch Gesellschaftsvertrag

223

2.

Vergleichbare Gefahrdungsintensität bei Neuabscfoluß und späterer Änderung eines Gesellschaftsvertrages

225

3.

Die Abgrenzung zu Veränderungen im Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts (§§ 1822 Nr. 3 l.Alt., 1823 BGB)

227

4.

Zusammenfassung

231

Zwischenergebnis

231

Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses I.

219

232

Die Vereinbarkeit einer partiellen Genehmigungsbedürftigkeit mit dem Gebot der sog. „formalen Abgrenzung" der Genehmigungstatbestände

232

Die im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag angelegten Vertragsänderungen

235

1.

2.

....

Änderungen des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsbeschluß

236

a)

Inhaltliche Anforderungen an Mehrheitsklauseln

236

b)

Die Wahrung des Mindeijährigenschutzes bei Genehmigungsfreiheit von Vertragsänderungen durch Mehrheitsbeschluß

239

Vertragsänderungen, zu deren Vornahme der Mindeijährige verpflichtet ist . . 241 a)

Kraft ausdrücklicher Vertragsbestimmung

241

b)

Kraft gesellschaftlicher Treuepflicht

244

III. Differenzierung nach dem Inhalt der Vertragsänderung

248

IV. Vertragsänderungen eines genehmigungsfrei eingegangenen Gesellschaftsvertrages

251

V.

254

Differenzierung nach der Bedeutung der Vertragsänderung

nsverzeichnis VI. Zusammenfassung

15 255

C. Schluß § 10 Zusammenfassung und Ergebnis

257

Literaturverzeichnis

261

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht

Abs.

Absatz

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

a.E.

am Ende

a.F.

alte Fassung

AG

Aktiengesellschaft

AktG

Aktiengesetz

allg. M.

allgemeine Meinung

Alt.

Alternative

Anm.

Anmerkung

Art.

Artikel

BAG

Bundesarbeitsgericht

BAGE

Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

Bearb.

Bearbeiter

bearb. v.

bearbeitet von

BWNotZ

Mitteilungen aus der Praxis. Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BayObLGZ

Bayerisches Oberstes Landesgericht. Entscheidungssammlung in Zivilsachen

BB

Der Betriebsberater

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BStBl.

Bundessteuerblatt

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

DB

Der Betrieb

Diss.

Dissertation

Abkürzungsverzeichnis DNotZ

Deutsche Notarzeitung

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

17

DStR

Deutsches Steuerrecht

EGHGB

Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch

ff. (f.)

folgende

FamRZ

Zeitschrift für das gesamte Familienrecht

FGG

Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwillige Gerichtsbarkeit

Fn.

Fußnote

FS

Festschrift

gem.

gemäß

GG

Grundgesetz

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHRdsch

Rundschau für GmbH

HS

Halbsatz

HGB

Handelsgesetzbuch

h.L.

herrschende Lehre

h.M.

herrschende Meinung

HRR

Höchstricherliche Rechtsprechung

hrsg.

herausgegeben

i.e.

im einzelnen

i.Erg.

im Ergebnis

i.e.S.

im engeren Sinne

i.S.v.

im Sinne von

i.ü.

im übrigen

i.V.m.

in Verbindung mit

i.w.S.

im weiteren Sinne

JR

Juristische Rundschau

JW

Juristische Wochenschrift

JZ

Juristenzeitung

KG

Kommanditgesellschaft

KG

Kammergericht

KGJ

Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts

LG

Landgericht

Lit.

Literatur

LM

Lindenmaier / Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

2 Hilsmann

18

Abkürzungsverzeichnis

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

m.E.

meines Erachtens

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

n.F.

neue Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport

o.

oben

o.g.

oben genannte(n)

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

OLGZ

Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen

phG

persönlich haftender Gesellschafter

Rdnr.

Randnummer

Rpfleger

Der Deutsche Rechtspfleger

RpflJb.

Rechtspfleger — Jahrbuch

RG

Reichsgericht

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RheinNotK

Rheinische Notarkammer

RJA

Reichsjustizamt, Entscheidungssammlung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts

Rspr.

Rechtsprechung

RWP

Rechts- und Wirtschaftspraxis

s.o.

siehe oben

s.u.

siehe unten

st.Rspr.

ständige Rechtsprechung

str.

streitig

u.

und, unter, unten

u.a.

unter anderem, und andere

u.a.

und ähnliche

UmwG

Umwandlungsgesetz

unstr.

unstreitig

Verf.

Verfasser

WM

Wertpapiermitteilungen

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

zit.

zitiert

ZPO

Zivilprozeßordnung

Α. Einführung § 1 Der Minderjährige im Gesellschaftsrecht Der Minderjährige ist im Gesellschaftsrecht, in der Regel als Gesellschafter einer Familiengesellschaft, häufig anzutreffen. 1 Eine frühzeitige gesellschaftliche Beteiligung eines Minderjährigen ist insbesondere auf unternehmerische, vermögensrechtliche und steuerrechtliche Gründe zurückzuführen. 2 So kann aus unternehmerischer Sicht die Aufnahme eines minderjährigen Gesellschafters in die Personengesellschaft geboten sein, um den Übergang des Unternehmens auf die nächste Generation und damit die Kontinuität der Unternehmensführung zu gewährleisten. Der Minderjährige wird auf diese Weise frühzeitig für das Familienunternehmen interessiert und wächst unter Leitung der erfahrenen Gesellschafter in die Gesellschafterstellung hinein.3 Ausschlaggebend für die Aufnahme eines Minderjährigen in eine Familiengesellschaft sind aber nicht zuletzt steuerrechtliche Gründe. 4 Seit der grundlegenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 19515 kann einer Personengesellschaft die steuerliche Anerkennung nicht lediglich mit der Begründung versagt werden, daß außerbetriebliche, also familienrechtliche und steuerliche Gesichtspunkte zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages mit einem Minderjährigen geführt haben.6 Insbesondere hinsichtlich der möglichen Ersparnis von Erbschaft- und

1 Zum Begriff der Familiengesellschaft sowie zu rechtlichen Stellung des Minderjährigen in der Familiengesellschaft: vgl. eingehend Nagel, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, Tübingen 1968. 2 Vgl. zur Aufnahme Minderjähriger in eine Gesellschaft zur Realisierung unternehmerischer Ziele eingehender Nagel, S. 5 ff. m.w.N., Stahl, S. 41 ff., insbesondere zu möglichen mit der Beteiligung Minderjähriger an einer Gesellschaft verbundenen Nachteilen S. 46, 47; hierzu auch Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 325; Langenfeld / Gail, Rdnr. 2 ff.; Kußmaul S. 93 ff.; Sudhoff, Unternehmensnachfolge, § 3. 3

Westennann, GesR, Rdnr. 383.

4

Brox, FS Bosch 1976, S. 75; Stahl, S. 43-45 m.w.N.

5

BStBl 1951, III, 181.

6

Hierbei ist aber zu beachten, daß die Finanzbehörden die Beteiligung Minderjähriger nur anerkennen, wenn sie ernstlich gewollt ist, dem Mindeijährigen eine entsprechende Rechtsposition verschafft, insbesondere bzgl. der Gewinnbeteiligung (Mitunternehmerinitiative- u. Risiko), und die Vorschriften über die Vertretung und die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung beachtet sind. Vgl. BFH DB 1988, 940; BFH NJW 1988, 1343. 2*

20

Α. Einführung

Einkommensteuer 7 wird daher in der Praxis zu einer möglichst frühen Aufnahme des Minderjährigen in das Familienunternehmen geraten.

§ 2 Gegenstand der Untersuchung Die Beteiligung Minderjähriger an unterschiedlichen Gesellschaftsformen und die damit verbundene Problematik des Minderjährigenschutzes 1 im Gesellschaftsrecht war in der Vergangenheit bereits vielfach Gegenstand kontroverser Auseinandersetzungen in der Rechtsprechung und in der Rechtslehre. Die Unsicherheiten in diesem Bereich sind evident.2 Zentrale Vorschrift für den Schutz des Minderjährigen im Gesellschaftsrecht ist § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB. 3 Hiernach ist die Wirksamkeit eines Gesellschaftsvertrages, der vom gesetzlichen Vertreter 4 zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig. Eines der umstrittensten und meist diskutierten Probleme im Rahmen dieser Vorschrift ist die Frage nach dem Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages einer Personengesellschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen. Die

7

Vgl. hierzu Stahl, S. 43 ff.; Brox, FS Bosch 1976, S. 75.

1

Der Begriff des „Minderjährigenschutzes" i.w.S. umfaßt das Beziehungsgefüge zwischen Kindern, Eltern und Staat. Dagegen umschreibt der Begriff des „Minderjährigenschutzes" i.e.S. den absoluten Schutz Minderjähriger im Rechtsverhältnis zu Dritten. In diesem Sinn bedarf der Minderjährige insbesondere des Schutzes vor den Folgen rechtsgeschäftlicher Handlungen; so: Hertwig, FamRZ 1987, S. 124. 2

Vgl. hierzu den recht anschaulichen, der Praxis entnommenen Beispielsfall bei K\i\sener Rpfleger 1990, S. 321: Die unentgeltliche Zuwendung eines Kommanditanteils eines Großvaters an seine mindeijährigen Enkel wird von den an den verschiedenen Wohnsitzen angerufenen Vormundschaftsgerichten unterschiedlich beurteilt. Während das AG A diesen Vertrag ohne jede gerichtliche Mitwirkung als wirksam ansieht, das AG Β zwar die Bestellung eines Ergänzungspflegers, nicht aber eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für erforderlich hält, verlangt das AG C sowohl eine Pflegerbestellung als auch eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung. 3 Für den Abschnitt „Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird" hat sich die Bezeichnung als 2.Alternative eingebürgert, obwohl die Nr. 3 eigentlich drei Fälle enthält: - entgeltlicher Erwerb eines Erwerbsgeschäfts - entgeltliche Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts - Eingehung eines Gesellschaftsvertrages zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts. 4

Da der § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB über § 1643 Abs. 1 BGB auch für die Eltern sowie über §1915 BGB für den Ergänzungspfleger gilt, soll im weiteren allgemein vom „gesetzlichen Vertreter" gesprochen werden.

s

§ 2 Gegenstand der Untersuchung

21

folgende Dissertation wird sich in einer detaillierten Untersuchung mit dieser in Rechtsprechung und Rechtslehre nach wie vor kontrovers behandelten Thematik aus dem Grenzbereich zwischen Familien- und Gesellschaftsrecht auseinandersetzen. Während sich die Rechtsprechung und ihr folgend die Mehrzahl der Stimmen in der Rechtslehre - überwiegend Gesellschaftsrechtler — für die Genehmigungsfreiheit von gesellschaftsvertraglichen Änderungen aussprechen, gibt es gleichwohl auch beachtliche Stimmen im familienrechtlichen Schrifttum, die die Genehmigungspflicht für Vertragsänderungen mit überzeugender Begründung grundsätzlich bejahen.5 Dieser Problemkreis ist auch von großer praktischer Bedeutung. Das Entstehen einer Gesellschaft setzt zwingend das Vorliegen eines Gesellschaftsvertrages voraus. Dieser Gesellschaftsvertrag, der unmittelbar die Gesellschafterebene, d.h. die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern betrifft, bildet stets die Grundlage einer Personengesellschaft. 6 Für die OHG und die KG ergibt sich dies ausdrücklich aus der Vorschrift des § 109 l.HS HGB: „Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage; ...". Wenngleich es sich bei dem Gesellschaftsvertrag insoweit auch um die dauerhafte Rechtsgrundlage einer „Betätigungs- und Risikogemeinschaft" 7 handelt, so können doch die Gesellschafter bei Vertragsschluß noch nicht sämtliche Bestimmungen vertraglich festlegen, die sich im Laufe der Zeit als notwendig oder zweckmäßig erweisen.8 Mit Rücksicht auf die oft lange Geltungsdauer und ihre wirtschaftliche Bedeutung liegt es vielmehr in der Natur der Gesellschaftsverträge, daß sie häufig abgeändert werden müssen. Die Möglichkeit einer Vertragsanpassung infolge einer Veränderung in den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Personengesellschaft entspricht daher heute allgemeiner Ansicht 9 und kann als für Gesellschaftsverträge „ty-

5

Die eingehende Darstellung des Streitstandes erfolgt in § 5.

6

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 211.

7

So Knopp, BB 1962, S. 939, 942.

8

Vgl. Knopp, BB 1962, S. 939, 942; H.P. Westermann, FS Hefermehl 1976, S. 225, 229; Zöllner, S. 11. 9

Vgl. zu den Gründen für die Vornahme von Vertragsänderungen: Zöllner, S. 14 ff.; H.P. Westermannn, FS Hefermehl 1976, S. 225, 227, der unterstreicht, daß das Bedürfnis nach Anpassung der Vertragsgrundlage groß ist. Vgl. auch BGHZ 49, 364, 366: Ein Unternehmen bestimmter wirtschaftlicher Bedeutung kann sich der Notwendigkeit einer Vertragsanpassung nicht entziehen. Die Abänderbarkeit eines GesellschaftsVertrages war nicht immer selbstverständlich. Für die Personengesellschaften wurde dies erstmals nach dem Ersten Weltkrieg vom RG (RGZ 91, 166, 167) anerkannt, weil die veränderte Wirtschaftslage eine Anpassung vieler Verträge erzwang, vgl. hierzu Wiedemann, W M 1990, S. 1, 11.

22

Α. Einführung

pisch" bezeichnet werden. 10 Um diese Vertragsanpassung zu erreichen, können die Gesellschafter nach dem Grundsatz der Privatautonomie den Gesellschaftsvertrag jederzeit einverständlich abändern: einzelne Mitglieder scheiden aus, neue Teilhaber treten in die Gesellschaft ein, die Beteiligungsverhältnisse oder die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse werden neu geregelt, etc. 11 Insofern ist bei der Gesellschaftsbeteiligung eines Minderjährigen das Bedürfnis für Änderungen des bestehenden Gesellschaftsvertrages nicht nur dann zu bejahen, wenn dieser bereits sehr früh in die Gesellschaft aufgenommen wird und damit über einen längeren Zeitraum an dieser beteiligt ist, sondern auch dann, wenn die Zeitspanne vom Eintritt des Minderjährigen in die Gesellschaft bis zur Erlangung der Volljährigkeit verhältnismäßig kurz ist. 12 Obgleich weder die Rechtsprechung noch das Schrifttum in letzter Zeit neue Anstöße zu dieser Diskussion gegeben haben, so hat sich doch seit ihrem Höhepunkt in den 60er Jahren immer noch keine einheitliche Ansicht herausgebildet. 13 Anlaß für eine erneute Auseinandersetzung mit diesem Problemkreis ist eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 198614, durch die die Diskussion über die Stellung des Minderjährigen im Unternehmensrecht zwischenzeitlich eine neue rechtliche Bedeutung erlangt hat.

§ 3 Der verfassungsrechtlich gebotene Minderjährigenschutz auf der Grundlage der Entscheidung des BVerfG Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ein Urteil des Bundesgerichtshofs über die Fortführung eines ererbten Einzelhandelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft unter Beteiligung Minderjähriger 1 wegen Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) des Minderjährigen aufgehoben und dem Gesetzgeber in Wahrneh-

10

So zutreffend Knopp y BB 1962, S. 939, 942.

11

Kolltiosser,

12

Nagel, S. 126.

FS Bärmann 1975, S. 533.

13

Vgl. Oberloskamp / Pollaky § 8, Anm. 170: „Strittig ist nach wie vor, inwieweit die Änderung eines Gesellschaftsvertrages durch das Vormundschaftsgericht genehmigt werden muß." sowie Kliisener, Rpfleger 1990, S. 321, 327: „Eine Lösung des Problems ist nicht erkennbar." 14 1

BVerfGE 72, 155 ff.

Der den Entscheidungen zugrundeliegende Ausgangsfall ist abgedruckt in BGHZ 92, 259 / 260 und BVerfGE 72, 155, 160 / 161.

§ 3 Der verfassungsrechtlich gebotene Mindeijährigenschutz

23

mung seines Wächteramtes2 die Ergänzung der vorhandenen Vorschriften zum Schutz des Minderjährigen aufgetragen.

I. Die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung zunächst auf den Standpunkt gestellt, daß die Fortführung eines ererbten Handelsgeschäfts ohne gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluß in ungeteilter Erbengemeinschaft ohne zeitliche Begrenzung möglich sei.3 Es sei den Miterben unbenommen, zur Fortführung des Geschäfts eine OHG gründen; ein darauf gerichteter, zumindest schlüssig zum Ausdruck gekommener Wille werde nicht selten anzunehmen sein. Zur Annahme eines Gesellschaftsvertrages reiche aber der Entschluß der Erben zur Fortsetzung des Handelsgeschäfts allein nicht aus.4 Auch nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne, wie etwa der in § 27 Abs. 2 HGB geregelten Dreimonatsfrist 5, könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Fortführung des Handelsgeschäfts nur noch in der Form einer Handelsgesellschaft möglich sei.6 Diese Auffassung entspricht auch der im Schrifttum vorherrschenden Meinung.7

2

Das Grundgesetz weist dem Staat in Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG die Pflicht zu, über die Ausübung der elterlichen Sorge zu wachen. 3

BGHZ 92, 259, 262.

4

So aber Fischer, ZHR 144, S. 1, 12 ff., der die Fortsetzungsvereinbarung der Erben als Gesellschaftsvertrag qualifiziert, dessen Zweck in der gemeinsamen Führung des Handelsgeschäfts durch die Erben besteht. 5 So aber Fischer, ZHR 144, S. 1, 14, nach dessen Ansicht die den Erben in § 27 Abs. 2 HGB eingeräumte Überlegungsfrist, innerhalb derer sie den Betrieb des Handelsgeschäfts einstellen können, zur Folge hat, daß das Zusammenwirken der Erben bei der Fortführung des Unternehmens erst nach Ablauf dieser Frist als eine OHG anzusehen ist. 6 7

BGHZ 92, 259, 264 / 265.

Vgl. nur Soergel / Wolf,i § 2032, Rdnr. 5; M K / Dütz, § 2032, Rdnr. 44; Staub / Ulmen § 105, Rdnr. 55; Ρ alandt / Edenhof er, § 2032, Rdnr. 4; Schmidt, BB 1986, S. 1238; Schmidt, NJW 1985, S. 2785 ff.; Hüjfer, ZGR 1986, S. 603 ff.; Wolf AcP 181, S. 480, 481; Erman / Schlüter, § 2032, Rdnr. 4; a.A. Fischer, ZHR 144, S. 1, 8 ff. (Die Erbengemeinschaft steht im Widerspruch zum Grundsatz des abgeschlossenen Kreises der handelsrechtlichen Gesellschaftsformen); Sobich, S. 115 ff. (Da die Erbengemeinschaft schon aus erbrechtlichen Gründen nicht Träger eines werbenden Unternehmens sein könne, könnten die Miterben das Handelsgeschäft von anfang an nur in der Form einer Handelsgesellschaft fortführen.)

24

Α. Einführung

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist aber der in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geregelte Genehmigungsvorbehalt auf die Erbengemeinschaft als nicht-gesellschaftsrechtliche Personengemeinschaft weder direkt noch analog anwendbar. Im Hinblick auf das wirtschaftliche Risiko mache es zwar keinen Unterschied, ob sich jemand in der Rechtsform der Gesellschaft oder in der einer ungeteilten Erbengemeinschaft betätige, so daß eine entsprechende Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB auf die Fortführung des Handelsgeschäfts unter Beteiligung minderjähriger Erben durchaus in Betracht zu ziehen sei.8 Der Bundesgerichtshof weist aber weiter darauf hin, daß ein Schutz des minderjährigen Miterben durch eine analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB nur dann zu erreichen sei, wenn dem gesetzlichen Vertreter in der Zeit bis zur Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung die Vertretungsmacht zu allen Rechtsgeschäften fehlen würde, die mit dem Betrieb des Handelsgeschäfts zusammenhängen. Eine so weitgehende Wirkung könne dem Genehmigungserfordenis jedoch nicht beigemessen werden. 9 Darüber hinaus unterscheide sich die Lage des minderjährigen Miterben wesentlich von den in § 1822 Nr. 3 BGB geregelten Fällen. Während dort die Genehmigung abgewartet werden könne, ohne daß der Vermögensstatus der Beteiligten beeinträchtigt werde, werde der Minderjährige als Miterbe bereits mit dem Erbfall Mitinhaber eines lebenden Unternehmens. Daher stünden die volljährigen Miterben des Minderjährigen bei der Einführung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungspflicht vor der Alternative, entweder das Geschäft unter Inkaufnahme eines damit verbundenen Einnahmeverlustes stillzulegen oder es bis zur Genehmigungserteilung unter dem Risiko der Geschäftsführung ohne Auftrag weiterzuführen. Dies entferne sich aber soweit von den in § 1822 Nr. 3 BGB geregelten Fällen, daß eine Ausdehnung dieser Vorschrift auf den zu entscheidenden Fall nicht gerechtfertigt erscheine. 10 Zwar hat sich auch der Bundesgerichtshof mit dem Einwand auseinandergesetzt, daß damit bei Fortführung des Handelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft der Minderjährigenschutz nicht in gleicher Weise gewährleistet sei wie bei dem Weiterbetrieb eines Unternehmens in der Form einer Handelsgesellschaft. 11 Anders als bei der Fortführung eines Handelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft werde der minderjährige Gesellschafter nicht aus den

8

BGHZ 92, 259, 266.

9

BGHZ 92, 259, 267.

10

BGHZ 92, 259, 267 / 268.

11

BGHZ 92, 259, 265; so Fischer, ZHR 144, S. 1, 9.

§ 3 Der verfassungsrechtlich gebotene Minderjährigenschutz

25

von der Gesellschaft geschlossenen Geschäften verpflichtet, wenn die zu dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB nicht erteilt werde. Dennoch rechtfertige dieser „Mangel an Minderjährigenschutz" nicht die ausschließliche Zulassung der Fortführung eines Handelsgeschäfts in den Formen des Gesellschaftsrechts. 12

II. Die Entscheidungsgründe des Bundesverfassungsgerichts 13 Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ist es mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Minderjährigen nicht vereinbar, daß der gesetzliche Vertreter kraft seiner gesetzlichen Vertretungsmacht bei Fortführung eines ererbten Handelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft den Minderjährigen unbegrenzt finanziell verpflichten kann. 14 Das Bundesverfassungsgericht weist zwar in diesem Zusammenhang darauf hin, daß es nicht seine Aufgabe sein könne, von Verfassungs wegen eine analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB zu verlangen. 15 Auch sei es als Nachwirkung elterlicher Sorge noch hinnehmbar, wenn sich die Haftung des Minderjährigen auf das im Wege der Erbfolge erworbene Vermögen beschränke. 16 Darüber hinaus wird dem Gesetzgeber jedoch aufgegeben, in Wahrnehmung seines Wächteramtes das verbleibende Defizit im Minderjährigenschutz durch die Ergänzung der vorhandenen Vorschriften zum Schutz des Minderjährigen auszugleichen, um zu verhindern, daß der volljährig Gewordene nicht mehr als nur eine „scheinbare Freiheit" erreicht. In den Entscheidungsgründen führt das Bundesverfassungsgericht aus, daß der Gesetzgeber dafür Sorge tragen müsse, „daß den Volljährigen Raum bleibt, um ihr weiteres Leben selbst und ohne unzumutbare Belastungen zu gestalten, die sie nicht zu verantworten haben." Diese Möglichkeit sei ihnen jedoch verschlossen, wenn sie als Folge der Vertretungsmacht mit erheblichen Schulden in die Volljährigkeit entlassen würden. 17 Das Bundesverfassungsgericht fordert daher eine Regelung, „welche die Fortführung eines Handelsgeschäftes bei Beteiligung eines Minderjährigen von einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ab-

12

BGHZ 92, 259, 265.

13

BVerfGE 72, 155 ff.

14

BVerfGE 72, 155.

15

BVerfGE 72, 155, 170.

16

BVerfGE 72, 155, 173.

17

BVerfGE 72, 155, 173.

26

Α. Einführung

hängig macht oder welche Minderjährige als Miterben eines Handelsgeschäfts jedenfalls nicht über den Umfang des ererbten Vermögens hinaus zu Schuldnern werden läßt." 18

III. Die Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf den Minderjährigenschutz im Gesellschaftsrecht Obgleich sich diese Entscheidung nur auf die Fortführung eines Einzelhandelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft bezieht, wird zu Recht auf die allgemeine Bedeutung der Sache hingewiesen.19 Hierfür spricht auch bereits der Wortlaut der Einleitung zu den Entscheidungsgründen: „Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, daß die Eltern ihre Kinder im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht finanziell in unbegrenzter Höhe verpflichten können." Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird daher in Zukunft über den behandelten Einzelfall der Unternehmensfortführung hinaus eminente und weitreichende Konsequenzen für den gesamten Bereich des Minderjährigenschutzes im Gesellschaftsrecht haben, so insbesondere, wenn es um die Vertretung des minderjährigen Alleinerben eines Unternehmens, die Entscheidung über den Verbleib des minderjährigen Gesellschaftererben in einer offenen Handelsgesellschaft sowie um die Führung eines Einzelunternehmens durch den Minderjährigen geht. 20 Ferner wird durch diese Entscheidung der Anwendungsbereich der in den §§ 1821, 1822 BGB enthaltenen Genehmigungstatbestände, insbesondere die Vorschrift des § 1822 Nr. 3 BGB, und damit die Funktion der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung wieder in die rechtliche Diskussion eingebracht. In seinen Urteilsgründen beanstandete das Bundesverfassungsgericht zwar nicht die Entscheidungsfindung des Bundesgerichtshofs nach einfachem Recht. Es weist aber auf die Lückenhaftigkeit des gesetzlich geregelten Minderjährigenschutzes

18

BVerfGE 72, 155, 174.

19

Vgl. Schmidt, BB 1986, S. 1238, 1240; M K / Schwab, § 1821, Rdnr. 1.

20

So z.B. Hertwig, FamRZ 1987, S. 124, 126 f.; Hüffen ZGR 1986, S. 602, 648; Schmidt, BB 1986, S. 1238, 1241, 1245; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 59; Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 324; vgl. auch Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 323, der darüber hinaus den Anwendungsbereich dieser Entscheidung auch auf den Erwerb eines Unternehmens aufgrund eines Vermächtnisses sowie schenkweiser Zuwendung, aber auch im Bereich der Gründung eines Einzelunternehmens namens des Minderjährigen (§ 1823 BGB) sowie bei der Entscheidungsbefugnis außerhalb des erwerbsgeschäftlichen Bereichs erstrecken will.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Minderjährigenschtz

27

und damit inzidenter auf die Lückenhaftigkeit des Kataloges der genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte bei der Beteiligung Minderjähriger hin. 21 Insoweit stellt sich erneut die Frage nach der Erweiterungsfähigkeit des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann nicht mehr ohne weiteres von einer Analogieunfähigkeit dieser Vorschriften ausgegangen werden. Aufgabe der folgenden Untersuchung wird es daher sein, auf der Grundlage des neuen Rechtsverständnisses nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu überprüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unter Beachtung der familien- und gesellschaftsrechtlichen Wertungen auf nachträgliche Gesellschaftsvertragsänderungen unter Mitwirkung Minderjähriger unmittelbar oder analog anzuwenden ist.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Minderjährigenschutz im Gesellschaftsrecht Da mit der folgenden Untersuchung nur ein Ausschnitt aus der umfangreichen Problematik des Minderjährigenschutzes im Gesellschaftsrecht behandelt wird, soll zunächst ein Überblick über den gesetzlichen Schutz des Minderjährigen beim Eintritt in eine Personengesellschaft sowie innerhalb der Gesellschaft vorangestellt werden. Insoweit ist zunächst fraglich, wie der Begriff des „Minderjährigen" zu definieren ist.

I. Die Rechtsstellung des Minderjährigen im Gesellschaftsrecht 1. Der Begriff

des Minderjährigen

Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist eine Legaldefinition des Minderjährigenbegriffs nicht enthalten. Sie läßt sich jedoch aus dem Gesetz anhand der Vorschriften der §§ 2, 104, 106, 1773 BGB entwickeln. Die Minderjährigkeit ist als Gegenbegriff zur Volljährigkeit aufzufassen, die nach § 2 BGB mit Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt. Minderjährig sind somit die Personen, die noch nicht volljährig sind, also das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht haben. Ent-

21

BVerfGE 72, 155, 174.

28

Α. Einführung

gegen einer z.T. in der Literatur vertretenen Auffassung 1, kann den Vorschriften der §§ 106 ff. BGB nicht entnommen werden, daß nur der Mensch minderjährig ist, der bereits das 7. Lebensjahr vollendet hat. Die Vorschrift des § 106 BGB spricht zwar von dem „Minderjährigen, der das 7. Lebensjahr vollendet hat". Dies schließt aber nicht aus, daß auch solche Personen „minderjährig" i.S.d. Gesetzes sind, die das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Innerhalb der Minderjährigkeit ist vielmehr zwischen dem geschäftsunfähigen Minderjährigen, der das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 104 Abs. 1 Nr. 1 BGB), und dem in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Minderjährigen, der das 7., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 106 BGB), zu unterscheiden.2 Daß auch derjenige, der das 7. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, „minderjährig" i.S.d. Gesetzes ist, ergibt sich weiterhin aus den §§ 1773 ff. BGB, in denen die Vormundschaft über „Minderjährige" geregelt ist. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß auch für diesen Personenkreis unter den Voraussetzungen des § 1773 BGB die Vormundschaft angeordnet werden muß. Die folgenden Ausführungen erstrecken sich jedoch ausschließlich auf den beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen i.S.d. §§ 106 ff. BGB, da die Beteiligung an einer Personengesellschaft in den meisten Fällen erst mit Erreichen dieser Altergrenze vollzogen wird.

2. Der Minderjährige

als Gesellschafter

Die Beteiligung Minderjähriger an einer Personengesellschaft unterliegt gesellschaftsrechtlich keinen Beschränkungen. Das Gesellschaftsrecht begründet weder eine besondere Gesellschafterfähigkeit, noch knüpft es die Betätigung als Gesellschafter an bestimmte Voraussetzungen. Entscheidend für die Beteiligung an einer Gesellschaft ist vielmehr die Rechtsfähigkeit der Gesellschafter. Diese beginnt nach § 1 BGB unabhängig von der Geschäftsfähigkeit mit der Vollendung der Geburt. Da die Gesellschafterstellung somit nicht von der Minderjährigkeit abhängt, können auch geschäftsunfähige (§ 104 BGB) sowie beschränkt geschäftsfähige (§§ 106 ff. BGB) Minderjährige eine Gesellschafterposition bekleiden.

1

Vgl. Brox, JA 1989, S. 441; auch Biddermann,

2

Zutreffend Larenz, AT, S. 99.

S. 5.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Mindejährigenschtz

29

Hiermit ist aber noch nicht zugleich gesagt, daß dem Minderjährigen auch die Fähigkeit zukommt, den zur Begründung der Gesellschaftsbeteiligung erforderlichen Gesellschaftsvertrag wirksam abzuschließen sowie die Gesellschafterrechte und -pflichten in einer Personengesellschaft selbständig auszuüben. Der Minderjährige besitzt regelmäßig „nicht denjenigen Grad geistiger Reife und geschäftlicher Erfahrung, welcher erforderlich ist, um ungefährdet im Rechtsverkehr selbständig auftreten zu können".3 Da die Beteiligung eines Minderjährigen an einer Personengesellschaft sowohl eine Gefährdung seiner Person als auch seiner Vermögensinteressen mit sich bringt, sind seinem persönlichen Handeln enge Grenzen gesetzt.

II. Die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters bei Aufnahme des Minderjährigen in die Personengesellschaft Soll der Minderjährige durch Abschluß eines Gesellschaftsvertrages Mitglied einer Personengesellschaft werden, so bedarf er hierzu grundsätzlich der Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters, dem die Personen- und Vermögenssorge für den Minderjährigen obliegt (vgl. §§ 1626 Abs. 1 S. 2, 1793 BGB). Der Minderjährige könnte nur dann einen Gesellschaftsvertrag selbständig abschließen, wenn der Vertragsschluß für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft wäre (§ 107 BGB). 4 Bei der Beantwortung der Frage, wann ein Rechtsgeschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist, ist ausschließlich auf die rechtlichen Folgen des jeweiligen Geschäfts abzustellen. Sofern mit einem Rechtsgeschäft unmittelbar rechtliche Nachteile verbunden sind, so ist das Geschäft für den Minderjährigen auch dann nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn die Vorteile dieses Geschäfts die bestehenden Nachteile überwiegen. 5 Hiernach stellt es einen rechtlichen Nachteil dar, wenn mit dem jeweiligen Rechtsgeschäft zugleich eine Verpflichtung für den Minderjährigen verbunden ist, auch wenn dieses Geschäft insgesamt gesehen wirtschaftlich vorteilhaft ist.6 So verhält es sich auch beim Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zur Aufnahme des Minderjährigen in eine Personengesellschaft. Nach § 705 BGB sind die Gesellschafter zur Förderung des im Gesellschaftsvertrag vereinbarten gemeinsamen Zweckes verpflichtet.

3

Motive I, S. 131.

4

Zum Begriff des „lediglich rechtlichen Vorteils" vgl. eingehend Stürner, AcP 173, S. 402 ff.; Hübner, S. 146 ff. 5

Palandt / Heinrichs, § 107, Rdnr. 6.

6

Hübner, S. 146; Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 77.

30

Α. Einführung

Ausdruck dieser Förderungspflicht sind die mit der jeweiligen Gesellschafterstellung verbundenen Gesellschafterpflichten (z.B. Einlagen- und Beitragspflicht, Pflicht zur Geschäftsführung und Vertretung, Wettbewerbsverbot, allgemeine gesellschaftliche Treuepflicht), die der einzelne Gesellschafter im Zeitpunkt seiner Aufnahme in die Personengesellschaft übernimmt. Mit dem Erwerb der Mitgliedschaft als einem „Bündel von Rechten und Pflichten" (schon die gesellschaftliche Treuepflicht kann belastend sein7) sind daher diese Gesellschafterpflichten zugleich unmittelbar Gegenstand des Mitgliedschaftserwerbs. 8 Insoweit ist aber jede Aufnahme in eine Personengesellschaft für den Minderjährigen regelmäßig mit einem rechtlichen Nachteil verknüpft, so daß der Vertragsschluß für ihn grundsätzlich nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sein kann. Es stellt sich aber die Frage, ob das auch für die „unentgeltliche" 9 Aufnahme des Minderjährigen in eine Personengesellschaft gilt. Dies wird für die unentgeltliche Aufnahme des Minderjährigen als persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft, unabhängig vom Bestehen sonstiger gesellschaftsrechtlicher Pflichten, bereits im Hinblick auf die mit dieser Gesellschafterstellung generell verbundene unbeschränkte persönliche Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten, bei der OHG und der KG darüber hinaus nach §§ 130, 161 Abs. 2 HGB auch für bereits bestehende Verbindlichkeiten 10 , zu Recht einhellig abgelehnt.11 Denn selbst wenn der Minderjährige nach dem Gesellschafts vertrag von sonstigen Pflichten (z.B. der Pflicht zur Geschäftsführung und Vertretung) befreit ist, so bleibt er doch mit diesem umfassenden Haftungs-

7

BGH NJW 1988, 2687; LG Köln, Rpfleger 1970, 245.

8

BGHZ 68, 225, 232.

9

Von der unentgeltlichen Aufnahme in die Gesellschaft ist die unentgeltliche Zuwendung = Schenkung der geschuldeten Einlage zu unterscheiden, die für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist und daher von diesem selbst wirksam angenommen werden kann, selbst wenn das Erfüllungsgeschäft mit rechtlichen Nachteilen verbunden ist, Ρalandt / Heinrichs, § 107, Rdnr. 6. 10

Der eintretende BGB-Gesellschafter haftet in der Regel für Altverbindlichkeiten nur mit dem Gesellschaftsvermögen, nicht hingegen mit seinem Privatvermögen, da § 130 HGB nach h.M. auf diesen Vorgang nicht, auch nicht analog anwendbar ist, BGHZ 74, 240, 242. Eine Haftung mit dem Privatvermögen kann in diesem Fall nur aufgrund besonderer Vereinbarung begründet werden, vgl. OLG Hamm, NJW 1985, 1846. 11 Nagel, S. 27, der auch auf weitere aus dieser Gesellschafterstellung fließende Pflichten, wie die Pflicht zur Geschäftsführung sowie zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung über die Vornahme ungewöhnlicher Rechtsgeschäfte (§§ 116 Abs. 2, 119 HGB) hinweist; Stiirner, AcP 173, S. 402, 435; Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 78; Hübner, S. 149.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Mindejährigenschtz

31

risiko belastet, welches unmittelbar mit dem Eintritt in die Gesellschaft entsteht.12 Eine differenzierte rechtliche Bewertung ergibt sich aber auch dann nicht, wenn der Minderjährige unentgeltlich als Kommanditist in die Personengesellschaft aufgenommen wird. Solange die Kommanditeinlage noch nicht vollständig eingezahlt ist, bleibt für den Minderjährigen stets das Risiko, den Gesellschaftsgläubigern nach § 172 Abs. 1 HGB bis zur Höhe der Einlage unmittelbar persönlich zu haften. Insoweit ist aber die unentgeltliche Aufnahme in die Gesellschaft für den Minderjährigen zugleich unmittelbar mit einem rechtlichen Nachteil verbunden. Dagegen will Hübner 13 einen Erwerb der Mitgliedschaft dann als rechtlich vorteilhaft ansehen, wenn eine Haftung über die Zuwendung hinaus gewöhnlich nicht eintritt. In diesem Zusammenhang nennt er die unentgeltliche Übertragung eines voll eingezahlten Kommanditanteils. Hierfür spricht zunächst, daß eine Haftung des minderjährigen Kommanditisten nach Leistung der geschuldeten Kommanditeinlage vollständig ausscheidet (§171 Abs. 1 2.HS HGB). Ferner kann die Einlage zwar im Laufe der Zeit gänzlich aufgebraucht werden, ohne daß hierdurch das übrige Vermögen des Minderjährigen angetastet wird. 14 Dennoch kann auch dieser gesellschaftsrechtliche Vorgang für den Minderjährigen nicht als lediglich rechtlich vorteilhaft angesehen werden. Jeder Gesellschafter, auch der Kommanditist, unterliegt der allgemeinen gesellschaftlichen Treuepflicht, deren schuldhafte Verletzung den einzelnen Gesellschafter zum Schadensersatz verpflichten kann. Aus dieser Treuepflicht, die echte Rechtspflicht der Gesellschafter ist 15 , folgt die Pflicht, den Gesellschaftszweck zu fördern und alles zu unterlassen, was den Interessen der Gesellschaft schaden könnte.16 Als Gesellschafterpflicht wird sie aber wie jede andere Verpflichtung unmittelbar mit der Aufnahme in die Personengesellschaft erworben. So kann aus der Treuepflicht auch für den minderjährigen Kommanditisten die Zustimmungspflicht zur Änderung des Gesellschaftsvertrages 17 sowie die Pflicht zur Verschwiegenheit folgen. Aus diesem Grund kann letztlich auch der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zur unentgeltli-

12 Zwar kann im Innen Verhältnis intern ein Haftungsausschluß vereinbart werden; dieser läßt jedoch das Außenverhältnis zu den Gesellschaftsgläubigern unberührt. 13

Hübner, S. 150; a.A. LG Köln 1970, 254; Stürner, AcP 173, S. 402, 436.

14

Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 78.

15

Nagel S. 29.

16

Vgl. zur gesellschaftlichen Treuepflicht Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 5 ff.

17

Hierzu eingehend u. § 9 II 2 b.

32

Α. Einführung

chen Aufnahme eines minderjährigen Kommanditisten nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sein.18 Im Ergebnis bedarf der Minderjährige damit zur wirksamen Begründung einer Gesellschaftsbeteiligung durch Abschluß eines Gesellschaftsvertrages immer der Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters.

III. Das Erfordernis einer Pflegerbestellung nach § 1909 BGB Darüber hinaus hat das Vormundschaftsgericht gem. § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB einen Ergänzungspfleger zu bestellen, wenn der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Vertretung des Minderjährigen gehindert ist. Die Anordnung der Ergänzungspflegschaft soll in diesen Fällen zum Schutz des Minderjährigen eine mögliche Interessenkollision zwischen dem Minderjährigen und seinen Eltern als den gesetzlichen Vertretern vermeiden. Auf einen konkreten Interessengegensatz kommt es hierbei nicht

7. Die Bestellung eines Abschlußpflegers Der Regelfall einer Beteiligung des Minderjährigen an einer Personengesellschaft ist seine Aufnahme in eine Familiengesellschaft, bei der entweder die Eltern bzw. ein Elternteil oder durch Verwandtschaft miteinander verbundene Personen eine Gesellschafterstellung innehaben. Sofern die Eltern bzw. der gesamtvertretungsberechtigte Elternteil (vgl. § 1629 Abs. 1 S. 2 l.HS BGB) selbst als Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt sind, können sie nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB wegen des Verbots des Selbstkontrahierens beim Abschluß des Gesellschaftsvertrages nicht für den Minderjährigen auftreten, so daß es zur wirksamen Begründung einer Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen der Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB bedarf. 20 Von der Bestellung eines Ergänzungspflegers könnte in diesem Fall nur dann abgesehen werden, wenn der Abschluß des Gesellschaftsvertrages dem Minderjährigen unmittelbar einen lediglich rechtlichen Vorteil brächte.

18 BGHZ 68, 225, 232; Nagel, S. 26 ff.; Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 79 / 80; Heymann / Horn, §161, Rdnr. 35; Stürner, AcP 273, S. 402, 436; a.A. Hübner, S. 150. 19 20

Vgl. RGZ 157, 31; BGHZ 21, 231; BGHZ, 91, 337.

Bei mehreren zu beteiligenden Mindeijährigen muß für jedes Kind gesondert ein Ergänzungspfleger bestellt werden, BayObLGZ 1958, 373, 376; OLG Hamm MDR 1972, 793.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Mindejährigenschtz

33

Auch das Vertretungsverbot des § 181 BGB erfährt neben der gesetzlichen Ausnahme der Erfüllung einer Verbindlichkeit im Wege der Normenrestriktion eine weitere Einschränkung für solche Geschäfte, die dem Vertretenen einen lediglich rechtlichen Vorteil bringen, da hier die Gefahr eines Interessenwiderstreits ausgeschlossen ist und § 181 BGB daher seinem Normzweck nach unanwendbar ist. 21 An dieser Stelle kann aber auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Da die Mitgliedschaft als „Bündel von Rechten und Pflichten" aufzufassen ist und die Gesellschafterpflichten demzufolge stets unmittelbar Gegenstand des jeweiligen Mitgliedschaftserwerbs sind 22 , stellt sich der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages für den Minderjährigen niemals als rechtlich vorteilhaft dar. Ein weiteres Vertretungsverbot, welches ebenfalls Bedeutung bei der Aufnahme des Minderjährigen in eine Familiengesellschaft erlangt, ergibt sich aus den §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Hiernach ist der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts zwischen seinem Ehegatten oder einem Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Minderjährigen andererseits kraft Gesetzes von der Vertretung ausgeschlossen. Folglich bedarf es auch dann zur Begründung einer Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen der Bestellung eines Ergänzungspflegers, wenn nur ein Elternteil an der Gesellschaft beteiligt ist. Der andere Elternteil ist in diesem Fall nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB beim Abschluß des Gesellschaftsvertrages an der wirksamen Vertretung des Minderjährigen gehindert. 2 3 1 2 4 Dieses Vertretungsverbot mit der Folge einer Pflegerbestellung greift schließlich auch bei der Beteiligung des Minderjährigen am Unternehmen eines Verwandten in gerader Linie ein, so z.B. bei der nicht selten vorkommenden Aufnahme in das großväterliche Gesellschaftsunternehmen.

21

BGHZ 59, 236, 240; vgl. eingehend Hübner, S. 139 ff.; Ρalandt / Heinrichs, § 181, Rdnr. 9.

22

BGHZ 68, 225, 232.

23

BayObLG FamRZ 1960, 33; Palandt / Diederichsen, § 1629, Rdnr. 14; Nagel, S. 52; Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 76. 24 Zweifelhaft ist die Auffassung Stahls, S. 48, Fn. 1, die bei elterlicher Vertretung die Anwendung des § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB für unanwendbar erklärt, da sie nach § 1629 Abs. 1 BGB gesamtvertretungsbefugt und damit wegen eigener Beteiligung von der Vertretung ausgeschlossen sind. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB gilt aber unabhängig davon, ob ein Elternteil das Kind allein vertreten kann oder ob Gesamtvertretungsmacht der Eltern anzunehmen ist, so zu Recht Nagel, S. 56, 57.

3 Hilsmann

34

Α. Einführung

2. Das Erfordernis

einer Dauerpflegschaft

Sobald der Minderjährige in die Personengesellschaft aufgenommen ist, hat der gesetzliche Vertreter regelmäßig auch die mit der Gesellschafterstellung des Minderjährigen verbundenen Pflichten wahrzunehmen sowie die sich aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft ergebenden Gesellschafterrechte, insbesondere das Stimmrecht, auszuüben.25 Fraglich ist aber, ob über den Vertragsschluß hinaus auch für die weiteren Beschlüsse der Gesellschaft wegen des Verbots nach § 181 BGB die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers erforderlich ist, wenn neben dem Minderjährigen auch der gesetzliche Vertreter als Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt ist (sog. Dauerpflegschaft). 26 Die mit der Anordnung eines Ergänzungspflegers in allen Gesellschaftsangelegenheiten verbundenen Nachteile, nicht zuletzt im Hinblick auf die mit einer Pflegerbestellung anfallenden Kosten, liegen auf der Hand. Da das Gesellschaftsverhältnis innerhalb einer Personengesellschaft von dem Vertrauen der Gesellschafter zueinander bestimmt ist, brauchen die Gesellschafter die Mitwirkung eines gesellschaftsfremden Dritten, der in der Regel mit den Gesellschaftsangelegenheiten weniger vertraut ist als die Mitgesellschafter, bei Gesellschafterbeschlüssen grundsätzlich nicht zu dulden. Der Bundesgerichtshof weist daher zutreffend darauf hin, daß sich vornehmlich in Familiengesellschaften die durch eine Dauerpflegschaft ermöglichte Teilnahme eines außenstehenden Dritten an gesellschaftlichen Angelegenheiten erschwerend und lähmend auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit und Entwicklung der Gesellschaft auswirkt. 27 Insoweit könnte das Erfordernis einer Pflegerbestellung letztlich geeignet sein, der Bereitschaft zur Beteiligung eines Minderjährigen an einer Personengesellschaft entgegenzuwirken.

25

Dies ist zwingendes Recht.Der Gesellschaftsvertrag kann hieran nichts ändern, vgl. BGHZ 44, 98, 100 f.; Baumbach / Duden / Hopt, 105, Anm. 1 B; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 11 m.w.N. in Fn. 14; Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 38; Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 60; Nagel, S. 20 u. 91; Boschan, S. 479; Badewitz, S. 48, 65, 68; Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 327; Hueck, OHG, § 11 II 3, da die Ausübung der Mitverwaltungsrechte für den Minderjährigen nicht nur lediglich rechtlich vorteilhaft ist, vgl. Badewitz, S. 44. 26 Der Bundesfinanzhof erkannte lange Zeit eine Mitunternehmerschaft des Mindeijährigen nur an, wenn für diesen ein Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt war, vgl. BFHE 108, 219. Inzwischen hat der BFH diese Auffassung aufgegeben, BFH BB 1976, 587. 27

BGHZ 65, 93, 99.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Minderjährigenschutz

35

An dieser Stelle ist zwischen den vertragsändernden Gesellschafterbeschlüssen sowie solchen Beschlüssen, die lediglich die Maßnahmen der Geschäftsführung und sonstige Gesellschaftsangelegenheiten betreffen, zu unterscheiden. 28

a) Beschlüsse in laufenden Gesellschaftsangelegenheiten Soweit es um Beschlüsse in laufenden Geschäftsführungsangelegenheiten und sonstigen Gesellschaftsangelegenheiten geht, so hat sich im Anschluß an die Auffassung des Bundesgerichtshofs inzwischen nahezu einhellig die Auffassung durchgesetzt, daß das Vertretungsverbot nach § 181 BGB mit der Folge der Anordnung einer Dauerpflegschaft nicht anwendbar ist, da es in diesen Fällen an der für § 181 BGB typischen Konfliktsituation fehlt und insoweit von einer weitgehenden Übereinstimmung der Interessen des gesetzlichen Vertreters und des Minderjährigen ausgegangen werden kann. 29 Dagegen folgert die Gegenmeinung 30 aus dem Umstand, daß die Stimmen der einzelnen Gesellschafter den übrigen an dem Gesellschafterbeschluß beteiligten Gesellschaftern als Erklärungsempfänger zugehen müssen31, daß sachlich Geschäftsgegner immer die anderen Gesellschafter seien. Nach dieser Auffassung sind bei Personengesellschaften stets sämtliche Beschlüsse als Rechtsgeschäfte der Gesellschafter untereinander anzusehen, die die Gefahr eines Interessenkonflikts beinhalten. Daher soll das Vertretungs verbot des § 181 BGB im Personengesellschaftsrecht auf sämtliche Gesellschafterbeschlüsse anwendbar sein, unabhängig davon, ob der Beschluß eine Vertragsänderung zum Gegenstand habe, oder nicht. Dies hätte zur Folge, daß der gesetzliche Vertreter auch im Bereich der normalen

28 Man unterscheidet drei Arten von Beschlußgegenständen: - Den wichtigsten Beschlußgegenstand bilden die Änderungen des Gesellschaftsvertrages — Einen zweiten Beschlußgegenstand bilden die Geschäftsführungsangelegenheiten Als dritter Beschlußgegenstand kommen schließlich sonstige Gesellschaftsangelegenheiten in Betracht, die weder zu den Vertragsgrundlagen, noch zu den Geschäftsführungsangelegenheiten zählen, z.B. Bilanzfeststellung, Gewinnverwendung, Entlastung der Geschäftsführer, vgl. MK / Ulmer, § 709, Rdnr. 49. 29

BGHZ 65, 93, 96 ff.; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 84; Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 60; Fastrich, S. 22 ff.; sowie eingehend Hühner, S. 279 ff.; zweifelnd Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 40; a.A. Nagel, S. 105 ff.; Schilling, FS Beierstedt 1975, S. 257, 275. 30 Nagel, S. 112; Schilling, § 105, Rdnr. 40. 31

FS Ballerstedt 1975, 257, 274; wohl auch Heymann / Emmerich,

Heymann / Emmerich, § 119, Rdnr. 13; Nagel, S. 108; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 213; Schilling, FS Ballerstedt, S. 257, 274; insoweit für den Bereich der Personengesellschaften auch BGHZ 65, 93, 97. 3*

Α. Einführung

36

Gesellschafterbeschlüsse nicht zugleich für sich selbst und den vertretenen Minderjährigen das Stimmrecht ausüben könne. Dieser Ansicht ist jedoch mit Hübner 32 entgegenzuhalten, daß der Gesellschafterbeschluß rechtlich immer den Willen der Gesellschaft verkörpert. Die Ausübung des Stimmrechts des einzelnen Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung zur Beschlußfassung erfolgt damit streng genommen immer zur Willensbildung der Gesellschaft. Dann kann aber unabhängig von der formellen Empfangszuständigkeit nur die Gesellschaft in ihrer personellen Verbundenheit als Erklärungsgegner angesehen werden. Hiernach kann der Gesellschafterbeschluß mit dem Bundesgerichtshof 33 nicht als Rechtsgeschäft der Gesellschafter „untereinander" qualifiziert werden, soweit dieser nicht eine Änderung der gesellschaftsvertraglichen Basis zur Grundlage hat. Wie der Bundesgerichtshof 34 weiter ausführt, ist bei einem gewöhnlichen Gesellschafterbeschluß das Ziel der gesellschaftlichen Willensbildung nicht in der Austragung individueller Interessengegensätze i.S.d. §181 BGB zu sehen, sondern in der Verfolgung des durch den Gesellschaftsvertrages festgelegten gemeinsamen Gesellschaftszwecks (§ 705 BGB). Demzufolge steht bei normalen Gesellschafterbeschlüssen das gemeinsame Interesse der Gesellschafter an einer bestmöglichen Förderung der Gesellschaft im Vordergrund. Insoweit handelt es sich bei der Ausübung des Stimmrechts aber nicht um gegenläufige, sondern vielmehr um parallele, auf die Erreichung des gleichen Ziels gerichtete Willenserklärungen. Dies gilt auch dann, wenn unterschiedliche Ansichten der Gesellschafter darüber bestehen, welche Maßnahmen zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks am besten geeignet sind. Zwar ist Nagel 35 zuzugeben, daß der einzelne Gesellschafter bei der Beschlußfassung durchaus seine eigenen Interessen bei der Frage einbringen kann, ob eine geplante Geschäftsführungsmaßnahme im Interesse der Gesellschaft erforderlich und zweckmäßig ist. Das Bestehen etwaiger Individualinteressen wird auch vom Bundesgerichtshof 36 nicht bestritten. Aufgrund der in der Regel gleichlaufenden Interessen der Gesellschafter in diesem Bereich könne jedoch von einem erheblichen Interessenwiderstreit zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen i.S.d. § 181 BGB nicht regelmäßig ausgegangen werden. Für die Anordnung einer Dauerpflegschaft reiche jedoch die bloße Möglichkeit eines Interessenkon-

32

Insoweit zutreffend Hübner, S. 279 m.w.N.

33

BGHZ 65, 93, 97.

34

BGHZ 65, 93, 97, 98.

35

Nagel, S. 111.

36

BGHZ 65, 93, 98.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Minderjährigenschtz

37

flikts nicht aus. Außerdem könne der einzelne Gesellschafter in solchen Ausnahmefällen, in denen eine sachgemäße Stimmabgabe nicht mehr gewährleistet sei, u.U. bereits durch die Stimmrechtsverbote des Gesellschaftsrechts von seinem Stimmrecht ausgeschlossen werden, ohne daß es hierzu der Anwendung des § 181 BGB bedürfe. 37 In diesem Zusammenhang überzeugt noch ein weiteres Argument gegen das Erfordernis einer Dauerpflegschaft. Sofern es im Verhältnis des minderjährigen Gesellschafters und seines ebenfalls als Gesellschafter mitwirkenden gesetzlichen Vertreters tatsächlich zu einem Interessenkonflikt kommt, der zu der Befürchtung Anlaß gibt, der gesetzliche Vertreter werde die von ihm wahrzunehmenden Gesellschafterinteressen des Minderjährigen nicht pflichtgemäß ausüben, so besteht die Möglichkeit, diesem nach §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 BGB die Vertretungsmacht zu entziehen und auf diese Weise im Einzelfall eine Pflegschaft nach § 1909 BGB anzuordnen, ohne daß hierzu gleich eine Dauerpflegschaft erforderlich wird. 38 ' 3 9 Man wird daher im Ergebnis der Argumentation des Bundesgerichtshofs und dem ihm folgenden Schrifttum folgen können, daß das Vertretungsverbot des §181 BGB mit der Folge der Anordnung einer Dauerpflegschaft nach § 1909 BGB auf gewöhnliche Gesellschafterbeschlüsse in Angelegenheiten der Geschäftsführung sowie sonstigen laufenden Gesellschaftsangelegenheiten nicht zur Anwendung gelangen kann. Somit kann der gesetzliche Vertreter an solchen Gesellschafterbeschlüssen ungeachtet seiner eigenen Gesellschaftsbeteiligung zugleich im eigenen Namen und im Namen des von ihm vertretenen Minderjährigen mitwirken.

37

BGHZ 65, 93, 98; ablehnend Stahl, S. 51.

38

BGHZ 65, 93, 101.

39

Daher bedarf es auch nicht der Überlegung Hübners, S. 281, der zwar im Grundsatz die Anwendbarkeit des § 181 BGB auf normale Gesellschafterbeschlüsse verneint, diese Vorschrift jedoch dann anwenden will, wenn der Vertreter im Einzelfall ein persönliches Eigeninteresse am Beschlußgegenstand hat, welches geeignet ist, die Interessen des vertretenen Gesellschafters zu beeinträchtigen.

38

Α. Einführung

b) Änderungen des Gesellschaftsvertrages Dagegen findet die Vorschrift des § 181 BGB nach einhelliger Ansicht auf den Änderungsvertrag oder den vertragsändernden Gesellschafterbeschluß 40 uneingeschränkte Anwendung. 41 Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Gesellschafterbeschlüssen in Angelegenheiten der Geschäftsführung oder sonstigen laufenden Gesellschaftsangelegenheiten ist der gesetzliche Vertreter daher bei der Vornahme einer Vertragsänderung, ebenso wie beim Abschluß des Gesellschafts Vertrages, kraft Gesetzes von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen, wenn er selbst als Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt ist. Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß der einzelne Gesellschafter bei der Beschlußfassung über Änderungen des Gesellschaftsvertrages mit den anderen Gesellschaftern ein Rechtsgeschäft vornehme, bei dem sich die Gesellschafter typischerweise als Geschäftsgegner gegenüber stünden.42 Wie der Bundesgerichtshof 43 in diesem Zusammenhang ausführt, geht es in diesem Fall „zunächst nicht um die Zusammenarbeit im Rahmen einer vorhandenen Vertragsregelung, sondern darum, ... unter Ausgleich der wechselseitigen Einzelinteressen eine Grundlage für diese Zusammenarbeit zu finden oder sie neu zu bestimmen, wobei jeder Beteiligte regelmäßig innerhalb der so zu schaffenden Vertragsordnung eine möglichst starke Rechtsstellung zu sichern sucht." Daher liege wie beim Abschluß eines Gesellschaftsvertrages ein Rechtsgeschäft der Gesellschafter „untereinander" vor, bei dem die Gefahr eines von § 181 BGB erfaßten Interessenkonflikts regelmäßig gegeben sei. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Bei rechtsgeschäftlichen Änderungen eines Gesellschaftsvertrages handelt es sich immer um ein sog. Grundlagengeschäft, bei der die Rechts-

40 Einigkeit besteht darin, daß die einen Gesellschaftsvertrag abändernden Gesellschafterbeschlüssen Vertragsqualität haben und es sich daher bei diesen der Sache nach um normale Änderungsverträge handelt, vgl. Hey mann / Emmerich, § 119, Rdnr. 2; ebenso Westermann, Rdnr. 270: „Der einstimmige Beschluß, den Gesellschaftsvertrag zu ändern, ist in Wirklichkeit ein Abänderungsvertrag und unterliegt in vollem Umfang dem Vertragsrecht ebenso M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 47. Soweit also Vertragsänderungen Gegenstand eines Gesellschafterbeschlusses sind, sind dabei die für Gellschaftsverträge geltenden Besonderheiten zu beachten, insbesondere auch die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft, M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 48. 41 Dies ist in Rspr. und Lit. unstreitig: BGH NJW 1961, 724; 1976, 1538; BGHZ 65, 93, 95 f.; indirekt auch BGHZ 38, 26, 31; BGHZ 66, 82, 86; Palandt / Heinrichs, § 181, Rdnr. 11; Baumbach / Duden / Hopt, § 105, Anm. 1 B; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 51; Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 39; Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 60; Hübner, S. 278 f.; Nagel, S. 126 ff. 42

BGH NJW 1961, 724; BGHZ 65, 93, 97.

43

BGHZ 65, 93, 97.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Minderjährigen schütz

39

beziehungen der Gesellschafter untereinander betroffen werden. 44 Im Gegensatz zu sonstigen Gesellschafterbeschlüssen handelt es sich bei Abstimmungen über Änderungen des Gesellschaftsvertrages daher nicht um eine interne Willensbildung zum Wohl der Gesellschaft in Erfüllung des im Gesellschaftsvertrages festgelegten Gesellschaftszwecks. Vielmehr wird der einzelne Gesellschafter stets bemüht sein, seine Rechtsstellung zu erhalten, zu verbessern oder zumindest vor einer Verschlechterung zu bewahren. Bei Vertragsänderungen stehen sich die Gesellschafter mithin, nicht wie bei Gesellschafterbeschlüssen in laufenden Gesellschaftsangelegenheiten mit gleichgerichteten Interessen gegenüber. Sie verfolgen vielmehr ihre persönlichen Interessen an einer für ihre Rechtsstellung möglichst günstigen Vertragsänderung. 45 Aufgrund dieser gegenläufigen Individualinteressen und des daraus resultierenden Interessenwiderstreits unter den beteiligten Gesellschaftern, sind die Interessen des gesetzlichen Vertreters und die des Minderjährigen im Bereich der Änderungen eines Gesellschaftsvertrages nicht notwendigerweise deckungsgleich. Vielmehr befindet sich der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen bei eigener Gesellschaftsbeteiligung auch bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages als Mitgesellschafter in der für ein Insichgeschäft typischen Konfliktsituation, zur Verfolgung seiner eigenen Interessen berechtigt und zur Wahrnehmung möglicherweise gegensätzlicher Interessen des Minderjährigen verpflichtet zu sein.46 Das hat zur Folge, daß bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages die Gefahr eines Interessenkonflikts vorliegt, wenn sowohl der Minderjährige als auch sein gesetzlicher Vertreter der Personengesellschaft als Gesellschafter angehören und damit an der Vertragsänderung beteiligt sind. Bei eigener Gesellschaftsbeteiligung des gesetzlichen Vertreters ist somit auch bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages zusätzlich die Einschaltung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 Abs. 1 BGB erforderlich. 47 Das Vertretungsverbot des § 181 BGB wird ebenso wie beim Abschluß des Gesellschaftsvertrages nur dann eingeschränkt, wenn die Vertragsänderung durch die Treuepflicht 48 geboten ist und

44 Soergel / H adding, § 705, Rdnr. 16; Baumbach / Duden / Hopt, § 126, Anm. 1 D; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 211; Heymann / Horn, § 164, Rdnr. 7. 45

BGH L M Nr. 8 zu 138 HGB; M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 54.

46

Fastrich,

S. 35.

47

Das Vertretungsverbot nach § 181 BGB ist auch auf Mehrheitsbeschlüsse anwendbar, vgl. Fastrich, S. 35. 48

Zur Vertragsänderung aufgrund gesellschaftlicher Treuepflicht später u. 9 II 2 b.

40

Α. Einführung

daher in Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt 49 oder wenn sie dem Minderjährigen nur rechtliche Vorteile bringt. 50 In diesen Fällen kann der gesetzliche Vertreter daher trotz eigener Beteiligung an der Gesellschaft zugleich auch für den Minderjährigen an der fraglichen Vertragsänderung mitwirken. Ob darüber hinaus51 für die bei Abschluß des ÄnderungsVertrages abgegebene Willenserklärung oder die Stimmabgabe bei einem vertragsändernden Gesellschafterbeschluß auch eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erforderlich ist, stellt den Gegenstand der folgenden Untersuchung dar.

IV. Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung 1. Die Funktion der vormundschaftsgerichtlichen

Genehmigung

In den §§ 1821, 1822 BGB hat der Gesetzgeber für eine Reihe einzelner, besonders bezeichneter Rechtsgeschäfte angeordnet, daß der gesetzliche Vertreter 52 des Minderjährigen sie nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornehmen kann. Die dort aufgeführten Genehmigungstatbestände beruhen „auf dem Gedanken, daß in Ansehung besonders wichtiger und über die Grenzen einer gewöhnlichen Verwaltung hinausgehender Rechtsgeschäfte ... die Vertretungsmacht des Vormunds in der Art eingeschränkt werden soll, daß zu den sonstigen allgemeinen Erfordernissen der Wirksamkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts als weiteres Erfordernis die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts hinzutreten muß." 5 3 Dieser Genehmigungskatalog schafft damit einen Schutz des Minderjährigen für bestimmte, typischerweise gefährliche Rechtsgeschäfte, wobei entweder die Wichtigkeit des Vermögensgegenstandes (§ 1821

49

BGH NJW 1961, 724 = W M 1961, 301; im Grundsatz zustimmend Nagel S. 126, 128, aber unter einschränkender Voraussetzung, daß die zustimmungspflichtige Vertragsänderung „nach den konkreten Umständen aufgrund einer objektiven Beurteilung als die im Interesse der Gesellschafter einzig mögliche erscheint." Dagegen: Kollhosser, FS Bärmann 1975, 533, 540. 50

Vgl. zu dieser Ausnahme im Wege der Normenrestriktion allgemein Hühner, S. 139 ff.

51

Die Frage der Anwendbarkeit des § 181 BGB darf mit der Frage der Notwendigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht verwechselt werden: BGH NJW 1961, 724. 52

Die §§ 1821, 1822 BGB finden nicht nur auf den Vormund, sondern in vollem Umfang auf den Ergänzungspfleger (vgl. § 1915 BGB) sowie über die Verweisungsnormen §§ 1626, 1629 Abs. 1, 1643 Abs. 1 BGB in eingeschränktem Umfang (§§ 1821, 1822 Nr. 1, 3, 5, 8-11 BGB) auch für die Eltern Anwendung. 53

Motive IV, 1136 ff.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Mindejährigenschtz

41

BGB) oder die gefährliche Natur des Rechtsgeschäfts (§ 1822 BGB) für die Einführung der vormundschaftsgerichtlichen Kontrolle ausschlaggebend waren. 54 Den in §§ 1821 ff. BGB geregelten Genehmigungsvorbehalten liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, daß sich der gesetzliche Vertreter im Rahmen der Vermögenssorge grundsätzlich auf die Erhaltung sowie die gefahrlose Nutzung des vorhandenen Mündel Vermögens beschränken soll. 55 Durch die Einführung des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB hat er daher zum Schutz des Minderjährigen die im Prinzip unbeschränkte Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters durch die Anordnung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für die Vornahme solcher Rechtsgeschäfte begrenzt, die nach seiner Auffassung über die Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgehen.56 Erst die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verschafft dem gesetzlichen Vertreter die erforderliche Rechtsmacht, im Namen des Minderjährigen und mit Wirkung für und gegen ihn handeln zu können.57 Seine Selbständigkeit beschränkt sich lediglich auf die Auswahl und die Vorbereitung des dem Vormundschaftsgericht zur Genehmigung vorzulegenden Rechtsgeschäfts. 58 Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung hat damit als staatliches Kontrollinstrument i.S.d. Art. 6 Abs. 2 GG zur Wahrung der Vermögensinteressen des Minderjährigen zwei Funktionen zu erfüllen: 1. vertretungsmachtbegrenzende Funktion 2. Prüfungs- und Sicherungsfunktion

2. Das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bei Aufnahme des Minderjährigen in eine Personengesellschaft Zu den sowohl für die Eltern (§ 1643 Abs. 1 BGB) als auch für den Vormund und den Ergänzungspfleger (§ 1915 Abs. 1 BGB) genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäften zählt gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auch die Eingehung eines Gesellschaftsvertrages zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts.

54

BGHZ 17, 160, 163.

55

Motive IV, 1085.

56

Vgl. Motive IV, 1084, 1085; 1136.

57

Dölle, § 128 I.

58

Erman / Holzhauer, Vor § 1821, 1822, Rdnr. 1.

42

Α. Einführung

a) Die Gründung einer Personengesellschaft Unstreitig ist, daß der Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Personengesellschaft, d.h. einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichteten BGB-Gesellschaft, an der der Minderjährige als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt werden soll, der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bedarf. 59 Hingegen war lange Zeit umstritten, ob der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zur Errichtung einer Kommanditgesellschaft auch dann der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unterliegt, wenn der Minderjährige innerhalb der Gesellschaft lediglich eine Kommanditistenstellung einnimmt. Früher wurde eine Genehmigungspflicht unter Berufung auf den Charakter der Kommmanditbeteiligung als bloße Kapitalbeteiligung abgelehnt. Da der Minderjährige das Erwerbsgeschäft der Gesellschaft nicht selbst mitbetreibe, insbesondere das damit verbundene weitgehende Risiko nicht selbst übernehme, sondern sich lediglich mit einer Kapitaleinlage an der Gesellschaft beteilige, sei eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erforderlich. 60 Inzwischen hat sich mit Recht die Auffassung durchgesetzt, daß auch der Gesellschaftsvertrag, der eine Kommanditbeteiligung des Minderjährigen vorsieht, nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungsbedürftig ist. 61 Der Bundesgerichtshof hat dies in einer Grundsatzentscheidung 62 mit dem Argument begründet, daß sich die Kommanditbeteiligung nicht immer nur in einer Kapitalbeteiligung erschöpfe. Vielmehr seien bei der großen Vielgestaltigkeit, die die Kommanditgesellschaft im Wirtschaftsleben aufweise, auch Fälle denkbar, in denen der minderjährige Kommanditist als Mitträger des Gesellschaftsvermögens sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich „entscheidend" an dem von der Gesellschaft betriebenen Erwerbsgeschäft beteiligt sei. Das sei insbesondere der Fall, wenn er eine hohen Einlage und Haftungssumme zu leisten habe, während der Komplementär eher eine wirtschaftlich schwache Position einnehme und nur seine Arbeitskraft in die Gesellschaft einbringe. Denkbar sei auch eine

59 Vgl. nur M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 21; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 105; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 22; Erman / Holzhauer, Rdnr. 12. 60

Vgl. die Nachweise zum älteren Schrifttum bei Ruppel, S. 107, Fn. 223 sowie bei BGHZ 17,

160, 162. 61

Vgl. nur M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 21 ; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 22; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 13. 62

BGHZ 17, 160 ff.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Minderjährigenschtz

43

Vereinbarung im Innenverhältnis, nach der der Kommandantist verpflichtet ist, den Komplementär von seiner persönlichen Haftung freizustellen. 63 Ferner stützt sich der Bundesgerichtshof darauf, daß der Kommanditist im Gegensatz zu einer sonstigen Kapitalbeteiligung auch rechtlich Träger des Gesellschaftsvermögens, also Mitinhaber des gemeinsamen Unternehmens sei. 64 Insbesondere die Vorschrift des § 176 HGB unterstreiche die selbstverantwortliche Beteiligung des Kommanditisten am Unternehmen. 65 Aus dieser Norm läßt sich entnehmen, daß gerade die Gründungs- und Beitrittsphase bei der Kommanditgesellschaft mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden ist, so daß der Kommandantist u.U. sein ganzes Vermögen dem Risiko des Erwerbsgeschäfts aussetzen kann. Wird eine neue Gesellschaft gegründet, so tritt gem. § 176 Abs. 1 S. 1 HGB die beschränkte Haftung des Kommanditisten nach Maßgabe seiner Haftsumme erst dann ein, wenn die Gesellschaft und die Höhe der Haftsumme des Kommanditisten in das Handelsregister eingetragen sind. Auch derjenige, der sich an einer bereits bestehenden Gesellschaft unter Neubildung oder unter Übernahme eines bestehenden Kommanditanteils beteiligen will, hat gem. § 176 Abs. 2 HGB für die zwischen seinem Eintritt und dessen Eintragung in das Handelsregister begründeten Gesellschaftsschulden unbeschränkt einzustehen und gem. § 173 HGB nach Maßgabe der §§ 171, 172 HGB für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften. Zwar entspricht die oben geschilderte Ausgestaltung der Gesellschafterstellung nicht dem Bild des typischen Kommanditisten, wie es den §§ 161 ff. BGB zugrundeliegt. Aufgrund des überwiegend dispositiven Charakters der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen sind solche Abweichungen vom gesetzlichen normierten Typus im Wirtschaftsleben aber keine seltenen Ausnahmen. Aus der Gestaltung der Vereinbarungen im Innenverhältnis kann sich aber andererseits ergeben, daß die Kommanditbeteiligung des Minderjährigen im konkreten Einzelfall mit einem weitaus geringeren Risiko verbunden ist. 66 Der Bundesgerichthof hat in seiner Entscheidung jedoch darauf abgestellt, daß bei der Anwendung der in den §§ 1821, 1822 BGB enthaltenen Genehmigungsvorbehalte eine für den Rechtsverkehr eindeutig praktizierbare Handhabung geboten sei, nicht hingegen eine am Einzelfall orientierte differenzierende Beurteilung. Daher könne das generelle Genehmigungserfordernis eines konkreten Rechts-

63

Vgl. BGHZ 17, 160, 163 / 164.

64

BGHZ 17, 160, 164.

65

BGHZ 17, 160, 164.

66

Nagel, S. 71, 72.

44

Α. Einführung

geschäfts grundsätzlich nicht von der Gestaltung des Einzelfalls abhängig gemacht werden. 6 7 ' 6 8 Hierbei handelt es sich um eine Auslegungsregel, die für die Auslegung aller Genehmigungstatbestände der §§ 1821, 1822 BGB zu beachten ist und daher auch im folgenden nochmals Bedeutung erlangen wird. Da die Kommanditbeteiligung somit nicht lediglich als Kapitalbeteiligung definiert werden kann, sondern auch Fälle denkbar sind, in denen der Kommanditist eine stärkere und wirtschaftlich verantwortlichere Position einnimmt als der Komplementär, ist die Anwendung des Genehmigungserfordernisses nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auch bei der Beteiligung eines minderjährigen Kommanditisten gerechtfertigt.

b) Der Eintritt in eine bestehende Gesellschaft Der nachträgliche Beitritt des Minderjährigen in eine bereits bestehende Gesellschaft kann sich auf zwei Wegen vollziehen: zum einen, indem der Minderjährige als weiterer Gesellschafter aufgenommen wird, zum anderen auch in der Weise, daß er im Wege der Rechtsnachfolge in die Gesellschafterposition eines ausscheidenden Gesellschafters einrückt und dessen Beteiligung übernimmt. Diesen Gesellschafteraustausch bezeichnet man auch als Übertragung der Mitgliedschaft. 69

aa) Eintritt

als weiterer

Gesellschafter

Nach überwiegender Ansicht 70 erstreckt sich der Genehmigungsvorbehalt des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auch auf den späteren Eintritt des Minderjährigen in eine Personengesellschaft als weiterer Gesellschafter, da sich dieser Gesellschaftsbeitritt durch Abschluß eines Gesellschaftsvertrages in Form eines sog.

67

BGHZ 17, 160 ff., sog. „Gebot der formalen Abgrenzung".

68

Anders Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 85 / 86, der die Frage nach der Erforderlichkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung weiterhin nach der Ausgestaltung des Vertrages beantworten will. 69 70

Vgl. BGH NJW 1981, 2747.

Vgl. nur M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 22; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 14; Biddermann, S. 20; Wiedemann , S. 249; Staub /Ulmer, § 105, Rdnr. 85; vgl. auch Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 14: „... erwirbt der Mündel einen Teil am Erwerbsgeschäft durch Aufnahme als Mitinhaber, so steht dies dem Neuabschluß eines Gesellschaftsvertrages gleich."

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Mindejährigenschtz

45

Aufnahmevertrages 71 zwischen ihm und den bisherigen Gesellschaftern vollzieht.72773 Infolge der gesamthänderischen Mitinhaberstellung der Gesellschafter liegt in diesem Gesellschaftsbeitritt aber gleichzeitig der Erwerb eines Gesamthandanteils an dem von ihr betriebenen Unternehmen. Aus diesem Grund ist der Erwerb eines Gesellschaftsanteils dem Erwerb des Geschäfts im ganzen gleichzusetzen, so daß an sich schon die erste Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB anwendbar ist. 74 Um zu einer klaren Abgrenzung gegenüber der ersten Alternative der Vorschrift zu gelangen, will Brüggemann 75 daher die zweite Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB ausschließlich auf die Urgründung einer Personengesellschaft unter Beteiligung des Minderjährigen beschränken, den späteren Gesellschaftsbeitritt hingegen dem Genehmigungsvorbehalt der ersten Alternative dieser Vorschrift unerwerfen. Gegen diesen Lösungsansatz bestehen jedoch Bedenken. Während nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB nur der auf entgeltlichen Erwerb eines Erwerbsgeschäfts gerichtete Vertrag genehmigungsbedürftig ist, spielt die Frage der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit in der zweiten Alternative dieser Vorschrift keine Rolle. Das Gesetz macht hier den Abschluß des Gesellschaftsvertrages durch den Minderjährigen vielmehr ohne Rücksicht auf den Erwerbsgrund genehmigungspflichtig. Folgt man daher der Auffassung Brüggemanns, so wäre zwangsläufig nur der entgeltliche Erwerb eines solchen Anteils gem. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungspflichtig, der unentgeltliche Erwerb hingegen genehmigungsfrei. Dagegen ist nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auch der Gesellschaftsvertrag, der zum Erwerb des Geschäftsanteils führt, trotz Unentgeltlichkeit stets genehmigungsbedürftig. 76 Im Hinblick darauf, daß

71

Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 28; Hueck, OHG, § 27 I 1 a; Westermann, GesR, Rdnr. 384; für die Rspr.: RGZ 52, 161, 162; 91, 412, 413 ff.; 128, 172, 176 ff.; 162, 370, 374; BGHZ 26, 330, 333 f. 72 Allg.M.: vgl. nur Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 60; Westermann, OHG, § 27 I 1 a; Schlüter, S. 53; Nagel, S. 52 m.w.N.

GesR, Rdnr. 384; Hueck,

73 Auch die Beteiligung eines Mindeijährigen an einer Personengesellschaft aufgrund einer Eintrittsklausel vollzieht sich immer erst durch Abschluß eines Aufnahmevertrages mit den Altgesellschaftern und bedarf daher zwingend der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB, vgl. M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 17, 22; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 21; Siergel / Stein, § 1922, Rdnr. 48; Ρalandt / Edenhof er, § 1922, Rdnr. 18. 74

Winkler,

75

Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127.

76

ZGR 1973, S. 177, 185 / 186 m.w.N.

Vgl. hierzu Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 84, der versucht, diesen „Wertungswiderspruch" zwischen beiden Alternativen in der Weise zu lösen, daß er für die Genehmigungspflicht die Voraussetzung der Entgeltlichkeit durchlaufend annimmt u. daher im Wege der teleologischen Reduk-

46

Α. Einführung

bei einem unentgeltlichen Erwerb eines Gesellschaftsanteils für den minderjährigen Gesellschafter die gleichen Rechtswirkungen entstehen wie bei einem entgeltlichen Erwerb, ist daher eine einheitliche Anwendung der zweiten Alternative geboten.77 Auch die von Stahl 78 in diesem Zusammenhang vorgeschlagene Lösung überzeugt nicht. Hiernach soll wie folgt differenziert werden: Sofern der Beitritt des Minderjährigen entgeltlich erfolge, sei er unter § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB zu subsumieren. Hingegen werde der unentgeltliche Erwerb der Mitgliedschaft von § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erfaßt, sofern der Minderjährige als zusätzlicher Gesellschafter in die Gesellschaft eintrete, da hierzu der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages mit den Altgesellschaftern erforderlich sei. Für eine derartig differenzierende Betrachtungsweise besteht indes kein Bedürfnis. Der Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erfaßt jede Beteiligung des Minderjährigen an einer Personengesellschaft durch Gesellschaftsvertrag, ohne zwischen dem unentgeltlichen und dem entgeltlichen Erwerb zu differenzieren. Daher wird jeder Beitritt des Minderjährigen als zusätzlicher Gesellschafter, der sich durch einen Aufnahmevertrag vollzieht, unabhängig, ob dieser entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, ausschließlich von der zweiten Alternative dieser Vorschrift erfaßt. Erfolgt demnach die Beteiligung des Minderjährigen an einer Personengesellschaft entgeltlich, so bedeutet sie zwar zugleich den Erwerb eines Erwerbsgeschäfts, so daß im Fall der Entgeltlichkeit beide Alternativen des § 1822 Nr. 3 BGB erfüllt sind. 79 Dieser Umstand ist jedoch unschädlich, da es aufgrund der Aufzählung einzelner Genehmigungstabestände häufig zu Überschneidungen derselben kommen kann. Zu Recht darf es daher bei der Ermittlung des Anwendungsbereiches eines Genehmigungstatbestandes keine Rolle

tion nur den „entgeltlichen" Gesellschaftsvertrag dem in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geregelten Genehmigungserfordernis unterstellen will; ablehnend Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124 / 129: Der Ansatz differenziere nicht genügend zwischen dem Erwerbsakt als solchem, der unentgeltlich sein könne (schenkweise Zuwendung der Einlage), und der eigentlichen Aufnahme in die Gesellschaft durch Abschluß eines Gesellschaftsvertrages. Diese könne aber wegen der mit der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft unmittelbar verbundenen Pflichten und einer möglichen Haftung für Gesellschaftsschulden rechtlich allenfalls als gemischte Schenkung qualifiziert werden, nicht aber ausschließlich unentgeltlich sein. Vgl. auch BGH MDR 1959, 638, 639; BGH BB 1965, 472; Bawnbach / Duden / HopU § 105, Anm. 7 B. 77

Winkler,

78

Stahl, S. 114 ff.

79

Biddermann, S. 21.

ZGR 1973, S. 177, 186.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Mindejährigenschtz

47

spielen, ob und inwieweit das jeweilige Rechtsgeschäft bereits durch andere Tatbestände erfaßt und damit genehmigungsbedürftig ist. 80

bb) Übertragung

der Mitgliedschaft

Während somit die erste Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB für den Erwerb einer Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft insoweit ohne Bedeutung ist, als der Minderjährige einen Gesellschaftsvertrag in Form eines Aufnahmevertrages abschließt, bereitet die Ableitung der Genehmigungspflicht für den Erwerb eines bereits bestehenden und übertragbaren Gesellschaftsanteils Schwierigkeiten. 81 Dieser Gesellschafteraustausch vollzieht sich nach inzwischen in Rechtsprechung und Literatur herrschender Ansicht durch Übertragung der Mitgliedschaft als einheitlichem, mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter 82 zulässigem Rechtsgeschäft unmittelbar zwischen dem austrittswilligen Gesellschafter und seinem Nachfolger. 83 Bei dieser Art des Gesellschafterwechsels handelt es sich um einen unmittelbaren Rechtsübergang vom ausscheidenden Gesellschafter auf den Erwerber, der unmittelbar in die Rechte- und Pflichtenposition des Ausscheidenden eintritt, ohne daß es zu inhaltlichen Veränderungen des bestehenden Gesellschaftsanteils kommt. 84 Die h.M. qualifiziert diese Anteilsübertragung als eine nach §§ 398, 413 BGB vorzunehmende Verfügung über die Mitgliedschaft als Gesamtheit der aus der Gesellschafterstellung folgenden Rechte und Pflichten 85 und betrachtet das die Übertragung der Mitgliedschaft

80

Knopp, BB 1962, S. 939, 940.

81

Die Übertragbarkeit eines Gesellschaftsanteils ist seit der Entscheidung des RG DNotZ 1944, 195 heute allgemein anerkannt. 82 Bei wirksamer Mehrheitsklausel bedarf es der Zustimmung der erforderlichen Mehrheit, Staub/Ulmer, § 105, Rdnr. 193. 83

Vgl. statt aller Hueck, OHG, § 27 II; Westermann, GesR, Rdnr. 391, Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 302 mit umfassenden Nachweisen; sowie die ständige Rspr. des BGH: BGHZ 13, 179, 185 ff.; BGHZ 44, 229, 331; BGHZ 81, 82, 87. 84 Vgl. Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 302 m.w.N., Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 33 m.w.N.; BGHZ 13, 179, 185; BGHZ 81, 82, 89. 85

Vgl. BGH NJW 1977, 1339, 1341; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 208: „Unter „Mitgliedschaft" versteht man... den Inbegriff der aus der Gesellschafterstellung folgenden Rechte und Pflichten."; Rdnr. 211: „Zu Recht wird sie (die Mitgliedschaft) darüber hinaus aber auch als Rechtsobjekt (Gegenstand eines Veräußerungsvertrages u.a.) sowie als subjektives Recht angesehen. Den Inhalt des subjektiven Rechts bilden die verschiedenen aus der Gesellschafterstellung entspringenden Mit-

48

Α. Einführung

vollziehende Rechtsgeschäft insoweit als Abtretungsvertrag. 86 ' 8 7 Für die Anwendbarkeit der zweiten Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB ist entscheidend, ob die Mitgliedschaft hierbei allein durch diesen Abtretungsvertrag übertragen werden kann oder ob zusätzlich noch ein Gesellschaftsvertrag zwischen den Altgesellschaftern und dem Eintretenden erforderlich ist.Letzteres wird von der der überwiegenden Ansicht verneint. 88 Infolgedessen wird der Gesellschaftsbeitritt des Minderjährigen im Wege der Übertragung der Mitgliedschaft rechtlich überwiegend als Erwerb eines Gesellschaftsanteils, der dem Erwerb des Geschäfts im ganzen gleichzusetzen sei, qualifiziert und damit unter das Genehmigungserfordernis der ersten Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB subsumiert. 89 Hingegen fordert Hueck 90 unter Hinweis darauf, daß alle Altgesellschafter der Übertragung zustimmen müssen, daß auch im Fall der Anteilsübertragung noch ein Aufnahmevertrag mit dem Erwerber als neueintretenden Gesellschafter abzuschließen sei. Dieser Auffassung steht jedoch entgegen, daß ein Gesellschaftsanteil nicht gleichzeitig originär durch Abschluß eines Aufnahmevertrages und derivativ durch Zession erworben werden kann. 91 Geht man daher mit der h.M. davon aus, daß zur Übertragung der Mitgliedschaft der bloße Abtretungsvertrag zwischen dem Ausscheidenden und dem neu eintretenden Gesellschafters genügt, so scheint das Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf diese Art der Beteiligung des Minderjährigen unanwendbar. Da aber andererseits nach § 1822 Nr. 3 1 .Alt. BGB nur der entgeltliche Erwerb einer Unternehmensbeteiligung genehmigungspflichtig ist, würde wiederum der unentgeltliche Erwerb des Minderjährigen der vormundschaftsge-

sprache- und Vermögensrechte. Das Bestehen korrespondierender mitgliedschaftlicher Verbindlichkeiten steht der Qualifizierung als subjektives Recht nicht entgegen.". A.A. Stahl S. 116, die die Mitgliedschaft nicht als Recht sondern wegen des aufgrund der damit verbundenen Pflichten gemischten Charakters der Mitgliedschaft als Schuldverhältnis qualifizieren möchte: „Diese Einstufung der Mitgliedschaft vernachlässigt jedoch die Bedeutung der Pflichten, die gerade im Personengesellschaftrecht mit der Gesellschafterstellung verbunden sind." 86

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 302; Heymann / Emme rieh, § 109, Rdnr. 33; Nagel S. 24.

87

Vgl. auch Westermann, GesR, Rdnr. 391, der diesen Vorgang als Kombination von Veräußerungsgeschäft, Vertragsübernahme, Austrittsvereinbarung und Aufnahmevertrag begreift. 88

Vgl. bereits BGHZ 13, 179 ff.

89

Vgl. nur BGHZ 17, 160, 165 für den Erwerb eines Kommanditanteils: RGZ 51, 33, 35; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 15, M K I Schwab, § 1822, Rdnr. 17; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 14; a.A. wohl Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 14. 90 Hueck, OHG, § 27 II 2; für das Erfordernis eines Aufnahmevertrages in der älteren Literatur vgl. die Nachweise bei Nagel, S. 24, Fn. 17. 91

Vgl. BGHZ 13, 179, 185; kritisch auch Nagel, S. 25 f.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Mindejährigenschtz

49

richtlichen Kontrolle entzogen.92 Dies erscheint jedoch vom Standpunkt eines verfassungsrechtlich gebotenen Minderjährigenschutzes unvertretbar, da die Übertragung der Mitgliedschaft für den Minderjährigen die gleichen rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen hat wie der Beitritt als zusätzlicher Gesellschafter im Wege des Aufnahmevertrages, dessen Genehmigungsbedürftigkeit auch im Fall der Unentgeltlichkeit aus § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB folgt. 93 Dem Gesellschafterwechsel durch eine Vereinbarung aller Beteiligten im Wege eines Aufnahmevertrages steht es gleich, wenn ein Gesellschafter mit Zustimmung 94 der übrigen Mitgesellschafter seinen Gesellschaftsanteil im Wege der Abtretung auf einen anderen überträgt. Es ist daher insbesondere im Hinblick auf den Erwerbsgrund zweifelhaft, ob eine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der Frage des Genehmigungserfordernisses geboten ist. In beiden Fällen handelt es sich um die Begründung einer Beteiligung des Minderjährigen an einer Erwerbsgesellschaft. Hierzu bedarf es auch in beiden Fällen der Mitwirkung der übrigen Gesellschafter: Während die Gesellschafter bei Abschluß des Aufnahmevertrages selbst unmittelbar Vertragspartner des Minderjährigen sind, schließt der Minderjährige im Falle der Übertragung der Mitgliedschaft einen Abtretungsvertrag mit dem ausscheidenden Gesellschafter, ohne mit den übrigen Gesellschaftern in unmittelbare Vertragsbeziehungen zu treten. Dieser Abtretungsvertrag ist jedoch wiederum nur mit Zustimmung sämtlicher Mitgesellschafter zulässig, sofern die Anteilsübertragung nicht bereits im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. 95 Nach heute überwiegender Ansicht wird die erforderliche Zustimmung der Mitgesellschafter zwar nicht als Vertragserklärung i.S.d. §§ 145 ff. BGB und damit nicht als Teil eines Vertrages, sondern als einseitige Zustimmungserklärung i.S.d. §§ 182 ff. BGB gewertet. 96 Die Zustimmung aller Mitgesellschafter zur Anteilsübertragung macht sie daher nicht zum Partner des Veräußerungsvertrages. Aus der grundsätzlichen Unüber-

92

Um dieses Ergebnis zu vermeiden, wählt Wiedemann , S. 245, der Weg einer analogen Anwendung der 2.Alt. des § 1822 Nr. 3 BGB, eine direkte Anwendung dieses Genehmigungstatbestandes scheide aus, da das Rechtsgeschäft mit dem Vorgänger und nicht mit den Gesellschaftern eingegangen werde; ablehnend Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 82 / 83. 93

So Wiedemann , S. 246; Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 186.

94

Die erforderliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter kann zur einzelnen Abtretung erklärt werden oder generell bereits im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein: Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 326; Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 110; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 193. 95 Vgl. nur Staudinger / Keßler, § 719, Rdnr. 4; Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 33 u. 39; Staub/Ulmer, § 105, Rdnr. 306 f. 96

Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 39.

4 Hilsmann

50

Α. Einführung

tragbarkeit der Gesellschafterstellung als Ausdruck des höchstpersönlichen Charakters des Zusammenschlusses der Personengesellschaft 97 folgt aber, daß das Einverständnis der Gesellschafter die wichtigste Voraussetzung für die Wirksamkeit der Anteilsübertragung ist. Diese Zustimmung kommt in ihrer Wirkung dem Abschluß eines Gesellschaftsvertrages gleich. Denn obwohl der Minderjährige den Gesellschaftsanteil im Wege der Abtretung erwirbt, findet er doch letzlich erst durch die Mitwirkung der übrigen Gesellschafter Eingang in die Gesellschaft. Für den Minderjährigen macht es auch keinen Unterschied, ob er seine Gesellschafterstellung durch einen Aufnahmevertrag mit den Mitgesellschaftern oder durch Abtretung eines Gesellschaftsanteils mit Zustimmung der verbleibenden Altgesellschafter erwirbt. Da die h.M. mit dem Zustimmungserfordernis ebenfalls Einigkeit aller Beteiligten verlangt und da andererseits für den Aufnahmevertrag auch das im Gesellschaftsvertrag vorab erklärte Einverständnis ausreichen soll, handelt es sich im Ergebnis nur um eine etwas andere Konstruktion. 98 Aufgrund dieser „funktionellen Vergleichbarkeit" des Beitritts des Minderjährigen durch den Aufnahmevertrag mit den Altgesellschaftern und dem Anteilserwerb durch einen Abtretungsvertrag mit dem ausscheidenden Gesellschafter unter Zustimmung der übrigen Mitgesellschafter 99, ist es daher gerechtfertigt, auch die Übertragung der Mitgliedschaft dem Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB zu unterstellen. 100

c) Zusammenfassung Zu Recht ist daher im Bereich der Personengesellschaften jede rechtsgeschäftlichen Beteiligung des Minderjährigen an einer Gesellschaft dem Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB zu unterstellen. 101 Im folgen-

97 Staub / Ulmer, Nagel, S. 24.

§ 105, Rdnr. 30; nicht aus der dispositiven Natur des § 719 BGB, so aber

98

Hueck, GesR, § 10 III 2.

99

So auch Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 85.

100

So im Ergebnis auch BayObLG Rpfleger 1989, 455; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 85; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 14; Klüsener, Rpfleger, 1990, S. 321, 326: „Denn auch die Anteilsübertragung setzt die Zustimmung der übrigen Gesellschafter voraus; es wäre daher konstruiert und zufallsbedingt, wollte man zwischen dem Beitritt durch Vertragsschluß zwischen Erwerber und übrigen Gesellschaftern einerseits und dem Beitritt durch Rechtsgeschäft mit dem veräußernden Altgesellschafter unter Zustimmung der übrigen Gesellschafter andererseits differenzieren." 101

So zutreffend Nagel, 78; ferner Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 14.

§ 4 Überblick über den gesetzlichen Minderjährigenschtz

51

den soll nunmehr untersucht werden, ob dieser Genehmigungstatbestand auch auf nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages Anwendung findet.

Β. Hauptteil § 5 Die Darstellung des Streitstandes zur Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bei Mitwirkung Minderjähriger I. Die Auffassung der Rechtsprechung Die Rechtsprechung hatte sich bereits im Jahre 1912 mit der Frage auseinanderzusetzen, ob für eine Gesellschaftsvertragsänderung unter Mitwirkung eines Minderjährigen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erforderlich ist.1 In seiner Entscheidung über die Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung der Vertretungsmacht eines OHGGesellschafters lehnte das Kammergericht das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung jedoch ab. Zur Begründung stützte es sich auf den Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB. Dieser unterstelle nur solche Gesellschaftsverträge der Genehmigungspflicht, durch die der Minderjährige seine Beteiligung an einem Erwerbsgeschäft beginne. Hieraus könne nicht gefolgert werden, daß auch spätere Änderungen des Gesellschaftsvertrages die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts voraussetzten. Das Kammergericht hat dabei die Erwägung, daß es sich um eine für den Minderjährigen wichtige und folgenschwere Änderung des Vertrages handele und deshalb die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eingeholt werden müsse, als gegenüber dem Wortlaut des Gesetzes „abwegig" bezeichnet.2 Demgegenüber vertrat das Reichsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 1932, in der die Fortsetzungsvereinbarung zwischen Gesellschaftern einer aufgelösten OHG zu beurteilen war, eine gegenteilige Auffassung. 3 In seinen Urteilsgründen stellte das Gericht fest, daß jede Vertragsänderung eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erfordere. Diese sei insbesondere dann

1

KG RJA 12, S. 48.

2

KG RJA 12, S. 48, 49.

3

RG HRR 1932, Nr. 1754.

§ 5 Streitstand zur Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen

53

erforderlich, wenn durch die Änderung der ursprüngliche Vertrag rechtlich und wirtschaftlich auf eine neue Grundlage gestellt werde. Anderer Meinung ist der Bundesgerichtshof in den wenigen bisher hierzu ergangenen Entscheidungen.4 Nach seiner Ansicht sind Vertragsänderungen „regelmäßig" nicht genehmigungspflichtig. So stellt der Bundesgerichtshof in der Begründung einer Entscheidung über das einverständliche Ausscheiden eines Gesellschafters 5 unter Bezug auf eine Entscheidung aus dem Jahre 19556 darauf ab, daß die Regelung der §§ 1821, 1822 BGB keineswegs dahin gehe, alle besonders wichtigen und über die Grenzen gewöhnlicher Verwaltung hinausgehenden Geschäfte in ihrem rechtlichen Bestand von der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung abhängig zu machen. Die Bestimmung des § 1822 Nr. 3 BGB beschränke die Genehmigungspflicht auf den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen werde. Hiervon könne jedoch bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht gesprochen werden, durch die ein anderer Gesellschafter im allseitigen Einverständnis aus der Gesellschaft ausscheide. In seinem Grundsatzurteil zu dieser Problematik, der die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit eines Aufnahmevertrages mit einem neu eintretenden Gesellschafter zugrunde lag, bezieht der Bundesgerichtshof dann erstmals ausführlich Stellung zu seiner Auffassung über die Genehmigungsfreiheit gesellschaftsvertraglicher Änderungen. 7 In dieser Entscheidung spricht sich der Senat dafür aus, daß der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen jederzeit auch ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung den Gesellschaftsvertrag ändern könne, der bei Errichtung einer Personengesellschaft unter Beteiligung des Minderjährigen genehmigt worden sei und dessen Inhalt für die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts von bestimmender Bedeutung gewesen sei. Ausgehend vom Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB könne es keinem Zweifel unterliegen, daß damit nur ein solcher Gesellschaftsvertrag gemeint sei, durch den die Beteiligung des Minderjährigen an einem Erwerbsgeschäft beginne. Nach § 1822 Nr. 3 BGB bedürften daher nur die Errichtung einer Personengesellschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen, der Eintritt des Minderjährigen in eine bestehende Gesellschaft sowie das rechtsgeschäftliche Ausscheiden eines Minderjährigen aus einer

4 BGH NJW 1961, 724; BGHZ 38, 26; BGH W M 1963, 989; BGH DB 1968, 932; BGH W M 1972, 1368. 5

BGH NJW 1961, 724.

6

BGHZ 17, 160 ff.

7

BGHZ 38, 26 ff.

54

Β. Hauptteil

solchen Gesellschaft, nicht aber sonstige Änderungen des Gesellschaftsvertrages der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Der Bundesgerichtshof vertritt in seiner Urteilsbegründung ferner die Auffassung, daß Vertragsänderungen nicht schon deshalb als genehmigungspflichtig angesehen werden könnten, weil es sich dabei um wirtschaftlich bedeutsame und über die Grenzen einer gewöhnlichen Verwaltung hinausgehende Maßnahmen handele. Die Regelung der §§ 1821, 1822 BGB gehe keineswegs dahin, wirtschaftlich bedeutsame Geschäfte stets dem Genehmigungszwang zu unterwerfen. Im Interessse der Rechtssicherheit hält es der Bundesgerichtshof vielmehr für geboten, zu einer klaren Abgrenzung zu gelangen und nicht einer differenzierten, auf den Einzelfall abgestellten Beurteilung Raum zu geben, wobei er auch die im Schrifttum z.T. vertretene Auffassung ablehnt, die Änderung eines Gesellschaftsvertrages dann dem Genehmigungszwang zu unterwerfen, wenn der Vertrag in einem wesentlichen Punkt geändert werde. Darüber hinaus aber jede Vertragsänderung dem Genehmigungszwang zu unterwerfen, entspreche nicht dem Zweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB. In seiner Urteilsbegründung führt der Senat weiter aus, daß der Genehmigungszwang für jede Änderung des Gesellschaftsvertrages dem Vormundschaftsrichter auch in weitem Umfang die Entscheidung kaufmännischer Zweckmäßigkeitsfragen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens aufbürde sowie einen außerordentlich weitgehenden Eingriff in die Entschließungsfreiheit der gesetzlichen Vertreter Minderjähriger darstelle. In diesem Zusammenhang wird auf die Parallele zum Einzelhandelsgeschäft verwiesen. Auch bei diesem bedürfe lediglich der entgeltliche Erwerb des Geschäfts (§ 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB) und der Beginn eines Erwerbsgeschäfts (§ 1823 BGB) der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht. Alle weiteren Maßnahmen habe der gesetzliche Vertreter indes unter eigener Verantwortung zu treffen. Gleiches gelte auch für eine Pesonengesellschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen. Die Genehmigung durch das Vormundschaftgericht gebe ihm das Recht und die Pflicht, nunmehr unter eigener Verantwortung die erforderlichen Maßnahmen für den Minderjährigen im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsverhältnisses zu treffen. Wörtlich erklärt der Bundesgerichtshof: „Nach alledem besteht kein hinreichender Grund, über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch jede Abänderung des Gesellschaftsvertrages in seiner Wirksamkeit von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig zu machen. Der Zweck der Vorschrift verlangt das nicht. Auch die Erfahrungen mit der früheren Rechtsprechung nötigen nicht im Interesse des Mindeijährigen, nunmehr in einem so weitgehenden Maße das Vormundschaftsgericht bei der Führung des Gesellschaftsunterneh-

§ 5 Streitstand zur Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen

55

mens einzuschalten und damit hemmend auf die Entschlußfreiheit der Gesellschafter einzuwirken." 8 Diese Auffassung wird in späteren Urteilen des Bundesgerichtshofs zu diesem Problemkreis bestätigt. Sowohl in seiner Entscheidung vom 10.6.19639, in der die Zustimmung minderjähriger Kommanditisten zur Übertragung eines Kommanditanteils durch den persönlich haftenden Gesellschafter sowie zur Änderung der Gewinnansprüche des übertragenden Kommanditisten zu beurteilen war, als auch in seiner Entscheidung vom 4.4.196810 über die Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung der bestehenden Gesellschaftsanteile unter der Beteiligung eines Minderjährigen, stellte der Bundesgerichtshof fest, daß es sich in diesen Fällen lediglich um Änderungen des Gesellschaftsvertrages handele, die jedoch nicht dem Genehmigungsvorbehalt des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unterlägen. Beide Entscheidungen bezogen sich in ihren Urteilsgründen auf das o.g. Grundsatzurteil aus dem Jahre 1962. Ebenfalls mit einem Verweis auf diese Entscheidung urteilt der Bundesgerichtshof schließlich im Jahre 197211, die Wirksamkeit der dort vereinbarten Änderungsvereinbarungen 12 könnte nicht im Hinblick auf die fehlende vormundschaftsgerichtliche Genehmigung angezweifelt werden, da diese nicht dem Kreis der nach §§ 1821, 1822 BGB genehmigungsbedürftigen Geschäfte angehörten. Wie sich an zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf sowie des Oberlandesgerichts Frankfurt zeigt, setzt sich auch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich mit der Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen auseinander. So hatte sich das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer Entscheidung aus dem Jahre 195113 mit der Aufnahme eines neuen Kommanditisten in eine Kommanditgesellschaft zu befassen, an der auch ein Minderjähriger beteiligt war. Dieser gesellschaftsrechtliche Vorgang war nach Ansicht des Oberlandesgerichts genehmigungsbedürftig, da durch die Aufnahme eines weiteren Kommanditisten die Grundlage des bisherigen Gesellschaftsverhältnisses durch eine neue ersetzt werde.

8

BGHZ 38, 26, 32.

9

BGH W M 1963, 989.

10

BGH DB 1968, 932.

11

BGH W M 1972, 1368, 1370.

12

U.a. waren in dem zugrundeliegenden Änderungsvertrag Beteiligungsumwandlungen vereinbart worden. 13

OLG Düsseldorf DB 1951, 443.

56

Β. Hauptteil

Hingegen vertritt das Oberlandesgericht Frankfurt in einem Beschluß vom 29.5.196714 eine konträre Auffassung. In dem zugrundeliegenden Fall war über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Änderungsvertrages zu befinden, durch den die Kapitaleinlage eines minderjährigen Kommanditisten von 257.450,- D M auf 475.000,- D M erhöht worden war. In Anlehnung an die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs spricht sich auch das Oberlandesgericht für die Genehmigungsfreiheit von Vertragsänderungen aus. Die Rechtsprechung hat sich in letzter Zeit nicht mehr mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weisen Stimmen in der Literatur jedoch darauf hin, daß die Gerichte ihre Rechtsprechung zur Genehmigungsfreiheit späterer Änderungen des Gesellschaftsvertrages unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts im Interesse des Minderjährigenschutzes erneut überprüfen müssen.15

II. Die in der Rechtslehre vertretenen Auffassungen In der Literatur wird die Lösung dieses Problems weiterhin uneinheitlich und kontrovers behandelt.

7. Generelle Genehmigungsbedürftigkeit Ein Teil des Schrifttums fordert generell für jede Vertragsänderung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. 16 Sie weisen darauf hin, daß das in § 1822 Nr. 3 BGB enthaltene Genehmigungserfordernis leicht zu umgehen sei, wenn der Genehmigungszwang nicht auch auf Änderungen des ursprünglichen Vertrages erstreckt werde. 17 Als Begründer dieser Auffassung gilt Flecht-

14

OLG Frankfurt BB 1968, 764.

15

Vgl. M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 28; Oberloskamp / Pollak, § 8, Anm. 170.

16

So u.a. Schlegelberger / Geßler, § 105, Rdnr. 54; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 25; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 28; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 15 (a.A. noch die Vorauflage); Knopp, BB 1962, S. 939 ff.; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2 ff.; Eiddermann, S. 68 ff.; Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 127; Rosenau, BB 1965, 1393, 1394; nach Abwägung der Argumente der Gegenmeinung wohl auch Westermann, GesR, Rdnr. 152; unentschieden Haegele, BWNotZ 1969, S. 2, 12: „Welche Ansicht man in der Praxis vertreten soll, ist schwer zu sagen." 17

Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 25; Knopp, BB 1962, S. 939, 942; Biddermann, S. 71.

§ 5 Streitstand zur Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen

57

heim 18 , der das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht aus dem Wortlaut, sondern aus dem Zweck des § 1822 Nr. 3 BGB ableitet. Behandle man Gesellschaftsvertragsänderungen als genehmigungsfrei, so sei der dem Minderjährigen durch § 1822 Nr. 3 BGB gewährte Schutz illusorisch. Der gesetzliche Vertreter könne in diesem Fall den einmal genehmigten Vertrag später jederzeit zu ungunsten des Minderjährigen abändern, ohne dabei der Kontrolle des Vormundschaftsgerichts zu unterliegen. Auch die anderen Vertreter dieser Auffassung führen zur Begründung des Genehmigungszwanges von Gesellschaftsvertragsänderungen den Minderjährigenschutz an, dem ihrer Meinung nach Vorrang vor der Rechtssicherheit und dem Verkehrsschutz gebührt. Insbesondere wird auf die oben angesprochene Umgehung der Kontrollfunktion des Vormundschaftsgerichts hingewiesen, wenn nach Erteilung der Genehmigung eines für den Mindeijährigen ungefährlichen Vertrages dieser anschließend beliebig abgeändert werden könnte. So argumentiert Biddermann 19 unter Berufung auf den Sinn und Zweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB, daß die Gesellschafter im Fall der Genehmigungsfreiheit dem Vormundschaftsgericht zunächst einen Vertrag vorlegen könnten, der den Interessen des Minderjährigen entspricht, um anschließend beliebig, auch möglicherweise zum Nachteil des Minderjährigen, Änderungen vorzunehmen. Dies sei jedoch mit dem Sinn und Zweck dieser Genehmigungsvorschrift unvereinbar und müsse daher als unzulässig erachtet werden. Auch Stöber 20 gelangt nach umfassender Würdigung des Gesetzeswortlautes sowie des Schutzzweckes des § 1822 Nr. 3 BGB und nach einem Vergleich mit der Genehmigungspflicht des Einzelhandelsgeschäfts zu dem Ergebnis, daß eine vertragliche Änderung des zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangenen Gesellschaftsvertrages der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht bedürfe. Als weiteres Argument für die Genehmigungsbedürftigkeit einer Vertragsänderung wird angeführt, daß eine Abgrenzung zum Neuabschluß praktisch nicht möglich sei, da hierin für den Minderjährigen die gleichen Gefahren wie in der Begründung eines Gesellschaftsvertrages liegen. 21

18

Düringer / Hachenburg / Flechtheim, § 105, Anm. 14.

19

Biddermann, S. 71 / 72.

20

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2 ff.

21

Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 15; Knopp, BB 1962, S. 939, 942.

58

Β. Hauptteil

2. Differenzierende

Ansicht

Eine vermittelnde Auffassung in der Rechtsslehre schlägt eine diffenzierte Betrachtungsweise vor. So sollen die Vertragsänderungen nach ihrem Umfang als „wesentlich" oder „unwesentlich" zu qualifizieren sein und lediglich die wesentlichen Änderungen dem Genehmigungserfordernis unterstellt werden. 22 Hierzu werden insbesondere Änderungen in der personellen Zusammensetzung der Gesellschaft, der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sowie der Gesellschaftsform gezählt. Hiergegen wendet Kötter 23 ein, daß die Rechtssicherheit nicht gewährleistet werde, wenn man die Genehmigung nur für „wesentliche" Änderungen fordere. Vielmehr müsse ein Abgrenzungskriterium von größerer Präzision gefunden werden. Er befürwortet die Genehmigungsbedürftigkeit daher für den Fall „echter" Vertragsänderungen des Gesellschaftsvertrages, um hierdurch nur einen engen Kreis besonders wichtiger Änderungen der Gesellschaftsstruktur der Genehmigungspflicht zu unterwerfen. 24 Neben Veränderungen im Gesellschafterbestand, die nach Auffassung Kötters aber nicht als „Änderungen" des bisherigen Vertrages, sondern vielmehr als „Eingehung" eines neuen Gesellschaftsvertrages zu qualifizieren sind, sollen auch im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehene Beteiligungsänderungen von dem Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erfaßt werden. 25 Der Vorteil der Beschränkung der Genehmigungsbedürftigkeit auf die genannten wichtigen Änderungen liegt nach dieser Ansicht darin, daß hierdurch einerseits der Minderjährige hinreichend geschützt werde, andererseits das Vormundschaftsgericht aber nicht überfordert

3. Generelle Genehmigungsfreiheit Ein Teil des Schrifttums vertritt jedoch in Anlehnung an die Auffassung der Rechtsprechung die Ansicht, daß jede Änderung eines Gesellschaftsvertrages

22 Merkel, BB 1963, S. 455, 456; Kuppel S. 30, 66 / 67, 103; ähnlich Beitzke, JR 1963, S. 182, 183 für die Aufnahme eines neuen Gesellschafters. 23

Heymann / Kötter,

§ 105, Anm. 1.

24

Heymann / Kötter,

§ 105, Anm. 1.

25

Heymann / Kötter,

§ 105, Anm. 1.

26

Heymann / Kötter,

§ 105, Anm. 1.

§ 5 Streitstand zur Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen

59

genehmigungsfrei sei. 27 So würden Vertragsänderungen weder vom Normtext genannt noch vom Normzweck gedeckt.28 Zwar wird auch von dieser Auffassung die Frage aufgeworfen, welchen Sinn der Genehmigungszwang bei Eintritt des Minderjährigen in eine Gesellschaft habe, bei dem ein konkreter Vertragsinhalt vom Vormundschaftgericht geprüft werde, wenn dieser nach Beteiligung des Minderjährigen ohne Mitwirkung des Gerichts geändert werden könne. 29 Dennoch stimmt sie im Ergebnis dem Bundesgerichtshof zu und hält es für entscheidend, daß das Gesetz in den §§ 1821, 1822 BGB nicht jedes für den Minderjährigen besonders wichtige oder gefährliche Geschäft für genehmigungspflichtig erkläre, sondern daß es im Interesse der Verkehrssicherheit die Notwendigkeit der Genehmigung auf ganz bestimmte Geschäftstypen beschränke. Eine einschränkende Interpretation der Bestimmung ist hiernach insbesondere aus folgenden Gründen geboten: Die Ausdehnung des Genehmigungserfordernisses auch auf Änderungen des Gesellschaftsvertrages führe zu einer weitgehenden Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit von Gesellschaftsverträgen, da sich die Gesellschafter der Genehmigungspflicht oft nicht bewußt seien. Da auch stillschweigende faktische Vertragsänderungen grundsätzlich zulässig seien, könnte der Vertrag durch jahrelange Übung in einzelnen Punkten stillschweigend umgestaltet werden, ohne daß sich die Gesellschafter über den Charakter einer Vereinbarung als Vertragsänderung bewußt sind. Es sei daher zu befürchten, daß in solchen Fällen die erforderliche Genehmigung nicht eingeholt werde. Die Einführung einer generellen Genehmigungspflicht hätte somit zur Folge, diesen Abänderungen die Wirksamkeit für den Minderjährigen zu versagen, da die Grundsätze der faktischen Gesellschaft für den Minderjährigen nicht anwendbar seien. Es drohe daher die Gefahr, daß diese Abänderungsverträge, an denen ein Minderjähriger beteiligt sei, für den Minderjährigen völlig, gegenüber den übrigen Gesellschaftern teilweise unwirksam seien.30 Als weiteres Argument gegen das Genehmigungserfordernis für Vertragsänderungen wird die starke Bindung des gesetzlichen Vertreters an das Vormundschafts-

27 Baumbach / Duden / Hopu § 105, Anm. 1 B; Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 36; differenzierend Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 35; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 85; Schlegelberger / Schmidt, § 105, Rdnr. 138; Gernhuber, § 52 V 6; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 193; Nagel, S. 130 ff.; Wiedemann , S. 250 f.; Hueck, OHG, § 6 IV; Staudinger / Engler, § 1821, 1822, Rdnr. 78; nicht ganz eindeutig Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 14: „Auch die Änderung eines Gesellschaftsvertrages soll nach BGH ... der Genehmigung nicht bedürfen, ...". 28

Gernhuber, § 52 V 6.

29

Hueck, OHG, § 6 IV.

30

Stahl, S. 136; Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 198; Wiedemann, S. 251.

60

Β. Hauptteil

gericht angeführt, durch die er zu sehr in seiner Entschließungsfreiheit eingeschränkt werde. Die Genehmigungsfreiheit hingegen ermögliche ihm die weitere Führung der Geschäfte sowie die selbständige Wahrnehmung der Interessen des Minderjährigen in eigener Verantwortung und Freiheit. 31 Insoweit erfolge mit der Genehmigung des Gesellschaftsvertrages gleichfalls eine „Genehmigung des Vormunds". 32 Ferner werde das Vormundschaftsgericht sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht überfordert, sofern es für jede Vertragsänderung herangezogen und ihm zusätzlich in weitem Umfang die Entscheidung kaufmännischer Zweckmäßigkeitsfragen übertragen werde. 33 Die Genehmigungsfreiheit wird aber vor allem im Hinblick auf die Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit der Gesellschaft durch eine ständige Beteiligung des Vormundschaftsgerichts gefordert. Da das Wirtschaftsleben häufig schnelle Entscheidungen erfordere, das Genehmigungsverfahren aber längere Zeit in Anspruch nehme, sei das Abwarten bis zur gerichtlichen Stellungnahme vielfach unzumutbar. Vielmehr müsse der Gesellschaft in den Fällen, in denen der Geschäftsbetrieb eilige Vertragsänderungen verlange, freie Hand haben.34 Insgesamt wird daher im Interesse des Verkehrsschutzes die Genehmigungsfreiheit der nachträglichen Vertragänderungen gefolgert. Die Gefahr für die Rechtssicherheit sei so gravierend, daß im Bereich der Vertragsänderungen die Interessen des Verkehrsschutzes gegenüber dem Minderjährigenschutz nicht zurücktreten könnten.

III. Vorläufige Stellungnahme Die im einzelnen doch sehr unterschiedlichen Auffassungen der Rechtsprechung und des Schrifttums stellen den Anknüpfungspunkt zu einer erneuten Überprüfung dieser streitigen, in der Praxis jedoch sehr relevanten Frage dar. Im Mittelpunkt steht die Abwägung zwischen dem Minderjährigenschutz einerseits sowie dem Verkehrsschutz bzw. der Sicherheit des Rechtsverkehrs andererseits. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird künftig allgemein bei der Abwägung zwischen Verkehrsschutz und dem verfassungsrechtlich gebotenen Minderjährigenschutz dem letzteren stärkeres Gewicht als

31

Nagel, S. 133 m.w.N. in Fn. 35; ähnlich Hueck, OHG, § 6 IV; Stahl, S. 137.

32

Wiedemann , S. 251.

33

Winkler,

34

Winkler, § 6 IV.

ZGR 1973, S. 177, 194. ZGR 1973, S. 177, 198; Stahl, S. 136/ 137; Wiedemann,

S. 251; Hueck, OHG,

§ 5 Streitstand zur Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen

61

bisher eingeräumt werden müssen.35 Daher ist die Frage aufzuwerfen, inwieweit die Auffassung der Rechtsprechung sowie des überwiegenden Schrifttums noch haltbar ist, ohne daß diese zu einer Aushöhlung des verfassungrechtlich gebotenen Minderjährigenschutzes führt. Da andererseits darauf hingewiesen wird, daß auch nach dieser Entscheidung die Interessen des Rechtsverkehrs gegenüber denjenigen des Minderjährigen nicht gering zu bewerten seien36, muß ferner herausgearbeitet werden, welche Auswirkungen die Einführung eines Genehmigungserfordernisses auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs hat. Dieser Aspekt wirft daher auch das Problem auf, eine Entscheidung zwischen mehreren Alternativen treffen zu müssen: Auf den ersten Blick erscheint eine generelle Genehmigungsbedürftigkeit als Folge des Minderjährigenschutzes unumgänglich zu sein. Gegen die Genehmigungsfreiheit von Gesellschaftsvertragsänderungen spricht insbesondere die Tatsache, daß ein mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung eingegangener Gesellschaftsvertrag im nachhinein ohne eine solche geändert werden könnte. Das aber birgt die Gefahr, daß die übrigen Gesellschafter nach einmal erteilter Genehmigung des Gesellschaftsvertrages sämtliche Vertragsbestandteile nachträglich abändern könnten, ohne dabei auf die Interessen des Minderjährigen Rücksicht nehmen zu müssen und ohne der präventiven Kontrolle des Vormundschaftsgerichts ausgesetzt zu sein. Zu Recht wird auf die damit verbundene Umgehungsgefahr des Genehmigungserfordernisses für einen ursprünglich geplanten, aber inhaltlich nicht genehmigungsfähigen Gesellschaftsvertrag hingewiesen37, die zum Schutze des Minderjährigen nicht übersehen werden darf. Da aber spätere Vertragsänderungen in wirtschaftlicher oder personeller Hinsicht häufig erforderlich werden, führt das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung und mithin die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts andererseits zu einer Einengung und Belastung der Mitgesellschafter und ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit. Im Hinblick auf diese wirtschaftlich hinderlichen Konsequenzen einer ständigen Beteiligung des Vormundschaftsgerichts könnte daher die generelle Genehmigungsfreiheit zu fordern sein.

35

BVerfGE 72, 155, 175; M K / Schwab, § 1821, Rdnr. 1; Hertwig, Schmidt, BB 1986, S. 1238, 1240. 36

Schmidt, BB 1986, S. 1238, 1240 / 1241.

37

Vgl. Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 127.

FamRZ 1987, S. 124 ff.;

62

Β. Hauptteil

Zu untersuchen ist aber weiterhin, ob eine Lösung auch in der Form einer partiellen Genehmigungsbedürftigkeit je nach Relevanz der Änderung gefunden werden kann. Dies könnte bedeuten, daß lediglich solche Änderungen des Gesellschaftsvertrages, die sich unmittelbar rechtlich oder tatsächlich auf die Rechtsstellung des Minderjährigen auswirken, der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfen, während solche Änderungen, die seine Rechtsstellung unberührt lassen bzw.ihm lediglich rechtliche Vorteile bringen oder sich als mitgenehmigter Vollzug des genehmigten Gesellschaftsvertrages darstellen, genehmigungsfrei bleiben. Insofern ist, ausgehend von der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, eine detaillierte Auseinandersetzung mit den von den Vertretern der unterschiedlichen Auffassungen zur Begründung vorgetragenen Argumenten erforderlich. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß sich der erweiterte, am Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) orientierte Minderjährigenschutz nur verwirklichen läßt, wenn die Grenze für die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts nicht zu eng gezogen wird.

§ 6 Änderungen eines Gesellschaftsvertrages als Gegenstand einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungspflicht Die Darstellung des Streitstandes zur Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen unter Mitwirkung minderjähriger Gesellschafter hat gezeigt, daß insbesondere die Mehrheit im Schrifttum allgemein von „Vertragsänderungen " bzw. „Änderungen des Gesellschaftsvertrages" spricht, ohne diesem Begriff bestimmte gesellschaftliche Vorgänge zuzuordnen. Zu Beginn der Untersuchung soll daher herausgearbeitet werden, welche gesellschaftlichen Vorgänge unter den weiten Begriff der „Änderungen des Gesellschaftsvertrages" fallen und damit Gegenstand einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB sein können.

I. Die „Grundlagen der Gesellschaff' Bei einer rechtsgeschäftlichen Änderung eines Gesellschaftsvertrages handelt es sich um ein sog. Grundlagengeschäft. 1 Diese zeichnen sich dadurch aus, daß

1 Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 16; Baumbach / Duden / Η opt, § 126, Anm. 1 D; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 211; Heymann / Horn, § 164, Rdnr. 7.

§ 6 Änderung des Gesellschaftsvertrages

63

sie stets die „Grundlagen der Gesellschaft" berühren und aus diesem Grund nicht zur Ebene der Geschäftsführung zählen, sondern vielmehr der Gestaltung durch die Gesamtheit der Gesellschafter vorbehalten sind.2 ' 3 Die „Grundlagen der Gesellschaft" werden z.T. als die auf dem Gesellschaftsvertrag beruhenden gesellschaftsvertraglichen Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander umschrieben 4, z.T. als das innere Verhältnis der Gesellschafter zueinander definiert. 5 Hieraus läßt sich entnehmen, daß mit den „Grundlagen der Gesellschaft" entweder der Gesellschaftsvertrag 6 oder das Gesellschaftsverhältnis 7 bezeichnet werden. Aus der Unterscheidung zwischen den „essentialia" und den „accidentalia negotii" einerseits sowie den „naturalia negotii" andererseits ergibt sich jedoch, daß diese Begriffe nicht identisch sind.8 Der vertragliche Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrages besteht in der Festlegung der „essentialia negotii". Zu diesen gehören die in den §§ 705 BGB, 105 HGB aufgezählten Mindestvoraussetzungen, über die sich die Gesellschafter notwendig einigen müssen. Der Gesellschaftsvertrag muß hiernach zwingend die Vereinbarung der Gesellschafter über den Gesellschaftszweck sowie über die Pflicht, diesen gemeinsam durch Beitragsleistungen in Form von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen zu fördern, enthalten. Dagegen ist die gemeinschaftliche Firma nicht notwendiger Bestandteil des Gesellschaftsvertrages. 9 In Ermangelung abweichender vertraglicher Vereinbarungen regelt das Gesetz das Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern durch die „naturalia negotii" (vgl. §§ 706 ff. BGB, §§ 109 ff. HGB: „Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander"; §§ 131 ff., §§ 145 ff. HGB, §§ 163 ff. HGB). Hierzu zählen die gesetzlichen Bestimmungen über die mit der Mitgliedschaft verbundenen Mit-

2

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 10; Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 49 m.w.N.; § 164, Rdnr. 7; Baumbach / Duden / Hopt, § 126, Anm. 1 D; § 116, Anm. 1 C; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 211; Hueck, OHG, § 10 I 1. 3

Insoweit findet die gesellschaftliche Vertretungsmacht ihre Grenze an den Grundlagen der Gesellschaft. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter sind daher nicht zur Vornahme von Vertragsänderungen befugt, vgl. Schlüter, S. 58, 59; Baumbach / Duden / Hopt, § 126, Anm. 1 D. 4

Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 49 m.w.N.; § 164, Rdnr. 7.

5

Baumbach / Duden / Hopt, § 126, Anm. 1 D.

6

So M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 10; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 211.

7

So Baumbach / Duden / Hopt, § 126, Anm. 1 D; Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 6.

8

Schlüter, S. 59.

9

Vgl. Staub/Ulmer,

§ 105, Rdnr. 159.

64

Β. Hauptteil

wirkungs- und Vermögensrechte bzw. -pflichten der Gesellschafter, z.B. über die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, deren Umfang und Entziehung, die Gewinn- und Verlustbeteiligung oder über das Stimm-, Entnahmeoder Kontrollrecht. Als „naturalia negotii" gelten ferner die Regeln über die Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft. Diese kraft Gesetzes eintretenden Bestimmungen werden nicht vom Willen der Gesellschafter umfaßt. Sie zählen daher nicht zum Inhalt des Gesellschaftsvertrages, sondern sind vielmehr als Bestandteile des Gesellschaftsverhältnisses anzusehen.10 Da für das Innenverhältnis der Gesellschafter vom Grundsatz der Vertragsfreiheit auszugehen ist 11 , steht es den Gesellschaftern aber frei, ihre Rechtsbeziehungen durch individuelle Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag näher auszugestalten. Aufgrund des überwiegend dispositiven Charakters der „naturalia negotii" enthält der Gesellschaftsvertrag daher in aller Regel von diesen gesetzlichen Regelungen abweichende Bestimmungen u.a. über die Geschäftsführung und Vertretung, das Stimm- und Kontrollrecht, über die Gewinnverteilung einschließlich einer etwaigen Geschäftsführervergütung oder den Gesellschafterwechsel. 12 Diese als „accidentalia negotii" bezeichneten Regelungen entsprechen wiederum dem Willen der Gesellschafter und sind insofern nicht nur dem Inhalt des Gesellschaftsverhältnisses, sondern auch dem des Gesellschaftsvertrages zuzuordnen. 13 Während somit Inhalt des Gesellschaftsvertrages nur die Bestimmungen sein können, über die sich die Gesellschafter geeinigt haben, d.h. die „essentialia" und die „accidentalia negotii", zählen zum Inhalt des Gesellschaftsverhältnisses auch die vom Willen der Parteien unabhängigen „naturalia negotii". 14 Zutreffend wird man daher als „Grundlagen der Gesellschaft" das durch den Gesellschaftsvertrag begründete sowie durch zwingendes oder dispositives Gesetzesrecht ausgestaltete mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis der einzelnen Gesellschafter untereinander bezeichnen müssen.15 Als Gesellschaftsgrundlagen gel-

10

Schlüter,, S. 60.

11

Dies ergibt sich inzidenter aus § 305 BGB sowie § 109 HGB.

12

Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 32; Baumbach / Duden / Η opt, § 126, Anm. 1 D; Palandt / Thomas, § 705, Rdnr. 6. 13

Schlüter, S. 61.

14

Schlüter, S. 59, 60.

15

Schlüter, S. 61, S. 62: „Der Begriff „Grundlagen der Gesellschaft" kann durch die Wendung „Gesellschaftsverhältnis" ersetzt werden und soll daher in diesem Zusammenhang vermieden werden."

§ 6 Änderung des Gesellschaftsvertrages

65

ten insoweit sämtliche die Zusammensetzung, die Organisation und den Zweck der Gesellschaft betreffenden vertraglichen oder — bei deren Fehlen — gesetzlichen Bestimmungen über Art, Umfang, Aufteilung und Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis sowie der Vertretungsmacht, über Gegenstand und Änderung des Gesellschaftszweckes, über Beitragsleistungen, weiterhin Vereinbarungen über Auflösung und Umwandlung der Gesellschaft sowie über die Auseinandersetzung, ferner Regelungen über die Aufnahme eines neuen Gesellschafters bzw. das Ausscheiden eines Altgesellschafters. 16 Unter den Begriff der „Änderungen des Gesellschaftsvertrages" fallen somit sämtliche Maßnahmen, die diese Grundlagen der Gesellschaft und damit das innere Verhältnis der Gesellschafter untereinander modifizieren. Von diesen Änderungen der Gesellschaftsgrundlagen sind solche Geschäfte zu unterscheiden, die nur die Personengesellschaft als Einheit, nicht aber die Beziehungen der einzelnen Gesellschafter zueinander berühren, und daher den vertretungsberechtigten Gesellschaftern im Rahmen ihrer Vertretungsmacht für die Gesellschaft obliegen. Um eine Vertragsänderung handelt es sich insbesondere nicht bei der Beteiligung an einer anderen Gesellschaft. Zwar kann sich eine solche gesellschaftliche Beteiligung auch auf die Rechte und Pflichtenstellung der Gesellschafter auswirken, z.B. durch eine Vergrößerung des Haftungsrisikos. Ausschlaggebend ist jedoch, daß nur die Gesellschaft als solche und nicht die einzelnen Gesellschafter an diesem neuen Gesellschaftsverhältnis beteiligt werden. 17 Hierzu zählen ferner die Kündigung eines Dienstverhältnisses mit einem Dritten sowie der Widerruf einer Prokura, selbst wenn ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag einen Anspruch auf die Einstellung des Dritten und die Prokuraerteilung hatte.18 Auch bei der Sitzverlegung der Gesellschaft handelt es sich nicht um eine Änderung der Gesellschaftsgrundlagen, da hierbei allein auf die tatsächliche Verlegung des Verwaltungssitzes abgestellt wird. 19

16

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 10; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 211; Baumbach / Duden / Hopt, § 126, Anm. 1 D; Palandt / Thomas, § 705, Rdnr. 6. 17

Zutreffend Schlüter, S. 89, 90.

18

Vgl. BAGE 10, 122; Schlüter, S. 26 ff., 51 ff., 94 ff.

19

Vgl. BGH W M 1957, 999; KG W M 1955, 892, 893; Schlüter, § 107, Rdnr. 5. 5 Hilsmann

S. 93; a.A. Staub / Ulmer,

66

Β. Hauptteil

II. Die einzelnen Fallgruppen der Vertragsänderungen Im Streit um die Genehmigungsbedürftigkeit späterer Abänderungen des Gesellschaftsvertrages sind daher folgende Gruppen von Vertragsänderungen zu unterscheiden, auf die sich die folgende Untersuchung konzentrieren wird:

1. Änderungen im Mitgliederbestand Die Personengesellschaft unterscheidet sich von der Kapitalgesellschaft dadurch, daß sie auf den dauerhaften Zusammenschluß eines bestimmten Personenkreises abzielt, bei dem nicht allein das Kapital entscheidend ist. Die Personengesellschafter werden vielmehr zu einer „Schicksalsgemeinschaft" vereint, bei der es wesentlich auf das gegenseitige Vertrauen und die persönliche Mitarbeit der an ihr beteiligten Personen ankommt. Bei einer Personengesellschaft ist die Mitgliedschaft daher auf die Persönlichkeit der einzelnen Gesellschafter und deren Beziehungen zueinander zugeschnitten20, so daß eine Veränderung des Mitgliederbestandes als Folge der mitgliedsorientierten Konzeption der Personengesellschaft angesehen werden kann. Die Beziehungen der Gesellschafter untereinander sind damit Inhalt des Gesellschaftsvertrages. 21 Dennoch sind die Gesellschafter nicht gehindert, von dem Prinzip der unveränderten Personenzusammensetzung abzurücken und die Aufnahme eines zusätzlichen Gesellschafters zu beschließen oder mit einem ausscheidungswilligen Gesellschafter eine Austrittsvereinbarung bei Fortbestand der Gesellschaft zu vereinbaren. 22 Als Vertragsänderung kommt daher zunächst der Vertraglich vereinbarte Gesellschafterwechsel in Betracht, der sich in drei Formen vollziehen kann: — Aufnahme eines zusätzlichen Gesellschafters zur Erweiterung der Gesellschaft durch Vermehrung der Gesellschafterzahl. — Ausscheiden eines Gesellschafters.

20

Hueck,, OHG, § 27.

21

So Lieberich, S. 44.

22

Vgl. Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 306: Grundsätzliche Unübertragbarkeit der Gesellschafterstellung als Ausdruck des höchstpersönlichen Charakters des Zusammenschlusses in einer Personengesellschaft. Hueck, OHG, § 27: Dieser Grundsatz dient aber nur dem Schutz der Gesellschafter und ist deshalb nicht zwingend. Vgl. §§ 107, 130, 139, 177 HGB für die OHG, KG; §§ 738 Abs. 1 S. 1, 736 BGB für die BGB-Gesellschaft.

§ 6 Änderung des Gesellschaftsvertrages

67

— Gesellschafterwechsel durch Übertragung der Mitgliedschaft unmittelbar vom ausscheidenden auf den beitretenden Gesellschafter im Wege der Abtretung eines bestehenden Gesellschaftsanteils. Als Veränderung im Personalbestand betrifft der Eintritt eines Dritten in die Gesellschaft bzw. das Ausscheiden eines Gesellschafters nach den vorangegangenen Ausführungen immer den Status der jeweiligen Gesellschaft. Da der Fortbestand und die Identität der Gesellschaft durch diesen Gesellschafterwechsel nicht berührt werden, bedeutet diese Änderung der personellen Zusammensetzung stets eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, an der alle Gesellschafter beteiligt sein müssen und die mit Einverständnis aller Gesellschafter jederzeit möglich ist. 23 Hiernach handelt es bei der Aufnahme eines persönlich haftenden Gesellschafters oder Kommanditisten in die Personengesellschaft zweifellos um eine Änderung der Gesellschaftsgrundlagen. Ein Grenzfall liegt hingegen dann vor, wenn die Aufnahme eines Dritten als stiller Gesellschafter beschlossen werden soll. Der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages mit einem typischen stillen Gesellschafter kann nicht als Vertragsänderung angesehen werden, da der stille Gesellschafter hierdurch nicht in die Gesamthandsgemeinschaft der Gesellschafter eintritt. Er begründet ein Gesellschaftsverhältnis nur mit der Personengesellschaft, als in sich geschlossener Einheit. Da unmittelbare Rechtsbeziehungen des stillen Gesellschafters somit nur zur Gesellschaft, nicht aber zu den einzelnen Gesellschaftern begründet werden, bleiben die Gesellschaftsgrundlagen durch den Vertragsabschluß unberührt. 24 Dagegen muß bei der Frage, ob auch die Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters als Änderung eines Gesellschaftsvertrages angesehen werden kann, nach der Ausgestaltung der Rechtsstellung differenziert werden. Soll der atypische stille Gesellschafter nur schuldrechtlich am Gesellschaftsvermögen beteiligt werden, liegt keine Änderung des bestehenden Gesellschaftsverhältnisses vor, da durch den Vertragsabschluß keine unmittelbare Rechtsbeziehungen des stillen Gesellschafters zu den Gesellschaftern begründet werden. Insoweit ergibt sich gegenüber der Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters keine abweichende Behandlung. Um eine Vertragsänderung handelt es sich jedoch dann, wenn dem atypischen stillen Gesellschafter Verwaltungsrechte, wie das Geschäftsführungs- oder Stimmrecht eingeräumt werden. Da der stille Gesellschafter durch die Ein-

23 BGH L M Nr. 11 zu § 138 HGB; BGHZ 44, 229, 231; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 300 m.w.N.; Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 28, 32. 24 Vgl.RGZ 153, 371; BGH W M 1957, 544; 1960, 187; 1962, 1354; BGH NJW 1971, 375, 376; Schlüter, S. 87.

5'

68

Β. Hauptteil

räumung derartiger Mitwirkungsrechte in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu den einzelnen Gesellschaftern der bestehenden Personengesellschaft tritt, stellt sich der Abschluß dieses stillen Gesellschaftsvertrages als Eingriff in die Gesellschaftsgrundlagen dar, der nur von allen Gesellschaftern beschlossen werden kann.25 Auch bei der Abtretung eines bestehenden Gesellschaftsanteils handelt es sich um einen Eingriff in das zwischen den Gesellschaftern bestehende Vertragsverhältnis und damit um eine Änderung des Gesellschaftsverhältnisses. 26 Somit bildet der Mitgliederwechsel mit Rücksicht auf die Vertragsgrundlage auch dann einen Fall der Vertragsänderung, wenn er nicht durch Ausscheiden bisheriger und / oder Eintritt neuer Gesellschafter, sondern durch Übertragung der Mitgliedschaft bewirkt wird. 27

2. Beteiligungsänderungen Änderungen des Gesellschaftsvertrages können weiterhin auch die Gesellschafterstellung eines Gesellschafters betreffen. Dabei ist zu unterscheiden:

a) Beteiligungsumwandlung Von einer Beteiligungsumwandlung spricht man, wenn die Gesellschafterstellung ihrer Art nach verändert wird. Dies ist der Fall, wenn ein als Kommanditist beteiligter Gesellschafter nunmehr persönlich haftender Gesellschafter wird oder umgekehrt. Diese Beteiligungsumwandlungen erfolgen ebenfalls durch rechtsgeschäftliche Änderung des Gesellschaftsvertrages, da hierdurch die Identität der Gesellschaft nicht berührt wird.

25 So Schlüter, S. 88; Rasner, S. 95 f.; nach Koenigs, S. 87 ergibt sich gegenüber der Aufnahme eines typischen Gesellschafters keine abweichende Behandlung; vgl. hierzu eingehend Schlüter, S. 15 ff., 88 ff. mit umfassenden Nachweisen. 26

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8.

27

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 193.

§ 6 Änderung des Gesellschaftsvertrages

69

b) Sonstige Beteiligungsänderungen Weiterhin sind vertragliche Abreden denkbar, die die mit der Gesellschafterstellung verbundenen personen- oder vermögensrechtlichen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten der einzelnen Gesellschafter modifizieren. Hierzu gehören u.a. die Neubestimmung der Gesellschaftsanteile einschließlich der Übertragung weiterer Anteile auf einen Mitgesellschafter, die Erhöhung oder Herabsetzung der Einlagen- bzw. Beitragspflicht sowie Änderungen der Vereinbarung über die Gewinn- und Verlustbeteiligung 28. Auch Abänderungen der vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen über das Kündigungsrecht 29, der Abfindungsregelung 30, des Entnahmerechts 31, des Stimm- oder Kontrollrechts sowie über die Verteilung des Liqidationserlöses gehören hierher.

3. Änderungen der Bestimmungen über die Geschäftsführung

und Vertretung

Insbesondere die Vereinbarungen über die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsmacht werden im Laufe der Zeit vielfach nachträglich abgeändert. Dies kann z.B. durch einen Gesellschafterwechsel erforderlich werden. Zu den Änderungen des Gesellschaftsvertrages zählt daher einerseits die Einräumung oder die Erweiterung der Vertretungsmacht. So kann einem bisher nur zur Gesamtvertretung befugten Gesellschafter die Alleinvertretungsmacht eingeräumt oder einem weiteren Mitgesellschafter zukünftig zusätzlich die Vertretungsmacht übertragen werden. Möglich ist ferner die Vereinbarung der Entziehung oder der Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis oder der Vertretungsmacht eines Gesellschafters. Denkbar ist schließlich, daß dem beteiligten

28 BGH L M Nr. 15 zu § 119 HGB zur Bildung notwendiger Rücklagen entgegen dem vertraglichen Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter oder BGH W M 1986, 1556 zur rückwirkenden Änderung der Berechnung des Gewinnanteils sowie OLG Hamm BB 1978, 120 f. zur Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels. 29

Vgl. BGHZ 48, 251, 253 ff. zur Änderung vertraglicher Folgen einer bereits ausgesprochenen Kündigung. 30 Vgl. BGH W M 1966,707 f. zur Einführung einer von der gesetzlichen Regelung abweichenden Art der Auseinandersetzung. 31 Vgl. BGH NJW-RR 1986, 1417 zur Gestattung vertragswidriger Entnahmen eines Gesellschafters.

70

Β. Hauptteil

Minderjährigen erstmals die Geschäftsführung oder die Vertretung der Personengesellschaft übertragen wird. 32

4. Zweckänderungen Nach § 705 BGB verpflichten sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag, einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Auch dieser kann durch Vereinbarung der Gesellschafter nachträglich geändert werden. Hierbei sind für die nachfolgende Untersuchung insbesondere folgende als „Zweckänderungen" zu bezeichnende Vertragsänderungen von Bedeutung: — Auflösung der Gesellschaft durch Auflösungsbeschluß — Rückführung einer sterbenden in eine werbende Gesellschaft durch Fortsetzungsbeschluß: Dies ist der Fall, wenn die Gesellschafter einer Liquidationsgesellschaft beschließen, den Geschäftsbetrieb wieder aufzunehmen und damit die sterbende erneut in eine werbende Gesellschaft umwandeln. Auch hierbei handelt es sich um eine Änderung des Gesellschaftszweckes, der nach Eintritt des Auflösungsgrundes zunächst in der Liquidation der Gesellschaft besteht.33

32

Str. ist, ob der Minderjährige die Vertretungsmacht auch selbständig ausüben kann, insbesondere, ob die Vertretungsmacht aus § 112 Abs. 1 S. 1 BGB oder aus § 165 BGB abgeleitet werden kann. Nach zutreffender allgemeiner Ansicht wird die Anwendung des § 165 BGB auf einen minderjährigen Gesellschafter mit dem Argument abgelehnt, daß der minderjährige Gesellschafter bei der Vertretung der Gesellschaft auch sich selbst als Mitglied derselben vertritt, während § 165 BGB gerade auf dem Gedanken basiert, daß das Vertreterhandeln dessen eigenes Vermögen und dessen eigene Rechtsstellung unberührt läßt, vgl. näher Biddermann, S. 179; Hueck, OHG, § 20 V; Heymann / Emmerich, § 125, Anm. 17; Klüsener, Rpfleger 1990, 321, 327; eingehend Nagel, S. 93 ff. Die h.M. spricht sich daher für die Möglichkeit aus, daß dem Minderjährigen durch eine Ermächtigung nach § 112 Abs. 1 S. 1 BGB die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis übertragen werden kann, da auch die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft Erwerbstätigkeit i.S.d. § 112 BGB ist. A.A., insbesondere unter Berufung auf den in § 112 Abs. 1 S. 2 BGB enthaltenen Vorbehalt, Schlegelberger / Geßler, § 125, Rdnr. 4; ausdrücklich auch Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 327. Die Erteilung einer Ermächtigung nach § 112 BGB begegnet im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG, 72, 155 ff. Bedenken. Aber selbst wenn man es mit der noch h.M. für zulässig erachten wollte, daß der Minderjährige eine Personengesellschaft nach § 112 BGB rechtsgeschäftlich vertreten kann, wird die Bedeutung der Vertretung von Personengesellschaften durch Minderjährige in der Praxis in jedem Fall sehr gering sein: vgl. hierzu Stahl, S. 56, 57. Dies gilt insbesondere seit der Herabsetzung des Eintritts der Volljährigkeit auf 18 Jahre. 33

Hueck, OHG, § 23 I, V 1; Staub / Ulmer, § 131, Rdnr. 3, 4, 146.

§ 6 Änderung des Gesellschaftsvertrages

71

— Hierzu zählt weiterhin die Vereinbarung der Gesellschafter einer BGBGesellschaft, anstelle eines ideellen Zwecks nunmehr einen Erwerbszweck zu verfolgen.

5. Sonderfall:

Änderung der Gesellschaftsform

Neben diesen Änderungen der Gesellschaftsgrundlagen innerhalb einer bestehenden Personengesellschaft soll in diesem Zusammenhang als Sonderfall einer „Vertragsänderung" noch die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft sowie die Umwandlung einer stillen Gesellschaft in eine offene Handelsgesellschaft bzw. Kommanditgesellschaft behandelt werden.

III. Vertragsänderungen, die kraft Gesetzes oder nach dem Gesellschaftsvertrag automatisch eintreten Die folgende Untersuchung kann sich nur auf solche Änderungen des Gesellschaftsvertrages erstrecken, die unter der rechtsgeschäftlichen Mitwirkung des Minderjährigen Zustandekommen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB, der die Genehmigung nur „zu einem Gesellschaftvertrag" fordert. Daher scheiden solche Vertragsänderungen als Gegenstand des in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB enthaltenen Genehmigungserfordernisses aus, die kraft Gesetzes oder nach dem Gesellschaftsvertrag automatisch mit einem bestimmten Ereignis eintreten. 34 Hierzu zählen das Ausscheiden eines Gesellschafters mit dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses, so durch Kündigung oder Konkurseröffnung (vgl. §§ 138 HGB, 736 BGB), Erreichung eines bestimmten Lebensalters, Aufnahme einer Tätigkeit in einem Konkurrenzunternehmen oder langandauernder Krankheit, aber auch der Eintritt eines Gesellschafters aufgrund einer erbrechtlichen Nachfolgeklausel. Hierunter fallen ferner die Änderung des Gesellschaftszwecks aufgrund eines gesetzlichen Auflösungsgrundes gem. § 131 HGB sowie der Ausschluß eines Gesellschafters bei Eintritt eines wichtigen Grundes gem. § 133 HGB 3 5 nach Maßgabe von § 140 HGB. 3 6

34

Knopp, BB 1962, S. 939, 943, 944; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7.

35

Dies gilt nicht für den Ausschluß eines Gesellschafters bei Eintritt eines wichtigen Grundes durch Gesellschafterbeschluß. Hierbei handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Vertragsänderung. 36

Knopp, BB 1962, S. 939, 944.

72

Β. Hauptteil

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf spätere Änderungen eines Gesellschaftsvertrages Die Prüfung, ob für Änderungen des Gesellschaftsvertrages eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, muß zunächst im Wege einer formalen Auslegung erfolgen, die sich am Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2. Alt. BGB orientiert. Der Bundesgerichtshof und ihm folgend ein Teil der Literatur stehen auf dem Standpunkt, daß nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 BGB nur ein solcher Gesellschaftsvertrag bezeichnet sei, durch den die Beteiligung des Minderjährigen an einem Erwerbsgeschäft beginnt, nicht hingegen nachfolgende Vertragsänderungen. 1 Dem Wortlaut kann jedoch zunächst keine Beschränkung der Norm auf den Vertrag, durch den die Beteiligung des Minderjährigen an einem Erwerbsgeschäft beginnt, entnommen werden. Zu Recht weist Stöber darauf hin, daß nicht zu jedem Gesellschaftsvertrag, sondern nur für den „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" eingegangenen die Genehmigung erforderlich ist. Auf den ersten Blick schließt der Gesetzeswortlaut damit nur solche Gesellschaftsverträge, von der Genehmigungspflicht aus, die auf einen sonstigen Gesellschaftszweck gerichtet sind, der gerade nicht in einem Erwerbszweck besteht.

I. Eingehen eines Gesellschaftsvertrages Genehmigungspflichtig i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB ist die „Eingehung eines Gesellschafts Vertrages", also der Vertragsschluß seitens des Minderjährigen. Hieraus wird bereits geschlossen, daß § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unzweifelhaft nur von einem Gesellschaftsvertrag spricht, der eine Gesellschaft mit dem Minderjährigen begründet. Daher soll auch nur der Abschluß des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages, nicht hingegen seine spätere Änderung genehmigungsbedürftig sein.3 Somit muß zunächst erarbeitet werden, wie das Merkmal „Eingehen eines Gesellschaftsvertrages" zu bestimmen ist. Bei dem Merkmal „Gesellschaftsvertrag" handelt es sich um einen fest umrissenen Begriff. Nach § 705 BGB verpflichten sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag,

1

Vgl. die o. in § 5 I, II 3 Genannten.

2

Stöben Rpfleger 1968, S. 2, 4; a.A. Winkler, ZGR 1973, S. 177, 194: „§ 1822 Nr. 3 spricht eindeutig nur von einem Gesellschaftsvertrag, durch den eine Gesellschaft mit einem Minderjährigen eingegangen wird." 3

Esch, DB 1968, 764; Wiedemann , S. 194.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

73

die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern. Bei formaler Betrachtung sind Gesellschaftsverträge i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB daher die vom Gesetz ausdrücklich als solche bezeichneten Vorgänge sowie solche Vereinbarungen, in Zukunft zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes zusammenzuwirken. 4 Stellt man darauf ab, daß mit dem Begriff „Gesellschaftsvertrag" i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB allein der Gesellschaftsvertrag gemeint ist, durch den eine Gesellschaft mit einem Minderjährigen eingegangen wird, so fällt hierunter zunächst jeder Gründungsvertrag, der zur Errichtung der Gesellschaft unter der Beteiligung des Minderjährigen führt. „Gesellschaftsvertrag" ist weiterhin auch jeder Beitrittsvertrag, durch den der Minderjährige in eine bereits bestehende Gesellschaft aufgenommen wird 5 , denn auch in diesem Fall wird ein Vertrag zwischen den Altgesellschaftern und dem Aufzunehmenden geschlossen.6 7 7 In diesem Fall ist es eine Frage der Auslegung, ob unter der „Eingehung" eines Gesellschaftsvertrages auch dessen spätere Änderungen zu verstehen sind. Da jede Änderung eine „modifizierende Bestätigung des Urvertrages" darstellt, soll nach Ansicht Brüggemannns eine „philologische Interpretation" diese Schlußfolgerung durchaus zulassen.8 Andererseits könnte mit der Formulierung „Eingehen eines Vertrages" regelmäßig nur diejenige Handlung bezeichnet sein, durch die eine solche Bindung „initiiert" wird. 9 Nach dieser Interpretation ist das Wort „eingehen" ausschließlich auf den Beginn eines solchen Verhältnisses gerichtet. Wenn damit ausschließlich der Gründungsakt eines Gesellschaftsverhältnisses gekennzeichnet wird, so erfaßt der Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nur den Gesellschaftsvertrag, durch den eine Gesellschaft mit einem Minderjährigen eingegangen wird, also nur den Gründungsvertrag unter Beteiligung des Minderjährigen sowie den mit diesem geschlossenen Aufnahmevertrag zum Eintritt in eine bestehende Gesellschaft. In diesem Fall schließen sich die Formulierungen „Eingehen eines Gesellschaftsvertrages" und »Änderung eines Gesellschaftsvertrages" begrifflich aus und umschreiben vielmehr unterschiedli-

4

So Stahl S. 214.

5

Sog. Aufnahmevertrag, der seiner Rechtsnatur nach Gesellschaftsvertrag ist, vgl. Westermann, GesR, Rdnr. 384. 6 Allg.M.: vgl. nur Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 60; Westermann, OHG, § 27 I 1 a; Schlüter, S. 53; Nagel, S. 52 m.w.N. 7

GesR, Rdnr. 384; Hueck,

Anders bei der sog. „Übertragung der Mitgliedschaft" durch Abtretungsvertrag zwischen dem ausscheidenden Altgesellschafter und dem eintretenden Gesellschafter, s. hierzu § 4 IV 2 b bb. 8

So Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127.

9

So Haarländer,

S. 13.

74

Β. Hauptteil

che Vorgänge: „Eingehung eines Gesellschaftsvertrages" umfaßt nur den Abschluß des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages, der ein Gesellschaftsverhältnis mit dem Minderjährigen begründet, während die „Änderung des Gesellschaftsvertrages" nach dieser Auslegung lediglich die Modifizierung des durch den Abschluß dieses Gesellschaftsvertrages begonnenen Gesellschaftsverhältnisses kennzeichnet und damit außerhalb des Wortsinnns liegt. Hingegen vertritt Knopp 10 die Ansicht, daß sich jede Vertragsänderung als Neubeginn des Gesellschaftsverhältnisses unter anderen Bedingungen auffassen lasse und insoweit unter den Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB subsumiert werden könne. Hiergegen wendet Winkler 11 ein, daß durch diese Auslegung dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB Gewalt angetan werde. Eine solche Auslegung widerspreche nicht nur dem normalen Sprachempfinden, sondern führe dazu, daß der Begriff der Änderung unter den des Neubeginns fiele und damit überflüssig wäre. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß auch die Abänderung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages immer zu einer Neugestaltung der Rechtsverhältnisse innerhalb der Gesellschaft führt. 12 So werden auch bei einer erst nachträglichen und sachlich erforderlichen Änderung die rechtlichen Bedingungen des jeweiligen Gesellschaftsverhältnisses neugestaltet. Die Begrenzung des Merkmals „Eingehung eines Gesellschaftsvertrages" allein auf den Abschluß des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages, durch den die Beteiligung des Minderjährigen an einer Gesellschaft beginnt, erscheint darüber hinaus noch unter einem weiteren Gesichtspunkt zu eng. Wenngleich die Wendung „Eingehen eines Gesellschaftsvertrages" in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auch den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages umschreibt, so muß das nicht zwangsläufig bedeuten, daß nur der Gesellschaftsvertrag erfaßt wird, der eine Gesellschaft mit dem Minderjährigen begründet. Aus § 305 BGB ergibt sich vielmehr, daß auch zur Änderung des Inhaltes eines Schuldverhältnisses ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich ist. Auch Vertragsänderungen werden demnach grundsätzlich durch den Abschluß eines Vertrages vorgenommen. Hieraus läßt sich nunmehr ableiten, daß nicht nur der ursprüngliche Abschluß eines Vertrages, der den Beginn eines Vertragsverhältnisses einleitet, als „Eingehen eines Vertrages" zu qualifizieren ist, sondern auch der später geschlossene Änderungsvertrag, durch den die bisherigen Beziehungen inhaltlich modifi-

10

Knopp, BB 1962, S. 939, 940.

11

Winkler,

12

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5.

ZGR 1973, S. 177, 194.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

75

ziert werden. Da es sich auch bei einem Gesellschaftsverhältnis um ein Schuldverhältnis i.S.d. § 305 BGB handelt13, erfolgen auch Abänderungen des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages grundsätzlich 14 durch einen Vertrag zwischen den beteiligten Gesellschaftern. Durch diesen Änderungsvertrag werden zugleich gesellschaftsrechtliche Wirkungen für den Minderjährigen erzeugt und seine Einbindung in eine gegenüber der ursprünglichen Rechtsstellung veränderte gesellschaftsrechtliche Rechte- und Pflichtenposition bewirkt, so daß auch dieser Änderungsvertrag als Gesellschaftsvertrag qualifiziert werden kann. 15 Infolgedessen wird auch die Änderung eines Gesellschaftsverhältnisses unter Mitwirkung eines Minderjährigen durch die „Eingehung eines Gesellschaftsvertrages" i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB verwirklicht. Dieses Merkmal erfaßt insoweit zunächst jeden Vertragsschluß seitens des Minderjährigen, ohne diesen gleich auf den Beginn des Gesellschaftsverhältnisses zu beschränken. Vielmehr wird hiervon begrifflich nicht allein der Gesellschaftsvertrag, durch den eine Gesellschaft unter Einschluß eines Minderjährigen begründet wird und somit zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit des Minderjährigen führt, sondern auch der spätere Abänderungsvertrag erfaßt.

13 Sehr streitig, ob es sich bei einem Gesellschaftsvertrag um einen gegenseitigen Schuldvertrag handelt, vgl. zum Streitstand Erman / Schulz / Wenck, Vor. § 705, Rdnr. 5; Westermann, GesR, Rdnr. 136. Nach Hueck, OHG, § 6 II 3 kann der Gesellschaftsvertrag wohl nicht als gegenseitiger Vertrag i.e.S., also nicht im Sinn eines Austauschvertrages qualifiziert werden. Die §§ 320 ff. BGB können daher nicht uneingeschränkt angewendet werden, da sie in erster Linie auf Austauschverträge zugeschnitten sind. vgl. Hueck, OHG, § 6 II 3 m.w.N. in Fn. 12; a.A. wohl Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 5.

Der Gesellschaftsvertrag ist zumindest insofern ein gegenseitig verpflichtender Vertrag, als sich jeder Gesellschafter zur Förderung des Gesellschaftszweckes nur deshalb bereit erklärt, weil auch die anderen diese Pflicht übernehmen.Insoweit stehen die Leistungen der Gesellschafter durchaus in einem Abhängigkeitsverhältnis, da sich die Gesellschafter nach § 705 BGB gegenseitig zur Leistung von Beiträgen verpflichten, vgl. Hueck, a.a.O., der insoweit den Gesellschaftsvertrag als gegenseitigen Vertrag im weiteren Sinn bezeichnet. Die Gegenseitigkeit des Gesellschaftsvertrages wird u.a. verneint von: M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 139; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 140; Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 44. 14 Möglich ist auch ein Gesellschafterbeschluß, bei dem es sich aber nach allgemeiner Ansicht der Sache nach um Änderungsverträge handelt, vgl. Westermann, GesR, Rdnr. 270; Heymann / Emmerich, § 119, Rdnr. 2. 15

M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 28.

76

Β. Hauptteil

II. Zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts Das Tatbestandsmerkmal „Eingehen eines Gesellschaftsvertrages" muß jedoch weiterhin im Zusammenhang mit dem Merkmal „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" gesehen werden. Dieses Merkmal beschreibt den Gesellschaftszweck, zu dessen Förderung sich die Gesellschafter nach §§ 705 BGB, 105 Abs. 1 HGB durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten. Da die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung somit nicht zu jedem Gesellschaftsvertrag, sondern nur für den „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" eingegangenen erforderlich ist, kommt es für die Ableitung einer Genehmigungspflicht nachträglicher Vertragsänderungen aus dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB entscheidend darauf an, ob auch Abänderungsverträge „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" eingegangen werden.

1. Vertragsänderungen als Abänderung des bestehenden Gesellschaftsvertrages Man könnte darauf abstellen, daß der Vertrag für den jeweiligen Gesellschafter nur einmal zum Betrieb eingegangen, im übrigen aber nur der laufende Betrieb, wenn auch unter veränderten Bedingungen fortgesetzt wird. 16 Andererseits führt die Abänderung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages immer zu einer Neugestaltung der Rechtsverhältnisse am Erwerbsgeschäft 17, so daß bei einer nachträglichen Vertragsänderung die rechtlichen Bedingungen modifiziert werden, unter denen der Minderjährige sich zunächst dem mit dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts verbundenen Unternehmerrisiko stellen mußte.18 Die Formulierung „zum Betrieb " könnte daher nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auch so ausgelegt werden, daß das Genehmigungserfordernis ebenfalls eingreift, wenn der Minderjährige das Erwerbsgeschäft bereits betreibt, der Gesellschaftsvertrag jedoch die Bedingungen ändert, unter denen sich der Betrieb vollzieht. 19

16

So Wiedemann , S. 250.

17

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5.

18

Knopp, BB 1962, S. 939, 942.

19

Vgl. Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2185. So wohl diejenigen, die eine Genehmigungspflicht für spätere Änderungen des Gesellschaftsvertrages nach dem Sinn und Zweck des § 1822 Nr. 3 2.AU.BGB für erforderlich halten und das Genehmigungserfordernis insofern bereits aus einer unmittelbaren Anwendung der Vorschrift ableiten,

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

77

Da die Auslegung nur in den Grenzen des möglichen Wortsinns zulässig ist, ist die letztgenannte Auffassung nur dann statthaft, wenn sie noch mit der Wortbedeutung des Merkmals „ zum Betrieb " vereinbar ist. Das Merkmal „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts " könnte auch ersetzt werden durch die zielgerichtete Formulierung „um ein Erwerbsgeschäft zu betreibenEs begrenzt damit die Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB ausschließlich auf solche Gesellschaftsverträge, die auf die Ausübung eines Erwerbsgeschäfts und damit auf die Aufnahme eines Geschäftsbetriebes, nicht aber auf Veränderungen während des laufenden Betriebes des Erwerbsgeschäfts gerichtet sind. Insoweit hat bereits Haarländer zutreffend darauf hingewiesen, daß die Formulierung „zum Betrieb" ersetzt werden könnte durch die Synonyme „Inbetriebnahme" oder „in Betrieb nehmen".20 Der entscheidende Akzent liegt damit auf dem Beginn einer Erwerbstätigkeit durch den Minderjährigen. Diese Auslegung wird unterstrichen durch einen Vergleich mit dem Wortlaut derjenigen Genehmigungstatbestände, die ebenfalls eine Erwerbstätigkeit des Minderjährigen betreffen. Nach den Gesetzesmaterialien 21 stellt sich der Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 BGB als angemessene Ergänzung des § 1823 BGB dar und muß insofern in engem Zusammenhang mit dieser Vorschrift gesehen werden. Diese Vorschrift erfaßt nach ihrem Wortlaut aber nur den (faktischen) Beginn des Erwerbsgeschäfts und damit den Beginn der Erwerbstätigkeit, nicht aber spätere Veränderungen während des Betriebes des Erwerbsgeschäfts. Auch nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 1 .Alt. BGB ist nur der entgeltliche Erwerb des Geschäfts und damit ebenfalls nur der Beginn der Erwerbstätigkeit durch den Minderjährigen genehmigungspflichtig. Insoweit weist die Vorschrift des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB in Abgrenzung zu den Genehmigungstatbeständen der §§ 1822 Nr. 3 l.Alt., 1823 BGB eine Besonderheit auf. Für die Anwendung dieses Genehmigungserfordernisses kann nicht auf den irgendwie gearteten Beginn einer Erwerbstätigkeit abgestellt werden. Vielmehr ist hierbei die „Aufnahme einer Erwerbstätigkeit" durch den Minderjährigen in gesellschaftlicher Einbindung entscheidend.

vgl. KG JW 1937, 2980 für die Gesellschaftsumwandlung; OLG Düsseldorf DB 1951, 443 für die Aufnahme eines neuen Gesellschafters; ferner u.a. Stöber, Rpfleger 1968, S. 2 ff.; Biddermann, S. 68 ff.; Ruppel, S. 30, 66 / 67, 103; Beitzke, JR 1963, S. 182 f.; Knopp, BB 1962, S. 939 ff.; Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 28; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 25; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 15. 20

Haarländer,

21

Motive IV, 1145.

S. 15.

78

Β. Hauptteil

Dagegen werden Änderungen eines bestehenden Gesellschaftsvertrages unter Mitwirkung eines Minderjährigen regelmäßig erst zu einem Zeitpunkt vereinbart, in dem dieser bereits als Gesellschafter erwerbstätig ist, also zeitlich nach Inbetriebnahme des Erwerbsgeschäfts. Da jede Änderung hierbei zu einer Neugestaltung der Rechtsverhältnisse am Gesellschaftsunternehmen führt 22 , ist Gegenstand eines Änderungsvertrages im Gegensatz zu einem Gründungs- oder Aufnahmevertrag des Mindeijährigen regelmäßig nur die spätere Modifizierung und damit die Fortsetzung des bestehenden unternehmerischen Risikos unter lediglich veränderten Bedingungen. Dies gilt insbesondere für bloße inhaltliche Änderungen des bisherigen Gesellschaftsvertrages, wie Änderungen der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse sowie sonstige Beteiligungsänderungen, durch die die jeweilige Gesellschafterposition lediglich inhaltlich verändert wird, wie z.B. Änderungen der Einlagenpflicht, der Gewinn- und Verlustbeteiligung oder des Entnahme- bzw. Stimmrechts u.a.23 Zwischen „Übernahme" und „Fortsetzung" eines unternehmerischen Risikos ist jedoch scharf zu unterscheiden. Das Merkmal „zum Betrieb " erfaßt nur den Beginn einer gesellschaftlichen Erwerbstätigkeit, nicht aber deren Fortsetzung unter lediglich veränderten Bedingungen. Nach dieser Interpretation werden Änderungsverträge regelmäßig nicht „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts eingegangen und sind demzufolge nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB von dem Genehmigungerfordernis dieser Vorschrift auszunehmen.

2. Vertragsänderungen

als Abschluß eines neuen Gesellschaftsvertrages

Damit ist allerdings nicht zugleich gesagt, daß der Wortlaut dieses Genehmigungstatbestandes „Vertragsänderungen" überhaupt nicht erfaßt. Vielmehr wird die Auffassung vertreten, daß bestimmte Fälle keine Änderung im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr den Abschluß eines neuen Gesellschaftsvertrages „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts darstellen und infolgedessen nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtig seien.24 Diese Differenzierung mag auf den ersten Blick unverständlich erscheinen. Sie ergibt sich jedoch aufgrund folgender Schlußfolgerung: Änderungen des Gesellschaftsver-

22

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5.

23

Vgl. oben § 6 II 2 b.

24

Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 199; Duden, JZ 1963, S. 598, 602.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

79

träges sind immer solche Maßnahmen, die die sog. „Grundlagen der Gesellschaft", d.h. das innere Verhältnis der Gesellschafter zueinander betreffen. 25 Hierzu zählen neben den eigentlichen Inhaltsänderungen, bei denen einzelne Vertragsklauseln des existierenden Gesellschaftsvertrages abgeändert werden, auch sonstige, auf mehrseitigem Rechtsgeschäft beruhende Grundlagenänderungen, wie die Aufnahme bzw. das Ausscheiden eines Gesellschafters sowie die Auflösung der Gesellschaft. 26 Ebenso wie als „Grundlagen der Gesellschaft" nicht nur der eigentliche Gesellschaftsvertrag, sondern das hierdurch begründete gesamte mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis der Gesellschafter gemeint ist, wird man auch den Begriff der »Änderung des Gesellschaftsvertrages" nicht nur auf die (inhaltlichen) Änderungen des bestehenden Gesellschaftsvertrages im engeren Sinn beschränken dürfen, sondern vielmehr auf alle Änderungen des durch diesen Vertrag begründeten Gesellschaftsverhältnisses ausdehnen müssen. Da aber durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages immer die ursprünglich vom Vormundschaftsgericht genehmigte Grundlage verlassen und teilweise durch eine neue ersetzt wird 27 , ist das Ergebnis jeder Vertragsänderung letztlich ein „neuer" Vertrag. Insoweit könnte man gewisse Vertragsänderung auch als Eingehung eines neuen Gesellschaftsvertrages „zum Betrieb" ansehen, insbesondere, wenn dabei der Gesellschafterbestand, der Gesellschaftszweck oder die jeweilige Gesellschafterposition rechtlich verändert werden. Bereits an dieser Stelle kann jedoch festgehalten werden, daß es sich bei Änderungen über die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse sowie bei sonstigen Beteiligungsänderungen, die ausschließlich die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter modifizieren, lediglich um inhaltliche Änderungen des bisherigen Gesellschaftsvertrages handelt, die vom Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht erfaßt werden können.

25

Vgl. oben § 6 I.

26

Vgl. M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 49.

27

Zutreffend Friess, DB 1969, S. 959.

80

Β. Hauptteil

a) Veränderungen im Mitgliederbestand Ein Teil der Literatur vertritt die Auffassung, daß jede Änderung in der personellen Zusammensetzung der Gesellschaft vom Wortlaut des Genehmigungstatbestandes erfaßt werde. 28

aa) Eintritt

eines neuen Gesellschafters

Zum einen handelt es sich hierbei um die Aufnahme zusätzlicher Gesellschafter in die Personengesellschaft 29, also um die Fallkonstellation, anhand derer der Bundesgerichtshof die Genehmigungsfreiheit der Vertragsänderungen entwickelt hat. 30 Diejenigen Stimmen in der Literatur, die den Aufnahmevertrag mit einem neu eintretenden Gesellschafter dem Genehmigungserfordernis nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unterstellen wollen, sofern einer der bisherigen Gesellschafter minderjährig ist, berufen sich zur Begründung darauf, daß damit ein neuer Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts abgeschlossen werde. Insoweit könne nichts anderes gelten, als in dem Fall des nachträglichen Eintritts eines Minderjährigen in eine bestehende Gesellschaft. Da mit dem hinzukommenden Gesellschafter erstmals ein solcher Gesellschaftsvertrag geschlossen werde, stelle dieser Gesellschafterbeitritt nicht lediglich eine Änderung des bestehenden Gesellschaftsvertrages dar. Vielmehr sei dieser Vorgang stets Eingehung eines neuen Gesellschaftsvertrages zwischen dem Eintretenden und den Altgesellschaftern „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts und daher als solche bei Minderjährigkeit eines der Beteiligten bereits nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB eindeutig genehmigungsbedürftig. 31

28 Stöben Rpfleger 1968, S. 2, 7 f.; Beitzke, Anm. 1.

JR 1962, 182, 183; Heymann / Kötter,

§ 105,

29 Als Änderung des Gesellschaftsvertrages ist hier in erster Linie die Aufnahme als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist gemeint; die Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters fällt nicht hierunter. Für die Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters gelten die folgenden Ausführungen nur, sofern diesem Mitwirkungsrechte, wie Geschäftsführungs- oder Stimmrechte eingeräumt werden, da sich dieser gesellschaftsrechtliche Vorgang als Eingriff in die Gesellschaftsgrundlagen und damit als Vertragsänderung darstellt, vgl.o. § 6 II 1, sowie eingehend Schlüter, S. 12 ff., 87 f. m.w.N.; Koenigs, S. 87; Rasner, S. 95. 30 31

BGHZ 38, 26 ff.

Heymann / Kötter, § 105, Anm. 1; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 25; Haegele, BWNotZ 1969, S. 2, 14; Merkel, BB 1963, S. 455; Badewitz, S. 16 u.74; Beitzke, JR 1963, S. 182, 183; Ruppel, S. 30; Düringer / Hachenburg / Flechtheim, § 130, Anm. 7.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

81

Auch nach Ansicht des OLG Düsseldorf 32 bedarf der Aufnahmevertrag mit einem neu eintretenden Gesellschafter bei einer Personengesellschaft der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, da er die Grundlage des bisherigen Gesellschaftsverhältnisses durch eine neue ersetze und damit ein neuer Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts abgeschlossen werde, der denselben Vorschriften unterstehen müsse, die für den ursprünglichen Gesellschaftsverfrag gelten. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs 33 und des die Genehmigungspflicht ablehnenden Schrifttums 34 ist die Aufnahme eines neuen Gesellschafters hingegen lediglich als Vertragsänderung anzusehen, die vom Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht erfaßt wird. Gerade bei einer Personengesellschaft ist die Mitgliedschaft auf die Persönlichkeit der einzelnen Gesellschafter und deren Beziehungen zueinander zugeschnitten. Wie Merkel 35 zutreffend ausführt, entspricht es wegen der engen Verbundenheit der Gesellschafter daher durchaus dem Wesen einer Personengesellschaft, daß jeder Gesellschafterwechsel eine „andere" als die ursprüngliche Gesellschaft schafft. Durch die Aufnahme weiterer Gesellschafter bleibt der Fortbestand und die Identität der Gesellschaft jedoch unberührt 36, so daß der Eintritt eines zusätzlichen Gesellschafters nicht zwingend die völlige Neugründung einer Gesellschaft zur Folge hat. Dies folgt für die Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG, § 161 Abs. 2 HGB) bereits aus § 130 HGB, wonach der eintretende Gesellschafter nicht nur für die seit seinem Eintritt begründeten Schulden, sondern ebenfalls für die bereits bestehenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft einzustehen hat. Weiterhin führt der Beitritt eines neuen Gesellschafters auch nicht zwangsläufig zu einer Änderung der Firma. Der Eintritt eines neuen Gesellschafters in den Kreis der bisherigen Gesellschafter bedingt aber andererseits eine Änderung der Gesellschaftsgrundlagen (§§ 305, 705 BGB), da durch die Aufnahme eines Gesellschafters die gesellschaftlichen Beziehungen hinsichtlich des Anteils am Gesellschaftsvermögen sowie am Gewinn und Verlust auf eine neue Grundlage gestellt werden. Obwohl die Personengesellschaft bereits einen gültigen Gesellschaftsvertrag besitzt, tritt an

32

OLG Düsseldorf, DB 1951, 443.

33

BGHZ 38, 26 ff.

34

Baumbacli / Duden / Hopt, § 105, Anm. 1 B; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 206; Westennann, GesR, Rdnr. 385; Wiedemann , S. 246, Fn. 2; Hueck, OHG, § 27 I 1 b; Schlegelberger / Geßler, § 138, Anm. 3; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 85; Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 36, Westermann, 381 ff.; Hueck, OHG, § 27 I 1 b; Nagel, S. 131; Duden, JZ 1963, S. 601 f. 35

Merkel, BB 1963, S. 455, 456.

36

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 300; Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 32.

6 Hilsmann

82

Β. Hauptteil

die Stelle des bisherigen Gesellschaftsvertrages ein neuer Gesellschaftsvertrag mit dem eintretenden Gesellschafter (Aufnahmevertrag 37), der ebenso wie die Neugründung einer Gesellschaft mit sämtlichen Gesellschaftern, also auch mit dem beteiligten Minderjährigen, ungeachtet bestehender Regelungen über die Geschäftsführung und Vertretung, abgeschlossen werden muß und insoweit das zwischen ihnen bestehende Gesellschaftsverhältnis abändert. 38 Damit handelt es sich bei dieser Änderung des Gesellschaftsverhältnisses im Gegensatz zu ausschließlich inhaltlichen Vertragsänderungen in der Tat eigentlich nicht um eine Änderung des bestehenden, sondern eher um den Abschluß eines neuen Vertrages zwischen einem veränderten Kreis von Vertragspartnern. 39 Dieser den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag abändernde Vertrag müßte aber weiterhin „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB abgeschlossen worden sein.40 Der Aufnahmevertrag enthält nach § 705 BGB die Verpflichtung des Eintretenden und der Altgesellschafter, zur Erreichung des in dem Vertrag bestimmten gemeinsamen Zweckes zusammenzuarbeiten. Das Begriffsmerkmal eines Gesellschaftsvertrages, der „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts abgeschlossen wird, ist insofern zweifellos auf Seiten des aufzunehmenden Gesellschafters gegeben, denn dieser will sich erstmals in gesellschaftsrechtlicher Form an dem Betrieb-des^ Erwerbsgeschäfts beteiligen.41 Aus der Stellung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB im Gesetz42 ergibt sich jedoch, daß nur der Gesellschaftsvertrag der Genehmigungspflicht unterliegen soll, durch den ein Minderjähriger seine gesellschaftliche Beteiligung an einem Erwerbsgeschäft beginnt. Die Altgesellschafter und damit auch der bereits an der Gesellschaft beteiligte Minderjährige betreiben jedoch bei Eintritt des neuen Gesellschafters bereits das gemeinsame Unternehmen, so daß der Aufnahmevertrag aus ihrer Sicht lediglich auf den Weiterbetrieb eines solchen gerichtet ist. Der Eintritt des neuen Gesellschafters verändert somit nur die vertragliche Grundlage des bisherigen Gesellschaftsverhältnisses, indem eine Abwachsung des Gesellschaftsvermögens auf den neuen Gesellschafter und damit eine Schmälerung der dinglichen Mitberechtigung der Altgesellschafter stattfindet. Insofern stellt der

37

Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 28 m.w.N.

38

Der Vertrag wird nicht etwa zwischen dem eintretenden Gesellschafter und der Gesellschaft geschlossen, BGHZ 26, 330, 334. 39

So Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 368; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 281.

40

So Ruppel, S. 30; Düringer / Hachenburg / Flechtheim, § 130, Anm. 7.

41

Badewitz, S. 16.

42

Viertes Buch. Familienrecht, Dritter Abschnitt. Vormundschaft, Erster Titel. Vormundschaft über Minderjährige.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

83

Aufnahmevertrag genau genommen lediglich für den eintretenden Gesellschafter den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts dar; für die übrigen Gesellschafter handelt es sich dagegen im Ergebnis letztlich doch um die bloße Änderung des alten Gesellschaftsvertrages. Somit ist der Eintritt eines neuen Gesellschafters im Wege des Aufnahmevertrages unter Beteiligung eines Minderjährigen für diesen nicht Eingehung eines neuen Gesellschaftsvertrages „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB, sondern nur Änderung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages und damit nicht nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtig. Anmerkung: Denkbar ist aber auch, daß sich bei Eintritt eines neuen Gesellschafters die alte Gesellschaft auflöst und eine neue begründet wird, um die Haftung des neuen Gesellschafters für bestehende Gesellschaftsverbindlichkeiten nach § 130 HGB zu vermeiden. 43 In diesem Fall liegt auch auf Seiten des Minderjährigen ein genehmigungspflichtiger Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts vor, da dieser auf die vollständige Neuerrichtung einer Personengesellschaft und damit auf die Wiederaufnahme des zwischenzeitlich eingestellten Geschäftsbetriebes in neuer Zusammensetzung gerichtet ist.

bb) Übertragung

der Mitgliedschaft

Ein Gesellschafterwechsel kann auch durch die Übertragung eines bestehenden Gesellschaftsanteils, also dadurch erfolgen, daß im Wege des Gesellschafteraustausches ein Rechtsnachfolger in die Gesellschafterstellung eines ausscheidenden persönlich haftenden Gesellschafters oder Kommanditisten tritt. Veräußert ein Gesellschafter auf diesem Wege seinen Gesellschaftsanteil an eine andere Person, so bedarf diese Veräußerung der Zustimmung aller übrigen Gesellschafter. 44 Da eine solche Abtretung eines Gesellschaftsanteils einen Eingriff in das zwischen den Gesellschaftern bestehende Vertragsverhältnis bedingt, stellt auch dieser Vorgang eine Änderung des Gesellschaftsverhältnisses dar. 45 Die Aufnahme des neuen Gesellschafters erfolgt in diesem Fall nach inzwischen h.M. aber nicht durch einen Aufnahmevertrag mit den Altgesellschaftern, son-

43

Baumbach / Duden / Hopt, § 105, Anm. 7 D.

44

Vgl. bereits o. § 4 IV 2 b aa.

45

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8.

6*

84

Β. Hauptteil

dem durch einen Abtretungsvertrag mit dem ausscheidenden Gesellschafter unter Zustimmung aller in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter. Daher könnte man die Anwendbarkeit des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bereits mit dem Argument ablehnen, daß lediglich ein Anteilserwerb, nicht aber ein Gesellschaftsvertrag zwischen dem eintretenden Gesellschafter und den Altgesellschaftern i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB vorliege. Bereits zuvor 46 wurde jedoch dargelegt, daß auch ein solcher Vorgang aufgrund der funktionellen Vergleichbarkeit mit einem herkömmlichen Aufnahmevertrag der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB grundsätzlich unterliegen kann. Die Anwendbarkeit des Genehmigungstatbestandes setzt dabei jedoch stets voraus, daß es sich bei dem hinzukommenden Gesellschafter um einen Minderjährigen handelt. Bei Übertragung eines Gesellschaftsanteils auf einen volljährigen Gesellschafter kann daher die Genehmigungspflicht nach dem Wortlaut der Vorschrift aus den zuvor erörterten Gründen ebenfalls nicht eingreifen.

cc) Ausscheiden eines Altgesellschafters

Auch die Genehmigungsbedürftigkeit des vertraglichen Gesellschafteraustritts ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Das einverständliche Ausscheiden eines Gesellschafters ist vom Bundesgerichtshof als bloße Abänderung des Gesellschaftsvertrages als genehmigungsfrei angesehen worden. 47 Auch Biddermann 48, die sich im übrigen für die Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen ausspricht, will den Gesellschafteraustritt durch einen anderen als den minderjährigen Gesellschafter im Hinblick auf die jederzeit genehmigungsfrei mögliche Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses als genehmigungsfrei ansehen. Ebenso ist Knopp 49 der Ansicht, daß sich eine Genehmigungspflicht für das vertragliche Ausscheiden eines Gesellschafters noch nicht allein aus dem Wortlaut der Vorschrift ableiten lasse. Nach anderer Ansicht soll jedoch auch der vertragliche Gesellschafteraustritt nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungsbedürftig sein. Da der Kreis der Gesellschafter nicht mehr

46

Vgl. hierzu bereits o. § 4 IV 2 b aa.

47

BGH NJW 1961, 724; ausdrücklich auch Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 36; Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 35. 48

Biddermann, S. 68.

49

Knopp, BB 1962, S. 939, 940.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

85

derselbe sei, nähmen diese nicht nur eine Änderung des bisherigen Vertrages vor, sondern gingen vielmehr einen neuen, unter § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB fallenden Gesellschaftsvertrag ein. 50 Diese Auslegung überdehnt jedoch in unzulässiger Weise den Wortsinn der Wendung „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts. Da Gegenstand des Austrittsvertrages das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Zahlung einer entsprechenden Abfindung ist, stellt sich dieser Vorgang weder für den ausscheidenden Gesellschafter noch für die in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter als Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" des Erwerbsgeschäfts dar. Der vertraglich vereinbarte Austritt eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft ist aus der Sicht des Ausscheidenden vielmehr einer „Veräußerung des Erwerbsgeschäfts" gleichzustellen. Durch das Ausscheiden aus der ein Erwerbsgeschäft betreibenden Personengesellschaft begibt sich dieser Gesellschafter seines Gesellschaftsanteils und damit seiner dinglichen Mitberechtigung an den Gegenständen des Gesellschaftsvermögens, da er nicht mehr als Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft angehört. Sein Anteil am Gesellschaftsvermögen wächst daraufhin gem. §§ 105 HGB, 738 BGB den übrigen Gesellschaftern an. 51 Dieser Vorgang entspricht daher der Veräußerung eines Anteils am Erwerbsgeschäft und damit der Veräußerung des Geschäfts im ganzen.52 Der rechtsgeschäftliche Austritt aus einer Personengesellschaft hat ferner keinen Einfluß auf die rechtliche Identität der Gesellschaft mit derjenigen vor dem Ausscheiden.53 Nach dem Ausscheiden des Gesellschafters besteht die Gesellschaft daher unter den in der Gesellschaft verbliebenen Restgesellschaftern fort. Insoweit kann der vertragliche Gesellschaftsaustritt nicht als „partielle

50 Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8; Heymann / Kotier, § 105, Anm. 1; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 25; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 15; wohl auch Merkel, BB 1963, S. 455, 456; der jeden Wechsel im Mitgliederbestand als „wesentliche" und damit genehmigungspflichtige Vertragsänderung qualifiziert; a.A. Baumbach / Duden / Hopt, § 105, Anm. 1 B; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 85; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 207. 51

Vgl. Hueck, OHG, § 29 II 2.

52

Aus diesem Grund ist das vertragliche Ausscheiden des minderjährigen Gesellschafters aus einer Personengesellschaft nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungspflichtig, da hierin vom Standpunkt des Minderjährigen aus gesehen eine Veräußerung des Erwerbsgeschäfts zu sehen ist: allg. M., vgl. RGZ 115, 172; RGZ 122, 370; KG OLGE 40, 96; BGHZ 38, 26, 27; BGH NJW 1961, 724, 725 (für die OHG); BGHZ 17, 160,165; OLG Karlsruhe NJW 1973,1977 (für die KG); Wiedemann, S. 246; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 202; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 19; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 19; Baumbach / Duden / Hopt, § 105, Anm. 1 B. 53

Hueck, OHG, § 29 II 1; BGHZ 44, 29 f.

86

Β. Hauptteil

Auflösung" der Gesellschaft angesehen werden 54, mit der Folge, daß die übrigen Gesellschafter anschließend die Gesellschaft neu begründen müssen, wenn sie das Gesellschaftsunternehmen weiterbetreiben wollen. Wenngleich durch die Vereinbarung der Gesellschafter über das Ausscheiden eines Mitgesellschafters unmittelbar eine Inhaltsänderung des ursprünglichen Vertrages, und zwar eine Abänderung der zunächst festgelegten personellen Zusammensetzung, erfolgt, so ist dieser Vorgang doch lediglich als Fortsetzung des laufenden Geschäftsbetriebes unter veränderten Bedingungen anzusehen. Insofern stellt auch dieser Änderungsvertrag keinen neuen Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB dar, sondern nur eine Änderung des bisherigen Gesellschaftsvertrages. Das Ausscheiden eines volljährigen Gesellschafters aus einer Personengesellschaft, an der ein Minderjähriger beteiligt ist, bedarf daher nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Änderungen des Gesellschafterbestandes sind daher für den Minderjährigen nicht als genehmigungspflichtige Gesellschaftsverträge „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB anzusehen.

b) Beteiligungsumwandlung aa) Vorbemerkung: Das Verhältnis

der Gesellschaftswnwandlung

zur Beteiligungsumwandlung

Die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine andere Rechtsform (z.B. einer offenen Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft) erfolgt stets durch eine sog. formwechselnde Umwandlung. In diesem Fall besteht die Gesellschaft in anderer Rechtsform unter Wahrung ihrer Identität weiter, ohne daß ein Vermögensübergang stattfindet. Eine solche Umwandlung kann erfolgen, wenn sich bei einer Personengesellschaft der Gesellschaftszweck oder die Haftungsverhältnisse der Gesellschafter ändern und diese Änderungen Auswirkungen auf die Rechtsform der Personengesellschaft haben.55 Die Umwandlung einer Kommanditgesellschaft in eine offene Handelsgesellschaft tritt demnach dann ein, wenn die nur beschränkt haftenden Gesellschafter ausscheiden oder

54 55

Lieberich, S. 90.

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 52; Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 93; Baumbach / Duden / HopU Einl. v. § 105, Anm. 4 B.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

87

wenn ihre Haftung durch nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrages zur unbeschränkten erweitert wird; umgekehrt wird die offene Handelsgesellschaft zu einer Kommanditgesellschaft, indem die Haftung bei einem Teil der Gesellschafter nachträglich beschränkt wird. Zur Umwandlung einer BGB-Gesellschaft in eine offene Handelsgesellschaft kann es dadurch kommen, daß das von ihr betriebene soll- oder kannkaufmännische Unternehmen nach § 2 HGB in das Handelsregister eingetragen wird oder die Voraussetzungen des § 1 HGB eintreten. 56 Eine Gesellschaftsumwandlung beinhaltet somit in der Regel zugleich eine Änderung der Rechtsstellung eines Gesellschafters, so von der eines persönlich haftenden Gesellschafters in die eines Kommanditisten und umgekehrt. Dagegen kann der Wechsel einer Gesellschafterstellung zu einer Umwandlung der Personengesellschaft führen, muß es aber nicht unbedingt. Vielmehr kann eine Beteiligungsumwandlung unabhängig hiervon auch bei Fortbestehen der Gesellschaft in ihrer jeweiligen Rechtsform vereinbart werden, wenn sich die Gesellschafterstellung lediglich innerhalb derselben ändert, z.B. Umwandlung der Kommanditistenstellung in eine Stellung als Komplementär innerhalb einer Kommanditgesellschaft, sofern ein Gesellschafter weiterhin beschränkt haftet. Da in den meisten Fällen aber erst eine Änderung der Rechtsstellung eines Gesellschafters zu einer Gesellschaftsumwandlung führt, könnte man diese nicht als selbständige Form der Vertragsänderung, sondern immer nur als Folge einer Beteiligungsumwandlung verstehen, zumal diese nicht notwendig mit einer Umwandlung der Gesellschaft verbunden sein muß. Es erscheint jedoch zutreffender, den Wechsel der Gesellschafterstellung umgekehrt als einen notwendigen Einzelakt zur Verwirklichung der erstrebten Neustrukturierung der Gesellschaft durch Umwandlung der Gesellschaftsform anzusehen57, da auch andere Faktoren Auswirkungen auf die Rechtsform der Personengesellschaft haben können. So kann eine offene Handelsgesellschaft z.B. durch der Eintritt eines neuen, nur beschränkt haftenden Gesellschafters zur Kommanditgesellschaft und umgekehrt diese durch Ausscheiden des einzigen Kommanditisten zur offenen Handelsgesellschaft werden. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um Beteiligungsumwandlungen innerhalb eines unveränderten Gesellschafterkreises, sondern um Änderungen im Mitgliederbestand.

56

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 52; Baumbach / Duden / Hopt, Einl. v. § 105, Anm. 4 B.

57

Vgl. Lieberich, S. 266.

Β. Hauptteil

88

Ändert sich die Gesellschafterposition des Minderjährigen nunmehr infolge einer formwechselnden Umwandlung der Gesellschaft, so läßt sich eine Genehmigungspflicht dieses Änderungsvertrages als neuer Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht aus dem Gesichtspunkt der Neuerrichtung einer anderen Personengesellschaft herleiten, da weder die Identität der Gesellschaft durch den Rechtsformwechsel berührt wird noch ein Vermögensübergang stattfindet und dieser Vorgang folglich nicht als Auflösung der alten und Neugründung der neuen Personengesellschaft angesehen werden kann. 58

bb) Umwandlung

der Stellung eines Kommanditisten

in die eines Komplementärs

Namentlich wird in diesem Zusammenhang im Schrifttum die Umwandlung der Kommanditbeteiligung des Minderjährigen in eine Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter diskutiert. Biddermann 59 lehnt die Subsumtion dieses Vorgangs unter den Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB mit dem Hinweis auf die bereits bestehende Erwerbstätigkeit des Minderjährigen ab. Auch andere Stimmen in der Literatur vertreten die Ansicht, daß die Übernahme der unbeschränkten persönlichen Haftung des bislang nur als Kommanditisten beteiligten Minderjährigen als bloße Vertragsänderung des bestehenden Gesellschaftsvertrages nicht der Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unterfalle. 60 Der Standpunkt Dudens61 zu dieser Frage ist nicht eindeutig. Während er die Frage der Genehmigungspflicht einer solchen Beteiligungsumwandlung zunächst für zweifelhaft hält, kommt er im weiteren Verlauf seiner Ausführungen zu dem Ergebnis, daß der Übergang aus der Kommanditbeteiligung in die persönliche Haftung nicht nur als »Änderung" des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages aufgefaßt werden könne, sondern wohl eher als Eingehung eines neuen Vertrages i.S.d. § 1822 Nr. 3 BGB für genehmigungspflichtig

58 Staub, § 105, Rdnr. 52; differenzierend Ruppel, S. 29, 30 u. 103: Die Umwandlung einer OHG in eine KG oder BGB-Gesellschaft sowie die Umwandlung der KG soll genehmigungsbedürftig sein, da die bestehende Gesellschaft in ihrer Struktur geändert wird und daher eine „wesentliche" Änderung des Gesellschaftsvertrages darstellt. Hingegen soll die Umwandlung einer BGB-Gesellschaft in eine OHG unter den Voraussetzungen der § § 1 , 2 HGB nur eine Ausweitung des betriebenen Unternehmens darstellt.

59

Biddermann, S. 69.

60

So u.a. Nagel, S. 131; Winkler,

61

Duden, JZ 1963, S. 601, 602.

ZGR 1973, S. 177, 200; Stahl S. 135.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

89

zu halten sei. Ausdrücklich spricht sich hingegen Stöber 62 für die Genehmigungsbedürftigkeit einer derartigen Beteiligungsumwandlung63 nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB aus. Für die Annahme eines genehmigungspflichtigen Gesellschaftsvertrages „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäftes könnte zunächst der Umstand sprechen, daß sich die Umwandlung einer Komplementärbeteiligung in eine Kommanditistenbeteiligung oder umgekehrt im Innenverhältnis für den betroffenen Gesellschafter als Ausscheiden aus der alten und Eintritt in die neue Gesellschafterposition darstellt. Dieser Vorgang spiegelt sich auch in der Anmeldung zum Handelsregister wieder, da die Umwandlung als Ausscheiden aus der bisherigen Gesellschafterposition und Eintritt in die neue Stellung zum Handelsregister angemeldet und eingetragen werden muß (vgl. §§ 107, 161 Abs. 2, 162 HGB). Eine Beteiligungsumwandlung ist damit haftungsrechtlich wie ein Austritt unter gleichzeitigem Eintritt zu behandeln und kommt insoweit einem „partiellen Neueintritt" in die Gesellschaft gleich. 64 Ausschlaggebend ist jedoch letztlich, daß die Auslegung des Merkmals „zum Betrieb" nur den Beginn einer Erwerbstätigkeit des Minderjährigen in gesellschaftsrechtlicher Bindung innerhalb einer Gesellschaft, nicht hingegen dessen spätere Modifizierung während der Ausübung der Erwerbstätigkeit erfaßt. Genau genommen vollzieht sich bei einer Beteiligungsumwandlung aber weder ein Wechsel in der Person eines Gesellschafters noch wird seine Mitgliedschaft in der Gesellschaft unterbrochen. Auch im Außenverhältnis bewirkt die Beteiligungsumwandlung nur eine Veränderung der Haftung desselben Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. 65 Eine Genehmigungspflicht nach dem Wortlaut der Vorschrift könnte daher nur dann angenommen werden, wenn sich die Umwandlung einer Kommanditistenbeteiligung in die eines Komplementärs als Umwandlung einer zunächst nur kapitalistischen Beteiligungsweise in eine unternehmerische darstellt und die Mitgliedschaft des Minderjährigen insoweit zunächst noch nicht genehmigungsbedürftig war. Dies ist jedoch zu verneinen, wenn man mit der heute h.M. bereits von der Genehmigungspflicht einer Kommanditbeteiligung des Minderjährigen ausgeht.66 Sobald ein Kommanditist in eine Kommanditgesellschaft eintritt, wird er als Gesamthänder rechtlich und wirtschaftlich am Gesell-

62

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8.

63

Auch der Änderungsvertrag, durch den die Beteiligung eines Mitgesellschafters geändert wird.

64

Vgl. Schlegelberger / Schmidt, § 143, Rdnr. 9.

65

Lieberich, S. 267.

66

Vgl. hierzu o. § 4 IV 2 a.

90

Β. Hauptteil

schaftsvermögen beteiligt, so daß er bereits im Zeitpunkt seiner Aufnahme in die Gesellschaft als (Mit-)Betreiber des Erwerbsgeschäftes anzusehen ist. Aus diesem Grund war bereits die ursprüngliche Kommanditbeteiligung des Minderjährigen als Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts nach § 1822 Nr. 3 2.AU.BGB genehmigungspflichtig. Wenn aber der minderjährige Kommanditist das Unternehmen im Zeitpunkt der Umwandlung in die Position eines persönlich haftenden Gesellschafters bereits i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB „betreibt", so kann sich dieser Änderungsvertrag nur auf die Modifizierung seiner anfänglich übernommenen Gesellschaftsbeteiligung richten. Zwar bringt diese Beteiligungsumwandlung dem Minderjährigen einerseits mehr Gesellschafterrechte, wie das Stimm- und Kontrollrecht sowie das Recht zur Geschäftsführung und Vertretung, aber auch mehr Pflichten und eine erhöhte Verantwortung innerhalb der Gesellschaft, wie die unbeschränkte persönliche Haftung mit dem gesamten Vermögen. Hierbei handelt es sich aus der Sicht des Minderjährigen aber lediglich um eine Modifizierung seiner bisherigen Gesellschaftsbeteiligung 67, weil sich hierdurch ausschließlich der Umfang der ursprünglich übernommenen unternehmerischen Tätigkeit ändert. Wenngleich sich damit auch die formelle Stellung des Minderjährigen ändert, so bleibt doch seine gesamthänderische Beteiligung an der Gesellschaft und an dem betriebenen Unternehmen hiervon unberührt. 68 Eine derartige Beteiligungsumwandlung kann daher nur als Änderung des bisherigen Gesellschaftsvertrages, nicht jedoch als neuer Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB qualifiziert werden. 69

cc) Umwandlung

der Stellung eines Komplementärs

in die eines Kommanditisten,

insbesondere durch Ausübung des Wahlrechts nach § 139 Abs. 1 HGB

Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Beteiligungsänderung aus der Position eines Komplementärs in die eines Kommanditisten. Auch in diesem Fall handelt es sich um einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang, der lediglich in haftungsrechtlicher Sicht wie ein Austritt unter gleichzeitigem Eintritt behandelt wird.

67

Hurst, RheinNotK 1966, S. 383, 393.

68

Winkler,

69

ZGR 1973, S. 177, 200.

Anders, wenn man mit dem älteren Schrifttum (Nachweise bei Ruppel, S. 107) den Komanditisten lediglich als Kapitalgeber ansieht und demzufolge den Genehmigungszwang für eine Kommanditbeteiligung des Minderjährigen verneint. In diesem Fall wäre die Beteiligungsumwandlung erstmalig genehmigungsbedürftig.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

91

Tatsächlich ändert sich durch eine solche Beteiligungsumwandlung nur die formelle Gesellschafterposition innerhalb der Gesellschaft und der bisherige Haftungsumfang. Ein anderes Ergebnis könnte sich jedoch im Hinblick auf die Einräumung der Kommanditistenstellung des minderjährigen Erben nach § 139 HGB ergeben. Sofern der Gesellschaftsvertrag einer Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG) eine Nachfolgeklausel enthält, die bestimmt, daß im Fall des Todes eines Komplementärs die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt werden soll, so kann nach § 139 Abs. 1 HGB jeder Erbe sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abhängig machen, daß ihm die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird. Ein dahingehender Antrag des Erben bedarf nach § 139 Abs. 2 HGB der Annahme durch die übrigen Gesellschafter. Auch in diesem Fall liegt eine Beteiligungsumwandlung vor, da der minderjährige Erbe zunächst genehmigungsfrei in die Gesellschafterposition des Erblassers als persönlich haftender Gesellschafter eingerückt ist. 70 Macht der Erbe anschließend innerhalb der Dreimonatsfrist des § 139 Abs. 3 HGB sein Verbleiben in der Gesellschaft von der Einräumung einer Kommanditistenposition abhängig, so führt seine Erklärung bei Annahme durch die Altgesellschafter zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrages. Eine Genehmigungspflicht dieser Vertragsänderung nach § 1822 Nr. 3 2. Alt. BGB setzt jedoch voraus, daß die Erklärung des Minderjährigen nach § 139 HGB zusammen mit der erforderlichen Annahmeerklärung der Mitgesellschafter als Gesellschaftsvertrag anzusehen und auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, der minderjährige Erbe übe mit der Erklärung nur ein gesetzliches, in seiner Gesellschafterstellung begründetes Recht aus, ohne mit den bisherigen Gesellschaftern einen nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtigen Gesellschaftsvertrag einzugehen.71 Der Antrag des Minderjährigen wird insofern als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung aufgefaßt, den die Mitgesellschafter ablehnen oder annehmen können, ohne daß dies einem Vertrag gleichzusetzen ist. In diesem Fall ist der minderjährige Erbe an der Änderung des Gesell-

70

Allerdings kann im Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit vorgesehen sein, daß der Erbe mit dem Erbfall automatisch Kommanditist werden soll, BGH W M 1987, 1161 f.; s. Heymann / Emmerich, § 139, Rdnr. 38; § 139 HGB ist dann unanwendbar. Dieser Vorgang ist bei Mindeijährigkeit des Erben allerdings genehmigungsfrei, da der Erbe mit dem Erbfall automatisch und nicht durch Abschluß eines Gesellschaftsvertrages in die Gesellschafterstellung einrückt. 71 Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 10; Winkler, Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 13.

ZGR 1973, S. 177, 191; Biddermann,

S. 2 4 / 2 5 ;

92

Β. Hauptteil

schaftsvertrages nach Auffassung von Badewitz 72 schon nicht aktiv beteiligt. Seine Mitwirkung erschöpfe sich vielmehr in der Antragsstellung, so daß er an dem anschließenden Umwandlungsbeschluß der Altgesellschafter nicht mitwirke. Obwohl der Minderjährige bereits Gesellschafter geworden sei, obliege der Beschluß über die Vertragsänderung ausschließlich den übrigen Gesellschaftern. Da aber nur ein Beschluß genehmigungspflichtig sein kann, an dem auch der Minderjährige beteiligt ist, bedarf diese Beschlußfassung nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. In diesem Fall wäre auch der Antrag des Minderjährigen auf Einräumung der Kommanditistenstellung selbst nicht genehmigungsbedürftig, da nicht der Antrag des Minderjährigen, sondern ausschließlich der Beschluß der Altgesellschafter die Änderung des Gesellschafts Vertrages herbeiführen kann.73 Entgegen der überwiegenden Ansicht erscheint es aber zutreffender, die empfangsbedürftige Erklärung des Erben zusammen mit der erforderlichen Annahmeerklärung der übrigen Gesellschafter als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren. 74 Die Einräumung der Kommanditistenstellung erfolgt noch nicht allein durch die Erklärung des Erben. Hierzu ist zusätzlich noch die Annahmeerklärung der Mitgesellschafter erforderlich, so daß die Einräumung der Kommanditistenstellung ohne die Mitwirkung der übrigen Gesellschafter rechtlich gar nicht möglich ist. Das Ersuchen um Einräumung einer Kommanditistenstellung enthält somit den Antrag an die übrigen Gesellschafter auf Abschluß eines dahingehenden Gesellschaftsvertrages, der mit der Anahme durch die Mitgesellschafter zustandekommt.75 Insofern ist es gerechtfertigt, den Antrag des minderjährigen Erben sowie die Annahmeerklärung seiner Mitgesellschafter rechtlich als miteinander korrespondierende Vertragserklärungen i.S.d. §§ 145 ff. BGB zu qualifizieren, die auf das Zustandekommen eines Gesellschaftsvertrages gerichtet sind. Dieser Änderungsvertrag wäre aber nur dann nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtig, sofern er auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist. Die Vorschrift des § 139 HGB gilt entsprechend seinem Wortlaut nur für denjenigen, der als Erbe die Mitgliedschaft bereits erworben hat. Da die Mitgliedschaft des Erblassers somit bereits mit dessen Tod auf den Nachfolgeberechtigten übergegangen ist, war dieser schon vor Annahme der Erklärung

72

Badewitz, S. 34.

73

So Badewitz, S. 34.

74

So wohl auch Baumbach / Duden / Hopt, § 139 HGB, Anm. 3 A; auch Ruppel, S. 112.

75

Ruppel, S. 112.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

93

Träger der Rechte und Pflichten der Gesellschaft. Da der minderjährige Erbe zur Zeit der Antragstellung demzufolge bereits Mitglied der Gesellschaft und Mitbetreiber des gesellschaftlichen Unternehmens ist, ist dieser Änderungsvertrag ebenfalls nicht auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet. Auch hier verlagert sich lediglich das bisherige unternehmerische Risiko bei bereits bestehender Erwerbstätigkeit. Der minderjährige Erbe setzt nur die Mitgliedschaft des Erblassers, wenn auch in der geänderten Rechtsform der Kommanditbeteiligung fort. Da der Vertrag zwischen dem Erben und den Mitgesellschaftern auf Einräumung einer Kommanditistenstellung somit nicht „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, bedarf diese Vertragsänderung nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.76

c) Zweckänderungen aa) Erwerbszweck

einer BGB-Gesellschaft

Der Gesellschaftsvertrag einer BGB-Gesellschaft erfüllt nicht zwangsläufig die Voraussetzungen des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB, sondern nur dann, wenn der Zweck im Betrieb eines Gewerbes besteht. Ist der Minderjährige daher an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligt, deren Zweck ursprünglich nicht in dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts bestand, so bedurfte diese Gesellschaftsbeteiligung zunächst nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Vereinbaren die Gesellschafter nachträglich den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so handelt es sich hierbei um eine Änderung des Gesellschaftszweckes. Da bei diesem gesellschaftlichen Vorgang die ursprüngliche Identität der Gesellschaft erhalten bleibt, liegt aber insoweit keine Neugründung einer Personengesellschaft vor. Vielmehr wird der Betrieb des Erwerbsgeschäfts lediglich durch die Abänderung des zunächst ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eingegangenen Gesellschaftsvertrages numehr Gesellschaftszweck. 77 Hierbei ist jedoch letztlich entscheidend, daß dieser Änderungsvertrag erstmals die Inbetriebnahme eines Erwerbsgeschäfts als Gesellschaftszweck zum Gegenstand hat. Daher bedarf der spätere Übergang einer zunächst nicht erwerbsorientierten

76

Im Ergebnis ebenso, aber ohne weitere Begründung: Baumbach / Duden / Hopt, § 139 HGB, Anm. 3 A. 77

Vgl. Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 4.

94

Β. Hauptteil

BGB-Gesellschaft zu einem erwerbswirtschaftlichen Zweck bei Beteiligung eines Mindeijährigen als „Zweckänderung" bereits nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.78

bb) Auflösung einer Gesellschaft

Aus § 305 BGB folgt, daß eine Personengesellschaft jederzeit auch durch einen Gesellschafterbeschluß aufgelöst werden kann. 79 1 8 0 Daher fragt es sich, ob die Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unter dem Gesichtspunkt einer Zweckänderung auch bei einem Beschluß zur Auflösung einer Gesellschaft zum Zuge kommt. Wird eine Gesellschaft aufgelöst, so kommt das noch nicht ihrer Beendigung gleich. Hierzu ist vielmehr noch ihre Liquidation bzw. Auseinandersetzung erforderlich. 81 Der Auflösungsbeschluß hat damit lediglich die zur Folge, daß die Gesellschaft liquidiert werden muß, ohne daß hierdurch deren Identität berührt wird. Während der Abwicklung besteht sie zunächst als sog. Abwicklungsgesellschaft fort. 82 Durch den Auflösungsbeschluß ändert sich jedoch der Gesellschaftszweck, der nach Eintritt des Auflösungsgrundes nicht länger in dem bislang verfolgten Erwerbszweck, sondern nunmehr in der Liquidation der Gesellschaft besteht.83 Somit könnte durchaus eine nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungsbedürftige Zweckänderung vorliegen. Die Formulierung „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" erfaßt jedoch nur den rechtsgeschäftlichen Beginn einer Erwerbstätigkeit in gesellschaftlicher Einbindung. Das Ziel der Liquidationsgesellschaft besteht hingegen in der Abwicklung und Auseinandersetzung. Die Gesellschafter haben daher die laufenden Geschäfte der Gesellschaft zu beenden, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen umzusetzen sowie bestehende Verbindlichkeiten zu tilgen (§ 146 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 149 S. 1 HGB, 161 Abs. 2 HGB, §§ 730, 735

78

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2; wohl auch Stahl, S. 138, die „Zweckänderungen" der Genehmigungspflicht unterstellt, da in diesen Fällen ein Erwerbsgeschäft in Gesellschaftsform wieder begonnen wird. 79

Für die Personenhandelsgesellschaften folgt dies ausdrücklich aus § 131 Nr. 2 HGB. Vgl. zu den sonstigen Auflösungsgründen § 131 HGB, §§ 726 ff. BGB. 80

Heymann / Emmerich, § 131, Rdnr. 6.

81

Insoweit ist zwischen der Auflösung und der Beendigung der Gesellschaft zu unterscheiden, vgl. hierzu Heymann / Emmerich, § 131, Rdnr. 1, 2; Hueck, OHG, § 23 I. 82

Hueck, OHG, § 23 I; für die BGB-Gesellschaft folgt dies ausdrücklich aus § 730 Abs. 2 S. 1 BGB. 83

BGHZ 52, 316, 319; Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 205; Stahl, S. 141.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

95

BGB). Insoweit ist aber der Beschluß zur Auflösung der Gesellschaft gerade nicht auf den Beginn, sondern auf die Einstellung des Geschäftsbetriebes gerichtet. 84 Damit scheidet eine Genehmigungspflicht für den Auflösungsbeschluß unter Beteiligung eines Minderjährigen nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unter dem Aspekt einer Zweckänderung aus.85

cc) Fortsetzungsbeschluß

nach Auflösung einer Gesellschaft

Durch die Auflösung wird die Gesellschaft unter Änderung ihres Zweckes in eine Abwicklungsgesellschaft verwandelt. Diese Abwicklungsgesellschaft können die Gesellschafter grundsätzlich 86 jederzeit im Wege der Änderung des Gesellschaftsvertrages wieder in eine werbende Gesellschaft zurückführen. 87 Ein nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtiger Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts könnte somit dann vorliegen, wenn die Abwicklungsgesellschaft infolge eines Fortsetzungsbeschlusses der Gesellschafter wieder in eine Erwerbsgesellschaft umgewandelt werden soll. 88 Vereinbaren die Gesellschafter einer durch den Tod eines Gesellschafters aufgelösten oder sich in der Liquidation befindlichen Gesellschaft den Geschäftsbetrieb wieder aufzunehmen, so überschreitet das den Zweck der Abwicklungsgesellschaft, da der mit der Auflösung der Gesellschaft zunächst aufgegebene Erwerbszweck wieder aufgenommen und damit die Verpflichtung zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts wieder neu begründet wird. Obgleich diese Änderung des Gesellschaftszweckes den Gesellschaftsvertrag insoweit rechtlich und wirtschaftlich wesentlich auf eine neue Grundlage stellt, handelt es sich entgegen der Ansicht des Reichsgerichts 89 nicht um eine Neubegründung einer

84

So zutreffend Stahl S. 141.

85

Wie hier BGHZ 52, 316, 319; Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 36; § 131, Rdnr. 7; Heymann/Horn, § 161, Rdnr. 35; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 205, in Anlehnung an BGHZ 52, 316, 319; Staub /Ulmer, § 131, Rdnr. 31; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 14; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 20; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 15. 86 Vgl. zu den Grenzen eines zulässigen Fortsetzungsbeschlusses Heymann / Emmerich, § 131, Rdnr. 34. 87

Hueck, OHG, § 23 V 1.

88

Vgl. Heymann / Emmerich, § 131, Rdnr. 33: „Ein Fortsetzungsbeschluß ist nur so lange möglich, wie die Gesellschaft noch nicht beendet ist. Nach Beendigung der Gesellschaft kommt nur der Abschluß eines neuen Gesellschaftsvertrages in Betracht." 89 RG JW 1935, 3154; vgl. auch die Entscheidung des RG, RGZ 127, 153, 157 zum Fortsetzungsbeschluß.

96

Β. Hauptteil

Gesellschaft, sondern vielmehr um einen bloßen Änderungsvertrag, da auch in diesem Fall die Identität der Gesellschaft erhalten bleibt. 90 Insoweit wird die Genehmigungsbedürftigkeit dieser Vertragsänderung mit dem Argument abgelehnt, daß das Vormundschaftsgericht die Beteiligung des Minderjährigen bereits früher, bei dessen Eintritt in die Gesellschaft genehmigt habe und eine erneute Genehmigung daher, ebenso wie bei sonstigen Vertragsänderungen mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit entbehrlich sei.91 Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Vielmehr führt der Fortsetzungsbeschluß für die Gesellschafter der Liquidationsgesellschaft stets zu einer erneuten Inbetriebnahme eines Erwerbsgeschäfts, da sie ihre zwischenzeitlich aufgegebene Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen und damit erneut Betreiber eines Unternehmens werden. Die Fortsetzung einer schon aufgelösten Gesellschaft vollzieht sich insoweit durch die erneute Eingehung eines Gesellschaftsvertrages „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts, auch wenn dieser inhaltlich mit dem bisherigen Gesellschaftsvertrag im wesentlichen übereinstimmt. 92 Insofern bedarf der Fortsetzungsbeschluß bei Beteiligung eines Minderjährigen nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.93 Die Genehmigungsbedürftigkeit dieser Zweckänderung widerlegt gleichzeitig die Auffassung des Bundesgerichtshofs, nach der nur die erstmalige Aufnahme der Erwerbstätigkeit der Genehmigungspflicht unterliegen soll, da auch dieser Vorgang nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungsbedürftig ist, obwohl es sich hierbei nicht um die erstmalige Aufnahme, sondern vielmehr um die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit handelt.

90

Vgl. Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 10.

91

Staub / Ulmer, § 131, Rdnr. 161; Hueck, § 23 V 1, Fn. 42; dagegen soll nach dieser Auffassung der Fortsetzungsbeschluß dann genehmigungsbedürftig sein, wenn der Mindeijährige erst im Zuge der Gesellschaftsauflösung durch Erbfall Gesellschafter wurde und das Vormundschaftsgericht insoweit seine Beteiligung noch nicht genehmigt hatte, sowie zur Neugründung nach Vollbeendigung der Gesellschaft. 92 93

So zutreffend Beitzke, JR 1963, S. 182, 183.

Str., wie hier: Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 21 ; Baumbach / Duden / Hopt, §131, Anm. 1 C; Wiedemann , S. 249; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 10; Nagel, S. 132; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 180, Ruppel, S. 102; Beitzke, JR 1963, S. 182; a.A. wohl Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 36; Staub/Ulmer, § 131, Rdnr. 161; Hueck, OHG, § 23 V 1, Fn. 42.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

97

d) Sonderfall: Änderung der Gesellschaftsform aa) Umwandlung einer Kapitalgesellschaft

in eine Personengesellschaft

Fraglich ist, ob ein Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auch vorliegt, wenn eine Kapitalgesellschaft, an der ein Minderjähriger beteiligt ist, in eine Personengesellschaft umgewandelt wird. Insofern soll zunächst die Genehmigungspflicht für die Gründung einer Kapitalgesellschaft untersucht werden.

(1) Errichtung einer Kapitalgesellschaft

Sofern eine Kapitalgesellschaft ein Erwerbsgeschäft betreibt, ist es weitgehend umstritten, ob ihre Errichtung unter Beteiligung eines Minderjährigen nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB einen Gesellschaftsvertrag darstellt, der „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird. Aus § 2 GmbHG sowie § 2 AktG geht hervor, daß auch die Gründung einer GmbH sowie einer Aktiengesellschaft auf einen Gesellschaftsvertrag zurückgeht. Fraglich ist jedoch, ob dieser „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts abgeschlossen wird. Während es bei der Personengesellschaft entscheidend auf die Persönlichkeit der einzelnen Gesellschafter ankommt, denen die Unternehmensführung grundsätzlich selbst obliegt, ist bei der Kapitalgesellschaft die Kapitalbeteiligung ausschlaggebend, nach der sich der Umfang der Mitgliedschaftsrechte bemißt. Als juristische Person ist eine Kapitalgesellschaft aufgrund ihrer Rechtsfähigkeit selbst Träger von Rechten und Pflichten und tritt daher im Gegensatz zur Personengesellschaft selbst als Unternehmer auf. Daher wird argumentiert, der Gesellschaftsvertrag werde nicht „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts, sondern zu einer einmaligen Kapitalanlage ohne Unternehmerrisiko eingegangen, da nicht die Vertragsschließenden einschließlich des Mindeijährigen, sondern die zu gründende Kapitalgesellschaft das Erwerbsgeschäft betreibe. 94 Das erscheint auf den ersten Blick folgerichtig. Die Kapitalgesellschaft ist eine rechtsfähige, durch Organe handelnde Gesellschaft, bei der den Gläubigern gem. § 13 Abs. 2 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 1 AktG nur das Vermögen der Gesellschaft haftet. So sind die Gesellschafter einer GmbH selbst lediglich durch einen Geschäftsanteil an diesem Vermögen beteiligt, übernehmen aber durch die Beteiligung keine persönliche

94

So Winkler,

7 Hilsmann

ZGR 1973, S. 177, 181 / 182; Zelz, GmbHRdsch 1959, S. 91, 92.

98

Β. Hauptteil

Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Insofern dient diese Gesellschaftsform vor allem dazu, eine persönliche Haftung der Gesellschafter auszuschließen und das Geschäftsrisiko auf ein Vermögen zu reduzieren, das der Gesellschaft in Form eines Stammkapitals zur Verfügung gestellt wird. Da auch Fremdorganschaft möglich ist, können die Geschäftsführung und Vertretung auch Dritten, also auch angestellten Personen überlassen werden, so daß die persönliche Tätigkeit der Gesellschafter im Gegensatz zur Personengesellschaft nicht wesennotwendig ist. Auch im Fall der Aktiengesellschaft haftet den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach § 1 Abs. S. 1 AktG nur das Gesellschaftsvermögen, während eine Haftung der Aktionäre mit ihrem Vermögen ausgeschlossen ist. Ebenso wie bei der GmbH obliegen die Geschäftsführung und die Vertretung der Aktiengesellschaft dem Vorstand als eigenständigem Organ (vgl. §§ 77, 78, 82 AktG). Während die GmbH jedoch als Organisationsform für kleinere Unternehmen konzipiert wurde, ist die Aktiengesellschaft hingegen als Kapitalsammelfunktion und Organisationsform für größere Unternehmen gedacht. Aufgrund der völligen Trennung des Gesellschaftsvermögens von dem der Gesellschafter und der Selbständigkeit der juristischen Person in ihrer Teilnahme am Rechtsverkehr sowie der Tatsache, daß die Gesellschafter in beiden Gesellschaftsformen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur mittelbare Risikoträger sind, weisen die Aktiengesellschaft und die GmbH aber weitgehende Parallelen auf, so daß ein Grund für die Differenzierung zwischen beiden Gesellschaftsformen nicht ersichtlich ist. 95 Das könnte dafür sprechen, daß die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft lediglich eine Kapitalbeteiligung ohne eigentliches Unternehmensrisiko übernehmen, und infolgedessen eine Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 2. Alt. BGB für den Abschluß des Gründungsvertrages unter Beteiligung eines Minderjährigen abzulehnen ist. Diese Auffassung läßt aber das Gründungsstadium einer Kapitalgesellschaft völlig außer acht, indem sie übersieht, daß diese erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht. Dies ergibt sich für die GmbH aus § 11 Abs. 1 GmbHG, für die Aktiengesellschaft aus § 41 Abs. 1 S. 1 AktG. Mit Abschluß des Gesellschaftsvertrages bis zum Zeitpunkt der Eintragung entsteht vielmehr zunächst eine sogenannte Vorgesellschaft. Diese Gründungsgesellschaft nimmt aber häufig ihren Geschäftsbetrieb bereits auf, bevor die eigentliche juristische Person in das Handelsregister eingetragen wird. 96 Hier-

95 96

Vgl. Stahl S. 190, 191.

Vgl. Stahl S. 153: „Die wirtschaftliche Betätigung durch die Vorgesellschaft wird praktisch die Regel sein".

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

99

aus erwächst nach § 11 Abs. 2 GmbHG eine sog. Handelndenhaftung. Diese Haftung setzt voraus, daß ein Beteiligter „im Namen der Gesellschaft", also für die GmbH gehandelt hat. Nach Ansicht des BGH 9 7 soll der Handelndenbegriff nicht ausschließlich auf die Organe der Vorgesellschaft beschränkt werden, sondern auch eine Haftung der Gründer nach § 11 Abs. 2 GmbHG möglich sein, wenn sie selbst die Mitverantwortung für das Geschäft dadurch übernommen haben, daß sie wie ein Geschäftsführer im Namen der GmbH vor deren Eintragung tätig gewesen sind. Hingegen begründet das allgemeine Einverständnis eines Gründungsgesellschafters mit der Eröffnung des Geschäftsbetriebes vor der Eintragung noch kein Handeln i.S.d. § 11 Abs. 2 GmbHG; vielmehr ist ein aktives Handeln erforderlich. Ist hiernach eine Haftung aus § 11 Abs. 2 GmbHG gegeben, so „haften die Handelnden persönlich und solidarisch" für die aus diesen Geschäften resultierenden Verbindlichkeiten. Wie sich weiterhin aus § 13 Abs. 2 GmbHG ergibt, tritt auch eine Beschränkung des Gläubigerzugriffs auf das Gesellschaftsvermögen erst mit der Eintragung in das Handelsregister ein, so daß die Gründungsgesellschafter während dieser Zeit in Höhe ihrer Einlage zunächst noch persönlich haften. Eine solche Parallele im Bereich der Gründerhaftung bei Aufnahme des Geschäftsbetriebes vor Eintragung in das Handelsregister findet sich auch bei der Aktiengesellschaft. Gem. § 41 Abs. 1 S. 2 AktG haften für die in diesem Zeitraum abgeschlossenen Rechtsgeschäfte ebenfalls die Handelnden persönlich. Darüber hinaus eröffnet § 46 AktG auch für den nicht vor Eintragung Handelnden und somit nicht nach § 41 AktG haftenden Gründer die Möglichkeit einer weitreichenden Haftung für die Aufbringung des Grundkapitals. Hieraus aber folgt nunmehr, daß die Gründungsgesellschafter bis zur Eintragung der Kapitalgesellschaft grundsätzlich als Betreiber eines Erwerbsgeschäfts anzusehen sind. Diese Situation ändert sich grundsätzlich erst nach Vollzug der Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister, da nach § 13 Abs. 2 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 2 AktG in diesem Zeitpunkt die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen wirksam wird und gleichzeitig die Gründerhaftung erlischt. Somit endet das unternehmerische Engagement der Gesellschafter erst im Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister. In beiden Fällen tritt die juristische Person daher nicht bereits mit Abschluß des entsprechenden Gesellschaftsvertrages, sondern erst später, d.h. nach Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister, als Betreiber des Erwerbsgeschäfts auf. Infolgedessen ist es gerechtfertigt, die Beteiligung an der Gründung einer Kapitagesellschaft bis zur

97

*

BGHZ 47, 24, 28; BGH NJW 1978, 1978, 1979.

Β. Hauptteil

100

deren Eintragung als eine über die bloße Vermögensanlage hinausgehende unternehmerische Tätigkeit und die Gründer für diesen Zeitraum als Unternehmer und damit als Betreiber des Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB anzusehen.98 Das Beteiligungsrisiko setzt sich bei den Gesellschaftern einer GmbH sogar noch über diesen Zeitraum hinweg fort. Ihnen obliegt auch nach Eintragung der Gesellschaft eine Kapitalaufbringungs- und Erhaltungspflicht, die durch die Durchgriffshaftung, die Ausfallhaftung (§ 24 GmbHG), die Differenzhaftung (§§ 9, 9a GmbHG) sowie die Nachschußpflicht (§ 26 GmbHG) abgesichert ist. Durch diese Haftung über die Einlageverpflichtung hinaus wird das Prinzip der beschränkten Haftung durchbrochen. 99 Somit birgt die Beteiligung an einer GmbH neben der persönlichen Haftung aus der Tätigkeit der Vorgesellschaft zusätzliche u.U. weitreichende Haftungsrisiken, so daß auch insoweit eine Genehmigungspflicht dieser Gesellschaftsform im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des beteiligten Minderjährigen zu fordern ist. Daher stellt die Gründung einer GmbH oder Aktiengesellschaft, die zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts errichtet werden soll, bei Beteiligung eines Minderjährigen einen nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtigen Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts dar. Zu Recht weist Holzhauer 100 daher darauf hin, daß die Gegenmeinung101 den Mindeijährigenschutz in einer vom Wortlaut der Vorschrift nicht gebotenen Weise einschränke und ferner die besondere Haftung des Gründungsmitgliedes einer Kapitalgesellschaft nicht berücksichtige.

(2) Umwandlung in eine Personengesellschaft

Vereinbaren die Gesellschafter nunmehr, die Kapitalgesellschaft in eine Gesamthandsgemeinschaft umzuwandeln, so führt das für den minderjährigen Ge-

98

So zutreffend Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 23; M K / Schwab. § 1822, Rdnr. 25, jeweils mit umfassenden Nachweisen zum Streitstand; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 14; Dölle, § 128 II 2 c; Wiedemann , S. 252; sowie für die GmbH: Gernhuber, § 52 V 6; Müller, JR 1961, S. 326; 327; Staudinger / Engler, § 1821, 1822, Anm. 80. 99 100 101

BGH NJW 1963, 766. Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 14.

Für die GmbH u.a.: Winkler, ZGR 1973, S. 177, 182; Klamroth, BB 1975, S. 528; Zelz, GmbHRdsch 1959, S. 91, 92. Für die AG u.a.: Winkler, ZGR 1973, S. 177, 182; Staudinger / Engler, §§ 1821, 1822, Anm. 81; weiter Nachweise zur Gegenmeinung bei Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 23.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

101

seilschafter nicht zur erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Erwerbsgesellschaft. Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, diese „Vertragsänderung" bereits nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB der Genehmigungspflicht zu unterstellen. Da nach Eintragung der Gesellschaft lediglich die juristische Person als Betreiber des Erwerbsgeschäfts anzusehen ist, führt die Änderung der Gesellschaftsform zur Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit und darüber hinaus erstmals zu einer gesamthänderischen Beteiligung an der gegründeten Personengesellschaft. Insbesondere wenn der Minderjährige im Ausnahmefall die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einnimmt, erhöht sich durch die neue Rechtsstellung aufgrund der mit der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und solcher an einer Personengesellschaft verbundenen unterschiedlichen Haftungsrisiken das unternehmerische Risiko gegenüber der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft erheblich. Insoweit handelt es sich aber nicht lediglich um die Modifizierung und Fortsetzung des bisherigen unternehmerischen Risikos, sondern um die Übernahme eines völlig neuen Unternehmerrisikos. Das Genehmigungserfordernis dieser „Vertragsänderung" kann an dieser Stelle daher nicht schon deshalb entfallen, weil nur eine bereits vorhandene Beteiligung des Minderjährigen an der Kapitalgesellschaft in eine andere rechtliche Gestalt überführt wird. 1 0 2 Ausschlagggebend ist jedoch, daß es sich bei dieser Umwandlung um eine übertragende Umwandlung nach §§ 19-24 UmwG mit der Folge des Wechsels in der Gesellschaftsidentität handelt. Von der formwechselnden Umwandlung unterscheidet sie sich dadurch, daß die Personengesellschaft kraft Umwandlung neu errichtet wird und das Vermögen der Kapitalgesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Ausschluß der Abwicklung auf sie übergeht. 103 Die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft ist daher rechtlich als völlige Neugründung einer Personengesellschaft zu behandeln. Die zur Änderung der Gesellschaftsform nach §§ 17, 20, 21, 24 UmwG notwendigen Zustimmungserklärungen der beteiligten Gesellschafter stellen sich insofern nicht lediglich als „Satzungsänderung", sondern tatsächlich als Abschluß eines neuen Gesellschaftsvertrages „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB dar. 104 Das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Geneh-

102

So für die GmbH KG JW 1937, 2981.

103

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 54; Baumbach / Duden / Hopt, Einl. v. § 105, Anm. 4 D.

104

Biddermann, Rdnr. 54.

S. 73, 74; Müller, JR 1961, S. 326, 329; Stahl, S. 86; Staub / Ulmer, § 105,

102

Β. Hauptteil

migung ergibt sich damit bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB. 1 0 5 ' 1 0 6

bb) Umwandlung einer stillen Gesellschaft

in eine OHG oder KG

Zu überlegen ist hingegen, ob nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB ein genehmigungspflichtiger Gesellschaftsvertrag dann abgeschlossen wird, wenn der bislang nur an einer stillen Gesellschaft beteiligte Minderjährige durch die Umwandlung der stillen Gesellschaft in eine OHG oder KG Kommanditist oder persönlich haftender Gesellschafter einer KG oder OHG Gesellschafter wird. Einige Stimmen in der Rechtslehre vertreten die Auffassung, daß die sich aus einem Formwechsel der Gesellschaft ergebende Beteiligungsumwandlung des Minderjährigen nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtig sei. 107 Zur Begründung berufen sie sich darauf, daß der Gesellschaftvertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft kein Vertrag sei, der „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts eingegangen werde und deshalb zunächst genehmigungsfrei sei, so daß durch die Vertragsänderung erstmals ein solcher Vertrag geschlossen werde. Insofern muß zunächst die noch immer streitige Frage erörtert werden, ob bereits der Gesellschaftsvertrag über die Beteiligung des Minderjährigen an einer stillen Gesellschaft vom Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erfaßt wird.

(1) Errichtung einer stillen Gesellschaft

Das HGB gibt im Gegensatz zu den §§ 105, 161 HGB, in denen sich die Legaldefinitionen für die offene Handelsgesellschaft sowie die Kommanditgesellschaft finden, keine ausdrückliche Definition der stillen Gesellschaft. Die Begriffsmerkmale der stillen Gesellschaft lassen sich jedoch indirekt aus den § 705 BGB sowie den §§ 230, 231 HGB ableiten. Hiernach kann die stille Gesellschaft als eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts definiert werden,

105

So auch Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 25.

106

Dies gilt im Ergebnis wegen des Erfordernisses einer identitätsändernden übertragenden Umwandlung entsprechend auch für die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, die sich durch Auflösung der Personengesellschaft unter gleichzeitiger Errichtung der Kapitalgesellschaft vollzieht. 107

Nagel, S. 131, 132; Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 200.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

103

bei der ein Gesellschafter ein Handelsgewerbe betreibt und nur dieser Gesellschafter, der „Geschäftsinhaber", nach außen in Erscheinung tritt, während ein oder mehrere andere stille Gesellschafter an diesem Handelsgeschäft, gegen Beteiligung mindestens am Gewinn mit einer Vermögenseinlage beteiligt sind, die in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht. Der stille Gesellschafter muß hierbei zwingend am Gewinn des Handelsgeschäfts beteiligt sein (§ 231 Abs. 2 2.HS.), während seine Beteiligung am Verlust hingegen ausgeschlossen werden kann. Diese Form der stillen Gesellschaft wird auch als typische Gesellschaft bezeichnet.108 Hiervon abzugrenzen ist die sog. atypische Gesellschaft. Diese liegt zum einen vor, wenn im Verhältnis der Parteien untereinander das gesamte Geschäftsvermögen, also auch das vor der Einlage des Stillen vorhanden gewesene, obligatorisch als gemeinsames Vermögen behandelt wird. In diesem Fall ist der stille Gesellschafter bei der Auseinandersetzung so zu stellen, als wäre er am ganzen Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch beteiligt. Ferner spricht man von einer atypischen stillen Gesellschaft, wenn dem Stillen Befugnisse in der Geschäftsführung zugestanden werden, die über seine Kontrollrechte i.S.d. § 233 HGB hinausgehen.109 Für die Frage nach der Genehmigungspflicht eines Gesellschaftsvertrages 110 zur Errichtung einer stillen Gesellschaft ist nunmehr zu unterscheiden, ob der Minderjährige als Stiller eintritt oder als Geschäftsinhaber einen Stillen aufnimmt.

(a) Der Minderjährige

als stiller Gesellschafter

111

Z.T. wird die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB stets für erforderlich gehalten, ohne Rücksicht darauf, ob der Min-

108

Staub /Tun, § 230, Rdnr. 6, 16.

109

Staub/Zun,

§ 230, Rdnr. 31.

110

Die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft ist ein Gesellschaftsvertrag i.S.d. § 705 BGB, vgl. nur Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 24; Paulick / Blaurock, § 10 I 1; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 16. 111 Zur Errichtung einer stillen Gesellschaft unter Beteiligung eines mindeijährigen Stillen kann es auch dadurch kommen, daß die Personengesellschaft den Mindeijährigen als Stillen aufnimmt. Ob dieser Vorgang für die vorhandenen Gesellschafter eine Änderung des Gesellschaftsvertrages darstellt, hängt von der Rechtsstellung des Mindeijährigen als typischer oder atypischer stiller Gesellschafter ab, vgl. zu dieser Problematik o. § 6 II 1.

104

Β. Hauptteil

derjährige Geschäftsinhaber oder stiller Gesellschafter ist, und ob es sich um eine typische oder atypische stille Gesellschaft handelt. 112 Andere lehnen die Genehmigungspflicht einer stillen Beteiligung des Minderjährigen nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB mit der Begründung ab, daß der stille Gesellschafter nie Inhaber des Erwerbsgeschäfts sein könne und daher nicht aus den im Betrieb geschlossenen Geschäften selbst verpflichtet werde. Dies gelte unabhängig davon, ob eine typische oder eine atypische stille Gesellschaft vereinbart werde. 113 Nach überwiegender Meinung hängt die Genehmigungsbedürftigkeit jedoch von der jeweiligen Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages im Einzelfall ab. 114 Hiernach wird wie folgt differenziert: Die Beteiligung des Minderjährigen als stiller Gesellschafter an einer typischen stillen Gesellschaft sei nicht nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungsbedürftig, da der typische stille Gesellschafter kein Erwerbsgeschäft „betreibe", sondern nur der andere i.S.d. § 230 HGB, also der Inhaber des Handelsgeschäft, in dessen Vermögen die Einlage des Stillen übergehe. Vielmehr habe er nur eine einmalige Kapitaleinlage zu leisten, ohne darüber hinaus am Verlust des Betriebes beteiligt zu sein und ohne auf die Betriebsführung Einfluß zu haben.115 Hingegen wird die Genehmigungspflicht für den Fall bejaht, daß der Minderjährige am Verlust beteiligt ist. 116 Das Genehmigungserfordernis nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB wird darüber hinaus auch für die Beteiligung an einer atypischen stillen Gesellschaft angenommen, da die Beziehungen des minderjährigen Stillen zum Erwerbsgeschäft aufgrund der schuldrechtlichen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, der möglichen Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen sowie der Verlustbeteiligung so eng gestaltet sind, daß diese Beteiligung auf der Seite des stillen Gesellschafters einen „Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB darstelle. 117 Der Bundesgerichts-

112 Soergel /Damrau, § 1822, Rdnr. 24; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 26; Staub /Zun, Rdnr. 65; Koenigs, S. 82; Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127; Hartmann, S. 34.

§ 230,

113

Gernhuber, § 52 V 6; Fischer, JR 1962, S. 201, 202; Nagel, S. 72 / 73; Rosenau, BB 1965, S. 1393; Rasner, S. 92 (für die typische Gesellschaft). 114

Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 85.

115

Paulick / Blaurock, § 10 II 1 b; Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2184; Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 85; Böttcher / Zartmann / Faut, S. 62; Dölle, § 128112 c; Staudinger / Engler, § 182, 1822, Anm. 79; Biddermann, S. 32. 116 Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2183; Paulick / Blaurock, § 10 II 1 b; Biddermann, S. 36; Gastmann, StBp 1969, S. 255, 256. 117

Rasner, S. 93; Schlegelberger / Schmidt, § 230, Rdnr. 92; Paulick / Blaurock, § 10 II 1 b; Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2183 (allerdings nicht für die atypische Gesellschaft ohne Verlustbeteiligung des mindeijährigen Stillen, S. 2184); Böttcher / Zartmann / Faut, S. 134; Staudinger / Eng-

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

105

hof 1 1 8 hat eine Genehmigungspflicht gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB ebenfalls für die Fälle verneint, in denen den Minderjährigen als stillen Gesellschafter keine Verlustbeteiligung, keine weitere Einlagenverpflichtung und keine Mitwirkung an der Geschäftsführung trifft. Trotz der Vielgestaltigkeit der stillen Gesellschaft soll die Genehmigungsbedürftigkeit vom Einzelfall abhängig gemacht werden dürfen, da die hierzu entwickelten Kriterien in ihrer Anwendung hinreichend klar und sicher seien.119 Da die stille Gesellschaft als Gesellschaftsverhältnis i.S.d. § 705 BGB anzusehen ist, müssen sich die Beteiligten durch den Gesellschaftsvertrag zur Förderung eines gemeinsamen Zweckes verpflichten. Umstritten, aber an dieser Stelle für die Frage der Genehmigungspflicht entscheidend ist, ob dieser Gesellschaftszweck im Betrieb eines Erwerbsgeschäfts oder lediglich in der Absicht der Gewinnerzielung erblickt werden kann. 120 Nach dem Gesetzeswortlaut des § 230 HGB ist der stille Gesellschafter „an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, ... beteiligt". Das Gesetz sieht also zunächst ausdrücklich vor, daß nur der Geschäftsinhaber das Handelsgewerbe „betreibt", während der stille Gesellschafter nur mit einer Vermögenseinlage „beteiligt" ist. Insoweit ist zuzugeben, daß der stille Gesellschafter anders als der Kommanditist weder an dem Unternehmen des Geschäftsinhabers, noch sonst an dessen Vermögen gesamthänderisch beteiligt ist. Es wird daher sowohl von der Bildung eines gemeinsamen Gesellschaftsvermögens abgesehen, als auch von der Bildung einer gemeinsamen Firma. Der stille Gesellschafter haftet nicht unmittelbar persönlich und kann somit niemals aus den im Betrieb geschlossenen Geschäften selbst verpflichtet werden. Versteht man daher unter dem „Betrieb" oder dem betreiben eines Erwerbsgeschäfts" im engen handelsrechtlichen Sinn immer nur den Betrieb durch den Inhaber selbst, so betreibt lediglich derjenige das Erwerbsgeschäft, der selbst aus den Geschäften berechtigt und verpflichtet wird, der es im eigenen Namen führt oder in dessen Namen es geführt wird und der so die Verantwortung nach außen übernimmt. 121 Fordert man in diesem Sinne gemeinsames Betreiben durch die Gesellschafter, dann wird kein Gesellschaftsver-

ler, §§ 1821, 1822, Anm. 79; Biddermann, S. 41, 44; Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 85. 118

BGH FamRZ 1957, 121.

119

Erman/Holzhauer,

§ 1822, Rdnr. 16; Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2184.

120

Paulick / Blaurock, § 10 I 1; Nagel, S. 73. Da der stille Gesellschafter das Erwerbsgeschäft nicht als Inhaber betreiben könne, sei es auch nicht möglich, den gemeinsamen Zweck in dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts zu sehen. 121

S. 73.

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 25; Düringer / Hachenburg / Flechtheim, § 105, Anm. 6; Nagel,

106

Β. Hauptteil

trag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts abgeschlossen, da das Unternehmen allein von dem Geschäftsinhaber „betrieben" wird. Insoweit ist der Betrieb des Erwerbsgeschäfts nur als Beitrag des Geschäftsinhabers und Mittel zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes der Gewinnerzielung anzusehen.122 Richtiger erscheint es jedoch, den gemeinsamen Zweck der Gesellschafter einer stillen Gesellschaft im Betrieb eines Handelsgeschäfts durch dessen Inhaber auf gemeinsame Rechnung zu sehen.123 Gegen die Übernahme des handelsrechtlichen Begriffs des „Betreibens" eines Geschäfts in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bestehen Bedenken. Der in § 1 Abs. 1 HGB enthaltene handelsrechtliche Begriff des „Betreibens" läßt sich nicht ohne weiteres auf den bürgerlichrechtlichen Begriff des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB übertragen. Dies zeigt der unterschiedliche Umfang der Formulierungen in § 1 Abs. 1 HGB einerseits und § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB andererseits. Während der Begriff des Betreibens" in § 1 Abs. 1 HGB speziell auf das „Handelsgewerbe" zugeschnitten ist („..., der ein Handelsgewerbe betreibt"), bezieht sich der Begriff des Betreibens" in der Genehmigungsvorschrift des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf das „Erwerbsgeschäft". Hierbei geht der Begriff eines „Erwerbsgeschäfts" jedoch weiter der eines „Handelsgeschäfts" i.S.d. §§ 1-3 HGB. Anders als im Handelsrecht werden von dem bürgerlich-rechtlichen Begriff des „Erwerbsgeschäfts" auch wissenschaftliche, künstlerische oder landwirtschaftliche Tätigkeiten erfaßt. 124 Das Merkmal des „Betreibens eines Erwerbsgeschäfts" ist somit weiter aufzufassen als der handelsrechtliche Begriff des Betreibens eines Handelsgewerbes", da auch ein solches Geschäft erfaßt wird, das nicht Handelsgeschäft ist. 125 Da sich ein „Erwerbsgeschäft" daher nicht unbedingt mit einem „Handelsgewerbe" befaßt, paßt auch der hierfür entwickelte Begriff des Betreibens nicht. 126 Der Begriff des Betreibens eines Erwerbsgeschäfts" i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB kann deshalb nicht mit dem handelsrechtlichen Begriff gleichgesetzt werden. Ebenso wie der Begriff des „Erwerbsgeschäfts"

122

Paulick/Blaurock,

123

So Koenigs, S. 82; ihm folgend Stahl, S. 92.

124

Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 7.

§ 10 II 1 a; Nagel, S. 73.

125

Dies gibt auch Nagel, S. 73 zu. Soweit jedoch der Begriff des „Betreibens" für die Interpretation des § 1822 Nr. 3 BGB bezüglich des Abschlusses eines Gesellschaftsvertrages durch einen mindeijährigen stillen Gesellschafter von Bedeutung sei, bestehe zwischen dem handelsrechtliche und dem bürgerlich-rechtlichen Begriff kein Unterschied, da auch das BGB unter dem ,3etrieb" eines Erwerbsgeschäfts nur den Betrieb durch den Inhaber selbst verstehe, wie sich aus §§ 112, 1645, 1823 BGB deutlich ergebe. 126

So Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2182.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

107

weiter auszulegen ist, als der eines „Handelsgeschäfts", ist auch der in dieser Vorschrift enthaltene Begriff des Betreibens" extensiver zu interpretieren als ausschließlich die nach außen wirksame Tätigkeit i.S.d. handelsrechtlichen Begriffs. Zum Betrieb im weiteren Sinne zählen auch die innerbetriebliche Unternehmensführung sowie gesellschaftsinterne Beschlüsse, an der auch derjenige teilnimmt, der nicht nach außen die Verantwortung übernimmt. Gegen die Übernahme des handelsrechtlichen Begriffs hat sich daher in diesem Sinne zu Recht ein Teil der Literatur ausgesprochen.127 Da somit die Formulierung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB deutlich zeigt, daß der bürgerlich-rechtliche Begriff des Betreibens eines Erwerbsgeschäfts" i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB mit dem handelsrechtlichen Begriff des „Betreibens eines Handelsgewerbes" nicht identisch ist, muß wirtschaftlich auch derjenige als Mitbetreiber gelten, der neben anderen das unternehmerische Risiko des Erwerbsgeschäfts mitträgt, und sei es nur im Innenverhältnis infolge einer Verlustbeteiligung oder einer sonstigen Einstandspflicht. 128 Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs 129 zur Genehmigungsbedürftigkeit einer Kommanditbeteiligung hat gezeigt, daß der Begriff des „Betreibens" i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB von seiner engen handelsrechtlichen Bedeutung zu lösen ist. Insoweit fragt es sich, ob man den stillen Gesellschafter eher einem Darlehensgeber oder einem Kommanditisten gleichstellen kann. Anhaltspunkte hierfür hat bereits der Bundesgerichtshof 130 gegeben. Nach seiner Ansicht muß geprüft werden, ob der Minderjährige nur eine einmalige Kapitaleinlage leiste, ohne am Risiko oder Verlust des Betriebs beteiligt zu sein, oder ob seine Beziehungen zum Unternehmen so eng gestaltet seien, daß er am Geschäftsbetrieb ebenfalls beteiligt sei. Dies ist bei dem stillen Gesellschafter einer atypischen stillen Gesellschaft gegeben, dessen Rechtsstellung der eines Kommanditisten angeglichen ist und der in vergleichbarer Weise durch die Beteiligung wirtschaftlich gefährdet wird. Sofern er obligatorisch am Vermögen des Geschäftsinhabers beteiligt ist, droht ihm bei verlustbringender Unternehmensführung nicht nur der Verlust seiner Einlage, sondern darüber hinaus auch eine Verringerung des schuldrechtlichen Auseinandersetzungsanspruches. Darüber hinaus wird er auch steuerrechtlich als Mitunternehmer bezeichnet, da er wirtschaftlich

127

Knopp, NJW 1962, 2181, 2182; Stahl, S. 215; Rasner, S. 90.

12e

Knopp, NJW 1962, 2181, 2182; Stahl, S. 215.

129

BGHZ 17, 160 ff.

130

BGH FamRZ 1957, 121 ff.

108

Β. Hauptteil

in seinen Rechten einem OHG-Gesellschafter gleichsteht.131 Der mit Geschäftsführungsbefugnissen ausgestattete atypische stille Gesellschafter übt über § 233 HGB hinaus maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsführung des Geschäftsinhabers aus. Insbesondere bei gemeinsamer Geschäftsführung hat auch der stille Gesellschafter seine Arbeitskraft voll einzusetzen und alle Gewinnchancen wahrzunehmen 132 und wird neben dem Geschäftsinhaber aktiv unternehmerisch tätig. Insofern trägt der atypische stille Gesellschafter gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber das Unternehmerrisiko, kann Unternehmerinitiative entfalten und ist wirtschaftlich als Mitunternehmer anzusehen. Problematischer ist der Fall der typischen stillen Gesellschaft. Hier hat der Stille grundsätzlich nur eine einmalige Kapitaleinlage zu leisten, ohne darüber hinaus auf die Betriebsführung Einfluß zu nehmen. Seine Einkünfte werden im Gegensatz zu den Einkünften des atypischen Stillen, die gewerbliche Einkünfte darstellen, nur als Kapitaleinkünfte behandelt.133 Insofern liegt tatsächlich die Annahme nahe, daß der Minderjährige nicht am unternehmerischen Risiko des Betriebes beteiligt ist. Unstreitig ist hierbei, daß der Minderjährige, sofern er am Betriebsverlust beteiligt ist, insoweit auch das unternehmerische Risiko mitträgt. Die ihm drohenden Nachteile können dabei u.U. auch über seinen Kapitalanteil hinausgehen und schließlich im völligen Verlust seiner Einlage gipfeln. Diese Situation kann nicht nur im Konkurs des Geschäftsinhabers eintreten, sondern auch bei nachhaltigen oder besonders hohen einmaligen Verlusten des Unternehmens. 134 Es fragt sich jedoch, ob der Genehmigungstatbestand auch dann vorliegt, wenn eine Verlustbeteiligung des Minderjährigen ausgeschlossen ist. Da der Minderjährige in diesem Fall erst bei einem völligen Ruin des Unternehmens gefährdet ist, ist diese Art der stillen Beteiligung möglicherweise jedes geschäftlichen Risikos entkleidet. Insoweit soll die Rechtslage nach der Auffassung einiger Stimmen in der Literatur der eines Darlehensgläubigers entsprechen, dessen Interessen ebenfalls erst bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bedroht seien.135 Zweifelhaft ist aber bereits, ob eine völlig gefahrlose Mitgliedschaft in einer Gesellschaft überhaupt denkbar ist. So ist ein mit der Beteiligung verbundenes unternehmerisches Risiko auch dann nicht zu verken-

131

Biddermann,

S. 41.

132

Biddermann,

S. 43.

133

Biddermann, S. 41.

134

Gastmann, StBp 1969, S. 255, 256.

135

So Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2184; Biddermann,

S. 32.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

109

nen, wenn eine Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist. Im Konkurs des Geschäftsinhabers ist die Aussicht, die Einlage zu retten, auf die Konkursquote beschränkt (§ 236 HGB). Eine verlustbringende Unternehmensführung bleibt selbst für den nicht am Verlust beteiligten Minderjährigen nachteilig, da er das investierte Vermögen anderweitig gewinnbringend hätte anlegen können. 136 Ferner sind auch bei einer Beteiligung mit Verlustausschluß Vermögensrisiken hinsichtlich der Rentabilität der Anlage, Dauer und Umfang des Geschäfts denkbar. Die Beteiligung mit Verlustausschluß ist daher nur eine von vielen Formen der stillen Gesellschaft. Stahl 137 wendet daher zu Recht ein, daß bei einem Abstellen auf den Verlustausschluß nicht die Unternehmensform, sondern im Wege der Einzelfallbetrachtung die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses über die Genehmigungsfreiheit oder Genehmigungspflicht entscheidet. Die Entscheidung über das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung kann aber, wie die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Genehmigungsbedürftigkeit der Kommanditbeteiligung gezeigt haben 138 , nicht auf den Einzelfall abgestellt werden. Obwohl auch bei der Kommanditbeteiligung durchaus Fallkonstellationen denkbar sind, die sich für den Minderjährigen weniger einschneidend auswirken, werden diese Fälle nicht von dem Genehmigungserfordernisses des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB ausgenommen. Aus diesem Grund darf auch nicht differenzierend darauf abgestellt werde, ob dem Minderjährigen die Einlage einer stillen Beteiligung ohne Verlustbeteiligung schenkweise und damit unentgeltlich zugewendet wird. 1 3 9 Der Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB differenziert gerade nicht zwischen der Entgeltlichkeit und der Unentgeltlichkeit des rechtsgeschäftlichen Mitgliedschaftserwerbs. Hierbei darf auch nicht entscheidend sein, ob der minderjährige Gesellschafter selbst aktiv Betreiber des Erwerbsgeschäfts ist. 140 Auch der Kommanditist wird überwiegend nicht aktiv unternehmerisch tätig. Dennoch besteht an der Genehmigungspflicht seiner Kommanditbeteili-

136

So zutreffend Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127.

137

Stahl, S. 93.

138

BGHZ 17, 160 ff.

139

A.A. Koenigs, S. 83: Ein solcher Erwerb der Mitgliedschaft bringe dem Mindeijährigen ausschließlich Vorteile und sei daher von der Genehmigungspflicht auszunehmen. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Abgrenzung zum „lediglich rechtlichen Vorteil" i.S.d. § 107 BGB. I.ü. ist auch die unentgeltliche Aufnahme des Mindeijährigen in eine Gesellschaft niemals lediglich rechtlich vorteilhaft, vgl. hierzu § 4 II. 140

So auch Stahl, S. 92.

Β. Hauptteil

110

gung kein Zweifel. 141 Vielmehr genügt es, daß ein anderer das Geschäft nach außen betreibt, sofern ihm nur im Innenverhältnis ein gewisses Unternehmerrisiko aufgebürdet wird. Der stille Gesellschafter vertraut dem Geschäftsinhaber mit seiner Einlage einen mehr oder weniger großen Teil seines Vermögens an. In diesem Zusammenhang ist es denkbar, daß der stille Gesellschafter das gesamte Kapital zum Betrieb des Unternehmens zur Verfügung gestellt hat, während der Geschäftsinhaber nur seine Arbeitskraft, seinen Namen und seine persönliche Haftung eingebracht hat. 142 Die Gewinnbeteiligung hängt für ihn daher allein von den unternehmerischen Kenntnissen und Fähigkeiten des Geschäftsinhabers ab. Aus diesem Grund bedarf der Geschäftsinhaber auch der Zustimmung des stillen Gesellschafters, sobald seine Entscheidungen die Grundlagen des Geschäftes und damit des Gesellschaftsvertrages betreffen, so daß er nach der Eingehung eines stillen Gesellschaftsvertrages nicht mehr frei über Fortführung, Einstellung und Veräußerung des Unternehmens entscheiden kann. 143 Insofern unterliegt die Beteiligung des Minderjährigen als stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe generell dem Genehmigungserfordernis nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB.

(b) Der Minderjährige

als Geschäftsinhaber

Zweifelhaft ist weiterhin, unter welchen Voraussetzungen ein „Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB vorliegt, wenn der Minderjährige als Geschäftsinhaber einen stillen Gesellschafter aufnimmt. 144 Während auch in diesem Fall z.T. ein generelles Genehmigungserfordernis nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB angenommen wird, ohne daß differenzierend darauf abgestellt werden könne, ob es sich um eine typische oder atypische stille Gesellschaft handele145, vertritt Fischer 146 die Ansicht,

141

Nach Koenigs, S. 83, muß daher für die Beteiligung als stiller Gesellschafter das gleiche gelten; die rechtlichen Unterschiede dieser beiden Beteiligungsformen rechtfertigten eine unterschiedliche Behandlung nicht. 142

Biddermann, S. 34.

143

Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2185.

144

Nach Nagel, S. 75 wird dieser Fall wohl nur selten vorkommen.

145

Soergel /Damrau, § 1822, Rdnr. 24; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 26; Staub /Zun, § 230, Rdnr. 65; Biddermann, S. 38, 41, 45; Hartmann, S. 34; Koenigs, S. 83; Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2185. 146 Fischer, JR 1962, S. 201, 202; ebenso für Genehmigungsfreiheit: Gernhuber, § 52 V 6; Nagel, S. 75 f.; Dölle, § 128 II 2 c.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

111

daß der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages auf Seiten des minderjährigen Geschäftsinhabers nicht auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet sei, da dieser das Geschäft in der Regel bereits vor Vertragsschluß betreibe und der Gesellschaftsvertrag daher für ihn nicht die Aufnahme des Geschäftsbetriebs zur Folge habe. Nagel begründet seine ablehnende Haltung damit, daß es nicht möglich sei, den gemeinsamen Zweck der Gesellschafter in dem Betrieb eines Erwerbsgeschäft zu sehen, da nur der Geschäftsinhaber das Erwerbsgeschäft betreiben könne, nicht jedoch der stille Gesellschafter. 147 Andere Autoren differenzieren auch hier zwischen der typischen und der atypischen stillen Gesellschaft und wollen wiederum nur die atypische stille Gesellschaft der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unterwerfen. 148 Innerhalb dieser Ansicht werden wiederum unterschiedliche Auffassungen vertreten: So könne die Beteiligung des Minderjährigen nur dann unter den Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB subsumiert werden, sofern der stille Gesellschafter Geschäftsführungsbefugnisse erhalte, da hier dem minderjährigen Geschäftsinhaber weitgehend die Herrschaft über sein Unternehmen entzogen werden könne. Eine Genehmigungspflicht scheide dagegen aus, wenn der stille Gesellschafter nur schuldrechtlich am Gesellschaftsvermögen beteiligt sei. 149 Ein Gesellschaftsvertrag über eine stille Gesellschaft ist auch dann genehmigungsbedürftig, wenn der Minderjährige als Geschäftsinhaber einen stillen Gesellschafter aufnimmt. Ebenso wie bei der Genehmigungspflicht der stillen Beteiligung des Minderjährigen kann auch hier nicht differenzierend darauf angestellt werden, ob es sich um eine typische oder atypische stille Gesellschaft handelt. Wie sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 230 HGB ergibt, „betreibt" der Geschäftsinhaber das konkrete Erwerbsgeschäft. Als Inhaber des Unternehmens trägt der Minderjährige daher immer das volle unternehmerische Risiko. Ihm obliegt durch seinen gesetzlichen Vertreter die gesamte Geschäftsführung, er wird aus den getätigten Geschäften berechtigt und verpflichtet, führt es im eigenen Namen und übernimmt so die Verantwortung. In diesem Fall ist sogar der handelsrechtliche Begriff des Betreibens" eines Erwerbsgeschäfts erfüllt. Nach der hier vertretenen Ansicht besteht zudem der gemeinsame Zweck bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages zwischen dem Geschäftsinhaber und

147

Nagel, S. 76.

148

Schlegelberger / Schmidt, § 230, Rdnr. 94; Paulick / Blaurock, § 10 II 1 a; wohl auch Staudinger/Engler, §§ 1821, 1822, Anm. 79; Rasner, S. 93. 149

Paulick / Blaurock, § 10 II 1 a; wohl auch Rasner, S. 93.

Β. Hauptteil

112

dem stillen Gesellschafter auch in dem Betrieb eines Erwerbsgeschäftes und nicht lediglich in der Absicht der Gewinnerzielung 150 , so daß der Vertragsschluß auch und gerade auf Seiten des Geschäftsinhabers auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes gerichtet und daher bei Minderjährigkeit des Geschäftsinhabers nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtig ist. Hiergegen kann auch nicht überzeugend eingewendet werden, daß der minderjährige Geschäftsinhaber u.U. das Erwerbsgeschäft zur Zeit des Vertragsschlusses bereits betreibt und der Gesellschaftsvertrag daher für ihn die Aufnahme des Geschäftsbetriebes überhaupt nicht zum Gegenstand haben könne. 151 Diese Auffassung übersieht, daß im Rahmen des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht auf den irgenwie gearteten Beginn der Erwerbstätigkeit abgestellt werden kann. Entscheidend ist vielmehr die Aufnahme des Geschäftsbetriebes in gesellschaftlicher Einbindung. Wenngleich der Minderjährige das Unternehmen bereits zuvor als Alleininhaber geführt hat, so wird doch erstmals durch den Vertragsschluß mit dem stillen Gesellschafter eine Gesellschaft gegründet, die den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts zum Gegenstand hat. Für den minderjährigen Geschäftsinhaber stellt sich dieser Vorgang insofern als erstmaliger Beginn seiner Erwerbstätigkeit in gesellschaftsrechtlicher Einbindung dar, der die Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB rechtfertigt. Dieses Ergebnis wird noch unterstützt durch Erwägungen über das Schutzbedürfnis des minderjährigen Geschäftsinhabers. Aufgrund der gesellschaftlichen Treuepflicht ist er an einer völlig freien Unternehmensführung gehindert. So ist er gehalten, die Gesellschaftsgrundlagen nicht zu beeinträchtigen sowie auf das Interesse des stillen Gesellschafters an der Gewinnerzielung Rücksicht zu nehmen. Weiterhin ist der minderjährigen Unternehmer nach der Eingehung eines stillen Gesellschaftsvertrages insoweit in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt, als daß er die Zustimmung des stillen Gesellschafters zur Stillegung oder Veräußerung sowie zu Änderungen des Unternehmens einholen muß. Hinzu kommt schließlich noch eine u.U. hohe Gewinnbeteiligung des Stillen sowie im Falle einer atypischen Gestaltung des Gesellschaftsvertrages die Möglichkeit des stillen Gesellschafters, auf die Geschäftsführung Einfluß zu nehmen.152

150

So aber Nagel, S. 76.

151

So Fischer, JR 1962, S. 201, 202.

152

Vgl. zu diesen Erwägungen eingehend Knopp, NJW 1962, S. 2181, 2185; Biddermann, S. 37.

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

113

Zusammenfassend ist es somit nicht möglich, die Beteiligung des Minderjährigen an Innengesellschaften 153 schon unter Berufung auf den Gesetzeswortlaut vom Genehmigungszwang des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB freizustellen. Wie Brüggemann in diesem Zusammenhang zutreffend feststellt, bringt auch hier das Abstellen auf den einzelnen Vertrag ein „Moment der Labilität" 154 in das Genehmigungserfordernis hinein, welches sich von der sonst geltenden Leitlinie des Bundesgerichtshofs entfernt, Genehmigungserfordernisse im Bereich des § 1822 BGB nicht an die jeweilige Besonderheit des konkreten Einzelfalls zu binden. 155 Folglich bedarf auch ein Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft zum Schutz des Minderjährigen stets der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB.

(c) Vertragsänderungen

innerhalb einer stillen Gesellschaft

Dieses Ergebnis hat weiterhin Einfluß auf die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit späterer Veränderungen der Gesellschafterstellung des Minderjährigen innerhalb der stillen Gesellschaft. Hierbei handelt es sich z.B. um die Erhöhung der Kapitaleinlage oder um die nachträgliche Übernahme einer Verlustbeteiligung, sowie um die Übertragung von Dienstleistungs- oder anderen Mitwirkungspflichten auf den Minderjährigen infolge der nachträglichen Umwandlung einer ursprünglich typischen stillen Gesellschaft in eine atypische bzw. um die Einräumung weiterer Mitverwaltungsrechte. Verneint man generell die Genehmigungsbedürftigkeit einer Beteiligung des Minderjährigen an einer stillen Gesellschaft, sei es an einer atypischen oder typischen, sei es als stiller Gesellschafter oder als Geschäftsinhaber, so führen auch derartige Vertragsänderungen

153 Hierzu zählt auch die Unterbeteiligung. Hierbei handelt es um die vertraglich begründete Mitberechtigung einer Person an einem Gesellschaftsanteil des Hauptbeteiligten. Sie unterscheidet sich von der stillen Gesellschaft dadurch, daß der Unterbeteiligte nicht am Unternehmen des Geschäftsinhabers beteiligt ist, sondern an einer Beteiligung des anderen. Der Streitstand zur Anwendbarkeit des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB entspricht im wesentlichen dem zur stillen Gesellschaft. Die obigen Ausführungen zur Genehmigungsbedürftigkeit sind daher auch auf die Unterbeteiligung des Minderjährigen an einer OHG oder KG anzuwenden. Da diese hinsichtlich der Einräumung und späteren Änderung des Gesellschafterstellung dem gleichen Risiko wie die stille Gesellschaft unterliegt, kann die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit bei Beteiligung eines Mindeijährigen nicht anders als dort entschieden werden, so Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 24; Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 16, Stahl, S. 96 ff. 154

So Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, S. 127.

155

Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127; so auch Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 24; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 26. 8 Hilsmann

114

Β. Hauptteil

niemals zu einer Aufnahme der Erwerbstätigkeit des Minderjährigen. Hiernach bedürfen derartige Änderungsverträge nie als „Gesellschaftsverträge zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB der Kontrolle durch das Vormundschaftsgericht. Folgt man dagegen der Rechtsprechung sowie der überwiegenden Literaturmeinung, so müßten jedenfalls spätere Veränderungen einer stillen Beteiligung des Minderjährigen, die wegen der Art der Bedingungen zunächst nicht genehmigungspflichtig war, bei Änderungen der für diese Unterscheidung wesentlichen Bedingungen, so z.B bei Übernahme einer Verlustbeteiligung oder bei Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen, die Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auslösen. Nach der hier vertretenen Auffassung, nach der bereits jede ursprüngliche Beteiligung des Minderjährigen an einer stillen Gesellschaft unabhängig von der konkreten Fallgestaltung als „Eingehung eines Gesellschaftsvertrages zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" den Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erfüllt, führen solche nachträglichen Vereinbarungen für den Minderjährigen nicht zur erstmaligen Übernahme einer unternehmerischen Risikobeteiligung. Infolgedessen handelt es sich hierbei nicht um den Abschluß eines (neuen) Gesellschaftsvertrages „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts, sondern lediglich um die Veränderung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages. Ebenso wie bei der Beteiligungsumwandlung einer Kommanditistenstellung in die eines Komplementärs und umgekehrt ändert sich hierdurch lediglich der Umfang der ursprünglichen Beteiligung, so daß der Minderjährige seine bereits bestehende Erwerbstätigkeit nur unter veränderten Bedingungen fortsetzt.

(2) Umwandlung in eine Personengesellschaft

Da nach hier vertretener Auffassung jeder Vertrag einer stillen Gesellschaft bereits einen Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB darstellt, wird durch diese Vertragsänderung nicht erstmals ein solcher Gesellschaftsvertrag i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geschlossen, so daß insoweit auch nicht von einer erstmaligen Aufanhme einer Erwerbstätigkeit durch den Minderjährigen gesprochen werden kann. Folgerichtig wäre diese Vertragsänderung nicht als Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts anzusehen und daher eine Genehmigungspflicht nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB abzulehnen. Dennoch unterliegt auch diese Änderung der Gesellschaftsform der Genehmigungspflicht: Der Formwechsel von einer stillen Gesellschaft in eine Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG) führt erstmals zu einer gesamthänderischen Beteiligung des Min-

§ 7 Die unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

115

derjährigen an einer Erwerbsgesellschaft. Die mit einer Beteiligung als Gesellschafter einer OHG bzw. KG verbundenen unterschiedlichen Haftungsrisiken rechtfertigen bereits die Annahme, daß diese Vertragsänderung nicht nur als bloßer Änderungsvertrag des bisherigen Gesellschaftsvertrages angesehen werden kann, sondern hinsichtlich der Genehmigung vielmehr einem neuen Vertragsschluß „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB gleichzusetzen ist. Die Umwandlung einer stillen Beteiligung in eine Komplementär- oder Kommanditbeteiligung ist damit rechtlich als Eintritt in die offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft zu qualifizieren. 156 Auch der minderjährige Geschäftsinhaber gibt infolge einer Änderung seiner formellen Stellung in die eines persönlich haftenden Gesellschafters bzw. Komplementärs einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft das Alleineigentum an dem Unternehmen auf und wird stattdessen in gesamthänderischer Bindung neben den übrigen Mitgesellschaftern Mitinhaber des gemeinsam betriebenen Unternehmens. Diese Umwandlung von einer Innen- zu einer Außengesellschaft ist auch im technischen Sinn als formwechselnde Umwandlung nicht möglich. Der Rechtsformwechsel kann sich vielmehr nur aufgrund einer gesellschaftlichen Vereinbarung als Auflösung und Neugründung vollziehen, bei der sich zugleich auch die Identität der Gesellschaft ändert. 157 Der zuvor an der stillen Gesellschaft beteiligte Minderjährige kann insofern Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft immer nur durch völlige Neugründung einer Außengesellschaft werden, die auf der Grundlage des Änderungsvertrages errichtet wird und damit auf einer wirtschaftlich und rechtlich völlig neuen Grundlage ihren Geschäftsbetrieb aufnimmt. Folglich erfordert die Änderung der Gesellschaftsform bei Beteiligung eines Minderjährigen als völlige Neuerrichtung einer Personengesellschaft einen nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungsbedürftigen Gesellschaftsvertrag „zum Betrieb" eines Erwerbsgeschäfts.

III. Zwischenergebnis Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, daß gewisse gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, die man üblicherweise als „Änderung" eines Gesellschaftsvertrages bezeichnet, bereits nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3

81

156

Vgl. Schlegelberger / Schmidt, § 143, Rdnr. 9.

157

Baumbach / Duden / Hopt, Einl. v. § 105, Anm. 4 C.

116

Β. Hauptteil

2.Alt. BGB genehmigungspflichtig sind. Damit ist zugleich die Auffassung der Rechtsprechung widerlegt, der Wortlaut dieser Vorschrift erfasse überhaupt keine Vertragsänderungen. 1. Eine Genehmigungspflicht in direkter Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB ist demnach bei folgenden Fallgruppen gegeben: a. Die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft vereinbaren nachträglich den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts b. Fortsetzungsbeschluß nach Auflösung einer Personengesellschaft c. Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft d. Umwandlung einer stillen Gesellschaft in eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft 2. Dagegen ist die Genehmigungspflicht folgender rechtsgeschäftlicher Vertragsänderungen mit dem Wortsinn des Gesetzeswortlautes des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht mehr vereinbar: a. Änderungen im Mitgliederbestand b. Beteiligungsumwandlungen des Minderjährigen und der Mitgesellschafter c. Sonstige Beteiligungsänderungen, d.h. inhaltliche Änderungen der Mitgliedschaftsrechte und -pflichten d. Änderungen der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse e. Auflösung der Personengesellschaft Da auch eine Auslegung nur in den Grenzen des möglichen Wortsinns zulässig ist 158 , kommt zur Annahme einer Genehmigungspflicht nur die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB in Betracht. Daher soll im folgenden überprüft werden, ob das in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB vorgesehene Genehmigungserfordernis über den Gesetzeswortlaut hinaus im Wege einer Analogie auf diese Fallgruppen erstreckt werden kann. 159

158 159

Larenz, S. 304.

Da es sich in diesem Fall um die Übertragung der für einen Tatbestand geschaffenen Bestimmung auf einen anderen, ihm ähnlichen handelt, spricht man von einer „Gesetzesanalogie" bzw. „Einzelanalogie" (im Gegensatz zur „Gesamtanalogie").

§

Die

a e

Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

117

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr· 3 2.Alt BGB auf nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages I. Vorbemerkung: Das Bedürfnis nach einer Erweiterung des Genehmigungskataloges der §§ 1821,1822 BGB in der Praxis Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner bereits mehrfach zitierten Grundsatzentscheidung1 festgestellt, daß die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen, um das Problem des Mindeijährigenschutzes in verfassungskonformer Weise zu lösen, und damit inzidenter die Lückenhaftigkeit der nach §§ 1821, 1822 BGB genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte bei Beteiligung Minderjähriger kritisiert. 2 Auch Brüggemann hat jüngst den Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB zutreffend als „sperrig" bezeichnet.3 Daher verwundert es nicht, daß bereits mehrfach auf die Analogie zurückgegriffen wurde, um eine als geboten empfundene Ausweitung der genehmigungsbedürftigen Tatbestände zu rechtfertigen. 4 Selbst der Bundesgerichtshof hat in seiner später vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen Entscheidung zur Fortführung eines Handelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft den „Mangel an Minderjährigenschutz in der Erbengemeinschaft" 5 sehr wohl erkannt. Obwohl er letztlich im Ergebnis eine Ausdehnung dieser Vorschrift mit der Begründung abgelehnt hat, daß die Interessenlage eines minderjährigen Miterben nicht mit den in § 1822 Nr. 3 BGB geregelten Fällen vergleichbar sei6, so hat er doch eine analoge Anwendung dieses Genehmigungstatbestandes mit der Folge einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zunächst ausdrücklich in Betracht

1

BVerfGE 72, 155 ff.

2

BVerfGE 72, 155, 174.

3

Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5 ff., 124 ff.: „Der sperrige Katalog".

4

Vgl. nur LG Köln NJW 1969, 1907: Analoge Anwendung des § 1$22 Nr. 5 BGB auf die Erklärungen des gesetzlichen Vertreters zur Zustimmung einseitig übernommener Unterhaltsverpflichtungen des mindeijährigen Kindes; dagegen Staudinger / Engler, §§ 1821, 1822, Rdnr. 93; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 28; Gernhuber, § 59 V I 2. Eickmann, Rpfleger 1983, S. 199, 203 / 204 f. bejaht die analoge Anwendung des § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB auf den Erwerb in der Zwangsversteigerung sowie des § 1821 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Zwangsversteigerungsverfahren bei der Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot durch den meistbietend gebliebenen Mündel. Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 12 diskutiert die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 10 BGB im Zusammenhang mit der Beteiligung des Mindeijährigen an einer GmbH oder einer Genossenschaft. 5

BGHZ 92, 259, 265.

6

BGHZ 92, 259, 267.

118

Β. Hauptteil

gezogen.7 Insoweit wird deutlich, daß in der Praxis durchaus ein Bedürfnis nach einer Ergänzung des Genehmigungskataloges im Wege einer Analogie besteht. Wenngleich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung festhält, daß es insbesondere nicht seine Aufgabe sein könne, in dem zu entscheidenden Fall von Verfassungs wegen eine analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB zu verlangen 8, so kann doch nach diesem Beschluß nicht mehr ohne weiteres von der Analogieunfähigkeit des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB ausgegangen werden.

II. Die Zulässigkeit einer Analogie im Rahmen des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB Voraussetzung für eine analoge Anwendung des in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB normierten Genehmigungstatbestandes auf die nicht vom Gesetzeswortlaut erfaßten Vertragsänderungen ist zunächst die Zulässigkeit einer ergänzenden Rechtsfortbildung im Rahmen der §§ 1821, 1822 BGB. Nach den Motiven des Gesetzgebers beruhen die Genehmigungstatbestände auf dem Gedanken, daß „in Ansehung besonders wichtiger und über die Grenzen einer gewöhnlichen Verwaltung hinausgehender Rechtsgeschäfte, ..., die Vertretungsmacht des Vormundes in der Art eingeschränkt werden soll, daß zu den sonstigen allgemeinen Erfordernissen der Wirksamkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts als weiteres Erfordernis die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes hinzutreten muß". 9 In den Motiven wird darauf hingewiesen, daß „das Gericht darauf verzichten müsse, die außerhalb der gewöhnlichen Verwaltung liegenden, über den bezeichneten Zweck der Sorge für das Vermögen des Mündels hinausgehenden Geschäfte durch eine allgemeine prinzipielle Bestimmung treffen und dadurch die Vertretungsmacht des Vormunds inhaltlich beschränken und formell begrenzen zu wollen, da eine genügend bestimmte, praktisch brauchbare, allen Interessen gleichmäßig Rechnung tragende allgemeine Vorschrift der Art sich nicht geben lasse". Vielmehr müsse das Gesetz auch auf dem Gebiet der Vermögenssorge von der Unbeschränktheit der

7 BGHZ 92, 259, 266: „Es drängt sich daher die Frage auf, ob nicht eine entsprechende Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB mit der Folge geboten ist, daß die Fortführung eines Handelsgeschäfts mit minderjährigen Erben der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf." 8

BVerfGE 72, 155, 170.

9

Motive IV, 1136.

§

Die

a e

Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

119

Vertretungsmacht ausgehen und sich damit begnügen, diese durch Aufstellung einzelner bestimmter und greifbarer Kategorien zu beschränken. 10 Der Gesetzgeber ging hierbei davon aus, daß sich die Vermögenssorge nur auf die Erhaltung des vorhandenen Vermögens und dessen wirtschaftliche Nutzung richtet. 11 Daher wollte er die grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters durch die Einführung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für solche Rechtsgeschäfte beschränken, die über die so verstandene normale Vermögensverwaltung hinausgehen. Da es nach Auffassung des Gesetzgebers nicht möglich war, zu diesem Zweck eine „genügend bestimmte, praktisch brauchbare allgemeine Vorschrift" zu formulieren, hat er auf die Einführung einer Generalklausel („allgemeine prinzipielle Bestimmung") verzichtet und sich vielmehr auf die katalogische Aufzählung „besonders wichtiger" Rechtsgeschäfte beschränkt, die ihm geeignet erschienen, ein erhöhtes Risiko für den Minderjährigen mit sich zu bringen. Insoweit ist der Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB zugleich als Enumerations- und Ausnahmevorschrift zu verstehen. Unter Berufung auf diesen Enumerations- und Ausnahmecharakter vertritt die h.M. 12 die Auffassung, die in den §§ 1821, 1822 BGB enthaltenen Genehmigungstatbestände seien streng formal zu interpretieren und folglich einer erweiterten Auslegung bzw. einer Analogie nicht zugänglich. Zur Begründung wird auf den Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes abgestellt. Das Bedürfnis der Rechtssicherheit lasse es nicht zu, die Erforderlichkeit einer Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht lückenausfüllend von dem jeweiligen Einzelfall abhängig zu machen, dessen konkrete Gegebenheiten eine solche Notwendigkeit zum Schutz des Minderjährigen erfordern. Die Sicherheit des Rechtsverkehrs erzwinge vielmehr eine formale Anwendung der einzelnen Genehmigungstatbestände, um so eine praktisch klare Handhabung zu ermöglichen, so daß das Institut der Analogie sowie ein Abstellen des Genehmigungserfordernisses auf den jeweiligen Einzelfall unzulässig sei. Folgt man dieser Ansicht, so scheidet eine Ausdehnung des Genehmigungserfordernisses über die ausdrücklich geregelten Genehmigungstatbestände hinaus auf nicht vom Wortlaut erfaßte Fälle grundsätzlich aus. Dies hätte zur Folge, daß die Einführung

10

Motive IV, 1085, 1086.

11

Motive IV, 1085.

12

Vgl. die in § 5 I, II 3 Genannten; zuletzt BGHZ 92, 259 zur Genehmigungspflicht der Fortführung einer Erbengemeinschaft in ungeteilter Erbengemeinschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen.

120

Β. Hauptteil

einer Genehmigungspflicht für die außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB liegenden Gesellschaftsvertragsänderungen im Wege der Gesetzesergänzung nicht statthaft wäre. Es ist daher zunächst zu untersuchen, ob und in welchem Umfang der Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB erweiterungsfähig ist.

1. Der Charakter des § 1822 BGB als Enumerationsvorschrift Entsprechend der in den gesetzgeberischen Motiven zum Ausdruck gelangten Beweggründe geht der Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB keineswegs dahin, alle für den Minderjährigen wirtschaftlich bedeutsamen und gefährlichen Rechtsgeschäfte dem Genehmigungszwang zu unterwerfen. Vielmehr beschränkt sich der Gesetzgeber darauf, die der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts unterliegenden Rechtsgeschäfte enumerativ zu erfassen und sie nach rein formalen Merkmalen zu bestimmen. Die Genehmigungstatbestände erfassen folglich nur einen abgegrenzten Kreis besonders bezeichneter Rechtsgeschäfte, bei denen entweder die Wichtigkeit des Vermögensgegenstandes (§ 1821 BGB) oder die gefährliche Natur des Rechtsgeschäfts (§ 1822 BGB) für die Anordnung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ausschlaggebend waren. Angesichts der zahlreichen über die Auslegung und Anwendung der einzelnen Genehmigungstatbestände der §§ 1821, 1822 BGB im Laufe der Zeit im Schrifttum entstandenen und noch bestehenden Meinungsstreitigkeiten 13 bestehen jedoch begründete Zweifel an der Praktikabilität dieses Genehmigungskataloges. Auf die Schwierigkeiten, die sich aus einem Festhalten an diesem enumerativ gestalteten Genehmigungskatalog und dem Bemühen um einen umfassenden Schutz des Minderjährigen ergeben, hat bereits Gernhuber 14 hingewiesen: „Die Vorteile der gezügelten Tatbestandsbildung gehen im Drang nach einem ausgebauten Schutz der Kinder wieder verloren". In diesem Zusammenhang ist aber auf die ähnlich gelagerte Problematik im Rahmen der Schutzvorschrift des § 181 BGB hinzuweisen. Zum Schutz des Minderjährigen wird hier die rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Vertretungmacht eingeschränkt und dem Vertreter die Vornahme von Insichgeschäften untersagt. Bei der Anwendung des § 181 BGB ist jedoch neben dem Wortlaut und dem Erfor-

13 Insbesondere die vielfältigen Stellungnahmen zur Genehmigungsbedürftigkeit gesellschaftsrechtlicher Vorgänge unter Beteiligung Minderjähriger, vgl z.B. die Nachweise bei Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 23 ff. 14

Gernhuber, § 52 IV 1.

§

Die

a e

Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

121

demis der Rechtssicherheit auch der Schutzzweck zu berücksichtigen. 15 Daher führt dieser in bestimmten Fallgruppen, in denen der Wortlaut der Vorschrift weiterreicht, als der Normzweck dies erfordert, zu einer Einschränkung des § 181 BGB 1 6 ; bei anderen Fallgruppen, in den der Wortlaut hinter dem Schutzzweck zurückbleibt, dagegen zu einer Erweiterung der Vorschrift. 17 Wendet man diesen Gedanken nun entsprechend auf den Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB an, so könnte auch in diesem Bereich eine Erweiterung der gesetzlichen Enumerationen im Wege einer Analogie bzw. eine Einschränkung im Wege der teleologischen Reduktion durchaus zulässig sein. Auch hier kann der Schutzzweck eines Genehmigungstatbestandes die Einbeziehung bestimmter Sachverhalte in den Genehmigungsvorbehalt erfordern, obwohl der Wortlaut der Vorschrift entgegensteht. In diesen Fällen hilft nur eine Analogie, um die Diskrepanz zwischen Wortlaut und Normzweck zu überwinden. Andererseits sind Fallgruppen denkbar, die zwar nach dem Gesetzes Wortlaut einwandfrei einem Genehmigungserfordernis unterfallen, die aber dennoch im Wege einer teleologischen Reduktion von der Genehmigungspflicht freigestellt werden müssen18, da das Schutzbedürfnis des Minderjährigen deren Einbeziehung in den Genehmigungsvorbehalt nicht fordert.

a) Die Zulässigkeit einer analogen Anwendung bei Enumerationsvorschriften Die Frage der Zulässigkeit einer analogen Anwendung von Enumerationsvorschriften wie den §§ 1821, 1822 BGB kann nicht einheitlich beantwortet werden. Entgegen der älteren Literatur, die die analoge Anwendung solcher Normen stets strikt abgelehnt hat 19 , kann aus der Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen als Enumerationsvorschriften keinesfalls ein generelles Analogieverbot gefolgert werden. Vielmehr hat Canaris 20 zutreffend festgestellt, daß zur Be-

15

BGHZ 56, 97; BGHZ 77, 9.

16

So wenn das Geschäft dem Vertretenen einen lediglich rechtlichen Vorteil bringt, da hier die von § 181 BGB erfaßte Gefahr eines Interessenkonflikts nicht gegeben ist. 17 Insoweit ist aber die Bezeichnung des § 181 BGB als formale Ordnungsvorschrift unglücklich; vgl. Ρalandt / Heinrichs, § 181, Rdnr. 2; eingehend hierzu Hübner, S. 138 ff. zur Normenrestriktion, S. 175 ff. zur Erweiterung des Tatbestandes. 18 Vgl. zu der Möglichkeit einer teleologischen Reduktion im Rahmen der Genehmigungstatbestände Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127 f. 19

Vgl. die Nachweise bei Eickmann, Rpfleger 1983, S. 199, 200.

20

Canaris, S. 184.

122

Β. Hauptteil

antwortung der Frage nach der Zulässigkeit einer Analogie auf den vom Gesetzgeber mit der Anwendung des Enumerationsprinzips verfolgten Zweck abgestellt werden müsse. Daher folgt aus einer Enumerationsvorschrift zweifellos dann eine Analogieverbot, wenn das Gesetz eine Frage durch die Aufzählung einzelner Tatbestände abschließend und erschöpfend hat regeln wollen. Ob eine Vorschrift im Sinn einer solchen abschließenden und damit nicht ergänzungsfähigen Aufzählung anzusehen ist, ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln. 21 Hiernach ist eine Analogie unzulässig, wenn der Gesetzgeber bei der in Rede stehenden Norm bereits durch die Hinzufügung des Wortes „nur" in den Gesetzeswortlaut den Katalog erschöpfend hat regeln wollen. In diesen Fällen wird der gesetzgeberische Wille einer erschöpfenden Regelung durch die einschränkende Formulierung eindeutig zum Ausdruck gebracht. 22 Zulässig soll eine Analogie im Rahmen einer Enumerationsvorschrift hingegen dann sein, wenn sich der Gesetzgeber lediglich wegen der Schwierigkeit der Formulierung einer praktizierbaren Generalklausel für eine kasuistische Aufzählung der einzelnen Tatbestände entschieden hat. 23 Durch die Einführung des enumerativen Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB wollte der Gesetzgeber den Minderjährigen vor den Folgen solcher Rechtsgeschäfte bewahren, die nach seiner Auffassung über die Erhaltung und wirtschaftliche Nutzung des vorhandenen Vermögens und damit über die Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgehen. Hierbei hat er die Anwendung des Genehmigungserfordernisses aber nicht etwa deshalb auf die katalogische Aufzählung der ausdrücklich geregelten Genehmigungstatbestände beschränkt, weil er ausschließlich die dort aufgeführten Rechtsgeschäfte als außerhalb der normalen Verwaltung liegende und über den bezeichneten Zweck der Vermögenssorge hinausgehende Maßnahmen angesehen hat. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber hat sehr wohl erkannt, daß der enumerative Katalog des §§ 1821, 1822 BGB nicht alle denkbaren Fälle erfaßt, die an sich regelungsbedürftig wären und damit die Lückenhaftigkeit dieses Genehmigungskataoges inzidenter zugegeben. Insoweit hat er auch die Möglichkeit einer Generalklausel durchaus in Erwägung gezogen. So läßt der Wortlaut der gesetzgeberischen

21

Larenz, S. 357.

22

Canaris , S. 184, Larenz, S. 357; Eickmann, Rpfleger 1983, S. 199, 200: So z.B. in den §§ 16, 28 EheG „nur in den Fällen". Da der Gesetzgeber von der Unauflöslichkeit der Ehe ausgeht, möchte er Ausnahmen hiervon nur in bestimmten, genau erwogenen Fällen zulassen. 23

Canaris , S. 184.

§

Die

a e

Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

123

Motive („..., so muß doch das Gesetz darauf verzichten, die außerhalb der Verwaltung liegenden... Geschäfte durch eine allgemeine prinzipielle Bestimmung zu treffen... Es bleibt daher nur übrig... letztere durch Aufstellung einzelner bestimmter und greifbarer Kriterien zu beschränken, ..." 24 ) darauf schließen, daß der Gesetzgeber grundsätzlich einer Generalklausel zur Erfassung sämtlicher über die Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgehender Rechtsgeschäfte den Vorzug gegenüber der Formulierung einer Enumerationsvorschrift eingeräumt hätte, um einen umfassenden Schutz des Minderjährigen zu gewährleisten. Dennoch hat er letztlich auf eine solche Generalklausel verzichten müssen, da ihm die Formulierung einer hinreichend bestimmten und praktisch brauchbaren allgemeinen Vorschrift nicht möglich erschien. 25 Der Entschluß zur Einführung einer Enumerationsvorschrift beruht damit lediglich auf dem Unvermögen des Gesetzgebers zur Formulierung einer anwendbaren Generalklausel. Insoweit handelt es sich bei den im Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB aufgeführten genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften keineswegs um eine erschöpfende und damit nicht ergänzungsfähige Aufzählung. Ein Analogieverbot des § 1822 BGB kann sich daher nur aufgrund einer besonderen Rechtfertigung 26 ergeben.

b) Abwägung Minderjährigenschutz — Verkehrsschutz Nach überwiegender Ansicht soll mit Hilfe des gesetzlichen Enumerationsprinzips der Kreis der nach §§ 1821, 1822 BGB genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte eindeutig zu bestimmen sein, um so durch klar abgrenzbare Genehmigungstatbestände die erforderliche Sicherheit des Rechtsverkehrs zu gewährleisten. 27 Hinter der Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der Einführung des enumerativen Kataloges der §§ 1821, 1822 BGB steht daher letztlich das Bemühen, durch die „Aufstellung einzelner bestimmter und greifbarer Kategorien" eine der Rechtssicherheit dienende, eindeutige und übersichtliche

24

Vgl. Motive IV, 1085, 1086.

25

Vgl. Motive IV, 1085, 1136.

26

Vgl. hierzu Canaris , S. 183: „... so muß man sich stets vor Augen halten, was ein Analogieverbot eigentlich bedeutet: der Gesetzgeber befiehlt hier dem Richter, rechtsähnliche Fälle verschieden zu behandeln, zwingt ihn also zu einem Verstoß gegen das oberste Gebot der Rechtsidee, das Gleichbehandlungsgebot." 27

Vgl. BGHZ 17, 160, 163; BGHZ 38, 26, 28; Wiedemann , S. 245; Winkler, 195/ 196.

ZGR 1973, S. 177,

124

Β. Hauptteil

Regelung zu schaffen. Während durch die einzelnen Genehmigungstatbestände der Minderjährigenschutz sichergestellt werden soll, will das Gesetz mit einem abgeschlossenen Enumerationskatalog den Interessen des Rechtsverkehrs an klar umschriebenen Tatbeständen entgegenkommen, um auf diese Weise das Schutzbedürfnis des Minderjährigen und die erforderlichen Rechtssicherheit als zwei schützenswerte, aber gegenläufige Interessen miteinander zu verbinden. 28 Im Rahmen einer gesetzlichen Regelung können durchaus verschiedene Zwecke verfolgt werden, wobei jedoch einer oft nur auf Kosten des anderen verwirklicht werden kann. Daher muß der Gesetzgeber diese Zwecke so aufeinander abstimmen, daß die Verwirklichung des einen zugunsten des anderen in bestimmter Weise eingeschränkt wird. 29 Die im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Ergänzung des Enumerationskataloges der §§ 1821, 1822 BGB letztlich entscheidende Frage kann daher nur lauten, ob aus Gründen der Rechtssicherheit und damit im Interesse des Rechtsverkehrs eine Beschränkung der Genehmigungspflicht auf die ausdrücklich genannten Fälle erforderlich ist. Bislang ist im Konflikt zwischen Minderjährigenschutz und Verkehrsschutz überwiegend zu Lasten des Minderjährigen entschieden worden. Dies gilt selbst dann, wenn die Voraussetzungen einer Gesetzesanalogie und das Schutzbedürfnis des Minderjährigen ausdrücklich bejaht wurden. 30 In den Entscheidungsgründen seiner Grundsatzentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht jedoch herausgestellt, daß bei einer Kollision zwischen Minderjährigen- und Verkehrsschutz künftig etwaige Gesichtspunkte des Verkehrsschutzes im Zweifel hinter dem Schutz des Minderjährigen zurücktreten müssen.31 Bei dieser Aussage handelt es sich insoweit nur um die Bestätigung des in der Rechtsordnung verankerten allgemeinen Prinzips, daß der Schutz des Minderjährigen gegenüber anderen schutzwürdigen Interessen, insbesondere denen des Verkehrsschutzes, grundsätzlich vorrangig ist. An diesem Grundsatz orientieren sich insbesondere die Schutzvorschriften der §§107 ff., 828 BGB, die den Minderjährigen vor den möglicherweise nachteiligen Folgen seines rechtsgeschäftlichen und deliktischen Handelns schützen wollen und zu diesem Zweck etwaige Interessen des Verkehrsschutzes zurücktreten lassen.32 Da hiernach der Schutz des Minder-

28 Haarländer, ter zu. 29

S. 27 spricht den Vorschriften der §§ 1821, 1822 BGB daher Kompromißcharak-

Larenz, S. 313.

30

BGH NJW 1974, 1134.

31

BVerfGE 72, 155, 175.

32

Larenz, S. 313; Brox, JA 1989, S. 441, 442.

§

Die

a e

Anwendung des § 1822 Nr.

2.Alt. BGB

12

jährigen im Gesetz ersichtlich der Vorrang einzuräumen ist, darf er nicht weiter eingeschränkt werden, als dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist. Nur soweit eine umfassendere Anwendung der Schutzvorschriften nach ihrem Zweck nicht erforderlich ist, kann die Rücksicht auf einen anderen Gesetzeszweck eine Einschränkung dieser Normen rechtfertigen. 33 Bei dem hier in Rede stehenden Genehmigungskatalog des §§ 1821, 1822 BGB wird der Schutz des Minderjährigen durch die Aufführung einzelner, in den Augen des Gesetzgebers besonders wichtiger Rechtsgeschäfte 34 zugunsten der Interessen des Rechtsverkehrs an einer praktischen und klaren Handhabung der Genehmigungstatbestände beschränkt. Eine Generalklausel hätte dagegen den Begriff der „besonderen Wichtigkeit" von Rechtsgeschäften für den Minderjährigen näher bestimmen und damit eindeutig dem Mindeijährigeninteresse folgen müssen.35 Angesichts der bereits zitierten Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungerichts ist es daher fraglich, ob sich mit diesem formalen und enumerativen Verständnis der Genehmigungsvorschriften der erweiterte, am Persönlichkeitsrecht ausgerichtete Minderjährigenschutz verwirklichen läßt. Zwar gelten auch die einzelnen Genehmigungserfordernisse ausschließlich dem Schutz des Minderjährigen. Dies folgt insbesondere aus den Motiven des Gesetzgebers zur Einführung der einzelnen Tatbestände, die allein auf die schutzwürdigen Interessen des Minderjährigen abstellen, während Aspekte des Verkehrsschutzes an keiner Stelle auch nur angedeutet werden. Durch die enumerative Aufzählung einzelner genehmigungspflichtiger Rechtsgeschäfte bleiben aber die individuellen Verhältnisse des betroffenen Minderjährigen außer Betracht. Während einerseits Geschäfte mit nur geringer Gefährdungsintensität aufgezählt werden, sind doch andererseits nicht alle für den Minderjährigen besonders riskanten Geschäfte genehmigungspflichtig. Insofern besteht der Nachteil einer enumerativen Aufzählung darin, daß solche Rechtsgeschäfte, die aufgrund ihrer Gefährlichkeit für den Mindeijährigen eigentlich die Genehmigungspflicht rechtfertigen müßten, nicht erfaßt werden, während andere Fälle, in denen kein Risiko für den Minderjährigen erkennbar ist, der vormundschaftsgerichtlichen Kontrolle unterworfen sind. 36 Der enumerativen Abgrenzung der genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte ist damit eine gewisse Willkür zu Lasten des

33

Larenz, S. 314.

34

Die Liste der §§ 1821, 1822 BGB spiegelt bis heute die Wertigkeiten des Gesetzgeber Ende des 19. Jahrhunderts wieder, vgl. AK / Huhn, § 1821, Rdnr. 1. 35

AK / Huhn, § 1821, Rdnr. 1.

36

So auch Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 323.

126

Β. Hauptteil

Minderjährigen nicht abzusprechen.37 Ein enumerativer Rechtsschutz wird daher dem Schutzbedürfnis des Minderjährigen nicht gerecht. Vielmehr wird der mit der Genehmigungspflicht bezweckte Schutz des Minderjährigen vor den möglicherweise nachteiligen Folgen der über die Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgehenden Rechtsgeschäfte nur dann erreicht, wenn die Genehmigungspflicht nicht rigoros auf die ausdrücklich aufgeführten Tatbestände begrenzt wird. Dagegen ließe sich ein Verbot der Gesetzesergänzung nur dann rechtfertigen, wenn sich das Rechtssicherheitsbedürfnis des Rechtsverkehrs als in besonderem Maße schützensweit erweist. Das ist jedoch zu verneinen. Zwar kann auch das einer gesetzlichen Regelung zugrunde liegendes vorwiegendes Interesse an unbedingter Rechtssicherheit dazu führen, die Vorschrift als nicht ergänzungsfähige Aufzählung zu verstehen. 38 Das gesetzliche Enumerationsprinzip soll dem Rechtsverkehr aber lediglich eine praktische und klare Handhabung der Genehmigungstatbestände ermöglichen. Insoweit darf nicht übersehen werden, daß dem Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB in erster Linie der Gedanke des Minderjährigenschutzes zugrundeliegt, die Interessen des Verkehrsschutzes hingegen grundsätzlich unbeachtlich sind. So hat sich der Gesetzgeber in den gesetzgeberischen Motiven zur Einführung der einzelnen Enumerationen ausschließlich an den schützenswerten Interessen des Minderjährigen orientiert, während Aspekte des Rechtsverkehrs mit keinem Wort Erwähnung finden. 39 Ferner ist das Vormundschaftsgericht bei der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Genehmigung des konkreten Rechtsgeschäfts gehalten, sich ausschließlich an dem Wohl und Interesse des Minderjährigen auszurichten, während die Interessen Dritter nicht in die Beurteilung einbezogen werden dürfen. 40 Insoweit folgt der Gesetzgeber auch im Rahmen der §§ 1821, 1822 BGB dem Grundsatz, dem Schutz des Minderjährigen den Vorrang vor etwaigen Gesichtspunkten des Verkehrsschutzes einzuräumen. Es geht daher nicht an, allein aus Praktikabilitätserwägungen den Sinn und Zweck einer gesetzlichen Regelung zu unterlaufen und insoweit den vom Gesetzgeber gewollten Minder-

37 So zutreffend Gernhuber, § 52 IV 1: „Preis der Bescheidung ist der Eindruck willkürlicher Grenzen"; so auch Haarländer, S. 27; Wiedemann , S. 245. 38

So bei den VeijährungsVorschriften, vgl. Larenz, S. 357.

39

Vgl. Motive IV, S. 1136 ff.

40

Vgl. nur BayObLGZ 1971, 293, 295; 1976, 281, 283; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456; 1989, 455, 456; Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8; M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 17; Palandt / Diederichsen, § 1828, Rdnr. 4.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

127

jährigenschutz zu vernachlässigen. 41 Entsprechend des in den Entscheidungsgründen des Bundesverfassungerichts zum Ausdruck gelangten Vorrangs des Minderjährigenschutzes kann daher die Berufung auf das Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach Rechtssicherheit künftig nicht mehr rigoros ein grundsätzliches Analogieverbot bei den §§ 1821, 1822 BGB zu Lasten des Minderjährigen rechtfertigen. Damit steht der Enumerationscharakter des § 1822 BGB einer Gesetzesergänzung im Wege einer Analogie grundsätzlich nicht entgegen.

2. Der Charakter des § 1822 BGB als Ausnahmevorschrift Grundsätzlich ist im Rahmen der Personen und Vermögenssorge von der unbeschränkten Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters, d.h. der Eltern für ihr Kind (§ 1629 BGB) sowie des Vormunds für sein Mündel (§ 1793 BGB) auszugehen.42 Dieser Grundsatz wird nun durch die Anordnung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für die in den §§ 1821, 1822 BGB bezeichneten Rechtsgeschäfte durchbrochen. Hierzu heißt es in den den Motiven des Gesetzgebers: „Es bleibt daher nur übrig, auch auf dem Gebiet der Sorge für das Vermögen von der Unbeschränktheit der Vertretungsmacht auszugehen und die letztere durch Aufstellung einzelner bestimmter und greifbarer Kategorien zu beschränken, ...". 43 Auch im Bereich der Vermögenssorge ist somit die unbeschränkte Vertretungsmacht und damit die Handlungsfreiheit des gesetzlichen Vertreters die Regel, während deren Beschränkung durch die Anordnung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für die über die Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgehenden Rechtsgeschäfte die Ausnahme darstellt. Hiernach ist der Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB zugleich als Ausnahmevorschrift 44 zu qualifizieren. Daher stellt sich die Frage, ob der Ausnahmecharakter des § 1822 BGB eine Erweiterung des Genehmigungskataloges auf nicht vom Gesetzeswortlaut erfaßte Tatbestände verbietet. Entsprechend einer häufig zitierten Auslegungsregel sollten „Ausnahmevorschriften" stets eng auszulegen und damit nicht analogiefähig sein.45 Dieser

41

Insoweit zu Recht Paulick, FamRZ 1966, S. 526, 527.

42

Vgl. Motive IV, 1084/ 1085.

43

Motive IV, 1085, 1086.

44

Canaris , S. 181: Bei Ausnahmevorschriften handelt es sich um Vorschriften, die allgemeine Grundentscheidungen einer Rechtsordnung ausnahmeweise durchbrechen. 45

Vgl. RGZ 153, 23.

Β. Hauptteil

12

Aussage kann aber nach inzwischen gefestigter Erkenntnis in dieser Allgemeinheit nicht mehr zugestimmt werden. 46 Bereits das Bundesarbeitsgericht 47 hat in einer frühen Entscheidung darauf abgestellt, daß innerhalb des einer Ausnahmebestimmung zugrundeliegenden, dem allgemeinen Grundsatz gegenüber „engeren Prinzips" eine erweiternde Auslegung und auch eine Analogie durchaus zulässig seien. Auch der Bundesgerichtshof 48 hat in dem Ausnahmecharakter einer Vorschrift nicht von vornherein ein Hindernis für eine Analogie gesehen. Eine Erweiterung der im Gesetz genannten Ausnahmefälle sei nur dann unzulässig, wenn die im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen als streng in sich geschlossene Sonderfälle aufzufassen seien. Ähnlich äußert sich Larenz 49 , der im übrigen zwischen verschiedenen Arten von Ausnahmebestimmungen unterscheidet. Nur sofern es sich um die Durchbrechung eines allgemeinen Rechtsprinzips handele, die ausschließlich für genau umschriebene Fälle angeordnet sei, dürfe die jeweilige Ausnahmeregel nicht in einem „weiteren" Sinne auslegt werden, als durch den erkennbaren Zweck des Gesetzgebers gefordert sei sowie eine analoge Anwendung für unzulässig erachtet werden müssen. Hiernach untersagt der Ausnahmecharakter einer Vorschrift nicht von vornherein eine mögliche Ausdehnung auf sonstige, im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Fälle, so daß folglich auch Ausnahmevorschriften wie § 1822 BGB einer Gesetzesergänzung im Wege der Analogie durchaus zugänglich sind. Da Ausnahme Vorschriften die Regel jedoch nur für besonders angeordnete Fälle außer Kraft setzen, darf diese insoweit auch durch die Erweiterung der Vorschrift nicht völlig beseitigt, sondern lediglich durchbrochen werden. Verboten ist daher, das sich in einer Ausnahmevorschrift Geltung verschaffende engere Prinzip zu einem allgemeinen zu erheben und so die Ausnahme zur Regel zu verkehren; nicht aber einem Sondertatbestand einen zweiten rechtsähnlichen Sondertatbestand gleichzustellen.50 Die Ausdehnung einer Ausnahmevorschrift auf sonstige, im Gesetz nicht geregelte Tatbestände ist somit nur dann zulässig, wenn das der jeweiligen Vorschrift zugrundeliegende, die Regel einschränkende Ausnahmeprinzip auch bei den nicht ausdrücklich geregelten Fällen durchgreift.

46 Vgl. Canaris, S. 181: „Kaum eine verfehlte Regel hat soviel Unheil angerichtet wie die Behauptung, Ausnahmevorschriften seien ihrem Wesen nach einer Analogie unzugänglich; 47

Vgl. BAGE 1, 329.

48

Vgl. BGHZ 2, 306.

49

Larenz, S. 329.

50

Canaris, S. 181.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

12

Da der Gesetzgeber mit dem Genehmigungskatalog des § 1822 BGB erkennbar den Schutz des Minderjährigen vor den Folgen einer außergewöhnlichen Vermögensverwaltung verfolgt, könnte man annehmen, das den Genehmigungstatbeständen innewohnende und dem allgemeinen Grundsatz von der Unbeschränktheit der gesetzlichen Vertretungsmacht gegenüber engere Prinzip bestehe in dem Schutz des Minderjährigen vor gefährlichen Rechtsgeschäften schlechthin. Insoweit ist eine Erweiterung des Genehmigungskataloges in der Weise denkbar, daß aus den einzelnen Genehmigungstatbeständen induktiv ein allgemeines Prinzip des Mindeijährigenschutzes abgeleitet wird und das Genehmigungserfordernis anschließend unter Berufung auf das Schutzbedürfnis des Minderjährigen auf sämtliche den Minderjährigen gefährdenden Rechtsgeschäfte erstreckt wird. Der Umfang einer zulässigen Gesetzesergänzung würde sich hiernach ausschließlich nach dem Schutzbedürfnis des Minderjährigen bestimmen. Zu diesem Ergebnis gelangt Paulick 51 , der sich eingehender mit der Frage auseinandergesetzt hat, wie weit eine Ausdehnung des § 1822 BGB unter dem Aspekt des Ausnahmecharakters dieser Vorschrift zulässig ist. Nach seiner Auffassung dient die Ausnahmeregel des § 1822 BGB dem Zweck, den Minderjährigen vor wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen, die sich aus den riskanten Geschäften ergeben können. Daher sei eine Ausweitung der Genehmigungstatbestände im Bereich dieses Zweckes uneingeschränkt zulässig. Eine solche Gesamtanalogie52 im Rahmen des § 1822 BGB läuft im Ergebnis aber auf die Einführung einer Generalklausel hinaus, die dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers widerspricht, und stellt damit den Sinn der enumerativen Aufzählung der einzelnen Genehmigungstatbestände in Frage. 53 Insoweit darf folgendes nicht übersehen werden: Obwohl den einzelnen Genehmigungstatbeständen der Gedanke des Minderjährigenschutzes zugrundeliegt, hat der Gesetzgeber in den Vorschriften der §§ 1821, 1822 BGB nicht alle für den Minderjährigen besonders wichtigen oder gefährlichen Geschäfte der Genehmigungspflicht unterstellt, sondern die Notwendigkeit bewußt auf ganz

51

Paulick, FamRZ 1966, S. 526, 527.

52

Bei der Analogie unterscheidet man herkömmlicherweise zwischen der Einzelanalogie (oder „Gesetzesanalogie") und der Gesamtanalogie (oder „Rechtsanalogie"). Während bei der Einzelanalogie eine einzelne Vorschrift auf einen ähnlichen Sachverhalt entsprechend angewandt wird, wird bei der Gesamtanalogie mehreren gesetzlichen Regelungen ein allgemeines Rechtsprinzip entnommen, das anschließend auf die nicht im Gesetz geregelten Tatbestände abgewandt wird; vgl. Lorenz^ S. 364. 53 Vgl. Canaris , S. 184, der zutreffend anmerkt, daß der Gesetzgeber dann daraufhätte verzichten können, die genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte einzeln aufzuzählen.

9 Hilsmann

Β. Hauptteil

1

bestimmte Geschäftstypen beschränkt, die sich entweder durch die Wichtigkeit des Vermögensgegenstandes (§ 1821 BGB) oder die gefährliche Natur des Rechtsgeschäfts (§ 1822 BGB) auszeichnen. Hierbei handelt es sich nach der Intention des Gesetzgebers um eine abschließende Aufzählung gesetzlich genau definierter Geschäftstypen, die jeweils eine bestimmte Gefährdungssituation aufweisen. Hierüber geben bereits die gesetzgeberischen Motive Aufschluß, in denen zur Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht ausschließlich auf „einzelne bestimmte und greifbare Kategorien" 54 bzw. „besonders wichtige Geschäfte" 55 abgestellt wird. Zwar sind die Fälle, in denen zur Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung angeordnet ist, in den §§ 1821, 1822 BGB nicht vollständig enthalten. Im Vormundschaftsrecht finden sich in Angelegenheiten der Vermögenssorge vielmehr weitere Genehmigungsvorbehalte, so u.a. in den §§ 1811, 1814, 1816, 1820, 1824, 1902 BGB. Dies zeigt jedoch, daß der Gesetzgeber dort, wo er eine Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht durch die Anordnung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für erforderlich hielt, die einzelnen Genehmigungserfordernisse stets abschließend gesetzlich regeln wollte. So hat bereits Haarländer zutreffend darauf hingewiesen, daß sich ein Indiz für den Willen des Gesetzgebers, in diesen Fällen lediglich Beispiele eines allgemeinen Prinzips des Minderjährigenschutzes vor besonders gefährlichen Rechtsgeschäften zu benennen, auch nicht aus einem entsprechenden Hinweis („und ähnliche" oder „und in ähnlichen Fällen") im Gesetzestext ableiten läßt. 56 Aus diesem Grund können aus dem Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung nicht völlig neue Genehmigungstatbestände gebildet werden. Mit Canaris 57 ist daher bei § 1822 BGB von einem sog. Induktionsverbot (Verbot der Gesamtanalogie) auszugehen. Hiernach verbietet es sich, aus der Vorschrift induktiv einen allgemeinen Rechtsgedanken der Art zu ermitteln, daß alle besonders gefährlichen Rechtsgeschäfte dem Genehmigungserfordernis zu unterstellen sind, und auf diese Weise die vom Gesetzgeber abgelehnte Generalklausel über den Umweg einer Gesamtanalogie letztlich doch einzuführen. Eine analoge Anwendung der Genehmigungstatbestände auf vom Wortlaut nicht erfaßte Rechtsgeschäfte nur deshalb, weil auch

54

Motive IV, 1086.

55

Motive IV, 1136.

56

Haarländer,

57

Canaris , S. 184.

S. 42.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

131

sie generell Gefahren für den Minderjährigen bergen, ist mithin nicht statthaft. 58 Dies gilt selbst für solche Rechtsgeschäfte, die eine dem geregelten Tatbestand gegenüber noch erhöhte Gefährlichkeit aufweisen. 59 Dieses Vorgehen würde letztlich dazu führen, die in den §§ 1821, 1822 BGB angeordnete Ausnahme der Durchbrechung des Grundsatzes der unbeschränkten Vertretungsmacht zur Regel zu verkehren und insoweit mit dem Ausnahmecharakter dieser Genehmigungsvorschriften nicht im Einklang stehen. Von einem solchen Induktions verbot darf jedoch nicht zugleich auf ein Analogieverbot geschlossen werden. Während das Induktionsverbot das Verbot einer Gesamtanalogie betrifft, erfaßt ein Analogieverbot lediglich das Verbot der Einzelanalogie.60 Insoweit ist aber die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB nicht durch ein derartiges Analogieverbot gesperrt. 61 Die Gleichstellung eines dem ausdrücklich geregelten gesetzlichen Tatbestand vergleichbaren Sondertatbestandes im Wege der Einzelanalogie ist vielmehr unter der Voraussetzung zulässig, daß das in Frage stehende Rechtsgeschäft nach Art, Bedeutung und Gefährdungsintensität einer der gesetzlichen Enumerationen gleichgestellt werden kann. 62 Dagegen kann ein Rechtsgeschäft nicht schon dann genehmigungspflichtig sein, wenn es sich um irgendeine wirtschaftliche bedeutsame und über die Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgehende Maßnahme handelt.63

3. Zusammenfassung Eine Erweiterung der in den §§ 1821, 1822 BGB geregelten Genehmigungstatbestände im Wege einer Analogie ist damit grundsätzlich statthaft. Aus dem Enumerations- und Ausnahmecharakter dieser Vorschrift folgt zwar ein Induktionsverbot, nicht hingegen ein Analogieverbot. Daher ist es methodisch unzulässig, das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bereits

58

Insoweit zutreffend Hueck, OHG, § 6 IV.

59

Verbot des „argumentum a fortiori", vgl. Beitzke, JR 1963, S. 182, 183.

60

Vgl. Canaris , S. 188.

61

Vgl.bereits zuvor die entsprechenden Ausführungen zum Enumerationscharakter des § 1822 Nr. 3 BGB; so ausdrücklich auch Canaris , S. 184. 62 63

So Canaris , S. 185.

I.Erg, auch Canaris , S. 184, 185; Eickmann, Rpfleger 1983, S. 199, 200; Wiedemann , S. 245; Haarländer, S. 46. 9*

Β. Hauptteil

12

unter Berufung auf das Schutzbedürfnis des Minderjährigen auf alle, für den Minderjährigen besonders gefährlichen Rechtsgeschäfte im Wege einer Gesamtanalogie auszudehnen. Zulässig ist vielmehr nur die Erweiterung des Enumerationskataloges im Wege einer Einzelanalogie. Hiernach reicht es nicht aus, daß der nicht ausdrücklich geregelte Fall generell gefährlich ist. Der Umfang einer Gesetzesergänzung wird vielmehr durch die Maßgabe begrenzt, daß die gesetzlich nicht geregelten Tatbestände die typische Gefährdungssituation einer der gesetzlichen Enumerationen aufweisen und insofern nach Typ und Erscheinungsbild dieser gleichgestellt werden können. Zusammenfassend läßt sich mit Canaris 64 ausführen: „Die Durchbrechung des Kataloges mit Hilfe einer Generalklausel ist unzulässig, die Gleichstellung eines rechtsähnlichen Sondertatbestandes dagegen erlaubt."

III. Das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke Nachdem allgemein die Zulässigkeit einer Analogie im Rahmen des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB festgestellt wurde, soll nun untersucht werden, ob die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf rechtsgeschäftliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages bejaht werden können. Erste Voraussetzung einer Analogie ist das Vorliegen einer offenen Regelungslücke.65 Eine solche Lücke besteht dort, wo das Gesetz für einen bestimmten Sachverhalt eine positive Regelung vermissen läßt, obwohl deren Vorhandensein nach dem Grundgedanken und der dem Gesetz immanenten Teleologie zu erwarten wäre, und wo die Ergänzung nicht einer vom Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Insoweit muß es sich um eine dem Plan des Gesetzgebers widersprechende, d.h. „planwidrige Unvollständigkeit" handeln.66 Es ist daher zunächst herauszuarbeiten, ob der Gesetzgeber bewußt auf das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für rechtsgeschäftliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages verzichtet hat oder ob diesbezüglich eine planwidrige Regelungslücke vorliegt.

64

Canaris , S. 185.

65

Larenz, S. 359.

66

So Larenz, S. 357, 358.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

1. Die Genehmigungsbedürftigkeit nach anderen Vorschriften der §§ 18211 1822 BGB Die vom Bundesgerichtshof getroffene Feststellung, daß Änderungen eines Gesellschaftsvertrages unter Mitwirkung eines Minderjährigen nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bedürfen, bedeutet nach der überwiegenden Meinung im Schrifttum nicht zugleich, daß Vertragsänderungen schlechthin genehmigungsfrei sind. Vielmehr werde hierdurch die Anwendung der sonstigen Genehmigungstatbestände der §§ 1821, 1822 BGB nicht ausgeschlossen. Daher sei immer zu prüfen, ob im konkreten Fall nach dem Inhalt der jeweiligen Änderung nicht ein sonstiges Genehmigungserfordernis der §§ 1821 ff. BGB eingreife. 67 Insofern wäre eine planwidrige Regelungslücke bereits dann zu verneinen, wenn sich die Genehmigungsbedürftigkeit nachträglicher Vertragsänderungen aus anderen Genehmigungstatbeständen ergibt.

a) § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB 6 8 In Betracht kommt in diesem Zusammenhang insbesondere die Anwendung des § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB. Genehmigungspflichtig ist hiernach der Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist.

aa) Die Aufiialvne

zusätzlicher Gesellschafter

Diskutiert wird, ob für den Beitritt eines neuen Gesellschafters in eine Außengesellschaft bei Beteiligung eines Minderjährigen eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 1. Alt. BGB einzuholen ist. 69 Dies hängt davon ab, ob man angesichts der sich bei Eintritt eines neuen Gesellschafters in eine Gesamthandsgemeinschaft automatisch vollziehenden Ver-

67 So u.a. Gernhuber, § 52 V 6; Stahl, S. 139; Beitzke, JR 1963, S. 182, 184; Haegele, BWNotZ 1969, S. 2, 13 / 14; Hueck, OHG, § 6 IV; Nagel, S. 133. 68 Es sollen an dieser Stelle zunächst im einzelnen die Fälle untersucht werden, deren Genehmigungsbedürftigkeit nach anderen Vorschriften im Schrifttum besonders diskutiert werden. 69 Vgl. Nagel, S. 133; Winkler, Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8.

ZGR 1973,177,206; Stahl, S. 139; Beitzke, JR 1963, S. 182,183;

1

Β. Hauptteil

mögensanwachsung auf Seiten des eintretenden Gesellschafters zugleich eine „Veräußerung des Erwerbsgeschäfts" i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB durch den beteiligten Minderjährigen an den neu eintretenden Gesellschafter annehmen kann. 70 Mit dem Erwerb seines Gesellschaftsanteils wird der hinzukommende Gesellschafter Gesamthänder des Gesellschaftsvermögens und beschränkt durch diesen Rechtserwerb zugleich die dingliche Mitberechtigung der bereits vorhandenen Mitgesellschafter am gemeinschaftlich betriebenen Unternehmen. Nun soll bereits die Verringerung der dinglichen Mitberechtigung auch des beteiligten Minderjährigen für den Begriff der „Veräußerung" eines Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB ausreichen. 71 Dieser Vorgang müßte aber wirtschaftlich der Veräußerung des Erwerbsgeschäfts im ganzen entsprechen. Dies wird z.T. mit der Begründung bejaht, daß eine solche Einschränkung der dinglichen Mitberechtigung insoweit als „teilweise Veräußerung" der Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen angesehen werden könne, die ebenso wie die Veräußerung eines Anteils am Erwerbsgeschäfts der Veräußerung des Geschäfts im ganzen gleichzusetzen sei.72 Diese Auffassung erscheint jedoch fraglich. Als Veräußerung eines Anteils eines Erwerbsgeschäfts ist zunächst die Veräußerung einer Beteiligung des Minderjährigen an einer Personengesellschaft, also das rechtsgeschäftliche Ausscheiden 73 aus einer Gesamthandsgemeinschaft, nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungspflichtig. Gegenstand der Veräußerung ist in diesem Fall der Gesamthandsanteil des Minderjährigen an dem Erwerbsgeschäft und insoweit entspricht die Veräußerung eines Anteils am Ge-

70

So Beitzke, JR 1963, S. 182, 183; Stahl, S. 139; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8.

71

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8; Stahl S. 139 / 140.

72

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8; Stahl S. 139 / 140; Beitzke, JR 1963, S. 182, 183 / 184 läßt diese Frage im Ergebnis offen. 73 Dagegen ist das kündigungsbedingte Ausscheiden des Minderjährigen nicht nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungspflichtig, da in diesem Fall keine rechtsgeschäftliche Veräußerung der Beteiligung vorliegt. Dies gilt sowohl für die Kündigung mit anschließender Liquidation der Gesellschaft als auch für die Kündigung mit Abfindungsanspruch. Die Kündigung ist insoweit nicht der Veräußerung gleichzusetzen. Im Fall der auflösenden Kündigung nach § 723 BGB, § 131 Nr. 6 HGB greift § 1823 BGB ein, wobei die Nichteinholung der Genehmigung auf die Wirksamkeit der Kündigung keinen Einfluß hat, vgl. eingehend Winkler, ZGR 1973. S. 177, 204 / 205; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 10; Stahl, S. 147, 148; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 18; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 20; a.A. Wiedemann, S. 246, der den Begriff der „Veräußerung" nicht nur rechtsgeschäftlich, sondern allgemein als Aufgabe oder Verlust des Unternehmensanteils interpretiert und daher jede Kündigung dem Genehmigungsvorbehalt unterwerfen will.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

schäft der Veräußerung des Geschäfts im ganzen.74 Infolgedessen ist das Merkmal der „Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts" i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB auch bei der Vereinbarung des Ausscheidens eines Minderjährigen zugunsten eines bisherigen Mitgesellschafters erfüllt. 75 Durch den Beitritt eines weiteren Gesellschafters wächst dem Minderjährigen jedoch kein Gesamthandsanteil ab, es vermindert sich lediglich automatisch seine Gesamthandsberechtigung.76 Da aber das Gesellschaftsvermögen im Gesamthandseigentum aller Gesellschafter steht und bei einer Gesamthandsgemeinschaft keinem Gesellschafter ein in einer Geldsumme auszudrückender Bruchteil am Gesellschaftsvermögen zusteht, könnte die „Veräußerung" wirtschaftlich nur in einer Änderung der Kapitalanteile bestehen.77 Dies kann aber noch nicht als genehmigungspflichtige Aufgabe eines Gesellschaftsanteils zugunsten des Eintretenden gewertet werden. Entscheidend ist vielmehr, daß die gesamthänderische Beteiligung des Minderjährigen an der Gesellschaft in diesem Fall als solche unberührt bleibt und dieser somit weiterhin unverändert als Gesamthänder und als Mitinhaber des gemeinschaftlichen Unternehmens an der Gesellschaft beteiligt ist. Bei der Verringerung der dinglichen Mitberechtigung handelt sich insoweit nur um eine gesetzliche Folge des Eintritts eines neuen Gesellschafters, nicht aber um eine rechtsgeschäftliche Veräußerung durch den Minderjährigen i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB. 7 8 Der Genehmigungstatbestand dieser Vorschrift kann daher nicht einschlägig sein.

bb) Die teilweise

Übertragung

eines Gesellschaftsanteils

an einen Mitgesellschafter

Verliert der Minderjährige durch das rechtsgeschäftliche Ausscheiden aus der Gesellschaft seine Mitgliedschaft völlig, so entspricht es einhelliger Meinung, daß die Veräußerung eines Gesamthandsanteils des Minderjährigen der Veräu-

74 Allg. M.: RGZ 115, 172; RGZ 122, 370; KG OLGE 40, 96; BGH NJW 1961, 724, 725; BayObLGZ 21, 218, 222; BGHZ 38, 26, 27 (für die OHG); sowie BGHZ 17, 160, 165 ; OLG Karlsruhe NJW 1973, 1977 (für die KG); M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 19; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 19; Baumbach / Duden / Hopt, § 105, Anm. 1 B; Wiedemann, S. 246; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 202. 75

Staudinger / Engler, §§ 1821, 1822, Rdnr. 72.

76

Biddermann,

S. 71.

77

Nagel, S. 133, 134.

78

So zutreffend Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 206.

16

Β. Hauptteil

ßerung des Erwerbsgeschäfts im ganzen gleichsteht und damit den Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB erfüllt. Hierauf wurde bereits in den vorangegangenen Ausführungen hingewiesen. Es ist jedoch auch denkbar, daß der Minderjährige seine Mitgliedschaft nicht vollständig verliert, sondern seine gesamthänderische Beteiligung durch eine teilweise Übertragung seines Gesellschaftsanteils, so z.B. seines Kommanditanteils, lediglich verringert, aber sonst weiterhin am Gesamthandsvermögen beteiligt bleibt. 79 Auch in diesem Fall kommt wiederum eine Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB in Betracht. 80 Hier liegt zwar insoweit eine Anteilsveräußerung vor, als der Minderjährige einen Teil seiner Gesellschaftsbeteiligung an einen Mitgesellschafter veräußert. Fraglich ist jedoch, ob für das Eingreifen des Genehmigungstatbestandes der ersten Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB bereits eine teilweise Veräußerung der Gesellschaftsanteile ausreicht, oder ob hierfür nicht vielmehr die vollständige Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligung zu fordern ist. Gegenstand der Veräußerung ist in diesem Fall nicht der gesamte Gesellschaftsanteil des Minderjährigen und somit nicht der vollständige Verlust seiner Mitgliedschaft. Der Minderjährige bleibt vielmehr trotz dieser Vertragsänderung weiterhin Gesellschafter und damit, wenn auch nur noch in geringerem Umfang, auch rechtlich und wirtschaftlich Mitinhaber des Gesellschafts Vermögens. Die teilweise Abtretung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an einen Mitgesellschafter kann insoweit auch nicht der nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungspflichtigen Vereinbarung seines Ausscheidens zugunsten eines bisherigen Mitgesellschafters gleichgestellt werden, da auch diese die vollständige Aufgabe seiner Gesellschaftsbeteiligung voraussetzt. Durch die Veräußerung verringert sich somit lediglich seine gesamthänderische Beteiligung an dem Erwerbsgeschäft. Die Veräußerung eines Geschäftsanteils ist nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB jedoch nur dann genehmigungsbedürftig, wenn sie wirtschaftlich der Veräußerung des gesamten Erwerbsgeschäfts gleichkommt. Dies kann aber nur angenommen werden, wenn der Minderjährige sich seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft völlig entledigt, da in diesem Fall der gesamte Anteil am Erwerbsgeschäft Gegenstand der Veräußerung ist und der Minderjährige infolgedessen seine Beteiligung an dem gemeinsam betriebenen Unternehmen voll-

79

Der Minderjährige, der als Kommanditist z.B. zu 50 % beteiligt ist, tritt davon 25 % an einen anderen Gesellschafter ab. 80 So Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7; Stahl, S. 146; a.A.: BGH DB 1968, 923; Winkler, 1973, S. 177, 203; Böttcher / Krahmer, RWP 1965 (626), S. 23, 26.

ZGR

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

17

ständig verliert. Dieser Vorgang entspricht damit der vertraglichen Veräußerung eines Unternehmens durch den minderjährigen Alleininhaber. Solange der Minderjährige hingegen noch gesamthänderisch an der Personengesellschaft beteiligt ist, mag sich diese Beteiligung auch verringern, kann hierin nicht zugleich eine der Veräußerung des Erwerbsgeschäfts im ganzen entsprechende Anteilsveräußerung i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB gesehen werden, da eine Teilveräußerung seiner Beteiligung wirtschaftlich nicht der Veräußerung des Geschäfts gleichgestellt werden kann. Andernfalls müßte jede Verminderung des Kapitalanteils des Minderjährigen, z.B. durch unbefugte Gewinnentnahme, stets als „Veräußerung" des Erwerbsgeschäfts i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB angesehen und damit der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes unterstellt werden. 81 Es liegt auch in diesem Fall vielmehr lediglich eine Verringerung der dinglichen Mitberechtigung des Minderjährigen am Gesamthandsvermögen vor, die aber einer genehmigungspflichtigen Anteilsveräußerung nicht gleichgestellt werden kann. Nun wird z.T. vertreten, daß auch die Verpfändung und Belastung mit einem Nießbrauch als Veräußerung i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB anzusehen ist. Angeführt wird, daß es sich dabei zwar nicht um eine volle Veräußerung, doch um eine vorübergehende Teilveräußerung handele, die entsprechend zu behandeln sei. Da eine solche Belastung nach §§ 1069 Abs. 1, 1274 Abs. 1 BGB nach den für die Übertragung des Gesellschaftsanteils geltenden Vorschriften erfolge, unterfalle sie wie diese ebenfalls dem Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 1 .Alt. BGB. 8 2 Zweifelhaft ist bereits, ob die Belastung mit einem Nießbrauch oder die Verpfändung der Veräußerung gleichsteht.83 Diese Auffassung übersieht aber in jedem Fall, daß sowohl die Bestellung des Nießbrauchs als auch die Verpfändung sich in aller Regel auf die gesamte Beteiligung, also auf das gesamte Erwerbsgeschäft beziehen.84 Solche Rechtsgeschäfte sind daher nicht mit einer Veräußerung nur eines Teils einer Beteiligung an einer Personengesellschaft vergleichbar. Als genehmigungspflichtige Veräußerung eines Unternehmensanteils i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB kann daher nur die vollständige Aufgabe der Gesellschaftsbeteiligung als Folge des endgültigen Ausscheidens des Minderjährigen aus der Gesellschaft angesehen werden. Tritt der Minderjährige hingegen nur

81

So zu Recht Nagel, S. 134.

82

Stahl, S. 145, 146.

83

M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 19.

84

Zutreffend Böttcher / Krahmer, RWP 1965 (626), S. 23, 26.

Β. Hauptteil

1

einen Teil seiner Beteiligung ab, so ist die daraus resultierende Änderung der Gesellschaftsanteile nicht als nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungspflichtige Veräußerung eines Teils eines Erwerbsgeschäfts anzusehen, sondern lediglich als eine Änderung des Gesellschaftsvertrages.

cc) Die Umwandlung

der Komplementärsposition

in eine Kommanditistenstellung

Ebenso wird eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB wegen teilweiser Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligung verlangt, wenn der minderjährige Komplementär nachträglich die Stellung eines Kommanditisten einnimmt. 85 Da die Beteiligungsumwandlung zu einer Einbuße einiger Gesellschafterrechte des Minderjährigen und insofern im Innenverhältnis zu wesentlichen Beeinträchtigungen im Verhältnis zu den anderen Mitgesellschaftern führe, sei diese Beschränkung seiner Rechtsstellung als teilweise Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungsbedürftig. 86 Für die Frage, ob eine der genehmigungspflichtigen „Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts" entsprechende Anteilsveräußerung vorliegt, ist — wie zuvor erörtert — ausschließlich die vollständige Aufgabe der gesellschaftlichen Beteiligung an der Erwerbsgesellschaft durch den Minderjährigen entscheidend. Die Änderung der formellen Rechtsstellung führt durch die Einbuße eines Teils seiner Gesellschaftrechte wohl zu einer „Schlechterstellung" 87 des Minderjährigen innerhalb der Gesellschaft. Der minderjährige Gesellschafter bleibt jedoch nach wie vor, wenn auch nur noch als Kommanditist, unverändert als gesamthänderischer Mitinhaber des betriebenen Unternehmens an der Personengesellschaft beteiligt. Durch die Beteiligungsumwandlung bleibt daher selbst seine dingliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen und damit am gesellschaftlich betriebenen Unternehmen unberührt. 88 Diese „Schlechterstellung" kann daher nicht einer i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungspflichtigen Anteilsveräußerung gleichgesetzt werden. Andernfalls müßte auch eine Vertragsänderung, durch die der Gewinnanteil des Minderjährigen geschmälert wird, als Anteilsveräußerung zwangs-

85

So erkennbar aber wohl nur Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 9.

86

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 9.

87

So zutreffend Winkler , ZGR 1973, S. 177, 203.

88

Daher insoweit auch ablehnend Stahl, S. 146.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

läufig der Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB unterliegen. 89 Die vertragliche Abrede, daß einem minderjährigen Komplementär eine Kommanditistenstellung eingeräumt werden soll, ist damit nur eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, nicht aber eine Anteilsveräußerung i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB. 9 0

dd) Auflösung einer Personengesellschaft

Auch der Vertrag bzw. Beschluß zur Auflösung einer Personengesellschaft, an der ein Minderjähriger beteiligt ist, unterliegt nicht dem Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB. Hierbei handelt es sich weder um einen Vertrag, der „auf die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts" gerichtet ist, noch kann die Auflösung einer „Veräußerung" gleichgesetzt werden. 91 Eine Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB ergibt sich auch dann nicht, wenn man die „Veräußerung" i.S.d. § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB allgemein als Aufgabe oder Verlust des Gesellschaftsanteils interpretiert. 92 Mit dem Auflösungsbeschluß tritt noch kein endgültiger oder vollständiger Verlust der Unternehmensbeteiligung ein. Vielmehr ändert sich hierdurch nur der Gesellschaftszweck, der nunmehr in der Liquidation der Gesellschaft besteht. In der Form einer Abwicklungsgesellschaft bleiben daher die Personengesellschaft sowie die Beteiligungen an ihr zunächst noch bestehen.93

b) § 1822 Nr. 10: Die Umwandlung einer Kommanditistenstellung in die eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder KG Rückt der Minderjährige später aus der Rechtsstellung eines Kommanditisten in die eines persönlich haftenden Gesellschafters ein, so haftet er vom Augen-

89

Insoweit zutreffend Winkler, ZGR 1973, S. 177, 203; a.A. aber Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 9, der jede teilweise Anteilsveräußerung dem Genehmigungszwang unterwirft. 90

I.Erg, auch Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 203; Stahl, S. 146.

91

So BGHZ 52, 316, 319; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 18; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 20, 27; Staub / Ulmer, § 131, Rdnr. 31; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 12; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 205; Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 327; a.A. wohl Westermann, GesR, Rdnr. 619; Schlegelberger / Geßler, § 131, Anm. 17. 92

So für den Fall der Kündigung Wiedemann, S. 246 / 247.

93

Vgl. BGHZ 52, 316, 319.

1

Β. Hauptteil

blick der Beteiligungsumwandlung an nach § 130 HGB auch für alle bestehenden Schulden der Gesellschaft in vollem Umfang persönlich und unmittelbar. Insofern ist es denkbar, eine Genehmigungspflicht dieser Vertragsänderung aus § 1822 Nr. 10 BGB wegen der Übernahme einer fremden Verbindlichkeit abzuleiten. Fraglich ist aber bereits, ob der Minderjährige mit dieser neuen unmittelbaren bzw. erweiterten Haftung zugleich eine fremde Schuld i.S.d. § 1822 Nr. 10 BGB übernimmt. 94 Der Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 10 BGB erfaßt unbestritten nicht die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit als eigene, sondern ausschließlich die Übernahme von Verbindlichkeiten eines Dritten als wirtschaftlich fremde Schuld, für deren Tilgung der Minderjährige Rückgriff gegen den Primärschuldner nehmen kann (sog. „Subsidiärhaftung"). 95 Diese einschränkende Auslegung entspricht dem gesetzgeberischen Zweck der Vorschrift, die verhindern soll, daß eine Schuld nur wegen der Möglichkeit eines Rückgriffs und deshalb als vermeintlich risikolos vollzogen wird. 96 Da dieses Risiko aber dann nicht besteht, wenn eine Schuld als wirtschaftlich eigene und damit von vornherein ohne rechtliche Möglichkeit eines Regresses übernommen wird, setzt die Anwendbarkeit des § 1822 Nr. 10 BGB die Übernahme der Verbindlichkeit eines Dritten durch den Minderjährigen als wirtschaftlich fremde, nicht als eigene Schuld voraus. 97 Insofern könnte man durchaus argumentieren, daß der Minderjährige nunmehr Schuldner einer fremden Verbindlichkeit werde, da sich die Forderungen der Gläubiger zuvor nur gegen die Mitgesellschafter gerichtet haben.98 Hinzu kommt, daß die persönlich haftenden Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gem. §§ 128, 161 Abs. 2 HGB als Gesamtschuldner haften. Nach Auffassung der Rechtsprechung 99 ist auch die Übernahme einer gesamtschuldnerischen Haftung wegen der Gefahr der Inanspruchnahme auf das Ganze

94 So Biddermann, S. 21 f.; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 9; Briiggemami, FamRZ 1990, S. 5, 124, 125; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 200; Stahl, S. 140; Beitzke, JR 1963, S. 182, 184; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 85; ablehnend Nagel, S. 134; Baumbach / Duden / Hopt, § 105, Anm. 1 B. 95 Vgl. RGZ 133, 7, 12 ff., 13; RGZ 158, 210, 215, 216; BGHZ 60, 385 ff., 388 / 389; Soergel/ Damrau, § 1822, Rdnr. 36; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 62; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 23. 96

BGH NJW 1989, 1926, 1927.

97

RGZ 158, 210, 216; RGZ 133, 7, 13; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 62; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 36; Staudinger / Engler, §§ 1821, 1822, Anm. 118. 98 99

So Biddermann,

S. 22.

So RGZ 133, 7, 13; BGHZ 60, 385 ff.; vgl. auch Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 23; Beitzke, § 37 III 5 e.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

und der daraus folgenden Regreßmöglichkeit als Übernahme einer wirtschaftlich fremden Verbindlichkeit i.S.d. § 1822 Nr. 10 BGB genehmigungspflichtig. So hat das Reichsgericht 100 hervorgehoben, eine Verbindlichkeit sei wirtschaftlich fremd, wenn trotz der Übernahme in letzter Linie der Dritte haften solle, sei es, daß der Minderjährige nur neben oder hinter dem Dritten haften solle, sei es, daß er zwar allein haften solle, jedoch mit dem Vorbehalt des Regresses gegen den Dritten. Auch dem Minderjährigen steht gegenüber den Mitgesellschaftern ein Ausgleichsanspruch zu, wenn er als persönlich haftender Gesellschafter eine Schuld, für die die Gesellschafter gem. § 128 HGB als Gesamtschuldner haften müssen, erfüllt. 101 Da dem Mindeijährigen im Falle seiner Leistung demnach ein Ersatzanspruch gegen die übrigen Gesellschafter zusteht, könnte es sich insofern tatsächlich um die Übernahme einer wirtschaftlich fremden Schuld i.S.d. § 1822 Nr. 10 BGB handeln. Andererseits kann der Minderjährige aber nach der Tilgung der Verbindlichkeit den gezahlten Betrag nicht in voller Höhe von den Mitgesellschaftern zurückverlangen, da auch der zahlende Gesellschafter für die Schuld der Gesellschaft gem. § 128 HGB persönlich einstehen muß. Vielmehr muß er sich seinen Anteil am Verlust abziehen lassen und darf die übrigen Gesellschafter nur nach Maßgabe ihrer Verlustbeteiligung in Anspruch nehmen.102 Darüber hinaus handelt es sich bei der Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB um eine primäre Schuld. Der Gläubiger kann daher sofort, ohne zunächst die Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, Erfüllung von den Gesellschaftern verlangen. 103 Hierbei kann sich ein Gesellschaftsgläubiger auch direkt an den Minderjährigen wenden, ohne zuvor auf die anderen Gesellschafter zurückgreifen zu müssen. Wenngleich der Minderjährige auch darauf vertrauen mag, daß die Mitgesellschafter als „eigentliche" Schuldner leisten werden, die Gesellschaftsgläubiger ihn aber wohl erst in Anspruch nehmen, wenn sie sich bei den übrigen Gesellschaftern nicht mehr befriedigen können, so ist der Minderjährige doch nicht erst in zweiter Linie leistungspflichtig, wie im klassischen Anwendungsfall des § 1822 Nr. 10 BGB, der Bürgschaft, bei der sich der Gläubiger zunächst an den Hauptschuldner halten muß. Es kann daher auch weder von einer „Subsidiärhaftung" noch von „Primärschuldner" und

100

RGZ 133, 7, 13.

101

Vgl. Hueck, GesR, § 15 III 7 a; bei BGB-Gesellschaft nach § 426 BGB, bei Personenhandelsgesellschaft str., ob gesamtschuldnerischer Ausgleich gem. § 426 BGB oder modifizierter Anspruch gem. §§ 124, 110, 128 (§ 161 Abs. 2) HGB. 102 Vgl. Hueck, GesR, § 15 I I I 7 a; BGHZ 37, 299; BGH DB 1979, 2364; BGH DB 1981, 367 (für die BGB-Gesellschaft). 103

Vgl. Hueck, GesR, § 15 III 3: es gibt keine Einrede der Vorausklage wie bei der Bürgschaft.

12

Β. Hauptteil

„Sekundärschuldner" gesprochen werden. Insoweit ist die Situation innerhalb der Personengesellschaft ferner nicht mit der innerhalb einer GmbH vergleichbar. Das Reichsgericht 104 hat in einer Entscheidung darauf abgestellt, daß die Verbindlichkeiten einer GmbH für den minderjährigen Gesellschafter fremde Verbindlichkeiten i.S.d. § 1822 Nr. 10 BGB seien, da die Schulden der Gesellschaft nicht als Schulden der Gesellschafter anzusehen seien. Zwar beeinflusse die Schuldenbelastung der Gesellschaft den Wert der Geschäftsanteile, doch berühre dies weder das übrige Vermögen der Gesellschafter noch deren Stellung zu den Gläubigern. Insoweit unterscheidet sich die Haftung eines GmbHGesellschafters aber von der eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft. Der GmbH-Gesellschafter übernimmt im Gegensatz zu diesem durch seine Beteiligung keine persönliche Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Vielmehr ist die Haftung des GmbH-Gesellschafters ausschließlich auf seine Einlage beschränkt. Diese Haftungsbegrenzung gehört zum Wesen dieser Kapitalgesellschaft. Insoweit ist der Auffassung des Reichsgerichts 105 zwar zuzustimmen, daß die Verpflichtung eines GmbH-Gesellschafters, für eine Gesellschaftsschuld mit seinem übrigen Vermögen aufzukommen, für diesen eine neue, fremde Verbindlichkeit begründet. Anders stellt sich die Haftungssituation jedoch innerhalb einer Personengesellschaft dar. Der persönlich haftende Gesellschafter einer OHG / KG haftet für Gesellschaftsverbindlichkeiten grundsätzlich unmittelbar, primär, unbeschränkt sowie auf das Ganze, also nicht nur für den auf ihn entfallenden Teil. 1 0 6 Die Schulden der Gesellschaft sind damit zugleich auch Schulden der persönlich haftenden Gesellschafter. Steht er daher für die Erfüllung einer Gesellschaftsverbindlichkeit ein, so entsteht für ihn, anders als für einen GmbH-Gesellschafter, keine neue, ihm bisher fremd gewesene Verbindlichkeit. Dem Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 10 BGB unterfällt im übrigen auch nicht jede fremde Schuld. Voraussetzung ist vielmehr stets, daß im Innenverhältnis für die Schuld, die nach außen als eigene übernommen wird, letztlich allein der Erstschuldner haftet und ersatzpflichtig bleibt. 107 Diese Aspekte wiederum sprechen für die Übernahme der Haftung für bereits bestehende Gesellschaftsverbindlichkeiten auch als eigene, nicht hingegen als ausschließlich wirtschaftlich fremde Schuld i.S.d. § 1822 Nr. 10 BGB. Insoweit ist die Bewertung der Haftungsübernahme

104

RGZ 133, 7, 12.

105

RGZ 133, 7, 12.

106

Hueck, GesR, § 15 III 3.

107

Vgl. BGH NJW 1989, 1926 m.w.N.; RGZ 133, 7, 13.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

des Minderjährigen nach § 130 HGB für bestehende Gesellschaftsverbindlichkeiten als Übernahme einer wirtschaftlich fremden Verbindlichkeit zweifelhaft. Die Haftung aus § 130 HGB ist hier aber nur gesetzliche Folge der Vertragsänderung. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage wäre daher entbehrlich, wenn § 1822 Nr. 10 BGB ohnehin nur die rechtsgeschäftliche Übernahme fremder Verbindlichkeiten erfaßte. Z.T. wird die Auffassung vertreten, daß dieses Genehmigungserfordernis auch die Fälle erfaßt, in denen der Eintritt in eine fremde Schuld nicht ausdrücklich vereinbart wird, sondern sich kraft Gesetzes als Folge eines bestimmten Rechtsgeschäfts vollzieht. 108 Somit soll es für die Anwendung des § 1822 Nr. 10 BGB nicht darauf kommen, ob die Haftung ausdrücklich durch ein Rechtsgeschäft übernommen wird oder ob sie kraft Gesetzes als Folge eines anderen Rechtsgeschäfts eintritt. Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß es nach dem Zweck des § 1822 Nr. 10 BGB gleichgültig sei, ob die Haftung für die fremde Verbindlichkeit ausdrücklich übernommen werde oder ob sie die gesetzliche Folge des Vertragsschlusses sei. Entscheidend sei vielmehr, den Minderjährigen vor den mit dem Abschluß solcher Verträge verbundenen Gefahren zu schützen.109 Es fragt sich aber, ob darin nicht eine Überdehnung dieser Vorschrift zu sehen ist. Zwar differenziert der Wortlaut der Vorschrift nicht zwischen rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Haftung. Der Wortlaut spricht nur von der „Übernahme fremder Verbindlichkeiten" und diese können auch als gesetzliche Folge eines Rechtsgeschäfts eintreten. Aus dem Wortlaut läßt sich eine Beschränkung nur auf eine rechtsgeschäftliche Übernahme daher nicht herleiten. Auch die Motive des Gesetzgebers geben hierüber keine Auskunft. Der Gesetzgeber räumt aber ein, daß der Ausdruck „Übernahme fremder Verbindlichkeiten" wegen seiner Unbestimmtheit zu Streitfragen Veranlassung geben könnte. Dennoch hat er im Hinblick auf die Gefahr der Unvollständigkeit auf eine kasuistische Aufzählung der in Betracht kommenden Fälle verzichtet. 110 Wie weit der Begriff der Übernahme der fremden Verbindlichkeit zu fassen ist, kann daher zweifelhaft sein. Neben der ausdrücklich erwähnten Bürgschaft gehören hierher nach allgemeiner Ansicht wohl auch die Verpfändung, die Sicherungsabtretung bzw. Sicherungsübereignung sowie die

108

RGZ 133, 7, 13; BGH NJW 1989, 1926; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 65; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 39; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 24; Oberloskamp / Pollak, § 8, Anm. 183; Dolle, § 128 II 2 e cc; Gernhuber, § 52 V 10; a.A.'Winkler, ZGR 1973, S. 177, 182; wohl auch Wiedemann, S. 248 / 249; Beitzke, § 37 III 5 e; Knopp, BB 1964, S. 200, 201. 109

So RGZ 133, 7, 13 / 14.

110

Vgl. Motive IV, 1144.

1

Β. Hauptteil

Schuldübernahme 111 und der Schuldbeitritt. 112 Nach Ansicht des Gesetzgebers empfiehlt sich der Genehmigungszwang wegen der Gefährlichkeit der in Rede stehenden Geschäfte. 113 Dies läßt aber darauf schließen, daß die Übernahme der fremden Schuld von Anfang an Gegenstand und nicht erst Sekundärfolge des jeweiligen Geschäfts sein muß. Die Gleichstellung von rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Haftung im Rahmen des § 1822 Nr. 10 BGB führt daher zu einer Überdehnung der Vorschrift 114 , die nicht gerechtfertigt erscheint. Nach § 1822 Nr. 10 BGB genehmigungsbedürftig ist daher nur ein solches Rechtsgeschäft, welches die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit zum Gegenstand hat. Wandelt sich hingegen die Rechtsstellung eines minderjährigen Kommandantisten in die eines persönlich haftenden Gesellschafters um, so ist diese Vertragsänderung mit der Folge einer unbeschränkten persönlichen Haftung nach § 130 HGB nicht nach § 1822 Nr. 10 BGB genehmigungspflichtig.

c) Das Eingreifen sonstiger Genehmigungstatbestände Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, daß Vertragsänderungen sonstige Genehmigungserfordernisse der §§ 1821, 1822 BGB erfüllen können. So bedarf eine Änderung des Gesellschaftsvertrages z.B. dann der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn sie für den Minderjährigen die Verpflichtung zur Verfügung über sein Vermögen im ganzen (§ 1822 Nr. 1 BGB), über ein Grundstück (§ 1821 Nr. 4 BGB), zur Einbringung eines Erwerbsgeschäfts (§ 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB) 1 1 5 , zu Geldeinlagen (§§ 1806, 1807, 1811 BGB) 1 1 6 oder Nebenverpflichtungen i.S.d. § 1822 Nr. 5 BGB vorsieht 117 . Ferner muß auch zu einem Änderungsvertrag, der das Abfindungsguthaben des Ausscheidenden vergleichsweise regelt (§ 1822 Nr. 12) oder zusammen mit einem Ausscheidungsübereinkommen eine Schiedsklausel (§ 1822 Nr. 12) vorsieht, die Genehmigung

111 Nicht aber die befreiende Schuldübernahme, bei der kein Regreß zum bisherigen Schuldner zugelassen wird, RGZ 158, 210, 216. 112

M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 64; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 38; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 24; Gernhuber, § 52 V 10. 113

Motive IV, 1144.

114

Vgl. Knopp, BB 1964, S. 200, 201: „Die Sachgerechtheit dieser Auslegung,..., ist fraglich...".

115

KG OLGE 13, 315, 316.

116

Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 201.

117

Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 201; Wiedemann, S. 253.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

des Vormundschaftsgerichts eingeholt werden. 118 Wegen der in § 1643 Abs. 1 BGB enthaltenen beschränkten Verweisung auf den Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB gilt dies jedoch nur für den Vormund und Ergänzungspfleger, nicht hingegen für die Eltern des Minderjährigen. Die Aufzählung der einzelnen Genehmigungstatbestände in den §§ 1821, 1822 BGB hat aber vielfach die Überschneidung dieser Tatbestände zur Folge. Insofern darf es bei der Ermittlung ihres Anwendungsbereiches keine Rolle spielen, ob und wie weit das in Frage stehende Rechtsgeschäft schon durch andere Tatbestände erfaßt und damit genehmigungsbedürftig wird. 119 Daher darf auch die Genehmigungsbedürftigkeit einer Vertragsänderung nicht davon abhängig gemacht werden, ob diese gleichzeitig einen anderen Genehmigungstatbestand der §§ 1821, 1822 BGB erfüllt. Wäre das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für Gesellschaftsvertragsänderungen davon abhängig, ob nach dem Inhalt der konkreten Änderung ein sonstiges Genehmigungserfordernis eingreift, so wäre die Änderung des Gesellschaftsvertrages beispielsweise dann genehmigungspflichtig, wenn sie einen der o.g. Genehmigungstatbestände erfüllt. Dagegen blieben folgende als Vertragsänderungen zu bewertende Rechtsgeschäfte weiterhin genehmigungsfrei: Der Gesellschafterwechsel, d.h. die Aufnahme eines neuen, aber auch das Ausscheiden eines bisherigen Gesellschafters, ferner die Änderung der Gewinnbeteiligung sowie sonstige Beteiligungsänderungen oder die Abänderung der Geschäftsführungs oder Vertretungsbefugnis. 120 Eine solche Differenzierung führt aber dazu, daß die Genehmigung einer Vertragsänderung immer von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängig gemacht würde. 121 Der Einwand Stahls 122 , daß sich das Problem einer im Rahmen der §§ 1821 ff. BGB unzulässigen Einzelfallbetrachtung nur stellen könne, wenn ein und derselbe Genehmigungstatbestand je nach Fallgestaltung differenzierend angewandt werde, während die Frage, ob für verschiedene Abreden verschiedene Genehmigungstatbestände anwendbar sind, nur anhand der jeweiligen konkreten Abrede beurteilt werden könne, ist insoweit unzutreffend. Andernfalls wüßte der gesetzliche Vertreter oft nicht, ob gerade die beschlossene Änderung des Gesellschaftsvertrages inhaltlich einen sonstigen Genehmigungstatbestand der §§ 1821, 1822 BGB erfüllt und somit genehmi-

118 Stöben Rpfleger 1968, S. 2, 3; Beitzke, JR 1963, S. 182, 184; Winkler, S. 177, 201. 119

Knopp, BB 1962, S. 939, 940.

120

Vgl. Haegele, BWNotZ 1969, S. 2, 14.

121

So zutreffend Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 6.

122

Stahl, S. 139.

10 Hilsmann

ZGR 1973,

16

Β. Hauptteil

gungsbedürftig ist, zumal solche Genehmigungserfordernisse oft nur schwer erkennbar sind. 123 Dies aber birgt die Gefahr einer Vielzahl unwirksamer Vertragsänderungen und widerspricht damit dem erklärten Interesse des Rechtsverkehrs. Hierbei handelt es sich gerade um das gegen die Genehmigungsbedürftigkeit späterer Vertragsänderungen ins Feld geführte Argument. 124 Dieser Gesichtspunkt realisiert sich jedoch eher dann, wenn man Änderungen eines Gesellschaftsvertrages nur dann für genehmigungsbedürftig hält, wenn sie nach ihrer konkreten Ausgestaltung einen sonstigen Genehmigungstatbestand erfüllen, nicht aber, wenn man die Vertragsänderungen einheitlich dem Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unterstellt. Eine generelle Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf spätere Änderungen eines Gesellschaftsvertrages könnte vielmehr die bestehende Unsicherheit über die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit einer konkreten Vertragsänderung beseitigen. Daher sollten Gesellschaftsvertragsänderungen, auch wegen der engen inneren Verknüpfung zum ursprünglich genehmigungsbedürftigen Gesellschaftsvertrag, einheitlich unter demjenigen Recht stehen, unter welchem der bestehende Gesellschaftsvertrag ursprünglich abgeschlossen wurde. 125

d) Zusammenfassung Das Eingreifen sonstiger Genehmigungstatbestände steht somit der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke für die Genehmigungspflicht späterer Vertragsänderungen gem. § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht entgegen, zumal nur einzelne Vertragsänderungen gleichzeitig ein anderes Genehmigungserfordernis der §§ 1821, 1822 BGB erfüllen können.

2. Die Bedenken der h.M. gegen die Anordnung einer Genehmigungspflicht für Änderungen eines Gesellschaftsvertrages Auch dann, wenn das Gesetz für einen an sich regelungsbedürftigen Sachverhalt eine positive Regelung vermissen läßt, ist das Bestehen einer Regelungslücke zu verneinen, sofern das Schweigen des Gesetzes „beredt" ist. Fraglich ist

123

Stöben Rpfleger 1968, S. 2, 6; Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 201.

124

So auch von Stahl, S. 136.

125

Daher zu Recht Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

17

daher, ob der Gesetzgeber bewußt auf das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für spätere Änderungen eines Gesellschaftsvertrages verzichtet hat oder ob es sich hierbei um eine „planwidrige Unvollständigkeit ,, handelt. Die Rechtsprechung sowie das ihr folgende Schrifttum stützen ihre ablehnende Haltung gegenüber der Einführung eines Genehmigungserfordernisses für nachträgliche Vertragsänderungen auf das Argument, daß bei Anordnung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungspflicht die Gefahr einer drohenden Rechtsunsicherheit so gravierend sei, daß im Bereich der Vertragsänderungen die Interessen des Verkehrsschutzes nicht gegenüber dem Schutzbedürfnis des Minderjährigen zurücktreten könnten. 126 Hiernach wird im Rahmen einer Abwägung zwischen den gegenläufigen Interessen des Minderjährigen sowie des Rechtsverkehrs letzteren einhellig der Vorrang eingeräumt. Grundsätzlich kann auch ein überwiegendes Interesse an der Wahrung der Rechtssicherheit geeignet sein, die Annahme einer Regelungslücke für eine gesetzlich nicht geregelte Fallgruppe auszuschließen.127 Bereits zu Beginn dieser Untersuchung wurde jedoch darauf hingewiesen, daß sich das Bundesverfassungsgericht 128 grundsätzlich für den Vorrang des Minderjährigenschutzes vor dem Verkehrsschutz ausgesprochen hat, so daß in diesem Konflikt nunmehr nicht mehr einseitig zu Lasten des Minderjährigen entschieden werden kann. Vielmehr wird künftig dem Minderjährigenschutz weit stärkeres Gewicht als bisher eingeräumt werden müssen. Das führt nach den vorangegangenen Ausführungen bereits dazu, daß im Interesse des Rechtsverkehrs nicht länger rigoros an der enumerativen Aufzählung der Genehmigungstatbestände festgehalten werden kann, sondern zum Schutz des Minderjährigen eine Erweiterung des Genehmigungskataloges in den oben entwickelten Grenzen grundsätzlich zulässig ist. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten des Minderjährigenschutzes bedeutet aber nicht zugleich, daß in diesem Konflikt die Interessen des Verkehrsschutzes nunmehr völlig zurücktreten müssen.129 Vielmehr muß im Einzelfall stets abgewogen werden, in welchem Ausmaß das Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach Rechtssicherheit bei einem Vorrang des Minderjährigenschutzes beeinträchtigt würde. Im folgenden stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit die von der h.M. vorgetragenen Beweggründe der An-

126

Vgl. hierzu die in § 4 I, II 3 Genannten.

127

Vgl. Larenz, S. 357.

128

BVerfGE 72, 155 ff.

129

Vgl. Schmidt, BB 1986, S. 1238, 1241; ihm folgend Stahl, S. 83.

10*

Β. Hauptteil

1

nähme einer planwidrigen Regelungslücke und damit der Einführung einer Genehmigungspflicht für nachträgliche Vertragsänderungen entgegenstehen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit der Gesellschaft und der Entscheidungsfreiheit des gesetzlichen Vertreters, die Gefährdung des Rechtsverkehrs durch die Nichtgeltung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sowie die Überforderung des Vormundschaftsgerichts.

a) Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Gesellschaft Die Befürworter der Genehmigungsfreiheit späterer Vertragsänderungen wenden ein, daß die ständige Einschaltung des Vormundschaftsgerichts bei jeder Vertragsänderung zu einer Beeinträchtigung und Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit und Flexibilität der Handelsgesellschaft führen würde, da einerseits im Wirtschaftsleben überwiegend rasch gehandelt werden müsse, während sich andererseits das Genehmigungsverfahren in der Regel langwierig und schwerfällig gestalte.130 Das Bedürfnis nach schnellen unternehmerischen Entscheidungen sowie wirtschaftlicher Bewegungsfreiheit stellt sich vorwiegend auf der Ebene des laufenden Geschäftsbetriebs bei Maßnahmen der Geschäftsführung und Vertretung. In diesem Bereich sind die Gesellschafter allerdings von jeder vormundschaftsgerichtlichen Kontrolle befreit. Maßnahmen der Geschäftsführung bedürfen bereits deshalb keiner Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts, da sie nur das Verhältnis der Gesellschafter zueinander im Innen Verhältnis betreffen. 131 Aber auch die laufenden Geschäfte der Gesellschaft im Außenverhältnis obliegen allein den geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschaftern ohne Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. Sie unterliegen auch dann nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn sie einen sonstigen Genehmigungstatbestand der §§ 1821, 1822 BGB erfüllen, da die Gesellschafter nicht den Minderjährigen, sondern die Gesellschaft vertreten, die ihrerseits nicht unter Vormundschaft steht, und insoweit das Gesellschaftsrecht als Sonderrecht gilt. 1 3 2 Somit können die Gesellschafter selbst für die Erwerbsgesellschaft so wichtige Geschäfte wie die Erteilung der

130 So u.a. Stahl, S. 136; Winkler, § 6 IV. 131 132

Biddermann,

ZGR 1973, S. 177, 194; Wiedemann , S. 251; Hueck, OHG,

S. 171.

RGZ 125, 380, 381; BGHZ 38, 26, 30; Woeste, DB 1957, S. 421; vgl. auch M K / Schwab-, § 1821, Rdnr. 9; Klüsener, Rpfleger 1981, S. 461, 464.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

Prokura oder die Übernahme einer Bürgschaft eingehen. Auf dem Gebiet des laufenden Geschäftsbetriebs kann eine Behinderung der Gesellschaft durch das Vormundschaftsgericht daher nicht eintreten. Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit ist mithin im Bereich der Unternehmensführung grundsätzlich gewährleistet. Nun argumentiert Wiedemann 133 , daß der Geschäftsgang einer Personengesellschaft eilige Änderungen des Gesellschaftsvertrages verlangen könne, die nicht bis zur gerichtlichen Stellungnahme aufgeschoben werden könnten. Dies ist insbesondere denkbar bei Änderungen der Vertretungsmacht, da hierdurch das Unternehmen bzw. die Gesellschaft in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt werden, solange die Vertretungsverhältnisse nicht wirksam geklärt sind. Das gilt ferner beim Austausch der Gesellschafterstellungen zwischen einer Komplementär- und einer Kommanditistenposition. Die Wirksamkeit der getätigten Vertretungsakte des zum Komplementär gewordenen Kommanditisten wäre zunächst in Frage gestellt, da er diese in seiner wirklichen Stellung als Kommanditist nach §§ 164, 170 HGB nicht hätte vornehmen können. Beim Eingehen von Gesellschaftsverbindlichkeiten im laufenden Geschäftsbetrieb müssen weiterhin auch die Haftungsverhältnisse eindeutig geklärt sein, die sich durch eine Beteiligungsumwandlung oder durch einen Gesellschafterwechsel verändern können. Insoweit ist Wiedemann zuzugeben, daß Vertragsänderungen, die auch Auswirkungen auf das Außenverhältnis zu Dritten haben, im Hinblick auf den Geschäftsbetrieb eilbedürftig sein können. Das gilt hingegen nicht für solche Vertragsänderungen, die lediglich die schuldrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander im Innenverhältnis betreffen, so z.B. für sonstige Beteiligungsänderungen, wie die Änderung des Entnahme-, Stimmoder Kontrollrechts oder des Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssels. Warum derartige Vertragsänderungen aber nicht bis zur gerichtlichen Stellungnahme aufgeschoben werden können, ist allerdings nicht einzusehen. Die jeweilige Vertragsänderung ist lediglich bis zur Genehmigung schwebend unwirksam (vgl. § 1829 Abs. 1 S. 1 BGB). Die nachträgliche erteilte Genehmigung wirkt dann aber auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück (vgl. § 184 Abs. 1 BGB), so daß die Änderung als von Anfang an wirksam zu behandeln ist. Insoweit gilt nichts anderes als bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit dem Minderjährigen ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nach § 108 Abs. 1 BGB. Auch dort wird das jeweilige Rechtsgeschäft bis zur Erteilung der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter als schwebend unwirksam behandelt. Der Verkehrsschutz tritt also in diesem

133

Wiedemann, S. 251.

1

Β. Hauptteil

Bereich hinter den Minderjährigenschutz zurück. Das Gesetz schützt hier den Vertragspartner nur insoweit, als es ihm die Möglichkeit einräumt, sich bei Gutgläubigkeit durch Widerruf von seiner eigenen Bindung zu befreien (§ 109 BGB) und im übrigen durch eine Aufforderung an den gesetzlichen Vertreter das Ende des Schwebezustandes herbeizuführen (§ 108 Abs. 2 BGB). Nur in diesem Umfang tritt das Interesse des Minderjährigen hinter das des Vertragspartners zurück. Darüber hinaus sind die Mitgesellschafter nicht gehindert, das Gericht bereits vorab über die beschlossene Vertragsänderung zu informieren und um eine Stellungnahme über die Genehmigungsfähigkeit der konkreten Vertragsänderung ersuchen. 134 Auf diese Weise können sich die Gesellschafter die Genehmigung bereits in Aussicht stellen lassen135 oder auf Anregung des Gerichts die jeweilige Vertragsänderung zwischenzeitlich entsprechend umgestalten. In der Zwischenzeit können die Gesellschafter auftretende Schwierigkeiten vermeiden, solange sie sich noch nicht auf der Grundlage des abgeänderten Vertrages betätigt haben, so z.B. die neu eingeräumte Geschäftsführungs - und Vertretungsbefugnis nicht wahrgenommen haben oder die Beteiligungsumwandlung zwar beschlossen, aber noch nicht durchgeführt haben. Den Gesellschaftern ist ein Abwarten auf die gerichtliche Entscheidung daher durchaus zumutbar. Wird die Genehmigung zu der Vertragsänderung im Interesse des Minderjährigen verweigert, so können die Mitgesellschafter sich hingegen nicht darauf berufen, daß sie auf den Bestand der Änderung vertraut und sich in ihrem geschäftlichen Verhältnis bereits darauf eingerichtet haben. Der Vertragspartner eines Minderjährigen ist sich von Anfang an bewußt, daß er auf die Belange des Minderjährigen Rücksicht zu nehmen hat und insofern besonderen Regeln unterworfen ist. Auch wenn den Gesellschaftern die Genehmigung der Vertragsänderung lästig werden kann, können sie daher im Hinblick auf die mit einer Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen verbundenen Schwierigkeiten nachträglich nicht einwenden, daß der Minderjährige ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit hinderlich im Weg stehe.136 Der Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes der Gesellschafter untereinander muß daher auch hier hinter dem Minderjährigenschutz zurücktreten. Da somit nicht das gesamte Gesellschaftsleben der Kontrolle des Vormundschaftsgerichts unterliegt, werden die Gesell-

134

Zu dieser Möglichkeit: Oberloskamp / Pollak, § 8, Rdnr. 114.

135

Die Inaussichtstellung kommt aber noch keine rechtliche Bindung zu, vgl. Oberloskamp / Pollak, § 8, Rdnr. 114. 136

So zu Recht auch Friess, Hueck, OHG, § 6 IV, Fn. 43.

DB 1969, S. 959; a.A. wohl Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 198;

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

1

schafter und die Vertragspartner des Unternehmens daher nicht über ein unzumutbares Maß hinaus in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit beschränkt.

b) Die Überforderung des Vormundschaftsgerichts Nicht zu überzeugen vermag weiterhin der Einwand, dem Vormundschaftsgericht werde durch die Einführung einer Genehmigungspflicht in weitem Umfang die Entscheidung kaufmännischer Zweckmäßigkeitsfragen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens aufgebürdet. 137 Zwar ist nicht auszuschließen, daß der Rechtspfleger 138 bei der Überprüfung der Genehmigungsfähigkeit einer Vertragsänderung neben der Prüfung rechtlicher Fragen auch mit der Prüfung komplizierter wirtschaftlicher und steuerrechtlicher Fragen konfrontiert werden kann. Insofern sehen Hueck und Winkler die Gefahr, daß das Gericht vielfach überfordert sei, derartige Fragen in eigener Verantwortung mit der gebotenen Sachkunde und Schnelligkeit zu beurteilen und daher geneigt sei, bei der Erhöhung des für den Minderjährigen bestehenden unternehmerischen Risikos die Genehmigung zu verweigern, auch wenn die Maßnahmen im Interesse der Gesellschaft geboten seien. 139 Es kann dahingestellt bleiben, ob das Vormundschaftsgericht überhaupt in der Lage ist, solche Fragen in ihrer ganzen Tragweite zu überblicken. Der Rechtspfleger ist nicht gehindert, bei der Prüfung wirtschaftlich komplexer Fragen einen Sachverständigen, z.B. einen Unternehmensoder Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer hinzuzuziehen. In jedem Fall obliegt dem Gericht diese Prüfung nicht erstmals im Genehmigungsverfahren einer Vertragsänderung, sondern bereits bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages. Der Prüfungsumfang geht aber bei der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung einer Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht weiter als beim ursprünglichen Gesellschaftsvertrag selbst 140 . Hier wie dort hat das Gericht ausschließlich zum Schutz des Minderjährigen die konkreten Auswirkungen der einzelnen Vertragsbestimmungen auf dessen Gesellschafterposition zu überprüfen und so das Wohl und Interesse

137

So aber BGHZ 38, 26, 29.

138

Mit Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes (BtG) zum 1.1.1992 ist der Richtervorbehalt für bestimmte Genehmigungen des Vormundschaftsgerichts (vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 a, 14 Nr. 9 RpflG) entfallen und auf den Rechtspfleger übertragen worden. Hierzu gehört auch die Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB, für die nun der Rechtspfleger funktionell zuständig ist. 139

Winkler,

140

So wohl auch Haegele, BWNotZ 1969, S. 2, 13; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5.

ZGR 1973, S. 177, 198; Hueck, OHG, § 6 IV.

12

Β. Hauptteil

des Minderjährigen sicherzustellen. 141 Es sind daher bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages keine weiterreichenden Fragen zu prüfen als im Genehmigungsverfahren des nun abzuändernden Gesellschaftsvertrages. Hierbei handelt es sich aber keineswegs — wie der Bundesgerichtshof meint — um kaufmännische Zweckmäßigkeitsfragen. Diese können nur bei unternehmerischen Entscheidungen im Rahmen der laufenden Geschäfte anfallen, die das Gericht ohnehin nicht zu beurteilen hat. Entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs kann aber zwischen Vertragsänderungen und echten kaufmännischen Entscheidungen ein enger Zusammenhang regelmäßig nicht angenommen werden. 142 Das Vormundschaftsgericht hat nur zu beurteilen, ob die geplante Änderung einer bereits bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages überprüften Vertragsklausel mit dem Interesse des Minderjährigen vereinbar ist. 143 Es hat hingegen nicht zu beurteilen, ob sie im übrigen für die Gesellschaft zweckmäßig ist. Daher kann das Gericht die Genehmigung nicht allein mit dem Hinweis verweigern, daß die Vertragsänderung aus kaufmännischer oder unternehmerischer Sicht unzweckmäßig und insofern nicht notwendig sei. Vielmehr muß diese Entscheidung den Gesellschaftern überlassen bleiben. Haben diese sich für eine Vertragsänderung entschieden, so darf das Vormundschaftsgericht nur prüfen, ob diese dem Wohl und Interesse des beteiligten Minderjährigen entspricht. Daher ist das Vormundschaftsgericht bei der Beurteilung einer Vertragsänderung letztlich nicht mehr belastet als bei der Überprüfung der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses. Die von Winkler und Hueck geschilderte Gefahr einer auf einer Fehleinschätzung beruhenden fehlerhaften Entscheidung durch den Rechtspfleger kann sich daher ebenso gut schon im Genehmigungsverfahren des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages realisieren; sie ist keine ausschließlich mit der Änderung eines Gesellschaftsvertrages zusammenhängende spezifische Gefahr. Auch die Befürchtung, das Vormundschaftsgericht könne dazu tendieren, bei der Erhöhung des für den Minderjährigen bestehenden Risikos die für eine Vertragsänderung beantragte Genehmigung nicht zu erteilen, ist unter Berücksichtigung des vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochenen Vorranges des Minderjährigenschutzes nicht mehr haltbar. Im Hinblick auf die mit einer Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen und einer Änderung des Gesellschaftsvertrages verbundenen Gefahren für den Minderjährigen

141

Vgl. hierzu noch § 8 III 3 b aa (3).

142

So aber BGHZ 38, 26, 29.

143

Vgl. Schlegelberger / Geßler, § 105, Rdnr. 54: „Die Bürde ist die gleiche."

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

1

entspricht eine solche Praxis vielmehr dem verfassungsrechtlich gebotenen Minderjährigenschutz.

c) Die Entscheidungsfreiheit des gesetzlichen Vertreters Das Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung stellt eine wesentliche Einschränkung der Entscheidungsfreiheit und der Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters dar. Daher, so wird argumentiert, bedeute der Genehmigungszwang für Änderungen eines Gesellschaftsvertrages einen weiteren außerordentlich weitgehenden Eingriff in die Entschließungsfreiheit des gesetzlichen Vertreters, durch den dessen ohnehin starke Bindung an das Vormundschaftsgericht noch verstärkt werde. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs 144 hat der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen aber nunmehr auf der genehmigten Grundlage alle weiteren Entscheidungen in eigener Verantwortung zu treffen. In diesem Zusammenhang wird eine Parallele zum Einzelhandelsgeschäft nach § 1823 BGB gezogen. Ebenso wie der gesetzliche Vertreter dort alle weiteren Maßnahmen bei der Führung des Geschäfts unter eigener Verantwortung zu treffen habe, gebe auch hier die Vertragsgenehmigung dem gesetzlichen Vertreter das Recht und die Pflicht, die erforderlichen Maßnahmen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens selbständig im Rahmen des bestehenden Gesellschafts Verhältnisses zu treffen. 145 Diese Betrachtung schließt aber eine Genehmigungspflicht für Vertragsänderungen nicht aus. Der Bundesgerichtshof spricht eindeutig nur von der Genehmigungsfreiheit für „Maßnahmen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens". 146 Hiermit ist aber zunächst nur gesagt, daß die weitere unternehmerische Betätigung des gesetzlichen Vertreters im Rahmen des genehmigten Gesellschaftsvertrages, d.h. die tatsächliche Erwerbstätigkeit, genehmigungsfrei möglich ist. Auch der gesetzliche Vertreter, der für den Minderjährigen die Gesellschafterrechte und -pflichten ausübt, bedarf zur Vornahme der laufenden Geschäfte der Gesellschaft keiner weiteren Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht, da diese nicht Geschäfte des Minderjährigen, sondern Geschäfte der Gesellschaft sind. Hierbei ist seine unternehmerische Betätigung sogar noch freier als bei der Führung eines einzelkaufmännischen Geschäftes nach § 1823 BGB. Während

144

BGHZ 38, 26, 31.

145

BGHZ 38, 26, 31.

146

BGHZ 38, 26, 32.

1

Β. Hauptteil

der gesetzliche Vertreter im Rahmen eines Einzelhandelsgeschäfts die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen hat, wenn das Rechtsgeschäft einen Genehmigungstatbestand der §§ 1821, 1822 BGB erfüllt, ist er diesbezüglich bei der Führung eines Gesellschaftsunternehmens vollständig von der Kontrolle durch das Vormundschaftsgericht befreit. 147 Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht um Maßnahmen der Unternehmensführung, die der gesetzliche Vertreter in eigener Verantwortung auf der genehmigten Vertragsgrundlage treffen darf, sondern um die Neugestaltung der Rechtsverhältnisses an dem in gesellschaftlicher Form betriebenen Erwerbsgeschäft. 148 Insoweit stellt Friess zutreffend fest, daß durch die Vereinbarung einer Vertragsänderung zugleich die genehmigte Vertragsgrundlage modifiziert und teilweise durch eine neue ersetzt werde. 149 Die Entscheidungsfreiheit des gesetzlichen Vertreter wird jedoch durch den Rahmen der genehmigten Grundlage begrenzt, die durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages gerade verlassen wird. Die Vornahme einer Vertragsänderung namens des Minderjährigen zählt mithin nicht mehr zu der im Rahmen des bestehenden genehmigten Gesellschaftsvertrages zulässigen unternehmerischen Betätigungsfreiheit des gesetzlichen Vertreters. Auch bei der Führung eines Einzelhandelsgeschäftes nach § 1823 BGB unterliegt entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht unbedingt nur der Start der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht. Vielmehr kann auch bei einer Änderung der Rechtsverhältnisse am Einzelhandelsgeschäft u.U. ein Genehmigungserfordernis eingreifen. Will der gesetzliche Vertreter zu dem bestehenden Erwerbsgeschäft ein weiteres hinzuerwerben, um das bereits bestehende Geschäft in erweitertem Umfang fortzuführen, so erfüllt dies den Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB wegen des entgeltlichen Erwerbs eines Erwerbsgeschäfts. 150 Somit ist der gesetzliche Vertreter auch als „Verwalter eines Einzelhandelsunternehmens" 151 bei der rechtsgeschäftlichen Vornahme von Änderungen des Unternehmens nicht völlig frei. 152 Dies aber zeigt, daß der Gesetzgeber dem gesetzlichen Vertreter keineswegs grundsätzlich die Freiheit gelassen hat, auf der genehmigten Vertragsgrundlage alle weiteren Entscheidungen ausschließlich in

147

Woeste, DB 1957, S. 421; Biddermann,

148

So zutreffend Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5.

149

Friess, DB 1969, S. 959.

150

Vgl. hierzu noch u. § 8 IV 3.

151

So Hueck, OHG, § 6 IV.

152

A.A. wohl Hueck, OHG, § 6 IV.

S. 171; Knopp, BB 1962, S. 939, 941.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr.

2Alt. BGB

1

eigener Verantwortung zu treffen. Dieses Ergebnis wird noch durch einen Vergleich mit der Situation innerhalb der Genehmigungstatbestände der § 1822 Nr. 4-7 BGB bestätigt. Auch dort unterliegt nicht nur die Begründung eines solchen Dauerschuldverhältnisses der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Vielmehr bedarf die Änderung dieser Verträge (z.B. die Verlängerung des Miet- oder Pachtverhältnisses oder die Erhöhung des Miet- oder Pachtzinses) einer erneuten Genehmigung, so daß der gesetzliche Vertreter über die Vornahme derartiger Vertragsänderungen nicht in eigener Verantwortung entscheiden kann. 153 Insoweit wird auch der gesetzliche Vertreter durch die Einführung eines Genehmigungserfordernisses für spätere Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht in unzulässiger Weise in seiner Betätigungs- und Entschließungsfreiheit eingeschränkt.

d) Die Gefährdung des Rechtsverkehrs durch die Nichtgeltung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Das ausschlaggebende Argument für die Genehmigungsfreiheit späterer Vertragsänderungen wird nicht zuletzt darin gesehen, daß die fehlende Genehmigung die vollständige, also rückwirkende Unwirksamkeit des Änderungsvertrages zur Folge hat, soweit es sich um die Person des Minderjährigen handelt, da für einen nicht voll Geschäftsfähigen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft keine Anwendung finden. 154 Insbesondere sei in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, daß auch stillschweigende faktische Vertragsänderungen zulässig seien, die die Gesellschafter oft gar nicht als solche erkennen werden. 155 1 1 5 6 Aber auch für solche Vertragsänderungen, von denen der Min-

153

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5.

154

So u.a. BGHZ 38, 26, 29; Winkler, S. 135. 155 156

in ZGR 1973, S. 177, 198; Wiedemann , S. 251; Stahl,

Stahl, S. 136; Wiedemann , S. 251.

An die Zulässigkeit konkludenter Vertragsänderungen werden aber strenge Anforderungen gestellt: Eine einmalige oder nur vorübergehende Abweichung reicht nicht aus, sofern sich der übereinstimmende Änderungswille nicht aus zusätzlichen Umständen entnehmen läßt. Wird die Änderung nicht in den schriftlichen Gesellschaftsvertrag eingearbeitet, so soll dies dafür sprechen, daß die Gesellschafter sich nur im konkreten Einzelfall über den Vertrag hinwegsetzen wollten. Soll eine neue Dauerregelung geschaffen werden, der alte Gesellschaftsvertrag in diesem Punkt also aufgehoben werden, so muß zusätzlich daß Bewußtsein der Beteiligten festgestellt werden, in Zukunft von der Vertragsbasis abzuweichen. Nur wenn die Gesellschafter über einen längeren Zeitraum hinweg einvemehmlich eine vom schriftlichen Gesellschaftsvertrag abweichende Praxis geübt haben, begründet dieser Umstand eine widerlegbare Vermutung für eine entsprechende Vertragsän-

16

Β. Hauptteil

derjährige nur mittelbar betroffen werde, würde vielfach eine Genehmigung nicht eingeholt. 157 Die Ausdehnung des Genehmigungszwanges auf alle Vertragsänderungen hätte daher zwangsläufig zur Folge, diesen Änderungen die Wirksamkeit für den Minderjährigen zu versagen. Dies aber mache deutlich, welche erheblichen Verwicklungen damit verbunden sein können, wenn man die auf der geänderten Vertragsgrundlage vollzogenen Maßnahmen im Verhältnis gegenüber dem minderjährigen Gesellschafter als nichtig ansehen müsse.158 Die dadurch auftretende erhebliche Unsicherheit des Rechtsverkehrs über die Wirksamkeit von Gesellschaftsverträgen gebiete letztlich die Freistellung späterer Vertragsänderungen von dem Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Diese Argumentation erscheint aber zu sehr am gewünschten Ergebnis orientiert und zwingt daher im folgenden zu einer näheren Betrachtung. Es muß herausgearbeitet werden, warum die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf die Person des Minderjährigen keine Anwendung finden und welche Folgen eine fehlende Genehmigung einer Vertragsänderung für die Mitgesellschafter sowie die Geschäftspartner der Gesellschaft hat. Abzuwägen ist hierbei das Interesse des Rechtsverkehrs am Vertrauensschutz (Außenverhältnis) und der Gesellschafter am Bestandsschutz der Vertragsänderung (Innenverhältnis) einerseits sowie dem Minderjährigenschutz andererseits. Hierbei ist zugleich zwischen zwei Phasen zu differenzieren: Die Auswirkungen der fehlenden Genehmigung vor und nach Vollzug der fehlerhaften Änderung des Gesellschaftsvertrages.

aa) Auswirkungen

einer fehlenden Genehmigung bei Vertragsänderungen

vom Abschluß des Änderungsvertrages

bis zum Vollzug der Änderung

Unterstellt man die Genehmigungsbedürftigkeit nachträglicher Vertragsänderungen, so ist genau genommen die bei Abschluß des Änderungsvertrages abgegebene Willenserklärung bzw. die in der Gesellschafterversammlung abgegebene Stimme des gesetzlichen Vertreters genehmigungspflichtig, durch die

derung, vgl. BGH NJW 1966, 826, 827 (Gewinnverteilung nach einem vom schriftlichen Vertrag abweichenden Schlüssel seit 20 Jahren); BGHZ 49, 364, 366; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 49; Westermann, GesR, Rdnr. 151, Wiedemann , W M 1990, S. 1, 12. 157

Wiedemann , S. 251; ihm insoweit folgend Stahl, S. 135.

158

So BGHZ 38, 26, 29.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

17

dieser an der Änderung mitwirkt. 159 Wird der gesetzliche Vertreter bei der Vertragsänderung für den Minderjährigen ohne die erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung tätig, so ist diese Stimmabgabe und, da zur Änderung eines Gesellschaftsvertrages grundsätzlich die Mitwirkung aller Gesellschafter erforderlich ist, zugleich der jeweilige Änderungsvertrag zunächst schwebend unwirksam (vgl. §§ 1829 Abs. I S . 1, 184 Abs. 1 BGB). Es tritt somit bis zur Entscheidung des Vormundschaftsgerichts zunächst ein Schwebezustand ein, innerhalb dessen die Gelegenheit besteht, die fehlende Genehmigung nachzuholen. 1 6 0 W i r d die beantragte Genehmigung vom Vormundschaftsgericht verweigert, so hat die damit eintretende endgültige Unwirksamkeit der Stimmabgabe zugleich die Nichtigkeit der Vertragsänderung zur Folge, sobald der gesetzliche Vertreter den Mitgesellschaftern 161 von der Verweigerung der Genehmigung Kenntnis gibt (§ 1829 Abs. 1 S. 2 BGB). Wird die Genehmigung vom gesetzlichen Vertreter erst gar nicht eingeholt, weil er — um das Argument der Gegenmeinung aufzugreifen — die Änderung nicht für genehmigungspflichtig hält oder eine Vertragsänderung als solche nicht erkannt wird, so bleibt der Änderungsvertrag entsprechend § 1829 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam. Solange sich die Gesellschafter aber noch nicht auf der Grundlage des abgeänderten Gesellschaftsvertrages betätigt haben und sich die Änderung nur auf das Faktum des Abschlusses eines derartigen Abänderungsvertrages beschränkt, besteht die alte Gesellschaft zunächst unabhängig vom Fehler des Änderungsvertrages fort. Die Gesellschafter werden durch die (schwebend) unwirksame Vertragsänderung weder berechtigt noch verpflichtet. 162 Solange daher die fehlerhafte Vertragsänderung noch nicht vollzogen ist, etwa vereinbarte Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse nicht ausgeübt, die Aufnahme weiterer Gesellschafter 163 bzw. eine Beteiligungsumwandlung zwar beschlossen, aber noch nicht durchgeführt worden sind oder die verringerte Restgesellschaft noch nicht mit der Aufnahme der werbenden

159

Vgl. Knopp, BB 1962, S. 939, 942.

160

So Biddermann, S. 79.

161

Mitgesellschafter sind „der andere Teil" i.S.d. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB.

162

Biddermann, S. 159.

163

Bei einem nichtigen oder schwebend unwirksamen Vertragsschluß ist der Beitritt spätestens dann vollzogen, wenn der beigetretene Gesellschafter nach außen als Gesellschafter aufgetreten ist oder im Handelsregister eingetragen ist, Hueck, OHG, § 7 III 7 a bb. Der Beitritt ist aber wohl auch schon mit der Leistung der Einlage durch den Beitretenden oder mit dessen Teilnahme an Geschäftsführungsmaßnahmen vollzogen: So Lieberich, S. 52 ff.; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 370.

1

Β. Hauptteil

Tätigkeit ohne den fehlerhaft ausgeschiedenen Gesellschafter begonnen hat 164 , sind einschneidende Nachteile nicht zu erwarten, da insoweit auf einen ursprünglich fehlerfreien Gesellschaftsvertrag zurückgegriffen werden kann. 165

bb) Auswirkungen einer fehlenden Genehmigung nach Vollzug der Vertragsänderung

Anders stellt sich die Situation nach Vollzug der jeweiligen Vertragsänderung dar, also von dem Zeitpunkt an, in dem sich die Änderung im Gesellschaftsund Geschäftsleben auch praktisch auswirkt. Hat das Vormundschaftsgericht seine Entscheidung über eine beantragte Genehmigung bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen, so bleibt die Vertragsänderung weiterhin schwebend unwirksam. Wird die Genehmigung hingegen später erteilt, so erlangt der Änderungsvertrag rückwirkend volle Wirksamkeit, sobald der gesetzliche Vertreter die Mitgesellschafter hiervon in Kenntnis setzt, so daß der zunächst bestehende Mangel der fehlenden vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung geheilt wird (§§ 1829 Abs. 1, 184 BGB). Abwicklungsschwierigkeiten können sich nach Vollzug der Vertragsänderung jedoch infolge der (endgültigen oder schwebenden) Unwirksamkeit des Abänderungsvertrages ergeben, wenn die erforderliche Genehmigung versagt oder erst gar nicht beantragt wird, da der Mangel der fehlenden vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung allein durch den Vollzug der fehlerhaften Vertragsänderung nicht geheilt wird. 1 6 6 Es ist daher im folgenden zu untersuchen, welche Auswirkungen die fehlende vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach Vollzug der Vertragsänderung auf die Rechtsstellung der Beteiligten hat, insbesondere inwieweit die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf fehlerhafte Vertragsänderungen Anwendung finden.

164 Vgl. Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 374; Biddermann, S. 111 : „Die bloße Auszahlung der Abfindungssumme oder des Entgelts für die Übertragung der Mitglieschaft wird dazu noch nicht ausreichen." 165

Lieberich, S. 40.

166

Keine Fehlerbeseitigung durch Vollzug: Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 344.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

(1) Vorbemerkung: Das Institut der „fehlerhaften Gesellschaft" bei fehlerhafter Gründung einer Personengesellschaft

Die Regeln über die „fehlerhafte Gesellschaft" 167 sind zur Vermeidung möglicher Abwicklungsschwierigkeiten entwickelt worden 168 ' 1 6 9 , die entstehen können, wenn ein zwischen den Beteiligten vereinbarter Gesellschaftsvertrag wegen eines rechtlichen Fehlers anfechtbar oder nichtig 170 ist, und die Gesellschafter die Gesellschaft sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis schon in Vollzug gesetzt, d.h. mit der Durchführung des Gesellschaftsvertrages begonnen haben.171 Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft gelten aber nicht uneingeschränkt. Einschränkungen sind vielmehr dort geboten, wo die rechtliche Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft mit vorrangig schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen in Widerspruch steht. 172 Unter Hinweis auf diese Einschränkung gelten daher die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht für den Minderjährigen, der sich aufgrund fehlender vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung in unwirksamer Weise am Abschluß eines Gesellschaftsvertrages beteiligt hat. Ist diese Gesellschaft in Vollzug gesetzt, so kann ein solches Gesellschaftsverhältnis nicht unter Einschluß des Minderjährigen als fehlerhafte Gesellschaft angesehen werden. 173

167 Die früher übliche Bezeichnung „faktische" Gesellschaft hat der BGH inzwischen zugunsten der Bezeichnung als „fehlerhaft" zur Hervorhebung des Vertragserfordernisses und Absetzung von wirklich nur faktischen Vertragsverhältnissen aufgegeben, BGHZ 21, 319. 168 Von der Rspr. erstmals in einer Entscheidung des Reichsgerichts vom 13.11.1940 vertreten, RGZ 165, 193 f.; vgl. hierzu ausführlich Biddermann, S. 89 ff. 169 Die Grundsätze gelten für die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts ebenso wie für Handels^ gesellschaften: BGH NJW 1983, 748. 170 Zu dem Katalog der Nichtigkeitsgründe zählt auch die wegen fehlender vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung unwirksame Mitwirkung des Mindeijährigen am Gesellschaftsvertrag, vgl. Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 82; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 346. 171

Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 71.

172

So BGHZ 3, 285, 288. In dieser Entscheidung vom 24.10.1951 hat sich der Bundesgerichtshof i.ü. erstmals der Rechtsprechung des RG angeschlossen. 173 Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 82; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 346; BGHZ 17, 160, 167 f.; Ob auch ein Minderjähriger, der sich ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts an der Gründung der Gesellschaft beteiligt hat, an dem fehlerhaften Gesellschaftsverhältnis teilnimmt, hat das RG nicht mehr entschieden. Das Urteil des RG, in dem eine Haftung eines Mindeijährigen abgelehnt worden ist, liegt zeitlich vor der Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft, RGZ 145, 158.

Β. Hauptteil

16

(2) Auswirkungen einer fehlenden Genehmigung auf die Rechtsstellung des Minderjährigen nach Vollzug des fehlerhaften Änderungsvertrages

Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft finden entsprechend auch dann für die Person des Minderjährigen keine Anwendung, wenn der gesetzliche Vertreter ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages mitwirkt. 174 Insofern ist es erforderlich, die Gründe für die Unanwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die Person des Minderjährigen herauszuarbeiten. Hierbei ist wiederum das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zur Genehmigungspflicht der Kommanditbeteiligung eines Mindeijährigen aufschlußreich, in dem das Gericht auch zur Frage der Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen ausführlich Stellung nimmt. 175 In den Urteilsgründen wird diesbezüglich eindeutig auf den Normzweck der Vorschriften über das vormundschaftsgerichtliche Genehmigungserfordernis (§§ 1821 f. BGB) abgestellt. Der Bundesgerichtshof 176 macht geltend, daß die Anerkennung eines fehlerhaften Gesellschaftsverhältnisses unter Einschluß des Minderjährigen den Sinn und Zweck des mit der Vorschrift des § 1822 Nr. 3 BGB beabsichtigten Minderjährigenschutzes in rechtlich nicht tragbarer Weise verletzen und damit dessen schutzwürdigen Interessen zuwiderlaufen würde. Der ausschließliche Zweck dieser Schutzvorschrift bestehe gerade darin, die Begründung von schuldrechtlichen Verpflichtungen zu Lasten des Minderjährigen nach Maßgabe des unwirksamen Gesellschaftsvertrages auszuschließen. Würde man nun eine fehlerhafte Gesellschaft unter Einschluß des Minderjährigen anerkennen, so widerspreche die hieran geknüpfte Rechtsfolge einer unmittelbaren schuldrechtlichen Wirksamkeit für die Beteiligten gerade dem durch die Vorschrift des § 1822 Nr. 3 BGB gewährten Minderjährigenschutz, da der Minderjährige trotz seiner rechtsgeschäftlich unwirksamen Beteiligungserklärung in ein schuldrechtliches Verpflichtungsverhältnis gesellschaftlicher Art eingebunden würde, welches sich u.a. durch die Einlageverpflichtung, aber auch durch die umfassende gesellschaftliche Treuepflicht auszeichnet. Wenn ihm derartige Pflichten ohne die Erteilung der hierzu erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung auferlegt werden könnten, wäre das in § 1822 Nr. 3 BGB normierte Genehmigungserfordernis bedeutungslos. Der Minderjährigen wäre

174

Vgl. BGHZ 38, 26, 29.

175

BGHZ 17, 160, 166 f.

176

BGHZ 17, 160, 167 / 168.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

gerade in den Fällen, in denen die Vorschrift nicht beachtet würde, anderenfalls schutzlos. Der dem Minderjährigen durch die Genehmigungsvorschriften gebotene Schutz geht nach Auffassung der Rechtsprechung 177 jedoch so weit, daß er grundsätzlich dem Vertrauensschutz der anderen Partei vorgeht und insoweit auch durch die Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft keine Einbuße erleiden darf. Eine solche aufgrund der weitgehenden schuldrechtlichen Wirksamkeit erzeugte Einbuße des Minderjährigenschutzes finde weder in den Grundsätzen zur fehlerhaften Gesellschaft noch im Vertrauensschutz Dritter eine hinreichende Rechtfertigung. Der Grundgedanke der Bestimmungen über den Minderjährigenschutz erfordert daher gerade deshalb die Einschränkung der rechtliche Anerkennung eines fehlerhaften Gesellschaftsverhältnisses zum Schutz des Minderjährigen, um zu verhindern, daß anderenfalls der Schutzcharakter dieser Vorschriften unterlaufen wird. Insofern müssen auch in diesem Bereich die Interessen der Mitgesellschafter sowie solche des Rechtsverkehrs gegenüber dem Schutz des Minderjährigen grundsätzlich zurücktreten. Hieraus folgt aber nunmehr, daß die auf einer fehlerhaft geänderten Vertragsgrundlage getroffenen Maßnahmen dem Minderjährigen gegenüber ohne Rücksicht auf das Vertrauen der anderen Beteiligten ausschließlich zu seinem Schutz als unwirksam anzusehen sind. Bei einer fehlerhaften Vertragsänderung behält der minderjährige Gesellschafter folglich seine alte Rechtsstellung.178 Insoweit haftet er auch dann den Gläubigern für die Gesellschaftsschulden nur beschränkt, wenn durch die Vertragsänderung seine Gesellschafterstellung als Kommanditist in die eines persönlich haftenden Gesellschafters umgewandelt wird und die Eintragung dieser Beteiligungsumwandlung ins Handelsregister veranlaßt worden ist. Bei Aufnahme eines neuen Gesellschafters behält der Mindeijährige seinen Kapitalanteil und ist entsprechend dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag am Gewinn und Verlust des Gesellschaftsunternehmens beteiligt. Der Minderjährige wird schließlich auch nicht aus den für die Gesellschaft geschlossenen Geschäften berechtigt oder verpflichtet. 179 Dies gilt auch im Hinblick auf eine mögliche Haftung aus zurechenbar veranlaßtem Rechtsschein: Nach dem im Handelsrecht geltenden Rechtsscheinsprinzip muß sich derjenige, der zurechenbar den falschen Anschein einer Tatsache erweckt, gutgläubigen Gläubigern gegenüber, die

177

BGHZ 17, 160, 167, 168.

178

So auch Biddermann,

179

S. 162.

Vgl. Biddermann, S. 162, die zutreffend darauf hinweist, daß es den Überlegungen widerspreche, nach denen die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung auch zu Änderungen des Gesellschaftsvertrages erforderlich erscheint, wenn der vorläufig wirksame Bestand der geänderten Gesellschaft auch dem Mindeijährigen gegenüber wirksam wäre. 11 Hilsmann

16

Β. Hauptteil

im Vertrauen auf diesen Schein Rechtshandlungen vornehmen, so behandeln lassen, als träfe diese Tatsache zu. Dieser Vertrauensschutz findet aber dort seine Grenze, wo der Gesellschafter nicht fähig ist, eine rechtlich beachtliche Erklärung abzugeben oder die Zustimmung zu erteilen, daß ein anderer für ihn rechtsgeschäftlich tätig wird. Dieser Gesellschafter ist für den von ihm veranlaßten Rechtsschein nicht verantwortlich und braucht sich deshalb von dem gutgläubigen Dritten auch nicht daran festhalten zu lassen.180 Da es insoweit für den minderjährigen Gesellschafter an der für eine Rechtsscheinshaftung erforderlichen Zurechenbarkeit fehlt, scheidet eine Haftung für Gesellschaftsschulden auch unter dem Aspekt der Rechtsscheinshaftung aus. 181 Diese Überlegungen bedeuten zwar gleichzeitig, daß auch solche Vertragsänderungen, die sich günstig auf die Rechtsstellung des Minderjährigen auswirken können, diesem gegenüber unwirksam sind. Allein unter diesem Gesichtspunkt mag die an eine fehlende Genehmigung geknüpfte Sanktion unbefriedigend erscheinen, da der Minderjährige ohne die Existenz eines Genehmigungserfordernisses durch eine vorteilhafte Vertragsänderung eine günstigere Rechtsstellung erhalten hätte. Abgesehen von dem Einwand, daß solche den Minderjährigen einseitig begünstigenden Vertragsänderungen kaum isoliert vorkommen werden 182 , kann diesbezüglich auf die Rechtsstellung des Minderjährigen bei unwirksamer Gesellschaftsgründung verwiesen werden. Nach umstrittener Ansicht wird der Minderjährige nicht nur von den rechtlich nachteiligen Wirkungen befreit. Vielmehr kann dieser mit Ausnahme etwaiger Vindikation oder Kondiktionsansprüche nicht zugleich nur die rechtlich vorteilhaften Wirkungen seiner fehlerhaften Beteiligung in Anspruch nehmen, wie z.B. die Beteiligung am Gewinn des Unternehmens. 183 Demgegenüber wird z.T. die Gewinnbeteiligung des Minderjährigen mit der Begründung angenommen, daß insoweit der Minderjährigenschutz nicht entgegenstehe. Die Vertreter dieser Ansicht sehen in dem Minderjährigen ein Mitglied der fehlerhaften Gesellschaft ohne Pflichten. 184 Hiernach werden die gesellschaftsrechtlichen Regelungen zugunsten

180

Vgl. Biddermann,

S. 86 m.w.N.

181

Vgl. auch Biddermann, S. 162; Soergel / Hadding, § 705, Anm. 82; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 348; jeweils zur fehlerhaften Beteiligung an der Gesellschaftsgründung. 182

S. hierzu noch eingehend später unter § 9 III.

183

Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 82; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 348; Biddermann, S. 103; a.A. wohl Baumbach / Duden / Hopt, § 105, Anm. 8 E; Staudinger / Keßler, § 705, Rdnr. 134; vgl. auch eingehend zum älteren Schrifttum Biddermann, S. 96 ff. 184 So treffend Biddermann, S. 94, die insoweit von dem Mindeijährigen als „beschränktem Gesellschafter" spricht, S. 94.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

13

des Minderjährigen angewendet, sofern sie ihm Vorteile bringen; soweit sie ihm hingegen Nachteile bereiten, bleiben sie unberücksichtigt. Die Vertreter dieser sog. Lehre vom „hinkenden Gesellschafter" wollen daher bei unwirksamer Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft nur insoweit anwenden, als der Minderjährige vor den nachteiligen Folgen zu schützen sei. 185 Diese partielle Beschränkung der Nichtigkeitsfolgen vermag jedoch nicht zu überzeugen. Das Ergebnis dieser Lehre widerspricht bereits der in § 107 BGB enthaltenen Wertung des Gesetzgebers. Wie aus der Vorschrift des § 107 BGB hervorgeht, sollen solche Rechtsgeschäfte, die zugleich Vor- und Nachteile mit sich bringen, ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters im ganzen unwirksam sein und nicht nur hinsichtlich der rechtlichen Nachteile. Es geht daher nicht an, dem Minderjährigen aus einem solchen Rechtsgeschäft nur die Vorteile zu sichern. Hiergegen spricht ferner, daß das Gesellschaftsrecht die Stellung eines „hinkenden", d.h. nur berechtigten, aber nicht verpflichteten Gesellschafters nicht kennt. 186 Der Gesellschaftsvertrag enthält für die Beteiligten vielmehr ein Gefüge unlösbar miteinander verbundener Vor- und Nachteile, so daß sich die Rechtsstellung des Minderjährigen insoweit nicht eindeutig in Vorteile und Nachteile aufspalten läßt. Es genügt somit, daß der Minderjährige einem vom Vormundschaftsgericht nicht vorauszusehenden Risiko ausgesetzt werden oder in anderer, nicht berücksichtigter Weise Schaden erleiden kann, wenn die nicht genehmigte Vertragsänderung ihm gegenüber rechts wirksam wäre. 187 Sowohl die Vorschriften über das Genehmigungserfordernis als auch die Einschränkung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft bezwecken damit einzig und allein den Schutz des Minderjährigen. Insofern könnte man sagen, die Unanwendbarkeit dieser Grundsätze zugunsten des Minderjährigen schützen diesen auf einer sog. zweiten Stufe, sofern die gleichfalls zu seinem Schutz angeordnete vormundschaftsgerichtliche Genehmigung auf der ersten Stufe dieses Minderjährigenschutzes nicht vorliegt. Die Vertreter der Gegenmeinung übersehen daher, daß der Minderjährige gleich in zweifacher Weise geschützt

185 Hueck, OHG, § 7 III 4 c; Westermann, Rdnr. 62 k.

GesR, Rdnr. 773; Schlegelberger / Geßler, § 105,

186 So zutreffend Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 348; Soergel / Hadding, § 705, Anm. 82; vgl. auch Biddermann, S. 94 f., die sich eingehend mit den Vor- und Nachteilen dieser Lehre vom „hinkenden Gesellschafter" auseinandersetzt: „... den Vertretern der Lehre vom „hinkenden Gesellschafter" der Vorzug gebührt, ist davon abhängig, welche angesichts der Interessenlage des Mindeijährigen und der anderen Beteiligten auf methodich einfachem und klarem Weg am besten entspricht." 187

11

So zutreffend Biddermann,

S. 162.

16

Β. Hauptteil

wird. Die Interessen des Rechtsverkehrs und der Mitgesellschafter haben daher auch in diesem Fall zugunsten des Minderjährigenschutzes zurückzustehen. Es geht somit nicht an, wenn die Gegenmeinung unter Berufung auf die Nichtgeltung dieser Grundsätze für die Person des Minderjährigen den Genehmigungszwang für spätere Vertragsänderungen ablehnt. Zugespitzt würde dies bedeuten, daß die ausschließlich im Interesse des Minderjährigen gebotene Nichtgeltung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft gerade als Argument zu seinen Lasten eingesetzt wird, um den durch die Einführung eines Genehmigungserfordernisses gewährten Minderjährigenschutz im Interesse des Rechtsverkehrs, der aber grundsätzlich dem Minderjährigenschutz nachzuordnen ist, wieder einzuschränken. 188

(3) Auswirkungen einer fehlenden Genehmigung auf die Rechtsstellung der übrigen Gesellschafter sowie des Rechtsverkehrs nach Vollzug des fehlerhaften Änderungsvertrages

Zu untersuchen bleibt noch die von der Gegenmeinung apostrophierte Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit von Gesellschaftsverträgen nach Vollzug einer fehlerhaften Vertragsänderung. Schutzwürdig könnten hierbei insbesondere die Geschäftspartner der Gesellschaft sein, die eine mögliche Genehmigungsbedürftigkeit des Änderungsvertrages nicht überprüfen können. Aber auch im Hinblick auf die Beziehungen der Gesellschafter untereinander könnten sich nach Vollzug einer nichtigen Vertragsänderung Rückabwicklungs- und Auseinandersetzungsschwierigkeiten ergeben. Insbesondere, wenn bereits ein längerer Zeitraum zwischen fehlerhafter Vertragsänderung und Aufdeckung des Vertragsmangels vergangen ist, besteht die Gefahr, daß ein interessengerechter Ausgleich in diesen Fällen nicht mehr gewährleistet ist. Da aber bei der fehlerhaften Mitwirkung eines Minderjährigen an der Gründung einer Personengesellschaft bei einer mehr als zweigliedrigen Gesellschaft trotz des Ausfalls des Minderjährigen eine fehlerhafte Gesellschaft unter den verbliebenen Gesellschaftern besteht, fragt es sich, ob nicht auch im Fall einer fehlerhaften Änderung des Gesellschaftsvertrages ungeachtet der Nichtigkeit der Vertragsänderung nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft die Gesellschaft unter den übrigen geschäftsfähigen Gesellschaftern als auf der neuen, geänderten Vertragsgrundlage bestehend anzuerkennen ist, sobald die fehlerhaf-

188

Im Ergebnis ähnlich Haarländer,

S. 120.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

te Änderung vollzogen ist. Dabei wird ein Vollzug anzunehmen sein, sobald die geänderte Gesellschaft nach außen in Erscheinung getreten ist. 189

(a) Anwendbarkeit auf fehlerhafte

der Grundsätze der fehlerhaften

7190

Gesellschaft

Vertragsänderungen

Die Behandlung fehlerhafter, nachträglicher Änderungen des Gesellschaftsvertrages bereitet immer noch erhebliche Schwierigkeiten. Es ist daher in Rechtsprechung und Literatur weitgehend umstritten, ob und inwieweit die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf fehlerhafte Änderungen eines im übrigen fehlerfreien und vollwirksamen Gesellschaftsvertrages überhaupt Anwendung finden. Insofern kann es nicht Aufgabe dieser Untersuchung sein, im einzelnen ausführlich zu dieser umfassenden Streitfrage Stellung zu nehmen.191 Vielmehr sollen an dieser Stelle nur die in diesem Zusammenhang wesentlichen Grundzüge dieses Problemkreises dargestellt werden. Für eine Gleichstellung fehlerhafter Vertragsänderungen mit Gründungsmängeln ist entscheidend, daß hierdurch sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis der Gesellschaft eine Situation geschaffen wird, die den Verhältnissen beim fehlerhaften Gründungsvertrag vergleichbar ist. Die Lehre über die fehlerhafte Gesellschaft beruht „auf der Erkenntnis, daß es zu unerträglichen Ergebnissen führen und mit dem recht verstandenen Zweck der Nichtigkeitsund Anfechtungsvorschriften nicht vereinbar wäre, eine auf Dauer angelegte und tatsächlich vollzogene Leistungsgemeinschaft, für die alle Beteiligten Beiträge erbracht und Werte geschaffen, die Gewinnchancen genutzt und das gemeinschaftliche Risiko getragen haben, mit rückwirkender Kraft aus dem Rechtsleben zu streichen und damit so zu behandeln, als ob sie niemals bestanden hätte"; ein solches Rechtsverhältnis verdiene so lange Bestandsschutz, bis der Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund geltend gemacht werde. 192 Derartige

189 Wenn z.B. geänderte Geschäftsführungs- und Vertetungsbefugnisse ausgeübt oder die Aufnahme weiterer Gesellschafter bzw. eine Beteiligungsumwandlung durchgeführt worden sind oder wenn die verringerte Restgesellschaft ohne den fehlerhaft ausgeschiedenen Gesellschafter die werbende Tätigkeit aufgenommen hat. 190

Biddermann, S. 161: eine vorbereitende Tätigkeit entfällt, da die Gesellschaft bereits vor der Änderung besteht. 191 Vgl. hierzu insbesondere die umfassende Darstellung dieser Problematik bei Lieberich, „Fehlerhafte Abänderung des Gesellschaftsvertrages bei Personenhandelsgesellschaften", Diss. Bonn 1972. 192

BGHZ 55, 5, 8.

Β. Hauptteil

16

Gesichtspunkte treffen aber bei einer fehlerhaften Abänderung eines fehlerfrei abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages nicht unbedingt zu. So betreffen die Auswirkungen einer fehlerhaften Neugestaltung des zunächst fehlerfreien Gesellschaftsverhältnisses im Unterschied zum fehlerhaften Gründungsvertrag hauptsächlich das Innenverhältnis der Gesellschaft, während das Außenverhältnis vielfach gering oder gar nicht berührt wird. 1 9 3 Der Bundesgerichtshof stellt sich daher auf den Standpunkt, daß häufig nur Teilbereiche des Gesellschaftsverhältnisses betroffen werden, bei denen es mit zufriedenstellenden Ergebnissen möglich ist, die Auswirkungen einer vorübergehend praktizierten Vertragsänderung nachträglich wieder auszugleichen, ohne daß es hierfür einer partiellen Anerkennung der unwirksamen Änderungsklausel bedarf. 194 Insofern erscheint es fraglich, ob aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit eine Berücksichtigung des fehlerhaften Änderungsvertrages i.S. einer Anerkennung der fehlerhaft geänderten Gesellschaft geboten ist. Hierfür könnte einerseits sprechen, daß die Gesellschafter die neuen Verhältnisse bewußt herbeigeführt haben und deren Aufrechterhaltung ihren Interessen am besten entspricht. 195 Andererseits ist zu berücksichtigen, daß die Gesellschaft im Unterschied zur Gesellschaftsgründung unabhängig vom fehlerhaften Änderungsvertrag fortbesteht, da auf den ursprünglich fehlerfreien Gesellschaftsvertrag zurückgegriffen werden kann. 196 Hinzu kommt, daß es sich überwiegend um die fehlerhafte Neugestaltung der Innenbeziehungen der Gesellschafter untereinander handelt. Daher erscheint auch eine Anerkennung im Interesse des Verkehrsschutzes, d.h. der Rechtssicherheit Dritter, die mit der Gesellschaft in Geschäftsbeziehungen treten, nicht erforderlich zu sein. Hierbei darf jedoch nicht übersehen werden, daß einige interne Vertragsänderungen auf das Außenverhältnis durchschlagen. Hierzu zählen neben etwaigen Änderungen des Gesellschafterbestandes auch Beteiligungsumwandlungen oder die Einräumung bzw. der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis und/oder der Vertretungsmacht. Die Gesellschaftsgläubiger haben in diesen Fällen aber oft keine Kenntnis von der fehlerhaften Vertragsänderung und vertrauen daher auf die Wirksamkeit des jetzigen Gesellschaftsverhältnisses. Fraglich ist somit, ob sie ohne die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft durch die fehlerhaften Vertragsänderungen gravierende Nachteile erleiden würden. Dies

193

Lieberich, S. 40.

194

So BGH NJW 1974, 498, 501.

195

So Biddermann, S. 160; ihr folgend LiebericK

196

BGH NJW 1974, 498, 501.

S. 40.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

17

ist jedoch zu verneinen. Bei einer unwirksamen Vertragsänderung werden die gutgläubigen Gesellschaftsgläubiger 197 insoweit bereits durch § 15 HGB sowie die Grundsätze über die Rechtsscheinshaftung 198 geschützt. Insofern haftet auch der fehlerhaft beigetretene Gesellschafter den Gläubigern für die Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten. Der fehlerhaft ausgeschiedene Gesellschafter bleibt ihnen ebenfalls als Haftungssubjekt erhalten. Dieser könnte sich gegenüber der Geltendmachung der Haftung für die Zeit nach seinem fehlerhaften Ausscheiden auch nicht auf die Eintragung seines Ausscheidens im Handelsregister berufen, da die Gläubiger immer die für sie günstigere Rechtslage in Anspruch nehmen können, denn das Rechtscheinsprinzip wirkt nur zugunsten des Gutgläubigen, nicht aber zu seinen Ungunsten.199 Bei einer unwirksamen Beteiligungsumwandlung des Komplementärs zum Kommanditisten sowie umgekehrt des Kommanditisten in die Stellung eines Komplementärs stünde dem Gesellschaftsgläubiger ebenfalls ein weiterer persönlich haftender Gesellschafter als Schuldner zur Verfügung. Auch bei der Einräumung oder Erweiterung der im Außenverhältnis bedeutsamen Vertretungsmacht sind die Gläubiger bereits durch § 15 HGB sowie die Rechtscheingrundsätze geschützt.200 Da aber der Gesellschaftsbestand im Außenverhältnis die notwendige Folge des Bestehens im Innen Verhältnis ist 201 , ist für die Anerkennung einer fehlerhaft geänderten Gesellschaft weniger der Verkehrsschutz der Geschäftspartner als vielmehr die Rechtssicherheit der beteiligten Gesellschafter im Innenverhältnis ausschlaggebend. Insoweit ist im Unterschied zur fehlerhaften Gesellschaftsgründung bei der rechtlichen Behandlung fehlerhafter Vertragsänderungen jedoch die Ansicht

197

Bösgläubige Gesellschaftsgläubiger wären ohnehin nicht schutzwürdig, wenn sie trotz Kenntnis von der fehlerhaften Vertragsänderung mit der fehlerhaft geänderten Gesellschaft Rechtsgeschäfte eingehen. 198 Die Haftung der Gesellschafter aus dem von ihnen veranlaßten Rechtsschein einer gültigen Gesellschaft wurde vom RG, RGZ 145, 158, begründet. Das Rechtsscheinsprinzip beruht auf der Überlegung, daß die Teilnehmer am Rechtsverkehr häufig nicht genug Zeit haben, sich von dem Bestehen der Rechte ihrer Geschäftspartner zu überzeugen sowie häufig nicht in der Lage sind, die Zusammenhänge zu durchschauen. Somit müssen sie von konkreten Tatbeständen auf das Vorliegen dieser Rechte schließen. Mit Hilfe des Veranlassungsprinzips, wonach derjenige, der einen Rechtsschein zurechenbar veranlaßt hat, auf den ein Dritter vertraut hat, diesen erzeugten Rechtsschein gegen sich gelten lassen muß, wird das Vertrauen auf die äußeren Tatbestände geschützt. Vgl. hierzu eingehend Biddermann, S. 84 f. m.w.N. 199

Vgl. Lieberick, S. 102.

200

Hueck, OHG, § 7 III 7 c.

201

So überzeugend Biddermann, S. 109.

16

Β. Hauptteil

vorherrschend, die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft seien nur „mit Zurückhaltung" anwendbar. 202 Eine allgemein für alle fehlerhaften Vertragsänderungen geltende Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft läßt sich nach überwiegender Ansicht nicht herleiten, da unter dem Begriff „fehlerhafte Abänderungsverträge" zu viele unterschiedliche Tatbestände zusammengefaßt sind, die eine einheitliche Behandlung verbieten. 203 Nur wenn im Einzelfall ein Bedürfnis nach Bestandsschutz einer fehlerhaften Vertragsänderung besteht, soll die Anwendung dieser Regeln auf fehlerhafte Abänderungen eines Gesellschaftsvertrages gerechtfertigt sein. 204 Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs 205 gelten die zur fehlerhaften Gesellschaft entwickelten Rechtsgrundsätze daher nur in den Fällen, in denen durch die Vertragsänderung der „Status der Gesellschaft" verändert worden ist, ohne daß hierbei im einzelnen präzisiert wird, welche Änderungen von dieser Formulierung erfaßt werden, während einer Änderung der Beziehungen der Gesellschafter untereinander keine Bestandskraft zukommen soll. 206 In der Folgezeit ist daher über diesen Begriff eine lebhafte Diskussion entbrannt. 207 Insoweit besteht zunächst weitgehend Übereinstimmung darin, daß jedenfalls Änderungen des Gesellschafterbestandes, also das Ausscheiden208 oder der Beitritt 209 einfes Gesellschafters bzw. der Gesellschafterwechsel durch Übertra-

202

BGH NJW 1974, 498, 501: „Auf spätere Änderungen eines im übrigen vollgültigen Gesellschaftsvertrages können diese Grundsätze aber nicht ohne weiteres übertragen werden."; vgl. auch Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 364 mit eingehenden Nachweisen. 203 So Lieberich, S. 40; Hueck, § OHG, 7 III 7 c, Fn. 87: „Der Ansicht, daß ganz allgemein jede mangelhafte Änderung des Gesellschaftsvertrages nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft zu behandeln sei, kann... nicht zugestimmt werden."; Fischer, NJW 1955, 849, 852: „Es erscheint mir zweifelhaft, ob diese allgemein vertretene Ansicht... für jede in Betracht kommende Änderung des Gesellschaftsvertrages vertretbar ist. Immerhin wird man in einzelnen Fällen... die Grundsätze... anzuwenden haben." 2W

Vgl. BGH NJW 1974, 498, 501; Soergel / Hadding, Hopt, § 105, Anm. 8 I. 205

§ 705, Rdnr. 91; Baumbach / Duden /

BGH DB 1956, 65; BGH NJW 1974, 498 ff.

206

An der unpräzisen Wortwahl dieser Entscheidung ist wiederholt berechtigte Kritik geübt worden: vgl. Staub/Ulmer, § 105, Rdnr. 366: „... abgesehen von der Unschärfe des „Status"-Kriteriums ..."; Schlegelberger / Geßler, § 105, Rdnr. 62 p; Hueck, OHG, § 7 III 7 c. 207 Vgl. Finger, ZGR 1976, S. 240, 243; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 364 f., mit umfassenden Nachweisen. 208

BGH DB 1956, 65; BGH NJW 1969, 1483; Lieberich, S. 85 ff.; Hueck, OHG, § 7 III 7 b; Staub/Ulmer, § 105, Rdnr. 373 f. 209

BGHZ 26, 330, 335; vgl. u.a. Lieberich, S. 45 ff.; Hueck, OHG, § 7 III 7 a bb, der allerdings eine analoge Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft befürwortet; Schlegelberger / Geßler, § 105, Rdnr. 62 n; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 368 f.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3

.Alt. BGB

1

gung der Mitgliedschaft 210 , aufgrund der mit diesen Vertragsänderungen verbundenen Rückabwicklungsschwierigkeiten 211 hiervon erfaßt werden. Insofern besteht die Rechtsfolge eines vollzogenen fehlerhaften Gesellschafterbeitritts im rückwirkend nicht vernichtbaren Erwerb der Mitgliedschaft mit den entsprechenden Rechten und Pflichten, die eines vollzogenen fehlerhaften Gesellschafteraustritts in dessen Wirksamkeit unter Anwachsung des Gesamthandanteils des ausgeschiedenen Gesellschafters bei den verbliebenen Gesellschaftern sowie der Entstehung des Abfindungsanspruchs bei dem ausgeschiedenen Gesellschafter. 212 In diesem Zusammenhang könnte die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft beim unwirksamen Ausscheiden eines Gesellschafters mit Rücksicht auf die Gesellschaftsgläubiger aber problematisch sein. Diese könnten sich darauf berufen, daß der fehlerhaft ausgeschiedene Gesellschafter infolge der Unwirksamkeit der Ausscheidungsvereinbarung rechtlich nie ausgeschieden ist und ihnen insoweit weiterhin für die Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten haftet. Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft hingegen ist das Ausscheiden des Gesellschafters vorläufig als wirksam zu beurteilen, so daß eine Haftung für neu begründete Verbindlichkeiten nicht mehr besteht.213 Da die Gesellschaftsgläubiger somit ohne die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft besser gestellt wären, könnte sich die Frage aufdrängen, ob die Anwendung dieser Grundsätze auch eine Benachteiligung der Gesellschaftsgläubiger hervorrufen darf. Die Gesellschaftsgläubiger sind aber als außenstehende Dritte anzusehen, die auf die Gestaltung des Gesellschaftsverhältnisses keinerlei Einfluß nehmen können. Von diesem Standpunkt aus darf deren Interesse den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft nicht im Weg stehen. Die Gesellschaftsgläubiger haben vielmehr die Anwendung dieser Regeln mit allen damit verbundenen Vor - und Nachteilen als gegeben zu akzeptieren. 214

210 BGH W M 1968, 892; BGH NJW 1988, 1324, 1325; Lieberich, S. 196 f.; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 376. 211

Vgl. hierzu eingehend Lieberich, S. 45 ff. (zum fehlerhaften Beitritt), S. 85 ff.(zum fehlerhaften Ausscheiden), S. 196 ff.(zum fehlerhaften Gesellschafterwechsel); zu den Abwicklungsschwierigkeiten bei fehlerhaftem Ausscheiden eines Gesellschafters auch Biddermann, S. 109. 212

Vgl. Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 371, 375; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 284, 288.

213

Lieberich, S. 109.

214

So Lieberich, S. 110.

1

Β. Hauptteil

Ob sich die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft darüber hinaus auch auf sonstige Vertragsänderungen erstrecken, die nicht den Gesellschafterbestand, sondern lediglich die Beziehungen der Gesellschafter untereinander betreffen, wird weiterhin kontrovers behandelt.215 Geßler 216 will den Begriff der „Statusänderungen" in der Weise erweitern, daß er nicht nur Änderungen des Status der Gesellschaft, sondern auch der Gesellschafter hierunter subsumiert und demzufolge unter Statusänderungen solche Änderungen versteht, durch die die Rechtsstellung der Gesellschaft oder des einzelnen Gesellschafters in einer Weise geändert worden ist, die sich rückwirkend nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten beheben läßt, so etwa die formwechselnde Gesellschaftsumwandlung im Bereich der Personengesellschaften sowie sämtliche Beteiligungsumwandlungen mit verändertem Haftungsumfang und Änderungen der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. Diese Auffassung entspricht auch der heute h.M. Hiernach ist die Anwendung dieser Grundsätze auch auf sonstige Änderungen geboten, die in die Gesellschaft derart eingreifen, daß eine rückwirkende Beseitigung mit Abwicklungsschwierigkeiten verbunden ist und es der Billigkeit widersprechen würde, sie als rechtlich nicht eingetreten zu behandeln. 217 Insoweit wird wie folgt differenziert: Die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft sind in solchen Fällen abwendbar, in denen sich Änderungsmängel durch Vollzug der Änderung über den bloßen schuldrechtlichen Bereich des Gesellschaftsverhältnisses hinaus auf die Gesellschaftsorganisation auswirken. 218 Hierzu zählen fehlerhafte Vertragsänderungen, die Auswirkungen auf das Außenverhältnis haben, so insbesondere Beteiligungsumwandlungen, wie der Wechsel von der Stellung eines Komplementärs in die eines Kommanditisten und umgekehrt, sowie Änderungen der Regelungen über die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. 219 An dieser Stelle möchte Hueck 220 allerdings nur die Einräumung sowie den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis in die Sondergrundsätze miteinbeziehen, da der Rechtsschutz Dritter, die mit einem fehlerhaft vertretungsberechtigten Gesellschafter Geschäftsbeziehungen aufgenommen haben, bereits durch § 15 HGB sowie die Rechtsscheinsvollmacht gewährleistet sei und eine Anwendung der Grundsätze auf fehlerhafte

215

Vgl. zum Streitstand die umfassenden Nachweise bei Lieberich, S. 252 ff. und Finger, S. 240, 244 f.; Westermann, GesR, Rdnr. 195. 216

Schlegelberger / Geßler, § 105, Rdnr. 62 p.

217

So Hueck, OHG, § 7 III 7 c.

218

M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 279; sowie Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 366.

219

Vgl. zu weiteren Vertragsänderungen: Lieberich, S. 288 / 289, 290.

220

Hueck, OHG, § 7 III 7 c.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

17

Änderungen der Vertretungsmacht nicht erfordere. Diese Auffassung vermag aber nur auf den ersten Blick zu überzeugen. Da eine Änderung der Vertretungsmacht im Innenverhältnis regelmäßig mit einer Änderung der Geschäftsführungsbefugnis korrespondiert, erscheint es gerechtfertigt, mit Lieberich 221 diese Vertragsänderungen als Einheit den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft zu unterstellen. Ebenso würde es einen Widerspruch darstellen, nur die fehlerhafte Einräumung von Geschäftsführungs- und Vertretungsrechten, nicht hingegen deren Entzug für die Vergangenheit rechtlich anzuerkennen. Daher sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sowohl auf die Einräumung als auch auf den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis sowie der Vertretungsmacht zu erstrecken. 222 Die Aufrechterhaltung der fehlerhaften Vertragsänderung ist im Hinblick auf die damit verbundenen allgemeinen Nichtigkeitsfolgen ferner bei fehlerhaften Beteiligungsumwandlungen, d.h. beim Wechsel der Gesellschafterstellung zwischen Komplementär und Kommanditist, geboten. Man denke nur an etwaige unwirksame Geschäftsführungs- und Vertretungsakte des fehlerhaften Komplementärs, die dieser in seiner tatsächlichen Stellung als Kommanditist nicht hätte vornehmen können. Auch würde der fehlerhafte Komplementär nach § 15 HGB den Gesellschaftsgläubigern als persönlich haftender Gesellschafter erhalten bleiben, ohne einen Anspruch auf den ihm für seine Tätigkeit als persönlich haftender Gesellschafter und das damit zu tragende Haftungsrisiko zustehenden Gewinnanteil zu besitzen.223 Demgegenüber ist übereinstimmend eine Erstreckung dieser Grundsätze auf solche fehlerhaften Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht geboten, die sich ausschließlich in den schuldrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter zueinander erschöpfen und Dritten gegenüber insoweit keine Wirkungen entfalten. 224 Derartige Beteiligungsänderungen 225 schaffen keine neuen tatsächlichen Verhältnisse, so daß die Gesellschaft nach außen unverändert fortbesteht. 226 Auch sonst sind die rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten, die sich aus der anfänglichen Nichtigkeit einer solchen Vertragsänderung ergeben

221

Lieberich, S. 281 / 282.

222

A.A. BGH NJW 1974, 498, 501, der nur die Einräumung zusätzlicher Rechte durch einen fehlerhaften Gesellschaftsvertrag, nicht aber deren Entzug bzw. Einschränkung den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft unterstellt. 223

Ausführlich zu den Nichtigkeitsfolgen Lieberich, S. 274, 275.

224

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 366 m.w.N.; Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 91; Hueck, OHG, § 7 III 7 c; Lieberich, S. 285 ff. 225

Vgl. § 6 II 2 b.

226

Biddermann,

S. 160.

12

Β. Hauptteil

können, nicht so erheblich, daß sie nicht zur Zufriedenheit aller betroffenen Beteiligten gelöst werden könnten. In diesen Fällen läßt sich vielmehr ein nachträglicher Ausgleich der hierdurch eingetretenen Folgen im Innenverhältnis schaffen, ohne daß es hierfür der partiellen Anerkennung der Vertragsänderung bedarf. Der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag bietet hier nach wie vor eine sachgerechte Grundlage für die rechtliche Behandlung im Falle der Fehlerhaftigkeit, so daß eine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der fehlerhaften Vertragsänderungen im Interesse der Gesellschafter nicht erforderlich ist. Hierzu zählen insbesondere fehlerhafte Änderungen des Gewinn- oder Verlustverteilungsschlüssels oder die fehlerhafte Erhöhung oder Herabsetzung der Kapitaleinlage, die durch entsprechende Geldzahlungen bereinigt werden können 227 , sowie ferner eine fehlerhafte Änderung des Entnahmerechts oder des Beteiligungsschlüssels am Gesamthandsvermögen 228 , aber auch eine fehlerhafte Ausscheidensvereinbarung, sofern sich der Fehler nur auf die Abfindungsvereinbarung und nicht auf die Abrede über das Ausscheiden selbst erstreckt. 229 ' 2 3 0 Abschließend kann als Ergebnis festgehalten werden, daß sich die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch auf fehlerhafte Änderungen eines Gesellschaftsvertrages erstrecken, sobald diese die personelle Zusammensetzung oder die organisatorische Struktur der Gesellschaft betreffen und insoweit auch nach außen in Erscheinung treten.

(b) Auswirkungen

der Grundsätze der „fehlerhaften

Gesellschaft " auf den Bereich

der infolge einer fehlenden Genehmigung fehlerhaften

Vertragsänderungen

Die von der Gegenmeinung befürchtete Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit von Gesellschaftsverträgen kann nach den vorangegangenen Ausführungen weitgehend widerlegt werden. Die Mitgesellschafter des Minderjährigen werden dort, wo die rückwirkende Nichtigkeit einer infolge der fehlenden vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung fehlerhaften Vertragsänderung zu unerträgli-

227

Hueck, OHG, § 7 III 7 c; ihm folgend Lieberich, S. 285 / 287, 287 / 288.

228

Lieberich, S. 290; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 366; Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 91.

229

So Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 373.

230

Dagegen sollen nach Ansicht Lieberichs, S. 289, 290 auch fehlerhafte Änderungen der Stimmrechtsverteilung, der Befreiung vom Konkurrenzverbot sowie der Vertragsdauer wegen der Gefahr von Rückabwicklungsschwierigkeiten bei Anwendung der allgemeinen Nichtigkeitsvorschriften den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft unterliegen.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

17

chen Ergebnissen, verbunden mit unzumutbaren Rückabwicklungsschwierigkeiten innerhalb der Gesellschaft führt, entsprechend der obigen Erörterungen durch die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft hinreichend geschützt. Der Änderungsvertrag gilt in diesen Fällen für die geschäftsfähigen Gesellschafter zunächst, als wäre er wirksam abgeschlossen. Der fehlerhafte Gesellschafterwechsel wird daher ebenso als rechtswirksam behandelt wie fehlerhafte Beteiligungsumwandlungen oder fehlerhafte Änderungen der Geschäftsführungs oder Vertretungsbefugnis; mithin alle Vertragsänderungen, die über das Innenverhältnis, d.h. über die schuldrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander hinaus auf das Außenverhältnis durchschlagen. Eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages kommt daher nur mit Wirkung für die Zukunft in Betracht. Nachteile können somit nur insoweit entstehen, als der fehlerhafte Gesellschaftsvertrag u.U. einer Änderung 231 bedarf, da der an der Gesellschaft beteiligte Minderjährige nicht an ihn gebunden ist, sondern seine alte Rechtstellung behält. 232 Biddermann 233 führt hier als Beispiel an, daß bei Aufnahme eines neuen Gesellschafters der neue Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel nicht auf das Verhältnis der fehlerhaften Gesellschafter passe, so daß die entsprechende Regelung des Gesellschaftsvertrages durch eine andere ersetzt werden müsse. Derartige Nachteile sind aber im Hinblick auf das nunmehr vorrangige Schutzbedürfnis des Minderjährigen hinzunehmen. Für die Zukunft ist der fehlerhafte Gesellschaftsvertrag zwar nicht gültig, so daß der geänderten Gesellschaft insoweit kein dauerhafter Bestand zukommt. Das hat etwa zur Folge, daß dem fehlerhaft ausgeschiedenen Gesellschafter ein Recht auf Wiederaufnahme zusteht, welches er im Klagewege gegen die Mitgesellschafter durchsetzen kann, wenn er die an ihn ausgezahlte Einlage wieder einbringt. 234 Sofern er seine Mitgliedschaft fehlerhaft 235 auf einen Dritten übertragen hat, so wird ihm zugebilligt werden müssen, das Ausscheiden des Dritten aus der Gesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung zu verlangen. 236 Gegen den fehlerhaft eingetretenen Gesellschafter einer OHG / KG kommt eine Ausschlußklage nach §§ 133, 140, 161 Abs. 2 HGB in Betracht; die Gesellschafter

231 Diese „Vertragsänderung" wäre bei Annahme einer Genehmigungspflicht für Vertragsänderungen aber wohl ebenfalls genehmigungspflichtig. 232

Vgl. Biddermann, S. 162.

233

Vgl. Biddermann, S. 162.

234

Hueck, OHG, § 7 III 7 b; Lieberich, S. 85 f.; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 375.

235

Die erforderliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter ist aufgrund der unwirksamen Mitwirkung des Mindeijährigen fehlerhaft. 236

So Biddermann,

S. 110.

1

Β. Hauptteil

einer BGB-Gesellschaft können diesen Fehler durch fristlose Kündigung (§ 737 Abs. 1 S. 2 BGB) geltend machen.237 Eine fehlerhaft eingeräumte Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungmacht kann bei einer Handelsgesellschaft nach §§ 117, 161 Abs. 2 HGB durch gerichtliche Entscheidung, bei einer BGBGesellschaft dagegen gem. §§ 712, 715 BGB durch Gesellschafterbeschluß wieder entzogen werden. Aber auch diese Nachteile können im Ergebnis nicht dazu führen, zu Lasten des Minderjährigen auf das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für spätere Vertragsänderungen zu verzichten. An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, daß die Gesellschafter — im Gegensatz zur fehlerhafter Gesellschaftsgründung, bei der der gesamte Gesellschaftsvertrag nichtig ist — jederzeit wieder an den ursprünglich fehlerfreien und vollwirksamen Gesellschaftsvertrag anknüpfen können. Für die sonstigen Änderungen ist eine Aufrechterhaltung für die Vergangenheit im Wege der Anerkennung einer fehlerhaft geänderten Gesellschaft nicht geboten, da für die sich hieraus ergebenden Auswirkungen nachträglich im Innenverhältnis ein interessengerechter Ausgleich geschaffen werden kann, ohne daß die Interessen der Gesellschafter eine gravierende Einbuße erleiden. Der Rechtsverkehr, der in der Zwischenzeit mit der fehlerhaften Gesellschaft in Geschäftsbeziehungen getreten ist, hat ebenfalls keine unzumutbaren Nachteile durch eine infolge einer fehlenden Genehmigung unwirksamen Vertragsänderung zu erwarten. Er wäre auch ohne die Anerkennung der Gesellschaft auf der fehlerhaft geänderten Grundlage bereits durch § 15 HGB sowie die Rechtsscheinsgrundsätze hinreichend geschützt. Etwaige unwirksame Vertragsänderungen im schuldrechtlichen Bereich des Gesellschaftsverhältnisses, auf die sich die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht erstrecken, sind für die Geschäftspartner der Gesellschaft ohnehin ohne Belang, da diese sich ausschließlich im Innenverhältnis der beteiligten Gesellschafter erschöpfen. Mögliche Nachteile, die die Gesellschaftsgläubiger durch die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft erleiden können, wie z.B. die vorläufige Wirksamkeit des Gesellschafteraustritts mit der Folge, daß ihnen dieser Gesellschafter nicht mehr als Haftungssubjekt zur Verfügung steht, haben sie hinzunehmen, da ihre Interessen insoweit hinter den Interessen der Gesellschafter an der Aufrechterhaltung der fehlerhaften Vertragsänderung zurückstehen müssen.

237

Vgl. Lieberich, S. 61; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 284; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 371. Hierbei ist zu beachten, daß die Gesellschafter unabhängig vom Bestehen einer Fortsetzungsklage berechtigt sind, die Gesellschaft in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung fortzuführen. Die Geltendmachtung des Mangels hat also keinen Einfluß auf das Fortbestehen der fehlerfreien Ursprungsgesellschaft, M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 284; Lieberich, S. 59, 60.

§

Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

17

Insgesamt sind die aus einer etwaigen fehlenden vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung resultierenden Folgen einer fehlerhaften Vertragsänderung weder für die Mitgesellschafter des Minderjährigen noch für die Geschäftspartner der Gesellschaft so unzumutbar, als das hierdurch ein Verzicht auf das Genehmigungserfordernis für spätere Vertragsänderungen gerechtfertigt wäre.

e) Zusammenfassung Zusammenfassend kann im Ergebnis festgehalten werden, daß die gegen die Anordnung eines Genehmigungserfordernisses vorgebrachten Einwände der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke für die Genehmigungspflicht späterer Vertragsänderungen nicht entgegenstehen. Im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Wertungen des Bundesverfassungsgerichts müssen auch im Bereich der Vertragsänderungen die Interessen des Verkehrsschutzes hinter den Schutz des Minderjährigen zurücktreten, da die hierdurch zu erwartenden Nachteile im Konflikt zwischen Minderjährigen- und Verkehrsschutz nicht zu einer Verschiebung zugunsten des letzteren führen können.

3. Die Einbeziehung der Vertragsänderungen in den Schutzzweck des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB Eine planwidrige Regelungslücke besteht aber nicht schon dann, wenn im Gesetz Normen fehlen, die de lege ferenda wünschenswert und mit guter Begründung befürwortet werden könnten. 238 In Ermangelung einer gesetzlichen Regelung könnte man den fraglichen Sachverhalt auch ohne jede Rechtsfolge lassen. Dies aber würde dem Sinn, dem Grundgedanken und dem teleologischen Zusammenhang der Gesamtregelung nicht entsprechen. 239 Daher muß herausgearbeitet werden, ob der Schutzzweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auch die Einbeziehung nachträglicher Änderungen des Gesellschaftsvertrages in den Genehmigungsvorbehalt erfordert. Insofern muß zunächst im Wege einer teleologischen, auf den gesetzlichen Schutzzweck abstellenden Auslegung untersucht werden, welcher Art die Gefahren sind, die nach Auffassung des Gesetzgebers den Genehmigungszwang für die Aufnahme eines Minderjährigen

238

So Schlüter, S. 66.

239

Larenz., S. 352.

16

Β. Hauptteil

in eine Personengesellschaft rechtfertigen. Anschließend soll geprüft werden, ob diese Gefährdungssituation auch bei Änderungen eines Gesellschaftsvertrages auftreten kann und insofern eine Erweiterung des Genehmigungszwanges auf Vertragsänderungen geboten ist.

a) Die Ermittlung des spezifischen Schutzzwecks des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB aa) Die Entstehungsgeschichte des § 1822 Nr. 3 BGB

Ein wichtiges und hilfreiches Auslegungskriterium stellt die Entstehungsgeschichte eines gesetzlichen Tatbestandes dar. Als Vorbild für die Regelung der Vormundschaft im allgemeinen und des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB im besonderen wird die Preußische Vormundschaftsordnung vom 5.7.1875 genannt.240 Hier gilt die Vorschrift des § 42 Nr. 9 als Vorläufer des heutigen § 1822 Nr. 3 BGB. 2 4 1 In dieser Bestimmung findet sich wohl eine der ersten Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB entsprechende Regelung. So bedurfte es der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts „zur Veränderung oder Auflösung, sowie zur Neubegründung oder Übernahme eines Erwerbsgeschäfts". Ein Genehmigungszwang für die Eingehung von Gesellschaftsverträgen war in § 42 Nr. 9 der Preußischen Vormundschaftsordnung hingegen noch nicht vorgesehen. Erst nach der Beratung des Vorentwurfs zum Vormundschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches wurde dessen § 518 dahin ergänzt, daß „zur Eingehung einer Gesellschaft, deren Zweck die Betreibung eines Erwerbsgeschäfts ist", eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eingeholt werden müsse. Diese von der heutigen Fassung abweichende Formulierung wurde später als § 1674 Nr. 14 in den ersten Entwurf zu einem Bürgerlichen Gesetzbuch übernommen. Diese Norm wurde dann in zweiter Lesung als § 1702 Nr. 2 sprachlich in die heutige Fassung geändert, ohne daß aus den Motiven oder Protokollen zu entnehmen ist, welche Gründe für die spätere Änderung dieser Vorschrift in die endgültige Fassung und für die Aufnahme in das BGB als § 1822 Nr. 3 BGB ausschlaggebend waren. 242 Aus den Motiven läßt sich nur entnehmen, daß sich die Bestimmung des § 1822 Nr. 3 BGB

240

Staudinger / Engler, §§ 1821, 1822, Rdnr. 1.

241

Staudinger / Engler, §§ 1821, 1822, Rdnr. 66; Knopp, BB 1962, S. 939, 940.

242

Nagel, S. 67; Knopp, BB 1962, S. 939, 940; vgl. auch Motive IV, 1136 ff.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

17

letztlich aus ähnlichen Gründen empfiehlt wie diejenigen, welche zu den Vorschriften der Nr. 5 des § 1821 und der Nr. 4 des § 1822 BGB geführt haben. 243 Da die Gesetzesmaterialien somit keine ausdrücklichen Hinweise enthalten, welche Gründe den Gesetzgeber dazu bewogen haben, die gesellschaftliche Beteiligung eines Minderjährigen an den in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geregelten Genehmigungsvorbehalt zu knüpfen, müssen diese im folgenden einzeln herausgearbeitet werden.

bb) Der Schutz des Minderjährigen vor den mit einer Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Gefahren Bei der Ermittlung des spezifischen Schutzzwecks des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB kann nicht der Auffassung des Bundesgerichtshofs 244 gefolgt werden, nach der die Genehmigungspflicht des § 1822 Nr. 3 BGB im Interesse des Minderjährigen eingeführt worden ist, um diesen vor Schäden und Nachteilen zu schützen, die aus dem Abschluß eines Gesellschaftsvertrages, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, erwachsen können. Nach dem Willen des Gesetzgebers unterliegen nicht alle Rechtsgeschäfte, bei denen dem Minderjährigen Gefahren, Schäden oder Nachteile drohen, dem Vorbehalt einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Vielmehr hat der Gesetzgeber eine Genehmigungspflicht nur für besonders wichtige und über die Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgehende Rechtsgeschäfte angeordnet, die nach seiner Auffassung zur Gefährdung der Vermögensinteressen des Minderjährigen besonders geeignet erscheinen. 245 Es genügt daher nicht, daß dem Minderjährigen aus dem Abschluß eines solchen Gesellschaftsvertrages irgendwelche Schäden oder Nachteile drohen. Diese müssen vielmehr näher konkretisiert werden. Hierzu können auch die Schutzzwecke anderer Genehmigungstatbestände herangezogen werden, sofern die zugrundeliegenden Gefahrdungssituationen mit den Gefahren vergleichbar sind, die für den Mindeijährigen mit dem Beginn einer gesellschaftlichen Beteiligung verbunden sind. Der in den Motiven enthaltene Hinweis auf die §§ 1821 Nr. 5, 1822 Nr. 4 BGB läßt den Schluß zu, daß die einzelnen Genehmigungstatbestände der §§ 1821, 1822 BGB in einem bestimmten systematischen Sinnzusammenhang zueinander stehen und

243

Motive IV, 1136 ff., 1145.

244

BGH FamRZ 1957, 121, 122.

245

Vgl. Motive IV, 1084, 1085, 1136.

12 Hilsmann

1

Β. Hauptteil

die Vorschrift des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB daher nicht isoliert betrachtet werden darf. 246 Wie sich im folgenden zeigen wird, kumulieren bei dem Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB die Gefahrdungssituationen, die zur Einführung der Genehmigungstatbestände der § 1822 Nr. 5-7, 10 und 11 BGB geführt haben, so daß insbesondere die Schutzzweckgedanken dieser Genehmigungstatbestände auf die Vorschrift des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB übertragbar sind.

(1) Die Übernahme des mit einem Erwerbsgeschäft verbundenen unternehmerischen Risikos

Die Vorschrift des § 1822 Nr. 3 BGB spricht von einem Erwerbsgeschäft einmal als Gegenstand eines Erwerbs oder einer Veräußerung, zum anderen in der zweiten Alternative als Zweck eines Gesellschaftsvertrages. Insoweit wird die Ansicht vertreten, der Minderjährige solle durch den in § 1822 Nr. 3 BGB geregelten Genehmigungsvorbehalt vor der Gefahr geschützt werden, daß er selbst bei den Entscheidungen über die Führung des Unternehmens mangels ausreichender Erfahrung falsche, ihn im Ergebnis selbst treffende Entscheidungen fällen könne. Die Vorschrift sei daher zum Schutz des Minderjährigen vor seiner eigenen Unerfahrenheit geschaffen. 247 Dieser Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Mindeijährige bei der Führung des Erwerbsgeschäfts durch seinen gesetzlichen Vertreter bzw. durch seine Mitgesellschafter vertreten wird. Darüber hinaus wird der Minderjährige vor etwaigen unternehmerischen Fehlentscheidungen beim Betrieb eines Erwerbsgeschäfts bereits durch die Vorschriften der §§104 ff.BGB hinreichend geschützt, so daß es hierzu des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nicht bedarf. 248 Da der Betrieb eines Erwerbsgeschäfts geschäftlichen Erfolg und damit hohe Gewinnaussichten verspricht, zugleich aber häufig übersehen wird, daß mit einem Geschäftsbetrieb auch erhebliche Gefahren für die investierten Vermögenswerte und für das übrige Vermögen des Unternehmers verbunden sind 249 , könnte der Schutzzweck des § 1822 Nr. 3 2. Alt. BGB aber darin gesehen werden, den Minderjährigen vor der leichtfertigen Übernahme des mit dem Betrieb

246

So zutreffend Haarländer,

247

KG OLGE 21, 290; dieser Auffassung folgend Rasner, S. 91.

S. 55.

248

So zu Recht Koenigs, S. 82; Nagel, S. 68.

249

Knopp, BB 1962, S. 939, 941.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

1

eines Erwerbsgeschäfts verbundenen unternehmerischen Risikos zu schützen. 250 Infolge der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Kompetenz- und Stimmverteilung ist dem gesetzlichen Vertreter eine Beeinflussung oder Korrektur unternehmerischer Entscheidungen häufig unmöglich 251 , so daß der Minderjährige vielfach keinen Einfluß auf die in der Gesellschaft getroffenen unternehmerischen Entscheidungen hat. In jedem Fall ist seine Einflußnahme auf die Unternehmensführung aufgrund der Rechte der Mitgesellschafter zumindest erschwert. Da aber auch ihm das Gesellschaftsvermögen zur gesamten Hand gehört, hat der Minderjährige die Folgen dieser Entscheidungen stets mitzutragen. Bei erfolgreicher und gewinnbringender Unternehmensführung besitzt er zwar einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung. Ebenso ist er aber in der Regel auch intern an den Verlusten und Rückschlägen beteiligt, so daß sein Vermögen einer evidenten Verlustgefahr ausgesetzt ist. Sofern der Minderjährige als Kommanditist beteiligt ist, so kann die seinem Vermögen drohende Gefährdung unter Umständen sogar größer sein als die bei der Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter. So steht dem Kommanditisten in der Regel weder ein Geschäftsführungs- noch ein Widerspruchsrecht gegen Handlungen der geschäftsführenden Gesellschafter (§164 HGB), noch ein Vertretungsrecht (§ 170 HGB) zu. Seine Zustimmung ist lediglich zu ungewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen erforderlich (§ 164 2.HS HGB). Daneben kommt dem Kommanditisten zwar ebenso wie dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter ein Kontrollrecht (§ 166 HGB) zu, welches sich aber darin erschöpft, die Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen. Die dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter in § 118 HGB zugestandenen weiteren Rechte sind dem Kommanditisten hingegen verwehrt. Insoweit ist dem gesetzlichen Vertreter fast jede Möglichkeit versperrt, auf die Führung der Gesellschaft zum Schutz der Vermögensinteressen des Minderjährigen einzuwirken. Die Gefährlichkeit einer gesellschaftlichen Beteiligung des Minderjährigen wird aber nicht allein durch die Übernahme dieses allgemeinen Betriebsrisikos bestimmt. Das zeigt ein Vergleich mit der ersten Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB. Bei dieser ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, daß der Minderjährige nicht schon vor dem allgemeinen Betriebsrisiko geschützt werden soll, das mit jeder Unternehmensführung verbunden ist. Obgleich der Erwerb eines Erwerbs-

250

So Biddermann, S. 70.

251

Knopp, BB 1962, S. 939, 941.

12*

Β. Hauptteil

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geschäfts immer ein solches unternehmerisches Risiko mit sich bringt, ist ausdrücklich nur der entgeltliche Erwerb genehmigungsbedürftig, während der unentgeltliche Erwerb des Erwerbsgeschäfts nicht der Genehmigungspflicht unterstellt wird. Die Genehmigungspflicht setzt vielmehr erst dann ein, wenn die Risikoübernahme durch weitere Umstände für das Vermögen des Minderjährigen besonders gefährlich wird. Insoweit muß in der ersten Alternative des Genehmigungstatbestandes hinzukommen, daß der Mindeijährige für den Erwerb des Erwerbsgeschäfts ein Vermögensopfer zu erbringen hat. 252 Durch die Investition des Minderjährigen Vermögens in ein risikobehaftetes Erwerbsgeschäft wird dieses Vermögen in vollem Umfang den Gefahren des Wirtschaftslebens ausgesetzt.253 Da dem Minderjährigen somit immer die leichtsinnige und unbedachte Preisgabe vorhandenen Vermögens droht, dient die vormundschaftsgerichtliche Kontrolle dazu, das in Aussicht genommene Erwerbsgeschäft als entsprechendes Vermögensäquivalent des zu investierenden Minderjährigenvermögens zu beurteilen. 254 Demgegenüber muß die in der zweiten Alternative geregelte Eingehung eines Gesellschaftsvertrages zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts auch dann genehmigt werden, wenn dem Minderjährigen seine Gesellschafterstellung unentgeltlich eingeräumt wird. Der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages wird somit im Gegensatz zu § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB nicht nur wegen der möglichen Investition von Vermögenswerten, sondern insbesondere aufgrund der sich hieraus ergebenden vielfältigen schuldrechtlichen Wirkungen für den einzelnen Gesellschafter als ein Rechtsgeschäft angesehen, das außerhalb der Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung liegt. 255 Der Eintritt in die Gesellschaft und die Aufnahme der Erwerbstätigkeit führen damit für den Minderjährigen zu einer besonderen Gefährdungssituation: das Zusammentreffen der Risiken einer Erwerbstätigkeit (d.h. Übernahme des allgemeinen Betriebsrisikos) mit solchen Risiken, die sich aus der Beteiligung an einer Gesellschaft ergeben. Auf diese typischen Beteiligungsgefahren wird nunmehr näher einzugehen sein.

252

So Knopp, BB 1962, S. 939, 941: „Vermögensopfer des Mindeijährigen für ein mit einem unternehmerischen Risiko behaftetes Objekt"; Knopp, BB 1962, S. 2181, 2182; ihm folgend Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 83; Nagel, S. 68. 253

Vgl. Wiedemann , S. 244.

254

Vgl. Wiedemann , S. 244.

255

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 4.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

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(2) Die Einschränkung der Selbstbestimmung des Mindeijährigen durch die Eingehung eines langfristigen Gesellschaftsverhältnisses

Als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ist auch das Recht auf Selbstbestimmung anerkannt. 256 Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung zur Fortführung eines ererbten Handelsgeschäftes in ungeteilter Erbengemeinschaft 257 darauf hingewiesen, daß das Recht der individuellen Selbstbestimmung des Mindeijährigen berührt werde, wenn dieser Gefahr laufe, bei Eintritt der Volljährigkeit nicht mehr als nur eine scheinbare Freiheit zu erreichen. Der Gesetzgeber müsse daher dafür Sorge tragen, daß den Volljährigen Raum bleibe, um ihr weiteres Leben selbst und ohne unzumutbare Belastungen zu gestalten. Das sei aber dann nicht mehr möglich, wenn sie als Folge der elterlichen Vertretungsmacht mit erheblichen Schulden in die Volljährigkeit entlassen werden. 258 Auch bei der Eingehung langfristiger rechtsgeschäftlicher Bindungen, die noch bis in die Volljährigkeit hineinreichen, wird der Minderjährige in seinem Recht auf Selbstbestimmung berührt. Hierdurch können in erheblichem Maße die freie Entfaltung und Entwicklung und damit die persönliche Lebenssphäre des Minderjährigen betroffen werden. Diesen Gedanken hat der Gesetzgeber berücksichtigt, indem er in den Fällen des § 1822 Nr. 5-7 BGB die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für die dort genannten Dauerschuldverhältnisse für erforderlich erklärt hat, um zu vermeiden, daß der Minderjährige für eine unverhältnismäßig lange Zeit persönlich oder mit seinem Vermögen rechtsgeschäftlich gebunden wird. So stellt § 1822 Nr. 5 BGB die Eingehung bestimmter langfristiger Verträge, z.B. Miet- oder Pachtverträge 259, die den Minderjährigen länger als ein Jahr über den Eintritt seiner Volljährigkeit hinaus binden und ihn zu wiederkehrenden Leistungen 260 verpflichten, unter den

256

BVerfGE 65, 1, 42.

257

BVerfGE 72, 155 ff.

258

BVerfGE 72, 155, 173.

259

Die in § 1822 Nr. 5 BGB enthaltene Aufzählung der genehmigungspflichtigen Verträge ist nicht abschließend, vgl. den Wortlaut „... oder einem anderen Vertrage,...". Nach der ratio dieses Genehmigungstatbestandes erstreckt sich diese Bestimmung auch auf andere Verträge, durch die die Verpflichtung des Minderjährigen zu wiederkehrenden Leistungen begründet wird, vgl. Motive IV, 1142. 260 Str., ob auch solche Verträge erfaßt werden, die den Mindeijährigen zu fortlaufenden persönlichen Leistungen verpflichten, wie z.B. Lehr- und Dienstverträge, durch die der Mindeijährige über das 19. Lebensjahr hinaus verpflichtet wird, so: Gernhuber, § 52 V 7; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 40; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 36; a.A. wohl Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 18;

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Β. Hauptteil

Genehmigungsvorbehalt. In den Motiven 261 des Gesetzgebers zu § 1822 Nr. 5 BGB heißt es hierzu: „Auf der anderen Seite ist es aber für den Mündel gefährlich, dem Vormund die Macht einzuräumen, den ersteren durch derartige Verträge unbeschränkt auch über das Volljährigkeitsalter hinaus binden und dadurch die Freiheit der Bewegung des volljährig gewordenen Mündels beeinträchtigen zu können. Unter diesen Umständen erscheint es als ein angemessener Ausweg, ... den Vormund in Ansehung der Schließung solcher Verträge, deren Wirkung über das Volljährigkeitsalter hinaus sich erstrecken sollen, an die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu binden, ... ." 2 6 2 Darüber hinaus sind nach § 1822 Nr. 6 und Nr. 7 BGB Lehrverträge, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden sowie Dienst- und Arbeitsverträge, die den Mündel zu persönlichen Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichten, ebenfalls genehmigungspflichtig. Auch bei einer gesellschaftlichen Beteiligung wird das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Selbstbestimmungsrecht des volljährig gewordenen Minderjährigen betroffen. Die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft führt regelmäßig zu einer langfristige Bindung an die Gesellschaft, die für den Minderjährigen in der Regel über den Eintritt seiner Volljährigkeit hinaus fortdauert. Der Minderjährige wird aber durch ein langfristiges Gesellschaftsverhältnis einer starken persönlichen Bindung ausgesetzt, die mit einer Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen persönlicher oder vermögensrechtlicher Art verknüpft ist. Bei einer Gesamthandsgemeinschaft wie der offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft oder der BGB-Gesellschaft ist die Berechtigung des einzelnen Gesellschafters stets begrenzt durch die Mitberechtigung der übrigen Gesellschafter. Insbesondere unterliegt der Minderjährige wie jeder andere Gesellschafter dem Grundsatz der allgemeinen gesellschaftlichen Treuepflicht. Aus dieser ergibt sich für jeden Gesellschafter positiv die Pflicht, die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen und negativ die Pflicht, alles zu unterlassen, was diese Interessen schädigt.263 Die persönliche Bindung des minderjährigen Gesellschafters manifestiert sich ferner in den sonstigen, mit der Mitgliedschaft als einem „Bündel von Rechten und Pflichten" 264 verbundenen Gesellschafterrechten und -pflichten, so u.a. in der Beitragspflicht (§§ 705, 706

Staudinger / Engler, §§ 1821, 1822, Rdnr. 91; Dölle, § 128 II 2 d bb. 261

Motive IV 1141.

262

Motive IV, 1141.

263

Vgl. zur gesellschaftlichen Treuepflicht Heymann / Emmerich, § 109, Rdnr. 5 ff.

264

BGHZ 68, 225, 232.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

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BGB, § 105 Abs. 2 HGB), dem Wettbewerbsverbot (§ 112 HGB, für die BGBGesellschaft folgt das Wettbewerbsverbot mangels einer dem § 112 HGB entsprechenden Regelung aus der allgemeinen gesellschaftlichen Treuepflicht 265 ), dem Kontroll- und Stimmrecht oder dem Entnahmerecht. Ebenso wie bei den in Nr. 5-7 genannten Rechtsverhältnissen wird der minderjährige Gesellschafter aufgrund der ihm als Gesellschafter obliegenden Beitragspflicht zu wiederkehrenden Leistungen persönlicher oder vermögensrechtlicher Art verpflichtet. Diese können nicht nur in Geld- und Sachleistungen bestehen. Insbesondere bei einer als Arbeits- und Haftungsgemeinschaft ausgerichteten Personengesellschaft, bei der es entscheidend auf die persönliche Mitarbeit der einzelnen Gesellschafter bei der Geschäftsführung ankommt, kann die gesellschaftliche Beitragspflicht auch in der Erbringung persönlicher Leistungen in Form von Dienst- bzw. Arbeitsleistungen bestehen.266 Insoweit ist es grundsätzlich denkbar, daß der Gesellschaftsvertrag auch für den minderjährigen Gesellschafter die Verpflichtung zur Erbringung derartiger Leistungen verpflichtet. Diese Verträge, in denen der Minderjährige sich als Gesellschafter zu persönlichen Leistungen verpflichtet, unterfallen allerdings nicht dem Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 7 BGB, sondern werden ausschließlich von § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erfaßt. 267 Andererseits ist sein Ausscheiden aus der Gesellschaft häufig aufgrund langer Kündigungsfristen langfristig ausgeschlossen oder aber mit Vermögensverlusten verbunden, da die Gesellschaftsverträge überwiegend für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens eines Gesellschafters eine gesellschaftsschonende Abfindungsregelung vorsehen. 268 Die im Zeitpunkt der Volljährigkeit eingetretene Entscheidungsfreiheit wird somit von Anfang an eingeschränkt, da der minderjährige Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt bereits einer vertraglichen Bindung unterliegt, aus der er sich nicht ohne weiteres lösen kann, deren Verpflichtungen aber Auswirkungen bis in die Volljährigkeit haben können. Der maßgebliche Grund für die Einführung des in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geregelten Genehmigungstatbestandes liegt daher in dem Bestreben des Gesetzgebers, den Minderjährigen vor der mit der Eingehung des Gesellschaftsverhältnisses verbundenen langfristigen personen- und vermögensrechtlichen

265

Vgl. Staudinger / Keßler, Vorbem. zu § 705, Rdnr. 51.

266

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 17, 18.

267

M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 47.

268

Knopp, BB 1962, S. 939, 941; Nagel, S. 70.

1

Β. Hauptteil

Bindung zu schützen269, um damit die Selbstbestimmung des Mindeijährigen, insbesondere vom Zeitpunkt der Volljährigkeit an, zu gewährleisten.

(3) Die Gefährdung der Vermögensinteressen des Mindeijährigen durch die unbeschränkte Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Mitgesellschafter

Auch in vermögensrechtlicher Hinsicht wird der Minderjährige durch eine langfristige Gesellschaftsbeteiligung gefährdet. Eine besondere Gefährdung seiner Vermögensinteressen ergibt sich hierbei insbesondere aus der weitreichenden Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Mitgesellschafter. Sobald der Minderjährige als Gesellschafter in eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft eintritt, geht sein eingebrachtes Vermögen in das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen ein. Damit wird es aber dem alleinigen Zugriff seines gesetzlichen Vertreters entzogen, da von diesem Zeitpunkt an nicht mehr der gesetzliche Vertreter für den Minderjährigen, sondern die geschäftsführenden Gesellschafter für die Gesellschaft handeln. Hierbei richtet sich die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter ausschließlich nach den §§ 125, 126, 161 Abs. 2 HGB. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter kann hiernach alle Rechtsgeschäfte für die Gesellschaft abschließen, ohne daß der Umfang gegenüber Dritten beschränkt werden kann. 270 Nach einhelliger Ansicht erstreckt sich diese Vertretungsmacht bei Beteiligung eines minderjährigen Gesellschafters insoweit auch auf sämtliche nach §§ 1821, 1822 BGB genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte. Diese Genehmigungstatbestände betreffen ausschließlich die Fälle, in denen der gesetzliche Vertreter die aufgeführten Geschäfte für den Minderjährigen vornimmt. 271 Die Gesellschafter vertreten jedoch nicht den Minderjährigen, sondern die Gesellschaft. Der Minderjährige selbst wird hierbei nur in seiner Eigenschaft als Mitgesellschafter betroffen. Seine Gesellschaftsbeteiligung bewirkt nicht, daß nunmehr die Gesellschaft ihrerseits der Kontrolle des Vormundschaftsgerichts unterliegt. 272 Vielmehr

269 Zu diesem Ergebnis gelangen auch Knopp, BB 1962, S. 939, 942; ders., NJW 1962, S. 2181, 2182; Nagel, S. 68 / 69; Wiedemann , S. 244; Haarländer, S. 62 ff.; Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 83. 270 Die Grenze der Vertretungsmacht bilden die Grundlagen der Gesellschaft. Die Vertretungsmacht erstreckt sich damit nicht auf Geschäfte, die die vertragliche Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses betreffen, also nicht auf Vertragsänderungen, vgl. Baumbach / Duden / HopU § 126, Anm. 1 D; Schlüter, S. 58, 59. 27 1

Woeste, DB 1957, S. 421.

272

BGHZ 38, 26, 30; BGH NJW 1971, 375, 376; vgl. auch RGZ 125, 380, 381.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

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gilt in diesem Fall das Gesellschaftsrecht als Sonderrecht. 273 Entsprechendes gilt auch für die Mitgliedschaft des Minderjährigen in einer BGB-Gesellschaft. Hier richtet sich die Vertretungsmacht bei Fehlen einer vertraglichen Regelung grundsätzlich nach § 714 i.V.m. § 709 BGB. Es kann insoweit nicht ausschlaggebend sein, ob es sich um eine Handelsgesellschaft oder eine des bürgerlichen Rechts handelt. Zwar wird in diesem Fall mangels organschaftlicher Struktur der einzelne Gesellschafter und nicht die Gesellschaft vertreten. 274 Für eine Gleichstellung aller Erwerbspersonengesellschaften spricht aber der bei kaufmännischen Gesellschaften kraft Gesetzes eintretende Wandel von der OHG / KG zur BGB-Gesellschaft und umgekehrt. 275 Im übrigen unterliegen bei Beteiligung eines Minderjährigen alle Erwerbsgesellschaften der Genehmigungspflicht des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB. Aus diesen Gründen wird unterschiedslos das unternehmerische Handeln aller Erwerbsgesellschaften freigestellt, also auch das der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. 276 Insoweit werden die Vermögensinteressen des Minderjährigen durch seine Gesellschaftsbeteiligung einer Gefährdung ausgesetzt, die der mit einer Prokuraerteilung verbundenen Gefahrenlage entspricht. 277 Durch die in § 1822 Nr. 11 BGB angeordnete Genehmigungspflicht soll der Minderjährige vor der umfassenden Vertretungsmacht des Prokuristen geschützt werden, die diesen zur Vornahme aller Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen berechtigt, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, und die in der Regel 278 im Außen Verhältnis unbeschränkbar ist (vgl. §§ 49, 50 HGB). 2 7 9 Mit der Genehmigung wird dem Prokuristen die Befugnis eingeräumt, im Rahmen seiner Vertretungsmacht auch die in §§ 1821, 1822

27 3

Woeste, DB 1957, S. 421.

274

Vgl. den Wortlaut in § 714 BGB: „Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Befugnis zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten." 275

Vgl. BGH NJW 1987, 3124 f.

276

Vgl. hierzu Woeste, DB 1957, S. 421; Kliisener, Rpfleger 1981, S. 461, 464; M K / Schwab, § 1821; OLG Hamburg, FamRZ 1958, 333, 334; a.A. wohl Soergel / Damrau, Vor § 1821, 1822, Rdnr. 6, 7. 27 7

Gernhuber, § 52 IV 2, 7.

278

Nur im Ausnahmefall des Mißbrauchs der Vertretungsmacht wirken interne Beschränkungen der Vertretungsmacht auch gegenüber Dritten. 279

Motive IV, 1145.

16

Β. Hauptteil

BGB aufgeführten Rechtsgeschäfte genehmigungsfrei vorzunehmen. 280 Hierbei ist er insbesondere auch zur Eingehung der unter § 1822 Nr. 8-10 BGB bezeichneten, besonders riskanten Rechtsgeschäfte ermächtigt 281 , ohne daß es hierzu, wie § 1825 BGB es für den gesetzlichen Vertreter vorsieht, einer ausdrücklichen allgemeinen Ermächtigung bedarf. Der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung einer Prokuraerteilung kommt damit der Charakter einer unausgesprochenen allgemeinen Ermächtigung zu 2 8 2 . Auch bei der Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses mit dem Minderjährigen wirkt die einmalige Erteilung der Genehmigung zum Abschluß des Gesellschaftsvertrages für die vertretungsberechtigten Gesellschafter wie eine allgemeine Ermächtigung. 283 Da die Befugnis, im Rahmen ihrer Vertretungsmacht sämtliche Geschäfte für die Gesellschaft vorzunehmen, durch die Beteiligung des Minderjährigen nicht eingeschränkt wird, können die vertretungsberechtigten Gesellschafter ohne die weitere Kontrolle des Vormundschaftsgerichts auch solche Rechtsgeschäfte vornehmen, zu denen der Minderjährige einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf. 284 Mithin können die vertretungsberechtigten Gesellschafter selbst so riskante und gefährliche Rechtsgeschäfte wie die der Nr. 8-11 BGB ohne weiteres im Namen der Gesellschaft abschließen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere für die Erwerbsgesellschaft besonders wichtige Rechtsgeschäfte wie die Kreditaufnahme, die Bürgschaft oder die Prokuraerteilung zu nennen. Darüber hinaus sind die vertretungsberechtigten Gesellschafter im Rahmen ihrer Vertretungsmacht z.B. zur Eingehung einer stillen Gesellschaft im Namen der Personengesellschaft 285 , zur Veräußerung des gesellschaftlichen Handelsgeschäfts oder zur Eingehung einer gesellschaftlichen Beteiligung der Gesellschaft an einer ande-

280 RGZ 106, 185, 186; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 68; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 42; Dölle, § 128 II 2 e dd; Gernhuber, § 52 IV 2. 281

Hierauf weisen auch die Motive IV, 1145 hin.

242

Gernhuber, § 52 IV 2 u. § 52 IV 7.

283

So zutreffend Gernhuber, § 52 IV 7.

284

RGZ 125, 380, 381; BGHZ 38, 26, 30; Woeste, DB 1957, S. 421.

285

Vgl. BGH NJW 1971, 375, 376; KG OLG 21, 290; Schlüter, S. 87, 88; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 26; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 13. Die Vertretungsmacht erstreckt sich aber nicht auf die Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters, dem Mitwirkungsrechte eingeräumt werden. Insoweit handelt es sich um einen Eingriff in die Gesellschaftsgrundlagen und damit um eine nur von sämtlichen Gesellschaftern zu beschließende Änderung des Gesellschaftsverhältnisses, vgl. o. § 6 II 1.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

ren Gesellschaft berechtigt 286 , ohne zuvor die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen. Der Minderjährige ist durch die gesellschaftsvertragliche Einbindung in eine Gesellschaft insoweit noch weitgehender gefährdet, als wenn der gesetzliche Vertreter diese genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte für ihn vorgenommen hätte. Aber auch der gesetzliche Vertreter unterliegt keiner Kontrolle des Vormundschaftsgerichts mehr, wenn er innerhalb der Gesellschaft in Ausübung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse für den Minderjährigen unternehmerische Entscheidungen trifft, da er in dieser Funktion als gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen die Gesellschaft vertritt. 287 Aufgrund dieser Konzentrationswirkung der erteilten Genehmigung, die im Zeitpunkt der Aufnahme des Minderjährigen in die Gesellschaft sämtliche zum Schutz des Minderjährigen geschaffenen Genehmigungserfordernisse der §§ 1821, 1822 BGB entfallen läßt, wird das eingebrachte Vermögen des Minderjährigen jeglicher Kontrolle des Vormundschaftsgerichts entzogen und der alleinigen Verfügungsgewalt der Gesellschafter überlassen. Für den minderjährigen Gesellschafter erwächst hieraus die Gefahr, daß damit den vertretungsberechtigten Gesellschaftern in Ausübung ihrer Vertretungsmacht für die Gesellschaft ein ungehinderter und unkontrollierter Zugriff auf sein Vermögen eingeräumt wird.

(4) Die Haftung für GesellschaftsVerbindlichkeiten

Schließlich darf die mit einer Gesellschaftsbeteiligung verbundene Haftung für die Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nicht übersehen werden. Sofern der Minderjährige die Position eines persönlich haftenden Gesellschafters einnimmt, ist diese Gesellschafterstellung gekennzeichnet durch die gem. §§ 128, 161 Abs. 2 HGB bzw. §§ 718, 421 ff. BGB persönliche und unbeschränkte Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Daher ist neben dem Gesellschaftsvermögen grundsätzlich 288 auch das

286

Vgl. Schlüter, S. 89, 90.

287

Knopp, BB 1962, S. 939, 941; Woeste, DB 1957, S. 421; Biddermann,

288

S. 171.

Der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft können ihre Haftung beschränken, indem die Vertretungsmacht eines geschäftsführenden Gesellschafters so eingeschränkt wird, daß ihm nur gestattet ist, Verpflichtungen nur mit Wirkung für und gegen das Gesellschaftsvermögen, nicht aber für und gegen die einzelnen Gesellschafter zu begründen. Die Möglichkeit, die Vertretungsmacht zu beschränken, folgt aus § 714 BGB, wonach ein geschäftsführender Gesellschafter nur ,4m Zweifel" ermächtigt ist, die anderen Gesellschafter zu vertreten. Diese Haftungsbeschränkung ist jedoch nur wirksam, wenn die Vertretungsmacht für Dritten nach außen erkennbar begrenzt wird. Die be-

Β. Hauptteil

Privatvermögen des Minderjährigen dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger für Gesellschaftsverbindlichkeiten ausgesetzt. Zwar kann im Innenverhältnis ein völliger Haftungsausschluß mit dem Minderjährigen vereinbart werden; zumindest steht diesem ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch nach Maßgabe der Verlustbeteiligung gegen die Mitgesellschafter zu. 289 Hierdurch wird jedoch im Außenverhältnis die Inanspruchnahme des Minderjährigen durch die Gesellschaftsgläubiger nicht berührt (vgl. § 128 S. 2 HGB). Die Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn dem Mindeijährigen innerhalb einer Kommanditgesellschaft lediglich eine Kommanditistenstellung eingeräumt werden soll. Auch der Kommanditist kann zwischenzeitlich für Gesellschaftsverbindlichkeiten unbeschränkt persönlich mit seinem Vermögen haften, sofern die Haftungsbeschränkung noch nicht im Handelsregister eingetragen ist. Seine Haftung besteht auch nach der Eintragung im Handelsregister — nunmehr beschränkt auf die Höhe seiner Einlage — noch solange fort, bis er die Haftsumme vollständig erbracht hat (vgl. §§ 171, 172, 176 Abs. 1 S. 1, 176 Abs. 2 HGB). Eine besondere Gefährdungssituation ergibt sich für den minderjährigen Gesellschafter bei seinem Eintritt in eine bereits bestehende Personengesellschaft. In diesem Fall haftet er auch für die vor seinem Eintritt begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich. Diese Haftung ergibt sich bei der Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft bzw. als Komplementär einer Kommanditgesellschaft aus den Vorschriften der §§ 130, 161 Abs. 2 HGB. 2 9 0 Sofern der Minderjährige unter Neubildung oder durch Übernahme eines bestehenden Kommanditanteils einer bestehenden Kommanditgesellschaft als Kommanditist betritt, so folgt diese Haftungsmöglichkeit aus § 173 HGB nach Maßgabe der §§ 171, 172 HGB.

schränkte Vertretungsmacht muß dem Vertragspartner zumindest bei einer Überprüfung erkennbar sein. Hierzu eingehend BGH NJW 1985, 619 und NJW 1985, 1846, jeweils mit unmfassenden Nachweisen. 289 Hueck, GesR; § 15 III 7 a; BGHZ 37, 299; BGH DB 1979, 2364; BGH DB 1981, 367 (für die BGB-Gesellschaft). Bei BGB-Gesellschaft nach § 426 BGB, bei Handelsgesellschaft str., ob gesamtschuldnerischer Ausgleich gem. § 426 BGB oder modifizierter Anspruch gem. §§ 124, 110, 128 (§ 161 Abs. 2) HGB. 290

Da § 130 HGB für einen eintretenden BGB-Gesellschafter nach h.M. nicht, auch nicht analog anwendbar ist, haftet dieser in der Regel für Altverbindlichkeiten nicht mit seinem Privatvermögen. Für Altverbindlichkeiten kann eine Haftung des eintretenden BGB-Gesellschafter mit seinem Privatvermögen nur aufgrund besonderer Vereinbarung begründet werden: OLG Hamm NJW 1985, 1846.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

189

Eine diesem Haftungsrisiko für Altverbindlichkeiten vergleichbare Gefahrenlage liegt auch dem Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 10 BGB zugrunde. Durch diese Vorschrift, die die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit durch den Minderjährigen dem Vorbehalt einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung unterstellt, werden die Fälle erfaßt, in denen der Minderjährige eine sog. „Subsidiärhaftung" übernimmt, und im Falle der Inanspruchnahme einen entsprechenden Regreßanspruch gegen den Primärschuldner erlangt. 291 Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Minderjährige durch dieses Genehmigungserfordernis vor der Gefahr geschützt werden, leichtfertig den Entschluß zur Übernahme einer fremden Verbindlichkeit zu fassen, weil er als Sekundärschuldner zunächst nicht zu leisten braucht und daher hofft, der eigentliche Schuldner werde die Schuld selbst tilgen, oder nach Erfüllung der Verbindlichkeit auf den ihm zustehenden Erstattungsanspruch gegen den Dritten vertraut. 292 Da die Gläubiger aber regelmäßig erst dann auf den Sekundärschuldner zurückgreifen, wenn der eigentliche Schuldner zur Befriedigung der Verbindlichkeit nicht in der Lage ist und mithin auch die Durchsetzbarkeit des Regreßanspruches ungewiß ist, wird der Minderjährige zugleich vor solchen vermögensrechtlichen Nachteilen bewahrt, die daraus entstehen können, daß er durch die Übernahme einer fremden Schuld für die Verbindlichkeiten Dritter ohne die Sicherstellung eines ausreichenden Ersatzes in Anspruch genommen werden kann. 293 Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht ist die Vorschrift des § 1822 Nr. 10 BGB auf den nachträglichen Gesellschaftsbeitritt des Minderjährigen nicht anwendbar. 294 Hiergegen spricht bereits, daß es sich bei der im Zeitpunkt des Gesellschaftsbeitritts übernommenen Haftung für bestehende Altverbindlichkeiten nicht um die von § 1822 Nr. 10 BGB erfaßte Übernahme wirtschaftlich ausschließlich fremder Verbindlichkeiten handelt. 295 Darüber hinaus sind nach § 1822 Nr. 10 BGB nach wohl zutreffender Ansicht nur solche

291

Allg.M.: RGZ 133, 7, 13; RGZ 158, 210, 216; BGHZ 60, 385, 388 f.; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 62; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 36; Staudinger / Engler, § 1821, 1822, Anm. 118; Palandt / Diedericlisen, § 1822, Rdnr. 23; Dölle, § 128 II 2 e cc. 292 RGZ 158, 210, 216; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 36; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 61; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 23. 293

RGZ 133, 7, 13; RGZ 158, 210, 216.

294

So aber Biddermann,

295

A.A. Biddermann, S. 22; vgl. zu dieser Kontroverse bereits die Ausführungen unter § 8 III 1 b.

S. 22; Hurst, RheinNotK 1966, S. 383, 394.

Β. Hauptteil

190

Rechtsgeschäfte genehmigungspflichtig, bei denen die Übernahme einer Verbindlichkeit Gegenstand und nicht wie beim Gesellschaftsbeitritt des Minderjährigen lediglich gesetzliche Rechtsfolge ist. 296 Die mit der Übernahme einer Verbindlichkeit verbundene Gefahrenlage, vor denen der Minderjährige durch die in § 1822 Nr. 10 BGB angeordnete Genehmigungspflicht geschützt werden soll, kann sich aber in gleicher Weise realisieren, wenn der Minderjährige nachträglich in eine bestehende OHG bzw. als Komplementär in eine bestehende Kommanditgesellschaft aufgenommen wird. Es ist denkbar, daß der Minderjährige beim Gesellschaftsbeitritt davon ausgeht, daß sich die Altgläubiger zunächst an die bisherigen Gesellschafter halten werden, bevor sie ihn in Anspruch nehmen, oder zumindest auf die Durchsetzbarkeit seines Ersatzanspruches gegen die Mitgesellschafter vertraut. Der minderjährige Gesellschafter wird sich insoweit der Möglichkeit seiner Inanspruchnahme und des Umfanges des daraus resultierenden Vermögensschadens u.U. nicht voll bewußt sein und daher bei seinem Eintritt in die Personengesellschaft letztlich leichtsinnig die Gefahr übersehen, für bereits bestehende Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich haften zu müssen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Mitgesellschafter mit dem Minderjährigen intern einen Haftungsausschluß vereinbart haben. Eine solche Vereinbarung kann den Minderjährigen aber nicht vor einer Inanspruchnahme durch die Gesellschaftsgläubiger schützen, da sie diesen gegenüber nicht geltend gemacht werden kann (vgl. § 128 S. 2 HGB). Da die Gläubiger in den meisten Fällen zunächst ergebnislos bei den Mitgesellschaftern um Erfüllung ihrer Forderungen nachgesucht haben, können auch die dem mindeijährigen Gesellschafter gegen seine Mitgesellschafter zustehenden Ausgleichsansprüche keinen ausreichenden Schutz bieten. 297 Eine weitere typische Beteiligungsgefahr, vor der der Minderjährige durch den Genehmigungsvorbehalt des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geschützt werden muß, liegt somit in dem potientiellen Haftungsrisiko für bestehende Gesellschaftsverbindlichkeiten, deren Realisierung dem minderjährigen Gesellschafter insbesondere bei seinem späteren Eintritt in eine bereits bestehende Gesellschaft häufig entfernt erscheinen mag.

296

Hierauf wurde bereits in § 8 III 1 b eingegangen.

297

So zutreffend Biddermann,

S. 22.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

191

(5) Zusammenfassung

Das Genehmigungerfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB verfolgt daher den Zweck, den Mindeijährigen vor den spezifischen Gefahren zu schützen, die für ihn aus einer langfristigen Gesellschaftsbeteiligung erwachsen können. Aufgrund des Charakters des Gesellschaftsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis tritt bei der Eingehung eines Gesellschaftsvertrages zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts neben die allgemeinen Risikoübernahme noch die langfristige personen- und vermögensrechtliche Bindung des Minderjährigen an die Gesellschaft. In persönlicher Hinsicht muß insbesondere die Selbstbestimmung des Minderjährigen für die Zeit nach dem Eintritt der Volljährigkeit gesichert werden. Besondere Gefahren in vermögensrechtlicher Hinsicht ergeben sich vor allem aus der gegenüber Dritten grundsätzlich unbeschränkten Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Gesellschafter. Eine weitere Gefährdung seiner Vermögensinteressen entsteht für den minderjährigen Gesellschafter auch aus dem mit einer Gesellschaftsbeteiligung verbundenen potentiellen Haftungsrisiko für Gesellschaftsverbindlichkeiten. 298

b) Eingreifen des Schutzzwecks des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bei rechtsgeschäftlichen Änderungen des Gesellschaftsvertrages Die vertragliche Änderung eines Gesellschaftsvertrages kann nicht bereits deshalb dem Genehmigungszwang unterworfen werden, weil es sich hierbei um eine wirtschaftlich bedeutsame Maßnahme handelt. 299 Die Erstreckung des Genehmigungserfordernisses auf spätere Vertragsänderungen ist vielmehr nach dem Schutzzweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB nur dann geboten, wenn Abänderungsverträge für den Minderjährigen die gleiche typische Gefährlichkeit aufweisen wie die ursprüngliche Eingehung eines Gesellschaftsverhältnisses und die dem Beginn einer rechtsgeschäftlichen Gesellschaftsbeteiligung vorgeschaltete vormundschaftsgerichtliche Kontrolle daher nicht ausreicht, um den mit § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bezweckten Schutz des Minderjährigen vor den mit einer Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Gefahren für die Dauer seiner Mitgliedschaft sicherzustellen.

298

So im Ergebnis zutreffend Knopp, BB 1962, S. 939, 941; ders., NJW 1962, S. 2181, 2182; Wiedemann , S. 244; Brox, FS Bosch 1976, S. 75, 83; Nagel, S. 68, 69; Haarländer, S. 80 ff. 299

Insoweit zutreffend auch BGHZ 38, 26, 28.

192

Β. Hauptteil

aa) Kriterien für die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bei der Aufnahme eines Mindeijährigen in eine Personengesellschaft

Im folgenden soll daher zunächst untersucht werden, welche Kriterien das Vormundschaftsgericht seiner Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit einer Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen zugrunde legt. Die Genehmigungsfähigkeit eines Rechtsgeschäfts ist von der Frage der Genehmigungspflicht streng zu trennen. Bei der Auswahl der nach §§ 1821 ff. BGB genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte hat der Gesetzgeber ausschließlich abgewogen, ob ein Geschäft seiner Art nach erfahrungsgemäß so häufig eine Gefährdung bewirkt, daß diese als typische Folge des Geschäfts angesehen werden kann und daher den Genehmigungszwang rechtfertigt. Der Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB regelt damit ausschließlich die Genehmigungspflicht der in diesen Vorschriften normierten Rechtsgeschäfte. Diese greift grundsätzlich unabhängig davon ein, ob das konkrete Geschäft für den Minderjährigen gefährlich, risikolos oder sogar vorteilhaft ist; diese Umstände hat erst das Vormundschaftsgericht bei seiner Entscheidung über die Genehmigung zu würdigen. 300 Im Gegensatz zur Genehmigungspflicht behandelt die Genehmigungsfähigkeit damit die Frage, wann das genehmigungspflichtige Rechtsgeschäft im konkreten Einzelfall genehmigt werden kann. 301

(1) Orientierung am „Wohl und Interesse" des Minderjährigen

Die Frage, welche Entscheidungskriterien für die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung maßgebend sind, ist bisher wenig behandelt. Sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung besteht zunächst Einigkeit darüber, daß als Beurteilungsmaßstab für die Erteilung der Genehmigung ausschließlich das Wohl und Interesse des Minderjährigen zugrundezulegen ist. 302 Im Gegensatz zu den in § 1671 BGB genannten Tatbestandsmerkmalen „zum Wohl des Kindes erforderlich" oder „dem Wohle des Kindes am besten

300

Vgl. BGHZ 17, 160 ff.

301

Vgl. Grube, Rpfleger 1990, S. 67.

302 Für das Schrifttum: Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8; Erman / Holzhauer, Vor §§ 1821, 1822, Rdnr. 1; Palandt / Diederichsen, § 1828, Rdnr. 4; M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 16. Für die Rspr.: BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456; BayObLGZ 1971, 293, 295; BayObLGZ 1976, 281, 283; OLG Hamm OLGZ 1983, 148, 150.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

193

entspricht" u.a. hat der Gesetzgeber 303 in diesem Fall bewußt davon abgesehen, das „Wohl und Interesse des Kindes" als Tatbestandsmerkmal in die gesetzlichen Genehmigungsvorschriften aufzunehmen. Hierbei handelt es sich ausschließlich um einen von der Rechtsprechung entwickelten Maßstab für die Entscheidung über die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung.304 Während über diesen Prüfungsmaßstab Einigkeit besteht, so ist doch im weiteren umstritten, ob sich die Entscheidung über die Vereinbarkeit eines genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts mit dem Wohl und Interesse des Minderjährigen nach dem Ermessen des Vormundschaftsgerichts richtet 305 oder ob es sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, dessen richtige Anwendung im Instanzenzug voll überprüft werden kann. 306 Bedeutung erlangt dieser Streit jedoch nur dann, wenn das Vormundschaftsgericht seine Entscheidung ausschließlich mit Erwägungen der Angemessenheit und Zweckmäßigkeit begründet. Während diese bei einem unbestimmten Rechtsbegriff angreifbar sind, entfällt diese Möglichkeit bei der Ermessensentscheidung.307 Da das Vormundschaftsgericht sich jedoch nur selten ausschließlich auf derartige Erwägungen stützen wird, soll der Streit nicht weiter vertieft werden.

(2) Abgrenzung zum Begriff des „lediglich rechtlichen Vorteils"

Das Vormundschaftsgericht hat sich bei der Beurteilung der Interessenlage des Minderjährigen auf den „Standpunkt eines verständigen, die Tragweite des Rechtsgeschäfts überblickenden Volljährigen zu stellen" und bei der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung alle für das Interesse des Minderjährigen wesentlichen Umstände

303

Motive IV, 1138 f.

304

BayObLGZ 1976, 281, 285.

305

So die ständige Rspr. des BayObLG: BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1989, 455; BayObLG FamRZ 1989, 540, 541; BayObLGZ 7, 424, 428; 1971, 293, 295; 1976, 281, 284; sowie OLG Hamm OLGZ 1983, 148, 150; Staudinger / Engler, § 1821, 1822, Rdnr. 151; Palandt / Diederichsen, § 1822, Rdnr. 4; Westemiann, GesR, Rdnr. 145. 306

So Erman/ Holzhauer, Vor §§ 1821, 1822, Rdnr. 1; M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 15; Soergel/Damrau, § 1828, Rdnr. 8; Gernhuber, § 52 III 8; OLG Karlsruhe FamRZ 1973, 378, 379. 307

Vgl. Grube, Rpfleger 1990, S. 67,69; BayObLGZ 1971, 293, 295; BayObLGZ 1976,281, 284 m.w.N.: „Die Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Entscheidung unterliegt ... nicht der Nachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts." 13 Hilsmann

194

Β. Hauptteil

des Einzelfalls sorgfältig zu ermitteln und abzuwägen.308 Das konkrete Rechtsgeschäft muß sich somit nach der Beurteilung sämtlicher mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Vor- und Nachteile in seiner Gesamtheit für den Minderjährigen vorteilhaft darstellen. Insoweit darf die Genehmigung nicht schon dann versagt werden, wenn nur einzelne Bestimmungen für den Minderjährigen nachteilig sind. 309 7 3 1 0 In diesem Punkt unterscheidet sich die Formel vom „Wohl und Interesse" des Minderjährigen von dem in den §§ 107, 181 BGB enthaltenen Begriff des „lediglich rechtlichen Vorteils". Wenngleich beide das Ziel verfolgen, den Konflikt zwischen dem Minderjährigenschutz sowie dem Schutz des Rechtsverkehrs zu lösen 311 , so ist der Begriff des „lediglich rechtlichen Vorteils" enger auszulegen als der des „Kindeswohls". Abzustellen ist bei ersterem allein auf die rechtlichen Folgen des Geschäfts, während es auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht ankommt. 312 Stehen daher dem Vorteil rechtliche Nachteile (z.B. die Aufgabe eines Rechts oder die Begründung einer Verpflichtung) gegenüber, so ist das Geschäft auch dann nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn diese Vorteile die Nachteile erheblich überwiegen. 313 Insoweit ist bei der Bestimmung eines „lediglich rechtlichen Vorteils" nur auf bestehende Rechtsnachteile des jeweiligen Geschäfts abzustellen, ohne Rücksicht auf etwaige (auch wirtschaftliche) Vorteile. Im Gegensatz dazu ist bei der Beurteilung, ob das konkrete Rechtsgeschäft dem „Wohl und Interesse" des Minderjährigen entspricht, das Gesamtbild aller mit dem konkreten Geschäft verbundenen möglichen Vor- und Nachteile entscheidend, wie es sich im Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung, nicht des Vertragsschlusses darstellt. 314 Insofern können, anders als bei der Konkretisierung eines „lediglich rechtlichen Vorteils", bestehende Nachteile auch durch mögliche Vorteile ausgeglichen

308 BayObLGZ 7, 424, 428; BayObLGZ 1971, 293, 295; BayObLGZ 1976, 281, 283, 284; BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 457. 309

Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8.

310

Gegenwärtige Nachteile können angesichts späterer Vorteile ihr Gewicht verlieren, vgl. Gernhuber, § 52 III 8, mit Beispielen, in Fn. 35. 311

So zutreffend Grube, Rpfleger 1990, S. 67, 69.

312

Palandt / Heinrichs, § 107, Rdnr. 2; a.A. Stürner, AcP 173, S. 402, 421.

313

Palandt / Heinrichs, § 107, Rdnr. 2.

314

KG OLGE 43, 380, 382; BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456; BayObLGZ 1976, 281, 284; Palandt / Diederichsen, § 1828, Rdnr. 4; Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

195

werden. 315 Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn das Vormundschaftsgericht nach sorgfältiger Abwägung der Gesamtumstände316 zu dem Ergebnis gelangt, daß die mit dem konkreten Rechtsgeschäft verbundenen Vorteile die bestehenden Nachteile überwiegen, und das Rechtsgeschäft mit dem Wohl und Interesse des Minderjährigen vereinbar ist. 317

(3) Inhalt der vormundschaftsgerichtlichen Abwägungspflicht bei der Genehmigung eines „Gesellschaftsvertrages zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts"

Hiernach hat das Vormundschaftsgericht bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einer geplanten Gesellschaftsbeteiligung eines Minderjährigen sämtliche Bestimmungen des vorgelegten Gesellschaftsvertrages auf ihre Übereinstimmung mit dem Wohl und Interesse des Minderjährigen zu überprüfen. Entscheidend ist hierbei das Gesamtbild der mit der Mitgliedschaft verbundenen Vor- und Nachteile. 318

(a) Beurteilung materieller

Gesichtspunkte

Zu berücksichtigen sind hierbei vor allem materielle, d.h. finanzielle und wirtschaftliche Gesichtspunkte319, insbesondere die Beziehungen des Minder-

315 Vgl. Grube, Rpfleger 1990, 67, 69, der hieraus zutreffend folgert, daß die Verneinung des lediglich rechtlichen Vorteils nicht zwangsläufig zur Versagung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung führen muß.Insofern bedarf es zum Abschluß des Gesellschaftsvertrages zwar der Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BG, die erforderliche Genehmigung kann dennoch erteilt werden. 316 Die Abwägung muß in der Gerichtsentscheidung ausdrücklich dargestellt werden, wobei die Erörterung der maßgebenden Umstände ausreichen soll, vgl. Grube, Rpfleger 1990, S. 67, 69. Hingegen kann die Darstellung wohl nicht auf die Erörterung nur eines Umstandes, z.B. die Haftung, beschränkt werden (so OLG Hamm, OLGZ 1983, 148). Das BayObLG, BayObLGZ 1976, 281, hat sogar die Erörterung von zwei gewichtigen Gesichtspunkten (Verlustbeteiligung und Geschäftsbeginn einer KG vor Eintragung) als nicht ausreichend abgelehnt. 317

M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 16.

318

Vgl. BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456; BayObLGZ 1976, 281 ff.; OLG Hamm OLGZ 1983, 148 ff. 319 BayObLGZ 1971, 293, 295; BayObLGZ 1976, 281, 283; BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456.

1*

196

Β. Hauptteil

jährigen zu seinen Vertragspartnern sowie Gegenstand und Zweck des jeweiligen Rechtsgeschäfts. 320

(aa)

Beurteilung der Chancen und unternehmerischen Risiken des Erwerbsgeschäfts

Da der Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen werden soll, muß das Vormundschaftsgericht somit zunächst die Chancen sowie die unternehmerischen Risiken des in Aussicht genommenen Unternehmens gegeneinander abwägen. Obgleich das Gericht hierbei nicht gehalten sein soll, den Minderjährigen vor sämtlichen mit dem Betrieb des gesellschaftlich geführten Unternehmens verbundenen Risiken zu schützen321, so müssen doch im Interesse des Minderjährigen erkennbar vermeidbare und unzumutbare Risiken von ihm ferngehalten werden. Es muß gewährleistet sein, daß sein Vermögen sinnvoll und wirtschaftlich, zugleich aber auch sicher angelegt wird. 3 2 2

(bb)

Beurteilung der Rechtsstellung des Mindeijährigen innerhalb der Personengesellschaft

Ferner hat das Vormundschaftsgericht die gesellschaftsrechtliche Stellung des Minderjährigen in der Personengesellschaft zu beurteilen. Hierbei ist im Hinblick auf die damit verbundenen Haftungsfragen zunächst näher auf die Gesellschafterstellung als persönlich haftender Gesellschafter bzw. Komplementär oder lediglich als Kommanditist innerhalb der Personengesellschaft einzugehen. Darüber hinaus müssen in die Beurteilung sämtliche mit der vertraglichen Stellung des Minderjährigen verknüpften Regelungen miteinbezogen werden, so etwa Vereinbarungen über die Mitwirkung des Minderjährigen an der Geschäftsführung und Vertretung sowie Fragen der Gewinn- und Verlustbeteiligung, des Stimm- und Entnahmerechts, Art und Höhe der zu leistenden Einlage,

320 OLG Bremen FamRZ 1962, 209; BayObLGZ 1976, 281, 284; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456. 321 BayObLGZ 1976, 281, 286; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 457; OLG Hamm OLGZ 1983, 148, 151; Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8; M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 19; a.A. OLG Köln OLGZ 1976, 306 ff. 322

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 11.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

197

die Ausgestaltung des Kündigungsrechts sowie der Abfindungsregelung beim Ausscheiden aus der Gesellschaft. 323

(cc)

Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitgesellschafter sowie des gesetzlichen Vertreters

Da auch die Beziehungen des Minderjährigen zu seinen Vertragspartnern heranzuziehen sind, hat das Vormundschaftsgericht neben der vertraglichen Stellung des Minderjährigen auch die persönlichen, fachlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitgesellschafter des Minderjährigen, insbesondere der persönlich haftenden Gesellschafter zu beurteilen. 324 Da vom Abschluß des Gesellschaftsvertrages an die Verantwortung für die Gesellschaft sowie für das zu betreibende Unternehmen und damit mittelbar für die Vermögensbelange des Minderjährigen bei den geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschaftern liegt, müssen diese die Gewähr bieten, zur Führung eines Erwerbsgeschäfts hinreichend zuverlässig und geeignet zu sein. In diesem Zusammenhang hat das Gericht auch die Person des gesetzlichen Vertreters und dessen Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen, da dieser nach Abschluß des Gesellschaftsvertrages die weiteren Maßnahmen im Interesse des Minderjährigen grundsätzlich unter eigener Verantwortung zu treffen hat. 325 Das Vormundschaftsgericht muß beurteilen, ob der gesetzliche Vertreter sowohl die fachliche als auch charakterliche Eignung aufweist, um eine Beteiligung der in Aussicht genommenen Art mit den sich daraus ergebenden Folgen für den Minderjährigen wahrzunehmen und zu verwalten.

323

Vgl. BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 457; BayObLGZ 1976, 281, 284; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 85; Knopp, BB 1962, S. 939, 941; Haarländer, S. 89; Westermann, GesR, Rdnr. 145. 324 556 BayObLGZ 1976, 281, 284; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456. 325

So BGHZ 38, 26 f.; daher ihm insoweit folgend BayObLGZ 1976, 281, 284.

198

(b)

Β. Hauptteil

Berücksichtigung

des „Familienfriedens"

Ferner soll die Prüfung auch ideelle Gesichtspunkte, d.h. solche nicht vermögensrechtlicher Art, berücksichtigen 326, wobei ideelle Vorteile durchaus finanzielle Nachteile ausgleichen können. 327 Ein in diesem Zusammenhang häufig genannter Aspekt, der für den Regelfall der Beteiligung des Minderjährigen an einer Familiengesellschaft Bedeutung erlangt, ist der Familienfrieden. 328 In diesem Fall hat der genehmigungspflichtige Gesellschaftsvertrag auch Auswirkungen auf den persönlichen Lebensbereich des Minderjährigen, so daß die Aufrechterhaltung des Familienfriedens durchaus im wohlverstandenen Interesse des Minderjährigen liegen kann. Die Anwendung dieses Gesichspunkts könnte jedoch Schwierigkeiten bereiten, da sich das Vormundschaftsgericht bei seiner Beurteilung ausschließlich an den Interessen des Minderjährigen zu orientieren hat, während die Belange Dritter — hierzu zählen auch die Angehörigen des Minderjährigen 329 — grundsätzlich unbeachtlich sein sollen. 330 Wenn aber auch das Interesse an der Erhaltung des Familienfriedens Berücksichtigung findet, hinter dem sich möglicherweise egoistische Interessen anderer Familienmitglieder verbergen können 331 , so werden zwangsläufig auch die tangierten Interessen der beteiligten Angehörigen des Minderjährigen in die Beurteilung miteinbezogen.332 Nach ständiger Rechtsprechung des BayObLG 333 soll das Gericht jedoch nicht gehindert sein, auch die Interessen der Familie in Betracht zu ziehen. Dies gilt allerdings immer erst in zweiter Linie und nur unter der Voraussetzung, daß diese sich mit den Interessen des Minderjährigen verein-

326 BayObLGZ 1971, 293, 296; BayObLGZ 1976, 281, 283; BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456; Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8; kritisch hierzu M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 18. 327

Gernhuber, § 52 III 8.

328

Vgl. Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8; M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 18 jeweils m.w.N.; Palandt / Diederichsen, § 1828, Rdnr. 4. 329

Vgl. Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8.

330

Vgl. nur BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456;. BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456; BayObLGZ 1971, 293, 295; BayObLGZ 1976, 281, 283; sowie Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8; M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 17; Palandt / Diederichsen, § 1828, Rdnr. 4. 331

So M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 18.

332

Daher ablehnend M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 18: Der Familienfrieden bildet für sich gesehen keinen Maßstab für das Handeln des gesetzlichen Vertreters. 333 BayObLGZ 7, 424, 428; BayObLGZ 1971, 293, 295; BayObLGZ 1976, 281, 283; BayObLG Rpfleger 1989, 455, 456; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 456.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

199

baren lassen334 oder die Interessen der Familie zugleich die Interessen des Minderjährigen selbst verkörpern. Insoweit ist die Berücksichtigung des Familienfriedens aber durchaus zulässig, da sich die gerichtliche Entscheidung auch in diesem Fall zunächst ausschließlich am Minderjährigeninteresse zu orientieren hat. Die Belange der Angehörigen dürfen nur dann mittelbar mitberücksichtigt werden, wenn auch sie im Ergebnis letztlich mit dem Wohl des Minderjährigen vereinbar sind.

(c)

Zusammenfassung

Die zum Abschluß des Gesellschaftsvertrages erforderliche Genehmigung ist schließlich zu erteilen, wenn das Vormundschaftsgericht nach umfassender Würdigung und Abwägung dieser Prüfungskriterien zu der Überzeugung gelangt, daß die geplante Gesellschaftsbeteiligung den schutzwerten Belangen des minderjährigen Gesellschafters nicht entgegen steht und daher mit dem Wohl und Interesse des Minderjährigen vereinbar ist.

(4) Auswirkungen der Grundsatzentscheidung des BVerfG auf die Genehmigungsfähigkeit einer nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtigen Gesellschaftsbeteiligung

In der Praxis hat die Konkretisierung des Beurteilungsmaßstabes vom „Wohl und Interesse" des Minderjährigen anhand der vorgenannten Prüfungskriterien bislang dazu geführt, daß sich die Rechtsprechung kontrovers mit der Frage der Genehmigungsfahigkeit einer Gesellschaftsbeteiligung des Mindeijährigen auseinandergesetzt hat. Nach Auffassung des OLG Hamm sowie des BayObLG 335 ist die Beteiligung eines Minderjährigen an einer BGB-Gesellschaft trotz der damit verbundenen unbeschränkten persönlichen Haftung des Minderjährigen grundsätzlich genehmigungsfähig. Auch bei einer Kommandit-

334 Vgl. hierzu Fastrich, S. 48, 49: „Insbesondere in den Fällen, in welchen dem Mindeijährigen der Gesellschaftsanteil unentgeltlich übertragen wurde und die Hafteinlage erbracht ist, wird dieses Interesse an der Erhaltung des Familienfriedens die materiellen Interessen des mindeijährigen Kommanditisten vielfach überwiegen." 335

OLG Hamm, OLGZ 1983, 148 ff.; BayObLG Rpfleger 1979, 455, 457.

200

Β. Hauptteil

gesellschaft können nach dem BayObLG 336 weder der Geschäftsbeginn einer Kommanditgesellschaft vor der notwendigen Eintragung im Handelsregister noch die Verlustbeteiligung des Kommanditisten für sich gesehen ohne Prüfung der Umstände des konkreten Einzelfalls die Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung rechtfertigen. Demgegenüber will das OLG Köln die beantragte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung bereits dann ablehnen, wenn für den als Kommanditisten zu beteiligenden Minderjährigen bei der Abwicklung des Gesellschaftsvertrages die Gefahr besteht, daß er, wenn auch nur zeitweilig und in geringem Umfang, mit seinem Privatvermögen für Geschäftsschulden haftet. 337 Fraglich ist, ob und inwieweit die zur Fortführung eines ererbten Handelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der eine unbegrenzte finanzielle Verpflichtung des Minderjährigen durch seinen gesetzlichen Vertreter mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Minderjährigen unvereinbar ist, künftig auch Auswirkungen auf die Beteiligung des Minderjährigen an einer Personengesellschaft hat. 338 Mit Blick auf die genannte Grundsatzentscheidung sprechen sich Vertreter des Schrifttums 339 bereits gegen die Genehmigungsfähigkeit einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung eines Minderjährigen aus, die mit einer unbeschränkten persönlichen Haftung einhergeht. Sie folgern hieraus, daß ein Minderjähriger grundsätzlich nicht mehr die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters bzw. Komplementärs erlangen könne, während in Anlehnung an die Entscheidung des OLG Köln die Kommanditbeteiligung regelmäßig genehmigungsfähig sein soll, sofern etwaige Haftungsgefahren gem. § 176 HGB oder infolge Nichteinzahlung der Einlage ausgeschlossen sind. 340

336

BayObLGZ 1976, 281.

337

OLG Köln, OLGZ 1976, 306.

338 Vgl. Kliisener, Rpfleger 1990, S. 321, 324, 325: Zwar wird der Minderjährige hierbei nicht durch seine Eltern, sondern durch jeden vertretungsberechtigten Gesellschafter verpflichtet. Nach den Entscheidungsgründen könne es jedoch nicht darauf ankommen, mittels welcher Rechtskonstruktion die Überschuldung des Minderjährigen eintrete. Erfaßt wird auch die mit persönlicher Haftung verbundene Mitgliedschaft in einer erwerbsgeschäftlich orientierten Personengesellschaft. Hierbei könne auch nicht entscheidend sein, ob die persönliche Haftung Folge der unmittelbaren Vertretung in einer BGB-Gesellschaft oder der akzessorischen Haftung für Verbindlichkeiten einer OHG, KG sei. 339

Vgl. Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 36, 41; Kliisener,

340

Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 36, 41; Kliisener,

Rpfleger 1990, S. 321, 325, 326, 328.

Rpfleger 1990, S. 321, 325, 326, 328.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

201

Das Bundesverfassungsgericht 341 hat in seinen Urteilsgründen darauf hingewiesen, daß mit der Einräumung der gesetzlichen Vertretungsmacht gleichzeitig die Gefahr einer unkontrollierten Entscheidungsbefugnis verbunden sei, da der gesetzliche Vertreter häufig nicht in der Lage sei, den Anforderungen im Sinn des gebotenen Minderjährigenschutzes zu genügen. Daher sei der Gesetzgeber gehalten, dem Minderjährigen die Möglichkeit einzuräumen, im Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit sein weiteres Leben ohne unzumutbare, nicht von ihm zu verantwortende Belastungen zu gestalten. Insofern darf ein Minderjähriger nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts künftig nicht mit Überschuldung als Folge einer unbeschränkten gesetzlichen Vertretungsmacht in die Volljährigkeit entlassen werden, also nicht über sein bisher vorhandenes Vermögen hinaus verpflichtet werden. 342 Hiernach ist auch die Übernahme einer unbeschränkten persönlichen Haftung durch einen Minderjährigen mit dem so verstandenen Minderjährigenschutz im Grundsatz nicht vereinbar, da sich eine Haftung nicht lediglich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, sondern darüber hinaus eine Inanspruchnahme des Minderjährigen mit seinem Privatvermögen denkbar ist und insoweit finanzielle Nachwirkungen bis in die Zeit seiner Volljährigkeit nicht auszuschließen sind. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts muß zum Schutz des Minderjährigen grundsätzlich verhindert werden, daß der volljährig Gewordene später mehr als nur eine scheinbare Freiheit erreicht. Insofern genüge bereits die Einführung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung oder einer Haftungsbegrenzung zur verfassungskonformen Einschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht. 343 Da das Gesetz in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB für den Erwerb einer Gesellschafterstellung des Minderjährigen als persönlich haftender Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder BGB-Gesellschaft eine vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung anordnet, wird im Hinblick auf die mit dieser Gesellschafterstellung verbundenen unbeschränkten persönlichen Haftung durchaus den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Minderjährigen entsprochen. Unverständlich erscheint insoweit die Auffassung Klüseners, daß es als ungeklärt gelten müsse, ob die erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung verfassungskonform die handelsrecht-

341

BVerfGE 72, 155, 172 ff.

342

Vgl. BVerfGE 72, 155, 172, 173.

343 So für den der Entscheidung zugrundeliegenden Fall der Fortführung eines Handelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft unter Mindeijährigenbeteiligung BVerfGE 72, 155, 174.

202

Β. Hauptteil

liehe Haftung ermögliche. 344 Das Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung erlaubt vielmehr einerseits in verfassungskonformer Weise eine gesellschaftliche Beteiligung des Minderjährigen und erfüllt andererseits die Anforderungen des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. In diesem Zusammenhang kann sich nur die Frage stellen, ob das Vormundschaftsgericht in Konsequenz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts künftig gehalten ist, von dem Minderjährigen jegliches mit dem Abschluß eines Gesellschaftsvertrages verbundene Risiko fernzuhalten. Hiernach wäre eine gesellschaftsrechtliche Bindung des Minderjährigen schon dann nicht mehr genehmigungsfähig, wenn etwaige Haftungsrisiken nicht auszuschließen sind. Da jedoch kaum eine Gesellschaftsbeteiligung im Personengesellschaftsrecht denkbar ist, die nicht mit solchen Haftungsrisiken verbunden ist, führt diese Auffassung dazu, daß eine Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen in Zukunft regelmäßig nicht mehr genehmigt werden dürfte. Dies beschränkt sich nicht nur auf die Beteiligung eines Minderjährigen als persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft. Das Gesetz sieht durchaus die Möglichkeit vor, daß auch der Kommanditist bei der Abwicklung des Gesellschaftvertrages zeitweilig unbeschränkt mit seinem Privatvermögen zur Haftung herangezogen werden kann. Aus § 176 Abs. 1 S. 1 HGB ergibt sich, daß die beschränkte Haftung des Kommanditisten erst dann eintritt, wenn die Gesellschaft und die Höhe der jeweiligen Haftsumme des Kommanditisten in das Handelsregister eingetragen sind. Bis zu diesem Zeitpunkt haftet mithin auch der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt mit seinem Vermögen. Dies kann jedoch in der Regel noch nicht die Verweigerung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung rechtfertigen. Zwar kann hiergegen eingewendet werden, daß der Minderjährige insbesondere wegen der in der Regel nur beschränkten Haftung als Kommanditist an der Gesellschaft beteiligt werden soll. Nach § 176 Abs. 1 1. HS HGB kann aber die persönliche Haftung des Kommanditisten für die vor der Eintragung eingegangenen Gesellschaftsschulden dadurch ausgeschlossen werden, daß seine Beteiligung als Kommanditist bei Eingehung jeder Verbindlichkeit dem Geschäftsgegner bekanntgemacht wird. Ferner kann der Kommanditist seine persönliche Haftung auch durch die Verweigerung seiner Zustimmung zum vorzeitigen Geschäftsbeginn verhindern. 345

344

So Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 325; wohl auch Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 36.

345

Vgl. BayObLGZ 1976, 281, 286.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

203

Das OLG Köln geht in seiner Entscheidung jedoch noch einen Schritt weiter. Da gem. § 171 Abs. 1 S. 1 2.HS HGB eine Haftung des Kommanditisten mit seinem Vermögen erst dann gänzlich ausscheidet, wenn dieser die vereinbarte Einlage geleistet hat, will es die Genehmigungsfähigkeit bereits dann verneinen, wenn die Gefahr besteht, daß der Minderjährige noch bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar mit seinem Privatvermögen haftet, solange er die Leistung der vereinbarten Einlage noch nicht erbracht hat. 346 Nach dieser Ansicht ist die Kommanditbeteiligung des Minderjährigen also erst dann genehmigungsfähig, wenn sämtliche persönliche Haftungsrisiken während der Beitrittsphase beseitigt sind. Grube vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, daß aus der Genehmigungspflicht einer Gesellschaftsbeteiligung nicht zugleich geschlossen werden könne, daß der Gesetzgeber auch bestimmte Risiken hinnehmen wollte. Vielmehr sei zum Schutz des Minderjährigen auch bei einem normalen Geschäftsrisiko die Genehmigung zu versagen, wenn Vor- und Nachteile im übrigen ausgeglichen seien.347 Dementsprechend wäre künftig auch eine Kommanditbeteiligung des Minderjährigen lediglich dann genehmigungsfähig, wenn etwaige aus § 176 HGB sowie aus der Nichteinzahlung der Einlage resultierenden Haftungsrisiken ausgeräumt sind. 348 Das Vormundschaftsgericht hat jedoch grundsätzlich nicht die Pflicht, von dem Minderjährigen jegliches mit einer geplanten Gesellschaftsbeteiligung verbundene Risiko fernzuhalten. 349 Würde man dies unterstellen, so müßte das Gericht die Genehmigung einer Kommanditbeteiligung, bei der die Einlage bereits voll eingezahlt ist, schon deshalb versagen, weil die entfernt liegende potentielle Haftungsmöglichkeit nach § 172 Abs. 4 HGB bei Rückzahlung der geleisteten Einlage oder Gewinnentnahme im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann. Ausschlaggebend für die Entscheidung über die Erteilung oder die Versagung der Genehmigung und damit über die Genehmigungsfähigkeit eines Gesellschaftsvertrages unter Beteiligung eines Minderjährigen ist nach wie vor das Gesamtbild sämtlicher mit der Gesellschafterstellung verbundenen Vorund Nachteile. Daher kann eine beantragte Genehmigung nicht schon dann versagt werden, wenn mit der Gesellschaftsbeteiligung ein (wirtschaftlicher oder

346 OLG Köln, OLGZ 1976, 306; so auch Heymann/Horn, 1990, S. 321, 326.

§ 161, Rdnr. 36; Kliisener,

Rpfleger

347 Grube, Rpfleger 1990, S. 67, 69. Nach seiner Ansicht läßt sich hierdurch auch die Rechtsunsicherheit vermeiden, wann ein Geschäftsrisiko noch „normal" ist. 348 349

So Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 36; Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 326.

BayObLG Rpfleger 1979, 455, 45*7; BayObLGZ 1976, 281, 286; OLG Hamm OLGZ 1983, 148, 151; Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 8; M K / Schwab, § 1828, Rdnr. 19.

204

Β. Hauptteil

rechtlicher) Nachteil verbunden ist, sofern die bestehenden oder zu erwartenden Vorteile diesen Nachteil kompensieren. Erst dann, wenn sich die Nachteile so gravierend auf die Person und das Vermögen des Minderjährigen auswirken, daß sie nicht mehr durch die mit der Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Vorteile ausgeglichen werden können, muß die Genehmigungsfähigkeit verneint werden, mit der Folge, daß das Vormundschaftsgericht die Genehmigung zu versagen hat. Das Argument Grubes, daß zugleich die Unsicherheiten für den Rechtsverkehr über die Frage, wann das Geschäftsrisiko noch nomai ist und wann nicht, ausgeräumt werden könnte 350 , überzeugt nicht, da ausschließlich die Interessen des Minderjährigen, nicht jedoch die des Rechtsverkehrs in die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einfließen können. Auch nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann es daher nicht dem Sinn und Zweck des Genehmigungserfordernisses entsprechen, künftig von dem Minderjährigen jedes Geschäftsrisiko fernzuhalten. Das Recht zur Selbstbestimmung — so das Bundesverfassungsgericht — sei nicht identisch mit der Freiheit von allen Bindungen. Vielmehr seien Nachwirkungen einer gesetzlichen Vertretung ebenso notwendig wie ungefährlich. 351 Die Frage, der Beteiligung Minderjähriger an einer bestimmten Gesellschaftsform kann daher nicht generell bejaht oder verneint werden. Das Vormundschaftsgericht muß vielmehr nach wie vor nach Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände zu dem Schluß kommen, daß die Gesellschaftsbeteiligung im Ganzen gesehen für den Minderjährigen vorteilhaft ist. Die Genehmigung darf daher einerseits nicht schon dann versagt werden, wenn nur einzelne Punkte für den Minderjährigen nachteilig sind. Andererseits ist das Gericht verpflichtet, auch wenn das Geschäft für den Minderjährigen überwiegend rechtlich vorteilhaft ist, vermeidbare und unzumutbare Risiken fernzuhalten. 352 So könnte dem Minderjährigen die Kommanditeinlage unentgeltlich zugewendet werden, so daß das vorhandene Vermögen in aller Regel nicht tangiert wird, auch wenn die Einlage im Laufe der Zeit völlig aufgezehrt wird. 3 5 3 Derartige Nachteile können weiterhin auch im Innenverhältnis durch eine entsprechende Vereinbarung über die Gewinnbeteiligung ausgeglichen werden.

350

Grube, Rpfleger 1990, S. 67, 69.

351

BVerfGE 72, 155, 173.

352

OLG Köln OLGZ 1976, 306, 307.

353

Die Frage der Genehmigungsfähigkeit darf insoweit nicht mit der Frage des „lediglich rechtlichen Vorteils" verwechselt werden, der auch bei der unentgeltlichen Aufnahme des Minderjährigen und bereits geleisteter Einlage schon im Hinblick auf die mit der Kommanditbeteiligung verbundenen Haftungsrisiken verneint werden muß, vgl. o. § 4 II.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

205

Gleichermaßen begründet auch die Übernahme einer Stellung als persönlich haftender Gesellschafter durch den Minderjährigen künftig für sich gesehen noch keinen ausreichenden Grund zur Versagung der erforderlichen Genehmigung. 354 So kann die unbeschränkte Haftung als persönlich haftender Gesellschafter und die daraus folgende mögliche Inanspruchnahme durch einen Gesellschaftsgläubiger möglicherweise durch die Vereinbarung eines gesellschaftsinternen Haftungsausschlusses bzw. einer gänzlichen Freistellung des Minderjährigen von Verlusten der Gesellschaft ausgeglichen werden. Dies tangiert zwar nicht das Außenverhältnis zu den Gläubigern, sichert dem Minderjährigen aber über den gesetzlichen internen Ausgleichsanspruch gegen die Mitgesellschafter 355 hinaus im Innenverhältnis zu den übrigen Gesellschaftern einen vertraglichen Anspruch auf gänzliche Haftungs- bzw. Verlustfreistellung. Hierdurch wird das mit der Mitgliedschaft verbundene Haftungsrisiko verringert und überschaubar gemacht.356 Auch die Tatsache, daß es sich bei den Mitgesellschaftern des zu beteiligenden Minderjährigen um Familienangehörige handelt und mithin kein Gesellschaftsvertrag zwischen Familienfremden vorliegt 357 , ist geeignet, den mit einem Haftungsrisiko oder einer Verlustbeteiligung verbundenen Nachteil einer Gesellschaftsbeteiligung auszugleichen, da insoweit anzunehmen ist, daß die Familie dem Minderjährigen keinen Schaden zufügen will. Andererseits fallen derartige Nachteile um so stärker ins Gewicht, je größer das Geschäftsrisiko der Gesellschaft insgesamt ist, je länger die Beteiligung unkündbar ist oder dem Minderjährigen bzw. seinem gesetzlichen Vertreter lediglich geringe Mitspracherechte eingeräumt werden. 358 Wenngleich auch keine dieser Bestimmungen für sich gesehen bereits der Erteilung der Genehmigung entgegensteht, so kann doch die Gesamtheit dieser ungünstigen Vereinbarungen die Versagung der Genehmigung begründen. Insoweit können ferner weder allein der Vorteil einer Gewinnbeteiligung noch der Umstand, daß es sich um eine Familiengesellschaft handelt, die Annahme rechtfertigen, daß der Gesellschaftsvertrag in seiner Gesamtheit dem Interesse des Minderjährigen entspricht, wenn dieser ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung weit über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus langfristig an die Gesellschaft gebun-

354

M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 29, m.w.N. in Fn. 61.

355

Bei BGB-Gesellschaft gem. § 426 BGB, bei OHG str., ob gesamtschuldnerischer Ausgleich gem. § 426 BGB oder modifizierter Anspruch gem. §§ 124, 110, 128 HGB. 356

Vgl. BayObLG Rpfleger 1979, 455, 457.

357

Vgl. BayObLG Rpfleger 1979, 455, 457.

358

OLG Hamm OLGZ 1983, 148, 152.

206

Β. Hauptteil

den ist. 359 Auch bei unentgeltlicher Zuwendung eines Gesellschaftsanteils ist zu prüfen, ob der Vertragsschluß dem Minderjährigen keine Nachteile bringt. So kann auch eine unentgeltliche Aufnahme des Minderjährigen in eine offene Handelsgesellschaft infolge der mit dem Gesellschaftereintritt verbundenen Haftung für den Minderjährigen dann nachteilig sein, wenn die finanziellen Verhältnisse dieser Gesellschaft nicht überschaubar sind. 360 Da es somit immer auf die gesamten Umstände des Einzelfalls ankommt, die sorgfaltig gegeneinander abgewogen werden müssen, kann dem Erwerb einer Mitgliedschaft als persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht von vornherein generell die Genehmigungsfähigkeit abgesprochen werden. 361 Sie wird aber wohl auch künftig nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erteilt werden.

bb) Der Umfang der erteilten

Genehmigung und die nachträgliche Änderung

des Gesellschaftsvertrages

Es ist nunmehr die Frage zu untersuchen, ob bei einem Verzicht auf die Prüfungs- und Sicherungsfunktion der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für rechtsgeschäftliche Änderungen des genehmigten Gesellschaftsvertrages eine Gefährdung des mit § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB verfolgten Zwecks zu befürchten ist, den Minderjährigen vor den einer Gesellschaftsbeteiligung immanenten Gefahren zu schützen. Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts über die Genehmigungsfähigkeit einer geplanten Gesellschaftsbeteiligung eines Minderjährigen basiert im wesentlichen auf dem Inhalt des jeweiligen Gesellschaftsvertrages. Nach den Erwägungen Flechtheims 362 wäre die Prüfung des jeweiligen Vertragsinhalts

359 So OLG Hamm OLGZ 1983, 148, 153; anders BayObLGZ 1976, 281, bei einjähriger Kündigungsmöglichkeit zum Ende eines jeden Geschäftsjahres. 360

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 11, Fn. 136.

361

A.A. wohl Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 325, 326, 328: Ob die erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung verfassungskonform die handelsrechtliche Haftung ermöglicht, muß als ungeklärt gelten. Bis zur gesetzlichen Neuregelung dürfte die Beteiligung des Mindeijährigen als persönlich haftender Gesellschafter nicht genehmigungsfahig sein. Auch die Beteiligung des Minderjährigen an einer erwerbsgeschäftlich ausgerichteten BGB-Gesellschaft soll nach seiner Ansicht wegen des damit verbundenen Haftungsrisikos nicht genehmigungsfahig sein. So auch Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 36, 41. 362 Düringer / Hachenburg / Flechtheim, § 105, Anm. 54.

§ 105, Anm. 14; i.Erg. auch Schlegelberger / Geßler,

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

207

im Endeffekt aber sinnlos, wenn dieser im nachhinein ohne weiteres abgeändert werden könnte. Hingegen soll der gesetzliche Vertreter nach Auffassung des Bundesgerichtshofs 363 auf der genehmigten Grundlage nunmehr alle weiteren Entscheidungen in eigener Verantwortung treffen. Auch der Normzweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erfordere nicht zwangsläufig die Genehmigungspflicht für jede Änderung des genehmigten Vertrages. Der Bundesgerichtshof übersieht bei seiner Argumentation aber, daß der gesetzliche Vertreter weitere Entscheidungen nur auf der vom Vormundschaftsgericht genehmigten Grundlage treffen darf. Der Umfang einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung reicht jedoch niemals über den Vertrag hinaus, der dem Vormundschaftsgericht zur Genehmigung vorgelegen hat. 364 Aus diesem Grund erfaßt eine Genehmigung das jeweilige Rechtsgeschäft nur so, wie es dem Vormundschaftsgericht zur Kenntnis gebracht worden ist, d.h. mit dem Inhalt, der sich aus der vorgelegten Vertragsurkunde, verbunden mit den ergänzenden gesetzlichen Bestimmungen ergibt. 365 Dieser ursprünglich genehmigte Vertragsinhalt deckt sich aber nach einer Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht mehr mit dem nunmehr entstandenen neuen Vertragsinhalt. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn nahezu sämtliche Vertragsbestimmungen gegen neue Vereinbarungen ausgetauscht werden, sondern bereits dann, wenn nur einzelne Regelungen abgeändert werden. Da durch eine spätere Änderung des Gesellschaftsvertrages somit die genehmigte Grundlage verlassen und zumindest partiell durch eine neue ersetzt wird 3 6 6 , erstreckt sich auch die zunächst erteilte Genehmigung nicht mehr auf die geplante Vertragsänderung. Wäre eine genehmigungsfreie Änderung des Gesellschaftsvertrages zulässig, so könnten die Gesellschafter den bestehenden Gesellschaftsvertrag beliebig umgestalten, ohne daß eine Überprüfung der Änderungsklausel auf ihre Gefährlichkeit hinsichtlich der Auswirkungen auf die personenund vermögensrechtliche Stellung des Minderjährigen stattgefunden hat. Insoweit erscheint es aber insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts 367 fraglich, ob es mit dem Sinn und Zweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB vereinbar ist, von der Zulässigkeit genehmigungsfreier Änderungen des Gesellschaftsvertrages auszugehen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß selbst der Bundesgerichtshof in

363

BGHZ 38, 26, 29.

364

Dölle, § 128 V I 2.

365

St.Rspr.: RGZ 132, 76, 78; Soergel / Damrau, § 1828, Rdnr. 12.

366

Daher insoweit zutreffend Friess, DB 1969, S. 959.

367

BVerfGE 72, 155 ff.

Β. Hauptteil

208

seinen Urteilsgründen eingeräumt hat, daß der Inhalt des vorgelegten Gesellschaftsvertrages „für die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts von bestimmender Bedeutung ist". 368 Dieser Vertragsinhalt kann aber für die vormundschaftsgerichtliche Entscheidung dann nicht mehr von bestimmender Bedeutung sein, wenn er jederzeit genehmigungsfrei geändert werden kann. 369 Die Genehmigungsfreiheit späterer Änderungen des Gesellschaftsvertrages eröffnet den Gesellschaftern praktisch Tür und Tor, unbegrenzt neue Vertragsbestimmungen wirksam in den Gesellschaftsvertrag einzubringen. Auf diese Weise könnte z.B.auch eine vom Vormundschaftsgericht im Genehmigungsverfahren beanstandete Vertragsklausel wieder in den Gesellschaftsvertrag eingeführt werden. Der Minderjährige wäre folglich den ungehinderten Eingriffen der übrigen Mitgesellschafter in seine mitgliedschaftsrechtliche Stellung ausgesetzt. Zwar steht den Gesellschaftern nach dem Grundsatz der Privatautonomie jederzeit die Möglichkeit zu, den Gesellschaftsvertrag einverständlich zu ändern. Das bedeutet jedoch nicht, daß sie hierzu auch bei der Beteiligung eines minderjährigen Gesellschafters ungehindert ohne Beachtung der entsprechenden Schutzvorschriften berechtigt sind. Vielmehr kann es im Hinblick auf die jüngsten verfassungsrechtlichen Wertungen des Bundesverfassungsgerichts in Zukunft nicht mehr zulässig sein, daß der minderjährige Gesellschafter in dieser Weise der unkontrollierten Verantwortlichkeit seines gesetzlichen Vertreters sowie seiner Mitgesellschafter ausgeliefert wird. Möglicherweise hätte das Vormundschaftsgericht seine Zustimmung zu dem Gesellschaftsvertrag mit dem jetzigen Inhalt gar nicht erteilt, weil die später hinzugefügten oder abgeänderten Bestimmungen den Interessen des Minderjährigen nicht gerecht werden. Die Prüfungs- und Sicherungsfunktion der zu Beginn einer rechtsgeschäftlichen Beteiligung eines Minderjährigen an einer Personengesellschaft erteilten Genehmigung kann daher nur dann sinnvoll sein, wenn der durch die vormundschaftsgerichtliche Kontrolle anfangs gewährte Minderjährigenschutz nicht ohne weiteres nachträglich wieder entzogen werden kann.

368

BGHZ 38, 26, 30.

369

Zutreffend Schlegelberger / Geßlen § 105, Rdnr. 54.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

cc) Die Unvereinbarkeit nachträglicher

209

der Genehmigungsfreiheit

Änderungen des Gesellschaftsvertrages

mit dem verfassungsrechtlich

gebotenen Minderjährigenschutz

Das Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB soll den minderjährigen Gesellschafter vor den mit einer Gesellschaftsbeteiligung verbundenen spezifischen Beteiligungsgefahren schützen, die sich neben der Risikoübernahme insbesondere in der langfristigen personen- und vermögensrechtlichen Bindung des Minderjährigen realisieren. Insoweit muß es aber eine der wichtigsten Aufgaben des Vormundschaftsgerichts sein, für eine beständige Rechtsstellung des Minderjährigen innerhalb der Gesellschaft Sorge zu tragen. Die vom Vormundschaftsgericht erteilte Genehmigung bezog sich aber zunächst nur auf die ursprünglich eingeräumte Rechtsstellung des Minderjährigen, so wie sie sich bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages darstellte. Dieser dem Minderjährigen bei Vertragsschluß zuteil werdende Schutz wird jedoch durch eine spätere Änderung des Gesellschaftsvertrages ausgehöhlt, da die Bedingungen, unter denen dieser sich ursprünglich dem Risiko einer Gesellschaftsbeteiligung stellen mußte, nach einer Vertragsänderung nicht mehr dieselben sind, die das Gericht auf ihre Vereinbarkeit mit den Belangen des Minderjährigen überprüft hat. Andererseits kann der für unbedenklich befundene Gesellschaftsvertrag nicht schon alle Neuregelungen enthalten, deren Notwendigkeit sich vielmehr erst im Laufe des langfristigen Gesellschaftsverhältnisses herausstellt. Insoweit ist dem Gesellschaftsverhältnis in seiner Eigenschaft als Dauerschuldverhältnis Tribut zu zollen. Im Gegensatz zu anderen genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften, bei denen eine einmalige Kontrolle ausreicht, da die Vornahme dieser Geschäfte auf den einmaligen Austausch von Leistungen oder den Eintritt eines einzelnen Rechtserfolges abzielt (z.B. §§ 1821, 1822 Nr. 1, 2, 8 ff. BGB), unterliegt das Gesellschaftsverhältnis im Laufe der Zeit vielfältigen Veränderungen, die nachträglich die Aufnahme neuer oder die Abwandlung bestehender Vertragsbestimmungen im Rahmen des Gesellschaftsvertrages als Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses erfordern. Daher läßt sich die Genehmigungsfähigkeit einer Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen letztlich nur aufgrund des nach einer Änderung des Gesellschaftsvertrages jeweils aktuellen Vertragsinhalts beurteilen.

14 Hilsmann

210

Β. Hauptteil

(1) Vertragsänderungen mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Rechtsstellung des mindeijährigen Gesellschafters

Bei Änderungen eines Gesellschaftsvertrages besteht für den Minderjährigen stets die Gefahr, aus seiner ursprünglich geschützten Rechtsposition verdrängt zu werden. Hierbei ist in erster Linie an solche Vertragsänderungen zu denken, die sich unmittelbar auf die Gesellschafterposition des Minderjährigen auswirken. Zu diesen zählen neben den Beteiligungsumwandlungen auch die Änderungen seiner Mitgliedschaftsrechte und -pflichten. In diesem Zusammenhang muß zunächst die Umwandlung einer Kommanditistenstellung in die eines persönlich haftenden Gesellschafters genannt werden. Im Hinblick auf das mit dieser Gesellschafterstellung verbundene Haftungsrisiko wird insbesondere seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die erforderliche Genehmigung selten zu erhalten sein. Daher besteht die Gefahr, daß dem Minderjährigen zunächst eine Kommanditistenstellung eingeräumt und nach erteilter Genehmigung diese Rechtsstellung in die eines Komplementärs umgewandelt wird. Wäre diese Vertragsänderung genehmigungsfrei, so wäre dies mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar, da der Minderjährige auf diesem Wege aufgrund der mit dieser Gesellschafterstellung verbundenen unbeschränkten persönlichen Haftung unbegrenzt finanziell verpflichtet werden könnte und dies unter Beachtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Minderjährigen nicht mehr ohne eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zulässig ist. Eine genehmigungsfreie Vertragsänderung stellt daher einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Wertungen des Bundesverfassungsgerichts dar. Insoweit ist es schon aus verfassungsrechtlicher Sicht unzulässig, diese Beteiligungsumwandlung genehmigungsfrei zu ermöglichen. Im Hinblick auf die mit dieser Gesellschafterstellung verbundenen umfassenden Haftungsgefahren kann hier die Genehmigungspflicht nicht anders beurteilt werden als im Fall des Gründungs- oder Aufnahmevertrages. Die gleiche verfassungswidrige Rechtslage entsteht aber auch dann, wenn die Einlagen- und Beitragspflicht unbegrenzt erhöht werden könnte. Wenn man diese für genehmigungsfrei zulässig ansähe, so wäre auch hier im Laufe der Zeit die Gefahr einer unbegrenzten finanziellen Verpflichtung gegeben. Auch die nachträgliche Einräumung oder Erweiterung von Vertretungs- oder Geschäftsführungsbefugnissen des Minderjährigen birgt im Hinblick auf das damit verbundene Haftungsrisiko eine Vermögensgefährdung des Minderjährigen, die auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht genehmigungsfrei zulässig ist. Andererseits scheint die Umwandlung einer Komplementärbeteiligung in die eines Kommanditisten für den Minderjährigen aufgrund der hierdurch eintretenden beschränkten Haftung

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

211

gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den ersten Blick nicht nachteilig zu sein. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß mit dieser Beteiligungsumwandlung im Innenverhältnis gleichzeitig eine wesentliche Verschlechterung seiner bisherigen Rechtsstellung im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern einhergeht. Als Kommanditist sinkt sein Einfluß auf die Unternehmensführung. So wird er von der persönlichen Leitung des Unternehmens ausgeschlossen (§§ 164 Abs. 1, 170 HGB) und verliert darüber hinaus das Recht, einer Handlung des persönlich haftenden Gesellschafters allgemein zu widersprechen (§ 164 Abs. 1 HGB). 3 7 0 Aber auch die Gefährdung seiner Vermögensinteressen ist bei dieser Beteiligungsumwandlung nicht ausgeschlossen. Da diese Vertragsänderung in das Handelsregister eingetragen werden muß (vgl. §§ 107, 161 Abs. 2, 162 Abs. 3 HGB), entsteht für den Minderjährigen insoweit die gleiche Gefahrdungssituation wie bei einem genehmigungspflichtigen späteren Eintritt in eine bestehende Gesellschaft. Die beschränkte Haftung nach Maßgabe der Einlage (§171 Abs. 1 l.HS HGB) tritt erst mit der Eintragung der Beteiligungsumwandlung im Handelsregister ein. Bis dahin haftet der minderjährige Kommanditist weiterhin wie ein persönlich haftender Gesellschafter (§ 176 Abs. 2 HGB). Die Haftung ist gem. § 171 Abs. 1 2.HS HGB erst dann gänzlich ausgeschlossen, wenn der Minderjährige die Einlage geleistet hat. In diesem Zusammenhang darf aber auch die Möglichkeit einer wiederauflebenden Haftung gem. § 172 Abs. 4 HGB bei späterer Rückzahlung der Einlage nicht übersehen werden. Schließlich kann die Einlage auch das gesamte Vermögen des Minderjährigen darstellen. In diesem Fall droht dem Minderjährigen bei einem Konkurs der Gesellschaft durch den Verlust der Einlage der Verlust seines vorhandenen Vermögens insgesamt und damit im Hinblick auf seine spätere Volljährigkeit der Entzug seiner finanziellen Existenzgrundlage. Unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Gebot des Minderjährigenschutzes sind ferner solche Änderungen, die geeignet sind, in das Selbstbestimmungsrecht des Minderjährigen einzugreifen. Hierzu zählen alle Vereinbarungen, die die langfristige sozialrechtliche Bindung des Minderjährigen manifestieren oder die Voraussetzungen seines Ausscheidens regeln, wie die Bestimmungen über die Kündigungsmöglichkeit, die Auseinandersetzung oder die Abfindungsregelung. So können im Wege einer Vertragsänderung eingeführte erschwerte Kündigungsbedingungen oder die Aufnahme einer gesellschaftsschonenden, den Minderjährigen jedoch benachteiligenden Abfmdungsregelung dazu führen, die Entscheidungsfreiheit des Minderjährigen über das Ausscheiden aus

370

1*

Insoweit überzeugend Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 9.

212

Β. Hauptteil

der Gesellschaft einzuschränken oder das Ausscheiden nur unter erheblichen Vermögensverlusten zu ermöglichen. Ferner ist im Verhältnis zu dem im Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft übernommenen Risikos auch die Veränderung der Vereinbarung über die Gewinnverteilung nachteilig für die Vermögensinteressen des Minderjährigen, wenn sie nunmehr nicht länger nach Kapitalanteilen, sondern künftig nach Köpfen erfolgen soll. Wenn daher die Vertragsänderungen ohne die präventive Kontrolle des Vormundschaftsgerichts wirksam wären, könnten die übrigen Gesellschafter nach und nach sämtliche Vertragsbestandteile des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages, aufgrund derer das Vormundschaftsgericht die Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen für unbedenklich gehalten hat, nachträglich abändern und damit jederzeit ungehindert auf die Position des Minderjährigen einwirken. Die Vermögensgefährdung des Minderjährigen ist bei diesen Änderungen leicht abzusehen. Soll der Schutz des Minderjährigen somit nicht nur zu Beginn seiner gesellschaftlichen Beteiligung, sondern darüber hinaus während der gesamten Dauer seiner Mitgliedschaft innerhalb der Personengesellschaft gewährleistet sein, so genügt es nicht, die Genehmigungspflicht nur auf den Zeitpunkt der Aufnahme des Minderjährigen in die Gesellschaft zu beschränken. Die Einführung einer vormundschaftsgerichtlichen Kontrolle für eine Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen kann vielmehr nur dann effektiv sein, wenn dem Vormundschaftsgericht die Möglichkeit gegeben wird, stets die aktuelle Gesellschafterstellung des Minderjährigen zu beurteilen.

(2) Vertragsänderungen mit mittelbaren Auswirkungen auf die Rechtsstellung des minderjährigen Gesellschafters

Der Sinn und Zweck des Genehmigungerfordernisses nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB kann sich aber nicht darin erschöpfen, nur solche Vertragsänderungen zu erfassen, die den minderjährigen Gesellschafter unmittelbar in seiner Gesellschafterstellung betreffen. Bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages wird stets das Verhältnis der Gesellschafter untereinander neu bestimmt. In den meisten Fällen wird daher nicht nur eine einzelne Vertragsänderung isoliert vorgenommen, sondern gleich ein ganzes Paket von Änderungsvereinbarungen getroffen. So kann die Einräumung oder Erweiterung bzw. der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis oder Vertretungsmacht zugleich im Zusammenhang mit einer Beteiligungsumwandlung erfolgen, wenn z.B. ein als Kommanditist beteiligter Mitgesellschafter durch eine Vertragsänderung persönlich haftender Gesellschafter wird und als solcher mit der Geschäftsführung und Vertretung

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

213

der Gesellschaft betraut wird. Eine solche Vertragsänderung geht regelmäßig auch mit weiteren Abänderungsverträgen, wie z.B. der Neubestimmung der Gewinnanteile, der Entnahmerechte usw. als Äquivalent für die Übernahme erhöhter Verantwortung und Mehrarbeit für die Gesellschaft einher. Erfahrungsgemäß berührt eine Vertragsänderung hierbei die Rechtsstellungen der einzelnen Gesellschaftsmitglieder nicht unbedingt gleichermaßen. Wie der Bundesgerichtshof an anderer Stelle 371 ausgeführt hat, sind die Gesellschafter daher im Bereich der Vertragsänderungen durchaus berechtigt, ihre Eigeninteressen an der für ihre Rechtsstellung möglichst günstigsten Änderung (z.B. Höhe der Beitragsleistung, Gewinn- und Verlustbeteiligung) zu verfolgen. Da somit jeder Gesellschafter bemüht sein wird, sich im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern eine möglichst starke Rechtsstellung zu verschaffen, stehen sich die einzelnen Gesellschafter bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages regelmäßig mit widerstreitenden und gegenläufigen Interessen gegenüber. Hierbei ist aber eine Verbesserung der Rechtsstellung eines Gesellschafters in der Regel nur zu Lasten der Mitgesellschafter möglich. 372 Aus diesem Grund wird das Interesse des Minderjährigen bereits dann tangiert, wenn eine Änderung des Gesellschaftsvertrages die Besserstellung eines Mitgesellschafters zur Folge hat. Zwar können einzelne Gesellschafter innerhalb des Gesellschaftsverhältnisses stärkere Gesellschaftsrechte benötigen als andere (wie die zuvor zitierte Erhöhung der Gewinnbeteiligung oder des Entnahmerechts als „Entschädigung" für eine exponierte Stellung innerhalb der Gesellschaft). Das darf aber nicht dazu führen, die Rechte des Minderjährigen zu seinen Lasten zu beschneiden.373 Somit muß sich die vormundschaftsgerichtliche Kontrolle auch auf solche Vertragsänderungen erstrecken, die sich lediglich mittelbar auf die Rechtsstellung des Minderjährigen auswirken. Hierzu zählen in erster Linie Änderungen der Mitgliedschaftsrechte 374 und der Haftungsverhältnisse bei den Mitgesellschaftern des Minderjährigen. In diesem Zusammenhang ist ferner der Gesellschafterwechsel zu nennen. Zwar kann die Aufnahme eines neuen persönlich haftenden Gesellschafters im Interesse der Gesellschaft durchaus von Vorteil sein, da dieser durch die Leistung der versprochenen Einlage der Gesellschaft weiteres Kapital zuführt und als weiteres Haftungssubjekt für Gesellschaftsverbindlichkeiten zur Verfügung

371

BGHZ 65, 93 ff.

372

BGHZ 65, 97.

373

Zutreffend Gaßner, RpflJb. 1986, S. 329, 349.

374

Vgl. o.: „sonstige Beteiligungsänderungen".

214

Β. Hauptteil

steht. Ebenso gut ist es aber denkbar, daß die Gesellschaft keine weitere Arbeitskraft oder kein weiteres Kapital benötigt. 375 Durch den Eintritt eines neuen Gesellschafters wird aber in jedem Fall der Gewinnanteil sowie die dingliche Mitberechtigung des mindeijährigen Gesellschafters gemindert. Auch das Ausscheiden eines Gesellschafters kann sich u.U. negativ auf die Stellung des Minderjährigen auswirken, wenn er gemeinsam mit dem ausscheidenden Gesellschafter einen überwiegenden Anteil der Gesellschaftsanteile hält und insofern eine starke Position in der Gesellschaft bekleidet. Durch den Austritt dieses Mitgesellschafters aus der Personengesellschaft wird insoweit seine Stellung und die Möglichkeit der Einflußnahme auf die Unternehmensführung weiter geschwächt. Entscheidend ist jedoch letztlich, daß die Gefahren, die sich für den Minderjährigen aus einer Gesellschaftsbeteiligung ergeben, maßgeblich von den Fähigkeiten seiner Mitgesellschafter und deren Verantwortungsbewußtsein für die Gesellschaft und damit für die Vermögensinteressen des Minderjährigen abhängen. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die mit der Genehmigung des Gesellschaftsvertrages erteilten, einer allgemeinen Ermächtigung gleichkommenden Befugnis der geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafter zur genehmigungsfreien Vornahme sämtlicher Geschäfte innerhalb des laufenden Geschäftsbetriebs, auch wenn diese bei Vornahme durch den Minderjährigen selbst genehmigungspflichtig wären. 376 Da hierdurch den Gesellschaftern zugleich die Möglichkeit eingeräumt wird, über das Vermögen des Minderjährigen zu verfügen, ohne der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts zu unterliegen, hat das Gericht auch die Mitgesellschafter auf ihre fachliche und charakterliche Eignung sowie ihre Vermögensverhältnisse zu überprüfen. Diese zum Schutz des Minderjährigen dem Gericht obliegende Prüfungspflicht entfiele aber, wenn der nachträgliche Gesellschafterwechsel nicht kontrolliert würde. Da jedoch insoweit das gesamte Vermögen in den Einflußbereich der Gesellschaft gerät, spricht gerade das von der Gegenmeinung für die Genehmigungsfreiheit nachträglicher Vertragsänderungen vorgebrachte Argument, daß diese Geschäfte den Minderjährigen u.U. weitaus stärker gefährden könnten als Änderungen des Gesellschaftsvertrages 377, für die Anordung einer Genehmigungspflicht. Denn jene Geschäfte können von jedem vertretungsberechtigten Gesellschafter allein und auch ohne Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters vorgenommen werden.

375

So Biddermann,

376

Vgl. hierzu o. § 8 III 3 a bb (3).

377

Hueck, § 6 IV; Nagel, S. 132.

S. 71.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

215

Insoweit ist es aber nicht nebensächlich, ob ein langjähriger, qualifizierter geschäftsführender und vertretungsberechtigter Gesellschafter durch einen unerfahrenen Gesellschafter ersetzt wird, dessen Fähigkeiten sich anschließend als unzulänglich erweisen. Aus den gleichen Gründen kann aber auch die Änderung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse, die nicht zugleich mit einem Gesellschafterwechsel einhergeht, nicht genehmigungsfrei bleiben, so etwa, wenn einem ursprünglich nur zur Gesamtvertretung befugten Gesellschafter nachträglich die Alleinvertretungsmacht eingeräumt wird oder dem bislang nur als Kommanditisten beteiligten Gesellschafter nunmehr als persönlich haftender Gesellschafter die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft übertragen wird.

(3) „Gefahrlose" Vertragsänderungen

In den bisherigen Ausführungen wurden Vertragsänderungen namentlich benannt, die geeignet sind, die Rechtsstellung des Minderjährigen zu gefährden. Nun gibt Nagel 378 zu bedenken, daß gleichfalls Vertragsänderungen denkbar sind, die für den mindeijährigen Gesellschafter keinerlei Gefahren mit sich bringen. Entgegen seiner Auffassung kann hieraus aber keinesfalls gefolgert werden, daß die Frage, ob der Genehmigungstatbestand auch spätere Vertragsänderungen erfassen will, nicht aus dem Zweck der Vorschrift beantwortet werden kann. Der Umstand, daß der Schutzzweck des Genehmigungstatbestandes die Einbeziehung gefahrloser Vertragsänderungen möglicherweise nicht erfordert, kann wohl nachher bei der Überlegung Berücksichtigung finden, ob in diesen Fällen ausnahmsweise auf das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung verzichtet werden kann. 379 Diese Tatsache kann jedoch keineswegs dazu führen, von vornherein das Erfordernis einer Genehmigungspflicht für Änderungen des Gesellschaftsvertrages schlechthin zu verneinen. Die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit kann nach dem Gebot der formalen Abgrenzung 380 grundsätzlich nicht danach beantwortet werden, ob im Einzelfall das konkrete Rechtsgeschäft für den Minderjährigen gefahrlos oder vorteilhaft ist. Entscheidend ist nur, daß dieses seiner Art nach die Gefähr-

378

Nagel, S. 130.

379

Vgl. hierzu i.e. später § 9 III.

380

Vgl. hierzu BGHZ 17, 160, 163. Hierbei handelt es sich um eine Auslegungsregel, die erst dann Berücksichtigung finden kann, wenn der Anwendungsbereich des Genehmigungstatbestandes festgestellt worden ist, vgl. daher u. § 9 I.

216

Β. Hauptteil

dung mit sich bringen kann, die zur Einführung des jeweiligen Genehmigungstatbestandes geführt hat; ob die typischen Gefahren im Einzelfall tatsächlich vorliegen, ist dagegen unerheblich. Der Gesetzgeber stellt somit bei der Frage der Genehmigungspflicht nicht auf die subjektive Gefährdung der Interessen des Minderjährigen ab, sondern nur auf die objektive, abstrakte Gefährdungsmöglichkeit. Daher scheitert auch die Genehmigungsbedürftigkeit einer Kommanditbeteiligung nicht daran, daß diese in der Regel mit weitaus geringeren Risiken behaftet ist, als diejenigen, die nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zur Einführung der Genehmigungspflicht geführt haben. Es reicht vielmehr aus, daß diese Gefahren grundsätzlich eintreten können. 381 Auch für die Anwendung des § 181 BGB wird nicht das Vorliegen einer konkreten Gefahr eines Interessenkonflikts, sondern lediglich die abstrakte Möglichkeit eines Interessenwiderstreits zwischen dem Vertreter und dem von ihm Vertretenen gefordert. 382 Nichts anderes kann aber dann gelten, wenn zu entscheiden ist, ob der Schutzzweck der Norm die Einbeziehung des Rechtsgeschäfts seinem Typ nach grundsätzlich erfordert. Die generelle Anordnung einer Genehmigungspflicht kann auch hier im Vorfeld nicht daran scheitern, daß der Normzweck diese in Einzelfallen konkret nicht erzwingt. Hiervon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob in solchen Fällen eine Einschränkung des Genehmigungszwanges zulässig ist.383

(4) Zusammenfassung

Im Ergebnis kann daher bei einem Verzicht auf die Einführung eines Genehmigungserfordernisses der mit § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bezweckte Schutz des Minderjährigen vor den mit einer langfristigen Gesellschaftsbeteiligung verbundenen spezifischen Beteiligungsgefahren nicht vollständig durchgesetzt werden. Wegen des inneren Zusammenhangs zwischen dem ursprünglich genehmigten Gesellschaftsvertrag und dessen späterer Abänderung ist der in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geregelte Genehmigungsvorbehalt zum Schutz des Minderjährigen somit nur dann wirkungsvoll, wenn auch die nachfolgenden Vertragsänderungen der Kontrolle durch das Vormundschaftsgericht unterworfen werden.

381

Dies gibt auch Nagel, S. 72 zu.

382

Vgl. Palandt / Heinrichs, § 181, Rdnr. 2; RGZ 157, 31; BGH 21, 231; 91, 337.

383

S. hierzu u. § 9 III.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

dd) Das Unvermögen zur Wahrung des Minderjährigenschutzes Änderungen des Gesellschaftsvertrages

217

bei

ohne die Anordnung

eines Genehmigungserfordernisses

Wenn demgegenüber von denjenigen Stimmen in der Rechtsprechung und Rechtslehre, die eine Genehmigungsbedürftigkeit ablehnen, behauptet wird, der Minderjährige sei bei einer Änderung des Gesellschafstvertrages auch ohne die vormundschaftsgerichtliche Kontrolle hinreichend geschützt, so kann diese Auffassung nicht aufrechterhalten werden.

(1) Keine Kompensation des Genehmigungsvorbehalts durch die Bestellung eines Ergänzungspflegers

Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Grundsatzentscheidung auf den Standpunkt gestellt, der minderjährige Gesellschafter werde bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages bereits wirksam durch das Vertretungsverbot nach § 181 BGB sowie die daraufhin anzuordnende Bestellung eines Ergänzungspflegers geschützt, sofern der gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen ebenfalls als Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt sei. 384 Der Bundesgerichtshof hat in seinen Urteilsgründen damit indirekt bereits selbst eine Einschränkung erwähnt. Eine Pflegerbestellung nach § 1909 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn der gesetzliche Vertreter aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Vertretung des Minderjährigen gehindert ist. Daher muß nur in jenen Fällen ein Ergänzungspfleger bestellt werden, in denen der gesetzliche Vertreter oder sein Ehegatte der Gesellschaft selbst als Mitgesellschafter angehören. 385 Dies ist insbesondere in einer Familiengesellschaft der Fall, die — zugegeben — den Regelfall einer gesellschaftlichen Beteiligung eines Minderjährigen darstellen mag. Das Argument greift aber dort nicht durch, wo der gesetzliche Vertreter an der Gesellschaft gänzlich unbeteiligt ist. Insoweit ist auch innerhalb einer Familiengesellschaft folgende Fallkonstellation denkbar: Nach dem Tod des Vaters eines minderjährigen Gesellschafters, der neben dem Mindeijährigen ebenfalls dem Gesellschafterkreis der Personengesellschaft angehörte, wird die Mutter, die an dieser gänzlich unbeteiligt ist, nunmehr alleinvertretungsberechtigte gesetzliche Vertreterin. In diesem Fall ist jedoch keine Pflegerbestellung erforderlich, da weder das Vertretungsverbot nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795

384

BGHZ 38, 26, 31.

385

Vgl. o. § 4 III 1.

218

Β. Hauptteil

Abs. 2, 181 BGB wegen eigener Gesellschaftsbeteiligung, noch das Verbot nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB wegen der Beteiligung eines Ehegatten nach seinen Voraussetzungen eingreifen kann. Im übrigen ist nicht gewährleistet, daß durch eine Pflegerbestellung die Interessen des Minderjährigen hinreichend sichergestellt werden. Zwar besteht zwischen dem minderjährigen Gesellschafter und dem für ihn handelnden Ergänzungspfleger kein Interessenwiderstreit, da dieser ein außerhalb der Gesellschaft stehender Dritter ist. Aber der Umstand, daß es sich hierbei um einen Gesellschaftsfremden handelt, bietet allein keine ausreichende Gewähr dafür, daß die Interessen des Minderjährigen hinreichend wahrgenommen werden, insbesondere wenn es sich um einen wenig geeigneten und geschäftlich unerfahrenen Pfleger handelt. Auch bei einer Pflegerbestellung kann nicht somit ausgeschlossen werden, daß dem Minderjährigen durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages gravierende Nachteile entstehen. Die Kompensation einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung durch das Institut der Pflegerbestellung ist darüber hinaus noch aus einem weiteren Grund unzulässig. Der Pfleger ersetzt wohl den gesetzlichen Vertreter, wenn dieser an der Vertretung des Minderjährigen gehindert ist, nicht jedoch das Vormundschaftsgericht, dem vielmehr beide unterworfen sind. Das ergibt sich für das Institut des Ergänzungspflegers aus der Vorschrift des § 1915 Abs. 1 BGB, in der es heißt: „Auf die Pflegschaft finden die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt." Daher unterliegt auch der Ergänzungspfleger, wenn er ein dem Genehmigungskatalog der §§ 1821, 1822 BGB unterfallendes Rechtsgeschäft vornehmen will, der Beschränkung seiner Vertretungsmacht durch die Anordnung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Zwischen der Anordnung einer Pflegerbestellung und der Genehmigungspflicht ist folglich scharf zu trennen, so daß der eine Akt nicht durch den anderen ersetzt werden kann. 386 Insofern kann beim Abschluß des Gesellschaftsvertrages trotz einer notwendigen Pflegerbestellung nicht auf das zusätzliche Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung verzichtet werden. Es ist aber kein vernünftiger Grund ersichtlich, der diesbezüglich bei Vertragsänderungen eine unterschiedliche rechtliche Behandlung rechtfertigt.

386

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr.; Friess, DB 1969, S. 959.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

219

(2) Sonstige Lösungsansätze zum Schutz des mindeijährigen Gesellschafters bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages

Einige Stimmen in der Rechtslehre lehnen das Bedürfnis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungspflicht mit dem Argument ab, daß die Änderung eines Gesellschaftsvertrages, der von vornherein nicht ernsthaft, sondern vielmehr in der Absicht abgeschlossen wurde, diesen nach der Erteilung der Genehmigung abzuändern, wegen der Umgehungsabsicht der Vertragsparteien als Scheingeschäft i.S.d. § 117 BGB und damit als für den Minderjährigen unverbindlich zu behandeln sei 387 . Dieser Ansicht kann ebenfalls nicht zugestimmt werden. Abgesehen von der Tatsache, daß sich der Nachweis für das Vorliegen eines Scheingeschäfts kaum erbringen läßt, kann den Gesellschaftern eine solche Absicht in den seltensten Fällen unterstellt werden. Gerade Änderungen des Gesellschaftsvertrages werden von Zeit zu Zeit zur Anpassung an die sich ändernden wirtschaftlichen und personellen Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft erforderlich. So kann die Aufnahme eines neuen, finanzstarken Gesellschafters erforderlich werden, um der Gesellschaft neues Kapital zuzuführen. Denkbar ist weiterhin, daß sich die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung erst nach geraumer Zeit erweist, um eine konjunkturell schwache Phase zu überwinden. Die hierzu erforderlichen Beitrags- und Einlagenerhöhungen sind dann aber unumgänglich. Aber auch solche notwendigen Vertragsänderungen können die Rechtsstellung des Mindeijährigen innerhalb der Gesellschaft derart berühren, daß zu seinem Schutz eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist. Aus dem gleichen Grund kann das Argument, der gesetzliche Vertreter werde die mit dem genehmigten Gesellschaftsvertrag erlangte Rechtsposition des Minderjährigen nicht leichtfertig oder bewußt zum Nachteil des Minderjährigen aufgeben 388, nicht überzeugen. Die Gefährdung der Minderjährigeninteressen infolge einer Abänderung des Gesellschaftsvertrages tritt nicht ausschließlich durch ein kollusives und vorsätzliches Handeln der Mitgesellschafter und des gesetzlichen Vertreters ein, sondern kann sich aufgrund des Charakters einer Vertragsänderung als Mittel zur Vertragsanpassung ebenfalls bei notwendig gewordenen Vertragsänderungen ergeben. Ferner kann auch die Ansicht, das Gericht habe bei Abschluß des Vertrages die Gelegenheit gehabt zu ermitteln, ob die Mitgesellschafter charakterlich

387

So Wiedemann , S. 251, 252; Winkler,

388

BGHZ 38, 26, 31.

ZGR 1973, S. 177, 194; Stahl S. 138.

Β. Hauptteil

220

sowie nach ihren fachlichen Fähigkeiten und finanziellen Verhältnissen die Gewähr bieten, nach Erteilung der Genehmigung die Interessen des Minderjährigen gebührend zu berücksichtigen und nicht zu seinem Nachteil zu handeln 389 , im Ergebnis nicht durchschlagen. Da jeder Gesellschafter im Bereich der Vertragsänderungen die Absicht verfolgen wird, durch eine für seine Rechtsstellung möglichst vorteilhafte Änderung seine eigene Rechtsposition zu stärken, handeln die Mitgesellschafter bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages in der Regel nicht altruistisch. Aufgrund eines nicht auszuschließenden Interessengegensatzes besteht vielmehr die Gefahr, daß die Gesellschafter eine in ihrem Interesse liegende Vertragsänderung befürworten werden, auch wenn diese nicht im wohlverstandenen Interesse des Minderjährigen liegt. Schließlich kann auch das bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich 390 einzuhaltende Prinzip der Einstimmigkeit die Genehmigungsfreiheit nicht rechtfertigen. Wird die Vertragsänderung einstimmig beschlossen, so kann hieraus nicht etwa der Umkehrschluß gezogen werden, daß diese den Interessen des mindeijährigen Gesellschafters nicht widerspricht, da andernfalls der gesetzliche Vertreter seine Stimme versagt hätte. Die Einstimmigkeit bezieht sich nur auf die Vornahme einer konkreten Vertragsänderung; sie besitzt jedoch keine Aussagekraft über deren Vereinbarkeit mit dem Minderjährigeninteresse. Dies kann nur unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges beurteilt werden, in den die konkrete Vertragsänderung hineingestellt wird.

c) Zusammenfassung Um zu vermeiden, daß der bei Abschluß des ursprünglichen Vertrages gewährte Minderjährigenschutz nicht unterlaufen und damit obsolet wird, kann sich der Sinn der Kontrolle von Gesellschaftsverträgen unter Minderjährigenbeteiligung somit nicht darin erschöpfen, die Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen einmalig abzuschätzen. Vielmehr erzwingt der spezifische Schutzzweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB die Einführung einer Genehmigungspflicht über den ursprünglich genehmigten Abschluß des Gesellschaftsvertrages hinaus auch dann, wenn dieser nachträglich abgeändert werden soll. Andernfalls — so

389 390

So Nagel, S. 132.

Zur Ausnahme einer Vertragsänderung durch Mehrheitsbeschluß oder kraft gesellschaftlicher Treuepflicht s. später u. § 9 II.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

221

Beitzke 391 — müßte das Vormundschaftsgericht bereits bei der Genehmigung des Gesellschaftsvertrages in Betracht ziehen, daß sich spätere Vertragsänderungen nachteilig auf die Interessen des Minderjährigen auswirken können und insoweit entsprechende Auflagen im Gesellschaftsvertrag fordern oder bereits die Genehmigung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages versagen.

4. Zwischenergebnis Im Ergebnis können weder das Eingreifen sonstiger Genehmigungstatbestände noch die gegen die Einführung einer Genehmigungspflicht vorgetragenen Einwände der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke entgegenstehen. Andererseits ist nach dem spezifischen Schutzzweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB die Ausdehnung dieses Genehmigungserfordernisses auf rechtsgeschäftliche Vertragsänderungen zur Verwirklichung des vorrangigen Minderjährigenschutzes unumgänglich. Somit kann zum Abschluß dieses Prüfungsabschnitts das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke für Änderungen des Gesellschaftsvertrages bejaht werden.

IV. Die Vergleichbarkeit der Interessenlage des minderjährigen Gesellschafters bei der Begründung und der Änderung eines Gesellschaftsverhältnisses Die Ausfüllung einer Regelungslücke im Wege der Analogie setzt nicht zuletzt die Vergleichbarkeit zwischen einem gesetzlichen Tatbestand und dem im Gesetz nicht geregelten Sachverhalt voraus. Diese Betrachtung beruht auf dem in Art. 3 GG enthaltenen Gleichheitsgebot Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln.392 Es reicht somit nicht aus, daß es sich bei Änderungen eines Gesellschaftsvertrages möglicherweise um eine wirtschaftlich bedeutsame und über die Grenzen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgehende Maßnahme handelt. 393 Änderungen des Gesellschaftsvertrages bedürfen vielmehr nur dann der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung im Wege einer analogen Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB, wenn aus der Sicht des minderjährigen Gesellschafters die Interessenlage bei rechtsgeschäftlichen

391

Beitzke, JR 1963, S. 182, 183.

392

Larenz, S. 359.

393

Insoweit zutreffend BGHZ 38, 26, 28.

222

Β. Hauptteil

Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses mit der Eingehung eines Gesellschaftsverhältnisses durch Vertrag vergleichbar ist. Während Knopp 394 die Behauptung aufstellt, daß sich jede Vertragsänderung als Neubeginn des Gesellschaftsvertrages unter anderen Bedingungen auffassen lasse, lehnt Nagel 395 die Gleichstellung zwischen der vom Gesetz in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geregelten Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses und den nicht geregelten späteren Vertragsänderungen mit dem Argument ab, daß zwischen beiden Tatbeständen fundamentale Unterschiede bestünden, die die rechtliche Gleichstellung im Hinblick auf das Genehmigungserfordernis verbieten. Auch der Bundesgerichtshof spricht sich in seiner Grundsatzentscheidung 396 zu dieser Problematik inzidenter gegen die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB aus, wenn es dort heißt: „... die Änderung einer offenen Handelsgesellschaft ist insoweit nicht der Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen gleichzustellen." 397 Unterstellt man die Richtigkeit dieser Auffassung, so wäre eine Gleichbehandlung der zu vergleichenden Tatbestände zumindest zweifelhaft. Insoweit muß abschließend erarbeitet werden, ob rechtsgeschäftliche Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses nach Typ und Erscheinungsbild so eng mit der ausdrücklich geregelten Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses verwandt sind, daß die Rechtsfolge der Genehmigungspflicht auch auf Vertragsänderungen erstreckt werden kann. Die Umschreibung der „Rechtsähnlichkeit" bedeutet in diesem Zusammenhang, daß die zu vergleichenden Tatbestände in gewisser Hinsicht, nicht aber in allen Punkten übereinstimmen müssen. Die Tatbestände dürfen daher weder völlig gleich noch absolut ungleich sein. 398 Für die rechtliche Gleichbehandlung der Fallgruppen entscheidend ist jedoch, daß eine Übereinstimmung in solchen Punkten bestehen muß, die für die rechtliche Bewertung ausschlaggebend sind. 399

394

Knopp, BB 1962, 939, 940, der i.ü. das Genehmigungserfordernis für Vertragsänderungen aus einer direkten Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB ableitet. 395 Nagel, S. 131, allerdings ohne nähere Begründung, worin diese vermeintlichen Unterschieden bestehen. 396

BGHZ 38, 26 ff.

397

BGHZ 38, 26.

398

Larenz, S. 360.

399

Larenz, S. 360.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

1. Begründung von Rechten und Pflichten

223

durch Gesellschaftsvertrag

Eine Erweiterung des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB ist somit nur dann zulässig, wenn das in Frage stehende Rechtsgeschäft nach Art und Erscheinungsbild mit dem ausdrücklich geregelten Tatbestand gleichgestellt werden kann. Entsprechend der Vorschrift des § 305 BGB kommen nicht nur die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses (§ 705 BGB), sondern auch dessen spätere Änderungen durch den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages 400 zustande. Zwar können Vertragsänderungen auch durch Gesellschafterbeschluß vereinbart werden. Nach zutreffender Ansicht 401 kommen aber den vertragsändernden Gesellschafterbeschlüssen Vertragsqualität zu, mit der Folge, daß es sich bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages durch Gesellschafterbeschluß der Sache nach eigentlich um Änderungsverträge handelt, die ebenfalls in vollem Umfang dem Vertragsrecht unterliegen. Wenngleich es sich hierbei auch nicht um einen echten Gesellschaftsvertrag i.S.d. § 705 BGB handelt, so treten doch durch den Gesellschafterbeschluß die gleichen Rechtswirkungen ein wie durch einen Vertragsschluß. Wie der Gesellschaftsvertrag bewirkt auch der Gesellschafterbeschluß die Einbindung des Gesellschafters in ein schuldrechtliches Rechte - und Pflichtengefüge, so daß eine unterschiedliche rechtliche Behandlung nicht gerechtfertigt erscheint. Insoweit gelten die nachfolgenden Ausführungen entsprechend auch für die Vertragsänderungen durch Gesellschafterbeschluß. Die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft ist als ein aus der Gesellschafterstellung folgendes „Bündel von Rechten und Pflichten" zu verstehen. 402 Diese typische Einbindung des minderjährigen Gesellschafters in ein solches gesellschaftsrechtliches Rechte- und Pflichtengefüge erfolgt aber nicht nur beim ursprünglichen Eintritt in die Personengesellschaft, sondern auch bei der späteren Abänderung des Gesellschaftsverhältnisses, da in beiden Fällen auf die Rechtsstellung des Minderjährigen eingewirkt wird. Während der Abschluß eines Gründungs- oder Aufnahmevertrages zum Beginn der Gesellschaftertätigkeit des Minderjährigen führt und damit seine Gesellschafterstellung begründet, wird durch eine Änderung des Vertrages der ursprüngliche Vertragsinhalt mo-

400 M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 28: ,Auch der Änderungsvertrag ist Gesellschaftsvertrag."; vgl. auch o. § 7 I. 401

M K / Ulmer, Rdnr. 270. 402

§ 709, Rdnr. 47; Heymann / Emmerich,

BGHZ 68, 225, 232; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 208.

§ 119, Rdnr. 2; Westermann,

GesR,

224

Β. Hauptteil

difiziert, d.h. durch neue Bestimmungen ersetzt oder ergänzt, und hierdurch zumindestens mittelbar auch die Rechtsstellung des Minderjährigen betroffen. Insoweit besteht der Unterschied zwischen beiden Vorgängen nur darin, daß der Gründungs- bzw. Aufnahmevertrag eine Rechte- und Pflichtenposition für den Minderjährigen neu begründet, während diese infolge einer Vertragsänderung lediglich umgestaltet wird. Da die Interessen der Gesellschafter durch eine Vertragsänderung aber nicht unbedingt gleichartig betroffen werden, kann sich ein Änderungsvertrag oder -beschluß auch lediglich mittelbar auf die Rechtsstellung des Minderjährigen auswirken, so etwa bei einem Gesellschafterwechsel, bei Beteiligungsumwandlungen der Mitgesellschafter oder Änderungen der Beteiligungsverhältnisse. Insoweit berührt der Gründungsvertrag stets unmittelbar das Minderjährigeninteresse, während dies bei einem Änderungsvertrag nicht zwangsläufig der Fall sein muß. Dieser Umstand darf jedoch nicht dazu führen, beide Vorgänge hinsichtlich der Genehmigungspflicht unterschiedlich zu behandeln. Entscheidend ist vielmehr, daß im gesamten gesellschaftsrechtlichen Bereich grundsätzlich die Gefahr eines Interessengegensatzes unter den Gesellschaftern bestehen kann. Auch bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages verfolgen die Gesellschafter regelmäßig ihre eigenen Interessen an einer für ihre Rechtsstellung möglichst günstigen Vertragsgestaltung. Infolge dieses Interessenwiderstreits kann die Verbesserung der Rechtsstellung eines Gesellschafters aber in der Regel nur auf Kosten der Mitgesellschafter erfolgen. 403 Somit kann die spätere Änderung eines Gesellschaftsverhältnisses bereits hinsichtlich der Art ihres Zustandekommens durch Vertrag der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses gleichgestellt werden. Wie Friess 404 daher zutreffend ausführt, soll im Fall der Vertragsänderungen lediglich der Bereich „Gesellschaftsvertrag" umfassender, d.h. unabhängig vom zeitlichen Entstehen der einzelnen Vertragsbestimmungen, aber hinsichtlich aller für den Minderjährigen bedeutsamen Bestimmungen der vormundschaftsgerichtlichen Kontrolle unterstellt werden.

403

Zutreffend Fastrich,

404

Friess, DB 1969, S. 959.

S. 33; BGHZ 65, 93, 97; MK / Ulmer, § 709, Rdnr. 54.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

225

2. Vergleichbare Gefährdungsintensität bei Neuabschluß und späterer Änderung eines Gesellschaftsvertrages Bereits an anderer Stelle wurde darauf hingewiesen, daß durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages von der ursprünglichen Vertragsgrundlage abgewichen und diese teilweise durch eine neue ersetzt wird. 405 Somit ist jede Vertragsänderung im Ergebnis ein „neuer" Vertrag. Insoweit unterscheidet sich der Abänderungsvertrag von einem nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB genehmigungspflichtigen Gründungsvertrag nur dadurch, daß letzterem identitätsbegründende, dem Änderungsvertrag hingegen in der Regel identitätserhaltende Funktion zukommt. Das Merkmal der Identität der Gesellschaft als Kriterium zur Differenzierung zwischen Neuabschluß und Änderung eines Gesell schaftsvertrages kann aber für die Frage der Genehmigungspflicht letztlich nicht entscheidend sein. Die Beibehaltung der Gesellschaftsidentität dient zwar in erster Linie dem Bestandschutz der Gesellschaft. Wie Beitzke 406 und ihm folgend Stöber 407 im Zusammenhang mit der Frage nach der Genehmigungsbedürftigkeit des Eintritts eines neuen Gesellschafters aber zu Recht feststellen, muß der Umstand, daß das Gesetz zum Schutze der Gesellschaft und ihres Geschäftsbetriebs sowie zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger die Lage so behandelt, als sei durch diese Änderung des Gesellschaftsverhältnisses die Gesellschaft als solche identisch geblieben, nicht zwangsläufig auch dann gelten, wenn der Schutz einzelner Gesellschafter wie z.B. des Minderjährigen im Vordergrund steht. Auch der Aufnahmevertrag, durch den ein Minderjähriger als Gesellschafter einer bereits bestehenden Gesellschaft beitritt, ist für die übrigen Gesellschafter lediglich eine die Gesellschaftsidentität erhaltende Änderung des Gesellschaftsvertrages, die aber unbestritten die Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auslöst. Daß sich eine Genehmigung nicht bereits deshalb erübrigt, weil sich infolge der Vertragsänderung die Identität der Gesellschaft nicht ändert, zeigt sich ferner darin, daß auch zur Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft als werbende Gesellschaft sowie beim Übergang einer BGB-Gesellschaft zu einem erwerbswirtschaftlichen Zweck trotz bleibender Gesellschaftsidentität die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist. Läßt man jedoch das Kriterium der Gesellschaftsidentität außer Betracht, so fällt es schwer festzustellen, wo die Grenze zwischen einer Vertragsänderung

405

S. § 7 II 2; § 8 III 3 b bb / cc.

406

Beitzke, JR 1963, S. 182, 183.

407

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 8.

15 Hi Ismann

Β. Hauptteil

226

und der Eingehung eines neuen Gesellschaftsvertrages zu ziehen ist. Die Gesellschafter können durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages die jeweilige Gesellschaft so umgestalten, daß sie sich trotz bleibender Identität letztlich im Rechtsverkehr als völlig andere Gesellschaft präsentiert. 408 Das gilt insbesondere für Änderungen im Gesellschafterbestand. Bei einer Personengesellschaft als Arbeits- und Haftungsgemeinschaft kommt es entscheidend auf das gegenseitige Vertrauen und die Zusammenarbeit der einzelnen Gesellschafter an. Da die Gesellschaft insofern auf die Persönlichkeit der Gesellschafter zugeschnitten ist, schafft aber jeder Gesellschafterwechsel eine „andere" als die ursprüngliche Gesellschaft. Auch die Änderung der Gesellschaftsform im Wege einer formwechselnden Umwandlung (so von der offenen Handelsgesellschaft zur Kommanditgesellschaft und umgekehrt) verändert die Struktur der Gesellschaft derart, daß sie wirtschaftlich und rechtlich auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird. Da sich eine formwechselnde Gesellschaftsumwandlung regelmäßig als Folge einer Beteiligungsumwandlung darstellt, ist aus der Sicht der beteiligten Gesellschafter hierdurch zugleich ein neues Gefüge von Rechten und Pflichten mit veränderten Haftungsverhältnissen entstanden. Vereinbaren die Gesellschafter darüber hinaus die Änderungen der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse, des Gesellschaftszweckes oder einzelner Mitgliedschaftsrechte, so entspricht die Situation ebenfalls dem Eindruck, als wäre die Gesellschaft mit verändertem Inhalt neu begründet worden. Wenn somit im Laufe der Zeit nach und nach sämtliche Vertragsklauseln des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages abgeändert werden, stellt sich das Erscheinungsbild der Gesellschaft für die beteiligten Gesellschafter so dar, als wäre eine gänzlich neue Gesellschaft errichtet worden. Die Gesellschaftsidentität besteht nur noch als äußerer Rahmen der Gesellschaft, innerhalb dessen sich eine gegenüber der ursprünglichen Gesellschaft in personeller Zusammensetzung, Rechtsform, Organisation oder Haftungsverhältnissen völlig neue Gesellschaft formiert, die mit der „alten" lediglich die Identität gmeinsam hat, sich aber in allen übrigen Punkten von ihr unterscheidet. Für den Minderjährigen tritt durch die nachträgliche Änderung des Gesellschaftsverhältnisses aber eine völlig neue Gefährdungssituation ein, bei denen sich die Risiken seiner Gesellschaftsbeteiligung in Art und Umfang erheblich von den bisherigen unterscheiden können. Daher ist der Schutz des Minderjährigen nicht gewährleistet, wenn man diese Gesellschaftsverträge für genehmigungsfrei erachtet, obwohl für den Minderjährigen eine vollständig neue Rechtslage entstanden ist. Aus diesem Grund ist letztlich

408

So Beitzke, JR 1963, S. 182, 183.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2 Alt. BGB

227

entscheidend, daß durch die Änderung eines Gesellschaftsvertrages die durch § 1822 Nr. 3 2.Alt.BGB geschützten Interessen des minderjährigen Gesellschafters in gleicher Weise gefährdet werden können wie durch den Neuabschluß eines Gesellschaftsvertrages. Daß die mit einer Gesellschaftsbeteiligung verbundenen spezifischen Gefahren, vor denen das Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB den Minderjährigen schützen will, nicht nur bei der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses, sondern entsprechend bei dessen späterer rechtsgeschäftlicher Änderung auftreten können, wurde bereits an anderer Stelle eingehend aufgezeigt. Insoweit kann in diesem Zusammenhang auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden. 409 Im Ergebnis werden die Person des Minderjährigen sowie seine Vermögensinteressen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht durch eine vertragsändernde Maßnahme in gleicher Weise gefährdet wie durch den genehmigungspflichtigen Gründungs- oder Aufnahmevertrag, durch den der Minderjährige Eingang in die Gesellschaft findet, so daß die Änderung eines Gesellschaftsverhältnisses auch hinsichtlich der in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geregelten typischen Gefährdungssituation der Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses gleichgestellt werden kann.

3. Die Abgrenzung zu Veränderungen im Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts (§§ 1822 Nr. 3 l.Alt., 1823 BGB) Dagegen ist es entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht möglich, die Verhältnisse bei der Führung eines Gesellschaftsunternehmens unter der Beteiligung eines Minderjährigen mit den Verhältnissen zu vergleichen, die bei der Führung eines Erwerbsgeschäfts namens eines Minderjährigen gegeben sind. Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Urteilsbegründung auf die gesetzliche Regelungen des Genehmigungszwanges bei der Führung eines Einzelhandelsgeschäfts durch den Minderjährigen (vgl. §§ 1822 Nr. 3 l.Alt., 1823 BGB) berufen. Dort unterliege nur der Start der Erwerbstätigkeit durch den Minderjährigen der Genehmigung, während der gesetzliche Vertreter alle weiteren Maßnahmen bei der Führung des Geschäfts allein unter eigener Verantwortung zu treffen habe. Dies gelte entsprechend auch für die Personengesellschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen. 410 Sobald das Vormundschaftsgericht die Beteiligung eines Minderjährigen an der Gesellschaft freigegeben habe, habe

409

Vgl. o. § 8 III 3 b.

410

BGHZ 38, 26,31.

15*

228

Β. Hauptteil

der gesetzliche Vertreter auch hier alle weiteren Maßnahmen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens selbständig zu treffen. Daher sei nicht einzusehen, warum der gesetzliche Vertreter in der Vornahme beliebiger Änderungen des Einzelunternehmens völlig frei sein solle, auch wenn die Unternehmensführung bei wesentlichen Vergrößerungen für den Minderjährigen u.U. gefährlicher sein könne als der ursprüngliche Erwerb, während eine Personengesellschaft bei Beteiligung eines Minderjährigen die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einholen müsse, sobald eine in Aussicht genommene Maßnahme eine Änderung des Gesellschaftsvertrages bedinge.411 Diese Auffassung hält einer näheren Betrachtung jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht Stand. Die Verhältnisse beim Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts können nicht mit der Situation innerhalb einer Gesellschaft verglichen werden. Während es sich bei § 1823 BGB um den faktischen Beginn eines Erwerbsgeschäfts handelt, welches der Minderjährige entweder selbst aufbaut oder unentgeltlich erwirbt, handelt es sich bei letzterem um den rechtsgeschäftlichen Beginn einer Beteiligung an einem gesellschaftlich geführten Unternehmen und damit um die Einbindung in ein schuldrechtliches Rechte- und Pflichtenverhältnis. Dagegen weist der nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungspflichtige entgeltliche Erwerb eines Einzelhandelsgeschäfts zwar insoweit mit der Eingehung einer Gesellschaftsbeteiligung eine Gemeinsamkeit auf, als daß es sich auch hierbei um einen rechtsgeschäftlichen Beginn einer Erwerbstätigkeit handelt. Im Gegensatz zu dem auf den Erwerb eines Einzelhandelsgeschäfts gerichteten Vertrag stellt der Gesellschaftsvertrag jedoch die Grundlage eines langfristigen Dauerschuldverhältnisses dar. Daher ist es ein Unterschied, ob der Minderjährige allein ein Einzelhandelsgeschäft eröffnen oder ob er es mit anderen in der Form einer Personengesellschaft betreiben möchte. Während die im Rahmen eines Einzelhandelsgeschäfts beim Geschäftsbetrieb vorgenommenen Rechtsgeschäfte der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfen, sofern sie einen Genehmigungstatbestand der §§ 1821, 1822 BGB erfüllen, führt die Gesellschaftsbeteiligung eines Minderjährigen nicht zwangsläufig dazu, daß nunmehr alle von der Gesellschaft auf dem Gebiet des laufenden Geschäftsbetriebs vorgenommenen Rechtsgeschäfte ebenfalls mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abgeschlossen werden müßten. Vielmehr entfallen für diese Geschäfte die Genehmigungserfordernisse der §§ 1821, 1822 BGB, da sie nicht für den Minderjährigen, sondern für die Gesellschaft abgeschlossen werden, die

411

So im Anschluß an den BGH Hueck, OHG, § 6 IV.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2Alt. BGB

229

ihrerseits nicht unter Vormundschaft steht. 412 Somit bedarf die Gesellschaft selbst für so einschneidende Rechtsgeschäfte wie etwa Grundstücksgeschäfte, die Kreditaufnahme, die Prokuraerteilung oder die Wechselzeichnung nicht der vormundschaftsgerichtlichen Kontrolle, auch wenn diese Geschäfte für den Minderjährigen selbst genehmigungspflichtig wären. Hierauf wurde bereits in anderem Zusammenhang hingewiesen, so daß an dieser Stelle auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. 413 Insoweit ist die unternehmerische Betätigung innerhalb einer Personengesellschaft sogar noch freier als bei der Führung eines einzelkaufmännischen Geschäfts. Auch der Bundesgerichtshof räumt ein, daß die Führung eines Einzelhandelsgeschäfts und die Führung eines Gesellschaftsunternehmens in diesem Punkt nicht miteinander vergleichbar sind. 414 Entgegen der Aufassung des Bundesgerichtshofs ist daher bei näherer Betrachtung nicht nur der Beginn, sondern u.U. auch die Führung des Einzelunternehmens genehmigungsbedürftig, sofern bei der tatsächlichen Ausübung der Erwerbstätigkeit nach §§ 1821, 1822 BGB genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte abgeschlossen werden. Entscheidend ist jedoch letztlich, daß Abänderungen eines Gesellschaftsvertrages anders als die Änderung eines Einzelhandelsgeschäfts nicht als Maßnahmen der Unternehmensführung eingestuft werden können. Als Unternehmensführung wird die tatsächliche Ausübung der Erwerbstätigkeit bezeichnet. Maßnahmen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens sind daher alle bei der Ausübung der tatsächlichen Erwerbstätigkeit geschlossenen Geschäfte im laufenden Geschäftsbetrieb. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Rechtsgeschäfte sind im Gegensatz zur Führung eines Einzelhandelsgeschäfts nicht genehmigungspflichtig, obwohl die Gefahren für den beteiligten Minderjährigen in vergleichbarer Weise auftreten können. Dagegen handelt es sich bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht um Rechtsgeschäfte zur tatsächlichen Ausübung der Erwerbstätigkeit und damit nicht um Maßnahmen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens. Da die Grundlagen der Gesellschaft selbst geändert werden, handelt es sich vielmehr um eine Maßnahme auf der Ebene des Gesellschaftsvertrages. 415 Der Gesellschaftsvertrag bildet die Grundlage der Personengesellschaft und als solche zugleich die Grundlage des betriebenen

412

Vgl. RGZ 125, 380, 381; BGHZ 38, 26, 30; Woeste, DB 1957, S. 421.

413

Vgl. hierzu bereits- § 8 III 3 a bb (3).

414

BGHZ 38, 26, 30.

415

Vgl. Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 211; M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 10; Baumbach/Duden / Hopt, § 126, Anm. 1 D, § 116, Anm. 1 C; Schlüter, S. 58, 59.

230

Β. Hauptteil

Unternehmens. Gegenstand des ihn abändernden Vertrages ist daher nicht die Führung des Gesellschaftsunternehmens, sondern die Neugestaltung der Rechtsverhältnisse am Gesellschaftsunternehmen. 416 Zwar mag Hueck 417 insoweit zuzustimmen sein, daß die Gefahr für den Minderjährigen bei wesentlichen Änderungen der Grundlagen des Unternehmens in beiden Fällen eine ähnliche ist. In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, daß auch Änderungen des Einzelhandelsgeschäfts als Maßnahmen der Unternehmensführung nicht unbedingt genehmigungsfrei sind. Zu unterscheiden sind nur faktisch wirkende Betriebsänderungen wie etwa die Änderung des Unternehmensgegenstandes, der Firma oder des Firmensitzes sowie vertragliche Änderungen des Erwerbsgeschäfts. Hier bedürfen die zur Durchführung einer Änderung des Einzelhandelsgeschäfts erforderlichen Rechtsgeschäfte durchaus der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn sie ein Genehmigungserfordernis der §§ 1821, 1822 BGB erfüllen. Dies zeigt das Beispiel der Vergrößerung eines Einzelhandelsgeschäfts, welche als Änderung des Erwerbsgeschäfts angesehen wird 4 1 8 : Soll das bereits bestehende Geschäft in erweitertem Umfang fortgeführt und zu diesem Zweck ein weiteres Unternehmen hinzuerworben werden, so bedarf es hierzu einer Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB, da ein neuer, auf den Erwerb eines Erwerbsgeschäfts gerichteter Vertrag abgeschlossen wird. Die Genehmigungsbedürftigkeit entfällt hier nicht etwa deshalb, weil der Minderjährige keine Erwerbstätigkeit neu beginnen, sondern zu seinem Geschäft lediglich ein weiteres hinzuerwerben werden möchte. Vielmehr ist jeder Erwerbsvertrag genehmigungspflichtig, also nicht nur der erstmalige, auf den Beginn eines Erwerbsgeschäfts gerichtete Vertrag. 419 In diesem Zusammenhang ist ferner auf die Motive zu § 1823 BGB über den faktischen Beginn eines Erwerbsgeschäfts hinzuweisen, in denen es heißt: „Daß auch die Änderung eines Erwerbsgeschäfts insoweit, als dieselbe — was eine Tatfrage ist — als Neubegründung eines Erwerbsgeschäfts sich darstellt, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts unterliegt, versteht sich von selbst." 420 Desgleichen können zur Expansion des Geschäfts weitere Rechtsgeschäfte wie z.B. der Erwerb oder die Pachtung weiterer Grundstücke und zu deren Finanzierung die Aufnahme von Krediten erforderlich sein. Bei der Vornahme dieser Rechtsgeschäfte greifen

416

Insoweit zutreffend Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5.

417

Hueck, § 6 IV.

418

Staudinger / Engler, § 1823, Anm. 5.

419

Vgl. Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 4.

420

Motive IV, 768 ff., 1108.

§ 8 Die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB

231

zweifellos die Genehmigungserfordernisses der § 1822 Nr. 4, 5; § 1821 Nr. 5, § 1822 Nr. 8 BGB ein. Somit ist zwar die Geschäftserweiterung als solche nicht nach §§ 1822 Nr. 3 l.Alt., 1823 BGB genehmigungspflichtig. Die mit der Änderungen eines Einzelhandelsgeschäfts verbundenen Gefahren für den Minderjährigen werden aber aufgrund der bestehenden Genehmigungspflicht für die in diesem Zusammenhang anfallenden Geschäfte durch das Eingreifen anderer Genehmigungstatbestände abgedeckt. Bei der Änderung eines Einzelhandelsgeschäfts und der Änderung eines Gesellschaftsverhältnisses handelt sich daher im Ergebnis um zwei völlig verschiedene Vorgänge, die nach Typ und Erscheinungsbild nicht miteinander vergleichbar sind. 421

4. Zusammenfassung Aus der Sicht des minderjährigen Gesellschafters ist damit die Interessenlage bei einer rechtsgeschäftlichen Änderung eines Gesellschaftsverhältnisses mit der gesetzlich geregelten vertraglichen Eingehung eines Gesellschaftsverhältnisses vergleichbar. Der von der Rechtsprechung aufgezeigte Vergleich mit der Führung eines Einzelhandelsgeschäfts kann hingegen nicht überzeugen.

V. Zwischenergebnis Nachdem nunmehr sämtliche Voraussetzungen einer im Rahmen des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB zulässigen Analogie untersucht und bejaht wurden, läßt sich folgendes Ergebnis festhalten: Die in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB enthaltene vormundschaftsgerichtliche Genehmigung mit ihrer Prüfungs- und Sicherungsfunktion ist auch bei rechtsgeschäftlichen Änderungen eines zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangenen Personengesellschaftsvertrages unter Mitwirkung eines Minderjährigen analog anzuwenden. Genehmigungspflichtig sind demnach neben Veränderungen im Mitgliederbestand auch Beteiligungsumwandlungen des Minderjährigen sowie seiner Mitgesellschafter, ferner sämtliche Änderungen der personen- und vermögensrechtlichen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten, die vertraglichen Änderungen der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse sowie der Beschluß zur Auflösung der Personengesellschaft.

421

I. Erg. ebenso Friess, DB 1969, S. 959; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 4; Haarländer,

S. 109.

232

Β. Hauptteil

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses Es bleibt abschließend jedoch noch die Frage zu untersuchen, ob von diesem Grundsatz der Genehmigungsbedürftigkeit nachträglicher Vertragsänderungen Einschränkungen gemacht werden können und der Gesellschaftsvertrag in Ausnahmefällen genehmigungsfrei geändert werden darf. 1 Hierbei handelt es sich um eine Frage der partiellen Genehmigungsbedürftigkeit, um letztlich im Wertungskonflikt zwischen Minderjährigenschutz und Verkehrsschutz zu einem interessengerechten Ergebnis zu gelangen.

I. Die Vereinbarkeit einer partiellen Genehmigungsbedürftigkeit mit dem Gebot der sog. „formalen Abgrenzung" der Genehmigungstatbestände Eine solche „partielle Genehmigungsbedürftigkeit" könnte jedoch dem sog. Gebot der „formalen Abgrenzung" widersprechen. Hiernach sollen die Genehmigungstatbestände streng formal anzuwenden sein und nicht einer differenzierten, auf den jeweiligen Einzelfall abgestellten Beurteilung Raum geben, um im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eine möglichst klare Trennung zwischen genehmigungspflichtigen und genehmigungsfreien Rechtsgeschäften zu schaffen. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, daß eine am Einzelfall orientierte Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für das Rechts- und Wirtschaftsleben untragbare Folgen habe und mit dem Grundsatz dieser Bestimmungen nicht im Einklang stehe.2 Hieraus ist der Schluß gezogen worden, daß eine am inhaltlichen Schutzzweck der einzelnen Genehmigungtatbestände orientierte Auslegung hinter der formalen Auslegung zurückzutreten habe, wenn aufgrund des Rückgriffs auf zu generelle Entscheidungskriterien die Gefahr einer Rechtsunsicherheit bestehe. So hat sich Gernhuber 3 in diesem Zusammenhang wie folgt geäußert: „Eine formale Interpretation muß die teleologische ablösen, sobald sich die Folgerungen aus dem Schutzzweck der Normen nicht mehr zu generellen, jederzeit auf den Einzelfall anwendbaren Regeln verdichten lassen und sobald sie zu einem Netz von generellen Aussagen führen,

1 Dieses Regulativ kann erst vorgenommen werden, nachdem die grundsätzliche Anwendbarkeit des Genehmigungstatbestandes des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf Vertragsänderungen festgestellt worden ist: so verfahren zutreffend auch Haarländer, S. 36; Knopp, BB 1962, S. 939, 942; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 6. 2

BGHZ 17, 160, 163.

3

Gernhuber, § 52 I V 1.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

233

in dem der Rechtsverkehr die Übersicht verlieren muß." Wenngleich Nagel 4 den Äußerungen Gernhubers im Grundsatz zustimmt, so wendet er doch ein, daß hierdurch eine am Normzweck orientierte Auslegung nicht gänzlich ausgeschlossen werde. Die Grenze verlaufe aber letztlich dort, wo die durch eine am Schutzzweck orientierte Auslegung gefundenen Ergebnisse zu einer für den Rechtsverkehr unerträglichen Rechtsunsicherheit führen würden. Daher könne die am Schutzzweck orientierte Auslegung nur dazu benutzt werden festzustellen, ob generell der vom Gesetzgeber normierte Typ des genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäftes vorliege oder nicht. Der mit dieser Auslegungsregel verfolgte Zweck besteht mithin in der Verhinderung von Einzelfallentscheidungen und damit in der Beibehaltung des vom Gesetzgeber geschaffenen gesetzlichen Enumerationsprinzips. Das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung kann hiernach nicht von der konkreten Ausgestaltung des Einzelfalls abhängig gemacht werden. Sofern das vorzunehmende Rechtsgeschäft seiner Art nach einer der vom Gesetzgeber geschaffenen Genehmigungstatbestände erfüllt, greift die Genehmigungspflicht vielmehr unabhängig davon ein, ob das konkrete Geschäft für den Mindeijährigen tatsächlich gefährlich, riskant oder gar vorteilhaft ist. Diese Beurteilung obliegt erst dem Vormundschaftsgericht bei der Frage der Genehmigungsfähigkeit des geplanten Rechtsgeschäfts. Da hiernach eine Differenzierung innerhalb einer geschlossenen Fallgruppe nicht zulässig ist, müßte diese Auslegungsregel zu dem Ergebnis führen, zur Vermeidung von Einzelfallentscheidungen Vertragsänderungen generell an das Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB zu binden, auch wenn der Minderjährigenschutz dieses Ergebnis im Einzelfall nicht erfordert. Da die Rechtsprechung mit dieser formalen Betrachtungsweise in erster Linie einem starken Verkehrsschutzbedürfnis entgegenkommen möchte, stellt sich an dieser Stelle im Hinblick auf die jüngsten verfassungsrechtlichen Wertungen des Bundesverfassungsgerichts jedoch die Frage, ob und inwieweit dieser Grundsatz noch aufrecht erhalten werden kann5, nachdem sich nunmehr das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich für den Vorrang des Mindeijährigenschutzes vor etwaigen Interessen des Verkehrsschutzes ausgesprochen hat. Die ausschließlich im Interesse der Rechtssicherheit geschaffene Auslegungsregel führt zwar durch eine formale Anwendung der Genehmigungstatbestände zu einer Erstreckung des Genehmigungszwanges auch auf möglicherweise ungefährliche Fälle und damit zugleich zu einer ausdehnenden

4

Nagel s. 67.

5

Nach M K / Schwab, § 1821, Rdnr. 5 sollte dieser Begriff aufgegeben werden.

234

Β. Hauptteil

Anwendung der Genehmigungstatbestände, so daß hierdurch gleichzeitig eine Erweiterung des Minderjährigenschutzes bewirkt wird. 6 Dennoch fragt es sich, ob eine generelle Genehmigungsbedürftigkeit späterer Vertragsänderungen sowohl im Interesse des Rechtsverkehrs als auch im Interesse des Minderjährigen überhaupt erforderlich ist. Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, daß an solchen, im Hinblick auf die Erhaltung der Rechtssicherheit entwickelten Grundsätzen nicht um ihrer selbst willen festgehalten werden sollte.7 An dieser Stelle sei anzumerken, daß selbst die Rechtsprechung und das Schrifttum diesen Grundsatz von der generellen Genehmigungsbedürftigkeit eines Rechtsgeschäfts zuweilen durchbrechen, so bei der Beteiligung des Minderjährigen an einer stillen Gesellschaft 8 sowie bei dem Erwerb von Geschäftsanteilen einer GmbH oder AG. 9 Vielmehr könnte es sogar gerade im Interesse der Rechtssicherheit geboten sein, von diesen Regeln zuweilen abzuweichen. So argumentiert Haarländer 10, daß der Nachteil der formalen Abgrenzung sich in solchen Fällen erweise, in denen die Nichtigkeit späterer Änderungen daraus resultiere, daß der gesetzliche Vertreter die Genehmigung aus Unwissenheit, Nachlässigkeit oder Absicht nicht einhole. Ein zwingendes Genehmigungserfordernis hätte zur Folge, daß nicht nur solche Änderungen unwirksam sind, die die Interessen des Minderjährigen beeeinträchtigen, sondern auch solche, bei denen der Minderjährigenschutz die Nichtigkeit der Änderung nicht erfordert. Da der Einschränkung des Genehmigungszwanges der Gedanke zugrundeliegt, den Gesellschaftern einen Freiraum zu sichern, in dem sie ohne Einschaltung des Vormundschaftsgerichtes handeln können 11 , ließe sich hierdurch auch das von der Gegenmeinung gegen das Genehmigungserfordernis späterer Vertragsänderungen

6

Worauf zu Recht Haarländer,

7

Stahl S. 93.

8

Vgl. hierzu die Nachweise in § 7 II 2 d bb.

S. 36, 37 und Stahl, S. 87 hinweisen.

9

Vgl. M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 18 m.w.N.: „Doch macht hier die Rechtsprechung - wiederum abweichend von der so häufig verkündeten „formalen Auslegung" — wesentliche Einschränkungen."; Stahl S. 159 ff., 194 m.w.N.; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 159 ff., 194 ff. m.w.N.; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 16, insbesondere m. Nachweisen zum Streitstand beim Erwerb von GmbH-Anteilen: KG JW 1926, 600, Abstellen auf den wirtschaftlichen Erfolg; dagegen BGHZ 52, 316, 319, diese Auffassung widerspricht den Auslegungskriterien des BGH zu §§ 1821,1822 BGB; OLG Hamm, OLGZ 1984, 327 wiederum bejaht die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 1822 Nr. 3 BGB. Im Schrifttum reichen die Ansichten von der Genehmigungsbedürftigkeit bei jedem Erwerb eines GmbH- Anteils, so Müller, JR 1961, S. 326, 329, bis zur Genehmigungsfreiheit, wenn der Minderjährige nicht im Besitz aller GmbH-Anteile ist, so Winkler, ZGR 1973, S. 177, 187. 10

Haarländer,

11

Knopp, BB 1962, S. 939, 942.

S. 133.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

235

vorgebrachte Argument der Einschränkung der Flexibilität und der Bewegungsfreiheit der Gesellschaft sowie der starken Bindung des gesetzlichen Vertreters vermeiden. Eine gewisse Bewegungsfreiheit entspricht durchaus auch dem Interesse des Minderjährigen, da hierdurch die Tendenz zur Aufnahme minderjähriger Gesellschafter in die Gesellschaft gefördert wird, während durch eine umfangreiche Ausdehnung der gerichtlichen Kontrolle die Beteiligung von Minderjährigen an Personengesellschaften schnell zu einer als unerwünscht empfundenen Belastung werden könnte. Wie Knopp 12 zutreffend ausführt, kann es aber nicht dem Sinn des Gesetzes entsprechen, dem Minderjährigen die Beteiligung an lohnenden Erwerbsquellen zu versperren. Da somit die ständige Einschaltung des Vormundschaftsgerichts bei jeder Vertragsänderung weder im Interesse des Minderjährigen, noch im Interesse des Rechtsverkehrs liegt, käme man mit einer Einschränkung der Genehmigungspflicht den Interessen des Rechtsverkehrs an möglichst nicht genehmigungsgebundenen Vereinbarungen entgegen, ohne andererseits die Interessen des Minderjährigen zu gefährden, sofern weder diese negativ betroffen werden, noch eine Gefährdung der Rechtssicherheit zu befürchten ist.

Π. Die im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag angelegten Vertragsänderungen Einige Stimmen in der Rechtslehre wollen solche Änderungen von der Genehmigungspflicht ausnehmen, die entweder im genehmigten Gesellschaftsvertrag inhaltlich genau festgelegt und zu deren Vornahme die Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet sind, oder die nach dem Gesellschaftsvertrag durch Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter unter Überstimmung des Minderjährigen vorgenommen werden können und die Mehrheit auch ohne die Stimme des Minderjährigen erreicht wird. 13 Da in diesen Fällen die Änderung schon von vornherein im Gesellschaftsvertrag angelegt sei, sei der Schutz des Minderjährigen hinreichend sichergestellt, da das Vormundschaftsgericht bei Überprüfung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages zugleich auch die Auswirkungen der vorgesehenen Änderung auf die Rechtsposition des Minderjährigen kontrollieren könne. Durch die Genehmigung des ursprünglichen Vertrages habe das Vormundschaftsgericht daher bereits inzidenter seine Zustimmung zur

12 13

Knopp, a.a.O.

Vgl. u.a. Knopp, BB 1962, S. 939, 943; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7; Biddermann, S. 68; Haegele, BWNotZ 1969, S. 2, 13; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 25; Kuppel, S. 67; Rosenau, BB 1965, S. 1393, 1394.

236

Β. Hauptteil

späteren Änderung erteilt. 14 Insofern handele es sich auch nur im praktischen Ergebnis um eine Ausnahme vom Grundsatz der Genehmigungsbedürftigkeit von Vertragsänderungen. Rechtlich gehe es vielmehr um den Wirkungsbereich der bei Eingehung der Genehmigung erteilten Genehmigung und mithin darum, ob die spätere Änderung als „mitgenehmigter Vollzug" des Vertrages angesehen werden könne.15

1. Änderungen des Gesellschaftsvertrages

durch Mehrheitsbeschluß

Da Gesellschafterbeschlüsse grundsätzlich einstimmig zu fassen sind, bedarf es auch zur Vornahme von Vertragsänderungen durch Gesellschafterbeschluß in der Regel der Einstimmigkeit aller Gesellschafter. 16 Es ist jedoch allgemein anerkannt, daß der Gesellschaftsvertrag abweichend vom Einstimmigkeitsprinzip auch Mehrheitsbeschlüsse vorsehen kann. Das gilt auch für solche Beschlüsse, die die Grundlagen der Gesellschaft verändern, wie etwa die Aufnahme oder das Ausscheiden von Gesellschaftern, die Auflösung der Gesellschaft oder Änderung des Unternehmensgegenstandes sowie die Erhöhung der Beiträge. Insoweit muß zunächst untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen Änderungen eines Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsbeschluß überhaupt zulässig sind.

a) Inhaltliche Anforderungen an Mehrheitsklauseln Da ein umfassendes Mehrheitsprinzip in seinen Auswirkungen nicht ungefährlich ist, sind Mehrheitsklauseln im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich einschränkend auszulegen. Aus diesem Grund gilt eine allgemein gehaltene Bestimmung, die sich auf die generelle Zulassung von Mehrheitsbeschlüssen beschränkt, im Zweifel nicht für Änderungen des Gesellschaftsvertrages. 17 Sind im Gesellschaftsvertrag dagegen Mehrheitsbeschlüsse auch für Änderungen des Gesellschaftsvertrages vorgesehen, so ist nach Auffassung der Rechtspre-

14

Biddermann,

15

Knopp, BB 1962, S. 939, 942.

S. 68.

16

M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 48; Heymann / Emmerich, § 119, Rdnr. 28.

17

BGHZ 8, 35, 39; Heymann / Emmerich, § 119, Rdnr. 31.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

237

chung 18 zum Schutz der Minderheit der sog. Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten: Da durch die Mehrheitsklausel von dem gesetzlichen Prinzip der Einstimmigkeit abgewichen wird, reicht es hier nicht aus, daß sich diese ausdrücklich auf Vertragsänderungen schlechthin bezieht. Vielmehr muß diese Regelung die einzelnen Vertragsänderungen, die dem Mehrheitswillen unterliegen sollen, eindeutig, nach Möglichkeit durch ausdrückliche Aufzählung bezeichnen, damit die Einbeziehung dieser Vertragsänderungen in die Mehrheitsentscheidung für die Gesellschafter hinreichend erkennbar ist. Dieser Bestimmtheitsgrundsatz ist ursprünglich vom Reichsgericht am Beispiel von mehrheitlich zu entscheidenden Beitragserhöhungen entwickelt worden. 19 In der Folgezeit wurde er von der Rechtsprechung auf ungewöhnliche, die Rechtsstellung einzelner Mitglieder wesentlich berührende Vertragsänderungen beschränkt, wie z.B. 20 die Änderung der Bestimmung über die Gewinnverteilung 21 , die Änderung der Kündigungs- und Liquidationsfolgen 22, die Vertragsverlängerung 23, die Umwandlung der Gesellschaftsform bzw. der Rechtsstellung eines Gesellschafters. 24 Der Bestimmtheitsgrundsatz ist in jüngster Zeit im Schrifttum zunehmend auf Kritik gestoßen. So ist vorgetragen worden, daß eine katalogartige Aufzählung aller durch Mehrheitsbeschluß zugelassenen Vertragsänderungen keine sachliche Rechtfertigung für die auf ihrer Grundlage mit qualifizierter Mehrheit beschlossenen Vertragsänderungen enthalte. Mehrheitliche Vertragsänderungen sollten vielmehr grundsätzlich nicht daran scheitern, daß der fragliche Gegenstand nicht ausdrücklich oder eindeutig von der Mehrheitsklausel gedeckt ist, solange nur diese selbst aufgrund der Auslegung des Gesellschaftsvertrages sich auch auf Vertragsänderungen beziehe.25 Ohnehin werde in der Praxis immer häufiger dazu übergegangen, die in Frage kommenden Änderungsgegenstände in den Ge-

18 Vgl. statt aller BGHZ 8, 35, 39 ff.; BGHZ 48, 251, 253 ff.; BGH W M 1973, 100, 102; 1985, 1227; 1986, 1109; 1987, 1102; BGH NJW 1988, 411, 412. 19

RGZ 91, 166, 168; 151, 321, 327; 163, 385, 391.

20

Vgl. die umfassenden Nachweise bei M K / Ulmer, § 119, Rdnr. 33, 34. 21

BGH BB 1976, 948; BGH W M 1973, 100, 101.

22

BGHZ, 48, 251, 253 f.; BGH W M 1966, 876.

23

OLG Düsseldorf NJW 1977, 2216.

24

OLG Düsseldorf, OLGZ 1983, 191 ff.

25

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 76.

§ 709, Rdnr. 72; Heymann / Emmerich,

238

Β. Hauptteil

sellschaftsverträgen katalogmäßig aufzuzählen 26, so daß die dem Bestimmtheitsgrundsatz ursprünglich zukommende Warnfunktion weitgehend überflüssig geworden sei.27 Da es zudem vielfach eine Frage der detaillierten Vertragsgestaltung sei, ob die fraglichen Änderungsgegenstände in der Mehrheitsklausel besonders erwähnt werden, bestehe ferner die Gefahr, daß im Interesse der Gesellschaft gebotene und von der Mehrheit der Gesellschafter gewünschte Vertragsänderungen blockiert würden. 28 Kritisiert werden ferner auch die zum Bestimmtheitsgrundsatz vorgebrachten dogmatischen Begründungen. Um von einem vorweggenommenen Einverständnis der Gesellschafter zu dem späteren Änderungsbeschluß ausgehen zu können, sei neben der von der Rechtsprechung geforderten bloßen Aufzählung der betreffenden Änderungsgegenstände zumindest noch eine grobe Skizzierung des zulässigen Beschlußinhaltes zu fordern. 29 Eine Aufzählung der einzelnen von der Mehrheitsklausel erfaßten Vertragsänderungen wird daher entgegen der bisherigen Rechtsprechung in der Regel nicht mehr gefordert. Eine Ausnahme soll jedoch in Anbetracht des Schutzes der überstimmten Minderheit bei solchen Vertragsänderungen gelten, die in den Kernbereich der Mitgliedschaft der überstimmten Gesellschafter eingreifen. In diesen Fällen sei eine allgemein gehaltene, Vertragsänderungen generell zulassende Mehrheitsklausel unzulässig.30 Zum Schutz der Minderheit könne vielmehr in diesem Bereich auf den Gedanken des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht verzichtet werden. Wenn daher der Gesellschaftermehrheit im Gesellschaftsvertrag die Befugnis zur Vornahme von Vertragsänderungen, die den Kernbereich der Mitgliedschaft betreffen, eingeräumt werde, so müsse sich die Geltung der entsprechenden Mehrheitsklausel für die einzelnen Vertragsänderungen eindeutig aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben sowie Umfang und Ausmaß des zulässigen Eingriffs erkennen lassen.31 Insoweit kann von einer „qualifizierten Mehrheitsklausel" gesprochen werden. Die Frage, welche Mitgliedschaftsrechte diesem Kernbereich der Mitgliedschaft zugeordnet werden können, läßt sich jedoch nicht einhellig beantworten. Nach wohl überwiegender Ansicht zählen hierzu wohl die Vermehrung der Bei-

26

Vgl. auch Sudhoff,;

27

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 74.

28

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 74 m.w.N.

Der GV der PG, S. 197.

29

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 75 m.w.N.

30

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 190; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 48.

31

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 77.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

239

tragspflicht 32 sowie jede Verkürzung der individuellen Gesellschafterrechte, wie etwa Änderungen des Stimmrechts oder der Bestimmungen über die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sowie der Gewinnverteilung, Änderungen der Kündigungs- und Liquidationsfolgen, ferner Änderungen der Gesellschaftsform und des Gesellschaftszwecks, einschließlich der Auflösung der Gesellschaft und des Fortsetzungsbeschlusses.33 Eine Änderung im Mitgliederbestand soll jedenfalls dann den Kernbereich der Mitgliedschaft berühren, wenn die Gesellschaft als personenbezogene Arbeits- und Haftungsgemeinschaft ausgestaltet ist. 34 Letztlich muß hierbei immer auf die Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaft abgestellt werden. 35 Damit birgt die Auffassung der h.L. aber den Nachteil einer drohenden Rechtsunsicherheit, welche Anforderungen im konkreten Einzelfall an eine vertragsändernde Mehrheitsklausel zu stellen sind. Daher sollte der von der Rechtsprechung entwickelte Bestimmtheitsgrundsatz für den gesamten Bereich der Vertragsänderungen beibehalten werden. 36 Die beabsichtigten Vertragsänderungen müssen somit in der Mehrheitsklausel im einzelnen genau bezeichnet werden.

b) Die Wahrung des Minderjährigenschutzes bei Genehmigungsfreiheit von Vertragsänderungen durch Mehrheitsbeschluß Enthält der Gesellschaftsvertrag eine solche Mehrheitsklausel, so besteht stets die Gefahr, daß der Minderjährige sämtliche mit Mehrheit beschlossenen Vertragsänderungen als verbindlich hinnehmen muß, sofern er nicht über das erforderliche Stimmgewicht verfügt, um eine Majorisierung auszuschließen. Die Gefährdung der Minderjährigeninteressen ist aber bei mehrheitlich beschlossenen Vertragsänderungen in gleichem Maße vorhanden wie bei einstimmig beschlossenen Vertragsänderungen. Andererseits werden die Mitgesellschafter des Minderjährigen bei der Einführung einer Genehmigungspflicht für Vertragsänderungen in der Praxis vermehrt dazu übergehen, Mehrheitsklauseln in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, um auf diese Weise bestimmte Vertragsänderungen genehmigungsfrei vornehmen zu können. Fraglich ist daher, ob

32

Vgl. Heymann / Emmerich, § 119, Rdnr. 37.

33

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 78.

34

Vgl. M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 78.

35

M K / Ulmer, § 709, Rdnr. 78.

36

Daher zu Recht Wiedemann , W M 1990, S. 1, 11; Schlegelberger / Martens, § 109, Rdnr. 20.

240

Β. Hauptteil

durch die Genehmigungsfreiheit dieser Vertragsänderungen der dem Minderjährigen durch § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB gewährte Schutz unterlaufen wird. In diesem Zusammenhang wird von Winkler vorgetragen, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts letztlich davon abhänge, wie nach dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag abzustimmen und welche Mehrheit für den einzelnen Beschluß erforderlich sei.37 Zum Schutz des Minderjährigen kann das Genehmigungserfordernis aber nicht an das Stimmverhalten im konkreten Einzelfall gebunden sein.38 Sofern die erforderliche Mehrheit ohne die Stimme des Minderjährigen gebildet werden kann, so erübrigt sich die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, da sie die mehrheitliche beschlossene Änderung ohnehin nicht verhindern könnte. 39 Die vormundschaftsgerichtliche Kontrolle könnte bei der konkreten Abstimmung nur dann eingreifen, wenn die Stimme des minderjährigen Gesellschafters den Änderungsbeschluß mitträgt und die erforderliche Mehrheit und damit die Vertragsänderung bei einer Verweigerung der Genehmigung entfiele. Die Entscheidung über die Erforderlichkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für Vertragsänderungen durch Mehrheitsbeschluß kann sich daher nur an der abstrakten Möglichkeit der Überstimmung ausrichten. 40 Insoweit hat aber das Vormundschaftsgericht bereits bei der Überprüfung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages die Möglichkeit, die Genehmigung wegen der darin enthaltenen Mehrheitsklausel für Vertragsänderungen und der abstrakten Möglichkeit der Überstimmung des Minderjährigen zu versagen. Der Schutz des Minderjährigen wird in diesem Fall zunächst durch eine sog. Inhaltskontrolle der Mehrheitsklausel gewahrt. Das Vormundschaftsgericht hat hierbei zu prüfen, ob die an eine Mehrheitsklausel gestellten erhöhten Anforderungen erfüllt sind. Eine allgemein gehaltene, Vertragsänderungen generell zulassende Mehrheitsklausel genügt nach den o.g. Ausführungen nicht. Vielmehr müssen die beabsichtigten Vertragsänderungen in der Mehrheitsklausel des Gesellschaftsvertrages katalogmäßig aufgeführt sein. Auf diese Weise haben auch die Mitgesellschafter nachher die Möglichkeit zu erkennen, welche Vertragsänderungen

37

Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 197.

38

Vgl. Knopp, BB 1962, S. 939, 944, der zu diesem Ergebnis unter Berufung auf die Rechtssicherheit gelangt: „Die Genehmigungsbedürftigkeit einer Vertragsänderung kann nicht von den oft zufalligen Mehrheiten des Einzelfalls abhängen, sie muß im Interesse der Rechtssicherheit im voraus bestimmbar sein." 39

Die gegen den Willen des Mindeijährigen zustandegekommene Entscheidung kann nicht Anknüpfungspunkt einer vormundschaftsgerichtlichen Kontrolle sein. 40

So zutreffend Knopp, BB 1962, S. 939, 944.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

241

genehmigungsfrei durch Mehrheitsbeschluß vorgenommen werden können, so daß auch einer drohenden Rechtsunsicherheit entgegengewirkt werden kann. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, muß das Vormundschaftsgericht den gesamten Gesellschaftsvertrag wegen der in ihm enthaltenen unzulänglichen Mehrheitsklausel versagen. Gleiches ist möglich, wenn das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, daß durch einen Mehrheitsbeschluß schwerwiegende Eingriffe in die Mitgliedschaftsrechte des minderjährigen Gesellschafters zu erwarten sind, die eine Gefährdung seiner Interessen befürchten lassen und so dem Minderjährigenschutz erkennbar zuwiderlaufen. Hat das Vormundschaftsgericht hiernach Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit der Mehrheitsklausel, so muß es die Genehmigung des gesamten Gesellschaftsvertrages verweigern. Wird die beantragte Genehmigung nach dieser umfassenden Prüfung dennoch erteilt, so liegt darin auch gleichzeitig die antizipiert erklärte Zustimmung des Vormundschaftsgerichts zu solchen Vertragsänderungen, die nach dem genehmigten Gesellschaftsvertrag durch Mehrheitsbeschluß vorgenommen werden können. Der Schutz des Minderjährigen gegenüber vertragsändernden Mehrheitsbeschlüssen wird in diesem Fall noch durch den Gedanken der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht und den Gleichbehandlungsgrundsatz gewährleistet. 41 Da die vormundschaftsgerichtliche Kontrolle somit schon im Zeitpunkt der Aufnahme des Mindeijährigen in die Gesellschaft stattgefunden hat, können solche Änderungen des Gesellschaftsvertrages zu Recht als mitgenehmigter Vollzug des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages angesehen werden. 42

2. Vertragsänderungen,

zu deren Vornahme der Minderjährige

verpflichtet

a) Kraft ausdrücklicher Vertragsbestimmung Als „mitgenehmigter" Vollzug des Gesellschaftsvertrages sollen auch solche Vertragsänderungen genehmigungsfrei sein, die im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag inhaltlich genau festgelegt sind und zu deren Mitwirkung der Minderjährige bzw. sein gesetzliche Vertreter nach ausdrücklicher Bestimmung

41 Vgl. Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 100; Heymann / Emmerich, § 105, Rdnr. 36 u. 109, Rdnr. 15; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 185, 206 u. § 709, Rdnr. 85. 42

Zweifelnd Hueck, OHG, § 6 IV, Fn. 45 a.E.: „Es ist aber nicht erfreulich, die Genehmigungspflicht von dem Zufall abhängig zu machen, ob eine derartige Klausel (Mehrheitsklausel, Anm. d. Verf.) im Gesellschaftsvertrag enthalten ist." 16 Hilsmann

ist

242

Β. Hauptteil

des Gesellschaftsvertrages verpflichtet sind. 43 Hierzu gehören insbesondere Bestimmungen, die einem Gesellschafter bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters weitere Befugnisse einräumen, so z.B. Einräumung der Alleinvertretungsmacht, oder eine Eintrittsklausel, die dem Erben das Recht auf Aufnahme in die Gesellschaft einräumt. 44 Der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt auch für die Abänderung von Verträgen. 45 Insofern besteht bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages im Gegensatz zu Maßnahmen der Geschäftsführung grundsätzlich keine allgemeine Rechtspflicht des einzelnen Gesellschafters, einer bestimmten Vertragsänderung zuzustimmen, „da die Vertragsparteien grundsätzlich auch in dieser Hinsicht die Befugnis haben, ihre Rechtsbeziehungen zueinander frei und nach ihrem eigenen Belieben zu regeln". 46 Es steht vielmehr in der freien Entscheidung jedes Gesellschafters, ob er einer geplanten Vertragsänderung zustimmen will oder nicht. Andererseits ist aber nicht ausgeschlossen, daß sich die Verpflichtung des Gesellschafters, einer bestimmten Vertragsänderung zuzustimmen, ausdrücklich aus dem Gesellschaftsvertrag selbst ergibt. 47 In diesem Fall ist die Mitwirkung des Minderjährigen bei der späteren Abänderung des Gesellschaftsvertrages als Erfüllung einer bereits bestehenden, vertraglich begründeten Verpflichtung zu qualifizieren, die von den Mitgesellschafter nach § 894 ZPO eingeklagt werden kann. 48 Entscheidend für die Annahme der Genehmigungsfreiheit solcher Vertragsänderungen ist im Interesse des Minderjährigen, daß die vormundschaftsgerichtliche Kontrolle gewährleistet ist. Diese findet zwar nicht im Zeitpunkt der Vornahme der konkreten Änderung statt. Sie wird vielmehr auf den Zeitpunkt der Beurteilung des ursprünglichen Vertrages vorgezogen, da die Vereinbarung, den Gesellschaftsvertrag später abzuändern, bereits Inhalt desselben ist. 49 Eine nochmalige Überprüfung ist aber insoweit nicht erforderlich, da das Vormundschaftsgericht mit der Genehmigung des ursprünglichen Vertrages gleichzeitig auch die Zustimmung zu der Vertragsänderung als Bestandteil des genehmigten

43

Knopp, BB 1962, S. 939, 943; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7.

44

Knopp, BB 1962, S. 939, 943.

45

Kollhosser, FS Bärmann 1975, S. 533.

46

BGH L M Nr. 8 zu § 138 HGB; BGH L M Nr. 8 zu § 105 HGB.

47

Nagel, S. 127; a.A. wohl Soergel / Hadding, § 705, Rdnr. 63.

48

BGH L M Nr. 8 zu § 138 HGB = BGH NJW 1961, 724; eingeschränkt zustimmend Nagel, S. 127. 49

Haarländer,

S. 127 spricht daher auch von „vorweggenommener Genehmigung".

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

243

Vertrages erteilt hat. Das ergibt sich aus dem Umfang der erteilten Genehmigung. Diese erfaßt den gesamten Inhalt des dem Vormundschaftsgericht zur Genehmigung unterbreiteten Vertrages, so wie er sich aus der zugrundeliegenden Vertragsurkunde ergibt, und umfaßt daher auch die darin enthaltene Vereinbarung über die spätere Vertragsänderung. Eine unzulässige Einschränkung des Genehmigungszwanges liegt daher nicht vor. Die Genehmigungsfreiheit einer solchen Änderung gilt aber nicht schrankenlos. Im Einzelfall kann es den Gesellschaftern Schwierigkeiten bereiten, zu erkennen, ob die beabsichtigte Änderung inhaltlich mit der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Änderung übereinstimmt. 50 Um zu vermeiden, daß die konkrete Vertragsänderung abweichend von den Abreden des Gesellschaftsvertrages vorgenommen wird, muß diese im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag daher nicht nur dem Grundsatz nach, sondern inhaltlich in allen Einzelheiten genau festgelegt sein. Den Gesellschaftern darf ferner bei der Ausgestaltung der Neuregelung kein Ermessensspielraum verbleiben. 51 Insoweit liegt eine der in § 2065 Abs. 2 BGB getroffenen Regelung vergleichbare Situation vor. Hiernach kann der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung nicht einem anderen überlassen. Der Inhalt des Testamentes muß daher so genaue Hinweise enthalten, daß die Bezeichnung von jeder mit genügender Sachkunde ausgestattete Person erfolgen kann, ohne daß deren Ermessen bei der Entscheidung bestimmend oder auch nur mitbestimmend ist. Zulässig ist lediglich, daß ein Dritter aus einem bestimmten, eng begrenzten Personenkreis den Geeignetsten zur Übernahme eines Geschäfts ermittelt. 52 Der Schutz des Mindeijährigen wird in diesem Fall ausreichend gewahrt. Sofern die spätere Vertragsänderung bereits im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag inhaltlich hinreichend bestimmt ist, prüft das Vormundschaftsgericht bereits im Rahmen der Beurteilung des gesamten Gesellschaftsvertrages, ob die vorgesehene Änderung mit den Interessen des Minderjährigen vereinbar oder eine Gefährdung seiner Interessen zu befürchten ist. Insoweit bleibt es dem

50

Daher ablehnend Winkler,

ZGR 1973, S. 177, 197.

51

Sofern der Vertrag zwar eine Verpflichtung zur Vertragsänderung vorsieht, die Vornahme einer Vertragsänderung aber in das Ermessen der Gesellschafter gestellt ist, wird eine erneute Genehmigung zur Überprüfung der Ausgestaltung der Änderung erforderlich, wobei die Verpflichtung als solche aber nicht in Frage gestellt werden darf, zutreffend Knopp, BB 1962, S. 939, 943; vgl. auch Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7. 52

16*

Vgl. hierzu Palandt / Edenhofer,

§ 2065, Rdnr. 4 u. 6 m.w.N.

244

Β. Hauptteil

Gericht aber unbenommen, bereits die erforderliche Genehmigung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages zu versagen.

b) Kraft gesellschaftlicher Treuepflicht Fehlt im Gesellschaftsvertrag hingegen eine ausdrückliche Verpflichtung des Gesellschafters zur Mitwirkung bei einer Vertragsänderung, so ist dieser grundsätzlich nicht gehalten, einer geplanten Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen. Die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern sind jedoch dem Grundsatz von Treu und Glauben unterworfen. Jeder von ihnen hat sich im Gesellschaftsvertrag verpflichtet, durch Zusammenwirken den gemeinsamen Gesellschaftszweck zu fördern. Nach überwiegender Ansicht kann sich daher in Ausnahmefallen eine Zustimmungspflicht des einzelnen Gesellschafters zur Vertragsänderung auch aufgrund der gesellschaftlichen Treuepflicht ergeben. 53 Fraglich ist daher, ob auch solche Vertragsänderungen als mitgenehmigt angesehen werden können, zu deren Zustimmung der Minderjährige aufgrund seiner Treuepflicht gehalten ist. 54 Eine solche Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen zulässig. So muß die Vertragsänderung einerseits mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder mit Rücksicht auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zueinander dringend erforderlich sein, etwa zur Erhaltung wesentlicher gemeinsam geschaffener Werte oder zur Vermeidung erheblicher Verluste sowie dem widersprechenden Gesellschafter die Zustimmung unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar sein.55 Da in diesem Fall die Belange des Minderjährigen den Wirtschaftsinteressen der übrigen Gesellschafter nachgeordnet werden, bedarf die Mitwirkungspflicht des Minderjährigen bei solchen Ver-

53 BGH L M Nr. 8 zu § 138 HGB = NJW 1961, 724; BGH L M Nr. 8 zu § 105 HGB; vgl. hierzu ausführlich Zöllner, a.a.O., S. 7 ff.; H.P. Westermann, FS Hefermehl, S. 225 ff.; sowie Heymann / Emmerich, § 119, Rdnr. 18; Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 98; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 190 ff.; dagegen Kollhosser, FS Bärmann, S. 533 ff.; ders., FS Westermann S. 275 ff., der seine Ablehnung u.a. damit begründet, daß die Zustimmungspflicht zu Abänderungen dogmatisch nicht überzeugend einzuordnen sowie sachlich nicht interessengerecht sei und hierfür weiterhin nach einer Analyse der Rechtsprechung auch keine praktische Notwendigkeit bestehe. 54 55

Dagegen Knopp, BB 1962, S. 939, 943; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7.

BGH L M Nr. 8 zu § 138 HGB = BGH NJW 1961, 724 (m.w.N. aus der Rspr.); BGH L M Nr. 8 zu § 105 HGB; BGH L M Nr. 1 3 zu § 161 HGB; zustimmend Heymann / Emmerich, § 119, Rdnr. 18; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 191; Zöllner, S. 25 ff.; H.P. Westermann, FS Hefermehl 1976, S. 225, 228 ff.; a.A. Kollhosser, FS Bärmann 1975, S. 533 ff. u. FS Westermann 1974, S. 275 ff.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

245

tragsänderungen grundsätzlich der Überprüfung durch das Vormundschaftsgericht. Es ist jedoch zweifelhaft, ob dieser Schutz des Minderjährigen hinreichend gewahrt ist, wollte man solche Vertragsänderungen bereits als mitgenehmigten Vollzug des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages anerkennen. Zunächst ist zu bedenken, daß eine Zustimmungspflicht kraft gesellschaftlicher Treuepflicht nur mit Zurückhaltung und in eng begrenzten Ausnahmefällen nachhaltiger Störungen der Gesellschaftsgrundlagen anzuerkennen ist. 56 So muß jeder Gesellschafter dann dem Ausscheiden eines dritten Gesellschafters zustimmen, wenn dieser aus bestimmten Gründen für die Gesellschaft nicht mehr tragbar ist 57 , oder wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft unhaltbar geworden ist und nach objektiver Beurteilung die Notwendigkeit besteht, den auf Dauer unrentablen Geschäftsbetrieb aufzulösen 58 oder wenn mit Rücksicht auf das Bestandsinteresse der Gesellschaft der Gesellschaftszweck an die veränderten Verhältnisse anzupassen59 ist. Eine Zustimmungspflicht kann ferner zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters bestehen, wenn diese zur Sanierung der Gesellschaft nötig und die Sanierung auf andere Weise nicht zu erreichen ist sowie andererseits die Aufnahmebedingungen für die übrigen Gesellschafter erträglich sind. 60 Auch für den minderjährigen Gesellschafter kann sich aus der gesellschaftlichen Treuepflicht die Verpflichtung ergeben, dem Ausscheiden eines konkursgefährdeten Gesellschafters zuzustimmen, wenn er kein schutzwertes Interesse an dem Verbleiben gerade dieses Gesellschafters hat. 61 Andererseits besteht grundsätzlich keine aus der Treuepflicht fließende Zustimmungspflicht zu solchen Vertragsänderungen, die zu einer Vermehrung der Pflichten des widersprechenden Gesellschafters führen, wie etwa zur Erhöhung der Beiträge oder zur Übernahme einer aktiven Tätigkeit in der Gesellschaft (z.B. Übernahme der Geschäftsführung anstelle des zur Geschäftsführung vertraglich vorgesehenen Gesellschafters). 62 Zweifelhaft ist ferner die Anerkennung einer

56 Vgl. H.P. Westermann, FS Hefermehl 1976, S. 225, 228 ff.: nur bei „ganz überwiegenden Interessen" aller oder der Mehrheit der Mitgesellschafter. 57

BGH L M Nr. 8 zu § 138 HGB = BGH NJW 1961, 724.

58

BGH NJW 1960, 434.

59

M K / Ulmen § 705, Rdnr. 191.

60

Hueck, § 11 IV 3; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 245 ff; weitere Fälle bei Heymann / Emmerich, § 119, Rdnr. 19 und Heymann / Horn, § 161, Rdnr. 98, speziell zur KG. 61 BGH L M Nr. 8 zu § 138 HGB = NJW 1961, 724, zu der durch Treuepflicht gebotenen Zustimmung zur Vertragsänderung als „Erfüllung einer Verbindlichkeit". Allerdings verneint der BGH das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zur Wirksamkeit der zur Vertragsänderung notwendigen Zustimmung des Mindeijährigen. 62

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 245; M K / Ulmer, § 705, Rdnr. 191.

246

Β. Hauptteil

Verpflichtung des Gesellschafters, der vorübergehenden Aufnahme eines geschäftsführenden Gesellschafters unter Verschlechterung seiner eigenen Rechtsstellung zuzustimmen, um die Fortsetzung der Gesellschaft zu ermöglichen. 63 Ob die Voraussetzungen für eine solche Zustimmungspflicht vorliegen, beurteilt sich demnach erst nach den Umständen im Zeitpunkt der Vornahme der konkreten Vertragsänderung, nicht jedoch bereits im Voraus bei Abschluß des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages. Es kann daher nur im Einzelfall festgestellt werden, inwieweit ein Gesellschafter zur Zustimmung zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrages kraft gesellschaftlicher Treuepflicht verpflichtet ist. Insoweit ist auch der Umfang der sich aus der Treuepflicht ergebenden Verpflichtung bei Prüfung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages nicht vorhersehbar. Die Vertragsänderung kann mithin im Gesellschaftsvertrag nur im Grundsatz, nicht jedoch den Einzelheiten nach geregelt 64 und demzufolge auch von vornherein nicht inhaltlich genau festgelegt werden. Da es dem Vormundschaftsgericht somit nicht möglich ist, die Auswirkungen dieser Vertragsänderung auf den Minderjährigen bereits bei Genehmigung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages zu überprüfen, können diese nicht als „mitgenehmigt" gelten. Inbesondere ist eine Zustimmungspflicht auch nur dann zulässig, wenn die in Betracht kommende Änderung des Gesellschaftsvertrages dem einzelnen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar ist. Daher wird die Verpflichtung des Gesellschafters, einer notwendig gewordenen Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen, nur angenommen werden können, wenn schutzwerte Interessen des betreffenden Gesellschafters nicht entgegenstehen. Ob aber die fragliche Änderung mit den schützenswerten Interessen des Minderjährigen vereinbar ist, kann zum Schutz des Minderjährigen nur vom Vormundschaftsgericht beurteilt werden, nicht hingegen von den Mitgesellschaftern, die wegen der Berücksichtigung ihrer eigenen Interessen nicht objektiv und unbefangen urteilen können. Aus der Treuepflicht kann sich eine Verpflichtung des Minderjährigen nur ergeben, wenn die geplante Vertragsänderung im Interesse der Gesellschaft dringend erforderlich ist, und wenn hierdurch eine Gefährdung der Minderjährigeninteressen nicht zu befürchten ist. Handelt es sich beispielsweise um das vertragliche Ausscheiden eines Gesellschafters, so ist es durchaus möglich, daß der Minderjährige mit dem ausscheidenden Gesellschafter einen Großteil der Gesellschaftsanteile und damit eine starke Position innerhalb der Gesellschaft bekleidet, die durch das Ausscheiden

63

So aber BGH W M 1979, 1058.

64

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

247

des Mitgesellschafters geschwächt wird. Andererseits kann der Minderjährige aufgrund seiner gesellschaftlichen Treuepflicht verpflichtet sein, einem Gesellschafterwechsel zuzustimmen, wenn anstelle eines erkrankten Gesellschafters ein Familienangehöriger in die Gesellschaft eintreten soll, der über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. In diesem Fall ist die Vertragsänderung im Interesse der Gesellschaft dringend erforderlich sowie unter Berücksichtigung der Belange des Minderjährigen auch durchaus zumutbar, wenn im übrigen die Beteiligungsverhältnisse unangestastet bleiben. Da der von den Umständen des Einzelfalls abhängige Umfang der Treuepflicht somit schwer zu konkretisieren ist, muß das Gericht Gelegenheit haben, im konkreten Einzelfall die Zustimmungspflicht des Minderjährigen nach den gesellschaftlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Vornahme einer Vertragsänderung zu beurteilen. Eine andere Beurteilung könnte sich nur dann ergeben, wenn das Vormundschaftsgericht bei derartigen Vertragsänderungen die Genehmigung in jedem Fall erteilen müßte und eine zusätzliche Einschaltung des Vormundschaftsgerichts insoweit überflüssig wäre. Soweit die Treuepflicht eine Zustimmungspflicht des Minderjährigen zu einer Vertragsänderung begründet, können die änderungswilligen Mitgesellschafter den bestehenden Erfüllungsanspruch im Wege der Leistungsklage über § 894 ZPO durchsetzen 65, so daß das Vormundschaftsgericht bei bestehender Verpflichtung des Minderjährigen die Genehmigung ohnehin nicht verweigern könnte. Da jedoch eine solche Zustimmungspflicht zu Änderungen eines Gesellschaftsvertrages nur in begrenzten Ausnahmefällen unter den zuvor beschriebenen engen Voraussetzungen angenommen werden kann, muß mit Rücksicht auf den vorrangigen Schutz des Minderjährigen dem Gericht gleichwohl vorab die Gelegenheit zur Nachprüfung zustehen, ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorliegen und sich damit aus der gesellschaftlichen Treuepflicht tatsächlich eine Verpflichtung des Minderjährigen ergibt, der konkreten Vertragsänderung zuzustimmen.66 Hiergegen kann nicht eingewendet werden, daß es sich bei der Einschaltung des Vormundschaftsgerichts um eine überflüssige und die Realisierung der Vertragsänderung erschwerende Formalität handele, da das Gericht die Genehmigung ohnehin nicht versagen könnte. Eine Zustimmungspflicht des Minder-

65 Vgl. BGHZ 98, 276; OLG Bremen NJW 1972, 1952; Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 195 u. 249; Schlegelberger / Schmidt, § 105, Rdnr. 144. Die Vertragsänderung kann in diesen Fällen so lange nicht als vollzogen betrachtet werden, wie nicht der verpflichtete Gesellschafter zur Annahme des Vertragsänderungsangebots verurteilt worden ist. Erst mit Rechtskraft des Urteils, welches die Stimmabgabe ersetzt, wird die Vertragsänderung wirksam. 66

I. Erg. auch Knopp, BB 1962, S. 939, 943.

248

Β. Hauptteil

jährigen besteht in diesen Fällen nur dann, wenn die Vertragsänderung im Interesse der Gesellschaft dringend erforderlich ist und schutzwerte Mindeijährigeninteressen nicht entgegenstehen. Somit könnte das Vormundschaftsgericht die zur Durchführung der Vertragsänderung erforderliche Genehmigung durchaus verweigern, wenn es diese Voraussetzungen nach eingehender Prüfung für nicht gegeben ansieht. Da auch der darauf gerichtete Erfüllungsanspruch der Mitgesellschafter nur dann begründet und durchsetzbar ist, wenn nach den beschriebenen Grundsätzen eine Zustimmungspflicht zu bejahen ist, kommt der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts in einem späteren Prozeß insoweit präjudizielle Wirkung zu. Die auf § 894 ZPO beruhende Leistungsklage der Mitgesellschafter wird daher erfolglos bleiben, sofern die Vertragsänderung weder im Interesse der Gesellschaft erforderlich noch dem Minderjährigen unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar ist und insofern keine Verpflichtung bestand, der Vertragsänderung zuzustimmen. Zum Schutz des Minderjährigen bedürfen daher auch solche Vertragsänderungen, zu deren Zustimmung der Mindeijährige nicht kraft ausdrücklicher Vertragsbestimmung, sondern aufgrund der gesellschaftlichen Treuepflicht gehalten ist, der erneuten Überprüfung durch das Vormundschaftsgericht. III. Differenzierung nach dem Inhalt der Vertragsänderung Der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen darf bei eigener Gesellschaftsbeteiligung ohne Verstoß gegen das Verbot des § 181 BGB an solchen Vertragsänderungen zugleich im eigenen Namen und im Namen des Mindeijährigen mitwirken, die diesem lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen, so daß insoweit auf das Erfordernis einer Pfegerbestellung nach § 1909 BGB verzichtet werden kann. 67 In diesen Fällen ist das Vertretungsverbot des § 181 BGB seinem Normzweck nach unanwendbar, da hier die Gefahr eines Interessenwiderstreits, dem die Vorschrift wirksam begegnen möchte, ausgeschlossen werden kann. 68 Obwohl zwischen dem Akt der Bestellung eines Ergänzungspflegers und dem einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung grundsätzlich scharf getrennt werden muß 69 , fragt es sich, ob bei solchen Vertragsänderungen, die die Stellung des Mindeijährigen nicht berühren oder ihn ausschließ-

67

Vgl. allgemein zu dieser Ausnahme von § 181 BGB im Wege der Normenrestriktion Hübner, S. 139 ff. 68

BGHZ 59, 240; Palandt / Heinrichs, § 181, Rdnr. 9.

69

Staub / Ulmer, § 105, Rdnr. 83.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

249

lieh begünstigen, in gleicher Weise ausnahmsweise auch auf das Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung verzichtet werden kann. 70 Eine Abgrenzung nach der inhaltlichen Bedeutung der Vertragsänderung führt jedoch auf den ersten Blick zu einer unerwünschten und dem Mindeijährigeninteresse nicht dienlichen differenzierenden Einzelfallbetrachtung bereits im Vorfeld der Genehmigung. Dem Vormundschaftsgericht obliegt gerade die Prüfung eines bestimmten Vertragsinhalts nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Die Beurteilung, ob die jeweilige Vertragsänderung für den Minderjährigen ungefährlich oder sogar vorteilhaft ist, ist eine Frage der Genehmigungsfähigkeit, die zum Schutz des Minderjährigen allein dem Vormundschaftsgericht vorbehalten bleibt und von der hier behandelten Frage der Genehmigungspflicht streng zu unterscheiden ist. 71 Diese Kontrollfunktion des Vormundschaftsgerichts würde aber obsolet, wenn für den Minderjährigen ungefährliche oder vorteilhafte Vertragsänderungen nicht erst vom Vormundschaftsgericht zu genehmigen, sondern von vornherein als nicht genehmigungspflichtig eingeordnet werden. Die Frage der Genehmigungspflicht eines Rechtsgeschäfts ist vielmehr stets danach zu beantworten, ob das Geschäft unabhängig von seiner konkreten Ausgestaltung seiner Art nach die das Genehmigungserfordernis rechtfertigende spezifische Gefährdungssituation mit sich bringen kann. Daher darf die Frage, ob die jeweilige Änderung für den Minderjährigen ungefährlich oder sogar ausschließlich günstig ist, nicht darüber entscheiden, ob das Gericht überhaupt eingeschaltet wird, zumal das Vormundschaftsgericht die Genehmigung in den Fällen begünstigender und / oder gefahrloser Vertragsänderungen ohne weiteres erteilen wird. Es ist auch bereits zweifelhaft, ob Vertragsänderungen denkbar sind, bei denen eine Benachteiligung des Minderjährigen völlig ausgeschlossen ist oder die für diesen sogar ausschließlich lediglich vorteilhaft sind. Selbst Haarländer 72 gibt zu, daß sich bei der Frage, welche Vertragsänderung den Minderjährigen begünstigt oder welche seine Position überhaupt nicht berührt, im Einzelfall gewisse Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben können. Es gelingt ihm aber nicht, diese Bedenken überzeugend auszuräumen, wenn er im Interesse einer sachgerechten Lösung strenge Anforderungen stellen und nur solche Änderungen als genehmigungsfrei behandeln möchte, die für den Minderjährigen in vermögensrechtlicher oder persönlicher Hinsicht

70

Dafür Haarländer, S. 2, 7.

S. 130 ff., 134; a.A. Knopp, BB 1962, S. 939, 942; Stöber, Rpfleger 1968,

71

Vgl. Grube, Rpfleger 1990, S. 67.

72

Haarländer,

S. 135.

Β. Hauptteil

250

klar erkennbar vorteilhaft sind. 73 In diesem Zusammenhang könnte wohl an die Erhöhung des dem Minderjährigen zustehenden Gewinnanteils oder seines Stimmrechts gedacht werden. Solche Vertragsänderungen kommen aber in der Regel nicht isoliert vor. 74 So kann eine durch die Vertragsänderung bewirkte Verbesserung seiner Rechtsstellung gleichzeitig an anderer Stelle mit einer für den Mindeijährigen nachteiligen Vermehrung seiner Gesellschafterpflichten korrespondieren. Das kann z.B. gegeben sein, wenn mit der Erhöhung seines Gewinnanteils zugleich eine Erhöhung der Beitragspflicht oder eine erhöhte Verlustbeteiligung verbunden ist. In den meisten Fällen führt die Vertragsänderung zudem nicht nur zu einer einseitigen Bessserstellung des Mindeijährigen, sondern gleichfalls zu einer Begünstigung der Mitgesellschafter. 75 In diesen Fällen kann aber nicht mehr von einer ausschließlich für den Minderjährigen vorteilhaften und günstigen Vertragsänderung die Rede sein. Andererseits ist fraglich, ob solche Vertragsänderungen denkbar sind, die die Position des Minderjährigen weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht berühren und daher für ihn völlig ungefährlich sind. Eine Änderung der Rechtsstellung eines Gesellschafters, die den Minderjährigen anscheinend überhaupt nicht oder nur mittelbar betrifft, ist regelmäßig nur auf seine Kosten möglich. Das ist darauf zurückzuführen, daß im gesellschaftsvertraglichen Bereich generell die Gefahr eines Interessengegensatzes besteht und sich daher die jeweiligen Interessen der Gesellschafter an einer für sie möglichst günstigen Vertragsgestaltung regelmäßig widersprechen. 76 Selbst Änderungen des Gesellschaftszwecks 77 können daher die Interessen des Mindeijährigen berühren. Wenngleich es sich hierbei um eine Vertragsänderung handelt, durch die primär die gemeinsamen Gesellschaftsinteressen berührt werden 7 8 , so kann hierdurch doch zugleich auch das Eigeninteresse des einzelnen Gesellschafters betroffen sein. So kann infolge einer solchen Änderung des Gesellschaftsvertrages z.B. das Interesse des Minderjährigen an der gesellschaftlichen Beteiligung gänzlich entfallen. Eine Differenzierung nach dem Inhalt der Vertragsänderung birgt mithin die Gefahr, daß nicht mit Sicherheit beurteilt werden könnte, ob eine für den Minderjährigen nachteilige und deshalb genehmigungsbedürftige oder eine vorteilhafte

73

Haarländer,

74

Knopp, BB 1962, S. 939, 942; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7; Fastrich,

S. 135. S. 34.

75

So auch Knopp, BB 1962, S. 939, 942; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7.

76

Vgl. Fastrich,

77

Insbesondere „Zweckänderungen" wie Fortsetzungs- oder Auflösungsbeschluß, vgl. § 6 II 4.

78

Fastrich,

S. 34; ferner o. § 4 I I I 2 b; § 8 III 3 b cc (2); § 8 IV 1.

S. 34.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

251

und damit genehmigungsfreie Vertragsänderung vorliegt. Somit könnte auch der gesetzliche Vertreter häufig nicht beurteilen, ob er eine geplante Vertragsänderung dem Vormundschaftsgericht zur Genehmigung vorlegen müßte. Daher besteht die Gefahr, daß er eine an sich genehmigungsbedürftige Vertragsänderung nicht genehmigen läßt, da er irrig davon ausgeht, die Änderung berühre das Interesse des Minderjährigen nicht, so z.B. bei Vertragsänderungen, die den Minderjährigen nur mittelbar berühren, wie Änderungen in der Geschäftsführung und Vertretung, wenn der Minderjährige nur Kommanditist ist. Unterstellt man hingegen auch solche Änderungen des Gesellschaftsvertrages generell der Genehmigungspflicht, so ist der gesetzliche Vertreter gehalten, diese unabhängig vom konkreten Inhalt dem Gericht vorzulegen, so daß sich auf diese Weise auch im Interesse des Rechtsverkehrs nichtige Vertragsänderungen vermeiden lassen. Die Genehmigungsbedürftigkeit einer Vertragsänderung unabhängig von ihrem konkreten Inhalt entspricht damit sowohl den Interessen des Minderjährigen als auch denen des Rechtsverkehrs.

IV. Vertragsänderungen eines genehmigungsfrei eingegangenen Gesellschaftsvertrages Es bleibt weiterhin zu prüfen, ob eine Änderung des Gesellschaftsvertrages auch dann der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, wenn der Minderjährige genehmigungsfrei in die Gesellschaft eingerückt ist. Der Hauptanwendungsfall eines genehmigungsfreien Gesellschaftsbeitritts ist der auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 79 z.Zt. noch genehmigungsfreie Eintritt des minderjährigen Erben in die Personengesellschaft im Wege der Nachfolgeklausel gem. § 139 HGB. 8 0 / 8 1 Um einen genehmigungs-

79

BVerfGE 72, 155 ff.

80

KG JW 1933, 118; BGHZ 55, 267; BGH W M 1972, 1368, 1370; BGH W M 1987, 1161; Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 21; Soergel / Wolf, § 2032, Rdnr. 17; M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 17, 23; Palandt / Edenhof er, § 1922, Rdnr. 16. 81

Da sich die als verfassungswidrig beurteilte Haftungslage auch ergibt, wenn ein Gesellschaftsanteil in den Nachlaß fällt, erwägt Hüffer, ZGR 1986, S. 602, 650 / 651 für die Übergangszeit bis zur Neuregelung eine Beschränkung der Haftung des minderjährigen Gesellschaftererben auf den Nachlaß nach dem Vorbild der erbrechtlichen Regelungen. Nach Soergel / Damrau, § 1822, Rdnr. 13, haftet der Mindeijährige z.Zt. ohnehin von Verfassungs wegen nur beschränkt. M K / Schwab, § 1822, Rdnr. 23, schlägt zum Schutz des Mindeijährigen die Einführung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung durch die entsprechende Ergänzung des § 139 HGB vor. Erman / Holzhauer, § 1822, Rdnr. 9 u. 12, erwägt, in Konsequenz zu der Entscheidung des BVerfG nunmehr jeden, auch den unetgeltlichen Erwerb eines Erwerbsgeschäfts dem Erfordernis

252

Β. Hauptteil

freien Gesellschaftsbeitritt handelt es sich aber auch dann, wenn der minderjährige Erbe eines persönlich haftenden Gesellschafters aufgrund des Gesellschaftsvertrages mit dem Erbfall automatisch Kommanditist werden soll, da auch in diesem Fall der Erbe unmittelbar im Wege der Erbfolge und nicht durch Abschluß eines Gesellschaftsvertrages in die Gesellschafterstellung einrückt. 82 Diese Vertragsänderungen könnten als notwendige Konsequenz der genehmigungsfrei eingegangenen Bindung hinzunehmen sein.83 Dieses Ergebnis ist jedoch mit dem verfassungsrechtlichen Gebot des Minderjährigenschutzes unvereinbar. Zum Schutz des Minderjährigen müssen Vertragsänderungen grundsätzlich auch dann dem Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB unterliegen, wenn die Beteiligung des Minderjährigen an einer Gesellschaft genehmigungsfrei begonnen wurde. 84 Es darf insoweit keinen Unterschied machen, ob dieser genehmigungspflichtig oder eben genehmigungsfrei in die Gesellschaft eingerückt ist. Die genehmigungsfreie Beteiligung an der Gesellschaft rechtfertigt hier nicht die unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der Genehmigungsbedürftigkeit, da diese Änderungen in gleicher Weise die Interessen des Minderjährigen berühren können wie die Änderungen eines bereits ursprünglich genehmigungspflichtigen Gesellschaftsvertrages. An dieser Stelle überzeugt das Argument Stöbers 85, der zu Recht bemerkt, daß das Genehmigungserfordernis nach § 1821 BGB nicht bereits deshalb entfalle, weil der Minderjährige durch Erbfolge Miteigentümer eines Grundstücks geworden sei. Es darf auch nicht darauf abgestellt werden, ob die Mitgesellschafter die nun erforderliche Genehmigung jeder Änderung eines bisher nicht genehmigten Vertrages als Belastung empfinden. Wer mit einem Minderjährigen in Vertragsbeziehungen tritt, weiß, daß er zum Schutz des Minderjährigen besonderen Regeln unterworfen ist. Somit können die Gesellschafter nicht darauf vertrauen,

einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB zu unterwerfen. Hiernach wäre auch der Erwerb einer Mitgliedschaft aufgrund einer Nachfolgeklausel als dem Erwerb eines Geschäfts im Ganzen gleichzusetzender Erwerb eines Geschäftsanteils nach § 1822 Nr. 3 l.Alt. BGB genehmigungsbedürftig. Dieser Lösungsvorschlag widerspricht aber dem Wortlaut dieses Genehmigungtatbestandes, der nur den „entgeltlichen" Erwerb eines Erwerbsgeschäfts der Genehmigungspflicht unterstellen will. 82

Zu dieser im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Möglichkeit vgl. Heymann / Emmerich, § 139, Rdnr. 38. 83

So Knopp, BB 1962, S. 939, 942; Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127; a.A. Klüsener, Rpfleger 1990, S. 321, 327. 84

Zweifelnd Hueck, S. 65, Fn. 43 a.E.

85

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5 / 6.

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

253

daß sie mit dem Erben einen Änderungsvertrag in der gleichen Form abschließen können wie mit dem ursprünglichen Gesellschafter. 86 Als genehmigungsbedürftige Vertragsänderung einer genehmigungfrei eingegangenen Beteiligung gilt daher auch die Einräumung der Kommanditbeteiligung innerhalb der Dreimonatsfrist. Hier könnte es sich nur dann um einen freien Vollzug der genehmigungsfrei begonnenen Beteiligung handeln, wenn diese Änderung des Gesellschaftsvertrages auf einem Umwandlungsbeschluß der Mitgesellschafter beruht, an dem der Minderjährige nicht beteiligt ist. Insoweit betrachtet Badewitz 87 die Genehmigungsfreiheit dieser „Vertragsänderung " auch aus der Sicht des Minderjährigenschutzes als gerechtfertigt. Nach seiner Auffassung wollte § 139 HGB zum Schutz des Erben diesem die Möglichkeit geben, die persönliche Haftung des Gesellschafters auszuschließen. Wenn aber der Minderjährige die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erlangen könne, so sei es unbedenklich, ihm die für ihn weniger gefährliche Kommamditbeteiligung genehmigungsfrei einzuräumen. 88 Um eine genehmigungspflichtige Vertragsänderung handele es sich jedoch dann, wenn der Minderjährige nach Ablauf der Dreimonatsfrist die Einräumung einer Kommanditistenstellung begehre, da er in diesem Fall an der Vertragsänderung aktiv beteiligt sei. Dieser Differenzierung kann schon deshalb nicht gefolgt werden, da es sich bei der Einräumung der Kommanditbeteiligung nach hier vertretener Ansicht sowohl innerhalb als auch nach Ablauf der Dreimonatsfrist immer um eine rechtsgeschäftliche Vertragsänderung unter Mitwirkung des Minderjährigen handelt.89 Eine Ausnahme soll auch in diesem Fall für solche Vertragsänderungen gelten, die im Gesellschaftsvertrag inhaltlich festgelegt und zu deren Vornahme die Gesellschafter verpflichtet sind oder die durch Mehrheitsbeschluß unter Überstimmung des Minderjährigen vorgenommen werden können. Der Schutz des Minderjährigen könne hier nicht weiter gehen, als in den Fällen, in denen derartige Änderungen als mitgenehmigter Vollzug des ursprünglich genehmigungsbedürftigen Vertrages behandelt werden. 90 Diese Auffassung stößt auf Bedenken. In den Fällen des mitgenehmigten Vollzugs eines genehmigungs-

86

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 5 / 6.

87

Badewitz., S. 34, 35.

88

Badewitz, S. 35.

89 Vgl. u. § 7 II 2 b cc, da der Antrag des Mindeijährigen zusammen mit Annahme durch die Mitgesellschafter als Gesellschaftsvertrag zu weiten ist. 90

Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 7; Knopp, BB 1962, S. 939, 943.

254

Β. Hauptteil

Pflichtigen Gesellschaftsvertrages konnte das Gericht den Inhalt der Mehrheitsklausel sowie den Inhalt der vorgesehenen Vertragsänderung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Minderjährigeninteresse überprüfen und auf diese Weise die vormundschaftsgerichtliche Kontrolle zum Schutz des Minderjährigen sicherstellen. Dagegen kann der Aspekt der Mitgenehmigung in diesem Fall nicht eingreifen, da der Gesellschaftsvertrag dem Gericht zunächst nicht zur Genehmigung vorgelegt werden mußte. Dennoch wird man im Ergebnis die Genehmigungsfreiheit dieser Vertragsänderungen als notwendige Konsequenz der genehmigungsfrei eingegangenen Gesellschaftsbeteiligung hinnehmen müssen. Da sowohl die Mehrheitsklausel als auch die im Gesellschaftsvertrag bereits festgelegten Vertragsänderungen wirksame Bestandteile des genehmigungsfreien Vertrages geworden sind, erübrigt sich die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, da sie diese Vertragsänderungen als Vollzug des genehmigungsfreien Gesellschaftsvertrages ohnehin nicht verhindern könnte.

V. Differenzierung nach der Bedeutung der Vertragsänderung Unzulässig ist es nach nahezu einhelliger Ansicht, die Genehmigungspflicht einer Vertragsänderung davon abhängig zu machen, ob der Vertrag in einem „wesentlichen" Punkt geändert wird oder ob es sich hierbei um eine „echte" Vertragsänderung handelt.91 Wenngleich einige Vertreter im Schrifttum 92 den Vorteil dieser Beschränkung der Genehmigungsbedürftigkeit darin sehen, daß einerseits der Minderjährige hinreichend geschützt sowie andererseits das Vormundschaftsgericht ausreichend entlastet werde, begegnet diese Ansicht im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Abgrenzungsprobleme jedoch erheblichen Bedenken. Eine Differenzierung nach der Bedeutung der Vertragsänderung wäre nur dann möglich, wenn eine klare Abgrenzung zwischen „wesentlichen" bzw. „echten" und „unwesentlichen" Änderungen getroffen werden könnte. 93 Das aber wirft die Frage auf, welche Vertragsänderungen als „wesentlich" bezeichnet werden können. Sollen hiervon sämtliche Änderungen des Gesellschafterbestandes erfaßt werden oder gilt dies nur für den Eintritt neuer Gesellschafter,

91 BGHZ 38, 26 ff.; Stöber, Rpfleger 1968, S. 2, 6; Knopp, BB 1962, S. 939, 942; Winkler, ZGR 1973, S. 177, 197; Wiedemann , S. 250, 251; Gernhuber, § 52 V 6; Nagel, S. 131; Brüggemann, FamRZ 1990, S. 5, 124, 127. 92

Merkel, BB 1963, S. 455, 456; Beitzke, JR 1963, S. 182, 183; Heymann / Kotier, Anm. 1; Ruppel, S. 30, 66 / 67, 103. 93

Nagel, S. 131.

§ 105,

§ 9 Genehmigungsfreie Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses

255

während der Gesellschafteraustritt hiervon auszunehmen ist? Unterfallen diesem Kriterium ferner im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehene Beteiligungsänderungen, die Änderung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis oder des Gesellschaftszweckes, sowie Änderungen der Gesellschaftsform? Da sich diese Fragen nicht ohne Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaft beantworten lassen, ist die Aufstellung allgemeingültiger Kriterien zur Bestimmbarkeit der „Wesentlichkeit" einer Vertragsänderung nicht möglich. Die Einstufung einer Änderung des Gesellschaftsvertrages als „wesentlich" oder „unwesentlich" kann vielmehr immer nur nach den Verhältnissen des konkreten Einzelfalls erfolgen. Diese Differenzierung führt damit wieder in die unerwünschte Abhängigkeit des Genehmigungserfordernisses von den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls. Damit aber wird wiederum bereits im Vorfeld des eigentlichen Genehmigungsverfahrens von den Gesellschaftern eine Entscheidung verlangt, die nicht, wie die Rechtsprechung und das überwiegende Schrifttum meinen, in erster Linie zur Wahrung der Rechssicherheit, sondern vor allem zum Schutz des Minderjährigen gerade dem Vormundschaftsgericht überlassen werden muß. Da aber die Gesellschafter mit der Bewertung der jeweiligen Vertragsänderung als „wesentlich" oder „unwesentlich" überfordert sein dürften, werden sie die vorgesehenen Änderungen im Zweifel letztlich doch dem Vormundschaftsgericht vorlegen, um eine unwirksame Vertragsänderung zu vermeiden. Aber auch das angerufene Vormundschaftsgericht würde bei dem Versuch, eine Vertragsänderung als „wesentlich" oder „unwesentlich" zu qualifizieren, mangels konkreter Abgrenzungskriterien vor eine kaum zu lösende Aufgabe gestellt. Insoweit ist die Differenzierung nach der Bedeutung der Vertragsänderung aus den gleichen Gründen unzulässig wie eine Abgrenzung nach dem Inhalt der jeweiligen Vertragsänderung.

VI. Zusammenfassung Von der Genehmigungspflicht in analoger Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auszunehmen sind daher ausschließlich solche Vertragsänderungen, die im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag bereits inhaltlich genau festgelegt waren und zu deren Vornahme die Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet sind sowie solche Änderungen, die laut Gesellschaftsvertrag durch Mehrheitsbeschluß vorgenommen werden können; mithin solche Vertragsänderungen, die als bereits „mitgenehmigt" angesehen werden können. Durch diese Abgrenzung wird sowohl dem Minderjährigenschutz als auch den Interessen des Rechtsverkehrs entsprochen und gleichzeitig eine hinreichend klare Abgrenzung

256

Β. Hauptteil

der genehmigungsfreien von den genehmigungspflichtigen Vertragsänderungen erreicht, die auch mit der für die §§ 1821, 1822 BGB entwickelten Auslegungsregel der „formalen Abgrenzung" vereinbar ist.

C. Schluß § 10 Zusammenfassung und Ergebnis 1. Die Beteiligung eines Minderjährigen an einer Personengesellschaft, insbesondere an einer Familiengesellschaft, kann nach den einleitenden Ausführungen dieser Untersuchung aus den unterschiedlichsten Gründen, vor allem aber zur Vorbereitung der Unternehmensnachfolge erfolgen. Gleichfalls zwingen veränderte Verhältnisse innerhalb einer Personengesellschaft die Gesellschafter oftmals zur Vornahme von notwendigen Änderungen des bestehenden Gesellschaftsvertrages. Insoweit erweist sich die Frage nach der Einführung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungspflicht für nachträgliche Vertragsänderungen unter der Mitwirkung eines Minderjährigen insbesondere auf der Grundlage der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als eine nach wie vor sehr praxisrelevante Problematik aus dem gesamten Bereich des Minderjährigenschutzes. Die Ausgangsfrage lautete daher, ob sich eine Genehmigungspflicht in unmittelbarer oder analoger Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB ableiten läßt. 2. Aus einer unmittelbaren Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB läßt sich eine Genehmigungspflicht für die Mehrzahl der untersuchten Fallgruppen rechtsgeschäftlicher Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht ableiten. Zwar werden auch Vertragsänderungen durch die „Eingehung eines Gesellschaftsvertrages" verwirklicht. Doch werden diese Änderungsverträge oder -beschlüsse in der Regel nicht „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" abgeschlossen. Eine Genehmigungspflicht im Wege einer direkten Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB läßt sich daher nur für die Fortführung einer BGB-Gesellschaft unter Verfolgung eines Erwerbszweckes, die Fortsetzung einer Personengesellschaft nach zwischenzeitlicher Gesellschaftsauflösung und für die Gesellschaftsumwandlung einer Kapitalgesellschaft sowie einer stillen Gesellschaft in eine Personengesellschaft im Wege einer übertragenden Umwandlung bejahen. 3. Die Genehmigungspflicht ergibt sich aber für die folgenden Fallgruppen aus einer analogen Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB: — Änderungen im Mitgliederbestand — Beteiligungsumwandlungen 17 Hilsmann

258

C. Schluß

— Sonstige Beteiligungsänderungen (d.h. Änderungen der Mitgliedschaftsrechte und -pflichten) — Änderungen der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse — Auflösung der Personengesellschaft a. Die Erweiterung des Genehmigungskataloges der §§ 1821, 1822 BGB im Wege einer Analogie ist grundsätzlich zulässig. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts läßt sich die Auffassung von der Analogieunfähigkeit dieser Genehmigungstatbestände nicht mehr aufrechterhalten. Der Genehmigungskatalog ist lediglich durch ein Induktionsverbot, nicht hingegen durch ein Analogieverbot gesperrt. Insoweit ist eine Analogie unter der Voraussetzung zulässig, daß der nicht ausdrücklich gesetzlich geregelte Tatbestand nach Art, Bedeutung und Gefährdungsintensität einer der gesetzlichen Enumerationen gleichgestellt werden kann. b. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf rechtsgeschäftliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages sind gegeben. Weder der Umstand, daß bestimmte Vertragsänderungen einen anderen Genehmigungstatbestand erfüllen können, noch die Erwägungen der sich gegen eine Genehmigungspflicht bei Vertragsänderungen aussprechenden Stimmen in der Rechtsprechung und Rechtslehre können der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke für Änderungen des Gesellschaftsvertrages entgegenstehen. Auch der Schutzzweck des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB erzwingt die Einbeziehung der Vertragsänderungen in den Kreis der nach dieser Vorschrift genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte. Der mit § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB bezweckte Schutz des Minderjährigen vor den mit einer Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Gefahren läßt sich nur erreichen, wenn das Genehmigungserfordernis auch auf Änderungen des Gesellschaftsvertrages ausgedehnt wird. Schließlich entsprechen sich aus der Sicht des minderjährigen Gesellschafters auch die Interessenlagen bei der Begründung und Änderung des Gesellschaftsverhältnisses. Beide gesellschaftlichen Vorgänge erfolgen durch den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages (§§ 305, 705 BGB). Auch hinsichtlich der dem Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB immanenten spezifischen Gefährdungssituation sind die Begründung und die Änderung des Geselslchaftsverhältnisses gleich zu behandeln, da die von § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB geschützten Vermögensinteressen des Minderjährigen durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages in gleicher Weise wie durch den Neuabschluß eines Gesellschaftsvertrages beeinträchtigt und gefährdet werden können.

§ 10 Zusammenfassung und Ergebnis

259

4. Nach alldem bleibt festzuhalten, daß die Berücksichtigung des vorrangigen Minderjährigenschutzes die Anwendung des in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB normierten Genehmigungserfordernisses über den Gesetzeswortlaut hinaus grundsätzlich auch auf rechtsgeschäftliche Änderungen eines zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangenen Gesellschaftsvertrages erzwingt. Nur auf diese Weise läßt sich die Prüfungs- und Sicherungsfunktion der zu Beginn der gesellschaftlichen Beteiligung des Minderjährigen erteilten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gewährleisten. Ausnahmen hiervon sind mit Rücksicht auf das Gebot der formalen Abgrenzung nur in solchen Fällen zulässig, in denen die Vertragsänderung bereits im ursprünglichen Vertrag angelegt war und zu deren Mitwirkung der Minderjährige daher nach dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet ist. Ferner sind solche Änderungen genehmigungsfrei, die durch Mehrheitsbeschluß zugelassen sind, und bei denen die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Mehrheitsklausel den Anforderungen der Inhaltskontrolle standhält. Hierbei handelt es sich um eng begrenzte Ausnahmefälle, in denen die jeweilige Vertragsänderung als „mitgenehmigt" bezeichnet werden kann. 5. Als Ergebnis bleibt damit abschließend festzuhalten, daß sich das in § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB für die Eingehung von Gesellschaftsverträgen vorgesehene Genehmigungserfordernis auch auf nachträgliche Änderungen dieser Verträge erstreckt. Im Hinblick auf den Grundgedanken der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach dem nunmehr dem Minderjährigenschutz der Vorrang vor etwaigen Interessen des Rechtsverkehrs einzuräumen ist, ist die von der Gegenmeinung im Interesse des Rechtsverkehrs befürwortete Genehmigungsfreiheit von Vertragsänderungen mit Rücksicht auf einen effektiven Minderjährigenschutz nicht mehr aufrechtzuerhalten. Insoweit trifft die eingangs dargelegte Aussage, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts habe Auswirkungen auf den gesamten Bereich der elterlichen und vormundschaftsgerichtlichen Vermögenssorge auch im Bereich der Änderungen eines Gesellschaftsvertrages unter Mitwirkung eines Minderjährigen zu. Daß hierdurch möglicherweise die unternehmerische Beteiligung des Minderjährigen beeinträchtigt wird, da die übrigen Gesellschafter eine so umfassende vormundschaftsgerichtliche Kontrolle und damit eine Gesellschaftsbeteiligung des Minderjährigen als Belastung empfinden, muß ebenso hingenommen werden, wie gewisse damit für die Führung der Gesellschaft verbundene Erschwerungen. 6. Auf Dauer ist im Interesse des Minderjährigenschutzes und zur Beseitigung der Unsicherheiten in diesem Bereich die ausdrückliche Aufnahme der Änderungen des Gesellschaftsvertrages in den Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 BGB durch eine Ergänzung des bisherigen Wortlautes zu empfehlen. 17'

260

C. Schluß

Solange der Gesetzgeber jedoch ein Bedürfnis für eine solche gesetzgeberische Neuregelung verneint, ist zum Schutz des minderjährigen Gesellschafters die analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 2.Alt. BGB auf nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages geboten.

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