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English Pages 86 [90] Year 2016
Immacolata Amodeo / Christiane Liermann Traniello Fulvio Longato / Hans Vorländer (Hg.)
Migration, Demokratie, Menschenrechte B A ND 9 Franz Steiner Verlag
V IL L A V IGONI IM GE SPR ÄCH
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CENTRO ITALO-TEDESCO PER L‘ECCELLENZ A EUROPEA DEUTSCH-ITALIENISCHES ZENTRUM FÜR EUROPÄISCHE EXZELLENZ
Impulse – Villa Vigoni im Gespräch Band 9 Herausgegeben von Immacolata amodeo
migration, demokratie, menschenrechte Herausgegeben von Immacolata amodeo, christiane liermann traniello, Fulvio longato und Hans Vorländer
Franz Steiner Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-515-10363-3 (Print) ISBN 978-3-515-11066-2 (E-Book) Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2016 Einbandgestaltung: deblik, Berlin Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Printed in Germany
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Immacol ata amodeo, cHRIStIaNe lIeRmaNN tRaNIello Einführende Überlegungen Immacolata amodeo Literarische Stimmen – Voci Letterarie: Kaha Mohamed Aden und Abbas Khider BaRBaRa HeNRY Valori comuni, valori diversi? Una sfida per le democrazie
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FUlVIo loNGato Interkulturelle Verständigung und Anerkennung. Philosophische Ansätze zur Migration
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laURa GaRaVINI Rapporto tra migrazioni, democrazia e diritti umani: Osservazioni. Una testimonianza sul duplice versante italo-tedesco
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maNUela de maRco Le asimmetrie dell’integrazione
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RoBeRto alBoRINo Deutschland: Einwanderung mit Hindernissen
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eNNIo codINI La cittadinanza e l’immigrazione. Idee per una nuova disciplina italiana
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UlRIcH FaSteNRatH Ausländerstatus und Staatsbürgerschaft im deutschen Recht
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RUPeRt GRaF StRacHWItZ Der Staatsbürger: Eine Fiktion. Kollektivität im 21. Jahrhundert
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Die Autorinnen und Autoren
Inhalt
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Inhalt
einführende Überlegungen He ain’t heavy, he is my brother [...] his welfare is my concern THE HOLLYS 199 Die aktuellen Entwicklungen in Europa und in der Welt machen auf dramatische Weise deutlich, dass Migration allgegenwärtig und zugleich schwer zu fassen ist. Das gilt für die immense Zahl von Menschen, die sich entscheiden, ihre Heimat zu verlassen, für die vielfältigen Migrationsgründe, für die riesigen Strecken, die jene, die auf der Flucht sind, manchmal zurücklegen, die kulturellen Unterschiede der Betroffenen, die unterschiedlichen Erwartungen und Ängste. Vor diesem Hintergrund erhalten die Beiträge des Vigoni-Forums von 2012 eine damals ungeahnte Aktualität und Dringlichkeit. »Migration, Demokratie, Menschenrechte« lautete der Titel des Vigoni-Forums, und unter diesem Titel möchten wir die Beiträge mit der vorliegenden Publikation einem größeren Kreis zugänglich machen. Jeweils im Sommer wird ein »Forum« vom Deutsch-Italienischen Zentrum für Europäische Exzellenz Villa Vigoni ausgerichtet. Diese Treffen bieten die Gelegenheit, über ein großes, die Gesellschaft mehr denn je bewegendes Thema in einer deutsch-italienischen Perspektive zu diskutieren. Wissenschaft ler und Vertreter der gesellschaftlichen und kulturellen Praxis kommen zusammen. Interessierte Bürger sind willkommen und eingeladen, sich an der Debatte zu beteiligen. Das Thema der Migration stellte bereits zuvor einen Schwerpunkt dar, dem diverse Veranstaltungen gewidmet waren; nicht zuletzt galt ihm 2011 ein Symposium in Rom aus Anlass des fünfundzwanzigjährigen Bestehens des Deutsch-Italienischen Zentrums Villa Vigoni. Der Umstand, dass das Vigoni-Forum des Jahres 2012 und der folgenden Jahre dieses Thema weiter vertieft hat, ist der Erkenntnis geschuldet, dass man es hier tatsächlich mit einer der größten Herausforderungen der Gegenwart zu tun hat: von universaler Relevanz, theoretisch wie praktisch, ökonomisch wie philosophisch, kulturell wie juristisch, geopolitisch, demographisch wie sozialethisch. Migration ist kein zufälliger Polit-Issue, sondern ein buchstäblich weltbewegendes Phänomen von einer Tragweite, die keinen gesellschaft lichen Bereich unberührt lässt. Sie ist so allgegenwärtig und facettenreich, dass sich nicht nur Vertreter der Wissenschaft oder Operateure aus den unterschiedlichen administrativen und karitativen Institutionen dazu äußern sollten, sondern dass es zwingend notwendig scheint, die Erfahrung von Migration selbst zur Sprache zu bringen. Dass dies durch die Präsentationen der Autoren Kaha Mohamed Aden und Abbas Khider gelungen ist, macht den vorliegenden Band außergewöhnlich, denn neben wissenschaft lichen Aufsätzen und Berichten aus der Praxis finden sich darin auch Interviews mit den beiden Schriftstellern. Kaha Mohamed Aden ist somalischer Herkunft und schreibt auf Italienisch, Abbas Khider stammt aus dem Irak und schreibt auf Deutsch. Der Leser hat es also mit einem Sammelband ganz eigener Art zu tun, der verschiedene Perspektiven, Textgattungen und Sprachen zusammenführt. Er spiegelt damit
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eine fundamentale Annahme, die gewissermaßen das Apriori des Vigoni-Forums bildet. Es besagt, dass das Thema der Migration so komplex und vernetzt ist, dass es überhaupt nur multiperspektivisch angemessen behandelt werden kann, denn kein Blickwinkel besitzt einen privilegierten Zugriff, es gibt auf keiner Seite und in keiner Fachdisziplin eine überlegene Kompetenz oder einen Vorsprung in dieser Materie. Wie wenige andere lehrt sie demokratisches Hinschauen und Zuhören. Eine zweite Grundannahme leitete die Gespräche: die Überzeugung, dass gerade ein gekreuzter deutsch-italienischer Blick auf das große Thema erhellend ist. Der komparatistische Ansatz verstärkt nämlich noch einmal den notwendigen Eindruck der Komplexität und Vielschichtigkeit und schützt vor simplifizierenden Antworten. Zu den komparatistischen Ausgangsüberlegungen hier nur knapp ein paar Stichworte: Obwohl Deutschland durchaus eine Armutsauswanderung gekannt hat, ist das öffentliche Bewusstsein der Bürger eher von der Vorstellung geprägt, dass Deutschland ein Land sei, in das Menschen einwandern. Geradezu zum Geschichtsmythos ist die große Welle polnischer und italienischer Einwanderer im Verlauf des 19. Jahrhunderts geworden, die an den Straßen, Brücken und Eisenbahnen mitgebaut haben, denen sich der Aufstieg des Ruhrgebiets und anderer Schwerindustriestandorte in Deutschland verdankte. Arbeitskräfte aus dem Ausland wurden in der deutschen Geschichte oft gebraucht, sei es als Spezialisten, sei es als einfache Arbeiter. Dennoch wollte die Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg bekanntlich lange Zeit nicht als »Einwanderungsland« gelten, wenngleich sie faktisch über Jahrzehnte Einwanderung initiiert und erlebt hat. Auch die DDR war auf ihre Weise mit dem Phänomen Einwanderung konfrontiert. Jedenfalls fand seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts nach Deutschland eine starke Zuwanderung durch die Arbeitsmigration aus den Ländern Süd- und Osteuropas und der Türkei und zunehmend auch aus Afrika und Asien statt. In beiden deutschen Staaten zeigte sich nicht nur der Arbeitsmarkt interessiert an Kräften aus dem Ausland, auch die Kultur gab sich offen für Einflüsse von außen, übernahm künstlerische Stile, Strömungen und Impulse, die nicht »autochthon« waren. Eine solche Assimilationsbereitschaft stand in einer langen Tradition. Es sei nur daran erinnert, dass im 18. Jahrhundert viele gebildete Deutsche Französisch sprachen und auf Französisch schrieben. Eine ähnliche Dialektik sieht man im Fall Italiens. Für Italien lässt sich sagen, dass hier im kollektiven Bewusstsein die Auswanderungserfahrung dominiert. Italiener sind zu Millionen innerhalb des Landes von Süden nach Norden gezogen und in großer Zahl in die USA, nach Lateinamerika und nach Kanada ausgewandert, aber auch in andere europäische Länder. Zugleich gilt es festzuhalten, dass die italienische Kultur seit Jahrhunderten eine Hybridkultur par excellence ist. Etrusker, Araber, Griechen, Langobarden – sie und zahllose andere große und kleine Völkerschaften haben das mitgestaltet, was man als »die italienische Kultur« verehrt. In der Gegenwart ist zu beobachten, dass das Land seit geraumer Zeit keinesfalls mehr bloß Urlaubsreiseland oder vorübergehendes Ziel von Bildungsreisenden, Künstlern und Schriftstellern ist, die sich bisweilen etwas sentimental als »Wahlitaliener«
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empfinden. Italien ist vielmehr im Begriff, ein Einwanderungsland zu werden, aus dem aber gleichzeitig weiterhin italienische Bürger auch auswandern. Für Italien wie für Deutschland gilt, dass im Zuge der kontinuierlichen Immigration Kultur, Sprache und Bevölkerung heterogener werden. Sympathisch illustriert wurde diese Tatsache während der Fußball-Europameisterschaft 2012, bei der der erfolgreichste Torschütze der italienischen Nationalmannschaft Mario Balotelli war, dessen Familie aus Ghana stammt und in dessen Italienisch, wenn überhaupt, der Akzent seiner Heimatstadt Brescia durchklingt. Und einer der auff älligsten Spieler der deutschen Nationalmannschaft war Mesut Özil, dessen Familie aus der Türkei kommt und dessen Heimatstadt Gelsenkirchen ist. Aber die zunehmende Immigration hat Konsequenzen, die in Italien wie in Deutschland nicht ohne Weiteres so leicht und spielerisch zu nehmen sind wie die sportlichen Glanzleistungen der beiden Fußballer. Die zeitgenössischen Demokratien sehen sich mit Fragen konfrontiert, auf die es keine leichten Antworten gibt – wobei man allein die Anerkennung der Komplexität der Problematik als eine wichtige Voraussetzung jeder Suche nach einvernehmlichen Lösungswegen betrachten kann. Ein großes Untersuchungsfeld betrifft die Werte, die den Demokratien westlichen Zuschnitts implizit und explizit zugrunde liegen. Wie lässt sich Konsens bezüglich der Frage herstellen, welche Werte, welche Rechte, welche Pflichten allgemeinverbindlich sein müssen und in welchem Umfang Differenz und Diversität möglich sind? Ein weiteres Feld betrifft die soziokulturellen und sozialpsychologischen Aspekte und das Maß an Homogenität/Heterogenität, das eine demokratische Gesellschaft einerseits braucht und andererseits verträgt. Spannend ist, dass es bei diesen Suchbewegungen trotz aller Bemühung um wissenschaft liche Objektivierung selten um neutrale Abstraktionen und Gesetzmäßigkeiten geht, sondern in der Regel um hochemotionale, mit persönlichen Lebenserfahrungen und Empfindlichkeiten verbundene Tabu-Zonen. Die Metaebene von Fragestellungen, Vorannahmen und Narrativen kritisch mit einzubeziehen ist also erforderlich, denn Wörter, Begriffe und Formeln sind gerade im Zusammenhang mit der Migration immer auch Botschaften dessen, was sagbar und was nicht sagbar ist, man denke, im Deutschen, an das in Verruf geratene Wort »Gastarbeiter« oder an die schon fast satirisch verwendete Formel, jemand besitze »einen Migrationshintergrund«. Wenn gut gemeinte Diskriminierungsvermeidung zur Floskel gerinnt, gibt sie sich schnell der Lächerlichkeit preis. Gerade zur Schärfung des Blicks auf Selbstbeschreibungen und Fremdzuschreibungen, die trotz aller guten Absicht vielleicht doch als diskriminierend erlebt werden, ist die sprachliche Sensibilität und autobiographische Reflexion der Schriftsteller, die an dem vorliegenden Band beteiligt sind, besonders wichtig. Ein weiterer Zweig von notwendigen Überlegungen betrifft die Frage nach Integrationsangeboten und Integrationstools, die eine offene, demokratische Gesellschaft bereitstellen kann und muss. Eine solche grundsätzliche Ausrichtung, das Migrationgeschehen nicht sich selbst zu überlassen, auf dass sich der Stärkere schon durchsetze, sondern politisch und organisatorisch irgendwie anzupacken, lebt von der Vorstellung, dass eine Demokratie Konflikten möglicherweise vorbeugt und
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an Stabilität und Zukunftsfähigkeit gewinnt, wenn es ihr im Zeitalter weltweiter Migrationen neu gelingt, Partizipation attraktiv zu machen und einen breiten Konsens bezüglich der Rechte und Pflichten aller ihrer Mitglieder herzustellen. Es ist klar, dass dabei die Frage nach den Rechten im Besonderen auf die staatsbürgerlichen Rechte zielt und die Diskussion weiterführt, ob das Zeitalter der Migrationen eine Neudefinition von »Staatsbürgerschaft« erforderlich macht.
literarische Stimmen – Voci letterarie: Kaha mohamed aden und abbas Khider Die beiden Autoren Kaha Mohamed Aden und Abbas Khider haben im Rahmen des Vigoni-Forums »Migration, Demokratie, Menschenrechte« ihre literarischen Werke präsentiert und standen in einem Interview für Auskünfte zu ihrem Schreiben und Leben zur Verfügung. La scrittrice Kaha Mohamed Aden è nata a Mogadiscio nel 19. Ha lasciato la Somalia, quando suo padre Mohamed Aden Sheikh era prigioniero politico (1982–1988) sotto la dittatura di Siad Barre. Dal 1987 è residente a Pavia. Laureata in Economia presso l’Università di Pavia, ha conseguito un master alla Scuola Europea di Studi Avanzati in Cooperazione e Sviluppo nello stesso ateneo pavese. Ha collaborato alla docenza in Economia dello sviluppo presso il VIS (Volontario Internazionale per lo Sviluppo). Nel Dicembre 2002 è stata insignita del premio San Siro del Comune di Pavia per la sua attività nel campo della mediazione interculturale. Nel 2001 ha pubblicato «I sogni delle extrasignore e le loro padrone» nel libro La Serva Serve: le nuove forme del lavoro domestico di Cristina Morini (Derive/ Approdi). Ha pubblicato articoli sulle riviste Nuovi Argumenti 27 (200), Psiche, (2008); Africa e Mediterraneo 81 (2/201). Ha realizzato diverse performance tra cui «Mettiti nei miei panni» (Pavia, 2003) e «La Quarta Via», da cui è stato tratto un omonimo documentario. Fra-intendimenti (Edizioni Nottetempo, Roma, 2010) è l’opera prima di Kaha Mohamed Aden. È una raccolta di racconti, uniti dal fi lo conduttore del dialogo – non sempre facile – fra culture ed appartenenze diverse. La storia della Somalia, dalla caduta del fascismo italiano alla guerra civile degli anni ‘80 e ‘90, vi è ripercorsa dalla voce narrante dell’autrice, studentessa di economia, immigrata a Pavia, lascia il suo paese nel 198, quando il padre, ex Ministro della Sanità nel governo di Siad Barre, era in carcere per aver denunciato la corruzione e le violenze del potere. Immacolata Amodeo: L’immagine dell’Italia che Lei dipinge nei Suoi racconti non è soltanto positiva: è, da un lato, un’Italia dell’accoglienza, dello studio e delle amicizie, dall’altro lato, un’Italia di colf, collegi repressivi di suore, burocrazie ottuse ed incubi del permesso di soggiorno. In uno dei Suoi racconti spiega come in Italia può essere diverso il trattamento da parte della polizia di una donna in una situazione di difficoltà a seconda se la donna che chiama la polizia è italiana o straniera. Kaha Mohamed Aden: La signora un po’ impaurita, un po’ infastidita chiama la polizia. […] Il poliziotto chiede alla signora «Chi è lei?!» Odio questa domanda, perché ogni volta che un’autorità mi pone questa domanda, sembra che mi dica «Dimostra che sei una brava ragazza!» E la risposta che mi piacerebbe dare è «Per-
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ché dovrei?» Il dialogo tra la polizia e la donna va avanti finché si focalizza sul fatto che lei non ha il permesso di soggiorno. Ci tenevo a non mostrare subito al lettore che questa donna è un’immigrata (il lettore crede che si tratti di una donna italiana, di una normale padrona di casa), anche per distinguere la nozione della normalità. Quando ho scritto questo racconto era uscita la questione della clandestinità che viene collegata con l’illegalità. A me sembrava così strano abitare in un posto dove i miei diritti civili possono essere accantonati con questa facilità. Mi sembrava interessante mettere in discussione cosa fosse la normalità, cosa è normale. Immacolata Amodeo: Mi sembra che con i Suoi racconti voleva forse anche dare voce a una Somalia che – soprattutto in Italia – non si conosce. Kaha Mohamed Aden: Quando sono arrivata in Italia, avevo famigliarità con il fatto che, da un momento all’altro, potrebbero sparire tutti i diritti, non solo quelli civili, ma anche quelli politici, quelli sociali, perché mio padre era in carcere quando sono venuta in Italia. Sono venuta qui per l’anno scolastico 198-87 e lui è stato arrestato nel 1982 come prigioniero politico. Faceva parte di quel gruppo di giovani che nell’anno 199, quando ha fatto il colpo di stato, il nostro dittatore aveva reclutato, gruppi di giovani civili, chiedendo loro di fare un progetto per creare la moderna Somalia dove loro si sono associati al socialismo africano. Però, questo progetto di emancipazione si è trasformato, come è capitato a molti paesi socialisti, in una dittatura. Dopo di ché la dittatura ha preparato tutti i presupposti perché ci sia questa guerra civile che è una guerra civile strana. Immacolata Amodeo: L’immagine della Somalia che Lei dipinge non è soltanto positiva. Per esempio, racconta anche di violenze fra i clan e di bambini soldato. Kaha Mohamed Aden: Io chiamo questa cosiddetta «guerra civile» incivile, perché non ci sono i progetti politici per la libertà, non si sta morendo per l’indipendenza o la libertà o l’uguaglianza, ma per il dominio di un clan rispetto agli altri. Ogni clan si spende per far fuori gli altri, per occupare il paese e accaparrarsi le poche risorse che ci sono. Questa guerra civile mi dà un altro status che è l’essere apolide, uno status molto fragile di fronte alla questione dei diritti umani e alla loro incapacità di essere effettivi. Dormo tranquilla ora che ho la cittadinanza italiana, perché dormire sapendo che puoi finire in carcere da un momento all’altro e avendo alle spalle la storia di una dittatura, non è una cosa molto semplice. Questa caratteristica riguarda quasi tutti gli immigrati che non hanno passaporti «forti», non gli svizzeri, non gli americani, ma tutti gli immigrati che non hanno passaporti «forti» hanno questa spada di Damocle addosso. Cerco di consegnare questo racconto-incubo a un unico interlocutore che mi possa aiutare a uscire dall’incubo. Ai miei lettori sto dicendo che questo è un incubo, per alcuni la realtà. Sto anche dicendo che puoi fare qualcosa in quanto hai i diritti politici su cui puoi agire. In questo racconto il mio interlocutore è la cittadinanza che è quella che legittima la democrazia. Un’altra modalità che cerco di suggerire per come ci si può incontrare è la sorellanza. In altri miei racconti ci sono personaggi che si incontrano e si adottano come sorelle. Sganciare le relazioni dal sangue e avere parentele elettive. Il bene relazio-
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nale riconoscerlo e incarnarlo. Con l’arrivo degli immigrati si pongono due tipi di questioni. Una è quella dell’allargamento dell’appartenenza. E l’altra sarebbe quella della cittadinanza, di essere pienamente cittadino. Molti miei racconti trattano la questione dei diritti culturali. Immacolata Amodeo: Il titolo del Suo libro è Fra-intendimenti. Potrebbe spiegarci brevemente perché ha scelto questo titolo? Kaha Mohamed Aden: I racconti di questo libro si chiamano «Fra-intendimenti»: Ci si può intendere «fra», cioè, comprendersi, e ci si può fraintendere, quindi non comprendersi. Il «fra» per me era importante. Immacolata Amodeo: Ha fatto questo passaggio da una prima lingua, l’arabo, all’italiano. È diventata scrittrice in italiano. Questa è stata una decisione spontanea o ci ha pensato? Ha avuto delle ragioni per le quali ha scelto l’italiano? Kaha Mohamed Aden: La mia lingua madre è il somalo. L’arabo l’avevo studiato a scuola, perché in Somalia la maggior parte della popolazione è musulmana. L’italiano per me è stato una lingua interessante, perché è una lingua che non ha vincoli morali per me. È una lingua che posso continuamente sbagliare senza avere vergogna, mentre per il somalo e l’arabo è più difficile: non posso sbagliare perché mi vergogno, ma l’italiano lo sento un luogo dove posso sbizzarrirmi liberamente. L’Italiano l’ho conquistato e non devo chiedere permesso e questo per me è stata una grande soddisfazione. Contaminare e farsi contaminare attraverso anche l’utilizzo dell’italiano. È vero che imparare la lingua è una cosa fondamentale per comunicare, è necessario per agire nel mondo, ma non sempre sapendo la lingua si riesce ad esprimere in modo adeguato ciò che si desidera. Per me l’italiano è diventato anche un rifugio. Immacolata Amodeo: Lei parla in questi racconti dell’Italia e anche molto della Somalia, di una Somalia che noi in Italia non conosciamo, nonostante un rapporto non proprio pacifico e una lunga storia comune, anche molto conflittuale. Per esempio, nel Suo libro, descrive questi personaggi femminili molto particolari, molto forti. Secondo Lei il ruolo della donna nella cultura somala è diverso da quello in Italia? Le nonne mi hanno affascinato tanto, le nonne che Lei descrive in uno dei primi racconti. Kaha Mohamed Aden: Il racconto delle nonne si chiama autoritratto. Volevo autodefinirmi attraverso le mie nonne, un po’ perché in Somalia c’è la guerra clanica dove domina la discendenza patrilineare. Volevo staccarmi un po’ da come si struttura la guerra in Somalia. E mi dò un albero genealogico, ma matrilineare. Ho cercato di prendere due nonne biologiche e una nonna elettiva. In Africa è facile avere tante nonne, perché c’è questa tradizione. E, quindi, al posto di borbottare in continuazione, quando si parla di donne somale, perché vengono definite tutte soltanto poverine, infibulate, con questi mariti musulmani (dove musulmano vuol dire cattivo), immaginavo queste signore che conoscevo e che non erano per niente poverine. Immacolata Amodeo: I suoi racconti aff rontano tematiche molto serie, crudeli a volte, però c’è anche molta ironia e umorismo. Forse questi sono per Lei dei mezzi per integrarsi e stare meglio come cittadina che viene da un altro posto, da altrove?
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Kaha Mohamed Aden: Per me l’ironia è qualcosa che crea delle crepe a qualcosa di dato. Siccome i muri sono potenti e io non sono così potente, allora io posso creare delle incrinature. Per me non è un modo per farmi accettare, ma è un modo per sottolineare la mia differente opinione.
abbas Khider Schreiben bedeutet für Abbas Khider Widerstand. Er wurde 1973 in Bagdad geboren, im Irak mit neunzehn Jahren »aus politischen Gründen« inhaft iert. Nach einer zweijährigen Gefängnisstrafe war er von 199 bis 2000 auf der Flucht. Er hielt sich als illegaler Flüchtling in verschiedenen Ländern auf, seit 2000 ist er in Deutschland. Er studierte Philosophie und Literaturwissenschaft in München und Potsdam und lebt zur Zeit in Berlin. Er erhielt verschiedene Stipendien und Auszeichnungen, z.B. ein Reisestipendium von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Goethe-Institut sowie das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste Berlin. 2010 folgte der Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis. Mit seinem Debutroman Der falsche Inder (Hamburg: Edition Nautilus, 2008) vollbringt Abbas Khider sowohl eine große menschliche als auch eine literarische Leistung: Einerseits legt er das Hauptaugenmerk auf Würde, Achtung und Verständnis füreinander selbst in den unmenschlichsten Strukturen, und zum anderen gelingt es dem Roman dabei, »Literatur« und eben nicht bloß eine schöne Geschichte zu sein. Sein zweiter Roman Die Orangen des Präsidenten (Hamburg: Edition Nautilus, 2011) baut auf dem ersten auf. Er spielt im Irak der achtziger und neunziger Jahre. Immacolata Amodeo: Das Buch Der falsche Inder ist aus der Perspektive des Flüchtlings Rasul Hamid geschrieben, ein Buch zwischen Reportage und Märchen, mit Elementen, die man dem magischen Realismus zuordnen könnte. Ich möchte Dich zu Deinem Umgang mit Geschichte, zum Umgang mit Deiner Geschichte fragen. Abbas Khider: Salam aleikum. Ich freue mich, hier zu sein, besonders in Italien, weil ich früher als illegaler Flüchtling in Italien war. Fast drei Monate lang lebte ich in Bolzano/Bozen, in Rom und auch in Venedig, als illegaler Flüchtling. Das war 1999. Aber darüber will ich jetzt nicht reden. Oft mals, wenn ich solche Veranstaltungen habe, überlege ich, welche Art von Literatur ich eigentlich schreibe. Das ist immer schwierig. Es gibt Menschen, die wollen wahre Geschichten hören; es gibt Menschen, die Literatur hören wollen; es gibt Menschen, die stehen auf Betroffenheitsliteratur; es gibt Menschen, die stehen auf Autobiographien. Ich glaube, vor kurzem habe ich vermutlich für mich persönlich die Antwort gefunden, als ich im Irak war. Von 199 bis 2003 befand ich mich im Exil. Ich konnte nicht in den Irak. Ich war politisch verfolgt damals, in der Zeit Saddam Husseins. Nach 2003 kehrte ich zurück und besuchte meine Familie. Das zweite Mal bin ich 200 wieder in den Irak gereist. Da war ich in Kurdistan bei den Kurden im Irak. Ich kam aus Syrien mit dem Taxi – unterwegs gab es Stau, amerikanische Soldaten, irakische Soldaten,
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Stau, Polizeikontrollen, Chaos –, und auf der Straße habe ich einen Mann gesehen, der nur 300 Meter hin- und herging. Er machte nichts anderes. Er ging die ganze Zeit nur hin und her, und es gab, wie gesagt, Stau. Wir standen im Stau, und ich habe den Taxifahrer gefragt: »Was macht der Mann?« Alle Leute, die vorbeikamen, haben ihn begrüßt; jeder erkannte ihn. Dann hat der Taxifahrer mir die Geschichte dieses Mannes erzählt. Der Mann war 2003 mit seiner Frau in einem Bus unterwegs. Es gab eine Kontrolle. Es waren amerikanische und irakische Soldaten zusammen, und die Amerikaner haben behauptet, dass seine Frau eine verdächtige Person wäre. Deswegen haben sie die Frau festgenommen und zu dem Mann gesagt: »Warte hier! Wenn sie unschuldig ist, kommt sie zu dir zurück!« Und der Mann wartete von 2003 bis 200, als ich ihn gesehen habe, auf der Straße. Er wartete auf seine Frau. Für mich ist dieser Mann die Literatur an sich, auch die Politik an sich, die Menschlichkeit an sich. Das ist eigentlich die Geschichte der Liebe. Wie verliebt ist der Mann, dass er von 2003 bis 200, drei Jahre auf seine Frau wartet? Das war 200. Ich weiß nicht, ob er immer noch auf der Straße ist. Vielleicht auch die Geschichte vom Krieg gegen Terror, Terroristen. Was haben die Amerikaner eigentlich mit den einfachen Menschen gemacht in der Geschichte? Vielleicht auch die Geschichte des Iraks, der Diktatur und des Krieges. Vielleicht auch die Geschichte der Menschen, die nicht genau wissen, was die Politiker eigentlich mit ihnen machen. Gewalt. In dieser Geschichte steckt vielleicht alles für mich. Ich glaube, ich schreibe diese Art von Literatur. 300 Meter Literatur seitdem. Ich versuche wirklich, diese Literatur zu präsentieren; ich versuche, Literatur zu schreiben; zweitens Geschichten der Menschen, die vielleicht keine Stimme haben. In diesem Buch, dem ersten Buch, Der falsche Inder, geht es um Illegalität, Flüchtlinge zwischen Asien, Afrika und Europa. Immacolata Amodeo: Ich würde gerne eine Frage stellen zur Literatur. In Deinen Werken gibt es oft Bezüge zur Literatur. Ich glaube, Du hast in einem Text Heinrich Heine erwähnt. In Deinem Buch schreibt der Protagonist literarische Texte. Welche Rolle spielt die Literatur in deinem Leben? Abbas Khider: Sie spielt wirklich eine große Rolle. Ich habe diese Geschichte oft erzählt, aber ich erzähle sie gerne wieder, sie ist wahr und hat mit dieser Frage zu tun. Ich war, glaube ich, 1 Jahre alt. Mein Vater hat einen Traum gehabt. Sein Traum war, dass wir in der Familie einen Imam haben. Es gibt in unserer Familie keinen Imam. Welche Eigenschaften braucht ein Imam bzw. braucht man, um Imam zu werden? Man muss viel reden und man muss unverschämt sein, und diese beiden Eigenschaften habe ich. Ich kann wie ein Wasserfall reden und unverschämt sein, das hat meine Familie auch immer festgestellt, schon als ich ein Kind war. Deswegen hat mein Vater mich in eine Stadt geschickt. Das ist die Hauptstadt der Schiiten. Dort gibt es die größte islamische Schule der Schiiten. Und so war ich dort und wollte wirklich Imam werden. Irgendwann war ich auf der Straße, und es gab einen Straßenverkäufer, der Bücher verkaufte. Ich ging zu ihm. Als junger Mann wollte ich jeden davon überzeugen, dass der Islam die richtige Religion wäre und Gott existiert und Engel und Teufel. Mit jedem habe ich geredet. Ich habe angefangen, auch mit dem Mann zu reden. Er schaute mich an – er war ein alter Mann – und sagte:
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»Mein Sohn, bist du schon fertig mit dem Reden?«. Ich sagte: »Ja.« Der alte Mann erwiderte: »Ok, ich gebe dir ein Buch. Lies mal das Buch, und später kannst du mit mir reden.« Das Buch, das er mir gegeben hat, heißt The Prophet. Es ist von einem arabischen Schriftsteller, der aber das Buch in New York auf Englisch geschrieben hat. Der Schriftsteller heißt Kahlil Gibran. Als ich das Buch gelesen hatte, hatte ich ein großes Problem. Ich war 1 Jahre alt, und mein Problem war: Man sagt im Islam, Gott hat den Koran geschrieben, d.h., es ist ein sprachliches Wunder. Aber als ich das Buch von Kahlil Gibran gelesen habe, habe ich festgestellt, es gibt einen Menschen, der besser als Gott schreiben kann. Da begann ich, irgendwie ein Problem im Kopf zu haben, und das Problem hieß »Literatur und Religion«. Im Laufe der Zeit habe ich die Religion vergessen. Ich war 1 Jahre alt und habe mich entschieden, die Literatur als Religion zu nehmen, und seitdem schreibe ich Literatur. Ich habe nichts anderes gemacht in meinem Leben und bis heute kann ich auch nichts anderes. Immacolata Amodeo: Du hast Dich für eine zweite Sprache, eine Fremdsprache, als Literatursprache entschieden. Wie ist dieser Prozess bei Dir verlaufen? War das eine Notwendigkeit? Warum hast Du Dich dafür entschieden, auf Deutsch zu schreiben? Abbas Khider: Darüber kann man wirklich ein Buch schreiben. Schwierig. Ich habe auch schon früher auf Arabisch viel geschrieben. Ich habe zwei Gedichtbände veröffentlicht und ein Buch auf Arabisch, Literatur und Diktatur in der arabischen Welt. Das war alles in den neunziger Jahren. Ich war auch tätig als Journalist für Exilzeitungen und Zeitschriften in verschiedenen Ländern der arabischen Welt, auch in Europa. Ich glaube, das hatte mit meiner Situation nach 2003 zu tun. Von 199 bis 2003 hatte ich nur einen Traum: Ich wollte immer in den Irak zurückkehren und wirklich nichts anderes im Leben. Als Saddam nicht mehr da war, bin ich zurückgekehrt in den Irak und habe festgestellt, mein Traum war nur ein Traum, und der Irak, den ich kannte, existierte nur in meinem Kopf. Es war so eine Art Utopie in meinem Gehirn. Im Irak habe ich festgestellt, ich wäre dort ein Mann ohne Träume und Ziele im Leben. Da kehrte ich zurück nach Deutschland, und so begann meine Geschichte mit der deutschen Sprache. Da dachte ich, hier muss ich wirklich etwas machen, und die Entscheidung war: In Deutschland muss ich neue Träume finden und neue Ziele. Und das war zuerst studieren. In dieser Zeit von 2003 bis 2008 habe ich nie Arabisch gesprochen, nur wenn ich meine Familie angerufen habe. Ich habe nie arabische Musik gehört, nie arabische Literatur gelesen. Ich hatte einfach ein Problem damit. Die deutsche Sprache war plötzlich nach 2003 die Sprache meiner Träume. Ich begann, Literatur und Philosophie an der Universität München zu lesen. Und wenn man solche Texte liest, geht man natürlich tiefer. Irgendwann habe ich dann angefangen, auf Deutsch zu schreiben. Aber ich muss auch zugeben, dass dies viel mit dem Traum zu tun hat und auch mit der Freiheit. Wenn ich zum Beispiel mit einer Araberin in Deutschland über Sexualität rede, wenn wir auf Arabisch reden, habe ich das Gefühl, wir können nicht intensiv und frei darüber reden, aber wenn wir das auf Deutsch machen, ist es überhaupt kein Problem. Wir können die Dinge so bezeichnen, wie sie sind. Ich glaube, die Fremdsprache verfremdet die eigene Kultur, und das hat vermutlich eine große
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literarische Stimmen – Voci letterarie: Kaha mohamed aden und abbas Khider
Rolle gespielt. Es gibt natürlich unendlich viele Aspekte, die kann ich nicht alle erwähnen, aber es ist ein Hauptgrund in meiner Geschichte. Außerdem gibt es eine Geschichte von einem französischen Schriftsteller. Er hat einmal etwas Schönes, etwas Besonderes gesagt. Er hat gesagt: »Alles, was man schreibt, schreibt man aus der Seele, und alles, was man nicht geschrieben hat, befindet sich in der Seele.« Ich glaube, im Laufe der Zeit ist meine Seele wirklich sehr deutsch geworden. Ich habe dieses Gefühl. Und seitdem schreibe ich auf Deutsch.
Valori comuni, valori diversi? Una sfida per le democrazie Introduzione È legittimo sostenere anche sulla base delle ragioni seguenti che le democrazie, occidentali in particolare, siano capaci di perdurare qualora garantiscano ai cittadini propri e dei paesi stranieri non solo il godimento delle libertà private e l’esercizio attivo di quelle pubbliche, ma anche la partecipazione ai benefici sociali e alle forme di vita culturale che siano rilevanti per la qualità e dignità della vita di ciascuno; tale possibilità (ci) dovrebbe esser offerta secondo pratiche condivise dotate di senso, ed effettivamente riconoscibili, attingibili e attivabili dagli aventi diritto entro la cornice delle istituzioni democratiche medesime. Questo in primo luogo perché le lenti, i fi ltri simbolici tramite le quali per la prima volta si vede e si dà valore al mondo sono dispositivi che danno e decifrano il senso, e sono intrisi di connotati valoriali e valutativi tipici dei mondi della vita primari. La fase della socialità primaria, espressione con cui Alain Caillé traduce ciò che per Hegel è la sfera dell’amore, rimane strutturalmente propedeutica al passaggio alla sfera politica e a quella economica del riconoscimento.1 Ciò premesso, si è ben lungi dall’assolutizzare in senso metafisico (o naturalistico) questa fase, come se fosse la scaturigine presociale e a-storica della relazione originaria del riconoscimento, importante al punto che l’oblìo di essa produrrebbe inevitabilmente tutte le patologie sociali e politiche delle nostre società. Niente di tutto questo. Piuttosto, non si deve dimenticare che è esattamente l’occultamento simbolico e cognitivo, «perpetrato» sistematicamente e implicitamente dai costrutti collettivi e istituzionali (a partire dalla famiglia), a naturalizzare indebitamente i ruoli di genere, trasformandoli da relazioni asimmetriche di potere, quali sono, a legami organici e naturali, e quindi indiscutibili. In secondo luogo, è esattamente rispetto alla fissazione del confine fra pubblico e privato che la politica, come ambito delle decisioni collettive, nonché delle ragioni e dei simboli che legittimano le prime, deve venir chiamata in causa. In gioco è tuttora il ruolo allocativo della politica, e non soltanto in senso economico. Infatti, oltre ai vincoli politici e alle condizioni materiali vanno considerati i gate-keepers, i guardiani dell’accesso simbolico: quelli immateriali sono ancor più pervasivi, come lo sono i depositari impersonali (stili, comportamenti esemplari, pratiche diff use, messaggi cifrati, gesti iniziatici) del linguaggio implicito e dei valori non detti incorporati nelle istituzioni e nelle leggi o nelle consuetudini sociali. Sono proprio tali «codici non scritti» ciò che rende traducibile le istanze provenienti dalla società nelle modalità accreditate di espressione politica ufficiale. È solo attraverso queste ultime in definitiva che le aspettative espresse dai diritti di autonomia privata e pubblica si possono effettivamente manifestare e articolare. È dunque attraverso procedure critiche di messa allo scoperto, di sottrazione alla condizione di invisibilità di tali
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meccanismi soff usi e pervasivi, ma inconfessati e di routine, che si possono iniziare a disvelare i gradi di asimmetria cognitiva e simbolica esistenti fra individui e gruppi, in modo da rendere relativamente più libere le opzioni di scelta individuali e sovraindividuali rispetto a quali asimmetrie accettare e a quali ostacolare.2
Ragion d’essere delle «politiche del riconoscimento» Nelle vita politica delle maggiori società occidentali, la richiesta di visibilità pubblica e di riconoscimento istituzionale è andata di pari passo con la lotta per l’allocazione di risorse collettive – materiali e simboliche – ai fini della sopravvivenza nel tempo di comunità particolari, «portatrici di forme di vita», espressione che nell’uso linguistico qui adottato va sostituita all’espressione «portatrici di valori». Tali aggregazioni di individui (sessuati) possono legittimamente venir giudicate depositarie di valori meritevoli di tutela, ed incondizionatamente, ancor più nei casi, estesissimi se non universali, in cui storicamente e socialmente valga l’obbligo, morale e politico, di ricorrere alla riparazione del torto subito in termini di misconoscimento identitario, inflitto per secoli da «noi occidentali colonizzatori» sui componenti di tali gruppi, che adesso vivono da cittadini e o da lavoratoriospiti nelle nostre società. Viene qui evocata, attraverso l’idea di assoggettamento interiorizzato, la nozione di violenza simbolica.3 Con tale nozione viene indicato l’insieme di processi e vocabolari di costruzione asimmetrica e penalizzante delle identità, del «chi sono», del «chi siamo», del «cosa e chi voglio/vogliamo diventare», delle qualità primarie e caratterizzanti gli assoggettati/e ai congegni e dispositivi del dominio. L’espressione violenza simbolica indica la normalizzazione del dominio, il fatto della omnipervasività e dell’interiorizzazione cognitiva, percettiva, e simbolica di esso da parte dei/le dominati/e. «Le cose stanno così, e devono essere così, nessuno se ne stupisce, o si indigna».4 Al di là delle ascendenze e delle fi liazioni teoriche, si può dire che questo genere di violenza di carattere sistemico e non occasionale venga messa in atto nei e dai processi tramite i quali i componenti dei gruppi svantaggiati interiorizzano un’identità che è su misura per pochi, ma è «fuori taglia» per loro, 5 in diversi gradi e forme. L’esito di tali processi è pregiudizievole per i/le sottomessi/e, perché sono coinvolti/e nei meccanismi di rispecchiamento mimetico in cui il dispositivo si esplica a loro danno. La seduzione dell’assoggettamento è racchiusa nella volontà delle vittime di adeguare il modello per loro inadeguato, al fine di ottenere l’accreditamento da parte dei detentori del potere simbolico e materiale. Altresì, oltre ad esser immorale, tale meccanismo è depotenziante e autocontraddittorio per l’insieme sociale che coinvolge entrambe le parti, a maggior ragione quando tali dinamiche si svolgano in un regime politico liberale e democratico multietnico. Anche se, come detto altrove, i linguaggi di resistenza e di creatività dei dominati non sono (fortunatamente) mai stati estirpabili del tutto, lo stato delle cose e la responsabilità cognitiva, prima ancora che politica, vanno denunciati e ostacolati in forma continuativa e non occasionale, sia nel dibattito sociale e istituzionale, sia nelle strutture di formazione e di diff usione della cono-
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scenza. Solo così sarà possibile scalfire e gradualmente scalzare le stratificazioni mentali e sociali in cui i dispositivi dell’adattamento mimetico si sostanziano e si stabilizzano nel tempo, divenendo una seconda natura per i/le subordinati/e, per quanto capaci di opposizione rispetto agli epifenomeni e agli aspetti patenti dell’ingiustizia materiale. Infatti, la violenza simbolica è tanto più pericolosa perché suadente e invisibile, immateriale, e perché viene esercitata ogniqualvolta i depositari dei linguaggi che «dettano legge» adottino un’impostazione e un orientamento dello sguardo surrettiziamente sovraordinato, falsamente neutrale e presuntivamente universale, su ogni dimensione di realtà sociale diversa dalla propria. Ciò che ne viene a soff rire, con conseguenze gravi sulla tenuta delle stesse democrazie liberali, è l’identità pragmatica e assiologica, ossia valoriale, dei singoli e dei gruppi, in particolare di quelli minoritari. La violenza simbolica assume il ruolo sinistro di essere una delle forme più sottili e più invisibili della pubblica inflizione di crudeltà a individui e gruppi, espressione che connota i regimi illiberali, come ci ricordava Judith Skhlar.6 Sulla scia di Taylor, va detto che: per una verace e legittima politica di inclusione della diversità culturale nelle società liberali e democratiche occorre passare attraverso efficaci misure (policies) tese al riconoscimento pubblico di forme di vita disomogenee rispetto alla maggioranza autoctona, o comunque rispetto al gruppo di popolazione che sia in posizione di superiorità egemonica. Ciò che rende pluralista e sanamente interculturale (piuttosto che multi-culturale) una società nelle varie sue componenti non è tanto una integrazione che sia indifferente alle origini dei singoli ma piuttosto una inclusione a pieno titolo dei gruppi minoritari nonostante e in forza della loro diversità culturale, assiologica in senso più ampio. Piuttosto, è attraverso la presa d’atto cognitiva e etica di tale diversità che se ne può riconoscere il valore intrinseco; è il valore comune e inter-culturale per eccellenza perché è la modalità, interazionistica e pragmatica, di formazione dei contenuti assiologici, che eccede sempre, in orizzonti di interpretazione predisposti alla fusione reciproca e alla trasformazione simbolica, gli specifici contenuti valoriali delle singole culture; è la modalità relazionale e interattiva (sovente agonica e non irenica) un aspetto imprescindibile perché è componente strutturale e funzionale del senso di sé degli individui; uomini e donne infatti sono esseri umani, sodali, cittadini attraverso il filtro e le lenti culturali (di lingua, di costumanze, di valori e visioni del mondo) delle aggregazioni primarie in cui sono stati socializzati linguisticamente e pragmaticamente. Un punto di non ritorno per il miglioramento delle policies nelle democrazie costituzionali è che sia legittimo e auspicabile rivendicare e promuovere senza distinzione il riconoscimento dell’uguale valore e dignità di tutte le culture in cui i singoli si formano come individui relazionali, immersi in reti di interscambio sovente arduo e difficoltoso, ma inevitabile. Le culture sono come le concepiscono o le distorcono gli individui, i quali sovente fanno di esse i propri idoli dispotici, e ciò attraverso i meccanismi, inconsapevoli e profondi, di perpetuazione che la realtà sui generis di ogni aggregazione sociale (magistralmente indagata da Berger e Luckmann) riproduce e solidifica. Quanto finora detto è sostenibile, dunque, purché tali rivendicazioni identitarie, e soprattutto quelle di matrice «culturale», siano rettamente concepite, al di fuori di tentazioni essenzia-
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listiche e organicistiche, che contrappongano le identità le une alle altre, come se fossero monadi. È dunque necessaria una critica serrata a tali assunti, e alle perniciose diramazioni di esse nel linguaggio politico, e ancor più, nel senso comune delle nostre società.
aspetti (tuttora ignorati dai più) della critica filosofica al multiculturalismo Per cogliere i tratti del problema in modo non fuorviante, occorre situarsi in una configurazione mentale che descriva l’attuale situazione sociale come una complessità di comunità o di aggregazioni di dissimili che nonostante tutto siano costretti a convivere;7 se si accetta tale descrizione dello stato delle cose, i singoli e i gruppi devono venire a patti tramite accomodamenti graduali e conflittuali, irriducibili a formule universali. Sono piuttosto riconducibili una pragmatica della coesistenza identitaria sovente dolorosa.8 Queste precisazioni mirano a dimostrare che le due tipologie di domande «chi sono io? cosa voglio diventare?» e «chi siamo noi? cosa vogliamo diventare?» si coappartengono in forma strutturale. Il riferimento necessario e preliminare è a un modello euristico e pratico di identità personale dinamica, relazionale, del pari internamente conflittuale e asimmetrica. In questo significante, «identità», di un plesso volumetrico di connessioni, che può definirsi un «luogo sui generis», del pari materiale e simbolico, perché è ambito fisico, biografico, progettuale in cui riecheggiano le voci degli incontri sovente dissonanti che ciascuna/ciascuno di noi ha fatto nel corso della propria vita. I soggetti individuali sono corpi biografici e tracciati che tessono e danno realtà stabile ai gruppi. Decisiva a questo proposito è la scelta, ancora poco valorizzata negli ambiti disciplinari delle scienze sociali, di una ben precisa nozione: «identità di gruppo», al posto di «identità collettiva». Quest’ultima formulazione esibisce tuttora un significato cruciale, nonostante le critiche perduranti sferrate, da Adorno in avanti, ad opera di diversi e molteplici detrattori alla categoria di «identità». È l’identità una categoria, in primis di natura logica, che è infatti stata demonizzata per decenni e trasformata a più riprese in un fantoccio privo di contenuto, fino al momento in cui le scienze sociali europee hanno superato la diatriba che la aveva riguardata, a partire dagli anni sessanta e fino agli anni novanta del secolo appena trascorso.9 È opportuno proseguire con la citazione dell’autore italiano più visceralmente avverso alla categoria di identità; si tratta dell’antropologo e fi losofo di Francesco Remotti, che cavalca da più di un decennio, e con successo di tipo iconico e mediatico, l’onda lunga e tardiva, appunto di origine adorniana, dell’ormai superato attacco postmoderno alla categoria medesima: «Un conto è sostenere che noi scienziati (se così vogliamo chiamarci noi che ci occupiamo di scienze umane e sociali) dobbiamo assumere l’identità come strumento di analisi ovvero come un explanans, un altro conto è invece considerare l’identità non come un explanans, ma come un explanandum, non come uno strumento con cui si cerca di spiegare, ma come un oggetto che deve essere spiegato. L’identità non è uno strumento con cui attivamente spiegare qual-
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cosa, ma è qualcosa che deve essere spiegato, analizzato, smontato. Analisi vuol dire in fondo proprio questo: cercare di aprire, disarticolare, smontare decostruire (come si usa dire)».10 L’intento metodologico di questa impresa è appunto la disarticolazione e l’analisi accorta e fondata del concetto, per capire separare il grano dalla pula, e non inibirsi per motivi ideologici e di scuola la ricerca di strumenti più affinati per cogliere al meglio i fenomeni conflittuali, da un lato, le condizioni di coesistenza pacifica, dall’altro, che caratterizzano le nostre società. Chiarire i concetti che si usano è il primo passo per dissipare il caos indotto dall’abuso dei lemmi del linguaggio comune. Come Alberto Melucci autorevolmente affermava, non possiamo permetterci di essere ingenui sulle parole, come se fossero termini di significato univoco;11 non ci è consentito in quanto, nelle società contemporanee,12 i codici comunicativi e le immagini da essi propagati hanno una diff usione imprevedibile negli effetti, poiché hanno diverse modalità di risonanza e di penetrazione nelle coscienze. A maggior ragione, non possiamo permetterci una tale condiscendenza irriflessa rispetto alle parole del lessico dell’identità, quelle che più di altre sono dense, polivalenti ed «incombenti» sul dibattito politico. Identità è un concetto capace di aprire molteplici universi semantici, che non può venir assunto come una scatola nera, come un blocco monolitico di significati indiscussi; al contrario, la categoria va analiticamente scomposta e decodificata rispetto ai suoi principali derivati e alle cristallizzazioni simboliche ulteriori, nell’interesse di chi intenda comprendere gli assetti politici e sociali, entro le dimensioni a più livelli e a più fratture, della realtà globale contemporanea. Su questa linea, si pone un passo fondamentale di F. Cerutti,13 la cui impostazione, purtroppo, non è stata ancora pienamente recepita nella coscienza e nelle pratiche disciplinari delle scienze umane e sociali contemporanee. Vi si legge che «L’identità politica […] non è a sua volta che una specie dell’identità di gruppo. Identità di gruppo, dico, e non identità collettiva, perché quest’altra formulazione rende possibile il malinteso che si pensi a un’identità collettiva – la nazione, lo Stato, il partito – come qualcosa dotato di vita e dignità autonome, e magari superiori a quelle degli individui. […] Pertanto non è inutile sottigliezza insistere perché si dica: di gruppo, sottolineando così che si tratta sempre di un’aggregazione di individui. […]. L’identità di gruppo sta nell’insieme di quegli elementi delle identità individuali, riguardanti la definizione del gruppo stesso, che vengono condivisi da più individui, purché i segmenti di identità individuale non condivisi non siano tali per entità e rilievo da rendere impossibile un consistente idem sentire fra i membri del gruppo». Il tema dell’identità di gruppo permette dunque di valorizzare la dimensione «qualitativa» del concetto di identità, ovvero i predicati tipicamente individuali riguardanti opzioni di vita, valori, abitudini e modalità di reazione che, tuttavia, anche un gruppo di individui può riconoscere come comuni e utilizzare come base di partenza per dire «noi»,14 in specifiche condizioni giustificative che delimitino i confini esterni e la coesione interna, e segnino la ragion d’essere e il punto di inizio di un’identità di gruppo. Per converso una diversa e ben più diff usa espressione va evitata, e non per mera acribia terminologica. L’espressione «identità collettiva» ingenera il malinteso che vi siano macroaggregati internamente omogenei e monolitici – la nazione, lo stato,
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il partito, la classe – per di più dotati di struttura assiologica e ontologica reciprocamente rispecchiantesi, nonché di vita, vitalità, potenza e dignità proprie, e superiori a quelle degli individui. È invece grazie riferimento al gruppo (aggregazione di individui) che si precisa inequivocabilmente un’opzione decisa a favore di una immagine di identità dinamica, conflittuale, aperta a molteplici esiti; su tale terreno si innestano i processi di riconoscimento e di confronto sui valori e sulle opzioni di vita, a loro volta concepiti come confronti serrati sui termini del continuo riposizionamento del sé rispetto agli altri/altre15. Se operassimo solo in base a progetti razionali, potremmo condividere il dubbio, che i teorici delle preferenze in una società idealmente fatta soltanto di soggetti di preferenze non riescano a rispondere alla semplice domanda «com’è che noi preferiamo le preferenze?», «in base a che cosa?», «in base a quale retroterra?», «qual è l’ordine simbolico/concettuale che ci spinge a preferire una cosa anziché un’altra?». La sfida teorica e politica sta nell’individuare quali siano i condizionamenti opachi e non espliciti che ci trattengono, uomini e donne in maniera differenziata, e in qual misura possiamo ridurne l’effetto inibente sul piano delle competenze sociali e politiche. Tali analisi e le policies ad esse conformi hanno il senso di dare ai singoli la possibilità di perseguire progetti di vita comunicabili e condivisibili entro una cornice liberale e democratica di regole comuni, nel quale tuttavia anche il valore delle lealtà e dei significati vissuti riflessivamente in gruppo debba ricevere adeguato riconoscimento istituzionale. Rispetto alla coesistenza dei diversi, definibili quali stranieri morali, il tema, cruciale per le aggregazioni umane, del bilanciamento, dinamico e sempre in bilico, fra dissoluzione e permanenza fra valori, opzioni, progetti di vita non può essere pertanto sottovalutato, altrimenti con maggior facilità si possono sprigionare nelle relazioni tra gruppi esplosioni di conflittualità.16 Perché sia accettabile e condivisa una coesistenza pacifica e consensuale fra le identità di gruppo, la capacità di mettere in pratica il mezzo comunicativo (altrove chiamata pragmatica della coesistenza) deve mostrarsi capace di considerare e tener insieme varie versioni della creazione del senso, e delle interpretazioni rispetto alle questioni più brucianti, rispetto ai confini del «noi» rispetto ad altri «noi», e fra i singoli componenti dell’aggregato fra di loro. «Chi siamo? Cosa vogliamo diventare? Quali sono le nostre proprietà, le qualità assiologiche che ci rendono ciò che siamo, e le lealtà ad esse, per le quali siamo riflessivamente ed emotivamente disposti a pagare costi, anche molto alti, nei termini di un detrimento o di una ‹lesione› rispetto ad altre qualità assiologiche, compreso il ben vivere, la sicurezza, la pace?»17 Va tenuto presente infatti che le identità umane sono varie e diversificate, essendo cartografie materialmente incarnate, riproduzioni in mutamento di un territorio che muta esso stesso, come dice18 Braidotti;19 hanno insieme sia l’eccentricità dinamica della corporeità singola, sia la realtà sui generis dell’aggregazione collettiva, sia il continuo venire a patti di tipo riflessivo del singolo col gruppo, e viceversa. Tali dimensioni sono in una situazione di continua intersezione; la sfera pubblica deve tener conto di questi continui passaggi accidentati fra zone interne e spazi esterni del costrutto identitario, né meramente individuale, né meramente sociale (self ). Se è vero che gli individui producono attriti, asperità, spessori e accrescimenti dentro e fuori dai gruppi, ne deriva che la somma
A. Caillé (a cura di), La quête de reconnaissance. Nouveau phénomène social total, Paris, 2007, vd. «Introduction». 2 B. Henry, «Asymmetrien im Spiegelbild», in: B. Henry – A. Pirni (a cura di), Der Asymmetrische Westen, Pragmatik der Koexistenz in pluralistischen Gesellschaften, Bielefeld 2012, pp. 115–10. Id.‚ «‹Sensitività di genere› e minoranze morali. Una discussione di metodo per nuove politiche», in: R. Biancheri (a cura di), Politiche di genere. Studi in onore di A. M. Galoppini, Pisa 2011, pp. 20–33. 3 Ibid. In tal senso, G. C. Spivak, «Can the Subaltern speak?», in: C. Nelson – L. Grossberg (a cura di), Marxism and the Interpretation of Culture, Urbana – Chicago 1988, pp. 271–313. 5 La ben «nota» ma tuttora inesplorata nozione di diritti «fuori taglia» è un contributo importante della riflessione di genere sulle discriminazioni e sulla cittadinanza, in particolare sui processi di assimilazione, socialmente indotta nei soggetti subalterni dai sistemi di relazioni in cui sono inseriti in forma non paritetica. Infatti valga una preziosa avvertenza: se è presumibile che i soggetti subalterni siano marginali nel tessere le narrazioni simboliche socialmente e politicamente determinanti per sé e i propri discendenti, tuttavia la veridicità ubiquitaria dell’assunto e la genericità di esso vanno contestati. Si veda, B. Henry, «Asymmetrien im Spiegelbild» (vd. nota 2); Id.‚ «‹Sensitività di genere› e minoranze morali» (vd. nota 2). In tale alveo si inserisce a livello teorico e politico l’opera di Charles Taylor, non a caso il principale interlocutore di Habermas rispetto al riconoscimento delle identità minoritarie entro la cornice delle democrazie occidentali. Tali gruppi identitari sono minoranze in termini differenziali e relativi, 1
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dei singoli e l’aggregazione non siano affatto insiemi equivalenti, a motivo delle zone di addensamento di quest’ultima, date dalle gerarchie e dalle reti di potere, sovente asimmetrico ma dinamico. Ciò valga a ribadire che la complessità e conflittualità è sia dentro le comunità che tra le comunità. Risulta pertanto velleitario e pernicioso pensare in termini dicotomici, contrapponendo presunti individui-atomi a identità comunitarie oppressive. La realtà è semplicemente molto più articolata; le comunità sono al loro interno strutturate in maniera asimmetrica, e gli individui, uomini e donne, «costituiscono» questo plesso molto vischioso e disomogeno, in condizioni asimmetriche materiali e simboliche, e non soltanto disuguali; essi si muovono spesso configgendo fra loro, nel perenne tentativo di interagire con i vari livelli, interni ed esterni, di vari spessori e con molteplici punti di frattura, di cui è fatta la realtà sui generis delle aggregazioni sociali. Occorre pensare che il conflitto sia dentro la comunità, pervada e animi le nostre associazioni di dissimili, di stranieri morali, perché i dissidi sui valori e sulle modalità di esser loro fedeli divide i gruppi dall’interno. Per converso, la sensibilità attenta alla molteplicità delle identità e all’eccentricità di queste cartografie materialmente incarnate permette di far emerger, le discrasie, le lesioni dei diritti, le forme di prevaricazione rispetto ai soggetti vulnerabili, ciò che altrimenti resterebbe invisibile dentro le formazioni identitarie, soprattutto se di esse viene automaticamente accreditata una visione irenica e armonica, che prelude sovente all’implosione o alla disgregazione per erosione interna. Su questa sensibilità preventiva, non da ultimo, si costruisce, si alimenta, si misura la tenuta e il successo delle democrazie.
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non assoluti; dispongono di un potenziale di potere sociale inferiore rispetto ad altri gruppi, e massicciamente rispetto a quello egemone. Fondamentale il rinvio a A. Phillips, Multiculturalism without culture, Princeton, New Jersey 2007. F. Belvisi, «Fundamental Rights in the Multicultural European Society», in: B. Henry – A. Loretoni (a cura di), The Emerging European Union. Identity, Citizenship, Rights, Pisa 200, pp. 177–188, p. 185. Bisogna contrastare attivamente, nei campi tanto del sapere quanto della vita in senso lato, la diff usione di immagini monolitiche e ipostatizzate della nostra identità (democratica, occidentale, e quant’altro). Le ipostasi di caratteri essenzialistici sono nefaste anche se teoricamente inconsistenti perché l’immaginario, se creduto reale, produce morti. Dobbiamo abituarci a pensare che la dicotomia individuo/comunità sia fallace, che non ci aiuti affatto a risolvere i problemi reali della coesistenza in cui ciascuno, uomo o donna, nelle proprie sfere di aggregazione, ha diritto di avere una vita soddisfacente, un progetto di vita adeguato alle proprie legittime aspettative, alle proprie visioni del mondo, e al rispetto di sé. F. Remotti, «L’ossessione identitaria», Rivista Italiana di Gruppoanalisi 25 (2011), pp. 9–29. Come suggerito dalla genetista e biologa Anna Maria Rossi, l’espressione «flusso genico» può indicare ad esempio tanto le invasioni barbariche, quanto il processo di colonizzazione, se non viene immediatamente circoscritto il codice di traduzione contestuale. A. Melucci, «Multiculturalismo», in: Id. (a cura di), Parole chiave. Per un nuovo lessico delle scienze sociali, Roma 200 2, pp. 19–15. B. Henry, «Multiculturalismo», in: L. Cedroni – M. Calloni, Filosofia politica contemporanea, Milano 2012, pp. 101–120. «Introduzione», in: F. Cerutti (a cura di), Identità e politica, Roma – Bari 199, pp. 5–1 (pp. 5–). «L’identità di gruppo è la somma degli elementi qualitativi in base ai quali i componenti di un aggregato si defi niscono e si riconoscono come tali; per esistere, tale identità esige l’impiego della riflessione da parte degli individui titolari delle qualità condivise» in: D. Fiorot (a cura di), Il soggetto politico tra identità e differenza, Torino 1998, pp. 191–211, p. 199. Si veda B. Henry, «Fra identità politica e individualità», in: F. Cerutti (a cura di), Identità e politica (vd. nota 13), pp. 17–183, spec. pp. 17–183 (p. 177). Su questo punto anche Id., Mito e identità. Contesti di tolleranza, Pisa 2000, spec. pp. 80–85; Id., «The Role of Symbols for European Political Identity. Political Identity as Myth?», in: F. Cerutti – E. Rudolph (a cura di), A Soul for Europe, vol. II: On the Cultural and Political Identity of the Europeans. An Essay Collection, Louvain 2001, pp. 9–70; Id., «Identities of the West. Reason, Myths, Limit of Tolerance», in: H. Friese (a cura di), Identities, New York – Oxford 2002, pp. 77–10. Si è valorizzato questo insieme tematico in B. Henry – A. Pirni, La via identitaria al multiculturalismo. Charles Taylor e oltre, Soveria Mannelli 200, spec. pp. 8–90, 1–175. La creazione di identità fittizie è ciò che Musil inverando Feuerbach applicava rispetto alla questione delle nazioni; se noi ipostatizziamo e trasformiamo i macroaggregati e diamo caratteri di staticità ed essenzialità alle nazioni noi ci condanniamo alla subordinazione a un dio fasullo, costruito esteriorizzando e dando soggettività alle proprie qualità e aspirazioni. Questo insieme, se trasformato in un altro da sé, diventa oppressivo. Si rinvia a G. Marramao, La passione del presente, Torino 2008, in particolare, pp. 57–78. Si rinvia, su questo punto, agli studi di Alessandro Ferrara, Refl ective Authenticity. Rethinking the Project of Modernity, London – New York 1998, spec. capp. – e La forza dell’esempio, Milano 2008, spec. capp. e . Cfr. H. T. Engelhardt, The Foundations of Bioethics, New York 198. Si veda la riflessione, sviluppata a partire dalla defi nizione di Engelhardt, da G. Marramao, «Stranieri morali», Cosmopolis 1 (2009), pp. 153–. La presenza tanto del muro quanto dello specchio, è inevitabile, e lo è sia dentro, sia fuori i gruppi. Vi è una linea continua fra le molteplici variazioni di ‹muro› e una analoga fra quelle di ‹specchio›. Una cosa sono i muri con aperture e fi nestre, o con ponti, o con passaggi aerei, o con feritoie, o con intercapedini, altra cosa sono i muri impenetrabili. Anche lo specchio non è un’immagine univoca,
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Valori comuni, valori diversi? Una sfida per le democrazie
né tantomeno è sempre di significato positivo, perché nello specchio noi possiamo palesarci a noi stessi anche in forme variamente fuorvianti, o mostruose, e foriere di varie forme di sofferenza. Nella costruzione sociale del genere, come studi antropologici mostrano, la rappresentazione che imbruttisce l’immagine femminile in quanto tale – le femmine non sono belle, i maschi sì – è la regola imposta alle donne con automatismi mimetici irresistibili. Ciò detto, né il muro né lo specchio con tutte le rispettive varianti, se presi a se stanti, bastano tuttavia a dare la vera, unica, defi nitiva defi nizione dell’identità, sia in riferimento a ciascuna singola identità concreta, sia alla molteplicità morfologica delle identità che ci troviamo di fronte. L’identità, intesa sia come possibile variante del ‹muro›, sia come possibile variante dello ‹specchio›, è una figurazione indicante che siamo soggetti individuali permeati, sollecitati, provocati, sfidati dalla dimensione relazionale e linguistica in cui siamo nati e cresciuti. La prima fase del riconoscimento è la specularità; questa fase tuttavia può anche esser contemporanea o succedanea al muro, nel senso che noi costruiamo anche muri per determinare/stabilizzare la nostra identità e, in seguito, per paura del rispecchiamento con i sodali, costruiamo muri ulteriori, diversificati anch’essi sul versante interno, e con maggiori o minori vie di accesso verso l’esterno. 18 Si rimanda qui a B. Henry – A. Pirni, La via identitaria al multiculturalismo (vd. nota 1), spec. pp. 223–235. Id., «La via identitaria al multiculturalismo: oltre Charles Taylor», Studi Emigrazione 173 (2009) (XLVI), pp. 9–85. 19 La duplice immagine del muro e dello specchio risale all’Introduzione di Furio Cerutti al volume da lui curato Identità e politica (vd. nota 13).
Interkulturelle Verständigung und anerkennung. Philosophische ansätze zur migration Als räumliche Mobilität verstanden, gehört Migration zur conditio humana. Menschen waren immer schon mobil, und damit erweist sich die Migration als ein normales Phänomen. Was variiert, sind Verlauf, Formen und Strukturen von Migration, die durch die sozioökonomischen, politischen und kulturellen Kontexte geprägt werden, in denen Migration stattfindet.1 Der wohl auffallendste Unterschied der heutigen Migration im Vergleich zu den ersten Massenauswanderungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts besteht darin, dass der Migrant heute nicht so schnell wie möglich nach Assimilation und neuer Akkulturation strebt – sein Ziel ist also nicht, zumindest in seinen mittelfristigen Absichten, ein »kein Zurück mehr«. Nicht zuletzt dank der neuen Kommunikationstechnologien verstehen sich die Migranten zunehmend als Bewohner zweier Welten. Auf der Ebene der täglichen Lebensführung versuchen sie, sich Gebräuche und Verhaltensweisen des Gastlandes für den wirtschaft lichen Erfolg anzueignen, wollen aber gleichzeitig den Werten und moralischen Gefühlen ihrer Herkunftskultur treu bleiben. Selbst das Bild von den zwei Welten bzw. von zwei Kulturen des Gast- und des Herkunftslandes kann jedoch irreführend sein. Denn die Kulturen sind keine homogenen Größen, keine geschlossenen Kugelsysteme im Sinne Herders, sondern in sich differenziert und auf je verschiedene Weise weitgehend hybrid. Hinzu kommt das Phänomen der Deterritorialisierung der Kultur, welches das Zeitalter der Globalisierung besonders gekennzeichnet. Letztere generiert nämlich eine wachsende Trennung zwischen den Orten, in denen Kultur produziert wird, und den Orten, wo sie genossen werden kann. Etwa analog zum Offshoring in der Unternehmerbranche (ein weiterer strittiger Zug der Globalisierung) werden Werte, Verhaltensnormen, Lebensstile in extraterritorialen, von lokalen Bindungen losgelösten Kulturstätten »hergestellt« – so werden sie oft zumindest von denjenigen wahrgenommen, deren Lebensbedingungen an einem bestimmten Ort gebunden sind. Wenn dies einerseits ein Merkmal der Kulturproduktion, ja des Kulturbegriffs selbst offenlegt, nämlich dass Kultur prinzipiell keine Grenze kennt, macht es andererseits einen entscheidenden Unterschied, ob Werte, Verhaltensnormen und Lebensstile frei und bewusst übernommen oder ob sie als Zwangsregeln betrachtet und erduldet werden. Das Migrationsphänomen fordert (nicht nur) die Philosophie heraus, sich immer wieder neu zu konfrontieren mit der Frage nach der interkulturellen Verständigung und der Bestimmung der Beziehung zwischen dem Eigenen und dem Fremden, dem Wir und den Anderen. Schwerpunkt der einschlägigen Diskussion, die heute auf einer markant interdisziplinären Ebene geführt wird, ist die Verschränkung von interkultureller Verständigung, Bildung der personalen Identität und Anerkennung des Anderen. Diesem Fragenkomplex kann hier nicht detailliert nachgegangen wer-
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den. Ich werde mich auf einige Aspekte der drei Komponenten beschränken, um – thesenartig – einen konzeptuellen Rahmen für mögliche Ansätze einer »Philosophie der Migration« zu umreißen.
1. Interkulturelle Verständigung und lebenswelt Das Standardmodell der interkulturellen Kommunikation geht von den offenkundigen Unterschieden zwischen den Kulturen aus. Trifft der Wert der einzelnen Kultur mit ihren Besonderheiten zusammen, erschweren gerade die Unterschiede die Verständigung. Die Gemeinsamkeiten, ohne welche die Kommunikation gar nicht zustande kommen könnte, müssen im Ausgang von Unterschieden identifiziert werden und dabei zugleich die Unterschiede bewahren, die den Reiz der interkulturellen Kommunikation und Verständigung ja ausmachen. Nach der Standardvorstellung gilt also Differenz als das Erste und Gemeinsamkeit bestenfalls als das Zweite.2 Demgegenüber kann dahingehend argumentiert werden, dass es Gemeinsamkeiten gibt, welche den kulturellen Unterschieden vorausgehen und zugrunde liegen. In einer Wittgenstein’schen Perspektive3 ausgedrückt: Die Gemeinsamkeiten, die Differenzen erst ermöglichen, werden nicht bemerkt, weil sie offensichtlich sind: »Die für uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen. (Man kann es nicht bemerken, weil man es immer vor Augen hat.)«4 Das vermeintliche Paradox löst sich auf, sobald wir erkennen, dass die zwischenmenschliche Kommunikation und Verständigung eine Praxis ist, die – wiederum im Sinne Wittgensteins – »für sich selbst spricht«.5 Erst im Nachhinein kann sie auf der theoretischen Ebene analysiert werden: »Die eigentlichen Grundlagen seiner Forschung fallen dem Menschen gar nicht erst auf. Es sei denn, dass ihm dies einmal aufgefallen ist.«6 In Bezug auf die interkulturelle Kommunikation ist die eigentliche Frage nicht ob, sondern wie sie möglich ist. In seinem Aufsatz Ein Dutzend Daumenregeln zur Vermeidung interkultureller Missverständnisse vertritt Holenstein die These, dass kein qualitativer Unterschied zwischen intra- und interkultureller Kommunikation besteht. Dabei verweist er auf »das alte Prinzip der Billigkeit, das Grundprinzip der Hermeneutik« als »den hilfreichsten Leitsatz zur interkulturellen Verständigung«.7 In der Tat teilen die so genannten »Prinzipien der wohlwollenden Interpretation«8 die Annahme, dass es prinzipiell keine Inkommensurabilität zwischen verschiedenen Kulturwelten gibt. Auf je unterschiedliche Weise und dennoch sachlich übereinstimmend betonen Gadamer und Davidson, dass die interkulturelle Kommunikation auf einem »tragenden Einverständnis« bzw. auf »einer Grundlegung – einer gewissen Grundlegung – in der Einigkeit« beruht.9 Wenn wir verschiedener Meinung sind und versuchen, uns über eine Sache zu verständigen, »ist das [Einverständnis] immer mit im Spiele, selbst, wenn wir dieses Tragenden uns nur selten bewusst werden«.10 Davidson drückt diesen Sachverhalt ganz ähnlich aus: Das Verstehen hängt von einem »Hintergrund großenteils ungenannter und nicht in Frage gestellter wahrer Überzeugungen« ab.11 Als Wahrheits- und Konsistenzunterstellungen sind Gada-
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mers »Vorgriff der Vollkommenheit« und Davidsons Nachsichtsprinzip (Principle of Charity) weder auf Konsens angelegt, noch verpflichten sie zur Verständigung: Sie ermöglichen Verständigung sowie Dissens und Meinungsverschiedenheit. Beide Prinzipien oder Präsumptionsregeln sprachlichen (und nicht sprachlichen) Verstehens erweisen sich somit als konstitutive Bedingungen für die Praxis der Verständigung zwischen den Gesprächspartnern als Mitglieder derselben oder verschiedener Sprachgemeinschaften und lassen sich durch das Zurückgreifen auf ein im Großen und Ganzen geteiltes lebensweltliches Hintergrundwissen erklären, das jedoch meistens unauff ällig ist. Die Übereinstimmung in grundlegenden Fragen fällt nicht ins Auge, weil die geteilten Wahrheiten zu zahlreich sind oder als trivial gelten.12 Obwohl das Nachsichtsprinzip nicht moralisch gerechtfertigt wird, besteht ein enger Zusammenhang zwischen der interpretativen Charity und der Betrachtung und der Behandlung des Anderen als Person; denn »insoweit es uns misslingt, in den Einstellungen und Handlungen der anderen ein kohärentes Muster ausfindig zu machen, lassen wir uns schlicht die Chance entgehen, sie als Personen zu behandeln«.13 Die interpretative Charity ermöglicht, die Anderen als Personen zu betrachten, indem ihnen die Fähigkeit zugeschrieben wird, in ihren lebensweltlichen Interaktionen und Verständigungsprozessen zumindest einigermaßen zurecht zu kommen, also die Fähigkeit, sich eine mehr oder weniger in sich konsistente Weltorientierung zu bilden und danach zu handeln. Es ist ausdrücklich zu betonen, dass das lebensweltliche Hintergrundwissen nicht oder nur in geringem Maße aus anspruchsvollen philosophischen und wissenschaft lichen Theorien besteht, wohl aber aus empirischen und pragmatischen Überzeugungen und Handlungsweisen im Alltagsleben. Für Wittgenstein, aber auch für Davidson handelt es sich um grundlegende Tätigkeiten und Praktiken, die in der biologischen und sozialen Natur des Menschen verwurzelt sind. In diesem Kontext verwendet Wittgenstein den Ausdruck »Lebensformen« im Sinne von »Tatsachen des Lebens«.14 Diese Formen betreffen Aspekte des Lebens, die sich gegenseitig stützen, wie Behausungen errichten, reden, grüßen, Befehle geben; Tätigkeiten wie essen und gehen; Tätigkeiten, die zur Teilnahme am sozialen Leben befähigen. Er weist darauf hin, dass »befehlen, fragen, erzählen, plauschen […] zu unserer Naturgeschichte so wie gehen, essen, trinken, spielen« gehören.15 Die so verstandenen Lebensformen sind mit Sprachspielen bzw. Sprachformen untrennbar verflochten.16 Da die Sprachspiele nicht einförmig und scharf gegeneinander abgrenzbar sind, können Lebensformen prinzipiell zugänglich sein und verstanden werden.17 Dass solche basalen Formen des Lebens einen gemeinsamen deep background ausmachen, der den lokalen backgrounds der kulturellen Praktiken zugrunde liegt, wird durch Wittgensteins Hinweis auf die »gemeinsame menschliche Handlungsweise« bestätigt. Es geht um das Verstehen von Sprechakten einer fremden Sprache: »Denke, du kämst als Forscher in ein unbekanntes Land mit einer dir gänzlich fremden Sprache. Unter welchen Umständen würdest du sagen, dass die Leute dort Befehle geben, Befehle verstehen, befolgen, sich gegen Befehle auflehnen, usw.? Die gemeinsame menschliche Handlungsweise ist das Bezugssystem, mittels dessen wir uns eine fremde Sprache deuten.«18 Das »Gemeinsame« umfasst sowohl
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die Mitglieder der beobachteten Gemeinschaft wie auch die der Gemeinschaft des Beobachters, und es steht ferner für die Menschen als Gattung. Damit will Wittgenstein keine allgemeine These über die Menschheit aufstellen – etwa, dass alle Menschen dieselben Handlungen auf dieselbe Weise ausführen. Es geht also nicht um die Existenz von Invarianten oder Universalien, denn selbst die grundlegenden Formen des Lebens verändern sich.19 Die Pointe ist, dass das Verstehen des Anderen, des Fremden nicht umhin kann, ihn als einen von »uns« zu betrachten, und zwar unter dem »Wir« der Menschen, das in dem Eigenen verwurzelt ist. Wir tun es, indem wir dem Anderen Handlungen zuschreiben, die zu denen »familienähnlich«20 sind, auf die wir uns im Alltagsleben einlassen und verlassen.
2. Personale Identität und anerkennung Durch die »Prinzipien der wohlvollenden Interpretation« werden Gemeinsamkeiten ans Licht gebracht, die erste interkulturelle Anschlussmöglichkeiten begründen. Die Ermittlung von überschneidenden Identitäten und »Familienähnlichkeiten« erfolgt primär in der Ich-Du-Beziehung, die als die grundlegende soziale Struktur zu betrachten ist. Wie überzeugend argumentiert worden ist, 21 sind es nicht die Kulturen als Ganzheiten oder die Gemeinschaften als solche, die sprechen und handeln, sondern stets nur ihre Mitglieder, will man nicht Fiktionen anheimfallen, die Gemeinschaften unzulässig personifizieren oder sogar reifizieren. Die Personen sind weder ungebundene Selbste noch bloße Instantiierungen von Kollektivsubjekten. In einer gewissen Hinsicht gelten sowohl für die Kulturen als auch für die Bildung der personalen Identität ähnliche Dynamiken. Wie die Kultur aus einer Gesamtheit von Überzeugungen und Praktiken besteht, die als diskursives Gebilde das kollektive und individuelle Leben gestaltet, so bildet sich die personale Identität in »Geweben des sprachlichen Austausches«22 aus. Die Kulturen (und die Traditionen) sind prozessuale Konstruktionen, die sich dann erhalten können, wenn sie diskursiv artikuliert, also reflexiv sind. Reflexivität meint hier, dass sie imstande sind, sowohl sich bewahrend zu erneuern als auch sich erneuernd zu bewahren. Was die personale Identität ausmacht, ist immer doppelt bestimmt: Es ist etwas Vorgefundenes, und es ist etwas Entworfenes. Sie erfolgt über Identifi kationen mit gesellschaft lichen Vorstellungen sowie über individuelle Umgestaltung derselben. Eine intra- wie interkulturelle Kommunikation findet immer zwischen Subjekten statt, die in der ersten Person eine Sicht der Dinge artikulieren, die keine bloße Reproduktion des vorgegebenen (Hintergrund-)Wissens, sondern eine jeweils spezifische Leistung der Gesprächspartner ist. Zur Ausbildung der personalen Identität gehört bekanntlich die Orientierung an Werten: »Werte sind der Stoff, mit dessen Hilfe Personen ihre Identität definieren.«23 Nach Taylor sind »starke Wertungen« deswegen relevant, weil in ihnen die Vorstellung des Guten zum Ausdruck kommt, das als erstrebenswert für sich selbst und für die Gemeinschaft, der man zugehört, erachtet wird. Die starken Wertungen einer Person beziehen sich auf die »moralische Topographie«, die in der kulturel-
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len Praxis etabliert ist. Sie erfolgen wiederum nicht in einsamer Reflexion, sondern ergeben sich aus intersubjektiven Auseinandersetzungen. Der dialogische Charakter der Menschen und die Werteorientierung machen also zwei miteinander verwobene Wesensmerkmale personaler Identität aus.24 Treffend ist gesagt worden:25 Während Interessen aushandelbar sind – sodass sich Interessenskonflikte meistens in Kompromissen auflösen –, entzieht sich die Identität einer Person (und die einer partikularen Gemeinschaft) jeglicher Verhandlung. Unabdingbar für eine gelingende Identitätsbildung ist das »menschliche Grundbedürfnis« nach Anerkennung. Es ist hier nicht möglich, den verschiedenen Interpretationen des Anerkennungsbegriffs nachzugehen, die in der neueren politischen und sozialen Philosophie entwickelt werden.26 Ihr gemeinsamer Nenner besteht in dem Rekurs auf die zweite Formel des Kantischen kategorischen Imperativs, wonach Personen nie bloß als Mittel, sondern immer auch als Selbstzweck zu behandeln sind.27 In diesem Sinne charakterisiert z.B. Margalit die Anerkennung als die Abwesenheit von Demütigung, welche immer dann stattfindet, wenn Personen nur als Objekte, Tiere oder auch Untermenschen wahrgenommen und behandelt werden. Entsprechend wird eine »anständige Gesellschaft« dadurch definiert, dass »ihre Institutionen den Menschen, die ihrer Autorität unterstehen, keine berechtigten Gründe liefern, sich als gedemütigt zu betrachten«.28 Todorov unterscheidet zwei Stufen der Anerkennung: Die Anerkennung der Existenz einer Person (Anerkennung im engeren Sinne) und die Bestätigung des Wertes einer Person, wobei es zur zweiten erst kommen kann, wenn die erste bereits vollzogen worden ist. Dies entspricht etwa Adam Smiths Unterscheidung zwischen Aufmerksamkeit und Billigung: Denn »es sind zwei gänzlich verschiedene Dinge, ob man übersehen wird, oder ob man Missbilligung erfährt«.29 Die beiden Ebenen drücken die Wesensmerkmale des Bedürfnisses nach Anerkennung aus: die Anerkennung der Gleichwertigkeit von personalen Identitäten und die Anerkennung der verschiedenen Formen von Identitätsbildung. Da beide auf Wertvorstellungen beruhen, richtet sich die Anerkennung an die einzelnen Personen und an die von ihnen verfolgten partikularen Werte. Man kann es gerade am Beispiel der Migrantengemeinschaften verdeutlichen. Die Migranten haben Anspruch auf die Anerkennung ihrer bestimmten Identität und auf die Durchführung von Lebensweisen, die den kulturellen Werten ihres Herkunftslandes entsprechen. Es wird nicht verlangt, dass diese Werte von allen Personen in dem Gastland geteilt und angeeignet, wohl aber dass sie als legitim angesehen werden. Bekanntlich kreuzt sich die Anerkennungsproblematik mit der Entwicklung und Umsetzung von Integrationsmodellen, die Ausmaß und Grad der öffentlichen Anerkennung von Migranten widerspiegeln. Mir geht es hier nicht um die Vor- und Nachteile der verschiedenen Integrationspolitiken, die von den Einwanderungsländern praktiziert werden, so wichtig solche policies freilich auch sind.30 Denn die mögliche Integration setzt die Anerkennung des Anderen und die Auseinandersetzung mit ihm voraus, selbst und gerade wenn es sich um partikulare Werte handelt. Genauso wie man dem Anderen zum Verständnis seiner Überzeugungen Kohärenz und Richtigkeit unterstellen muss, so muss man auch seine Werte mit den eigenen in Übereinstimmung bringen, zwar nicht alle, aber doch hinreichend viele, um über-
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haupt die Partikularität der Werte identifizieren zu können und den betreffenden Meinungsverschiedenheiten Sinn zu geben. Die Möglichkeit der intersubjektiven Anerkennung ist nur auf der Basis von gemeinsamen Wertvorstellungen möglich. Der verbreiteten Annahme, der zufolge Wertekonflikte immer unlösbar sind, so dass die Übertragung des Nachsichtsprinzips auf den Wertebereich aussichtslos erscheint – mehr noch: einer unbegründeten und auf schlichte Assimilation gerichteten Projizierung der eigenen Werte auf die Wertungen des Anderen gleichkommt, kann Zweifaches entgegengehalten werden. Erstens beziehen sich die starken Wertungen unmittelbar und/oder indirekt auf Tatsachen des Lebens (in dem oben geschilderten Sinne), und aufgrund der Verschränkung von Tatsachen und Werten, von deskriptiv-kognitiven und evaluativen Einstellungen gerade in den grundlegenden existentiellen Fragen ist die Menge der Überzeugungen einer Person mit ihrer Auffassung der relevanten Elemente eines sinnvollen und erfüllten Lebens untrennbar verbunden. Um diese zumindest tentativ zu verstehen, muss man davon ausgehen, dass gleiche Eigenschaften der Dinge oder Ereignisse oder Handlungen tendenziell ähnliche Überzeugungen und Wertungen seitens des Anderen bewirken.31 Zweitens kann gezeigt werden, dass partikulare Werte vornehmlich auf die Verschiedenheit der Gewichtung prinzipiell gemeinsamer Werte zurückzuführen sind. Letztere herauszufinden erfolgt wiederum in der Auseinandersetzung zwischen Gesprächspartnern. Als entscheidende Orientierung dazu kann der Menschenrechtskatalog herangezogen werden. Denn die Inhalte der Menschenrechte stellen seit 198 die interkulturell gewonnenen Konvergenzpunkte hinsichtlich derjenigen Handlungsüberzeugungen und -normen (mitsamt den entsprechenden Praktiken) dar, die Menschen verschiedener Kulturgemeinschaften als zustimmungswürdig für die eigene konkrete Lebensführung ansehen.32 In Bezug auf die Tatsachen des Lebens bzw. auf die Lebensformen lassen sich dann die Wertekonflikte dahingehend deuten, dass die Personen den Handlungen und Praktiken, wodurch sie die Tatsachen des Lebens zu bewältigen versuchen, unterschiedliche Stellenwerte zuweisen. Sicherlich können auch verschiedene Interpretationen von gemeinsamen Werten zu unlösbaren Konflikten führen. Anders als viele Theoretiker der Inkommensurabilität der Werte meinen, ist das aber kein zwangsläufiges Ergebnis.33
3. menschenrechtliche Grundorientierung Die Frage nach der Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz von unterschiedlichen Lebenssichten und -weisen in einem Einwanderungsland sieht sich mit einem Paradox konfrontiert, das oft mals der Quadratur des Kreises ähnelt. Wenn einerseits festgehalten werden kann, dass Differenzen erst auf der Basis von gewissen Gemeinsamkeiten identifiziert und verstanden werden, stellt sich andererseits das Problem nach einer Interpretation der Gemeinsamkeiten, die imstande ist, die Differenzen nicht zu nivellieren. Die Sache wird dadurch noch komplizierter, dass jede Interpretation von gemeinsamen Werten, die eine politische Gemeinschaft »definiert«, wiederum eine partikulare ist. Die einzelnen Identitäten benötigen mithin, um
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anerkannt zu werden, eine politische Gemeinschaft, die zugleich »schwach« und »stark« ist. Schwach in dem Sinne, dass eine allzu homogene politische Gemeinschaft zur Assimilation, also zur Verkennung der Diversität, neigt, und stark, weil einer zu wenig zusammenhaltenden politischen Gemeinschaft die Fähigkeit fehlt, andere Identitäten anzuerkennen, die ihre Kohäsion weiter schwächen würden.34 Hinsichtlich der Migration stellt eine praktikable Austarierung von individuellen Ansprüchen, kollektiven Identitäten und sozialpolitischen Nutzenerwägungen eine Herausforderung dar, die einfache Lösungen verbietet. Diese Herausforderung veranlasst die Aufnahmegesellschaft, über das eigene normative Selbstverständnis zu reflektieren, gleichsam einen Blick auf sich selbst durch die Augen des Anderen zu werfen. In diesem Sinne möchte ich abschließend einige Grundbegriffe stichwortartig ansprechen, die das Projekt der interkulturellen Anerkennung von Werten und Lebensformen untermauern und zugleich spezifizieren. Sie sind: Primat der Person, Freiheit als Verwirklichungschance, Neutralität der politischen Gemeinschaft, bedingte Toleranz. Auf dem Primat des Einzelmenschen im Verhältnis zum Staat und zu jeder partikularen Gemeinschaft beruht das ganze System der Menschenrechte. Die Anerkennung der unantastbaren Würde des Einzelnen bildet die Grundlage und die »moralische Quelle«, aus der sich die Gehalte der Menschenrechte speisen.35 Dies verkennt aber nicht die Rolle der Gemeinschaft bzw. der verschiedenen Gemeinschaftsbildungen, in denen die Einzelnen ihre Sozialität zum Ausdruck bringen. Auch wenn es nicht immer gebührend bemerkt wird, spricht die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEM) das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft unmissverständlich aus: Der Mensch kann nur in der Gemeinschaft seine Persönlichkeit frei und voll entfalten.36 Die Frage ist also die nach der Verfasstheit der Gemeinschaft, ob sie die freie Entfaltung der Personen fördert oder unterdrückt. Gegen die kommunitaristische These, der zufolge die Gemeinschaft keine gewählte Beziehung (wie bei einer freiwilligen Vereinigung) ist, sondern eine Bindung und ein konstituierender Bestandteil der Identität der Individuen, macht Sen geltend, dass sich die Identität nicht auf ein Bündel unveränderlicher kultureller Determinanten reduzieren lässt, denen Personen oder Gruppen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit bzw. Geburt unterworfen sind. Da die Menschen üblicherweise und in fortschreitendem Maße vielfältige Bindungen und plurale Mitgliedschaften besitzen, sollte den Einzelnen innerhalb der Grenzen des jeweils Machbaren die Fähigkeit gewährt werden, über die Bedeutsamkeit und die Prioritäten hinsichtlich ihrer mehrfachen Identitäten und kulturellen Zugehörigkeiten reflektiert entscheiden zu können.37 Zur Entfaltung der Persönlichkeit scheint ein ungekürzter Freiheitsbegriff vonnöten. Freiheit meint nicht bloß das Nichtvorhandensein von erzwungenen Eingriffen in die Handlungen einer Person mit dem Ziel der gesellschaft lichen und politischen Anpassung, sondern auch – und vor allem – ermöglichende Freiheit, d.h. die tatsächlichen Wahlmöglichkeiten des Einzelnen zur Verwirklichung seiner Lebensplanung.38 Da Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung stets in besonderen relationalen Kontexten erfolgen, ist die öffentliche Anerkennung von partikularen
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Kulturgemeinschaften nicht als ein »Artenschutz« zu betrachten, sondern als die Bedingung der Möglichkeit, dass sich die Angehörigen solcher Gemeinschaften nach Situiertheit und vorhandenen Umständen als je spezifische soziale Wesen verstehen und handeln können. »Öffentlichkeit« meint hier einen zivilgesellschaft lichen und politischen Raum, in dem gemeinsame Belange diskutiert und unterschiedliche »starke Wertungen« miteinander abgeglichen werden können. In Bezug auf Anerkennung bedeutet Neutralität weder bloße Indifferenz noch generelle Wertneutralität. In diesem Sinne sind die Menschenrechte alles anderes als neutral. So können Freiheit und Gleichheit, die wie die anderen Menschenrechte auf »den Wert der menschlichen Person«39 als Selbstzweck gründen, ebenso gut als »Menschenrechtswerte« bezeichnet werden. Vollkommen anders als beim abstrakten Neutralismus einer normativ ungebundenen politischen Gemeinschaft ergibt sich das Neutralitätsprinzip aus der Achtung gegenüber dem Menschenrecht auf Weltanschauungsfreiheit. Als neutral gilt demnach die diskriminierungsfreie Gewährleistung des weltanschaulichen Pluralismus.40 Wie oben bemerkt, resultiert letzterer aus den unterschiedlichen, oft alternativen Artikulationen der Grundformen des Lebens, der Lebensformen, in denen die Personen ihre eigene Selbstbestimmung ausüben. Die diskriminierungsfreie Anerkennung erstreckt sich auf die vielfältigen Kulturmatrizen, die in einer politischen Gemeinschaft präsent sind, allerdings nicht aufgrund des intrinsischen Wertes der verschiedenen kulturellen Identitäten, sondern aufgrund der Wahlmöglichkeiten, welche sie den Einzelnen bieten. Die Deutung der Neutralität im Sinne von Nicht-Diskriminierung erlaubt zudem, den umstrittenen Begriff der Leitkultur zu präzisieren. Leitkultur kann man als die Chance verstehen, die Gemeinsamkeiten zwischen Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft und Zugewanderten zu stärken, sie kann aber auch als Assimilations- oder Marginalisierungsfaktor gegenüber den kulturellen Minderheiten wahrgenommen werden. Gerade die semantische Offenheit des Begriffs ermöglicht es, der Leitkultur innerhalb einer politischen Gemeinschaft eine nichtdiskriminierende Bedeutung und Funktion beizumessen, indem sie sich in ihren grundlegenden Komponenten als partikularer Ausdruck und Umsetzung der Menschenrechtskultur bewährt.41 Die Orientierung an den Menschenrechten setzt Verbindlichkeiten und klare normative Grenzen: Sie schließt die Anerkennung menschenverachtender Praktiken und Artikulationen von Lebensformen aus, selbst wenn diese im Namen von Kultur propagiert werden. In diesem Sinne definieren Menschenrechte die Untergrenze verantwortbarer Toleranz. Toleranz, die primär eine soziale und politische Tugend ist, bezieht sich nicht auf Personen als solche, sondern auf ihre Überzeugungen und Handlungen und beinhaltet zwei Komponenten: Ablehnung und gleichzeitige Akzeptanz. Toleriert werden Überzeugungen und Handlungen, die man zwar als falsch oder schlecht verurteilt (sonst handelte es sich um Indifferenz), sie dennoch aus übergeordneten, gleichsam übertrumpfenden Gründen42 duldet (sonst handelte es sich um eine Form von vollständiger Bejahung). Das Tolerierte wird akzeptiert, aber nicht oder nur bedingt geteilt. Toleranz stellt sich also oberhalb der von den Menschenrechten markierten Grenzen und ist in diesem Sinne gradueller Natur. So schätzt man zwar nicht alle Varianten des »guten Lebens«, doch toleriert man
1 Siehe dazu P. Manning, Migration in World History, New York 2005. 2 Vgl. W. Welsch, »Über Besitz und Erwerb von Gemeinsamkeiten«, in: C. Bickmann – H.-J. Scheidgen – T. Voßhenrich – M. Wirtz (Hgg.), Tradition und Traditionsbruch zwischen Skepsis und Dogmatik. Interkulturelle philosophische Perspektiven, Amsterdam – New York 200, S. 113–1. Im Folgenden beziehe ich mich zum Teil auf F. Longato, »Interpretation und Kommunikation. Lebensformen im Dialog«, in: B. Henry – A. Pirni (Hgg.), Der asymmetrische Westen. Zur Pragmatik der Koexistenz pluralistischer Gesellschaften, Bielefeld 2012, S. 93–112. 3 Vgl. J. Nida-Rümelin, Philosophie und Lebensform, Frankfurt a. M. 2009, S. 25 ff. L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, Frankfurt a. M. 1995, § 129. 5 L. Wittgenstein, Über Gewißheit, Frankfurt a. M. 198, § 139. L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen (wie Anm. ), § 129. 7 E. Holenstein, »Ein Dutzend Daumenregeln zur Vermeidung interkultureller Missverständnisse«, in: Ders. (Hrsg.), Kulturphilosophische Perspektiven, Frankfurt a. M. 1988, S. 288–312, hier S. 288. 8 Siehe dazu W. Künne, »Prinzipien der wohlwollenden Interpretation«, in: Forum für Philosophie
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diejenigen Überzeugungen und Praktiken, die sich auf einige tendenziell gemeinsame, wenn auch sehr unterschiedlich interpretierte Werte zurückführen lassen. Die Respekt-Konzeption der Toleranz 43 bindet letztere an die wechselseitige Achtung der Personen als autonome Autoren ihres eigenen Lebens im Rahmen einer rechtsstaatlich verfassten politischen Gemeinschaft, in der Menschenrechtswerte in Form von Grundrechten umgesetzt werden. In Bezug auf das Migrationsphänomen bezeichnet Zamagni als »bedingte Toleranz« das Prinzip, aufgrund dessen die politische Gemeinschaft mittels je nach Kontext differenzierten, zielgerichteten Akten den an interkultureller Integration interessierten Migranten befähigt, nach den Arten seiner eigenen Kultur die Grundrechte anzunehmen.44 Dem hier vorgeschlagenen Versuch, einen konzeptuellen Horizont zu umreißen, in dem sich einige kontroverse Fragen der interkulturellen Verständigung und Anerkennung bewegen, könnte man in Anspielung auf Kant entgegnen, dass er in der Theorie richtig sein mag, aber nicht für die Praxis tauge.45 In der Tat kann man daraus keine Deduktionsprinzipien gewinnen, von denen sich konkrete Fälle eindeutig entscheiden lassen. Denn die dafür notwendige Kontextsensivität und Kreativität kann nur in der tatsächlichen Praxis ausgeübt werden, angefangen von Ich-Du-Beziehungen in der geteilten Lebenswelt. Entscheidend scheint dennoch die Grundeinstellung der Angehörigen einer politischen Gemeinschaft, nämlich ihre Bereitschaft, sich im Umgang mit dem »Anderen«, in erster Linie mit den Migranten, von einer menschenrechtlichen Orientierung leiten zu lassen und zugleich diese bottom-up zu implementieren.46 Eine prominente Rolle spielen dabei die Akteure der Zivilgesellschaft – engagierte Einzelpersonen, freiwillige Zusammenschlüsse, ehrenamtliche Vereinigungen, Nichtregierungsorganisationen, Dritter Sektor –, deren Tätigkeiten und Integrationsinitiativen nicht nur exemplarisch zeigen, dass interkulturelle Verständigung und Anerkennung möglich, sondern auch wie sie praktikabel sind. In Anlehnung an Wittgenstein kann man dann wohl sagen, dass eine reflexive Praxis »für sich selbst spricht«.
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Bad Homburg (Hrsg.), Intentionalität und Verstehen, Frankfurt a. M. 1990, S. 213–23; O. R. Scholz, Verstehen und Rationalität. Untersuchungen zu den Grundlagen von Hermeneutik und Sprachphilosophie, Frankfurt a. M. 1999 (2002); F. Longato, Interpretazione, comunicazione, verità. Saggio sul «principio di carità» nella filosofia contemporanea, Napoli 1999. D. Davidson, Wahrheit und Interpretation, Frankfurt a. M. 1990, S. 280. H.-G. Gadamer, »Die Universalität des hermeneutischen Problems«, in: Ders., Wahrheit und Methode, Tübingen 1993, Bd. 2, S. 223. D. Davidson, Wahrheit und Interpretation (wie Anm. 9), S. 2. Ebd., S. 285. D. Davidson, Handlung und Ereignis, Frankfurt a. M. 1985, S. 311–312. Vgl. L. Wittgenstein, Bemerkungen über die Philosophie der Psychologie, Bd. 1, Frankfurt a. M. 198, § 30: »Die Tatsache, dass wir so und so handeln, z. B. gewisse Handlungen strafen, den Tatbestand so und so feststellen, Befehle geben, Berichte erstatten, Farben beschreiben, uns für die Gefühle der Anderen interessieren. Das Hinzunehmende, Gegebene – könnte man sagen – seien Tatsachen des Lebens / seien Lebensformen /.« L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen (wie Anm. ), § 25. Ebd., § 23: »Das Sprechen der Sprache ist ein Teil einer Tätigkeit oder einer Lebensform.« Dazu auch D. Davidson, Probleme der Rationalität, Frankfurt a. M. 200, S. 101: »Wenn wir die Worte der anderen verstehen, gibt es bereits eine gemeinsame Basis – wir haben bereits eine gemeinsame Lebensform.« L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen (wie Anm. ), § 20. Die berühmte Flussmetapher könnte auf die Lebensformen angewendet werden: »Man könnte sich vorstellen, daß gewisse Sätze von der Form der Erfahrungssätze erstarrt wären und als Leitung für die nicht erstarrten, flüssigen Erfahrungssätze funktionierten; und daß sich dies Verhältnis mit der Zeit änderte, indem flüssige Sätze erstarrten und feste flüssig würden. Die Mythologie [i. e. die unbezweifelten Sätze] kann wieder in Fluß geraten, das Flußbett der Gedanken sich verschieben. Aber ich unterscheide zwischen der Bewegung des Wassers im Flußbett und der Verschiebung [des Flussbettes]; obwohl es eine scharfe Trennung der beiden nicht gibt« (L. Wittgenstein, Über Gewißheit (wie Anm. 5), § 9–97). Vgl. L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen (wie Anm. ), § : »Wir sehen ein kompliziertes Netz von Ähnlichkeiten, die einander übergreifen und kreuzen. Ähnlichkeiten im Großen und Kleinen«; »Ich kann diese Ähnlichkeiten nicht besser charakterisieren als durch das Wort ›Familienähnlichkeiten‹; denn so übergreifen und kreuzen sich die verschiedenen Ähnlichkeiten, die zwischen den Gliedern einer Familie bestehen« (§ 7); »Die Verwandtschaft ist dann ebenso unleugbar wie die Verschiedenheit« (§ 7). Vgl. R. B. Brandom, Expressive Vernunft. Begründung, Repräsentation und diskursive Festlegung, Frankfurt a. M. 2000, S. 8. Ch. Taylor, Quellen des Selbst. Die Entstehung der neuzeitlichen Identität, Frankfurt a. M. 199, S. 71. M. Löw-Beer, »Das gute Leben und die Werte: Ein Streitgespräch über die Existenz von Werten«, in: Ch. Menke – M. Seel (Hgg.), Zur Verteidigung der Vernunft gegen ihre Liebhaber und Verächter, Frankfurt a. M. 1993, S. 1–180, hier S. 13. Vgl. Ch. Taylor, Quellen des Selbst, (wie Anm. 22), S. 203 ff. Vgl. F. Viola, »Confl itti d’identità e confl itti di valori«, Ars Interpretandi 10 (2005), S. 2–9. Für einen ersten Überblick über die Anerkennungsproblematik siehe J. Gerdes, Toleranz, Neutralität und Anerkennung. Aspekte des normativen Inventars der politischen Philosophie, Bremen 200; A. Honneth, »Verwilderungen. Kampf um Anerkennung im frühen 21. Jahrhundert«, Aus Politik und Zeitgeschichte 1–2 (2011), S. 37–5; W. Martineau – N. Meer – S. Thompson »Theory and Practice in the Politics of Recognition and Misrecognition«, Res Publica 18 (2012), S. 1–9. I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Werkausgabe, Bd. VII, Frankfurt a. M. 198, S. 1.
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28 A. Margalit, Politik der Würde. Über Achtung und Verachtung, Frankfurt a. M. 198, S. 2 f. 29 T. Todorov, Abenteuer des Zusammenlebens. Versuch einer allgemeinen Anthropologie, Berlin 199, S. 100 ff. 30 Dazu siehe Ch. H. Wellman, »Immigration«, in: The Stanford Encyclopedia of Philosophy, Winter 2012 Edition (http://plato.stanford.edu/archives/win2012/entries/immigration). 31 Vgl. D. Davidson, Probleme der Rationalität (wie Anm. 17), S. 132 f. 32 Vgl. J. Maritain, »Introduction«, in: UNESCO (Hrsg.), Human Rights. Comments and Interpretations, New York 198, S. 1–12. 33 Zu den verschiedenen Formen von evaluativer Einigkeit und Uneinigkeit siehe u.a. A. Besussi, Disputandum est. La passione per la verità nel discorso pubblico, Torino 2012, besonders S. 173 ff. 3 Vgl. F. Viola, »Confl itti d’identità e confl itti di valori« (wie Anm. 25), S. f. 35 J. Habermas, »Das Konzept der Menschenwürde und die realistische Utopie der Menschenrechte«, Deutsche Zeitschrift für Philosophie 58 (2010), S. 33–357, hier S. 35. 3 AEM, Art. 29 Abs. 1. 37 Vgl. A. K. Sen, Die Identitätsfalle. Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt, München 2010. 38 Dazu siehe Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (Hrsg.), Bericht über die menschliche Entwicklung . Barrieren überwinden: Migration und menschliche Entwicklung, Berlin 2009. 39 AEM, Präambel. 0 Vgl. R. Bielefeldt, Menschenrechte in der Einwanderungsgesellschaft. Plädoyer für einen aufgeklärten Multikulturalismus, Bielefeld 2007, besonders S. 75–83. 1 Die Kernfrage lautet: Können die Gesetze und politischen Maßnahmen einer politischen Gemeinschaft mit guten Gründen als Versuch verstanden werden, die Würde der ihrer Macht Unterworfenen zu achten? Dazu siehe R. Dworkin, Gerechtigkeit für Igel, Frankfurt a. M. 2012, S. 57. 2 Vgl. R. Dworkin, »Rights as Trumps«, in: J. Waldron (Hrsg.), Theories of Rights, Oxford 198, S. 153–17. 3 Siehe dazu R. Forst, Toleranz im Konflikt. Geschichte, Gehalt und Gegenwart eines umstrittenen Begriff s, Frankfurt a. M. 200, besonders S. 5 ff. Vgl. S. Zamagni, »Migrazioni, multiculturalità e politiche dell’identità«, in: C. Vigna – S. Zamagni (Hgg.), Multiculturalismo e identità, Milano 2002, S. 221–21, besonders S. 28 f. 5 In der Abhandlung Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis (1793) verteidigt sich Kant gegen die Vorwürfe von Christian Garve, seine Ethik sei abstrakt und nicht praxistauglich. Zur Zentralität der Einstellung siehe R. Dworkin, Gerechtigkeit für Igel (wie Anm. 1), S. 5 f.: »[Menschen] haben das Recht, als ein Mensch behandelt zu werden, deren Würde von fundamentaler Bedeutung ist. Dieses abstraktere Recht – das Recht, daß ihnen mit einer bestimmten Einstellung begegnet wird – ist das grundlegende Menschenrecht.«
Rapporto tra migrazioni, democrazia e diritti umani: osservazioni. Una testimonianza sul duplice versante italo-tedesco Innanzitutto vorrei esprimere la mia soddisfazione e un vivo ringraziamento per il fatto che un istituto qualificato come il Centro italo-tedesco di Villa Vigoni abbia deciso di dedicare un «Forum» ad un tema di grande impatto civile e politico come quello relativo al rapporto tra migrazioni, democrazia e diritti umani. Quello delle migrazioni è un fenomeno di grande rilievo destinato ad assumere, negli anni a venire, un ruolo sempre più determinante nelle politiche socio economiche non solo d’Europa, ma a livello globale. Negli ultimi anni questo tema, in Italia e anche in altri paesi europei, è stato declinato in modo xenofobo: ci si è concentrati in politiche volte a estromettere gli stranieri o ad impedire loro di entrare. Ritengo questo approccio ideologico e sbagliato. Viceversa l’immigrazione non è un problema. È una realtà di fatto. Si può cercare di chiudere l’immigrazione fuori dalla porta, interpretandola solo come problema. Ma possiamo essere certi che poi rientrerebbe dalla finestra, e amplificata in potenza. Oppure la si può aff rontare in modo costruttivo partendo da un dato oggettivo: non si può parlare di immigrazione riuscita se non si promuove l’integrazione. Se si fa questo allora l’immigrazione può diventare una vera risorsa: umana, sociale, e soprattutto anche economica. Integrazione significa futuro. Se una società moderna riesce o meno ad aff rontare con successo le sfide dell’avvenire dipende anche dalla sua capacità di integrare i suoi immigrati, valorizzandoli per quello che sono: una risorsa per lo sviluppo sociale, economico e culturale del Paese. Vorrei aff rontare il tema partendo dalla mia duplice esperienza di italo-tedesca. Da un lato un’italiana che, vivendo in Germania, l’integrazione l’ha vissuta sulla propria pelle, dall’altro una tedesca, che lavorando per progetti del Governo tedesco, ha perseguito l’integrazione degli stranieri. Le mie esperienze di fondo sono: ● l’integrazione non è facile, ● ma l’integrazione è possibile se esiste una politica che si impegna per garantirla.
Gli emigrati italiani in Germania La Germania, assieme alla Svizzera, è stata a lungo il paese su cui maggiormente si è concentrata l’emigrazione italiana a partire dagli anni ’50, quando venne firmato l’accordo di lavoro del 1955. Nel corso di mezzo secolo sono stati oltre quattro milioni gli italiani che per ragioni di lavoro si sono recati in Germania (di cui due milioni
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negli anni sessanta); di essi ne sono rimpatriati oltre 3.50.000 (con un saldo di 30.000 persone, nel quale non sono compresi i figli nati in loco). Dai dati del Ministero degli Interni attualmente risiedono in Germania circa 570.000 italiani, una delle nostre maggiori comunità al mondo. Da questa grande esperienza migratoria è possibile ricavare un primo elemento: quanto sia negativo non mettere in atto tempestivamente politiche di immigrazione. Di questo noi emigrati italiani in Germania, purtroppo, ne siamo la dimostrazione. Perché nei primi decenni dell’immigrazione italiana in Germania non venne attuata alcuna politica per l’integrazione. Si coniò addirittura un termine: Gastarbeiter, che voleva indicare che i lavoratori erano solo ospiti a tempo, destinati a rientrare nei loro paesi di origine. In questo modo per decenni si è scoraggiato un radicamento diff uso dei nostri lavoratori e delle loro famiglie; la provvisorietà non è stata il migliore sostegno per l’integrazione delle nuove generazioni, soprattutto nel loro percorso scolastico, contrassegnato ancora oggi, purtroppo, da serie difficoltà. Le consequenze si riperquotono ancora oggi fra la comunità italiana in Germania. C’è una quota di disoccupazione alta, anche tra le giovani generazioni, e grosse difficoltà ad integrarsi nel sistema duale della formazione e dunque nel mercato di lavoro. In generale la fi losofia del Gastarbeiter non è stata il migliore antidoto contro i fenomeni di xenofobia e di incomunicabilità sociale, che si sono manifestati talvolta acutamente, nonostante l’impegno delle autorità locali volto a garantire la comune sicurezza. D’altro lato l’esperienza migratoria degli italiani in Germania ha permesso un evidente miglioramento del reddito percepito e delle condizioni di vita degli emigrati e una prospettiva previdenziale rassicurante. Essa, inoltre, manifesta anche positivi segnali di integrazione, che consentono di parlare ormai di una presenza italiana non esclusivamente operaia, ma articolata in uno spettro di funzioni sociali differenziate e più elevate. I migranti italiani hanno una media di permanenza sul territorio tedesco tra le più alte (25 anni); gli italiani che hanno assunto la cittadinanza tedesca dal 2000 al 2009 sono 12.88; un terzo circa dei residenti italiani in Germania è costituito da ragazzi nati nel Paese di accoglimento dei genitori. Inoltre nel frattempo si è consolidata una rete di partecipazione alla vita democratica del paese che si svolge attraverso i canali dei sindacati e delle forze politiche e che dà il senso di un positivo percorso di saldatura.
l’immigrazione in Italia e in Germania: affinità e differenze L’Italia, da tempo non è più solo terra di partenze, ma anche luogo di arrivo. Ogni dieci anni, la popolazione immigrata è raddoppiata e dal 1970 si è moltiplicata di 25 volte. Dopo essere stata fino agli anni ’80 una zona di passaggio di migranti intenzionati a raggiungere altri Paesi, in particolare la Germania, l’Italia è ormai diventata un Paese d’insediamento. Gli analisti prevedono che fra dieci anni, i circa
la difficile integrazione sociale in Italia In brevissimo tempo l’Italia si è trasformata da Paese di emigrati a Paese di immigrati (in soli 0 anni il numero di stranieri è aumentato di 25 volte). Ma troppo a lungo l’Italia si è ostinata in una politica emergenziale, non ha voluto prendere coscienza del suo nuovo ruolo, intrappolata in una situazione di «non-governo» del fenomeno dell’immigrazione. Fino a sei mesi fa il Governo italiano ha scelto di gestire l’immigrazione come fosse una questione di ordine pubblico, senza rendersi conto che è del tutto illusorio pensare che misure restrittive possano fermare l’immigrazione. Impedire l’ingresso, chiudere le porte, mantenere le distanze tra italiani ed immigrati alimentando il razzismo è frutto di una politica inadeguata che non risolve i problemi, ma li aumenta. Non si è voluto approntare un percorso di accoglienza e integrazione rispettoso dei diritti fondamentali dei migranti. Il sistema economico e sociale italiano, ha
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5 milioni di stranieri oggi residenti nel nostro Paese, arriveranno a sette milioni: quanti ce ne sono oggi in Germania. E gli stessi analisti affermano che con questo ritmo, in Italia tra quindici anni gli stranieri supereranno i dieci milioni, un quinto della popolazione, e sarà proprio l’Italia a sostituire la Germania come maggior contenitore europeo d’immigrati. Tutto sommato peró l’Italia resta un Paese giovane dal punto di vista immigratorio e vive problematiche analoghe a quelle che la Germania si è trovata ad aff rontare da tempo. Le distanze numeriche, tuttavia, stanno diminuendo, dal momento che mentre in Italia arrivano annualmente attorno ai 300 mila stranieri l’anno, negli ultimi anni in Germania i numeri si sono attestati attorno alle 100 mila unità (solo nel 2011 si è tornati a superare le 300 mila). A differenza del passato, quando i ruoli dei due Paesi erano nettamente distinti (uno Paese di uscita e l’altro Paese di entrata) oggi l’immigrazione è per tutti e due i Paesi uno dei problemi sociali più rilevanti. La composizione della comunità immigrata nei due Paesi è comunque molto diversa. In Germania gli stranieri provenienti da Paesi europei sono circa l’80%. In Italia, invece, gli stranieri di provenienza europea non raggiungono il 50%, con una maggiore incidenza dei migranti provenienti da paesi extra europei. Vi è un altro aspetto significativo dal punto di vista delle relazioni interculturali: in Germania il gruppo turco rappresenta da solo circa un quarto del totale, mentre in Italia gli stranieri vengono da tutto il mondo. Si parla addirittura di migrazione policentrica, con una conseguente larga gamma di culture e credi religiosi. I gruppi più numerosi vengono dal Marocco, dalla Cina, dall’Albania, dal Senegal, dalla Tunisia, dalla Romania, ma ci sono anche molte altre nazionalità. In Italia si manifesta un’accentuata tendenza alla stabilizzazione degli immigrati, come dimostra l’alto numero dei ricongiungimenti familiari (100 mila l’anno, contro i 7 mila della Germania), l’elevato numero dei minori (80 mila) e la loro incidenza sulla popolazione residente (pari in Germania al 18,2% e in Italia a oltre il 22,%).
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finora assorbito con fluidità i nuovi arrivati, ma li destina ad attività lavorativa prevalentemente non qualificate e spesso inadeguate rispetto alle qualificazioni culturali e professionali che i migranti hanno acquisito prima del loro arrivo. (La percentuale di laureati e diplomati tra gli immigrati è del 0%, rispetto al 3% degli italiani, mentre la percentuale di operai tra gli immigrati è dell’8% rispetto al 55% degli italiani.) La piaga del lavoro nero è una pratica ampiamente diff usa nei rapporti di lavoro dei migranti. Essa si concretizza nel taglio delle retribuzioni, nel mancato rispetto degli orari di lavoro e nell’evasione dei contributi previdenziali, nell’abuso dei licenziamenti e nel mancato rispetto delle pratiche religiose e alimentari dei lavoratori immigrati. Per queste ragioni, aggravate ulteriormente dalla crisi economica in atto e dalla insidia della disoccupazione, il rischio di povertà riguardante il migrante è di due o tre volte maggiore di quello del lavoratore indigeno. Attualmente, sono stimati in 700.000 mila gli immigrati irregolari presenti in Italia e sono la conseguenza della cosiddetta «legge Bossi-Fini» che prevede meccanismi d’ingresso per lavoro confusi e lunghi; permessi di soggiorno di durata eccessivamente breve, costosi e con tempi di rinnovo troppo lunghi che fanno sì che un immigrato regolare diventi, suo malgrado, irregolare. Il risultato è che si incentiva il mercato del lavoro nero, dello sfruttamento e della criminalità organizzata; e si rischia di creare situazioni di pesante degrado umano e sociale. Alla realtà degli «irregolari» si affianca quella di circa quattro milioni di lavoratori immigrati regolari presenti nel nostro paese. Un valore tutto sommato piuttosto basso se si paragona con quelli di altri grandi Paesi europei, come la Germania (8,2 per cento) o la Spagna (11,7 per cento), se si pensa che in Italia gli immigrati rappresentano solo il ,5 della popolazione. Gli immigrati possono essere una risorsa importante per il Paese. Ma occorre mettere in atto una nuova politica migratoria che punti sull’integrazione e su una pacifica convivenza. Esattamente ciò che non è stato fatto negli ultimi anni. Infatti; in cosa è consistito il pacchetto legislativo negli ultimi 10 anni in materia di immigrazione?
le leggi in materia di immigrazione in Italia negli ultimi dieci anni Se c’è un aspetto in cui si evidenziano notevoli differenze tra Italia e Germania nel corso degli ultimi dieci anni è proprio quello delle politiche adottate verso i migranti. Risale al luglio del 2002 in Italia un pesante intervento espressione della paura nei confronti degli stranieri: la cosiddetta «legge Bossi-Fini». Con la «Bossi– Fini», sono state inasprite le misure di contrasto all’immigrazione irregolare. La pratica delle espulsioni, con l’accompagnamento immediato alla frontiera e quella dei controlli, con il prolungamento della permanenza nei Centri di Permanenza Temporanea (CPT), sono state consistentemente appesantite.
la svolta liberale in Germania Mentre l’Italia approvava questa legge, dimostrando di non cogliere affatto le potenzialità insite nell’immigrazione, in Germania la politica sull’immigrazione andava in una direzione diametralmente opposta, segnando anche per la Germania, dopo quasi 50 anni di ritardo, una svolta importante. L’allora Presidente della Repubblica, Johannes Rau, in un suo importante discorso alla nazione, dichiarava che l’integrazione degli immigrati sarebbe stata una questione principale del suo mandato. Il Governo rosso-verde riconosceva finalmente la Germania come Paese d’immigrazione e poneva la questione dell’integrazione al centro della sua agenda politica. A dimostrazione di come la questione dell’immigrazione non fosse più una questione di sicurezza interna, la delega di governo «per gli stranieri» (Ausländerbeauftragter) veniva rinominata «Delega per l’integrazione» e diventava di competenza del Ministero delle Politiche sociali, anziché di quello dell’Interno. A seguito di queste importanti e radicali premesse, nel corso della legislatura l’ordinamento giuridico tedesco conosce importanti novità. Nel 2000 viene approvata la nuova legge sulla cittadinanza, che facilita la naturalizzazione degli immigrati e riconosce automaticamente la cittadinanza tedesca ai bambini nati nel territorio tedesco.
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È stata cancellata ogni programmazione dei flussi d’ingresso. La nuova legge ha introdotto l’improbabile meccanismo della chiamata nominativa dei lavoratori, i quali dovrebbero trovare lavoro dal Paese di provenienza venendo chiamati personalmente dal datore di lavoro. Un sistema d’incontro tra domanda e offerta di lavoro. (La metà dei lavoratori richiesti, formalmente residenti all’estero, in realtà sono già presenti sul territorio). La restrizione del numero dei lavoratori provenienti da Stati che non abbiano collaborato nel contrasto all’immigrazione clandestina o nella riammissione di rimpatriati, rappresenta un’ulteriore restrizione. La legge prevede inoltre severi meccanismi sanzionatori: il respingimento alle frontiere per i migranti non autorizzati e la espulsione per gli irregolari. Il ritorno forzato, in conseguenza di un provvedimento di espulsione, è tuttavia soggetto a vincoli costituzionali e internazionali riguardanti i diritti umani. Esso infatti non può essere imposto a migranti che siano compresi «tra i soggetti vulnerabili», come le vittime della tratta o chi ha fatto richiesta di diritto di asilo. Nel testo unico del 1998, si prevedeva anche la tutela di quei migranti che, in caso di respingimento o di espulsione, possano essere perseguitati per ragioni religiose, etniche, politiche. Altre tutele riguardano i minori e le donne in stato di gravidanza o che abbiano partorito da non più di sei mesi. A questo proposito mi rammarico molto che una nostra proposta di legge volta a prolungare di qualche mese la permanenza di donne che abbiano appena partorito, non sia stata ancora esaminata dal Parlamento.
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Nel 200 entra in vigore la Zuwanderungsgesetz, la legge che dà alla Germania regole chiare e trasparenti in materia d’immigrazione. Senza scendere nei dettagli: i nuovi ingressi restano difficili e vengono rafforzate le misure contro l’immigrazione clandestina, che diventa reato; al contempo, nasce la commissione indipendente per l’immigrazione Zuwanderungskommission, che promuove e finanzia numerosi progetti per l’integrazione; si prevede una periodica programmazione dei flussi, con la quale individuare le qualifiche e le specializzazioni che rispondano al meglio al fabbisogno di lavoro del sistema produttivo tedesco.
le ‘misure di sicurezza’ in Italia Negli ultimi anni in Italia (ma bisogna dire anche in altri Paesi europei, dove il peso delle forze xenofobe è cresciuto) si è verificato un vero tracollo securitario nelle politiche per le immigrazioni. Gli stranieri sono diventati il nemico numero uno, un problema da risolvere. È stata messa in atto una politica finalizzata a lasciare gli immigrati fuori dalle frontiere. Gli stranieri molto frequentemente sono stati equiparati al criminale e si è aizzata l’opinione pubblica contro di loro. Le migrazioni sono diventate un argomento di scontro politico e un’occasione per catturare consenso, anche per l’allarme suscitato dall’aumento degli sbarchi e da alcuni episodi di cronaca. Sta di fatto che in Italia, sulla già restrittiva normativa del 2002, si sono letteralmente riversati il «decreto sicurezza» del 2008 e il «pacchetto sicurezza» dell’anno successivo. Il decreto ha pesantemente aggravato le facoltà di controllo, istituendo i cosiddetti «sindaci-sceriffo» e autorizzando i piani di controllo del territorio, che si tradussero in ronde di controllo. I Centri di Permanenza Temporanea e Assistenza sono stati trasformati nei Centri d’Identificazione ed Espulsione. La sola definizione è molto eloquente. La possibilità di trattenimento in queste strutture, le cui condizioni sono definite assai peggiori di quelle delle carceri, è stata poi prolungata fino a 18 mesi. Il «pacchetto sicurezza», a sua volta, ha aggravato i casi di respingimenti alla frontiera e ha introdotto nell’ordinamento italiano il reato d’immigrazione clandestina, affiancando al procedimento amministrativo di espulsione un reato penale, costituito dal soggiorno irregolare. L’irregolarità della presenza sul territorio costituisce altresì un’aggravante di altri tipi di reato e comporta il raddoppio della durata dell’arresto per lo straniero senza documenti di soggiorno. Oltre alle misure di contrasto sul piano interno sono state rafforzate anche quelle di respingimento in mare. Si è incrementata la casistica delle espulsioni dal momento che, oltre a quelle disposte dal Ministro dell’Interno, si sono aggiunte quelle del Prefetto, del Giudice e quella decisa come sanzione sostitutiva della detenzione di uno straniero condannato a più di due anni. La stessa legge, poi, ha ridotto dal quarto al secondo grado il rapporto di parentela che impedisce l’espulsione del cittadino straniero che abbia esercitato il diritto di
l’impegno per i diritti umani e per i diritti sociali in Italia Il tutto senza rendersi conto di quanto gli immigrati rappresentino un patrimonio incalcolabile per il nostro paese. L’apporto lavorativo degli oltre quattro milioni di immigrati stranieri in Italia nel 2007 è stato di oltre 13 miliardi di euro, pari a circa il dieci per cento del PIL nazionale (fonte: Centro Studi Unioncamere, Istituto Guglielmo Tagliacarne, 2009). Spesso gli immigrati esercitano attività che gli italiani non vogliono più compiere: badanti, casari, operai agricoli. Quasi l’8% delle aziende costituite da una sola persona in Italia è condotta da uno straniero. Si tratta di 250.000 aziende (venditori di frutta e verdura, Internet-Point, Money-Transfer, chioschi di fiori, imprese edili). Non possiamo più fare a meno di loro. Per di più il loro lavoro ha positive ricadute anche sul versante dei contributi previdenziali. Gli immigrati versano sette miliardi di euro nelle casse dell’Inps (pari al % delle entrate previdenziali), miliardi che difficilmente si trasformeranno in pensioni per loro dal momento che spesso non esistono accordi bilaterali con i paesi di provenienza. Inoltre abbiamo bisogno degli stranieri anche dal punto di vista demografico. Il nostro tasso di natalità è il più basso d’Europa. Siamo un paese «vecchio». Se chiudessimo le porte agli immigrati, nel giro di soli vent’anni (tra il 2010 ed il 2030) la popolazione giovane in età attiva tra i 20 e i 0 anni scenderebbe di oltre quattro milioni di cittadini, 200.000 l’anno, con effetti catastrofici per il nostro sistema pensionistico. Sono dati oggettivi, che ci dicono come la presenza degli immigrati rappresenti un interesse per l’Italia, sia per gli aspetti demografici che per lo sviluppo socio-economico del Paese. Ecco perché è ora che l’Italia faccia della politica dell’integrazione una priorità, facendo tesoro dell’esperienza della Germania di Johannes Rau, senza ascoltare le xenofobe dichiarazioni di Thilo Sarrazin e partendo invece dal presupposto che la multiculturalità non è un problema. È una risorsa. Concretamente, in Italia, ci sono diverse cose da fare: Innanzitutto c’è da cancellare il reato d’immigrazione clandestina, poi bisogna convertire i CIE ad una funzione di prima accoglienza ed identificazione, superando il loro carattere di strumento punitivo della presenza irregolare. Occorre inoltre rivedere i requisiti inerenti ai ricongiungimenti familiari, in modo da salvaguardare il diritto fondamentale dell’unità familiare. Va inoltre prevista l’acquisizione della cittadinanza ai bambini nati in Italia da genitori stranieri. In questo senso è prezioso l’esempio della Germania che, pur partendo come noi da un prevalente richiamo allo ius sanguinis,
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ricongiungimento, violando così le disposizioni che riconoscono nell’unità familiare un diritto fondamentale. Parallelamente, sono stati siglati accordi con i dittatori nordafricani volti ad ottimizzare il sistema dei respingimenti, come quelli verso la Libia, successivamente condannati da una sentenza della Corte Europea dei Diritti dell’Uomo.
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nel 2000 ha saputo temperare questo principio con una equilibrata applicazione dello ius soli, riconoscendo questo fondamentale diritto. La concessione della cittadinanza ai nati in Italia è comunque solo il primo passo di un percorso di cittadinanza sociale più lungo e articolato. Di questa prospettiva, un passaggio fondamentale è costituito dal voto per le elezioni amministrative, che rappresenta non solo un giusto riconoscimento di diritti, ma anche un fattore d’integrazione e una spinta alla transizione da una politica di tolleranza a una politica di convivenza. Un impatto di non minore valenza culturale e giuridica può essere l’adozione di una legge sulla libertà religiosa. Alcune professioni religiose – come l’islam, o l’ortodossa – pur essendo ampiamente praticate nel nostro territorio da centinaia di migliaia di persone, non hanno un riconoscimento e un trattamento di parità, il che non è francamente ammissibile. Ci sono poi le politiche d’integrazione. Innanzitutto è necessario combattere la piaga del lavoro nero e dello sfruttamento degli immigrati attraverso serrati controlli e attraverso l’introduzione nel nostro ordinamento di un reato che punisca il caporalato. Per favorire l’emersione del lavoro irregolare, soprattutto nel settore agricolo, si dovrebbero regolarizzare i lavoratori stranieri da anni presenti sul nostro territorio che non hanno commesso reati o che hanno contribuito all’individuazione di reati legati all’immigrazione. Vanno poi ridotti i tempi per il rinnovo del permesso di soggiorno, prolungando la sua durata soprattutto in caso di perdita del lavoro. Una seria politica migratoria deve inoltre curare il dialogo costante con le istituzioni che ogni giorno aff rontano questa realtà sul proprio territorio per costruire una strategia comune. Regioni, enti locali e associazioni, vanno coinvolti per promuovere un piano nazionale per le politiche di integrazione e di civile convivenza tra italiani e immigrati, che parta dal dialogo, dall’inserimento sociale e culturale. Ma nessuna misura interna può essere sufficiente per una durevole regolazione del fenomeno se contemporaneamente non si intensificano gli accordi bilaterali con i Paesi di partenza. In una prospettiva di reciproco vantaggio, occorre superare l’atteggiamento di puro controllo militare e di ordine pubblico, e sostituirlo con il rilancio delle politiche di partenariato e di cooperazione allo sviluppo. Garantire i diritti degli immigrati, infine, significa anche accreditare loro i contributi pensionistici versati al nostro sistema previdenziale. Un sistema che si sostiene proprio sulle contribuzioni assicurate dai migranti. In conclusione, il pieno riconoscimento dei diritti dei migranti costituisce, per gli italiani, per i tedeschi e per tutti gli europei, non solo un dovere di civiltà giuridica, ma anche un modo per salvaguardare la qualità della vita democratica dell’intero paese e per sostenere lo sviluppo sociale condiviso, in una prospettiva di dialogo interculturale. Dunque il cammino è ancora lungo. Di strada ce n’è ancora tanta da percorrere. Alla Germania spetta il compito di proseguire, all’Italia spetta il compito di intraprendere buone politiche di integrazione che garantiscano sviluppo, equità,
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sicurezza per gli immigrati, e dunque per l’intero paese. Di migrazione c’è n’è in tutta Europa. La mia esperienza è che una buona politica di integrazione è la strada migliore per far sì che la migrazione sia una straordinaria risorsa per tutti.
le asimmetrie dell’integrazione In questi ultimi vent’anni di battaglie pro e contro l’immigrazione ne abbiamo viste tante, forse troppe. Ci si potrebbe spingere al punto di dire che siamo di fronte ad una lunga guerra di posizione dove non è raro guadagnare terreno un giorno per perderne altrettanto il giorno dopo. I fronti aperti sono molteplici ed è particolarmente faticoso presidiarli tutti: l’integrazione, l’asilo, la salute, la criminalità organizzata, lo sfruttamento sessuale e sui luoghi di lavoro, i minori stranieri non accompagnati, solo per citarne alcuni. Una realtà complessa e frammentata con la quale il nostro paese ha dovuto fare i conti con il passare degli anni. E come ogni grande fenomeno, anche quello dell’immigrazione è diventato patrimonio comune, oggetto di dibattito e confronto acceso e connotato spesso da scarsa o cattiva informazione. Era inevitabile, dunque, che questo tema sarebbe stato oggetto di crescente attenzione da parte dell’opinione pubblica e sarebbe entrato prepotentemente nelle agende della politica nazionale e di governo, con atteggiamenti non di rado strumentali e a tratti particolarmente faziosi. Peraltro se oggi esiste un modo di pensare l’immigrazione, questo è certamente quello meno informato, quello più stereotipato. Per questo è bene avviare un processo culturale che permetta di avere «un nuovo modo di pensare per risolvere i guai prodotti dal vecchio modo di pensare» (Albert Einstein.) Innanzitutto dobbiamo partire dal presupposto che i migranti non sono tutti uguali e che la gran parte delle persone che si presentano ai Centri d’Ascolto delle Caritas diocesane o alle strutture caritative delle parrocchie, come ai Servizi Sociali dei comuni, sono i migranti più vulnerabili. Si tratta di persone non in regola con il permesso di soggiorno, richiedenti asilo privi di assistenza, rifugiati che non riescono ad ottenere ciò che gli spetterebbe di diritto. Insomma, persone che cercano una via dignitosa per integrarsi nella società cosiddetta d’accoglienza. Soggetti vulnerabili che, loro malgrado, presentano agli operatori una prospettiva dell’immigrazione problematica e che per questo spiazza di più. Questa realtà come Caritas Italiana riusciamo a monitorarla attraverso il costante raccordo con le Caritas diocesane. Nel 2011 abbiamo provato ad indagare e sintetizzare le problematiche più significative dell’utenza straniera presso i nostri centri d’ascolto. Dall’indagine sono emersi dei dati in qualche misura inaspettati. Ci ha fatto riflettere, in particolare, l’evenienza che le maggiori difficoltà economiche si riscontrino fra gli immigrati di vecchia data, i c.d. lungo soggiornanti, che vivono evidentemente una povertà di ritorno, ovvero si trovano nei cerchi di una spirale di povertà che li lega in tante trappole di diverso tipo, burocratico, lavorativo e a cascata familiare, sanitario, sociale. Così letti, questi dati sembrerebbero confermare che invece, negli immigrati di neo arrivo, le aspettative, le possibilità di inserimento sarebbero ancora potenzialmente esistenti. In più, le frange più deboli e traumatizzate, come le vittime di tratta e i richiedenti asilo, hanno una fase più o meno lunga
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di accompagnamento/assistenza, volta a renderli progressivamente indipendenti attraverso la professionalizzazione, progetti specifici di istruzione/alfabetizzazione, aiuto nella ricerca della casa e del lavoro, che alimentano, nei loro confronti, la prospettiva, almeno teorica, di una riuscita del percorso individuale. Un’altra riflessione che sovente ci troviamo a fare è quanto sia difficile definire l’integrazione a livello teorico. Quando ne parliamo o analizziamo il concetto ci troviamo sempre a misurarlo attraverso una serie di indicatori, a costruirlo empiricamente, desumerlo dall’osservazione di una serie di voci e dalla loro valutazione. Si considera dunque qual è il livello occupazionale, la condizione dei minori, il rilascio della cittadinanza, i matrimoni misti, le nuove nascite e l’assistenza sanitaria, le norme che regolano lo status del cittadino straniero. Senza scendere nell’esame di ciascuno di questi, va però detto che il nostro paese e la politica europea di questi ultimi anni si sono concentrate molto poco su come facilitare i percorsi di integrazione dei cittadini stranieri sul territorio, per costruire invece sulla base di una serie di esclusioni l’identità statale/europea, secondo una coincidenza tra identità di popolazioni e confini dello Stato, entro cui si sviluppano forme di coesione escludente. Lo Stato contemporaneo rivendica ancora oggi, in un contesto globalizzato, la pretesa del diritto di esenzione, con la volontà di poter salvaguardare la propria progettualità e la propria esistenza. Ma tale convinzione è fittizia in quanto lo Stato si trova impossibilitato a garantire le sicurezze economiche e lavorative dei cittadini, e la crisi ne è testimonianza viva, quando poi non deve addirittura scontrarsi con entità sovranazionali che ne limitano il raggio di azione. Vien da sé il riferimento alla sentenza della Corte Europea dei Diritti Umani (CEDU) sul caso Hirsi ed altri: uno Stato, quello Italiano, che nella pretesa di salvaguardare la propria progettualità e la propria esistenza, deroga al diritto interno ed internazionale, respingendo coloro che incarnano tutto ciò che i nativi temono e che suscita loro un profondo disagio in quanto specchio di quella fragilità umana che noi preferiremmo non ricordare. Nonostante il nostro paese, per quei respingimenti sia stato condannato dalla CEDU, nulla ritroviamo nel recente accordo tra Italia e Libia circa l’inserimento di disposizioni che vincolino in modo più stringente ogni programma di cooperazione di polizia al rispetto del diritto internazionale ed europeo sulla tutela dei rifugiati e dei diritti umani in generale. Con i respingimenti si è ribadito quel principio di sicurezza tanto caro ad un potere politico in cerca di legittimazione. I governi, privati dai processi di globalizzazione delle loro prerogative statuali, catalizzano la loro forza ed attenzione su bersagli che possono contrastare più facilmente come i migranti gli esuli, i rifugiati, contro cui possono scaricare le ansie e i timori derivanti da processi planetari su cui lo Stato nazione non ha più alcun potere di determinazione a partire dall’economia e dal lavoro. Eppure quei processi globali, che non si riesce più a governare come entità nazionali, sono alla base dei flussi che vedono migranti e rifugiati spostarsi numerosi sul nostro pianeta in cerca di protezione.
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Questo scarto tra tensione globale e poteri locali lo ritroviamo nelle recenti misure del Governo italiano che prevedono restrizioni e appesantimenti anche economici nei confronti degli immigrati, rendendo ad esempio più difficile rinnovare il permesso di soggiorno (vedesi anche la recente introduzione dell’accordo di integrazione, già in vigore in altri paesi europei) o aumentando il trattenimento nei centri di identificazione e di espulsione. Misure che aggrediscono l’immagine riflessa dei problemi. La detenzione dei migranti irregolari nei centri governativi, ad esempio, è stata prolungata sino a diciotto mesi, nonostante l’esperienza di oltre un decennio di attuazione della legge sull’immigrazione (Bossi-Fini, Turco-Napolitano) mostri come le verifiche necessarie a valutare l’effettiva espellibilità di una persona dai Centri si esauriscano mediamente in un tempo molto inferiore, con la conseguenza che il maggiore periodo di detenzione amministrativa, assorbendo ingenti risorse che meriterebbero più positiva destinazione, si trasforma in una sofferta privazione della libertà personale priva di scopo pratico. Questa smania di sicurezza dei governi che vogliono ad ogni costo difendere le proprie società dall’ingresso irregolare dei migranti più vulnerabili, ha portato a delle vere e proprie derive. Addirittura in alcuni casi si è voluto riconoscere al cittadino italiano l’improprio ruolo di controllore e delatore, di sentinella della legalità, partendo dalla convinzione che le politiche restrittive/repressive siano la soluzione a situazioni generali di degrado che datano da anni e che sono indice di ampia e prolungata trascuratezza sociale. A tal proposito il pensiero va ad una vicenda che ha animato il dibattito politico e l’opinione pubblica nel corso del 2008/2009. Nell’ambito della discussione in Senato del cosiddetto Pacchetto Sicurezza (atto 733), in commissione congiunta Giustizia ed Affari Costituzionali, era stato depositato da quattro senatori ed una senatrice della Lega Nord un emendamento che minava radicalmente uno dei principi base della politica sanitaria nei confronti dei cittadini stranieri nel nostro paese e cioè la garanzia di accessibilità ai servizi per la componente irregolare e clandestina. Erano previste due modifiche al comma e comma , e l’abrogazione del comma 5 dell’articolo 35 del Decreto Legislativo 28 del 1998 (Testo Unico sull’immigrazione). In particolare la soppressione del comma 5 sarebbe stata di estrema gravità in quanto derogava alla norma che prevedeva che «l’accesso alle strutture sanitarie (sia ospedaliere, sia territoriali) da parte dello straniero non in regola con le norme sul soggiorno non può comportare alcun tipo di segnalazione all’autorità, salvo i casi in cui sia obbligatorio il referto, a parità di condizioni con il cittadino italiano». Il rischio di segnalazione e/o denuncia contestuale alla prestazione sanitaria, avrebbe creato una barriera insormontabile per l’accesso e avrebbe spinto ad una pericolosa per l’individuo ma anche per la popolazione laddove si fosse in presenza di malattie trasmissibili. L’effetto della cancellazione di questo comma avrebbe vanificato il lavoro fatto negli ultimi 15 anni e che ha prodotto importanti successi nell’ambito sanitario tra gli immigrati testimoniato, ad esempio, dalla riduzione dei tassi di Aids, dalla stabilizzazione di quelli relativi alla Tubercolosi, dalla riduzione degli esiti sfavorevoli negli indicatori materno infantili (basso peso alla nascita, mortalità perinatale e neonatale ...). E tutto questo con evidente effetto
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sul contenimento dei costi in quanto l’utilizzo tempestivo e appropriato dei servizi (quando non sia impedito da problemi di accessibilità) si dimostra non solo più efficace, ma anche più ‘efficiente’ in termini di economia sanitaria. Piuttosto che rincorrere, quindi, queste facili scorciatoie che spesso si dimostrano un boomerang, ci si chiede, invece, perché non viene messa la stessa convinzione ed ostinazione nell’organizzazione dei servizi, nell’accoglienza, nell’accompagnamento delle persone, in azioni di integrazione. Al vecchio pacchetto sicurezza andrebbe perciò contrapposto un nuovo pacchetto integrazione ricco di azioni capaci di far stare la diversità dentro un sentire e vivere unitario. Occorre acquisire e fare propria, da parte dei decisori politici, la consapevolezza che occorre ricostruire una società coesa attraverso il rafforzamento di quelle istituzioni che la rendono tale, che sono attente ai bisogni dei cittadini, che intervengono per sostenerli. Più in generale, una riflessione sulle ragioni alla base della mancata costruzione di un modello nazionale di integrazione, deve prendere inevitabilmente le mosse dall’individuazione di alcuni nodi problematici che continuano a caratterizzare il panorama migratorio italiano. ● Innanzitutto le politiche sull’immigrazione, a distanza di alcuni decenni dall’inizio di questo fenomeno, sono orientate ancora principalmente verso l’emergenza, il contenimento e il controllo del fenomeno. D’altronde il nostro è a tutt’oggi un paese nel quale all’immigrazione di lungo periodo si affiancano consistenti flussi di nuovi migranti. ● In questo quadro si innestano politiche per l’integrazione deficitarie, per nulla pianificate e meditate. Si assiste, invece, ad una continua transizione in materia, ad un costante dibattito politico connotato da una profonda discontinuità e disomogeneità di approccio alla materia, sia a livello locale sia in termini di qualità e quantità degli interventi. ● Infi ne la composizione del quadro migratorio nazionale è connotata da elementi di diversificazione anche per quanto riguarda la provenienza dei migranti e ciò rende particolarmente complessa ogni politica di integrazione che deve fare i conti con culture molto diverse tra loro ma soprattutto con progetti migratori non sempre finalizzati ad una piena integrazione come noi la intendiamo. Forse anche per questo se dovessimo descrivere oggi un quadro italiano d’integrazione potremmo parlare, al limite, ancora di una integrazione subalterna di tipo funzionaleutilitarista, ovvero di un processo legato a doppio fi lo alla dimensione economica del migrante. Anche per questo negli anni si è verificata, da parte dell’opinione pubblica, da un lato una decisa apertura al lavoro immigrato, e dall’altro una certa chiusura alle persone degli immigrati e alle culture minoritarie. Sappiamo bene però che ogni processo di questo tipo non può passare solamente attraverso il lavoro del migrante ma deve contestualmente comprendere la dimensione sociale e politica del fenomeno, senza le quali non si compie una vera integrazione. E si tratta sia di approvare leggi non asimmetriche rispetto alla realtà fattuale, sia di riconoscere l’effettività di questi diritti. È cosa nota che la normativa italiana in questo ambito sia disallineata, non pragmatica: aver reso particolarmente restrittivi i canali d’ingresso in Italia, ovvero la possibilità di conseguire
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un titolo di soggiorno regolarmente trovandosi già in Italia, ha contribuito a creare un vasto bacino d’irregolarità che periodicamente viene sgonfiato ricorrendo a provvedimenti di sanatoria.1 Spesso poi le leggi, inoltre, laddove esistono, non sono pienamente effettive, perché, ad esempio, non sono supportate da stanziamenti di risorse economiche. Inoltre accade anche che non sia garantita sul territorio nazionale l’uniforme applicazione della legge stessa, perché il margine di discrezionalità amministrativa è sempre piuttosto ampio. Per parlare di un percorso migratorio finalizzato ad una piena integrazione, occorre partire dunque dal riconoscimento al cittadino straniero di pari opportunità in tema di casa, lavoro, istruzione, sanità e partecipazione politica ed adoperarsi poi per rendere effettivo l’esercizio di tali diritti: solo così avremo realmente posto le basi per una possibile integrazione del migrante.2 Anche sul fronte europeo è richiesto un maggiore sforzo, una maggiore solidarietà nei confronti di quei paesi, fra i quali l’Italia, che fanno più fatica ad off rire opportunità ai migranti. Su questo si è espressa Caritas Europa che, a margine di un incontro tenutosi a Cagliari fra le Caritas del Mediterraneo, ha pubblicato uno statement dal titolo Le leggi sull’immigrazione devono rispettare i diritti dei migranti e dei rifugiati di cui si riporta uno stralcio: Tutte le organizzazioni intervenute hanno espresso la loro profonda preoccupazione per le politiche comunitarie in materia di ritorni, esternalizzazione e controllo delle frontiere, criminalizzazione dei migranti, nonché sul rispetto dei loro diritti fondamentali e del loro benessere. Queste politiche restrittive dell’UE costringono le persone ad aff rontare dei viaggi pericolosi, creano immigrazione irregolare e non salvaguardano i diritti umani dei migranti e dei rifugiati. Pertanto, le Caritas invitano l’UE ad astenersi dalla promozione di politiche il cui unico effetto è la creazione strutturata di migranti irregolari e a incentivare, invece, il rispetto dei diritti umani e della dignità di tutte le persone, consentendo canali legali di migrazione e perseguendo politiche migratorie realistiche. La migrazione è un’opportunità e una sfida, un fenomeno complesso che ha un impatto sui paesi di origine, di transito e di destinazione, ma prima di tutto sulle stesse persone migranti. La Dottrina Sociale della Chiesa riconosce il diritto di cercare una vita migliore, in pace, lontano dal proprio luogo di origine, così come il diritto di godere di condizioni di vita dignitose nel proprio paese d’origine. Inoltre, il Diritto internazionale ed il Diritto europeo riconoscono il diritto di lasciare qualsiasi paese, incluso il proprio, e di ritornare nel proprio paese, il diritto di cercare asilo e di ricevere asilo, nonché il principio di non-refoulement. È drammatico come, nel nostro mondo dell’abbondanza, si debba ancora assistere a drammatiche storie di tante persone, che rischiano la loro vita e spesso la perdono nel Mediterraneo durante i loro viaggi verso l’Europa. Durante i loro viaggi queste persone vengono spesso abusate, sfruttate e in alcuni casi trafficate. Il massiccio controllo delle frontiere dell’UE costringe le persone a trovare differenti soluzioni per entrare in Europa, rivolgendosi a trafficanti e contrabbandieri. Le politiche europee di esternalizzazione delle frontiere non fanno altro che spostare
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la responsabilità sui paesi che si trovano all’esterno delle frontiere dell’UE. In questo modo, quelli che erano paesi di transito (in particolare nel Nord Africa) diventano involontariamente paesi di destinazione dei migranti, con la conseguenza, da un lato di dover fronteggiare flussi crescenti di immigrati, e dall’altro di vedere i diritti dei migranti spesso violati. La Caritas condanna inoltre la criminalizzazione delle migrazioni operata dagli Stati membri dell’UE. I migranti vengono detenuti per prassi, senza una analisi della proporzionalità delle detenzione rispetto alla loro situazione. La Caritas crede fermamente che la detenzione debba essere usata solo come ultima soluzione in casi eccezionali e che debbano essere preferite forme alternative alla detenzione. Le politiche dell’Unione Europea basate principalmente sui ritorni non sono una soluzione umana e sostenibile. Forti dell’esperienza di migliaia tra operatori e volontari Caritas, possiamo fermamente concludere che il ritorno non può essere considerato uno strumento di gestione dei flussi migratori. Il ritorno dovrebbe essere preso in considerazione solo se è gestito come uno sforzo reale per aiutare la persona a reintegrarsi nel proprio Paese di origine. Per questo invitiamo l’Unione Europea a: ● Astenersi dalla creazione strutturale di migranti irregolari e si salvaguardino i diritti umani e la dignità di ogni persona permettendo canali legali di immigrazione e politiche migratorie realistiche. ● Astenersi dalla detenzione di migranti e richiedenti asilo. La detenzione dovrebbe essere usata solo come ultima soluzione in casi eccezionali e le alternative alla detenzione dovrebbero avere la preferenza. ● Nell’ambito del quadro fi nanziario pluriennale 201–2020, assicurare che i fondi non si concentrino solo sui ritorni e sul controllo delle frontiere. ● Incoraggiare gli Stati Membri ad impegnarsi nel resettlement dei rifugiati all’interno del Programma Comune di resettlement dell’UE (Joint EU Resettlement programme).
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Diverse sono le iniziative pratiche che si potrebbero mettere in campo. Anche in un contesto di crisi occupazionale. Un ambito ad esempio sottolineato spesso dagli operatori è quello del miglioramento dell’incontro fra la domanda e l’offerta di lavoro: a tale riguardo sarebbe importante facilitare, rendere possibile l’ingresso per ricerca di lavoro, nonché riuscire e mettere in collegamento la domanda con i settori occupazionali in cui ci sono migliori opportunità di inserimento. Di conseguenza, anche l’orientamento professionale potrebbe/dovrebbe essere maggiormente mirato in quegli ambiti con maggiori potenzialità. 2 Cfr. Un futuro possibile, documenti di Caritas Italiana e Caritas Europa sull’integrazione dei cittadini stranieri, Verona 2008.
deutschland: einwanderung mit Hindernissen Deutschland war jahrzehntelang ein Einwanderungsland, das sich nicht als solches fühlte. Seit dem Anwerbestopp von 1973 hat Einwanderung zwar stattgefunden, die offizielle Politik hat sich aber eher auf das Verhindern als auf das Gestalten von Zuwanderung konzentriert. Es fehlte nicht nur an einer gestaltenden Migrationspolitik, sondern auch an einer gestaltenden Integrationspolitik. Integration von Menschen mit Migrationshintergrund bedeutet aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes keine einseitige Eingliederung oder Angleichung in bzw. an etwas Bestehendes oder Statisches. Es geht vielmehr darum, Teilhabechancen zu gewährleisten und die Gesellschaft gemeinsam zu gestalten. Hauptakteure in diesem Prozess sind die Menschen selbst. Damit ist Integration auch immer ein Prozess, der Aufnahmegesellschaft und Menschen mit Migrationshintergrund gleichermaßen herausfordert. Ein einseitiges Einfordern einer Bringschuld von Menschen mit Migrationshintergrund, wie in der deutschen Integrationspolitik oft heraufbeschworen und praktiziert, ist gerade nicht die Anbahnung eines gelingenden Integrationsprozesses. Grundlage für alle Prozesse müssen das Grundgesetz und die Akzeptanz der allgemein gültigen Wertehaltungen in Deutschland sein. Die Herausforderung für eine inklusive Gesellschaft besteht vor diesem Hintergrund darin, die Verschiedenartigkeit ihrer Mitglieder wahrzunehmen und zu akzeptieren. Inklusion bedeutet, dass an alle Menschen der Gesellschaft gleichermaßen gedacht wird und allen der Zugang zu den Dienstleistungen und Institutionen des Staates und der Gesellschaft offen steht. Eine inklusive Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit Verschiedenheit umgeht. Das im Jahr 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz mit dem Namen »Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern« sollte den Paradigmenwechsel hin zu Deutschland als Einwanderungsland widerspiegeln und ein neues Kapitel in der gesetzlich geregelten Integrationspolitik aufschlagen. Dieser Perspektivwechsel ist jedoch aus unserer Sicht nicht gelungen. Eine Mehrheit der alten gesetzlichen Regelungen erhielt nur einen neuen Namen, keinen neuen Inhalt. Integration wird weitgehend auf Spracherwerb reduziert. Das Gesetz verdeutlicht auch eine politische Grundhaltung: Integrationsleistungen werden darin nur von Menschen mit Migrationshintergrund gefordert, der Blick auf die Gesellschaft als Ganzes fehlt. Wer sind nun die Einwanderer in Deutschland, die das Land zu einem Einwanderungsland machen? Was bedeutet ihre Verschiedenartigkeit für die Integration? Die Zuwanderung nach Deutschland war und ist sehr differenziert. Die größte Gruppe bilden Personen, die aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks nach Deutschland migriert sind, ihre Angehörigen und Nachkommen: die sogenannten »Spätaussiedler«. Sie sind Deutsche und stehen als solche weniger in der Debatte als
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andere Menschen mit Migrationshintergrund, obwohl auch in Bezug auf sie über »Integrationsdefizite« diskutiert wird. Die Gruppe zugewanderter Ausländer/innen differiert nach der Dauer ihres Aufenthalts oder dem ausländerrechtlichen Status: Es gibt Personen, die sich nur eine gewisse Zeit in Deutschland aufhalten und dann in ihre Heimatländer zurückgehen oder weiterwandern. Manche kommen wieder (temporäre/zirkuläre Migration). Zu dieser Gruppe gehören Saisonarbeitnehmer, Studenten, Arbeitsmigranten mit einer klar gefassten zeitlichen Perspektive. Zur Gruppe der Arbeitsmigranten zählen wir auch sogenannte Armutsmigranten, die zeitweise zum Gelderwerb in Deutschland leben – viele von ihnen ohne legalen Aufenthaltsstatus. Hier sehen wir auf beiden Seiten – bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern – den Bedarf, über die Öff nung Deutschlands für mehr temporäre Arbeitsmigration nachzudenken. Eine weitere Personengruppe sind Menschen, die nach Deutschland kommen, um dauerhaft hier zu bleiben. Menschen wie die ehemaligen »Gastarbeiter«, aber auch Flüchtlinge, die eine Anerkennung erreichen. Deutschland wünscht und braucht aufgrund der demographischen Entwicklung künft ig mehr Arbeitsmigration. Allerdings sind die bisherigen rechtlichen Bestimmungen für Nicht-EU-Bürger trotz Verbesserungen in den letzten Jahren stark von dem Prinzip der Abgrenzung bestimmt. Und auch auf die Freizügigkeit von EU-Bürgern wird teilweise mit Abwehr reagiert, statt die Möglichkeiten offensiv zu nutzen. Dass die rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen hier den Notwendigkeiten hinterherhinken, spiegelt die Unentschlossenheit in der Deutschland-ist-einEinwanderungsland-Diskussion wider. Eine weitere Personengruppe in der Integrationsdebatte in Deutschland sind Menschen, die als Ausländer oder mit der deutschen Staatsangehörigkeit in Deutschland geboren sind und bereits in der zweiten oder dritten Generation hier leben. Im eigentlichen Sinne sind sie keine Migranten, weil sie nicht migriert sind. Sie müssen auch nicht »integriert« werden, weil sie bereits Teil der Gesellschaft sind. In Deutschland zählen sie gleichwohl nicht ganz dazu, sondern zur Gruppe der »Menschen mit Migrationshintergrund« – ein Begriff, der versucht, alle Personen rund um den Bereich Migration/Integration zusammenzufassen und der im Gegensatz zu den »echten Einheimischen« steht – den Menschen ohne Migrationshintergrund. Viele Menschen mit Migrationshintergrund haben zwei (oder mehr) Staatsangehörigkeiten, teilweise weil ihre Eltern unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben; Spätaussiedler bringen meistens als zweite Staatsangehörigkeit die des Landes, in dem sie zuletzt gelebt haben, mit. Teilweise dürfen sie aber auch bei einer Einbürgerung die Staatsangehörigkeit ihres Herkunftslandes beibehalten (doppelte Staatsangehörigkeit). Die Unentschlossenheit der deutschen Politik zeigt sich besonders beim sogenannten Optionsmodell: Integrationspolitisch ist dieses Modell problematisch, weil jungen Deutschen mit Migrationshintergrund signalisiert wird, dass sie trotz Geburt und Wohnsitz in Deutschland sowie deutscher Staatsangehörigkeit immer noch Deutsche »minderen« Rechts sind. Sie werden quasi gezwungen, sich zwischen
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neuer Heimat und den eigenen Wurzeln zu entscheiden. Das Optionsmodell wurde 201 geändert, aber nicht gänzlich abgeschafft. Die Kategorisierung von Zuwanderergruppen sagt noch nichts über die Chancen von gelingenden Integrationsprozessen aus, die sich, wie bereits gesagt, zwischen Menschen mit Migrationshintergrund und Aufnahmegesellschaft abspielen. Selbst wenn eine rechtliche Integration z.B. durch Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit erreicht wird, bedeutet dies nicht, dass Integration auch im alltäglichen Leben funktioniert. Das Anderssein bleibt, weil zum Beispiel »fremdländisches« Aussehen, Hautfarbe und nicht perfekte Sprachkenntnisse im Alltag offensichtlicher sind als der deutsche Pass. Die rechtliche Integration ist daher nur ein Meilenstein auf dem Weg zur realen Integration. Integration selbst findet im Kopf der Menschen statt. Nur dort kann sie gelingen. Es gibt also auch eine »individuell gefühlte« Integration – der Menschen mit Migrationshintergrund und der Einheimischen gleichermaßen. Wie sehr fühle ich mich als Mensch mit Migrationshintergrund als Teil der Gesellschaft? Und auf der anderen »Seite«: Wie sehr kann ich als Mensch ohne Migrationshintergrund das Anderssein der Anderen akzeptieren und in meine Lebenswelt integrieren, ohne immer wieder das Fremde/ Ungewohnte zu betonen und damit abzugrenzen? Der Staat stellt vielerlei Integrationsmaßnahmen zur Verfügung, die in ihrer überwiegenden Mehrzahl auf Menschen mit Migrationshintergrund fokussiert sind. Deutschsprachkurse, Beratungsstellen für Menschen mit Migrationshintergrund, erprobte Integrationsvereinbarungen sind einige der Angebote. Eine Bringschuld wird abverlangt, und es wird dabei verkannt, dass die sogenannte Mehrheitsgesellschaft selbst auch einen Bedarf an Integrationsmaßnahmen hat. Es müssen zum Beispiel kommunale Institutionen und Dienstleistungen offen sein für alle Menschen, die in Deutschland leben, um Teilhabechancen für jeden zu ermöglichen. Unklar bleibt, was Integration ausmacht. Integration soll immer wieder eine Annäherung sein an »das Deutsche«. Die meisten Vorstellungen gehen in diese Richtung. Aber der Versuch, »das Deutsche« in einer Leitkultur zu beschreiben, endet im politischen Streit, was vermuten lässt, dass es die »Leitkultur« aufgrund der Verschiedenartigkeit der einheimischen deutschen Bevölkerung nicht gibt. Die öffentliche Debatte in Deutschland folgt oft einem an Defiziten orientierten Ansatz. Im Vordergrund stehen die übermäßige Beanspruchung von sozialen Leistungen und die Probleme bei der Einbindung in den Arbeitsmarkt. Die Problematiken, die sich daraus ergeben, werden einseitig dem Merkmal »Migrationshintergrund« zugeschoben. Dabei wird außer Acht gelassen, dass andere gesellschaft liche Gruppen ohne Migrationshintergrund mit ähnlichen Lebensumständen kämpfen müssen, was aufgrund der Datenlage den Schluss zulässt, dass hier offenkundig soziale Probleme und/oder Schichtenprobleme verantwortlich sind. Dass Menschen mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich von diesen Lebenslagen betroffen sind, liegt wiederum unter anderem oft mals an den schlechteren Bildungschancen. Die öffentliche Debatte wird zudem immer wieder unsinnig durch extreme Positionen und Polemiken dominiert. Das gilt zum Beispiel für die Auseinandersetzung mit dem Islam beziehungsweise für die Frage der Kompatibilität der Lebensge-
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staltung von Muslimen mit dem Lebensstil in einer modernen Gesellschaft. Dies erschwert für Muslime die Integration in die Mehrheitsgesellschaft. Die Diskussion greift zu kurz: Die Zuwanderung ist nicht überwiegend muslimisch, und Menschen mit Migrationshintergrund sind es auch nicht (ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt lediglich bei ,5 %). Vor diesem Hintergrund wird vergessen, dass beispielsweise die Italiener als eine der großen Zuwanderergruppen mit massiven Problemen, sowohl was die Bildungssituation als auch die Arbeitsmarktintegration betrifft, kämpfen müssen.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Deutschland beschreitet die Wege der Integration schon länger. Trotzdem hat es die Chancen der Integration nur teilweise für sich entdeckt. Zuviel Wert wird noch auf die Unterschiedlichkeiten gelegt, die Ausgrenzung signalisieren. Es wird zu wenig erkannt, dass Zuwanderung und die steigende Zahl von Menschen mit Migrationshintergrund zwangsweise ein Umdenken und eine Weiterentwicklung der Gesamtgesellschaft nach sich ziehen. Die staatlich-institutionelle Seite kann dies nur durch günstige Rahmenbedingungen fördern, die diesen Prozess gedeihen lassen. Integration selbst findet vor Ort und in den Köpfen der agierenden Menschen im Alltag statt. Ein erster wichtiger Schritt zu einer neuen Haltung im Integrationsgeschehen wäre es, die Vielzahl von Asymmetrien aufzulösen. Dieser Schritt bedeutet tatsächlich einen Paradigmenwechsel in der Integrationspolitik, der derzeit jedoch politisch und wohl auch gesellschaft lich nicht getragen wird. Was die Debatte um Integration befördern könnte, ist die zur Zeit in der Diskussion stehende Willkommenskultur. Eine ernst gemeinte Willkommenskultur muss aus meiner Sicht mindestens zweierlei erreichen. Zum einen setzt sie ein eindeutiges Signal in Richtung von Menschen mit Migrationshintergrund: »Wir sehen, dass ihr hier seid und akzeptieren dies.« Zum anderen ist sie ein deutliches Signal in Richtung »aufnehmende« Gesellschaft: »Menschen mit Migrationshintergrund sind Teil unseres Lebens. Wir gestalten gemeinsam mit den Menschen mit Migrationshintergrund und auf Augenhöhe Gesellschaft und Zukunft in Deutschland.« Grundlage jedoch für diese Willkommenskultur für Zuwandernde ist die Etablierung einer Anerkennungskultur für die Menschen, die bereits hier leben, für die Leistungen, die sie der Gesellschaft zur Verfügung stellen, für das Engagement, das sie für den Zusammenhalt der Gesellschaft einbringen.
la cittadinanza e l’immigrazione. Idee per una nuova disciplina italiana 1. Introduzione Pensando alla cittadinanza bisogna aver presente anzitutto che si tratta di un tema che come e più di altri va considerato nel contesto. Se ne deve parlare con riguardo a un luogo e a un tempo. E non contano solo i grandi riferimenti spaziali e temporali del tipo Europa o Ancien Régime, ma anche più particolari contingenze. I pensieri che possiamo sviluppare ora in Italia sulla cittadinanza devono ad esempio tener conto di un contesto reso dall’immigrazione di massa assai diverso da quello di anche solo vent’anni fa. Va poi considerato che il termine «cittadinanza» assume significati assai variabili. Si parla spesso ad esempio in letteratura di «diritti di cittadinanza» sulla scorta di Marshall, ma tali diritti non si legano certo oggi se non in minima parte alla cittadinanza quale status specificamente previsto dalla legge. Questa riflessione muoverà dalla considerazione dell’Italia di oggi e avrà come riferimento la cittadinanza quale status giuridico che si acquista sulla base di una specifica disciplina. Essa ruoterà attorno ad un interrogativo che noi italiani oggi ci poniamo: «È la nostra attuale disciplina dell’acquisto della cittadinanza giusta e adeguata specie a fronte dei rilevanti flussi migratori o andrebbe modificata ed eventualmente come?» La cittadinanza, inoltre, è fondamentalmente uno strumento, è qualche cosa che deve servire ad uno o più scopi specifici. Nell’Italia di oggi come in generale nelle democrazie la cittadinanza e la relativa disciplina sui modi d’acquisto servono anzitutto a dar vita al popolo sovrano, a definire un insieme di persone che congiuntamente decideranno del bene comune. Quindi la domanda cui si cercherà di rispondere è, più precisamente, la seguente: «Nel contesto dell’Italia di oggi, segnato dall’immigrazione di massa, è quella vigente sulla cittadinanza la disciplina più giusta e adeguata affinché si abbia il migliore possibile popolo sovrano o avremmo bisogno invece di una disciplina dai connotati diversi?»
2. la cittadinanza secondo l’idea romantica di nazione Ebbene, un italiano, così come un francese o un tedesco, oggi ancora inevitabilmente quando inizia a pensare al popolo lo fa procedendo dall’idea romantica di nazione. Immagina che il popolo, specialmente se chiamato ad essere sovrano, debba essere unito da un comune sentire quanto alla vita individuale e collettiva;
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un comune sentire derivante da un insieme di tradizioni e insegnamenti ricevuti tali da portare tutti i membri a vivere secondo i dettami di una stessa cultura ed a vedere con occhi simili la società presente e il futuro della collettività. Se questo è il modello, allora è ragionevole pensare che dentro la famiglia possa e debba formarsi il cittadino, perché è nella famiglia che si sviluppano la più parte dei processi di riproduzione culturale. Si delinea l’idea di una concezione nazionale-familiare della cittadinanza alla quale corrisponde sul piano legislativo il modello di una disciplina rigidamente ancorata al criterio dello ius sanguinis; ogni altra via seppur ammessa lo sarà con gran cautela e diffidenza – e dando talora spazio alla discrezionalità – secondo la logica dell’eccezione, persino per in nati nel territorio da famiglia straniera, perché è obiettivamente difficile fare propria una determinata cultura nazionale, anche quando nati nel territorio se la famiglia è straniera; e questo tanto più quanto più, come nell’Italia di oggi, l’immigrazione ha portato e porta nel territorio persone assai diverse dall’italiano tipo secondo l’idea di nazione e, d’altra parte, non c’è più, ammesso che mai ci sia stata davvero, la vecchia idea che chi viene da paesi «arretrati» non vedrebbe l’ora di far sua una cultura «superiore». Ragionando così la disciplina italiana vigente dell’acquisto della cittadinanza appare nell’impianto adeguata. Se ne possono solo criticare certune soluzioni, come quella che prevede l’acquisto automatico dopo un tempo breve per chi ha sposato un italiano/a, perché è chiaro che nella famiglia di oggi i genitori educano i figli ma non si può certo dire che il coniuge italiano educhi l’altro. E quanto ai nati in Italia da genitori entrambi stranieri, si potrebbe criticare la soluzione che si ha nella legge di dare ad essi un diritto alla cittadinanza una volta maggiorenni, proprio per coerenza con l’idea secondo cui ogni via d’acquisto diversa dallo ius sanguinis seppur ammessa dovrebbe esserlo con gran cautela e diffidenza e comunque secondo la logica dell’eccezione.
3. Se di fatto la nazione non c’è Ma basare oggi una disciplina della cittadinanza sull’idea romantica di nazione presuppone un fraintendimento della realtà e genera ingiustizia o irragionevolezza. Presuppone un fraintendimento della realtà, perché si immagina che l’Italia sia una nazione quando invece forse non è mai stata davvero tale e comunque oggi lo è sempre meno. Il cattolicesimo ha segnato il costume per secoli dettando per molte cose la mappa del bene e del male. Ma oggi non è più così. Un esempio eclatante: c’era una volta al centro della società la famiglia come società naturale fondata sul matrimonio, oggi i conviventi sono forse più degli sposati e non ritengono certo di vivere nel peccato. Però non si può nemmeno dire che stia nascendo un nuovo modello di famiglia, la società appare piuttosto divisa tra modelli assai diversi, senza prevalenza: da questo punto di vista, non marginale nella concezione romantica, la nazione non c’è più. In Italia poi più che altrove è sempre più evanescente l’immagine, davvero centrale nel pensiero romantico sulla nazione, di un popolo accomunato da una comune
4. Senso di appartenenza e patriottismo costituzionale quali riferimenti possibili della disciplina E allora? Come ripensare la cittadinanza – fuori da un riferimento all’idea di nazione? Paradossalmente, a tale ripensamento possiamo procedere proprio considerando ancora la concezione della cittadinanza come nazionalità. In essa infatti c’è un’idea tanto semplice quanto fondamentale: la capacità di un popolo sovrano di dar vita a un buon governo è legata al fatto che tale popolo sia accomunato da qualche cosa di specificamente rilevante in proposito. In altri termini, va per quanto possibile respinta una concezione puramente formale della cittadinanza mirando, come del resto avviene in qualche modo in ogni associazione, ad una qualche connotazione sostanziale. Nell’idea della cittadinanza come nazionalità tale connotazione sostanziale si ricollega direttamente ai contenuti dell’azione pubblica. Qualche esempio: al riferimento a una stessa tradizione religiosa dovrebbe corrispondere un modo simile di vedere le questioni riguardanti la «vita» (dalla fecondazione assistita all’aborto fino all’eutanasia); al riferimento condiviso a determinati passaggi storici chiave dovrebbe corrispondere un comune linguaggio a proposito di elementi essenziali della politica come ad esempio la dimensione «giusta» della sfera pubblica.
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visione della storia nei suoi passaggi essenziali per definire i possibili connotati della comunità politica. Mentre nella vicina Francia, ad esempio, la Rivoluzione ha assunto un ruolo identitario, in Italia il ricordo del Risorgimento è sempre stato per molti poco importante e addirittura negli ultimi decenni vi è stata una ripresa della visione di tale evento storico in termini di guerra civile se non addirittura di conquista coloniale (nel sud già borbonico) o di cancellazione di un’esperienza di buon governo (nel nord già asburgico) e quanto alla Resistenza la sua forza di evento fondante pur legandosi alla sfessa Costituzione non è mai davvero stata capace di chiudere la partita con la lettura di quella vicenda in termini, ancora una volta, di guerra civile. Dunque, costruire sull’idea romantica di nazione la disciplina della cittadinanza significa fondarsi su un fraintendimento della stessa realtà italiana, anche perché le forze potenti che scompaginano dall’interno la nazione appaiono anche nel medio periodo inarrestabili. E poi, in un contesto di immigrazione di massa, se si vuol far sul serio seguendo tale via ci si condanna a un paese futuro diviso tra «noi» e «loro», sempre meno democratico, separandosi nettamente la residenza dalla cittadinanza, e sempre più povero di forze coese e sempre più segnato dall’indifferenza se non dal conflitto. E d’altra parte se, come in una qualche misura oggi accade in Italia, per evitare in qualche modo tale scenario seppur lentamente e con non poco arbitrio si finisce per ammettere tutti alla cittadinanza, il processo di sviluppo senza alcuna vera ragionevolezza rispetto alle premesse dando vita ad una cittadinanza per gli stranieri semplicemente subita dagli italiani.
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Ma nell’attuale contesto in che cosa potrebbe consistere il profi lo sostanziale della cittadinanza? Ripensiamo noi italiani al nostro essere cittadini oggi. Se partecipiamo in vario modo ai processi di definizione delle politiche pubbliche e se poi rispettiamo le decisioni che vengono adottate lo facciamo perché siamo d’accordo con le idee prevalenti e con gli effettivi contenuti dell’azione pubblica? No, spesso non siamo d’accordo. E allora perché? Che cosa ci spinge a discutere di politica e a votare e poi a rispettare le decisioni? Qualcuno potrebbe dire, a proposito del rispetto delle regole, che esso nasce dalla paura delle sanzioni o più in generale delle conseguenze negative che potrebbero derivarne o anche da quel rispetto del potere formalmente legittimo che è caratteristico dell’europeo moderno. Ma non si tratta solo di questo. Se noi rispettiamo le regole e partecipiamo alla vita pubblica lo facciamo per due grandi ragioni: perché si tratta del nostro paese e perché siamo convinti che se anche i risultati non di rado non ci convincono il processo decisionale sia retto da regole giuste fondamentalmente dettate da una Costituzione che condividiamo. Si tratta del nostro paese; è quel connotato della cittadinanza che in letteratura viene sovente indicato come «senso di appartenenza» per usare l’espressione di Renan. Partecipiamo e accettiamo le decisioni perché convinti che le regole siano giuste; è quel connotato della cittadinanza che in letteratura viene sovente indicato come «patriottismo costituzionale», rifacendosi ad Habermas. Ecco, sono questi due possibili connotati delle cittadinanza importanti perché vi sia buon governo che non dipendono dall’inverarsi dell’idea romantica di nazione. E allora, perché non ricollegare ad essi la cittadinanza con la sua disciplina? Perché non fare riferimento ad essi nel definire i modi per l’acquisto della cittadinanza italiana da parte degli immigrati e dei loro figli? Non a caso questo è sempre stato il nerbo della cittadinanza negli Stati Uniti: un grande paese che non è una nazione. Qualcuno potrebbe dire a questo punto: «Non cambia nulla, perché anche in questo caso comunque si tratta di connotati che si assumono nella famiglia mentre gli stranieri non possono farli propri se non eccezionalmente attraverso un difficile e lungo percorso di assimilazione». Ma non è così. Ripensiamo alla storia italiana. Parafrasando un’espressione famosa: fatta l’Italia, come si è cercato di fare gli italiani? Come si è ottenuto non già una nazione – anche se così avrebbe voluto l’ideologia dominante – ma un popolo con un qualche senso di appartenenza e di rispetto della costituzione? Con la scuola, con il servizio militare e poi con la pratica del decidere insieme: con i partiti, i sindacati, le altre associazioni politiche e il voto. In queste esperienze è maturato quel po’ di senso di appartenenza e di convinzione della giustizia dei processi costituzionali che ci ha consentito di governarci. Ma a proposito degli immigrati e persino dei loro figli qualcuno potrebbe dire: «Cose simili non servirebbero con loro perché sono troppo diversi». Ma non è così: la storia degli Stati Uniti ad esempio ci ha mostrato sempre la pos-
5. I contenuti base di una nuova disciplina dell’acquisto della cittadinanza Da quanto detto discendono i contenuti possibili e necessari di una disciplina della cittadinanza diversa da quella attuale nel contesto di una democrazia multiculturale. Certo, il sentimento d’appartenenza e l’adesione ai valori costituzionali da parte degli immigrati e dei loro figli non possono derivare solo dalla disciplina della cittadinanza; molti e vari fattori debbono in modo complesso a ciò concorrere. Tuttavia la disciplina della cittadinanza può giocare un ruolo importante a riguardo. Come? Primo. La disciplina deve nel suo complesso comunicare il seguente messaggio: l’Italia vuole che gli immigrati e i loro figli divengano cittadini, tale evento va considerato non solo positivo ma importante. Perché il senso di appartenenza per chi viene da fuori nasce da un incontro e si pone come un’amicizia, un’amicizia difficile da realizzare se l’atteggiamento di chi accoglie è invece come vuole la legge attuale segnato dalla diffidenza se non dal rifiuto o comunque dell’indifferenza. La legge deve dire allo straniero, a qualunque straniero: porremo delle condizioni perché tu sia parte del popolo, ma noi desideriamo che tale appartenenza si realizzi quanto prima, perché vogliamo costruire con te un sempre nuovo popolo. Vanno previste modalità di informazione e promozione; i tempi e gli ostacoli devono apparire tutti ragionevoli e conoscibili, azzerandosi per quanto possibile la discrezionalità; l’acquisto della cittadinanza va costruito come una festa civile (in questo l’esperienza statunitense può darci spunti interessanti). Secondo. Se crediamo (e dobbiamo crederlo) che conoscendo e vivendo nel modo giusto i nostri valori costituzionali gli immigrati e i loro figli saranno portati ad aderivi, allora bisogna costruire per gli uni e per gli altri percorsi caratterizzati dall’in-
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sibilità per persone venute da lontano di riconoscere in poco tempo se non subito o quasi quel paese come il proprio. E quanto ai principi costituzionali dobbiamo guardarci negli occhi e farci una domanda: «Non ci siamo detti noi europei per secoli che tali principi lungi dall’essere arbitrari discendono invece da una risposta razionale, la più razionale possibile, a esigenze naturali dell’uomo riconducibili all’idea del non essere suddito e dell’essere sicuro nei propri diritti e con chance adeguate per una vita dignitosa?» Io insegno diritto pubblico e a questo riconduco il principio democratico e lo Stato di diritto, la divisione dei poteri e i diritti fondamentali così come il principio di eguaglianza e lo Stato sociale. E allora, se vogliamo essere coerenti con questa che è una delle componenti più belle della nostra civiltà non dobbiamo forse concludere che gli immigrati seppur in molti sensi venuti da lontano possono apprezzare tutto questo come noi, in quanto come noi umani, e anche più di noi per i vissuti di sofferenza cagionata proprio dall’assenza o dall’eclissi di tali principi nei luoghi d’origine e poi lungo il percorso e poi spesso, troppo spesso anche all’interno dei nostri confini?
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contro e dall’esperienza di tali valori: per gli immigrati, vanno previste occasioni formative – che la legge attuale invece non prevede – attraverso le quali confrontandosi con i docenti e con altri immigrati non solo possano apprendere determinate nozioni – in vista di un esame che certifichi una certa «competenza civica» al posto dell’attuale colloquio discrezionale – ma anche misurarsi seriamente con i valori costituzionali (in questo l’esperienza tedesca può darci spunti interessanti); sempre per gli immigrati, vanno previste (come suggeriscono anche i documenti europei) opportunità per sperimentare la partecipazione politica (non escluso il voto locale prevedendo una cittadinanza locale quale palestra in vista di quella statale); per i loro figli, infine, bisogna porre la frequenza scolastica come il percorso atto a schiudere le porte della cittadinanza già nell’adolescenza, rivalutando il ruolo antico della scuola come luogo di formazione del cittadino (a riguardo l’esperienza francese può darci spunti interessanti). Questo non si trova nella disciplina vigente, questo va introdotto quanto prima. Quanto prima: anche perché viviamo sotto il cielo di piombo di una crisi drammatica che richiede ogni sforzo per la costruzione del popolo sovrano capace di governo.
ausländerstatus und Staatsbürgerschaft im deutschen Recht 1. der völkerrechtliche Rahmen Ausländer sind heutzutage nicht mehr rechtlos wie noch in der Antike; und sie sind – zumindest in Europa – nicht mehr schutzlos wie über viele Jahrhunderte danach. Sie sind aber auch nicht mehr bevorrechtigt, wie es insbesondere europäische Länder und die Vereinigten Staaten von Amerika für ihre Staatsangehörigen in anderen Teilen der Welt seit Beginn des 20. Jahrhunderts beansprucht und durchgesetzt haben. Nach diesem sog. völkerrechtlichen Mindeststandard1 steht den Ausländern in einem Staat ein gewisses Minimum an Sicherheit ihrer Person und ihres Vermögens unabhängig davon zu, wie dieser Staat seine eigene Bevölkerung behandelt (was häufig genug reine Willkür ist). Das Rechtsinstitut des völkerrechtlichen Mindeststandards gibt es immer noch. Seine Bedeutung liegt heute insbesondere darin, dass er es dem Heimatstaat ermöglicht, gegen den Staat vorzugehen, der den Mindeststandard verletzt. Inhaltlich aber spielt der so gegebene Schutz des Ausländers kaum noch eine Rolle. Er wird überlagert von den internationalen Gewährleistungen der Menschenrechte in den Internationalen Pakten über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) sowie über wirtschaft liche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt), der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und anderen regionalen Menschenrechtsinstrumenten sowie vielen Verträgen zu speziellen Rechten und Diskriminierungsverboten. Die hierdurch zugesicherten Rechte gehen weit über den völkerrechtlichen Mindeststandard hinaus und gelten für In- und Ausländer gleichermaßen. Hiervon gibt es nur wenige, aber bedeutsame Ausnahmen. Das Wahlrecht etwa (Art. 25 lit. b Zivilpakt; Art. 3 Zusatzprotokoll zur EMRK), der Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 25 lit. c Zivilpakt) oder das uneingeschränkte Recht auf Einreise und Aufenthalt (Art. 12 Abs. 1 und Zivilpakt; Art. 3 Abs. 2 Protokoll Nr. zur EMRK) haben in der Regel nur die Angehörigen des jeweiligen Staates; dementsprechend dürfen sie auch nicht ausgewiesen werden (Art. 3 Abs. 1 Protokoll Nr. zur EMRK; vgl. auch Art. 13 Zivilpakt). Umgekehrt unterlagen grundsätzlich auch nur sie in Deutschland der Wehrpflicht, solange es sie gab; das wird in den meisten Staaten ebenso geregelt sein. Andere Rechte – wie das Recht auf Arbeit (Art. Sozialpakt; Art. 1 Europäische Sozialcharta) – sind zumindest bis zu einem gewissen Grad offen für Unterscheidungen zwischen In- und Ausländern; auch sonst gibt es im wirtschaft lichen Bereich vielfach Restriktionen für Ausländer, die mit den Menschenrechten durchaus vereinbar sind. Das deutsche Grundgesetz (GG) hat in seinem Art. 12 die Berufsfreiheit nur den Deutschen vorbehalten, sie ist ein sog. Deutschengrundrecht. Ähnliches gilt für das Recht auf soziale Sicherheit, das zwar für In- und Ausländer gleichermaßen gilt. Jedoch ist die Inanspruchnahme
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von Sozialhilfe unter Umständen ein Ausweisungsgrund (§ 55 Abs. 2 Nr. Aufenthaltsgesetz; Art. 7 Abs. 1 lit. b EU-Freizügigkeitsrichtlinie 200/38/EG). Es gibt aber auch Rechte, die allein Ausländern zustehen, so das Asylrecht (Art. 18 Charta der Grundrechte der EU; Art. 1a GG), die Ansprüche auf eine faire Behandlung nach den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention und des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen sowie ein besonderer Schutz vor Ausweisungen (Art. 13 Zivilpakt; Art. Protokoll Nr. zur EMRK). Die Unterscheidung zwischen In- und Ausländern ist in den genannten Fällen nicht nur menschenrechtlich zulässig, sondern bezüglich der politischen Mitwirkungsrechte von elementarer Bedeutung für das Völkerrecht und das staatliche Recht. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist in der heutigen Zeit die Basis für die Bildung souveräner Staaten und deren Anspruch, sich frei von äußerer Einflussnahme zu organisieren und nach eigenen Vorstellungen zu entwickeln. Das Volk ist der Inhaber der verfassungsgebenden Gewalt (pouvoir constituant) und bildet die Legitimationsgrundlage aller staatlichen Gewalt (Art. 20 Abs. 2 GG: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.«). Die Teilhabe an der politischen Gestaltungsmacht steht nur den Angehörigen eines Staatsvolks zu, während die Ausländer als Angehörige anderer Staaten exkludiert sind. Der Staat ist die res publica allein der Bürger, nicht der Einwohner. Sowohl das Selbstbestimmungsrecht als auch die demokratische Herrschaftsform konstruieren das Volk als Schicksalsgemeinschaft. Das Recht und die Fähigkeit, das eigene Schicksal zu bestimmen, verbindet; es fordert aber mit der Bereitschaft, sich dem Mehrheitswillen zu beugen und das Gemeinwesen nach außen zu verteidigen, zugleich Loyalität möglicherweise bis zur Selbstaufgabe. Solange noch jeder Staat zum Feind des anderen werden konnte, trugen mehrfache Staatsangehörigkeiten nicht nur das Potential individueller Konflikte in sich, sondern führten auch dazu, dass sich die Staaten ihrer Bürger nicht sicher sein konnten. Deshalb suchte man Mehrstaatigkeit möglichst zu unterbinden.2
2. Staatsbürgerschaft 2.1. Grundverständnis – Staatsbild – demokratie Wenn es für die Legitimation der Herrschaft sowie die Rechte und Pflichten des Einzelnen im Staat so wichtig ist, wer zum Staatsvolk gehört, gewinnt dessen Definition entscheidende Bedeutung. Insofern lässt das Völkerrecht uns aber im Stich. Es schreibt nur vor, dass das Volk vorhanden sein muss, um von einem Staat sprechen zu können, aber nicht, nach welchen Kriterien es gebildet wird. Auf die ethnische Zugehörigkeit kommt es ebenso wenig an wie auf eine gemeinsame Sprache oder auf einen Grundkonsens in Bezug auf Werte. Hinter solchen Anforderungen stehen – durchaus bedenkenswerte – nationalstaatliche Ideen und demokratietheoretische Modelle. Das Völkerrecht ist insoweit aber voraussetzungslos. Es erkennt lediglich das ius sanguinis und das ius soli als zulässige Anknüpfungspunkte für den regel-
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mäßigen Erwerb der Staatsangehörigkeit an, ohne die Staaten darauf festzulegen. Es ist vielmehr diesen überlassen, wie sie sich definieren – und mit dieser Definition geben die Staaten viel über ihr Selbstverständnis und damit über ihre Identität preis. Das beginnt bei den verwendeten Ausdrücken. In Deutschland ist im Zusammenhang mit dem Staat stets vom Volk die Rede, das bis vor kurzem entsprechend dem Nationalstaatsgedanken ethnisch definiert wurde, d. h. es galt das ius sanguinis. Auf den Wohnort kam es nicht an. Das ging so weit, dass Menschen, die selbst nie die deutsche Staatsangehörigkeit besessen haben und auch nicht von deutschen Staatsangehörigen abstammen (die deutsche Staatsangehörigkeit ist erst 1913 eingeführt worden; nach der Reichsgründung im Jahr 1871 wurde die Zugehörigkeit zum deutschen Volk zunächst nur über die Staatsangehörigkeit der deutschen Länder vermittelt), als deutsche Volkszugehörige den Deutschen gleichgestellt wurden, so genannte Statusdeutsche (Art. 11 Abs. 1 GG). Dies betrifft Angehörige von Landsmannschaften, die in früheren Jahrhunderten ausgewandert waren, in ihrer neuen Heimat aber die deutsche Sprache und Kultur bewahrt haben. Allerdings führte diese Volkszugehörigkeit zunächst nur dann zu einer Gleichstellung mit den deutschen Staatsangehörigen, wenn die Betreffenden aus politischen Gründen aus ihrer Heimat geflohen waren oder aus ihr vertrieben wurden und anschließend nach Deutschland gelangten – ein Schicksal, das nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Zahl von Menschen in Osteuropa ereilt hat, die dann großzügig in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen wurden und mit einer Gesetzesänderung im Jahre 1999 die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten haben (§ 0a StAG). Nach der politischen Wende im ehemaligen Ostblock gibt es allerdings jetzt keine Flucht oder Vertreibung mehr. Jedoch hat das Bundesvertriebenengesetz in § den neuen Begriff des Spätaussiedlers geschaffen, der deutschen Volkszugehörigen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion (und ausnahmsweise auch andernorts) das Recht gibt, die deutsche Staatsangehörigkeit unmittelbar nach der Übersiedlung nach Deutschland zu erwerben (§ 7 StAG). Ganz anders ist das Vokabular im anglo-amerikanischen Rechtskreis. Schon die Bezeichnung für Staatsangehörige: residents, weist darauf hin, dass es auf die Gebietsansässigkeit und nicht die ethnische Zugehörigkeit ankommt. Auch bei der Staatsdefinition ist nicht von einem Volk die Rede, sondern von einer dauerhaften Bevölkerung (permanent population). Der Staat wird also nicht als Heimstatt einer – möglicherweise über die Welt verstreut lebenden – Ethnie verstanden, sondern als Siedlungsgemeinschaft. Solche Staaten sind tendenziell offener gegenüber einer Zuwanderung. Bei beiden Grundpositionen kann es jedoch zu einem Spannungsverhältnis zur Demokratie kommen als einer Herrschaftsform, in der die Beherrschten die Herrschaft selbst bestimmen, also zu Bürgern werden. Wenn nämlich das Wahlrecht zu den Parlamenten und sonstigen Vertretungskörperschaften den Staatsangehörigen vorbehalten und der Anteil der nicht wahlberechtigten Ausländer hoch ist, kommt es zur Herrschaft der Inländer über eine zahlenmäßig relevante Personengruppe, die nicht an der Herrschaft beteiligt ist. Es war denn auch der sich über Jahrzehnte vollziehende – und lange verdrängte – Wandel Deutschlands zu einem Einwanderungsland, der zu einem Bewusstseinswandel geführt und den Gesetzge-
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ber veranlasst hat, diese faktische Entwicklung rechtlich nachzuvollziehen. Hinter dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 steht das Bemühen, den Kreis der Staatsbürger mit dem der Einwohner Deutschlands auf Dauer möglichst weitgehend in Übereinstimmung zu bringen.
2.2. aktuelles Staatsangehörigkeitsrecht in deutschland 2.2.a Regelmäßiger erwerb der Staatsangehörigkeit 2.2.a.aa.
In Deutschland geborene Kinder erwerben die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn zumindest ein Elternteil deutscher Staatsangehöriger ist (§ Abs. 1 StAG). Das gleiche gilt für Kinder ausländischer Eltern, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt (§ Abs. 3 StAG). Ein solches Recht erhalten Staatsangehörige aus anderen Mitgliedstaaten der EU (Unionsbürger) sowie ihre engen Familienangehörigen (zu diesem Begriff § 3 Freizügigkeitsgesetz/EU) und Lebenspartner in der Regel nach fünf Jahren ständigen Aufenthalts (§ a Freizügigkeitsgesetz/EU). Den Unionsbürgern gleichgestellt sind Staatsangehörige aus Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Norwegen und Liechtenstein) sowie der Schweiz (§ 12 Freizügigkeitsgesetz/EU; § Abs. 3 Nr. 2 StAG). Staatsangehörige anderer Staaten (sog. Drittstaaten) erhalten das unbefristete Aufenthaltsrecht in Form der sog. Niederlassungserlaubnis nach fünfjährigem rechtmäßigem Aufenthalt. Sie müssen jedoch zudem unter anderem über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, Grundkenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung haben, zur Erwerbstätigkeit berechtigt sein und ihren Lebensunterhalt sichern können (§ 9 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz). Unter ähnlichen Voraussetzungen erhalten Bürger aus Drittstaaten die Erlaubnis zum Daueraufenthalt, wenn sie nach mehr als fünfjährigem Aufenthalt innerhalb der Europäischen Union gemäß der Richtlinie 2003/109/ EG den Status eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erlangt haben. Dieser Status steht der Niederlassungserlaubnis gleich (§ 9a Aufenthaltsgesetz). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die zweite, spätestens die dritte Generation von Einwanderern (d. h. Personen, die dauerhaft in einem anderen als ihrem Herkunftsland leben) die deutsche Staatsangehörigkeit erhält. Und künft ig werden die meisten Nachkommen diese auch behalten. Denn nicht nur Unionsbürger und Bürger der Schweiz sind vom Optionszwang für die deutsche oder die Staatsangehörigkeit der Eltern bei Erreichen der Volljährigkeit befreit. Nach einer Ende 201 in Kraft getretenen Gesetzesänderung gilt dies nun auch für alle Kinder von Ausländern, die in Deutschland aufgewachsen sind (§ 29 Abs. 1 StAG). Nach der Legaldefinition des § 29 Abs. 1a StAG sind das alle, die bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres acht Jahre ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten (ein Zeitraum, der sich bei einem Schulbesuch in Deutschland auf sechs Jahre verkürzt) oder die in Deutschland einen Schulabschluss erworben oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Selbst wer danach nicht im Inland aufgewachsen ist, kann (wie schon bisher) die deutsche neben der ausländischen Staatsangehörigkeit behalten, wenn eine Entlassung aus Letzterer nicht möglich oder nicht zumutbar ist (§ 29 Abs. StAG) – eine Ausnahmeregelung, die offenbar weithin zur Regel geworden ist.3
Die im Ausland geborenen Kinder eines deutschen Elternteils haben bislang ohne weiteres die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Dabei wird es wegen einer großzügigen Übergangsregelung auch noch einige Zeit bleiben. Erst Nachkommen von Deutschen, die ihrerseits nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren sind, erwerben die deutsche Staatsangehörigkeit nicht mehr automatisch (§ Abs. Satz 1 StAG). Es bleibt aber einfach, sie zu bekommen. Dafür muss die Geburt des Kindes nur binnen eines Jahres der zuständigen deutschen Auslandsvertretung angezeigt werden (§ Abs. Satz 2 StAG). Immerhin wird damit erreicht, dass Deutsche, die sich innerlich von ihrem Heimatstaat abgewandt haben, ab der zweiten Generation im Ausland ihre Staatsangehörigkeit nicht mehr weiter vermitteln. Nicht allein die Blutsbande werden also künft ig entscheiden, hinzukommen muss das Bekenntnis zu Deutschland. 2.2.a.cc.
Bezüglich des Wahlrechts, des wohl wichtigsten mit der deutschen Staatsangehörigkeit verbundenen Rechts, ist Deutschland gegenüber seinen im Ausland lebenden Bürgern früher sehr zurückhaltend gewesen. Ihnen wie in Italien eine eigene Vertretung im Parlament zuzugestehen, lag und liegt außerhalb der politischen Vorstellungswelt. Auslandsdeutsche waren vielmehr ursprünglich mit Ausnahme der Angehörigen des deutschen öffentlichen Dienstes vom Wahlrecht ausgeschlossen; wer nicht der Herrschaft Deutschlands unterstand und dem politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess fern war, konnte auch nicht mitbestimmen. Das Wahlrecht wurde aber schrittweise für die Auslandsdeutschen erweitert. Mit der Wahlrechtsänderung von 2008 (BGBl. I S. 39) wurde es nur noch an einen dreimonatigen Aufenthalt in Deutschland geknüpft. Ab der zweiten Auswanderergeneration sollte damit in der Regel das Wahlrecht entfallen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Bestimmung jedoch für nichtig erklärt;4 sie sei mit der von Art. 38 GG geforderten Allgemeinheit der Wahl nicht vereinbar. Ein möglicherweise lange zurückliegender Aufenthalt in Deutschland sei kein Indiz für eine stärkere Verbundenheit mit dem Heimatland, als sie bei Auslandsdeutschen vorzufinden ist, die nie im Inland gelebt haben. Beide Gruppen können auf Grund der deutlich effektiveren Kommunikationsmittel in gleicher Weise Kenntnis von den politischen Verhältnissen in Deutschland erhalten und sich auch in die politische Willensbildung einbringen. Das Bundesverfassungsgericht hält das Wahlrecht für Auslandsdeutsche weder für zwingend geboten noch für ausgeschlossen; das Gericht fordert nur ein sachgerechtes Unterscheidungsmerkmal, wenn das Wahlrecht nur einem Teil der Auslandsdeutschen zugestanden wird. Daraufhin wurde 2013 eine Regelung in das Wahlgesetz eingefügt, nach der der dreimonatige Aufenthalt in Deutschland nicht länger als 25 Jahre zurückliegen darf, und die betreffende Person muss zu diesem Zeitpunkt mindestens 1 Jahre alt gewesen sein. Daneben führt eine sich »aus anderen Gründen« ergebende »Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland« zum Wahlrecht, wenn die betreffende Person zugleich von den Verhältnissen in Deutschland betroffen ist; das dürfte insbesondere, aber nicht nur auf Berufspendler aus Nachbarländern zutreffen.
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2.2.a.bb.
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2.2.b. einbürgerung auf antrag
Wie in allen Staaten gibt es auch in Deutschland nicht nur den Erwerb der Staatsangehörigkeit mit der Geburt, sondern zudem einen Erwerb durch individuellen Antrag. Allgemeine Voraussetzung für die Einbürgerung ist in der Regel, dass der Ausländer über eine Unterkunft verfügt, sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und keine Straftaten begangen hat (§ 8 StAG). Ausgeschlossen ist die Einbürgerung bei einer Beteiligung oder Unterstützung von Bestrebungen, die gegen Deutschland und seine staatliche Ordnung gerichtet sind, sowie bei Gewalthandlungen, die die auswärtigen Interessen Deutschlands gefährden. Weiterhin darf kein Ausweisungsgrund vorliegen (§ 11 StAG). Unter Bedingungen, die weitgehend der Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft an Kinder von Ausländern entsprechen, besteht ein Anspruch auf Einbürgerung (§ 10 StAG), wovon jedoch nur ein kleiner Teil der Berechtigten Gebrauch macht.5 Zu den allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen muss hinzukommen: (1) ein achtjähriger rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland, der bei besonderen Integrationsleistungen (insbesondere guten Sprachkenntnissen) auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden kann; (2) ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, (3) ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der deutschen Verfassung und () die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit, soweit dies möglich und zumutbar ist (§ 12 StAG); dieses Erfordernis gilt nicht für Bürger aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums sowie der Schweiz (§ 12 Abs. 2 und 3 StAG) und wird auch bei Angehörigen von Drittstaaten nicht streng gehandhabt.6 Der Einbürgerung geht eine standardisierte Sprachprüfung und ein bundeseinheitlicher Einbürgerungstest voraus (§ 10 Abs. und 5 StAG). Ehegatten oder Lebenspartner deutscher Staatsangehöriger, ehemalige Deutsche sowie Ausländer mit besonderen Bindungen an Deutschland können unter erleichterten Bedingungen eingebürgert werden (§§ 9, 13, 1 StAG). 2.2.c. Verlust der Staatsangehörigkeit
Die deutsche Staatsangehörigkeit geht regelmäßig durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit sowie den ungenehmigten, freiwilligen Eintritt in die Streitkräfte eines anderen Landes verloren (§§ 17, 25, 27, 28 StAG). Soweit der Optionszwang nach § 29 StAG noch gilt, tritt der Verlust der Staatsangehörigkeit – wie schon erwähnt – weiterhin ein, wenn sich in Deutschland geborene Kinder von Ausländern nach der Volljährigkeit für die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Ausgenommen von all diesen Regelungen über den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit sind wiederum die Bürger aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Schweiz.
3. Rechte und Pflichten der migranten Die Rechte- und Pflichtenstellung der Migranten (d. h. Personen, die zumindest für einen längeren Zeitraum in einem anderen Land leben, ohne die Staatsangehörigkeit dieses Landes zu erwerben) ist für einzelne Gruppen unterschiedlich.
3.2 Einen günstigen Rechtsstatus haben weiterhin politische Flüchtlinge, die als solche anerkannt worden sind. Sie werden nach den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention behandelt (§ 2 Asylverfahrensgesetz), was die Rechte auf Arbeit, Bildung und soziale Sicherheit einschließt. Asylbewerber haben es freilich schwer, nach Deutschland zu gelangen. Denn nach den europäischen Regeln (ZuständigkeitsVerordnung 0/2013 [sog. Dublin III-Verordnung]) ist normalerweise der Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Prüfung des Asylgesuchs und damit die Gewährung des Aufenthalts zuständig, über den der Flüchtling in die Europäische Union eingereist ist. Das deutsche Recht sichert dies durch das System der »sicheren Drittstaaten« ab (Art. 1a Abs. 2 GG; § 2a Asylverfahrensgesetz). Als solche werden Durchgangsländer bezeichnet, durch die die Asylbewerber eingereist sind und in denen sie bereits vor politischer Verfolgung sicher waren. Zu diesen Staaten gehören neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch die Schweiz und Norwegen. Auf dem Landweg können Asylbewerber also nicht mehr nach Deutschland gelangen, ohne zuvor in einem sicheren Drittstaat gewesen zu sein. Dementsprechend werden sie an der Grenze abgewiesen oder, falls sie illegal über die Grenze nach Deutschland gelangt sind, in das Durchgangsland überstellt. Dieses System ist derzeit allerdings bezüglich Griechenlands ausgesetzt, da Flüchtlinge nach den Feststellungen verschiedener Gerichte dort unmenschlicher Behandlung unterliegen.7 Auch auf dem Luft- und Seeweg können Flüchtlinge kaum noch nach Deutschland gelangen, weil die Beförderungsunternehmer verpflichtet sind, die Einreiseberechtigung der Ausländer zu prüfen, bevor sie an Bord genommen werden (§ 3 Aufenthaltsgesetz). 3.3. Was die nicht durch politische Verfolgung motivierte Migration aus Staaten außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums angeht, hat sich das deutsche Recht ab 2005 grundlegend gewandelt. Insbesondere für Fachkräfte ist auf der Grundlage europäischer Regelungen (Richtlinie 2009/50/EG) die Einwanderung erleichtert worden. Andererseits werden an die Ausländer, die sich längerfristig in Deutschland aufhalten wollen, Integrationsanforderungen gestellt; ganz wesentlich ist dabei das Erlernen der deutschen Sprache. Falls sich ein Ausländer weigert, an solchen Integrationskursen teilzunehmen, oder die Abschlusstests
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3.1. Den Deutschen weitgehend gleichgestellt sind Unionsbürger sowie die Angehörigen eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz. Was ihnen an Rechten fehlt, sind insbesondere das Wahlrecht zu den Parlamenten in Bund und Ländern sowie der Zugang zu Teilen des öffentlichen Dienstes. Ein Interesse an einer Einbürgerung wird dieser Personenkreis deshalb nur dann haben, wenn er sich in besonderer Weise Deutschland verbunden fühlt und sich in die Gesellschaft integriert hat. Dies erklärt zugleich, warum es gerechtfertigt ist, für diese Personen die Anforderungen an die Einbürgerung herunterzuschrauben.
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nicht besteht, muss er damit rechnen, dass eine befristete Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt oder nicht verlängert wird; es besteht keine Aussicht auf das unbefristete Niederlassungsrecht (§ a Aufenthaltsgesetz). Dies gilt auch für die sog. Heiratsmigration, d. h. den Nachzug von Ehepartnern zu einem in Deutschland dauernd Aufenthaltsberechtigten. Darunter befindet sich eine große Zahl junger Frauen ohne Deutschkenntnisse und ohne Ausbildung, die sich dementsprechend auch kaum in die Gesellschaft integrieren können. Diese höchst problematische Personengruppe wird künft ig entscheiden müssen, ob sie durch Integrationsbemühungen die Voraussetzung für einen dauernden Aufenthalt schafft, sich auf eine getrennte Eheführung oder die gemeinsame Rückkehr in die Heimat einrichten will. Bezüglich der zahlenmäßig bedeutendsten Ausländergruppe, der Türken, gilt das jedoch nicht, da diese Regelung gegen das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei verstößt.8
3.4. Den Migranten stehen in Deutschland nur Individualrechte zu, aber keine Gruppenrechte, was nicht heißt, dass sie ihre Gemeinschaft, ihre Kultur und Sprache nicht pflegen dürften. Sie haben dabei aber keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung. Das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen gelten nur für autochthone Minderheiten9, nicht für Migranten. Dennoch wird es zunehmend ermöglicht, dass Kinder in der Schule Sprachunterricht in der Sprache ihrer Eltern und Großeltern erhalten; auch wird derzeit damit begonnen, islamischen Religionsunterricht an den Schulen durchzuführen.
4. Fazit Die deutsche Politik hat sich lange geweigert, den faktischen Wandel zu einem Einwanderungsland zur Kenntnis zu nehmen. Seit der Jahrtausendwende ist aber das Staatsangehörigkeitsrecht so geändert worden, dass Ausländer relativ schnell den Bürgerstatus erhalten können und Kinder auf Grund des nunmehr großenteils eingeführten ius soli zu einem guten Teil automatisch Deutsche werden. Das deutsche Recht ist weiterhin nicht mehr darauf ausgerichtet, Mehrstaatigkeit zu vermeiden. Der früher bestehende Optionszwang zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und derjenigen der Eltern ist größtenteils aufgehoben und nur noch von geringer praktischer Bedeutung. Mit der Zeit wird sich so der Anteil der Einwohner in Deutschland ohne politische Mitwirkungsrechte deutlich verringern. Auch das Aufenthaltsrecht für Ausländer hat seine Zielrichtung geändert. Nach § 1 des Aufenthaltsgesetzes dient es »der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern« und »ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaft lichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen«. Deutschland ist auf Zuwanderung angewiesen, bekennt sich dabei aber zu den eigenen wirtschaft lichen Interessen; und es betont
1 A. von Arnauld, Völkerrecht, 2, Aufl. Heidelberg 201, S. 22 f. 2 Vgl. das Übereinkommen über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpfl icht von Mehrstaatern vom .5.193 mit Änderungsprotokoll vom 2.11.1977; von Deutschland gekündigt mit Wirkung ab Ende 2002. 3 Siehe Integrationsreport 2008 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Working Paper 17, S. 2 ff. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom .7.2012, abrufbar unter http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/cs2012070_2bvc000111.html. 5 Siehe Integrationsreport 2008 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Working Paper 17, S. 28. Siehe Integrationsreport 2008 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Working Paper 17, S. 2 ff. 7 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, M.S.S. gegen Belgien und Griechenland, Urteil vom 21.1.2011, 309/09; Europäischer Gerichtshof, verb. Rechtssache C-11/10 und 93/10, Urteil vom 21.12.2011; Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 2879/09, Beschluss vom 22.12.2009, abrufbar unter http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20091222_2bvr287909.html. – In bestimmten Fällen dürfen Familien auch nicht nach Italien überstellt werden, siehe Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Tarakhel gegen die Schweiz, Urteil vom .11.201, 29217/12. 8 Europäischer Gerichtshof, Rechtssache C-138/13 (Dogan), Urteil vom 10.7.201. 9 Vgl. die deutsche Erklärung zum Rahmenübereinkommen: »Das Rahmenübereinkommen enthält keine Defi nition des Begriffs der nationalen Minderheiten. Es ist deshalb Sache der einzelnen Vertragsstaaten zu bestimmen, auf welche Gruppen es nach der Ratifi zierung Anwendung fi ndet. Nationale Minderheiten in der Bundesrepublik sind die Dänen mit deutscher Staatsangehörigkeit und die Angehörigen des sorbischen Volkes mit deutscher Staatsangehörigkeit. Das Rahmenübereinkommen wird auch auf die Angehörigen der traditionell in Deutschland heimischen Volksgruppen der Friesen deutscher Staatsangehörigkeit und der Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit angewendet.«
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die Grenzen der eigenen Integrationsfähigkeit und fordert die Integrationswilligkeit der Ausländer. Rechtlich verordnen lässt sich freilich weder das eine noch das andere. Der Staat kann nur die Voraussetzungen für die Integration schaffen und ihre Bedingungen sichern. Es ist dann aber an den Deutschen und den Ausländern, zueinander zu finden, sich einander mit den jeweiligen Eigenheiten und Wertvorstellungen zu akzeptieren. Das ist ein Prozess, der wechselseitige Offenheit verlangt und seine Zeit braucht. Unverzichtbare Grundlage für das Leben im Staat bleibt allerdings die Bindung aller an die Rechtsordnung, deren Geltung territorial und nicht personal determiniert ist. Das Recht kann und muss eventuell geändert werden, um den Bedürfnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen besser gerecht zu werden; dies kann aber nur in den vorgesehenen Verfahren geschehen. Das schließt die Berufung auf international gewährleistete Menschenrechte nicht aus. Ausländer werden jedoch nicht ohne weiteres ihr Verständnis von diesen Rechten als allgemein gültig voraussetzen können.
der Staatsbürger: eine Fiktion. Kollektivität im 21. Jahrhundert In der gegenwärtigen Diskussion um die Zukunft unserer Demokratie scheint die Figur des Staatsbürgers eine wesentliche Rolle zu spielen. Nach ihm wird gerufen, wenn es darum geht, den Staat bei der Finanzierung oder allgemeiner bei der Erfüllung der Aufgaben zu unterstützen, die dieser sich zugemessen hat. Die Staatsbürgerschaft wird beschworen, um Menschen auf Grund ihrer Herkunft, ihres Mangels an Sprachkenntnissen oder ihrer kulturellen Unterschiede zur Mehrheit der Nachbarn auszugrenzen. Sie erscheint als mythische Figur, an die appelliert wird, um Loyalität einzufordern und unbequeme Fragen zu vermeiden. Wer diese dennoch stellt, gerät schnell in den Verdacht, ein »vaterlandsloser Geselle«, ein schlechter Staatsbürger zu sein. Was Staatsbürger wirklich bedeutet, weiß niemand so recht. Allenfalls in der Konkretisierung des »Staatsbürgers in Uniform« wird er greifbar. Impliziert wird in der Regel, dass der Bürger – natürlich auch die Bürgerin – die volle Verwirklichung so recht erst dadurch erlangt, dass es einen Staat gibt, dem er als Staatsbürger dienen kann – ein Konzept, das in dieser Schärfe erstmals in Hegels Rechtsphilosophie beschrieben wird, das aber auch schon im Citoyen der französischen Revolution angelegt ist, dort so exklusiv, dass jede Art von anderen Kollektivierungen ausgeschlossen werden sollte. »Intermediäre« wie Vereinigungen oder auch Kirchen würden sich in dieses Urverhältnis zwischen dem Bürger und seinem Staat zu Unrecht hineindrängen. Dies gelte es zu verhindern. Hegel akzentuiert freilich anders. Intermediäre sind für ihn Teil der bürgerlichen Gesellschaft, die zu akzeptieren, ja unter bestimmten Voraussetzungen zu begrüßen sind. Aber über diese wölbt sich der Staat; erst dort findet der Bürger seine Erfüllung. Die allgemeine Staatstheorie des 19. und 20. Jahrhunderts hat, zumindest in Kontinentaleuropa, auf diesem Grundsatz aufgebaut. Carl Schmitt wurde in Deutschland zu ihrem wirkmächtigsten Apologeten. Selbst in den USA, wo eine staatsfreie Zivilgesellschaft zum Gründungsmythos gehört hatte, konnte John F. Kennedy mit dem Satz Furore machen: »Ask not what your country can do for you! Ask what you can do for your country!« Eine erstaunliche Umkehrung des Verhältnisses zwischen Subjekt und Objekt der Gesellschaft, amerikanisch ausgedrückt zwischen Principal und Agent! Aus dem Auft ragnehmer Staat, an den souveräne Bürger die Aufgaben delegieren, von denen sie glauben, dass sie kollektiv besser gelöst werden können, wird der fordernde Staat, der den Bürgern Loyalität und alles mögliche andere abfordern kann, das der Bürger ihm zu leisten, ja sogar anzubieten hat. Als dieser Satz 191 in der Vereidigungsrede des neuen Präsidenten fiel, fand ihn niemand anstößig; im Gegenteil, er wurde als Leitsatz der Entwicklung der demokratischen Gesellschaft bejubelt und immer wieder zitiert. Heute gehört
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er in das Zitatenrepertoire der Bewahrer einer Ordnung, die freilich längst nicht mehr zu bewahren ist. Schon vor 100 Jahren war nämlich evident, dass die Konzentration der Kollektivität auf einen einzigen Fokus, den Staat, eine Chimäre war – und zwar in jeder denkbaren Hinsicht. In Deutschland war ja nicht einmal die Frage zu beantworten, welcher Staat denn gemeint war, so sehr sich auch der preußische darum bemühte, Preußen im Reich aufgehen zu lassen und eine einheitliche Reichs-Staatlichkeit herzustellen. Außerhalb Preußens sah man dies anders. »Die deutschen Fürsten sind nicht Vasallen, sondern Verbündete des Deutschen Kaisers!«, schleuderte ein erzürnter Prinz Ludwig von Bayern 189 in Moskau den Preußen entgegen, als er, zur Krönung des neuen Zaren angereist, beim Deutschen Reichsverein als »Gefolge« des Vertreters des Kaisers begrüßt wurde. Ungeachtet des Drucks, der sich aus der Tatsache ergab, dass das Königreich Preußen zwei Drittel des Reichsgebiets umfasste, waren die Bundesfürsten, so die offizielle Bezeichnung, darauf bedacht, ihre Eigenstaatlichkeit zu wahren. In welchem Staat sollten also die Bürger aufgehen? 1913 wurde ein Staatsangehörigkeitsgesetz für das ganze Reich erlassen, das versuchte, mit diesem Problem umzugehen. Ein einheitlicher Untertanenstatus sollte geschaffen werden, gegen die unterschiedlichen Traditionen und Verfassungswirklichkeiten, die im Übrigen bis heute fortgelten. Zu Recht wird dagegen auch heute darauf hingewiesen, dass es in Deutschland keine Bundesländer, sondern Länder gibt: sie konstituieren den Bund, nicht umgekehrt; sie sind die primären Träger der Staatlichkeit. Eine der Traditionen war die jahrhundertealte Selbständigkeit der Kommunen. Drei davon, Hamburg, Bremen und Lübeck, waren selbst Bundesfürsten, hatten also hanseatische kommunale Staatlichkeit in den modernen Verfassungsstaat und in das Reich herübergerettet. Aber auch andere Städte wie Frankfurt am Main (seit 18 preußisch) waren stolz auf ihre eigene Verfasstheit. Um 1910 gründeten, allen Schwierigkeiten trotzend, Frankfurter Bürger eine eigene Universität, ausdrücklich gegen die preußische Ministerialbürokratie, die beispielsweise jüdischen Wissenschaft lern die Berufung auf Lehrstühle verwehren wollte. Dass einige der Stifter, darunter der wichtigste, Wilhelm Merton, jüdische Stadtbürger waren, verweist auf Kollektivitäten und Loyalitäten besonderer Art, die sich hier gebildet hatten. Die Stadt war für viele hautnäher als »der Staat« oder »die Obrigkeit«, gerade weil sie sich in vielfacher Hinsicht als Bollwerk gegen ein Überhandnehmen landesherrlicher Allmacht empfand – bis durch eine ganz neu konzipierte Kommunalordnung 1935 (!) der Selbständigkeit der Städte ein Ende bereitet wurde, von dem sie sich bis heute nicht hat erholen können. Dass zu den drei realen Ebenen der Staatlichkeit in Deutschland (Gemeinden – Länder – Bund) über die letzten 50 Jahre eine transnationale vierte hinzugewachsen ist, ist ein historisches Projekt, das uns aus einer ganzen Fülle von Gründen zu Begeisterung und nicht zu Skepsis hinreißen sollte. Dabei ist nicht zu verkennen, dass die sich zunehmend verdichtende europäische Staatlichkeit deren Komplexität verstärkt und die Beantwortung der Frage, welcher Staat denn nun »our country« sei, in welchem wir unsere Erfüllung zu finden hätten, noch schwieriger erscheinen
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lässt. Europäer zu werden, soll ja gerade nicht mit einer monopolistischen europäischen Kollektivität einhergehen. Anders gewendet, schärft diese Komplexität aber unser Bewusstsein dafür, dass das Konstrukt des Staatsbürgers im Grunde eine Fiktion ist. Wenn das 19. Jahrhundert einerseits unter dem Druck tatsächlicher und angeblicher Sachzwänge und durchaus auch mit großer öffentlicher Zustimmung von zahlreichen Versuchen gekennzeichnet war, das einheitliche nationale Zugehörigkeitsgefühl herzustellen und rechtlich und emotional zu unterfüttern, so regte sich doch dagegen andererseits immer Widerstand. Ein Beispiel war der nach der Reichsgründung von 1871 in Deutschland mit großer Erbitterung ausgetragene Kulturkampf. Katholischen Eliten und vielen Bürgern, die ihnen folgten, leuchtete nun einmal nicht ein, dass der vorgeblich religiös neutrale, tatsächlich aber protestantisch bestimmte preußische Staat eine Definitionshoheit über alle Wertmaßstäbe der Bürger beanspruchte und diese über die staatliche Schulpolitik glaubte, durchsetzen zu können. Andererseits musste es dem ein einheitliches Nationalbewusstsein verfolgenden, von Preußen dominierten Reich ein Dorn im Auge sein, dass ein nicht geringer Teil der Bürger seine Wertorientierung von außerhalb des Reichs bezog. Der Konflikt war grundsätzlicher Art, seine Lösung ein schwieriger Kompromiss. Dass der durchaus um Befriedung bemühte Kaiser Wilhelm II. sich zutiefst als summus episcopus seiner (mehrheitlich evangelischen) Untertanen empfand und nur mit Mühe davon abgehalten werden konnte, dies durch das Anlegen von Bischofsornat zu zeigen, beweist, wie stark er und mit ihm die politische Elite Berlins von dieser Monopolisierung der Kollektivität der Bürger durchdrungen waren. Auch der 1. Weltkrieg lässt sich zu einem gewissen Grade als geradezu verzweifelter Versuch interpretieren, dieser Fiktion einen Realitätsinhalt zu verleihen, nachdem der Krieg von 1870/71 dies nicht hinreichend vermocht hatte und die politisch für notwendig erachtete, aber übereilte Akklamation des Kaisers außerhalb des Reichsgebiets – auch wegen der zahlreichen Zugeständnisse an die Bundesfürsten – als Einheitssymbol stets defizitär geblieben war. Der »Sedan-Tag«, Tag des ersten Sieges über die Franzosen im September 1870, blieb bis 1918 als Nationalfeiertag wichtiger als der der Reichsgründung. 191 schien die Gelegenheit gekommen, das deutsche Volk durch einen gemeinsamen Kriegszug zusammenzuführen. Andere Kriegsziele hatte nämlich das Deutsche Reich kaum. Das Vorgetragene erschien konstruiert. »Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!« Das war, in den Worten des Kaisers, das eigentliche Ziel des Waffengangs. »In Stahlgewittern« sollte das Volk zusammengeschweißt werden. Im Blick waren dabei nicht zuletzt die Arbeiter, deren Loyalität angeblich oder tatsächlich ihrer »Klasse« galt und nach dem Willen der Parteien, die sie wählten, noch viel ausdrücklicher gelten sollte. »Vaterlandslose Gesellen« waren angeblich besonders sie, hingen einer »Internationale« an. Nun sollten sie zu treuen Staatsbürgern geformt werden. Die Verbrüderung von feindlichen Frontsoldaten an Weihnachten 191, die alsbald von der militärischen Führung unterbunden wurde, ist ein frühes Indiz dafür, dass diese Formung nicht widerstandslos erfolgte. Und für alle Kriegsparteien blieb das 1918 erreichte Ergebnis hinter solchen Erwartungen weit zurück. Viele Länder,
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nicht nur Deutschland, waren innerlich stärker gespalten als zuvor. Dass die Republik 1918 in Berlin zweifach und in vielen Landeshauptstädten gesondert ausgerufen wurde, taugt dafür als Symbol. Ein Kollektivitätsmonopol der Staaten erschien noch unwahrscheinlicher als zuvor. Die Versuche vor allem Frankreichs, es durch entsprechendes Gebaren bei und nach den Friedensverhandlungen doch noch wenigstens für sich auf Kosten der Verlierer sicherzustellen, erwiesen sich ebenso als Fehlschlag wie die vielen Ideen der Nationenbildung an den grünen Tischen der Pariser Vororte, an denen die Verträge ausgehandelt wurden. Sie boten vielmehr die Folien, auf denen faschistische und nationalsozialistische Volkstribunen oder kommunistische Oligarchien noch einmal versuchen konnten, eine monopolistische Kollektivität durchzusetzen. Gegen die »Schmach von Versailles« trat Adolf Hitler an. »Das Einzelindividuum wird ersetzt durch die Gemeinschaft des Volkes«, formulierte Joseph Goebbels. Und bezeichnenderweise wurde der traditionell von den Arbeitern besonders begangene Tag, der 1. Mai, 1933 der neue Nationalfeiertag, nicht etwa der Tag, an dem Hitler »die Macht ergriffen hatte«. Von diesem Kampf um totale Kollektivität war das 20. Jahrhundert beherrscht. Doch Hitler und die anderen Diktatoren scheiterten allesamt oder wurden doch, zuletzt in Spanien und Portugal 1975 und in Mittel- und Osteuropa 1989–1991, von der Geschichte überrollt. Historisch hatte sich ein solches Konzept als unfähig erwiesen, die tatsächlichen Herausforderungen, denen sich der Bürger des späten 20. Jahrhunderts zu stellen hatte, zu meistern und eine politische Ordnung zu begründen, mit der sich die Bürger identifizieren konnten. »Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben« wurde zum Leitsatz einer neuen Zeit. Jubelnde Anhänger waren und sind insoweit kein Beweis für eine langfristige Akzeptanz; und militärische Niederlagen und Siege keine alleinige Erklärungen für historische Entwicklungen. In (West-)Deutschland und anderswo verharrte die Gesellschaft dennoch erstaunlicherweise nach 195 ein halbes Jahrhundert lang in einer Verdrängung dieser Versuche und zugleich in der Hoff nung vieler, die monopolistische Kollektivität in der Nation könne sich doch noch als zutreffend erweisen. Die Bundeskanzlerin auf der Tribüne gaukelt sich und anderen bis heute vor, das Mitfeiern und Mitleiden vieler Bürger mit der Fußballnationalmannschaft sei Ausdruck einer kollektiven Loyalität zu dem von ihr regierten Land. Beschwört sie durch ihre Präsenz dieses Monopol, von dem sie ebenso gut wie die Eliten insgesamt im Grunde genau weiß, dass es eine Fiktion ist? Glauben diese tatsächlich, Kollektivität und Loyalität ließen sich gewissermaßen auf dem Verwaltungswege verordnen? Der Eindruck drängt sich auf, wenn man sich der Gestaltung der Vereinigung Deutschlands 1989/90 erinnert: die katastrophal defizitäre Symbolik des Vereinigungsaktes am 3. Oktober 1990, das arrogante Gebaren der neuen Herren bei den eben noch Brüder und Schwestern genannten neuen Bürgern der Bundesrepublik und vor allem der Verzicht auf deren Zustimmung zum Grundgesetz und zur Vereinigung selbst, vor lauter Angst, es könnte eine falsche Mehrheit herauskommen! Der Staat des beginnenden 21. Jahrhunderts redet dennoch unverdrossen vom Staatsbürger, weil er diesen ködern will, sei es für Loyalität, Ruhe (»… ist die erste Bürgerpflicht!«), widerspruchslose Hinnahme staatlicher Anordnungen oder sogar
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Engagement für diesen Staat. Staatsbürger im Sinne von Subjekt meint er offenkundig nicht, sondern Objekte seines Handelns, Untertanen, kollektiv die »Bevölkerung«, die er glaubt, immer mehr überwachen, reglementieren und unterdrücken zu müssen. Da geht es nicht nur um respektlosen Umgangston, undurchschaubare Regelwerke und neuerdings halbherzige Top-Down-Beteiligungsmodelle nach dem System »Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!«. Es geht nicht einmal nur um Korruption und Kompetenzverfall. Es geht um die planmäßige aber gedankenlose Zerstörung des Gemeinschaftsgefühls der Bürger. Hehlerware kaufen, um Steuern einzutreiben? Mit hoheitlicher Gewalt Daten erheben und diese dann meistbietend verkaufen? Die Besteuerung unabhängiger Organisationen der Entscheidung des Verfassungsschutzes, also der Behörde aussetzen, die gerade demonstriert, wie willkürlich sie urteilt? Alles offenbar kein Problem mehr in diesem Staat! Insofern ist nicht nur der Staatsbürger eine Fiktion. Eine Kollektivität in der Nation wird heute unbeschadet des europäischen Projekts selbst dann und aus guten Gründen in Frage gestellt, wenn sie den Anspruch der Einzigartigkeit gar nicht mehr stellt. In unserer Gesellschaft droht sogar die vielbeschworene »freiheitlich-demokratische Grundordnung« (zur Verschleierung der tatsächlichen Bedeutung im politischen Jargon zur technisch-regulativ klingenden FDGO abgekürzt) zur Chimäre zu werden. Schon wird, wenn auch noch leise, vom postdemokratischen Zeitalter gesprochen. Gebannt blicken unsere Eliten nach China und fragen sich, ob dort nicht eine neue Ordnung entsteht, die leichtes Regieren und allgemeinen Wohlstand ermöglicht und die tatsächlichen oder vermeintlichen Schwächen der repräsentativen Demokratie elegant überwindet. Um Menschen- und Bürgerrechte braucht man sich dann nicht mehr zu kümmern, Respekt vor dem Bürger als dem Subjekt jeder Kollektivität kann dann endgültig entfallen. Es ist schon ein Witz! Gäbe es nicht das gerade nicht dem Willen der Mehrheit, gemeinhin als Demokratie bezeichnet, sondern der Herrschaft des Rechts verpflichtete Bundesverfassungsgericht, unsere Volksvertretung hätte sich längst von der Kontrolle der Regierung gänzlich verabschiedet. Dass sie in Sachen Europa, dem wichtigsten ordnungspolitischen Projekt unserer Zeit, noch mitzureden hat, verdankt sie nicht eigener Kraft, sondern dem Urteil des Gerichts. Und selbst wenn man es nicht so dramatisch sehen will: Eine Ordnung gleichzeitig auf den Grundsätzen aufzubauen, die Wirtschaft müsse global agieren, Deutschland müsse sich in Europa positionieren, ein wie auch immer definiertes deutsches Unternehmen müsse aber in Deutschland Steuern zahlen und jeder müsse in dem Land, in dem er mehr oder weniger zufällig lebt, in allererster Linie Staatsbürger sein – das kann nicht funktionieren. Das erzeugt nicht Loyalität, sondern Konfusion. Von Zuwanderern zu verlangen, sie sollten sich gefälligst in erster Linie als Deutsche empfinden, ist insofern je nachdem, wie man es sehen will, zynisch oder dumm, jedenfalls nicht erfolgversprechend. Und der Respekt vor dem Bürger bleibt auf der Strecke. Wenn es denn je einen Anspruch des Staates gegeben hat, vom Bürger auch nur ein bevorzugtes Kollektivitätsempfinden einzufordern, hat er diesen Anspruch heute verwirkt. Durch noch so perfekte Kontrollsysteme lässt er sich nicht wiederherstellen. Dem Bürger bleibt schon deswegen gar nichts anderes übrig, als selbst zu
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entscheiden, wie er sich und in welche Kollektivität er sich einfügt. Staatsbürger zu sein, kann nur eine Option unter vielen sein. Und niemandem kann der Respekt versagt bleiben, nur weil er kein Staatsbürger sein will. Die Weltgesellschaft, in der wir heute leben, lässt jedes Kollektivitätsmonopol im 21. Jahrhundert als überholt, ja geradezu als absurd erscheinen. Jeder mischt sich heute schon im staatlichen Bereich seinen eigenen Loyalitätsmix. Ist der eine vor allem Münchner, so mag sich der nächste vor allem als Bayer, der dritte als Deutscher, Europäer oder Weltbürger sehen. Zu verlangen ist lediglich Respekt vor jedem, der eine andere Priorität setzt, und selbst dieses Verlangen kann nur auf einem Bewusstwerdungsprozess, nicht auf Zwang und Kontrollen aufgesetzt werden. Kollektivität ist aber auch nicht auf die staatliche reduzierbar. Parallele Kollektivitäten sind heute noch wichtiger als in der Vergangenheit, nicht nur, weil die staatliche desavouiert ist, sondern auch weil traditionelle Milieus sich weitgehend aufgelöst haben. Kollektivität wird heute keineswegs abgelehnt, aber eben nicht ererbt oder vorgegeben, sondern bewusst und freiwillig gesucht. Dass gemeinsames Handeln mehr bringt als das Handeln gegen alle, dass auch der homo oeconomicus eine Chimäre ist, die durch den homo civilis oder homo philanthropicus zu ersetzen ist, ist längst keine exotische Meinung einzelner Idealisten mehr, sondern Gegenstand zahlreicher interessanter politischer und soziologischer Analysen. Die Individualisierung der Gesellschaft hat gerade nicht dazu geführt, dass es nur noch Ich-linge gibt, sondern im Gegenteil: Der Mensch des 21. Jahrhunderts denkt und handelt mit Empathie wie selten zuvor, sucht nach Kollektiven, denen er sich anschließen kann – nur eben nicht primär nach Staat oder Nation – oder gestaltet selbst neue Kollektive mit. Dass religiöse Überzeugungen Kollektivitäten erzeugen, hat zwar eine lange Tradition. Manche religiösen Gemeinden pflegen aber bis heute eine ab- und ausgrenzende Gemeinsamkeit; die Gottessuche der Gläubigen tritt hinter dem Konformitätsdruck bis in die Einzelheiten des Alltagslebens Gleichgesinnter zurück. Angesichts der Ausdifferenzierung der Gesellschaft sind Versuche, eine solche Konformität aufrecht zu halten, zwar verständlich; doch sind sie Produkte der Angst. Schon die vielen Verdrängungen und Ausblendungen, die notwendig sind, um diese Konformität zu konstruieren, lassen sie als langfristig nicht erfolgreiche Fiktion erscheinen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass solche Kollektive nicht nur dort mit schwindender Attraktivität zu kämpfen haben, wo die Grundüberzeugungen nicht geteilt werden. Auch wer Gott intensiv sucht, tut dies heute oft außerhalb solcher Kollektive. Dagegen wäre eine auf Grundüberzeugungen aufbauende und vom Respekt vor Andersdenkenden getragene Kollektivität eine wertvolle Orientierung. Den ihnen abverlangten Respekt können die Mitglieder eines solchen Kollektivs gewiss auch für sich einfordern. Je stärker der Druck von außen, desto mehr entwickeln Menschen muslimischen Glaubens oder auch nur muslimischer Kulturtradition eine Kollektivität, die ihnen traditionell eigentlich abgeht. Das umstrittene Tragen eines Kopftuchs ist insofern weder Ausdruck eines kämpferischen Islamismus, noch kann es nur als Zeichen verinnerlichter Glaubensvorschriften akzeptiert werden; es ist sichtbares Zeichen einer Kollektivität – und als solches zu respektieren.
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Die Welt der Märkte verwendet mit teils mehr, teils weniger Erfolg viel Energie und Ressourcen darauf, ihren Mitarbeitern vor allem eine Konzern-Kollektivität zu vermitteln. Zu Coca-Cola, Siemens, Daimler oder IBM zu gehören, soll viel wichtiger und bindender sein, als der Umstand, welchen Reisepass man mehr oder weniger zufällig in der Tasche hat. Das Gruppenbewusstsein soll vom Arbeitsplatz, nicht von Sprache, Kultur oder gar Geburtsort bestimmt werden. Ähnliches gilt mehr oder weniger stringent für Menschen, die irgendetwas gemeinsam haben: Frauen, Jugendliche, Künstler, Bergsteiger usw. Im Deutschen findet dies im habituellen »Du« seinen hörbaren Ausdruck. Solche Kollektivitäten mögen fragil oder volatil sein. Im Augenblick bestehen sie. Nüchtern betrachtet, fühlt sich heute der junge Mensch der Weltgesellschaft seiner Altersgruppe meist mehr verbunden als seiner Nation. Das rabiate Verhalten derer, die sich hiergegen sträuben, beweist dies eklatant. Würde der internationale Wettbewerbssport den Nationalismus nicht so sehr pflegen – und würden die nationalen, politisch-administrativen Systeme dies aus Eigeninteresse nicht so intensiv unterstützen – könnte sich diese gesunde Entwicklung ruhiger und ungestörter vollziehen. Viel interessanter für all die, die Kollektive suchen, sind die Vereine des Breitensports so wie die zahllosen anderen, auf Freiwilligkeit aufbauenden Organisationen der Zivilgesellschaft. Weltweit operierende NGO und örtliche Geselligkeitsvereine, traditionelle Wohlfahrtsverbände und neue soziale Bewegungen, aktuelle Bürgerinitiativen und 200 Jahre alte Kunstvereine: sie alle tragen entscheidend dazu bei, dass der Bürger Gemeinschaft erlebt und gestaltet. Gemeinschaft als Bottom-Up-Modell, Beteiligung durch Selbstermächtigung und Selbstorganisation, freiwillig und auf das gerichtet, was der einzelne Bürger als wichtig empfindet; das hält über alle politischen Grenzen hinweg die Gesellschaft zusammen. In diesen Bindungen erlebt der Bürger mehr Kollektivität als im diff usen, entfremdeten Staatsverband. Bildung und Selbstbewusstsein tragen dazu bei. Wer glaubt, dies sei nur eine Modeerscheinung, die bald wieder vergeht, der irrt. Am Ende des 18. Jahrhunderts, als der moderne Verfassungsstaat in das Bewusstsein der Menschen trat, entstand das Volkslied Die Gedanken sind frei. Diese Freiheit der Gedanken auszuleben, fällt den Menschen heute leichter als damals – und sie tun es. Die modernen Kommunikationstechnologien haben den Wächtern über die öffentliche Meinung, seien diese nun Politiker, Geheimdienste, Intellektuelle, Medien, Prediger oder wer auch immer, viel von ihrer Macht genommen. Dass sich damit auch Orientierung und die Sammlung von Argumenten für die eigene Positionsbestimmung komplexer gestalten, liegt auf der Hand. Dass eine solche je besondere Positionsbestimmung eine Gelingensbedingung dafür ist, dass der Bürger Subjekt bleibt, ist ebenso evident. In der Fülle der Angebote auszuwählen, für sich zu entscheiden, was richtig ist, stellt zweifellos eine Herausforderung dar, der niemand mehr entrinnen kann. Wenn wir wider bessere Einsicht an der Fiktion des treuen Staatsbürgers festhalten, bleibt der Bürger Objekt und trägt nichts bei. Und wenn wir zulassen, dass wir vom Weg zum Bürger als Subjekt abkommen, den wir die letzten 250 Jahre unter vielen Mühen und Schmerzen und mit manchen Rückschlägen gegangen, aber auf dem wir noch nicht angekommen sind, brauchen wir uns über Freiheit gar nicht mehr zu unterhalten.
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In dieser Situation können plurale, ideelle und praktische Kollektivitäten jedweder Art durch dialogische Kommunikation Wesentliches leisten. Sie verdienen schon deswegen unseren hohen Respekt. Wird ihnen dieser versagt, bricht die Gesellschaft auseinander oder resigniert oder revoltiert. Nirgendwo steht geschrieben, dass es nicht auch in Europa, in Deutschland einen Tahrir-Platz geben kann. Paris und London sahen dazu schon die Vorboten. Wenn wir nur auf Kontrolle, Einschüchterung und Reglementierung bauen, werden Bewegungen zur Gefahr. Wenn wir sie aufgreifen, wird unsere Gesellschaft ein lebendiger Organismus, der sich ohne Angst den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellen kann.
KaHa moHamed adeN
scrittrice, è nata a Mogadiscio, Somalia. Dal 1987 è residente a Pavia, dove si è laureata in Economia. Svolge varie attività nel settore della mediazione culturale, occupandosi di temi come l’immigrazione e intercultura. RoBeRto alBoRINo
stammt aus Perugia und lebt seit 1970 in Deutschland. Seit August 1998 ist er Leiter des Referats “Migration und Integration” der Caritas Deutschland, mit Hauptsitz in Freiburg. Immacolata amodeo
seit 2012 Generalsekretärin des Deutsch-Italienischen Zentrums für europäische Exzellenz Villa Vigoni e.V.; Tätigkeiten in Forschung und Lehre in Siegen, Bayreuth, der Università della Calabria in Cosenza und zuletzt als Professorin für Literaturwissenschaft an der Jacobs University Bremen. eNNIo codINI
avvocato, è professore associato di Istituzioni di diritto pubblico presso la Facoltà di Scienze politiche e sociali dell’Università Cattolica di Milano nonché responsabile del settore Studi legislativi della Fondazione ISMU (Istituto per lo Studio della Multietnicità). maNUela de maRco
è avvocato e lavora presso l’Ufficio immigrazione della Caritas Italiana. Esperta delle problematiche giuridiche legate all’immigrazione, all’asilo, alla tratta. E’ autrice di numerose pubblicazioni dedicate ai suddetti temi e curatrice del Rapporto Immigrazione Caritas e Migrantes. UlRIcH FaSteNRatH
ist seit 1993 Professor für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der TU Dresden. 200 - 2005 hat er in den USA geforscht (Senior Emile Noël Fellow an der New York University) und als Gastprofessor an der University of Michigan und der Tulane University (New Orleans) gelehrt. laURa GaRaVINI
ist Politologin. Seit April 2008 ist sie als Vertreterin der Italiener, die im Ausland leben, (Wahlkreis Europa) Abgeordnete im italienischen Parlament für die „Demokratische Partei“, die sie mitbegründet hat.
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die autorinnen und autoren
die autorinnen und autoren
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BaRBaRa HeNRY
ist Professorin für Politische Philosophie an der Scuola Superiore Sant’Anna, Pisa. Sie hat an den Universitäten Bochum, Halle, Saarbrücken, Erlangen-Nürnberg, Heidelberg, Frankfurt, Luzern sowie an der Humboldt-Universität in Berlin gelehrt und geforscht. aBBaS KHIdeR
Schriftsteller, wurde 1973 in Bagdad, im Irak, geboren, lebt seit 2000 in Deutschland, wo er Philosophie und Literaturwissenschaft studierte. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen. cHRIStIaNe lIeRmaNN tRaNIello
ist Historikerin und wissenschaft liche Referentin beim Deutsch-Italienischen Zentrum für europäische Exzellenz Villa Vigoni e.V., mit den Forschungsschwerpunkten Geschichte der politischen Ideen und Geschichte der deutsch-italienischen Beziehungen. FUlVIo loNGato
ist Professor für Geschichte der Philosophie an der Universität Triest. Er ist Mitglied des internationalen Instituts für Menschenrechtsstudien Triest, des Deutschen Instituts für Menschenrechte Berlin und der Human Development and Capability Association. RUPeRt GRaF StRacHWItZ
ist Politikwissenschaft ler. Er leitet das Maecenata Institut für Philanthropie und Zivilgesellschaft in Berlin. HaNS VoRlÄNdeR
ist Inhaber des Lehrstuhls für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Technischen Universität Dresden und daselbst auch Direktor des von ihm gegründeten Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung (ZVD). 2001 – 2005 Vorsitzender des wissenschaft lichen Beirats der Bundeszentrale für politische Bildung; 2003 – 2005 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft. Seit 2009 Sprecher des von ihm initiierten Sonderforschungsbereichs : Transzendenz und Gemeinsinn.
Barbara Kleiner / Michele Vangi / Ada Vigliani (Hg.)
Klassiker neu übersetzen / Ritradurre i classici Zum Phänomen der Neuübersetzungen deutscher und italienischer Klassiker / Sul fenomeno delle ritraduzioni di classici italiani e tedeschi Impulse. Villa Vigoni im Gespräch – Band 8
Barbara Kleiner / Michele Vangi / Ada Vigliani (Hg.) Klassiker neu übersetzen / Ritradurre i classici 147 Seiten. Kartoniert. & 978-3-515-10358-9 @ 978-3-515-10724-2
In den letzten 25 Jahren sind zahlreiche Neuübersetzungen von Literaturklassikern vom Italienischen ins Deutsche und umgekehrt erschienen. Diese neuen Übertragungen haben nicht nur das Ziel, dem Original besser gerecht zu werden. Sie liefern zumeist auch neue Lesarten, die das Verständnis der Werke bereichern. Vor diesem Hintergrund versucht dieser Band, eine Bilanz zu ziehen. Übersetzer, Schriftsteller und Literaturkritiker stellen sich aus einer vergleichenden Perspektive Fragen zur deutschen und italienischen Übersetzungs- landschaft: In welcher Beziehung steht die Neuübersetzung zu früheren Übertragungen? Welches sind die Gründe für „neue Pinselstriche“? Wie wirkt sich eine Neuübersetzung auf die Rezeption eines Literaturklassikers aus? Und schließlich die übergeordnete „Gretchen-Frage“: Was ist heute ein Klassiker? .............................................................................
Aus dem Inhalt anna maria carpi: Lost or won in translation? Con un inedito di Kleist | michael rössner: Zum Klassikerbegriff der deutschsprachigen Italianistik. Eine Bestandsaufnahme mit einigen Thesen | cesare de marchi: È possibile (ri) tradurre i classici? | karlheinz stierle: Petrarca übersetzen | michael von killisch-horn: Annährungen, Andeutungen, Deutungen. Giuseppe Ungaretti in Deutschland | camilla miglio: Gottfried Benn in Italia à l’épreuve de la traduction | michele vangi: Elogio dell’impopolarità. La (ri)traduzione del Geistliches Jahr di Annette von DrosteHülshoff | burkhart kroeber: Bemerkungen zu meiner Neuübersetzung der Promessi Sposi | barbara kleiner: Neuübersetzung der Confessioni di un italiano von Ippolito Nievo | ada vigliani: Ritradurre L’Uomo senza qualità. Robert Musil sotto il segno del „saggismo“ | maja pflug: Pavese neu übersetzen: „der richtige Ton“
www.steiner-verlag.de
Emanuela Calore / Roberta Marini (Hg.)
Imperium, Staat, Civitas / Imperium, Stato, Civitas Ein kritischer Beitrag zum postmodernen Konzept der Macht / Contributo critico alla concezione postmoderna del potere Villa Vigoni 19–21 marzo 2013 Impulse. Villa Vigoni im Gespräch – Band 10
Le nuove esigenze economico-sociali imposte dalla globalizzazione hanno comportato una crisi del modello dello stato-nazione. I singoli stati si trovano a fronteggiare problemi globali con i limiti degli ordinamenti giuridici nazionali, e ciò si ripercuote, minandole, sulla concezione di ‚sovranità‘ (e sul suo fondamento popolare) nonché sulla ‚cittadinanza statuale‘. Con un approccio interdisciplinare si è guardato alle costruzioni romane di imperium, res publica e civitas – desedimentandole dalle incrostazioni moderne – per tentare di superare i problemi di gestione in atto.
Emanuela Calore / Roberta Marini (Hg.) Imperium, Staat, Civitas / Imperium, Stato, Civitas 2015. 324 Seiten. Kartoniert. & 978-3-515-11098-3 @ 978-3-515-11103-4
Die ökonomischen und sozialen Bedürfnisse der Globalisierung haben das Modell des Nationalstaats in eine Krise geführt. Paradoxerweise müssen die nationalen Rechtsordnungen globalen Problemen begegnen. Dieser Prozess unterminiert den Begriff der Souveränität und ihre Verankerung im Staatsvolk ebenso wie das Konstrukt der Staatsbürgerschaft. In interdisziplinärer Zusammenarbeit wurden hier die römischen Konzeptionen des Imperium, der res publica und der civitas herangezogen. Von ihren modernen Verkrustungen befreit, sollen sie zur Überwindung der aktuellen Probleme beitragen. .............................................................................
Mit Beiträgen von Pierangelo Catalano, Emanuela Calore, Christian Hattenhauer, Christian Goldschmidt, Tatiana Alexeeva, Solange Guida, Xu Tieying, Carlo Mongardini, Mauzirio Bach, Erica Antonini, Holger Grefrath, Roberta Iannone, Emanuele Rossi, Martin Schermaier, Roberta Marini, Alexander Schüssler, Stefano Porcelli, Gregor Albers
www.steiner-verlag.de
In der heutigen Zeit ist Migration bei Weitem keine leichte Thematik. Aussagen, Einschätzungen und Prognosen zu treffen, gestaltet sich angesichts weltweiter Krisen zunehmend als schwierig. Daher soll dieser Band, der in der Reihe „Impulse“ erscheint, Denkanstöße zur Diskussion über aktuelle Fragen der Migration geben. Wie funktioniert erfolgreiche Integration? Worin liegen die Herausforderungen für eine Demokratie? Welche Rolle spielen Menschenrechte?
www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag
ISBN 978-3-515-10363-3
Im Rahmen des deutsch-italienischen Vigoni-Forums zum Thema „Migration, Demokratie, Menschenrechte“ werden hier die vielfältigen Beiträge der Teilnehmer am Forum zusammengefasst und ermöglichen so eine neue Perspektive auf Fragen der Migration, die heute aktueller sind denn je.