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German Pages 1092 [1096] Year 1981
Emmerich - Sonnenschein, Mietrecht 2. Auflage
Sonderausgabe der §§ 535-580 a BGB (2. Bearbeitung 1981) und des 2. WKSchG aus J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen 12., neubearbeitete Auflage
Mietrecht Kommentar zu den mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz
2., neubearbeitete und wesentlich erweiterte Auflage
Von
Dr. Volker Emmerich o. Professor an der Universität Bayreuth Richter am Oberlandesgericht Nürnberg und
Dr. Jürgen Sonnenschein o. Professor an der Universität Kiel
1981 J. Schweitzer Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin
Aulteilung der Bearbeitung §§ 535-555
VOLKER EMMERICH
§§ 556-557 a
J O R G E N SONNENSCHEIN
§§ 5 5 8 - 5 6 3
VOLKER EMMERICH
§§ 564-565 e
J Ü R G E N SONNENSCHEIN
§§ 566-568
VOLKER EMMERICH
§§ 5 6 9 - 5 6 9 b
J Ü R G E N SONNENSCHEIN
§§570-580 a VOLKER Art 2 2 . WKSchG JÜRGEN Art 3 2 . WKSchG §§ 1 - 3 M H R G V O L K E R Art 3 2. WKSchG §§ 4 - 1 0 M H R G , Art 4 - 8 2 . WKSchG JÜRGEN
EMMERICH SONNENSCHEIN EMMERICH SONNENSCHEIN
Die Kommentierung der §§ 535-580 a entspricht der Kommentierung der §§ 535-580 a in J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (12. Auflage, 2. Bearbeitung 1981). Die Kommentierung des 2. WKSchG ist erstmals in der jetzigen Fassung der Sonderausgabe auch in J. von Staudingers Kommentar enthalten. Zitierweise EMMERICH-SONNENSCHEIN, EMMERICH-SONNENSCHEIN, EMMERICH-SONNENSCHEIN, EMMERICH-SONNENSCHEIN,
Mietrecht Mietrecht Mietrecht Mietrecht
(2. (2. (2. (2.
Aufl. Aufl. Aufl. Aufl.
1981)
zu §§ 5 3 5 , Rz 1 Art 2 WKSchG Rz 1 § 1 M H R G Rz 1
Vorbem
1
536
1981) §§ 535, 536 1981) 1981)
Stand der Bearbeitung 1. März 1981
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutschen
Bibliothek
Emmerich, Volker: Mietrecht : Kommentar zu d. mietrechtl. Vorschriften d. Bürgerlichen Gesetzbuches u. zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz / von Volker Emmerich ; Jürgen Sonnenschein. - 2., neubearb. u. wesentl. erw. Aufl. Berlin : Schweitzer, 1981. Aus: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch ISBN 3-8059-0584-X NE: Sonnenschein, Jürgen: © 1981 by J. Schweitzer Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. - Printed in Germany. Satz und Druck: Georg Wagner, Nördlingen. - Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Buchgewerbe GmbH, Berlin. - Umschlaggestaltung: Bib Wies, München.
Inhaltsübersicht Seite* Vorwort zur 1. Auflage
VII
Vorwort zur 2. Auflage
VIII
Abkürzungsverzeichnis
IX
Bürgerliches Gesetzbuch §§ 535-580 a Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz) Sachregister
* Zitiert wird nicht nach Seiten, sondern nach Randziffern.
1 815 1039
Vorwort zur 1. Auflage Dieses Buch enthält mit der Kommentierung der §§ 535 bis 580 a BGB sowie des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes eine Gesamtdarstellung des geltenden Mietprivatrechts. Verzichtet wurde hingegen auf eine Darstellung des über viele Sondergesetze verstreuten Mietpreisrechts, das zunehmend an Bedeutung verliert. Die Kommentierung der §§ 535 bis 580 a BGB ist unverändert aus der unlängst erschienenen 12. Auflage von J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch übernommen worden und befindet sich dementsprechend im wesentlichen auf dem Stand vom März 1978. Hinzugefügt wurde eine eingehende Kommentierung des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes, deren Aufnahme in den STAUDINGER wegen möglicher Reformen dieses Gesetzes nicht in Betracht kam. Die Arbeit an diesem Teil des Buches haben wir im Sommer 1978 abgeschlossen, so daß auch die weitreichenden Änderungen durch das Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz vom 27. Juni 1978 noch berücksichtigt werden konnten. Wie jeder Kommentar wendet sich auch das vorliegende Buch in erster Linie an die Praxis. Wir haben uns deshalb vor allem um eine möglichst lückenlose Erfassung der ausufernden Rechtsprechung bemüht. Darüber hinaus waren wir aber bestrebt, die übergreifenden systematischen Zusammenhänge herauszuarbeiten und das Mietrecht (wieder) als das erscheinen zu lassen, was es ist, nämlich als Teil unseres allgemeinen, auf Privatautonomie, Privateigentum und Wettbewerbsfreiheit aufgebauten Privatrechts. Daher haben wir uns auch nirgends gescheut, auf die Gefährlichkeit bestimmter mietrechtlicher Sonder- oder besser: Fehlentwicklungen hinzuweisen. Wir hoffen, damit auch einen Beitrag zu der nicht abreißenden Diskussion über die Reform des Mietrechts geleistet zu haben. Gerade deshalb sind wir für Kritik und Anregungen jederzeit dankbar. Bielefeld und Kiel, im September 1978
V O L K E R EMMERICH, JÜRGEN SONNENSCHEIN
Vorwort zur 2. Auflage Die erste Auflage des Kommentars war so schnell vergriffen, daß schon im Jahre 1980 eine Neubearbeitung erforderlich wurde. Wir haben diese Gelegenheit ergriffen, um die Erläuterungen in sämtlichen Teilen gründlich zu überarbeiten und dabei auch erheblich zu erweitern. Literatur und Rechtsprechung sind, soweit uns das überhaupt möglich war, lückenlos bis Anfang 1981 erfaßt worden. Viele Fragen sind neu aufgenommen und eingehend behandelt worden. Große Teile des Kommentars sind ganz neu geschrieben. An dem Grundanliegen des Buches, wie es in dem Vorwort zur ersten Auflage umschrieben ist, haben wir jedoch nichts geändert: Auch in Zukunft soll der Kommentar in erster Linie der Praxis als möglichst zuverlässiger Leitfaden durch den Dschungel des Mietrechts dienen. Aber darüber hinaus bleibt es unser Bestreben, das Mietrecht überall in das allgemeine Privatrecht zu reintegrieren und mietrechtliche Sonderentwicklungen nach Möglichkeit zu verhindern. Bayreuth und Kiel, im April 1981
V O L K E R EMMERICH, JÜRGEN SONNENSCHEIN
Abkürzungsverzeichnis A aaO AB AbbauG
ABGB
am angegebenen Ort Ausführungsbestimmungen zum . . . (zusätzlich zur Abkürzung des betreffenden Gesetzes) Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389, BGBl III 4 Nr 402-24) (österreichisches) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch vom 1. 6. 1811
abl ABl AB1MR AmZ AB1MR BrZ Abs Abschn abw AbzG AcP ADHGB aE Änd ÄndG aF AFG AG AGB AGBG AGBGB AIZ AkDR AKG
AktG ALB allgM ALR Alt aM AMVO
(IX)
ablehnend Amtsblatt Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Amerikanisches Kontrollgebiet (zitiert nach Ausgabe und Seite) Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet (zitiert nach Nr und Seite) Absatz Abschnitt abweichend Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte (Abzahlungsgesetz) vom 16. 5. 1894 (RGBl 450, BGBl III 4 Nr 402-2) Archiv für die civilistische Praxis (zitiert nach Band und Seite) Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch vom 16./22. 4. 1861 am Ende Änderung Änderungsgesetz (zum jeweils datierten Regelungskomplex) alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz vom 25. 6. 1969 (BGBl I 582) Amtsgericht (zitiert mit jeweiligem Ortsnamen); Aktiengesellschaft; in Verbindung mit einer Gesetzesabkürzung auch Ausführungsgesetz (zB AGBGB) Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. 12. 1976 (BGBl I 3317) Ausführungsgesetz zum BGB Allgemeine Immobilien-Zeitung. Grund, Haus, Wohnung. Offizielles Organ des Ring Deutscher Makler (zitiert nach Jahr und Seite) Akademie für Deutsches Recht Gesetz zur allgemeinen Regelung der durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandenen Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz) vom 5. 11. 1957 (BGBl I 1747, BGBl III 6 Nr 653-1) Aktiengesetz vom 6. 9. 1965 (BGBl I 1089) Allgemeine Lebens Versicherungsbedingungen; Allgemeine Lagerbedingungen des deutschen Möbeltransportes allgemeine Meinung Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 Alternative anderer Meinung Altbaumietenverordnung vom 23. 7. 1958 (BGBl 1549, BGBl III 4 Nr 402-21)
Abkürzungsverzeichnis AnfG Anh Anl Anm AnwBl AO AöR AP ArbG ArbGG ArchBürgR ArchKommWiss Art AT Aufl AufwG AuR AVB AVB FernwärmeVO AVB WasserVO AWD AWG Az
B BAG BAGE BankArch BAnz BauNVO Bay BayNotZ BayObLG BayObLGZ BayZ BB BBauBl BBauG
Gesetz betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen außerhalb des Konkursverfahrens vom 20. 5. 1898 (RGBl 709, BGBl III 3 Nr 311-5) Anhang Anlage Anmerkung Anwaltsblatt, Nachrichten für die Mitglieder des Deutschen Anwaltvereins (zitiert nach Jahr und Seite) Abgabenordnung vom 16. 3. 1976 (BGBl I 613, ber BGBl I 1977, 269) Archiv des öffentlichen Rechts (zitiert nach Band und Seite) Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts - Arbeitsrechtliche Praxis - (zitiert nach Entscheidungsnummer, Gesetzesstelle und Stichwort) Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz idF vom 2. 7. 1979 (BGBl I 853, 1036) Archiv für Bürgerliches Recht (zitiert nach Band und Seite) Archiv für Kommunalwissenschaften (zitiert nach Jahr und Seite) Artikel Allgemeiner Teil Auflage Gesetz über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen (Aufwertungsgesetz) vom 16. 7. 1925 (RGBl I 117) Arbeit und Recht (zitiert nach Jahr und Seite) Allgemeine Versicherungsbedingungen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme vom 20. 6. 1980 (BGBl I 742) Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom 20. 6. 1980 (BGBl I 750) s RiW/AWD Außenwirtschaftsgesetz vom 28. 4. 1961 (BGBl I 481, BGBl III 7 Nr 7400-1) Aktenzeichen
Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Bankarchiv, Zeitschrift für Bank- und Börsenwesen (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesanzeiger Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung) idF vom 15. 9. 1977 (BGBl 11763) Bayern Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins (Bayerische Notarzeitschrift, zitiert nach Jahr und Seite) Bayerisches Oberstes Landesgericht Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite; ab 1948/50 zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern (zitiert nach Jahr und Seite) Betriebs-Berater (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesbaublatt (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesbaugesetz idF vom 18. 8. 1976 (BGBl I 2256) (X)
Abkiirzu ngsverzeichnis Bd bearb Bearb Begr Beil Bekl Bern ber betr BetrAVG Betrieb BetrVerfG BeurkÄndG BeurkG BFH BFHE BGB BGBl I; II; III BGE BGH BGHSt BGHWarnR BGHZ BJagdG B1GBW BM BMietG (jeweils mit entsprechender Ordnungsziffer) . . . .
BNotO Bolze BR BRAO BR-Drucks BReg BSG (W)
Band bearbeitet Bearbeitung Begründung Beilage Beklagte(r) Bemerkungen berichtigt betreffend Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. 12. 1974 (BGBl I 3610) Der Betrieb (zitiert nach Jahr und Seite) Betriebsverfassungsgesetz vom 15. 1. 1972 (BGBl I 13) Gesetz zur Änderung und Ergänzung beurkundungsrechtlicher Vorschriften vom 20. 2.1980 (BGBl I 157) Beurkundungsgesetz vom 28. 8. 1969 (BGBl I 1513) Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen (und Gutachten) des Bundesfinanzhofs (zitiert nach Band und Seite) Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl 195, BGBl III Nr 400-2) Bundesgesetzblatt Teil I; II; III Sammlung der Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts (zitiert nach Jahrgang, Teil und Seite) Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen (zitiert nach Band und Seite) W A R N E Y E R , Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (zitiert nach Jahr und Nr) Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Bundesjagdgesetz idF vom 29. 9. 1976 (BGBl I 2849) Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesminister, Bundesministerium (mit Kürzel für das jeweilige Ressort) Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechtes (Bundesmietengesetz): BMietG I vom 27. 7. 1955 (BGBl I 458, BGBl III 4 Nr 402-19); BMietG II vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389, BGBl III 4 Nr 402-24); BMietG III vom 24. 8. 1965 (BGBl I 969, 971); BMietG IV vom 11. 12. 1967 (BGBl I 1251); BMietG V vom 20. 12. 1968 (BGBl I 1411); BMietG VI vom 19. 12. 1969 (BGBl I 2358); BMietG VII vom 18. 6. 1970 (BGBl I 786); BMietG VIII vom 30. 10. 1972 (BGBl 12052); BMietG IX vom 30. 10. 1972 (BGBl I 2054); BMietG X vom 17. 11. 1975 (BGBl I 2868); BMietG XI vom 24. 7. 1979 (BGBl I 1202) Bundesnotarordnung vom 24. 2. 1961 (BGBl I 98, BGBl III 3 Nr 303-1) Die Praxis des Reichsgerichts in Zivilsachen, bearbeitet von B O L Z E (zitiert nach Band und Nr) Bundesrat Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. 8. 1959 (BGBl I 565, BGBl III 3 Nr 308-8) Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Bundessozialgericht
Abkürzungsverzeichnis BSGE
BW bzw
Entscheidungen des Bundessozialgerichts (zitiert nach Band und Seite) Bundessteuerblatt Teil I; II; III Besonderer Teil; Bundestag Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Gesetz über das Bundesverfassungsgericht idF vom 3. 2. 1971 (BGBl I 105) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung) idF vom 18. 7. 1979 (BGBl I 1077) Baden-Württemberg beziehungsweise
C ca cic
circa culpa in contrahendo
BStBl I; II; III BT BT-Drucks BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE II. BVO
D DAR DEMV Denkschr
ders dgl DGVZ dh Die A G dies Diss DJ DJT DJZ DNotZ(DNotV) DÖV D R (DRW) DRiZ DRpflZ DRZ DStR DStZ (A, B) dt
Deutsches Autorecht (seit 1956 vereinigt mit „Das Recht des Kraftfahrers"; zitiert nach Jahr und Seite) Deutscher Einheitsmietvertrag in der Bekanntmachung vom 7. 3. 1934 (DJ 1934, 304) Denkschrift; auch Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs nebst Anlagen I bis III (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode - IV. Session 1895/97, Erster Anlagenband, RT-Drucks zu Nr 87; zitiert nach Seite) derselbe desgleichen; dergleichen Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung (zitiert nach Jahr und Seite) das heißt Die Aktiengesellschaft. Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (zitiert nach Jahr und Seite) dieselbe(n) Dissertation Deutsche Justiz (zitiert nach Jahr und Seite) Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung (zitiert nach Jahr und Spalte) Deutsche Notarzeitschrift (früher Zeitschrift des Deutschen Notarvereins; zitiert nach Band und Seite) Die öffentliche Verwaltung (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Richterzeitung (ab 1950 vereinigt mit Justiz und Verwaltung; zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Rechtspfleger Zeitschrift (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Rechtszeitschrift (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsches Steuerrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Steuerzeitung (seit 1948 geteilt in Ausgabe A und B; zitiert nach Ausgabe, Jahr und Seite) deutsch (e, r) (XII)
Abkürzungsverzeichnis DuR DVB1 DVO DWohnA DWW (DWohnW)
E E I ; II; III EG EGBGB EheG 1. EheRG Einf Einl einschr EMV EMW entspr Entw EnWiG ErbbVO (ErbbRVO) Erl ES EStG EuGRZ eV F f, ff FamRZ FAZ FGG Fn FS FWW
G G GBA GBl GBO GE (XIII)
Demokratie und Recht (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsches Verwaltungsblatt (zitiert nach Jahr und Seite) Durchführungsverordnung (zum jeweiligen Regelungskomplex, abgekürzt zitiert) Deutsches Wohnungsarchiv (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Wohnungswirtschaft. Organ des Zentralverbandes der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer (zitiert nach Jahr und Seite) Entwürfe zum BGB (zitiert mit dem jeweiligen Paragraphen) Einführungsgesetz (zu einem unter seiner Abkürzung anschließend zitierten Gesetz), zB EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl 604, BGBl III 4 Nr 400-1) Ehegesetz vom 20. 2. 1946 (KRAB177, BGBl III 4 Nr 404-1) Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. 6. 1976 (BGBl I 1421) Einführung Einleitung einschränkend Einheitsmietvertrag für Baugeräte in der Bekanntmachung vom 6. 6. 1940 (RAnz Nr 132) s Glaser entsprechend Entwurf Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13. 12. 1935 (RGBl I 1451) Verordnung über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsverordnung) vom 15. 1. 1919 (RGBl 72, BGBl III 4 Nr 403-6) Erlaß; Erläuterungen Entscheidungssammlung Einkommensteuergesetz idF vom 21. 6. 1979 (BGBl I 721) Europäische Grundrechte-Zeitschrift (zitiert nach Jahr und Seite) eingetragener Verein folgend(e) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht. Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht (zitiert nach Jahr und Seite) Frankfurter Allgemeine Zeitung (zitiert nach Datum und Seite) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 5. 1898 (RGBl 189, BGBl III 3 Nr 315-1) Fußnote Festschrift Die freie Wohnungswirtschaft. Informationsdienst des Verbandes Freier Wohnungsunternehmen eV (zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz Grundbuchamt Gesetzblatt Grundbuchordnung idF vom 5. 8. 1935 (RGBl I 1073, BGBl III 3 Nr 315-11) s GrundE
Abkürzungsverzeichnis GebrMG Gedschr gern GemWW GenG
GeschmMG GewO GG ggf GKG Glaser GmbH GmbHG GmbH-Rdsch GO GoA GrdstVG
GrdstW GRMG
Gruchot GrünhutsZ GrundE
GRUR GS
GVB1 GVG GWB GWW
Gebrauchsmustergesetz idF vom 2. 1. 1968 (BGBl 124, BGBl III 4 Nr 421-1) Gedächtnisschrift; Gedenkschrift gemäß; gemeinsam Gemeinnütziges Wohnungswesen. Organ des Gesamtverbandes Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen (vor 1950 Gemeinnützige Wohnungswirtschaft; zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften idF der Bekanntmachung vom 20. 5. 1898 (RGBl 810, BGBl III 4 Nr 4125-1) Gesetz über das Urheberrecht an Mustern und Modellen (Geschmacksmustergesetz) vom 11. 1. 1876 (RGBl 11, BGBl III 4 Nr 442-1) Gewerbeordnung idF vom 1. 1. 1978 (BGBl I 97) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 (BGBl 1, BGBl III 1 Nr 100-1) gegebenenfalls Gerichtskostengesetz idF vom 15. 12. 1975 (BGBl I 3047) Entscheidungssammlung für das gesamte Miet- und Wohnungsrecht, hrsg von G L A S E R (zitiert nach Sachgruppe und Seite) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20. 4. 1892 (RGBl 477, BGBl III 4 Nr 4123-1) GmbH-Rundschau mit Sonderfragen der GmbH & Co (zitiert nach Jahr und Seite) Gemeindeordnung Geschäftsführung ohne Auftrag Gesetz über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstücksverkehrsgesetz) vom 28. 7. 1961 (BGBl I 1091, BGBl III 7 Nr 7810-1) Die Grundstückswarte (zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz zur Regelung der Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (Geschäftsraummietengesetz) vom 25. 6. 1952 (BGBl I 338, BGBl III 4 Nr 402-18) Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von G R U C H O T (zitiert nach Band und Seite) Zeitschrift für das private und öffentliche Recht der Gegenwart, begründet von G R Ü N H U T (zitiert nach Band und Seite) Das Grundeigentum. Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft. Organ des Verbandes der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine eV (zitiert nach Jahr und Seite) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Großer Senat (kennzeichnet im Anschluß an den Kürzel für das Reichsgericht oder ein Bundesgericht seine Urheberschaft für die Entscheidung); auch Gesetzsammlung Gesetz- und Verordnungsblatt (mit Kürzel des jeweiligen [Bundes-]Staates) Gerichtsverfassungsgesetz idF vom 9. 5. 1975 (BGBl I 1077) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen idF vom 24. 9. 1980 (BGBl I 1761) s GemWW
(XIV)
Abkfirzungsverzeichnis H H HannRpfl
HöfeO HRR hrsg Hrsg HS HuW
Heft Hannoversche Rechtspflege (bis 1. 7. 1947, dann Niedersächsische Rechtspflege; zitiert nach Jahr und Seite) Hanseatische Gerichtszeitung (zitiert nach Jahr und Seite) Hanseatisches Oberlandesgericht Hanseatische Rechts- und Gerichts-Zeitschrift (zitiert nach Jahr, Abteilung und Spalte) Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats (Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz) vom 21. 10. 1944 (RGBl 1256); Überschrift geändert durch 1. EheRG vom 14. 7. 1976 (BGBl I 1421) Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) idF vom 28. 12. 1965 (BGBl 1966 I 1, BGBl III 7 Nr 7110-1) Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (Heimgesetz) vom 7. 8. 1974 (BGBl I 1873) Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Verordnung über Heizkostenabrechnung) vom 23. 2. 1981 (BGBl I 261, 296) Hessische Rechtsprechung (zitiert nach Jahr und Seite) Höchstrichterliche Entscheidungen. Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der obersten Gerichte in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (zitiert nach Jahr und Seite) Hypothekengewinnabgabe Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897 (RGBl 219, BGBl III 4 Nr 4100-1) herrschende Lehre herrschende Meinung Handbuch des gesamten Miet- und Raumrechts, hrsg von F I S C H E R (zitiert nach Stichwort und Blatt, Rechtsprechungsbeilage nach Jahr und Nr) Höfeordnung idF vom 26. 7. 1976 (BGBl I 1933) Höchstrichterliche Rechtsprechung (zitiert nach Jahr und Nr) herausgegeben Herausgeber Halbsatz Haus und Wohnung (zitiert nach Jahr und Seite)
I idF idR iE insbes iS iVm
in der Fassung in der Regel im Ergebnis insbesondere im Sinne in Verbindung mit
HansGZ HansOLG HansRGZ HausratVO
HdwO HeimG HeizkostenVO HessRspr HEZ HFR HGA HGB hL hM HMR
J JA JbAkDR JB1 JFG Jg
(XV)
Juristische Arbeitsblätter (zitiert nach Jahr und Seite) Jahrbuch der Akademie für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite) Justizblatt (mit Kürzel für den jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirk; zitiert nach Jahr und Seite) Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts (zitiert nach Band und Seite) Jahrgang
Abkürzungsverzeichnis Jh . . JherJb JMB1 JR JurA Jura JurBüro JurJb JuS Justiz JVB1 JW JWG JZ K Kap KG KGB1 KGJ KO Komm KRABI KRG krit KrVjschr KSchG KTS L LAG LG Lit LM LPachtG LS LSG LZ M m MDR
Jahrhundert Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (zitiert nach Band und Seite) Justizministerialblatt Juristische Rundschau (zitiert nach Jahr und Seite) Juristische Analysen (zitiert nach Jahr und Seite) Juristische Ausbildung (zitiert nach Jahr und Seite) Das juristische Büro (zitiert nach Jahr und Spalte) Juristen-Jahrbuch (zitiert nach Band und Seite) Juristische Schulung (zitiert nach Jahr und Seite) Die Justiz. Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg (zitiert nach Jahr und Seite) Justizverwaltungsblatt (zitiert nach Jahr und Seite) Juristische Wochenschrift (zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz für Jugendwohlfahrt (Jugendwohlfahrtsgesetz) idF vom 25. 4. 1977 (BGBl I 633, 795) Juristenzeitung (zitiert nach Jahr und Seite)
Kapitel Kammergericht; Kommanditgesellschaft Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts (zitiert nach Jahr und Seite) Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (zitiert nach Band, Abteilung und Seite) Konkursordnung idF vom 20. 5. 1898 (RGBl 612, BGBl III 3 Nr 311-4) Kommission Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland (zitiert nach Jahr und Seite) Kontrollratsgesetz kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (zitiert nach Band und Seite) Kündigungsschutzgesetz vom 25. 8. 1969 (BGBl 11317, BGBl III 8 Nr 800-2) Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand-, und Schiedsgerichtswesen (zitiert nach Jahr und Seite) Landesarbeitsgericht; Gesetz über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz) idF vom 1. 10. 1969 (BGBl I 1909, BGBl III 6 Nr 621-1) Landgericht (zitiert mit jeweiligem Ortsnamen) Literatur L I N D E N M A I E R - M Ö H R I N G , Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs (zitiert nach Paragraph und Ordnungsziffer) Gesetz über das landwirtschaftliche Pachtwesen (Landpachtgesetz) vom 25. 6. 1952 (BGBl I 343, BGBl III 7 Nr 7813-2) Leitsatz Landessozialgericht Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Spalte) mit Monatsschrift für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite) (XVI)
Abkfirzungsverzeichnis mE MecklZ MHRG MietRÄndG I; II; III MietschAusnVO MietSchG Mitt MMV ModEnG
Mot MR MRVerbG mwN N NdsRpfl NeubauMietVO nF NJW NMVO Nr NRW O OGHBrZ OHG OLG OLGE OLGZ
OVG OVGE
(XVII)
meines Erachtens Mecklenburgische Zeitschrift für Rechtspflege und Rechtswissenschaft (zitiert nach Band und Seite, ab 1925 nach Band und Spalte) Gesetz zur Regelung der Miethöhe (Art 3 WKSchG II) vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3604) Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften: 1/ vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505); Ii/vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); III/ vom 21. 12. 1967 (BGBl I 1248) Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. 11. 1951 (BGBl I 926) Mieterschutzgesetz vom 15. 12. 1942 (RGBl I 712, BGBl III 4 Nr 402-12) Mitteilungen (zitiert in Verbindung mit der jeweils sie herausgebenden Körperschaft) Mustermietvertrag 1976, hrsg vom Bundesminister der Justiz (Beil Nr 2 z BAnz Nr 22 v 3. 2. 1976) Gesetz zur Förderung der Modernisierung von Wohnungen und von Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie (Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz) idF vom 12. 7. 1978 (BGBl I 993); s WoModG Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1888; zitiert nach Band und Seite) Militärregierung Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745) mit weiteren Nachweisen
Niedersächsische Rechtspflege (zitiert nach Jahr und Seite) Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen (Neubaumietenverordnung) idF vom 18. 7. 1979 (BGBl I 1103) neue Fassung; neue Folge Neue Juristische Wochenschrift (zitiert nach Jahr und Seite) s NeubauMietVO Nummer Nordrhein-Westfalen
Oberster Gerichtshof für die Britische Zone, auch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht (zitiert mit jeweiligem Ortsnamen) Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts (zitiert nach Band und Seite) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (zitiert nach Jahr und Seite) Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg put Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes Nordrhein-Westfalen und des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes (zitiert nach Band und Seite)
Abkürzungsverzeichnis OWiG P Pr, pr Prot
R RabelsZ RAG RAGE RAnz RAussch RdA RdL Rdnr RE Recht RechtsVO REGAmZ REGBrZ
RegE RFH RFHE RG RGBl I; II RGSt RG WarnR RGZ RheinZ RhNotZ Rh-Pf RiW/AWD RJA RLG
RM
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten idF vom 2. 1. 1975 (BGBl I 80) Preußen, preußisch (e, r) Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs (1897-1899; zitiert nach Band und Seite) Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet von R A B E L (zitiert nach Jahr und Seite) Reichsarbeitsgericht Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Deutscher Reichsanzeiger (zitiert nach Jahr und Seite) Rechtsausschuß Recht der Arbeit (zitiert nach Jahr und Seite) Recht der Landwirtschaft (zitiert nach Jahr und Seite) Randnummer Rechtsentscheid in Wohnraummietsachen nach Art III MietRÄndG III idF des ÄndG vom 5. 6. 1980 (BGBl I 657) Das Recht (zitiert nach Jahr und Nr der Entscheidung bzw Seite des Aufsatzes) Rechtsverordnung Rückerstattungsgesetz Amerikanische Zone, Gesetz Nr 59: Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände (AB1MR AmZ Ausgabe G, 1 = BayGVBl 1947, 221) Rückerstattungsgesetz Britische Zone, Gesetz Nr 59: Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen (AB1MR BrZ Nr 28, 1169 = VOB1 BrZ 152) Regierungsentwurf Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs (zitiert nach Band und Seite) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Teil I; II Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (zitiert nach Band und Seite) W A R N E Y E R , Die Rechtsprechung des Reichsgerichts in Zivilsachen (zitiert nach Jahr und Nr) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht des In- und Auslandes (zitiert nach Jahr und Seite) Rheinische Notarzeitschrift (zitiert nach Jahr und Seite) Rheinland-Pfalz Recht der internationalen Wirtschaft, Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters (zitiert nach Jahr und Seite) Reichsjustizamt; Entscheidungssammlung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts (zitiert nach Band und Seite) Gesetz über Sachleistungen für Reichsaufgaben (Reichsleistungsgesetz) vom 1. 9. 1939 (RGBl I 1645); aufgehoben durch § 87 Bundesleistungsgesetz idF vom 27. 9. 1961 (BGBl I 1769) Reichsministerium; Reichsminister (mit Kürzel für das jeweilige Ressort) (XVIII)
Abkürzungsverzeichnis RMBI ROHG ROHGE Rpfleger Rspr RStBl RT RVerwBl RVO Rz RzW S s S SächsArch
ScheckG SchiffsRegO SchiffsRG SchlHAnz SchlHOLG SchlTermG I; II; III
SchwOR SeuffA SeuffBl SG SGB SGG SJZ SoergRspr
sog Sp StaatsGH StädtebaufördG StAnz (XIX)
Reichsministerialblatt Reichsoberhandelsgericht Entscheidungen des Reichs-Oberhandelsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Der Deutsche Rechtspfleger (zitiert nach Jahr und Seite) Rechtsprechung Reichssteuerblatt (zitiert nach Jahr und Seite) Reichstag Reichsverwaltungsblatt (zitiert nach Jahr und Seite) Reichsversicherungsordnung idF vom 15. 12. 1924 (RGBl I 779, BGBl III 8 Nr 820-1) Randziffer Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht (bis 1960 monatliche Beilage zur NJW; zitiert nach Jahr und Seite) siehe Satz; Seite Sächsisches Archiv für Bürgerliches Recht und Prozeß; ab 1906: Sächsisches Archiv für Rechtspflege; ab 1924: Archiv für Rechtspflege in Sachsen, Thüringen und Anhalt (zitiert nach Band und Seite) Scheckgesetz vom 14. 8. 1933 (RGBl I 597) Schiffsregisterordnung vom 26. 5. 1951 (RGBl I 359, BGBl III 3 Nr 315-18) Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (Schiffsrechtegesetz) vom 15. 11. 1940 (RGBl I 1499, BGBl III 4 Nr 403-4) Schleswig-Holsteinische Anzeigen (zitiert nach Jahr und Seite) Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Gesetz zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Mietpreisrechts: I / vom 4. 8. 1965 (BGBl I 969); II / vom 19. 1. 1969 (BGBl I 2357); III / vom 30. 10. 1972 (BGBl I 2051) Schweizerisches Obligationenrecht vom 30.3.1911/18.12. 1936 S E U F F E R T S Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten (zitiert nach Band und Nr) SEUFFERT S Blätter für Rechtsanwendung (zitiert nach Band und Seite) Sozialgericht Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - vom 11. 12. 1975 (BGBl I 3015) Sozialgerichtsgesetz idF vom 23. 9. 1975 (BGBl I 2535) Süddeutsche Juristen-Zeitung (zitiert nach Jahr und Seite oder Spalte) S O E R G E L S Rechtsprechung zum BGB, EGzBGB, CPO, KO, GBO und RFG; wechselnde Titel; zuletzt (ab 1932): Jahrbuch des Zivil-, Handels- und Prozeßrechts (zitiert nach Band und Nr oder Seite) sogenannt Spalte Staatsgerichtshof Gesetz über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden (Städtebauförderungsgesetz) idF vom 18. 8. 1976 (BGBl I 2318) Staatsanzeiger
Abkümingsverzeichnis Sten Ber StGB StPO str stRspr StuW StVG StVO StVZO U u ua uä UmstG UmwandlgG Urt UStG usw uU UWG V v VerfGH VerglO Verh VerlG VersR VG VGH vgl VHG VO VOB
VOB1 Vorbem WG VwGO VwRspr
Stenographische Berichte Strafgesetzbuch idF vom 2. 1. 1975 (BGBl I 1) Strafprozeßordnung idF vom 7. 1. 1975 (BGBl I 129) streitig ständige Rechtsprechung Steuer und Wirtschaft (zitiert nach Jahr und Spalte oder Seite) Straßenverkehrsgesetz vom 19. 12. 1952 (BGBl I 837, BGBl III 9 Nr 9233-1) Straßenverkehrsordnung vom 16. 11. 1970 (BGBl I 1565; 1971 I 38) Straßenverkehrszulassungsordnung idF vom 15. 11. 1974 (BGBl I 3193; 1975 I 848) und unter anderem; und andere und ähnliches Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) vom 20. 6. 1948 (WiGBl Beil Nr 5, 13 = VOB1 BrZ 149) Umwandlungsgesetz idF vom 6. 11. 1969 (BGBl I 2081) Urteil Umsatzsteuergesetz idF vom 26. 11. 1979 (BGBl I 1953) und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. 6. 1909 (RGBl 499, BGBl III 4 Nr 43-1)
von; vom Verfassungsgerichtshof Vergleichsordnung vom 26. 2. 1935 (RGBl I 321, BGBl III 3 Nr 311-1) Verhandlungen Gesetz über das Verlagsrecht vom 19. 6. 1901 (RGBl 217, BGBl III 4 Nr 441-1) Versicherungsrecht. Juristische Rundschau für die Individualversicherung (zitiert nach Jahr und Seite) Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) vom 26. 3. 1952 (BGBl I 198, BGBl III Nr 402-4) Verordnung Verdingungsordnung für Bauleistungen idF vom 25. 10. 1979 (BAnz 1979 Nr 208 vom 6. 11. 1979). Eingeführt durch gemeinsamen Erlaß des Bundesministeriums der Finanzen, für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen vom 23.4.1953. Verordnungsblatt (in Verbindung mit der jeweiligen Körperschaft) Vorbemerkung Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) vom 30. 5. 1908 (RGBl 263) Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. 1. 1960 (BGBl I 17, BGBl III 3 Nr 340-1) Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland (zitiert nach Band und Nr) (XX)
Abkürzungsverzeichnis W WährG WarnJb WarnR WBewG WEG WG WHG WiGBl WiStrG WKSchG I; II
WM WobauÄndG
WobauG I; II WobauGebG WoBesG WoG WoBindG WogeldG I; II; III
(XXI)
Erstes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Währungsgesetz) vom 20. 6. 1948 (WiGBl Beil Nr 5, 1, BGBl III 7 Nr 7600-1-a) W A R N E Y E R S Jahrbuch der Entscheidungen auf dem Gebiete des Zivil-, Handels- und Prozeßrechts (wechselnde Titel; zitiert nach Jahr, Seite, Paragraph und Gesetz) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts, hrsg von W A R N E Y E R (zitiert nach Jahr und Nr) Wohnraumbewirtschaftungsgesetz idF vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389, 418, BGBl III 2 Nr 234-1) Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) vom 15. 3. 1951 (BGBl I 175, BGBl III 4 Nr 403-1) Wechselgesetz vom 21. 6. 1933 (RGBl I 399) Wasserhaushaltsgesetz idF vom 16. 10. 1976 (BGBl I 3017) Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz) idF vom 3. 6. 1975 (BGBl I 1313) 1/ Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. 11. 1971 (BGBl 11839); II/ Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz) vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3603) Wertpapier-Mitteilungen (zitiert nach Jahr und Seite) WobauÄndG 1965: Gesetz zur verstärkten Eigentumsbildung im Wohnungsbau und zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbauänderungsgesetz 1965) vom 24. 8. 1965 (BGBl I 945); WobauÄndG 1968: Gesetz zur Fortführung des sozialen Wohnungsbaues (Wohnungsbauänderungsgesetz 1968) vom 17. 7. 1968 (BGBl I 821); WobauÄndG 1971: Gesetz zur Durchführung des langfristigen Wohnungsbauprogramms (Wohnungsbauänderungsgesetz 1971) vom 17. 12. 1971 (BGBl I 1993); WobauÄndG 1973: Gesetz zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes 1965 und des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbauänderungsgesetz 1973) vom 21. 12. 1973 (BGBl I 1970); WobauÄndG 1980: Gesetz zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbauänderungsgesetz 1980) vom 20. 2. 1980 (BGBl I 159) 1/ Erstes Wohnungsbaugesetz idF vom 2 5 . 8 . 1 9 5 3 (BGBl I 1047); II/ Zweites Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) idF vom 30. 7. 1980 (BGBl I 1085) Gesetz über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau vom 30. 5. 1953 (BGBl I 273, BGBl III 3 Nr 364-2) Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau vom 23. 3. 1976 (BGBl I 737) Wohnungsgesetz vom 8. 3. 1946 (KRAB1 117) Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz) idF vom 30.7. 1980 (BGBl I 1120) I/Wohngeldgesetz idF vom 1. 4. 1965 (BGBl I 177); aufgehoben durch § 38 Abs 1 Nr 1 des Zweiten Wohngeldgesetzes vom 14. 12. 1970 (BGBl I 1637); Ii/Zweites Wohngeldgesetz idF vom 29. 8. 1977 (BGBl I 1685); III/Wohngeldgesetz idF vom 21. 9. 1980 (BGBl I 1741)
Abkiirzungsverzeichiiis WogeldVO WoModG WoVermittlG WRP WRV WuM WuW WuW/E WZG Z z ZAkDR zB ZB1FG ZB1HR ZGB ZGenW ZGR ZHR Ziff ZMR ZPO ZRP ZStW zT zust ZVG zw ZZP
Wohngeldverordnung idF vom 8. 1. 1981 (BGBl I 35) Gesetz zur Förderung der Modernisierung von Wohnungen (Wohnungsmodernisierungsgesetz) vom 23. 8. 1976 (BGBl I 2429); s ModEnG Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745, 1747) Wettbewerb in Recht und Praxis (zitiert nach Jahr und Seite) Verfassung des Deutschen Reiches (Weimarer Reichsverfassung) vom 11. 8. 1919 (RGBl 1383, BGBl III 1 Nr 100-2) Wohnungswirtschaft und Mietrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Wirtschaft und Wettbewerb (zitiert nach Jahr und Seite) WuW-Entscheidungssammlung zum Kartellrecht (zitiert nach Entscheidungsträger und Seite) Warenzeichengesetz idF vom 2. 1. 1968 (BGBl I 29, BGBl III 4 Nr 423-1) zum Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite) zum Beispiel Zentralblatt für die freiwillige Gerichtsbarkeit und das Notariat (zitiert nach Jahr und Seite) Zentralblatt für Handelsrecht (zitiert nach Band und Seite) Zivilgesetzbuch (in Verbindung mit dem jeweils erlassenden Staat) Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen (zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht, früher: Zeitschrift für das gesamte Handels- und Konkursrecht (zitiert nach Band bzw Jahr und Seite) Ziffer Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Zivilprozeßordnung idF vom 12. 9. 1950 (BGBl I 535, BGBl III 3 Nr 310-4) Zeitschrift für Rechtspolitik (zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft (zitiert nach Jahr und Seite) zum Teil zustimmend Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) vom 24. 3. 1897 (RGBl 97, BGBl III 3 Nr 310-14) zweifelhaft Zeitschrift für Zivilprozeß (zitiert nach Band und Seite)
Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl 195)
Vorbem zu §§ 535, 536
Dritter Titel
Miete. Pacht I. Miete Vorbemerkungen zu §§ 535, 536 Schrifttum Auswahl der allgemeinen Literatur zum Mietrecht: BReg, Bericht betr die Ermöglichung einer vermehrten Aufstellung von Mietspiegeln durch die Gemeinden, BT-Drucks 7 (1976)/5160; dies, Bericht über die Auswirkungen des 2. WKSchG, BT-Drucks 8 (1979)/2610; Bundesminister der Justiz, Mustermietvertrag 1976; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft, Gutachten v 12. 12. 1970 „Entwicklung der Wohnungsmieten und die geplanten Maßnahmen zur Begrenzung des Mietanstiegs", in: Sammelband der Gutachten von 1948-1972, hg v Bundesministerium f Wirtschaft (1973) 583; ARNOLD, Die Wohnungsmiete nach dem BGB (2. Aufl 1900); BARTHELMESS, Kommentar zum 2. Wohnraum-Kündigungsschutzgesetz und zum Miethöhegesetz 2. Aufl 1980; BETTERMANN, Das Wohnungsrecht als selbständiges Rechtsgebiet, Recht und Staat 140, 1949; ders, Mieterschutzgesetz (1955); BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des BGH zum Mietu n d P a c h t r e c h t , W M 1968, 2 0 2 ; 1970, 2 6 ; 1972, 122; 1976, 2 ; 1978, 158; BUB-GRAF VON
WESTPHALEN, Das AGB-Gesetz und seine Auswirkungen auf das Mietvertragsrecht, insbes auf Formularverträge (1979); CROME, Die juristische Natur der Miete nach dem deutschen BGB, JherJb 37 (1897) 1; DOWENDAG-BUCHER-EPPING-MRÖSEK, Wohnungsbedarfprognose für die Bundesrepu-
blik Deutschland bis 1985 (1972); DULCKEIT, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, Recht und Staat
158/159,
1951; EMMERICH, D a s R e c h t d e r Leistungsstörungen
( 1 9 7 8 ) ; ENNECCERUS-
LEHMANN, Schuldrecht (15. Bearb 1958) §§ 126-136; ERMAN, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (6. Aufl 1975); ESSER-WEYERS, Schuldrecht II 1 (5. Aufl 1977); FIRGAU, Aufklärungspflichten im Mietverhältnis, Europ Hochschulschr Reihe II Bd 222 (1979); FISCHER-DIESKAUPERGANDE-SCHWENDER, Wohnungsbaurecht; FLUME, Leasing in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (1972); GENIUS, Der Bestandsschutz in seiner historischen Entwicklung bis zu den Naturrechtsk o d i f i k a t i o n e n ( 1 9 7 2 ) ; GITTER in: Vertragsschuldverhältnisse ( 1 9 7 4 ) 1 ff; GUTEKUNST-FORSTER,
ModEnG, Kommentar (1979); HÄMMERLEIN-JENKINS-KRAHE ua, Wettbewerb in der Wohnungswirtschaft (1972); HÄRING, Zur Geschichte und Wirkung staatlicher Interventionen im Wohnungssektor (1974); HANS, Das neue Mietrecht in den weißen Kreisen (1965 ff); HECK, Grundriß des Schuldrechts ( 1 9 2 9 / 1 9 5 8 ) § § 9 6 - 1 0 1 ; HERPERS, W o h n r a u m m i e t r e c h t ( 1 9 8 0 ) ; HESSE, D i e rechtliche N a t u r der
Miete (1902); HOLTGRÄVE, Neues Miet- und Wohnrecht (1960); HORT, Der unsoziale Wohnungsbau, F A Z Nr 43 v 20. 2. 1976, 13; JAUERNIG, Bürgerliches Gesetzbuch (1979); KERSTAN, Ein neuer
Mustermietvertrag und die Möglichkeit seiner Einführung (1974); KIEFERSAUER-GLASER, Grundstücksmiete (11. Aufl 1965); KIMMINICH, Die verfassungsrechtliche Beurteilung des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (1973); LARENZ, Lehrbuch des Schuldrechts II (12. Aufl 1981) § 48 (180 ff); LEONHARD, Besonderes Schuldrecht des BGB (1931) 136 ff; LÖNING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930); LOEWE, Mietrecht des deutschen Reiches (1910); LUTZ, Das neue Mietrecht des BGB (1968); MAYROSE-ORGASS, Wohnungs- und
Bodenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland (1973); MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl von STERN und MITTELSTEIN 1932); MOHNEN, Der Inhalt des
Sozialbegriffs im neuen Mietrecht, in 2. FS Nipperdey I (1965) 605; Münch-Komm-VOELSKOW, BGB (1980); NIEDERBERGER, Mietspiegel (3. Aufl 1979); NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914);
OLSHAUSEN-K SCHMIDT, A u t o m a t e n r e c h t
(1972);
PALANDT, Bürgerliches
Gesetzbuch
(40. Aufl 1981); PERGANDE, Wohnraummietrecht (1968); PICK, Das neue Recht des Wohnbesitzes, NJW 1976, 1049; Reichsgerichtsräte-Kommentar, Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs (12. Aufl, 29. Lieferung 1977); ROQUETTE, Das Mietrecht des BGB (1966); ders, Neues soziales Mietrecht (1969); RUDELSBERGER, Deutsches Wohnungsmietrecht (1909); RUTH, Das Mietrecht der Wohn- und Geschäftsräume (1926); SCHADE-SCHUBART-WIENICKE, Wohn- und Mietrecht, WK Nr 116 (1980);
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK, Miete und Pacht (4. Aufl 1981); dies, Mietrecht von A - Z (9. Aufl 1980); dies, Wohnraumschutzgesetze (4. Aufl 1981); SCHNEIDER, Selbsthilfe, Staatshilfe, Selbstverwaltung, Theorie und Praxis der Wohnungspolitik (1973); SCHNEIDER-KORNEMANN, Soziale Wohnungsmarktwirtschaft (1977); SCHOPP, Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau, ZMR 1976, 161; SCHWERZ, Das Wohnungswesen unter dem Einfluß des
(i)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Bundes - Ein Labyrinth von Vorschriften und Maßnahmen, ZMR 1973, 33; SOERGEL, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd 2: Schuldrecht II (11. Aufl 1980); STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979); STRAUSS, Die Miete nach dem BGB (1908); THOSS-HÜBSCHLE ua, Prognosen für die Wohnungswirtschaft (1974); TODT, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers aus Sachmängeln ( 1 9 7 0 ) ; TRENK-HINTERBERGER, I n t e r n a t i o n a l e s W o h n u n g s m i e t r e c h t ( 1 9 7 7 ) ; VOGEL, D i e M i e t e v o n
Wohnungen und anderen Räumen nach dem BGB (1907); VOGEL WUM 1976, 187; WEIMAR, Die S a c h m ä n g e l h a f t u n g i m M i e t r e c h t ( 1 9 5 7 ) ; GRAF VON WESTPHALEN, D e r L e a s i n g v e r t r a g ( 1 9 7 9 ) ; WINDSCHEID-KIPP, L e h r b u c h d e s P a n d e k t e n r e c h t s B d 2 ( 9 . A u f l 1 9 0 6 / 1 9 6 3 ) 7 1 7 f f ; ZELLER-SPÄTH,
Der Hausbesitzer (6. Aufl 1965); VONZEZSCHWITZ, Die neuen Wohnungsaufsichtsgesetze der Länder und ihre verfassungsrechtliche Problematik, NJW1977,129; Wohnungswirtschaft und Gesellschaftspolitik - Der Auftrag der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, Eine Dokumentation, Schriftenreihe des Gesamtverbandes Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen H 6/7, 1972.
Systematische Übersicht I. Die Entwicklung des Mietrechts 1. Die Entwicklung bis 1914 1 2. Die Entwicklung im 1. Weltkrieg 4 3. Die Weimarer Republik 6 4. Drittes Reich und 2. Weltkrieg 8 5. Die erste Nachkriegszeit bis 1960 9 6. Der Abbau der Zwangswirtschaft und die Einführung des sozialen Mietrechts ab 1960 12 a) Lücke-Plan 12 b) Soziales Mietrecht 15 7. Die Rückkehr zum Mieterschutz ab 1971 16 8. Kritik und Ausblick 18 II. Die Miete im System des BGB 1. Die Miete als Schuldverhältnis 20 2. Die verschiedenen Arten der Miete 23 a) Überblick 23 b) Wohnraummiete 24 c) Mischmietverhältnisse 26 d) Errichtung eines Gebäudes 28 3. Die Abgrenzung der Miete von anderen Verträgen 29 a) Definition der Miete 29 b) Miete und Pacht 31 c) Miete und Leihe 34 d) Miete und Verwahrung 35 e) Miete und Werkvertrag 36 f) Miete und Kauf 37 g) Dingliches Wohnrecht 40 4. Sonderformen und gemischte Verträge 44 a) Leasing 45 b) Automatenverträge 51 c) Tankstellenverträge 57 d) Beherbergungsverträge 58 e) Sonstige Verbindungen mit dienstvertraglichen Elementen 65 f) Gemeinschaften und Gesellschaften 74 g) Lizenzverträge und ähnliche Erscheinungen 76 h) Sonstige Einzelfälle 80 i) Die Verbindung von Miete und Kauf 90
III. Abschluß und Inhalt des Mietvertrages 1. Das Zustandekommen des Vertrages 91 a) Abschluß 91 b) Beteiligung mehrerer Personen 98 c) Ehegatten 104 2. Vorvertrag, Anmietrecht, Vormiete und Option 114 a) Vorvertrag 114 b) Vormietrecht 118 c) Anmietrecht 119 d) Optionen 120 3. Mietvorauszahlungen und Baukostenzuschüsse 123 a) Die verschiedenen Arten von Finanzierungsbeiträgen 123 b) Ausschluß des Kündigungsrechts 126 c) Rückzahlung bei Vertragsbeendigung 127 d) Wirkung gegenüber Erwerbern 130 4. Abstand und Kaution 135 a) Abstand und Nachfolgeklausel 135 b) Kaution 137 5. Die Hausordnung 140 a) Bezugnahme im Vertrag 141 b) Einseitige Aufstellung und Änderung 142 c) Inhaltskontrolle 143 6. Formular- und Musterverträge 145 a) Das Unwesen der Formularverträge 145 b) Der Deutsche Einheitsmietvertrag von 1934 146 c) Soziales Mietrecht und mißbilligte Klauseln 147 d) Sonstige Formularverträge 149 aa) Baugeräte 149 bb) Kraftfahrzeuge 150 cc) Fernsprechnebenstellenanlagen 150 f dd) EDV-Anlagen 150g 7. Die Sittenwidrigkeit von Mietverträgen 151 a) Allgemeines 151 b) Insbesondere Wucher 154 8. Wertsicherungsklauseln 157
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(2)
Vorbem zu §§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht
e Übersicht Abschluß 91 f, 94 Abstand 135 Altenheime 134a AGBG 147b-150g Allgemeine Geschäftsbedingungen 147c ff Abzahlungsgeschäft 39, 49g ff Anmietrecht 119 Auslegung 97 Ausschließlichkeitsbindung 55 f Automatenverträge 51-56 Automatenaufstellverträge 53-56a Baugeräte 149 Baukostenzuschüsse 123, 134a - , verlorene, 128 ff Beförderungsverträge 85 Beherbergungsverträge 58 Belegarztvertrag 61 Belegungsverträge 60 Besitzschutz 24 Beteiligung mehrerer 98-102 Bordelle 151 cic 54, 61, 91, 166, 168 Definition 29 Deutscher Einheitsmietvertrag v 1934 146 f Dienstbarkeiten 42 Dienstwohnungen 66 Dingliches Wohnrecht 40 f Ehegatten 104-113 Einheitsmietverträge 146 f, 149 f Entwicklung des Mietrechts 1-5, 7-14 Errichtung eine Gebäudes 28 Fernsprechnebenstellenanlagen 150 f Fernsprechverhältnis 88 Filmverleihvertrag 78 Filmverwertungsvertrag 79 Finanzierungsbeiträge 123 f, 130, 134 Finanzierungs-Leasing 46—49i Formularverträge 145-150g Franchising 77 Gemeines Recht 2 Gemeinschaften 74 Genossenschaften 75 Geschlechtsverkehr 152 f Geschichte 1 f Gesellschaften 74 Gestattungsverträge 29, 76 Grundstücksmiete 28
Heimpflegeverträge 64 Hotelaufnahmevertrag 59 Immobilien-Leasing 50 ff Inhaltskontrolle 145-150g, 45b ff, 48 ff, 54b ff, 63a, 80, 139, 141 Internatsvertrag 62 Instandhaltungspflicht 148e Kaiserreich 1 f Kauf 37 f, 90 Kaution 137-139a Konkludenter Abschluß 96 Konzessionsverträge 87 Kraftfahrzeugmiete 150-150e Krankenhausaufnahmeverträge 62 f Kündigung 101 f Kündigungsausschluß 126 Kündigungsschutz 17 Lagervertrag 35 Leasing 38, 45-50 Leistungsvorbehalt 161 Leihe 34 Lizenzverträge 76 Lücke-Plan 12 Mehrheit von Mietern und Vermietern 98-103 Mietarten 23 f Mieterdarlehen 123 ff Mieterschutz ab 1971 16 f Mietkauf 37, 51 Mietnotrecht 4 f, 18 Mietzins 93 Mietvorauszahlungen 123-134a Mischmietverhältnisse 26 f, 30, 36 Mißbilligte Klauseln 147 Mustermietvertrag 147a, 147c Musterverträge 145 ff Nachfolgeklausel 136 Nebenkosten 92 Objektförderung 19 Operating-Leasing 47 Optionen 120-122 Pacht 31 f, 76 Partiarisches Rechtsverhältnis 52 f Pensionsvertrag 59 Preisgleitklauseln 164 Rückzahlung bei Vertragsbeendigung 127
Hausmeistervertrag 65 Hausordnung 140-144 Hersteller-Leasing 46 (3)
Schenkung 34, 43 Schönheitsreperaturen 148e Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 1-3 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Schriftformerfordernis 53c ff, 76, 116 Schuldverhältnis 20 Schutzwirkung zugunsten Dritter 107, 143 Sittenwidrigkeit 54, 151 f Sondernutzung öffentlicher Sachen 86 Soziales Mietrecht 14 f Spannungsklausel 162 f Stationärsvertrag 57 Tankstellenverträge 57 Tresorvertrag 82 Verdinglichung 21 f Verfallklauseln 49 ff Vergnügungseinrichtungen 81 Verlängerungsklausel 121 Verlängerungsoption 120
Verwahrung 35 Verzinsung der Kaution 139 Vorausverfügungen und Mietzins 31, 131 f Vormietrecht 118 Vorvertrag 114-117 Weimarer Republik 6 f Werkförderungsvertrag 67-71 Werkvertrag 36 Wertsicherungsklausel 157-171 Wohnraummiete 24 f, 27, 170 Wohnungsbindungsgesetz 14 Wucher 154-156 Zölibatsklauseln 152 Zustandekommen 91 f, 95 Zweckbestimmung 25, 33, 36, 38
I. Die Entwicklung des Mietrechts 1 1. Die Entwicklung bis 1914 Das Problem der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum ist keineswegs neu, sondern so alt wie die soziale Frage selbst. Besonders dringliche Formen hatte dieses Problem in Deutschland mit der beginnenden Industrialisierung ab ungefähr 1850 angenommen. Für die in die Großstädte strömenden Arbeitermassen stand kein Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung, so daß es vielfach zu schlechthin katastrophalen Verhältnissen kam (vgl die Schilderungen bei H Ä R I N G und S C H N E I D E R aaO). Obwohl schon damals dringend nach einem Eingreifen des Staates gerufen wurde, scheute doch namentlich das Reich bis in die Zeit des 1. Weltkrieges hinein davor zurück, die Frage des Arbeiterwohnungsbaus aufzugreifen, weil man die ungeheuren finanziellen Konsequenzen fürchtete. So blieb die Wohnungsfrage während des ganzen Kaiserreichs ungelöst. Auch die Entwicklung des Mietrechts war in keiner Weise dazu angetan, etwas zur Lösung dieser Frage beizutragen. 2 Das gemeine Recht hatte im Anschluß an das römische Recht den Dienstvertrag und die Miete unter dem Oberbegriff der locatio conductio rei zusammengefaßt. Die Sachmiete wurde dabei rein schuldrechtlich konstruiert, so daß vor allem der Erwerber einer vermieteten Sache an Mietverträge des Veräußerers nicht gebunden war („Kauf bricht Miete") ( W I N D S C H E I D - K I P P aaO; E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 2 6 1 ; L Ö N I N G 76 ff). Im Gegensatz zum ALR wollte auch das BGB hieran zunächst festhalten (Mot II 380 ff); erst die Beratungen in der 2. Kommission brachten den Umschwung zugunsten eines stärkeren Mieterschutzes (s im einzelnen § 571 Rz 1). Die zum Schutz der Mieter bestimmten Vorschriften waren indessen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (zB § 544), dispositiv. 3 Diesen Umstand machten sich sofort nach Inkrafttreten des BGB die großen Vermieterverbände allenthalben dadurch zunutze, daß sie Mietvertragsformulare entwarfen, die die Rechte der Mieter bis an die äußerste, zulässige Grenze und häufig noch weit darüber hinaus beschränkten. Besonders beliebt waren der totale Ausschluß sämtlicher Gewährleistungsrechte und die Schaffung zahlreicher, zusätzlicher Kündigungsgründe selbst bei den unbedeutendsten Vertragsverletzungen. Die Mieter waren gegen diese Entwicklung angesichts der Verbreitung derartiger Formularverträge nahezu hilflos. Wieder einmal hatte sich erwiesen, daß der Vertragsmechanismus befriedigend nur funktionieren kann, wenn der Gesetzgeber Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 4-7
für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage sorgt, zugleich alle Wettbewerbsbeschränkungen, hier die Konditionenkartelle der Vermieter, energisch bekämpft und außerdem durch die Schaffung zwingenden Gesetzesrechtes zugunsten des wirtschaftlich Schwächeren auf dem Markt interveniert. 2. Die Entwicklung im ersten Weltkrieg
4
Die eben angedeuteten Nachteile des Mietrechts des BGB mußten in Notzeiten zu einer Katastrophe führen. Diese Katastrophe ließ denn auch nach Ausbruch des ersten Weltkrieges nicht lange auf sich warten. Nachdem es zunächst infolge des Kriegsausbruchs zu einem Überangebot von Wohnungen gekommen war, führte ungefähr ab 1916 der starke Rückgang des Mietwohnungsbaus zu einer außerordentlichen Verknappung des Angebots und in Verbindung damit zu starken Mietzinserhöhungen. Die durch eine Bekanntmachung v 15. 12. 1914 (RGBl 511) geschaffenen sog Mieteinigungsämter (MEA) konnten hiergegen den Mietern keinen Schutz bieten, da sie zunächst keinerlei Entscheidungsbefugnisse besaßen. Die Situation änderte sich erst mit Erlaß der ersten MieterschutzVO v 26. 7. 1917 (RGBl 659), durch die die Landeszentralbehörden erstmals die Befugnis erhielten, ihrerseits die Mieteinigungsämter zu ermächtigen, eine Kündigung für unwirksam zu erklären. Durch die zweite MieterschutzVO v 23. 9. 1918 (RGBl 1135) wurde dieser Mieterschutz weiter ausgebaut. Damit war das Mietnotrecht geboren (zur Entwicklung des Mietnotrechts vgl insbes HANS Einf A; HOLTGRÄVE Einl Rz 1 ff ( = S 7 1 ff); KIEFERSAUER-GLASER Vorbem 1 ff ( = S 1 ff); ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 6 ; LÖNING 1 8 7 ff; ROQUETTE Einl vor § 5 3 5 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK A 1 ff). Das Mietnotrecht umfaßte seitdem drei Gebiete, nämlich den Schutz des Mieters 5 gegen Kündigungen, den sog Bestandsschutz, außerdem den Schutz des Mieters gegen Mietzinserhöhungen und schließlich die eigentliche Wohnungszwangswirtschaft, gekennzeichnet durch eine hoheitliche Erfassung und Verteilung der vorhandenen Wohnungen. Alle drei Formen des Mietnotrechts fanden ihre erste abschließende Ausprägung bereits in den ersten Jahren der Weimarer Republik. 3. Die Weimarer Republik 6 Die totale staatliche Lenkung des Wohnungsmarktes beruhte ab 1923 auf dem Reichsmietengesetz (RMG) v 24. 3. 1922 (RGBl 273), dem Mieterschutzgesetz (MSchG) v 1. 6. 1923 (RGBl I 355) und dem Wohnungsmangelgesetz (WMG) v 26. 7. 1923 (RGBl I 754). Jedoch konnte sich schon damals schließlich auch der Gesetzgeber nicht der 7 Erkenntnis verschließen, daß dem dringend notwendigen Neubau von Wohnungen nichts so wenig förderlich ist wie eine staatliche Zwangswirtschaft. Ab 1925 wurde deshalb die Wohnungszwangswirtschaft wieder zunehmend gelockert. Die NotVO v 1.12.1930 (RGBl 1517) sah schließlich als Zeitpunkt, zu dem das RMG und MSchG spätestens außer Kraft treten sollten, den 1. 4. 1936 und als entsprechenden Zeitpunkt für das WMG den 1. 4. 1934 vor. Voraussetzung sollte jedoch eine vorherige soziale Ausgestaltung des Rechts des BGB sein. Die NotVO v 8.12. 1931 (RGBl I 699) brachte eine erneute Änderung der Fristen. Als Zeitpunkt für das endgültige Außerkrafttreten aller 3 Gesetze wurde jetzt der 1. 4. 1933 bestimmt, jedoch mit dem Vorbehalt, daß das RMG und MSchG nur dann außer Kraft treten sollten, wenn das BGB bis dahin unter sozialen Gesichtspunkten umgestaltet sein sollte. Dementsprechend trat am 1. 4. 1933 auch nur das WMG außer Kraft. (5)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 8-11 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
8 4. Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg Da eine soziale Ausgestaltung des BGB nicht gelungen war, blieben zunächst das RMG und das MSchG in Kraft. Durch ein Gesetz v 18.4.1936 (RGBl 1371) wurden beide jedoch in wichtigen Punkten geändert. Dieses Gesetz bezeichnete zugleich den Punkt einer erneuten Wende in der Entwicklung des Mietnotrechts. War bis 1936 ein deutlicher Abbau des Mietnotrechts festzustellen gewesen, so wurde von jetzt ab der Mieterschutz wieder nach allen Richtungen ausgebaut und verstärkt. Nachdem zahlreiche Verordnungen den Kündigungsschutz immer weiter ausgedehnt hatten, wurde schließlich am 15. 12. 1942 ein neues MSchG erlassen (RGBl I 70; s dazu Voraufl Vorbem 40 ff). Daneben entwickelte sich gleichzeitig seit dem PreisstoppG v 1936 ein selbst für den Fachmann zuletzt nicht mehr durchschaubares Gestrüpp von VOen über die Mietzinsbildung, durch die jedenfalls im Ergebnis eine totale Mietzinsbindung eingeführt wurde. An dieser Preisbindung für Mieten wurde auch nach 1948 zunächst uneingeschränkt festgehalten (s die Anordnung über Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform v 25. 6.1948, WiGBl 61). Die Not des Krieges, vor allem die Zerstörung der Städte durch den Luftkrieg und das Hereinströmen von Millionen von Flüchtlingen in die Kerngebiete des Reichs zwangen schließlich auch wieder zur Einführung einer totalen Wohnraumbewirtschaftung. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang vor allem die WohnraumlenkungsVO v 27. 2. 1942 (RGBl I 127) und die VO zur Wohnraumversorgung der luftkriegbetroffenen Bevölkerung v 21. 6. 1943 (RGBl I 355). Wietere Möglichkeiten zu Zwangseingriffen ergaben sich daneben aus dem RLG, so daß auch insoweit der Rechtszustand zuletzt kaum mehr durchschaubar war.
9 5. Die erste Nachkriegszeit bis 1960 Die unvorstellbare Not der ersten Nachkriegsjahre verhinderte zunächst jede Freigabe des Wohnungsmarktes. Deshalb erließ der Kontrollrat am 8. 3. 1946 das sog. Wohnungsgesetz (WG), das eine Erfassung und Zuweisung von Wohnräumen ermöglichte. Damit war infolge der Verbindung von umfassendem Kündigungsschutz (MSchG 1942), totalem Preisstopp und Zwangsbewirtschaftung aller Wohnungen der Höhepunkt in der Entwicklung des Mietnotrechts erreicht. Die folgenden Jahre sind durch einen fortlaufenden Abbau der Wohnungszwangswirtschaft gekennzeichnet. Hier genügt es, die wichtigsten Stadien dieser in ihren Grundzügen allgemein bekannten Entwicklung nachzuzeichnen. 10 Den ersten wichtigen Schritt zur Lockerung der Wohnungszwangswirtschaft brachten das erste Wohnungsbaugesetz (1. WoBauG) v 24. 4. 1950 (BGBl 83) und die VO über Ausnahmen vom Mieterschutz v 27. 11. 1951 (BGBl I 926), an deren Stelle später das GeschäftsraummietenG (GRMG) v 25. 6. 1952 (BGBl I 338) trat. Durch diese Gesetze wurden im wesentlichen sämtliche nach dem 21.6.1948 neu gebauten und frei finanzierten Wohnungen sowie alle Geschäftsräume von der staatlichen Bewirtschaftung, dem Mieterschutz und der Mietpreisbindung ausgenommen. Weitere Ausnahmen brachten dann vor allem das erste BundesmietenG (1. BMG) v 27. 7. 1955 (BGBl I 458) und das 1953 an die Stelle des WG getretene WohnraumbewirtschaftungsG (WBG) v 31. 3. 1953 (BGBl I 97; s dazu Voraufl Vorbem 204 ff; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 6 ) .
11 Mit dem fortschreitenden Abbau der Wohnungszwangswirtschaft ging eine umfassende staatliche Förderung des Wohnungsbaus einher. Durch die weiteren Bundesmietengesetze wurde zugleich ab 1960 eine Entschädigung der nach wie vor von der Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 12,13
Zwangswirtschaft betroffenen Althausbesitzer versucht, indem ihnen genau begrenzte Mietzinserhöhungen erlaubt wurden. Der partielle Abbau der Wohnungszwangswirtschaft hatte zunächst dazu geführt, daß die Rechtslage noch unübersichtlicher geworden war. Namentlich das Mietpreisrecht war zuletzt selbst für den Fachmann kaum mehr durchschaubar (vgl zB H O L T G R Ä V E Einl Rz 146 ff; S C H W E R Z aaO). Im Ergebnis waren schließlich jedenfalls die meisten sog Neubauwohnungen von der Wohnungszwangswirtschaft weitgehend freigestellt; sie unterlagen jedoch teilweise noch in beschränktem Umfang der Preisbindung. Hingegen galt für den gesamten Althausbesitz nach wie vor der Bestandsschutz aufgrund des MSchG, die Bewirtschaftung aufgrund des WBG und der Preisstopp von 1936, gelockert durch die verschiedenen BMG. Diese Marktspaltung konnte nicht auf Dauer beibehalten werden, sondern verlangte dringend nach Abänderung durch Entlassung des gesamten Wohnungsmarktes in die freie Marktwirtschaft. Deshalb setzte sich der Gesetzgeber ab 1960 das Ziel, den gesamten Wohnungsmarkt aus der staatlichen Bewirtschaftung in die Wettbewerbsordnung zu entlassen.
6. Der Abbau der Zwangswirtschaft und die Einführung des sozialen Mietrechts ab 1960
12
a) Aufgrund von Anfang an lebhaft umstrittener, statistischer Erhebungen kam die Bundesregierung 1960 zu dem Ergebnis, daß spätestens Ende 1965 der Wohnungsmarkt ausgeglichen sein werde. Die Bundesregierung folgerte daraus, daß sich in den Jahren 1960 bis 1965 ein Abbau der Wohnungszwangswirtschaft in Verbindung mit der Einführung eines sozialen Mietrechts rechtfertigen lasse (sog Lücke-Plan). Trotz heftigen Widerstandes der damaligen Opposition erging daraufhin am 23.6.1960 das Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietund Wohnrecht (BGBl 1389). Dieses Gesetz brachte neben zahlreichen Gesetzesänderungen ein 2. BMG, das 1. Gesetz über die Gewährung von Miet- und Lastenbeihilfen, die ersten Änderungen des Mietrechts des BGB unter sozialen Vorzeichen und vor allem die Bestimmung des 31. 12. 1965 als Endtermin des MSchG (§ 54 nF MSchG). Der Abbau der Wohnungszwangswirtschaft sollte ab 1. 7. 1963 stufenweise durch VOen der Landesregierungen durchgeführt werden. Die bei Erlaß des AbbauG gehegten Erwartungen bestätigten sich jedoch nicht, so 13 daß durch das SchlußterminsänderungsG v 24. 8. 1965 (BGBl I 1969) der Schlußtermin auf den 1. 1.1968 hinausgeschoben wurde. Eine weitere Hinausschiebung auf den 31. 12. 1968 brachten sodann für die Ballungszentren Bonn, Freiburg, Göttigen, Hamburg, München und Berlin die Gesetze v 3.4.1967 und v 21.12.1967 (BGBl I 339; 1251 ff). Für Berlin wurde später durch das Gesetz v 19. 12. 1969 (BGBl 12357) der Schlußtermin erneut auf den 31. 12.1972 und durch das Gesetz v 30. 12. 1972 (BGBl 2051) auf den 31. 12. 1975 hinausgeschoben. Damit ist erst an diesem Tag das MSchG endgültig außer Kraft getreten. Auch die Mietpreisbindung wurde nur sehr viel langsamer als geplant abgebaut. Denn durch ein Gesetz v 20.12.1968 (BGB111411) wurde die Mietpreisbindung zunächst zum größten Teil aufrechterhalten. Eine weitere Verschiebung des Schlußtermins enthielt für Hamburg und München dann das Gesetz v 18. 6.1970 (BGBl 1786). Als endgültiger Schlußtermin der Mietpreisbindung wurde nunmehr der 31. 12. 1972 bestimmt. Aber auch damit hatte es noch nicht sein Bewenden. Die Mietpreisbindung für München und Hamburg wurde nämlich durch Gesetz v 30. 10. 1972 (BGBl I 2054) bis zum 31.12.1974 verlängert (vgl außerdem die Übergangsregelung bis zum 31. 12. 1976 in Art 6 des 2. WRKSchG). Zusammen mit der Aufrechterhaltung der Mietpreisbindung wurden in den genannten Gebieten durch zahlreiche weitere BMG (7)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 14-16 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Mietzinserhöhungen zugelassen. Schließlich wurde noch durch ein Gesetz v 17. 11. 1975 (BGBl I 2867) die Mietpreisbindung für Berlin bis Ende 1980 und dann bis 1982 verlängert. Damit ergibt sich folgender augenblicklicher Rechtszustand (vgl zB P A L A N D T - P U T Z O Einf 12 f vor § 535): 14 Die alte Wohnraumbewirtschaftung, gekennzeichnet durch Mieterschutzgesetz und Wohnraumbewirtschaftungsgesetz, ist endgültig beseitigt. An ihre Stelle ist das soziale Mietrecht getreten. Lediglich die Mietpreisbindung besteht in Berlin auf Grund des 10. BMG, das verfassungsmäßig ist (BGH NJW1979,2559 = ZMR1979, 264), bis Ende 1982 fort. Daneben ergeben sich für sie sog Sozialwohnungen im gesamten Bundesgebiet Beschränkungen der Mietzinshöhe aus dem sog WohnungsbindungsG v 31. 1. 1974 (BGB I 137). Eine entsprechende Regelung gilt für Bedienstetenwohnungen aufgrund des § 87 a des 2. WoBauG v 1. 9. 1965 (BGBl I 1617) sowie für andere öffentlich geförderte Wohnungen aufgrund der §§ 88, 88 b und 111 des genannten Gesetzes (vgl auch P A L A N D T - P U T Z O Einf 13 c vor § 535; G L A S E R Betrieb 1979,2311). Für die Berechnung dieser gebundenen Mieten sind vor allem die NeubaumietenVO v 1970 idF v 21. 2. 1975 (BGBl I 595) und die 2. BerechnungsVO v 21. 2. 1975 (BGBl I 570) in der Fassung v 18. 7. 1979 (BGBl I 1103 = ZMR 1979, 358) heranzuziehen. Ein danach preisrechtlich unzulässiger Mietzins wird auch nach Aufhebung der Mietpreisbindung nicht automatisch wirksam (LG Hamburg MDR 1976, 402 f Nr 55). 15 b) Parallel zu dem schrittweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft vollzog sich die Einführung des sozialen Mietrechts in das BGB. Das AbbauG v 1960 hatte sich aus Zeitnot zunächst nur auf die Einführung der sog Sozialklausel (§ 556 a) beschränkt. Weitere Verbesserungen des Mieterschutzes brachte dann das 1. MietRÄndG v 29.7.1963 (BGBl 1505). Durch das (sehr wichtige) 2. MietRÄndG v 14.7.1964 (BGBl 1457) wurde schließlich (endlich) auch die Position des Mieters bei Abschluß und während des Laufs des Vertrags entscheidend verstärkt. Vor allem die meisten sog mißbilligten Klauseln wurden durch dieses Gesetz endgültig verboten. Durch das 3. MietRÄndG v 21. 2.1967 (BGBl 1 1248) wurde später vor allem noch die Sozialklausel abermals zugunsten des Mieters erheblich verschärft. Aber wer geglaubt hatte, daß damit die Entwicklung des Mietrechts endlich zum Abschluß gekommen wäre, wurde alsbald eines Besseren belehrt.
16 7. Die Rückkehr zum Mieterschutz ab 1971 Im Jahre 1970 gelangte die Bundesregierung zu dem Schluß, daß die immer noch bestehende Mangellage in Verbindung mit den starken Baupreiserhöhungen zu einem unerträglichen Anstieg der Mietzinsen geführt habe, so daß vorübergehend bis zum endgültigen Ausgleich von Angebot und Nachfrage erneut ein verstärkter Mieterschutz geboten sei (vgl die Begr z RegE, BT-Dr VI/1549). Die Bundesregierung legte deshalb dem Bundestag einen umfangreichen Entwurf vor, durch den vor allem der Schutz der Mieter gegen Kündigungen und Mietzinserhöhungen verbessert werden sollte (sog ArtikelG). Der Entwurf wurde wegen des heftigen Widerstandes diesmal der CDU in zwei Gesetze aufgespalten, nämlich in das (inzwischen außer Kraft getretene) 1. WRKSchG v 25. 11. 1971 (BGBl I 1839) sowie in das MietRVerbesserungsG v 4.11.1971 (BGBl 1 1745; s im einzelnen unten Vorbem zu 2. WKschG Rz 1 ff; Vorbem zu § 1 MHRG Rz 1 ff). Das 1. WRKSchG beseitigte zunächst das freie Kündigungsrecht des Vermieters; eine Kündigung war fortan nur noch möglich, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hatte. Die Gründe, in denen ein derartiges berechtigtes Interesse vorliegen sollte, lehnten sich dabei eng an das alte Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 17-19
MSchG an. Außerdem wurde die Kündigung zum Zwecke der Erhöhung des Mietzinses ausgeschlossen. Statt dessen wurde dem Vermieter das Recht gegeben, höchstens einmal im Jahr eine Erhöhung des Mietzinses auf das Niveau der sog Vergleichsmiete zu verlangen. Die Verfassungsmäßigkeit der Wiedereinführung des Mieterschutzes war von Anfang an lebhaft umstritten (dagegen insbes KIMMINICH aaO). Der Streit wurde durch den Beschl des BVerfG v 23. 4. 1974 (BVerfGE 37, 140) entschieden. Das BVerfG bejahte hierin die grundsätzliche Zulässigkeit der Wiedereinführung des Mieterschutzes und der Beschränkung der Mietzinserhöhungen, hob jedoch eine Reihe landgerichtlicher Entscheidungen auf, die übertriebene Anforderungen an die vom Vermieter nachzuweisenden Voraussetzungen für sein Erhöhungsverlangen gestellt hatten (vgl außerdem BVerfG Z M R 1975, 210; NJW 1980, 1617 = JuS 1 9 8 0 , 7 5 5 Nr 1; B V e r f G E 4 9 , 2 4 4 = J u S 1 9 7 9 , 5 1 4 Nr 4 ; V o r b e m zu § 1 M H R G R z 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK A 2 4 ff; GRAF N J W 1 9 7 6 , 1 4 8 0 ) .
Das 1. WRKSchG war ursprünglich nach den Behauptungen der BReg als 17 vorübergehende Maßnahme gedacht gewesen; die Geltungsdauer des Gesetzes war deshalb bis zum 3 1 . 1 2 . 1 9 7 4 befristet worden. Es stellte sich jedoch sehr bald heraus, daß die BReg in Wirklichkeit die Absicht gehabt hatte, den Mieterschutz wieder als Dauerrecht einzuführen. Deshalb wurde noch vor Ende 1974 das 2. WRKSchG v 18. 12. 1974 (BGBl I 3603) verkündet. Durch Art 1 wurde nunmehr der Kündigungsschutz als Dauerrecht im B G B verankert (§ 564 b). Außerdem wurde durch Art 3 ein neues Gesetz zur Regelung der Miethöhe eingeführt (MHRG), aufgrund dessen der Vermieter jetzt nach dem Vorbild des 1. WRKSchG unter bestimmten Voraussetzungen eine Anpassung des vertraglichen Mietzinses an das Niveau der sog Vergleichsmiete verlangen kann. Entsprechend einer verbreiteten Forderung sind damit Mietpreisbindung und Bestandsschutz als Kern des sog sozialen Mietrechts als Dauerrecht wieder eingeführt worden (zu den Auswirkungen s den Bericht der BReg BT-Drucks 8/2610; unten Vorbem zu § 1 MHRG).
8. Kritik und Ausblick
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Auf- und Abbau des Mietnotrechts haben sich in Wellen vollzogen. Im Augenblick befinden wir uns wieder in einer Phase des unaufhörlichen Ausbaus des Mietnotrechts. Konnte man noch 1960 hoffen, daß in absehbarer Zeit auch der gesamte Wohnungsmarkt von den Fesseln der Zwangswirtschaft befreit sein werde, so muß man jetzt befürchten, daß auch auf diesem Markt in absehbarer Zeit die so mühsam erkämpfte Freiheit bald wieder verloren sein wird. Diese Entwicklung war und ist jedoch nicht zwangsläufig (aM zu Unrecht SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO m Nachw). Wenn es tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt zu unterträglichen Spannungen gekommen ist, so doch nur aus zwei Gründen, die durchaus selbst verschuldet sind. Der eine Grund ist die unsinnige Marktspaltung, dh die Tatsache, daß nach wie vor ein großer Teil der Wohnungen außerhalb des Marktes und zu manipulierten Preisen vergeben wird (Problem der Sozialwohnungen). Dadurch kommen zahllose Mieter vor allem der alten Sozialwohnungen ständig in den Genuß staatlicher Geschenke in Milliardenhöhe, obwohl sie schon längst nicht mehr bedürftig sind, während für die wirklich Bedürftigen nicht genügend Sozialwohnungen vorhanden sind, so daß der Staat ständig neue Sozialwohnungen bauen muß, obwohl - statistisch gesehen - der Markt schon längst ausgeglichen ist (vgl HXRING aaO). Hieran wird deutlich, daß das System der Objektförderung, wie es in Deutschland 19 trotz aller Kritik nach wie vor praktiziert wird, auf die Dauer nicht mehr haltbar ist. Das System der Objektförderung muß vielmehr zugunsten des Systems der Subjekt(9)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 20, 21 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
förderung aufgegeben werden. Der Wohnungsbau ist maW uneingeschränkt dem Markt zu überlassen. Der Staat sollte nur zugunsten der bedürftigen Mieter durch Wohnungsbeihilfen intervenieren. Der einzige richtige Schritt auf diesem Weg war das 1. Wohngeldgesetz v 1965, an dessen Stelle jetzt das 2. WohngeldG v 14.12 1973 (BGBl 1 1863) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. 8. 1977 (BGBl 1 1685) getreten ist. Die daneben trotzdem weiter praktizierte Objektförderung hat im Grunde nur zu einer unerträglichen Konzentration des Wohnungsbesitzes in der Hand der großen Wohnungsbaugesellschaften geführt. An diesem in jeder Hinsicht unbefriedigenden Zustand wird auch das Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau v 23. 3.1976 (BGBl 1737) nichts ändern (vgl dazu P I C K und S C H O P P aaO; B R A M B R I N G NJW 1976,1439; O S W A L D WM 1976, 806). Denn der zweite Umstand, der zu den allseits beklagten Verzerrungen auf dem Wohnungsmarkt geführt hat, kann auch durch das Gesetz nicht geändert werden. Es ist dies die sich seit 1969 ständig beschleunigende inflationäre Entwicklung (vgl dazu insbes das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats aaO). Der einzig richtige Weg zur Bekämpfung der bedrohlichen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt wäre deshalb neben dem Übergang von der Objektförderung zur Subjektförderung die energische Bekämpfung der Inflation in Verbindung mit der allgemeinen Freigabe der Sozialwohnungen gewesen. Nach allen Erfahrungen, die wir über Wettbewerbsmärkte besitzen, wäre es dann sehr schnell auch zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage bei einem erträglichen Mietzinsniveau auf dem Wohnungsmarkt gekommen, da die Versorgung Deutschlands mit Wohnungen schon längst ausreichend ist. Dementsprechend plant die BReg neuerdings auch wieder eine partielle Rückkehr zur Marktwirtschaft insbes durch Auflockerung des § 2 MHRG.
II. Die Miete im System des BGB 20 1. Die Miete als Schuldverhältnis Schon nach der Stellung des Mietrechts im BGB kann kein Zweifel darüber bestehen, daß nach der Vorstellung der Verfasser des BGB der Mietvertrag ein normaler, gegenseitiger, schuldrechtlicher Vertrag ist, durch den ein Dauerschuldverhältnis begründet wird. Solange dem Mieter die vermietete Sache nicht übergeben ist, hat er kein irgendwie geartetes Recht an dieser Sache, sondern ist auf seinen Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter beschränkt. Drittwirkungen scheiden aus. 21 Die Situation ändert sich indessen, sobald dem Mieter die vermietete Sache übergeben wird, so daß er den Besitz an der Sache erlangt. Denn von diesem Zeitpunkt ab genießt er zunächst umfassenden Besitzschutz gegen alle Dritte einschließlich des Vermieters aufgrund der §§ 858 ff. Außerdem ist er gegen schuldhafte Eingriffe Dritter weitgehend durch § 823 Abs 1 geschützt. All dies gilt gleichermaßen für die Grundstücksmiete wie für die Fahrnismiete. Bei der Fahrnismiete kommt darüber hinaus noch der besondere Schutz des Besitzers aufgrund der §§ 986 Abs 2 und 1007 hinzu. Doch ändert dies nichts an der schuldrechtlichen Natur der Miete. Was hierin zum Ausdruck kommt, ist nichts anderes als die bekannte, weitgehende Verdinglichung aller obligatorischen Besitzrechte durch die Besitzerlangung seitens des Berechtigten (s hierzu insbes D U L C K E I T aaO). Schwieriger ist die Situation bei der Grundstücksmiete. Denn hier genießt der Mieter nach Überlassung des Grundstücks aufgrund des § 571 umfassenden Schutz gegen eine Veräußerung des Grundstücks durch den Vermieter. Die Miete ist dadurch unbestreitbar in einzelnen Beziehungen einem dinglichen Recht angenähert (s im Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(10)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 22-25
einzelnen § 571 Rz 5 ff; vgl insbes auch § 577). Jedenfalls in Ausnahmefällen kann zudem auch § 1007 auf die Grundstücksmiete entsprechend angewandt werden (BGHZ 7, 208, 217 ff). Eine gewisse Drittwirkung ergibt sich ferner aus den §§ 541 und 538 Abs 2, da hiernach der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen das Recht hat, Rechte Dritter, durch die sein Mietbesitz beeinträchtigt wird, auf Kosten des Vermieters abzulösen. Das RG hat aus dieser Regelung einmal gefolgert, daß die Miete als Last auf dem 22 Grundstück ruhe, so daß die Vermietung eines Grundstückes durch einen Dritten mit Zustimmung des Eigentümers gemäß § 182 auch den Eigentümer binde (RGZ 80, 395, 397 ff); auf der anderen Seite hat es die Praxis jedoch stets abgelehnt, die Vermietung eines Grundstücks durch einen Nichteigentümer als Verfügung iS der §§ 8 9 2 und 8 9 3 anzusehen, da eben die Miete kein dingliches Recht ist (RGZ 1 0 6 , 1 0 9 , 1 1 1 ff; 124, 3 2 5 , 3 2 7 ; K G J W 1929, 2 8 9 3 , 2 8 9 4 N r 6). E s k o m m t hinzu, d a ß d e r
Mieter auch in der Zwangsversteigerung nur einen ganz schwachen Stand hat (§§ 57 ff ZVG). Insgesamt sind deshalb die dinglichen Züge der Miete im BGB, das die Miete prinzipiell als Schuldverhältnis konstruiert hat, nur ganz schwach ausgeprägt (vgl im einzelnen noch BAUR, Sachenrecht [11. Aufl 1981] § 2 9 E; CROME aaO; ENNECCERUS-LEHMANN § 127 I 6; ESSER-WEYERS I I 1 § 18, 4 ; DULCKEIT, HESSE u LÖNING aaO, alle m Nachw).
2. Die verschiedenen Arten der Miete 23 a) Das BGB behandelte ursprünglich die Grundstücksmiete nahezu genauso wie die Fahrnismiete. Für die Grundstücks- und Raummiete enthielt es nur wenige Sondervorschriften. Die Einführung des sozialen Mietrechts hat hierin einen grundlegenden Wandel gebracht. Da die zahlreichen Schutzvorschriften des sozialen Mietrechts nur für die Miete von Wohnräumen gelten, muß man heute zunächst zwischen der Miete von beweglichen und der von unbeweglichen Sachen unterscheiden. Innerhalb der Grundstücksmiete muß man weiter zwischen der Wohnraummiete und der Miete sonstiger Räume, namentlich der Geschäftsraummiete, trennen. b) Unter einem Raum versteht man einen allseits umschlossenen Teil eines festen 24 Gebäudes, der so groß ist, daß sich ein Mensch darin aufhalten kann. Gebäude in diesem Sinne ist jedes unbewegliche, mit dem Erdboden fest verbundene Bauwerk, das zum Aufenthalt von Menschen bestimmt und geeignet ist. Keine Raummiete stellt daher die Vermietung von Räumen in beweglichen Sachen wie Schiffen, Wohnwagen oder Eisenbahnwagen dar (s § 580 Rz 2). Einen Sonderfall der Raummiete bildet die besonders wichtige Wohnraummiete. Die 25 Abgrenzung zwischen Wohnräumen und sonstigen Räumen, namentlich den Geschäftsräumen, richtet sich in erster Linie nach der Zweckbestimmung der Räume aufgrund der Abreden der Parteien. Wohnräume sind hiernach alle Einzelräume und Wohnungen, die zum privaten Aufenthalt von Menschen bestimmt sind und zu diesem Zwecke vermietet werden (BGH BB 1979, 16 = WM 1979, 148; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 f; § 5 8 0 R z 3; ROQUETTE Z M R
1963,
161).
Wohnraummiete wird auch angenommen, wenn eine juristische Person Räume mietet, um sie an ihre Mitarbeiter weiter zu vermieten (LG München ZMR 1 9 7 4 , 4 9 , 51). Sind hingegen Räume zu anderen als Wohnzwecken vermietet worden, so ändert sich die Natur des Vertrages nicht dadurch, daß später einzelne Räume entgegen dem Vertrag doch zu Wohnzwecken verwandt werden (BGH LM Nr 1 zu § 554 b BGB; B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 2 1 zu 5 3 5 ) .
Liegt keine ausdrückliche Abrede der Parteien darüber vor, zu welchen Zwecken die Räume vermietet sind, so ist von der objektiven Zweckbestimmung der Räume (ii)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 26-29 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
auszugehen. Handelt es sich eindeutig um zum Wohnen bestimmte Räume, so liegt mithin grundsätzlich Wohnraummiete vor. Nur wenn sich aus den Umständen klar ergibt, daß die Räume von den Parteien zu anderen als Wohnzwecken bestimmt waren, kann Geschäftsraummiete angenommen werden. 26 c) Von Mischmietverhältnissen spricht man, wenn durch einen Vertrag Wohnräume und sonstige Räume zusammen vermietet werden wie zB bei der Vermietung von Läden oder Gastwirtschaften mit der dazugehörigen Wohnung (vgl hierzu insbes ROQUETTE § 535 Rz 150 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 212 ff; ders NJW 1966, 583; ders Mietrecht, s v Mischräume; ders BLANK B 14 f; STERNEL Rz II 30; BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 22 zu § 535). Für diese Fälle gibt es keine Einheitslösung; vielmehr muß man je nach dem Willen der Parteien unterscheiden: Sind die Verträge über die Wohnräume und die Geschäftsräume nur äußerlich verbunden, so daß sich beide mühelos trennen lassen, so folgt jeder Vertrag den für ihn geltenden Vorschriften (OLG Hamburg ZMR 1979,279; LG Mannheim BB 1976, 531). Bildet hingegen der Vertrag eine Einheit, so ist zu prüfen, was für die Parteien im Vordergrund stand. Dafür kommt es entscheidend auf den Mietwert der Räume sowie auf deren Größe an. Liegt danach das Schwergewicht bei den Geschäftsräumen, so liegt ein einheitlicher Mietvertrag über Geschäftsräume vor, so daß kein Raum für die Anwendung der besonderen Schutzvorschriften für Wohnräume ist (BGH LM Nr 1 zu § 554 b B G B ; B B 1979,16; OLG Hamburg aaO; LG Mannheim ZMR 1966,107; OLG Hamm, Urt v 1.6.1976 7 U 30/76, S 6). Anders nur, wenn die Vereinbarungen der Parteien im klaren Widerspruch zu den objektiven Verhältnissen stehen und damit als Umgehung der Schutzvorschriften für die Miete von Wohnräumen erscheinen (OLG Hamburg MDR 1969, 846 Nr 39; ZMR 1979, 279; LG Wiesbaden ZMR 1964, 310 f; LG Mannheim MDR 1974,935 Nr 53). Uberwiegt hingegen der Wohnraumanteil, so gilt einheitlich § 564 b BGB (LG Mannheim BB 1976, 531 = MDR 1976, 581 f). 27 Stehen jedoch Geschäftsraummiete und Wohnraummiete gleichberechtigt nebeneinander, so ist entgegen einer verbreiteten Meinung (LG Mannheim ZMR 1966, 107 Nr 11; 1968, 190; GITTER 8 f) entsprechend dem Schutzzweck des neuen sozialen Mietrechts von dem Vorliegen einer Wohnraummiete auszugehen (OLG Hamburg ZMR 1979,279,280; LG Kiel WuM 1976,132). Mithin untersteht dann der gesamte Vertrag einheitlich den Schutzvorschriften für die Miete von Wohnräumen (BROHL FamRZ
1 9 6 4 , 5 4 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 19; STERNEL RZ II 3 0 ;
AG
Schwetzingen BB 1977, 1274). 28 d) Errichtet der Mieter eines Grundstücks auf diesem zu einem vorübergehenden Zweck ein Gebäude, so verwandelt sich der Vertrag nicht in einen Wohnraummietvertrag, sondern bleibt Grundstücksmiete, da das Gebäude im Eigentum des Mieters steht (§ 95; LG Mannheim MDR 1971,223; BGH NJW 1976,1539; OLG München MDR 1979, 939 f; ROQUETTE § 535 Rz 162). Grundstücksmiete ist außerdem jede Vermietung von Grundstücksteilen, daher namentlich auch die Vermietung von Außenwänden oder Dächern von Gebäuden etwa zur Anbringung von Reklameschriften oder Automaten (s § 571 Rz 14 ff, § 580 Rz 1 ff). 29 3. Die Abgrenzung der Miete von anderen Verträgen* a) Miete, Pacht und Leihe bilden die im BGB geregelten Grundformen der sog Gestattungsverträge. Von einem Gestattungsvertrag spricht man, wenn eine Partei * Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 2 0 7 ff zu § 5 3 5 ; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 3 9 ff; Mot I I 3 6 9 ff.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
MITTELSTEIN 2 2
ff;
NIENDORFF 8
ff;
(12)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 30-32
einer anderen entgeltlich oder unentgeltlich die Vornahme einer ihr an sich verbotenen Tätigkeit gestattet. Ist diese Tätigkeit der Gebrauch einer Sache, so handelt es sich um Miete iS des BGB (s BGHZ 19,85,93; P E R G A N D E § 535 Anm 1 a; ROQUETTE § 5 3 5 R z 1 6 6 f).
Reine Gestattungsverträge sind viele Lizenzverträge, besonders deutlich bei der Warenzeichenlizenz, im Kern aber auch bei zahlreichen anderen Schutz- und Urheberrechten. Die Miete ist demgegenüber die Grundform für die entgeltliche Überlassung von Sachen zum Gebrauch. Sie steht damit vor allem im begrifflichen Gegensatz zu allen Veräußerungsverträgen, die auf die entgeltliche Übertragung des Eigentums an Sachen gerichtet sind. Sonderformen der Miete sind die Pacht und die Leihe. Pacht und nicht Kauf ist hiernach zB bei allen Verträgen über die Ausbeutung von 30 Bodenschätzen anzunehmen (s § 571 Rz 14 ff). Ebenso handelt es sich um Miete bei Verträgen über die Ablagerung von Müll auf einer Müllkippe (BGHZ 63, 119). Hingegen liegt kein Mietvertrag mehr vor, wenn der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses in der Gestattung des Betriebes eines Gewerbes in den Räumen eines anderen besteht. Deshalb sind namentlich Verträge über die Gestattung des Betriebs einer Wechselstube oder einer Buchhandlung in Bahnhofsräumen oder in einer Hotelhalle keine Miete, sondern gemischte Verträge, deren Kern eine Rechtspacht ist (RGZ 108, 369; RG JW 1924, 1962 Nr 2; Gruchot 68 [1927] Nr 14, 310 f; s im einzelnen § 571 Rz 14 ff). b) Miete und Pacht unterscheiden sich vor allem in zwei Punkten: Einmal darf der 31 Pächter im Gegensatz zum Mieter auch die Früchte ziehen, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag der Sache anzusehen sind. Zum andern können Gegenstand der Pacht auch Rechte und nicht nur Sachen sein. Im Einzelfall kann die Abgrenzung sehr schwierig sein (Einzelheiten s Vorbem zu 32 § 581 Rz 45 ff). So ist die Überlassung von Maschinen oder Fahrzeugen zum Gebrauch grundsätzlich Miete und nicht Pacht (BGH LM Nr 7 u 18 zu § 196 BGB). Besonders umstritten ist die Abgrenzung von Miete und Pacht bei Verträgen über die Überlassung von Räumen mit Einrichtungsgegenständen, durch deren bestimmungsgemäßen Gebrauch Früchte aus der Sache gezogen werden können. Zu denken ist hier vor allem an die Überlassung von eingerichteten Fabrikgebäuden, Geschäftsräumen und namentlich von Gastwirtschaften mit Inventar (s hierzu Vorbem zu § 581 Rz 47 ff; insbes M I T T E L S T E I N 32 ff; N I E N D O R F 12 ff). Gegenstand eines Pachtvertrages kann auch ein Unternehmen als unkörperliche Einheit von Sachen, Rechten und Chancen sein. Dementsprechend ist ein Pachtvertrag anzunehmen, wenn Gegenstand des Vertrages in erster Linie das (potentielle) Unternehmen ist, das in den voll eingerichteten Räumen betrieben werden kann. Daher nimmt die Praxis zu Recht einen Pachtvertrag an, wenn die überlassenen Räume derart ausgestattet sind, daß sie jederzeit die Aufnahme eines Unternehmens, das Erträge abwerfen kann, gestatten (zuletzt zB BGH ZMR 1969, 206; 1979, 238; OLG Hamm, Urt v 1. 6. 1976 - 7 U 7/76, S 5). Hauptbeispiel ist die Überlassung einer Gastwirtschaft mit dem hauptsächlichen Inventar oder einer im wesentlichen eingerichteten Fabrik, immer vorausgesetzt, daß die Räume und die Einrichtung speziell für den betreffenden Betrieb geeignet und bestimmt sind. Stammt jedoch das Inventar nicht vom Verpächter, sondern von einem Dritten oder ist es erst vom Pächter selbst nachträglich erworben worden, so kann man keinen Pachtvertrag mehr annehmen, da hier Gegenstand des Vertrages allein die Räumlichkeiten und nicht das darin zu betreibende Unternehmen sind (aA zB R G Z 114, 243, 244 f). (13)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 33-36 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
33 Wenn mehrere Sachen durch denselben Vertrag teils zum Gebrauch, teils zum Fruchtgenuß überlassen werden (zB eine Wohnung mit Nutzgarten), ist zunächst auf die Abreden der Parteien abzustellen, daneben aber auch der Schutzzweck des sozialen Mietrechts ausschlaggebend zu berücksichtigen. In erster Linie wird es deshalb darauf ankommen, welches Vertragsobjekt als die Hauptsache erscheint bzw welcher Vertragszweck der wesentliche, das ganze Rechtsgeschäft bestimmende ist (RGZ 108, 369; OLG Braunschweig OLGE 5, 23; OLG Breslau JW 1927, 1947). Dadurch wird es jedoch nicht ausgeschlossen, in einzelnen Beziehungen auf den Vertrag auch die Vorschriften von Miete und Pacht nebeneinander anzuwenden. 34 c) Von der Leihe (§ 598) unterscheidet sich die Miete vor allem durch ihre Entgeltlichkeit. Nur die unentgeltliche Überlassung von Sachen zum Gebrauch ist Leihe. In Ausnahmefällen kann in einer solchen unentgeltlichen Überlassung von Sachen aber auch eine Schenkung liegen (LG Köln NJW 1973, 1880; BGH WM 1970, 638; LM Nr 45 zu § 535 BGB; B R A X M A I E R WM 1972, 123). Auch eine Ausstattung kann hier ausnahmsweise anzunehmen sein (RG LZ 1917, 801 Nr 5). Wenn der Mietzins unverhältnismäßig niedrig angesetzt worden ist (Fall der sog Gefälligkeitsmiete), ist Miete zu bejahen, sofern der geringe Mietzins ernstlich als Entgelt vereinbart worden ist. Stellt er hingegen eine bloße Anerkennungsgebühr dar, so liegt Leihe oder in Ausnahmefällen je nach der Willensrichtung der Parteien auch gemischte Schenkung vor (OLG Hamburg OLGE 20, 211; O G H Z 2, 170 = N J W 1 9 4 9 , 6 2 3 ; B G H L M N r 4 5 z u § 5 3 5 B G B ; MITTELSTEIN 5 5 f f ) .
35 d) Enge Berührungspunkte weist die Miete auch zur Verwahrung (§§ 688 ff) bzw zum Lagervertrag auf. Denn äußerlich liegt auch bei der Verwahrung die Überlassung eines Raums gegen Entgelt zum Gebrauch vor. Jedoch ist die Interessenlage bei der Verwahrung völlig anders als bei der Miete (BGHZ 3, 200 = NJW 1951, 957; LG Hamburg ZMR 1979, 246). Während nämlich der Mieter den Mietzins dafür zahlt, daß ihm der Vermieter vorübergehend bestimmte Räume zum Gebrauch überläßt, zahlt der Hinterleger im deutlichen Gegensatz hierzu das Entgelt gerade dafür, daß der Verwahrer in seinen Räumlichkeiten bewegliche Sachen des Hinterlegers in seine Obhut nimmt. Hauptleistungspflicht des Vermieters ist maW die Überlassung von Sachen zum vorübergehenden Gebrauch, Hauptleistungspflicht des Verwahrers hingegen die Übernahme der Obhut über bewegliche Sachen des Hinterlegers auf Zeit. Dementsprechend sind auch die Besitzverhältnisse typischerweise ganz unterschiedlich: Während bei der Miete der Mieter in aller Regel unmittelbarer Besitzer der Räume wird, erlangt bei der Verwahrung der Verwahrer typischerweise den unmittelbaren Besitz an den in Verwahrung genommenen, beweglichen Sachen des Hinterlegers. Danach liegt vor allem Miete vor, wenn Räumlichkeiten zu dem Zweck dem Vertragspartner überlassen werden, darin Sachen unterzubringen wie zB bei der Überlassung einer Pferdebox (LG Hamburg ZMR 1979,246; OLG Hamm Urt v 11. 12. 1979 - 7 U 129/79, S 5 f). Denn hier übernimmt der Vermieter keinerlei Obhutspflichten über die Sachen des Mieters. Ebenso grundsätzlich bei Überlassung von Park- oder Garagenplätzen, und zwar selbst bei einer Sammelgarage (LG Mannheim D A R 1958, 328). Auch hier liegt Verwahrung nur vor, wenn zusätzlich Bewachung des Fahrzeugs geschuldet wird. 36 e) In Ausnahmefällen kann auch die Abgrenzung zum Werkvertrag Schwierigkeiten bereiten, namentlich wenn eine Sache überlassen wird, um damit gemeinsam einen bestimmten Erfolg zu erzielen. idR wird in solchen Fällen ein gemischter Vertrag aus Elementen der Miete und des Werkvertrags vorliegen. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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V o r b e m zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 3. Titel. Miete. Pacht
37, 3 8
Besonders schwierig ist die Einordnung der verbreiteten Verträge auf Überlassung von Maschinen oder Fahrzeugen mit Bedienungspersonal. Ob solche Verträge (überwiegend) Miet- oder Werkverträge sind, hängt von den von den Parteien verfolgten Zwecken ab (BGH LM Nr 40 zu § 535 BGB, B1 2). Beschränkt sich die Vertragspflicht des Überlassenden auf die Überlassung der Maschine und die Stellung des Bedienungspersonals, so ist Miete anzunehmen. Ein besonders deutliches Anzeichen dafür ist es, wenn der Besteller den Einsatz der Maschine zu bestimmen hat. In diesem Fall schuldet der Vermieter nur die Auswahl einer ordnungsmäßigen Maschine und des geeigneten Personals; die Beweislast für die Erfüllung dieser Pflicht trifft den Vermieter (BGH LM Nr 40 zu § 535 BGB; VersR 1970, 930; WM 1978, 620 f; KG NJW 1965, 976 f; H I L G E N D O R F VersR 1972, 127; SCHMIDT VersR 1966, 24 f). Streitig ist, ob in diesen Fällen das vom Vermieter gestellte Personal bei Einsatz der Maschine Erfüllungsgehilfe des Vermieters (so BGH aaO) oder des Mieters ist (so KG aaO). Werkvertrag ist jedenfalls nur anzunehmen, wenn außerdem gerade ein bestimmtes Werk geschuldet wird, wenn maW auch die Betriebstätigkeit der überlassenen Maschine Vertragsinhalt geworden ist (s außer B G H u KG aaO insbes R G Z 82,427,429; RG LZ 1916,235; JR1926 Nr 11; Gruchot 61, 633; OLG Hamburg HansGZ 1926, 106; MDR 1965, 491; OGH MDR 1950, 24). f) Auch die Abgrenzung zum Kauf kann in Ausnahmefällen außerordentliche 37 Schwierigkeiten bereiten. Nicht nur daß Miete und Kauf beliebig kombiniert werden können (s MITTELSTEIN 8 1 ff); sondern der einheitliche Vertrag kann auch von vornherein Elemente der Miete und des Kaufs in sich aufnehmen (sog Mietkauf). Freilich gibt es keinen einheitlichen Typus des Mietkaufs, so daß die Einordnung letztlich stets ganz von den Umständen des Einzelfalles abhängt (vgl zB P A L A N D T P U T Z O Einf 3 a vor § 5 3 5 ; R E I C H , in: Vertragsschuldverhältnisse [ 1 9 7 4 ] 5 5 f; G R A F VON W E S T P H A L E N , Leasingvertrag [ 1 9 7 9 ] 1 4 f). Besonders schwierig ist die Qualifizierung des Vertrages, wenn dem Mieter eine bestimmte Sache zum Gebrauch gegen ein wesentlich überhöhtes Entgelt überlassen wird und ihm zugleich befristet oder unbefristet ein sog Ankaufsrecht eingeräumt wird, bei dessen Ausübung die bisher bezahlten Mietzinsraten ganz oder teilweise auf den dann geschuldeten Kaufpreis angerechnet werden. Derartige Verträge können reine Miete, gemischte Verträge aus Kauf und Miete, 38 Kaufverträge oder Leasing sein. Liegt von vornherein während der ganzen Vertragsdauer die Sach- und Preisgefahr ausschließlich beim sog Mieter, so handelt es sich eindeutig um einen sog Leasing-Vertrag. Folgt hingegen die Regelung der Gefahrtragung zunächst bis zu dem Augenblick, an dem der sog Mieter von seinem Ankaufsrecht Gebrauch macht, der Regelung beim Mietvertrag, so kann jedenfalls kein Leasing angenommen werden ( K O C H - H A A G B B 1 9 6 8 , 9 3 , 9 5 ) . Zu entscheiden bleibt dann jedoch noch, ob es sich um eine reine Miete oder um einen (Miet-)Kauf handelt. Insoweit ist vor allem entscheidend, ob der Vertragszweck der Parteien letztlich vorwiegend auf die Eigentumsübertragung oder auf die vorübergehende Gebrauchsüberlassung gerichtet war. Wichtigster Anhaltspunkt für die Entscheidung dieser Frage ist die Relation zwischen Kaufpreis und Mietzinsraten. Ist der Mietzins so hoch bestimmt, daß nach einer gewissen Zeit der sog Mieter bei rationalem Handeln gar keine andere Wahl hat, als von dem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen, so handelt es sich eindeutig (überwiegend) um einen Kaufvertrag, wodurch es jedoch nicht ausgeschlossen ist, auf den Vertrag bis zur Ausübung des Ankaufsrechts ergänzend Mietrecht anzuwenden (vgl hierzu eingehend BFHE 65,550,552 f; 78,107,108 f = BStBl 1957 III, 455; 1964 III, 44; BFH BStBl 1971 II, 133 ff = BB 1971, 424 ff; ESSER-WEYERS I I 1 § 2 4 I I ) . (15)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 39-41 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
39 Ähnliche Abgrenzungsprobleme ergeben sich bei § 6 AbzG. Hier wird ein verhülltes Abzahlungsgeschäft jedenfalls dann angenommen, wenn demjenigen, dem die Sache zunächst gegen ein in Raten zu zahlendes Entgelt zum Gebrauch überlassen ist, ein festes Recht auf den Erwerb eingeräumt wird oder doch zumindest die Übertragung des Eigentums das eigentliche Endziel des Geschäfts ist und wenn sich für diesen Fall die ratenweise erbrachten Leistungen zumindest wirtschaftlich als Abschlagszahlungen auf den endgültigen Kaufpreis darstellen (grdleg BGHZ 62, 42, 45 = JuS 1974, 527 f Nr 7 m Nachw). 40 g) Schließlich kann auch durch die Bestellung dinglicher Rechte wirtschaftlich im Ergebnis dasselbe Ziel wie durch den Abschluß eines Mietvertrages erreicht werden. In Betracht kommt hier vor allem die Bestellung eines Wohnungsrechtes iS des § 1093, da die Parteien hier wie bei allen anderen Dienstbarkeiten durchaus auch einen obligatorischen Vertrag über die Bestellung des Rechts abschließen können, in den dann dieselben Abreden wie in einen Mietvertrag aufgenommen werden können. Auf diese Weise kann das Wohnungsrecht namentlich auch entgeltlich bestellt werden, freilich immer nur obligatorisch, dh eben immer nur durch das Kausalgeschäft (BGH LM Nr 22 zu § 1018 BGB; WM 1965, 649, 651). Ob im Einzelfall die Bestellung eines Wohnungsrechts oder der Abschluß eines Mietvertrages gewollt ist, hängt vor allem von dem Willen der Parteien ab. Geht ihr Wille in erster Linie auf die Bestellung eines dinglichen Rechts, um dem Berechtigten eine möglichst umfassend geschützte Position zu verleihen, so ist ein dingliches Wohnrecht anzunehmen (insbes RG H R R 1 9 2 9 Nr 907; BGH WM 1965,649,650 f ; LM Nr 20 zu §398 BGB = ZMR1970,11 ff; OLG Hamm Rpfleger 1975,357,358; LG Aachen WuM 1979, 9 f; ROQUETTE NJW 1957, 525; HAEGELE Rpfleger 1973, 349 ff; HURST ZMR 1969, 97 f). Unzulässig ist hingegen die sog Verdinglichung der Miete durch die zusätzliche Eintragung eines Wohnrechts (OLG Hamm DNotZ 1957, 314 ff; LG Wuppertal NJW 1961, 320 f). Jedoch werden derartige Abreden der Parteien, selbst wenn sie von einer Verdinglichung der Miete sprechen sollten, in aller Regel dahin ausgelegt werden können, daß sie sich über die Bestellung eines Wohnungsrechts geeinigt haben (LG Wuppertal aaO). 41 Umstritten und wenig geklärt ist das Verhältnis eines Wohnungsrechts zu einem vor oder nach dessen Bestellung zusätzlich abgeschlossenen Mietvertrag. Kann in diesen Fällen in der Abrede über die Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts nicht, wie in aller Regel, zugleich die stillschweigende Aufhebung des Mietvertrages jedenfalls für die Zeit des Bestandes des Wohnungsrechts gesehen werden (BGH LM Nr 20 zu § 398 BGB), so ist darauf abzustellen, in welcher Reihenfolge Besitzüberlassung und Wohnungsrecht aufeinander folgen. Wird der Mietvertrag erst nach Bestellung des Wohnungsrechts abgeschlossen, so ist er gemäß § 306 BGB nichtig, weil er auf eine von vornherein unmögliche Leistung gerichtet ist (ROQUETTE aaO; EMMERICH, Leistungsstörungen 2 0 f). Wenn hingegen schon im Mietvertrag die zusätzliche Bestellung eines Wohnungsrechts vorgesehen ist und dieses tatsächlich nach der Überlassung der Mieträume an den Mieter bestellt wird, erlischt das Mietverhältnis gemäß den §§ 577 und 571, weil dann der Wohnungsberechtigte zu seinem eigenen Vermieter wird. Problematisch ist daher die Rechtslage nur, wenn das Wohnungsrecht zugunsten des Mieters schon vor der Besitzüberlassung an den Wohnräumen, aber nach Abschluß des Mietvertrages bestellt wird. Da hier § 577 nicht anwendbar ist, liegen an sich die Voraussetzungen der §§ 541 und 538 vor. Jedoch wird gerade in solchen Fällen in aller Regel in der Abrede über die Bestellung des Wohnungsrechts zugleich eine stillschweigende Aufhebung des Mietvertrages liegen. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 42-45
Mit Mietverträgen können zur Sicherung der Rechte des Mieters in einzelnen 42 Beziehungen im übrigen durchaus Dienstbarkeiten verbunden werden; Hauptbeispiel sind die bekannten Tankstellendienstbarkeiten (BGH LM Nr 10 zu § 1018 BGB; Nr 5 zu § 1 KO). Jedoch wird neben einer Dienstbarkeit über die Ausbeutung von Kies in aller Regel nicht noch zusätzlich ein Pachtvertrag vorliegen (BGH LM Nr 22 zu § 1018 BGB). Schließlich kann ein sog schuldrechtliches Wohnungsrecht auch noch schenkweise 43 begründet werden. Die Schenkung ist dann mit der Überlassung der Wohnung zum unentgeltlichen Gebrauch vollzogen (LG Köln NJW 1973, 1880 f). 4. Sonderformen und gemischte Verträge
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Die Miete ist die Grundform der entgeltlichen, vorübergehenden Gebrauchsüberlassung einer Sache. Daher rührt es, daß in überaus zahlreichen, gemischten und atypischen Verträgen auch mietrechtliche Elemente enthalten sind (vgl im einzelnen MITTELSTEIN 5 9 ff; ENNECCERUS-LEHMANN
§ 127 I 3; ESSER-WEYERS II 1 § 24).
In
solchen Fällen stellt sich stets die Frage, ob und ggf in welchem Umfang auf derartige Verträge (auch oder allein) Mietrecht angewendet werden kann. a) Leasing*
45
Unter der Sammelbezeichnung Leasing werden in der Praxis sehr unterschiedliche Vertragsformen zusammengefaßt (vgl insbes E B E N R O T H JuS 1 9 7 8 , 5 8 8 f; ders, Vermögenszuwendungen 1 7 6 ff; G R A F V O N W E S T P H A L E N 1 f). Die meisten dabei * Schrifttum: § 9 A G B G Rz 134 ff ( S C H L O S S E R ) ; B G B - R G R K - G E H L H A A R Vorbem 275 ff zu § 535; BAUMGARTE, Leasing-Verträge über bewegliche Sachen im Konkurs (1980); BERTHOLD, Gefahrtragung beim Finanzierungsleasing beweglicher Sachen nach deutschem und französischem Recht, Diss Göttingen 1975; B I N D E R , Rechtsnatur und Inhalt des Leasing-Vertrages, Diss Köln 1967; J B L O M E Y E R , Das Finanzierungsleasing unter dem Blickwinkel der Sachmängelhaftung und des AbzG, NJW 1978,973; B R A X M A I E R , Die Rechtsprechung des BGH zum Miet- und Pachtrecht, WM 1976,2; B O R D E W I N , Leasing im Steuerrecht (1975); B O R G G R Ä F E , Die Zwangsvollstreckung in bewegliches Leasinggut (1976); C O E S T E R - W A L T J E N JurA 1980; D O L L E R E R , Leasing - Wirtschaftliches Eigentum oder Nutzungsrecht? BB 1971, 535; E B E N R O T H , Der Finanzierungs-LeasingVertrag als Rechtsgeschäft zwischen Miete und Kauf, JuS 1978, 588; ders, Inhaltliche Schranken für Leasing-Formularverträge auf Grund des AGBG, Betrieb 1978, 2109; ders, Die verdeckten Vermögenszuwendungen (1979) 176 ff; E S S E R - W E Y E R S II 1 § 24 II; F I K E N T S C H E R § 71V 7; F L U M E , Leasing in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (1972) = Betrieb 1972, 1, 53, 105, 152; G I G E R , Der Leasingvertrag (1977); G O L D M A N N , Das Leasinggeschäft mit beweglichen Sachen, Diss Würzburg 1970; H I D D E M A N N , Die Rechtsprechung des BGH zum Leasingvertrag, WM 1978, 834; H A G E N M Ü L L E R , Leasing-Handbuch (3. Aufl 1973); H Ü B S C H , Zivilrechtliche Probleme des Leasing-Vertrages, DRiZ 1977, 339; KAEMPF, Finanzleasing beweglicher Anlagegüter nach dt u franz Zivilrecht, Diss Münster 1975; K I R S T - K L O T Z - B E R T H O L D , Leasing bleibt aktuell, Betrieb 1976 Beilage 9 zu Heft 19; KLAAS, Die Risikoverteilung bei neueren Finanzierungsmethoden, NJW 1968,1502; K R A U S E , Leasing, NJW 1973,791,1260; L A N G E R B B 1969,610; L A R E N Z II § 63 III; L E I F E R T , Finanzierungs-Leasing in Deutschland (1973); LWOWSKI, Erwerbsersatz durch Nutzungsverträge, Diss Hamburg 1967; P L A T H E , Zur rechtlichen Beurteilung des Leasinggeschäfts, BB 1970, 601; Q U I T T N A T , Unwirksamkeit von Verfallklauseln in Leasing-Formularverträgen, BB 1979, 1530; R A I S C H , Unternehmensrecht Bd 1 (1973) 52 ff; R E I C H , in: Vertragsschuldverhältnisse, Vahlens Rechtsbücher Zivilrecht Bd 3 (1974) 49 ff; ders, Leasingverträge, Abzahlungsrecht und Sittenwidrigkeit, JuS 1973, 480; ders, Anm NJW 1973, 1613; R U N G E B R E M S E R - Z Ö L L E R , Leasing (1977); SPITTLER, Leasing (1977). SEEGER, Die zivilrechtliche u steuerrechtliche Behandlung von Finanz-Leasing-Verträgen über bewegliche Sachen, Diss Berlin 1972; ders, Die konkursrechtliche Behandlung von Finanz-Leasing-Verträgen über bewegliche Sachen, KTS 1974, 6; G R A F V O N W E S T P H A L E N , Der Leasingvertrag (1979); ders, Leasing als Umgehungsgeschäft? MDR 1980, 441; ders, Insolvenzrisiko des Lieferanten beim Finanzierungsleasing, WM 1980, 942; von MARSCHALL, Leasingverträge im Handelsverkehr (1980). (17)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbein zu §§ 535, 536 45 a-47 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
üblicherweise verwandten Unterscheidungen haben jedoch nur betriebswirtschaftliche Bedeutung und interessieren daher hier nicht weiter. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist nur die Unterscheidung zwischen dem Operating-Leasing und dem Finanzierungsleasing relevant; eine Sonderform stellt schließlich noch das Immobilien-Leasing dar. 45a aa) Unter Operating-Leasing versteht man gemeinhin die entgeltliche Überlassung von Investitionsgütern entweder für eine im voraus bestimmte, kurze Vertragsdauer oder auf unbestimmte Zeit mit der Möglichkeit der Kündigung seitens ctes Leasing-Nehmers, zumindest nach Ablauf einer kurzen Grundmietzeit (OLG Hamm Z M R 1 9 8 0 , 1 0 9 ; EBENROTH JuS 1 9 7 8 , 5 8 8 , 5 8 9 ; GRAF VON WESTPHALEN 11 f). Über die rechtliche Qualifizierung dieser Verträge besteht Einigkeit: Es handelt sich bei ihnen um (normale) Mietverträge über bewegliche Sachen (EBENROTH JUS 1978, 5 8 8 , 5 9 0 ; GRAF VON WESTPHALEN 117 f).
45b Für die Inhaltskontrolle gegenüber den auch beim Operating-Leasing üblichen Geschäftsbedingungen ist daher uneingeschränkt vom Leitbild der §§ 535 ff auszugehen. Alle Klauseln, die ohne sachliche Notwendigkeit hiervon abweichen, stellen im kaufmännischen und nichtkaufmännischen Verkehr eine unangemessene Benachteiligung des Leasing-Nehmers und Mieters dar und sind unwirksam (§§ 9,24 AGBG). Dies gilt insbes für die mit dem gesetzlichen Leitbild der Miete schlechthin unvereinbare Überwälzung der Sach- und Preisgefahr auf den Leasingnehmer (BRANDNER, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, A G B G (3. A u f l 1978) A n h §§ 9 - 1 1 R z 4 6 1 ; EBENROHT Betrieb 1 9 7 8 , 2 1 0 9 , 2 1 1 1 ; GRAF VON WESTPHALEN 119 f). Aus
denselben Gründen kann der Leasing-Geber beim Operating-Leasing auch nicht entgegen § 326 seine Haftung für die rechtzeitige Lieferung der Sache ausschließen (EBENROTH Betrieb 1978, 2 1 0 9 , 2 1 1 2 ) . 45c Unklar und umstritten ist die Frage, ob der Leasing-Geber beim Operating-Leasing seine Haftung für Sach- und Rechtsmängel völlig ausschließen und stattdessen den Leasingnehmer auf die ihm abgetretenen Ansprüche gegen den Hersteller oder Lieferanten verweisen kann. Diese Frage ist auf jeden Fall für den nichtkaufmännischen Verkehr zu verneinen, da auch Operating-Leasingverträge unter § 11 Nr 10 AGBG fallen (str; wie hier EBENROTH Betrieb 1978, 2 1 0 9 , 2 1 1 3 f). Für den kaufmännischen Verkehr folgt daraus, daß der Haftungsausschluß des LeasingGebers jedenfalls dann unwirksam, weil unangemessen ist, wenn der Hersteller oder Lieferant in Konkurs fällt oder wenn sonst dem Leasing-Nehmer die Durchsetzung der ihm abgetretenen Gewährleistungsrechte unzumutbar erschwert wird (so auch GRAF VON WESTPHALEN 125 f).
45d Für Verfallklauseln gelten hier (zumindest) dieselben Schranken wie beim Finanzierungs-Leasing (s unten Rz 49 ff). Daher scheidet insbes die Kumulation von Kündigung und Fälligkeitsstellung aller restlichen Leasing-Raten bei Zahlungsverzug des Leasing-Nehmers aus (BGHZ 71, 196, 204 f = JuS 1978, 632 Nr 6; BGH WM 1979, 1385, 1387). 46 bb) Für das sog Hersteller- oder Händler-Leasing gelten dieselben Grundsätze wie für das Operating-Leasing (oben Rz 45 a f), weil auch bei ihm der besondere Finanzierungsaspekt fehlt, der für das Finanzierungs-Leasing charakteristisch ist (GRAF VON WESTPHALEN 117 f).
47 cc) Beim Finanzierungs-Leasing beschränkt sich der Leasing-Geber (im Gegensatz zu den bisher behandelten Leasing-Formen, oben Rz 45 a, 46) auf eine reine Finanzierungsfunktion, wobei jedoch aus Steuer- und bilanzrechtlichen Gründen ein Erwerb des Gegenstandes durch den Leasing-Nehmer vermieden werden soll (s zuletzt OLG Hamm ZMR 1980, 109 = Betr 1980, 343 = OLGZ 1980, 364; Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 47 a - 4 7 f
EBENROTH J u S 1 9 7 8 , 5 8 8 , 5 8 9 ; HIDDEMANN W M 1 9 7 8 , 8 3 4 ; G R A F VON WESTPHALEN
4 f, 17 f). Dadurch erklärt sich die übliche Ausgestaltung dieser Verträge, die zur Folge hat, daß sich beim Leasing-Nehmer im Ergebnis die Nachteile von Kauf und Miete kumulieren (so richtig J B L O M E Y E R NJW 1 9 7 8 , 9 7 3 ) . a) Die Praxis richtet sich bei der Vertragsgestaltung in erster Linie nach den 47a ifówe/Techtlichen Richtlinien (Erlaß des BMF v 19. 4. 1971, BStBl 19711 S 264 f = BB 1971, 506; Erlaß v 22. 12. 1975, BB 1976, 72), die ihrerseits auf dem Urteil des BFH v 26. 1. 1970 (BFHE 97, 466 = JuS 1970, 361 Nr 13) beruhen. Auf ihrer Grundlage haben sich folgende Vertragsgestaltungen in der Praxis herausgebildet: Der Vertragsgegenstand, das sog Leasing-Gut, wird idR vom Leasing-Nehmer selbst 47b beim Hersteller oder Lieferanten ausgesucht und anschließend vom Leasing-Geber bei dem letzteren gekauft (vgl dazu BGH WM 1980, 79 f). In dem sich anschließenden Leasing-Vertrag überläßt sodann der Leasing-Geber dem Leasing-Nehmer den Gegenstand zur entgeltlichen Nutzung für eine bestimmte feste Grundmietzeit (idR 3 bis 6 Jahre), die (aus steuerlichen Gründen) höchsten 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Gegenstandes beträgt, bei den sich immer mehr durchsetzenden Teilamortisationsverträgen („non-full-pay-out-Verträgen", zB BGHZ 71, 196) häufig aber auch deutlich unter dieser Obergrenze liegt. Während der Grundmietzeit ist für beide Teile eine ordentliche Kündigung nicht möglich. Während dieser festen Grundmietzeit bezahlt der Leasing-Nehmer mit den Leasing- 47c Raten dem Leasing-Geber den Anschaffungspreis zuzüglich aller Kosten und Zinsen sowie eines Risiko- und eines (erheblichen) Gewinnzuschlags (Zahlen bei SEEGER KTS 1974,6,7). Gleichzeitig wälzt der Leasing-Geber die Sach- und Preisgefahr auf den Leasing-Nehmer ab. Die Sach- und Rechtsmängelhaftung wird durch die Abtretung der Ansprüche des Leasing-Gebers gegen der Lieferanten ersetzt. Üblich sind schließlich noch sog Verfallklauseln. Sehr unterschiedlich sind die Regelungen für die Zeit nach Ablauf der Grundmietzeit 47d (vgl zB E B E N R O T H J U S 1978, 588, 589). Auf der Grenze zum Mietkauf stehen die früher verbreiteten, heute aber offenbar nur noch seltenen Verträge, die dem Leasing-Nehmer nach Ablauf der Grundmietzeit eine Kaufoption unter Anrechnung der Leasing-Raten auf den Kaufpreis gewähren (s zB BFHE 97,466 = JuS 1970,361 Nr 13; BGHZ 71, 189 = JuS 1978, 705 Nr 3). Neben solchen Kaufoptionen finden sich auch sog Verlängerungsoptionen, aufgrund 47e derer sich der Leasing-Nehmer nach Ablauf der Grundmietzeit einseitig für die Verlängerung des Leasing-Vertrags (zu idR erheblich reduzierter Leasing-Raten) entscheiden kann (Beispiel in BGHZ 71,189). In anderen Verträgen ist vorgesehen, daß der Leasing-Geber vom Leasing-Nehmer nach Ablauf der Grundmietzeit die Übernahme der Sache zu einem im voraus bestimmten Preis verlangen kann (sog Erwerbspflicht, Beispiel in BGHZ 71, 196 = JuS 1978, 632 Nr 6). Namentlich bei Teilamortisationsverträgen kommt daneben auch die Bestimmung vor, daß der Leasing-Nehmer in bestimmter Höhe an dem Erlös der Veräußerung der Sache beteiligt wird. Schließlich können die Parteien auch auf jede besondere Regelung verzichten, so daß der Leasing-Nehmer die Sache nach Ablauf der Grundmietzeit einfach zurückzugeben hat (§ 556). ß) Die rechtliche Einordnung der Finanzierungs-Leasingverträge als (eigenartige) 47f Kauf- oder Mietverträge ist nach wie vor umstritten (vgl die Uberblicke über die Diskussion bei E B E N R O T H J U S 1 9 7 8 , 5 8 8 , 5 9 0 f; G R A F V O N W E S T P H A L E N 2 5 f). Der Streit rührt daher, daß sich beim Finanzierungs-Leasing offenkundig kauf- und mietrechtliche Elemente verbinden, und zwar mit der schon betonten Folge, daß sich aufgrund der Geschäftsbedingungen der Leasing-Geber in aller Regel die Nachteile (19)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 47 g-48 a 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
beider Verträge bei dem Leasing-Nehmer kumulieren, während der Leasing-Geber die Vorteile beider Vertragsformen für sich beansprucht (J BLOMEYER NJW 1 9 7 8 , 973). Der Frage der zutreffenden, rechtlichen Einordnung der FinanzierungsLeasingverträge kommt daher vor allem für die unerläßliche Inhaltskontrolle gegenüber der Geschäftsbedingungen der Leasing-Geber zentrale Bedeutung zu. 47g Die Praxis betont idR den vorwiegend auf entgeltliche Gebrauchsüberlassung gerichteten Charakter der Finanzierungs-Leasingverträge und sieht in ihnen deshalb, jedenfalls „in erster Linie", Mietverträge,* so daß für die Inhaltskontrolle von dem gesetzlichen Leitbild der Miete (und nicht des Kaufs) auszugehen ist (so ausdrücklich BGHZ 71, 1 9 6 = JuS 1 9 7 8 , 6 3 2 Nr 6 ; zust zB HIDDEMANN WM 1 9 7 8 , 8 3 4 , 8 3 6 ; GRAF VON WESTPHALEN 3 8 f, 6 3 f). Auch das Schrifttum teilt überwiegend diese mietrechtliche Qualifikation des Finanzierungs-Leasings.** 47h Hierbei wird jedoch übersehen, daß das Finanzleasing im wirtschaftlichen Ergebnis in jeder Hinsicht einem finanzierten Kauf gleichsteht, so daß es auch stets durch die Geschäftsbedingungen der Leasing-Geber sehr stark dem Kauf angenähert wird; dies gilt insbes. für die zentralen Fragen der Gefahrtragung und der Haftung für Mängel. Dementsprechend läßt sich auch der Leasing-Geber in aller Regel während der „Grundmietzeit" ebenso wie ein Verkäufer von dem Leasing-Nehmer voll bezahlen (Ausnahmen nur bei den Teilamortisationsverträgen). Hieraus folgt mit Notwendigkeit, daß in Zukunft, und zwar namentlich bei der Inhaltskontrolle, die kaufrechtlichen Aspekte des Leasings weit stärker als bisher üblich berücksichtigt werden müssen, wenn man verhindern will, daß das Leasing zivilrechtlich nur zur Folge hat, daß tatsächlich alle Nachteile von Kauf und Miete zu Lasten des Leasing-Nehmers kombiniert werden können (ebenso EBENROTH JuS 1 9 7 8 , 5 8 8 f, bes 5 9 2 f; ders Betrieb 1 9 7 8 , 2 1 0 9 ; EMMERICH, Schuldrecht § 8 1 4 ; FIKENTSCHER § 7 1 V 7 ; PLATHE BB 1 9 7 0 , 6 0 1 ; wieder anders KLAAS NJW 1 9 6 8 , 1 5 0 2 ; KOCH-HAAG BB 1968, 9 5 ; LARENZ II § 6 3 III).
48 Y) In zahlreichen Leasing-Verträgen ist bestimmt, daß der Leasing-Geber nicht für die rechtzeitige Lieferung des Gegenstandes hafte und daß von einem etwaigen Verzug des Lieferanten die Verpflichtung des Leasing-Nehmers zur Zahlung der Leasing-Raten unberührt bleibe (s oben Rz 45 b). Diese Bestimmung ist mit dem für Kauf und Miete gleichermaßen zentralen § 326 schlechthin unvereinbar und daher im kaufmännischen wie im nichtkaufmännischen Verkehr stets unwirksam.*** 48a 8) Zu dem Inhalt jedes Finanzierungs-Leasingvertrages gehört die Abwälzung der sog „Sach- und Preisgefahr" auf den Leasing-Nehmer (oben Rz 47 c). Gemeint ist damit, daß der Leasing-Nehmer selbst bei einer von ihm nicht zu vertretenden * Insbes BGHZ 68, 118; 71, 189; 71,196 = JuS 1977, 760 Nr 4; 1978, 705 Nr 3; 1978, 632 Nr 6; BGH WM 1977,473; BGH LM Nr 21 zu § 537 BGB = NJW 1977, 195 = JuS 1976,119 f Nr 5; OLG Frankfurt NJW 1977,200 = JuS 1977,189 f Nr 2; OLG Köln NJW 1973,1615 = JuS 1973, 780 f Nr 5; OLG Nürnberg NJW 1977, 152 f; LG Koblenz NJW 1973, 706 m zust Anm REICH 1614; einschränkend aber zB BGH LM Nr 20 zu § 249 (Hd) BGB = Betrieb 1977, 395 = JuS 1977, 406 Nr 4 m Anm EBENROTH JuS 1978, 588; OLG Hamm ZMR 1980, 109/111; Urt v 19. 2. 1980 - 7 U 118/79 S 7. ** Schrifttum: J. BLOMEYER NJW 1978, 973 f; ESSER-WEYERS II 1 § 24 II (S 210 f, aber mit Vorbehalten); HIDDEMANN WM 1978, 834, 835 f; FLUME, Leasing; MEILICKE BB 1964, 691; PALANDT-PUTZO Einf vor § 535 Anm 4 b; REICH, in: Vertragsschuldverhältnisse 49, 67 f; ders JuS 1973, 480; ders NJW 1973, 1613; G R A F VON WESTPHALEN 25 f, 41. *** Schrifttum: §§9,10 Nr 2,11 Nr 8 u 9,24 AGBG; OLG Hamm ZMR 1979,109,111; SCHLOSSER § 9 Rz 135; EBENROTH Betrieb 1978, 2109, 2112; M ü n c h K o m m - E M M E R I C H (1979) § 326 Rz 173 f; ders, Leistungsstörungen 142 f; G R A F VON WESTPHALEN 101 f, 114 f (auch unter Berufung auf § 542).
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Vorbem zu §§ 535, 536 48 b-48 e
3. Titel. Miete. Pacht
Verschlechterung oder Vernichtung der Sache zur Fortzahlung der Leasing-Raten verpflichtet bleiben soll, ohne Lieferung eines neuen Gegenstandes verlangen zu können. Vor allem in dieser Regelung der Gegenleistungsgefahr kommt die starke Annäherung des Finanzleasings an den (Vorbehalts-) Kauf (§ 446) in Abweichung von der Miete (§ 323) zum Ausdruck. Die hM, die den Finanzierungs-Leasingvertrag in erster Linie als Miete qualifiziert 48b (oben Rz 47 g), müßte nach dem Gesagten an sich erhebliche Vorbehalte gegen die Gültigkeit der fraglichen Klausel über die Gefahrtragung haben. Tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall; vielmehr wird der dem § 446 entsprechende, vorzeitige Übergang der Gegenleistungsgefahr auf den Leasing-Nehmer ganz überwiegend als sachgemäß angesehen und daher hingenommen*; nur im Einzelfall kann einmal eine solche Regelung als überraschende Klausel unwirksam sein (BGH LM Nr 21 zu § 537 BGB=NJW 1977, 195 = JuS 1976, 119 Nr 5; HIDDEMANN WM 1978, 836). Der Sache nach ist hiermit die zumindest auch kaufrechtliche Natur des Finanzleasings akzeptiert. Das muß dann jedoch auch Auswirkungen bei der Haftung für Mängel haben. Aus dieser „kaufrechtlichen" Gefahrverteilung beim Finanzleasing folgt vor allem, 48c daß bei einer Zerstörung des Leasingobjektes durch einen Dritten der Ersatzanspruch des Leasingnehmers (§ 823 Abs 1) nur die ihm entgehenden Gebrauchsvorteile des Leasingobjektes umfaßt, weil die Belastung mit der fortlaufenden Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten schon unabhängig davon auf dem Vertrag beruht (§ 249; B G H BB 1976,1194; Betrieb 1977, 395 = LM Nr 20 zu § 249 [Hd] b (BGB
= VersR 1 9 7 7 , 2 2 7 = JuS 1 9 7 7 , 4 0 6 HIDDEMANN W M 1 9 7 8 , 8 3 4 , 8 4 0 ) .
Nr
4
m Anm
EBENROTH JUS 1 9 7 8 , 5 8 8 ;
c) Besonders umstritten ist die Frage, ob beim Finanzleasing der völlige Ausschluß 48d jeglicher Haftung des Leasing-Gebers für Sach- und Rechtsmängel und deren Ersetzung durch die Abtretung der Ansprüche des Leasing-Gebers gegen den Hersteller aus den §§ 459 f (651) zulässig ist. Das ist bei Qualifizierung des Finanzleasing als Miete (oben Rz 47 g) deshalb so zweifelhaft, weil bei der Miete die Übergabe und Erhaltung der Sache in mangelfreiem Zustand (§§ 536 f) zu den Hauptleistungspflichten des Vermieters gehört, die durch AGB allenfalls in einzelnen Beziehungen eingeschränkt, aber nie völlig ausgeschlossen werden können (§§ 9,11 Nr 10, 2 4 AGBG; zu den - ganz selten - Individualverträgen s GRAF VON WESTPHALEN 4 5 f ) .
aa) Die Praxis hat die geschilderte Regelung der Gewährleistung für Sach- und 48e Rechtsmängel beim Finanzleasing bisher idR gebilligt; grundsätzlich wird es als ausreichend angesehen, wenn der Leasing-Geber dem Leasing-Nehmer seine sämtlichen Gewährleistungsrechte einschließlich des Wandlungsrechts überträgt oder ihn doch wenigstens zu ihrer Geltendmachung ermächtigt. Wandelt dann der Leasing-Nehmer auf Grund der ihm übertragenen Rechte den Kaufvertrag zwischen dem Leasing-Geber und dem Lieferanten der Sache, so soll zugleich die „Geschäftsgrundlage" für den Leasing-Vertrag zumindest für die Zukunft entfallen, so daß der Leasing-Nehmer frei wird. Entsprechend soll eine Minderung zu einer verhältnismäßigen Herabsetzung der Leasing-Raten führen. Macht hingegen der Leasing-Nehmer von den ihm abgetretenen Rechten keinen oder einen verspäteten Gebrauch (§ 477), * BGHZ 71,196 = JuS 1978, 632 Nr 6; BGH WM 1978,511; BB 1976,1194 f; Betrieb 1977,395 = JuS 1977,406 Nr 4; OLG Frankfurt NJW1977,200 = JuS 1977,189 f Nr 2; OLG Hamm, Urt v 19.1.1978 - 7 U 63/77, S 9; E B E N R O T H Betrieb 1978,2109,2111 f; H I D D E M A N N WM 1978, 834, 8 4 0 ; G R A F VON WESTPHALEN 4 5 f , 6 7 f ; SCHLOSSER § 9 R z (21)
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138.
Vorbem zu §§ 535, 536 48 f - 4 8 k 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
so bleibt er trotz der Mängel des Gegenstandes zur Zahlung der Leasing-Raten verpflichtet.* 48f Ungeklärt ist in der Praxis noch, wer das Risiko der Insolvenz des Lieferanten oder des sonstigen Fehlschlagens der abgetretenen Gewährleistungsrechte tragen soll; zT wird auch dieses Risiko dem Leasing-Nehmer auferlegt (LG Frankfurt BB 1979, 289 f). Es findet sich aber auch die gegenteilige Auffassung (LG Hanau MDR 1979, 315 Nr 63). 48g ßß) Der Praxis kann nicht in allen Punkten zugestimmt werden, da sie zT dem AGBG widerspricht. § 24 AGBG macht es vor allem nötig, den kaufmännischen und den nichtkaufmännischen Verkehr zu unterscheiden. Im letzteren steht der zwingende § 11 Nr 10 AGBG dem Gewährleistungsausschluß entgegen, da auch FinanzierungsLeasingverträge auf die Lieferung von Sachen gerichtet sind, auf jeden Fall aber Verträge über Leistungen darstellen.** 48h Hieraus folgt, daß im (verbreiteten) nichtkaufmännischen Verkehr die Gewährleistungsansprüche gegen den Leasing-Geber nicht ausgeschlossen und durch die Abtretung der korrespondierenden Ansprüche des Leasing-Gebers gegen den Lieferanten ersetzt werden können (§ 11 Nr 10 lit a AGBG); ebenso wenig ist eine über § 11 Nr 10 lit b AGBG hinausgehende Beschränkung der Gewährleistungsansprüche des Leasing-Nehmers möglich, so daß diese namentlich bei Fehlschlagen der Nachbesserung wieder voll aufleben (ebenso J B L O M E Y E R NJW 1 9 7 8 , 9 7 3 , 9 7 5 ; E B E N R O T H Betrieb 1 9 7 8 , 2 1 0 9 , 2 1 1 3 ; P A L A N D T - P U T Z O Einf von § 5 3 5 Anm 4 c; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 1 1 AGBG Anm 1 0 ; G R A F V O N W E S T P H A L E N 1 0 6 f). 48i Auch die §§ 540 und 541 sind stets anwendbar ( P A L A N D T - P U T Z O Einf von § 535 Anm 4 c). Der Gewährleistungsausschluß ist mithin unwirksam, wenn der Leasing-Geber den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dasselbe gilt bei Rechtsmängeln; der Leasing-Geber haftet daher zB für eine Wegnahme der Sache durch seine Gläubiger, denen er die Sache zur Sicherheit übereignet hatte. 48k Im kaufmännischen Verkehr kommt es nach den §§9 Abs 2,24 AGBG darauf an, ob der Leasing-Nehmer durch den Gewährleistungsausschluß unangemessen benachteiligt wird. Dies ist bei Berücksichtigung der Wertungen der §§ 537 f und des § 11 Nr 10 AGBG jedenfalls dann zu bejahen, wenn nachträglich Mängel der Sache auftreten (s §§ 536, 537), wenn der Lieferant die (abgetretenen) Gewährleistungsansprüche auf ein Nachbesserungsrecht beschränkt hat und die Nachbesserung fehlschlägt oder abgelehnt wird ( § 11 Nr 10 lit b AGBG) sowie wenn der Lieferant in Konkurs fällt oder sonst nicht leistungsfähig ist. Alle diese Risiken muß der Leasing-Geber tragen, wenn man beim Finanzierungs-Leasing eine ganz einseitige Verteilung der Rechte und Pflichten zwischen den Parteien verhindern will.*** * Schrifttum: So BGHZ 68, 118 = JuS 1977, 760 Nr 4; BGH NJW 1977, 847; OLG Hamm ZMR 1980, 109, 112; Urt v 19. 1. 1978 - 7 U 63/77, S 9 ff m Nachw; B R A N D N E R , in: U L M E R B R A N D N E R - H E N S E N AGBG, §§ 9-11 Anh Rz464; H I D D E M A N N WM 1978, 834, 839 f; P A L A N D T P U T Z O Einf von § 535 Anm 4 c; G R A F V O N W E S T P H A L E N 71 f, 106 f. ** Schrifttum: EBENROTH Betrieb 1978, 2109, 2113; L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG, § 1 1 Nr 10 Rz 4; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 11 AGBG Anm 10; S C H L O S S E R § 9 Rz 136; G R A F V O N W E S T P H A L E N 110 f; aM zB U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N § 11 Nr 10Rz3, §§ 9-11 Anh Rz 464; K O C H - S T Ü B I N G , AGBG § 11 Rz 13 f (mit Einschränkungen); OLG Hamm ZMR 1980, 109, 112. *** Schrifttum: Ebenso oder ähnlich J B L O M E Y E R NJW 1 9 7 8 , 9 7 3 ; B R A N D N E R , in: U L M E R B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG §§ 9 - 1 1 Anh Rz 4 6 4 ; E B E N R O T H Betrieb 1 9 7 8 , 2 1 0 9 , 2 1 1 3 ; L Ö W E - G R A F V O N W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG § 1 1 Nr 1 0 a Rz 3 1 ; S C H L O S S E R - C O E S T E R W A L T J E N - G R A B A , AGBG § 9 Rz 9 8 ; G R A F V O N W E S T P H A L E N 7 1 f; für den Fall, daß der Leasing-Nehmer eine Kaufoption hat, auch K O C H - S T Ü B I N G , AGBG § 1 1 Nr 1 0 Rz 1 4 .
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 49-491
Y) Verfallklauseln kommen vor allem in zwei Formen vor. Beide sind in der in der 49 Leasingpraxis üblichen Ausgestaltung mit dem BGB und dem AGBG unvereinbar und daher unwirksam, wobei im einzelnen wiederum zwischen dem kaufmännischen und dem nichtkaufmännischen Verkehr zu unterscheiden ist. ao) Bei Zahlungsverzug des Leasing-Nehmers (Mieters) kann der Leasing-Geber 49a nach § 554 unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Da § 554 nicht zwingend ist, kann auch vereinbart werden, daß hierfür schon der Verzug mit einer Rate genügen soll (s § 554 Rz 44). Mit Rücksicht auf die §§ 9 Abs 2 und 11 Nr 6 AGBG wird man solche Abreden jedoch nur im kaufmännischen Verkehr zulassen können (§ 554 Rz 45; G R A F V O N W E S T P H A L E N 175). Außerdem muß der Leasing-Geber vor der Kündigung den Leasing-Nehmer stets mahnen (OLG Frankfurt BB 1976, 857). Macht der Vermieter von dem Kündigungsrecht des § 554 Gebrauch, so kann er 49b außerdem von dem Mieter Ersatz des ihm durch dessen Verzug entstandenen Schadens verlangen (§ 286). Eine Pauschalierung dieses Anspruchs ist im kaufmännischen wie im nichtkaufmännischen Verkehr nur in den engen Grenzen des § 11 Nr 5 AGBG möglich (§§ 9 Abs 2, 24 AGBG), wobei sich der Leasing-Gebers auf seinen Ersatzanspruch auch noch stets den Wert der zurückgenommenen Sache anrechnen lassen muß, weil anderenfalls der Schadensersatz zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Leasing-Gebers führte (vgl B R A N D N E R , in: U L M E R - B R A N D N E R H E N S E N , AGBG §§ 9 - 1 1 Anh Rz 466). Gegen diese Regelung verstößt die Klausel, daß im Falle der Kündigung wegen 49c Zahlungsverzugs des Leasing-Nehmers die gesamten, restlichen Leasing-Raten fällig sein sollen. Der Leasing-Geber muß sich zwischen Fortsetzung des Vertrages und dessen Auflösung entscheiden; beides zugleich kann er nicht verlangen (vgl auch §§ 10 Nr 7, 11 Nr 6 AGBG).* ßß) Die Parteien können durchaus vereinbaren, daß der Leasing-Geber bei Zah- 49d lungsverzug des Leasing-Nehmers zur Rücknahme der Sache bis zur Bezahlung der Rückstände berechtigt sein soll, während der Leasing-Nehmer die fälligen LeasingRaten weiterzahlen muß (BGH BB 1978, 523; OLG Hamm ZMR 1980, 109, 112 f gegen OLG Hamm BB 1976, 1049). Das folgt schon aus § 320. Weitergehende Absprachen sind aber auch hier nicht möglich (§§ 7 , 9 , 1 0 Nr 7 , 1 1 Nr 49e 5 und 6, 24 AGBG). Insbes kann es nicht hingenommen werden, daß der Leasing-Geber zusätzlich die Fälligkeit aller restlichen Leasing-Raten vereinbart trotz Fortbestands des Vertrages. Eine solche Abrede ist für den Leasing-Nehmer schlechthin unzumutbar ( Q U I T T N A T B B 1 9 7 9 , 1 5 3 0 , 1 5 3 2 f; G R A F V O N W E S T P H A L E N 1 6 4 f). rj) Da das Finanzleasing - jedenfalls nach hM - der Miete näher steht als der Kauf, 49f richtet sich seine Behandlung im Konkurs grundsätzlich nach den §§ 19 und 21 KO. Folglich wird der Vertrag von dem Konkurs des Leasing-Gebers nicht berührt ( § 2 1 Abs 1 KO; S E E G E R KTS 1974, 6, 13). Hingegen können im Konkurs des Leasing-Nehmers beide Teile mit der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 565 Abs 4) kündigen. Die bis zur Wirksamkeit der Kündigung noch anfallenden Leasing-Raten sind dann Masseforderungen ( § 5 9 Abs 1 Nr 2 KO). Wegen seines weitergehenden Schadens ist der Leasing-Geber hingegen auf den Ersatzanspruch des § 19 S 3 KO * Schrifttum: Grdleg BGHZ 71, 196, 204 t = JuS 1978, 632 Nr 6; BGH WM 1979, 1385, 1387 = NJW 1980,234,235; OLG Hamm ZMR 1980,109; Urt v 19. 2. 1980 - 7 U 118/79, S 10; v 4. 11. 1980 - 7 U 94/80, S 11; OLG Stuttgart BB 1978, 122; B L O M E Y E R NJW 1978, 973, 976; HIDDEMANN W M
1 9 7 8 , 8 3 4 , 8 4 0 f; QUITTNAT B B
1 9 7 9 , 1 5 3 0 ; G R A F VON WESTPHALEN 1 6 4 f,
168 f, 174 f; anders nur für den kaufmännischen Verkehr E B E N R O T H Betrieb 1978, 2109, 2114 f; aM früher auch insbes OLG Frankfurt NJW 1977, 200 = JuS 1977, 189 f Nr 2. (23)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 49 g - 5 0 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
verwiesen, der den kapitalisierten (abgezinsten) Wert der noch ausstehenden Raten abzüglich des anderweitigen Verkaufserlös der Sache umfaßt.* 49g dd) Ein zentrales Problem im nichtkaufmännischen Verkehr ist die Anwendbarkeit des AbzG auf das Finanzleasing (s §§ 6, 8 AbzG). Für dessen weitgehende Geltung für Finanzierungs-Leasingverträge spricht dabei vor allem der Umstand, daß solche Verträge für den Leasing-Nehmer wirtschaftlich idR einem (teuren) Abzahlungskauf unter Eigentumsvorbehalt sehr nahekommen, zumal auch § 6 AbzG ausdrücklich die Anwendbarkeit des AbzG auf alle ähnlichen Verträge einschließlich der Mietverträge anordnet. Dementsprechend war auch die zumindest früher durchaus hM davon ausgegangen, daß es allein darauf ankomme, ob die Vertragsdauer so bemessen ist, daß der Leasing-Nehmer während des Vertrags an den Leasing-Geber den gesamten Preis einschließlich Zinsen und Gewinn zahlt.** 49h Dem ist der BGH jedoch nicht gefolgt. Um zu operationalen Kriterien zu gelangen, an Hand derer alle Beteiligten von Anfang an eindeutig die Frage der Geltung des AbzG mit seinen weitreichenden Folgen (vgl insbes §§ 1 a, 1 b und 5 AbzG) beurteilen können, stellt er allein darauf ab, ob dem Leasing-Nehmer von vornherein, und zwar namentlich durch ein Kaufoption, ein festes Erwerbsrecht eingeräumt worden ist oder nicht.*** Hingegen genügt es nicht, wenn der Leasing-Nehmer lediglich verpflichtet ist, bei Ablauf der Grundmietzeit die Sache auf Verlangen des Leasing-Gebers zu erwerben, oder wenn ihm nur eine Beteiligung am Verkaufserlös eingeräumt wird;**** wohl aber, wenn für beide Parteien von vornherein feststeht, daß die Sache bei Ablauf der Grundmietzeit wertlos sein wird ( H I D D E M A N N WM 1978, 834, 840; LG Freiburg BB 1980, 963 = MDR 1980, 759). 49i Soweit hiernach die Anwendung des AbzG in Betracht kommt, ist auch Raum für die Heranziehung der von der Praxis zum finanzierten Abzahlungskauf entwickelten, neuerdings wieder zunehmend verschärften Regeln über den sog. Einwendungsdurchgriff (BGHZ 6 8 , 1 1 8 = JuS 1 9 7 7 , 6 4 0 Nr 3 ; s E M M E R I C H J U S 1 9 7 1 , 2 7 3 ) . 50 ee) a) Das Immobilien-Leasing ist eine sich in letzter Zeit zunehmend verbreitende Sonderform des Finanzleasing (s F A H L M E I S T E R - S C H R Ö D E R , in: Hagenmüller, Leasing-Handbuch 1 4 5 ; R E I C H , in: Vertragsschuldverhältnisse 8 3 ; G R A F V O N W E S T P H A L E N 1 2 8 ) . Seine steuerliche „Regelung" hat es in einem Erlaß des BMF v 2 1 .
* Schrifttum: Grdleg B G H Z 71, 189 = JuS 1978, 705 f Nr 3; OLG Frankfurt Betrieb 1979, 2 1 2 5 f; HIDDEMANN W M 1 9 7 8 , 8 3 4 , 8 3 6 ; SEEGER KTS 1 9 7 4 , 6 , bes 1 1 f (mit berechtigten Einschränkungen für den Fall, daß der Leasing-Nehmer die Sache schon im wesentlichen bezahlt hat). ** OLG Köln NJW 1973, 1615 = JuS 1973, 780 f Nr 5; OLG Düsseldorf NJW 1973, 1612; LG Augsburg NJW 1973, 709 f m abl Anm REICH; LG Münster NJW 1975, 2070; LG Zweibrücken NJW 1974, 193; AG Lüdenscheid NJW 1972, 2090 m abl Anm REICH J U S 1973, 4 8 0 f f ; J BLOMEYER N J W 1 9 7 8 , 9 7 3 , 9 7 6 ; EHLKE B B 1 9 7 9 , 1 0 0 1 ; LARENZ I I § 6 3 I I I .
*** B G H Z 62,42; 68,118; 71,196 = JuS 1974,527 f Nr 7; 1977,760 Nr 4; 1978,632 Nr 6; B G H NJW 1977,195 = JuS 1976,119 f Nr 5;NJW 1977,1066 = WM 1977,473; NJW 1979,758,758; WM 1979, 1385, 1386 = BB 1979, 1789 = NJW 1980, 234; OLG Hamm Urt v 19. 2. 1980 7 U 118/79, S 9 f; LG Freiburg BB 1980, 962; LG Duisburg Betrieb 1980, 1934; OLG Hamm BB 1980, 1719; Urt v 4. 11. 1980 - 7 U 94/80, S 10 f; zust HIDDEMANN WM 1978, 834, 836 f; PALANDT-PUTZO § 6 AbzG Anm 2 b, bb; noch enger G R A F VON WESTPHALEN 182 f, bes 190 f.; ders M D R 1 9 8 0 , 4 4 1 ; SCHREINER B B 1 9 8 0 , 2 9 4 f.
**** B G H Z 71, 196 = JuS 1978, 632 Nr 6; B G H NJW 1979, 758, 759; 1980, 234; OLG Hamm BB 1980, 1719.
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 50 a-50d
3. 1972 (BB 1972, 433) gefunden, nach dem sich die Vertragspraxis richtet, um die A n e r k e n n u n g des Leasing-Gebers als Bauherrn zu erreichen. Im einzelnen unterscheidet man hier das Netto- und das Brutto-Leasing je nachdem, 50a ob sich der Leasing-Geber auf die bloße Finanzierung beschränkt oder noch zusätzliche Leistungen übernimmt. Entscheidend ist aber immer, daß der LeasingG e b e r als B a u h e r r auftritt, wodurch es nicht ausgeschlossen wird, daß er seinerseits wieder den Leasing-Nehmer mit dem Bau beauftragt. Die Vertragsdauer schwankt idR zwischen 20 und 30 Jahren; f ü r die Zeit nach Ablauf der G r u n d m i e t e erhält der Leasing-Nehmer meistens eine (durch V o r m e r k u n g gesicherte) Kaufoption. Die Regelung der Gefahrtragung und Gewährleistung entspricht durchweg der bei sonstigen Finanzierungs-Leasingverträgen (s oben Rz 48 a f); zusätzlich wird hier stets die Pflicht des Leasing-Nehmers zur Erhaltung und Versicherung der G e b ä u d e besonders betont. ß) Auch das Immobilien-Leasing ist vorwiegend Miete, freilich mit starkem, 50b kaufvertraglichen Einschlag, namentlich wenn d e m Leasing-Nehmer eine Kaufopt i o n e i n g e r ä u m t ist (REICH, in: V e r t r a g s s c h u l d v e r h ä l t n i s s e 8 4 ; GRAF VON WESTPHA-
LEN 140 f). D a h e r bestehen grundsätzlich ebenso wenig wie beim sonstigen Finanzleasing Bedenken dagegen, dem Leasing-Nehmer die sog Sach- und Preisgefahr aufzubürden (GRAF VON WESTPHALEN 143 f), dh den Gefahrübergang in Abweichung von § 323, aber in Übereinstimmung mit den §§ 4 4 6 und 644 auf den Zeitpunkt der A b n a h m e vorzuverlegen (s oben Rz 48 a f). Die Haftung des Leasing-Gebers für Sachmängel darf wegen der besonderen 50c Schutzwürdigkeit des Leasing-Nehmers beim Immobilien-Leasing auf keinen Fall hinter der H a f t u n g bei sonstigen Finanzierungs-Leasingverträgen zurückbleiben ( o b e n R z 4 8 d, 4 8 g f ; s REICH, in: V e r t r a g s s c h u l d v e r h ä l t n i s s e
8 5 ; GRAF VON
WESTPHALEN 148 f; wegen der Rechtsmängelhaftung s oben Rz 4 8 i). Das bedeutet vor allem, daß bei j e d e m Fehlschlagen der abgetretenen Gewährleistungsrechte gegen den Bauunternehmer zwingend die subsidiäre Eigenhaftung des Leasing-Gebers wiederauflebt (§§ 9, 11 Nr 10, 24 A G B G ) . Diese H a f t u n g äußert sich zumindest in einer automatischen Minderung der Leasing-Raten bei Fehlschlagen namentlich eines Nachbesserungsversuchs des U n t e r n e h m e r s (§ 537). A u c h das Risiko einer Insolvenz des Unternehmers kann der Leasing-Geber daher nicht auf den LeasingN e h m e r abwälzen (str). D a r ü b e r hinaus wird man hier dem Leasing-Nehmer bei nachträglich auftretenden Mängeln (für die der Bauunternehmer nicht haftet) zwingend zumindest auch einen Nachbesserungsanspruch gegen den Leasing-Geber und bei dessen Fehlschlagen wiederum ein Minderungsrecht zubilligen müssen, wenn anders man eine ganz unbillige Verteilung der Rechte und Pflichten der Parteien verhindern will (oben Rz 48 k). ff) Die steuerrechtliche Behandlung des Leasings, zu der hier nicht weiter Stellung zu 50d nehmen ist, richtet sich nach drei Erlassen des BMF, die ihrerseits auf d e m grundlegenden Urteil des B F H v 2 6 . 1 . 1 9 7 0 ( B F H E 9 7 , 4 6 6 = BStBl 1970 II, 264 = JuS 1970, 361 Nr 13) beruhen (Erlaß v 19. 4. 1971, BStBl 1971 1, 264 = B B 1971, 506; v 21. 3 . 1 9 7 2 , BB 1 9 7 2 , 4 3 3 ; v 2 2 . 1 2 . 1 9 7 5 , BB 1976, 72; auch abgedruckt in: GRAF VON WESTPHALEN, Leasingvertrag 201 f). Soweit die fraglichen Verträge den in diesen Erlassen aufgestellten Anforderungen genügen, wird das Leasing-Gut steuerrechtlich dem Leasing-Geber und nicht dem Leasing-Nehmer zugerechnet (s im einzelnen
FLUME 3 9 f ; REICH, in: V e r t r a g s s c h u l d v e r h ä l t n i s s e
6 1 f ; GRAF VON
WESTPHALEN 4 f, 21 f). Ganz entsprechend wird dann auch bilanzrechtlich verfahren (s EBENROTH JUS 1 9 7 8 , 5 8 8 , 5 9 4 m N a c h w ) . (25)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 51-52 b 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
51 b) Automatenverträge* Große praktische Bedeutung haben in den letzten Jahren Verträge über Automaten gewonnen (s bes V O N O L S H A U S E N - K S C H M I D T , Automatenrecht). Es ist jedoch nicht möglich, diese Verträge einem einheitlichen Typus zuzuweisen. Das Spektrum reicht hier vielmehr von normalen Kaufverträgen über Mietkauf und Miete bis hin zu den eigenartigen Automatenaufstellverträgen, deren rechtliche Qualifizierung nach wie vor unklar und umstritten ist. 51a aa) Automaten können mit und ohne Stellplatz verkauft werden. Mietrechtliche Probleme tauchen hier nicht auf. Je nach den Umständen des Falles sind statt dessen die Regeln über Unternehmenskaufverträge anzuwenden (VON O L S H A U S E N - K SCHMIDT R z B
8 f).
51b Ein Mietkauf liegt hingegen vor, wenn der sog Automatenaufsteller einem Gastwirt einen Automaten gegen einen überhöhten Mietzins überläßt und dem sog Mieter zugleich das Recht einräumt, in einer bestimmten Frist das Gerät zu kaufen, wobei dann die schon bezahlten Mietzinsraten auf den Kaufpreis ganz oder teilweise angerechnet werden sollen. Sind hier die Mietzinsraten so hoch, daß für den Mieter letztlich praktisch keine andere Wahl bleibt, als das Gerät zu kaufen, so handelt es sich um nichts anderes als um einen Abzahlungskauf, auf den jedoch bis zur Ausübung der Kaufoption auch Mietrecht angewendet werden kann (vgl § 6 AbzG). 52 bb) Automaten können auch Gegenstand normaler Mietverträge sein (s VON O L S H A U S E N - K S C H M I D T Rz B 27 f; P A L A N D T - P U T Z O Einf von § 535 Anm 2 e). So verhält es sich namentlich, wenn ein Automatenhersteller einem Geschäftsinhaber entgeltlich auf Zeit Automaten überläßt, damit der letztere daraus seine Waren verkaufen kann. Hierin liegt auch der wesentlichste Unterschied zu den Automatenaufstellverträgen (unten Rz 53 f). Lieferant der Waren können dabei sowohl der Automatenvermieter (als Großhändler) wie auch Dritte sein (s V O N O L S H A U S E N - K SCHMIDT R z
B
28,
36).
52a Der Mietzins kann von vornherein fest bestimmt sein oder sich (ganz oder teilweise) nach den Umsätzen des Mieters richten. Solche Verträge können bei übermäßig hohen Mietzinsen oder bei sonstigen drückenden Bedingungen wie zB der Überwälzung der Gefahr des zufälligen Unterganges des Automaten auf den Mieter durchaus gegen § 138 verstoßen (s V O N O L S H A U S E N - K S C H M I D T Rz B 29 f m Nachw). 52b cc) Reine Raummiete ist anzunehmen, wenn ein Automatenaufsteller einen Raum mietet, um dort seine Automaten aufstellen zu können, zB um dort einen Automatenspielsalon einzurichten (BGHZ 47, 202, 206). Ebenso zu beurteilen sind Aufstellverträge, bei denen der Automat in keinem Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb des Grundstückseigentümers steht; in einem solchen Fall besteht auch keine Verpflichtung des Vermieters zur Fernhaltung von Konkurrenz (OLG München OLGZ 1971, 346). An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn die Gegenleistung des Aufstellers in einer Umsatzbeteiligung des Grundstückseigentümers besteht. Es handelt sich dann vielmehr um eine partiarische Platzmiete.
* Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 2 4 3 ff zu § 5 3 5 ; R D A L L Y , Rechtsfragen des Automatenaufstellvertrages, Diss Köln 1 9 6 9 ; E R M A N - S C H O P P Vorbem 3 9 ff zu § 5 3 5 ; E S S E R W E Y E R S I I 1 § 2 4 I I I ; H E N S E N , in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG §§ 9 - 1 1 Anh Rz 1 4 0 f; H U F F E R N J W 1 9 7 1 , 1 4 3 3 ; V M Ü L L E R , Der Automatenaufstellvertrag, Diss Hamburg 1 9 6 9 ; V O N O L S H A U S E N - K S C H M I D T , Automatenrecht ( 1 9 7 2 ) ; P A L A N D T - P U T Z O Einf von § 5 3 5 Anm 2 e; R A I S C H BB 1 9 6 8 , 5 2 6 ; S C H O P P ZMR 1 9 7 2 , 1 9 7 ; S C H L O S S E R - C O E S T E R - W A L T J E N - G R A B A , AGBG § 9 Rz 6 5 f.
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 52 c - 5 3 b
Schließlich handelt es sich um einen Mietvertrag über eine Wandfläche, wenn dem 52c Automatenbesitzer lediglich das Recht eingeräumt wird, an einer Wand seine Automaten anzubringen und daraus seine Waren zu verkaufen (sog Automatenanbringungsvertrag, s VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT Rz B 37 ff). Solche Verträge fallen unter § 580 und sind deshalb nach den Vorschriften über die Grundstücksmiete zu behandeln (§ 571 Rz 14, § 580 Rz 2); anwendbar sind namentlich die §§ 566 und 571. Für die ordentliche Kündigung solcher Verträge gilt § 565 Abs 1 Nr 3 (VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT RZ B 4 5 ) .
dd) Wird nach Vertragsschluß eine etwa zur Anbringung der Automaten erforder- 52d liehe, behördliche Genehmigung verweigert, so handelt es sich um einen Fall nachträglicher Unmöglichkeit, deren Rechtsfolgen sich grundsätzlich nach den §§ 275 und 323 richten; § 324 ist hingegen anzuwenden, wenn die Genehmigung gerade mit Rücksicht auf die Person des Automatenbesitzers und Mieters versagt wird (EMMERICH, Leistungsstörungen 22; ders, in: MünchKomm § 275 Rz 28; VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT R z B 4 3 f ) .
Für die Verpflichtung des Vermieters der Wandfläche, dem Mieter die Konkurrenz 52e anderer Automaten fernzuhalten, gilt dasselbe wie bei der sonstigen Geschäftsraumm i e t e ( § § 5 3 5 , 5 3 6 R z 3 5 f ; VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT RZ B 4 2 ) .
ee) Von einem Automatenaufstellvertrag spricht man, wenn ein Gewerbetreibender, 53 in aller Regel ein Gastwirt, einem Automatenbesitzer das Recht einräumt, in seinem Betrieb, im Regelfall also in seiner Gastwirtschaft, einen oder mehrere Automaten aufzustellen und daraus Waren des Automatenaw/sfe//ers (und nicht solche des Wirts) zu verkaufen bzw Musik- oder Vergnügungsleistungen zu erbringen (s eingehend VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT Rz B 47 ff). D i e Gegenleistung des Automatenaufstellers f ü r
die Gestattung der Aufstellung besteht idR in einer Umsatzbeteiligung des Wirts. Wegen des Übergewichts der Aufsteller enthalten diese Verträge meistens eine Fülle überaus drückender Bedingungen zu Lasten der Wirte. Besonders hervorzuheben sind neben der Vereinbarung einer sehr langen Vertragsdauer die Abwälzung aller Risiken auf die Wirte und die sog Nachfolgeklausel. Üblich sind außerdem Ausschließlichkeitsbindungen zu Lasten der Wirte, so daß Automatenaufstellverträge durchweg unter die §§ 18 Abs 1 Nr 2 und 34 GWB fallen; gegen das hieraus folgende Schriftformerfordernis wird in der Praxis vielfach verstoßen (unten Rz 53 d f). a) Die Rechtsnatur der Automatenaufstellverträge ist unklar und umstritten. 53a Jedenfalls handelt es sich nicht um einen partiarischen Mietvertrag (so aber ERMAN-SCHOPP V o r b e m 42 zu § 535; HENSEN, A G B G , §§ 9 - 1 1 A n h Rz 140);
dagegen spricht vor allem der auf ein enges und ständiges Zusammenwirken der Parteien ausgerichtete Gesamtcharakter dieser Verträge, weshalb sie vielfach auch als gesellschaftsähnlich angesehen werden (OLG Hamm NJW 1964, 2021; JMB1NRW 1965, 29; OLG Hamburg MDR 1976, 577; auch schon OLG Frankfurt OLGE 33, 289 f). Aber die Vorschriften der §§ 705 f passen offenkundig hier ebenfalls nicht. Im 53b Grunde handelt es sich bei den Automatenaufstellverträgen um einen nicht geregelten Gestattungsvertrag (ROQUETTE § 535 Rz 166 f), auf den immer nur von Fall zu Fall einzelne Vorschriften des Besonderen Schuldrechts entsprechend angewandt werden k ö n n e n (VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT Rz B 48; RAISCH B B 1965,
26). In dieselbe Richtung tendiert der BGH, der ebenfalls die Heranziehung mietrechtlicher Vorschriften ablehnt und das Wesen der fraglichen Verträge in der Eingliederung der Automaten in den fremden, gewerblichen Betrieb sieht, in dem sie aufgestellt sind (BGHZ 47, 202; 51, 55 = JuS 1969, 237 Nr 3 m Anm DÄUBLER JUS 1971, 398; BGHZ 71, 80; ebenso OLG Hamburg OLGE 45, 168; OLG Frankfurt (27)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbein zu § § 5 3 5 , 5 3 6 53 c-54 b
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
NJW 1964, 256; OLG Celle NJW 1967, 1425; OLG Köln JMB1NRW 1962, 269; E S S E R - W E Y E R S I I 1 § 24 I I I ; P A L A N D T - P U T Z O Einf von § 535 Anm 2 e). 53c ß) Zivilrechtlich bestehen für den Vertrag mangels Anwendbarkeit des § 566 keine besonderen Formerfordernisse (BGHZ 47, 202; 51, 55). Bei Vereinbarung einer Ausschließlichkeitsbindung ist jedoch nach § 34 GWB schriftliche Abfassung des Vertrages erforderlich; andernfalls ist der Vertrag nichtig (§ 125; s im einzelnen E M M E R I C H , KartellR (3. Aufl 1979) 135 f; ders NJW 1980, 1363). 53d Das Schriftformerfordernis des § 34 GWB gilt für den gesamten Vertrag, nicht nur für die Ausschließlichkeitsbindung und umfaßt namentlich die beiderseitigen Hauptleistungspflichten (grdl BGHZ 53, 304; 54, 154; E M M E R I C H , Kartellrecht 135 m Nachw). Folglich müssen in Automatenaufstellverträgen stets Zahl und Art der Geräte sowie die Höhe der Gegenleistung ganz genau schon in dem schriftlichen Vertrag selbst festgelegt werden; insbes ist es nicht möglich, daß sich der Aufsteller die Auswahl der Geräte bei Vertragsschluß noch vorbehält. Lediglich Absprachen über den Aufstellplatz können ergänzend formlos getroffen werden (BGH WuW/E BGH 1521; WM 1979,234; 1979,976; OLG Celle WuW/E OLG 1571; 2014; OLG Hamburg BB 1979, 64; E M M E R I C H , Kartellrecht 136; ders NJW 1980, 1363, 1365). 53e Das Schriftformerfordernis des § 34 GWB gilt auch für Vertragsänderungen. Ändern die Parteien zB nachträglich die Absprachen über Art und Zahl der aufzustellenden Automaten formlos ab, so hat dies die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge ( E M M E R I C H NJW 1980, 1363, 1365). 54 Y) Den Automatenaufsteller trifft bei Vertragsschluß eine weitgehende Aufklärungspflicht. Er muß deshalb den Gastwirt namentlich über die mit dem Vertragsschluß verbundenen Risiken sowie über die tatsächlichen Gewinnaussichten informieren. Jeder schuldhafte Verstoß des Aufstellers gegen diese Pflicht führt zu seiner Haftung aus cic, so daß der Wirt Befreiung von dem Vertrag verlangen kann (MünchKommE M M E R I C H Vorbem 1 1 3 zu § 2 7 5 m Nachw; H A R T W I G J U S 1 9 7 3 , 7 3 3 ) . 54a 8) Durch die Geschäftsbedingungen der Automatenaufsteller wird den Gaststätteninhabern häufig eine Fülle überaus drückender Verpflichtungen auferlegt. Automatenaufstellverträge sind deshalb schon häufig ganz oder teilweise für nichtig erklärt worden (§§ 138, 242; BGHZ 51, 55 = JuS 1969, 237 f Nr 3 m Nachw; BGH BB 1973,496 = Betrieb 1973,764; BGH LM Nr 8 zu § 138 [Bc] BGB; KG NJW 1964, 1475; OLG Frankfurt NJW 1964, 254; LG Frankfurt NJW 1964, 255; OLG Nürnberg NJW 1973, 1974). Besonderer Betrachtung bedürfen unter diesem Gesichtspunkt stets die Abreden über die Vertragsdauer und die Vertragsbeendigung sowie über die Haftung und die Gefahrtragung. Dabei müssen stets alle Klauseln im Zusammenhang gewürdigt werden; einzelne Klauseln, die, für sich genommen, gerade noch vertretbar erscheinen mögen, können doch durchaus beim Zusammentreffen mit anderen, ebenso bedenklichen Abspachen zur Nichtigkeit des Vertrages, und zwar insgesamt, führen (§ 6 Abs 3 AGBG; grdleg BGHZ 51, 55 = JuS 1969, 237 f Nr 3). Anders aber, wenn Art und Zahl der Geräte frei ausgehandelt ist (BGH MDR 1980, 50). 54b aa) Aufstellplätze sind sehr begehrt, angesichts der großen Fluktuation im Gastgewerbe aber kaum auf Dauer zu sichern. Deshalb enthalten die meisten Verträge Abreden über eine fünf- oder zehnjährige, feste Mindestdauer. Trotz des § 11 Nr 12 AGBG hat die überwiegende Meinung keine Bedenken gegen solche Klauseln, jedenfalls solange sie nicht mit weiteren, bedenklichen Absprachen zusammentreffen (HENSEN, i n : U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N § § 9 - 1 1 A n h R z 1 4 2 ; L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER,
AGBG § l l N r l 2 R z 5 ;
VON O L S H A U S E N - K SCHMIDT R Z
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
B
(28)
3. Titel. Miete. Pacht
V o r b e m zu §§ 535, 536 54 c - 5 4 i
aM mit guten Gründen SCHLOSSER-COESTER-WALTJEN-GRABA, AGBG § 9 R Z 68). Auch der BGH hat eine Abrede gebilligt, auf Grund derer der Gastwirt verpflichtet war, 10 Jahre (!) den Charakter seines Betriebes nicht zu ändern (BGHZ 53,90;
71, 80).
Fehlen Abreden über eine feste Vertragsdauer, so ist lebhaft umstritten, mit welcher 54c Frist eine ordentliche Kündigung des Vertrages möglich ist. Überwiegende Gründe sprechen für eine analoge Anwendung des § 565 Abs 1 Nr 3 (VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT Rz B 9 2 f m Nachw). Ohne Rücksicht auf die Absprachen über die Vertragsdauer kann jede Partei 54d außerdem den Vertrag stets bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, der ihr die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar macht, fristlos kündigen (HENSEN, AGBG § § 9 - 1 1 Anh Rz 1 4 2 ; VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT Rz B 9 4 f). Als wichtiger Grund kommen dabei sowohl schwere Vertragsverletzungen des anderen Teils als auch von keiner Partei zu vertretende, unvoraussehbare Umstände in Betracht. Beispiele sind eine nicht zu vertretende, schwere Erkankung des Wirtes oder der Tod seines Partners (OLG Hamburg MDR1976,577). Das ist zwingendes Recht und kann nicht durch Geschäftsbedingungen geändert werden. ßß) Wenn der Wirt seinen Betrieb aufgibt, ändert dies grundsätzlich nichts an seiner 54e Verpflichtung aus dem Aufstellvertrag; es kommt lediglich bei Verträgen auf unbestimmte Zeit eine ordentliche Kündigung und sonst eine fristlose Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in Betracht (oben Rz 54 d). Es ist deshalb unbedenklich, wenn die Parteien auch noch ausdrücklich vereinbaren, 54f daß der Wirt selbst bei Beendigung des Pachtvertrages über seinen Betrieb an den Aufstellvertrag gebunden sein soll. Jeder schuldhafte Verstoß gegen diese Pflicht macht den Wirt dann ersatzpflichtig. Ein solcher Fall ist namentlich anzunehmen, wenn der Verpächter dem Wirt wegen Zahlungsverzugs kündigt (BGH LM Nr 31 zu § 138 [C] BGB; Nr 8 zu § 138 [Bc] BGB; Nr 14 zu § 157 [A] BGB; OLG Düsseldorf OLGZ 1973, 11 f). Hingegen sind solche Abreden sittenwidrig, wenn durch sie der Wirt an den Aufstellvertrag auch für den Fall gebunden werden soll, daß ihn an der Beendigung des Pachtvertrages über seinen Betrieb keine Schuld trifft (BGH LM Nr 8 zu § 138 [Bc] BGB; BB 1973, 496). Es muß sich dabei aber um außergewöhnliche Umstände handeln, die nicht im Risikobereich des Wirtes liegen (BGH MDR 1980, 50 f). YY) Trotz der somit grundsätzlich möglichen Bindung des Wirts auch für die Zeit nach 54g Betriebsaufgabe ist der Bestand des Aufstellvertrages in einem solchen Fall naturgemäß rein tatsächlich stets erheblich gefährdet. Gegen den damit drohenden Verlust des Aufstellplatzes versuchen sich die Automatenaufsteller vor allem durch die sog Erweiterungs- und Nachfolgeklauseln zu schützen (s VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT R z B 9 9 f ) .
Inhalt der Erweiterungsklausel ist die Verpflichtung des Gastwirts, auch bei 54h Übernahme eines neuen Betriebs (nur) Automaten des Vertragspartners aufzustellen. Soweit sich diese Klausel auf zusätzlich übernommene Betriebe bezieht, ist sie bedenklich und kann im Einzelfall durchaus zu einer unangemessenen Benachteiligung des Wirts führen (§§ 9, 24 AGBG). Anders jedoch, wenn die Klausel lediglich den Fall des Betriebswechsels erfaßt (VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT Rz B 100). Durch die Nachfolgeklausel wird dem Wirt auferlegt, im Falle der Betriebsaufgabe 54i seinen Nachfolger zum Eintritt in den Aufstellvertrag zu verpflichten. Im einzelnen können solche Klauseln freilich eine sehr verschiedene Bedeutung haben (s VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT R Z B 1 0 1 f). Für den Regelfall dürfte jedoch davon auszugehen sein, daß der Wirt auf Grund der Klausel (nur) verpflichtet ist, seinen (29)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbein zu § § 5 3 5 , 5 3 6 55-56 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Betrieb allein einem solchen Nachfolger zu übergeben, der zum Eintritt in den Aufstellvertrag bereit ist; jeder schuldhafte Verstoß gegen diese Pflicht kann ihn dann ersatzpflichtig machen. Eine weitergehende Garantiehaftung des Wirtes für den Eintritt des Nachfolgers kann durch Geschäftsbedingungen ebensowenig begründet werden wie etwa eine gesamtschuldnerische Mithaftung des Wirts neben seinem Nachfolger ( H E N S E N , AGBG § § 9 - 1 1 Anh Rz 1 4 3 f; VON O L S H A U S E N - K SCHMIDT R Z B 101 f m Nachw). 55 e) aa) Der Wirt ist vor allem verpflichtet, den Automaten an dem dafür vorgesehenen Platz aufzustellen, dem Publikum und dem Aufsteller den Zugang zu diesem Platz zu ermöglichen, den Automaten pfleglich zu behandeln, seinen Betrieb regelmäßig und dauernd offen zu halten und keine Konkurrenzautomaten aufzustellen (oben Rz 5 3 d; s im einzelnen VON O L S H A U S E N - K SCHMIDT R Z B 5 9 - 6 6 m Nachw). 55a Hingegen trifft den Aufsteller vor allem die Pflicht, den Automaten aufzustellen und regelmäßig zu warten ( V O N O L S H A U S E N - K SCHMIDT R Z B 6 7 - 7 3 ) . Defekte Automaten muß er unverzüglich instandsetzen und gegebenenfalls austauschen; auch eine Freizeichnungsklausel kann hieran nichts ändern (§§ 9, 24 ABGB). Verstößt der Aufsteller gegen diese unabdingbare Hauptleistungspflicht, so kann der Wirt nicht nur Erfüllung verlangen, sondern stets auch fristlos kündigen (oben Rz 54 d). 55b ßß) Verstößt eine Partei schuldhaft gegen ihre vertraglichen Pflichten (oben Rz 55 f), so kann die andere Schadensersatz verlangen (BGHZ 7 1 , 8 0 ; VON O L S H A U S E N - K SCHMIDT Rz B 7 4 f). Beispiele sind Verstöße des Wirtes gegen die Pflicht, den Charakter der Wirtschaft zehn Jahre nicht zu verändern (BGH aaO), sowie vor allem jede Verletzung der Ausschließlichkeitsbindung durch Abschluß eines Vertrages mit einem anderen Aufsteller (OLG Hamm NJW 1964, 2021; OLG Köln WuM 1976, 178).
55c Beendet der Aufsteller den Vertrag wegen der Vertragsverletzung des Wirtes (oben Rz 54 d) oder wird dem Wirt die Erfüllung des Vertrages unmöglich, so kann der Aufsteller Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§ 325; s E M M E R I C H , Leistungsstörungen 85 f, 165 f). Sein Schaden wird in aller Regel vorwiegend in dem ihm entgangenen Gewinn bestehen (OLG Hamm und Köln o Rz 55 b). Bei dessen Berechnung (§ 252) müssen jedoch die voraussichtliche Vertragsdauer sowie ein etwaiger, anderweitig mit den zurückgenommenen Automaten erzielter Ertrag berücksichtigt werden; auch kann der Aufsteller Zahlung der einzelnen Schadensraten grundsätzlich nicht vor den vertraglich vorgesehenen Fälligkeitsterminen verlangen (BGH ZMR 1979,351, 352 = WM 1979,1105,1106; s im einzelnen VON O L S H A U S E N - K SCHMIDT Rz B 79-83). Die Verjährungsfrist beträgt gern § 195 grundsätzlich 30 Jahre (BGHZ 71, 80). 56 YY) In den Geschäftsbedingungen der Automatenaufsteller wird der Ersatzanspruch idR pauschaliert. Hierbei sind die Grenzen der §§ 9,11 Nrn 5 und 6 sowie 24 AGBG zu beachten. Deshalb müssen Vertragsstrafen grundsätzlich auf den Ersatzanspruch angerechnet werden; außerdem müssen bei der Schadenspauschale die vom Aufsteller ersparten Kosten, anderweitig erzielte Erträge und die Abzinsung des sofort fälligen Betrages berücksichtigt werden, so daß die Schadenspauschale idR höchstens die Hälfte bis zwei Drittel der bisherigen, durchschnittlichen oder der vertraglich vorgesehenen Bruttoerlöse betragen darf ( H E N S E N , in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG §§ 9-11 Anh Rz 145 f). 56a
Ein Automatenaufsteller, der einen Wirt in Kenntnis dessen Bindung an einen anderen Aufsteller zum Vertragsbruch durch Abschluß eines neuen Vertrages verleitet, kann sich damit des unlauteren Wettbewerbs gegenüber dem ersten Aufsteller schuldig machen (§ 1 UWG; BGH LM Nr 261 zu § 1 UWG; Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(30)
3. Titel. Miete. Pacht BAUMBACH-HEFERMEHL,
Vorbem zu §§ 535, 536 57-58
Wettbewerbsrecht [13. Aufl 1981] § 1 UWG Rz 571-576;
VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT R Z B 5 6 f).
c) Tankstellenverträge*
57
Bei den Tankstellenverträgen gibt es verschiedene Gestaltungsformen, die auch eine unterschiedliche, rechtliche Qualifizierung erforderlich machen. Normale Grundstücksmiete liegt zunächst vor, wenn ein Grundstückseigentümer einer Mineralölgesellschaft ein Grundstück überläßt, damit die Gesellschaft auf diesem Grundstück eine Tankstelle errichten und betreiben kann. Abgrenzungsprobleme entstehen deshalb erst, wenn die Mineralölgesellschaft die von ihr errichtete Tankstelle dem Grundstückseigentümer oder einem Dritten zum Betrieb überläßt (sog Stationärsvertrag). Derartige Verträge enthalten miet- und dienstvertragliche Elemente. Dabei überwiegen zwar die dienstvertraglichen Elemente, jedoch nicht in einem solchen Ausmaß, daß auf die Verträge ausschließlich Dienstvertragsrecht angewendet werden könnte (BGHZ 52,171,175). Deshalb wird es überwiegend auch abgelehnt, auf die Stationärsverträge § 624 entsprechend oder unmittelbar anzuwenden (BGHZ 52,171,174; OLG Stuttgart NJW 1964, 2255 m Anm R I T T N E R ; LG Hamburg NJW 1963, 1550 m Anm W Ü R D I N G E R ; D U D E N und B O L D T aaO; differenzierend S C H L E G E L B E R G E R - S C H R Ö D E R , HGB [5. Aufl 1973] § 89 Rz 41a; aA nur OLG Hamm Rpfleger 1962, 343; H E Y E R NJW 1965, 1573). An dieser Beurteilung ändert es nichts, daß die Verwalter oder Stationäre durchweg 57a als Handelsvertreter, dh im Namen der Mineralölgesellschaften, tätig werden. Bedeutung hat dieser Umstand allenfalls für die kartellrechtliche Beurteilung der den Stationären durchweg auferlegten Ausschließlichkeits- und Preisbindungen: Da die Stationäre als Handelsvertreter tätig werden, will eine verbreitete Meinung auf ihr Verhältnis zu den Mineralölgesellschaften § 15 GWB nicht anwenden, um Preis- und Konditionenbindungen zu ermöglichen (bes R I T T N E R ZHR 135, 289). Diese Meinung ist jedoch nicht haltbar, da die Stationäre tatsächlich ihrem ganzen Erscheinungsbild nach eigenunternehmerisch tätig werden ( E M M E R I C H , Kartellrecht [3. Aufl 1979] 122 m Nachw). Soweit die Stationäre außerdem noch auf eigene Rechnung Reparaturwerkstätten betreiben, müssen ihnen die Mineralölgesellschaften obendrein erlauben, wenigstens im Rahmen der Werkstatt auch andere ö l e zu vertreiben (BGH LM Nr 19 zu Art V MRVO [BrZ] Nr 78 = NJW 1959,1679 f Nr 8; insbes BGH LM Nr 53 zu § 242 [Ba] BGB = JuS 1968, 185 Nr 4). d) Beherbergungsverträge** 58 Bei den Beherbergungsverträgen kommen die unterschiedlichsten Gestaltungsformen vor, die folglich eine verschiedenartige Behandlung erfordern. * Schrifttum: BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 237 f zu § 535; BIEDENKOPF, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung - Die Ausschließlichkeitsbindung als Beispiel ( 1 9 5 7 ) ; BOLDT B B 1 9 6 2 , 9 0 6 ; DUDEN, K ü n d i g u n g v o n T a n k s t e l l e n v e r t r ä g e n n a c h § 6 2 4 B G B , N J W 1 9 6 2 , 1 3 2 6 ; ERMAN-SCHOPP V o r b e m 2 4 ff z u § 5 3 5 ; RITTNER, D i e A u s s c h l i e ß l i c h k e i t s b i n -
dungen in dogmatischer und rechtspolitischer Betrachtung (1957); ders ZHR Bd 135 (1971) 289; SCHÜLLER O R D O B d X I X ( 1 9 6 8 ) , 1 7 1 . ** Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 2 5 5 ff z u § 5 3 5 ; ERMAN-SCHOPP V o r b e m 10 ff z u § 5 3 5 ; GANSCHEZIAN-FINK, R e c h t s v e r h ä l t n i s z w i s c h e n G a s t u n d G a s t w i r t ( 1 9 7 1 ) ; JOSEF, D i e M i e t e
möblierter Zimmer mit Beköstigung, der Pensionsvertrag und die Einwirkung des Zuschlags auf d a s Z u b e h ö r d e s M i e t g r u n d s t ü c k s , G r u c h o t 4 9 , 7 3 7 ; MITTELSTEIN 6 7 f f ; NIENDORFF 2 1 f f ;
SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 39 ff; WEIMAR, Die Haftung des Hoteliers und des Hotelgastes bei Ausbruch ansteckender Krankheiten, MDR 1963, 551; ders, Rechtsfragen bei Miete eines Hotelzimmers, ZMR 1971, 202. (31)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 5 3 6 59-62 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
aa) Mietvertrag mit anderstypischer, untergeordneter Nebenleistung ist die Miete eines Raumes mit gewissen, zusätzlichen Dienstleistungen des Vermieters wie Reinigung oder Bereitung des Frühstücks. Derartige Verträge werden grundsätzlich nach Mietrecht behandelt; nur im Einzelfall kann es angemessen sein, für die anderstypische Nebenleistung die dafür maßgeblichen Vorschriften ergänzend heranzuziehen (EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts I [1974] 288). 59 Ebenso zu behandeln ist der Hotelaufnahmevertrag. Auch er ist in seinem Kern Wohnungsmietvertrag, wenn auch häufig gemischt mit verschiedenen, anderen Verträgen wie Kauf, Verwahrung, Dienst- und Werkvertrag. Diese Einordnung der Hotelaufnahmeverträge ist schon durch das dringende Interesse des Gastes an der umfassenden Haftung des Hoteliers aus § 538 gerechtfertigt (RG J W 1 9 0 7 , 7 0 5 Nr 8; R G Z 1 6 9 , 8 4 m A n m ROQUETTE D R 1 9 4 2 , 9 7 2 ; B G H Z 6 3 , 3 3 3 ff [bes 3 3 6 f ] ; 7 1 ,
175, 177; BGH LM Nr 10 zu § 537 B G B ; OLG München HRR 1941 Nr 925; LG Hamburg NJW 1973, 2254; AG Garmisch-Partenkirchen ZMR 1968, 43; OLG Braunschweig NJW 1976,570 m abl Anm MENDEN 970 = JuS 1976, 534 f Nr 2; aA nur MITTELSTEIN 67 ff). Dasselbe gilt folglich für Pensionsverträge (BGHZ 71, 175; OLG Kiel H R R 1941 Nr 58 8). Für das Zustandekommen derartiger Verträge genügt grundsätzlich das bloße telefonische Reservieren von Zimmern (OLG Hamburg O L G E 22, 260; OLG Braunschweig aaO). Fällt später der Anlaß der Reservierung fort, so bedeutet dies keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage und gibt dem Mieter auch kein Rücktrittsrecht (OLG Braunschweig aaO). Jedoch kann sich uU aus einer Verkehrssitte ein Rücktrittsrecht ergeben (BGH NJW 1977, 385 ff). 60 bb) Die Belegungsverträge der Sozialversicherungsträger mit privaten Kurheimen, Gasthöfen oder Sanatorien sind ebenfalls Mietverträge, die idR jedes Jahr erneuert werden. Nach § 242 müssen jedoch die Sozialversicherungsträger ihre Absicht, die Verträge nicht mehr zu erneuern, rechtzeitig ihren Vertragspartnern anzeigen, um diesen eine Einstellung auf die neue Situation zu ermöglichen; andernfalls haften sie aus cic (OLG Hamm, Urt v 15. 6. 1976 - 7 U 174/75, S 10 ff; OLG Stuttgart, Urt v 26. 10. 1966 - 10 U 50/66). 61 cc) Die Belegarztverträge sind hingegen atypische Dauerrechtsverhältnisse mit Elementen der Miete oder Leihe, je nachdem ob sie entgeltlich sind oder nicht. Eine fristlose Kündigung dieser Verträge ist wie bei allen Dauerrechtsverhältnissen nur aus wichtigem Grunde möglich (BGH LM Nr 11 zu § 305 B G B m Anm HEPP NJW 1972, 1514 ff). 62 dd) Bei Verträgen über die Aufnahme von Patienten in Sanatorien und Kliniken und namentlich bei den Krankenhausaufnahmeverträgen steht die Behandlung der Patienten und damit das dienstvertragliche Element ganz im Vordergrund, so daß es sich bei ihnen in erster Linie um Dienstverträge, wenn auch mit starken, mietrechtlichen Elementen handelt (RG JW 1938, 1246 Nr 12; BGHZ 2, 94, 96; OLG Braunschweig O L G E 22, 255; OLG Hamm MDR 1954,166 Nr 126; DANIELS NJW 1 9 7 2 , 3 0 5 ; MUSIELAK JUS 1 9 7 7 , 8 7 ; UHLENBRUCH N J W 1 9 6 4 , 4 3 1 ; 1 9 7 3 , 1 3 9 9 ) . B e i
der Einweisung Pflichtversicherter kommt dieser Krankenhausaufnahmevertrag zwischen dem Krankenhaus und der Krankenkasse zustande. Er wird allgemein als Vertrag zugunsten des eingewiesenen Patienten angesehen, so daß der Krankenhausträger auch dem aufgenommenen Patienten vertraglich haftet (BGHZ 4 , 1 3 8 , 1 4 8 ff m Anm PAGENDARM LM Nr 4 zu § 278 B G B ) . Ebenso zu beurteilen sind Internatsverträge (LG Bonn MDR 1977, 313 m Anm WESTHELLE 841). Insbes sind auch sie Verträge zugunsten der Kinder (BGH NJW 1980, 1744). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(32)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 63-66
Für die Gestaltung der hier zustande kommenden Rechtsverhältnisse sind jetzt 63 maßgeblich vor allem das Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze v 2 9 . 7 . 1 9 7 2 (BGBl 1 1009) und die dazu ergangene BundespflegesatzVO v 25. 4. 1973 (BGBl I 333, 419; dazu zB ELSHOLZ, Kommentar zum KrankenhausfinanzierungsG und zur BundespflegesatzVO [1974]). Durch die genannten Gesetze ist der sog totale Krankenhausaufnahmevertrag zur Regel geworden. Aufgrund dieses Vertrages, der Elemente des Beherbergungs-, Kauf-, Werk- und Dienstvertrages umfaßt, schuldet das Krankenhaus sowohl die Krankenhausversorgung als auch die ärztlichen Leistungen, die im Wege zulässiger Substitution durch vom Krankenhaus angestellte Ärzte erbracht werden. Daneben können die Patienten jedoch mit den Ärzten einen Zusatzvertrag abschließen, wenn sie eine private Behandlung wünschen. In diesem Fall müssen die Krankenhauspflegesätze entsprechend ermäßigt werden, um eine doppelte Bezahlung der ärztlichen Leistungen durch die privaten Patienten zu verhindern (hierzu insbes GITTER, Zum Privatliquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte [1975]; UHLENBRUCK NJW 1 9 7 3 , 1 3 9 9 ; ders arztrecht 1973, 5 9 ; BUSSE arztrecht 1973, 185; WEISSAUER a r z t r e c h t 1 9 7 4 , 2 8 5 ; MUSIELAK JUS 1 9 7 7 , 87).
Die Haftung für das Abhandenkommen von Geld- oder Wertsachen der Patienten 63a können die Krankenhäuser durch ihre Geschäftsbedingungen nur wirksam einschränken, wenn sie dafür die Möglichkeit anbieten, die Gegenstände sicher zu verwahren; für grobe Fahrlässigkeit haften sie in jedem Fall (§§ 9, 11 Nr 7 AGBG; O L G Karlsruhe NJW 1975, 597; HENSEN, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, A G B G
[3. Aufl 1978] §§9-11 Anh Rz 897).
ee) Heimpflegeverträge sind gemischte Verträge aus Elementen der Miete und des 64 Dienstvertrages, wobei die dienstvertraglichen Elemente überwiegen (BGH NJW 1981, 341). Folglich können derartige Verträge bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 626, jedoch nur innerhalb der Fristen des § 626 Abs 2 fristlos gekündigt werden. Bei einer dadurch bewirkten, vorzeitigen Beendigung des Vertrages kann der aufgenommene Patient Rückzahlung des noch nicht abgewohnten Teils der von ihm geleisteten Einstandssummen verlangen (OLG Hamburg MDR 1973, 758 Nr 43; PALANDT-PUTZO Einf 3 a vor § 535). Unanwendbar ist hingegen § 624 (OLG Köln NJW 1980, 1395 ff).
e) Sonstige Verbindungen mit dienstvertraglichen Elementen
65
aa) Der Hausmeistervertrag ist grundsätzlich ein Dienstvertrag (NIENDORFF 8 ff), bei dem die Gegenleistung für die in erster Linie geschuldeten Dienste zT nicht in Geld, sondern in der Gewährung von Wohnung und Unterkunft besteht (sog doppeltypische oder Zwitterverträge, dh Austauschverträge mit anderstypischer Gegenleistung). Bei solchen Verträgen wird grundsätzlich jede einzelne Leistung nach den für sie maßgebenden Vorschriften beurteilt; ergänzend muß aber nach dem Gesamtinhalt der Abreden der Parteien stets noch geprüft werden, ob die danach zunächst maßgebliche Regelung auch auf den Vertrag als Ganzes angewendet werden kann (EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 289). bb) Auch bei den sog Dienstwohnungen wird die Überlassung der Wohnung häufig 66 nichts anderes als ein besonderes, zusätzliches Entgelt für die in erster Linie geschuldeten Dienstleistungen sein. Für diese Verträge enthalten jetzt die §§ 565 b bis 565 e eine Sonderregelung (für Beamte anders B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 252 zu § 535, zu den Heuerlingsverträgen s Vorbem zu § 581 Rz 70 f). (33)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 67-70 a 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
67 cc) Werkförderungsverträge* Unter Werkförderungsverträgen versteht man Abreden zwischen privaten oder öffentlichen Arbeitgebern und privaten Bauherren, durch die die Arbeitgeber den Bauherrn Mittel zur Errichtung von Wohnungen gegen das Recht zur Verfügung stellen, die damit errichteten Wohnungen mit ihren Arbeitnehmern zu belegen (LG Hamburg ZMR 1976, 332). Werkförderungsverträge sind keine Mietverträge, sondern Darlehen mit werkvertraglichen Elementen. Deshalb ist auf sie § 571 nicht anwendbar mit der Folge, daß bei Veräußerung des Grundstücks das Belegungs- oder Besetzungsrecht nicht gegen den Erwerber geltend gemacht werden kann (BGHZ 48, 2 4 4 , 2 4 6 m A n m SÖLLNER J Z 1 9 6 8 , 1 8 3 ) .
68 Werkförderungsverträge stellen grundsätzlich Verträge zugunsten der zukünftigen Mieter, der Arbeitnehmer des fördernden Arbeitgebers, dar (BGH NJW 1967, 2 2 6 0 ff; O L G Köln ZMR 1 9 7 1 , 3 3 9 ; L G Düsseldorf ZMR 1 9 7 1 , 1 7 9 ; HENSELER, ROQUETTE U OTTO aaO; STERNEL Rz III 59, IV 3 9 ) . Folglich ist eine Vereinbarung zwischen dem fördernden Dritten und dem Vermieter, nach der eine Erhöhung der Miete auch für den Fall ihrer preisrechtlichen Zulässigkeit ausgeschlossen sein soll, auch im Verhältnis zwischen dem Vermieter und Mieter selbst dann wirksam, wenn die Form des § 566 nicht gewahrt ist (BGH WarnR 1965 Nr 222). 69 Die Werkförderungsverträge enthalten in aller Regel zugunsten der Mieter neben solchen Beschränkungen der Miethöhe auch Kündigungsbeschränkungen. Jedoch enden diese Beschränkungen, sofern nicht ausdrücklich und unmißverständlich das Gegenteil vereinbart ist, grundsätzlich mit Ablauf des Belegungsrechts, nicht jedoch mit einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehns (BGH LM Nr 4 zu § 157 [Gg] BGB; WarnR 1 9 7 0 Nr 1 9 6 ; STERNEL Rz I V 3 9 ) . Nach Erlöschen des Belegungsrechts besteht die Kündigungsbeschränkung nur ausnahmsweise fort, wenn aufgrund einer unmißverständlichen Abrede die Kündigung auch weiterhin der Zustimmung des Darlehnsgebers bedürfen soll (BGH WarnR 1971 Nr 46). Bei der Beurteilung der Mietpreisbindung muß man im übrigen im einzelnen zwischen Förderungsverträgen der öffentlichen Hand und Werkförderungsverträgen mit privaten Geldgebern unterscheiden. 70 Bei Förderungsverträgen der öffentlichen Hand ist Art X § 3 AbbauG 1960 zu beachten. Hiernach wird eine im Werkförderungsvertrag vereinbarte Mietpreisklausel bei öffentlich gefördertem Wohnraum kraft Gesetzes in dem Sinne umgestaltet, daß statt der vereinbarten Miete die preisrechtlich zulässige Miete als vereinbart gilt. Bei anderem Wohnraum muß hingegen die fördernde Dienststelle einer Erhöhung des Mietzinses zustimmen, wenn andernfalls die Wirtschaftlichkeit des Wohnraums gefährdet wäre. Diese Regelung ist jedoch nicht auf Werkförderungsverträge privater Geldgeber anzuwenden (BGH LM Nr 2 zu AbbauG 1960; bestätigt durch BGH NJW 1967, 2260). 70a Seit Inkrafttreten des § 87 a des 2. WohnungsbauG ist Art X § 3 AbbauG in den dort genannten Fällen nicht mehr anzuwenden. Folglich kann seit 1. 8. 1968 in diesen Fällen der Vermieter durch einseitige schriftliche Erklärung gegenüber dem Mieter die Miete bis zur Kostenmiete erhöhen, deren Berechnung sich nach § 87 a Abs 2 des 2. WohnungsbauG richtet (s BGH LM Nr 25 zu § 18 1. BMG = ZMR 1970, 277; * Schrifttum: BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 193 ff zu § 535; BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des B G H z u m M i e t - u n d P a c h t r e c h t , W M 1 9 6 8 , 2 0 2 , 2 0 7 f; 1 9 7 0 , 2 6 , 2 8 ; HENSELER M D R 1 9 6 4 , 3 6 4 ;
OTTO Betrieb 1 9 7 4 , 2 2 8 9 ; PALANDT-PUTZO Einf 11 b, ee vor § 5 3 5 ; ROQUETTE, W e r k f ö r d e r u n g s -
verträge als Verträge zugunsten Dritter, NJW 1967,2239; STERNEL RZ II 133, III 59, IV 39 (S 102, 227, 481).
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(34)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 70 b-75
S T E R N E L R Z I I I 59). An diese Kostenmiete bleibt der Vermieter auch bei vorzeitiger Darlehenstilgung gebunden, weil sich der Vermieter grundsätzlich von den vertraglichen Bindungen im Werkförderungsvertrag nicht durch vorzeitige Rückzahlung des Darlehens befreien kann (BGH WarnR 1970 Nr 196). Die Regelung des § 87 a des 2. WohnungsbauG verstößt nicht gegen die Art 3,14, 72 u 74 GG (BGH WarnR 1971 Nr 97).
Haben die Parteien vereinbart, daß den Mietverträgen stets die gesetzlich zulässige 70b Kostenmiete zugrunde zu legen ist, so ist der Vermieter an die jeweilige Fassung der 2. BerechnungsVO gebunden (BGH NJW 1975,731 = WuM 1976,44). Verlangt er von den Mietern eine danach unzulässige Miete, so kann der öffentliche Darlehensgeber Unterlassung verlangen (BGH aaO). Bei Werkförderungsverträgen mit privaten Geldgebern, die Mietpreisbindungen 71 enthalten, ist dem Vermieter nach § 19 Abs 1 des 1. BMG grundsätzlich jede Mieterhöhung verwehrt. Auch bei vorzeitiger Rückzahlung der Förderungsmittel erlischt also weder ein auf bestimmte Zeit eingeräumtes Besetzungsrecht des Geldgebers noch die vertraglich vereinbarte Mietpreisbindung (BGH LM Nr 17 zu § 607 BGB m Nachw). Gegen ein derartiges auf 20 Jahre befristetes Besetzungsrecht bestehen keine Bedenken; aber auch länger dauernde Bindungen des Vermieters sind möglich (BGH aaO). Verstößt der Bauherr gegen das ihn hiernach bindende Verbot einer Mietzinserhöhung und sind künftige Zuwiderhandlungen zu befürchten, so kann auch der private Darlehnsgeber Unterlassung verlangen (BGH NJW 1967, 2260 ff; LG Nürnberg-Fürth NJW 1967, 2264). Mieter, die mit dem Vermieter eine höhere als die hiernach zulässige Miete vereinbart 72 haben, können Rückzahlung der nicht geschuldeten Mietzinsteile verlangen, außer wenn sie wußten, daß der Vermieter von ihnen den höheren Mietzins nicht fordern darf (§§ 812 Abs 1, 814; BGH NJW 1967,2260,2262). Den Bereicherungsanspruch kann auch der private Darlehensgeber geltend machen. Bei Nichterfüllung der Pflichten aus dem Werkförderungsvertrag stehen dem 73 Darlehnsgeber gegen den Vermieter Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung zu (OLG Düsseldorf NJW 1965, 918 m Anm H E N S E L E R ; LG Wuppertal NJW 1965, 919). Übernimmt der Darlehnsgeber eine Mietausfallgarantie, so erstreckt sich diese grundsätzlich nur auf Ausfälle durch Leerstehen der Wohnung, nicht auf solche durch Zahlungsunfähigkeit des Mieters (BGH BB 1977, 66). f) Gemeinschaften und Gesellschaften*
74
aa) Gesamthandsgemeinschaften und Bruchteilsgemeinschaften können die gemeinsame Sache durchaus an ihre Mitglieder vermieten. Folglich kommt, wenn eine Sache aufgrund eines Beschlusses der Gemeinschaft einem der Mitglieder gegen Entgelt auf Zeit zum Gebrauch überlassen ist, dadurch stets konkludent ein Mietvertrag zwischen der Gemeinschaft und dem Mitglied zustande (so insbes BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB; Nr 9 zu § 745 BGB; Nr 22 zu § 538 BGB). Anders jedoch, wenn einer der Miteigentümer die Sache allein gebraucht, ohne daß hierüber ein Beschluß der Gemeinschaft vorläge: Dann bestimmt sich das Rechtsverhältnis allein nach den §§ 741 ff (BGH LM Nr 2 zu § 745 BGB; Nr 3/4 zu § 743 BGB). bb) Besonderheiten gelten für die Beziehungen zwischen Genossenschaften und 75 ihren Mitgliedern, namentlich für die Beziehungen zu Wohnungsbaugenossenschaften. Die Überlassung von Wohnungen durch diese an ihre Mitglieder kann sowohl auf * Schrifttum: MITTELSTEIN 7 8 f ; ROQUETTE § 5 3 5 R z 8 2 ff, 9 5 ff, 1 0 3 f f , 1 0 8 f f ; d e r s ,
Rechtscharakter des genossenschaftlichen Nutzungsvertrages, ZGenW 1958, 180. (35)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Der
Vorbem zu §§ 535, 536 76-80 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
der Satzung beruhen und deshalb ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis darstellen als auch - so idR - auf dem Abschluß eines Mietvertrages zwischen Gesellschaft und Mitglied beruhen (ROQUETTE aaO; LG Wiesbaden NJW1962,2352; LG Essen ZMR 1 9 7 2 , 1 1 ) . Im letzteren Fall ist der Vertrag grundsätzlich so lange unkündbar, wie der Mieter Mitglied der Genossenschaft ist. Auch die Tatsache, daß der Ehegatte nicht Mitglied ist, gibt der Genossenschaft kein Kündigungsrecht (STERNEL TZ 170). Endet die Mitgliedschaft, so hat dies nur dann die Beendigung des Mietvertrages zur Folge, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist (§158 Abs 2); in diesem Falle ist außerdem § 565 a Abs 2 zu beachten. Andernfalls kann die Genossenschaft nur nach § 564 b kündigen (STERNEL RZ IV 100). Auch ist § 571 anwendbar, so daß bei Veräußerung des Grundstücks durch die Genossenschaft der Erwerber in die bestehenden Mietverträge eintritt (§ 5 7 1 Rz 2 4 ; LG Wiesbaden aaO; LG Hagen NJW 1 9 6 0 , 1 4 6 8 , 1469 f m abl Anm BETTERMANN; LG Waldshut NJW 1959, 154 m abl Anm
LG Kassel WuM 1968, 4 5 ; ROQUETTE aaO). Schließlich hat jeder Mieter Anspruch auf Gleichbehandlung (BGH LM Nr 2 u 3 zu § 18 GenG). BETTERMANN;
76 g) Lizenzverträge und ähnliche Erscheinungen aa) Lizenzverträge über gewerbliche Schutzrechte und Urheberrechte sind im Kern Rechtspachtverträge (Vorbem 73 ff zu § 581), nicht Mietverträge, da ihr Gegenstand Rechte und nicht Sachen sind. Enthalten die Lizenzverträge über gewerbliche Schutzrechte oder know how Lizenznehmerbeschränkungen, so sind sie nur in den Grenzen der § § 2 0 und 21 GWB zulässig; außerdem bedarf dann stets der ganze Vertrag nach § 34 GWB der Schriftform (s eingehend EMMERICH, Kartellrecht [3. Aufl 1979] 145 f; ders NJW 1980, 1363). 77 Keine Berührung mit der Miete hat auch das sog Franchising, bei dem es sich im Kern um die Lizenzierung einer bestimmten Vertriebsidee handelt (s hierzu eingehend LOEWENHEIM, Warenzeichen und Wettbewerbsbeschränkung [1970] 99 ff; GROSSSKAUPY, Das Franchise-System [1968]; BEHR, Der Franchisevertrag [1976]; MACK,
Neuere Vertragssysteme in Deutschland [1975].
78 bb) Die sog Filmleihverträge zwischen Verleiher und Kinobesitzer sind urheberrechtliche Nutzungsverträge (s Vorbem 78 ff zu § 581) und Mietverträge nur insoweit, als es um den Gebrauch der überlassenen Filmkopie geht (BGH LM Nr 8 zu § 325 BGB; OLG Hamburg Recht 1 9 1 4 Nr 7 5 9 ; s dazu im einzelnen BRUGGER Ufita Bd 2 7 [1959] 189, B d 3 1 [ 1 9 6 0 ] 1; ESSER-WEYERS I I 1 § 2 4 I I I ; KOPPENSTEINER Z H R B d 129 [1969] 2 5 6 ; LAUFKE, Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Filmwirtschaft usw [1962]; LOEWENHEIM Ufita Bd 7 9 [ 1 9 7 7 ] 175). Der Herausgabeanspruch des
Verleihers richtet sich folglich nach § 556; seine Ersatzansprüche wegen Beschädigungen der Kopien verjähren in der Frist des § 5 5 8 (OLG Celle NJW 1 9 6 5 , 1 6 6 7 ) . Das Einspielrisiko trägt der Mieter (KG Ufita Bd 6 7 [1973] 2 2 0 , 2 2 7 ; BGH aaO). Für Wettbewerbsbeschränkungen in solchen Verträgen gelten uneingeschränkt die §§ 1 bzw 15 und 18 GWB; die §§ 20,21 und 34 GWB finden keine Anwendung (s Vorbem 8 2 f zu § 5 8 1 mN). 79 Der sog FilmverwertungsveTtrag zwischen dem Hersteller und dem sog Verleiher ist ebenfalls ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag (RGZ 106, 362; 118, 288, 290; BGHZ 2, 331, 333 ff). Und Werkvertrag ist schließlich der zwischen Kinobesitzer und Dritten geschlossene Kinowerbevertrag (LG München NJW 1965, 1533). 80 h) Sonstige Einzelfälle aa) Bei Besuchen von Restaurants und sonstigen Vergnügungsstätten tritt das Mietvertragselement gegenüber dem Kauf- oder Werkvertragselement ganz in den Hintergrund (LEONHARD II 1 3 8 ; MITTELSTEIN 6 9 f). Eine Einschränkung der Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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Vorbem zu §§ 535, 536 81-86
3. Titel. Miete. Pacht
Haftung des Wirts für Garderobe ist nur noch in engen Grenzen möglich (HENSEN in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGBG [3. Aufl 1978] §§ 9-11 Anh Rz 386). bb) Verträge über die Benutzung von Vergnügungseinrichtungen wie Schiffschau- 81 kein, Kegelbahnen oder Autoscooter sind in erster Linie Miete, so daß vor allem die Benutzer den umfassenden Schutz des § 538 genießen (BGH LM Nr 5 zu § 538 BGB = J u S 1 9 6 2 , 2 8 5 N r 7; L M N r 19 zu § 5 3 7 B G B m A n m TRENCK-HINTERBERGER J u S 1 9 7 5 , 5 0 1 ; OLG Köln NJW 1964, 2 0 2 0 ; ESSER-WEYERS II 1 § 2 4 I). Schließt eine
Gesellschaft von Keglern einen Mietvertrag mit einem Gastwirt ab, so sind sämtliche Kegler in die Schutzwirkungen dieses Mietvertrages einbezogen (BGH LM Nr 19 zu § 5 3 7 B G B m A n m TRENCK-HINTERBERGER a a O ) .
cc) Miete und nicht Verwahrung sind die Tresor- oder Schrankfachverträge, weil die 82 Bank hierdurch ihren Kunden in erster Linie den Gebrauch einer bestimmten Sache gewährt; freilich handelt es sich nicht um eine Raummiete iS des § 580 (RGZ141,99; MITTELSTEIN
20;
aM
ENNECCERUS-LEHMANN
§ 127
I
3;
LEONHARD I I
138).
Unabhängig von diesem Streit steht fest, daß die Bank verpflichtet ist, dem Kunden die Benutzung des Schrankfaches zur Aufbewahrung von Gegenständen zu gestatten und darüber zu wachen, daß Unbefugte keinen Zugang erhalten. Bei Verletzung dieser Pflichten ist die Bank ersatzpflichtig. Zusätzliche persönliche Verwahrungsund Sorgfaltspflichten übernimmt die Bank hingegen nicht. Dementsprechend ist der Kunde idR Alleinbesitzer des Schrankfachinhalts (OLG Oldenburg NJW 1977, 1 7 8 0 f m abl A n m O WERNER JUS 1 9 8 0 , 175).
dd) Mietvertrag ist auch ein Vertrag über die Benutzung fremder Anschlußgleise oder 83 der Vertrag, durch den der Grundstücksinhaber einem Dritten das Campieren auf seinem Grundstück erlaubt (OLG Koblenz N J W 1 9 6 6 , 2 0 1 7 m Anm HOFFMANN N J W 1 9 6 7 , 5 0 ; WEIMAR Versicherungswirtschaft 1973, 9 5 0 ) . Bei einer unebenen Spielwiese trifft jedoch den Grundstückseigentümer keine zusätzliche Verkehrssicherungspflicht (LG Verden VersR 1976, 2 9 9 m Anm GAISBAUER VersR 1977, 144).
ee) Bei Verträgen über die Benutzung von Verpackungsmaterial kommen sowohl 84 Kauf wie Miete als auch atypische Verträge oder unregelmäßige Verwahrung in B e t r a c h t (s ENNECCERUS-LEHMANN § 127 I 1; MITTELSTEIN 5 7 f).
ff) Bei allen Beförderungsverträgen steht das Werkvertragselement ganz im Vorder- 85 grund, so daß auch nicht ergänzend Mietrecht auf sie anzuwenden ist. Das gilt auch bei den Verträgen über die Benutzung eines Schlafwagens oder einer Schiffskabine (MITTELSTEIN 6 9 f). Hingegen ist die vorübergehende Nutzung einer Wohnung oder eines Hauses aufgrund eines Träger-Bewerbervertrages Miete (BGHZ 56, 136 ff) oder Pacht (Vorbem 72 zu § 581). Ebenso die Bereitstellung eines Gerüsts (OLG Düsseldorf VersR 1974, 113). gg) Die Sondernutzung öffentlicher Sachen, zB zur Aufstellung von Ständen und zu 86 ähnlichen Zwecken, ist heute durch die neuen Wege- und Straßengesetze des Bundes und der Länder ausschließlich ins öffentliche Recht verwiesen worden, so daß insoweit Mietverträge nicht mehr angenommen werden können. Dadurch wird es jedoch nicht ausgeschlossen, auf das öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis ergänzend schuldrechtliche und namentlich mietrechtliche Vorschriften anzuwenden. Insbesondere die Haftung des Eigentümers wird bei diesen öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnissen ebenso wie im Privatrecht zu beurteilen sein (BGHZ 2 1 , 2 1 4 ; 5 4 , 2 9 9 ; 59, 3 0 3 ; 6 1 , 7 = J u S 1 9 7 1 , 2 1 4 N r 14; 1 9 7 3 , 1 1 3 N r 4 ; 1 9 7 4 , 4 8 N r 1; B G H N J W 1973, 2 1 0 3 ; 1 9 6 4 , 4 5 6 ; BREHM J u S 1 9 7 5 , 9 0 ; GÖTZ J u S 1 9 7 1 , 3 4 9 ; OSSENBÜHL D V B 1 1 9 7 3 , 2 8 9 ; RÜFNER D Ö V 1973, 8 0 8 ; SCHWARZE J u S 1974, 6 4 0 ; STORNER JUS 1973, 7 4 9 ; ZULEEG JUS 1 9 7 3 , 37). (37)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 87-91 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse 87 hh) Nur die Konzessionsverträge über die Verlegung von Schienen und Leitungen in öffentlichen Straßen sind durch § 8 Abs 10 B F e r n S t r G und die entsprechenden Vorschriften der neuen Straßen- und Wegegesetze der Länder ins Privatrecht verwiesen (EMMERICH B B 1 9 7 3 , 1 2 6 9 ff; MALZER, Das Wege-, Preis- und Kartellrecht in der Energieversorgung [ 1 9 6 6 ] 3 8 ff). Derartige Konzessionsverträge sind gemischte Verträge mit vorwiegend mietvertraglichen Elementen ( R G Z 8 8 , 1 4 ; 108, 2 0 4 ; aM O L G Hamburg M D R 1 9 7 6 , 1 4 2 bei einmaliger Zahlung von lediglich D M 1 0 0 , - ) . Wirtschaftlich gesehen bilden den Kern der Konzessionsverträge jedoch die von den Gemeinden gegen Zahlung sehr hoher Konzessionsabgaben durchweg übernommenen Ausschließlichkeitsbindungen zugunsten der Versorgungsunternehmen, denen jeweils die Verlegung von Leitungen oder Schienen gestattet wurde (s EMMERICH a a O ; ders, Kartellrecht [3. Aufl 1 9 7 9 ] 2 9 6 f m Nachw). 8 8 ii) D a s Fernsprechverhältnis ist heute ausschließlich öffentlich-rechtlich konstruiert ( B G H Z 39, 35, 3 6 : mietähnliches öffentlich-rechtliches Wiederkehrschuldverhältnis; eingehend AUBERT, FernmeldeR B d I [3. Aufl 1 9 7 4 ] 152 ff, 1 8 4 ff). Auch der Vertrag über die Überlassung eines Fernsprechanschlusses ist kein Mietvertrag mehr. 8 9 jj) Verträge über die Überlassung von Flächen zur Anbringung von Reklametafeln sind Mietverträge. Handelt es sich um Wand- oder Dachflächen von Gebäuden, so liegt eine Grundstücksmiete vor (s § 5 7 1 R z 14 ff, § 5 8 0 R z 1 ff; zB O L G Frankfurt B B 1970, 7 3 1 ; O L G Hamm M D R 1976, 143 f). Handelt es sich jedoch um Fahrzeuge, z B um Straßenbahnen oder Omnibusse, deren Außenflächen vermietet werden, so kommen werkvertragliche Elemente hinzu; das mietvertragliche Element dürfte indessen eindeutig überwiegen. Ein langfristiger Vertrag über die Überlassung aller zukünftigen derartigen Reklamemöglichkeiten ist grundsätzlich nicht sittenwidrig ( B G H L M Nr 5 zu § 138 [Bc] B G B ; s auch BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 2 6 3 zu § 5 3 5 ) .
90 i) Die Verbindung von Miete und Kauf Miete und Kauf können in beliebiger Weise miteinander kombiniert werden oder aufeinander folgen (s insbes MITTELSTEIN 81 ff). So kann der Vermieter als Nebenleistung die Verpflichtung zur Lieferung von Wasser oder Energie wie zB Dampf übernehmen. Ist hier nichts anderes vereinbart, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß diese Nebenleistungen schon mit dem Mietzins abgegolten sind (s ROQUETTE N J W 1 9 5 3 , 5 7 3 ) . Anders jedoch, wenn die zusätzlichen Leistungspflichten zur weiteren Hauptleistungspflicht des Vermieters werden. Dann muß der Mieter hierfür auch ein zusätzliches Entgelt zahlen.
III. Abschluß und Inhalt des Mietvertrages 91 1. Das Zustandekommen des Vertrages* a) Abschluß aa) Für die Haftung der Parteien aus cic gelten keine Besonderheiten (s EMMERICH, Leistungsstörungen 32 f; ders, in: MünchKomm Vorbem 85 f zu § 2 7 5 ; SCHMIDTFUTTERER a a O ; BRAXMAIER W M 1968, 2 0 2 ; 1976, 2). Folglich trifft den Vermieter * Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 2 6 ff zu § 5 3 5 ; MITTELSTEIN 8 9 ff, 1 3 4 ff; NIENDORFF
48 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 25 ff; ders, Mietrecht, s v Mietvertrag und Vorverhandlungen; STERNEL R z I 7 ff ( S 4 ff).
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 92-94
eine Aufklärungspflicht hinsichtlich derjenigen Eigenschaften und Rechtsverhältnisse, die für den Mieter erkennbar von besonderer Bedeutung sein können (BGH LM Nr 14 zu § 276 [Fa] BGB = JuS 1963, 411 Nr 1; WM 1980,1365 f; LG Mannheim DWW 1977,186 f; OLG Hamm, Urt v 31. 1.1978 - 7 U 92/77, S 8 ff). Dazu gehört insbes die Höhe der zu erwartenden Nebenkosten (LG Frankfurt WuM 1979, 24). Außerdem ist der Vermieter schon während der Vertragsverhandlungen gegenüber dem Mieter und dessen Angehörigen zu Schutz und Fürsorge verpflichtet, so daß er namentlich bei einer Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht dem Mieter und dessen Angehörigen nicht nur aus Delikt, sondern auch vertragsähnlich aus cic haftet. In jedem Fall beschränkt sich jedoch die Ersatzpflicht des Vermieters grundsätzlich auf das negative Interesse, so daß der Mieter nur verlangen kann, so gestellt zu werden, als ob keine Verhandlungen erfolgt wären (LG Mannheim MDR1971,49 Nr 46 = ZMR1971,133; DWW 1976,88 = ZMR1976,243 f). Umgekehrt treffen den Mieter bei Übergabe der Sache vor Vertragsschluß dieselben Obhuts- u. Fürsorgepflichten wie nach Vertragsschluß (BGH LM Nr 39 zu § 278 BGB; BB 1977. 121). Schließlich kann auch ein Makler aus cic haften, wenn er im Interesse des Vermieters den Mieter über die angemessene Höhe des Mietzinses täuscht (LG Hamburg MDR 1978,493 = WuM 1978,118). Soweit es sich aber um Mängel der Mietsache handelt, enthalten die §§ 537 ff eine die cic ausschließende Sonderregelung (grdleg BGH NJW 1980, 777 = WM 1980, 312, 316). bb) Der Mietvertrag ist erst zustande gekommen, wenn sich die Parteien über 92 sämtliche Punkte geeinigt haben, über die nach dem Willen auch nur einer Partei eine Einigung herbeigeführt werden soll (STERNEL RZ I 30). Dafür genügt jedoch grundsätzlich die Einigung über die sog essentialia des Geschäfts, dh über Gegenstand und Dauer des Vertrags sowie über den Mietzins (BGHZ 55, 248, 249; BGH ZMR 1963, 82; OLG Hamburg ZMR 1974, 242). Eine wirksame Bindung der Parteien liegt also nur vor, wenn zumindest diese Punkte bestimmt oder doch bestimmbar sind. Dies gilt auch für Verlängerungsverträge. Fehlt eine Einigung über die Nebenkosten, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß diese mit dem Mietzins abgegolten sein sollen. Bleibt jedoch nur deren Höhe offen, während Einigkeit über ihre gesonderte Vergütung besteht, so gelten die §§ 315 ff (LG Mannheim WuM 1976, 92 f; LG Osnabrück WuM 1976, 93 f). Haben sich die Parteien nur darauf geeinigt, daß ein Gegenstand entgeltlich 93 vorübergehend zum Gebrauch überlassen werden soll, während eine Abrede über die Höhe des Mietzinses nicht getroffen worden ist, so ist (entsprechend den §§612 Abs 2 und 632 Abs 2) davon auszugehen, daß die ortsübliche Vergütung gelten soll (KG NJW 1955, 949; GITTER 13; ROQUETTE § 535 Rz 238 m Nachw; nach anderen sind hingegen die §§ 315 und 316 anzuwenden: so RG LZ 1914, 1027; MITTELSTEIN 143 ff; STERNEL Rz I 25). Behalten die Parteien hingegen die Höhe des Mietzinses ausdrücklich einer späteren Einigung vor, so muß diese Vertragslücke im Wege der ergänzenden Auslegung geschlossen werden, wenn sich die Parteien tatsächlich später nicht zu einigen vermögen (aM RG JW 1913,1102, wonach in diesem Fall der Vertrag gemäß § 154 nichtig sein soll). cc) Ist eine Sache vorübergehend zum Gebrauch ohne Vertragsschluß überlassen 94 worden, so ist das Verhältnis nach Bereicherungsrecht abzuwickeln. Der Bereicherungsanspruch (§§ 812 Abs 1 S 1, 818 Abs 2) geht auf Wertersatz und wird deshalb idR dem objektiven Mietwert der Sache entsprechen (vgl zB zuletzt OLG Köln MDR 1 9 7 6 , 3 9 8 f Nr 4 6 ) . Ausnahmen müssen jedoch bei Minderjährigen zur Vermeidung von Vertragsfallen gemacht werden (s EMMERICH, Schuldrecht BT [2. Aufl 1976] §§ 1 6 - 1 8 ) . (39)
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Vorbem zu §§ 535, 536 96-100 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
96 ee) Ein konkludenter Abschluß des Mietvertrages ist namentlich anzunehmen, wenn ein Gegenstand zum Gebrauch unter Umständen überlassen wird, die die Annahme der Unentgeltlichkeit des Geschäfts ausschließen (vgl zB RG Gruchot 68, 62). Hingegen ist diese Annahme ausgeschlossen, wenn eine Partei ausdrücklich erklärt, die Überlassung erfolge nur vorläufig bis zum endgültigen Abschluß des Mietvertrages (OLG Königsberg HRR 1942 Nr 625), oder wenn der Mieter entgegen dem Willen des Vermieters eingezogen ist und der Vermieter sofort dem Einzug widersprochen hat (OLG Königsberg HRR 1941 Nr 19). Haben die Parteien Schriftform vereinbart, so ist jedenfalls nach Überlassung der Sache an den Mieter grundsätzlich davon auszugehen, daß die Wirksamkeit des Vertrages von dessen Beurkundung nicht abhängen soll (s AG Itzehoe WuM 1979, 259). 97 ff) Für die Auslegung von Mietverträgen gelten keine Besonderheiten (§§ 133, 157, 2 4 2 ; im einzelnen MITTELSTEIN 2 3 3 ff; NIENDORFF 8 8 ff). Einen Grundsatz, daß Mietverträge in der Regel gegen den Vermieter auszulegen seien, gibt es (selbstverständlich) nicht. Verwendet indessen der Vermieter Formularverträge, so greifen ergänzend die Grundsätze über die Auslegung und Inhaltskontrolle von Geschäftsbedingungen ein, wie sie sich aus dem AGB-Gesetz von 1976 ergeben (vgl zB BUB-GRAF VON WESTPHALEN, Das AGB-Gesetz und seine Auswirkungen auf das Mietvertragsrecht; HENSEN, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGBG [3. Aufl 1978] §§ 9 - 1 1 Anh Rz 5 0 0 f). 98 b) Sowohl auf der Seite des Vermieters als auch auf der Seite des Mieters können mehrere Personen beteiligt sein. Vermieter oder Mieter sind dann Gesamtschuldner u n d G e s a m t g l ä u b i g e r ( § § 4 2 7 u n d 4 3 2 ; s SOERGEL-MEZGER §§ 5 3 5 - 5 3 6 R z 2 7 - 4 8 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 2 7 I I I ; ERMAN-SCHOPP § 5 3 5 R z 1 4 - 1 6 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 6 , 3 2 1 ; B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 2 8 8 ff zu § 5 3 5 ; STERNEL RZ I 7 f).
99 aa) Die mehreren Vermieter können in einer Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft stehen. Immer bilden Abschluß und Kündigung eines Mietvertrages grundsätzlich eine Verwaltungshandlung iS der §§ 2 0 3 8 und 7 4 5 , so daß hierüber durch Mehrheitsbeschluß zu entscheiden ist. Nach hM haben derartige Mehrheitbeschlüsse nicht nur Innen-, sondern auch Außenwirkung, so daß die Mehrheit aufgrund des wirksamen Beschlusses über die Verwaltungsmaßnahme die Minderheit auch vertreten und folglich den Mietvertrag abschließen oder kündigen kann; die Mehrheit braucht maW nicht zuvor gegen die Minderheit auf Mitwirkung bei Abschluß des Mietvertrages oder bei dessen Kündigung zu klagen (BGHZ 5 6 , 4 7 , 4 9 ff m Nachw; B G H L M N r 1 zu § 2 0 3 8 B G B ; PALANDT-THOMAS § 7 4 5 A n m 1; PALANDT-KEIDEL § 2 0 3 8 Anm 1 a, 3 b u bes 3 c m Nachw; SCHOPP ZMR 1 9 6 7 , 1 9 3 ff m Nachw; aM zB LG Mannheim ZMR 1 9 6 6 , 1 7 8 ; LG Berlin WuM 1 9 7 9 , 2 5 ; STERNEL RZ I 12, SIEGELMANN ZMR 1 9 6 6 , 2 9 3 ) . Hingegen kann ein Miterbe allein die gemeinsame
Sache auf keinen Fall vermieten; ein solcher Vertrag begründet daher kein Besitzrecht für den Mieter (AG Stuttgart ZMR 1979, 117). Bilden die mehreren Vermieter hingegen eine Gesellschaft, so richtet sich die Zuständigkeit zum Abschluß und zur Kündigung des Mietvertrages allein nach der jeweiligen Regelung von Geschäftsführung und Vertretung (s ROQUETTE § 5 3 5 Rz 8 2 ff m Nachw). Auch wenn die Vermieter eine Bruchteilsgemeinschaft bilden, ist die Mietzinsforderung auf eine im Rechtssinne unteilbare Leistung gerichtet, so daß nicht ein einzelner Teilhaber vom Mieter die Zahlung des Teiles des Mietzinses fordern kann, der seinem Anteil entspricht; jeder Teilhaber kann also nur Leistung an die Gemeinschaft verlangen (BGH LM Nr 1 zu § 743 BGB; Nr 46 zu § 387 BGB; aM KG OLGE 5, 26; 12, 66).
100 Hinsichtlich der Vermieterpflichten sind die mehreren Vermieter in jedem Fall Gesamtschuldner (RGZ 89, 176; BGH LM Nr 4 zu § 425 BGB; KG JW 1932, 3008 Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 101-105
Nr 9; OLGE 17, 1; 20, 107). Dies gilt auch dann, wenn die Vervielfältigung der Vermieterstellung dadurch eingetreten ist, daß das vermietete Grundstück nach Vertragsschluß erst an mehrere Miteigentümer veräußert worden ist (§ 571; BGH LM Nr 2 zu § 427 BGB). Eine Kündigung des Mieters muß allen Vermietern gegenüber erklärt werden und daher allen zugehen; sonst ist sie unwirksam (OLG Hamm Urt v 21. 5. 1974 - 4 U 213/73). bb) Auch mehrere Mieter sind Gesamtschuldner und Gesamtgläubiger (LG Kassel 101 WuM 1977, 255; §§ 427 u 431). Untereinander werden sie idR eine BGBG e s e l l s c h a f t b i l d e n (SCHOPP a a O ; STERNEL RZ 1 1 4 ; O L G H a m m B B 1 9 7 6 , 5 2 9 ; U r t v
6. 4. 1976 - 7 U 65/75, S 15 ff; LG Berlin NJW 1952, 30; aM LG Heidelberg WuM 1977,31 f). Das Mietverhältnis bildet hier eine Einheit, so daß es vom Vermieter stets nur einheitlich gegenüber allen Mietern, niemals nur gegenüber einem einzigen Mieter gekündigt werden kann; eine Kündigung zB nur gegenüber einem der mehreren Mieter, der in Konkurs gefallen ist ( § 1 9 KO), ist nicht zulässig (RGZ 90, 3 2 8 , 3 3 1 ; 9 7 , 7 9 , 8 1 ; 1 3 8 , 1 8 3 , 1 8 6 ; 1 5 0 , 1 9 3 , 2 0 4 ; B G H Z 2 6 , 1 0 2 , 1 0 3 ff; B G H L M
Nr 5 zu § 539 BGB; Nr 6 zu § 425 BGB; WM 1972, 136). Davon muß die andere Frage unterschieden werden, ob sich die Mieter einen Kündigungsgrund, der nur in der Person eines von ihnen vorliegt, zurechnen lassen müssen, so daß auch ihnen gegenüber die (stets nur einheitlich mögliche) Kündigung zulässig ist. Diese Frage läßt sich nicht einheitlich beantworten; vielmehr kommt es auf die Auslegung der jeweiligen Kündigungsvorschrift und vor allem auf die des Vertrages an. IdR ist die Frage jedoch zu verneinen (s RGZ 90, 328, 331; 138, 183, 186; 141, 391, 393; BGHZ 26,102,104 ff). Folglich ist die Kündigung grundsätzlich nur wirksam, wenn sie auch allen Mietern zugeht (BGH LM Nr 6 zu § 425 BGB). Aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses folgt weiter, daß grundsätzlich auch der 102 einzelne Mitmieter nicht für sich allein kündigen kann; das gilt auch, wenn die Mieter zB Miterben sind (SCHOPP ZMR 1967, 193, 196). Eine Ausnahme wird nur zugunsten des Konkursverwalters anerkannt, um im Konkurs eines Mitmieters dem Konkursverwalter die Möglichkeit zu geben, die Konkursmasse von der Belastung mit dem Mietvertrag zu befreien (OLG Celle Betrieb 1974,1109; vgl auch B G H Z 26, 102,107). Unberührt hiervon bleibt das Recht jedes einzelnen Mitmieters, allein auf Feststellung der Wirksamkeit des Mietvertrages zu klagen (RG LZ 1915,518,519 Nr 7). Hinsichtlich der Mieterpflichten sind die Mitmieter Gesamtschuldner, so daß 103 Vertragsverletzungen grundsätzlich nur für und gegen den Mitmieter wirken, der sie begangen hat. Wenn jedoch die Rückgabepflicht der Mitmieter vertragsgemäß nur durch Mitwirkung eines von ihnen erfüllt werden kann, so haftet dieser als Gesamtschuldner auch für die schuldhafte Verletzung der Rückgabepflicht durch einen der anderen Mitmieter (BGHZ 65, 226, 228 f). c) Das Gesagte gilt uneingeschränkt auch für den Fall, daß Ehegatten gemeinsam eine 104 Wohnung vermieten oder mieten. Die früher vielfach vertretene Sonderbehandlung der Ehefrau als Mitmieterin ist heute unhaltbar (SIEGELMANN ZMR 1968, 260; HOPPMANN B 1 G B W 1 9 6 7 , 9 4 ; WEIMAR Z M R 1 9 6 4 , 1 2 9 ; NOACK W u M 1 9 7 0 , 2 ; 1 9 6 9 , 2 ; MITTELSTEIN 8 9 f f , 9 7 f f ; LEONHARD I I 1 3 9 f f ; STERNEL RZ I 1 1 ) .
aa) Ist die Ehe erst geschlossen worden, nachdem einer der Ehegatten die Wohnung 105 gemietet hatte, so ist der Mieter berechtigt, seinen Ehegatten und dessen Kinder ebenso wie sonstige Angehörige in die Wohnung aufzunehmen. Dies ist kein Fall des § 549, sondern fällt in den Rahmen des vertragsmäßigen Gebrauchs, so daß der Vermieter der Aufnahme der Angehörigen nicht widersprechen kann (§ 550; s § 549 Rz 3 m Nachw; HUMMEL ZMR 1975, 291; LG Aachen ZMR 1968, 307). Eine Ausnahme kommt jedoch in Betracht, wenn es sich um Ein-Zimmer-Appartements (41)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 106-109 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
handelt, die bestimmungsgemäß allein an ledige Personen abgegeben werden (LG Hamburg JZ 1951, 720). Ebenso büßen die Angehörigen jedes Recht zur weiteren Benutzung der Wohnung ein, wenn der mietende Ehegatte ausgezogen ist (LG Stuttgart ZMR 1956, 274; LG Mainz NJW 1953, 1207; KÜRZEL ZMR 1965, 97 f). 106 Der Eintritt des Ehegatten in den Mietvertrag bedarf stets eines besonderen Vertragsschlusses mit dem Vermieter. Die Ehegatten sind von diesem Augenblick an Gesamtschuldner und Gesamtgläubiger, so daß für ihr Verhältnis zum Vermieter das oben über die Rechtsstellung mehrerer Mieter Gesagte gilt (Rz 101 ff, u Rz 109 f). 107 bb) Schließt nur einer der beiden Ehegatten den Mietvertrag ab, so wird er auch allein Mieter. Der andere Ehegatte und die Kinder sind aber in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen, so daß auch ihnen vertragliche Ersatzansprüche gegen den Vermieter zustehen, insbes aufgrund des § 538 bei Körperverletzungen infolge von Mängeln der gemieteten Wohnung oder Räume (zuletzt OLG Hamm FamRZ 1977, 318 ff; SCHOPP ZMR 1962,257; WEIMAR ZMR 1954,65; EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrecht [1974] 312 ff; ders, Schuldrecht BT [2. Aufl 1976] § 7 III).
107a Der Gleichberechtigung der Ehepartner entspricht es in diesem Fall allein, auch dem anderen Ehepartner Besitz an der Ehewohnung zuzusprechen (BGHZ 12, 388, 3 9 9 f; 7 1 , 2 1 6 , 2 2 2 f; LG Mainz NJW 1 9 5 3 , 1 1 0 7 , 1 1 0 8 ) . Auch hat der andere Ehegatte stets bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils ein Besitzrecht an der gemeinsamen Wohnung (BGHZ 71, 2 1 6 , 2 2 2 f = NJW 1978, 1 5 2 9 ) . Aus dem Gesagten folgt mit Notwendigkeit, daß - entgegen der hM (GITTER 8; OLG Hamm NJW 1 9 5 6 , 1 6 8 1 ; LG Tübingen NJW 1 9 6 4 , 2 0 2 1 f; OLG Köln NJW 1 9 5 8 , 5 9 8 f) für die Räumungsvollstreckung gegen die Eheleute ein Titel gegen den MieterEhegatten allein nicht genügt (OLG Hamburg MDR 1 9 7 0 , 7 6 9 ; HOPPMANN aaO m Nachw). Aufgrund seines Mitgewahrsams kann der andere Ehegatte vielmehr, wenn gegen ihn kein Titel vorliegt, gegen die Zwangsvollstreckung nach § 766 ZPO Erinnerung einlegen ( B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 2 9 0 zu § 5 3 5 ; STERNEL RZ I 11). 108 Das Rechtsverhältnis zwischen den Ehegatten ist bei dieser Fallgestaltung umstritten. Der natürlichen Anschauung entspricht es jedoch allein, ein rein familienrechtliches Verhältnis aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft anzunehmen. 109 cc) Wenn beide Ehegatten zusammen den Mietvertrag abgeschlossen haben, wurde früher vielfach ein bloßer Schuldbeitritt der Ehefrau oder ein sog akzessorisches Mietverhältnis hinsichtlich der Ehefrau angenommen, so daß eine Kündigung nur durch oder gegen den Ehemann zu erfolgen brauchte und ein Titel allein gegen den Ehemann für die Räumungsvollstreckung genügte (so zuletzt OLG Frankfurt MDR 1969, 852 f = ZMR 1970, 177; OLG Köln NJW 1958, 598 f; MITTELSTEIN 105 ff). Diese Konstruktionen, für die schon früher jede Grundlage fehlte, sind spätestens seit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgrundsatzes unhaltbar geworden. Wenn die Ehegatten gemeinsam den Mietvertrag abschließen, so gilt nichts anderes als bei sonstigen Vertragsschlüssen durch mehrere Mieter (LG Kassel WuM 1977, 255; aM GELHAAR aaO). Vor allem eine Kündigung kann daher nur gegenüber beiden Ehepartner gemeinsam erfolgen (LG Frankfurt NJW 1958, 592 m Anm BREETZKE). Eine Kündigung nur durch einen oder nur gegenüber einem der Ehegatten ist nicht möglich. Die übliche gegenseitige Bevollmächtigung der Ehegatten in den Mietvertragsformularen dürfte hieran nichts ändern, da sie sich grundsätzlich nicht auf so grundlegende Entscheidungen wie die Kündigung des Mietvertrages erstreckt (AG Mannheim WuM 1976, 184; AG Hamburg WuM 1977, 165; LG Hamburg WuM 1977, 184 f; aM zu Unrecht LG Berlin MDR 1970, 54 Nr 69). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 110-115
Doch darf natürlich die besondere Art des Verhältnisses der beiden Mieter nicht 1 1 0 unberücksichtigt bleiben, so daß die Auslegung des Vertrages im Einzelfall durchaus ergeben kann, daß Kündigungsgründe, die nur in der Person eines der Mieter vorliegen, zur Kündigung des Mietverhältnisses insgesamt berechtigen. Das gilt nicht nur zugunsten des Vermieters, sondern ggf auch zugunsten der Mieter, so daß diese z B nach § 5 7 0 kündigen können, auch wenn nur einer von ihnen Beamter ist und versetzt wird (s § 5 7 0 R z 17 ff m Nachw). Entsprechend kann der Konkursverwalter im Falle des Konkurses eines der Ehepartner nach § 19 K O den gesamten Mietvertrag kündigen; der andere Ehepartner haftet dann aber nicht auf Schadensersatz nach § 19 Abs 2 K O ; dieser Ersatzanspruch richtet sich vielmehr allein gegen den in Konkurs gefallenen Ehepartner ( O L G Celle N J W 1 9 7 4 , 2 0 1 2 f). Aus der gesamtschuldnerischen Haftung der Ehegatten für alle Schulden aus dem 1 1 1 Mietverhältnis folgt außerdem, daß der eine Ehegatte, selbst wenn er ausgezogen ist, nach § 5 5 7 dem Vermieter weiter haftet, wenn der andere wohnen bleibt, ohne Rücksicht auf die Frage, ob die E h e geschieden ist oder nicht ( L G Mannheim D W W 1 9 7 3 , 1 9 = Z M R 1973, 3 0 3 Nr 38). Für die Zwangsvollstreckung ist in diesen Fällen stets ein Titel gegen beide Ehegatten erforderlich ( O L G Köln N J W 1954, 1 8 9 5 ) . Das Rechtsverhältnis zwischen den Ehegatten, die gemeinsam gemietet haben, ist 1 1 2 umstritten. E s findet sich die Annahme eines gesellschaftsähnlichen Verhältnisses, einer Gemeinschaft iS der §§ 741 ff und eines rein familienrechtlichen Verhältnisses (s inbes ROQUETTE § 5 3 5 R z 61 ff). Haltbar dürfte jedoch allein die Annahme eines rein familienrechtlichen Verhältnisses sein (so auch die hM, zB K G M D R 1 9 6 0 , 586). dd) Besonders umstr war früher die Rechtslage nach Scheidung der E h e (s insbes 1 1 3 MITTELSTEIN 109 ff). Nachdem hier der Große Senat des R G eine erste Klärung gebracht hatte ( D R 1 9 4 4 , 6 9 = D J 1 9 4 4 , 5 9 ) , erging am 2 1 . 10. 1 9 4 4 a l s 6 . D V O z u m E h e G die sog HausratsVO ( R G B l 1 2 5 6 ) , durch die die Gerichte ermächtigt wurden, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung nach der Scheidung der Ehe rechtsgestaltend zu regeln (s hierzu ROQUETTE § 5 3 5 R z 7 4 ff; PALANDT-DIEDERICHSEN, Anhang zu § 1587 p; HOFFMANN-STEPHAN, E h e G [2. Aufl 1 9 6 8 ] 7 9 5 ff; HOPPMANN B 1 G B W 1967, 3 6 ; L G Kassel W u M 1977, 2 5 5 ) . 2 . Vorvertrag, Anmietrecht, Vormiete und Option*
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a) Als Vorvertrag bezeichnet man einen Vertrag, durch den sich die Parteien zum Abschluß eines anderen Vertrages verpflichten. Aus dem Vorvertrag kann daher jede Partei gegen die andere auf Abgabe der zum Abschluß des Hauptvertrages erforderlichen Willenserklärungen klagen (§ 8 9 4 Z P O ; vgl B G H W M 1 9 7 1 , 4 4 ) . Jedoch ist zweifelhaft, ob die Kategorie des Vorvertrages überhaupt selbständige Bedeutung hat. In allen denkbaren Fällen können dieselben Zwecke auch durch einen aufschiebend bedingten Vertrag oder durch einen Vertrag, bei dem lediglich die Fälligkeit hinausgeschoben ist, erreicht werden (s FLUME A T B d 2 [3. Aufl 1 9 7 8 ] § 33, 7). aa) Trotz dieser Bedenken hält die Praxis auch Vorverträge zu Mietverträgen für 1 1 5 möglich. Für die Annahme eines Mietvorvertrages müssen jedoch besondere Gründe vorliegen, aus denen heraus die Parteien noch vor Zustandekommen eines Haupt-
* Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 3 0 3 ff zu § 5 3 5 ; GEORGIADES, in: F S Larenz ( 1 9 7 3 ) 4 0 9 ff; HENRICH, Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag ( 1 9 6 5 ) ; HEROLD G E 1 9 7 1 , 3 3 9 ; 1 9 7 4 , 4 8 0 ; KANIA Z M R 1 9 7 6 , 1; LORENZ, in: F S D ö l l e I, 1 0 3 ; ROQUETTE nach § 5 3 5 R z 1 ff; SCHMIDT-FUTTERER D W W 1 9 6 3 , 2 7 4 ; STERNEL RZ I 4 3 , 5 0 , 5 1 f. (43)
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Vorbem zu §§ 535, 536 116-118 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Vertrages bereits die Bindung zum Abschluß des künftigen Vertrages gewollt haben (BGH NJW1980,1577 f; OLG Braunschweig NJW1976,570; LG Mannheim MDR 1974, 48 Nr 45). Als ein derartiger Grund kommt vor allem in Betracht, daß im Augenblick dem Abschluß des Hauptvertrages noch irgendwelche Gründe entgegenstehen, die Parteien sich aber gleichwohl schon jetzt binden wollen (BGH LM Nr 40 zu § 256 ZPO; Nr 11 zu § 566 BGB; WM 1969, 919; LG Essen ZMR 1979, 143; BRAXMAIER WM 1970, 26 f). Grundsätzlich ist deshalb davon auszugehen, daß die Parteien bereits einen Hauptmietvertrag abschließen wollten, wenn sie sich gebunden haben, und daß es, wenn dieser Vertrag nicht zustande gekommen ist, an der auch für einen Vorvertrag erforderlichen Bindung fehlt; insbes genügt es für die Annahme eines Vorvertrages nicht, daß ein beabsichtigter Hauptmietvertrag nicht unterschrieben worden ist (BGH WM 1959, 1196; 1969, 686; 1969, 919). 116 bb) Liegt doch einmal ausnahmsweise ein Vorvertrag vor, so kann aus ihm auf Abschluß des Hauptmietvertrages geklagt werden. Die Gerichte halten sich in diesem Fall zu weitgehenden Ergänzungen des Parteiwillens für befugt; fehlt eine Abrede über den Mietzins, so gilt der übliche Mietzins als vereinbart. Bei Fehlen einer Abrede über die Vertragsdauer gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen (s insbes BGH WM 1964,1216,1217 f; ZMR 1961, 326, 327; LM Nr 9 zu Vorbem zu § 145 = JuS 1962, 483 f Nr 3; krit FLUME aaO). 117 cc) Die Praxis zu Mietvorverträgen ist vor allem deshalb bedeutsam, weil sie aus dem Zweck des § 566 gefolgert hat, daß Mietvorverträge abweichend von der allgemeinen Regel nicht der für den Hauptvertrag vorgeschriebenen Form des § 566 bedürfen(RGZ 86, 30, 3 2 ff; 103, 3 8 1 , 3 8 4 ; RG JW 1 9 3 8 , 1 2 4 7 Nr 14; 1 9 2 9 , 3 2 2 6 , 3 2 2 7 Nr 3; LZ 1930, 8 4 0 , 8 4 3 ; BGH LMNr 1 , 6 , 1 1 u 19 zu § 5 6 6 BGB; Nr 1 zu § 2 4 2 [Ca] BGB; WM 1 9 6 4 , 1 2 1 6 , 1 2 1 7 ; 1973, 2 3 8 ; ZMR 1961, 3 2 6 , 3 2 7 ; NJW 1980, 1577, 1 5 7 8 ; OLG Stuttgart ZMR 1 9 5 9 , 3 2 5 , 3 2 7 ; statt aller MITTELSTEIN 1 7 0 ; STERNEL R Z I 4 4 ; aM jedoch FIKENTSCHER § 7 4 I 5; LARENZ II § 4 8 I; LEONHARD II 142 f; NIENDORFF 6 9 ; WEIMAR MDR 1 9 6 1 , 2 8 9 f; abweichend auch BGHZ 61, 4 8 für Jagdpachtverträge). Die Folge dieser Praxis ist, daß die Parteien trotz des Abschlusses eines formlosen Vertrages entgegen § 566 aufgrund des formlos wirksamen Mietvorvertrages an den langfristigen Vertrag gebunden sind, da jede Partei aufgrund des Vorvertrages einen Anspruch auf schriftlichen Abschluß des Hauptvertrages hat. Diesen Anspruch kann dann auch jede Partei einer auf § 566 gestützten Kündigung der anderen Partei entgegensetzen, so daß den Parteien hierdurch ein Weg eröffnet wird, auch formlos langfristige Mietverträge abzuschließen (s § 566 Rz 55 m Nachw). Freilich genügt, selbst wenn der Vorvertrag seinerseits schriftlich abgefaßt worden ist, die bloße Einigung, daß der Vorvertrag fortan als Hauptvertrag gelten solle, noch nicht für einen formgemäßen Abschluß des Hauptvertrages (BGH LM Nr 19 zu § 566 BGB). Auf der anderen Seite kann sich eine Partei der Bindung an den Mietvertrag nicht dadurch entziehen, daß sie bei Vorliegen eines Vorvertrages nur den Hauptvertrag anficht; vielmehr muß in diesem Fall auch der Vorvertrag anfechtbar sein und tatsächlich angefochten worden sein, damit die Partei frei wird (BGH WM 1973, 2 3 8 ) .
118 b) Unter einem Vormietrecht versteht man das Recht einer Person, in den von dem Vermieter mit einem Dritten abgeschlossenen Mietvertrag einzutreten (BRAXMAIER WM 1972, 122 f; SCHMIDT-FUTTERER, MietR, s v Vormietrecht). Das Vormietrecht ist im BGB nicht geregelt, wird aber in allen Beziehungen nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften über den Vorkauf (§§ 504 ff) behandelt. Es handelt sich hier also um einen doppelt aufschiebend bedingten Mietvertrag, wobei die erste Bedingung in dem Abschluß eines Mietvertrags zwischen dem verpflichteten Vermieter und einem Dritten und die zweite Bedingung in der Ausübung des Vormietrechts durch den Begünstigten besteht ( R G Z 1 2 3 , 2 6 5 ; 1 2 5 , 1 2 3 ; BGHZ 5 5 , Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 119, 120
71, 75 ff; BGH ZMR 1958, 153; LM Nr 27 zu § 535 BGB; WM 1967, 935, 936 f). Aus der entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 504 ff folgt vor allem, daß der Verpflichtete dem Berechtigten den Inhalt des mit dem Dritten abgeschlossenen Vertrages unverzüglich mitteilen muß und daß nach der Mitteilung das Recht im Falle einer Grundstücksmiete binnen einer Ausschlußfrist von 2 Monaten ausgeübt werden muß (§ 510; BGHZ 55, 71, 75 ff; BGH LM Nr 4 zu § 554 a BGB; Nr 9 zu § 510 BGB). Diese Ausschlußfrist läuft jedoch nicht, wenn der Vertrag nach seiner Mitteilung abgeändert wird; in diesem Fall setzt erst die Mitteilung der Änderung die Ausschlußfrist in Lauf (BGH LM Nr 9 zu § 510 BGB). Weder die Begründung eines Vormietrechts noch dessen Ausübung durch den Berechtigten bedürfen der Form des § 566 (§ 505 Abs 1 S 2; B G H Z 55, 71, 76 f). Ungeklärt ist noch, ob der durch die Ausübung des Vormietrechts mit dem Begünstigten zustandekommende Mietvertrag seinerseits der Form des § 566 bedarf, wenn es sich um einen langfristigen Vertrag handelt (bejahend H A N S § 566 Anm B 3 c); jedenfalls kann der Vermieter diesen Vertrag nicht früher als den ursprünglich mit dem Dritten abgeschlossenen Vertrag kündigen (BGHZ 55, 71, 77). c) Dasselbe Ergebnis wie mit einem Vormietrecht kann auch mit einem sog 119 Anmietrecht erreicht werden, durch das der Vermieter die Verpflichtung übernimmt, unter bestimmten Bedingungen die Mietsache zuerst dem Berechtigten anzubieten, wobei die Vertragsbedingungen erst nach Annahme dieses Angebots festgelegt werden sollen. Die Konstruktion derartiger Anmietrechte ist ebenso umstr wie diejenige der Ankaufrechte. IdR dürfte hier ein Vorvertrag vorliegen, der unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen ist, daß der Vermieter sich überhaupt zur Vermietung entschließt. Gegen eine derartige Potestativbedingung bestehen hier keine Bedenken (s BGHZ 71,276; BGH LM Nr 16 zu § 433 BGB; RG O L G E 1 7 , 2 6 Fn 1; SeuffA 81 [1927] Nr 217; HRR 1933 Nr 913; WarnR 1919 Nr 157; R G Z 126, 123,124 f; 79,156,158; 154,355,358 ff; H E N R I C H 296 ff; NIPPERDEY ZB1HR1930, 300 ff). d) Von den Vormietrechten und den Anmietrechten werden schließlich noch 120 Optionen unterschieden. Doch verbergen sich unter diesem Sammelbegriff im einzelnen sehr unterschiedliche Gestaltungen. aa) Im Mietrecht denkt man bei Optionen in erster Linie an sog Verlängerungsoptionen, dh an das Recht des Mieters, einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag durch einseitige Erklärung für eine weitere bestimmte Frist oder auch auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Derartige Optionen sind Gestaltungsrechte (BGH L M N r 1 8 z u § 1 8 1 . B M G ; R O Q U E T T E § 5 3 5 R z 1 8 7 f f ; STERNEL R Z I 5 1 ) ,
die
grundsätzlich vor Ablauf des Mietvertrages ausgeübt werden müssen (RGZ 99,155; BGH WM 1967, 935, 936). Für die Ausübung der Option ist in aller Regel in dem Vertrag eine bestimmte Frist vorgesehen. Fehlt es hieran, so ist die Option grundsätzlich in der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist auszuüben (RGZ 92, 417, 422; OLG Düsseldorf OLGZ 1973, 13 = NJW 1972, 1674). Nach Ablauf des Vertrages kann die Option jedenfalls nicht mehr ausgeübt werden, weil dann der Vertrag, auf dem das Recht beruht, bereits erloschen ist. Die Ausübung muß außerdem ausdrücklich erfolgen; die bloße Weiterzahlung der Miete genügt nicht, weil sie auch in Erfüllung der sich aus § 557 ergebenden Verpflichtungen erfolgen kann. Wenn durch die Ausübung des Rechts der Vertrag insgesamt länger als 1 Jahr läuft, bedarf die Vereinbarung des Rechts der Form des § 566 ( K A N I A ZMR 1976,1, 2 f). Die Ausübung des Rechts hat zur Folge, daß der alte Vertrag weiterläuft (BGH LM Nr 18 zu § 18 1. BMG; Nr 57 zu § 535 BGB). - Aus § 242 folgt die Pflicht des Mieters, dem Vermieter auf dessen Verlangen binnen angemessener Frist rechtzeitig vor Vertragsende mitzuteilen, ob er von seinem Verlängerungsrecht Gebrauch machen will ( S T E R N E L R Z I 52). (45)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 121-123 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
121 bb) Von den Verlängerungsoptionen müssen die sog Verlängerungsklauseln unterschieden werden. Man versteht darunter die Abrede, daß sich ein auf feste Zeit abgeschlossener Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Zeit verlängern soll, wenn nicht eine Partei der Verlängerung rechtzeitig vor Ablauf widerspricht. Die rechtliche Konstruktion ist umstr. Nach hM wird in diesen Fällen stillschweigend je ein neuer Vertrag abgeschlossen, wenn nicht eine Partei rechtzeitig ihre Ablehnung erklärt; eine Kündigung soll darin nicht zu sehen sein.* 121a Die Vorschrift des § 565 a Abs 1 zeigt jedoch die Unhaltbarkeit dieser Konstruktion. Tatsächlich handelt es sich hier um die Kombination eines auf feste Zeit abgeschlossenen Vertrages mit einem auf längere oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag unter der Bedingung, daß keiner fristgemäß und ggf mit Grund kündigt.** Ebenso ist die Rechtslage, wenn sich die Parteien nach einer wirksamen Kündigung über die Fortsetzung des Vertrages einigen: Wiederum wird einfach der alte Vertrag fortgesetzt, nicht etwa ein neuer abgeschlossen (BGH LM Nr 22 zu § 566 BGB). 122 cc) Optionen können schließlich denselben Sinn wie Vorverträge oder Anmietrechte haben; sie begründen dann ein Recht des Mieters, durch einseitige Erklärung einen Mietvertrag herbeizuführen. In einer derartigen Vereinbarung kann zunächst natürlich ein Vorvertrag liegen. Die Begründung der Option kann aber auch durch einen langfristig bindenden Antrag des Vermieters auf Abschluß eines Mietvertrages erfolgen. Außerdem steht den Parteien der Weg offen, sofort einen aufschiebend bedingten Mietvertrag abzuschließen, wobei die Bedingung in dem Entschluß des Mieters zum endgültigen Vertragsschluß besteht (zulässige Potestativbedingung; vgl BGHZ 47,387,388 f ; BGH LM Nr 19 zu § 313 BGB; insbes Nr 16 zu § 433 BGB; Nr 25 zu § 433 BGB; WM 1966, 78; 1969, 859, 861; 1970,493). Der BGH (aaO) neigt dabei idR zur Annahme eines aufschiebend bedingten Vertrages. Daneben kommt nach dem Schrifttum noch als weitere Möglichkeit der Abschluß eines sog, im BGB nicht geregelten Optionsvertrages in Betracht, durch den der Mieter das Gestaltungsrecht erhält, durch seine einseitige Erklärung zwischen den Parteien den Mietvertrag in Kraft zu setzen (s insbes G E O R G I A D E S 409 ff ; H E N R I C H aaO). Die Annahme eines solchen Vertrages liegt besonders nahe, wenn die Parteien die Bedingungen des zukünftigen Mietvertrages schon jetzt gemeinsam festgelegt haben. 123 3. Mietvorauszahlungen und Baukostenzuschüsse*** a) Die große Wohnungsnot nach dem 2. Weltkrieg hatte die Vermieter weithin in die glückliche Lage versetzt, die Finanzierung des Wiederaufbaus in großem Umfang auf * RGZ 86, 60, 62; BGH LM Nr 3 zu § 193 BGB; LG Wuppertal MDR 1976, 495 f; NJW 1976, 2215; LG Detmold NJW 1974, 242; LG Kaiserslautern NJW 1975, 1325 f. ** §§ 565 a Abs 1, 565, 564 b; KG OLGE 4, 42 f; 39, 93 f; LG Gießen NJW 1976, 1455 m zust Anm GUNDLACH Z M R 1977,134; LG Memmingen WuM 1979, 255; A G Würzburg WuM 1978, 1 9 1 , 1 9 2 ; A G B ü d i n g e n W u M 1 9 7 9 , 2 5 5 f ; GOCH Z M R 1 9 7 8 , 1 3 5 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 f f ; STERNEL RZ I I 4 1 , I V 1 7 5 , 1 9 4 ; LUTZ A n m N J W 1 9 7 4 , 6 5 1 ; LEHMANN N J W 1 9 7 4 , 2 1 1 7 ; ROESCH WuM 1 9 7 7 , 177.
*** Schrifttum: BACHMANN Z M R 1961, 33; BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 184 ff zu §§ 535; BRAXMAIER W M 1 9 6 8 , 2 0 8 f; 1 9 7 0 , 3 2 f; 1 9 7 2 , 1 2 7 f; CRANZ J R 1 9 6 0 , 4 5 2 ; ERMAN-SCHOPP V o r b e m 5 ff zu § 573;FROTZ A c P 1 6 4 ( 1 9 6 4 ) 3 0 9 ; GLASER M D R 1 9 6 2 , 8 5 ; LORENZ J Z 1 9 5 9 , 4 6 7 ; MAETZEL Z M R 1 9 6 2 , 3 3 ; MATTHIAS M D R 1 9 5 4 , 6 4 9 ; MITTELSTEIN M D R 1 9 5 0 , 5 8 4 ; MÖLDERS
NJW 1955 777; OTTO Betrieb 1974, 2289; ders Z M R 1974, 225; PATZER D W W 1975, 157;
PERGANDE NJW 1951, 737; 1970, 1171; ders Betrieb 1961, 937; PALANDT-PUTZO Einf 11 vor § 5 3 5 ; PFEIFFER W u M 1 9 6 1 , 5 3 ; PFLUG A c P 1 6 9 ( 1 9 6 9 ) 3 4 ; ROQUETTE n a c h § 5 5 7 R z 1 f f ; d e r s N J W 1 9 6 2 , 1 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER, M i e t e u n d P a c h t 6 1 f f ; STERNEL R z I I 1 2 2 f, V 1 0 6 f f ; STRUTZNJW 1 9 6 8 , 1 9 5 5 ; WUNNER N J W 1 9 6 6 , 2 2 8 5 .
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V o r b e m zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 3. Titel. Miete. Pacht
124-128
die Mieter abwälzen zu können. Die von den Mietern zu diesem Zwecke gewährten Finanzierungsbeiträge wurden vor allem als Mieterdarlehen, Mietvorauszahlungen, anrechenbare Baukostenzuschüsse und verlorene Baukostenzuschüsse gewährt. Ein Mieterdarlehen liegt vor, wenn neben dem Mietvertrag, wenn auch im wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem, ein Darlehensvertrag zwischen Mieter und Vermieter abgeschlossen wird. IdR wird zugleich vereinbart, daß die einzelnen Darlehensraten mit den Mietzinsraten verrechnet werden sollen. Wird das Darlehen zu dem übereinstimmenden Zweck gegeben, dem Vermieter damit die Finanzierung des Wohnungsbaus zu ermöglichen, so handelt es sich der Sache nach um einen anrechenbaren Baukostenzuschuß (BGHZ 53, 35, 37; 6, 202, 204). Anrechenbare Baukostenzuschüsse sind alle Leistungen des Mieters (oder eines 124 Dritten für den Mieter) im Zusammenhang mit dem Mietvertrag, die zum Aufbau oder zur Wiederherstellung der Mieträume verwendet werden sollen und die in bestimmtem Umfang auf den Mietzins zu verrechnen sind. Als verlorene Baukostenzuschüsse bezeichnet man hingegen alle entsprechenden Leistungen des Mieters, bei denen eine Anrechnung auf den Mietzins nicht vorgesehen ist. Verlorene Baukostenzuschüsse können jedoch auch eine verdeckte Mietzinsvorauszahlung sein. Mietzinsvorauszahlungen sind sämtliche im voraus bezahlten Mietzinsleistungen, die 125 die Besonderheit aufweisen, daß ihre Verwendung dem Vermieter grundsätzlich frei steht. Im Zweifel ist eine solche Vorauszahlung und nicht ein Darlehen in Verb mit einem Aufrechnungsvertrag anzunehmen (BGH LM Nr 6 zu § 157 [A] BGB). Alle derartigen Vereinbarungen sind zulässig. Einschränkungen bestehen nur für die sog Sozialwohnungen aufgrund des § 9 WoBindungsG v 31. 1. 1974 (BGBl I 137). b) Soweit es sich um auf den Mietzins anrechenbare Finanzierungsbeiträge des 126 Mieters handelt, wird überwiegend angenommen, daß i Zw für den Zeitraum der Anrechnung das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters vertraglich ausgeschlossen sein soll. Der Vertrag gilt also für den Anrechnungszeitraum fest geschlossen; danach läuft er auf unbestimmte Zeit (LG Kassel WuM 1960; 6; OLG München DWW1964,158; LG Stuttgart NJW1960,1255 f m Anm R O Q U E T T E ; wohl auch BGH LM Nr 33 zu § 535 BGB [B12]). Fehlt eine ausdrückliche Abrede über den Zeitraum, während dessen das Kündigungsrecht ausgeschlossen sein soll, so gilt ein Betrag in Höhe einer Jahresmiete als in 4 Jahren abgewohnt (AG Essen ZMR 1960, 263, 264). Es spielt auch keine Rolle, wann der Baukostenzuschuß gewährt worden ist: Auch bei nachträglicher Vereinbarung eines abwohnbaren Zuschusses wird das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen (LG Mannheim ZMR 1967, 271; ebenso zB G I T T E R 14; P E R G A N D E NJW 1970,1171,1172; S C H E R E R W U M 1956, 66; STERNEL Rz II 122; aM jedoch bes OLG Celle NJW 1956, 1281 f; AG HamburgHarburg ZMR 1960, 264 f; insbes C R A N Z aaO m Nachw). c) Wird der Mietvertrag vorzeitig beendet, so stellt sich die Frage, ob und in welchem 127 Umfang der Mieter Rückzahlung seiner Finanzierungsbeiträge verlangen kann. Für Mietzinsvorauszahlungen und anrechenbare Baukostenzuschüsse ist diese Frage heute in § 557 a geregelt. Entsprechend wird man bei einem Mieterdarlehen anzunehmen haben, daß der noch nicht verrechnete Darlehensrest stets insgesamt im Augenblick der Beendigung des Mietvertrages zur Rückzahlung fällig ist. aa) Besondere Probleme wirft somit allein die Rückzahlung der sog verlorenen 128 Baukostenzuschüsse auf. Insoweit gilt heute für die Wohnraummiete Art VI des Gesetzes zur Änderung des 2 . WoBauG usw v 2 1 . 7 . 1 9 6 1 (BGBl I 1 0 4 1 ) , zuletzt geändert durch das Gesetz v 2 4 . 8 . 1 9 6 5 (BGBl 1 9 6 9 ) (vgl dazu die Kommentierung von P E R G A N D E , WohnraummietR [ 1 9 6 8 ] ; STERNEL R Z V 1 3 0 f). Durch dieses Gesetz (47)
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Vorbem zu §§ 535, 536 128 a - 1 2 9 c 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
sind der Sache nach bei der Wohnraummiete verlorene Baukostenzuschüsse verboten worden. Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfGE 18, 70, 81; BGH LM Nr 3 zu 2. WoBauG/ÄndG = NJW 1967, 561 f). 128a Nach § 1 des genannten Gesetzes muß der Vermieter den verlorenen Baukostenzuschuß, soweit er nicht durch die Dauer des Mietverhältnisses als getilgt anzusehen ist (s dazu die §§ 2 und 3 aaO), nach § 347 zurückerstatten; erfolgt jedoch die Beendigung des Vertrages wegen eines Umstandes, den der Vermieter nicht zu vertreten hat, so richtet sich der RückZahlungsanspruch des Mieters nach den §§ 812 ff. Nach § 2 aaO gilt dabei grundsätzlich ein Betrag in Höhe einer ortsüblichen Jahresmiete durch eine Mietdauer von 4 Jahren von der Leistung an als getilgt. Der Anspruch verjährt binnen eines Jahres nach der Beendigung des Mietverhältnisses (§ 4 aaO). Die Regelung ist zwingend (§ 5 aaO). Anspruchsberechtigt ist stets derjenige, der die Leistung erbracht hat, also entweder der Mieter oder ein Dritter, der für den Mieter den verlorenen Baukostenzuschuß gezahlt hat (BGH NJW 1967, 561). Nach Veräußerung des Grundstückes trifft die Rückzahlungspflicht aufgrund des § 571 den Erwerber (SOERGEL-MEZGER Vorbem 56 zu § 535). Umgekehrt kann auch ein zweiter Mieter, der dem Vormieter den verlorenen Baukostenzuschuß erstattet hatte, bei Beendigung des Verhältnisses von dem Vermieter Rückzahlung aufgrund des genannten Gesetzes verlangen (BGH LM Nr 5 zu § 543 BGB). 129
bb) Unklar ist die Rechtslage in allen Fällen, in denen das genannte Gesetz von 1961 nicht eingreift, namentlich also bei der Geschäftsraummiete. Maßgebend für die Rückzahlung sind hier in erster Linie die Abreden der Parteien (BGH LM Nr 13 zu § 339 BGB; Nr 5 zu § 29 1. BMG; Nr 62 zu § 812 BGB). Eine Verfallklausel bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages ist dabei als Vertragsstrafe anzusehen, so daß der Verzicht nach § 343 eingeschränkt werden kann (BGH LM Nr 13 zu § 339 BGB). Soweit freilich der Baukostenzuschuß bei Vertragsende überhaupt noch nicht geleistet war, erlischt der Anspruch des Vermieters auf dessen Zahlung einfach (BGHZ 71, 243, 249 f).
129a Fehlen Abreden der Parteien und kommt es zu einer vorzeitigen Kündigung des Vertrages durch den Vermieter oder Mieter, so gibt die Praxis dem Mieter einen Bereicherungsanspruch gegen den Vermieter wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes der Zahlung, wobei die Bereicherung des Vermieters in der vorzeitigen Zurückerlangung des „Nutzungsrechtes" an der Wohnung bestehen soll. Die Höhe der Bereicherung soll grundsätzlich dem Betrag entsprechen, um den die von dem nächsten Mieter gezahlte Miete den von dem ersten Mieter geleisteten Mietzins übersteigt (grdleg BGHZ 29,289 ff [bes 298 ff]; 71, 243,248 f; BGH LM Nr 34,41, 62 und 75 zu § 812 BGB; Nr 8 zu § 818 II BGB; Nr 13 zu § 339 BGB; WM 1960, 497; 1968,799; NJW 1967,2255 ; OLG Hamburg MDR 1964,509; 1974,584; OLG Karlsruhe NJW 1956, 1280). 129b Im Schrifttum ist diese Praxis überwiegend auf Ablehnung gestoßen (vgl insbes BACHMANN, FROTZ, PLUG und WUNNER a a O ; zust aber STERNEL RZ V 1 2 4 f). H i e r
wird vor allem eingewandt, daß der Vermieter das sog Nutzungsrecht an der Wohnung nicht ohne Rechtsgrund, sondern infolge der Kündigung aufgrund seines Eigentums und daher mit Rechtsgrund zurück erlange. Die Bereicherung des Vermieters kann daher nur in dem noch nicht abgewohnten Teil des Baukostenzuschusses bestehen. 129c Aber auch gegen die vom BGH herangezogene Anspruchsgrundlage bestehen Bedenken. Denn der verlorene Baukostenzuschuß des Mieters kann einmal eine Leistung sein, durch die der Vermieter zum Abschluß des Mietvertrages bestimmt werden soll. Kommt es dann zum Abschluß, so ist die Leistung mit Rechtsgrund erfolgt und kann später nicht mehr kondiziert werden. In aller Regel aber dürfte der Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 130-132
Mieter die Leistung außerdem zu dem Zweck erbracht haben, für eine bestimmte Zeit die Sache gebrauchen zu dürfen. Dieser Zweck ist auch für den Vermieter ohne weiteres erkennbar, so daß bei einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages der Mieter den noch nicht abgewohnten Teil des Baukostenzuschusses nach § 812 Abs 1S 2 Fall 2 kondizieren kann. Für die Frage, in welchem Umfang der Baukostenzuschuß abgewohnt ist, kann dabei ohne weiteres auf die Regelungen des Art VI § 2 des genannten Gesetzes von 1961 zurückgegriffen werden, da andere Maßstäbe nicht zur Verfügung stehen (alles sehr str). d) Bei Veräußerung des Grundstücks an einen Dritten tritt der Erwerber an sich nach 130 § 571 in alle Abreden über die Rückzahlung oder Verrechnung der Finanzierungsbeiträge des Mieters ein (OLG Frankfurt NJW 1964, 453). Probleme ergeben sich aber hier daraus, daß Vorausverfügungen an sich nur in beschränktem Umfang gegenüber dem Erwerber wirksam sind (§§ 573 f; §§ 57 a ff ZVG). Die Praxis wendet diese Vorschriften jedoch auf Finanzierungsbeiträge des Mieters nicht an. Über die §§ 574 und 57 b ZVG hinaus sind vielmehr Mietzinsvorauszahlungen und Mieterdarlehen zum Ausbau des Vertragsobjektes, die durch Verrechnung mit dem Mietzins zu tilgen sind, unter folgenden Voraussetzungen auch gegen den Erwerber wirksam (vgl OLG Hamm, Urt v 1 2 . 1 1 . 1 9 7 4 - 7 U 104/74, S 12 ff mNachw): (1) Es muß tatsächlich von dem Mieter mit dem Vermieter eine Abrede über die Vorauszahlung des Mietzinses durch Erbringung der fraglichen Leistungen und durch deren Anrechnung auf die eigentliche Mietzinsforderung getroffen worden sein, und zwar grundsätzlich vor Erbringung der Leistungen. (2) Die Leistungen müssen von vornherein zum Auf- oder Ausbau des Mietgrundstückes bestimmt gewesen sein, da der eigentliche, sachliche Grund für die Anrechnung der fraglichen Leistungen in der durch sie bewirkten Werterhöhung besteht, die auch dem Erwerber des Grundstükkes zugute kommt. (3) Der Wert des Grundstückes muß noch im Augenblick des Eigentumsübergangs tatsächlich erhöht sein (BGHZ 6,202,206 f; 15,296,303 f; 16, 31, 35; 37, 346, 349 f; 53, 35, 38; BGH LM Nr 3 zu § 57 b ZVG; Nr 2 zu § 547 BGB). Keine anrechenbaren Vorauszahlungen liegen somit vor, wenn sie ohne jeden 131 Zusammenhang mit Verwendung auf das Grundstück erbracht worden sind (BGHZ 37,346,350) oder wenn die fraglichen Leistungen zwar für den Auf- oder Ausbau des Grundstückes gemacht, jedoch noch vor Abschluß des Mietvertrages und ohne jeden Bezug auf diesen erbracht worden sind (BGH LM Nr 2 zu § 547 BGB). Dasselbe gilt schließlich für sämtliche Leistungen, durch die der Wert des Grundstücks tatsächlich nicht erhöht wurde, etwa weil der Vermieter oder Verpächter sie bestimmungswidrig verwandt hat (BGH LM Nr 3 zu § 57 b ZVG). Hingegen spielt es keine Rolle, ob die Abrede über die Erbringung oder Anrechnung der Mietzinsvorauszahlung schon bei Abschluß des Mietvertrages oder erst später, jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertrag getroffen wurde (BGHZ 15,296, 304; BGH LM Nr 2 zu §574 BGB). Ebensowenig kommt es darauf an, ob es sich um Geld- oder Sachleistungen des Mieters handelt, die an sich als Verwendungen unter § 547 fallen. Denn auch Sachleistungen können von den Parteien als Baukostenzuschüsse behandelt werden (ERMAN-SCHOPP Vorbem 16 ff zu § 573). Ihre rechtliche Behandlung folgt dann uneingeschränkt den Grundsätzen über abwohnbare Baukostenzuschüsse, so daß daneben für die Anwendungen des § 547 kein Raum mehr ist (BGHZ 54, 347, 349 ff). Nur wenn alle diese Voraussetzungen zusammen erfüllt sind, gilt, daß die Abrede 132 sowohl gegen den Erwerber des Grundstücks wie gegen einen etwaigen Zwangsverwalter wirkt, so daß auch über die §§ 574 BGB und 57 b ZVG hinaus Vorausverfügungen über den Mietzins wirksam sind und bleiben (§ 57 c ZVG). Nur dann sind außerdem der Erwerber bzw der Zwangsverwalter im Falle einer Kündigung des (49)
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Vorbem zu §§ 535, 536 133-136 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Vertrages im selben Umfang zur Rückzahlung der noch nicht abgewohnten Teile der Mietzinsvorauszahlung verpflichtet (vgl im einzelnen BGHZ 6, 202, 206 f; 15, 296, 298 ff; 16,31 ff; 37,346,349 ff; 53,35,38 ff; 54,347,349 ff; BGHLMNr 1 und 3 zu § 57 b ZVG; Nr 2 zu § 57 a ZVG; Nr 2 zu § 557 a BGB; Nr 2 zu § 574 BGB; BGH WM 1960,1125 ff; OLG Hamm ZMR 1971,56; zusammenfassend OLG Hamm Urt v 12. 11. 1974 - 7 U 104/74 S 12 ff). Der Mieter trägt dabei die volle Beweislast für das Vorliegen sämtlicher genannten Voraussetzungen anrechenbarer Mietzinsvorauszahlungen. Das gilt auch für die Frage, ob die betreffenden Leistungen den Wert des Grundstücks tatsächlich erhöht haben (BGH LM Nr 3 zu § 57 b ZVG). 133 Abweichende Vereinbarungen sind jedenfalls bei der Wohnraummiete nicht möglich (§ 557 a Abs 2; BGHZ 53, 35, 39 ff). Namentlich kann (entgegen einer verbreiteten Praxis) nicht vereinbart werden, daß im Falle der Zwangsversteigerung der Baukostenzuschuß in ein bloßes Darlehen verwandelt wird, das nicht gegen den Ersteher wirkt (BGH NJW 1970, 93 m abl Anm PERGANDE NJW 1970, 1171, 1172 f). 134 Hiernach gilt für die einzelnen Finanzierungsbeiträge folgendes: Anrechenbare Baukostenzuschüsse sind unter den genannten Voraussetzungen stets gegen den Grundstückserwerber wirksam. Dasselbe gilt für Mieterdarlehen, soweit sie vereinbarungsgemäß als Finanzierungsbeiträge bestimmt waren und auch so verwandt worden sind (BGHZ 16, 3 1 ff ; OLG Frankfurt NJW 1 9 6 4 , 4 5 3 ) , nicht jedoch, wenn das Darlehen zur freien Verfügung des Vermieters bestimmt war oder von diesem abredewidrig nicht zum Auf- oder Ausbau des Mietobjekts verwandt worden ist. Ebenso sind zu behandeln Mietzinsvorauszahlungen. Auch sie wirken nur gegen den Erwerber, wenn sie als Finanzierungsbeiträge bestimmt waren und auch so verwandt worden sind. Verlorene Baukostenzuschüsse wirken hingegen gegen den Erwerber nur unter den Voraussetzungen des Art VI 2. WoBauG/ÄndG v 1 9 6 1 (ERMANSCHOPP Vorbem 1 1 , 1 5 zu § 5 7 3 ) , sonst jedoch grundsätzlich nicht (BGH WM 1 9 6 0 , 1 1 2 5 , 1 1 2 7 f). 134a e) Bei Mietverträgen über Wohnplätze in Altenheimen usw muß ergänzend das Heimgesetz v 7. 8. 1974 (BGBl 1 1873) in Verbindung mit der HeimsicherungsVO v 2 4 . 4 . 1 9 7 8 (BGBl I 5 5 3 ) berücksichtigt werden (s STERNEL Rz II 132, V 1 3 4 ) . Danach sind Einmalleistungen, Darlehen und Vorauszahlungen grundsätzlich verboten; eine Ausnahme gilt nur in engen Grenzen für solche Leistungen, die zum Bau, Erwerb oder Betrieb der Einrichtung gewährt werden. Auch diese Leistungen sind bei Vertragsende zu erstatten, wenn und soweit sie nicht mit dem Entgelt verrechnet sind. 135 4. Abstand und Kaution Unter Abstand versteht man eine Zahlung, die ein neuer Mieter an den früheren Mieter für dessen Bereitschaft erbringt, die betreffende Wohnung zugunsten des neuen Mieters aufzugeben. Derartige Zahlungen sind grundsätzlich zulässig (LG München II WuM 1976, 254 f; Ausnahmen für Sozialwohnungen in § 9 WoBindungsG). Jedoch ist der Vermieter trotz Zahlung eines derartigen Abstandes grundsätzlich nicht verpflichtet, einen neuen Mietvertrag mit dem Nachfolgemieter abzuschließen (BGH LM Nr 2 zu § 30 MSchG). 136 Eine Ausnahme gilt nur, wenn im ersten Mietvertrag eine sog Nachfolgeklausel vereinbart war, nach der der Mieter vorzeitig ausscheiden darf, wenn er dem Vermieter einen Nachfolgemieter vorschlägt. In diesem Fall darf der Mieter sich vorzeitig von dem Vertrag lösen, wenn er dem Vermieter mehrere, geeignete, neue Mieter zur Auswahl vorschlägt (BGH WM 1976, 876 = DWW 1976, 259; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 100 f; ders, Mietrecht, s v Ersatzmieter; STERNEL RZ II Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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Vorbem zu §§ 535, 536 137, 138
3. Titel. Miete. Pacht
48, IV 214 f m Nachw). Die Auswahl unter den vorgeschlagenen, neuen Mietern steht dem Vermieter zu. Alle vorgeschlagenen Mieter darf er jedoch nur ablehnen, wenn er dafür sachliche Gründe hat, namentlich wenn die Zahlungsfähigkeit der vorgeschlagenen Mieter zweifelhaft ist oder diese nicht bereit sind, uneingeschränkt in den alten Mietvertrag einzutreten. Die bloße Tatsache, daß der Ersatzmieter Ausländer ist, genügt nicht als Ablehnungsgrund, sofern gegen dessen Zahlungsfähigkeit keine begründeten Bedenken bestehen (BGH LM Nr 44 zu § 535 BGB). Lehnt der Vermieter - bei Bestehen einer Nachfolgeklausel - ohne sachlich gerechtfertigten Grund den Abschluß eines Vertrages mit einem der vorgeschlagenen, neuen Mieter ab, so wird der alte Mieter entsprechend § 162 frei (OLG Frankfurt ZMR 1970, 49 f; OLG Hamm Urt v 9. 5. 1978 - 7 U 2/78 S 9; LG Hannover ZMR 1971,135; LG Mannheim DWW 1977,186 f; LG Köln WuM 1971, 92). Gemäß § 571 bindet die Nachfolgeklausel auch den Grundstückserwerber ( B G H Z 4 8 , 2 4 4 , 2 4 8 ; vgl a u ß e r d e m RÖHRMANN N J W 1 9 7 1 , 7 8 7 ; ROESCH W u M
1970, 142; WEIMAR MDR 1969, 631; zur Rechtslage bei Fehlen einer Nachfolgeklausel s im einzelnen § 552 Rz 31 ff).
b) Kaution9"
137
aa) Vor allem bei langfristigen Verträgen sichern sich die Vermieter häufig durch die Forderung einer Kaution für ihre Forderungen gegen den Mieter. Die Kaution kann durch Zahlung eines Geldbetrages, Hinterlegung von Wertpapieren, Verpfändung beweglicher Sachen, Stellung eines Bürgen oder Ubereignung von Sachen zur Sicherheit geleistet werden. Die regelmäßige Form ist die Zahlung eines Geldbetrages. Ist nichts anderes vereinbart, so genügt in diesem Falle der Mieter seiner Leistungspflicht schon durch Einzahlung des Betrages auf ein Sperrkonto, über das beide nur gemeinsam verfügen können (LG Mannheim ZMR 1970, 271, 272; AG Starnberg ZMR 1974, 243). Die Behandlung der Kaution richtet sich grundsätzlich nach den Abreden der Parteien. Nur wenn Abreden fehlen, ist von den folgenden Grundsätzen auszugehen: Während des Laufs des Vertrages darf der Mieter nicht mit dem noch gar nicht 138 fälligen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gegen etwaige Zahlungsansprüche des Vermieters aufrechnen (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB). Hingegen kann sich der Vermieter jederzeit aus der Kaution wegen seiner offenstehenden unbestrittenen Forderungen befriedigen, ohne freilich hierzu verpflichtet zu sein. Nimmt er die Kaution in Anspruch, so kann er grundsätzlich außerdem Auffüllung der Kaution auf die vereinbarte Höhe verlangen (aM zB PALANDT-PUTZO Einf 11 b, hh vor § 535). Verschlechtern sich die Vermögensverhältnisse des Vermieters erheblich, so ist § 321 entsprechend anzuwenden (STERNEL RZ II 120). Im Konkurs des Vermieters ist der RückZahlungsanspruch des Mieters bloße Konkursforderung (LG Hannover DWW 1978,123 f). Der Vermieter kann Leistung der Kaution grundsätzlich auch noch nach Vertragsende verlangen (BGH WM 1981, 253).
* Schrifttum:
ANDEREGG W U M
1971, 197;
BGB-RGRK-GELHAAR
Vorbem 202 ff zu § 535;
BRAXMAIER W M 1 9 7 4 , 9 0 ; D E M U T H Z M R 1 9 7 6 , 1 9 5 ; F R E U N D - B A R T H E L M E S S N J W 1 9 7 9 ,
2121;
ZMR 1977,162; dersFWW 1977,227; H E R P E R S WuM 1973,129; K Ö H L E R ZMR 1971,3; M I T T E L S T E I N 207 f; O T T O ZMR 1974, 225; P A L A N D T - P U T Z O Einf 11 b, hh vor § 535; P A T Z E R GLASER
DWW
1975,
1 5 7 ; RÖDDING B B
1 9 6 8 , 9 3 4 ; ROESCH W U M
STERNEL
197. (51)
1975, 65;
1976,
113;
SCHMIDT-
Mietrecht, s v Kaution; V O N S C H O E N E B E C K W U M 1976, 141; S C H O P P ZMR 1969, 1; Rz II 115, V 1 3 6 f; W E I M A R WuM 1970,1; ders Betrieb 1976,1212; Z E U N E R ZMR 1980,
FUTTERER,
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 138 a-139 a 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
138a Der RückZahlungsanspruch des Mieters entsteht aufschiebend bedingt durch die Vertragsbeendigung sofort mit Leistung der Kaution; fällig wird der Anspruch erst nach Ablauf einer angemessenen Überlegungs- und Prüfungsfrist für den Vermieter nach Vertragsende (BGH WM 1978,1326; OLG Celle OLGZ 1966, 6, 7; LG Köln ZMR1977,178; LG Stuttgart NJW1977,1885 f; AG Zehlendorf WuM 1973,121). Diese Frist ist aber auf jeden Fall kürzer als ein halbes Jahr (LG Saarbrücken WuM 1979,140,141; LG Mannheim Justiz 1974, 374). Sobald der RückZahlungsanspruch hiernach fällig ist, kann der Mieter damit auch gegen noch offene Vermieteransprüche aufrechnen. Zu Unrecht wird verschiedentlich eine Ausnahme gemacht, sofern der Vermieter substantiiert darlegt, daß ihm möglicherweise doch noch weitere Ansprüche gegen den Mieter zustehen. Der RückZahlungsanspruch ist vielmehr stets fällig, wenn der Vermieter nach Ablauf der genannten Frist nicht im einzelnen genau darlegt, welche Ansprüche gegen den Mieter noch offen sind (BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB, B1 3 R; WM 1967, 515, 518; LG Köln WuM 1978, 105 f). Schließlich versteht es sich von selbst, daß der Vermieter die Kaution nicht als Druckmittel zur Anerkennung umstrittener Forderungen mißbrauchen darf (LG Mannheim WuM 1975, 118; OLG Hamm WM 1970, 698). 138b Nach Vertragsende haftet die Kaution auch für etwaige Ansprüche des Vermieters aus § 557; dasselbe gilt für eine Bankbürgschaft, die an Stelle einer Kaution gestellt wurde (OLG Frankfurt WM 1979, 1318). Zieht nur ein Ehegatte aus, so haftet die Kaution außerdem für Ersatzansprüche des Vermieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen weiter (LG Hannover WuM 1979, 150 f). 139 bb) Entsprechend § 1214 ist der Vermieter auch ohne besondere Abrede für verpflichtet zu erachten, die Kaution verzinslich anzulegen und die Zinsen dem Mieter gutzubringen.* In AGB und Formularverträgen kann nichts Abweichendes bestimmt werden (§ 9 AGBG; LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 9 R z 7 2 ; HENSEN, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, A G B G , § § 9 - 1 1 A n h R z 5 0 4 ) .
Trotz der Verpflichtung zur Verzinsung darf jedoch der Vermieter die Kaution verbrauchen, namentlich wenn er nur so daraus Zinsen ziehen kann; es muß lediglich sichergestellt sein, daß er bei Vertragsende die Kaution nebst Zinsen zurückzahlen kann (OLG Düsseldorf NJW 1978, 2511 = WM 1978,1112). Bei Veräußerung des Grundstücks ist § 572 zu beachten. 139a cc) Eine gesetzliche Regelung gilt seit dem 1.5. 1980 für alle Wohnungen, die dem WoBindG unterliegen (§ 9 Abs 5 WoBindG idF des ÄndG v 20. 2. 1980, BGBl I 159). Eine Kaution ist danach zulässig in Höhe des dreifachen Ausgangsmietzinses für Ansprüche des Vermieters aus Schäden an der Wohnung oder aus unterlassener Schönheitsreparaturen; die Kaution ist gesondert anzulegen und zu verzinsen, (s SONNENSCHEIN N J W 1 9 8 0 , 2 0 5 9 ; WIENICKE W U M 1 9 8 0 , 1 4 1 1 4 6 ) .
* LG Kassel NJW 1976,1544; LG Karlsruhe NJW 1976,2166; A G Schwetzingen NJW 1975,1746; LG Mannheim BB 1977, 417; WuM 1977, 208 f; LG Frankfurt WuM 1977, 95; A G Hamburg WuM 1976,72; ZMR 1979,272 = WuM 1979,187; A G Mainz WuM 1978,178; AG Köln ZMR 1977,179; A G Langen WuM 1977,51; D E M U T H , K Ö H L E R und W E I M A R aaO; E S S E R - W E Y E R S I I 1 , § 2 0 I V 1 ; P A L A N D T - P U T Z O Einf 11 b, hh vor § 535; S T E R N E L Rz 118; aM LG Hamburg MDR 1976, 1022 f; LG Essen ZMR 1977, 175 = NJW 1977, 253; LG Berlin WuM 1977, 34; LG München DWW 1977,185; Z M R 1977, 330 m Anm G L A S E R ; A G Dachau NJW 1977,1067; LG Düsseldorf WuM 1977, 49; ZMR 1979, 1 l f m Anm G L A S E R ; LG Frankfurt BB 1978, 934; A G Hannover WuM 1978, 131; A G Köln ZMR 1977, 177 f; F R E U N D - B A R T H E L M E S S NJW 1979, 2121 f; G L A S E R ZMR 1977, 162. - Wie hier jetzt grdleg BayObLG WuM 1981, 82; AG Pinneberg WuM 1981, 21.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(52)
V o r b e m zu § § 5 3 5 , 5 3 6 3. Titel. Miete. Pacht
140-144
5. Die Hausordnung*
140
Vor allem in größeren Mietshäusern, in denen mehrere Mietparteien zusammenwohnen, wird von dem Vermieter häufig eine sog Hausordnung aufgestellt, durch die das Zusammenleben der Mieter geregelt werden soll. Typischer Inhalt derartiger Hausordnungen sind Anordnungen über die Benutzung der Mieträume sowie insbes über die Benutzung derjenigen Räume und Einrichtungen, die allen Hausbewohnern zur gemeinschaftlichen Benutzung zur Verfügung stehen. Außerdem wird in Hausordnungen durchweg die Reinigung der Treppen, Flure und Zugänge geregelt. a) Die Verbindlichkeit derartiger Hausordnungen für den Mieter ist unproblema- 141 tisch, wenn der Mietvertrag auf die Hausordnung Bezug nimmt, wie es die „Mustermietverträge" vorsehen (§ 2 AGBG; STERNEL T Z II 399; vgl zB § 17 Abs 2 des vom BMJ hg sog „Mustermietvertrages 1976"). Wird dabei in dem Mietvertrage auf eine noch gar nicht aufgestellte Hausordnung verwiesen, so ist der Vermieter sogar zum einseitigen „Erlaß" der Hausordnung berechtigt, muß sich dann freilich strikt an den Rahmen des Vertrages halten. Jede Einschränkung des vertragsmäßigen Gebrauchs und jede Begründung neuer Pflichten für den Mieter durch die Hausordnung sind unwirksam (AG Friedberg WuM 1980, 85); dasselbe gilt für alle sonstigen überraschenden Klauseln, mit denen der Mieter nicht zu rechnen brauchte. Insoweit gelten dieselben Regeln wie hinsichtlich der Inhaltskontrolle von Geschäftsbedingungen (vgl LG Düsseldorf ZMR 1958, 10; LG Köln MDR 1963, 54; s unten Rz 145 f). b) Nach hM soll der Vermieter auch ohne entsprechende mietvertragliche Abrede 142 berechtigt sein, einseitig eine Hausordnung aufzustellen sowie die einmal in Übereinstimmung mit dem Mieter erlassene Hausordnung einseitig zu ändern ( R O Q U E T T E § 535 Rz 22, § 554 a Rz 20 m Nachw; G I T T E R 7; H E C K § 97, 6; M Ü L L E R ZMR 1970,289,292; H A N S § 535 Anm B 4 h; MITTELSTEIN 149; LG Duisburg ZMR 1957, 343). Allerdings darf auch in diesem Fall der Vermieter keineswegs einseitig den vertragsmäßigen Gebrauch des Mieters einschränken (zB durch das strikte Verbot jeder Tierhaltung) oder dem Mieter zusätzliche Pflichten wie die Pflicht zur Reinigung der Bürgersteige auferlegen (LG Duisburg aaO; LG Darmstadt MDR 1973, 53; LG Bonn NJW 1958, 145 f; LG Düsseldorf ZMR 1958, 10; AG Castrop-Rauxel WuM 1977, 97; AG Köln WuM 1980, 255) Diese Praxis ist unhaltbar. Kein Vermieter hat die Befugnis zur Rechtsetzung. Damit 142a fehlt auch jede Grundlage für den einseitigen „Erlaß" oder für die einseitige Änderung einer schon bestehenden Hausordnung. Durch eine solche einseitig aufgestellte Hausordnung könnte äußerstenfalls das „geregelt" werden, was sich aus jedem Mietvertrag ohnehin nach Treu und Glauben (§ 242) unter Berücksichtigung der Rspr von selbst ergibt (vgl § 1 0 Nr 4 AGBG; ESSER-WEYERS I I 1 § 2 0 I 4 ; STERNEL R Z I I 4 0 0 f ; a M B U B D W W
1977, 76, 7 8 f).
c) Ebensowenig wie der Mietvertrag ist die Hausordnung (als dessen Teil) ein Vertrag 143 zugunsten der anderen Mieter (KG OLGE 25, 14). d) In Zukunft ist es geboten, Hausordnungen wesentlich kritischer als bisher zu 144 beurteilen. Die Grundgedanken des sozialen Mietrechts zwingen dazu, an Hausordnungen die denkbar strengsten Maßstäbe anzulegen. Jede auch noch so geringfügige Einschränkung des vertragsmäßigen Gebrauchs, jede zusätzliche Auferlegung von
* Schrifttum: KOENIG W U M 1 9 6 8 , 1 0 5 ; MITTELSTEIN 1 4 8 ff; NIENDORFF 2 4 6 ff; ROQUETTE § 5 3 5 Rz 2 0 ff; SCHMIDT-FUTTERER, MietR, s v Hausordnung; ders, Miete und Pacht 3 4 f; STERNEL RZ II 3 9 8 f; WEIMAR M D R
(53)
1962,
189.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 145-147 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Pflichten, jede Beschneidung der Mieterrecht sind als einseitige Vertragsänderungen ohne weiteres nichtig (ebenso S T E R N E L R Z II 402; aM B U B - G R A F V O N W E S T P H A L E N , A G B G , S 8).
145 6. Formular- und Musterverträge* a) Die wohl wichtigste Ursache für die verbreiteten Mißstände auf dem Wohnungsmarkt schon kurz nach Inkrafttreten des BGB war die allseitige Durchsetzung überwiegend geradezu skandalöser Formularverträge seitens der Vermieterverbände. Der Gesetzgeber hat dieser Entwicklung über Jahrzehnte hinweg völlig tatenlos zugesehen. Erst durch die verschiedenen Mietänderungsgesetze im Zuge des Abbaus der Wohnungszwangswirtschaft ist hier wenigstens teilweise ein Wandel eingetreten. Ein wirklich umfassender Schutz der Mieter wird aber erst erreicht sein, wenn ausnahmslos alle dem Mieter nachteiligen Abweichungen von den mietrechtlichen Vorschriften des BGB jedenfalls in Muster- und Formularverträgen sowie durch AGB verboten werden. Eine solche Maßnahme ist schon lange überfällig. 146 b) Der erste Versuch des Gesetzgebers, die Mieter auch jenseits des Mietnotrechts gegen sie benachteiligende Formular- und Musterverträge der Vermieterverbände zu schützen, datiert aus dem Jahre 1934. Auf Druck des Reichsjustizministeriums einigten sich damals die Spitzenverbände der Vermieter und Mieter auf einen „Mustervertrag", den sog Deutschen Einheitsmietvertrag (DEMV) (DJ 1934, 304; dazu bes E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 3 5 ) , der zwar immer noch die Vermieter erheblich begünstigte, jedoch die schlimmsten Benachteiligungen der Mieter beseitigte. Die Spitzenverbände hatten sich gleichzeitig verpflichtet, ihren Mitgliedern die Anwendung dieses Mustervertrages zu empfehlen und keine anderen Formularverträge mehr zu verwenden. Zugleich war ein Katalog sog mißbilligter Klauseln aufgestellt worden, die auf keinen Fall mehr zum Nachteile der Mieter vereinbart werden sollten (abgedr P E R G A N D E aaO). 147 aa) Für die tatsächliche Anwendung des DEMV gab es keinerlei Garantie. Deshalb konnte es nicht verwundern, daß sofort nach Kriegsschluß von den Vermieterverbänden wieder zahlreiche andere Mietvertragsformulare in Umlauf gesetzt wurden, durch die die Mieter erneut erheblich benachteiligt wurden. Auch war die Praxis nicht bereit, alle mißbilligten Klauseln ohne weiteres als sittenwidrig zu behandeln; vielmehr sollte es insoweit stets ganz auf die Umstände des Einzelfalles ankommen (BGH
LM
Nr
3
zu
§
547
BGB;
NJW
1967,
1223;
PERGANDE
aaO;
aM
zB
aaO). Angesichts dieser Entwicklung kann man es nur begrüßen, daß der Gesetzgeber inzwischen die meisten mißbilligten Klauseln ausdrücklich verboten hat. Die übrigen Klauseln verstoßen heute durchweg gegen die §§ 9-11 AGBG (s unten Rz 148 f), so daß fortan in der Tat von der generellen Ungültigkeit aller mißbilligten Klauseln ausgegangen werden kann. SCHMIDT-FUTTERER
* Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 79-110 zu § 535; B U B DWW 1977, 76; ders-GRAF V O N W E S T P H A L E N , Das A G B G und seine Auswirkungen auf das Mietvertragsrecht, insbes auf Formularmietverträge; H E N S E N , in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , A G B G (3. Aufl 1978) §§ 9-11 Anh Rz 500 f; S C H L O S S E R - C O E S T E R - W A L T J E N - G R A B A , A G B G (1977) § 9 Rz 141; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K Rz C 228 f; E R M A N - S C H O P P Vorbem 74 ff vor § 535; P E R G A N D E Einf I I vor § 535; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 31 ff; S O E R G E L - M E Z G E R Vorbem 63 ff vor § 535; STERNEL Tz I I 6 ff; SONNENSCHEIN N J W 1980,1489,1713; STAUDINGER-SCHLOSSER, A G B G (1980); W I E K WuM 1980, 237; zum Mustermietvertrag 1976 des B M J s B U B DWW 1977,76; O T T O Z M R 1 9 7 7 , 1 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER N J W
1 9 7 6 , 9 2 1 ; WEIMAR Z M R
1 9 7 6 , 6 5 ; STERNEL R Z I I 1 8 f ;
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK R Z A 3 6 f .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(54)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 147 a-147 !
An die Stelle des DEMV ist 1976 nach jahrelangen Vorarbeiten der vom BMJ 147a herausgegebene sog Mustermietvertrag '76 getreten (Text ZMR 1976, 68; dazu zB SCHMIDT-FUTTERER, O T T O U WEIMAR aaO; BUSCHMANN B1GBW1975,241; STERNEL Tz II 18 f). Dieses Vertragsmuster hat sich jedoch bisher angesichts des Widerstandes der Vermieterseite nicht durchzusetzen vermocht. Nach Inkrafttreten des AGBG am 1. April 1977 kommt zudem solchen „amtlichen" Vertragsmustern ohnehin keinerlei Bedeutung mehr zu (aM zu Unrecht STERNEL aaO). Maßgebend für die Beurteilung von Geschäftsbedingungen und Formularverträgen ist vielmehr fortan allein das AGBG. Überaus zahlreiche, nach wie vor sehr verbreitete Klauseln sind hiernach in Wirklichkeit unwirksam (eingehend SONNENSCHEIN aaO). bb) Zum AGBG ist hier nicht umfassend Stellung zu nehmen; vielmehr sind im 147b Folgenden nur einige Punkte eingehender zu behandeln, die erfahrungsgemäß bei der Beurteilung von Mietformularverträgen besonders bedeutsam sind; im übrigen ist für die Frage, inwieweit vom B G B und vom 2. WKSchG abweichende Klauseln zulässig sind, auf die Erläuterungen zu den einzelnen, mietrechtlichen Vorschriften zu verweisen (s im übrigen STAUDINGER-SCHLOSSER, AGBG). a) Der sachliche Anwendungsbereich des AGBG ergibt sich in erster Linie aus dessen § 1. Danach ist das Gesetz auf alle Mietverträge anzuwenden, die Allgemeine Geschäftsbedingungen enthalten oder Formularverträge darstellen. Den Gegensatz bilden die zwischen den Parteien im einzelnen ausgehandelten Vertragsbedingungen (§ 1 Abs 2 AGBG). Solche Formularverträge sind in der Mietvertragsparxis überaus verbreitet. Die meisten Formulare stammen von den Vermieterverbänden. Hierher gehört aber zB auch der sog Mustermietvertrag von 1976 (s im einzelnen B U B - G R A F VON WESTPHALEN 15 f; HENSEN, AGBG §§ 9 - 1 1 Anh Rz 500; STERNEL R Z I I 5f). Der zeitliche Anwendungsbereich des AGBG ist in § 28 geregelt. Uneingeschränkt erfaßt das Gesetz danach nur die nach dem 1. 4. 1977 abgeschlossenen Verträge. Gern § 28 Abs 2 AGBG ist jedoch auch auf die sog Altverträge ab dem 1.4.1977 die Generalklausel des § 9 AGBG anzuwenden, so daß der Sache nach heute alle Mietverträge der Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterliegen (BUB-GRAF VON WESTPHALEN 3 0 f; STERNEL R Z II 6 ; U L M E R [ - B R A N D N E R - H E N S E N ] , AGBG § 2 8 Rz
147c
147d
3 f ; SCHLOSSER § 2 8 R z 3 ) .
Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereiches muß man nach dem sehr 147e wichtigen § 24 AGBG zwischen dem kaufmännischen und dem nichtkaufmännischen Verkehr unterscheiden. Uneingeschränkte Geltung besitzt das Gesetz hiernach nur im nichtkaufmännischen Verkehr, wozu namentlich die gesamte Wohnraummiete gehört. Hingegen sind die § § 2 , 10-12 AGBG von der Anwendung auf Kaufleute (einschließlich der Minderkaufleute des § 4 HGB) ausgeschlossen. Unberührt hiervon bleibt jedoch auch im sog. kaufmännischen Verkehr die Geltung der alles überragenden Generalklausel des § 9, und zwar selbst dann, wenn sie im Einzelfall zu denselben Ergebnissen wie die an sich unanwendbaren §§ 10 und 11 AGBG führt (§ 24 S 2 HS 1 AGBG). Ohnehin ist davon auszugehen, daß zumindest kleine und mittlere Gewerbetreibende in der Frage der Inhaltskontrolle von Formularmietverträgen kaum weniger schutzbedürftig sind als Privatleute, so daß eine möglichst einheitliche Behandlung beider Personengruppen anzustreben ist (ebenso B U B - G R A F VON WESTPHALEN 2 0 f ; SCHLOSSER § 2 4 R z 8 ) .
ß) Nach der Generalklausel des § 9 Abs 1 AGBG (die ohne jede Ausnahme für alle 147f Mietverträge gilt, oben Rz 147 d) sind Bestimmungen in Formularverträgen (o Rz 147 c) unwirksam, wenn sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies ist nach § 9 Abs 2 AGBG iZw anzunehmen, wenn die fragliche Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken des BGB oder des (55)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
V o r b e m zu § § 5 3 5 , 5 3 6 147 g - 1 4 8 c
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
2. WKSchG unvereinbar ist oder wenn sie wesentliche Rechte des Mieters oder wesentliche Pflichten des Vermieters, die sich aus der Natur der Miete ergeben, so einschränkt, daß die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist. Die Einzelheiten regeln hierbei die beiden, umfangreichen Kataloge der §§ 10 und 11 AGBG. 147g Bei der Anwendung der §§ 9-11 AGBG auf Formularmietverträge ist davon auszugehen, daß die gesetzliche Regelung der Miete im BGB und im 2. WKSchG grundsätzlich eine unter sozialen Gesichtspunkten angemessene und ausgewogene Verteilung der Rechte und Pflichten zwischen den Parteien darstellt, so daß hiervon durch Formularverträge zum Nachteil des Mieters nur abgewichen werden darf, wenn es sich dabei um untergeordnete Punkte mehr technischer Art handelt oder wenn für die Abweichung zwingende, sachliche Gründe aus den Beziehungen der Parteien bestehen ( B U B - G R A F VON W E S T P H A L E N 7 f, 2 1 f; E M M E R I C H J U S 1 9 7 2 , 3 6 1 , 3 6 6 f; H E N S E N , AGBG §§ 9 - 1 1 Anh Rz 5 0 0 - 5 1 6 ; STERNEL R Z I I 1 7 ff; SCHLOSSER § 9 Rz 146). Abweichungen von der gesetzlichen Regelung sind daher i Erg nur noch in ganz engen Grenzen möglich, wie im folgenden zu zeigen sein wird. 148 Y) Der Abschluß des Mietvertrages kann nicht mit dem Kauf von Einrichtungsgegenständen oder der Übernahme von Versicherungen gekoppelt werden ( H E N S E N R Z 502). Bei mehreren Mietern kann nicht eine generelle, gegenseitige Bevollmächtigung der Mieter vorgeschrieben werden ( H E N S E N R Z 5 0 4 , 9 2 0 f; SCHLOSSERC O E S T E R - W A L T J E N - G R A B A § 9 Rz 1 3 9 ) . Ebenso unzulässig sind Zugangsfiktionen und besondere Formvorschriften zB für Kündigungen (§§10 Nr 6,11 Nr 16 AGBG). Die Fiktion von Willenserklärungen, zB der Billigung der Nebenkostenabrechnung bei Unterlassung sofortigen Widerspruchs, verstößt gegen § 10 Nr 5 AGBG ( B U B - G R A F VON WESTPHALEN 8 , 3 0 ) . Ebenso unzulässig ist die formularmäßige Erklärung, der Mieter habe die Räume in einwandfreiem Zustand vorgefunden ( § § 9 Abs 2 Nr 2, 11 Nr 15 lit b AGBG; u § 539 Rz 102; AG Kaiserslautern WuM 1980, 1 0 0 ; LG Mannheim FWW 1 9 7 7 , 9 4 ; B U B DWW 1 9 7 7 , 7 6 , 8 0 ; ders - G R A F V O N WESTPHALEN 1 2 , 2 7 ; H E N S E N Rz 5 0 2 ) . Dasselbe gilt überhaupt für jede Abweichung von der gesetzlichen Äewm/asrverteilung (§ 1 1 Nr 1 5 AGBG; B U B - G R A F VON WESTPHALEN 2 6 ) .
148a Der Vermieter kann sich grundsätzlich nicht vorbehalten, statt der vereinbarten eine andere Wohnung zu leisten (§ 10 Nr 4 AGBG; B U B - G R A F VON W E S T P H A L E N 29). Auch die Haftung des Vermieters für die rechtzeitige Überlassung der Wohnung kann mit Rücksicht auf das elementare Interesse des Mieters gerade an diesem Punkt weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden; ohnehin ist eine Beschränkung der Vermieterhaftung nur noch in ganz engen Grenzen möglich (§ 537 Abs 3; §§ 9,11 Nr 7,8 und 10 AGBG; dazu unten § 537 Rz 60 ff; B U B - G R A F V O N WESTPHALEN 12,21 f; HENSEN R z 5 0 2 , 5 0 8 ) .
148b Umgekehrt kann auch die Mieterhaftung grundsätzlich nicht mehr durch Formularverträge über den gesetzlichen Rahmen hinaus erweitert werden (§ 9 A G B G iVm § 276); insbes kann dem Mieter weder unmittelbar noch mittelbar eine Haftung für von ihm nicht zu vertretende Schäden auferlegt werden. Dagegen verstößt insbes die verbreitete Klausel, daß alle Mieter gesamtschuldnerisch haften sollen, wenn sich nicht aufklären läßt, worauf eine Verstopfung von Röhren zurückzuführen ist (unten §
548
Rz
TRINKNER
1 4 ; B U B - G R A F VON WESTPHALEN 2 5 ; §
9
Rz
50;
L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N -
SCHLOSSER-COESTER-WALTJEN-GRABA
§
9
Rz
141;
LG
Karlsruhe MDR 1980, 230 Nr 73). 148c Auch die Rechtsfolgen etwaiger Vertragsverletzungen des Mieters können nur in engen Grenzen über den gesetzlichen Rahmen hinaus verschärft werden. Vertragsstrafenversprechen sind ohnehin generell verboten (§ 550 a; § 11 Nr 6 AGBG). Aber auch der nicht weniger gefährlichen Pauschalierung der Schadensersatzansprüche des Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 5 3 6 148 d-149
Vermieters zieht das A G B G in § 11 Nr 5 engen Grenzen, mit denen zB die Forderung hoher sog Bearbeitungsgebühren und weit über den Rahmen des § 288 Abs 1 S 1 hinausgehender Zinsen bei Zahlungsverzug des Mieters unvereinbar ist (BUB-GRAF VON WESTPHALEN 25; HENSEN R Z 502). Schließlich kann durch Formularverträge auch nicht das Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung über den gesetzlichen Rahmen hinaus erweitert werden (§§ 554 a, 554 b; § 9 A G B G ; HENSEN Rz 509; SCHLOSSER § 9 R Z 1 4 9 ) .
Unbedenklich ist hingegen zB die Bestimmung, daß der Vermieter bei Zahlungsver- 148d zug des Mieters die Sache zur Sicherheit bis zur Bezahlung der Rückstände an sich nehmen darf (vgl § 320; BGH B B 1978,523 = ZMR 1978,178 gegen OLG Hamm B B 1976, 1049). Hingegen ist es nach dem Gesagten ausgeschlossen, durch Formularvertrag zu bestimmen, daß der Vermieter bei Zahlungsverzug des Mieters trotz Kündigung Fortzahlung des Mietzinses bis zu dem vertraglich vorgesehenen Vertragsende verlangen kann (BGHZ 71, 196, 204 f = JuS 1978, 632 Nr 6 für Leasingverträge; SCHLOSSER § 9 Rz 147). Die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht des Vermieters gehört zu den das 148e gesetzliche Wesen der Miete bestimmenden Hauptleistungspflichten iS des § 9 Abs 2 Nr 2, wie unmittelbar aus § 536 folgt. Daher kann diese Pflicht (entgegen einer verbreiteten Meinung) durch Formularverträge weder eingeschränkt noch gar ganz oder teilweise auf den Mieter abgewälzt werden (s §§ 5 3 5 , 5 3 6 Rz 15 ld; WICK WuM 1980, 237). Das gilt auch und gerade für die Pflicht zur Vornahme der sog Schönheitsreparaturen. Namentlich in diesem Punkt ist eine grundlegende Änderung der Mietvertragspraxis schon längst überfällig.* Das Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsrecht des Mieters bei Vertragsverletzun- 148f gen des Vermieters wird gegen seine Beseitigung oder Einschränkung durch Formularverträge sowohl durch § 552 a als auch durch die §§ 9 und 11 Nr 2 und 3 A G B G umfassend geschützt (s dazu im einzelnen§ 537 Rz 51a, § 551 Rz 6 - 9 , § 5 5 2 a R z 1 2 ; B U B - G R A F VON WESTPHALEN 1 0 , 2 3 ; HENSEN R Z 5 0 2 ; STERNEL R Z I I
101 f).
d) Formularverträge sind auch außerhalb der Wohnraummiete außerordentlich 149 verbreitet. Bekannt geworden sind vor allem der Einheitsmietvertrag für Baugeräte sowie die Uberlassungsbedingungen für Fernsprechnebenstellenanlagen und die Formularverträge der Vermieter von Kraftfahrzeugen. aa) Der Einheitsmietvertrag (EMV) für Baugeräte (RAnz 1940 Nr 13 2) war während des Krieges für allgemein verbindlich erklärt worden (zuletzt B G H Z 2 , 1 7 6 ; 2,192). Diese Verordnung ist jedoch 1948 außer Kraft getreten (BGH LM Nr 1 zu § 558 B G B ) . Der genaue Zeitpunkt ist str (ROQUETTE § 535 Rz 131 m Nachw). An die Stelle des EMV sind seitdem wieder die in sich sehr unterschiedlichen Geschäftsbedingungen der einzelnen Vermieter getreten (vgl zB ERMAN-SCHOPP Vorbem 76 zu § 535; zur Rechtslage, wenn der Vermieter gleichzeitig das Bedienungspersonal stellt, s oben Vorbem 36). * Schrifttum: s unten §§ 535, 536 Rz 143 f; SONNENSCHEIN NJW 1980, 1713; ebenso A G Tempelhof-Kreuzberg Z M R 1 9 7 9 , 2 4 2 , 2 4 3 ; LOWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER § 9 Rz 72; etwas enger L G Köln WuM 1980, 255; A G Köln WuM 1980, 50 f; HENSEN Rz 503 f; aM zB L G Berlin Z M R 1979, 244 m abl Anm Wolf = F W W 1979, 250; L G Wuppertal WuM 1979, 72 f m Anm FRITZ; A G Köln WuM 1979, 164 f; BUB D W W 1977, 76, 7 8 ; W KOHLER NJW 1979, 2 5 0 5 ; KRAPPEN Z M R 1978, 193; SCHLOSSER § 9 RZ 148; vermittelnd L G Frankfurt WuM 1979, 151, 152, nach dem dem Mieter zumindest der Gegenbeweis möglich bleiben muß, daß die Wohnung tatsächlich nicht renovierungsbedürftig war; A G Krefeld Z M R 1 9 8 0 , 2 4 1 m Anm WICK. Wie hier für die Renovierungspflicht bei Vertragsende grdleg O L G Hamm WuM 1981, 77; L G Mannheim WuM 1981, 87. (57)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 150-150 e 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
150 bb) In den Geschäftsbedingungen der Vermieter von Kraftfahrzeugen finden sich häufig in meistens ganz verwirrender Anordnung überaus belastende Haftungs- und Beweislastregeln zum Nachteil der Mieter. Im Ergebnis ist die Haftung typischerweise so geregelt, daß der Mieter grundsätzlich für alle im einzelnen aufgeführten Schäden an dem Fahrzeug und für die damit verbundenen Folgeschäden haften soll, sofern er sich nicht zu entlasten vermag. Der Mieter kann sich jedoch eine Haftungsbefreiung durch die zusätzliche Zahlung der Prämien für eine Kaskoversicherung erkaufen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Vermieter tatsächlich eine Kaskoversicherung abgeschlossen hat oder nicht. Entsprechend § 61 VVG entfällt die Haftungsbefreiung jedoch wieder, wenn der Mieter vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat (vgl zB OLG Nürnberg VersR 1 9 7 3 , 1 0 7 6 ; H E N S E N , in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG [ 3 . Aufl 1 9 7 8 ] § § 9 - 1 1 Anh Rz 5 1 2 f; L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG [ 1 9 7 7 ] § 9 Rz 5 0 ) . 150a a) Wegen ihrer Unübersichtlichkeit, Unklarheit, Unverständlichkeit und Widersprüchlichkeit verstoßen die Geschäftsbedingungen der Kraftfahrzeugvermieter (AGB) sehr häufig schon gegen die §§ 2 Abs 1 Nr 2, 3 und 5 AGBG, so daß sie von vornherein gar nicht Vertragsbestandteil werden ( H E N S E N Rz 512). Aber auch wenn sie (ausnahmsweise) Eingang in den einzelnen Vertrag gefunden haben, halten sie vielfach einer Inhaltskontrolle an Hand des AGBG nicht stand. 150b ß) Eine vollständige Freizeichnung des Vermieters verstößt in jedem Fall gegen die §§ 9, 11 Nr 7 und 24 AGBG. Ebensowenig kann umgekehrt durch die AGB des Vermieters eine vom Verschulden unabhängige Haftung des Mieters begründet werden (§ 9 AGBG; LG Berlin VersR 1969,164; H E N S E N R Z 513; L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER § 9 R Z 5 0 ) .
150c Hingegen ist es grundsätzlich zulässig, eine (begrenzte) Haftungsbefreiung des Mieters bei Übernahme der Kaskoversicherungsprämien vorzusehen. Schon die bloße Abwälzung dieser Prämien auf den Mieter hat daher konkludent eine derartige Haftungsbefreiung zur Folge.* Die Haftungsbefreiung wirkt in diesem Falle auch zu Gunsten des berechtigten Fahrers, selbst wenn er nicht Vertragspartner ist.** 150d Entsprechend § 61 W G kann auch vorgesehen werden, daß die Haftungsbefreiung wieder entfällt, wenn der Mieter vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt hat. Die Beweislast hierfür trifft aber stets den Vermieter und kann nach § 11 Nr 15 AGBG nicht auf den Mieter abgewälzt werden (BGHZ 65,118; BGH VersR 1976,880; LG Frankfurt NJW 1978, 952; H E N S E N Rz 513; L Ö W E - G R A F V O N W E S T P H A L E N T R I N K N E R § 9 Rz 50, § 11 Nr 15 Rz 8). Hingegen ist eine weitergehende Einschränkung der Haftungsbefreiung, die über das vom VVG vorgezeichnete Bild der Kaskoversicherung hinausgeht, durch AGB nicht möglich (BGHZ 70, 304, bes 310 f = NJW 1978, 945; H E N S E N Rz 513). Insbes kann nicht bestimmt werden, daß die Haftungsbefreiung entfallen soll, wenn der Mieter bei einem Unfall nicht die Polizei zwecks Unfallaufnahme hinzuzieht (OLG Frankfurt NJW 1965, 588; LG Frankfurt NJW 1978,952;HENSENRz513;aMBGHNJW 1968,2099) oder wenn er das Fahrzeug einem Dritten überläßt (BGH WM 1981, 201). 150e y) Auch eine Klausel, nach der der Mieter mit der Übernahme des Fahrzeugs dessen Mangelfreiheit bestätigt, ist mit § 1 1 Nr 1 5 unvereinbar ( H E N S E N R Z 5 1 3 ) . Eine Schadenspauschalierung ist nach § 11 Nr 5 nur möglich, wenn dem Mieter der Nachweis offen bleibt, daß tatsächlich nur ein weit geringerer Schaden entstanden ist * B G H Z 2 2 , 1 0 9 , 1 1 3 f; 26,282; 4 3 , 2 9 5 , 2 9 9 f; 70,304,306 f = NJW 1978,945,946; B G H L M N r 12 zu § 157 (Gf) BGB; VersR 1976, 688; WM 1976, 210, 211. ** B G H Z 22,109,122; 4 3 , 2 9 5 , 2 9 9 ; KG Betrieb 1974,1571; O L G Hamm VersR 1971,242; OLG Nürnberg VersR 1971, 259.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(58)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 150 f-153
(BGHZ 67, 312; BGH WM 1976, 210 = JuS 1976, 676 Nr 7); bedenklich ist schließlich auch die Klausel, daß für jeden Reparaturtag Ersatz des vollen Mietausfalls verlangt werden kann ( H E N S E N R Z 513). cc) Zahlreiche gegen das AGBG verstoßende Klauseln enthalten auch die von allen 150f Herstellern nach dem Vorbild der Bundespost verwandten sog „Allgemeinen Überlassungsbedingungen für die Vermietung von FernsprechnebensteUenanlagen" (s HENSEN, in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG [3. Aufl 1978] §§ 9-11 Anh Rz 515 f). Bedenken bestehen hier vor allem gegen die Schadenspauschalierung, gegen den Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts des Mieters sowie gegen die Ausdehnung des Kündigungsrechts des Vermieters und der Haftung des Mieters über den gesetzlichen Rahmen hinaus (s § 550a Rz 13; KG OLGZ 1966,4; OLG Hamm WM 1973, 526). dd) Die bei der Vermietung von EDV-Anlagen üblichen AGB sind abgedruckt im 150g BAnz v 2. 2. 1 9 7 3 Beilage Nr 2 / 1 9 7 3 (dazu C A M P I C H E - K I R S C H BB 1 9 7 3 , 1 2 8 7 ) . 7. Die Sittenwidrigkeit von Mietverträgen 151 a) Mietverträge können wie alle anderen Verträge wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein, so insbes wenn der Vertragszweck auf eine sittenwidrige Verwendung der vermieteten Sache gerichtet ist (§ 138; s im einzelnen M I T T E L S T E I N 208 ff). aa) Als sittenwidrig wurden früher vor allem Miet- oder Pachtverträge über Bordelle behandelt (BGHZ 41, 341; BGH BB 1969, 1106 = Betrieb 1969, 1742). Mit Rücksicht auf die gewandelten sexuellen Anschauungen hat der BGH jedoch diese Praxis inzwischen aufgegeben. Miet- oder Pachtverträge über Bordelle gelten heute nur noch als sittenwidrig, wenn der Mieter oder Pächter von den Dirnen einen überhöhten Mietzins verlangt, sie also wirtschaftlich ausbeutet oder wenn er die Prostituierten in ihrer Selbständigkeit beeinträchtigt und sie zu ihrer Betätigung anhält, sowie schließlich dann, wenn der vereinbarte Pacht- oder Mietzins in einem auffälligen Mißverhältnis zu dem objektiven Pachtwert steht.* Letzteres dürfte freilich in aller Regel der Fall sein, so daß sich die Ergebnisse der neueren Praxis nicht wesentlich von denen der früheren Praxis unterscheiden werden. bb) Sittenwidrig sind hingegen zweifelsfrei (Art 6 GG) die auch heute noch (oder 152 wieder) in Mietverträgen anzutreffenden Zölibats- oder Kinderlosigkeitsklauseln oder etwa ein Verbot des Geschlechtsverkehrs (AG Köln WuM 1962, 221; AG Tübingen WuM 1979, 77 f; PERGANDE NJW 1964, 1925, 1928; SCHNEIDER ZMR 1973,325; W E I M A R WuM 1961,101). Genausowenig wie den Mieter das Privatleben des Vermieters etwas angeht, geht auch den Vermieter das Privatleben des Mieters etwas an. Jedes Eindringen in die Intimsphäre des Mieters ist ihm verwehrt. cc) Daher kann auch die Ansicht, die Vermietung von Räumen an Paare, die in wilder 153 Ehe leben, oder an Personen mit häufig wechselnden Partnern sei sittenwidrig, nur als
* BGHZ 63,365 = JuS 1975,396 Nr 7 M Anm H O N S E L L JZ1975,439; ebenso schon BGH LM Nr 6 zu § 138 (Ce) BGB; WM 1974, 750; OLG Hamm NJW 1975, 693; Urt v 4. 5. 1976 - 7 U 77/75; R O T H E R A C P 172 (1972) 498, 508 ff. ** BERGFELDER W U M
1 9 7 7 , 4 5 , 4 6 ; SCHNEIDER Z M R
1973, 131 f; TONDORF W U M
1974,
229;
1974, 49; M Ü L L E R ZMR 1970, 289, 290 f; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 96 ff; G I T T E R 16; unhaltbar OLG Hamm FamRZ 1977, 318; 320; AG Emden NJW 1975,1363; s dazu die Kontroverse von B E E R JuS 1977, 374; S C H N E I D E R WuM 1975, 221; S C H I C K E D A N Z und
WEIMAR W U M
PETERS N J W 1 9 7 5 , 1 8 9 0 ; H Ä N D E L N J W 1 9 7 6 , 5 2 1 ; LEHNEN M D R (59)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
1980, 353.
Vorbem zu §§ 535, 536 154-156 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
folglich niemals kündigen (s § 554 a Rz 17 f). Eine ganz andere Frage ist es hingegen, ob durch solche Vorgänge die anderen Mieter belästigt werden, so daß der Vermieter deshalb nach den §§ 550 und 553 vorgehen kann. 154 b) Zum Schutze der Mieter gegen Ausbeutung durch überhöhte Mietzinsen sind in den letzten Jahren die Strafvorschriften gegen Wucher ständig verschärft worden. aa) Nach § 302 a StGB macht sich strafbar, wer die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen einen Vermögensvorteil versprechen oder gewähren läßt, der in einem auffälligen Mißverhältnis zu seiner Leistung steht; ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn der Täter durch die Tat den anderen in wirtschaftliche Not bringt, wenn er die Tat gewerbsmäßig begeht oder wenn er sich durch Wechsel wucherische Vermögensvorteile versprechen läßt.* Entsprechendes gilt auch für die Vermittlung solcher Leistungen. Maßstab für die wucherische Überhöhung des Mietzinses ist dabei die ortsübliche Vergleichsmiete iS des § 2 MHRG, zu deren Ermittlung die Gerichte auch in Strafverfahren in erster Linie auf Mietspiegel der Gemeinden zurückgreifen. 155 bb) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen läßt oder annimmt; unangemessen hoch sind Entgelte, die infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte für vergleichbare Räume nicht unwesentlich übersteigen (§ 5 WiStG, sog Sozialwucher). Maßstab ist hier ebenso wie bei § 302 a StGB (oben Rz 154) die ortsübliche Vergleichsmiete iS des § 2 MHRG, zu deren Ermittlung hier ebenfalls wenn irgend möglich auf kommunale Mietspiegel zurückgegriffen wird. Dabei begnügt sich die Praxis idR schon mit einer Überschreitung dieses Mietpreisniveaus um 20 bis 25% zur Bejahung des Tatbestandes des § 5 WiStG.** 155a Neben den beiden erwähnten Straftatbeständen ist natürlich stets die Anwendbarkeit des § 138 zu erwägen, der ohnehin 1976 dem § 302 a StGB weitgehend angepaßt worden ist (s STERNEL RZ I I I 24 f). § 138 II kann jedoch idR nur angewandt werden, wenn der übliche Mietzins um 50% überschritten wird (LG Wiesbaden ZMR 1980, 236 f). 156 cc) Die genannten Strafvorschriften gegen den Wucher sind gesetzliche Verbote iS des § 134 BGB, so daß bereits der objektive Verstoß gegen sie zur Nichtigkeit der entsprechenden Abreden führt ( L G Hamburg N J W 1 9 7 1 , 1 4 1 1 f WuM 1 9 7 9 , 6 3 ; L G Köln NJW 1965, 157 ff Nr 8 m zust Anm ROQUETTE; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK D 17 f). Angesichts des Schutzzweckes dieser Vorschriften ist jedoch anzunehmen, daß sich die Nichtigkeit auf den über das zulässige Maß hinausgehenden Teil der * Vgl hierzu zB OLG Köln NJW 1976, 119 f m Nachw; OLG Frankfurt ZMR 1978, 286, 287; LG Köln ZMR 1975,367; 1977,148 Nr 11; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 74 ff; insbes ders BLANK D 1 0 6 ff; STERNEL R z III 2 4 f; GALLAS-SCHIRMEISTER W u M 1 9 7 8 , 8 1 ; BUSCHMANN B 1 G B W 1 9 6 4 , 1 9 9 ; HOPPMANN B 1 G B W 1 9 6 5 , 153.
** BReg, Bericht, BT-Drucks 8/2610,10 f; OLG Frankfurt ZMR 1978, 286,287; OLG Köln WuM 1 9 7 9 , 8 5 ; L G Duisburg W u M 1 9 7 9 , 2 2 1 ; L G H a m b u r g Z M R 1 9 7 9 , 2 0 8 ; W u M 1 9 7 9 , 6 3 , 6 4 ; 1979, 199; L G M a n n h e i m Z M R 1 9 7 9 , 6 2 ; W u M 1 9 7 6 , 6 8 = M D R 1 9 7 6 , 3 1 6 ; 1 9 7 7 , 5 8 1 F N R 5 4 ; 1 9 7 8 , 55 N r 5 2 ; N J W 1 9 7 7 , 1 7 2 9 ; B a y O b L G Z M R 1 9 7 7 , 3 3 9 ; L G H e i d e l b e r g Z M R 1 9 7 6 , 3 3 4 = W u M 1 9 7 7 , 3 2 ; L G H a m b u r g M D R 1 9 7 7 , 5 8 2 N r 5 5 = D W W 1 9 7 7 , 1 6 4 f ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK D 2 2 f f ; HANS § 5 3 5 A n h ; ESSER-WEYERS II 1 § 2 0 III 1 a. B a y O b L G W u M 1 9 8 1 , 6 9 ; L G E s s e n WuM 1 9 8 1 , 7 0 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(60)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 157-161
Mietzinsvereinbarung beschränkt, im übrigen aber der Vertrag wirksam bleibt; der zuviel gezahlte Mietzins kann deshalb nach den §§ 812, 817 kondiziert werden.* 8. Wertsicherungsklauseln**
157
In Mietverträgen finden sich sehr häufig Wertsicherungsklauseln iS des § 3 WährG. Wegen aller Einzelheiten ist insoweit auf die umfangreiche Literatur und Rechtsprechung zu verweisen.*** Im Folgenden ist nur zu einigen Fragen, die speziell für die Miete bedeutsam sind, näher Stellung zu nehmen. a) Eine Wertsicherungsklausel liegt nach § 3 WährG vor, wenn der Betrag einer 158 DM-Schuld, dh die Höhe des Mietzinses durch den Kurs einer fremden Währung oder durch den Preis von Gold oder anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden soll. Solche Wertsicherungsklauseln sind grundsätzlich verboten, können aber im Einzelfall von der Bundesbank genehmigt werden. Die Bundesbank verfährt hierbei mit Billigung der Rspr (BVerwGE 41,1) nach von ihr bekannt gemachten sog Grundsätzen, deren letzte Fassung vom 9. 6.1978 stammt (s den Abdruck u Rz 171; dazu zuletzt W I L L M S - W A H L I G BB 1978, 973). b) § 3 WährG bedeutet eine sehr erhebliche Einschränkung der Vertragsfreiheit der 159 Parteien. Die Vorschrift wird deshalb vom B G H sehr restriktiv interpretiert (grdl B G H Z 14, 306); außerdem schränken die Gerichte die Folgen eines Verstoßes der Parteien gegen § 3 WährG für den restlichen Vertrag soweit wie irgend möglich ein. aa) Eine genehmigungsbedürftige Wertsicherungsklausel wird vom B G H nur 160 angenommen, wenn der Schuldbetrag durch eine (außerhalb des Schuldverhältnisses liegende) Vergleichsgröße fest bestimmt ist, dh wenn der Betrag in unmittelbare Abhängigkeit zu der Veränderung der fraglichen Vergleichsgröße gebracht ist, so daß eine Veränderung der letzteren automatisch eine Änderung des Schuldbetrages nach sich zieht; gleich steht dabei der Fall, daß der Schuldner verpflichtet ist, der im voraus genau festgelegten Veränderung des Betrages zuzustimmen. Entsprechendes gilt, wenn die Neufestsetzung des Betrages einem Dritten übertragen ist (BGH WuM 1981, 66). a) Keine Wertsicherungsklauseln sind hiernach die verbreiteten Leistungsvorbehal- 161 te, bei denen die Parteien lediglich vereinbaren, daß im Falle einer bestimmten Veränderung der Vergleichsgröße die Höhe der Gegenleistung durch die Parteien oder einen Dritten neu festgesetzt werden soll (§§ 315 f), weil und sofern hier die das * LG Hamburg, LG Heidelberg o Rz 155; LG Mannheim WuM 1975, 172, 173 f; 1976, 68, 69; NJW1977,1729; LG Duisburg WuM 1979,221; AG München WuM 1978,164; AG Stuttgart W u M 1 9 8 0 , 2 5 3 f ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK D 1 8 ; STERNEL R Z I I I 2 2 , 3 8 ; WEIMAR B e t r i e b 1 9 6 3 , 4 3 9 ; a M z B ROQUETTE § 5 3 5 R z 2 6 9 . ** S c h r i f t t u m : B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 6 5 ff z u § 5 3 5 ; BULLA JUS 1 9 7 6 , 1 9 ; EMMERICH,
in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts (1974) 332 ff; PATZER DWW 1975, 231; ROQUETTE § 5 3 5 R z 2 5 5 f f ; WEDEMEYER B e t r i e b 1 9 6 9 , 1 9 2 5 ; WEIMAR W U M 1 9 7 5 , 1 6 1 ; DÜRKES,
Wertsicherungsklauseln (8. Aufl 1972) Rz C 23, D 172, F 116 (S 57, 220, 352 ff); ders BB 1979, 8 0 5 ; WILLMS-WAHLIG B B 1 9 7 8 , 9 7 3 ; VONMAYDELL, G e l d s c h u l d u n d G e l d w e r t ( 1 9 7 4 ) ; BILDA,
Anpassungsklauseln in Verträgen (2. Aufl 1973); STERNEL Rz II 73 f (S 77 f). *** Aus der Praxis zuletzt B G H Z 63,132,134 ff; BGH WuM 1974,253; 1975,48; 1976,3; 1976,47; MDR 1976,310; NJW 1976,142 f; 1976,422; WM 1975,1131 = JuS 1976,119 Nr4; WM 1977, 1330; 1979,784; 1979,1308 f; LM Nr 20/21 zu § 3 WährG = NJW 1973,1498; L M N r 27,29 zu § 3 WährG; WM 1980, 1456; WuM 1981, 66. (61)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu §§ 535, 536 162-164 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Wesen der Wertsicherungsklausel ausmachende Automatik fehlt (oben Rz 160). Ohne Rücksicht auf die von den Parteien gewählte Formulierung kann daher ein Leistungsvorbehalt nur angenommen werden, wenn den Parteien bzw dem Dritten tatsächlich ein echter Ermessensspielraum bei der Neufestsetzung bleibt. Sind sie hingegen der Sache nach strikt an die Veränderung der Vergleichsgröße gebunden, so handelt es sich in Wirklichkeit doch um eine (genehmigungsbedürftige) Wertsicherungsklausel.* Bei langfristigen Verträgen können Leistungsvorbehalte im übrigen durchaus auch mehrfach zur Anwendung kommen (OLG Hamburg MDR 1980, 848 f). 162 ß) Genehmigungsfrei sind außerdem die sog Spannungsklauseln, bei denen die Bewertung im wesentlichen gleichartiger oder vergleichbarer Leistungen miteinander gekoppelt wird, bei denen also die eine Leistung anhand einer anderen, vergleichbaren oder gleichartigen Leistung eingestuft wird. Voraussetzung für die Annahme einer genehmigungsfreien Spannungsklausel ist maW, daß ein im Schuldverhältnis bereits angelegter Bezugswert zum Anpassungsmaßstab gewählt wird, zB durch die Koppelung von Ruhegeldern an die Beamtenbezüge. Werden hingegen Leistungen miteinander gekoppelt, die nicht in diesem Sinne vergleichbar oder gleichwertig sind, so handelt es sich in Wirklichkeit um eine genehmigungsbedürftige Wertsicherungsklausel.** 163 Die Genehmigungsfreiheit von Spannungsklauseln gilt auch für Mietverträge (grdleg B G H LM Nr 29 zu § 3 WährG = NJW 1976, 422). Eine genehmigungsfreie Spannungsklausel liegt namentlich vor, wenn Wertmesser für den Mietzins der vom Mieter seinerseits erzielte Mietzins ist (BGH aaO). Hingegen handelt es sich nicht mehr um eine Spannungsklausel, wenn der Mietzins an die Entwicklung der Hypothekenzinsen oder der Beamtengehälter gekoppelt wird (BGH LM Nr 20/21 zu § 3 WährG = NJW 1973, 1498; MünchKomm-voN M A Y D E L L § 244 Rz 25; WILLMS-WAHLIG B B
1978,
973,
974;
PALANDT-HEINRICHS
§ 245
Anm
5 b,
bb;
Wertsicherungsklauseln Rz D 11 [S 125]); dasselbe gilt für eine Koppelung des Mietzinses an die Entwicklung des Grundstückwertes (grdleg BGH NJW 1979, 1545, 1546; P A L A N D T - H E I N R I C H S aaO; DÜRKES, Wertsicherungsklausel Tz D 25, 164). Ebensowenig ist schließlich eine Koppelung des Mietzinses an die Entwicklung des Baukostenindexes möglich (DÜRKES, Wertsicherungsklausel Rz D 25). DÜRKES,
164 Y) Umstritten ist nach wie vor die Behandlung der sog Kostenelementeklauseln oder Preisgleitklauseln, auch Preisvorbehalte genannt, die sich auch in Mietverträgen namentlich über EDV-Anlagen häufig finden. Nach diesen Klauseln soll der Vermieter der Anlage berechtigt sein, den Mietzins zu erhöhen, wenn sich die Kosten einzelner für die Herstellung der Anlage maßgeblicher Faktoren ändern. Sicher zulässig ist jedenfalls die offene Überwälzung tatsächlich entstandener Mehrkosten
* Zu den im einzelnen schwankenden Kriterien für die Abgrenzung der Leistungsvorbehalte von den Wertsicherungsklauseln s insbes B G H Z 53, 315, 318; B G H LM Nr 11, 13, 14, 15 und 18 zu § 3 WährG; ZMR 1980, 83 f; NJW 1979, 1545 f; BB 1958, 1120; 1963, 497; 1971, 288; 1971, 289; 1 9 7 4 , 1 5 0 6 ; 1 9 7 8 , 5 8 1 ; N J W 1 9 7 0 , 2 1 0 3 ( m A n m BILDA 3 7 2 u n d THIELE J Z 1 9 7 1 , 2 9 2 ) ; W M
1968,470; 1 9 6 8 , 6 1 7 ; B G H Z 6 2 , 3 1 4 = JuS 1974,797 f N r 3 ; B V e r w G E 4 1 , 1 = NJW 1973,529; EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts 333; MünchKomm-voN MAYDELL § 2 4 4 R z 2 3 f ; PALANDT-HEINRICHS § 2 4 5 A n m 5 b , a a ; WILLMS-WAHLIG B B 1 9 7 8 , 9 7 3 , 9 7 4 ; STERNEL T z I I 7 5 f.
** B G H Z 14, 306, 310 ff; B G H LM Nr 2 zu 133 (A) BGB; Nr 11, 20/21, 23, bes 29 zu § 3 WährG; B G H NJW 1979, 1545, 1546; 1979, 1888, 1889; EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und S c h u l d r e c h t s 3 3 3 ; M ü n c h K o m m - v o N MAYDELL § 2 4 4 R z 2 5 ; PALANDT-HEINRICHS § 2 4 5 A n m 5 b, b b ; STERNEL R z I I 7 7 , 8 4 f; WILLMS-WAHLIG B B 1 9 7 8 , 9 7 3 , 9 7 4 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(62)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 165-167
auf den Mieter, zB der erhöhten Kosten der Müllabfuhr oder der Fremdfinanzierung, wobei aber bei Wohnraummietverhältnissen die Sonderregelung des § 4 MHRG zu berücksichtigen ist (BGH LM Nr 20/21 zu § 3 WährG = NJW 1973, 1498; WILLMS-WAHLIG BB 1 9 7 8 , 9 7 3 , 9 7 5 ) . Im übrigen ist jedoch die Behandlung dieser Klauseln umstritten. Während die Bundesbank an ihrer Genehmigungsbedürftigkeit festhält (s WILLMS-WAHLIG aaO), geht die hM im Schrifttum von ihrer unbeschränkten Zulässigkeit aus (zuletzt MünchKomm-voN MAYDELL § 2 4 4 Rz 2 6 ; PALANDTHEINRICHS § 2 4 5 Anm 5 b, cc; insbes DÜRKES BB 1 9 7 9 , 8 0 5 ) . Dieser Meinung hat sich jetzt auch der BGH ausdrücklich angeschlossen (BB 1 9 7 9 , 1 2 1 3 , 1 2 1 4 ) , so daß auch in Mietverträge Preisgleitklauseln ohne weiteres aufgenommen werden können. c) Soweit hiernach Wertsicherungsklauseln einer Genehmigung der Bundesbank auf 165 Grund des § 3 WährG bedürfen, richtet sich die Bundesbank im Augenblick nach den Grundsätzen vom 9. 6.1978 (Mitteilung Nr 1 0 1 5 / 7 8 abgedr unten Rz 1 7 1 ; dazu zB WILLMS-WAHLIG BB 1 9 7 8 , 9 7 3 , 9 7 5 f). Danach werden Wertsicherungsklauseln in Miet- und Pachtverträgen über Gebäude oder Räume grundsätzlich nicht genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen besonders langfristigen Vertrag handelt (Nr 1 lit b der Grundsätze v 9. 6 . 1 9 7 8 ) . Unter dieser Voraussetzung kann der Mietzins auch an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten gekoppelt werden (Nr 3 lit a, aa der Grundsätze; vgl hierzu auch PALANDT-HEINRICHS § 2 4 5 Anm 5 a). Eine nachträglich von der Bundesbank erteilte Genehmigung wirkt stets auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück (BGH Betrieb 1 9 7 9 , 1 5 0 2 ) . d) Bis zur Genehmigung der Wertsicherungsklausel durch die Bundesbank ist der 166 Vertrag schwebend unwirksam (MünchKomm-EMMERICH § 2 7 5 Rz 2 7 ; PALANDTHEINRICHS § 2 4 5 Anm 5 d). Jede Partei muß die andere über die Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrages aufklären, widrigenfalls sie aus cic haftet (MünchKommEMMERICH Vorbem 9 7 zu § 2 7 5 ) . Außerdem muß jede Partei bei der Herbeiführung der Genehmigung mitwirken und alles unterlassen, was eine Erteilung der Genehmigung verhindern könnte (EMMERICH aaO 135). Erweist sich eine Klausel als nicht genehmigungsfähig, so hat dies keinesfalls 167 notwendig oder auch nur im Regelfall die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge; vielmehr ist zunächst zu versuchen, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die unwirksame Klausel durch eine nicht genehmigungsbedürftige, wirksame Klausel zu ersetzen, vorausgesetzt daß eine solche Vertragsanpassung erkennbar den Interessen beider Parteien entspricht. Diese ergänzende Vertragsauslegung wird idR zu einem Leistungsvorbehalt führen, der im wesentlichen denselben Inhalt wie die nicht genehmigungsfähige Wertsicherungsklausel hat, aber ergänzend auf die Billigkeit der Miet- oder Pachtzinserhöhung abstellt, um die gegen § 3 WährG verstoßende Automatik zu vermeiden. Können sich die Parteien über eine solche neue Klausel nicht einigen, so hat nach der Rechtsprechung der Vermieter oder Verpächter außerdem das Recht, den Mietzins einseitig nach den §§ 315 und 316 zu bestimmen, wobei ihn dann aber die volle Beweislast für die Billigkeit der Leistungsbestimmung trifft. Stellte die fragliche Klausel zB auf die Erhöhung eines bestimmten Beamtengehaltes ab, so ist sowohl bei ergänzender Vertragsauslegung als auch im Rahmen der § § 3 1 5 und 3 1 6 von der Erhöhung dieses Gehaltes auszugehen; ergänzend muß dann aber der Vermieter oder Verpächter darlegen, daß sich eine entsprechende Miet- oder Pachtzinserhöhung auch tatsächlich im Rahmen der Billigkeit hält. Hierzu ist zB die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen, wenn der Vertrag erkennbar dem Lebensunterhalt des Vermieters diente. Ergänzend wird stets die Entwicklung des allgemeinen Mietzinsniveaus zu berücksichtigen sein. Hingegen kann im Rahmen der Billigkeitsprüfung die Umsatz(63)
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Vorbem zu §§ 535, 536 168-171 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
entwicklung des Mieters oder Pächters nur berücksichtigt werden, wenn darauf auch schon bei Vertragsschluß abgestellt wurde.* 168 Führt keiner dieser Wege zur Aufrechterhaltung des Vertrages mit verändertem Inhalt, so kann sich immer noch aus cic die Verpflichtung des Mieters ergeben, zu einer Änderung des Vertrages mitzuwirken, wenn nur so der Vertrag genehmigungsfähig oder genehmigungsfrei gemacht werden kann, vorausgesetzt daß ihm diese Änderung zumutbar ist (BGHZ 67, 34; MünchKomm-EMMERiCH Vorbem 136 zu § 275). In aller Regel bedarf es jedoch dieses Umweges nicht, da schon die ergänzende Vertragsauslegung zum Ziel führen wird. 169 Läßt sich der Vertrag weder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung noch durch seine Änderung aufrechterhalten, so führt nach § 139 die Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel grundsätzlich zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages; jedoch wird häufig anzunehmen sein, daß die Parteien den Vertrag dann auch ohne die Wertsicherungsklausel abgeschlossen hätten, so daß er im übrigen wirksam bleibt ( B G H NJW 1974, 2233; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 245 Anm 5 d). 170 e) Das Gesagte (oben Rz 157-169) gilt uneingeschränkt nur für die Fahrnismiete sowie für die gewerbliche Miete von Grundstücken und Räumen, nicht jedoch für die Wohnraummiete, da für die letztere die §§ 1 und 10 MHRG eine Sonderregelung des Fragenkreises enthalten. Danach sind im Anwendungsbereich des M H R G (dazu Vorbem 39 f zu § 1 MHRG) nicht nur Wertsicherungsklauseln, sondern darüber hinaus auch Spannungsklauseln und Leistungsvorbehalte generell verboten (BGH WM 1980, 1456), da ihre Folge durchweg über das M H R G hinausgehende Mietzinserhöhungen sein können (s im einzelnen § 10 MHRG Rz 11 m Nachw). Dementsprechend lehnt auch die Bundesbank ausnahmslos die Genehmigung von Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen über Wohnraum ab (Fußn 1 zu Nr 1 lit b der Grundsätze vom 9. 6. 1978, unten Rz 171). Unberührt hiervon bleiben lediglich Ansprüche auf Mietzinserhöhungen auf Grund wirksamer Wertsicherungski ausein, die schon vor Inkrafttreten des M H R G am 1.1. 1975 entstanden waren (BGH LM Nr 32 zu WährG = MDR 1977, 572). 171 f) Die Grundsätze der Bundesbank bei der Entscheidung über Genehmigungsanträge nach § 3 des WährG vom 9. Juni 1978 (Mitteilung Nr 1015/78, BAnz Nr 109 vom 15. 6. 1978 S 4) haben folgenden Wortlaut: Die Deutsche Bundesbank weist zur Unterrichtung der Öffentlichkeit auf folgendes hin: 1. Klauseln, nach denen ein in Deutscher Mark geschuldeter Betrag durch den künftigen Kurs einer anderen Währung oder durch den künftigen Preis oder Wert von Gütern oder Leistungen bestimmt werden soll ( § 3 Satz 2 des Währungsgesetzes, Nummer 2 c Satz 2 der Währungsverordnung für Berlin), werden nicht genehmigt a) bei Zahlungsverpflichtungen aus Darlehen, auch aus in Darlehen umgewandelten Schuldverhältnissen anderer Art, aus Schuldverschreibungen, Kapital- und Rentenversicherungen, Bankguthaben oder Abmachungen anderer Art, die die Rückzahlung eines Geldbetrages zum Gegenstand haben (Zahlungsverpflichtungen aus dem Geld- und Kapitalverkehr); * Vgl. insbes BGHZ 63, 132, 134 ff; BGH LM Nr 51 zu § 139 BGB = WM 1976, 384 = ZMR 1976, 138; LM Nr 20/21 zu § 3 WährG; NJW 1979, 1545 1546; 1979, 2250; WuM 1980, 83 f; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 2 4 5 A n m 5 d ; STERNEL R Z I I 8 0 f.
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3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu §§ 535, 536 171
b) in Miet- und Pachtverträgen über Gebäude oder Räume 1 ), es sei denn, daß der Vertrag - für die Lebenszeit einer der Parteien, - für die Dauer von mindestens 10 Jahren, - mit dem Recht des Mieters oder des Pächters, die Vertragsdauer auf mindestens 10 Jahre zu verlängern oder - in der Weise abgeschlossen ist, daß er vom Vermieter oder Verpächter durch Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren beendet werden kann. 2. Unabhängig von der Art des Schuldverhältnisses werden solche Klauseln nicht genehmigt, wenn a) einseitig ein Kurs-, Preis oder Wertanstieg eine Erhöhung, nicht aber umgekehrt ein Kurs-, Preis oder Wertrückgang eine entsprechende Ermäßigung des Zahlungsanspruchs bewirken oder nur der Gläubiger das Recht haben soll, eine Anpassung zu verlangen oder die Bezugsgröße zu bestimmen (Mindestklauseln, Einseitigkeitsklauseln); b) der geschuldete Betrag an den künftigen Goldpreis gebunden sein soll; c) der geschuldete Betrag allgemein von der künftigen „Kaufkraft" der Deutschen Mark oder einem anderen Maßstab abhängig sein soll, der nicht erkennen läßt, welche Preise oder Werte dafür bestimmend sein sollen; d) der geschuldete Betrag sich gegenüber der Entwicklung der Bezugsgröße überproportional ändern kann (zB durch Gleichsetzung von Indexpunkten mit dem Prozentsatz der Änderung der Geldschuld). 3. Außerdem werden Klauseln nicht genehmigt, nach denen der geschuldete Betrag a) von der künftigen Entwicklung der Lebenshaltungskosten (einem Preisindex für die Lebenshaltung) abhängig sein soll, es sei denn, daß es sich um aa) wiederkehrende Zahlungen handelt, die - auf Lebenszeit des Gläubigers oder des Schuldners, - bis zum Erreichen der Erwerbsfähigkeit oder eines bestimmten Ausbildungszieles des Empfängers, - bis zum Beginn der Altersversorgung des Empfängers, - für die Dauer von mindestens 10 Jahre (gerechnet vom Vertragsschluß bis zur Fälligkeit der letzten Zahlung) oder - auf Grund von Verträgen zu entrichten sind, die die Laufzeitvoraussetzungen von Nummer 1 Buchstabe b erfüllen, oder bb) Zahlungen handelt, die - auf Grund einer Verbindlichkeit aus der Auseinandersetzung zwischen Miterben, Ehegatten, Eltern und Kindern - auf Grund einer letztwilligen Verfügung oder
') Klauseln in Mietverträgen über Wohnraum, auf die das MHRG Anwendung findet, werden nicht genehmigt. (65)
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Vorbem zu §§ 535, 536 171 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
- von dem Übernehmer eines Betriebes oder eines sonstigen Sachvermögens zur Abfindung eines Dritten zu entrichten sind, sofern zwischen dem Entstehen der Verbindlichkeit und der Endfälligkeit ein Zeitraum von mindestens 10 Jahren liegt oder die Zahlungen nach dem Tode eines Beteiligten zu erbringen sind, b) von der künftigen Einzel- oder Durchschnittsentwicklung von Löhnen, Gehältern, Ruhegehältern oder Renten abhängig sein soll, es sei denn, aa) daß es sich um regelmäßig wiederkehrende Zahlungen handelt, die - für die Lebensdauer, - bis zum Erreichen der Erwerbsfähigkeit oder eines bestimmten Ausbildungszieles oder - bis zum Beginn der Altersversorgung des Empfängers zu entrichten sind oder bb) daß der jeweils noch geschuldete Betrag insoweit von der Entwicklung von Löhnen oder Gehältern abhängig gemacht wird, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen, c) vom künftigen Preis oder Wert sonstiger verschiedenartiger Güter oder Leistungen (zB vom Baukostenindex oder einem anderen die Preis- oder Wertentwicklung von einer Anzahl von Gütern oder Leistungen bezeichnenden Index) abhängig sein soll, es sei denn, daß der jeweils noch geschuldete Betrag aa) von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht wird, die der Schuldner in seinem Betriebe erzeugt, veräußert oder erbringt, oder bb) insoweit von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht wird, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen, d) durch den künftigen Kurs einer anderen Währung bestimmt werden soll, es sei denn, daß es sich handelt um aa) Einfuhrverträge, Einfuhranschlußverträge zwischen Importeuren und Erstabnehmern, Ausfuhr-Zulieferungsverträgen zwischen Exporteuren und ihren unmittelbaren Zulieferern oder Kaufverträge des „gebrochenen" Transithandels, sofern die Waren von den Importeuren oder den Transithändlern unverändert weiterveräußert wird oder bb) Passage- oder Frachtverträge im grenzüberschreitenden Verkehr, e) von der künftigen Einzel- oder Durchschnittsentwicklung des Preises oder Wertes von Grundstücken abhängig sein soll, es sei denn, daß sich das Schuldverhältnis auf die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks beschränkt. 4. Soweit nach den vorstehenden Grundsätzen eine nach § 3 Satz 2 des Währungsgesetzes (Nummer 2 c Satz 2 der Währungsverordnung für Berlin) erforderliche Genehmigung nicht ausgeschlossen ist, kann im allgemeinen mit ihrer Erteilung gerechnet werden. 5. Bei Verträgen der in Nummer 3 Buchstabe d bezeichneten Art kann auch mit der Genehmigung zur Eingehung von Verbindlichkeiten in fremder Währung (§ 3 Satz Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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§§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht
1 des Währungsgesetzes, Nummer 2 c Satz 1 der Währungsverordnung für Berlin) gerechnet werden. 6. Diese Grundsätze treten an die Stelle der im Bundesanzeiger Nr 160 vom 29. August 1964 (durch die Mitteilung der Deutschen Bundesbank Nr 1018/64) bekanntgegebenen und durch die Mitteilung der Deutschen Bundesbank Nr 1006/69 (BAnz Nr 169 vom 12. September 1969) geänderten Grundsätze. Soweit sie abweichend von den bisherigen Grundsätzen eine Genehmigung ausschließen, werden sie auf Vereinbarungen angewandt, die nach dem 30. September 1978 getroffen werden. Im übrigen werden diese Grundsätze bei allen Genehmigungsanträgen angewandt, über die nach der Bekanntgabe dieser Grundsätze entschieden wird. 7. Eine Änderung dieser Grundsätze bleibt vorbehalten. 8. Genehmigungsanträge nach § 3 des Währungsgesetzes (Nummer 2 c der Währungsverordnung für Berlin) sind bei der zuständigen Landeszentralbank einzureichen. §535
Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit zu gewähren. Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter den vereinbarten Mietzins zu entrichten. E I § 503; E II § 480 Abs 1; E III § 528; Mot II 369 ff; Prot II 130 ff.
§536
Der Vermieter hat die vermietete Sache dem Mieter in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustande zu erhalten. E I § 504; E II § 481; E III § 529; Mot II 372 f; Prot II 130 f.
Schrifttum Veröffentlichungen zu Einzelfragen s auch bei den einzelnen Erläuterungen; vgl außerdem zunächst die Vorbem zu §§ 535, 536. BETTERMANN, Darf der Mieter zur Ölheizung übergehen? ZMR 1960, 354; BRONSCH, Die Schönheitsreparatur, JR 1970, 125; FRICKE, Konkurrenzschutzpflicht bei der Vermietung gewerblicher Räume, ZMR 1979, 227; GLASER, Gemeinschaftsantenne und Mietrecht, Betrieb 1974, 125; ders, Die Sammelheizung in Rechtsprechung und Schrifttum (7. Aufl 1978); ders, Rechtsfragen zur Ölheizung im Mietwohnhaus (1964); ders, Gewerbliche Nutzung von Wohnräumen, NJW 1956, 1265; ders, Der Waschautomat in der Mietwohnung, Betrieb 1964, 982; 1973, 2176; ders MDR 1969, 539; ders, Das Recht der Schönheitsreparaturen (2. Aufl 1977); GAISBAUER, Der Fernsprechanschluß des Mieters, DWW 1970, 7; 1970, 43; GUNDLACH, Vor- und Nachmieter als Gesamtschuldner? NJW 1976, 787; HADDING, Die unterlassenen Schönheitsreparaturen, JuS 1969, 407; HAMANN, Das Wahlplakat im Fenster einer Mietwohnung, ZMR 1974, 323; ders, Hundertwasser's Fensterrecht, ZMR 1974, 3; ders, Grundrechtsverwirklichung auf der Außenwand einer gemieteten Wohnung, Ufita 74 (1975) 261; HEROLD, Radio- und Fernsehgeräte in der Mietwohnung, WuM 1969, 142; HOLLENBERG, Das Recht der Heizung im Miethaus, ZMR 1961, 38; HUMMEL, Zur Grundrechtswahrung in Mietverhältnissen, ZMR 1971, 265; ders, Die Abrechnung der Nebenkosten, ZMR 1975, 65; HURST, Umstellung auf Erdgas und Mieterhöhung, ZMR 1970, 321; ders, NichtÜberlassung bzw nicht rechtzeitige Überlassung der Wohnung an den Mieter, WuM 1971, 26; ders, Die Reinigungs- und Streupflicht des Anliegers und Erdgeschoßbewohners in rechtlicher Sicht, ZMR 1967,67; KLEIN, Die Tierhaltung in Mietwohnungen, ZMR 1959,189; KOENIG, Hausmusik in (67)
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§§ 535, 536 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse der Mietwohnung, GE 1970, 117; KÜRZEL, Zum Mangel der Mietsache und zu ihrem vertragswidrigen Gebrauch, ZMR 1974, 321; KUNKEL, Umfang und Grenzen des Gebrauchs der Mietsache, NJW 1958, 123; LAU, Zur Umlegung von Mietnebenkosten, ZMR 1978, 357; LEENEN, Der „vertragsmäßige Gebrauch" der Mietsache als Problem der Rechtsgeschäftslehre, MDR 1980, 353; MEZGER, Gibt es für die Mietzinszahlung eine Karenzzeit? NJW 1972,2071; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 214 ff; MULLER, Der vertragsmäßige Gebrauch der Mietsache bei der Vermietung von Räumen zu Wohnzwecken, ZMR 1970, 289; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 96 ff, 175 ff; OSWALD, Unter welchen Voraussetzungen darf der Vermieter die Räume des Mieters betreten? ZMR 1960, 129; O T T O , Schönheitsreparaturen in Mieträumen, ZMR 1974, 33; ders, Die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen während der Mietzeit, MDR 1973, 14; ders, Schönheitsreparaturen in Mieträumen, Betrieb 1974,875; ders, Rechtsanspruch auf Trockenraum, DWW1971, 120; ders, Zur Tierhaltung in der Mietwohnung, GE 1973, 496; RATHJEN, Gleichbehandlung und Mietrecht, MDR 1980,713; RAU, Zur Rechtsprechung über die Tierhaltung des Mieters, ZMR 1965, 130; ROQUETTE, Gesamthaftung der Mieter bei Verstopfung der Abflußleitung, ZMR 1973, 195; ders, Instandhaltung und Verbesserung von Wohnraum, NJW 1963, 1288; VON ROESGEN, Vorübergehende Räumung der Mietwohnung wegen Bauarbeiten, NJW 1956, 1264; SCHMIDTFUTTERER, Der Mietzinsanspruch bei vorzeitiger Räumung des Mieters, NJW 1970, 917; ders, Veränderungen der Mietsache während der Mietzeit, MDR 1970, 375; ders, Hat der Mieter die Anschaffungskosten und Betreuungskosten von Wärmemeßgeräten zu tragen? ZMR 1971, 172; ders, Die Verjährung und Verwirkung der Ansprüche auf Heizungskosten, BB 1971, 943; ders, Die Umlage der Mietnebenkosten nach neuem Recht, BB 1972,68; SCHMIDT-MARLOH, Zur Reinigungspflicht, ZMR 1964, 355; SCHMUDLACH, Gesamtschuld von Vor- und Nachmieter bei Schönheitsreparaturen, NJW 1974,257; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) passim; WEIMAR, Inwieweit kann der Mieter vom Vermieter Modernisierung verlangen? BIGBW 1976, 63; ders, Die Rechte des Mieters bei nicht fertiggestellten Zufahrtswegen und Außenanlagen, ZMR 1965, 353; ders, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten bei Mietshäusern, ZMR 1976, 33; ders, BIGBW 1974, 25; ders, Darf der Mieter den Zustand von Mieträumen verändern? ZMR 1970, 4; ders, Trifft den Vermieter eine Haftung bei Unfällen auf mitvermieteten Kinderspielplätzen? ZMR 1974, 228; ders, Hellhörigkeit einer sozialgeförderten Neubauwohnung als Sachmangel? Betrieb 1974,1657; ders, Die Haftung des Hoteliers und des Hotelgastes bei Ausbruch ansteckender Krankheiten, MDR 1963, 551, ders, Rechtsfragen bei Miete eines Hotelzimmers, ZMR 1971, 202; ders, Die Drittwirkung der Grundrechte auf Wohnraummietverträge, WuM 1974,49; ders, Die Vermietung von Hauswand- und Dachflächen, MDR 1960,195; ders, Darf ein Vermieter in demselben Haus an Konkurrenzbetriebe Räume vermieten? WuM 1972, 118; ders, Die Pflichten des Mieters bei Abwesenheit in den Ferien, ZMR 1969,291; WIETHAUP, Rechtsfragen des Schallschutzes im Verhältnis des Wohnungsvermieters zu seinem Mieter, ZMR 1975,257; ders, Rechtliche Möglichkeiten der Bekämpfung des Wohnungslärms, MDR 1960, 632.
Systematische Übersicht Vorbemerkung 1 I. Der Gegenstand des Mietvertrages 2 1. Nur Sachen und Sachteile 2 2. Vermieterfremde und mietereigene Sachen 6 3. Die mehrfache Vermietung derselben Sache 9 4. Die mitvermieteten Teile, Sachen und Räume 10 a) Bestandteile und Zubehör 10 b) Nebenräume, Treppen, Höfe und dgl 11 n . Überblick über die Pflichten der Parteien 1. Die Miete als gegenseitiger Vertrag 13 2. Die Pflichten des Vermieters 14 3. Die Pflichten des Mieters 15 4. Vertragliche Abänderungen 16
III. Die Hauptleistungspflichten des Vermieters 17 1. Die Überlassung der Sache 18 a) Allgemeines 18 b) Der Umfang der Uberlassungspflicht 21 c) Ansprüche des Mieters bei Nichterfüllung 25 2. Die Erhaltungspflicht 32 a) Allgemeines 32 b) Der Umfang der Erhaltungspflicht 33 c) Insbesondere die Instandhaltungs- u Instandsetzungspflicht 41 aa) Die Verkehrssicherungspflicht uäm 42 bb) Die Reinigungs- und Beleuchtungspflicht 45 cc) Weitere Einzelfälle 46 dd) Grenzen 47 d) Die Dauer der Erhaltungspflicht 51
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§§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht 3. Insbes der Umfang des vertragsmäßigen Gebrauchs 54 a) Allgemeines 54 b) Bauliche Veränderungen 59 c) Anlagen des Mieters 64 d) Die Unterbringung der Sachen des Mieters 70 e) Die Musikausübung in den Mieträumen 73 f) Die Tierhaltung des Mieters 74 g) Die Heizung 77 aa) Beteiligung des Mieters 77 bb) Heizpflicht des Vermieters 79 cc) Umlage der Kosten 82 dd) Umlegungsmaßstab 85 ee) Abrechnung 86 ff) Heizkostenpauschale 88 gg) Kündigung 90 hh) Ähnliche Fälle 91 h) Die Aufnahme Dritter 92 i) Die Benutzung der Nebenräume und der gemeinsamen Anlagen 94 k) Tod und Krankheit des Mieters 95 IV. Die sog Nebenleistungspflichten des Vermieters 1. Die Fürsorge- und die Verkehrssicherungspflicht 96 2. Die Lieferung von Energie und Wasser 97
V. Die Hauptleistungspflicht des Mieters 98 1. Art und Höhe des Mietzinses 99 2. Die Nebenkosten 106 3. Die Erhöhung des Mietzinses 108 4. Der Erfüllungsort 112 5. Die Aufrechnung 116 6. Verzug und Konkurs 118 7. Verjährung und Verwirkung 124 VI. Die Nebenleistungspflichten des Mieters 126 1. Die Abnahmepflicht des Mieters 126 2. Die Obhutspflicht des Mieters 129 3. Die Duldungspflichten des Mieters 138 4. Die Übernahme zusätzlicher Pflichten durch den Mieter 141 a) Die Reinigungspflicht 141 b) Die Schönheitsreparaturen 142 aa) Begriff 142 bb) Der Verpflichtete 143 cc) Grenzen 143 d dd) Umfang 144 ee) Fälligkeit 145 ff) Die Rechtslage bei Vertragsende 146 gg) Der Schadensersatzanspruch 147 c) Die Übernahme sonstiger Pflichten durch den Mieter 150 VII. Beweislast 152 VIII. Anhang: Das Verhältnis zwischen mehreren Mietern 155
Alphabetische Ubersicht Abweichende Vereinbarungen 16, 27, 45 a, 46, 50, 57 a, 63 a, 64, 74 f, 79, 92, 92 b, 137, 142 ff, 150 ff, 153 Abnahmepflicht 126 Angehörige 92 Anlagen des Mieters 64 Antenne 66 ff Anzeigepflicht 133 Aufrechnung 116 f Aufnahme Dritter 42 ff Außenflächen 3, 11 c, 22 Bauliche Veränderungen 59-63 Beleuchtungspflicht 45 Besichtigungsrecht 138 f Besitz 22 Besucher 93 Bestandteile 10 Beweislast 86 b, 148, 148 a, 152-154 Doppelmiete 9, 20, 22 Duldungspflicht 138-140 (69)
Energie und Wasser 97 Erfüllungsgehilfen 31, 136, 156 Erfüllungsort 112 f Erhaltungspflicht 32 ff - abweichende Vereinbarungen 50, 142 ff, 150 ff - Dauer 51 - Grenzen 47 ff - Instandhaltungspflicht 41 ff - Konkurrenzschutz 35 ff - Schutz gegen Lärm 40 ff - Schutz gegen Störungen 34, 40 ff, 157 - Umfang 33 ff - Verbesserungen 49 - Verkehrssicherungspflicht 42 ff, 150 - Zerstörung 48 Fahrstühle 12 Fernsprechanschluß 66 Fixgeschäft 26, 121 Fremde Sachen 6 Fürsorgepflicht 24, 96
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Gebrauchspflicht 101, 126, 128 Gegenseitiger Vertrag 13 Geschirrspülautomat 65 Gewerbliche Zwecke 56 f Hauptleistungspflichten des Vermieters 17 Heizung 77 ff - Abrechnung 86 ff, 87 b - Abstellen der Heizung 90 - Belege 86 a, 112 - Beschaffung des Heizmaterials 79 f - Beteiligung des Mieters 77 f, 131 - Betriebspflicht des Vermieters 81, 84 b, 84 c - Beweislast 86 c - Duldung des Einbaues 78 - Etagenheizung 78 - Fälligkeit 86, 86 d - Fernwärmekosten 84 d, 91 - Heizpflicht des Vermieters 79 ff - Investitionskosten 84 c - Kaltmiete 84 ff - Kündigung 87 d, 90 - Mängel der Heizung 79 c, 81 - Nachprüfungsrecht des Mieters 86 a f - Pauschale 88 f - Umfang 79 d f - Umlage der Kosten 82 ff - umlagefähige Kosten 84 a ff - Umlegungsmaßstab 85 ff - Umstellung der Heizung 46, 62 f, 79 b - Verletzung der Heizpflicht 79 c - Verwirkung 87, 125 - Vorauszahlungen 87 a ff Hofbenutzung I I b Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht 41 ff - abweichende Vereinbarungen 50, 137, 142 ff, 150 ff - Beleuchtungspflicht 45 f - Gefahrenabwehr 42, 44 - Grenzen 47 ff - Prüfungspflicht 43 f - Reinigungspflicht 45 - Schönheitsreparaturen 50, 142 ff - Verkehrssicherungspflicht 42 ff Kaltmiete 84 Konkurrenzschutz 35-38 Konkurs 122 f Krankheit des Mieters 95 Kraftfahrzeuge 11 b, 71 f Lärmbelästigungen 40 Lüftung mehrere Mieter 155 f mehrfache Vermietung derselben Sache 9
Mehrwertsteuer 102 Mieteranlagen 64-69 mietereigene Sachen 7 f Mieterpflichten 15, 98 ff - Abnahmepflicht 126 ff - abweichende Vereinbarungen 137 f, 151 f - Anzeigepflicht 133 - Besichtigungsrecht des Vermieters 138 ff, 144 c - Duldungspflicht 138 ff - Erfüllungsgehilfen 136 - Gebrauchspflicht 126 ff - Höchstbetrag 151 f - Instandsetzungspflicht 151 ff - Mietzins 99 ff - Mitwirkungspflichten 134 - Nebenkosten 82 ff, 106 - Nebenleistungspflichten 15 a, 126 ff - Obhutspflicht 129 ff - Reparaturpflicht 133, 151 ff, 151 e - Reinigungspflicht 141 - Uberblick 15 - Übernahme zusätzlicher Pflichten 141 ff, 150 ff - Schönheitsreparaturen 142 ff - Verkehrssicherungspflicht 150 - Verletzung 135 ff Mietzins - Annahmeverzug des Mieters 121 - Aufrechnung 116 f - Aufrechnungsverbot 117 - Art des Mietzinses 100, 103 - Einmalmiete 100 - Erfüllungsort 112 ff - Erhöhung 108 ff - Festmiete 105 - Geldmietzins 103 - Höhe 99, 101 b - Konkurs 122 ff - Mehrwertsteuer 102 - Nebenkosten 82 ff, 106 f - Quittung 119 - Rechtsnatur 100 - Schickschuld 113 - Staffelmiete 101 a - Teilleistungen 105 a, 120 - Umsatzmiete 101, 128 - Verjährung 124 - Verwirkung 87, 125 - Verzug 118 ff mitvermietete Sachen und Teile 10 ff, 22 f Mitmieter 31, 44, 73, 155 ff Musikausübung 73 Namensschilder 69 Nebenkosten 82 ff, 106 f Nebenleistungspflichten 96 f, 126 f Nebenräume 11, 94
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(70)
§§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht Obhutspflicht 129 ff
- vorzeitige Überlassung 29, 51, 129 a Umsatzmiete 101 Umstellung der Heizung 46, 62 f, 79 b Unterbringung der Mietersachen 70-72
Parkplatz 12 a Plakate 11 c Pflichten der Parteien 133 ff Prüfungspflicht 43 f Reinigungspflicht 45, 132, 141 Reklameschilder 3 Rundfunk und Fernsehen 67 f Sachteile 2 Schadensersatzanspruch des Mieters 27 f, des Vermieters 135 ff Schlüssel 10, 131 Schönheitsreparaturen - Abwälzung auf den Mieter 143 a ff - Abwälzung auf den Mietnachfolger 149 a - Auszug des Mieters 147 a ff, 147 e - Begriff 142 ff - Beseitigung von Mängeln 142 b - Beweislast 148 a - Erfüllungsanspruch des Vermieters 144 b ff, 147 f - Erlöschen der Pflicht 146 f, 146 g, 149, 149 a - Fälligkeit 145 ff - Formularvertrag 143 f, 147 b, 147 e, 148 b - Fristsetzung 147 e - Grenzen 143 d ff - Hauptleistungspflicht 147 b - Mitverschulden des Vermieters 148 a - Schaden des Vermieters 148 - Schadensersatzanspruch des Vermieters 147 ff - Umfang 144 ff, 146 a ff - Vermieterpflicht 143 - Vertragsende 146 ff - Vertragstreue des Vermieters 147 d - Verzug des Mieters 147 c - Verjährung 148 a - Wirtschaftsplan 145 a f - Zeitplan 145 Staffelmiete 101 a Störungen des Mieters 34 ff, 40 ff Sukzessivmiete 20 Tierhaltung 74-76 Tod des Mieters 95 Treppen 11 Übergabe 19 Überlassungspflicht 18 ff - Inhalt 19 ff - Schadensersatzanspruch des Mieters 27, 28 - Umfang 21 ff - Verletzung 25 ff - vertragsmäßiger Gebrauch 54 ff - Verzug 26 ff (71)
Verbesserungen 49 verbrauchbare Sachen 5 Verjährung 124 Verkehrssicherungspflicht 42 f, 44, 58, 96, 150 Vermieterpflichten 14, 17 ff - Abwälzung in Formularverträgen 143 f, 151 d - Beleuchtungspflicht 41, 45 ff - Erfüllungsgehilfen 31 - Erhaltungspflicht 32 ff - Fürsorgepflicht 40 b, 43, 96 - Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs 54 ff - Hauptleistungspf lichten 17 - Heizung 77 ff - Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht 41 ff - Konkurrenzschutz 35 ff - Lieferung von Energie und Wasser 97 - nach Vertragsende 30, 52 - Nebenleistungspflichten 96 ff - Reinigungspflicht 45 ff, 141 - Schönheitsreparaturen 142 ff - Schranken für Abwälzung auf den Mieter 143 b ff, 151 b ff - Überblick 14 - Überlassung der Sache 18 ff - Verletzung 25 ff - vorzeitiger Einzug des Mieters 29 vertragsmäßiger Gebrauch 54 ff - abweichende Vereinbarungen 63 a - Anlagen des Mieters 64 ff - Antenne 66 ff - Anspruch auf Zustimmung des Vermieters zu baulichen Veränderungen 63 - Aufnahme Dritter 92 ff - bauliche Veränderungen 59 ff - berufliche Tätigkeit 55 - Betrieb eines Gewerbes 55 - Erweiterung des Betriebs 57 - Fahrräder 71 - Funksprechanlage 66 - gewerbliche Räume 56 ff - Grenzen 54 a ff - Haushaltsmaschinen 64 f - Heizung 77 ff - Kraftfahrzeug des Mieters 72 - Krankheit des Mieters 95 - Leitungen 60 - Musikausübung 73 ff - Namensschilder 69 - Schaukel 69
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536
1,2
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
- Tod des Mieters 95 - Telefon 66 - Umstellung des Betriebs 57 - Unterbringung der Mietersachen 70 ff - Tierhaltung 74 ff - Verkehrssicherheit 42 ff, 58 - Verwendungen 60 f - Wohnräume 55 - Waschmaschinen 64 - Wäsche 64 - Zutritt für Besucher 93 Vertragsmäßiger Gebrauch 54, 98 vertretbare Sachen 4
Verwirkung 125 Verzug 118 ff vorzeitiger Einzug 29, 51 Werkmiete 83 f Wettbewerbsverbote 39 Waschmaschine 64 Wohnräume 55 Zerstörung 48 Zubehör 10 Zu- und Abgang 11 f
1 Vorbemerkung Die §§ 535 und 536 regeln den Inhalt der Hauptleistungspflichten der beiden Vertragsparteien. Sie stehen daher in unmittelbarem Zusammenhang. Erst aus § 536 ergibt sich der genaue Inhalt der in § 535 bestimmten Pflicht des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit zu gewähren. Schon bei den Beratungen des BGB bestand deshalb Übereinstimmung, daß § 536 nur eine nähere Erläuterung des § 535 bringt (Mot II 373: Klarstellung, daß der Mieter insoweit auch den Erfüllungsanspruch hat).
I. Der Gegenstand des Mietvertrages* 2 1. Nur Sachen und Sachteile a) Gegenstand des Mietvertrages können, wie der Gegensatz zwischen § 535 und § 5 81 zeigt, nur Sachen iS des § 90, dh nur körperliche Gegenstände und deren Teile sein. Mietverträge über Rechte wurden nicht zugelassen, weil man davon eine Verwirrung befürchtete (Mot II 369). Handelt es sich um bewegliche Sachen, so spricht man von der Fahrnismiete, sonst von der Grundstücksmiete. Einen Sonderfall der Grundstücksmiete bildet die besonders wichtige Wohnraummiete (s Vorbem 24 ff zu §§ 535,536). Auch Teile von Sachen können selbstverständlich vermietet werden, wenn ihr selbständiger Gebrauch möglich ist. Besondere Bedeutung hat das für die Vermietung von Wandflächen zu Reklamezwecken oder zur Anbringung von Automaten (Grundstücksmiete iS der §§ 566, 571, 580 [s § 580 Rz 1 ff; 571 Rz 14 f; dazu W E I M A R aaO]). Ebenso können auch einzelne Plätze in einem Gebäude, zB ein Fenster, zu nur ganz vorübergehendem Gebrauch vermietet werden (sog Platzmiete, s § 571 Rz 15). * Schrifttum: Motive II 369, 371 f; BERTERMANN, Der Warenautomat am Ladenlokal des Mieters, N J W 1 9 5 0 , 8 1 4 ; DICKERTMANN, D e r W a r e n a u t o m a t a m L a d e n l o k a l , N J W 1 9 5 1 , 16; GAISBAUER
DWW 1970, 43; GLASER Betrieb 1973, 2176; KOENIG, Hat der Vermieter einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung an den Vorteilen des Mieters aus der Anbringung von Reklame an den Außenwänden der Mietsache? WuM 1964, 152; VON LÜPKE, Recht des Mieters auf Anbringung von Reklame an den Außenwänden von Geschäftsräumen? BB 1964, 869; MITTELSTEIN, Die M i e t e 114 ff, 145 f, 2 3 9 ff; VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT, A u t o m a t e n r e c h t ( 1 9 7 2 ) R z B 110 f; REICHERT, D a s K f z d e s M i e t e r s auf d e m G r u n d s t ü c k d e s V e r m i e t e r s , Z M R 1 9 6 8 , 2 8 1 ; STEGMAIER, A u ß e n w a n d r e k l a m e a n d e r M i e t w o h n u n g , Z M R 1 9 6 8 , 6 7 ; STERNEL R z I I 3 2 f, 3 0 1 f; WEIMAR, D a s
Recht des Geschäftsraummieters zur Außenwandreklame, Betrieb 1972, 1957; ders Die Vermietung von Hauswand und Dachflächen, MDR 1960, 195.
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(72)
3. Titel. Miete. Facht
§§ 535, 536 3-7
b) Eine ganz andere Frage ist es hingegen, ob sich der Mietvertrag über gewerbliche 3 Räume stets automatisch auch auf die Außenfläche des vermieteten Stockwerkes erstreckt, so daß der Mieter diese ohne weiteres für Reklamezwecke oder zur Anbringung von Automaten nutzen kann (s BERTERMANN, DICKERTMANN, VON LÜPKE, VON OLSHAUSEN-K SCHMIDT, STEGMAIER, WEIMAR aaO). Für einen Berliner Fall hatte das RG schon früh eine derartige Verkehrssitte bejaht (RGZ 80, 281 im Anschluß an KG OLGE 2, 32). Der BGH hat jedoch offengelassen, ob daraus auf eine allgemeine Verkehrssitte geschlossen werden kann; jedenfalls könne sich jederzeit eine abweichende örtliche Verkehrssitte bilden (BGH LM Nr 10 zu § 535 BGB; Nr 1 zu § 157 [B] BGB). Für Düsseldorf ist dementsprechend zB eine derartige Verkehrssitte verneint worden (OLG Düsseldorf NJW 1958, 1094), für zahlreiche andere Städte hingegen auch in jüngster Zeit wiederholt bejaht worden (s hierzu zB OLG Hamm NJW 1958,1239; LG Düsseldorf BB 1951,714; LG Berlin ZMR1964, 307; GE 1971, 340). Im Zweifel sollte das Recht des Mieters zur Benutzung der Außenfläche stets bejaht werden; abweichende Vereinbarungen sind restriktiv zu interpretieren. c) Auch vertretbare Sachen können Gegenstand eines Mietvertrages sein (s § 91). 4 Sind diese Sachen zugleich nur der Gattung nach bestimmt, wie es sehr häufig vorkommt, so ist der Mietvertrag zugleich Gattungsschuld (so zB bei der Vermietung einer bestimmten Zahl von Stühlen oder Tischen für ein Fest oder eine Messe). Besonderheiten gelten hierfür nicht (s im einzelnen MünchKomm-EMMERICH § 243 Rz 3; MEDICUS, in: FS Felgentraeger [1969] 309). d) Umstritten ist, ob auch verbrauchbare Sachen den Gegenstand eines Mietvertrages 5 bilden können. Die Beantwortung dieser Frage hängt allein vom Vertragszweck ab. Sind nach dem Vertrag die verbrauchbaren Sachen tatsächlich zum Verbrauch bestimmt, so kann nur ein Veräußerungsvertrag, auf keinen Fall jedoch Miete vorliegen. Sollen hingegen die verbrauchbaren Sachen ausnahmsweise nur vom Mieter gebraucht und danach als solche wieder zurückgegeben werden, so liegt unbedenklich Miete vor; Beispiele für solche Fälle sind die Vermietung von Obstoder Blumenkörben zu Dekorationszwecken für ein Fest, wobei jedoch im letzteren Fall, wenn die Blumen nach dem Fest nur noch beschränkt verwertbar sind, die Grenze zum Kauf flüssig wird.
2. Vermieterfremde und mietereigene Sachen
6
a) Der Vermieter braucht nicht der Eigentümer der vermieteten Sache zu sein (statt aller BGH LM Nr 14 zu § 535 BGB). Im Falle eines Nießbrauchs oder eines Erbbaurechts werden Eigentum und Vermieterstellung sogar idR auseinanderfallen (BGH aaO). Aber auch wenn der Vermieter gar nicht in der Lage ist, dem Mieter den Gebrauch zu verschaffen, ist der Vertrag keineswegs nichtig; vielmehr handelt es sich dann um einen Fall anfänglichen Unvermögens oder des § 541, so daß der Vermieter auch ohne Verschulden dem Mieter zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet ist (§ 538 Abs 1; OLG Hamm Urt v 4. 4. 1978 - 7 U 137/77, S 6 f). b) Dem Mieter kann grundsätzlich auch seine eigene Sache vermietet werden (Mot II 7 371 f, 402), und zwar namentlich dann, wenn der Vermieter als Nießbraucher oder Erbbauberechtigter oder aufgrund eines anderen Rechtstitels unter Ausschluß des Eigentümers zur Nutzung der Sache berechtigt ist (RGZ 104, 308, 310; RG WarnR 1912/13 Nr 315; BGHZ 12, 380, 392 ff). Hat in einem solchen Fall der Mieter das Eigentum erst nachträglich erworben, so gilt dasselbe, wenn dadurch das Nutzungsrecht des Vermieters nicht berührt wurde wie zB im Falle des Nießbrauchs oder des Erbbaurechts. Anders jedoch, wenn der Mieter zB vom Vermieter unbeschränktes (73)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 8-11 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Eigentum an der Sache erwirbt, weil dann das Schuldverhältnis durch Konfusion erlischt; wieder anders freilich, wenn der Mieter nur Miterbe ist (LG Köln ZMR 1967, 209; vgl auch OLG Hamm ZMR 1971, 18; BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 143 zu § 535). 8 Hat der Mieter in Unkenntnis seines Eigentums die Sache von dem ihm gegenüber nicht nutzungsberechtigten Vermieter gemietet, so ist der Mietvertrag unwirksam, weil der Mieter die Rückgabe der Sache aufgrund seines Eigentums verweigern und aufgrund seines Eigentums außerdem die Rückzahlung etwaiger von ihm an den Vermieter geleisteter Mietzinszahlungen verlangen kann (§§ 812, 818, 987, 988, 990, 242 B G B ) . 9 3. Die mehrfache Vermietung derselben Sache a) Dieselbe Sache kann gleichzeitig an mehrere Personen vermietet werden, sofern damit verschiedene Zwecke verfolgt werden und diese Zwecke nicht miteinander kollidieren (RG J W 1905, 46 Nr 13; R G Z 108, 204, 205). b) Aber auch kollidierende Mietverträge über dieselbe Sache sind wirksam (Problem der Doppelmiete). Jeder Mieter kann Erfüllung verlangen und wird rechtmäßiger Besitzer, sobald ihm die Sache vom Vermieter überlassen wird (s § 541 Rz 16 ff). 10 4. Die mitvermieteten Teile, Sachen und Räume a) Der Mietvertrag erstreckt sich, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben oder sich nicht etwas anderes aus der Verkehrssitte ergibt, grundsätzlich auf alle wesentlichen Bestandteile der Sache sowie (entspr § 314) außerdem auch auf das gesamte sog Mietzubehör (zB die Gondeln auf dem Teich einer Gastwirtschaft; R G Z 47, 197). Dazu gehören bei der Raummiete zunächst die Schlüssel, so daß der Vermieter dem Mieter mindestens 2 Schlüssel zur Verfügung stellen muß (GAISBAUER DWW 1970, 43; B1GBW 1969, 13; GLASER Betrieb 1973, 2176). Weitere Schlüssel darf der Mieter auf eigene Kosten in beliebiger Zahl anfertigen lassen (sehr str), muß diese jedoch bei Vertragsende entweder zurückgeben oder unbrauchbar machen. Klauseln über die Zahl der übergebenen Schlüssel, über deren Vernichtung bei Vertragsende und über den Schadensersatz bei Verlust sind nur in den Grenzen des § 11 Nr 5 und 15 A G B G zulässig (STERNEL RZ II 39 f). Mitvermietet sind außerdem sämtliche eingebauten Haushaltsberäte wie zB Öfen, Wandschränke, Warmwasserbereiter und dgl mehr. Der Mieter hat Anspruch auf Übergabe dieser Sachen zusammen mit der vermieteten Wohnung. 11 b) Bei der Raummiete sind außerdem, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, mitvermietet sämtliche zu den Räumen gehörigen Zu- und Abgänge sowie die gemeinschaftlich benutzten Räume und Grundstücksteile. Der Vermieter muß dem Mieter und seinen Besuchern den jederzeitigen, sicheren Zugang zu dem Mietobjekt ermöglichen (STERNEL Rz II 238 f). Daher ist es zB unzulässig, den Mieter durch die Aufstellung eines Müllcontainers im Zugang zu behindern (AG Köln WuM 1978, 140).
I I a Beispiele für mitvermietete Räume sind bei Mehrfamilienhäusern die Treppen und Flure (RG Gruchot 48 [1904], 901), die Eingänge und Ausgänge (LG Hamburg M D R 1 9 5 7 , 4 2 1 ) , sämtliche Zugänge, Terrassen (AG Köln WuM 1974,258), Böden, Speicher und Keller, Spielplätze und Sandkästen (LG Freiburg ZMR 1976, 210; WEIMAR ZMR 1974, 228) sowie Waschküchen (LG München I ZMR 1969, 15 Nr 11), hingegen nur aufgrund besonderer Vereinbarung oder aufgrund einer entsprechenden Verkehrssitte zusätzlich etwaige Trockenräume (LG Mannheim ZMR 1971, 2 2 ; OTTO D W W 1 9 7 1 , 1 2 0 ) .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(74)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 llb-13
Durchfahrten und Hofräume sind ebenfalls grundsätzlich zur gemeinsamen Benut- I I b zung mitvermietet (RG Recht 1909 Nr 245). Umstritten ist jedoch, ob und in welchem Umfang der Mieter derartige Flächen zur Abstellung von Fahrzeugen, Fahrrädern und Mopeds benutzen darf (s REICHERT ZMR1968,281; SCHNITZERLING DWW 1967, 36; KOENIG WuM 1970, 73). Die Praxis ist hier verhältnismäßig restriktiv: Der Hofraum darf grundsätzlich nur zum Be- und Entladen, zum Teppichklopfen und zum Abstellen eines Mülleimers, nicht hingegen als Kinderspielplatz oder zur Abstellung von Kraftfahrzeugen genutzt werden (LG Berlin WuM 1969, 59; ZMR 1964, 271; FWW 1977, 268; LG Dortmund ZMR 1960, 297; LG Oldenburg ZMR 1966, 208; AG Hannover ZMR 1964, 203 Nr 4; B1GWB 1961, 351; KOENIG WUM 1967, 59). Auch besteht kein Anspruch auf Anbringung einer Teppichstange (AG Hannover aaO). Bei Einfamilienhäusern gilt außerdem ein etwaiger Garten als mitvermietet (LG 11c Köln HuW 1948,254; AG Solingen WuM 1980,112), ebenso eine etwaige Terrasse (AG Köln WuM 1974, 258) sowie ein vorhandener Heizungskeller (LG Mannheim ZMR 1978, 140). Bei allen Räumen darf der Mieter außerdem die Fensterbänke nutzen (WEIMAR ZMR 1964, 328). Auch an der Außenwand darf er Blumenkästen und Hinweisschilder anbringen; er darf die Außenwand jedoch nicht bemalen, weil er damit in die Substanz der vermieteten Sache eingriffe (s HAMANN ZMR 1974, 3). Ebensowenig darf er an der Außenwand oder im Fenster Wahlplakate anbringen ( B V e r f G E 7 , 2 3 0 ; L G H a m b u r g D W W 1 9 5 4 , 1 4 4 ; L G Essen N J W 1 9 7 3 , 2 2 9 0 m abl
Anm BUCHER; LG Hamburg WuM 1980, 247; AG Hamburg ZMR 1979, 139; aM A G H a m b u r g W u M 1 9 7 9 , 7 6 ; 1 9 8 0 , 1 7 5 ; STERNEL R Z I I 3 0 8 ; HAMANN Z M R 1 9 7 4 ,
323 f; ders Ufita 74, 261; KÜRZEL ZMR 1974, 321, 322 f; WEIMAR WuM 1974, 49, 50). Hingegen ist die Außenwand mitvermietet, soweit sie nach der Verkehrssitte bei der Geschäftsraummiete zur Anbringung von Automaten oder Reklameschriften genutzt werden darf (oben Rz 3). Vorhandene Fahrstühle darf der Mieter benutzen; sie gelten insoweit als mitvermie- 12 tet und müssen sich deshalb in einem verkehrssicheren Zustand befinden (RG Recht 1907 Nr 438; BGH BB 1961, 1302; KG OLGE 33, 306; LG Hamburg NJW 1976, 1320). Denn die Erhaltungspflicht des Vermieters erstreckt sich auf sämtliche mitvermieteten Räume und Grundstücksteile (BGH LM Nr 1 zu § 536 BGB; Nr 10 a zu § 538 BGB für mitvermietete Speicher und Treppen; KG WuM 1959,136; OLGE 1 2 , 7 0 f ; STERNEL RZ I I 2 3 9 ; WEIMAR B e t r i e b 1 9 7 4 , 2 2 9 2 f ) .
Wenn einem Hotelgast ausdrücklich ein Parkplatz angewiesen wird, erstreckt sich der 12a Beherbergungsvertrag auch auf diesen Parkplatz und damit auf das dort abgestellte Auto des Gastes (BGHZ 63, 333). Ebenso darf jeder Mieter sein Fahrrad oder Moped jedenfalls im Keller, nicht jedoch in Durchgängen und Treppenhäusern abstellen (KUNKEL NJW 1958, 123); er hat jedoch keinen Anspruch auf einen bestimmten Platz, so daß ihm der Vermieter jederzeit einen anderen Platz zuweisen kann (AG Miesbach WuM 1979, 213). II. Überblick über die Pflichten der Parteien* 1. Die Miete als gegenseitiger Vertrag
13
a) Die Miete ist vom BGB als Schuldverhältnis geregelt worden, mag auch ein gewisser, dinglicher Einschlag nicht zu verkennen sein (s Vorbem 20 ff zu §§ 535, * Schrifttum:
FIKENTSCHER,
Schuldrecht §
7 4 I I ; GITTER,
LARENZ II § 4 8 I I ; ESSER-WEYERS II 1 § §
in: Vertragsschuldverhältnisse
1 4 II, 1 6 I; ENNECCERUS-LEHMANN § §
(1974) 9 128,
ff;
129;
MITTELSTEIN, D i e M i e t e 2 1 4 f f , 2 3 8 f f ; NIENDORFF, M i e t r e c h t 9 6 f f ; STERNEL RZ II 5 4 f, 1 7 1 f. (75)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 14-16
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
536). Hauptleistungspflicht des Vermieters ist die in § 536 näher umschriebene Gebrauchsgewährung während der ganzen Vertragsdauer, Hauptleistungspflicht des Mieters hingegen die Zahlung des Mietzinses (§ 535). Nur diese Hauptleistungspflichten stehen im Austauschverhältnis; der Mietzins wird folglich für die Überlassung und Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand gezahlt (vgl MünchKomm-EMMERicH § 320 Rz 11, 32). b) Auf den Mietvertrag als Schuldverhältnis sind die allgemeinen Vorschriften über Schuldverhältnisse und namentlich über Leistungsstörungen grundsätzlich uneingeschränkt anwendbar. Gewisse Einschränkungen und Modifikationen ergeben sich erst in der Zeit nach Überlassung der Sache (s Vorbem zu §§ 537 ff). 14 2. Die Pflichten des Vermieters Den Vermieter treffen nach den §§ 535 und 536 zwei Hauptleistungspflichten. Er muß einmal dem Mieter die Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und zum andern die Sache während der ganzen Vertragsdauer in diesem Zustand erhalten. Aus dieser Erhaltungspflicht ergeben sich im einzelnen sowohl eine Instandhaltungs- als auch eine Instandsetzungspflicht. Zu den genannten Hauptleistungspflichten können zahlreiche Nebenleistungspflichten hinzutreten, die sich jedoch mit den Hauptleistungspflichten vielfältig überschneiden. Hervorzuheben sind die Fürsorge- und die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters. Weitere Nebenleistungspflichten kann der Vermieter im Vertrag übernehmen, zB die Pflicht zur Lieferung von Energie. 15 3. Die Pflichten des Mieters Hauptleistungspflicht des Mieters ist die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses, der sowohl in Geld als auch in sonstigen Leistungen, zB in Dienstleistungen, bestehen kann (str). Der Mietzins kann auf einmal oder in Raten zu erbringen sein; immer aber handelt es sich um eine einheitliche Schuld, niemals um ein sog Wiederkehrschuldverhältnis. 15a Daneben treffen den Mieter noch eine Reihe von Nebenleistungspflichten, die nicht im Austauschverhältnis mit den Hauptleistungspflichten des Vermieters stehen. Hervorzuheben sind die Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs (§§ 550, 553), die Obhutspflicht (s § 545) sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht zur Duldung von Handlungen des Vermieters (s zB § 541 a). Bei Verletzung jeder dieser Pflichten können den Mieter Schadensersatzpflichten treffen. Nach Beendigung des Mietvertrages ist er schließlich zur Rückgabe der Mietsache verpflichtet (§ 556). Hingegen trifft den Mieter grundsätzlich keine Abnahme- oder Gebrauchspflicht. Ausnahmen sind aber denkbar. Außerdem können die Parteien weitere Pflichten des Mieters vereinbaren wie zB die Pflicht zur Durchführung der sog Schönheitsreparaturen.
16 4. Vertragliche Abänderungen Das Mietrecht des BGB und namentlich die Vorschriften über die beiderseitigen Leistungspflichten sind überwiegend dispositiv. Die Parteien können also in allen Beziehungen auch abweichende Vereinbarungen treffen. Die Grenzen der Miete werden jedoch überschritten, wenn die vertragstypischen Hauptleistungspflichten abbedungen werden. Ein Vertrag, bei dem den Vermieter nicht mehr die VerpflichVolker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 17-19
tung zur Überlassung und zur Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand trifft, ist möglicherweise ein nicht geregelter allgemeiner Gestattungsvertrag, auf keinen Fall jedoch mehr ein Mietvertrag. Dasselbe gilt umgekehrt, wenn die Verpflichtung des Mieters zur Mietzinszahlung entfällt. Innerhalb der Miete sind jedoch weitgehende Abänderungen möglich. Namentlich kann die Erhaltungspflicht des Vermieters eingeschränkt und weitgehend auf den Mieter abgewälzt werden. Derartige Regelungen müssen jedoch klar und eindeutig sein. Vor allem gibt es keine entsprechenden Verkehrssitten. Bei Formularverträgen müssen außerdem die Schranken des AGBG beachtet werden (s dazu Vorbem 147 ff zu §§ 535, 536). 17 III. Die Hauptleistungspflichten des Vermieters Hauptleistungspflichten des Vermieters sind die Überlassung und Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand. 18 1. Die Überlassung der Sache* a) Allgemeines Aufgrund der §§ 535 S 1 und 536 umfaßt die Verpflichtung des Vermieters zur Gewährung des Gebrauchs der vermieteten Sache während der Mietzeit ua die Verpflichtung, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache zu gewähren, dh dem Mieter die Sache zu überlassen. Die Formulierung „gewähren" wurde bewußt gewählt, um zum Ausdruck zu bringen, daß der Vermieter nicht nur zu einer bloßen Duldung, sondern darüber hinaus zu einer positiven Tätigkeit verpflichtet ist, so daß er namentlich die Sache dem Mieter übergeben muß, soweit dies zur Durchführung des vertragsmäßigen Gebrauchs erforderlich ist (Mot II 369 f). Der Vermieter kann sich daher grundsätzlich nicht darauf beschränken, dem Mieter lediglich den Gebrauch zu gestatten oder zu dulden, sondern muß - viel weitergehend - seinerseits alles tun, was erforderlich ist, damit der Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch ausüben kann. Deshalb handelt es sich nicht mehr um Miete, wenn sich die Verpflichtungen einer Partei in der bloßen Duldung des Gebrauchs einer Sache durch die andere Vertragspartei erschöpfen; vielmehr ist dann ein nicht geregelter sog Gestattungsvertrag anzunehmen (s Vorbem 29 f zu §§ 535, 536; insbes BGHZ 19, 85, 93 f). 19 Der Vermieter muß die Sache dem Mieter in einer Weise zur Verfügung stellen, die es diesem erlaubt, ohne weiteres den vertragsmäßigen Gebrauch der Sache auszuüben. Bei beweglichen Sachen wird dazu grundsätzlich die Übergabe, dh die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes iS des § 854 gehören (BGHZ 65,137,139 ff = JuS 1976, 120 f Nr 6); notwendig ist dies jedoch nicht. Die Annahme eines Mietvertrages setzt nicht voraus, daß der Mieter unter Ausschluß des Vermieters unmittelbarer und ausschließlicher Besitzer der Mietsache wird. Auch wenn zB dem Mieter nur gestattet wird, zu bestimmten Zeiten in der Wohnung des Vermieters ein Klavier zu benutzen, liegt ein normaler Mietvertrag vor (Mot II 369 f; BGH aaO; ROQUETTE § 535 Rz 214 f). * Schrifttum: Motive II 369 ff; BEUTHIEN, Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis ( 1 9 6 9 ) 8 3 f f ; ESSER-WEYERS II 1 § 1 4 1 2 ; E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 2 8 1 1 ; GITTER 9 f f ; H U R S T
WuM 1971, 126; KOHLER, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhältnis ( 1 9 7 1 ) 3 1 ff; MITTELSTEIN, Die Miete 2 3 8 ff; NIENDORFF, MietR 9 7 ff; SCHMIDTFUTTERER, MietR, s v Überlassung; STERNEL R Z II 1 7 1 f. (77)
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§§ 535, 536 19 a - 2 5
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
19a Wozu der Vermieter verpflichtet ist, richtet sich mithin stets nur danach, welchen Gebrauch der Mieter nach dem Vertrag von der Sache machen soll. Setzt dieser Gebrauch den alleinigen Besitz des Mieters voraus, so ist Verschaffung des unmittelbaren Besitzes durch Besitzeinräumung, namentlich durch Übergabe der Schlüssel, erforderlich. Bei beweglichen Sachen muß in diesem Falle die Sache dem Mieter übergeben werden. In anderen Fällen genügt es jedoch, daß der Vermieter dem Mieter die Sache in einer Weise zugänglich macht und zur Verfügung stellt, daß dieser zu den vereinbarten Zeiten den vereinbarten Gebrauch von der Sache machen kann. 20 Der Gebrauch des Mieters braucht kein ausschließlicher zu sein, wenn die verschiedenen Gebrauchsberechtigungen verschiedener Personen nicht miteinander kollidieren (s oben Rz 9). Ebensowenig braucht der Gebrauch ein dauernder zu sein. Es ist auch möglich, eine Sache nur zu einem wiederholten, vorübergehenden Gebrauch zu mieten (sog Sukzessivmiete; s insbes ROQUETTE § 535 Rz 192 ff). 21 b) Der Umfang der Überlassungspflicht aa) Mit der bloßen Überlassung hat der Vermieter seine Pflichten noch nicht erfüllt; vielmehr muß er außerdem dafür sorgen, daß sich die Sache zu diesem Zeitpunkt in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch durch den Mieter geeigneten Zustand befindet (§ 536; STERNEL TZ I I 181 f). Deshalb muß er etwaige Mängel beseitigen, sonstige Störungen des Mietgebrauchs verhindern, zB öffentlich-rechtliche Hindernisse für die Ausübung des Mietgebrauchs durch bauliche Veränderungen beseitigen (RGZ 94, 138; s u § 537 Rz 21) sowie schließlich dem Mieter auch die gesamten mitvermieteten Sachen und Räumlichkeiten überlassen (s oben Rz 10 ff). 22 bb) Durch die Überlassung dieser Sachen und Räume wird der Mieter idR unmittelbarer und der Vermieter mittelbarer Besitzer (§ 868). Manchmal genügt aber auch die bloße Übertragung des Mitbesitzes, wenn dem Mieter nur der Mitgebrauch eingeräumt wird. Umstr ist die Rechtslage insoweit vor allem bei der Vermietung von Wand- oder Dachflächen zu Reklamezwecken. Nach hM (RGZ 80, 281; BGH LM Nr 127 zu § 1 UWG; ROQUETTE § 535 Rz 212 f) soll der Mieter auch hier jedenfalls idR den unmittelbaren Besitz erlangen, so daß der Vermieter seiner Verpflichtung noch nicht dadurch genügt hat, daß er dem Mieter die betreffenden Wandflächen lediglich zugänglich gemacht hat (vgl auch für einen Sonderfall OLG Hamm BB 1975, 1182 f = MDR 1976, 143; aM aber MITTELSTEIN 239). 23 cc) Von der Überlassung der vermieteten Sache muß die bloße Gestattung der Mitbenutzung weiterer Sachen unterschieden werden, wie sie zB vorliegt, wenn der Vermieter (über den Mietvertrag hinaus) dem Mieter erlaubt, zusätzliche Räumlichkeiten zu benutzen. Eine solche Gestattung ist grundsätzlich jederzeit widerruflich. 24 dd) Umstr ist, ob die sog Fürsorgepflicht des Vermieters einen Teil der Überlassungspflicht oder eine selbständige Nebenleistungspflicht darstellt (für die Zurechnung zur Überlassungspflicht offenbar zu Recht BGH LM Nr 4 zu § 536 BGB; dagegen zB ROQUETTE § 535 Rz 205 ff). Die Fürsorgepflicht umfaßt vor allem die Verpflichtung des Vermieters, jede Störung des Mietgebrauchs zu unterlassen und Störungen Dritter abzuwehren; außerdem können sich aus ihr auch noch bestimmte Informations- und Aufklärungs- sowie Warnungspflichten ergeben (s unten Rz 96 f). 25 c) Ansprüche des Mieters bei Nichterfüllung aa) Der Vermieter ist grundsätzlich vorleistungspflichtig (§ 551). Selbst bei einer Abbedingung des § 551 kann der Vermieter nicht vor Überlassung der Mietsache den Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 26-30
Mietzins verlangen (§ 320; s dazu im einzelnen MünchKomm-EMMERiCH § 320 Rz 32), es sei denn, die Parteien hätten ausnahmsweise ausdrücklich das Gegenteil vereinbart. Erfüllt der Vermieter den Überlassungsanspruch des Mieters nicht, so hat der Mieter den Erfüllungsanspruch; außerdem kann er nach § 537 den Mietzins mindern, wenn ihm die Sache nicht in dem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen wird (BGH LM Nr 20/21 zu § 3 WährG). bb) Die Raummiete ist grundsätzlich absolutes Fixgeschäft, so daß jede Verzögerung 26 der Überlassung zur Teilunmöglichkeit führt. Folglich kann der Mieter ohne weiteres nach § 325 Schadensersatz wegen teilweiser Nichterfüllung verlangen, zB wenn ihn der Vermieter am Einzug hindert (LG Köln WuM 1980, 100). Nur soweit ausnahmsweise eine Nachholung der Vermieterleistung möglich ist, ist hier Verzug anzunehmen mit der Folge, daß der Mieter nach § 326 vorgehen muß (s im einzelnen Vorbem 19 ff zu § 537). Der Schadensersatzanspruch des Mieters aufgrund der §§ 325 und 326 setzt zwar 27 grundsätzlich voraus, daß der Vermieter die Verzögerung zu vertreten hat (BGH ZMR 1963, 107, 108). Bei der Raummiete wird man jedoch davon auszugehen haben, daß in der vertraglichen Festlegung eines Termins der Übergabe zugleich die Übernahme der Gewähr durch den Vermieter liegt, daß er dem Mieter die Sache auch tatsächlich rechtzeitig zur Verfügung stellen kann. Der Vermieter haftet deshalb auch dann, wenn ihm die Überlassung der Sache deshalb nicht möglich ist, weil der Vormieter wider Erwarten die Sache nicht rechtzeitig zurückgibt (ähnlich B G H LM Nr 24 zu § 242 [Be] BGB; aM zu Unrecht LG Bremen ZMR 1969, 282 f). Dieselbe Haftung des Vermieters ergibt sich aus den §§ 541 und 538 (LG Berlin FWW 1976, 24; § 541 Rz 10 ff m Nachw). Ein Ausschluß oder eine Einschränkung der Haftung des Vermieters für die rechtzeitige Übergabe der Sache ist in Formularverträgen nicht mehr möglich (s Vorbem 148 d zu §§ 535, 536; S T E R N E L Rz II 174). Ist eine Wohnung nicht rechtzeitig fertig geworden, so steht es dem Verzug nicht 27a entgegen, daß der Mieter, weil er keine andere Wahl hat, in die noch nicht bezugsfertige Wohnung einzieht (OLG Köln WuM 1967, 184). cc) Der Schadensersatzanspruch des Mieters umfaßt vor allem die Kosten der Suche 28 nach einer anderen Wohnung einschließlich der Maklerkosten sowie die ggf für die Ersatzwohnung zu zahlende, höhere Miete (LG Mannheim MDR 1970, 54 Nr 68; ZMR 1970, 15 Nr 13). Hingegen kann der Mieter nach der neueren Rspr des B G H keinen Ersatz für die ihm (abstrakt) entgehenden Gebrauchsvorteile verlangen (grdleg B G H Z 66,239; 66,277; 70,199 = JuS 1976,813 Nr 3; 1977,46 Nr 2; 1978, 564 Nr 6 m Nachw; aM zuletzt OLG Köln NJW 1974, 560 für die verspätete Überlassung eines Schwimmbades). dd) Gestattet der Vermieter dem Mieter schon vor dem vereinbarten Zeitpunkt 29 einzuziehen, so ist der Mieter für diese Zeit mangels abweichender Vereinbarung grundsätzlich nicht zur Zahlung eines Mietzinses verpflichtet (KG JW 1937, 3029; W E I M A R WuM 1971, 180). Auch dann muß jedoch die Mietsache bereits in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand sein, so daß bei Mängeln der Mieter sowohl den Erfüllungsanspruch als auch die Rechte aus den §§ 537 ff hat; auf der anderen Seite trifft während dieser Zeit den Mieter auch schon seine Obhutspflicht, so daß er zB dafür sorgen muß, daß die Sammelheizung keine Frostschäden erleidet (KG D R 1940, 395 Nr 6; STERNEL Rz II 175; u Rz 51). ee) Ähnlich ist die Rechtslage grundsätzlich in der Zeit nach Vertragsbeendigung. 30 Auch der Räumungsschuldner hat Anspruch auf einen gefahrlosen Zustand der vermieteten Räume, so daß auch er bei einer Verletzung dieser Pflicht Schadensersatz verlangen kann (u Rz 52). (79)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 31-34
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
31 ff) Erfüllungsgehilfen des Vermieters sind alle Personen, deren er sich auch nur tatsächlich bedient, um seinen zahlreichen Pflichten nachzukommen, insbes der Hauswart (s NIENDORFF 8 ff), weiter sämtliche Handwerker, die der Vermieter für Arbeiten an dem Mietobjekt heranzieht, zB die mit der Reparatur oder Reinigung etwa der Heizung oder des Fahrstuhls beauftragten Unternehmen, sowie schließlich Mietinteressenten bei der Besichtigung der Wohnung (HANS § 535 Anm B 4 g, cc). Keine Erfüllungsgehilfen des Vermieters sind hingegen die Mitmieter (s unten Rz 156); anders nur, wenn ein Mieter ausnahmsweise bestimmte Vermieterpflichten (zB die Bedienung der Heizung) durch eine zusätzliche Abrede übernommen hat (BGH Z M R 1 9 6 9 , 2 7 1 ; SCHMIDT-FUTTERER D W W 1 9 7 1 , 2 8 9 ) .
32 2. Die Erhaltungspflicht * a) Allgemeines Der Vermieter muß die Sache dem Mieter nicht nur in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen, sondern die Sache auch während der ganzen Vertragsdauer in diesem Zustand erhalten. Diese sog Erhaltungspflicht umfaßt zahlreiche Einzelpflichten, deren Einordnung im einzelnen umstr ist. Die Frage hat jedoch im wesentlichen nur systematische Bedeutung. Jedenfalls soweit es um die Erhaltung der Sache und um die Abwehr von Störungen geht, sollen hier die diesbezüglichen Pflichten des Vermieters als unselbständige Teile der allgemeinen Erhaltungspflicht behandelt werden. 33 b) Der Umfang der Erhaltungspflicht aa) Aus der Erhaltungspflicht des Vermieters ergeben sich vor allem die folgenden Einzelpflichten: Nach Überlassung der Sache muß er sie dem Mieter belassen und darf ihn deshalb nicht in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs stören. Außerdem muß er Störungen Dritter abwehren. Vor allem aber muß er während der ganzen Vertragsdauer die vermietete Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand erhalten. Diese Pflicht umfaßt sowohl eine Instandhaltungs- als auch eine Instandsetzungspflicht (vgl außerdem noch § 546). 34 bb) Der Vermieter darf den Mieter nicht im vertragsmäßigen Gebrauch der vermieteten Sache stören. Deshalb hat bei der Raummiete der Vermieter grundsätzlich kein Recht, die Räume zu betreten oder zu besichtigen (str; s im einzelnen u Rz 138 f). Bewohnt er dasselbe Haus wie der Mieter, so darf er den Mieter auch nicht
* Schrifttum: FISCHER, Lärmbekämpfung, ZMR 1957, 397; 1958, 5; 1958, 110; FRICKE, Konkurrenzschutzpflicht bei der Vermietung gewerblicher Räume, ZMR 1979, 227; GLASER, Schutz des Gewerberaummieters vor Wettbewerb, NJW 1953, 330; ders, Wettbewerbsbeschränkungen in Geschäftsraummietverträgen, WRP 1963, 80; GROTH, Störung der Nachtruhe durch Tanzfeste in der Wohnung, GE 1968, 106; KÜNZEL, Ruhestörender Lärm im Hause, BB 1958, 579; LASSALY, Ruhestörender Lärm im Hause, NJW 1959, 758; MULLER, Der vertragsmäßige Gebrauch der Mietsache bei der Vermietung von Räumen zu Wohnzwecken, ZMR 1970, 289; RAU, Musik als Belästigung des Mieters, ZMR 1966,227; ROQUETTE, Rechtsschutz gegen Lärm im Miethause, DR 1940, 570; RUNGE, Ruhestörender Lärm im Hause, NJW 1958, 1997; SCHOPP, Vermietung von gewerblich genutztem Raum an Wettbewerber, ZMR 1953, 139; STERNEL RZ II 186,253, 263 f; WIETHAUP, Rechtsfragen zur Lärmbekämpfung in Gast- und Schankwirtschaften usw, ZMR 1959, 289; ders, Rechtsprechungsübersicht betreffend Lärmbeeinträchtigung durch Sportveranstaltungen, MDR 1969, 822; ders, Zur Bekämpfung des Wohnungslärms, B1GBW 1959, 151; ders, Rechtsfragen zum Baden oder Duschen in einer Mietwohnung, DWW 1974, 63; ders, Rechtliche Möglichkeiten der Bekämpfung des Wohnungslärms, MDR 1960, 632.
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§§ 535, 536 35-37
3. Titel. Miete. Pacht
durch übermäßigen Lärm stören ( W I E T H A U P aaO). Den Hausfrieden muß er soweit wie möglich erhalten. Bauliche Veränderungen, durch die der Mieter gestört werden könnte, sind nur im Rahmen des § 541 a gestattet, darüber hinaus verboten; bei sonstigen Baumaßnahmen muß er Störungen des Mieters verhindern (BGH LM Nr 1 und 5 zu § 906 BGB; LG Mannheim WuM 1976, 150; BGH LM Nr 39 zu § 278 BGB). Hieraus wird überwiegend die Verpflichtung des Vermieters gewerblicher Räume 35 gefolgert, den Mieter gegen Konkurrenz im selben Haus zu schützen (zB G L A S E R aaO; W E I M A R WuM 1972, 118; S O E R G E L - M E Z G E R §§ 535-536 Rz 105 ff; M I T T E L STEIN 248 ff; F R I C K E ZMR 1979, 227; STERNEL R Z II 268 f). Namentlich der BGH geht davon aus, daß es zur Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs gehöre, daß der Vermieter in anderen Räumen des Hauses kein Konkurrenzgeschäft zulasse. Der Mieter soll jedoch keinen Anspruch auf umfassenden Konkurrenzschutz haben; der Konkurrenzschutz soll vielmehr nur eingreifen, wenn es sich um Geschäfte mit denselben Hauptartikeln handelt, während Überschneidungen bei Nebenartikeln als unerheblich angesehen werden (BGH LM Nr 2, 3, 5,6,11/12 zu § 536 BGB; Nr 7 zu Vorbemzu § 253 ZPO, B13; BGH WarnR 1973 Nr 57; NJW1979,1404 = LMNr 17 zu § 536 BGB; BGHZ 70, 79 = JuS 1978, 348 Nr 6; ebenso schon RG DR 1941, 7 8 3 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 535 R z 3 8 ff).
Die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenartikeln bereitet natürlich im einzelnen 35a erhebliche Schwierigkeiten. Die Uberschneidung bei Hauptartikeln wird idR bejaht bei den verschiedenen Formen der Lebensmittelgeschäfte. Darüber hinaus ist in der Praxis in folgenden Fällen eine relevante Konkurrenzbeziehung angenommen worden: zwischen einem Café mit Konditorei und einem italienischen Eissalon (OLG Frankfurt Betrieb 1970, 46), sogar zwischen einer Kantine und einem Café mit Eisdiele (BGH LM Nr 6 zu § 536 BGB), schließlich auch zwischen einer Drogerie und einem Supermarkt mit ausgebauter Drogerieabteilung (BGH LM Nr 11/12 zu § 536 BGB). Dasselbe dürfte für das Verhältnis zwischen einer Drogerie und einer Apotheke gelten. Die Verpflichtung zur Fernhaltung von Konkurrenz besteht aber grundsätzlich nur 36 für dasselbe Grundstück iS einer wirtschaftlichen Einheit (RGZ 131, 274; OLG Hamburg MDR 1964, 508), nur in Ausnahmefällen deshalb auch für demselben Vermieter gehörende Nachbargrundstücke (OLG Celle MDR 1964, 59), auf keinen Fall folglich, wenn der Abstand zwischen den Grundstücken 350 m beträgt (BGH NJW 1979, 1404 = LM Nr 17 zu § 536 BGB). Jedoch kann das einer OHG obliegende Wettbewerbsverbot auch deren Gesellschafter treffen (RGZ 119, 353; 136,266, 271 f). Auch darf das Konkurrenzverbot nicht dadurch umgangen werden, daß der Vermieter einzelne Teile des einheitlichen Grundstücks abschreiben läßt und selbständig vermietet (OLG Koblenz NJW 1960, 1253 ff; vgl weiter BGH NJW 1974, 2317; BB 1978, 165 f = BGHZ 70, 79). Dieselben Grundsätze gelten im Kern auch für die Vermietung von Praxisräumen an 37 Angehörige der freien Berufe wie Ärzte und Anwälte. Der Umfang des Konkurrenzschutzes hängt hier freilich ganz von den Umständen und insbes von der Lage und der Art des Hauses ab*. Er ist jedoch auch bei einem Bürohaus in der City keineswegs von vornherein ausgeschlossen, sondern im Gegenteil grundsätzlich zu bejahen (BGHZ 70, 79 = JuS 1978, 348 Nr 6 gegen OLG Karlsruhe NJW 1972, 2224).
* Grdleg BGHZ 70,79 = JuS 1978,348 Nr 6 m Nachw u Anm W O L F LM Nr 16 zu § 536 BGB; BGH Betrieb 1976,2151; OLG Karlsruhe NJW 1972, 2224; LG Düsseldorf NJW 1963,1678; H E R O L D D W W
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1 9 6 4 , 9 ; STERNEL R Z 2 7 4 ; a M z B ROQUETTE § 5 3 5 R z
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14.
§§ 535, 536 38-40 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
38 Vertragliche Erweiterungen des Wettbewerbsverbots, zB auf Nachbargrundstücke, sind möglich (BGH LM Nr 11/12 zu § 536 BGB). Auf diese Weise kann das Wettbewerbsverbot sogar auf die Zeit nach Beendigung des Mietvertrages erstreckt werden. Doch darf das Verbot niemals über das hinausgehen, was zur Wahrung der schützenswerten Interessen des Mieters geboten ist; das Verbot muß deshalb vor allem zeitlich begrenzt sein (insbes OLG Zweibrücken OLGZ 1972, 208; BGH LM Nr 25 zu § 581 BGB). Ein schützenswertes Interesse an dem Verbot fehlt auch, wenn nach den örtlichen Verhältnissen jede Konkurrenz ausscheidet (OLG Hamm BB 1971, 1076). Zur Anwendbarkeit der §§ 18 Abs 1 Nr 2 und 34 GWB auf solche Vereinbarungen s unten Rz 39. 39
Diese ganze Praxis ist nicht unbedenklich (so mit Recht F I K E N T S C H E R § 74 II 1). Soweit es sich um zusätzliche, vertragliche Wettbewerbsverbote handelt, müssen auf jeden Fall die sich aus § 1 GWB ergebenden Schranken beachtet werden. Danach dürften solche Wettbewerbsverbote häufig unwirksam sein. Aber auch soweit das Wettbewerbsverbot aus den §§ 535 und 536 hergeleitet wird, kann im Einzelfall durchaus § 1 GWB eingreifen, wenn der Mietvertrag einen Vertrag zu einem gemeinsamen Zweck darstellt. In diese Richtung tendiert eindeutig auch die neuere Praxis des BGH, nach der Austauschverträge wie die Miete ebenfalls durchaus zu einem gemeinsamen Zweck iS des § 1 GWB abgeschlossen sein können, sofern die Parteien damit nur gemeinsame Interessen verfolgen, wofür schon die Aufteilung der Kundenkreise zwischen potentiellen Konkurrenten genügt.* Soweit trotzdem § 1 GWB nicht eingreift, bleiben auf jeden Fall die §§ 18 Abs 1 Nr 2 und 34 GWB anwendbar, sofern beide Parteien (wie in aller Regel) Unternehmen iS des GWB sind; die Folge ist vor allem, daß der gesamte Vertrag dann der Schriftform nach § 34 GWB bedarf (dazu eingehend E M M E R I C H NJW 1980,1363; aM zu Unrecht beiläufig BGHZ 53, 304, 307).
40 cc) Der Vermieter muß den Mieter gegen alle Störungen durch Dritte, auch durch Mitmieter desselben Hauses (BGH LM Nr 8 zu § 536 BGB), schützen, jedoch nur insoweit, als auch der Mieter selbst aufgrund der §§ 862, 906 (analog) von dem Dritten Unterlassung der Störungen, zB durch Lärm oder sonstige Immissionen, verlangen könnte. Besondere Bedeutung hat dies für den Schutz des Mieters gegen Lärmbelästigungen durch Dritte einschließlich der Mitmieter desselben Hauses: Soweit derartige Immissionen nach § 906 verboten sind, braucht sie auch der Mieter als Besitzer nicht zu dulden (§ 862) und kann deshalb vom Vermieter Abstellung der Störung verlangen (BGH LM Nr 1,5 u 36 zu § 906 BGB; Nr 9 zu § 18 1. BMG; Nr 15 zu § 823 [E f] BGB; OLG Dresden OLGE 17, 26; OLG Frankfurt ZMR 1964, 271; LG Köln ZMR 1964,143;LG Hannover ZMR 1969,281; insbes LG Braunschweig NJW 1954, 111). Derartige Lärmbelästigungen stellen zugleich einen Mangel der vermieteten Sache dar (s § 537 Rz 29 f; LG Hannover aaO; LG Köln MDR 1971, 396; LG Hamburg NJW 1973,2254; ZMR 1971,134). Die Einzelheiten sind lebhaft umstritten (s F I S C H E R , R U N G E , W I E T H A U P aaO; außerdem insbes R O Q U E T T E § 535 Rz 218 S T E R N E L T Z II 263 f m Nachw; G L A S E R ZMR 1981, 1). 40a Der unvermeidbare Lärm, der sich aus der Tatsache des Zusammenlebens mehrerer Menschen in einem größeren Mietshaus ergibt, muß hingenommen werden; ebenso in angemessenem Rahmen und außerhalb der üblichen Ruhestunden (von 13.00 bis 16.00 Uhr und von 22.00 bis morgens 8.00 Uhr) gelegentliches Klavierspiel, gelegentliche Familienfeiern, der übliche Kinderlärm und dergleichen mehr. Die * Grdleg BGHZ 68, 6, 10 = JuS 1977, 622 Nr 7; BGH BB 1979, 1162; NJW 1979, 1605 = WuW/E BGH 1597,1600 = JuS 1980, 67 f Nr 12; WuW/E BGH 1353; OLG Frankfurt WuW/E OLG 1877, 1878 f; EMMERICH, Kartellrecht (3. Auf! 1979) 53 f; K SCHMIDT BB 1979, 1173.
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 40 b-43
Grenzen im einzelnen sind jedoch flüssig, wobei auch die ständig zunehmende Lärmempfindlichkeit der Bevölkerung berücksichtigt werden muß; ältere Entscheidungen, die dem Mieter selbst die Duldung erheblicher Lärmbelästigungen zumuteten, sind überholt. Deshalb braucht es der Mieter nicht hinzunehmen, daß in einer Nachbarwohnung ein stellenloser Opernsänger Gesangsunterricht erteilt (aM zu Unrecht OLG Düsseldorf JW 1932, 3012) oder daß dort Klavierunterricht gegeben wird (LG Hannover GE 1931, 1238; OLG Dresden OLGE 17, 26). dd) Die Verpflichtung des Vermieters zur Unterlassung und Abwehr von Störungen 40b wird in der Praxis teilweise auch als Fürsorgepflicht des Vermieters bezeichnet (BGH LM Nr 4 und 6 a zu § 536 BGB; LM Nr 39 zu § 278 BGB; ZMR 1969, 271). Tatsächlich handelt es sich dabei indessen um nichts anderes als um eine besondere Erscheinungsform der Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch zu belassen und zu erhalten. c) Insbesondere die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht
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Die wichtigsten aus der allgemeinen Erhaltungspflicht fließenden Einzelpflichten des Vermieters sind die Instandhaltungs- und die Instandsetzungspflicht. Ihnen entspricht die Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter dessen notwendigen Verwendungen zu ersetzen (§ 547 Abs 1 S 1). Im einzelnen hat man hier die folgenden Pflichten des Vermieters zu unterscheiden: aa) Die Verkehrssicherungspflicht
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Der Vermieter ist zunächst verpflichtet, die vermietete Sache einschließlich aller mitvermieteten Bestandteile, Räume, Flächen und Sachen (AG Hamburg WuM 1976,95) während der ganzen Vertragsdauer in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch ermöglicht und durch den der Mieter und seine Angehörigen nicht gefährdet werden. Der Vermieter muß also stets schon vorbeugend sämtliche, erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um drohende Geiahren zu verhindern. Er ist deshalb zB verpflichtet, für die Sicherung der vermieteten Räume gegen das Eindringen Unbefugter durch die Anbringung von Schlössern zu sorgen (ebenso BGH LM Nr 2 zu § 535 BGB für den Besitzer eines Kühlhauses, der einzelne Zellen zur Aufbewahrung von Lebensmitteln vermietet hat). Hat das vermietete Haus eine Zentralheizung, so muß der Vermieter stets alles Erforderliche tun, um deren Betrieb sicherzustellen, damit nicht die Gesundheit der Mieter gefährdet wird (s unten Rz 77 ff). Ebenso muß der Vermieter alles Erforderliche tun, um die Sicherheit der Zu- und Abgänge, Treppen und Flure, Fahrstühle, Keller und Böden sicherzustellen (OLG Karlsruhe ZMR 1960, 306; LG Berlin WuM 1978, 230 f; AG München WuM 1978, 87; enger OLG Hamm FWW 1977, 270 für eine rückwärtige Kellertreppe). Der Mieter hat insoweit den Erfüllungsanspruch (AG Hamburg WuM 1976, 95). Die Verkehrssicherungspflicht umfaßt auch die Verpflichtung des Vermieters, die 43 vermietete Sache in regelmäßigen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob sie sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet oder ob dem Mieter von ihr Gefahren drohen (BGH VersR 1966, 81, 82; WM 1976, 537; S T E R N E L R Z II 259; BGBR G R G - G E L H A A R § 535 Rz 37). Deshalb müssen zB Gasleitungen und Rückstauschieber in regelmäßigen Abständen überprüft werden (BGH WM 1976, 537; OLG Stuttgart ZMR 1973, 144 f). Aber diese Prüfungspflicht darf auch nicht überspannt werden (BGH VersR 1966, 81, 82). So braucht eine im Erdboden liegende Wasserleitung nicht ausgegraben zu werden, um sie zu überprüfen (BGH LM Nr 3 zu § 538 BGB). Überhaupt ist die Prüfungspflicht bei allen Räumen, die sich im ausschließlichen Besitz des Mieters befinden, eingeschränkt (BGH WM 1969,1011, (83)
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§§ 535, 536 44—46
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
1012 f). Hier kann sich der Vermieter grundsätzlich darauf verlassen, daß ihm der Mieter etwaige Mängel anzeigen wird (§ 545), während sonst ein Verstoß des Mieters gegen die Anzeigepflicht den Vermieter nicht von seiner Prüfungs- und Instandsetzungspflicht befreit. 44 Bei einem Mietshaus erstrecken sich diese Pflichten auf alle Teile des Hauses, nicht nur auf die der gemeinsamen Benutzung unterliegenden Einrichtungen und Räume, sondern auch auf die in der Obhut der Mitmieter stehenden Wohn- und Geschäftsräume. Daher darf der Vermieter seine Pflicht, die Mieträume zu erhalten, nicht so vernachlässigen, daß daraus Gefahren für die Mitmieter entstehen (BGH LM Nr 4 und 6 a zu § 536 BGB; WM 1969,1011,1012). Wenn der Vermieter im selben Haus wohnt, muß er dementsprechend auch dafür Sorge tragen, daß von seiner Wohnung den Wohnungen der Mieter keine Gefahren drohen (BGH LM Nr 39 zu § 278 BGB); hiergegen verstößt er, wenn er es unterläßt, einen Wasserhahn abzudrehen, so daß Wasser in die anderen Wohnungen eindringt (BGH LM Nr 6 a zu § 536 BGB). Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich sogar auf solche Teile des Hauses, deren Benutzung durch die Mieter der Vermieter lediglich duldet, ohne hierzu verpflichtet zu sein (KG HRR 1936 Nr 1271). 45 bb) Die Reinigungs- und Beleuchtungspflicht Der Vermieter ist verpflichtet, bei Schnee oder Eis die Zu- und Abgänge zu räumen und zu streuen (RG HRR 1932 Nr 231; BGH VersR 1965, 364; KG NJW 1970, 2110; STERNEL Rz II 253 f). Außerdem muß er die Treppen und Flure in einem verkehrssicheren Zustand erhalten und beleuchten. Demgegenüber wird eine Reinigungs- und Beleuchtungspflicht des Vermieters vielfach ganz geleugnet (SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 113 ff; ders, MietR, s v Reinigungspflicht; GAISBAUER DWW 1969, 278 m Nachw) oder doch wesentlich eingeschränkt (zB BGH ZMR 1959, 329, wonach dem Mieter die Benutzung einer Taschenlampe zumutbar sein soll; vgl auch RG HRR 1932 Nr 1126; AG Köln MDR 1957, 230). Indessen sind Beleuchtung und Reinigung der Flure, Treppen usw selbstverständliche, wesentliche Bestandteile der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters. Es gibt daher keinen Rechtssatz, daß die Mieter eines Mehrfamilienhauses ohne besondere Abrede zur Beleuchtung und Reinigung der gemeinsam benutzten Treppen und Flure verpflichtet seien (RG Gruchot 56 [1912] 934). Anders natürlich bei Einfamilienhäusern. Im übrigen kann eine Reinigungspflicht des Mieters aber nur für die vermieteten Räume anerkannt werden. 45a Wenn der Mieter vertraglich die Reinigungs- und Streupflicht übernommen hat, bleibt der Vermieter doch immer noch verpflichtet, die nötigen Geräte und das Streumaterial zu stellen (AG Solingen WuM 1979, 239; aM AG Essen ZMR 1980, 316 f). Ist der Schuldner vorübergehend verhindert, so muß er eine Ersatzkraft stellen. Bei Krankheit oder Alter kann er hingegen frei werden (STERNEL Rz II 256). 46 cc) Weitere Einzelfälle Der Vermieter muß stets dafür sorgen, daß sich die vermieteten Räume in einem Zustand befinden, der den öffentlichen Bauvorschriften entspricht. Wird danach eine Umstellung der Heizung erforderlich, so muß der Vermieter diese auf eigene Kosten durchführen. Dasselbe gilt für alle sonstigen Änderungen der baulichen Anlage und insbes der Heizungsanlage. Folglich muß der Vermieter die Kosten einer Umstellung auf Erdgas tragen (AG Aachen NJW 1970, 1923; LG Aachen MDR 1970, 931; s d a z u STORZ N J W 1 9 7 1 , 4 1 3 ; WEIMAR B e t r i e b 1 9 7 0 , 1 7 7 6 ; HURST Z M R 1 9 7 0 , 3 2 1 ;
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 5 3 6 46 a - 5 2
STERNEL RZ II 250 f). Abweichende Vereinbarungen in Formularverträgen werden idR gegen § 9 A G B G verstoßen. Nur aus § 3 MHRG kann sich im Einzelfall etwas anderes ergeben. Im Falle der Vermietung beweglicher Sachen wie zB Maschinen muß der Vermieter 46a auch für deren Funktionsfähigkeit und Sicherheit sorgen. Daneben besteht die Verpflichtung, den Mieter sachgerecht in der Bedienung zu unterrichten. dd) Grenzen
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Keine Rolle spielt die finanzielle Belastung durch die Erhaltungspflicht (§ 279; L G H a m b u r g N J W 1 9 7 6 , 1 3 2 0 ; L G B e r l i n W u M 1 9 7 8 , 2 3 0 f ; STERNEL R Z I I 1 9 0 ) . S e l b s t
hohe Kosten befreien den Vermieter nicht. Ebensowenig kommt es darauf an, ob er etwaige Schäden zu vertreten hat. Nur wenn es der Mieter ist, der die Schäden zu vertreten hat, entfällt die Instandsetzungspflicht des Vermieters. An ihre Stelle tritt die Ersatzpflicht des Mieters (Vorbem 10 und 31 zu §§ 537 ff). Die Instandsetzungspflicht endet erst bei einer Zerstörung der vermieteten Sache 48 (§ 275). Schwierige Abgrenzungsfragen entstehen hier, wenn die vermietete Sache nur teilweise zerstört ist. Beschränkt sich die Zerstörung auf einen verhältnismäßig unbedeutenden Teil der Sache, so kann an der uneingeschränkten Instandsetzungspflicht des Vermieters kein Zweifel bestehen. Eine abweichende Beurteilung kommt erst in Betracht, wenn die zerstörten Teile die nicht zerstörten Teile deutlich überwiegen und die Kosten einer Wiederherstellung denen einer Neuherstellung gleichkommen (§ 242; Vorbem 8 ff zu §§ 537 ff). Der Mieter hat grundsätzlich nur einen Anspruch auf Wiederherstellung des zum 49 vertragsmäßigen Gebrauch erforderlichen Zustandes, nicht jedoch einen Anspruch auf mögliche Verbesserungen der vermieteten Sache (PERGANDE § 536 Anm 2 und 3). Hingegen ist der Vermieter im Rahmen des § 541 a und des § 20 ModEnG zu Verbesserungen berechtigt (s § 3 MHRG Rz 8 f). Die Kosten kann er im Rahmen des § 3 MHRG weitgehend auf die Mieter abwälzen. Die gesetzliche Regelung der Erhaltungspflicht ist schließlich nicht zwingend, so daß 50 abweichende Vereinbarungen möglich und häufig sind. Besonders verbreitet ist die Abwälzung der sog Schönheitsreparaturen, die an sich auch dem Vermieter obliegen (KG ZMR 1963, 138; L G Mannheim ZMR 1969, 16), auf den Mieter (Rz 142 ff). Darüber hinaus werden heute häufig auch die sog kleinen Reparaturen (etwa bis zu einem Betrag von DM 5 0 , - oder DM 6 0 , - ) vertraglich auf den Mieter abgewälzt (s unten Rz 150 f). Solche Abreden sind jedoch heute nur noch durch Individualvereinbarung möglich, nicht mehr hingegen durch Formularvertrag (§ 9 A G B G ; s Vorbem 148 e zu §§ 535, 536). d) Die Dauer der Erhaltungspflicht
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Die Erhaltungspflicht besteht grundsätzlich nur während der Dauer des Mietverhältnisses. Überläßt jedoch der Vermieter dem Mieter die Sache schon vor dem vertraglich bestimmten Zeitpunkt, so gilt infolge der Erstreckung des Mietvertrages auf diesen zusätzlichen Zeitraum auch hierfür die Erhaltungspflicht (LG Mannheim WuM 1 9 7 6 , 1 5 0 ; o Rz 2 9 ) . Ebenso umfassend geschützt ist der ausziehende Mieter; auch er hat Anspruch auf 52 sichere Treppen, Flure und Zugänge. Bleibt jedoch der Mieter zu Unrecht wohnen, so muß eine Einschränkung der Erhaltungspflicht des Vermieters angenommen werden (s HANS § 536 Anm B 5). Auf der anderen Seite kann aber die Erhaltungspflicht auch gegenüber dem Räumungsschuldner nicht ganz entfallen, da der Mieter seinerseits nach § 557 zur Fortzahlung des Mietzinses verpflichtet bleibt (vgl auch § 568). Der (85)
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§§ 535, 536 53-54b
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Vermieter muß deshalb zumindest dafür sorgen, daß keine ernsten Gefahren für Leben und Gesundheit des Mieters entstehen, so daß er zB im Winter die Wohnung beheizen muß (LG Mannheim MDR 1967, 130 Nr 54). 53 e) Wegen der Ansprüche des Mieters bei Nichterfüllung der Erhaltungspflicht seitens des Vermieters s oben Rz 25 ff. 54 3. Insbes der Umfang des vertragsmäßigen Gebrauchs* a) Allgemeines Der vertragsmäßige Gebrauch ist der Zentralbegriff, nach dem sich die Rechte und Pflichten des Vermieters und des Mieters richten. Der Vermieter hat während der ganzen Vertragsdauer alles zu tun, um dem Mieter diesen vertragsmäßigen Gebrauch zu ermöglichen; umgekehrt muß sich der Mieter strikt an die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs halten. Jede Überschreitung der dadurch gezogenen Grenzen ist vertragswidrig und löst die Rechtsfolgen der §§ 550 und 553 aus. 54a aa) Die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs sind im Einzelfall häufig nur schwer zu bestimmen, dies um so mehr, als die Anschauungen hierüber auch zeitlichen Schwankungen unterworfen sind, da namentlich technische Entwicklungen zu einer ständigen Erweiterung der dem Raummieter erlaubten Formen des Gebrauchs führen. Jede Engherzigkeit ist hier fehl am Platz (ebenso im Erg BGH LM Nr 25 und 28 zu § 535 BGB). 54b Was zu dem vertragsmäßigen Gebrauch gehört, richtet sich in erster Linie nach den Absprachen der Parteien. Ergänzend sind stets die gesamten Umstände, namentlich Art und Lage des Mietobjektes, zu berücksichtigen. Eine erhebliche Rolle spielt
* Schrifttum: BETTERMANN, Darf der Mieter zur Ölheizung übergehen? ZMR 1960, 354; ENNECCERUS-LEHMANN § § 128 I 2 u n d 1 2 9 I 4 ; ERDSIEK, Persönlichkeitsschutz u n d T i e r h a l t u n g in
Mietwohnungen, NJW 1960, 1799; EWALD, Die Dachantenne, MDR 1965, 85; GITTER, in: Vertragsschuldverhältnisse (1974) 14 ff; GLASER, Abstellen von Kraftfahrzeugen auf dem Hofe des Miethauses, MDR 1962,521; ders, Der Schlüssel zu den Betriebsräumen des Mieters, Betrieb 1973, 2176; ders, Gemeinschaftsfernsehantenne und Mietrecht, Betrieb 1974, 125; ders, Neuzeitliche Haushaltswaschmaschine in der Wohnung, ZMR 1958,109; ders, Der Waschautomat in der Mietwohnung, Betrieb 1964, 982; ders, Rechtsfragen zur Sammelheizung, Betrieb 1966, Beil Nr 4; GRUND, Zur Rechtslage bei Sammelheizungen, NJW 1954, 499; GÜRTNER, Zur Rechtslage bei Sammelheizungen, NJW 1954, 59; HERMES, Darf der Mieter zur Ölheizung übergehen? ZMR 1961, 89; HOLLENBERG, Das Recht der Heizung im Miethaus, ZMR 1961, 38; HUMMEL, Die Abrechnung der Nebenkosten, ZMR 1975, 65; KLEIN, Die Tierhaltung in Mietwohnungen, ZMR 1959, 189; KÜRZEL, Grenzen der Haftung bei Schadensfällen auf mangelhaften Treppen, DWW 1968, 18; LARENZ II § 48 III a; LAU, Zur Umlegung von Mietnebenkosten, ZMR 1978, 357; LEENEN, Der vertragsmäßige Gebrauch, MDR 1980, 353; MITTELSTEIN, Die Miete 243 ff, 253 ff, 267 ff; MÜLLER, Der vertragsmäßige Gebrauch der Mietsache bei der Vermietung von Räumen zu Wohnzwecken, ZMR 1970, 289; NIENDORFF, Mietrecht 227 ff; RATHJEN, Gleichbehandlung und Mietrecht, MDR 1980, 713; RAU, Zur Rechtsprechung über die Haustierhaltung des Mieters, ZMR 1965, 130; ROQUETTE, Haushaltswaschmaschinen als Rechtsproblem, NJW 1963,91; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (3. Aufl 1977) 82 ff; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976) passim; ders, Veränderungen der Mieträume während der Mietzeit, MDR 1970, 375; STERNEL RZ II 286 ff (S 179 ff); WEIMAR, Die Rechte des Mieters bei nicht fertiggestellten Zufahrtswegen und Außenanlagen, ZMR 1965, 353; ders, Bedarf der Wohnraummieter zur Kleintierhaltung der Erlaubnis des Vermieters? B1GBW 1974, 149; ders, Die Rechte des Mieters bei unzureichender Beheizung der Mieträume, WuM 1973,17; ders, Kann der vertragsmäßige Gebrauch bei einer Mietwohnung durch Vereinbarung beschränkt werden? WuM 1971, 89.
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 54 c-57
außerdem die jeweils maßgebliche Verkehrssitte. Nur aufgrund aller dieser Umstände zusammen kann von Fall zu Fall entschieden werden, was zu dem dem Mieter gebührenden vertragsmäßigen Gebrauch gehört. B e i der im Mittelpunkt des Interesses stehenden Raummiete ist folglich vor allem 5 4 c darauf abzustellen, ob die fraglichen Räume als Wohnräume oder zu gewerblichen Zwecken vermietet worden sind. Maßgebend sind insoweit allein die Abreden der Parteien, an denen auch eine tatsächlich abweichende Verwendung der Räume durch den Mieter nichts zu ändern vermag, solange nicht hierin eine stillschweigende Änderung des Mietvertrages liegt. bb) Sind die Räume als Wohnräume vermietet, so dürfen sie grundsätzlich nicht für 5 5 gewerbliche Zwecke benutzt werden. D e r Betrieb eines Gewerbebetriebs in den Räumen ist dann ein vertragswidriger Gebrauch (vgl insbes GLASER N J W 1 9 5 6 , 1265 f m Nachw; STERNEL RZ II 2 9 1 f). Dafür genügt jedoch noch nicht die bloße Angabe der Wohnung als Sitz eines tatsächlich an einem anderen Platz betriebenen Unternehmens ( L G München I Z M R 1 9 6 2 , 2 7 2 Nr 8). Auch folgt aus dem Gesagten nicht, daß dem Mieter von Wohnräumen jegliche berufliche Tätigkeit in diesen Räumen verwehrt wäre. Zunächst versteht es sich von selbst, daß die Angehörigen freier Berufe ebenso wie Wissenschaftler oder Schriftsteller normale Büroarbeiten auch in ihrer Wohnung ausüben dürfen. A b e r auch eine beschränkte, weitergehende, gewerbliche Tätigkeit ist zulässig, wenn davon keine Belästigung der anderen Mieter und keine Gefährdung des Mietobjektes zu besorgen ist, sofern nicht der Mietvertrag ausdrücklich das Gegenteil bestimmt (so zB L G Wuppertal M D R 1971, 4 9 f). Danach können zulässig sein: Die Erteilung von Unterricht an einzelne Schüler, die Vornahme von Näharbeiten, sonstige geringfügige Heimarbeiten ( L G Berlin W u M 1 9 7 4 , 2 5 8 ff), geringfügige Büroarbeiten ( L G Mannheim B B 1977, 1 2 7 4 ; W u M 1 9 7 8 , 9 1 ) uäm. cc) Sind Räume für bestimmte gewerbliche Zwecke vermietet, so müssen sie auch zur 5 6 Aufnahme gerade dieses Gewerbebetriebs geeignet sein. Zu dem hiernach erforderlichen Zustand der vermieteten Räume gehört namentlich, daß bei der Vermietung als Lagerräume oder als Fabrikhalle die Böden und Decken die notwendige Tragfähigkeit aufweisen. Ist dies nicht der Fall, so sind die Räume mangelhaft ( B G H B B 1958, 5 7 5 ; L M Nr 11 u 12/13 zu § 537 B G B ; Nr 6 zu § 5 3 8 B G B ) . Außerdem müssen die Räume auch sonst in jeder Hinsicht in einem solchen Zustand sein, daß der Aufnahme des vorgesehenen Gewerbebetriebs keine privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (s im einzelnen u § 537 R z 22 ff). Die Anforderungen an die vermieteten Räume sind also um so höher, j e genauer der geplante, gewerbliche Zweck umschrieben ist. Werden die Räume hingegen nur ganz allgemein für gewerbliche Zwecke vermietet, so wird es genügen, wenn nur überhaupt die Aufnahme irgendeines Gewerbebetriebs darin möglich ist ( R G Z 147, 304). B e i Vermietung der Räume für genau bestimmte, gewerbliche Zwecke stellt sich 5 7 außerdem die Frage, ob dem Mieter später eine Erweiterung oder gar Umstellung dieses Gewerbebetriebs auf andere Zweige erlaubt ist. Diese Frage kann weder generell bejaht noch verneint werden. Vielmehr kommt es auf die Umstände an; außerdem muß die schon bei Vertragsschluß abzusehende, normale Erweiterung eines Gewerbebetriebs stets erlaubt sein. A b e r auch eine Erweiterung durch die Aufnahme neuer Geschäftszweige kann dem Mieter erlaubt sein, selbst wenn dadurch der Charakter des Gewerbebetriebs verändert wird. Maßgebend ist insoweit, ob dem Vermieter aufgrund der gesamten Umstände nach Treu und Glauben diese Veränderung zuzumuten ist, weil der Mieter an ihr ein berechtigtes Interesse hat, ohne daß der Veränderung legitime Interessen des Vermieters entgegenstehen (so (87)
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§§ 535, 536 57 a - 6 2
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
BGH LM Nr 1 zu § 550 BGB für die Veränderung des Verwendungszwecks einer Gastwirtschaft; BGH LM Nr 2 zu § 550 BGB für die nach Vertragsschluß notwendig gewordene Erweiterung des Betriebs einer Milchbar durch die Hinzunahme des Vertriebs alkoholischer Getränke; BGH LM Nr 3 zu § 550 BGB für die Umstellung einer Damenmaßschneiderei auf einen Konfektionsbetrieb). 57a Hingegen braucht der Vermieter die Umstellung eines gutbürgerlichen Schanklokals in einen barähnlichen Betrieb mit Tanzgelegenheit ebensowenig zu dulden wie die Umstellung eines Tagescafes ohne Alkoholausschank in ein ausgesprochenes Nachtcafe mit Alkoholausschank, von dem erhebliche Belästigungen der anderen Mieter zu befürchten sind (BGH, Urt v 17. 9. 1957 - VIII ZR 320/56; LG Wiesbaden ZMR 1954,372). Auch darf der Mieter eines Massagesalons nicht den Eindruck erwecken, in seinen Räumen würden unzüchtige (sexuelle) Handlungen vorgenommen (AG Hildesheim ZMR 1972, 374; fraglich). Prinzipiell ist in allen diesen Beziehungen jeder engherzige Standpunkt unangebracht. Jede unnötige Einschränkung des Rechts des Mieters zur Erweiterung oder Umstellung seines Betriebs durch Klauseln in Formularverträge verstößt nach dem Gesagten gegen § 9 AGBG (STERNEL RZ II 292 ff). 58 dd) Zu dem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand gehört bei allen Räumen, daß sie sich in einem verkehrssicheren Zustand befinden, also ungefährlich und sauber, beleuchtet und heizbar sowie ohne weiteres zugänglich sind (sog Verkehrssicherungspflicht; s im einzelnen Rz 42-45). 59 b) Bauliche Veränderungen Bauliche Veränderungen sind dem Mieter grundsätzlich verwehrt und bedürfen deshalb der Zustimmung des Vermieters, selbst wenn der Mietvertrag hierüber schweigt; ohne Zustimmung des Vermieters vorgenommene, bauliche Veränderungen müssen folglich bei Rückgabe der Sache beseitigt werden (BGH LM Nr 54 zu § 535 BGB; KG JW 1934, 847 Nr. 1; LG Mannheim MDR 1969, 763; AG M a n n h e i m D W W 1 9 7 6 , 2 3 7 f ; W u M 1 9 7 7 , 1 6 7 ; SCHMIDT-FUTTERER M D R
1970,
375 ff; ders, Mietrecht, s v Bauliche Veränderungen; WEIMAR ZMR 1970, 4; ders B1GBW 1976, 63; grundsätzlich anders STERNEL RZ II 314 f). Auch von diesem Grundsatz gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen. 60 Bauliche Veränderungen sind dem Mieter zunächst erlaubt, wenn es sich um notwendige Verwendungen handelt. Insbes gehört zum vertragsmäßigen Gebrauch von Mieträumen heute stets die Möglichkeit, Strom, Gas und Wasser zu beziehen, so daß sich Wohnräume nur dann in einem mangelfreien Zustand befinden, wenn sie mit den erforderlichen Zu- und Ableitungen versehen sind. Fehlen derartige Leitungen oder sind sie nicht stark genug, so kann der Mieter entweder vom Vermieter die Verstärkung oder Neuverlegung solcher Leitungen verlangen (WEIMAR aaO) oder selbst diese Maßnahmen treffen, sofern dadurch keine Beschädigung oder Verschandelung des Hauses eintritt und der Vermieter auch nicht mit zusätzlichen Kosten belastet wird (ebenso STERNEL RZ II 315, 327). Eine Unterbrechung der Leitungen durch den Vermieter ist im übrigen eine Besitzstörung und strafbare Nötigung oder Erpressung. 61 Eine als notwendige Verwendung jederzeit ohne weiteres erlaubte bauliche Veränderung stellt außerdem die Errichtung eines Gartenzaunes zum Schutze der auf dem Grundstück spielenden Kinder dar (LG Frankfurt ZMR 1967, 109 Nr 6; ebenso OLG Frankfurt WuM 1981, 63 für die Abgrenzung zur Konkurrenz). 62 Bestimmte Eingriffe in die Bausubstanz durch bauliche Veränderungen werden weiterhin durch den vertragsmäßigen Gebrauch gedeckt. So insbes die Anbringung von Dübeln (s u § 548 Rz 3 d sowie unten Rz 63 c; LG Mannheim WuM 1975,50,51; Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
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AG Dortmund WuM 1978, 173), der Einbau eines Türspions (AG Hamburg WuM 1980,197) oder die Aufstellung einer modernen Duschkabine im Badezimmer (LG Berlin ZMR 1975, 27 = FWW 1976, 80); zu beiden Maßnahmen ist also keine Zustimmung des Vermieters erforderlich (STERNEL RZ II 316, 326). Anders beurteilt wurden jedoch die Installation einer transportablen Badeeinrichtung in der Küche (AG Berlin-Spandau ZMR 1973,48) und die Aufstellung eines Gartengrills auf dem Balkon (AG Hamburg MDR 1973, 853) sowie der Einbau einer Gasheizungsanlage (AG Oldenburg WuM 1978,83; anders zT STERNEL RZ II 328). Eine andere Frage ist, ob der Mieter in solchen Fällen einen Anspruch auf Zustimmung des Vermieters hat (s Rz 6 3 ) . Der Vermieter darf dem Mieter nicht ohne zwingenden Grund die Nutzung des 63 technischen Fortschritts unmöglich machen, so daß der Mieter von ihm die Zustimmung zu solchen baulichen Veränderungen verlangen kann, an denen er ein berechtigtes Interesse hat, sofern dem keine überwiegenden Interessen des Vermieters entgegenstehen (STERNEL RZ II 317). Unter diesen Gesichtspunkt kann der Vermieter je nach den Umständen des Einzelfalles verpflichtet sein, der Umstellung der Kokszentralheizung auf ölfeuerung oder der Ersetzung einer Kachelofenheizung durch eine Außenwandgasheizung durch den Mieter auf dessen Kosten zuzustimmen ( B G H L M N r 2 5 u 2 8 zu § 5 3 5 B G B ; BETTERMANN a a O ; GLASER, D i e S a m m e l h e i -
zung 130 ff; STERNEL RZ II 328; WEIMAR Z M R 1970, 4; B1GBW 1978, 63; vgl auch
AG Oldenburg WuM 1978,83, wonach die Verweigerung der Zustimmung als bloße Schikane unbeachtlich sein kann). Ebenso ist die Rechtslage, wenn der Vermieter durch einen Formularvertrag selbst 63a geringfügige, sonst ohne weiteres erlaubte, bauliche Veränderungen wie die Anbringung eines Namensschildes oder den Einbau eines Ventilators verboten hat (LG Hamburg WuM 1974, 145 f). War der Vermieter hiernach zur Genehmigung von baulichen Veränderungen verpflichtet, so kann er bei Vertragsende auch nicht die Beseitigung der Einrichtungen oder Installationen verlangen, selbst wenn der Mieter die erforderliche Genehmigung nicht eingeholt hat (LG Hamburg aaO). Ebensowenig kann der Vermieter dann die Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangen, wenn er zuvor dem Einbau der Installationen vorbehaltlos zugestimmt hatte (so LG Mannheim MDR 1969,763 für einen Kachelofen; OLG Hamm Betrieb 1976, 2350). Mauerdurchbrüche und sonstige Änderungen der Raumaufteilung bedürfen als 63b Eingriffe in die Substanz grundsätzlich der Erlaubnis des Vermieters (anders STERNEL Rz II 329). Der Vermieter ist jedoch zu deren Erteilung verpflichtet, wenn der Mieter nur bei ihrer Vornahme in der Lage ist, den ihm zustehenden, vertragsmäßigen Gebrauch von der Sache zu machen. Das Anbringen von Dübeln und Haken, das Bohren von Löchern und die Verlegung 63c von Teppichfußböden gehören zu dem jedem Mieter zustehenden, vertragsmäßigen Gebrauch von Wohnräumen (o Rz 62). c) Anlagen des Mieters
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aa) Zum vertragsmäßigen Gebrauch einer Mietwohnung gehört nicht die Durchführung der sog großen Wäsche in der Wohnung, weil durch die dabei entwickelten Dämpfe die Wohnung gefährdet wird. Nur die sog kleine Wäsche ist also dem Mieter ohne weiteres gestattet. Große Mietshäuser enthielten deshalb früher allgemein sog Waschküchen, an deren Stelle jedoch heute durchweg die Aufstellung von Waschmaschinen getreten ist. Daher ist heute jedem Mieter ohne weiteres die Aufstellung einer modernen Waschmaschine an beliebiger Stelle der Wohnung erlaubt, sofern dies fachmännisch geschieht und die Wohnung nicht gefährdet wird, und zwar selbst (89)
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§§ 535, 536 65-69
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
dann, wenn der Vermieter zugleich eine gemeinsame Waschmaschine im Keller anbietet (so zB LG Essen ZMR1966,211; LG Hannover ZMR1966,212; AG Essen Z M R 1966, 212; A G Karlsruhe M D R 1969, 577 Nr 66 m Anm G L A S E R m zahlr Nachw; AG Köln WuM 1972, 190; G L A S E R M D R 1969, 539 f; R O Q U E T T E NJW 1963, 91 ff). Ein vertragliches Verbot des Betriebs einer Waschmaschine ist nichtig (§ 138 Abs 1; § 9 A G B G ; S T E R N E L R Z I I 327; R O Q U E T T E aaO; aA zu Unrecht LG Essen NJW 1963, 110; A G Hannover MDR 1973, 1021). 65 bb) Dieselben Grundsätze gelten für die Aufstellung von Trockenautomaten und Geschirrspülmaschinen (AG Hildesheim NJW 1973, 519). Auch die Aufstellung dieser Geräte ist jedem Mieter ohne weiteres und ohne Rücksicht auf entgegenstehende Abreden stets erlaubt (AG Mühlheim WuM 1981, 12). 66 cc) Schon seit den Dreißiger Jahren steht fest, daß jeder Mieter ein unbedingtes Recht auf Installierung eines Fernsprechanschlusses hat ( R G Z 1 1 6 , 9 3 ) . Der Vermieter darf deshalb die hierfür erforderliche Zustimmungserklärung gegenüber der Post nicht verweigern (OLG Köln MDR 1968, 763; A U B E R T Anm NJW 1959, 1639 ff; G A I S B A U E R DWW 1970, 7; aM zu Unrecht LG Nürnberg-Fürth NJW 1959, 1639). Hingegen darf der Mieter einer Wohnung keine Anlagen anbringen, die in erster Linie gewerblichen Zwecken dienen. Deshalb überschreitet er eindeutig die Grenzen des ihm zustehenden Gebrauchsrechts, wenn er eine Funksprechanlage installiert (LG Verden ZMR 1963, 314; M Ü L L E R ZMR 1970, 293 f; aM LG Bochumg ZMR 1961, 80). Dasselbe gilt für die Anbringung einer Funkantenne (LG Essen WuM 1980,30; A G Dortmund WuM 1979,86; AG Köln WuM 1980,4 f; ZMR 1979,116; A G Hamburg WuM 1980,176; A G Castrop-Rauxel WuM 1979,212; S T E R N E L Rz II 326; LG Berlin MDR 1981, 57; aM AG Düren WuM 1979, 103). 67 dd) Infolge des technischen Fortschritts hat heute jeder Mieter ein Recht auf Teilnahme am Rundfunk- und Fernsehprogramm. Jeder Mieter darf deshalb, wiederum ohne Rücksicht auf entgegenstehende Abreden, die notwendigen Außenantennen anbringen, wenn eine Zimmerantenne nicht ausreicht und die berechtigten Interessen des Vermieters gewahrt werden. Insbes darf der Vermieter den Standort der vom Mieter angebrachten Außenantenne bestimmen (LG Göttingen ZMR 1963, 351; LG Duisburg ZMR 1970, 190; LG Hamburg ZMR 1978, 140 f; WuM 1978, 190 f). 68 Das Recht des Mieters zur Anbringung einer Außenantenne entfällt, wenn der Vermieter eine Gemeinschaftsantenne zur Verfügung stellt. In diesem Fall hat der Vermieter auch das Recht, in sämtlichen Wohnungen die notwendigen Anschlüsse zu installieren. Erlaubt jedoch die Gemeinschaftsantenne nur den Empfang einzelner Programme, so hat jeder Mieter das Recht, die Gemeinschaftsantenne auf eigene Kosten für den Empfang weiterer Programme auszurüsten (LG Hamburg ZMR 1965, 188; 1965, 381 f; 1978, 140 f; LG Essen ZMR 1964, 312; G L A S E R Betrieb 1974, 125; H A N S § 535 Anm B 6 c bb; enger AG Köln WuM 1980, 125 für die Anpassung der Antenne an den technischen Fortschritt). Dieselben Grundsätze sind anzuwenden, sobald der technische Fortschritt (und die Post) den Übergang zur Breitbandkommunikation erlauben. 69 ee) Zu den Anlagen, die jeder Mieter ohne weiteres anbringen darf, gehören Briefkästen, Namensschilder und dgl mehr (LG Mannheim WuM 1976, 231; G A I S B A U E R DWW 1968, 362). Angehörige freier Berufe dürfen außerdem durch entsprechende Schilder auf ihre Praxen hinweisen. Ziehen sie aus, so dürfen sie für eine begrenzte Zeit ein Schild anbringen, das auf ihre neue Praxis hinweist (LG Göttingen AnwBl 1966, 103). Schließlich darf auch jeder Mieter ohne weiteres für seine Kinder in der Wohnung oder in dem mitvermieteten Garten eine Schaukel oder vergleichbare Geräte aufstellen. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
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d) Die Unterbringung der Sachen des Mieters
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aa) Die Wohnung und die mitvermieteten Räume sind nicht nur zum Wohnen, sondern auch zur Unterbringung der Sachen des Mieters bestimmt. Folglich darf der Mieter in der Wohnung, im Keller oder auf dem Speicher zB seine Waren lagern (LG Köln ZMR 1964, 363 Nr 6). Ebenso dürfen Brennstoffe im Keller untergebracht werden, sofern dadurch keine Gefahren drohen; bei ofenbeheizten Wohnungen darf das Heizmaterial sogar in beschränktem Umfang in der Wohnung gelagert werden (LG Berlin MDR 1967, 307; STERNEL R Z II 312). Hingegen ist die Lagerung übelriechender Därme in einer Wohnung (selbstverständlich) verboten (KG OLGE 22, 262, 265). bb) Angesichts der Verbreitung von Fahrrädern und Mopeds ist davon auszugehen, 71 daß der Mieter, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist, Fahrräder in der Wohnung und Mopeds im Keller abstellen darf, sofern dort nicht leicht-brennbare Flüssigkeiten gelagert sind (LG Berlin NJW 1957, 265 Nr 12; LG Augsburg NJW 1956, 1563; K U N K E L NJW 1958, 123, 124; STERNEL R Z II 312; aM AG Castrop-Rauxel MDR 1979,673 Nr 63; LG Hannover NJW 1956 798; zT anders auch S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 84 f). Abweichende Vereinbarungen sind aber möglich; und auch ohne vertragliche Absprache braucht der Vermieter die Aufstellung dieser Fahrzeuge im Hof nicht zu dulden (LG Berlin ZMR 1964, 270). Aus einer vorübergehenden widerspruchslosen Duldung der Abstellung kann zudem nicht ein entsprechender Vertragsschluß gefolgert werden (LG Berlin aaO; LG Oldenburg ZMR 1966,208 f). Ein Kinderwagen darf unter der Treppe abgestellt werden (AG Hannover ZMR 1974, 45; A G Friedberg WuM 1980, 85); ebenso ein Krankenfahrstuhl (LG Darmstadt WuM 1971, 135). cc) Ein Kraftfahrzeug darf der Mieter nach der sehr engherzigen Praxis auf dem 72 Grundstück des Vermieters nur aufstellen, wenn ihm dies vertraglich, zB durch Vermietung einer Garage, erlaubt worden ist, sonst jedoch grundsätzlich nicht. Dasselbe gilt, wenn der Mieter nur eine Garage gemietet hat, für den später angeschafften Zweitwagen (LG Berlin und LG Oldenburg o Rz 71). Ebenso kann der Vermieter die Benutzung des Hofes als Kinderspielplatz untersagen (AG Hannover ZMR 1964, 203). In allen diesen Beziehungen dürfte eine wesentlich großzügigere Beurteilung der Grenzen des dem Mieter zustehenden Gebrauchs angebracht sein (so zu Recht M Ü L L E R ZMR 1970, 289, 291; s auch schon oben Rz 11). e) Die Musikausübung in den Mieträumen Der Betrieb von Rundfunk- und Fernsehgeräten und die Musikausübung ist dem Mieter im normalen Rahmen gestattet; die damit unvermeidlich verbundenen Störungen müssen die Mitmieter hinnehmen (OLG Hamm NJW 1981, 465; A G Frankfurt WuM 1960, 118; AG Düren WuM 1968, 8; G R O T H GE 1968, 106; SCHUHMANN GE 1967, 719; STERNEL Rz II 298). Nur soweit die Störungen den durch § 906 gezogenen Rahmen überschreiten, können die übrigen Mieter von dem Vermieter Abwehr dieser Störungen verlangen (s oben Rz 40). Die Grenzziehung im einzelnen ist schwierig. Unzulässig ist jedenfalls jede Störung der Mitmieter während der üblichen Ruhestunden von 13.00 bis 16.00 Uhr und von 22.00 bis 8.00 Uhr morgens. Auch im übrigen muß jeder Mieter alles ihm Zumutbare tun, um die Störungen der Mitmieter so gering wie möglich zu halten. Er muß deshalb ggf die Fenster schließen und die Geräte auf Zimmerlautstärke einstellen. Störungen, die den Rahmen des Normalen überschreiten, sind unzulässig: So insbes die ständigen Übungen von Berufsmusikern, die Erteilung von Musikunterricht, das Üben von besonders lauten Musikgruppen uäm (SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 92 f; ders, MietR, s v Musikausübung). (91)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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§§ 535, 536 74-76
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
74 f) Die Tierhaltung des Mieters* Die lebhaft umstrittene Frage, ob der Mieter zur Haltung von Tieren in der Wohnung berechtigt ist, läßt sich nicht einheitlich beantworten; vielmehr muß man nach der Art der Tiere, den Abreden der Parteien und der Art der Wohnung unterscheiden. aa) Ein vertragliches Verbot der Tierhaltung ist unbeschränkt zulässig (OLG Hamm WuM 1981,53; AG Dortmund WuM 1981,13; LG Mannheim ZMR1968,45; 1965, 191; AG Köln ZMR 1979, 246 f; AG Hamburg WuM 1979, 241 f; STERNEL R Z II 295; O T T O ZMR 1976, 132; W E I M A R ZMR 1976, 131). Aufgrund einer solchen Abrede kann der Vermieter die Unterlassung der Tierhaltung stets verlangen, ohne genötigt zu sein, konkrete Störungen durch das Tier nachzuweisen (OLG Hamburg ZMR 1963, 40; OLG Hamm aaO; AG Hamburg MDR 1979, 315 f; WuM 1979, 241; enger hingegen LG Köln WuM 1980,163; AG Dortmund WuM 1978, 67; AG Hamburg ZMR 1978,306). Duldet der Vermieter vorübergehend stillschweigend die Tierhaltung, so liegt auch hierin noch keine Erlaubnis. Der Vermieter bleibt also befugt, nachträglich die Tierhaltung zu untersagen. Nur wenn er übermäßig lange mit dem Verbot wartet, kann er sein Recht verwirken. Hat der Vermieter aber einmal die Tierhaltung erlaubt, so kann er die Erlaubnis nur noch widerrufen, wenn er hierfür wichtige Gründe hat, namentlich wenn von dem Tier konkret nachweisbare Störungen ausgehen (LG Mannheim ZMR 1965, 191; LG Frankfurt ZMR 1968, 44 f; LG Berlin ZMR 1975,217 Nr 13; OLG Hamburg ZMR 1957,39; FWW1962, 478; LG Karlsruhe NJW 1957, 1599 f; LG Wuppertal WuM 1968, 167; AG Köln ZMR 1979, 246, 247; WuM 1980, 85; AG Hamburg ZMR 1972, 78 Nr 7; AG Hannover DWW 1962, 410; R A U 130 f m zahlr Nachw; ERDSIEK und SCHMIDTFUTTERER aaO). Der Vermieter muß aber seine Mieter insoweit nach Möglichkeit gleich behandeln (AG Köln WuM 1978, 167 f; STERNEL R Z II 296; RATHJEN MDR 1980, 713). 75 bb) Die Haltung von Kleintieren, von denen ihrer Art nach irgendwelche Störungen und Schädigungen unter keinen Umständen ausgehen können (Kleinvögel, Zierfische und dgl), ist stets erlaubt und bildet einen Teil des vertragsmäßigen Gebrauchs. Abweichende Vereinbarungen sind nicht möglich ( § 9 AGBG). 76 cc) Umstr ist die Rechtslage bei allen anderen Tieren, namentlich bei Hunden, wenn vertragliche Abreden fehlen. Nach einer Meinung soll die Hundehaltung dann grundsätzlich als Teil des vertragsmäßigen Gebrauchs erlaubt sein und folglich vom Vermieter nur verboten werden können, wenn durch den Hund andere Hausbewohner oder Nachbarn gefährdet oder belästigt werden (so LG Köln ZMR 1959,198; LG Mannheim ZMR 1965,191,192; LG Frankfurt ZMR 1954, 43; LG München WuM 1958, 5). Die überwiegende Meinung geht jedoch wegen der bei Hunden nie ganz auszuschließenden Gefahr der Gefährdung oder Belästigung von Mitbewohnern oder Nachbarn zu Recht davon aus, daß jedenfalls in städtischen Wohngegenden die Hundehaltung nicht mehr zum vertragsmäßigen Gebrauch gehört und deshalb auch ohne vertragliche Absprache stets nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Vermieters zulässig ist. Nur in ländlichen Gegenden kann die Situation anders zu beurteilen sein (OLG Hamm WuM 1981,53,54; LG Hamburg ZMR 1959,12; LG Göttingen ZMR 1959, 199; LG Aachen ZMR 1954, 43; LG Köln ZMR 1957, 345; 1958, 19; RAU 131 f; W E I M A R Z M R 1976, 131 f). Folglich bedeutet die vorübergehende, widerspruchslose Duldung der Hundehaltung noch keine Erlaubnis des Vermieters, so daß * Schrifttum: E R D S I E K N J W I960,1799; H E R O L D F W W 1975,326; K L E I N ZMR 1959,189; K U N K E L N J W 1958, 123; O T T O G E 1973, 496; ders ZMR 1976, 132; ders D W W 1972, 339; R A U ZMR 1965, 130; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 94 f; ders, MietR, s v Tierhaltung in der Mietwohnung; S T E R N E L Rz II 294 f; W E I M A R B 1 G B W 1974, 149; ders ZMR 1976, 131.
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 77-79 a
er berechtigt bleibt, die Hundehaltung zu untersagen; hierin liegt kein Rechtsmißbrauch. Ausnahmen gelten allenfalls für Blindenhunde. Auf keinen Fall kann dem Mieter erlaubt sein, eine Hundezucht in der Mietwohnung zu betreiben (RAU ZMR 1965, 133 m Nachw). g) Die Heizung*
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aa) Beteiligung des Mieters Wenn eine Wohnung mit Heizung vermietet wird, ist der Vermieter verpflichtet, die Wohnung zu heizen. Die Versorgung mit Wärme gehört in diesem Fall zu dem dem Mieter geschuldeten, vertragsmäßigen Gebrauch. Der Mieter einer Wohnung mit Zentralheizung darf dann nicht seinerseits eine eigene Heizung installieren und betreiben, sondern muß sich an der sog Sammelheizung beteiligen ( S C H M I D T FUTTERER 98; G L A S E R , Sammelheizung 2 ff; abweichend zT AG Gummersbach WuM 1978, 84). Hingegen besteht keine Verpflichtung des Mieters, Wärme als solche abzunehmen. Er kann auch auf die Erwärmung seiner Räume verzichten, namentlich wenn er verreist ist. Er muß in einem solchen Fall lediglich dafür Sorge tragen, daß die Heizungsanlage keine Schäden (zB durch das Einfrieren von Rohren) erleidet. Das bloße Stilliegen der Anlage begründet noch keine Beschädigungsgefahr ( S T E R N E L R Z II 248). Anders ist die Situation bei der Etagenheizung: Hier besteht grundsätzlich keine 78 Betriebspflicht des Mieters (LG Wiesbaden NJW 1958, 594; LG Hannover ZMR 1961,295 m Anm G L A S E R ) ; er muß nur verhindern, daß es zu Schäden an der Anlage kommt ( G L A S E R 2 1 f). Hatte der Mieter die Wohnung jedoch ohne Zentralheizung gemietet, so ist er nur im Rahmen des § 541 a und des § 20 (ModEnG verpflichtet, den nachträglichen Einbau einer Zentralheizung zu dulden ( G L A S E R Sammelheizung, 137 ff). bb) Heizpflicht des Vermieters
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Bei Vermietung einer Wohnung mit Heizung gehört es außerdem zum vertragsmäßigen Gebrauch, daß in den Räumen die erforderliche Wärme erreicht wird. Der Vermieter muß deshalb dafür sorgen, daß die Heizungsanlage jederzeit betriebsbereit und in ordnungsgemäßem Zustand ist (s unten Rz 81); insbes muß er sich rechtzeitig um die Beschaffung des Heizmaterials kümmern; Schwierigkeiten bei der Beschaffung befreien ihn solange nicht, wie noch Heizmaterial am Markt zu haben ist, wenn auch möglicherweise zu ganz erheblich gestiegenen Kosten ( S T E R N E L R Z II 243). Eine Haftungsfreizeichnung ist insoweit grundsätzlich nicht möglich (§§ 9, 11 Nr 7, 8 und 10, 24 AGBG; STERNEL R Z II 246). Bei der Beschaffung des Heizmaterials muß der Vermieter außerdem auf die 79a Interessen der Mieter an niedrigen Heizkosten angemessen Rücksicht nehmen. Unnötige Mehrkosten darf er nicht später auf die Mieter umlegen ( G L A S E R , Sammelheizung 87 ff; AGe Recklinghausen und Dortmund WuM 1980, 162) * Schrifttum: insbes GLASER ZMR 1976, 129; 1978, 138; ders, Die Sammelheizung in Rechtsprechung und Schrifttum (7. Aufl 1978); ders, Rechtsfragen zur Ölheizung im Mietwohnhaus (1964); GOCH W u M 1977, 2 5 ; HEROLD F W W 1976, 2 3 6 ; HOLLENBERG Z M R 1961, 38; HUMMEL W U M 1975, 2 0 1 ; ders Z M R 1975, 65 ff; HAUG N J W 1979, 1 2 6 9 ; LAU Z M R 1977, 37; 1978, 3 5 7 ; PARDEY Z M R 1 9 7 8 , 9 7 ; PÜTZ W U M 1 9 7 9 , 6 9 ; RÖCHLING Z M R 1 9 7 9 , 1 6 1 ; ROQUETTE N J W 1953,
573; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 98 ff; ders, MietR, s v Zentralheizung; SCHOPP WUM 1978, 2 2 9 ; STERNEL RZ II 2 4 2 , III 2 7 7 , 2 9 1 ff (S 154, 399, 4 0 7 ) ; STÖVER W u M 1978, 138; WICHARDT Z M R 1980, 1; WEIMAR WUM 1978, 2 1 ; PERUZZO N J W 1981, 8 0 1 ; ders, H e i z k o s t e n -
abrechnung nach Verbrauch (1981); EISENSCHMID WUM 1981, 97. (93)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 79 b-81
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
79b Der Vermieter, der zur Einrichtung und zum Betrieb der Heizungsanlage verpflichtet ist, darf dabei selbstverständlich jeden technischen Fortschritt nutzen. Sofern die Mieter dadurch nicht mit unnötigen Mehrkosten belastet werden, darf er die Anlage daher auch auf neue Verfahren und Heizmittel wie zB Erdgas umstellen. Ebenso darf er zur Fernheizung übergehen (GLASER, Sammelheizung 1 2 3 ff). 79c Der Mieter muß die Möglichkeit haben, die Heizung getrennt für Wohn- und Schlafräume zu regulieren (LG Hamburg MDR 1 9 7 4 , 4 9 2 ; STERNEL TZ II 2 4 3 ) . Stellt der Vermieter nicht die erforderliche Wärme zur Verfügung, so kann der Mieter Erfüllung verlangen. Außerdem kann er den Mietzins mindern (§ 537) und Schadensersatz wegen Nichterfüllung, insbes wegen Gesundheitsschäden verlangen ( § 5 3 8 ; s § 5 3 7 Rz 12 ff; LG Hamburg WuM 1 9 7 6 , 1 0 ; OLG Frankfurt FWW 1 9 7 3 , 3 8 7 ) . In schwerwiegenden Fällen kann er außerdem nach § 5 4 2 kündigen (s GLASER, Sammelheizung 30 ff, 35 f). 79d In welchem Umfang und zu welchen Zeiten der Vermieter im einzelnen zur Lieferung von Wärme verpflichtet ist, richtet sich in erster Linie nach den Abreden der Parteien (LG Kassel WuM 1964, 71). Fehlen jedoch derartige Abreden, so ist zweifelhaft, wann und in welchem Umfang der Vermieter zur Wärmelieferung verpflichtet ist (s GLASER, Sammelheizung 3 6 ff). Nach einer verbreiteten Meinung soll dann der Vermieter nur während der sog Heizperiode von Oktober bis April tagsüber verpflichtet sein, in den Wohnräumen für eine Temperatur zwischen 20° und 22° zu sorgen. Niedrigere Temperaturen (15° bis 18°) seien nachts sowie in Schlafzimmern und Küchen zulässig (LG Mannheim ZMR 1962, 312, 313; AG Calw WuM 1977, 226; A G Bad Segeberg W u M 1977, 227; GLASER FWW 1974, 441; Z M R 1978, 33;
ders, Sammelheizung 4 7 f; WEIMAR WuM 1 9 7 8 , 2 1 ) . Außerhalb der Heizperiode soll der Vermieter auch dann nicht zur Heizung verpflichtet sein, wenn die Außentemperatur so stark absinkt, daß in den Räumen die eben genannten Durchschnittstemperaturen nicht mehr erreicht werden (AG Düsseldorf ZMR 1 9 7 4 , 4 4 ) ; vielmehr soll dann der Mieter verpflichtet sein, durch andere Wärmequellen für die erforderliche Wärme zu sorgen. 80 Dieser Praxis kann nicht zugestimmt werden (LG Kassel WuM 1964, 71; LG Hamburg ZMR 1961, 292; AG Hamburg ZMR 1980, 236; AG Köln WuM 1980, 2 7 8 ; STERNEL RZ II 2 4 4 f; STÖVER WuM 1 9 7 8 , 1 3 8 ) . Es gibt keinen Rechtssatz, daß der Vermieter nur in bestimmten Monaten zur Lieferung der erforderlichen Wärme verpflichtet sei. Im Gegenteil ist davon auszugehen, daß es bei der Vermietung einer Wohnung mit Heizung zum vertragsmäßigen Gebrauch gehört, daß in dieser Wohnung jederzeit die zum Wohnen erforderliche Temperatur erreicht werden kann. Der Vermieter muß deshalb zu jeder Jahreszeit und außerdem zu jeder Tages- und Nachtzeit die Heizung so betreiben, daß der Mieter, wenn er es wünscht, in seinen Räumen die erforderliche Wärme von 20° bis 22° erreichen kann. Der Vermieter hat kein Recht, irgendeinen Einfluß auf die Lebensverhältnisse des Mieters durch Drosselung oder Einstellung der Wärmelieferung zu bestimmten Jahres- und Tageszeiten zu nehmen. In Mehrfamilienhäusern kann sich der Vermieter dabei nach der Mehrheit der Mieter richten, wenn diese eine Beheizung der Räume wünscht (AG Hamburg ZMR 1980, 236). 81 Die Verpflichtung zum Unterhalt, zum Betrieb und zur Instandsetzung der Heizungsanlage trifft ausschließlich den Vermieter ( O L G Hamm, Urt v 1 . 6 . 1 9 7 6 - 7 U 7 / 7 6 , S 6); der ordnungsmäßige Zustand der Heizungsanlage ist ein Teil des geschuldeten Zustandes des Mietobjektes. Mängel der Heizungsanlage stellen deshalb Mängel der vermieteten Räume dar und berechtigen den Mieter zur Minderung nach § 537. Anders, wenn die Heizungsanlage lediglich alt und technisch überholt ist. In diesem Fall kann der Mieter nicht etwa den Einbau einer neuen und modernen Anlage verlangen (GLASER, Sammelheizung 2 5 ff). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 82-84 b
cc) Umlage der Kosten 82 Für Wohnungen, deren Preise nach dem WoBindungsG gebunden sind, erlauben die §§ 2 0 und 2 2 NMVO 1 9 7 0 idF v 18. 7 . 1 9 7 9 (BGBl 1 1 1 0 3 = ZMR 1979, 3 5 8 ) eine Umlage der Kosten des Betriebs der zentralen Heizungs- und Brennstoffversorgungsanlage sowie der Versorgung mit Fernwärme auf die Mieter (§ 20 Abs 1 Nr 2 NMVO). Welche Kosten hiernach umgelegt werden können, bestimmt im einzelnen § 22 NMVO (dazu im einzelnen BGH NJW 1979, 1304 f = LM Nr 9 zu WoBindG 1 9 6 5 ) . Als Verteilungsmaßstab kommt dabei heute grundsätzlich nur noch ein Maßstab in Betracht, der dem erfaßten Wärmeverbrauch der Mieter Rechnung trägt, wobei zwischen 40 und 60% der Kosten nach der Wohnfläche umzulegen sind (§22 Abs 2 NMVO nF; Ausnahmen in § 22 Abs 3 NMVO). Diese Regelung kann indessen nicht, auch nicht analog auf andere Wohnräume übertragen werden (BGH WM 1970, 9 5 , 9 6 f; LAU ZMR 1 9 7 8 , 3 5 7 f). Für diese gilt seit dem 1. 3 . 1 9 8 1 die Heizkosten VO v 23. 2. 1 9 8 1 (BGBl I S 2 6 1 ; dazu PERUZZO aaO). Für den gesamten nicht preisgebundenen Wohnraum ist von dem Grundsatz 83 auszugehen, daß sich die Höhe des Mietzinses allein nach den Vereinbarungen der Parteien richtet. Wenn nichts anderes vereinbart ist, wurden deshalb bisher durch den Mietzins sämtliche Leistungen des Vermieters einschließlich der Heizung der Räume abgegolten, jedenfalls wenn die Lieferung von Wärme nur einen Teil der Verpflichtung des Vermieters zur Überlassung und Erhaltung der Räume in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand darstellt (BGH WM 1970, 95; AG Köln WuM 1979, 48; OLG Frankfurt WuM 1972, 42; AG Weinheim WuM 1975, 240; HUMMEL ZMR 1975, 65, 66 m Nachw; ROQUETTE NJW 1953, 573; aM PALANDT-PUTZO § 535 Anm 3 c, bb m Nachw). Anders jetzt nach der Heizkosten VO; auch ist bei Wohnraum heute gemäß § 4 Abs 2 MHRG eine Erhöhung des Mietzinses im Falle einer Steigerung der Betriebskosten einschließlich der Heizkosten möglich (s § 4 MHRG Rz 16 ff). Grundsatz war daher bislang die sog Warmmiete (vgl auch § 546). Eine abweichende 84 Vereinbarung, wonach die Heizungkosten auf die Mieter umgelegt werden können (sog Kaltmiete), bedurfte ausdrücklicher Vereinbarung (LG Mannheim DWW1976, 188 f; AG Waldshut-Tiengen WuM 1 9 7 9 , 1 4 ; LG Hamburg WuM 1 9 8 0 , 5 0 ) . Solche Klauseln müssen eindeutig sein und werden grundsätzlich restriktiv interpretiert. Die Abrede, „der Mieter trägt die Nebenkosten", reicht deshalb nicht aus, weil sie zu unbestimmt ist (AG Ratingen WuM 1 9 7 1 , 184; LG Aachen WuM 1 9 8 0 , 1 1 2 ; HUMMEL aaO). Nach der Heizkosten VO ist hingegen jetzt die Kaltmiete gesetzlich vorgeschrieben; alte Warmmietverträge müssen bis zum 30. 6. 1984 entsprechend geändert werden (§ 12 VO, dazu PERUZZO S 53 ff). Auch welche Kosten im einzelnen auf die Mieter umgelegt werden können, hing bisher 84a von den Abreden der Parteien ab (STERNEL RZ III 292). Die Parteien können dazu selbstverständlich auch auf § 22 NMVO oder § 27 II. BV Bezug nehmen, vorausgesetzt daß solche Klauseln für den Mieter verständlich und nicht überraschend sind (§§ 2,3,5 AGBG; AG Köln WuM 1979,121; LG Darmstadt WuM 1981,39). Ohne eine solche ausdrückliche Vereinbarung kann jedoch nicht auf die genannten Vorschriften des Mietpreisrechts zur Bestimmung der umlagefähigen Kosten bei preisbindungsfreiem Wohnraum zurückgegriffen werden (oben Rz 82; BGH WM 1970, 95; AG Köln WuM 1980, 278). Seit dem 1. 3. 1981 richtet sich diese Frage ausschließlich nach § 7 der Heizkosten VO (s PERUZZO S 38 f). Ist die Umlagefähigkeit der Heizungskosten vereinbart, so waren bisher damit grund- 84b sätzlich nur die dem Vermieter tatsächlich entstandenen Kosten der Wärmeerzeugunggemeint, dh die tatsächlichen Kosten für Heizmaterial und Heizungsbedienung einschließlich der Stromkosten und der Kosten für die Heizung der gemeinschaftlich)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 84 c-85
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
chen Räume (LG Wuppertal WuM 1979, 141; STERNEL RZ III 292 f). Sonstige Kosten können dann nicht umgelegt werden (LG Wuppertal aaO), insbes nicht die Reparaturkosten (oben Rz 81; LG München I WuM 1978,184) und die Kosten der Wartung der Anlage sowie der Anbringung und des Abiesens von Wärmemeßgeräten.* Seit dem 1. 3. 1981 gilt hingegen nur noch § 7 Abs 2 HeizkostenVO. 84c Umlagefähig sind j etzt auch - anders als bisher - die Kosten der Reinigung der Anlage und der Heizungsräume (s L G München ZMR 1960,74; WuM 1978,5 ff; WICHARDT ZMR 1980, 1; dagegen wie hier STERNEL RZ III 295). Auf keinen Fall umgelegt werden können die Kosten für die Erneuerung und Versicherung der Anlage (LG Hagen WuM 1980,255); seine Investitionskosten muß der Vermieter ebenso wie die Abschreibungen stets in den Mietzins einkalkulieren (s GOCH WUM 1977, 25). Schließlich können auch die vom Vermieter gezahlten Trinkgelder nicht umgelegt werden ( L G Mannheim WuM 1978, 209 = MDR 1978, 317 f; aM zB GLASER, Sammelheizung 65 f); dasselbe gilt für die Kosten des Trockenheizens neuer Räume und für die Heizung leerstehender Räume (STERNEL RZ III 293). 84d Bes umstr ist die Rechtslage bei Anschluß der Wohnung an das Femwärmenetz. Hier ist davon auszugehen, daß (entgegen § 22 Abs 4 NMVO nF) zu den eigentlichen Heizungskosten nur der Arbeitspreis, nicht jedoch der Grundpreis gehört, so daß der letztere nur bei ausdrücklicher Vereinbarung umgelegt werden kann.** Anders aber jetzt die §§ 7 Abs 4 und 8 Abs 4 HeizkostenVO (PERUZZO S 39 ff). 84e Soweit die Heizungskosten nach dem Gesagten (Rz 84 b-84 d) auf die Mieter umgelegt werden können, müssen die Mieter sie doch nur tragen, soweit sie tatsächlich entstanden und bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise notwendig sind, so daß auf die Mieter bei automatischen Anlagen oder bei einer Fernheizung keine Bedienungskosten umgelegt werden können (KG ZMR 1976, 204, 206 f; LG Aachen WuM 1976, 180). 84f Ist der Mieter während der Heizungsperiode ausgezogen, so können die Heizungskosten nur anteilig auf ihn umgelegt werden, jedenfalls soweit sie verbrauchsabhängig sind (s GLASER, Sammelheizung 94 ff; STERNEL RZ III 290). Für die Zeit nach seinem Auszug schon geleistete Vorschüsse kann der Mieter zurückverlangen. Eine Abrechnung über die bis zu seinem Auszug entstandenen Kosten kann er hingegen erst nach Abschluß der Heizperiode fordern; freilich werden insoweit idR nur grobe Schätzungen möglich sein (LG Bielefeld ZMR 1968, 171; AG Düsseldorf WuM 1976, 52). 85 dd) Umlegungsmaßstab Den Umlegungsmaßstab konnten bislang die Parteien beliebig wählen. Ist ein Maßstab vertraglich festgelegt, so kann er vom Vermieter nicht mehr einseitig geändert werden (GLASER FWW 1 9 7 4 , 4 3 6 ; ders, Sammelheizung 4 8 , 5 9 ff; STERNEL R z I I I 2 8 7 ; PARDEY Z M R 1 9 7 8 , 9 7 ; L G M a n n h e i m Z M R 1 9 6 8 , 1 1 ; a M L G F r a n k f u r t
MDR 1977, 933 Nr 45; BUB DWW 1977, 78). Seit dem 1. 3. 1981 gilt nur noch die * S im einzelnen BGH WM 1970,95; LG Mannheim ZMR 1971,21; 1972,78 Nr 10; LG Hannover WuM 1979, 100, 101; AG Gummersbach WuM 1979, 27 f; LG Wuppertal WuM 1979,141; AG Miesbach WuM 1980, 221 f (anders für Kosten des Abiesens); BLANK ZMR 1974, 355; HUMMEL Z M R 1 9 7 5 , 65, 6 7 ; LAU Z M R 1 9 7 8 , 3 5 7 , 3 5 8 ; SCHMIDT-FUTTERER Z M R 1 9 7 1 , 1 7 2 ; STERNEL RZ
III 292 ff (S 408 ff); aM insbes LG München ZMR 1960, 74 f; WuM 1978, 5 ff; GLASER, Sammelheizung 65 FF m Nachw. ** LG Tübingen NJW 1979, 1308 = WuM 1979, 26; HAUG NJW 1979, 1272 f; aM LG Nürnberg-Fürth WuM 1979, 50; AG Würzburg DWW 1978,269 = ZMR 1979,213 Nr 19; 1979, 46; WuM 1980, 2, 3; LG Hamburg WuM 1980, 4; GLASER, Sammelheizung 62 f; STERNEL RZ III 292.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 85 a-86 a
HeizkostenVO, insbes §§7 Abs 1 und 8 Abs 1 (dazu eingehend PERUZZO S 32 ff). Fehlt eine Abrede, war früher der Vermieter gern §§ 315 und 316 befugt, den 85a Umlegungsmaßstab nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Bestimmungsrecht umfaßte den Umlegungsschlüssel, die Kostenermittlung und das Abrechnungsverfahren (LG Mannheim ZMR 1968, 11 f; WuM 1974, 253, 254; 1974, 257, 258; LG Stuttgart WuM 1974, 256, 257; LG Köln WuM 1978, 207 f; AG Bad Vilbel WuM 1 9 7 8 , 4 8 ; PARDEY Z M R 1 9 7 8 , 9 7 ; STERNEL R z I I I 2 8 7 ; HUMMEL Z M R 1 9 7 5 , 6 7 ;
GLASER, Sammelheizung 52).
Als Umlegungsmaßstäbe kamen insbes die Zahl der Wohnungen, die Zahl der 85b Haushaltsangehörigen, die Größe der Wohnungen, die Zahl der Heizungsrippen und der Einzelverbrauch in Betracht. Der Maßstab mußte aber immer billig iS der §§ 315 f, dh sachgerecht sein. Diesem Ideal entspricht natürlich am meisten die Verteilung der Heizkosten auf die einzelnen Mieter nach dem individuellen Verbrauch, ermittelt durch Ablesegeräte. Aber auch eine Umlegung nur zur Hälfte nach dem Verbrauch, im übrigen aber nach der Wohnfläche kann billig sein (AG MönchengladbachRheydt NJW 1979, 1307 f), niemals jedoch ein Maßstab, der zur Einbeziehung von Kosten führen muß, die an sich dem Vermieter obliegen (LG Köln WuM 1978, 207 f). Unbillig ist zB auch die Umlegung des Wasserverbrauchs nach der Wohnungsgröße (LG Hannover MDR 1978, 847 Nr 69; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1980, 244; s im übrigen GLASER, Sammelheizung 48 ff m Nachw) oder eine grobe Abweichung von der Wohnungsgröße (AG Aachen WuM 1980, 85). Seit dem 1. 3. 1 9 8 1 müssen nach der Heizkosten VO immer 5 0 - 7 0 % der Kosten verbrauchsabhängig verteilt werden; der Rest kann nach der Wohnfläche umgelegt werden ( § § 7, 8 V O ; PERUZZO S 3 2 f f ) .
ee) Abrechnung 86 a) Soweit die Heizungskosten umlagefähig sind, ist der vom Mieter geschuldete Betrag erst fällig, wenn der Vermieter darüber abgerechnet hat (s im einzelnen GLASER, Sammelheizung 104 ff; ders FWW 1973, 391; 1976, 206; KOENIG DWW 1970, 336; STERNEL Rz III 285 ff, 291 ff). Der Vermieter muß daher über die tatsächlich entstandenden Kosten und deren vertragsgemäße Verteilung Rechnung legen (§ 259), und zwar in einer Weise, die klar, übersichtlich und verständlich ist. Dazu gehört die Angabe der Gesamtkosten, des Umlegungsmaßstabes (Verteilungsschlüssels) sowie die genaue Berechnung des Anteils des Mieters.* Für die Abrechnung ist dem Vermieter eine angemessene Frist von ungefähr drei Monaten zuzubilligen (AG Köln ZMR 1980, 85 f). Wenn in der Abrechnung ein Restbestand nicht ausgewiesen wird, muß der Vermieter auch beweisen, daß der gesamte, von ihm eingekaufte Vorrat verbraucht ist (AG Rendsburg WuM 1980, 206; aM AG Hamburg WuM 1980, 244, 245; in der Tat fraglich). Der Mieter muß die Möglichkeit haben, die Abrechnung nachzuprüfen. Dazu genügt 86a es - entgegen der hM - nicht, wenn der Vermieter ihm die Möglichkeit gibt, die Belege in seiner Wohnung einzusehen; der Vermieter muß vielmehr gern § 269 die * LG Mannheim WuM 1974, 145; NJW 1969, 1856; MDR 1974, 934; WuM 1976, 5; 1977, 208, 209; LG Hamburg WuM 1977, 94; LG Köln WuM 1976, 148 ff; AG Lüdenscheid WuM 1971, 183; AG Ravensburg ZMR 1976, 9; AG Osnabrück WuM 1975, 64; 1976, 94; LG Osnabrück WuM 1976, 204; AG Solingen WuM 1975, 247; LG München I WuM 1978, 184, 185; AG Mannheim WuM 1976, 464; AG Köln WuM 1978, 139; ZMR 1976, 241 m Anm W E I M A R ; AG Oberhausen WuM 1975,165; AG Darmstadt WuM 1974,164; 1977,224; LG Berlin ZMR 1977, 304 Anm NORDMEYER; AG Mannheim WuM 1977,167; AGe Recklinghausen und Aachen WuM 1980, 206; OLG Hamm WuM 1981, 62. (97)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 86 b-87 b
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Belege dem Mieter auf Verlangen in dessen Wohnung vorlegen (unten Rz 112; LG Mainz WuM 1979, 116, 117; AG Mönchengladbach-Rheydt MDR 1979, 1024 Nr 68). 86b Besondere Bedeutung hat dieses Prüfungsrecht des Mieters bei den (oft völlig unverständlichen) „Abrechnungen" sog Wärmemeßdienstfirmen; eine bloße Heizkostenverteilerliste einer solchen Firma reicht daher als Abrechnung auf keinen Fall aus ( O L G Düsseldorf MDR 1975, 6 0 ; STERNEL RZ II 2 9 1 ) . 86c Wenn der Mieter die Richtigkeit der Abrechnung substantiiert bestreitet, trifft den Vermieter die volle Beweislast für sämtliche Einzelposten (LG Köln ZMR 1969,14); eine abweichende Vereinbarung ist nicht möglich (§ 11 Nr 15 AGBG). Ebenso wenig kann der Vermieter in einem Formularvertrag bestimmen, daß die Abrechnung als anerkannt gelte, wenn der Mieter nicht binnen einer kurzen Frist widerspricht (§10 Nr 5 AGBG; STERNEL RZ III 285). Wenn aber der Mieter auf die Schlußabrechnung hin vorbehaltlos zahlt, sind damit alle gegenseitigen Forderungen erledigt; Nachforderungen des Vermieters sind dann ebenso ausgeschlossen wie Rückforderungen des Mieters (LG Lüneburg MDR 1979, 759 Nr 64). Eine vom Mieter akzeptierte Schlußabrechnung enthält nämlich ein deklaratorisches Anerkenntnis, das auch der Vermieter nachträglich nicht mehr einseitig ändern kann (LG Marburg ZMR 1980, 153f). 86d Genügt die Abrechnung des Vermieters diesen strengen Anforderungen nicht, so wird der Zahlungsanspruch des Vermieters nicht fällig. Eine etwaige Klage des Vermieters ist folglich als zur Zeit nicht begründet abzuweisen. Es ist in einem solchen Rechtsstreit nicht etwa die Aufgabe des Gerichts, selbst die fehlerhafte Abrechnung des Vermieters, zB im Wege der Beweisaufnahme, zu berichtigen (AG Solingen WuM 1979, 237 f). 87 b) Der Vermieter darf die Abrechnung nicht ungebührlich verzögern, will er nicht Gefahr laufen, daß er den Anspruch gegen den Mieter verwirkt (HUMMEL ZMR 1975, 65, 6 8 ff; SCHMIDT-FUTTERER BB 1 9 7 1 , 9 4 3 ; STERNEL, RZ III 2 8 3 ) . Deshalb muß er grundsätzlich in der nächsten, folgenden Heizperiode über die vorausgegangene Periode abrechnen (LG Bonn WuM 1979, 235; AG Köln WuM 1979, 235 f). Versäumt er dies, so neigen die Gerichte immer häufiger dazu, eine Verwirkung des Anspruchs anzunehmen.* 87a ff) Vorauszahlungen Sehr häufig werden von den Mietern vertragliche Vorauszahlungen (Vorschüsse) verlangt (STERNEL RZ III 277 ff). Ihre Höhe muß dann gern § 4 Abs 1 S 1 MHRG angemessen sein; dies ist nur der Fall, wenn sich die Vorauszahlungen der Höhe nach eindeutig an den Kosten der vorausgegangenen Periode sowie den voraussehbaren Preissteigerungen orientieren (s § 4 MHRG Rz 9). 87b Außerdem muß der Vermieter über derartige Vorauszahlungen jährlich abrechnen (§ 4 Abs 1 S 2 MHRG). Für die Abrechnung gilt auch hier § 259 (§ 4 MHRG Rz 11 f; AG Mülheim/Ruhr WuM 1979, 238). Die Vorschüsse für die nächste Periode sind stets erst fällig, wenn dementsprechend vom Vermieter über die letzte Periode ordnungsgemäß abgerechnet worden ist (§ 4 MHRG Rz 14; OLG Düsseldorf WuM * AG Köln WuM 1974, 144; 1977, 52; AG Oberhausen WuM 1974, 234; 1975, 224; LG Berlin ZMR 1978,237; LG München I MDR 1978,494,495; LG Bonn WuM 1979,235; AG Köln WuM 1978, 184; 1979, 235 f; LG Tübingen WuM 1980, 29, 30; AG Recklinghausen WuM 1980 206; LG Düsseldorf MDR 1971,103; LG Mannheim ZMR 1975,192; WuM 1976,225; LG Dannstadt WuM 1976, 253; LG München I WuM 1978, 5 f; AG Düsseldorf WuM 1978, 22, 23; AG Köln ZMR 1977, 301 m Anm W E I M A R ; enger aber zB LG Freiburg WuM 1980, 75.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(98)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 87 c-92
1974, 236; LG Mannheim WuM 1974, 145; AG Bad Bramstedt WuM 1980, 244). Wegen dieser strengen Anforderungen an die Zulässigkeit von Vorauszahlungen 87c schafft deren Forderung in bestimmter Höhe einen Vertrauenstatbestand, so daß Nachforderungen auf Grund tatsächlich höherer Kosten nur in begrenztem Ausmaß möglich sind (AG Kassel WuM 1979, 254: nur 25%). Anders aber, wenn sie erheblich hinter den Kosten, die schnell steigen, zurückbleiben (LG München IZMR 1980, 315, 316). Die Vorauszahlungen gehören zum Mietzins, so daß der Vermieter bei Verzug des 87d Mieters gegebenenfalls nach den §§ 554 und 554 a kündigen kann (unten Rz 90; STERNEL TZ I I I 2 8 1 ; B G H W M 1 9 7 5 , 8 9 7 , 8 9 9 ) .
Ist eine Heizkostenpauschale vereinbart, so entfällt eine Abrechnung über die 88 tatsächlichen Kosten (LG Mannheim DWW 1976, 188 f); auch kann der Vermieter dann nicht nachträglich für zwischenzeitliche Kostensteigerungen eine Erhöhung verlangen (LG Hanau WuM 1976, 121 f; AG Köln WuM 1977, 52 f; LG Hamburg WuM 1976,229 f; LG Münster WuM 1978,230; AG Walsrode WuM 1979,12; AG Hamburg WuM 1976, 8); dies freilich nur, wenn die Abrede zugleich bedeutet, daß jede Erhöhung vertraglich ausgeschlossen sein soll (s a § 4 MHRG Rz 8). Ausnahmsweise kann insoweit bei langjähriger, abweichender Übung auch eine konkludente Änderung angenommen werden (AG Würzburg DWW 1978, 264, WuM 1980, 2, 3; OLG Hamm WuM 1981, 62). Bedeutet die Vereinbarung einer Pauschale nicht zugleich den Ausschluß jeder 89 späteren Erhöhung, so kann der Vermieter von Wohnraum nach § 4 Abs 2 MHRG nachträgliche Erhöhungen der Betriebskosten einseitig auf die Mieter umlegen (s § 4 MHRG Rz 16 ff; STERNEL Rz III 299 ff). Ab l. 3. 1981 ist ohnehin nur noch die HeizkostenVO anzuwenden. gg) Kündigung 90 Der Vermieter kann nach den §§ 554 und 554 a kündigen, wenn ein Mieter die Bezahlung der geschuldeten Heizungskostenumlage ablehnt. Der Vermieter ist jedoch nicht berechtigt, wegen des Verzugs einzelner Mieter die Heizung abzustellen, weil die anderen Mieter nach wie vor einen Anspruch auf Lieferung von Wärme haben (so mit Recht GRUND NJW 1954, 4 9 9 gegen GÜRTNER NJW 1 9 5 4 , 5 9 f). Der Vermieter begeht verbotene Eigenmacht, wenn er versucht, seine Forderungen gegen einen Mieter dadurch durchzusetzen, daß er diesem die Heizung abstellt (GLASER Sammelheizung 103 f). Auch für die Anwendung des § 320 ist hier kein Raum (OLG Hamburg WuM 1978, 169 f; STERNEL RZ II 247).
hh) Ähnliche Fälle
91
Ähnliche Grundsätze gelten bei dem Anschluß des Hauses an eine Warmwasserversorgung oder an das Fernwärmenetz (LG Düsseldorf MDR 1971, 761; LG Lübeck WuM 1976, 7; LG München I MDR 1978, 494 f). Hat freilich der Mieter selbst auf Veranlassung des Vermieters mit dem Fernheizwerk einen Energielieferungsvertrag abgeschlossen, so handelt es sich dabei um einen normalen Kaufvertrag, auf Grund dessen das Werk nicht zur Rechnungslegung über seine Kosten gegenüber dem Mieter verpflichtet ist (BGH NJW 1 9 7 9 , 1 3 0 4 f = LM Nr 9 zu WoBindG 1 9 6 5 ; aM z T STERNEL RZ III 2 9 8 ) .
h) Die Aufnahme Dritter
92
aa) Die berechtigten Personen Aus § 549 folgt, daß nur die Überlassung der Mietsache ganz oder teilweise zum selbständigen Gebrauch an Dritte nicht vom vertragsmäßigen Gebrauch des Mieters (99)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 92 a-95
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
umfaßt wird. Hingegen gehört dazu stets die vorübergehende Aufnahme Dritter in der Wohnung, sofern uns solange nur diesen Personen kein selbständiger Gebrauch an den Räumen gewährt wird (§ 549 Rz 3; STERNEL RZ II 331 ff). Abweichende Vereinbarungen sind grundsätzlich nicht möglich (§ 9 AGBG). 92a Deshalb darf der Mieter stets vorübergehend Angehörige und Besucher in der Wohnung aufnehmen (Vorbem 105 zu §§ 535, 536; B G H Z 40, 252, 254 f; LG Wuppertal MDR 1971, 49 f; LG Köln MDR 1972, 612; WEIMAR WUM 1971, 89). Dasselbe gilt zB für eine Person, die den kranken Mieter pflegen soll (LG Göttingen MDR 1963, 929 Nr 55). 92b Auch Personen anderen Geschlechts darf der Mieter jederzeit bei sich aufnehmen (Vorbem 153 zu §§ 535, 536; STERNEL RZ II 334). Der Vermieter hat kein Recht, seine abweichenden Moralvorstellungen dem Mieter vorzuschreiben, solange er oder die anderen Mieter nicht belästigt werden. Erst recht unbedenklich ist daher die Aufnahme des Verlobten in der Wohnung (LG Mannheim NJW 1975, 1663 f; AG Köln WuM 1975, 191; aM zu Unrecht LG Bonn NJW 1976, 1690; OLG Hamm ZMR 1977, 241 ff). Auch insoweit sind abweichende Vereinbarungen ausgeschlossen (§ 9 AGBG; aM LG Mannheim aaO). 92c Selbstverständlich ist auch, daß der Mieter bei der Geschäftsraummiete berechtigt ist, seine Mitarbeiter in den gemieteten Räumen tätig werden zu lassen (BGH LM Nr 2 zu § 553 BGB = NJW 1955,1066) und daß er allen Kunden und Lieferanten jederzeit Zutritt gewähren darf (STERNEL RZ II 333). 93 bb) Der Zutritt Der Vermieter muß den Besuchern des Mieters freien Zugang ermöglichen (LG Frankfurt WuM 1964, 41). Ein Hausverbot darf er gegen sie nur verhängen, wenn durch sie der Hausfrieden zB durch Lärm, Streitereien oder Beleidigungen des Vermieters oder anderer Mieter schwerwiegend und nachhaltig gestört oder gefährdet wird (LG Wuppertal ZMR 1960, 172; LG Karlsruhe NJW 1961, 1166). Die Verletzung eines solchen berechtigten Hausverbots kann Hausfriedensbruch sein (OLG Braunschweig NJW 1966, 263; OLG Köln NJW 1966, 265). Das Hausverbot muß unverzüglich wieder aufgehoben werden, wenn die Störung oder Gefährdung des Hausfriedens beseitigt sind (LG Mannheim WuM 1971, 116 = ZMR 1972, 22).
94 i) Die Benutzung der Nebenräume und der gemeinsamen Anlagen Zu dem dem Mieter geschuldeten, vertragsmäßigen Gebrauch gehören auch die Benutzung der mitvermieteten Räume sowie die Mitbenutzung der gemeinsamen Anlagen wie insbes des Fahrstuhls. Auch deshalb muß der Vermieter stets dafür sorgen, daß dem Mieter eine Benutzung dieser Räume und Anlagen ohne Gefährdung möglich ist (s oben Rz 42). 95 k) Tod und Krankheit des Mieters Tod und Krankheit des Mieters sind keine Überschreitung der Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs, so daß einem kranken Mieter nicht mit der Begründung gekündigt werden kann, er habe sich um Aufnahme in ein Pflegeheim zu bemühen (LG Düsseldorf MDR 1970, 55). Für etwaige Kosten sind der Mieter oder seine Erben dem Vermieter aus denselben Gründen nicht ersatzpflichtig. Anders ist es nur, wenn ausnahmsweise wie im Falle eines Selbstmords oder bei Abschluß eines Hotelvertrages in Kenntnis einer ansteckenden Krankheit Verschulden vorliegt (s L G M a n n h e i m Z M R 1 9 6 9 , 1 6 9 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 2 9 1 4 d ; LEONHARD I I 1 5 1 f ; HENSELER Z M R 1 9 6 4 , 1 9 5 ; MELIOR, D i e A n s p r ü c h e d e s G a s t w i r t s b e i
Erkrankung und Tod des Gastes, Diss Heidelberg 1912; WEIMAR ZMR 1963, 65; Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(100)
§§ 535, 536 96-98
3. Titel. Miete. Pacht
1965,3; 1971,202; ders MDR 1963,511; WURZER Gruchot 56,183). Im übrigen gilt im Falle des Todes des Mieters die Sonderregelung der §§ 569-569 b. IV. Die sog Nebenleistungspflichten des Vermieters 1. Die Fürsorge- und die Verkehrssicherungspflicht
96
Von den Hauptleistungspflichten des Vermieters (oben Rz 17 ff) werden verbreitet zahlreiche Nebenleistungspflichten unterschieden. Die wichtigsten dieser Pflichten sind die Fürsorgepflicht und die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters. Die Fürsorgepflicht soll dabei vor allem die Verpflichtung des Vermieters zur Unterlassung und Abwehr von Störungen des Mieters und zur Pflege und Obhut des Mietobjektes umfassen (BGH LM Nr 4 u 6 a zu § 536 BGB; ZMR1969,271). Damit überschneidet sich offenkundig die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters (oben Rz 42-45). Dies zeigt, daß weder die Fürsorgepflicht noch die Verkehrssicherungspflicht selbständige Bedeutung haben; beide stellen vielmehr nichts anderes als besondere Erscheinungsformen der allgemeinen Überlassungs- und Erhaltungspflicht des Vermieters dar. Auch die Rechtsfolgen von Verstößen des Vermieters gegen diese Pflichten entsprechen vollkommen denen etwaiger Verstöße gegen die sog Hauptleistungspflichten: Immer kann der Mieter in erster Linie Erfüllung sowie ggf Schadensersatz verlangen. Daneben können auch die §§ 537-542 eingreifen. 2. Die Lieferung von Energie und Wasser
97
Der Vermieter kann sich jederzeit zur Erbringung weiterer Leistungen verpflichten. Haben diese zusätzlichen Pflichten denselben Rang wie die Überlassungs- und Erhaltungspflicht, so handelt es sich um einen gemischten Vertrag. So zB, wenn sich der Vermieter eines Betriebsgrundstückes verpflichtet, dem Mieter die erforderliche Energie und die erforderlichen Rohstoffe zu liefern. Häufig handelt es sich hierbei jedoch lediglich um untergeordnete Nebenleistungspflichten; dies wird idR anzunehmen sein, wenn der Vermieter die Verpflichtung übernimmt, dem Mieter Gas, Elektrizität oder Dampf zu liefern. Es handelt sich dann um einen Mietvertrag mit untergeordneten, anderstypischen Nebenleistungen, auf den ergänzend Kaufrecht anzuwenden ist (s MITTELSTEIN 86 f). Hingegen bildet die Lieferung von Wasser heute durchweg schon einen Teil der allgemeinen Überlassungspflicht des Vermieters (aM LG Marburg MDR 1 9 7 8 , 7 5 8 ; vgl STERNEL RZ I I 2 4 9 ) . V. Die Hauptleistungspflicht des Mieters*
98
Hauptleistungspf licht des Mieters ist die Zahlung des Mietzinses (§ 535 S 2). Weitere Pflichten des Mieters sind die Obhutspflicht einschließlich der Anzeigepflicht (§ 545), außerdem die Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs (§§ 550 und 553) und schließlich die Pflicht zur Rückgabe der Sache bei Vertragsbeendigung (§ 556); hinzu kommen bestimmte Duldungspflichten(§ 541 a). Alle diese Pflichten werden im allgemeinen als Nebenleistungspflichten angesehen, die nicht im Austauschverhältnis mit den Hauptleistungspflichten des Vermieters stehen. Daneben kann der Mieter vertraglich beliebige, weitere Pflichten übernehmen. * Schrifttum: Motive
I I 3 7 2 ; BEUERMANN,
Teilzahlungen des Mieters, WuM
1 9 7 9 , 2 5 3 ; ENNECCE-
RUS-LEHMANN § 1 2 9 I I ; ESSER-WEYERS II 1 § § 1 6 I, 2 0 I I I 1; GITTER 1 2 f f ; LARENZ II § 4 8 II b ; LEONHARD II
1 5 4 ; MITTELSTEIN, D i e M i e t e
15 ff, 3 9 0 ff; NIENDORFF, M i e t R
1 8 f f ; SCHMIDT-
FUTTERER, Miete und Pacht 57 ff; ders, MietR, s v Mietzins; STERNEL, RZ II 95 ff; OSKE WuM 1981, (101)
49.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 99-102
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
99 1. Art und Höhe des Mietzinses a) Soweit keine Mietpreisbindung mehr besteht (insbes aufgrund des WohnungsbindungsG), können die Parteien die Höhe des Mietzinses beliebig festlegen. Grenzen ziehen hier nur die verschiedenen Wucherverbote (s dazu Vorbem 154 ff zu §§ 535, 536). Lassen aber die Parteien die Höhe des Mietzinses ganz offen, so gilt i Zw die ortsübliche Miete als vereinbart (Vorbem 93 zu §§ 535, 536). Bei Nutzung eines gemeinschaftlichen Grundstücks durch einen Miteigentümer ist schließlich § 745 Abs 2 anzuwenden (BGH LM Nr 9 zu § 745 BGB). 100 b) Die Mietzinsschuld ist als Gegenleistung für die einheitliche Verpflichtung des Vermieters zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache stets eine einheitliche Schuld, dh kein Wiederkehrschuldverhältnis mit jeweils neuem Entstehungsgrund (so insbes ESSER-WEYERS I I 1 § 16 I 1 a). Der Mietzins kann dabei sowohl in einer einmaligen Leistung als auch in wiederkehrenden Leistungen in beliebigen Zeitabschnitten bestehen (BGH NJW 1976, 2264 f; OLG Bamberg OLGZ 1976, 195, 198 f). Die Vereinbarung einer einmaligen Mietzinsschuld kommt insbes bei der sog Gelegenheitsmiete vor (RG WarnR 1927,52). Einen besonders wichtigen Sonderfall bildeten vor allem in den ersten Nachkriegsjahren die sog Aufbauverträge, durch die sich der Mieter an den Baukosten beteiligte (s Vorbem 123 ff zu §§ 535, 536). 101 c) Vor allem bei der Vermietung gewerblicher Räume kommt auch eine sog Umsatzmiete vor, dh die Bestimmung der Höhe des Mietzinses ganz oder teilweise nach den von dem Mieter erzielten Umsätzen. Es handelt sich dann um ein partiarisches Rechtsverhältnis, nur ausnahmsweise um eine Gesellschaft iS des § 705 (RGZ 149, 88, 89 f; 160, 361). Solche Absprachen sind selbst bei Apotheken als Vertragsobjekt unbedenklich (BGH ZMR 1979, 238, 239; s Vorbem zu § 581 Rz 124 ff). Entgegen einer verbreiteten Meinung folgt aus der Vereinbarung einer partiarischen Miete auch nicht notwendig eine Gebrauchspflicht des Mieters (unten Rz 128; BGH aaO). Stellt der Mieter den Gebrauch ein, so muß er in einem solchen Fall nach § 552 aber den durchschnittlichen, bisherigen Mietzins weiterzahlen (BGH aaO). Außerdem hat der Vermieter einen Auskunftsanspruch über die Höhe der Umsätze des Mieters (LG Mannheim BB 1979, 19), zu denen die Mehrwertsteuer iZw nicht gehört (STERNEL RZ II 58). 101a Eine andere, früher sehr verbreitete Form des variablen Mietzinses war die sog Staffelmiete, dh die Vereinbarung, daß sich der Mietzins in bestimmten Zeitabschnitten erhöhen sollte. Derartige Abreden sind ebenso wie Wertsicherungsklauseln heute bei der Wohnraummiete nicht mehr zulässig (§ 10 Abs 1 MHRG; s § 10 MHRG Rz 12). Ab 1981 ist jedoch ihre Wiederzulassung geplant. 101b Von dem Verbot der Staffelmiete abgesehen, gilt auch bei der Wohnraummiete bis zur Grenze des § 138 nach wie vor völlige Vertragsfreiheit, was Art und Höhe des Mietzinses angeht (§ 305). Deshalb liegt Miete auch vor, wenn nach Verkauf eines Grundstückes der Verkäufer gegen eine Ermäßigung des Kaufpreises wohnen bleibt (RG DRiZ 1927 Nr 271). Weiter kann der Mietzins zB auch in der Weise bestimmt werden, daß der Mieter den Vermieter von einer Schuld befreit oder daß der Mieter die Lasten und Hypothekenzinsen übernimmt (KG OLGE 21,198; BGH LM Nr 11 zu § 535 BGB). Ebenso liegt ein Mietvertrag vor, wenn 2 Häuser gegenseitig ohne Zahlung eines besonderen Entgelts zur Benutzung überlassen werden (RG JR 1926 Nr 456 = HansGZ 1926 Beibl 28 Nr 17; BayZ 1927, 74). 102 d) Da Mietverträge über Grundstücke grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit sind (§ 4 Nr 12 a UmsStG), kann der Vermieter idR keine Mehrwertsteuer fordern (LG Mannheim WuM 1976, 92, 93). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(102)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 103-108
e) Umstr ist, ob der Mietzins in Geld bestehen muß. Schon die Motive (aaO) hatten 103 betont, daß Leistungen jeder Art als Gegenleistung für den Gebrauch von Sachen vereinbart werden könnten. Dem ist die hM bis heute gefolgt, so daß als Gegenleistung namentlich auch Dienst- und Werkleistungen des Mieters in Betracht kommen (BGH MDR 1960,482; NJW 1976,2264 f; LG Mannheim DWW 1964,29; aM nur ROQUETTE u n d LARENZ a a O ) .
Die Streitfrage hat keine große praktische Bedeutung, da feststeht, daß auf andersartige Gegenleistungen wie namentlich Dienstleistungen neben den Mietvertragsregeln die für diese Leistungen maßgebenden Vorschriften, im Beispiel die Vorschriften über Dienstverträge, anzuwenden sind (zum Hausmeistervertrag s noch Vorbem 65 zu §§ 535, 536). f) Der Vermieter kann von dem Mieter ohne besondere Absprache nicht die 104 Erteilung einer Abbuchungsermächtigung verlangen (WEIMAR gegen LG Siegen WuM 1976, 73 f; LG Berlin FWW 1975, 303; LG Braunschweig WuM 1979,118 f; L G München I WuM 1979, 143; STERNEL RZ II 96 f).
g) Die Vereinbarung einer Festmiete für eine bestimmte Zeit bedeutet nicht zugleich 105 den Ausschluß des Kündigungsrechts für dieselbe Zeit (BGH BB 1976, 530 f). h) Für die Verrechnung von Teilleistungen des Mieters gilt § 366 (BGH NJW 1965, 105a 1 3 7 3 = L M N r 4 zu § 3 6 6 B G B ; BEUERMANN W U M 1 9 7 9 , 2 5 3 ; STERNEL RZ I I 9 9 ) .
Das Bestimmungsrecht steht mithin grundsätzlich dem Mieter zu; jedoch sind abweichende Vereinbarungen möglich (s unten Rz 120; AG Ulm WuM 1981, 60; OSKE W u M 1 9 8 1 , 4 9 ) .
i) Zum Verzug des Mieters s unten Rz 118 f; zur Aufrechnung des Mieters s unten Rz 105b 116 f. 2. Die Nebenkosten 106 Hat der Vermieter die Verpflichtung übernommen, Wärme, Gas, Strom oder Wasser zu liefern, so bildet die Gegenleistung hierfür einen Teil des vom Mieter geschuldeten Mietzinses (s SCHMIDT-FUTTERER B B 1 9 7 2 , 6 8 ) . Ist nichts besonderes vereinbart, so sind folglich alle diese Leistungen des Vermieters grundsätzlich durch den Mietzins mitabgegolten (LG Mannheim DWW 1976, 188; LG Ulm WuM 1979, 197; AG Waldshut-Tiengen WuM 1 9 7 9 , 1 4 ; AG Köln WuM 1 9 7 9 , 4 8 ; STERNEL RZ II 2 4 9 ; s oben Rz 83 ff zu den besonders umstr Heizungskosten). Alles, was oben zu den Heizungskosten ausgeführt worden ist, gilt allgemein für die sog Nebenkosten. Ist die Gegenleistung für die Nebenkosten nicht im Mietzins enthalten, so muß im 107 Mietvertrag genau und klar bestimmt werden, nach welchen Maßstäben und in welchem Umfang sie auf die Mieter umgelegt werden können. An entsprechende Abreden werden strenge Anforderungen gestellt. Daher kann nur in Ausnahmefällen durch die jahrelange, widerspruchslose Zahlung der Nebenkosten im Widerspruch zum Mietvertrag eine konkludente Abrede des Inhalts angenommen werden, daß der Mieter auch in Zukunft zur Zahlung der Nebenkosten verpflichtet sein soll (AG Bochum WuM 1979, 240 m Nachw). 3. Die Erhöhung des Mietzinses 108 Eine Erhöhung des Mietzinses ist grundsätzlich nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien möglich (s eingehend SCHMIDT-FUTTERER, MietR, s v Mieterhöhung). Haben die Parteien für Vertragsänderungen Schriftform vereinbart, so heilt auch eine einmalige Zahlung des mündlich erhöhten Mietzinses noch nicht (103)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 109-116
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
den Formverstoß (LG Kiel WuM 1976, 94). Einer solchen einverständlichen Mietzinserhöhung steht auch das MHRG nicht entgegen (s Vorbem 11 zu § 1MHRG, § 1 MHRG Rz 2). 109 Bei der Wohnraummiete ist durch § 1 MHRG hingegen die sog Änderungskündigung mit dem Ziel einer Mietzinserhöhung ausgeschlossen. An deren Stelle ist nach § 2 MHRG das Recht des Vermieters getreten, von dem Mieter einmal jährlich die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen. 110 Bei langfristigen Verträgen kann grundsätzlich keine Partei unter Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen sog Äquivalenzstörung eine nachträgliche Anpassung des Mietzinses an die veränderten Verhältnisse verlangen (s Vorbem 27 ff zu § 5 3 7 ; E M M E R I C H , Leistungsstörungen 2 2 8 ff m Nachw). Die Parteien müssen sich vielmehr gegen derartige Risiken, soweit zulässig, durch die Vereinbarung von Wertsicherungsklauseln schützen (s Vorbem 157 ff zu §§ 535, 536). 111 Weitere Wege zur Mietzinserhöhung eröffnen bei der Wohnraummiete die §§ 3-5 MHRG. § 3 MHRG erlaubt die (partielle) Umlegung der Kosten von Modernisierungsmaßnahmen auf die Mieter, während die §§ 4 und 5 MHRG die Weitergabe der Erhöhung der Betriebs- und Kapitalkosten des Vermieters an den Mieter ermöglichen (s dazu die Kritik Vorbem 32-35 zu § 1 MHRG).
112 4. Der Erfüllungsort a) Erfüllungsort ist grundsätzlich (§ 269) der Wohnsitz oder der Ort der gewerblichen Niederlassung des Mieters, selbst wenn das Mietgrundstück an einem anderen Ort gelegen ist; im letzteren Fall wird sich jedoch häufig aus den Abreden der Parteien etwas anderes ergeben (RGZ 99, 257 f; 140, 67, 69 ff; LG Dortmund ZMR 1963, 349; E M M E R I C H , in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 338 ff; P E R G A N D E § 551 Anm 2; B G B - R G R K - G E L H A A R § 535 Rz 70; OLG Hamm JW 1931, 3462 Nr 3). 113 b) Hieraus und aus § 270 folgt, daß die Mietzinsschuld grundsätzlich Schickschuld und nicht Bringschuld ist (KG OLGE 16, 424 f; E M M E R I C H 326 ff; aM H A N S § 551 A n m B 3 a; MITTELSTEIN 417 ff; S O E R G E L - M E Z G E R § 551 Rz5 m Nachw). Der Mieter trägt also zwar die Transportgefahr, nicht jedoch die Verzögerungsgefahr, so daß er rechtzeitig geleistet hat, wenn er den geschuldeten Betrag nur rechtzeitig abgesandt hat. Hingegen spielt es keine Rolle, wann der Betrag bei dem Vermieter eintrifft (§ 554 Rz 13; BGH LM Nr 3 zu § 270 BGB; Nr 1 zu § 36 VVG; RGZ 99, 257; R O Q U E T T E § 554 Rz 9 f; STERNEL Rz I I 95); abweichende Vereinbarungen sind jedoch möglich und verbreitet. 114 c) Nach § 551 ist der Vermieter grundsätzlich vorleistungspflichtig; in der Praxis wird jedoch idR das Gegenteil vereinbart. 115 d) Angesichts der allgemeinen Durchsetzung des Überweisungsverkehrs ist davon auszugehen, daß mangels abweichender Abreden die Überweisungskosten vom Mieter zu tragen sind (str; s S O E R G E L - M E Z G E R § 535 Rz 145).
116 5. Die Aufrechnung a) § 851 b ZPO enthält kein Pfändungsverbot, so daß diese Vorschrift in Verbindung mit § 394 BGB der Aufrechnung des Mieters gegen die Mietzinsforderung des Vermieters nicht entgegensteht (AG Freiburg NJW 1956, 1717, 1718; B L E I NJW Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(104)
§§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht
117-122
1953, 211 f; str). Auch unter Berufung auf § 242 kann das Aufrechnungsrecht des Mieters nicht auf einen Teil des Mietzinses, zB auf die Hälfte des Mietzinses, beschränkt werden (falsch deshalb LG Lüneburg MDR 1968, 667 f m Nachw; GLASER N J W 1 9 5 2 , 1 2 0 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 5 R z 7 1 ) .
b) In Mietverträgen finden sich überaus häufig Aufrechnungsverbote. Solche 117 Verbote sind heute (anders als früher) nur noch in engen Grenzen zulässig (LG Hannover WuM 1 9 8 0 , 1 7 9 ) . Erste Schranken ergeben sich bei der Wohnraummiete schon aus § 552 a; hinzukommen bei allen Mietverhältnissen die sehr wesentlichen, zusätzlichen Schranken der §§ 9,11 Nr 2 und 3 sowie 24 AGBG (s die Erl zu § 552 a, bes Rz 1 2 ; Vorbem 1 4 8 e zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 ; STERNEL R Z II 1 0 1 ff; HENSEN, in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG ( 3 . Aufl 1 9 7 8 ) § § 9 - 1 1 Anh Rz 5 0 2 ) .
6. Verzug und Konkurs
118
a) Im Falle des Verzuges des Mieters mit der Mietzinszahlung verdrängt § 554 für seinen Anwendungsbereich den § 326 (BGHZ 50, 312 = JuS 1969, 35 Nr 3; BGH LM Nr 6 zu § 326 [A] BGB; § 554 Rz 2). Spätestens nach Übergabe der Sache an den Mieter ist also aufgrund des § 326 kein Rücktritt mehr möglich (LG Mannheim ZMR 1969, 241). An die Stelle des Rücktritts tritt die Kündigung aus wichtigem Grunde (BGH aaO). Unberührt bleibt aber der Schadensersatzanspruch des Vermieters. Namentlich kann 118a der Vermieter Ersatz eines etwaigen Verzögerungsschadens stets aus § 286 verlangen. Beauftragt jedoch der Vermieter schon bei einer einmaligen Verspätung des Mieters mit der Zahlung des Mietzinses einen Rechtsanwalt, so muß er sich ein mitwirkendes Verschulden anrechnen lassen (LG Mannheim WuM 1976,28). In den meisten Mietvertragsformularen ist der Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Verzug des Mieters zum Nachteil des letzteren pauschaliert. Auch für solche Klauseln bestehen jedoch heute ganze enge Grenzen (§ 550 a; §§ 9, 11 Nr 5 und 6 sowie 24 AGBG; s Vorbem 148 zu § 535, 536; HENSEN [oben Rz 117]; STERNEL R Z II 113 f). Der Mieter hat kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich späterer Mietzinsraten, 119 wenn der Vermieter es nach der Zahlung früherer Raten versäumt hat, dem Mieter eine Quittung auszustellen (AG Duisburg-Hamborn WuM 1976, 55; vgl im übrigen eingehend MITTELSTEIN 423 ff; M E Z G E R N J W 1972, 2071; N I E N D O R F F , MietR 194 ff). b) Ist der Mieter mit mehreren Mietzinszahlungen in Verzug, so gilt für Teilleistungen 120 des Mieters die Vorschrift des § 366 entsprechend (s oben Rz 105 a; B E U E R M A N N WuM 1979,253; STERNEL Rz II 99). Grundsätzlich kann also der Mieter bestimmen, auf welche der offenstehenden Forderungen er leisten will. Nur wenn er eine solche Bestimmung unterläßt, gelten die älteren Forderungen als zunächst getilgt (BGH LM Nr 4 zu § 366 BGB; LG Mannheim WuM 1975, 97; aM MITTELSTEIN 415 ff). c) Kommt der Mieter in Annahmeverzug, so ändert dies nichts an seiner Verpflich- 121 tung zur Zahlung des Mietzinses, da jedenfalls die Raummiete grundsätzlich absolute Fixschuld ist, so daß hier der Annahmeverzug zur Unmöglichkeit führt (§§ 324 Abs 1, 552; s im einzelnen Vorbem 17 zu § 537). d) Die Wirkungen der Miete im Konkurs regeln im einzelnen die §§ 19-21 KO, so 122 daß zwischen dem Konkurs des Vermieters und dem Konkurs des Mieters zu unterscheiden ist. Der Konkurs des Vermieters ist ohne Einfluß auf schon abgeschlossene Mietverträge, sofern das Mietobjekt dem Mieter bei Konkurseröffnung bereits überlassen war ( § 2 1 KO); andernfalls hat der Konkursverwalter das (105)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 123-126
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Wahlrecht des § 17 KO ( E S S E R - W E Y E R S II 1 § 16 I 1 a). Veräußert der Konkursverwalter das Mietobjekt, so hat der Erwerber das besondere Kündigungsrecht des § 5 7 a Z V G ( § 2 1 A b s 4 S 1 K O ; s z B STERNEL R Z I V 2 9 7 ,
370).
123 Beim Konkurs des Mieters kommt es ebenfalls darauf an, ob ihm die Sache schon überlassen worden ist oder nicht. Ist die Sache dem Mieter noch nicht überlassen, so kann der Vermieter nach § 20 Abs 1 KO zurücktreten. Für den Konkursverwalter gilt hingegen § 17 KO, so daß er zwischen Erfüllung und Nichterfüllung wählen kann. Nach Überlassung der Sache an den Mieter haben beide Parteien hingegen nach § 19 KO ein außerordentliches befristetes Kündigungsrecht. Trotz ihrer grundsätzlichen Unabtretbarkeit fallen mithin die Mieterrechte in die Konkursmasse. Um die Masse jedoch nicht mit überflüssigen Mietverhältnissen zu belasten, räumt § 19 KO dem Konkursverwalter ein zwingendes Kündigungsrecht mit gesetzlicher Kündigungsfrist ein (grdleg BGHZ 39, 35, 37). Die Mietzinsforderung des anderen Teils für die verbleibende Mietzeit bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist ist dann eine Masseforderung nach § 59 Abs 1 Nr 2 KO (BGHZ 72, 263, 265 f; s für Leasing-Verträge BGHZ 71,189 = JuS 1978,705 f Nr 3 m Nachw). Hingegen ist der vertragliche Anspruch des Vermieters auf Erstattung der Demontage- und Abtransportkosten bloße Konkursforderung (BGHZ 72, 263). 123a Bei der Wohnraummiete sind von § 19 KO zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen nicht möglich. Insbes kann hier (anders als bei sonstigen Mietverhältnissen) nicht bestimmt werden, daß der Vermieter bei Konkurs des Mieters sofort fristlos kündigen darf (s § 554 b). Außerdem muß bei der außerordentlichen, befristeten Kündigung auf Grund des § 19 KO die Form des § 564 a eingehalten werden; auch muß ein Kündigungsgrund iS des § 564 b vorliegen; schließlich kann der Mieter der Kündigung nach § 556 a widersprechen (§ 556 a Rz 15-17; s S C H M I D T - F U T T E R E R , Mietrecht, s v Konkurs; STERNEL Rz II 371 ff). 123b Macht der Vermieter von diesem Kündigungsrecht Gebrauch, so kann er keinen Schadensersatz verlangen; anders wenn der Konkursverwalter des Mieters kündigt ( § 1 9 S 3 KO). Die Schadensersatzforderung des Vermieters ist jedoch bloße Konkursforderung und damit in aller Regel wertlos. (Zur Rechtslage bei Konkurs nur eines von mehreren Mitmietern s Vorbem 101 zu §§ 535, 536). 124 7. Verjährung und Verwirkung a) Die Verjährungsfrist für Mietzinsforderungen beträgt 4 Jahre (§ 197). Ebenso Aufwendungsersatzansprüche des Mieters aus § 670 auf Ersatz der Mietkosten gegen Dritte (OLG Hamm Urt. v. 25. 11. 1980 - 7 U 70/80). Nur für die gewerbsmäßige Vermietung beweglicher Sachen gilt nach § 196 Abs 1 Nr 6 eine Verjährungsfrist von 2 Jahren (s zB B G B LM Nr 18 zu § 196 B G B ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 535 Rz 74). 125 b) Eine Verwirkung von Mietzinsforderungen wird von der Praxis verhältnismäßig rasch angenommen, so zB wenn sich der Vermieter erst neun Monate nach Auszug des Mieters meldet (LG Weiden WuM 1976, 71; vgl auch OLG Hamm ZMR 1976, 142). In besonderem Maße gilt dies für die Forderung des Vermieters auf Ersatz der Nebenkosten; hier genügt meistens schon die Versäumung einer Abrechnungsperiode zur Annahme der Verwirkung (oben Rz 87 m Nachw). 126 VI. Die Nebenleistungspflichten des Mieters Neben der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses trifft den Mieter eine ganze Reihe von Nebenleistungspflichten. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(106)
§§ 535, 536 127-129 a
3. Titel. Miete. Pacht
1. Die Abnahmepflicht des Mieters* a) Den Mieter trifft grundsätzlich keine Abnahme- und Gebrauchspflicht. Er ist zum vertragsmäßigen Gebrauch der ihm vermieteten Sache lediglich berechtigt, nicht aber verpflichtet, so daß er durch die Nichtentgegennahme der Sache lediglich in Annahmeverzug, jedoch nicht in Schuldnerverzug gerät (LEONHARD II 152). Daraus folgt zB, daß der Mieter einer Wohnung mit Etagenheizung diese Heizung nicht zu betreiben braucht (s oben Rz 78). Ebensowenig trifft den Mieter eines Geschäftslokals eine Verpflichtung, das Geschäft tatsächlich offen zu halten und zu betreiben; er kann vielmehr das Geschäft auch einstellen, ohne daß sich dadurch freilich etwas an seiner Verpflichtung zur Mietzinszahlung ändert (BGH LM Nr 8 zu § 581 BGB; Nr 4 zu § 133 [A] BGB; ZMR 1979, 238 f; OLG Celle ZMR 1973, 109 ff; LG Arnsberg ZMR 1980, 182 für eine Apotheke). Anders ist die Rechtslage, wenn dem Mieter der Gebrauch unmöglich ist. In diesem 127 Falle greift § 323 Abs 1 ein (BGH LM Nr 5 zu § 323 Abs 1 BGB). Auch kann der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter eine billige Sozialwohnung monatelang leerstehen läßt (LG Frankfurt WuM 1972, 189; 1974, 55). b) Eine Gebrauchspflicht des Mieters kann jederzeit, auch konkludent, vereinbart 128 werden (RGZ 138, 192; 138, 202). Insbes kann sich aus der Vereinbarung einer Umsatzmiete eine Betriebspflicht des Mieters ergeben; notwendig ist dieser Schluß jedoch nicht (RGZ 149, 88, 90 f; 160, 361, 368 f m Anm DAHMANN D R 1939, 1683 f; OGH H E Z 2, 245,247; BGH LM Nr 3 zu § 242 [Bf] BGB; ZMR 1979,238, 239; OLG Hamburg ZMR 1960, 304, 306; OLG Celle ZMR 1973, 109, 110 f m Nachw; OLG Bamberg JW 1932, 1066 Nr 1). Jedoch wird eine Betriebspflicht wenigstens dann häufig anzunehmen sein, wenn sich der Mietzins ganz oder doch überwiegend nach den Umsätzen des Mieters richtet (aM offenbar BGH ZMR 1979, 238 f; s oben Rz 101). Auch den Mieter eines Reitpferdes, das regelmäßig bewegt werden muß, trifft schon aufgrund seiner Obhutspflicht nach Überlassung des Pferdes eine Gebrauchspflicht. Die Einstellung des gemieteten oder gepachteten Geschäfts kann jedenfalls dann eine 128a Vertragswidrigkeit darstellen, wenn der Mieter oder Pächter gleichzeitig in der Nachbarschaft ein eigenes Konkurrenzgeschäft aufmacht (RG JW 1936,1829 f; KG JW 1936, 2932; LG Arnsberg ZMR 1980, 182, 183; vgl aber auch R G Z 160, 361, 368 f; OLG Celle ZMR 1973, 109). Schließlich kann sich auch aus der Eigenart des Geschäfts, zB als Teil eines nach außen als Einheit auftretenden sog Drugstores, eine Betriebspflicht ergeben (LG Augsburg ZMR 1973, U l f ; STERNEL RZ II 354). 2. Die Obhutspflicht des Mieters**
129
Sobald dem Mieter die Sache überlassen worden ist, muß er mit der fremden Sache, die er nach Vertragsschluß zurückzugeben hat (§ 556), sorgfältig und pfleglich umgehen. Eine besondere Ausprägung dieser Obhutspflicht ist die Anzeigepflicht des Mieters aufgrund des § 545 (Mot II 400; RGZ 84, 222; 93, 39; 106, 133). a) Die Obhutspflicht beginnt, sobald dem Mieter die Sache überlassen worden ist. Sie 129a besteht also auch dann, wenn der Vermieter die Sache dem Mieter schon vor dem vertraglich vorgesehenen Termin übergibt. Entsprechend endet die Obhutspflicht * Schrifttum:
LEONHARD
STERNEL R Z I I
II
150
ff;
MITTELSTEIN,
Die Miete
348
ff;
NIENDORFF,
MietR
176
ff;
354.
** Schrifttum: s bei § 545 sowie B G B - R G R K - G E L H A A R § 535 Rz 84 ff; E S S E R - W E Y E R S II §§ 1612,20 I I I 2 ; STERNEL R Z I I 3 5 5 f f ( S
(107)
213).
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 130-135
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
auch erst mit der tatsächlichen Rückgabe der Mietsache, ohne Rücksicht darauf, daß der Vertrag möglicherweise schon früher abgelaufen ist (BGH LM Nr 2 zu § 556 B G B ; STERNEL RZ I I 3 5 5 ) .
130 b) Die Obhutspflicht erstreckt sich nicht nur auf das eigentliche Vertragsobjekt, sondern auch auf sämtliche mitvermieteten Sachen und Räume wie zB die Flure, Treppen, Böden und Keller sowie die Zu- und Abgänge (RGZ 59,161; 75,118; 106, 133; OLG Nürnberg ZMR 1960, 80, 81). 131 Inhaltlich geht die Obhutspflicht vor allem dahin, alle genannten Sachen sorgfältig und pfleglich zu behandeln und nach Möglichkeit vor Schäden zu bewahren (OLG Düsseldorf ZMR 1965, 51). Folglich muß der Mieter, wenn er zB für längere Zeit verreist, dafür Sorge tragen, daß in der Zwischenzeit auftretende Mängel erkannt und behoben werden können, so daß er die Wohnungsschlüssel einer vertrauenswürdigen Person oder dem Vermieter (ggf in einem versiegelten Umschlag) übergeben muß, namentlich wenn Frost droht (BGH LM Nr 49 zu § 535 BGB, B12 R; LG München DWW 1966, 137; LG Düsseldorf NJW 1960, 2161 f; LG Mannheim DWW 1977, 42 f; HANS § 545 Anm B 3 b und 5 a). Ebenso muß der Mieter, wenn er von der Heizung, was ihm freisteht, keinen Gebrauch macht, wenigstens dafür Sorge tragen, daß die Anlage keine Schäden erleidet; namentlich muß er sich darum kümmern, daß die Rohre nicht einfrieren (STERNEL RZ II 356; AG Lüdinghausen WuM 1981, 12). 132 Auch im übrigen muß der Mieter alles ihm Mögliche und Zumutbare tun, um vermeidbare Schäden zu verhindern (s § 548 Rz 4 ff). So ist der Mieter einer Stadthalle für ein sog Beatkonzert berechtigt und verpflichtet, die Halle gegen das Eindringen von Randalierern zu verteidigen; kommt ihm die Polizei dabei jedoch nicht zu Hilfe, so haftet er mangels Verschuldens nicht für von den Eindringlingen verursachte Schäden (OLG Celle VersR 1979, 264; unten Rz 136). 132a Aus der Obhutspflicht folgt weiter die Pflicht des Mieters, für eine Säuberung und Lüftung der Räume zu sorgen. Bei Regen und Sturm oder Frost muß er hingegen die Fenster schließen. Auch alle mitvermieteten Geräte und Leitungen muß er sorgsam behandeln (AG Witzenhausen WuM 1968, 29). Schließlich muß er mit Gas, Strom und Wasser besonders vorsichtig umgehen. Nur wenn der Vermieter im selben Haus wohnt, ist die Obhutspflicht des Mieters jedenfalls hinsichtlich der mitvermieteten Räume und Flächen eingeschränkt, weil es dann Sache des Vermieters ist, sich um den Zustand dieser Räume und Flächen zu kümmern (RG JW 1906, 546). 133 c) Sobald Mängel drohen oder auftreten, trifft den Mieter die Anzeigepflicht des § 545. Hingegen ist der Mieter nicht verpflichtet, wohl aber berechtigt, die Mängel selbst zu beheben. In diesem Fall kann er von dem Vermieter Aufwendungsersatz verlangen (§ 538 Abs 2). Eine Reparaturpflicht besteht für ihn nur ausnahmsweise, namentlich wenn andernfalls der Sache schwerwiegende Gefahren drohen und deshalb ein sofortiges Eingreifen nötig ist (LARENZ II § 48 II b; STERNEL RZ II 356). 134 d) Teil der Obhutspflicht des Mieters ist die Verpflichtung, die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs einzuhalten (Mot II 401). Die Obhutspflicht umfaßt deshalb sowohl Unterlassungspflichten als auch Pflichten zu positivem Tun. So ist der Mieter zur Mitwirkung verpflichtet, wenn eine Behebung von Mängeln nur mit seiner Mitwirkung möglich ist. Namentlich muß er dann dem Vermieter den Zutritt zu den Mieträumen gestatten. Läßt hingegen der Mieter selbst die erforderlichen Arbeiten durchführen, so muß er dafür Sorge tragen, daß die Arbeiten sachgemäß durchgeführt werden und vermeidbare Schäden verhindert werden. 135 e) Bei Verstößen des Mieters gegen die Obhutspflicht kommen sowohl Schadensersatz- als auch Unterlassungsansprüche des Vermieters in Betracht (§ 550; BGH LM Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(108)
§§ 535, 536 136-138 b
3. Titel. Miete. Pacht
Nr 2 zu § 556 BGB). Die Schadensersatzansprüche dürften idR solche aus positiver Vertragsverletzung sein. Einer Nachfristsetzung nach § 326 bedarf es daher idR nicht (LG Lüneburg MDR 1979, 759 Nr 63), da die Obhutspflicht keine Hauptleistungspflicht iS des § 326 ist (s MünchKomm-EMMERICH § 326 Rz 55). In schwerwiegenden Fällen kann der Vermieter außerdem kündigen (§ 553). Der Schadensersatzanspruch setzt voraus, daß der Mieter die Verletzung der 136 Obhutspflicht zu vertreten hat (§§ 276 ff; oben Rz 132). Dabei muß der Mieter für sämtliche Erfüllungsgehilfen einstehen (§ 278). Dazu gehören nicht nur alle Familienangehörigen und Besucher, sondern auch sämtliche Angestellten des Mieters und darüber hinaus alle Personen, denen er in irgendeiner Weise, wenn auch nur teilweise, den Gebrauch der Sache überlassen hat, also auch der Untermieter (§ 5 4 9
Abs
3;
R G Z
106,
133,
134;
ESSER-WEYERS
II
1
§
16
I
2 C;
BGB-
§ 535 Rz 85). Der Ersatzanspruch ist aber grundsätzlich erst bei Vertragsbeendigung fällig (OLG Düsseldorf NJW 1977, 58 f). RGRK-GELHAAR
Hat der Mieter die Verletzung nicht zu vertreten, so trifft ihn keine Ersatzpflicht. Eine 137 Ersatzpflicht ohne Verschulden kann auch nicht vertraglich, namentlich nicht durch Formularverträge oder durch eine Hausordnung, vereinbart werden (§ 138 Abs 1; § 9 AGBG; AG Osnabrück WuM 1975, 206; AG Schwetzingen DWW 1976, 90; AG Schöneberg MDR 1977, 54; R O Q U E T T E ZMR 1973,195; aM zu Unrecht AG Essen ZMR 1974, 44 f). Auch gegen eine Erweiterung der Obhutspflicht durch Formularverträge oder Hausordnungen, zB in Richtung auf eine Reparaturpflicht, bestehen durchgreifende Bedenken, weil solche Abreden der Sache nach auf die (unzulässige) Freizeichnung des Vermieters von seiner fundamentalen Erhaltungspflicht aus § 536 sowie von seiner Gewährleistungspflicht aus den §§ 537 f hinauslaufen (§ 537 Abs3; §§ 9, 11 Nr 10 lit a, 24 AGBG; S T E R N E L R Z I I 357 f; s unten Rz 151 f). 3. Die Duldungspflichten des Mieters*
138
a) Bei den Beratungen des BGB ist darauf verzichtet worden, eine Bestimmung darüber aufzunehmen, ob und wann der Vermieter die vermieteten Räume betreten darf; man ging davon aus, ein solches Besichtigungsrecht des Vermieters ergebe sich aus § 242 vor allem in der Zeit unmittelbar vor Ablauf des Vertrages (Prot II 216, 252). Heute wird die Frage meistens vertraglich geregelt. Ein generelles Besichtigungsrecht 138a des Vermieters kann jedoch auf diesem Wege nicht begründet werden (§ 138 Abs 1). Fehlt aber eine vertragliche Regelung, so kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Vermieter, und sei es auch nur in langen Abständen, ein Recht zur Besichtigung der vermieteten Räume habe, um sich von deren Zustand zu überzeugen (aM zu Unrecht O S W A L D , G L A S E R , S C H M I D T - F U T T E R E R u W E I M A R aaO). Eine solche Annahme ist vor allem mit der Anzeigepflicht des Mieters aus § 545 unvereinbar. Der Mieter muß deshalb die Besichtigung der Räume durch den Vermieter nur bei 138b besonderen Anlässen dulden (§ 242), insbes wenn der Sache schwere Gefahren * Schrifttum: E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 2 9 I 5 ; G A I S B A U E R , Wann darf der Vermieter die Mietwohnung betreten? DWW 1 9 6 8 , 2 7 4 ; G L A S E R , Das Recht des Vermieters zum Betreten der Mietwohnung, ZMR 1954, 4; ders, Das Recht der Schönheitsreparaturen (2. Aufl 1977) 21 f; M I T T E L S T E I N , Die Miete 3 5 7 ff; O S W A L D , Unter welchen Voraussetzungen darf der Vermieter die Räume des Mieters betreten? ZMR 1 9 6 0 , 1 2 9 ; S C H M I D T - F U T T E R E R , MietR, s v Besichtigungsrecht des Vermieters; STEGMAIER, Wann darf der Hausherr die Mietwohnung kontrollieren? ZMR 1 9 6 3 , 1 6 6 ; S T E R N E L Rz II 1 7 7 ff; W E I M A R , Das Recht des Vermieters zum Betreten der vermieteten Wohnung, B1GBW 1974, 107. (109)
Volker E m m e r i c h 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 138 c-142
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
drohen (LG Bremen B1GBW1964,159) oder wenn der Mieter dem Vermieter einen Mangel angezeigt hat und den Vermieter zu dessen Beseitigung aufgefordert hat. Der Vermieter darf dann auch einen Sachverständigen mitbringen. Anschließend muß der Mieter außerdem die Durchführung der erforderlichen Instandsetzungsarbeiten dulden (§ 541 a Abs 1). 138c Der Vermieter ist schließlich noch berechtigt, Kaufinteressenten das Grundstück zu zeigen. Entsprechendes gilt, sobald der Mieter gekündigt hat. Nach der Kündigung muß er deshalb in engem Rahmen und zu vertretbaren Zeiten die Besichtigung durch neue Mietinteressenten dulden (RGZ 106, 270; KG OLGE 16, 426 f; AG Bergisch-Gladbach WuM 1977, 27 f; AG Köln WuM 1980, 138). 139 In allen genannten Fällen muß der Vermieter den Mieter vorher von seiner Absicht, die Räume zu betreten, informieren, und zwar idR am vorausgehenden Tag (AG Neustadt WuM 1979,143). Mit Gewalt darf er sich niemals Zugang zu den Räumen verschaffen (§123 StGB). Notfalls muß der Vermieter gegen den Mieter auf Duldung der Besichtigung klagen (LG Köln ZMR 1967, 177; LG Berlin WuM 1980, 185 = ZMR 1980,278 Nr 8; LG Mannheim DWW 1976,261; AG Kassel WuM 1971,118; aM zu Unrecht OSWALD aaO). Durch Formularverträge kann dem Vermieter ein weitergehendes Recht zum Betreten der Mietwohnung nicht eingeräumt werden (§ 9 AGBG); das liefe auf die vertragliche Begründung des Faustrechts hinaus (str). 140 b) Weitere Duldungspflichten ergeben sich aus den §§ 541 a und 559 ff. 141 4. Die Übernahme zusätzlicher Pflichten durch den Mieter a) Die Reinigungspflicht Grundsätzlich trifft den Vermieter die Pflicht, die mitvermieteten Räumlichkeiten und Flächen in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten und deshalb auch zu reinigen (s oben Rz 45). Es ist jedoch zulässig, die Reinigungspflicht vertraglich auf die Mieter abzuwälzen. Doch muß dies ausdrücklich geschehen (LG Bonn NJW 1958, 145). Eine entsprechende Verkehrssitte oder gar ein entsprechendes Gewohnheitsrecht können nicht anerkannt werden (sehr str; vgl HURST Z M R 1967, 67 ff m Nachw).
142 b) Die Schönheitsreparaturen* aa) Begriff Unter Schönheitsreparaturen versteht man das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen von Fußböden, Heizkörpern, Heizrohren und Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.** * Schrifttum: BRONSCH, D i e S c h ö n h e i t s r e p a r a t u r e n , J R 1 9 7 0 , 1 2 5 ; FRITZ W U M 1 9 7 9 , 9 3 ; FROTZ,
Zur Schadensersatzhaftung des Mieters wegen vertragswidrig nicht ausgeführter Schönheitsinstandsetzungen, NJW 1963, 884; GLASER JR 1956, 367; ders, Das Recht der Schönheitsreparat u r e n ( 2 . A u f l 1 9 7 7 ) ; GRAUER B 1 G B W 1 9 6 2 , 4 8 1 ; GROOTHOLT Z M R 1 9 5 4 , 2 8 9 ; GUNDLACH, V o r -
und Nachmieter als Gesamtschuldner? NJW 1976,787; HADDING, Die unterlassenen Schönheitsreparaturen, JuS 1969, 407; HERPERS, Über die Verpflichtung des Mieters zu Instandsetzungsarbeiten bei der Beendigung des Mietverhältnisses, WuM 1975, 29, 45; KOHL ZMR 1980, 196; W KOHLER N J W 1 9 7 9 , 2 5 0 5 ; KRAPPEN, S c h ö n h e i t s r e p a r a t u r e n u n d A G B , Z M R 1 9 7 8 , 1 9 3 ; KÜRZEL
B1GBW 1960, 155; MERKERT, Trotz Vernachlässigung der Mieträume kein Schaden des Vermieters? ZMR 1965,129; OSKE, Schadensersatz statt Schönheitsreparaturen, ZMR 1973,321; ders, Schönheitsreparaturen
( 1 9 7 8 ) ; PALANDT-PUTZO § 5 3 6 A n m
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
4 c; RADEMACHER,
Kein (HO)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 142 a-143 a
Der Begriff der Schönheitsreparaturen umfaßt nur die Beseitigung solcher Mängel, 142a die durch das normale Abwohnen hervorgerufen werden. Dazu kann aber auch die Beseitigung eines vom Mieter verlegten Teppichbodens gehören (LG Hannover ZMR 1971, 26; 1971, 27); ebenso die Erneuerung einer Wandbespannung anstelle einer Tapete (BGH ZMR 1980, 378, 380). Die Beseitigung von Mängeln, die andere Ursachen als das normale Abwohnen 142b haben, gehört hingegen nicht mehr zu den Schönheitsreparaturen (AG HamburgBlankenese WuM 1979, 189). Beispiele sind Schäden am Putz oder am Mauerwerk infolge eines Wasserrohrbruches, Mängel der Installation uäm (GLASER [oben Rz 142]). Ebensowenig bilden einen Teil der Schönheitsreparaturen das Abschleifen und Versiegeln von Parkettfußböden, das Auswechseln von Teppichböden oder die Beseitigung von Dübeln (BGHZ 65, 359, 364 = BB 1976, 623; LG Kassel WuM 1975, 35, 36; LG Mannheim WuM 1975, 50, 51; AG Köln WuM 1976, 160; LG Lüneburg WuM 1976, 6 f). bb) Der Verpflichtete
143
a) Die Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand obliegt während der ganzen Vertragsdauer dem Vermieter (§ 536), so daß der Vermieter auch die sog Schönheitsreparaturen tragen muß, sobald die Wohnung infolge der Abwohnung Mängel aufweist (LG Köln WuM 1975, 37; LG Hamburg WuM 1977, 119; LG Mannheim WuM 1976, 49, 50). Kommt der Vermieter dieser Pflicht nicht nach, so kann der Mieter Erfüllung verlangen (§ 536) und bis zur Erfüllung mindern (§ 537). Außerdem können sich aus den §§ 326 und 538 Schadensersatzansprüche ergeben; schließlich kommt eine Kündigung nach § 542 in Betracht (GLASER, Schönheitsreparaturen 27; P A L A N D T - P U T Z O § 536 Anm 4 c, cc). Muß auch der Mieter nach den Abreden der Parteien bestimmte Reparaturarbeiten durchführen, so hat er ein Zurückbehaltungsrecht, bis der Vermieter seinen Pflichten nachgekommen ist (§ 320), so daß der Mieter solange auch nicht in Verzug geraten kann (s MünchKomm-EMMERicH § 320 Rz 36). ß) Seit Jahrzehnten ist es üblich geworden, gerade die zentrale Pflicht des Vermieters 143a zur Vornahme der Schönheitsreparaturen auf die Mieter abzuwälzen. Gleichwohl kann weder eine Verkehrssitte noch gar ein Gewohnheitsrecht des Inhalts anerkannt werden, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen tragen müsse (falsch BGBR G R K - G E L H A A R § 535 Rz 90), und zwar auch nicht bei den sog Altbauwohnungen (falsch GLASER, Schönheitsreparaturen 16 f), weil dies mit der Grundsatznorm des § 536 schlechthin unvereinbar wäre ( S T E R N E L Rz II 225).
Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Ausführung der vom Vermieter unterlassenen Schönheitsreparaturen durch den Nachmieter auf eigene Kosten, ZMR 1963, 130; SCHÄFER, Schönheitsreparaturen und Vorteilsausgleich, ZMR 1963, 129; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 51 ff; ders, MietR, s v Schönheitsreparaturen; SCHMITZ MDR 1966,283; SCHMUDLACH, Vor und Nachmieter als Gesamtschuldner bei Schönheitsreparaturen, NJW 1974, 257; STEGMAIER, Wann sind Schönheitsreparaturen fällig? ZMR 1962, 195; STERNEL Wohnraummietrecht Rz II 2 2 4 ff, V 3 8 ff ( S 1 4 4 , 6 7 2 ) ; TONDORF W U M 1 9 7 5 , 2 3 7 ; TRAUTMANN D W W 1 9 6 3 , 3 0 4 ; WEIMAR,
Rechtsfragen zu den Schönheitsreparaturen, Betrieb 1976, 1142; WEINGÄRTNER, Der Schadensersatzanspruch wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen, WuM 1977,221; WIEK DWW 1980, 140; WOLF ZMR 1980, 193, alle m zahlr Nachw. ** So schon die preuß AusfVO z RMG V17. 4. 1924 (GS 553); ebenso § 22 Abs 3 S 21. BV/§ 28 Abs 4 S 2 II. BV v 17.10.1957 idF v 21. 2.1975 (BGBl I S 569); BGHZ49,56 = JuS 1968,288 Nr 4; LG Marburg ZMR 1980,180; GLASER, Schönheitsreparaturen 15, 29 ff M Nachw; STERNEL RZ II 227. (Iii)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 143 b-143 i
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
143b Zu Recht fordert deshalb die ganz hM in jedem Einzelfall eine eindeutige, klare, ausdrückliche Vereinbarung über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter, für die der Vermieter in vollem Umfang beweispflichtig ist (§ 548 Rz 13; zB LG Berlin GE 1960, 391; ZMR 1964, 362). Eine konkludente Abwälzung auf den Mieter kommt micht in Betracht (OLG Celle WuM 1980, 185). Solche Abreden müssen zudem stets ganz restriktiv und gegen den Vermieter ausgelegt werden, weil sie in schwerwiegender Weise von der grundsätzlichen, gesetzlichen Lastenverteilung (§ 536) zum Nachteil des Mieters abweichen (s auch unten Rz 146 d). Das muß man bei den zahllosen, hoffnungslos umstr Einzelfragen stets sorgfältig im Auge behalten. 143c Bei Berücksichtigung des Gesagten enthalten alle Klauseln, die im Kern auf eine bloße Verpflichtung des Mieters zur Rückgabe der Sache in vertragsmäßigem oder ordnungsgemäßen Zustand hinauslaufen, keine Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter, weil sie nur wiederholen, was ohnehin aus § 548 folgt (STERNEL Rz II 231). Dasselbe gilt für die Klauseln, die Wohnung sei „in normal abgenutztem Zustand", „in bezugsfertigem Zustand" zurückzugeben (LG Koblenz MDR 1976, 1 4 3 ; LG Köln WuM 1 9 7 5 , 2 4 5 ; AG Fulda WuM 1 9 7 5 , 2 0 8 ; bes HERPERS W U M 1 9 7 6 , 45, 47), ebenso für die Klausel „Rückgabe wie übernommen" (LG Mannheim ZMR 1 9 6 8 , 3 2 1 ) sowie darüber hinaus je nach den Umständen des Falles sogar auch für die Klausel „Rückgabe in renoviertem Zustand" (OLG Hamm, Urt v 22. 5. 1979 - 7 U 1 3 4 / 7 8 ; a M STERNEL a a O ) .
143d cc) Grenzen a) Gegen die Übertragung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter durch Individuah&xtmb&rxmg iS von § 1 Abs 2 AGBG (dazu unten Rz 143 f) bestehen grundsätzlich keine Bedenken. Schranken können sich jedoch auch hier durchaus aus den §§ 550 a und 557 a sowie aus dem Verbot verlorener Baukostenzuschüsse bei der Wohnraummiete ergeben (s Vorbem 128 zu §§ 535, 536). 143e Gegen die genannten Verbote verstoßen alle Klauseln, die - über die Durchführung der allgemeinen Schönheitsreparaturen hinaus - für den Fall der Vertragsbeendigung, namentlich durch Kündigung des Mieters, zusätzliche Leistungspflichten des Mieters begründen. Die wichtigsten Beispiele sind die Verpflichtung des Mieters, dann zusätzlich nochmals die gesamte Wohnung zu renovieren oder die hierfür erforderlichen Kosten ganz oder teilweise dem Vermieter zu erstatten. Denn solche Klauseln laufen für den Mieter der Sache nach, dh im wirtschaftlichen Ergebnis, auf Vertragsstrafen für den Fall der Kündigung hinaus (verboten nach § 550 a) oder wirken für ihn ebenso wie verlorene Baukostenzuschüsse, so daß die fraglichen Leistungen vom Vermieter sofort wieder erstattet werden müßten (s STERNEL RZ I I 231, 236; V 33, 35). Auch bei preisgebundenem Wohnraum sind deshalb solche Klauseln generell verboten (§ 9 WoBindG; § 134). 143f ß) Die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen gehört zu den das gesetzliche Wesen der Miete bestimmenden Hauptleistungspflichten des Vermieters (§ 536). Hieraus folgt, daß - entgegen der noch hM - durch Formularmietverträge die Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen nicht mehr auf die Mieter abgewälzt werden kann (§ 9 Abs 2 AGBG; s eingehend Vorbem 148 e zu §§ 535, 536 m Nachw); vielmehr bedarf es dazu in jedem Einzelfall einer echten Individualvereinbarung iS des § 1 Abs 2 AGBG, an deren Annahme strenge Anforderungen zu stellen sind (s BGH LM Nr 59 und 61 zu § 652 BGB = NJW 1977, 624; BGHZ 74, 204, 2 0 9 f; BGH NJW 1 9 7 9 , 3 6 7 ; noch enger zu Recht ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGBG [3. Aufl 1 9 7 8 ] § 1 Rz 2 7 ff m Nachw; PALANDT-HEINRICHS § 1 AGBG Anm Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(112)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 144-145
4). Die generelle Abwälzung der Renovierungspflicht kann auch gegen § 138 verstoßen (AG Hannover WuM 1980, 241). dd) Umfang
144
Da die Schönheitsreparaturen nur durch Individualvereinbarung auf den Mieter abgewälzt werden können (oben Rz 143 f), hängt der Umfang, in dem der Mieter jeweils die Schönheitsreparaturen vornehmen muß, stets ganz von den konkreten, eng auszulegenden Abreden der Parteien ab, so daß sich allgemeine Regeln kaum aufstellen lassen (so richtig LG Mannheim FWW 1977, 94). Der Sinn der fraglichen Klausel kann sich zunächst durchaus darauf beschränken, daß 144a der Vermieter die betreffenden Arbeiten nicht mehr vorzunehmen braucht, während es dem Mieter freistehen soll, ob er die Arbeiten durchführen lassen will oder nicht. Die Abrede kann aber auch weitergehend den Sinn haben, daß der Mieter zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet sein soll; dann muß der Mieter die Schönheitsreparaturen spätestens bei seinem Auszug in demselben Umfang vornehmen, wie sie der Vermieter ohne die betreffende Abrede aufgrund des Gesetzes (§ 536) durchführen lassen müßte. Folglich wird in diesem Fall die Pflicht des Mieters durch das bloße Abwohnen der Dekoration noch nicht ausgelöst; vielmehr muß die Dekoration schon derart in Mitleidenschaft gezogen sein, daß man den Zustand der Wohnung als mangelhaft bezeichnen muß (KG ZMR 1963, 138 f; AG Friedberg WuM 1978, 231 f; STERNEL Rz I I 228). Befanden sich schließlich die Mieträume schon bei Überlassung an den Mieter in einem schlechten Zustand, so kann die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter auch noch den Sinn haben, daß der Mieter die Räume erst ordnungsgemäß herrichten und dann in diesem Zustand erhalten muß (LG Hannover MDR1967,845; BGH WM 1978,227; anders zB LG Köln WuM 1978, 223). Nach der wohl hM hat der Vermieter - mangels abweichender Vereinbarungen (s LG 144b Mannheim DWW 1976, 89) - bei Fälligkeit der Schönheitsreparaturen (unten Rz 145 f) schon während des Bestehens des Vertrages den ErfttUungsansprucb, so daß er von dem Mieter noch während des Vertragsverhältnisses sowohl Erfüllung als auch gegebenenfalls Schadensersatz verlangen kann, wenn der Mieter seiner Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen nicht rechtzeitig nachkommt (GLASER, Schönheitsreparaturen 21 ff; PALANDT-PUTZO § 536 Anm 4 c, aa und cc; STERNEL R Z I I 2 3 0 ) .
Diese Meinung ist nicht unbedenklich. Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters 144c wird idR schon daran scheitern, daß der Vermieter jetzt noch gar keinen nachweisbaren Schaden hat (unten Rz 147). Und gegen die Zubilligung von Erfüllungsansprüchen während des Laufs des Vertrages spricht allein schon die praktische Erwägung, daß ein solcher Anspruch ohne korrespondierende Kontrollrechte des Vermieters sinnlos ist, derartige Kontrollrechte aber nicht bestehen und auch nicht vertraglich begründet werden können (oben Rz 138 f). Eine abweichende Beurteilung ist nur angebracht, wenn der Mieter unter Verstoß gegen seine Obhutspflicht die Wohnung geradezu verkommen läßt. ee) Fälligkeit
145
Auch die Fälligkeit der Schönheitsreparaturen richtet sich in erster Linie nach den Abreden der Parteien, wobei aber zu beachten bleibt, daß selbst eine vertragliche Festlegung des Zeitplans, in dem die Schönheitsreparaturen durchgeführt werden sollen, keineswegs mit Notwendigkeit bedeuten muß, daß der Vermieter auch sofort einen entsprechenden Erfüllungsanspruch haben soll (oben Rz 144 c). Der Sinn solcher Zeitpläne beschränkt sich vielmehr in erster Linie auf die genaue Festlegung (113)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 535, 536 145 a-146 d
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
des vom Mieter jeweils geschuldeten Wohnungszustandes. Das hat vor allem für den Fall der Vertragsbeendigung zentrale Bedeutung. 145a Haben die Parteien keinen solchen Zeitplan vereinbart, so gehen die Gerichte idR davon aus, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen nach einem normalen Wirtschaftsplan durchführen lassen muß, wobei die Gerichte meistens für die Wohnräume einen 5-6jährigen und für Küche und Bad einen 2-3jährigen Renovierungsrythmus annehmen (vgl zB LG Köln WuM 1976, 51 f; 1977, 5, 6 f; LG Mannheim WuM 1975, 50; ZMR 1977, 153; A G Hanau ZMR 1968, 112 f; R O Q U E T T E § 536 R Z 4 0 ; G L A S E R , Schönheitsreparaturen 17 ff; P A L A N D T - P U T Z O § 536 A n m 4 c , b b ; STERNEL R Z I I 2 2 9 ) .
145b Solche Wirtschaftspläne können jedoch stets nur einen ganz groben Anhalt für den von dem Mieter in dem jeweiligen Zeitpunkt geschuldeten Zustand bieten. Denn entscheidend ist letztlich stets allein der konkrete Zustand der Wohnung, dh die Frage, ob die Wohnung so abgewohnt ist, daß ihr Zustand als mangelhaft bezeichnet werden muß (s oben Rz 144 a). 146 ff) Die Rechtslage bei Vertragsende Hinsichtlich der Rechtslage bei Vertragsende muß man sorgfälig danach unterscheiden, ob die Parteien nur allgemein die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt haben oder ob sie - statt dessen oder zusätzlich - spezielle Abreden über die Rechtslage gerade bei Beendigung des Vertrages getroffen haben. 146a a) Haben sich die Parteien darauf beschränkt, nur allgemein die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter zu regeln, ohne darüber hinausgehende Abreden speziell für die Vertragsbeendigung zu treffen, so hat der Mieter alles getan, wozu er verpflichtet ist, wenn er bis zu seinem Auszug regelmäßig die jeweils erforderlichen Schönheitsreparaturen durchgeführt hat (oben Rz 145 ff). Es spielt dann keine Rolle, ob die Dekoration inzwischen wieder abgewohnt ist, sofern nicht der Zustand der Wohnung geradezu als mangelhaft bezeichnet werden muß, so daß die nächste Runde der Schönheitsreparaturen fällig ist. Der Mieter kann sich in diesem Falle maW stets auf diejenigen Arbeiten beschränken, die jeweils bis zu seinem Auszug gerade fällig geworden sind*. 146b Der Vermieter kann hingegen nicht weitergehend verlangen, daß sich bei Vertragsende die Räume in einem Zustand befinden, der es ihm erlaubt, die Räume sofort ohne weitere Arbeiten zu Wohnzwecken wieder zu vermieten.** Eine solche weitergehende Mieterpflicht kann nur durch eine besondere, zusätzliche Abrede begründet werden (unten Rz 146 d; P A L A N D T - P U T Z O § 536 Anm 4 c, aa). 146c Hatte der Mieter hingegen die jeweils fälligen Arbeiten bis zu seinem Auszug nicht vorgenommen, so hat der Vermieter jetzt stets den Erfüllungsanspruch, soweit noch fällige Schönheitsreparaturen offenstehen. 146d ß) Die geschilderte Rechtslage bei Vertragsende (oben Rz 146 a-146 c) ist (natürlich) kein zwingendes Recht, so daß die Parteien - in den erwähnten Grenzen (oben * OLG Hamm MDR 1965,548; LG Köln WuM 1976, 51 f; 1977, 5 ff; MDR 1974, 583 Nr 58; LG Saarbrücken W u M 1979,140; L G Mannheim D W W 1 9 7 6 , 8 9 = Z M R 1976,83; W u M 1977,202;
LG Düsseldorf WuM 1979, 238 f; LG Braunschweig FWW 1974, 420 f; GLASER, Schönheitsrep a r a t u r e n 2 0 f; HERPERS W u M 1975, 29, 3 1 f; STERNEL RZ II 230, V 3 3 f.
** So aber zu Unrecht BGHZ 49, 56, 58 f = JuS 1968, 288 Nr 4; BGH WarnR 1965 Nr 181; LG F r e i b u r g N J W 1969, 1857 m abl A n m HÖNN 2 2 0 3 ; L G K o b l e n z M D R 1978, 55 N r 53; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 3 5 R z 9 2 ; HADDING JUS 1969, 4 0 7 , 4 0 8 f.
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(114)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 146 e-147 b
Rz 143 d-143 f) - auch abweichende Vereinbarungen treffen können. Dies geschieht vor allem durch (zusätzliche) Abreden über den konkreten Zustand der Wohnung gerade bei Auszug des Mieters. Namentlich bei solchen den Mieter erheblich zusätzlich belastenden Klauseln muß jedoch stets in besonderem Maße auf eine ganz klare und unzweideutige Fassung geachtet werden; auch sind solche Klauseln stets so eng wie möglich zu interpretieren (oben Rz 143 b). Hierher gehören vor allem sämtliche Klauseln, nach denen die Wohnung in 146e „erneuertem, neuwertigem, völlig renoviertem oder bezugsfertigem Zustand" zurückzugeben ist. In solchen Fällen sind stets auch nur geringfügige Abnutzungserscheinungen zu beseitigen, und zwar selbst, wenn das Mietverhältnis nur ganz kurze Zeit gedauert hat (AG Köln WuM 1 9 7 9 , 12; 1 9 7 9 , 7 5 , 7 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 3 6 Anm 4 c, aa; STERNEL RZ II 231, V 32 m Nachw).
Y) Die Reparaturpflicht des Mieters entfällt jedoch stets ganz ohne Rücksicht auf 146f die Abreden der Parteien, wenn ihre Erfüllung unzumutbar, weil sinnlos wäre, weil der Vermieter die Wohnung sofort nach Auszug des Mieters völlig umbauen lassen will. Unter solchen Umständen noch auf der Einhaltung der Mieterpflichten zu bestehen, wäre reine Schikane (§ 226; LG Köln WuM 1977, 253; LG Mannheim WuM 1978, 85; LG Hamburg WuM 1978, 208 f; AG Heidelberg WuM 1980, 243 STERNEL Rz II 233, V 49-57; a M mit abwegiger Begründung BGH NJW 1980, 2347; s u Rz 149). Dasselbe gilt, wenn der Nachmieter die erforderliche Dekoration selbst vornimmt (s 146g unten Rz 149 a), wenn der Zustand des gesamten Hauses so mangelhaft ist, daß alle Schönheitsreparaturen ohnehin sinnlos erscheinen, wenn der Vermieter die Durchführung der Reparaturarbeiten in treuwidriger Weise verhindert hat (Gedanke der §§ 162 und 324) sowie wenn der Vermieter die Wohnung vorbehaltlos zurückgenommen und damit konkludent ihren einwandfreien Zustand anerkannt hat (§ 242; STERNEL Rz V 49 ff m Nachw). Umgekehrt hat auch der Mieter, der vertraglich die Schönheitsreperaturen übernommen hatte, keinen Bereicherungsanspruch bei vorzeitiger Vertragsbeendigung (LG Kassel WuM 1980,136). gg) Der Schadensersatzanspruch 147 a) Da der Vermieter während des Bestehens des Vertrages idR noch keinen Erfüllungsanspruch hat (oben Rz 144 d), scheidet schon deshalb meistens ein Schadensersatzanspruch des Vermieters vor Vertragsende wegen der Unterlassung der jeweils fälligen Schönheitsreparaturen aus (oben Rz 1 4 4 d; aM zB GLASER, Schönheitsreparaturen 22 f). Praktische Bedeutung hat der Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen daher stets erst nach Vertragsende. ß) Wenn der Mieter auszieht, ohne die fälligen und geschuldeten Schönheitsrepara- 147a turen vorzunehmen, kann der Vermieter nach wie vor Erfüllung verlangen. Ein darauf lautendes Urteil ist auch weiterhin ohne weiteres durch Ersatzvornahme (§ 887 ZPO) vollstreckbar (PALANDT-PUTZO § 536 Anm 4 c, aa). In aller Regel wird der Vermieter jetzt aber zum Schadensersatzanspruch übergehen. Anspruchsgrundlage für den Vermieter ist dann (neben § 283) § 326, da die 147b Vornahme der Schönheitsreparaturen beim Mieter ebenso wie beim Vermieter(§ 536) Gegenstand einer Hauptleistungspflicht ist (BGH LM Nr 20 zu § 326 [A] BGB = NJW 1 9 7 7 , 3 6 ; 1 9 8 0 , 2 3 4 7 , 2 3 4 8 ; LG Köln ZMR 1980, 2 1 3 ; WuM 1980, 1 6 2 ; B G H ZMR 1 9 8 0 , 3 7 3 , 3 7 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 5 Rz 9 3 ; MünchKommEMMERICH § 3 2 6 Rz 5 6 ; GLASER, Schönheitsreparaturen 2 3 f; STERNEL RZ V 3 8 ; aM zB PALANDT-PUTZO § 5 3 6 Anm 4 c, cc; HAASE JR 1 9 7 7 , 1 9 5 ) . An den sich hieraus ergebenden Anspruchsvoraussetzungen kann durch Formularvertrag nichts geändert (115)
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§§ 535, 536 147 d-148 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
werden (§§ 11 Nr 4, 24 AGBG; AG Köln WuM 1979, 145 f; LG Berlin MDR 1980,496). Wenn aber der Mieter die Renovierung mangelhaft durchführt, handelt es sich um einen Fall der Schlechterfüllung (LG Nürnberg-Fürth WuM 1980,101). Erste und wichtigste Voraussetzung des § 326 ist stets der Verzug des Mieters mit der Erfüllung der Reparaturpflicht (§§ 284, 285). Diese Voraussetzung ist zB nicht erfüllt, wenn der Mieter nach seinem Auszug dem Vermieter Verhandlungen über die Modalitäten der Renovierung angeboten hat, der Vermieter hierauf jedoch nichts unternommen hat (LG Mannheim WuM 1975, 144; ZMR 1976, 143 f; A G Köln ZMR 1976, 181; AG Mettmann WuM 1977, 224) oder wenn der Vermieter den Mieter an der Vornahme der erforderlichen Arbeiten gehindert hat. 147d Die Anwendung des § 326 setzt außerdem voraus, daß der Vermieter auch seinerseits vertragstreu ist (s im einzelnen MünchKomm-EMMERicH § 326 Rz 59 ff; ders, Leistungsstörungen 130 ff m Nachw). Hieran fehlt es zB, wenn der Vermieter ebenfalls mit der Verpflichtung zur Mängelbeseitigung, einer Hauptleistungspflicht (§ 536), in Verzug ist, weil dann der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht hat (§ 320), so daß er nicht mehr in Verzug geraten kann (oben Rz 143; KG MDR 1974, 319). 147e Die letzte, sehr oft übersehende Voraussetzung des § 326 Abs 1 ist die Setzung einer Nachfrist in Verbindung mit einer Ablehnungsandrohung. Hierauf kann nur in seltenen Ausnahmefällen, namentlich bei einer ernstlichen und endgültigen Erfüllungsverweigerung des Schuldners, verzichtet werden (§ 326 Abs 2; s im einzelnen MünchKomm-EMMERicH § 326 Rz 108 ff, Vorbem 229 ff zu § 275; ders, Leistungsstörungen 136 ff). Auch der Vermieter kann daher gegen den Mieter grundsätzlich nur dann nach § 326 vorgehen, wenn er ihm zuvor eine Frist zur Vornahme der Schönheitsreparaturen in Verbindung mit der Androhung der Ablehnung bei fruchtlosem Fristablauf gesetzt hat.* Durch Formularvertrag kann nichts anderes bestimmtwerden (LG Berlin MDR 1980,496 = ZMR 1980,140 f = WuM 1980 243). In dem Auszug des Mieters ohne Durchführung der Schönheitsreparaturen wird jedoch häufig eine endgültige Erfüllungsverweigerung liegen, die den Vermieter berechtigt, auch ohne Fristsetzung sofort zum Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung überzugehen; jedoch kommt hier alles auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei zu beachten ist, daß die Gerichte im allgemeinen bei der Annahme einer ernstlichen und endgültigen Erfüllungsverweigerung überaus zurückhaltend sind.** 148 y) Der Nichterfüllungsschaden des Vermieters wird neben den Reparaturkosten in erster Linie in der Wertminderung der Wohnung und in dem ihm infolgedessen entgehenden, zusätzlichen Mietzins bei der Weitervermietung bestehen (§ 252); verzögert sich die Weitervermietung, weil jetzt erst noch die schon lange überfälligen Reparaturen nachgeholt werden müssen, so kann der Vermieter auch Ersatz dieses Schadens verlangen.*** 148a Den Vermieter trifft jedoch auch hier die Schadensminderungspflicht des § 254. Er muß deshalb die erforderlichen Reparaturarbeiten nach Auszug des Mieters so * BGH LM Nr 20 zu § 326 (A) BGB = NJW 1977, 36; OLG Hamburg NJW 1973, 2211; OLG Oldenburg FWW 1973,189; LG Mannheim WuM 1978, 85; AG Mettmann WuM 1977, 224; aM zB AG Köln ZMR 1976, 181; P A L A N D T - P U T Z O § 536 Anm 4 c, cc. ** BGHZ 49,56,59 f ( = JuS 1968,288 Nr 4); BGH NJW 1971,1839; LM Nr 10 zu § 326 (A) BGB = NJW 1977,36; KG JW1934,1428; ZMR 1963,138; LG Köln WuM 1979,212; LG Düsseldorf WuM 1976, 259; MünchKomm-EMMERicH Vorbem 224 ff zu § 275; ders, Leistungsstörungen 158 ff m Nachw. *** S im einzelnen B G H Z 49, 56, 60 f; L G Frankfurt ZMR 1963, 112; L G Mannheim ZMR 1974, 214; G U N D L A C H N J W 1976,787; G L A S E R , Schönheitsreparaturen 84 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R ZMR 1968, 161; S T E R N E L Rz V 45-48.
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 148 b-151
schnell wie möglich durchführen lassen, um den Mietausfall möglichst klein zu halten (LG Frankfurt WuM 1977, 95; LG Mannheim WuM 1977, 96). Auch muß er sich stets um eine möglichst günstige Weitervermietung bemühen. Aus denselben Gründen kann er Ersatz der Kosten eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung des Wohnungszustandes von dem Mieter nur verlangen, wenn das Gutachten hierfür unerläßlich war und kein billigerer Weg zur Verfügung stand ( S T E R N E L R Z V 47; G L A S E R , Schönheitsreparaturen 86 f m Nachw). 5) Der Schadensersatzanspruch des Vermieters verjährt in der kurzen Frist des § 558- 148b (§ 558 Rz 5). Die Beweislast für alle Voraussetzungen des § 326 (mit Ausnahme des Verschuldens, § 285) trägt der Vermieter (MünchKomm-EMMERICH § 326 Rz 180 ff). All dies ist zwingendes Recht und kann durch Formularverträge nicht zum Nachteil des Mieters abgeändert werden (AG Köln WuM 1979, 145 f; E M M E R I C H aaO Rz 173 ff). e) Der Ersatzanspruch des Vermieters entfällt unter denselben Voraussetzungen wie 149 sein Erfüllungsanspruch, namentlich also, wenn die Durchführung der Schönheitsreparaturen sinnlos wäre, weil der Vermieter die Wohnung sofort nach Auszug des Mieters völlig umbauen läßt (oben Rz 146 f, 146 g; a M BGH NJW 1980, 2347). Dasselbe gilt - entgegen der hM* - , wenn es dem Vermieter gelingt, die vom ersten 149a Mieter bei seinem Auszug pflichtwidrig nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen auf den Nachmieter abzuwälzen.** Denn an sich obliegt diese Pflicht keinem der Mieter, sondern dem Vermieter (§ 536). Ihre Abwälzung auf die Mieter darf deshalb nicht zu dessen doppelter Bereicherung führen; beide Mieter sind vielmehr als Gesamtschuldner anzusehen, so daß der Vermieter die Schönheitsreparaturen nur einmal verlangen kann, während sie im Innenverhältnis der erste Mieter letztlich allein tragen muß (LG Kassel NJW 1975,1842; AG Kiel WuM 1976,119 f; AG Köln W u M
1 9 7 6 , 1 8 0 ; SCHMUDLACH N J W
1974,
257).
c) Die Übernahme sonstiger Pflichten durch den Mieter
150
Durch den Mietvertrag können auch weitere Vermieterpflichten auf den Mieter abgewälzt werden. aa) Verkehrssicherungspflicht So kann zB der Mieter eines Einfamilienhauses durchaus auch die Verkehrssicherungspflicht übernehmen. Dies ändert jedoch nichts an der Aufsichtspflicht des Vermieters. Der Vermieter bleibt trotz Abwälzung der Verkehrssicherungspflicht zumindest verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen von der ordnungsgemäßen Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht durch den Mieter zu überzeugen. bb) Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht Zu den Hauptleistungspflichten des Vermieters gehören die Instandhaltungs- und die Instandsetzungspflicht (§ 536; oben Rz 41 ff). Die völlige oder partielle Abwälzung dieser Pflichten auf den Mieter muß daher von vornherein auf schwere Bedenken stoßen (vgl schon für die Schönheitsreparaturen oben Rz 143 f; zum Begriff s noch BayObLG WuM 1981, 67). * B G H Z 4 9 , 5 6 , 6 1 ff = J u S 1 9 6 8 , 2 8 8 N r 4 ; K G Z M R 1 9 6 3 , 1 3 7 ; N J W 1 9 6 4 , 7 2 5 ; O L G K ö l n Z M R 1 9 6 8 , 1 0 ; L G B e r l i n Z M R 1 9 6 3 , 1 3 9 ; GROOTHOLT, HADDING, MERKERT, SCHÄFER u n d SCHMITZ a a O ; KEUK, V e r m ö g e n s s c h a d e n u n d I n t e r e s s e ( 1 9 7 2 ) 1 2 1 f f ; GLASER, S c h ö n h e i t s r e p a r a t u r e n 2 4 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 5 R z 9 4 ; ESSER-WEYERS I I 1 § 2 0 I I I 2 c.
** LG Mannheim WuM 1974, 215; MDR 1976, 581; DWW 1977, 185; WuM 1977, 253; OLG H a m m N J W 1 9 6 4 , 1 3 7 3 ; L G F r a n k f u r t W u M 1 9 7 7 , 1 3 9 ; STERNEL R z I I 5 4 - 5 6 ; WEINGÄRTNER
WuM 1977, 221 f; LG Aachen WuM 1980, 85. (117)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
151
§§ 535, 536 151 a-151 f
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
151a a) Klauseln, durch die dem Mieter die genannten Pflichten ganz oder teilweise aufgebürdet werden, sind daher grundsätzlich eng und gegen den Vermieter auszulegen (OLG Hamm, Urt v 1. 6. 1976 - 7 U 7/76; STERNEL RZ II 214). Die Übernahme der Instandhaltungspflicht läßt folglich die davon sorgsam zu trennende Instandsetzungs- ( = Reparatur-) Pflicht des Vermieters unberührt.* Die übernommenen Pflichten müssen auch für den Mieter übersehbar bleiben. Eine besonders weitgehende Abwälzung namentlich der Instandsetzungspflicht kann, weil mit dem gesetzlichen Wesen der Miete unvereinbar, durchaus sittenwidrig sein (AG Bad Wildungen WuM 1976, 252; AG Köln WuM 1980, 245 für Beteiligung an allen Reparaturen bis zu 20% der Monatsmiete). 151b Die Übernahme dieser Pflichten durch den Mieter bedeutet der Sache nach eine Mietzinserhöhung. Deshalb sind solche Klauseln bei preisgebundenem Wohnraum nur in ganz enge Grenzen zulässig (vgl § 9 Abs 7 WoBindG; § 28 II. BV). Bei anderem Wohnraum müssen solche Abreden bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete iS des § 2 Abs 1 MHRG berücksichtigt werden. 151c Durch die Abwälzung der Instandsetzungspflicht auf den Mieter wird überdies im Ausmaß der Abwälzung die Haftung des Vermieters für Sachmängel eingeschränkt. Dem steht schon bei Individualvereinbarungen § 537 Abs 3 entgegen. 151d Noch weit engere Schranken bestehen für entsprechende Klauseln in Formularverträgen. Weil es sich hier um zentrale, das gesetzliche Wesen der Miete prägende Pflichten handelt (§ 536), ist ihre Abbedingung in Formularverträgen generell ausgeschlossen (§§ 9, 11 Nr 10 lit a, 24 AGBG; Vorbem 148 e zu §§ 535, 536; AG Krefeld ZMR 1980, 113, 114; FWW 1980, 157, AG Friedberg WuM 1980, 112; 1980, 220 f; WIEK WUM 1980, 237 ff; aM in engen Grenzen AG Hamburg FWW 1 9 7 9 , 2 2 7 ; A G K ö l n W u M 1 9 8 0 , 5 0 f ; HENSEN, i n : ULMER-BRANDNER-HENSEN,
AGBG [3. Aufl 1978] §§ 9-11 Anh Rz 503). Soweit überhaupt möglich, muß daher die Abwälzung der fraglichen Pflichten auf den Mieter durch Individualvereinbarung iS des § 1 Abs 2 AGBG erfolgen (vgl zur Zulässigkeit auch BGHZ 56, 136, 139).
151e ß) Hat der Mieter nur die Instand/iaftwngspflicht übernommen, so trifft die Pflicht zur Reparatur defekter Gegenstände weiter den Vermieter (oben Rz 151 a; STERNEL RZ II 219, 222). Und selbst bei Übernahme auch der Instandsetzungspflicht bleibt die Anschaffung neuer Einrichtungsgegenstände wie zB eines Boilers als Ersatz für durch Verschleiß unbrauchbar gewordene Gegenstände stets allein Sache des Vermieters (LG Mannheim FWW 1978, 137). 151f Y) Besonders häufig ist die Abrede, daß der Mieter alle Reparaturen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag übernimmt oder sich sogar an allen Reparaturen bis zu einem bestimmten Betrag beteiligen muß (so OLG Köln ZMR 1968, 10; LG Frankfurt ZMR 1968, 112). Hat der Mieter in diesem Sinne die Verpflichtung zur Beseitigung von Bagatellschäden übernommen, so bleibt jedoch die Beseitigung aller größeren Schäden alleinige Pflicht des Vermieters (AG Bergisch-Gladbach WuM 1976, 229; LG Mannheim WuM 1977, 253). Der Mieter braucht sich in diesem Fall auch dann nicht an den Reparaturkosten zu beteiligen, wenn im Rahmen umfangreicher Arbeiten Bagatellschäden mitbeseitigt werden. Die Klausel greift auch selbstverständlich bei jedem Schaden nur einmal, niemals mehrmals ein (AG Oberndorf ZMR 1979,44,45); vor allem wenn derselbe Schaden wiederholt auftritt, ist es allein Aufgabe des Vermieters, durch Auswechselung des schadhaften Teils für die Zukunft Vorsorge zu treffen (STERNEL Rz II 221). * LG Mannheim ZMR 1976, 209; DWW 1976, 165; LG Hamburg WuM 1976, 146; A G Detmold WuM 1979, 146; AG Köln WuM 1979, 147; aM A G Dortmund WuM 1978, 8; 1978, 26.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(118)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 535, 536 152-157
VII. Beweislast
152
Für das Zustandekommen eines Mietvertrages ist derjenige beweispflichtig, der sich darauf beruft. Die bloße Tatsache des Besitzes einer Sache beweist noch nicht, daß der Besitz aufgrund eines Mietverhältnisses erlangt ist (einschränkend RG LZ 1914, 679). Hat der Mieter vorbehaltlos die Sache als Erfüllung entgegengenommen, so trifft ihn 153 die Beweislast, falls er sich später auf Mängel berufen will (§ 363). In der vorbehaltlosen Annahme der Sache kann außerdem ausnahmsweise ein Verzicht auf etwaige Mängelrechte liegen (vgl § 539). Im übrigen kann aber durch Formularverträge die Beweislast nicht mehr zum Nachteil des Mieters abgeändert werden (§§ 9, 11 Nr 15, 24 AGBG). Hieraus ergeben sich enge Schranken für die jedenfalls früher verbreiteten Besicht- und Anerkenntnisklauseln (Vorbem 148 zu §§ 535, 536; STERNEL RZ I I 3 7 f ) .
Wird der Mieter durch Einwirkungen aus der Sphäre des im selben Haus wohnenden 154 Vermieters geschädigt, so ist es Sache des Vermieters, sich hierfür zu entlasten (BGH LM Nr 6 a zu § 536 BGB, B1 3). VIII. Anhang: Das Verhältnis zwischen mehreren Mietern 1. Wenn in einem Haus mehrere Mieter nebeneinanderwohnen, so bilden diese 155 Mieter keine irgendwie geartete Rechtsgemeinschaft (KG ZMR 1976, 202, 206; ROQUETTE Z M R 1 9 7 3 , 1 9 5 f; RATHJE M D R 1 9 8 0 , 7 1 3 ; SOERGEL-MEZGER § § 5 3 5 ,
536 Rz 174 ff; HANS § 535 Anm B 4 g, bb). Vor allem bestehen keinerlei vertragliche Beziehungen zwischen den Mietern. Wenn jedoch ein Mieter die Obhutspflicht über die ihm vermieteten Räume vernachlässigt, so kann darin zugleich eine Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht gegenüber den anderen Mietern liegen, so daß er diesen anderen Mietern aus Delikt zum Schadensersatz verpflichtet ist (so für Wasserschäden bei Frostauf brächen BGH LM Nr 41 und 49 zu § 535 BGB; ZMR 1965, 207, 208; AG Bremerhaven WuM 1976, 228). Aber kein Mieter hat gegen einen anderen Mieter einen Anspruch auf Heizung dessen Wohnung (LG Kaiserslautern MDR 1981, 144). Die verschiedenen Mieter sind grundsätzlich auch nicht in den Schutzbereich des 156 Mietvertrages zwischen dem Vermieter und den anderen Mietern einbezogen. Den Mietern stehen deshalb keine vertraglichen Ersatzansprüche bei Verletzung der Obhutspflicht durch andere Mieter zu (BGH LM Nr 41 zu § 535 BGB; Nr 6 a zu § 5 3 6 B G B ; KOHLER J u S 1 9 7 7 , 6 5 2 f f ) . U m g e k e h r t k ö n n e n d i e v e r s c h i e d e n e n M i e t e r
auch nicht als Erfüllungsgehilfen des Vermieters bei der Erfüllung dessen Pflichten gegenüber den anderen Mietern angesehen werden (RGZ 103, 372, 374; BGH WM 1969, 1011, 1012). Eine Ausnahme gilt nur, wenn einzelne Mieter zusätzlich die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen des Vermieters wie zB die Erfüllung der Verpflichtung zur Reinigung der Zugänge, zum Streuen bei Glatteis und zum Räumen von Schnee übernommen haben (BGH ZMR 1965, 207, 208 f; s oben Rz 31).
2. Stören einzelne Mieter ihre Mitmieter, so können die gestörten Mieter von dem 157 Vermieter Beseitigung der Störung verlangen. Daneben können sie gegen die störenden Mitmieter auch selbst aufgrund der §§ 861 und 862 vorgehen; dabei ist § 9 0 6 e n t s p r e c h e n d a n z u w e n d e n (KÖHLER J u S 1 9 7 7 , 6 5 2 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 5 Rz 1 0 1 ) .
(119)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu § 537
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Vorbemerkungen Das Verhältnis der §§ 537 bis 544 BGB zu den allgemeinen Vorschriften Schrifttum Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis ( 1 9 6 9 ) 1 6 6 ff; BGB-RGRKVorbem 1 1 1 ff zu § 5 3 5 ; BROX-ELSING, Die Mängelhaftung bei Kauf, Miete und Werkvertrag, JuS 1 9 7 6 , 1 ; DIEDERICHSEN, Anm JZ 1 9 6 4 , 2 4 ; EMMERICH, Schuldrecht - BT, Schwerpunkte III (2. Aufl 1976) § 7 II 1 ; ders, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts (1974) 422 ff, 432 ff, 447 ff; ders, Das Recht der Leistungsstörungen (1978); ders, in: MünchKomm (1979) Vorbem 36 ff, 47 ff, 184 ff, 316 zu § 275, § 320 Rz 32, § 323 Rz 20 ff, § 324 Rz 6, 26, 39, § 325 Rz 2 4 ff, § 3 2 6 Rz 2 2 ff; EVANS-VON KRBEK, Das ungeklärte Verhältnis von anfänglicher Unmöglichkeit und Sachmängelhaftung, MDR 1 9 8 0 , 8 1 9 ; ESSER-WEYERS I I 1 § 1 5 I I ; FIKENTSCHER, Schuldrecht, § BEUTHIEN, GELHAAR
7 4 I I 1 e ; GITTER, i n : V e r t r a g s s c h u l d v e r h ä l t n i s s e
(1974)
1 7 f f ; HASSOLD, Z u r R e i c h w e i t e
der
Mängelgewährleistung im Mietrecht, NJW 1974, 1743; ders, Konkurrenzen zwischen den Gewährleistungsregeln des Mietrechts und dem allgemeinen Unmöglichkeitsrecht, NJW 1975, 1863; ders, Die Mängelhaftung im Mietrecht, JuS 1975, 550; KOLLER, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschvertägen ( 1 9 7 9 ) ; H KRAHMER, Gegenseitige Verträge ( 1 9 0 4 ) ; KÜRZEL, Zum Mangel der Mietsache usw, ZMR 1974, 321; KOHLER, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhältnis (1971) 31 ff, 169 ff, 174 ff; LARENZ, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung ( 3 . Aufl 1 9 6 5 ) 9 1 ff; ders Schuldrecht I I § 4 8 I I I b; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches ( 4 . Aufl 1 9 3 2 ) 1 8 8 ff, 2 1 4 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB ( 1 0 . Aufl 1 9 1 4 ) 1 3 7 ff; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK, Wohnraumschutzgesetze ( 4 . Aufl. 1 9 8 1 ) B 8 6 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht ( 3 . Aufl 1 9 7 7 ) 1 0 2 ff; ders, Mietrecht ( 7 . Aufl 1 9 7 6 ) , s v Mängel; SCHÖLLER, Die Folgen schuldhafter Nichterfüllung usw, Gruchot 4 6 ( 1 9 0 2 ) 1 , 2 5 3 , 2 6 0 ff; STERNEL, Mietrecht ( 2 . Aufl 1 9 7 9 ) Rz I I 1 4 1 ff ( S 1 0 7 ) ; STÖTTER, Die mangelhafte Geschäftsgrundlage im Mietrecht, NJW 1971, 2281; TODT, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers aus Sachmängeln (1970); ders, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers bei Lieferung eines mangelhaften Vertragsobjektes, B B 1971,680; WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957), insbes 12 ff, 32 ff, 53 ff.
Systematische Ubersicht V. Die positive Vertragsverletzung 24
I. Allgemeines 1 n . Die Unmöglichkeit 1. Die anfängliche Unmöglichkeit 4 2. Die nachträgliche Unmöglichkeit 8 a) Die Rechtslage bei Zerstörung oder Verlust der Sache 8 b) Die Rechtslage bei bloßer Mangelhaftigkeit der Sache 13 DI. Annahmeverzug des Mieters 18 IV. Der Verzug des Vermieters 1. vor Überlassung der Sache 19 2. nach Überlassung der Sache 22
VI. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage 1. Allgemeines 27 2. Die einzelnen Fallgruppen 28 a) Die Zweckvereitelung 28 b) Die übermäßige Leistungserschwerung 31
c) Die Veränderung der Sozialexistenz 32 d) Die sog Äquivalenzstörung 33 VII. Die Anfechtung 35 VIII. Abweichende Vereinbarungen 36
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 36 ff. Anfängliche Unmöglichkeit 4 f Anfängliches Unvermögen 7 Anfechtung 35
Annahmeverzug des Mieters I I a , 17 f Äquivalenzstörung 32 ff Beschädigung der Sache 10, 31 a Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(120)
Vorbem zu § 537 3. Titel. Miete. Pacht - Verhältnis zur Mängelhaftung 13 ff - Verhältnis zum Wegfall der Geschäftsgrundlage 29 b, 30 - vom Mieter zu vertretende Unmöglichkeit 11 ff, 16 - vom Vermieter zu vertretende Unmöglichkeit 12 f - vorübergehende Unmöglichkeit 9 Unvermögen 4, 7
Dauerschuldverhältnis 27 Fixgeschäft 9, 11 a, 17 ff. Formularverträge 36 ff. Geschäftsgrundlage 27 ff Haftungsausschluß 36 ff Kündigung 2, 12-14, 21, 23, 25 f Kündigung des Erwerbers 12 a f Leistungserschwerung 31 Mängel 4 ff, 13 ff - anfängliche Mängel 5 ff - behebbare Mängel 5 a - Rechtsmängel 4, 7 - unbehebbare Mängel 5 a f - Verhältnis zur Unmöglichkeit 13 ff - vom Mieter zu vertretende Mängel 14 Nachträgliche Unmöglichkeit 8 ff Nachwirkende Treuepflichten 26 a Nebenleistungspflichten 24 Positive Vertragsverletzung 3, 20 a, 24 ff - Anwendungsbereich 24 ff - beiderseitiges Verschulden 26 - Beweislast 24 d, 41 - Erfüllungsverweigerung 24 c - Haftungsausschluß in Formularverträgen 36 ff - nachwirkende Treuepflichten 26 a - Rechtsfolgen 25 ff - Verletzung der Erhaltungspflicht 24 a - Verletzung von Nebenpflichten 24 b - Verweigerung der Mängelbeseitigung 20 a - Vorspiegelung des Eigenbedarfs 24 c, 25 Rechtsmängel 4, 7 Rücktritt 12 a, 14, 21, 23, 25 a Unmöglichkeit 4 ff - anfängliche Unmöglichkeit 4 ff - anfängliches Unvermögen 7 - Beschädigung der Sache 10 - Fixgeschäft 9, 11 a, 17 f, 19 - Haftungsausschluß in Formularverträgen 36 ff - nachträgliche Unmöglichkeit 8 ff - nichtzuvertretende Unmöglichkeit 10 - Teilunmöglichkeit 39
(121)
Veränderung der Sozialexistenz 32 Verhältnis zu den allgemeinen Vorschriften 2 f, 5 ff, 8 ff, 13 ff, 19 ff, 19 ff, 27e Verlust der Sache 8 Verschaffungsschuld 4 Verwendungsrisiko 28 f Verzug des Vermieters 19 ff - entsprechende Anwendung der Verzugsregeln 20 a - Fälligkeit 20 a - Fristsetzung 21 - Haftungsausschluß in Formularverträgen 36 ff - nach Überlassung der Sache 22 f - vor Überlassung der Sache 19 ff Vorübergehende Unmöglichkeit 9 Wegfall der Geschäftsgrundlage 27 ff - Anpassung 27 a - Anpassung des Mietzinses 34 b f - Änderung der Gesetzgebung 32 a - Äquivalenzstörungen 33 ff - Ausgleichsanspruch 34 - Anwendungsbereich 27 c ff - Begriff 27 a - Inflation 33 ff - Kündigung 27 b ff - Leistungserschwerung 31 f - objektive Geschäftsgrundlage 27 a - Rechtsfolge 27 a f, 34 - Risikoverteilung 27 e f - subjektive Geschäftsgrundlage 27 g - Tanzverbot 29 c - Veränderung der Sozialexistenz 32 f - Verhältnis zur Sachmängelhaftung 27 e, 28 ff, 29 c - Verhältnis zur Unmöglichkeit 29 b, 30 - Verwendungsrisiko 28 ff - Vertragsauflösung 27 b ff - Zweckvereitelung 28 ff Zerstörung der Sache 8 Zwangsversteigerung 12 a f Zweckvereitelung 28 ff
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu § 537 1-4
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
I. Allgemeines 1 1. Überlassung und Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand sind Hauptleistungspflichten des Vermieters, auf deren Erfüllung der Mieter einen Anspruch hat. Jeder Verstoß gegen diese Pflichten ist ein Fall der Nichterfüllung und damit eine echte Leistungsstörung, so daß sich die Rechtsfolgen grundsätzlich aus den §§ 275,280,284 ff und 323 ff ergeben. Daneben greifen aber auch die §§ 537-544 ein, die keine eigentlichen Gewährleistüngsregeln sind, sondern ebenfalls die Folgen der Nichterfüllung regeln. Die §§ 537 und 538 wiederholen dabei aus Gründen der Klarstellung zum großen Teil nur die sich ohnehin schon aus den §§ 323, 325 und 326 ergebenden Rechtslage (Mot II 375). In wichtigen Beziehungen weicht jedoch die Regelung der §§ 537-544 mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Miete auch von den allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen ab, so daß sich die Frage nach dem Verhältnis beider Regelungen stellt. 2 2. Auszugehen ist davon, daß der Mieter bei Überlassung einer mangelhaften Sache oder bei nachträglichem Auftreten eines Sach- oder Rechtsmangels in erster Linie den Erfiillungsanspnich gegen den Vermieter auf Beseitigung des Mangels hat. Liegt der Mangel schon bei Überlassung der Sache vor, so kann er außerdem die Annahme der Leistung ablehnen und die Erbringung der Gegenleistung verweigern (§ 320; BGH NJW 1951, 705; MünchKomm-EMMERicH § 320 Rz 32). Ist die Sache aber einmal überlassen, so bewirkt die Mangelhaftigkeit der Sache eine automatische Minderung oder einen automatischen Wegfall der Mietzinspflicht nach § 537. Da es sich hier um einen Fall teilweiser oder gänzlicher Unmöglichkeit handelt, wiederholt § 537 folglich insoweit nur die allgemeine Regelung des § 323 Abs 1. Außerdem hat aber der Mieter in diesen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen noch ein besonderes Kündigungsrecht aufgrund der §§ 542 und 544. Hat der Vermieter den Mangel zu vertreten, so kann der Mieter daneben nach § 538 Abs 1 Fall 2 Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Das entspricht dem § 325 Abs 1. Eine mietrechtliche Besonderheit ist indessen wieder die weitgehende Garantiehaftung des Vermieters für schon bei Vertragsschluß vorliegende Mängel nach § 538 Abs 1 Fall 1. Minderung, Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung schließen sich zudem nicht gegenseitig aus, sondern können grundsätzlich nebeneinander geltend gemacht werden. 3 Ungeregelt in den §§ 537 ff sind somit vor allem die Fälle der vollständigen Unmöglichkeit (§§ 275, 306 und 323, 325), des Verzugs des Vermieters (abgesehen von dem Fall des § 538 Abs 1 Fall 3), der vom Mieter zu vertretenden Unmöglichkeit (§ 324 Abs 1), des Annahmeverzugs des Mieters (§§ 293 ff und 324 Abs 2), der positiven Vertragsverletzung, des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen (cic, dazu oben Vorbem 91 ff zu § 535, 536), der Willensmängel und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.
II. Die Unmöglichkeit 4 1. Die anfängliche Unmöglichkeit a) Wenn die Sache schon bei Vertragsschluß nicht existiert, ist der Vertrag unwirksam (§ 306), es sei denn, der Vermieter hätte, wovon hier idR auszugehen sein dürfte, die Verpflichtung zur Herstellung der Sache übernommen. Bei der Vermietung einer bei Vertragsschluß noch nicht vorhandenen Spezies wird daher in aller Regel eine Verschaffungsschuld vorliegen. Dasselbe folgt für alle Gattungsschulden aus § 279. Für die Anwendung des § 306 ist erst recht kein Raum, wenn die Sache bei Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(122)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu § 537 5-7
Vertragsschluß lediglich noch nicht fertiggestellt ist (dazu § 538 Rz 5). Eine vorgehende Sonderregelung enthält außerdem für anfängliche Rechtsmängel (entsprechend § 437 beim Kauf) die Vorschrift des § 541 (unten Rz 7, § 541 Rz 10). b) Ist die Sache bei Vertragsschluß zwar vorhanden, ist sie jedoch mit einem Mangel 5 behaftet, durch den die Gebrauchstauglichkeit ganz oder teilweise aufgehoben wird, so konkurrieren, wenn es sich um einen Fall der anfänglichen Teilunmöglichkeit handelt, die §§ 306 und 538. Während nach § 306 der Vertrag unwirksam ist, behandelt § 538 Abs 1 Fall 1 den Vertrag als wirksam und legt außerdem dem Vermieter eine weitgehende Garantiehaftung auf. Die Praxis unterschied hier früher meistens danach, ob der Mangel behebbar ist oder 5a nicht. Bei nichtbehebbaren Mängeln, zB bei einem endgültigen Bauverbot oder Abrißgebot, wurde anfängliche Unmöglichkeit iS des § 306 angenommen, so daß der Vermieter dem Mieter nur unter den engen Voraussetzungen des § 307 zum Ersatz des negativen Interesses verpflichtet ist (OLG Hamm ZMR1968,200 = MDR1968, 50; OLG Düsseldorf ZMR 1970, 173, 174; insbes OLG Celle OLGZ 1974, 197 = J u S 1 9 7 4 , 2 5 6 f N r 7; L G M a n n h e i m W u M 1976, 5; L G H a m b u r g D W W 1 9 7 7 , 1 1 7 ; KÜRZEL Z M R 1974, 3 2 1 f ) .
Diese Meinung hatte jedoch die nur schwer erträgliche Folge, daß der Mieter gerade 5b in den besonders schwerwiegenden Fällen weitgehend schutzlos ist. Das widerspricht offenkundig dem Zweck der durch § 538 Abs 1 angeordneten Garantiehaftung des Vermieters, durch die dem Mieter gerade ein weitgehender Schutz gegen anfängliche Mängel verschafft werden sollte. Deshalb ist davon auszugehen, daß auch bei anfänglichen unbehebbaren Mängeln der Mietsache nicht § 306, sondern allein § 538 Abs 1 Fall 1 anzuwenden ist.* Dieser Meinung hat sich jetzt auch der BGH angeschlossen (NJW 1980, 777 = JuS 1980, 607 Nr 5; OLG Hamm, Urt v 25. 11. 1980 - 7 U 179/79). Hierbei bleibt freilich zu beachten, daß die Anwendung des § 538, wie sich aus der 5c Bezugnahme auf § 537 ergibt, die Überlassung der Sache an den Mieter voraussetzt (§ 538 Rz 1). Kommt es wegen des Mangels überhaupt nicht zur Überlassung der Sache an den Mieter, so ist für die Anwendung des § 538 kein Raum, so daß auch § 306 nicht verdrängt werden kann, sofern nicht aus den Abreden der Parteien konkludent eine Ersetzung des § 306 durch die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung des Mangels entnommen werden kann (s EMMERICH, Leistungsstörungen 28; ebenso BGH NJW 1980, 312). c) Die Vorschrift des § 306 kann auch nicht in den Sonderfällen angewendet werden, 6 in denen die Leistung zwischen Vertragsschluß und Fälligkeit unmöglich wird (§ 308; EMMERICH, Leistungsstörungen 25 f m Nachw). In solchen Fällen liegt vielmehr stets nachträgliche Unmöglichkeit vor. d) Bei anfänglichem Unvermögen des Vermieters, zB bei Eigentum oder Besitz eines 7 Dritten, ist der Vertrag wirksam, so daß der Mieter grundsätzlich Erfüllung und bei Nichterfüllung Schadensersatz verlangen kann. Für die wichtigsten Fälle folgt dies schon aus den §§ 541, 538 (§ 541 Rz 10), für die wenigen, verbleibenden Fälle aus den §§ 283, 326. Entgegen der hM kann insoweit freilich nicht von einer unbeschränkten Garantiehaftung des Vermieters ausgegangen werden; vielmehr sind (in Übereinstimmung mit den §§ 437 und 541) anfängliches und nachträgliches * S BROX-ELSING JUS 1 9 7 6 , 1, 5 ; BEUTHIEN, Z w e c k e r r e i c h u n g 1 6 7 ; BENÖHR N J W 1 9 7 4 , 6 4 8 ; DIEDERICHSEN J Z 1 9 6 4 , 2 4 ; EMMERICH, L e i s t u n g s s t ö r u n g e n 1 8 ; ESSER-WEYERS I I 1 § 15 I I 1 c ( S 1 5 2 f ) ; HASSOLD N J W 1 9 7 4 , 1 7 4 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 3 7 A n m 1 c, aa, a , § 5 3 8 A n m 1 c, a a ; STERNEL R Z I I 1 4 6 . (123)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu § 537 8-10
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Unvermögen stets gleich zu behandeln, so daß der Vermieter jedenfalls in den Fällen der übermäßigen Leistungserschwerung und bei Leistungsstörungen, die aus der Sphäre des Mieters stammen, frei wird. Für die restlichen Fälle führt jedoch § 279 zu denselben Ergebnissen wie die von der hM angenommene Garantiehaftung (s EMMERICH, L e i s t u n g s s t ö r u n g e n 3 0 ff; MünchKomm-EMMERICH V o r b e m 4 3 ff zu §
275 m Nachw).
8 2. Die nachträgliche Unmöglichkeit a) Die Rechtslage bei Zerstörung oder Verlust der Sache Die §§ 537 ff enthalten nur insoweit eine Sonderregelung, als es um die Folgen von Sach- und Rechtsmängeln geht. Bei einer völligen Zerstörung der Mietsache liegt jedoch kein bloßer Mangel, sondern eine vollständige Unmöglichkeit der Erfüllung vor, so daß es für die Rechtsfolgen allein darauf ankommt, wer die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Keine Rolle spielt insoweit, ob dem Mieter die Sache bereits überlassen war oder nicht. Immer richten sich die Rechtsfolgen allein nach den §§ 275, 323-325*. 9 Die Praxis stellt dabei eine bloß vorübergehende Unmöglichkeit der endgültigen gleich, wenn durch sie die Erreichung des Vertragszwecks in Frage gestellt wird und dem Mieter deshalb ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann (RGZ 146, 60, 65; OGH HEZ 2, 245, 247; OLG Bremen NJW 1953, 1393 f; BGH LM Nr 2 zu § 581 BGB B1 3). Dabei ist jedoch übersehen, daß jedenfalls die Raummiete in aller Regel absolutes Fixgeschäft ist, so daß schon deshalb die vorübergehende Unmöglichkeit stets der endgültigen, teilweisen Unmöglichkeit gleichsteht (s dazu im einzelnen EMMERICH, Leistungsstörungen 49 ff; MünchKommEMMERICH § 275 Rz 38 ff m zahlr Nachw). 10 Im einzelnen sind folgende Fälle zu unterscheiden: Wenn die Unmöglichkeit von keiner Partei zu vertreten ist, gilt § 323 (OLG Bremen NJW 1953, 1393 f). Der Vermieter wird also frei, verliert aber auch den Anspruch auf die Gegenleistung (§§ 275 und 323). Eine Pflicht zur Neuherstellung trifft ihn nicht. Anders jedoch wenn die Sache leidiglich beschädigt wird, weil er dann nach den §§ 535 und 536 zur Instandsetzung verpflichtet ist (MünchKomm-EMMERiCH § 323 Rz 21). Hier ergeben sich sehr schwierige Abgrenzungsfragen, wenn die Sache derartig beschädigt ist, daß die Instandsetzung auf eine Neuherstellung hinausläuft. Nach der Vorstellung der Väter des BGB sollte insoweit darauf abgestellt werden, ob sich die Wiederherstellung unter Wahrung der Identität der Sache durchführen läßt (Prot II 130 f). Heute wird hingegen idR eine Grenzziehung anhand des § 242 versucht, so daß die Verpflichtung des Vermieters zur Wiederherstellung der teilweise zerstörten Sache (erst) entfällt, wenn die dafür erforderlichen Kosten jenseits der Opfergrenze liegen, dh ihm nicht mehr zumutbar sind (BGH LM Nr 4 und 4 a zu § 535 BGB; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 2 8 1 6 ; ROQUETTE § 5 3 6 Rz 2 8 ff). Auf jeden Fall entfällt
*
M o t II 4 2 1 ; R G Z 1 4 6 , 6 0 , 6 4 ff; 1 5 7 , 3 6 3 , 3 6 7 ; B G H Z 3 8 , 2 9 5 , 3 0 1 f; B G H L M N r 2 2 z u § 5 7 1
BGB; Nr 2 zu § 581 BGB B13; Nr 1 zu § 247 BGB; WM 1959,538,542; LM Nr 15 zu § 536 BGB = JuS 1976, 677 f Nr 8 M Nachw; VersR 1977, 526, 527; OLG Hamm WM 1973, 526 f; LG Frankfurt NJW 1976, 572 f m abl Anm D O P J A N 898 u K Ö H L E R J U S 1976, 784; B E U T H I E N , Zweckerreichung 168; B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 111 ff zu § 535; S T A U D I N G E R - O T T O § 323 Rz 9; E M M E R I C H , Leistungsstörungen 60, 75 f; MünchKomm-EMMERiCH § 323 Rz 21 f, § 325 Rz 2 4 ff; PALANDT-PUTZO § 5 3 7 A n m
1 c, a a ß ; ESSER-WEYERS I I 1 § 1 5 I I 2 a ( S 1 5 3 f ) ; a M
zB
STERNEL R z I I 1 5 1 ff.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(124)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu § 537 11-12 b
die Wiederherstellungspflicht, wenn die teilweise Zerstörung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung der Sache gleichkommt (BGH LM Nr 15 zu § 536 BGB = JuS 1976, 677 Nr 8; VersR 1977, 526, 527). Hat der Mieter hingegen die Unmöglichkeit zu vertreten, so gilt § 324 Abs 1: Der 11 Vermieter wird frei (§ 275), behält aber den Anspruch auf die Gegenleistung (BGH L M N r 15 zu § 5 3 6 B G B = J u S 1 9 7 6 , 6 7 7 N r 8; B G H Z 6 6 , 3 4 9 , 3 5 0 ; B G H B B 1 9 6 9 , 6 0 1 ; B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 112 zu § 5 3 5 ; KRAHMER, G e g e n s e i t i g e
Verträge kündigen Dasselbe vertreten
145 f). Der Mieter kann dann auch weder mindern noch nach § 542 (MünchKomm-EMMERicH § 324 Rz 6; ders, Leistungsstörangen 97 f). gilt, wenn die Arbeitnehmer des Mieters die Zerstörung der Sache zu haben (§ 278; RGZ 157, 363, 367; BGH BB 1969, 301 f; MünchKomm-
EMMERICH § 3 2 4 R z 2 6 ) .
Im einzelnen ist sehr umstritten, was der Mieter (als Gläubiger!) iS des § 324 Abs 1 zu IIa vertreten hat (grdleg RGZ 166,134,138 ff; BGHZ 38, 187,192). Die §§ 276-279 passen nur in wenigen Fällen; abzustellen ist vielmehr in erster Linie auf die vertragliche Risikoverteilung und ergänzend auf § 242 (Gedanke des venire contra factum proprium; zust BGH NJW 1980, 700 = JuS 1980, 296 Nr 4). § 324 Abs 1 greift hiernach zB ein, wenn die Unmöglichkeit darauf beruht, daß der Mieter von ihm übernommene Mitwirkungshandlungen unterläßt (EMMERICH, Leistungsstörung e n 9 6 f; M ü n c h K o m m - d e r s § 3 2 4 R z 12 ff; STAUDINGER-OTTO § 3 2 4 R z 4 ff).
Deshalb führt auch der Annahmeverzug des Mieters, soweit die Miete absolutes Fixgeschäft ist (oben Rz 9), nicht nur zur Anwendung des Abs 2, sondern auch zu der des Abs 1 des § 324 (unten Rz 17; MünchKomm-EMMERicH § 324 Rz 39, 47 m Nachw; OLG Hamm, Urt v 4. 11. 1980 - 7 U 94/80, S 13). Wenn schließlich der Vermieter die Unmöglichkeit zu vertreten hat, so gilt § 325: Der 12 Mieter kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder - nach Überlassung der Sache - fristlos kündigen (BGH LM Nr 22 zu § 571 BGB; BGHZ 50, 312, 315; LG Frankfurt NJW 1976, 572 f; LG Hamburg WuM 1977, 256). Vor Überlassung der Sache an den Mieter konkurriert hingegen das Rücktrittsrecht 12a des Mieters aus § 325 mit dessen Kündigungsrecht aus § 542. Das Rücktrittsrecht besteht außerdem zB bei aufschiebend bedingten Verträgen, wenn schon vor Bedingungseintritt der Vermieter die Unmöglichkeit der Erfüllung verschuldet (BGH LM Nr 11 zu § 158 BGB; s im einzelnen EMMERICH, Leistungsstörungen 75 f; MünchKomm-ders § 325 Rz 24). Hauptfall dieser Haftung des Vermieters ist die Kündigung des Erstehers in der Zwangsversteigerung oder des Erwerbers vom Konkursverwalter aufgrund des § 57 ZVG (iVm § 24 KO). Hier ist zwar nicht § 571 Abs 2 anwendbar (§ 571 Rz 86); aber trotz Veräußerung oder Zwangsversteigerung der Sache haftet der Vermieter weiter dafür, daß dem Mieter die Sache für die vereinbarte Zeit überlassen wird und daß nicht eine vom Mieter zuvor schon erbrachte Mietvorauszahlung nach § 574 ihre Wirkung gegenüber dem Erwerber verliert.* Die Haftung entfällt jedoch, wenn schon vor der Veräußerung oder Zwangsverstei- 12b gerung der Vermieter selbst wirksam gekündigt hatte (KG JW 1936, 330 Nr 19). Auch trifft den Mieter nicht gegenüber dem Untermieter eine vergleichbare Haftung, weil der Mieter nicht für die Leistungsfähigkeit des Vermieters einzustehen braucht (RGZ 65, 29, 32 f; zweifelhaft).
* RGZ 63, 66, 68; RG HRR 1933 Nr 1312; Gruchot 60 [1916] 583; BGH WM 1959, 120; 1960, 1125, 1128; LM Nr 33 zu § 535 BGB, B1 2; OLG Hamburg OLGE 16, 427; MünchKommEMMERICH § 325 Rz 25; aM früher KG OLGE 11, 145, 146 f. (125)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu § 537 13-17
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
13 b) Die Rechtslage bei bloßer Mangelhaftigkeit der Sache Wenn die Sache erhalten bleibt und lediglich mit einem Mangel behaftet ist, mag auch durch den Mangel die Gebrauchstauglichkeit vollständig ausgeschlossen werden (vgl dazu § 537 Abs 1 S 1), muß unterschieden werden, ob die Sache dem Mieter bereits überlassen ist oder nicht. aa) Jedenfalls für die Zeit nach Überlassung der Sache enthalten die §§ 537 f eine die allgemeinen Vorschriften über die Unmöglichkeit insoweit ausschließende Sonderregelung, so daß für den Schadensersatzanspruch des Mieters nicht § 325 Abs 1, sondern § 538 Abs 1 gilt; entsprechend tritt an die Stelle des Rücktrittsrechts des Mieters aus § 3 2 5 Abs 1 das Kündigungsrecht des § 5 4 2 (BGHZ 6 3 , 1 3 2 , 1 3 7 ; BGH LM Nr 6 zu § 5 3 8 BGB [B1 2 f] m Anm DIEDERICHSEN JZ 1 9 6 4 , 2 4 ; MünchKommEMMERICH § 3 2 5 Rz 2 6 ; ders, Leistungsstörungen 7 6 ) . 13a Hat der Vermieter den Mangel nicht zu vertreten (§§ 276-279), so tritt an die Stelle des § 323 der (sachlich freilich weitgehend übereinstimmende) § 537. Dabei bleibt stets zu beachten, daß wegen § 536 bei der Miete die bloße Mangelhaftigkeit der Sache grundsätzlich nicht der Teilunmöglichkeit gleichgestellt werden kann (wegen der Abgrenzung s oben Rz 10). Der Vermieter wird folglich (entgegen § 275) nicht frei, sondern muß den Mangel beseitigen; solange dies nicht geschehen ist, wird der Mietzins (insoweit in Übereinstimmung mit § 323 Abs 1 HS 2 iVm § 472) einfach nach § 537 Abs 1 gemindert (MünchKomm-EMMERiCH § 323 Rz 21 f). 14 Beruht hingegen die Unmöglichkeit der Erfüllung auf anderen Ursachen als einem Mangel der Sache, so sind auch nach Überlassung der Sache uneingeschränkt weiterhin die allgemeinen Vorschriften anzuwenden. Jedoch tritt ein etwaiges Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde an die Stelle des Rücktrittsrechts des Mieters aus § 325 Abs 1 (BGHZ 50, 312 = JuS 1969, 35 f Nr 3 m Nachw). 15 bb) Wie sich aus dem Wortlaut des § 537 Abs 1 S 1 ergibt, sind die §§ 537 ff erst nach Überlassung der Sache an den Mieter anwendbar. In der Zeit vor Überlassung bleibt es also auch hinsichtlich einer auf einem Mangel beruhenden Unmöglichkeit der Erfüllung bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Leistungsstörungen (BEUTHIEN 167 ff m Nachw; PALANDT-PUTZO § 537 Anm 1 c, aa, ß; MünchKomm-EMMERicH § 325 Rz 27 ;aMzB ESSER-WEYERS I I I § 15112 a[S 153 f]; HASSOLD N J W 1 9 7 4 , 1 7 4 3 ; 1 9 7 5 , 1 8 6 3 ; STERNEL RZ II 153).
16 cc) Wie schon ausgeführt (s oben Rz 11), ist § 324 Abs 1 anzuwenden, wenn der Mieter die Unmöglichkeit der Erfüllung zu vertreten hat. Dasselbe gilt, wenn der Mieter den Mangel zu vertreten hat. Der Vermieter wird also frei (§275), behält aber den Anspruch auf die Gegenleistung (§ 324 Abs 1). Außerdem kann der Mieter wegen eines Verstoßes gegen seine Obhutspflicht zum Schadensersatz verpflichtet sein*. 17 Die Raummiete ist grundsätzlich absolutes Fixgeschäft, so daß der Annahmeverzug des Mieters zur (teilweisen) Unmöglichkeit der Erfüllung führt (s oben Rz 11 a). Der Vermieter wird also frei (§ 275), behält aber den Anspruch auf die Gegenleistung (§ 324 Abs 1 und Abs 2; s § 552 Rz 4 f). Die Abgrenzung zwischen Annahmeverzug des Mieters und Unmöglichkeit der Erfüllung aus anderen Gründen ist häufig sehr schwierig (s dazu im einzelnen § 552 Rz 9, 14 ff).
*
R G Z
157, 363, 367; B G H W M
1976, 640 =
J u S 1 9 7 6 , 6 7 7 N r 8 ; BROX-ELSING J U S 1 9 7 6 , 1, 5 ;
1964,24; MünchKomm-EMMERicH § 324 Rz 6,26; H A S S O L D NJW 1975,1863, 1965; ders JuS 1975, 550, 552; W E I M A R 15 f; ein Beispiel in OLG Hamburg OLGE 13, 363: Schimmelbildung infolge ungenügender Heizung; s § 537 Rz 52. DIEDERICHSEN J Z
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(126)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu § 537 18-20 a
III. Annahmeverzag des Mieters
18
Bloßer Annahmeverzug des Mieters setzt Nachholbarkeit der Leistung voraus (§ 293; s E M M E R I C H , Leistungsstörungen 183 ff m Nachw). Er ist bei der Miete daher nur in den seltenen Fällen denkbar, in denen die Miete ausnahmsweise nicht absolutes Fixgeschäft ist (oben Rz 11 a, 17). Solche Fälle sind, wenn überhaupt, nur bei der Fahrnismiete denkbar und auch dort nur, wo die Vermieterleistung nicht streng zeitgebunden ist wie zB bei der Vermietung eines Pferdes irgendwann für eine kurze Zeit (s § 295; vgl auch unten Rz 20). In solchen (sehr seltenen) Ausnahmefällen hat - entgegen der hM - der Vermieter 18a trotz Annahmeverzugs des Mieters keinen Anspruch auf die Gegenleistung (§ 552 Rz 6 f; s E M M E R I C H , Leistungsstörungen 181 f). Tritt während dieser Zeit jedoch gänzliche oder teilweise Unmöglichkeit der Erfüllung ein, so ist § 324 Abs 2 anzuwenden (Mot II 399; aM H A S S O L D NJW 1975, 1863, 1866; MITTELSTEIN 349). Dies ist auch durchaus billig, wenn etwa feststeht, daß die Sache bei rechtzeitiger Abnahme durch den Mieter nicht untergegangen wäre. IV. Der Verzug des Vermieters 1. vor Überlassung der Sache
19
In der Zeit zwischen Vertragsschluß und Überlassung der Sache sind die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen uneingeschränkt anzuwenden. Folglich gelten die §§ 325 und 326, wenn der Vermieter die Sache dem Mieter nicht rechtzeitig übergibt (s § 535, 536 Rz 25 f; E M M E R I C H , Leistungsstörungen 128; MünchKommders § 326 Rz 25 f). Von § 325 ist auszugehen, wenn die Miete, wie grundsätzlich stets die Raummiete, absolutes Fixgeschäft ist. Der Schadensersatzanspruch des Mieters setzt dann keine vorherige Fristsetzung in Verbindung mit einer Ablehnungsandrohung voraus (OLG Hamm Urt v 10.10.1978 - 7 U 21/78 S 20; E M M E R I C H aaO). Statt dessen kann der Mieter aber auch nach § 323 vorgehen (§ 325 Abs 1 S 3); er kann deshalb bei Teilverzug des Vermieters den Mietzins einfach mindern (BGH WarnR 1972 I Nr 109 S 297). Eine Anwendung des § 326 kommt mithin nur in den seltenen Fällen in Betracht, in 20 denen eine Nachholung der Vermieterleistung möglich ist, so zB wenn eine bestimmte bewegliche Sache für kurze Zeit vermietet ist und es keine Rolle spielt, zu welchen bestimmten Terminen der Mieter den Gebrauch macht (oben Rz 18; KG OLGE 13,362 f; OLG Frankfurt BB 1977,13 f; MünchKomm-EMMERicH § 326 Rz 26). § 326 ist außerdem entsprechend anwendbar, wenn bei einem langfristigen Vertrag 20a über die Errichtung eines Bauwerks baurechtliche Hindernisse im Verantwortungsbereich des Vermieters auftreten, die es ernsthaft zweifelhaft erscheinen lassen, ob der vermietete Bau noch rechtzeitig fertiggestellt werden kann; unter diesen Voraussetzungen kann der Mieter ausnahmsweise auch schon vor Fälligkeit der Leistung (und damit vor Verzug des Vermieters) nach § 326 vorgehen (BGH LM Nr 24 zu § 242 [Be] BGB; MünchKomm-EMMERicH aaO u Vorbem 261 f zu § 275). § 326 sollte schließlich (wiederum zumindest analog) angewandt werden, wenn sich der Vermieter noch vor Überlassung der Sache weigert, jetzt schon vorhandene Mängel zu beseitigen (§ 537 Rz 11). Hingegen nimmt der BGH (LM Nr 61 zu § 535 BGB = NJW 1978, 103; WM 1968, 1202, 1203) in einem solchen Fall (ohne Not) eine positive Vertragsverletzung des Vermieters an; einen sachlichen Unterschied bedeutet dies freilich idR nicht, jedenfalls sofern es sich um einen Fall ernstlicher und endgültiger Erfüllungsverweigerung seitens des Vermieters handelt. (127)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbein zu § 537 21-24 b
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
21 In allen genannten Fällen setzt der Schadensersatzanspruch des Mieters grundsätzlich (wegen der zahlreichen Ausnahmen s EMMERICH, Leistungsstörungen 136 ff) eine vorherige Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung voraus. Anstatt Schadensersatz zu verlangen, kann der Mieter aber auch ohne weiteres zurücktreten (BGHZ 50, 312); außerdem kann er nach § 323 vorgehen (MünchKomm-EMMERicH § 326 Rz 141). Schließlich kann der Mieter auch noch nach § 542 Abs 1 fristlos kündigen (§ 542 Rz 4, 8 ff). Zwischen allen diesen Rechtsbehelfen hat er die freie Wahl.
22 2. nach Überlassung der Sache Kommt der Vermieter nach Überlassung der Sache an den Mieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter nach § 538 Abs 1 Fall 3 auch ohne Fristsetzung sofort von dem Vermieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. § 538 verzichtet also insoweit auf die an sich nach § 326 erforderliche Nachfristsetzung, so daß § 326 hier sicher durch § 538 verdrängt wird (s § 538 Rz 16 ff). 23 In anderen Fällen bleibt § 326 jedoch anwendbar. An die Stelle des Rücktrittsrechts des Mieters tritt dann aber nach Überlassung der Sache dessen Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde (s § 542 Rz 4 f; § 553 Rz 10 m Nachw). Unberührt bleibt aber auf jeden Fall der Schadensersatzanspruch des Mieters wegen Nichterfüllung.
V. Die positive Vertragsverletzung 24 1. Das Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung hat im Mietrecht nur geringe Bedeutung, weil der Mieter vom Vermieter aufgrund des § 538 ohnehin schon in den meisten Fällen der Schlechterfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann und außerdem in zahlreichen Fällen zur Kündigung berechtigt ist. Als Anwendungsbereich der positiven Vertragsverletzung verbleiben daher nur solche Verstöße des Vermieters gegen eine seiner zahlreichen Haupt- oder Nebenleistungspflichten, die keinen Mangel der Mietsache (§§ 537, 538, 541) zur Folge haben. Solche Fälle mögen verhältnismäßig selten sein, kommen aber durchaus vor (s EMMERICH, Leistungsstörungen 154; MünchKomm-ders Vorbem 204 f zu § 275). 24a Eine positive Vertragsverletzung ist zunächst stets bei einem Verstoß des Vermieters gegen seine weitgespannte Erhaltungspflicht (s §§ 535, 536 Rz 32 ff) anzunehmen, der, ohne einen Mangel der Mietsache zu bewirken, doch zu Schäden des Mieters führt. Beispiele sind Verletzungen der Prüfungspflicht oder der Reinigungs- und Streupflicht (s §§ 535, 536 Rz 43 ff). Besonders weitgehende Pflichten treffen den Vermieter, wenn er das Mietobjekt ebenfalls benutzt, zB dasselbe Haus bewohnt, weil er dann dafür sorgen muß, daß dem Mieter keine Gefahren von den von ihm benutzten Räumen drohen. Gegen diese Pflicht verstößt der Vermieter zB, wenn er es unterläßt, in seinen Räumen den Wasserhahn abzudrehen, so daß Wasser in die Räume des Mieters eindringt (s §§ 535, 536 Rz 44), oder wenn er mit gefährlichen Apparaten oder Stoffen unsorgfältig umgeht, so daß das Haus abbrennt (BGH NJW 1978, 2197 = JuS 1979, 139 Nr 6). 24b Je nach den Umständen des Falles können sich aus einem Mietvertrag auch zahlreiche, zusätzliche Nebenleistungspflichten ergeben. So ist zB der Vermieter bei der Vermietung gefährlicher Apparate zur Information und Warnung des Mieters verpflichtet, so daß ihn jede schuldhafte Verletzung der Aufklärungspflicht ersatzpflichtig macht (BGH VersR 1976, 1084, 1085 f). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(128)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu § 537 24 c - 2 6 a
Positive Vertragsverletzung (in der Form der Verletzung der sog Leistungstreue- 24c pflicht) liegt außerdem vor, wenn der Vermieter treuwidrig den Mieter an der Erreichung seiner Vertragsziele hindert, zB ernstlich und endgültig die Erfüllung verweigert (EMMERICH, Leistungsstörungen 158 ff; MünchKomm - ders Vorbem 218 ff zu § 275) oder unter Vorspiegelung eines tatsächlich nicht vorhandenen Kündigungsgrundes nach §564 b kündigt; besonders häufig ist dabei die Vorspiegelung des Eigenbedarfs. Auch in diesen Fällen genügt für die Annahme einer positiven Vertragsverletzung stets leichte Fahrlässigkeit.* 2. Die Beweislast für die Pflichtverletzung des Vermieters und für die Kausalität der 24d Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden trägt grundsätzlich der Mieter (grdleg BGH NJW 1978, 2197 = JuS 1979, 139 Nr. 6 m Nachw). Erst wenn der Mieter diesen Beweis geführt hat, ist es Sache des Vermieters, sich (analog § 282) zu entlasten (BGH aaO). 3. Die Rechtsfolge einer positiven Vertragsverletzung des Vermieters besteht in 25 erster Linie in Schadensersatzansprüchen des Mieters. So kann der Mieter zB bei Vorspiegelung eines Kündigungsgrundes (oben Rz 24 c) vom Vermieter Ersatz der Umzugskosten und der etwaigen Mehraufwendungen für die Miete einer Ersatzwohnung sowie der Anwaltskosten verlangen (EMMERICH, Leistungsstörungen 154 m Nachw; AG München WuM 1980, 196). Vor Überlassung der Sache kann der Mieter außerdem zurücktreten, wenn ihm das 25a Festhalten an dem Vertrag angesichts des Verhaltens des Vermieters nicht mehr zuzumuten ist. Nach Überlassung der Sache tritt in derartigen Fällen an die Stelle des Rücktritts das Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde (§§ 242, 554 a; EMMERICH, Leistungsstörungen 163 ff, bes 166). Trifft ausnahmsweise an der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses beide Parteien 26 ein Verschulden, so kommt es auf die Umstände an, wer kündigen kann; auch kann es sein, daß keine Partei mehr Schadensersatz verlangen kann (BGH WM 1981, 331 gegen BGH LM Nr 3 zu § 254 [Cb] BGB = JuS 1970, 91 f Nr 4 m Nachw; HONSELL JuS 1979, 81; EMMERICH, Leistungsstörungen 99 ff). 4. In diesen Zusammenhang gehört schließlich auch noch die Verletzung der sog 26a nachwirkenden Treuepflichten, denen gerade bei Miete und Pacht ganz erhebliche Bedeutung zukommt (s eingehend EMMERICH, Leistungsstörungen 174 ff; MünchKomm - ders Vorbem 311 ff, bes 316 zu § 275 m Nachw). So muß der Vermieter nicht nur nach Auszug des Mieters für vorübergehende Zeit ein Umzugsschild dulden (RGZ 161, 330, 338; § 556 Rz 17), sondern ihn trifft auch, wenn der Mieter nach Vertragsbeendigung vorübergehend seine Sachen in den Räumen zurückläßt, eine Obhutspflicht hinsichtlich dieser Sachen.** Jeder schuldhafte Verstoß gegen diese Pflichten macht den Vermieter ersatzpflicht.
* S § 564 b Rz 135, sowie zB OLG Karlsruhe ZMR1977,25,26; LG Waldshut-Tiengen WuM 1978, 5; LG Düsseldorf ZMR 1976, 281; LG Freiburg WuM 1978, 122 f; 1979, 215; AG München WuM 1980, 196; AG Kenzingen AnwBl 1976, 405; AG Waldshut-Tiengen WuM 1977, 115; EMMERICH o b e n R z 2 4 ; ROESCH W U M 1 9 7 8 , 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 9 ; SEIER Z M R 1 9 7 8 , 3 4 ; STERNEL M D R 1 9 7 6 , 2 6 5 ; a M O L G H a m m Z M R 1 9 7 6 , 1 4 9 f ; LÖWE Z M R 1 9 7 5 , 2 8 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 9 c ; SCHOPP Z M R 1 9 7 5 , 3 5 3 ; d e r s M D R 1 9 7 7 , 1 9 8 ; d e r s R p f l e g e r 1975, 280, 284.
** BGH WarnR 19711 Nr 126 S 337,338; weitere Beispiele in RGZ 158,180,184; BGH LM Nr 2 zu § 7 GeschmMG (B13R); Nr 3 zu § 242 (Bf) BGB (B12); MünchKomm-EMMERicH Vorbem 316 zu § 275. (129)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu § 537 27-27 c
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
VI. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage 27 1. Allgemeines Die Miete ist ein normaler, schuldrechtlicher Austauschvertrag (Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536). Deshalb kommt bei ihr ebenso wie bei allen anderen Verträgen als letzte Form der Leistungsstörungen durchaus auch ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht; lediglich bei den Rechtsfolgen muß auf die Eigenart der Miete als Dauerschuldverhältnis Rücksicht genommen werden (vgl zum Ganzen zuletzt zusammenfassend m zahl Nachw E M M E R I C H , Leistungsstörungen §§ 27-29 [S 204 ff]; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 242 Anm 6; M ü n c h K o m m - R o T H § 242 Rz 453-639; S O E R G E L - S I E B E R T - K N O P P § 242 Rz 3 6 5 ^ 7 0 ; STÖTTER NJW 1971, 2281). 27a a) Mit Geschäftsgrundlage bezeichnet die Praxis durchweg die bei Geschäftsabschluß zutage getretene und vom Gegner in ihrer Bedeutsamkeit erkannte und nicht beanstandete Vorstellung eines Beteiligten oder die gemeinsamen Vorstellungen der mehreren Beteiligten vom Sein, vom Fortbestand oder vom Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage sich der Geschäftswille aufbaut (so zB zuletzt B G H Z 74,370 = JuS 1979,902 Nr 4; B G H LM Nr 91 u 92 zu § 242 [Bb] BGB = JuS 1978, 487 Nr 6; 1978, 851 Nr 3; WM 1978, 1354, 1355; OLG Braunschweig NJW 1976, 570 = JuS 1976, 534 Nr 2; E M M E R I C H , Leistungsstörungen 207 ff m Nachw). Fehlt die Geschäftsgrundlage von Anfang an oder fällt sie später weg und ist der dadurch betroffenen Partei deshalb die unveränderte Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zuzumuten, so kommt als Rechtsfolge auch bei Mietverträgen in erster Linie eine Anpassung des Vertrages an die veränderten Verhältnisse in Betracht ( E M M E R I C H , Leistungsstörungen 243 ff). Insoweit gelten für die Miete ebenso wie für alle anderen Dauerschuldverhältnisse keine Besonderheiten (vgl zB B G H Z 62, 20, 24 ff = JuS 1974,393 Nr 6; B G H LM Nr 72 zu § 242 [Bb] BGB; OLG Bremen NJW 1972,1952 =
J u S 1 9 7 3 , 1 8 6 N r 8 ; E M M E R I C H 2 4 1 ; R E U T E R Z G R 1 9 7 6 , 8 8 ; STERNEL R Z I 6 1 ) .
Fraglich ist jedoch, ob in besonders schwerwiegenden Fällen statt der Anpassung bei Mietverträgen auch eine Vertragsauflösung möglich ist. 27b b) Die Vertragsauflösung als schwerwiegendste Folge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage tritt nur in extrem gelagerten Ausnahmefällen automatisch ein (vgl zB BAG A P Nr 5 u 6 zu § 242 BGB - Geschäftsgrundlage = JuS 1964, 291 Nr 10); im Regelfall setzt sie hingegen einen Rücktritt der betroffenen Partei voraus, an dessen Stelle bei allen Dauerschuldverhältnissen die Kündigung trifft, jedenfalls sobald sie in Vollzug gesetzt sind ( E M M E R I C H , Leistungsstörungen 2 4 5 ) . Mit diesem Kündigungsrecht konkurriert nun aber offenkundig das Kündigungsrecht beider Mietvertragsparteien aus wichtigem Grunde (s § 553 Rz 4 ff). Die sich hieraus ergebenden Abgrenzungsprobleme sind noch nicht endgültig geklärt. 27c Vielfach wird angenommen, daß die Möglichkeit zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grunde die (praeter legem entwickelte) Vertragsauflösung durch Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ausschließe.* Dies trifft jedoch nur für die gesetzlich geregelten Kündigungsrechte zu (§§ 542, 544, 553, 554 a). Soweit diese Tatbestände hingegen nicht eingreifen, steht auch bei der Miete nichts einer Vertragsauflösung durch Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage entgegen.** * BGHZ 24, 91, 95 f; BGH LM Nr 2 zu § 242 (Ba) BGB; Nr 47 zu § 242 (Bb) BGB; Nr 1 zu § 247 B G B ; L G M a n n h e i m Z M R 1977, 3 3 0 ; FLUME A T II (3. A u f l 1 9 7 9 ) § 26, 5 c; STERNEL RZ I 6 0 ; STÖTTER N J W 1971, 1993; d e r s N J W 1971, 2 2 8 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 4 a A n m 1. »» B G H W M 1973, 6 9 4 , 6 9 5 ; 1 9 8 1 , 6 6 ; L M N r 9 2 zu § 2 4 2 ( B b ) B G B = J u S 1978,
851 Nr 3; MünchKomm-RoTH § 242 Rz 534; vgl auch noch BGH LM Nr 15 zu § 566 BGB; KG OLGZ 1973, 1, 2.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(130)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu § 537 27 d-27 h
c) Bei der Miete ist darüber hinaus auch noch eine Reihe weiterer, wichtiger 27d Einschränkungen des Anwendungsbereichs der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage zu beachten. Zunächst scheidet ein Wegfall der Geschäftsgrundlage stets aus, wenn ein Vertrag ohnehin nur noch kurze Zeit läuft oder doch jederzeit kurzfristig durch Kündigung aufgelöst werden kann, so daß er von der betroffenen Partei selbst ohne weiteres einer etwaigen Veränderung der Verhältnisse angepaßt werden kann (BGH LM Nr 15 u 91 zu § 242 [Bb] BGB = JuS 1978, 487 Nr 6; EMMERICH, Leistungsstörungen 215). Außerdem darf die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage niemals zu einer 27e Veränderung der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung führen. Daher kann bei Umständen, die (positiv oder negativ) unter die Regelung der §§ 537-544 für Sach- und Rechtsmängel fallen, niemals zugleich ein Wegfall der Geschäftsgrundlage angenommen werden.* Denn es geht nicht an, die gesetzliche Beschränkung der Vermieterhaftung auf Sach- und Rechtsmängel durch die Annahme des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in ähnlichen Fällen zu überspielen. Die ständige Ausdehnung des Fehlerbegriffs birgt ohnehin schon die Gefahr einer laufenden Verschiebung der grundsätzlichen, gesetzlichen Risikoverteilung zu Lasten des Vermieters in sich (s § 537 Rz 26; B G H LM Nr 92 zu § 242 [Bb] BGB = JuS 1978,851 Nr 3; FLUME A T II § 26, 5 b). Aus ganz ähnlichen Erwägungen heraus hat schließlich auch stets eine etwaige, 27f vertragliche Risikoverteilung den unbedingten Vorrang vor dem Wegfall der Geschäftsgrundlage (so zB zuletzt BGH LM Nr 92 zu § 242 [Bb] = JuS 1978,851 Nr 3; EMMERICH, Leistungsstörungen 216 ff m zahlr Nachw). Soweit der Mieter nach dem Vertrag ausdrücklich oder konkludent das Risiko eines bestimmten Umstandes übernommen hat, muß es dabei grundsätzlich sein Bewenden haben (BGH WM 1968, 1306, 1308). Eine nachträgliche Korrektur dieser vertraglichen Risikoverteilung über die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist wegen der Vertragsfreiheit der Parteien nicht möglich. Ausnahmen kommen allenfalls in Betracht, wenn einer Partei infolgedessen geradezu die Gefahr der Existenzvernichtung droht (EMMERICH, Leistungsstörungen 217 f m Nachw). Jedoch gilt auch dies grundsätzlich nicht für Unternehmenspachtverträge (BGH LM Nr 92 zu § 242 [Bb] BGB = JuS 1978, 851 Nr 3). d) Unter den zahllosen Fällen, in denen bisher ein Wegfall der Geschäftsgrundlage 27g angenommen wurde, bilden zunächst diejenigen Fälle eine deutlich abgegrenzte Fallgruppe, in denen es um den gemeinsamen Irrtum der Parteien bei Vertragsschluß über bestimmte, für ihre Willensbildung relevante Umstände geht (EMMERICH, Leistungsstörungen 219 ff; MünchKomm-RoTH § 242 Rz 611 ff). Diese Fälle der sog subjektiven Geschäftsgrundlage weisen bei der Miete keinerlei Besonderheiten auf, so daß zu ihnen hier nicht näher Stellung zu nehmen ist. Die objektive Geschäftsgrundlage umfaßt demgegenüber alle Fälle, in denen es um 27h den Einfluß einer nachträglichen Veränderung der für den Vertragsschluß maßgebenden Umstände auf den Vertrag geht. Die wichtigsten Anwendungsfälle sind die Zweckvereitelung, die übermäßige Leistungserschwerung, die Veränderung der Sozialexistenz und die Äquivalenzstörung (unten Rz 2 8 - 3 4 ; vgl dazu im übrigen eingehend m zahlr Nachw EMMERICH, Leistungsstörungen 2 2 3 ff; PALANDT-HEINRICHS § 2 4 2 Anm 6 C ; MünchKomm-RoTH § 2 4 2 Rz 5 3 5 ff; SOERGEL-SIEBERTKNOPP § 2 4 2 R z 4 3 4 f f ) . • R G Z 1 3 5 , 3 3 9 , 3 4 6 ; 1 6 1 , 3 3 0 , 3 3 7 ; B G H Z 6 0 , 3 1 9 , 3 2 1 = JuS 1 9 7 3 , 7 2 1 N r 7; B G H L M N r 92 zu § 242 (Bb) = JuS 1 9 7 8 , 8 5 1 Nr 3; OLG Hamm J Z 1 9 7 9 , 2 6 6 , 2 6 7 f m Anm LIEBS 443 F; EMMERICH,
Leistungsstörungen 215; MünchKomm-Rora § 242 Rz 527; BGH WM 1981, 66. (131)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu § 537 28-29b
3. Titel. Miete. Pacht
28 2. Die einzelnen Fallgruppen a) Die Zweckvereitelung aa) Von Zweckvereitelung spricht man, wenn die als solche durchaus noch mögliche Leistung des Vermieters infolge einer nachträglichen Veränderung der Verhältnisse für den Mieter als den Sachleistungsgläubiger ihren Sinn verloren hat, weil er jetzt mit ihr seine ursprünglichen, weiteren Zwecke nicht mehr zu verwirklichen vermag (s dazu eingehend BEUTHIEN, Zweckerreichung; EMMERICH, Leistungsstörungen 2 3 3 ff; FLUME A T § 26, 5; U HUBER JUS 1 9 7 2 , 6 5 ; KÖHLER, U n m ö g l i c h k e i t 8 0 ff;
KOLLER, Risikozurechnung). In diesen Fällen ist grundsätzlich davon auszugehen, daß nach der gesetzlichen Risikoverteilung der Vermieter (nur) dafür einzustehen hat, daß dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch möglich ist und bleibt (§§ 536, 537 f, 552), während es allein Sache des Mieters ist, ob er durch den Gebrauch der Sache seine weiteren Ziele erreichen kann. Dies bedeutet, anders gewendet, daß das sog Verwendungsrisiko grundsätzlich der Mieter und nicht der Vermieter tragen muß, selbst wenn der Vermieter die speziellen Ziele oder Verwendungszwecke des Mieters k e n n t (EMMERICH a a O ; FLUME A T § 2 6 , 5 b ) .
29 bb) Auch nach Meinung der Gerichte trifft in aller Regel den Mieter als den Sachleistungsgläubiger ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Vermieters das Verwendungsrisiko.* Der Mieter bleibt folglich (solange nicht ausnahmsweise die §§323 und 537 eingreifen) zur Fortzahlung des Mietzinses verpflichtet, selbst wenn er jetzt mit der gemieteten Sache entgegen seinen Erwartungen nichts mehr anfangen kann (EMMERICH, Leistungsstörungen 234 m Nachw). 29a Dies gilt zB, wenn der Mieter auf dem gemieteten Grundstück wider Erwarten keine gewinnbringenden Geschäfte betreiben kann (BGH LM Nr 60 und 92 zu § 242 [Bb] B G B = J u S 1 9 7 8 , 8 5 1 N r 3; W M 1 9 7 8 , 1 0 0 8 , 1 0 0 9 ; 1 9 7 9 , 1 1 0 4 , 1 1 0 5 = Z M R 1 9 7 9 , 3 5 1 ; OLG Düsseldorf NJW 1 9 7 0 , 2 0 2 7 , 2 0 2 8 ) , wenn sich etwa das gepachtete Hotel
infolge einer Änderung des Publikumsgeschmacks, auf den sich der Pächter nicht rechtzeitig eingestellt hatte, als völlig unrentabel erweist (grdleg BGH LM Nr 92 aaO), wenn dem Mieter die Mittel zu der geplanten Bebauung des Grundstücks fehlen (BGH LM Nr 22 zu § 566 BGB), wenn er Zimmer aus Anlaß einer Ausstellung mietet, diese aber später abgesagt wird (OLG Braunschweig NJW 1976, 570 = JuS 1976, 534 Nr 2; vgl aber auch BGH LM Nr 18 zu § 346 [D] HGB) oder wenn er ein gemietetes Gerüst wegen eines Frosteinbruchs vorübergehend nicht verwenden kann (LG Köln NJW 1968, 942). 29b Daneben gibt es freilich auch zahlreiche Fälle, in denen die Gerichte über die Annahme eines Mangels (§ 537), der Unmöglichkeit (§ 323) oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Sache nach doch dem Mieter das Verwendungsrisiko abgenommen haben (zust MünchKomm-RoTH § 242 Rz 607 ff; ablehnend EMMERICH, Leistungsstörungen 234 ff m Nachw). So ist zB (zu Unrecht) Unmöglichkeit (anstatt des § 552) angenommen worden, als der Mieter eines Theatersaales später mit diesem nichts mehr anzufangen vermochte, weil das darin geplante Gastspiel einer Künstlerin wegen deren Erkrankung abgesagt werden mußte (OLG Bremen N J W 1953, 1 3 9 3 m abl A n m KRAFT 1 7 4 1 u n d DONAU N J W 1954, 177; FLUME A T § 2 6 , 5 b).
* Vgl zB zuletzt BGHZ 71,293; 74, 370 = JuS 1979,902 Nr 4; BGH LM Nr 33,60 und 92 zu § 242 (Bb) BGB = JuS 1978, 851 Nr 3; Nr 22 zu § 566 BGB; WM 1975, 917, 919; BB 1977, 1171; Betrieb 1977, 91 = MDR 1977, 298; WM 1981, 66.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(132)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu § 537 29 c - 3 1 a
Den Weg über § 537 hat die Praxis hingegen namentlich in den bekannten 29c Tanzverbot-Fällen gewählt (s unten § 537 Rz 24), in denen die Pächter von Tanzcafes Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung des Pachtzinses verlangt hatten, weil wegen des Kriegsausbruches von 1914 ein allgemeines Tanzverbot verhängt worden war (s dagegen § 537 Rz 26). Wegfall der Geschäftsgrundlage ist schließlich zB bei einem Mietvertrag über eine Bootsanlegestelle an einem See zur Weitervermietung an fremde Boote angenommen worden, als die zuständige Behörde nach Vertragsschluß ihre Genehmigungspraxis änderte und den Betrieb weiterer Boote auf dem See nicht mehr genehmigte (BGH LM Nr 57 zu § 242 [Ba] BGB = WM 1971,1300). Ebenso wurde bei einem Mietvertrag über ein Geschäft in einem einheitlichen Einkaufszentrum entschieden, bei dem sich nachträglich die vom Vermieter anvisierte Konzeption als undurchführbar erwiesen hatte, so daß das Geschäft nicht rentabel betrieben werden konnte (OLG Celle NJW 1978, 2510). Wegfall der Geschäftsgrundlage kann schließlich auch noch bei der Miete eines Musikautomatens durch einen Gaststättenpächter anzunehmen sein, wenn kurz darauf der Pachtvertrag gekündigt wird (BGH LM Nr 14 zu § 157 [A] BGB; sehr zweifelhaft). cc) Der Überblick über die Praxis zeigt, daß in den Fällen der Zweckvereitelung eine 29d Entlastung des Mieters vom Verwendungsrisiko durch die Annahme des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Grunde nur vertretbar ist, wenn der Vermieter den Verwendungszweck des Mieters gekannt hat und es nach seinem bisherigen Verhalten obendrein geradezu treuwidrig wäre, wenn er jetzt versuchte, den Mieter an dem Vertrag festzuhalten, obwohl der Verwendungszweck nicht mehr erreichbar ist (s E M M E R I C H , Leistungsstörungen 236; K Ö H L E R , Unmöglichkeit 140 ff). So verhält es sich zB, wenn der Vermieter den Mieter gerade durch den Hinweis auf den besonderen Verwendungszweck zum Vertragsschluß veranlaßt hat oder wenn er doch zumindest aus dem speziellen Verwendungszweck des Mieters ebenfalls Nutzen ziehen wollte, so daß er sich auch das Risiko der Verwirklichung dieses Nutzens wenigstens teilweise zurechnen lassen muß (MünchKomm-RoTH § 242 Rz 610). dd) Abgrenzend ist hier noch darauf hinzuweisen, daß in einer Reihe traditionell 30 hierher gerechneter Fälle tatsächlich gar kein Wegfall der Geschäftsgrundlage, sondern Unmöglichkeit der Erfüllung vorliegen dürfte. Wird zB ein Fenster zur Besichtigung eines Krönungszuges vermietet, wird der Zug indessen später abgesagt, so liegt keine bloße Zweckvereitelung vor (so aber B E U T H I E N 1 6 3 ff; U H U B E R J U S 1972, 57, 63), sondern Unmöglichkeit, weil hier zu dem dem Mieter geschuldeten vertragsmäßigen Gebrauch auch die Möglichkeit gehörte, gerade dem Umzug zuzuschauen ( F L U M E AT § 2 6 , 5 b; K Ö H L E R , Unmöglichkeit 1 6 5 ff; MünchKommR O T H § 2 4 2 Rz 6 0 3 unter Hinweis auf die berühmte Entscheidung KRELL V. H E N R Y , 1 9 0 3 LR 2 KB 7 4 0 ) . b) Die übermäßige Leistungserschwerung
31
Geht es in den Fällen der Zweckvereitelung um die Befreiung des Mieters, für den die gemietete Sache wertlos geworden ist, so steht in den Fällen der übermäßigen Leistungserschwerung die Frage im Mittelpunkt, ob der Vermieter frei wird, weil und sofern ihm die Erfüllung seiner Pflichten (§§ 535, 536) infolge einer nachträglichen Veränderung der Verhältnisse nicht mehr zuzumuten ist (s E M M E R I C H , Leistungsstörungen 225 ff m Nachw). Hierher gehört namentlich die vor allem in den ersten Nachkriegsjahren breit 31a erörterte Frage, ob der Vermieter aufgrund seiner Erhaltungs- und Instandsetzungspflicht gehalten ist, ein kriegsbeschädigtes Haus ohne Rücksicht auf die Kosten so schnell wie irgend möglich vollständig wiederherzustellen. Diese Frage hat jedoch keine praktische Bedeutung mehr. Es steht heute fest, daß sich kein Vermieter darauf (133)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu § 537 32-34 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
berufen kann, er sei finanziell nicht in der Lage, seiner Instandsetzungspflicht nachzukommen (§§ 535, 536 Rz 47). Dem entspricht es, daß auch sonst von der Praxis unter dem Gesichtspunkt der übermäßigen Leistungserschwerung ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nur in extremen Ausnahmefällen angenommen wird, da der Sachleistungsschuldner, dh der Vermieter, grundsätzlich unbeschränkt für seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einzustehen hat (§ 279; s zuletzt B G H Z 37, 233, 235; B G H LM Nr 12, 50, 91 zu § 242 [Bb] BGB = JuS 1978, 487 Nr 6 m zahlr Nachw; EMMERICH aaO). 32 c) Die Veränderung der Sozialexistenz Unter dem Stichwort Veränderung der Sozialexistenz faßt man alle Fälle zusammen, die durch eine unvoraussehbare, völlige Veränderung der Verhältnisse gekennzeichnet sind. Die wichtigsten Beispiele sind Kriege und Naturkatastrophen. Die in diesen Fällen häufig unvermeidbare Anpassung der Verträge an die veränderten Verhältnisse ist in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers (EMMERICH, Leistungsstörungen 236 ff). Nur solange der Gesetzgeber nicht eingegriffen hat, kommt hier in äußersten Fällen auch bei Mietverträgen eine Anpassung durch die Rechtsprechung in Betracht (ebenso zB CLASEN B1GBW 1 9 7 1 , 5 ) . Dies muß schon deshalb so sein, weil von derartigen Ereignissen typischerweise beide Parteien gleichmäßig betroffen werden, so daß es von vornherein willkürlich erscheinen muß, hier zu Gunsten der einen und damit zum Nachteil der anderen Partei zu intervenieren, eine Aufgabe, mit der die Gerichte ohnehin in aller Regel überfordert sein dürften. 32a Eine Ausnahme machen die Gerichte lediglich in Fällen, in denen ein Vertrag infolge einer nachträglichen Änderung der Gesetzgebung oder der Rechtsprechung in unveränderter Form nicht mehr durchführbar ist. Um hier den Vertrag den veränderten Verhältnissen anpassen zu können, neigen die Gerichte in solchen Fällen verhältnismäßig schnell zu der Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage (s m Nachw EMMERICH, Leistungsstörungen 2 3 8 f). 33 d) Die Äquivalenzstörung In den Fällen der Äquivalenzstörung geht es um die gerade bei langfristigen Mietverträgen sehr wichtige Frage, ob der Mieter noch vertragsgemäß handelt, wenn er seine Verpflichtungen durch die weitere Zahlung des ursprünglich vereinbarten Mietzinses erfüllen will, obwohl jetzt dieser Betrag infolge einer zwischenzeitlichen Inflation (fast) nichts mehr wert ist (vgl dazu zuletzt EMMERICH, Leistungsstörungen 228 ff m Nachw; PALANDT-HEINRICHS § 242 Anm 6 C a, aa; MünchKomm-RoTH § 242 Rz 535 ff). 34 aa) Die Gerichte unterscheiden hier idR danach, ob in einem einzelnen individuellen Vertrag auf Grund eines bestimmten Ereignisses das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung verschoben worden ist oder ob lediglich auf Grund der allgemeinen Geldentwertung der Mietzins an Wert eingebüßt hat. Während in dem ersten Fall unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage auch bei der Miete durchaus ein Ausgleichsanspruch des Vermieters in Betracht kommen kann, wird in dem zweiten Fall eine gerichtliche Aufwertung des Mietzinses grundsätzlich abgelehnt. 34a Selbst bei sehr langfristigen Verträgen zB über den Abbau von Bodenvorkommen werden insoweit keine Ausnahmen zugelassen. Auch wenn hier die schon vor Jahrzehnten festgelegte Gegenleistung des Mieters inzwischen zwei Drittel oder gar Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(134)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu § 537 34 b - 3 4 d
drei Viertel ihrer Kaufkraft eingebüßt hat, verneinen die Gerichte grundsätzlich eine Befugnis zu einer Aufwertung des Mietzinses.* Indessen gibt es auch hier Ausnahmen, Da anerkannt ist, daß (nur) bei Ruhegeld- 34b zusagen eine gerichtliche Aufwertung zulässig ist (BGHZ 61, 31; BAGE 25, 146), kann auch bei langfristigen Mietverträgen wegen zwischenzeitlicher Entwertung des Mietzinses ein Wegfall der Geschäftsgrundlage anzunehmen sein, wenn der fragliche Vertrag ausgesprochenen Fersorgungscharakter hat (BGH LM Nr 39 u 49 zu § 242 [Bb] BGB). Dasselbe gilt, wenn zu dem Kaufkraftverlust des Mietzinses hinzukommt, daß sich der innere Wert der Vermieterleistung so sehr erhöht hat, daß sich das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung geradezu in sein Gegenteil verkehrt hat (BGHLMNr 39 u49 zu § 242 [Bb] BGB; Betrieb 1958,1325). Weitergehend läßt der BGH (NJW 1980, 2241 ff) neuerdings auch bei Verträgen aus der Vorkriegszeit uU eine Aufwertung zu (bedenklich). Der Vermieter kann daher zB eine Anpassung des Mietzinses verlangen, wenn es sich 34c um einen ganz langfristigen Mietvertrag über ein Amtsgebäude handelt, bei dem der vor Jahrzehnten festgesetzte Mietzins dem Vermieter nach Abzug der Kosten und Lasten eine geringe Verzinsung seines Kapitals ermöglichen sollte, während inzwischen die Kosten des Vermieters den Mietzins bei weitem übersteigen (BGH Betrieb 1958,1325; WM 1980,1458 f; vgl auch BGH NJW 1980, 2241 ff; zweifelhaft). Aus ähnlichen Erwägungen wird auch bei Werkförderungsverträgen dem Vermieter und Darlehensnehmer trotz vertraglichen Verzichts auf jede Mietzinserhöhung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Anspruch gegen den Darlehensgeber auf Zustimmung zu einer Mietzinserhöhung zugebilligt, wenn andernfalls der Wohnraumbesitz unwirtschaftlich würde (BGH LM Nr 9 zu § 19 1. BMG = NJW 1963, 2125, 2126; ebenfalls zweifelhaft). bb) Die geschilderte, idR überaus restriktive Praxis ist zu billigen. Sie entspricht 34d nicht nur dem unser Währungsrecht beherrschenden Grundsatz des Nominalismus (BVerfGE 50, 57 = NJW 1979, 1151, 1154 ff; B G H Z 61, 31, 38; 61, 385, 392; BVerwGE 41, 1), sondern trägt auch dem Umstand Rechnung, daß es die Parteien stets selbst in der Hand haben, sich durch die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel oder durch ähnliche Absprachen gegen einen späteren Kaufkraftverlust der Währung zu schützen (s Vorbem 157 ff zu §§535,53 6). Versäumt der Vermieter dies oder kann er eine entsprechende Klausel bei den Vertragsverhandlungen nicht durchsetzen, so geht es nicht an, nachträglich über die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Sache nach doch eine Wertsicherungsklausel in den Vertrag hineinzuinterpretieren (ebenso zB BGH WM 1979, 1212, 1213; E M M E R I C H , Leistungsstörungen 231 f; anders aber BGH NJW 1980, 2241 ff). Eine Ausnahme sollte nur bei langfristigen Verträgen mit ausgesprochenem Versorgungscharakter in Erwägung gezogen werden, sofern die unveränderte Aufrechterhaltung des Vertrags für den Vermieter zu einem mit Treu und Glauben schlechthin unvereinbaren Ergebnis führte, weil er auf den Mietzins für seinen Lebensunterhalt unausweichlich angewiesen ist (oben Vorbem 34 b).
* So für Mietverträge BGH LM Nr 76 zu § 242 (Bb) BGB = WM 1975,1131; 1969,1323,1324; für Abbauverträge BGH LM Nr 34,39 und 49 zu § 242 (Bb) BGB; für Erbbauzinsen B G H LM Nr 71 zu § 242 (Bb) BGB = JuS 1974, 798 Nr 4; LM Nr 81 aaO; RdL 1958, 7, 9; WM 1969, 64; 1979, 1212; BB 1976,1046; Betrieb 1976,2011; für Energielieferungsverträge B G H LM Nr 86 zu § 242 (Bb) BGB = NJW 1977,2262;für Leibrenten OLG Düsseldorf NJW 1972,1137 = JuS 1973,472 N r 4 ; EMMERICH, L e i s t u n g s s t ö r u n g e n 2 3 1 f ; M ü n c h K o m m - R o T H § 2 4 2 R z 5 5 0 f f ; STÖTTER N J W
1971, 2281. Anders aber für Erbbauzinsen aus der Vorkriegszeit B G H NJW 1980, 2241. (135)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Vorbem zu § 537 35-39
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
35 VII. Die Anfechtung Bis zur Überlassung der Sache an den Mieter ist eine Anfechtung des Mietvertrages durch den Mieter sicher unbeschränkt möglich. Dasselbe muß aber entgegen einer verbreiteten Meinung auch nach der Überlassung der Sache an den Mieter gelten, und zwar schon deshalb, weil dem Mieter kein Wandlungsrecht eingeräumt worden ist. Die Abwicklung nach § 812 dürfte keine übermäßigen Schwierigkeiten bereiten. Kündigung und Anfechtung haben eben völlig unterschiedliche Rechtsfolgen, so daß dem Mieter durchaus die Wahl gelassen werden kann*. VIII. Abweichende Vereinbarungen 36 1. Das Recht der Leistungsstörungen ist im BGB nur dispositiv geregelt, so daß die Parteien an sich in jeder Hinsicht abweichende Regelungen treffen können. Namentlich die Haftung des Vermieters für Verzug und Unmöglichkeit kann - in den Grenzen der §§ 138 und 276 Abs 2 - sowohl verschärft als auch gemildert werden. Selbst ein weitgehender Ausschluß der Vermieterhaftung ist durch Individualvereinbarung (§ 1 Abs 2 AGBG) prinzipiell möglich. Enge Schranken gelten jedoch für einen derartigen Haftungsausschluß, sobald es sich, wie in aller Regel, um Mietformularverträge handelt (s dazu auch Vorbem 148 ff zu §§ 535, 536). 37 2a) Im nichtkaufmännischen Verkehr ist die Haftung des Vermieters für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit unabdingbar (§§ 11 Nr 7, 24 AGBG). Das gilt, wie die Sonderschrift des § 11 Nr 8 AGBG zeigt, nicht nur für Unmöglichkeit und Verzug, sondern für sämtliche Formen der Leistungsstörungen einschließlich der cic (§ 11 Nr 7 HS 2 AGBG), der positiven Vertragsverletzung und der Fälle des § 5 3 8 (HENSEN, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGBG [3. Aufl 1978] § 11 Nr 7 Rz 16 f; KOCH-STÜBING, AGBG [ 1 9 7 7 ] § 11 Nr 7 Rz 2 ; PALANDT-HEINRICHS § 11 AGBG Anm 7 b). Für den kaufmännischen Verkehr folgt grundsätzlich dasselbe aus den §§9 und 24 A G B G (HENSEN RZ 34 ff).
38 b) Noch strikter ist die Haftung des Vermieters bei Unmöglichkeit und Verzug geregelt, da hier nach § 11 Nr 8 AGBG auch das Rücktrittsrecht des Mieters weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden kann. Entsprechend zu behandeln ist das Kündigungsrecht des Mieters, soweit es bei Unmöglichkeit und Verzug an die Stelle des Rücktrittsrechts aus den §§ 325 und 326 tritt (HENSEN § 11 Nr 8 Rz 6; PALANDT-HEINRICHS § 11 ABGB Anm 8 a, aa). Das gilt auch für das Kündigungsrecht des Mieters aus § 542, das freilich bei Wohnraum ohnehin schon umfassend durch § 543 S 2 geschützt ist (KOCH-STÜBING § 11 Nr 8 Rz 6). 39 Bei Teilverzug und Teilunmöglichkeit, zu der nach der Konzeption des BGB auch alle Fälle der Schlechterfüllung gehören, sind darüber hinaus durch § 11 Nr 9 AGBG auch die sog Totalrechte des Mieters aus § 325 Abs 1 S 2 und 326 Abs 1 S 3 unabdingbar. Das ist sehr wichtig für den Verzug des Vermieters, namentlich soweit die Miete Fixgeschäft ist. § 11 Nr 8 AGBG bedeutet für diese Fälle, daß die weitgehenden Rechte, die § 325 Abs 1 S 2 dem Mieter hier einräumt (dazu MünchKomm* R G Z 102, 225, 226; 157, 173, 174; KG MDR 1967, 407 m Nachw; LG Berlin ZMR 1953, 218; LG Kassel ZMR 1967, 133; wohl auch BGH WM 1967, 515, 516 (wo Anfechtung ohne weiteres sachlich geprüft wurde); P A L A N D T - H E I N R I C H S Einf 5 c, dd vor § 145; B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem Rz 122-124 zu Vorbem § 535; W E I M A R 53 ff; aM aber O L G Düsseldorf ZMR 1970, 137 f; LG Mannheim z M R 1965,185; 1965,239 Nr 7; 1969,169; 1969,241; LG Nürnberg-Fürth MDR 1966,1003 f Nr 35 mabl Anm W E I M A R ; B R O X - E L S I N G J U S 1976,1,5; G I T T E R 19; R O Q U E T T E Vorbem 15 ff zu § 537; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 88; S C H M I D T - F U T T E R E R , MietR, s v Rücktritt und Anfechtung; S T E R N E L R Z II 149; offengelassen in B G H WM 1968, 1306, 1308.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(136)
3. Titel. Miete. Pacht
Vorbem zu § 537, § 537 40-42
Rz 1 2 9 ff), nur noch in ganz engen Grenzen durch Formularverträge ausgeschlossen oder beschränkt werden können. All dies gilt grundsätzlich auch für den kaufmännischen Verkehr (§§ 9 , 2 4 AGBG; H E N S E N § 1 1 Nr 8 Rz 1 9 , § 1 1 Nr 9 Rz 8 ; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 1 1 AGBG Anm 8 b und 9 b). EMMERICH § 3 2 5
c) Aus dem Gesagten darf nicht der Schluß gezogen werden, die Haftung des 40 Vermieters für einlache Fahrlässigkeit könne beliebig ausgeschlossen oder beschränkt werden. Das Gegenteil folgt vielmehr aus den § § 9 und 24 AGBG, so daß auf jeden Fall die Haftung des Vermieters für die Verletzung aller wesentlichen Pflichten (§§ 535, 536 Rz 17 ff, 32 ff) uneingeschränkt erhalten bleiben muß (HENSEN § 1 1 N r 7 RZ 3 1 ; KOCH-STÜBING § 11 N r 7 R z 1 7 ; PALANDT-HEINRICHS § 9
AGBG Anm 4 und 6 ; S C H L O S S E R - C O E S T E R - W A L T J E N - G R A B A , AGBG [ 1 9 7 7 ] § 1 1 Nr 7 Rz 62 ff; anders offenbar STAUDINGER-SCHLOSSER § 11 AGBG Nr 7 Rz 35 ff). d) Soweit hiernach ein Haftungsausschluß unzulässig ist, gilt dies auch für alle 41 Haftungsbeschränkungen und für die Aufstellung zusätzlicher Voraussetzungen. Schließlich darf auch die gesetzliche Regelung der Beweislast (§§ 282,285) nicht zum Nachteil des Mieters verändert werden (§ 11 Nr 15 lit a AGBG). 3. Die Gewährleistungsansprüche des Mieters werden durch die §§ 537 Abs 3 und 42 540 sowie durch die §§ 9,11 Nr 10 und 11 sowie 24 AGBG geschützt (s unten § 537 Rz 60 f, § 538 Rz 43 ff, § 541 Rz 30). §537 Ist die vermietete Sache zur Zeit der Überlassung an den Mieter mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert, oder entsteht im Laufe der Miete ein solcher Fehler, so ist der Mieter für die Zeit, während deren die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung des Mietzinses befreit, für die Zeit, während deren die Tauglichkeit gemindert ist, nur zur Entrichtung eines nach den §§ 472, 473 zu bemessenden Teiles des Mietzinses verpflichtet. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht. Absatz 1 Satz 1 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Bei der Vermietung eines Grundstücks steht die Zusicherung einer bestimmten Größe der Zusicherung einer Eigenschaft gleich. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. E I § 505; II § 482; III § 530; Mot II 373 ff; Prot II 131 f.
Schrifttum S schon Vorbem zu §§ 537 ff sowie BRAXMAIER, Die Rspr des BGH zum Miet- und Pachtrecht, WM 1968, 202; 1970, 26; 1972, 122; 1974, 90; 1976, 2; BÜTTNER, Zurückbehaltungsrecht bei Mängeln der Mietsache, WuM 1978,117; CRANZ, Minderung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung, ZMR 1954, 1; DIEDERICHSEN, „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" und Ersatz von Mangelfolgeschäden, AcP 165 (1965), 150; DÖRR, Die Haftung des Vermieters für die Fehler der Mietsache, LZ 1917, 947; ESSER-WEYERS II 1 § 151 (S 141); FULD, Die Beweislast bei Mängeln der Mietsache, SächsArch f Bürgerl Recht 14 (1904) 452; M HUBER, Zur Haftung des gewerbsmäßigen Skivermieters bei Skiunfällen infolge fehlerhafter Einstellung der Sicherheitsbindung, NJW 1980, 2561; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 277 ff; NIENDORFF, MietR nach dem BGB (10. Aufl 1914) 136 ff; PIEPER, Ersatzansprüche des in einen Mietvertrag eingetretenen Mieters, NJW 1961,300; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (3. Aufl 1977) 102 ff; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Mängel (S 118 ff); SÖLLNER, Mietvertragliche Sachmängelhaftung des Grund(137)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§537 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse stückserwerbers gegenüber Dritten, JuS 1970, 159; SPEISER NJW 1978, 19; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz II 142, 374 ff (S 107, 220); TRENCK-HINTERBERGER, Die Garantiehaftung des Vermieters, JuS 1975,501; TUMPOWSKY, Der Mängelanspruch nach dem BGB, 1902; WEIMAR, Zum Umfang des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gemäß § 538 BGB, MDR 1960, 555; ders, Die Rechte des Mieters bei nicht fertiggestellten Zufahrtswegen und Außenanlagen, ZMR 1965, 353; ders, Lichtreklame als Besitzstörung und Sachmangel, ZMR 1964, 328; ders, Das Recht des Mieters zur Mängelbeseitigung gemäß § 538 Abs 2 BGB, ZMR 1965, 163; ders, Trifft den Vermieter eine Haftung bei Unfällen auf mitvermieteten Kinderspielplätzen? ZMR 1974,228; ders, Hellhörigkeit einer sozial geförderten Neubauwohnung als Sachmangel? Betrieb 1974, 1657; WIETHAUP, Rechtliche Möglichkeiten der Bekämpfung des Wohnungslärms, MDR 1960, 632; ders, Rechtsfragen des Schallschutzes im Verhältnis des Wohnungsvermieters zu seinem Mieter, ZMR 1975, 257.
Systematische Übersicht Vorbemerkung 1 I. Der Fehlerbegriff 1. Allgemeines 2 a) Definition 2 b) Der maßgebliche Zeitpunkt 11 2. Einzelfälle 12 a) Baumängel 12 b) Umweltfehler 21 c) Insbes öffentlich-rechtliche Beschränkungen 22 d) Insbes. Störungen des Mieters 27 e) Insbes Fahrnismiete 34 a 3. Ausnahmen 35 4. Erheblichkeit 38
n . Das Fehlern zugesicherter Eigenschaften 39 1. Allgemeines 40 2. Sonderfälle 45 3. Rechtsfolgen 46 4. Einzelfälle 47 m . Rechtsfolgen 1. Die Minderung 48 2. Ausschluß kraft Gesetzes 52 3. Vertragliche Beschränkungen 58 IV. Beweislast 62
! Übersicht Abweichende Vereinbarungen 58 ff Ausschluß der Minderung 52 ff Baumängel 12 Bauverbot 22 Benutzungsverbot 22 Beweislast 62 Eigenschaften 43 Einrede des nicht erfüllten Vertrages 51 f Erheblichkeit 38 Fehlen zugesicherter Eigenschaften 39 ff - Abgrenzung zu Beschaffenheitsangaben 42 a, 47 - Beispiele 47 - Beschreibung der Sache 41 - Eigenschaften 43 - Form 40 - Größe des Grundstücks 45 - konkludente Zusicherung 42 - Rechtsfolgen 46 - Zusicherung 40 Fehler 2 ff - Baumängel 12-20
-
Bauverbote 22 ff Beispiele 12 ff Benutzungsverbote 22 ff Begriff 2 ff Erfüllungsverweigerung 11 Erheblichkeit 38 Erkennbarkeit 6 Fahrnismiete 34 a Feuchtigkeit 12 Gastarbeiterheim 20 Gefährlichkeit der Sache 6 Geschäftsraummiete 23, 37 Gesundheitsgefahren 12 Heizungsmängel 14, 17 f, 27, 30 Immissionen 4, 28 Lärm 14, 29 ff Lärm Dritter 32 ff Mahnung 7 Maßstab 2 mitvermietete Räume 9, 16, 36 Naturkatastrophen 15 öffentlich-rechtliche Beschränkungen 22-26 Risikoübernahme durch den Mieter 8, 57 Rückstausicherung 15 Störungen des Mieters 27-34 Subjektiver Begriff 3
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(138)
§537 1,2
3. Titel. Miete. Pacht -
Tanzverbot 24, 26 Umweltfehler 4 f, 21 ff Verwirkung 34 vom Mieter zu vertretende Mängel 10, 12, 52 - weite Auslegung 4 - Zufahrtswege 35 - Zeitpunkt 11 Formularverträge 5 1 a , 60, 62
Geschäftsraummiete 23 f
- Fortzahlung des Mietzinses unter Vorbehalt 55 - Neben Schadensersatzanspruch 51 b - Umfang 49 c - Verhältnis zur Einrede des nichterfüllten Vertrages 51 - vertragliche Beschränkungen 58 ff - vertragliche Beschränkungen bei Wohnraum 51 - Zeitraum 49 b, 50 Modernisierung 19
Heizung 17
öffentlich-rechtliche Beschränkungen 22
Immissionen 4, 28
Reparaturen 36
Lärm 31-33
Störungen des Mieters 27 ff
Mahnung 7 Mangel 2 ff Minderung 48 ff - Ausschluß kraft Gesetzes 52 ff - automatische Minderung 48 a - Berechnung 49 f - Erklärung 48 a - Formularverträge 51 a, 60 - Fortzahlung des Mietzinses 53 f
Umweltfehler 21 Verwirkung 34 Vorleistungspflicht des Mieters 5 1 a Zeitpunkt 11 Zurückbehaltungsrecht 51 Zusicherung 40 Zweckvereitelung 26, 45
Vorbemerkung
1
Die geltende Fassung der §§ 537 und 538 beruht auf dem 2. MietÄndG v 14. 7. 1964 (BGBl 1457); vgl dazu insbes die Begr zu RegE (BT-Dr IV/806 = BR-Dr 303/62) sowie den schriftl Bericht des Rechtsausschusses (zu BT-Dr IV/2195). I. Der Fehlerbegriff* 1. Allgemeines
2
a) Definition aa) Ein Mangel liegt nach § 537 Abs 1 S 1 vor, wenn die vermietete Sache zZt der Überlassung an den Mieter mit einem Fehler behaftet ist, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt und mindert, oder wenn im Laufe der Miete ein solcher Fehler entsteht. Maßstab ist der vertragsmäßige Gebrauch (s dazu §§ 535, 536 Rz 54 ff). Durch die Festlegung des vertragsmäßigen Gebrauchs bestimmen also die Parteien zugleich, welchen Zustand die vermietete Sache spätestens bei Überlassung an den Mieter und von da ab während der ganzen Vertragsdauer aufweisen muß. Während dieser ganzen Zeit muß sich maW die Sache in einem Zustand befinden, der dem Mieter die Ausübung des vertragsmäßigen * Schrifttum: Vgl dazu insbes B T ( 2 . Aufl 1 9 7 6 ) § § 4 I I 1 ,
ff ; B R O X - E L S I N G JuS 1 9 7 6 ; 1 ; EMMERICH, Schuldrecht III; ESSER-WEYERS I I 1 § 1 5 1 2 ; FABRICIUS JuS 1 9 6 4 , 1 , 4 6 ; ders J Z
BEUTHIEN 1 6 9 7
1 9 7 0 , 2 9 ; HASSOLD J U S 1 9 7 5 , 5 5 0 ; KNOPFLE J Z 1 9 7 8 , 1 2 1 ; KÖHLER 1 7 4 f f ; MITTELSTEIN a a O ; SCHMIDT-FUTTERER u n d 142 (139)
ff;
SÖLLNER a a O ;
STAUDINGER-HONSELL
TRENCK-HINTERBERGER J U S 1 9 7 5 , 5 0 1 , 5 0 3
f;
WEIMAR,
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§ 459
Rz
1 0 f f ; STERNEL R Z
Die Sachmängelhaftung
14
ff.
II
§537 3-7
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Gebrauchs ohne weiteres erlaubt (sog Soll-Beschaffenheit). Jede negative Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Sache von der so definierten Soll-Beschaffenheit, durch die der Mieter in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs behindert wird (sog Ist-Beschaffenheit), ist mithin ein Fehler (LG Köln WuM 1981, 14). 3 Aus dem Gesagten folgt, daß - ebenso wie beim Kauf nach heute ganz hM (s EMMERICH § 4 II 1 m Nachw) - auch bei der Miete von einem subjektiven Fehlerbegriff auszugehen ist (zB LG Frankfurt NJW 1976, 1355, 1356). Fehler ist daher jede Untauglichkeit der Sache zum Vertragszweck, genauer: jede negative Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der durch den Vertrag festgelegten SollBeschaffenheit der vermieteten Sache*. 4 bb) Im Interesse eines weitgespannten Mieterschutzes wird der Fehlerbegriff von der Praxis außerordentlich weit ausgelegt (vgl insbes BGHZ 49, 350 = JuS 1968,335 Nr 3; OLG Celle OLGZ 1974,197 = JuS 1974, 257 f Nr 7, beide m Nachw). Es spielt namentlich keine Rolle, ob die Untauglichkeit der Sache auf dem Zustand der Sache selbst oder auf sonstigen rechtlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen beruht, die infolge ihrer Art und Dauer nach der Verkehrsanschauung einen Einfluß auf die Brauchbarkeit und Wertschätzung der Sache auszuüben pflegen (so zB BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; LM Nr 19 zu § 537 BGB; BGH MDR 1976, 44; WM 1968, 1306, 1307; OLG Celle aaO; LG Hamburg NJW 1973, 2254; LG Frankfurt NJW 1976, 1355 f). Deshalb werden auch äußere Gefahrenquellen und vor allem sämtliche Immissionen, durch die der Mieter in dem vertraglichen Gebrauch gestört oder beeinträchtigt wird (in den Grenzen des § 906), als Fehler behandelt (BGH LM Nr 8 zu § 536 BGB; Nr 20 zu § 537 BGB; OLG Köln NJW 1964, 2020; AG Aachen WuM 1979, 122; ESSER-WEYERS II 1 § 15 I 2 b [S 143 f]). Unerheblich ist dabei, ob die Störungen von anderen Mietern oder von Dritten ausgehen. 5 Im einzelnen ist freilich oft zweifelhaft, was noch als sog Umweltfehler der Mietsache gilt und was nicht. Zieht man hier die Grenzen zu weit, so besteht unverkennbar die Gefahr, daß der Fehlerbegriff alle Konturen verliert. Vor allem muß verhindert werden, daß dem Mieter über die Einbeziehung auch der Fälle der Zweckvereitelung in den Fehlerbegriff praktisch das gesamte Verwendungsrisiko abgenommen wird (s dazu Vorbem 29 c zu § 537; ESSER-WEYERS II 1 § 1 5 1 2 b ; KÖHLER, Unmöglichkeit 174 ff gegen BEUTHIEN 169 ff). 6 cc) Für die Annahme eines Fehlers genügt es bereits, wenn die Sache nur in Befürchtung einer Gefahr benutzt werden kann, die vermöge des Zustandes der Sache den Eintritt eines Schadens erwarten läßt (einschränkend BGH LM Nr 3 zu § 538 BGB). Der Mieter braucht von dieser Gefahr keine Kenntnis zu haben, da das Gesetz nicht auf die tatsächliche Aufhebung oder Beschränkung des Mietgebrauchs, sondern auf die davon zu trennende Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Sache abstellt. Auch auf die Erkennbarkeit des Fehlers kommt es deshalb nicht an (so zB BGH LM Nr 10 und 20 zu § 537 BGB; BGHZ 49, 350 = JuS 1968, 335; OLG K ö l n N J W 1 9 6 4 , 2 0 2 0 ; B G H W M 1 9 7 7 , 7 4 3 , 7 4 4 ; STERNEL RZ II 1 4 2 ) .
7 Daraus folgt ohne weiteres, daß die sog Sachmängelhaftung des Vermieters keine Abmahnung durch den Mieter voraussetzt. Eine Mahnung ist nur Voraussetzung des Verzugs des Vermieters mit der Mängelbeseitigung (s § 538). * Ebenso zB
BROX-ELSING J U S
1976, 1;
BGB-RGRK-GELHAAR
§ 537 Rz 8;
ESSER-WEYERS
II 1 §
1 5 I 2 a ( S 1 4 3 f ) ; PALANDT-PUTZO § 5 3 7 A n m 2 a ; EMMERICH § 7 I I I ; HASSOLD J U S 1 9 7 5 , 5 5 0 f; KOHLER
174 ff;
Miete und Pacht 102 f; S O L L N E R J U S 1970, 159, 160; 1975, 501, 503 f m Nachw; W E I M A R , Die Sachmängelhaftung
SCHMIDT-FUTTERER,
TRENCK-HINTERBERGER
JUS
Uff.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(140)
§537 3. Titel. Miete. Pacht
8-12
Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob der Mieter die Sache ohne den Mangel 8 überhaupt vertragsmäßig gebraucht hätte oder nicht (BGH N J W 1 9 5 8 , 7 8 5 = LM Nr 8 zu PreisstopVO; WM 1959, 542). Nur wenn der Mangel dem Mieter zugleich Vorteile bringt, durch die die Nachteile aufgewogen werden, scheidet eine Minderung aus. Ebenso, wenn der Mieter selbst die Veränderungen gewünscht hat, durch die der Mangel begründet wurde, weil er damit das Risiko derartiger Mängel übernommen hat (BGH LM Nr 7 zu § 537 BGB). Dasselbe ist schließlich anzunehmen, wenn es der Mieter übernommen hat, den betreffenden Mangel zu beseitigen (BGHZ 38, 295, 299; OLG Hamburg ZMR 1960, 304, 306; OLG Karlsruhe OLGZ 1971, 18, 21).
dd) Alle Sachen und Sachteile, die dem Mieter vermietet oder mitvermietet sind, 9 müssen sich in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand befinden (so zB RG JW 1905, 46 Nr 13). Es spielt deshalb keine Rolle, ob der Mangel der vermieteten Sache selbst oder den mitvermieteten Räumen, Treppen, Fluren, Böden, Kellern oder Zugängen anhaftet. Die §§ 537 und 538 greifen daher zB auch bei Mängeln der Treppen (BGH LM Nr 10 a zu § 538 BGB; KG HRR 1937 Nr 1271), der Zugänge (KG HRR 1936 Nr 797), der Fundamente oder des Dachs ein (BGH LM Nr 6 zu § 538 BGB). Dasselbe gilt bei Mängeln etwa der Hofräume und Zugänge (RG LZ 1916, 1425) oder des Fahrstuhls (RG DWA 1931, 513). ee) Ob den Vermieter an dem Fehler ein Verschulden trifft oder nicht, spielt im 10 Rahmen des § 537 keine Rolle (entsprechend § 323). Hingegen scheidet eine Minderung aus, wenn der Mieter den Mangel zu vertreten hat (§ 324 Abs 1; ESSER-WEYERS II 1 § 15 I 7 b); in diesem Fall ist der Mieter vielmehr selbst zur Beseitigung des Schadens verpflichtet (§§ 249, 276). Die Grenze zieht auch hier der vertragsmäßige Gebrauch, da alle in diesem Rahmen liegenden Abnutzungen und Schäden nicht vom Mieter zu vertreten sind (§ 548), sondern vom Vermieter beseitigt werden müssen (§ 536) und einen Mangel darstellen, solange dies nicht geschehen ist (§§ 537, 538).
b) Der maßgebliche Zeitpunkt 11 § 537 gilt nur, wenn der Fehler entweder schon bei Überlassung der Sache an den Mieter vorliegt (s dazu zB BGH LM Nr 61 zu § 535 BGB; OLG Karlsruhe OLGZ 1 9 7 1 , 1 8 , 2 1 ) oder im Laufe der Mietzeit nach der Überlassung entsteht. Daher spielt es auch keine Rolle, ob in den Vertrag ein neuer Vermieter (§ 571) oder ein neuer Mieter eintritt, sofern es sich nur um eine Fortsetzung des alten Vertrages handelt (s PIEPER NJW 1 9 6 1 , 3 0 0 ) . § 5 3 7 greift hingegen nicht ein, wenn Mängel zwar bei Vertragsschluß vorliegen, diese bis zur Überlassung der Sache an den Mieter jedoch beseitigt worden sind, wozu der Vermieter nach § 536 verpflichtet ist (ESSER-WEYERS II 1 § 15 I 1 a). Weigert sich der Vermieter, dieser Hauptleistungspflicht nachzukommen, so kann der Mieter nach § 326 vorgehen (s Vorbem 20 a zu § 537), während der BGH hier einen Fall positiver Vertragsverletzung annimmt (LM Nr 61 zu § 535 BGB). 2. Einzelfälle*
12
a) Baumängel iwS Die bei weitem wichtigste Gruppe der Fehler läßt sich bei der Grundstücksmiete unter dem Begriff der Baumängel zusammenfassen. * Schrifttum:
BGB-RGRK-GELHAAR
§
5 3 7 Rz 9 ff, 15 ff;
PALANDT-PUTZO § 5 3 7 A n m 2 c - 2 e ; STERNEL R Z I I (141)
MITTELSTEM
143-145.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
2 2 7 ff;
NIENDORFF
136 ff;
§ 537 13,14
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
aa) Wohnräume wie gewerbliche Räume müssen sich in jeder Hinsicht in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand befinden (s §§ 535, 536 Rz 54 ff). Jede negative Abweichung der vermieteten Räume und der mietvermieteten Räumlichkeiten und Grundstücksteile von dem hiernach vom Vermieter geschuldeten Standard ist ein Fehler. Vor allem müssen sich sämtliche Räume in einem Zustand befinden, der Gefahren für die Gesundheit der Benutzer ausschließt (vgl § 544); deshalb dürfen die Räume nicht übermäßig feucht sein, wobei jedoch für einen Neubau andere Grundsätze als für einen Altbau gelten (LG Hamburg DWW 1977, 117 f; B1GBW 1976, 215; WuM 1976, 205; AG Lahnstein WuM 1977, 227; AG Köln WuM 1980, 51; LG Kiel WuM 1980, 6, 7; AG Steinfurt WuM 1977, 256; AG Darmstadt WuM 1980, 129). Auch dürfen Rohrleitungen nicht so schwach oder mangelhaft sein, daß die Gefahr eines Rohrbruchs besteht. Dringt infolge eines dadurch verursachten Rohrbruches aus anderen Räumen Wasser in die gemieteten Räume ein, so liegt ein anfänglicher Mangel iS des § 538 Abs 1 vor. Anders nur, wenn der Mieter das Eindringen des Wassers selbst zu vertreten hat, etwa weil er den Wasserhahn nicht ordnungsgemäß geschlossen hat (§ 324 Abs 1). 13 bb) Ein Mangel liegt nach dem Gesagten außerdem vor, wenn die Räume durch Ungeziefer verseucht sind (OLG Schleswig SchlHAnz 1970, 159 f), wenn sie nicht ordnungsgemäß beleuchtet sind, wenn das Dach durchlässig oder morsch oder die Fundamente zu schwach sind (BGH LM Nr 6 zu § 538 BGB); wenn die Versorgungsleitungen zu schwach dimensioniert sind, so daß der Mieter nicht die üblichen Haushaltsgeräte aufstellen kann; wenn die Steckdosen nicht funktionieren und der Abfluß der Toiletten verstopft ist (AG Hamburg WuM 1976, 53); ebenso wenn ein Gasbadeofen wegen Verschmutzung der Hauszuleitung nicht angeschlossen werden kann (LG Landshut ZMR 1953, 81) oder wenn der Mieter nicht mehr baden kann, weil der Vermieter die Umstellung des Gasbadeofens auf Erdgas versäumt (AG Aachen NJW 1970, 1923 m Anm STORZ NJW 1971, 413), sowie schließlich, wenn dem Mieter die Nutzung von Waschküche und Trockenraum entzogen wird (AG Brühl WuM 1975, 145) oder wenn die Wohnung zu klein ist (AG Bergheim WuM 1978, 189). 14 Baumängel sind außerdem zB die Undichtigkeit eines Schornsteins (AG Rendsburg WuM 1975, 122), die fehlende Tragfähigkeit der Decken, namentlich bei gewerblichen Räumen (BGH LM Nr 6 zu § 538 BGB; Nr 11 zu § 537 BGB), die übermäßige Hellhörigkeit der Räume infolge mangelhafter Isolierung (zB LG Hamburg ZMR 1971, 134 f; AG Gelsenkirschen WuM 1978, 66 f), die Unbenutzbarkeit des Wohnzimmers (AG Bochum WuM 1979, 74 f), die ungenügende Wärmedämmung oder eine unwirtschaftliche Konstruktion der Heizung (zB AG Gelsenkirchen-Buer ZMR 1973, 242), daher auch die Undichtigkeit der Fenster (BGH ZMR 1962, 82, 83), die ungenügende Leistung einer Abwasserpumpe (BGH aaO), sämtliche Formen von Hausschwamm (RG GrundE 1935, 412), unverschlossene Öffnungen, durch die Gase eindringen können (BGHZ 4 9 , 3 5 0 = JuS 1 9 6 8 , 3 3 5 ; LG Mannheim DWW 1969, 41), eine fehlende Blitzschutzanlage jedenfalls bei Fabriken, in Hotels eine für den Gast gefährliche Badeeinrichtung (RGZ 169, 84; BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB), das sog Schwitzen des Fußbodenbelags einer Kegelbahn, das zu einer gefährlichen Glätte führen kann (BGH LM Nr 19 zu § 5 3 7 m Anm TRENCKHINTERBERGER JuS 1 9 7 5 , 5 0 1 ) , eine mangelhafte elektrische Installation in anderen Räumen, die zu einem Kurzschluß auch in den vermieteten Räumen führen kann (BGH LM Nr 20 zu § 537 BGB), der vorübergehende Stromausfall (AG Wiesbaden WuM 1980, 245 f) oder der Ausfall des Fahrstuhls, jedenfalls für die Mieter der oberen Wohnungen (LG Berlin JR 1947, 116) oder Risse, Flecken uäm selbst bei Neubauten (LG Hamburg WuM 1976, 205 f), ein mangelhafter Verputz oder Anstrich des vermieteten Hauses (AG Hamburg WuM 1976, 95) sowie schließlich die fehlende Möglichkeit zur Verschließung der Wohnungstür (AG Köln WuM 1 9 7 8 , 1 2 6 ) . Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(142)
3. Titel. Miete. Pacht
§537 15-21
In hochwassergefährdeten Gebieten muß der Vermieter Vorkehrungen gegen die 15 Überschwemmungsgefahr treffen; deren Unterlassung stellt einen Mangel der vermieteten Räume dar (BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; KG DR 1941, 2337 Nr 7). Ebenso muß der Vermieter in den Abflüssen Vorkehrungen gegen die Gefahr des Rückstaus treffen; das Fehlen oder die Funktionsuntüchtigkeit von Rückstausicherungen oder überhaupt der Abwässeranlage sind deshalb Mängel (BGH ZMR 1962, 82, 84; LM Nr 33 zu § 328 BGB; Betrieb 1976, 817 f; LG Kassel WuM 1980, 135; AG Groß-Gerau WuM 1980, 128 f). Dasselbe gilt für Aufschüttungen des Vermieters, die die Gefahr eines Wasserstaus begründen (BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; Nr 20 zu § 537 BGB). Hingegen braucht der Vermieter keine Vorkehrungen gegen ganz seltene und ungewöhnliche Naturkatastrophen zu treffen; Schäden durch solche Naturkatastrophen gehören zum allgemeinen Lebensrisiko, das der Mieter selbst tragen muß (BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; Nr 33 zu § 328 BGB). cc) Gehört zu dem vermieteten Haus auch ein Kinderspielplatz, so ist dieser 16 mitvermietet, so daß den Vermieter auch insoweit die Sachmängelhaftung aufgrund der §§ 537 ff trifft (WEIMAR ZMR 1974, 228 f). Entsprechend müssen alle mitvermieteten Räumlichkeiten, Treppen und Zugänge in einem verkehrssicheren Zustand sein, so daß ein schadhafter Belag der Treppe oder das übermäßige Bohnern der Treppe Mängel darstellen (BGH LM Nr 10 a zu § 538 BGB). Dasselbe gilt für den mangelhaften dekorativen Zustand des Treppenhauses (AG Hamburg WuM 1976, 95). dd) Wird eine Wohnung mit Heizung vermietet, so schuldet der Vermieter eine 17 ordnungsgemäße Beheizung der Wohnräume. Die mangelhafte Beheizung, mag sie darauf beruhen, daß die Anlage defekt ist, oder darauf, daß der Vermieter nicht stark genug oder überhaupt nicht heizt, bildet deshalb stets einen Mangel, der den Mieter zur Minderung berechtigt (vgl im einzelnen §§ 535, 536 Rz 80; s zB OLG Frankfurt WuM 1972, 42; LG Hamburg ZMR 1961, 297 Nr 18; AG Hamburg MDR 1974, 404). Die Praxis läßt dann idR hier eine Minderung zwischen 10% und 20% zu (AG Köln WuM 1975, 69; 1978, 189 f; AG Rendsburg WuM 1975, 122; AG Bad Segeberg WuM 1977, 227; eingehend STERNEL RZ II 377-381 m Nachw).
Ebenso liegt ein Mangel vor, wenn die in einer Wohnung vorhandenen Öfen nicht 18 gebrauchsfähig sind (LG Berlin JR 1952, 169; WuM 1953, 107), wenn die Anlage unwirtschaftlich ist (AG Gelsenkirchen-Buer ZMR 1972,242 f) oder wenn die nach dem Vertrag geschuldete Warmwasserversorgung auf längere Zeit unterbrochen wird (LG Berlin JR 1953, 100; WuM 1953, 68), nicht aber, wenn die mitvermietete Klimaanlage einwandfrei funktioniert und lediglich ständig steigende Kosten verursacht (BGH WM 1980, 108, 112). ee) Ein Mangel ist ebenfalls anzunehmen, wenn der vertragsmäßige Gebrauch einer 19 Wohnung nur bei einer umfassenden Modernisierung möglich ist, diese jedoch nicht durchgeführt wird (s § 541 a Abs 2). ff) Wird ein Haus als Gastarbeiterheim vermietet, so ist es mangelhaft, wenn es nicht 20 den Mindestanforderungen an solche Heime, wie sie sich aus behördlichen Richtlinien ergeben, entspricht (BGH LM Nr 22 zu § 537 BGB = NJW1976,796). Ebenso ist ein vermieteter Kraftfahrzeugeinstellplatz mangelhaft, wenn der Mieter durch das ständige verkehrswidrige Parken fremder Fahrzeuge vor der Einfahrt nachhaltig an der Benutzung des Platzes gehindert wird (LG Köln MDR 1976, 44 = WuM 1976, 29 f). b) Umweltfehler 21 Die Untauglichkeit der Sache zum Gebrauchszweck und damit der Mangel können durchaus auch auf rechtlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen (143)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§537 22-24
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
beruhen, die infolge ihrer Art und Dauer nach der Verkehrsanschauung einen Einfluß auf die Brauchbarkeit und die Wertschätzung der Sache auszuüben pflegen (sog Umweltfehler). Ein zu Wohnzwecken vermietetes Haus ist deshalb mangelhaft, wenn es verrufen ist, weil es zB früher an Prostituierte vermietet war oder wenn der Vermieter nachträglich andere Räume an Dirnen vermietet. Die wichtigsten Beispiele für diese Umweltfehler sind jedoch öffentlich-rechtliche Beschränkungen des Mieters in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs (unten Rz 22 ff) sowie Störungen des Mieters namentlich durch Immissionen (unten Rz 27 ff). 22 c) Insbes öffentlich-rechtliche Beschränkungen aa) Nach ständiger Rspr sind auch öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder Gebrauchsverbote ein Fehler iS der §§ 537 ff, sofern sie auf der Beschaffenheit oder der Lage der Mietsache beruhen und nicht lediglich in den persönlichen Verhältnissen des Mieters ihre Ursache haben*. Die Praxis geht in dieser Beziehung häufig außerordentlich weit. Hauptbeispiele sind öffentlich-rechtliche Verbote der Bebauung oder der Benutzung des vermieteten Grundstücks oder der vermieteten Räume. Gleich stehen baurechtliche Beschränkungen. Auch eine vermietete Wohnung ist folglich mangelhaft, wenn sie ohne Bauerlaubnis errichtet worden ist, so daß ständig die Gefahr einer Abrißverfügung besteht (LG Hannover ZMR 1971,135 Nr 20). Ebenso wenn die vermieteten Räume durch erhebliche bauliche Auflagen für den Mieter zum Vertragszweck ungeeignet sind (BGH LM Nr 20/21 zu § 3 WährungsG). Es soll sogar genügen, wenn nur die Gefahr des Verbotes oder der Einschränkung der Benutzung aufgrund eines noch nicht rechtskräftigen Verwaltungsaktes besteht, immer vorausgesetzt, daß die behördlichen Beschränkungen oder Verbote ihre Ursache gerade in der Beschaffenheit oder in der Lage der Mietsache haben (BGH LM Nr 17 zu § 537 BGB). 23 bb) Besondere Bedeutung hat diese Praxis für Geschäftsraummietverträge. Denn bei der Vermietung gewerblicher Räume befindet sich die Sache nur dann in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand, wenn der Aufnahme des vertraglich vorgesehenen Gewerbebetriebs keine privat- oder öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (§§ 535, 536 Rz 56 m Nachw; BGH LM Nr 92 zu § 242 [Bb] BGB = JuS 1978, 851, 852 Nr 3). Daher muß zB der Zustand von zur Einrichtung einer Gastwirtschaft vermieteten Räumen derart sein, daß der Mieter die erforderliche Konzession erlangen kann (BGH LM aaO; Nr 50 zu § 535 BGB). Ggf muß der Vermieter sogar die erforderlichen baulichen Veränderungen durchführen, von denen die Polizeibehörde die Erteilung der Schankerlaubnis an den Mieter abhängig macht (RGZ 94,138). Bei einer als Nachtlokal vermieteten Gaststätte trifft den Vermieter dementsprechend eine Einstandspflicht für die polizeiliche Duldung des Nachtbetriebes (KG JW 1927, 2437). 24 Zu gewerblichen Zwecken vermietete Räume sind zB als mangelhaft angesehen worden, wenn während des Krieges ein Tanzverbot erlassen wird (RGZ 87, 277; 88,
* RGZ79,92,95; 87,277; 88,96; 89,203; 91,54; 94,267; 98,101,103; 147,157,159 f; 147,304, 307 f; 157,363; RG JW 1913,596 f Nr 10; BGHZ 68, 294, 296 = JuS 1977,763 Nr 7; BGH LM Nr 92 zu § 242 (Bb) BGB = JuS 1978,851 Nr 3; NJW 1980,777,778 = JuS 1980,607 Nr 5; LM Nr 17 zu § 537 BGB; Nr 6 zu § 538 BGB; Nr 8 zu PreisstopVO = NJW 1958,785; LMNr 20/21 zu § 3 WahrungsG = BB 1973,1236; WM1962,1379,1380; 1968,1307; OLG Celle OLGE 36,54, 55; OLGZ 1974,197 = JuS 1974,256 f Nr 7 mNachw; OLGHamm ZMR 1970,236; 1971, 87; Urt v 25. 11. 1980 - 7 U 179/79; OLG Hamburg ZMR 1960, 304, 306; LG Mannheim MDR 1978, 406; E S S E R - W E Y E R S II 1 § 15 I 2 b (S 144); B G B - R G R K - G E L H A A R § 537 Rz 15-17; PALANDT-PUTZO § 5 3 7 A n m 2 c; STERNEL R Z I I
145.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(144)
3. Titel. Miete. Pacht
§537 25, 26
96; 89, 203) oder wenn während des Krieges für bestimmte Küstenstriche ein Badeverbot (RGZ 91, 54) oder ein Betriebsverbot verhängt wird (RGZ 94, 267). Ebenso wenn die Jagdausübung behördlich auf unbestimmte Zeit verboten wird (RGZ 98, 101, 103). Auch das polizeiliche Verbot einer Fabrik führt zur Annahme eines Mangels (RG JW 1913, 596 f Nr 10). Selbst die verschiedenen Verbote der Errichtung neuer Geschäfte oder Betriebe Anfang der Dreißiger Jahre zum Schutze des etablierten Einzelhandels wurden von der Praxis als mögliche Ursache von Mängeln der vermieteten Räume behandelt (RGZ 147,157, 159 f; 147, 304, 307 f; 157, 363; aM RGZ 79, 92, 95). Nur wenn der Mieter das Haus nicht für bestimmte Zwecke gemietet hatte und ihm nachträglich die Eröffnung eines Kaufhauses verboten wurde, wurde die Annahme eines Mangels abgelehnt (RGZ 147, 304, 307 f). Ein weiteres hierher gehörendes Beispiel ist die Beseitigung von Parkplätzen durch eine Gemeinde vor einem von der Gemeinde als Tagungszentrum vermieteten Hotel mit der Folge, daß in dem Hotel keine Tagungen mehr durchgeführt werden können (LG Frankfurt NJW 1976, 1355 f). In allen diesen Fällen soll es auch keine Rolle spielen, ob das Verbot auf einer Anzeige des Mieters selbst beruht (KG OLGE 10, 257; str). Ein Mangel wird jedoch verneint, wenn der Mieter ohne weiteres in der Lage gewesen 25 wäre, das Verbot abzuwenden oder ihm auszuweichen (OLG Hamburg ZMR 1960, 304, 306; OLG Hamm ZMR 1971, 87) oder wenn es sich vorerst noch um reine, stadtplanerische Maßnahmen handelt, die sich ohnehin erst in einer fernen Zukunft auswirken können (BGH WM 1968,1306,1307). Ebensowenig liegt ein Mangel vor, wenn die Behörde den rechtswidrigen Zustand unbeschränkt duldet, zB von einem Abrißgebot absieht oder eine planwidrige Nutzung eines Grundstücks befristet duldet (KG JW 1936, 2930; OLG Düsseldorf OLGZ 1973, 311 f). Vor allem aber muß stets sorgfältig beachtet werden, daß das unternehmerische Risiko (als Teil des Verwendungsrisiko) grundsätzlich allein vom Mieter zu tragen ist. Wenn die vermieteten Räume bei Ubergabe einwandfrei und zur Aufnahme des Betriebs des Mieters geeignet waren, ist es in der Folgezeit allein Sache des Mieters, die nötigen Investitionen zur Sicherung der Lebensfähigkeit des Unternehmens vorzunehmen; unterläßt er dies, so kann er nicht die Folgen seines unternehmerischen Versagens über § 537 auf den Vermieter abwälzen (grdleg BGH LM Nr 92 zu § 242 [Bb] BGB = JuS 1978, 851 f Nr 3; vgl auch B G B - R G R K - G E L H A A R § 537 Rz 16-18, der insoweit zwischen Miete und Pacht unterscheiden will). cc) Die geschilderte Praxis ist nicht unbedenklich. Durch die übermäßige Auswei- 26 tung des Fehlerbegriffs wird die Gefahr heraufbeschworen, daß die Grenze zur bloßen Zweckvereitelung verwischt wird. Dem Mieter darf indessen nicht das gesamte Verwendungsrisiko abgenommen werden. Daher kann von einem Mangel nur die Rede sein, wenn das öffentlich-rechtliche Verbot seine Ursache tatsächlich gerade in der Beschaffenheit dieser konkreten vermieteten Sache und nicht in sonstigen, allgemein vorliegenden Umständen hat (s im einzelnen KÖHLER, Unmöglichkeit 174 ff). Entgegen der älteren Praxis können deshalb für das gesamte Land während des Krieges erlassene Tanzverbote ebensowenig wie Bade- oder Betriebsverbote oder eine generelle Kürzung der Polizeistunde als Mängel anerkannt werden, da diese Verbote ihre Ursache nicht in der Beschaffenheit der vermieteten Sache, sondern in davon völlig unabhängigen, anderen Umständen haben. Die vermieteten Räume sind daher an sich durchaus gebrauchstauglich; der Mieter wird jedoch aus anderen Gründen an ihrer vertragsmäßigen Nutzung gehindert. In solchen Fällen kann sich mithin nur die Frage stellen, ob hier ausnahmsweise Unmöglichkeit oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Zweckvereitelung vorliegt (s hierzu eingehend m Nachw Vorbem 29 c zu § 537). (145)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§537 27-32
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
27 d) Insbes Störungen des Mieters aa) Der Vermieter muß dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch ermöglichen. Daraus folgt, daß er selbst den Mieter in diesem Gebrauch nicht stören darf und Störungen Dritter abwehren muß (s im einzelnen § 535,536 Rz 33 f, 40). Wird durch derartige Störungen der Mieter im vertragsmäßigen Gebrauch der gemieteten Sache behindert oder beeinträchtigt, so liegt folglich ein Mangel vor. Beispiele für solche vom Vermieter ausgehende Störungen sind das Abstellen der Warmwasserversorgung (LG Kassel WuM 1979, 51, 52), die mangelhafte Beheizung der vermieteten Räume (dazu Rz 17 f) oder die Vermietung anderer Räume an Konkurrenten des Mieters (dazu §§ 535, 536 Rz 35 ff; LG Mannheim WuM 1972, 123; enger BGB-RGRK-GELHAAR § 537 Rz
10).
28 Die wichtigsten Störungen des Mieters beruhen natürlich auf Immissionen iS des § 906 (oben Rz 4). Dazu gehören außer Lärm aller Art (dazu unten Rz 29 ff) zB von dem Gewerbebetrieb eines Mitmieters ausgehende Erschütterungen (BGH LM Nr 8 zu § 536 BGB), aus Nachbarräumen eindringender Rauch (LG Mannheim MDR 1969, 313 = WuM 1969, 41) sowie Störungen durch eine an der Außenfront angebrachte Lichtreklame ( W E I M A R ZMR 1964, 328). Auch Störungen durch den Bau von Straßen oder U-Bahnen können zu einem Mangel führen. Dasselbe gilt schließlich für Belästigungen durch die Mitmieter. 29 bb) Der wichtigste hierhergehörende Fall ist die Belästigung des Mieters durch Lärm des Vermieters, der Mitmieter oder Dritter (s §§ 535, 536 Rz 40, 73). Denn der vertragsmäßige Gebrauch namentlich des Wohnungsmieters umfaßt auch das Recht, nicht übermäßig und unnötig durch Lärm gestört zu werden, wobei sich stets aus dem sinngemäß anwendbaren § 906 ergibt, welche Lärmbelästigungen der Mieter hinnehmen muß und welche nicht*. 30 Der Vermieter muß zunächst für eine ordnungsgemäße Schallisolierung sorgen. Die vermietete Wohnung ist folglich mangelhaft, wenn die Schallisolierung hinter den üblicherweise geforderten Werten zurückbleibt (LG Düsseldorf ZMR 1961, 262 f; LG Hamburg ZMR 1971,134 f; KG WuM 1980, 255). Entgegen einer verbreiteten Meinung muß das auch für Sozialwohnungen gelten (LG Braunschweig WuM 1958, 182; W E I M A R Betrieb 1974,1657; aM zu Unrecht LG Dortmund ZMR 1959, 167). Aus denselben Gründen ist ein Mangel auch anzunehmen, wenn zB die Wasserleitung oder die Kanalisation ohne die vorgeschriebene Isolierung verlegt werden oder wenn die Heizung übermäßige Klopfgeräusche verursacht (LG Mannheim ZMR 1978, 84; LG Darmstadt WuM 1980, 52). 31 Ein Mangel ist weiter bei übermäßigem Lärm der Mitmieter anzunehmen. Gelegentliche Familienfeiern oder das nächtliche Baden anderer Mieter müssen zwar hingenommen werden, auf keinen Fall aber über die Grenzen des sinngemäß anwendbaren § 906 hinausgehende Lärmbelästigungen. Beispiele sind unerträglicher Kinderlärm den ganzen Tag über (LG Köln ZMR 1971,241 f Nr 11), Störungen der Nachtruhe uäm (Beispiele in AG Frankfurt ZMR 1961, 82 f; LG Göttingen NJW 1954, 1205; AG Köln B1GBW 1979, 56 = ZMR 1980, 27 Nr 16: Discothek). 32 Besonders wichtig ist, daß die Praxis auch von Dritten ausgehende Lärmbelästigungen als Fehler anerkennt. Beispiele sind der Lärm einer Gastwirtschaft in der Nr 1, 5 und 3 6 zu § 9 0 6 ; Nr 15 zu § 8 2 3 (Ef) B G B ; Nr 9 zu § 18 1. B M G ; O L G Frankfurt ZMR 1964,271 f; LG Braunschweig NJW 1954,111 Nr 11; AG Frankfurt ZMR 1961,
* S BGH LM
8 2 f ; A G K ö l n W u M 1 9 7 8 , 1 7 3 f ; A G A a c h e n W u W 1 9 7 9 , 1 2 2 ; SPEISER N J W 1 9 7 8 , 1 9 ; STERNEL R z I I 1 4 4 ; WIETHAUP M D R I 9 6 0 , 6 3 2 ; d e r s Z M R 1 9 7 5 , 2 5 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 7 R z 13.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(146)
3. Titel. Miete. Pacht
§537 33-36
Nachbarschaft (BGH LM Nr 36 zu § 906 BGB; Nr 6 zu § 542 BGB), der Lärm eines benachbarten Gewerbebetriebs (BGH LM Nr 15 zu § 823 [Ef] BGB) oder einer Maschinenschlosserei im Hof des Mietgrundstückes (AG Düsseldorf ZMR 1960, 169 f), der Lärm von Garagentoren in der Nachbarschaft (OLG Hamburg MDR 1972, 953 f Nr 48) sowie die Errichtung mehrerer Garagen oder einer Reparaturwerkstätte für Kraftfahrzeuge ausgerechnet im Hof eines Wohnhauses. Dasselbe gilt erst recht für die nachträgliche Einrichtung eines Gewerbebetriebs wie zB eines Waschsalons in einem Haus mit Komfortwohnungen (AG Hamburg WuM 1976, 151; s aber auch unten Rz 34). Ebenso ist eine als besonders ruhig vermietete Ferienwohnung als mangelhaft anzusehen, wenn in ihrer Nähe eine Großbaustelle betrieben wird (LG Hamburg NJW 1973, 3254). Schließlich stellt auch das übermäßige Bellen von Hunden in der Nachbarschaft stets einen (schwerwiegenden) Mangel dar (vgl A ü Dortmund WuM 1980, 6 für Taubenlärm). Hingegen soll die voraussehbare Zunahme des Straßenlärms an einer Kreuzung 33 keinen Mangel darstellen (LG Kleve NJW 1970, 1975 f); ebensowenig die Belästigungen, die von voraussehbaren Bauarbeiten in der Nachbarschaft ausgehen (OLG Frankfurt ZMR 1964, 271 f). Der Mieter verwirkt sein Minderungsrecht wegen Lärmbelästigungen, wenn er mit 34 dem Verlangen nach Mietzinsminderung wegen übermäßiger Hellhörigkeit der Wohnung erst nach 2 Jahren hervortritt (LG Düsseldorf ZMR 1961, 262 f). Und weiß der Mieter bei Vertragsschluß, daß im selben Haus in seiner Nachbarschaft ein Wäschereibetrieb eingerichtet wird, so kann er später wegen der von dem Betrieb ausgehenden Lärmbelästigungen nicht mehr mindern, wenn er bei Vertragsschluß keinen entsprechenden Vorbehalt gemacht hat (AG Oldenburg ZMR 1960, 169; sehr fraglich). e) Insbes die Fahmismiete
34a
Das zum Fehlerbegriff bisher Gesagte (oben Rz 2 ff) gilt grundsätzlich auch für die Fahrnismiete. Eine vermietete, bewegliche Sache ist daher ebenfalls mangelhaft, wenn der Mieter infolge ihrer Eigenschaften nicht in der Lage ist, von ihr den vertragsmäßig vorgesehenen Gebrauch ohne besondere Gefährdung zu machen. Eine gemietete Schiffsschaukel ist folglich mangelhaft, wenn sich die ganze Anlage nicht mehr in einem verkehrssicheren Zustand befindet (OLG Köln NJW 1964, 2020); dasselbe gilt für eine EDV-Anlage, die trotz regelmäßiger Wartung ständig gestört ist (OLG Karlsruhe Betrieb 1978, 2313), für ein Kraftfahrzeug, das mit abgefahrenen Reifen vermietet wird (BGH Betrieb 1967, 118 = WarnR 1966 Nr 217), oder für einen Kran, bei dem ein Bolzen nicht ordnungsgemäß verschweißt ist (BGH WM 1977, 743, 744). 3. Ausnahmen
35
Die Zufahrtswege wie Straßen und Bürgersteige sind nicht mitvermietet. Es stellt deshalb keinen Mangel an der Wohnung dar, wenn sie nicht rechtzeitig fertiggestellt werden oder sich in einem mangelhaften Zustand befinden. Nur eine Haftung des Vermieters aus c.i.c. kommt in Betracht, wenn er den Mieter nicht gebührend über diese Schwierigkeiten aufklärt (WEIMAR ZMR 1965, 353 f). Der Mieter muß grundsätzlich die mit normalen Straßenarbeiten verbundenen 36 Belästigungen hinnehmen. Dasselbe gilt für Störungen, die mit den erforderlichen Reparaturen unvermeidlich verbunden sind (s § 541 a). Ebensowenig stellen billige und zumutbare Erschwerungen der Benutzung der gemeinsam benutzten Teile wie Höfe und Durchfahrten durch andere Mieter einen Mangel dar (s KG OLGE 20,187; OLG Hamburg OLGE 20, 188). (147)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§537 37-42
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
37 Die Mieter gewerblicher Räume können den Mietzins nicht mindern, wenn sich der Verkehr verlagert und infolgedessen ihre Umsätze zurückgehen. Derartige Entwicklungen gehören zum Risikobereich des Mieters. Daher wird auch eine Maschine nicht allein dadurch mangelhaft, daß sie technisch veraltet.
38 4. Die Erheblichkeit des Mangels Nach der Neufassung des § 537 Abs 1 S 3 führt ein Mangel nur dann zur Minderung, wenn er eine erhebliche Minderung der Tauglichkeit zur Folge hat. § 537 ist insoweit durch das 2. MietÄndG v 1964 dem § 459 Abs 1 S 2 angepaßt worden, um Streitigkeiten der Mietparteien über belanglose Kleinigkeiten zu verhindern (vgl die Begr zu RegE, BT-Dr IV/806). Ein Fehler ist dementsprechend als unerheblich anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann (LG Freiburg ZMR 1976, 210, 211; AG Münster WuM 1977, 205; STERNEL Rz II 385). Diese Einschränkung gilt jedoch nicht, wenn der vermieteten Sache eine zugesicherte Eigenschaft fehlt (Rz 39 ff).
39 II. Das Fehlen zugesicherter Eigenschaften Eine Minderung kommt außerdem in Betracht, wenn der vermieteten Sache eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt (§ 537 Abs 2).
40 1. Allgemeines § 537 Abs 2 entspricht im wesentlichen dem § 459 Abs 2, so daß auch hier die Zusicherung Vertragsinhalt geworden sein muß, wenn ihr Fehlen die Rechtsfolgen der §§ 537 und 538 auslösen soll. Die Zusicherung muß folglich vom Mieter als vertragsmäßige verlangt und vom Vermieter in vertragsmäßig bindender Weise, dh insbes auch in der erforderlichen Form (§ 566), abgegeben worden sein (BGH WM 1968, 1306,1307; R G JW 1913, 596, 597; 1937, 675, 676; insbes B G H W M 1980,
312 = NJW 1980, 777, 778 = JuS 1980, 607 Nr 5). Sie muß außerdem die maßgeblichen Eigenschaften so genau bezeichnen, daß ihr Inhalt und Umfang im einzelnen festgestellt werden können (vgl dazu insbes B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 7 R z 2 4 f; PALANDT-PUTZO § 5 3 7 A n m 3).
41 Allgemeine Anpreisungen u bloße Beschreibungen der vermieteten Sache genügen für die Annahme einer Zusicherung grundsätzlich nicht. In Ausnahmefällen kann jedoch auch in solchen Erklärungen des Vermieters die Übernahme einer vertraglichen Garantie für das Vorhandensein der betreffenden Eigenschaften liegen, zB dann, wenn der Mieter die vermietete Sache vor Vertragsschluß nicht besichtigen konnte und sich deshalb auf die Angaben des Vermieters verlassen mußte (ROQUETTE § 5 3 7 Rz 19). 42 Die Zusicherung wird idR ausdrücklich erfolgen müssen; notwendig ist dies jedoch nicht (BGH WM 1962, 1379 f). Unter besonderen Umständen kann auch eine konkludente Zusicherung angenommen werden, sofern der Mieter bei objektiver Betrachtungsweise dem Verhalten und den Äußerungen des Vermieters bei den Vertragsverhandlungen die Bereitschaft entnehmen konnte und durfte, für eine bestimmte Eigenschaft des Mietgegenstandes eine über die normale Haftung hinausgehende, besondere Gewähr zu übernehmen und damit für deren Vorhandensein einzustehen. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(148)
3. Titel. Miete. Pacht
§537 42 a-47
Hauptproblem ist hier ebenso wie bei § 459 Abs 2, wie auf dem Boden des 42a subjektiven Fehlerbegriffs (oben Rz 2 f) die bloße, privatautonome Festlegung der vom Vermieter geschuldeten Beschaffenheit der Sache von der ebenfalls vertraglichen Zusicherung des Vorhandenseins dieser Beschaffenheit abgegrenzt werden kann, zumal hier - anders als beim Kauf - grundsätzlich auch kein Unterschied in den Rechtsfolgen besteht. Soweit man deshalb den Unterschied nicht überhaupt leugnen will (so mit guten Gründen zB E S S E R - W E Y E R S II 1 §§ 5 II 2, 15 I 2 a), bleibt doch festzuhalten, daß zwischen beiden Tatbeständen allenfalls ein gradueller, auf keinen Fall jedoch ein wesensmäßiger Unterschied besteht (BGH WM 1968, 1306, 1307; RG JW 1913, 596, 597). Die Abgrenzung ist daher in jedem Einzelfall unter dem Gesichtspunkt vorzunehmen, wie der gebotene, umfassende Mieterschutz am besten sichergestellt werden kann. Eine Zusicherung ist maW vor allem anzunehmen, wenn es um die vertragliche Festlegung von Anforderungen an die Qualität der Sache geht, die sich nur aus den speziellen Bedürfnissen des Mieters erklären (vgl E S S E R - W E Y E R S aaO). Hingegen reicht die bloße Einräumung einer Verlängerungsoption für die Annahme einer Zusicherung nicht aus (BGH WM 1968, 1306, 1307); dasselbe gilt für die bloße Umschreibung des vertragsmäßigen Gebrauchs (BGH NJW 1980,777, 778). Gegenstand der Zusicherung können dabei sämtliche Eigenschaften der vermieteten 43 Sache sein. Der Begriff der Eigenschaften wird hier ebenso weit wie in § 459 Abs 2 ausgelegt (RG JW 1937, 675, 676). Es gehören deshalb dazu auch alle rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die vermöge ihrer Art und Dauer für die Wertschätzung oder die Brauchbarkeit der Sache von Einfluß sein können, mögen sie in der Vergangenheit oder in der Gegenwart liegen.* Ob die zugesicherten Eigenschaften überhaupt herbeigeführt werden können, spielt 44 keine Rolle; ebensowenig, ob es sich um objektiv erhebliche oder unerhebliche Eigenschaften handelt. Auch trifft den Mieter, wenn der Vermieter mit der Zusicherung die Garantie für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften übernommen hat, keine Pflicht zur Nachprüfung, ob die Eigenschaften tatsächlich vorhanden sind (BGH LM Nr 12/13 zu § 537 BGB). 2. Sonderfälle
45
In der Zusicherung der bestimmten Größe eines Grundstücks und damit gemäß § 580 auch in der Zusicherung einer bestimmten Zahl oder Größe von Räumen liegt kraft Gesetzes (§ 537 Abs 2 S 2) stets die Zusicherung einer Eigenschaft. § 537 Abs 2 ist außerdem entsprechend anwendbar, wenn der Vermieter während der Vertragsdauer für die Zukunft das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zusichert. 3. Die Rechtsfolgen bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft
46
Sind die zugesicherten Eigenschaften nicht vorhanden, so hat der Mieter in erster Linie den Erfüllungsanspruch. Daneben stehen ihm jedoch auch die sog Gewährleistungsrechte aufgrund der §§ 537 und 538 zu. 4. Einzelfälle
47
Beispiele sind die Zusicherung einer bestimmten Tragfähigkeit der Mieträume bei der Vermietung eines Lagerhauses (BGH LM Nr 12/13 zu § 537 BGB), die * Vgl aus der Praxis zu § 4 5 9 A b s 2 insbes B G H Z 4 8 , 1 1 8 ; 5 0 , 2 0 4 ; 5 9 , 1 6 0 ; 5 9 , 3 0 3 ; 6 3 , 3 6 9 = JuS 1 9 6 8 , 4 0 N r 3 ; 1 9 6 8 , 4 8 2 N r 1; 1 9 7 2 , 7 2 5 Nr 5 ; 1 9 7 3 , 1 1 3 f Nr 4 ; 1 9 7 5 , 5 9 2 Nr 4 ; B G H N J W 1 9 7 5 , 1 6 9 3 = JuS 1 9 7 5 , 8 1 0 N r 7 ; V e r s R 1 9 6 6 , 2 4 1 f; STAUDINGER-HONSELL § 4 5 9 R z 6 0 ff. (149)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§537 48-49 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Zusicherung eines bestimmten Umsatzes bei der Verpachtung einer Gastwirtschaft (RG JW1937,675,676; KG OLGE 5,25), die Zusicherung der sog Brauereifreiheit einer Gastwirtschaft (RGZ 95, 175), die Zusicherung der Bebauungsmöglichkeit (RG BayZ 1913, 252) sowie schließlich die Zusicherung der Freiheit von Immissionen, zB die Zusicherung absoluter Ruhe. Auch die gemeinsame Festlegung des Verwendungszweckes der Sache kann durchaus eine Zusicherung enthalten; Voraussetzung ist jedoch, daß der Verwendungszweck des Mieters geradezu Vertragsinhalt geworden ist (oben Rz 42 a; RG JW 1913, 596, 597). Selbst Angaben des Vermieters oder Verpächters eines Unternehmens über den bisherigen Umsatz auf Fragen des Mieters oder Pächters hin enthalten daher eine Zusicherung nur, wenn die Angaben des Vermieters eindeutig Vertragsinhalt geworden sind (RG JW 1937,675, 676). Unter dieser Voraussetzung kann aber durchaus auch die Möglichkeit, die Geschäftsräume entsprechend den Bedürfnissen des Mieters umzubauen, konkludent zugesichert sein (BGH WM 1962,1379,1380; enger BGH NJW1980,777,778 = JuS 1980, 607 Nr 5).
HI. Rechtsfolgen 48 1. Die Minderung a) Wenn und solange durch den Mangel die Gebrauchstauglichkeit der Sache völlig aufgehoben ist, ist der Mieter von der Entrichtung des Mietzinses befreit (OLG Köln ZMR1976,303; LG Hamburg DWW1977,117 f). Ist die Gebrauchstauglichkeit der Sache hingegen nur (erheblich) gemindert, so ist der Mieter für die betreffende Zeit nur zur Entrichtung eines herabgesetzten Mietzinses verpflichtet. 48a Die Minderung tritt bei der Miete - anders als beim Kauf - entsprechend § 323 Abs 1 automatisch, dh ohne weiteres kraft Gesetzes ein, sobald und solange die Gebrauchstauglichkeit der Sache durch einen Fehler herabgesetzt oder aufgehoben ist (zB LG Hannover ZMR 1979, 47; WuM 1980, 130). Die Minderung ist kein Anspruch und kann deshalb auch nicht verjähren (BGH LM Nr 16 zu § 535 BGB und Nr 8 zu PreisstopVO = NJW 1958, 785; LM Nr 3 a zu § 537 BGB = NJW 1961, 916; WM 1959, 538, 542). Ebensowenig ist die Minderung ein Gestaltungsrecht; ihr Eintritt setzt daher grundsätzlich keine darauf gerichtete Erklärung des Mieters voraus ( P A L A N D T - P U T Z O § 537 Anm 4 c); praktisch wird jedoch der Mieter doch stets eine solche Erklärung abgeben müssen, schon um den Ausschluß der Gewährleistungsrechte analog § 539 wegen vorbehaltloser Fortzahlung des Mietzinses zu vermeiden (unten Rz 53; STERNEL R Z II 374). 49 b) Die Minderung erfolgt nach § 472 durch eine verhältnismäßige Herabsetzung des Mietzinses nach der Formel: Alter Mietzins : Neuer Mietzins = Wert der mangelfreien Sache : Wert der mangelhaften Sache. Mietzins ist dabei stets die sog Bruttomiete. Wird über die Nebenkosten gesondert abgerechnet, so müssen die fraglichen Beträge, die auf den Minderungszeitraum entfallen, der Netto- oder Kaltmiete hinzugerechnet werden; von diesem Betrag ist alsdann bei der Berechnung der Minderung auszugehen; der Abzug des so ermittelten Minderungsbetrages von der Netto- oder Kaltmiete ergibt schließlich den neuen Mietzins ( S T E R N E L R Z II 382). 49a Anders steht es, wenn in dem Mietzins auch ein Entgelt für Nebenleistungen des Vermieters enthalten ist, die dieser auf Grund einer besonderen Vereinbarung - über den Rahmen der §§ 535, 536 hinaus - erbringt. Dieser Betrag bleibt bei der Minderung außer Betracht, es sei denn, der Mangel hafte gerade den Nebenleistungen an. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(150)
3. Titel. Miete. Pacht
§537 49 b-51 b
Maßgebender Zeitpunkt ist der des Vertragsschlusses. Gemindert wird der Mietzins 49b aber nur für die Zeit, während derer die Gebrauchstauglichkeit der Sache aufgehoben oder herabgesetzt ist. Beseitigt der Vermieter den Mangel, so muß der Mieter wieder den vollen Mietzins zahlen. Hat der Mieter den Mietzins schon im voraus gezahlt, so kann er den infolge der Minderung zuviel gezahlten Betrag nach § 812 Abs 1 kondizieren und mit diesem Anspruch auch gegen zukünftige Mietzinsansprüche des Vermieters aufrechnen. Das Ausmaß der Minderung hängt naturgemäß ganz von den Umständen des 49c Einzelfalles, namentlich von der Schwere des Mangels ab (vgl für Mängel der Heizung oben Rz 17). Bei leichten Störungen billigt die Praxis idR nur eine Minderung von 5-10%; bei erheblicher Lärmbelästigung liegt die Minderungsrate hingegen idR zwischen 10 und 20% (zB AG Gelsenkirchen WuM 1978, 66). Eine noch größere Minderung kömmt nur bei schweren Mängeln, zB bei längerem Ausfall der Heizung oder bei Unbenutzbarkeit des Wohnzimmers in Betracht (AG Bochum WuM 1979, 74 f: 20%). Allgemeine Regeln lassen sich hier jedoch kaum aufstellen (s die Kasuistik bei STERNEL RZ II 377-381 m zahlr Nachw; AG Lüdinghausen WuM 1980, 52; AG Dortmund WuM 1980, 6; AG Leverkusen WuM 1980, 163: 50% bei erheblicher Feuchtigkeit; AG Groß-Gerau WuM 1980, 128: 38% bei Mängeln der Abwässeranlage). Verrechnet sich der Mieter, so daß er zuviel mindert, so kommt er mit der Differenz nur bei Verschulden in Verzug (AG Münster WuM 1980, 162). c) Die Minderung setzt kein Verschulden des Vermieters voraus. Ebensowenig spielt 50 es eine Rolle, ob der Mieter bei einwandfreiem Zustand der Sache von dieser überhaupt einen Gebrauch gemacht hätte (BGH LM Nr 16 zu § 535 BGB). Eine Minderung kommt jedoch nicht mehr in Betracht, wenn der Mieter trotz Vertragsbeendigung wohnen bleibt und deshalb nach § 557 den Mietzins als Mindestschaden fortzahlen muß (BGH LM Nr 3 a zu § 557 BGB). d) Durch die Minderung wird der Erfüllungsanspruch des Mieters nicht berührt. 51 Daraus folgt zugleich, daß durch die Möglichkeit der Minderung auch die Einrede des nichterfüllten Vertrages nicht berührt wird (RG Recht 1913 Nr 1728; AG Langen WuM 1980, 7 f), da § 320 dem Mieter gerade die Möglichkeit geben soll, durch Zurückhaltung des fälligen Mietzinses, und zwar auch des von der Minderung nicht erfaßten Betrages, den Vermieter zur Erfüllung seiner Pflicht aus § 536 anzuhalten (BÜTTNER W U M 1978, 1 1 7 ; STERNEL RZ II 150; aM Voraufl Rz 5 1 ) . Nimmt man insoweit eine Vorleistungspflicht des Vermieters an (s § 551), so folgt dasselbe schon daraus, daß vor Erfüllung der Vermieterpflicht die Zahlungspflicht des Mieters gar nicht fällig wird (MünchKomm-EMMERICH § 320 Rz 43 f). In der Praxis bildet jedoch die Vorleistungspflicht des Mieters durchaus die Regel 51a (§ 551 Rz 1). Diese Vorleistungspflicht entfällt jedoch mit der Folge, daß wieder § 320 anwendbar ist, wenn der Vermieter die Erfüllung seiner Pflichten verweigert (MünchKomm-EMMERiCH § 320 kz 45 f m Nachw). Vor allem aber bleibt zu beachten, daß durch Formularverträge § 320 nicht mehr ausgeschlossen werden kann (§ 11 Nr 2 lit a AGBG); insoweit ist daher auch stets eine formularvertragliche Anordnung der Vorleistungspflicht des Mieters unwirksam (s § 7 AGBG; HENSEN, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGBG [3. Aufl 1978] §§ 9-11 Anh Rz 502; STERNEL RZ II 150; s eingehend unten § 5 5 1 Rz 6 ff m Nachw). Durch die Neufassung des § 538 ist schließlich klargestellt, daß der Mieter - anders als 51b der Käufer (§ 463) - neben der Minderung stets auch Schadensersatz verlangen kann. Dasselbe gilt auch umgekehrt, es sei denn, bei der Berechnung des Schadens sei schon der Minderwert der Sache berücksichtigt worden (§ 538 Rz 24; PALANDT-PUTZO § 537 Anm 4 d, aa). (151)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§537 52-55 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
52 2. Der Ausschluß der Minderung kraft Gesetzes a) Eine Minderung kommt trotz Vorliegens eines Mangels nicht in Betracht, wenn der Mieter den Mangel bei Vertragsschluß gekannt hat (§ 539) oder wenn er seine Anzeigepflicht verletzt hat und der Vermieter infolgedessen außerstande war, Abhilfe zu schaffen (§ 545). Ein weiterer Ausschlußtatbestand findet sich in § 324 Abs 1: Hat der Mieter den Mangel selbst zu vertreten, so scheidet eine Minderung aus; an deren Stelle tritt die Schadensersatzpflicht des Mieters; so zB bei Schimmelbildung in den Räumen infolge ungenügender Heizung durch den Mieter (OLG Hamburg OLGE 13, 363), bei Verursachung des Mangels durch den Untermieter (§ 278; R G Z 157, 363, 367) oder bei Verursachung des Mangels durch die Unterlassung der nach dem Vertrag dem Mieter obliegenden Schönheitsreparaturen (BGH WM 1978, 227, 228). 53 b) aa) Die Praxis wendet § 539 entsprechend an, wenn der Mieter den Mangel nachträglich erkennt, gleichwohl aber den Gebrauch der gemieteten Sache über eine längere Zeit vorbehaltlos fortsetzt, namentlich den Mietzins in voller Höhe weiterzahlt. Je nach den Umständen des Falles wird dann in diesem Verhalten des Mieters ein vollständiger oder teilweiser Verzicht auf die Minderung wegen des dem Mieter bekannten Mangels gesehen. Dahinter steht der Gedanke, daß sich aus der vorbehaltlosen Fortzahlung des unveränderten Mietzinses ergebe, daß dem Mieter die Sache trotz ihres Mangels ihren Preis wert sei. Zur Vermeidung des Ausschlusses der Mängelansprüche soll es deshalb auch nicht genügen, daß der Mieter wiederholt Beanstandungen vorbringt, sofern er nur gleichwohl durch die vorbehaltlose Fortzahlung des Mietzinses den Vertrag seinerseits voll erfüllt*. Dasselbe soll gelten, wenn der Mieter trotz Kenntnis von dem Mangel eine Verlängerungsoption ausübt (BGH ZMR 1970, 327, 329). 54 Der Ausschluß der Mieterrechte bezieht sich jedoch stets nur auf das Minderungsrecht des § 537, niemals hingegen auf den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aus § 536; dieser bleibt also dem Mieter auch trotz Kenntnis des Mangels stets voll erhalten (BGH WM 1967, 850, 851). Das Minderungsrecht lebt außerdem wieder auf, sobald der Vermieter eine Erhöhung des Mietzinses verlangt, jedenfalls sofern dann der erhöhte Mietzins in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zu dem Wert der mangelhaften Sache steht.** 55 Ein Verlust des Minderungsrechts wird verneint, wenn der Mieter den Mietzins lediglich unter Vorbehalt fortzahlt und nachdrücklich auf einer Beseitigung der Mängel besteht oder die Kündigung für den Fall androht, daß die Mängel nicht binnen einer bestimmten Frist behoben werden. Ebenso steht es, wenn der Mieter darauf vertrauen darf und auch vertraut, daß der Mangel in Kürze vom Vermieter beseitigt wird, und nur deshalb den Mietzins zunächst in voller Höhe fortzahlt (BGH LM Nr 6 zu § 539 B G B ; Nr 6 zu § 542 B G B ; ZMR 1976, 138, 141). 55a Dem Mieter muß außerdem stets zumindest eine Überlegungsfristvon mehreren Monaten zugebilligt werden, weil es unzumutbar ist, von ihm sofort nach Auftauchen des * S o z B R G J W 1 9 3 6 , 2 7 0 6 = G r u n d E 1 9 3 6 , 7 6 3 ; B G H L M Nr 1 9 zu § 5 3 7 B G B B 1 2 ; Nr 6 zu § 5 3 9 B G B ; Nr 6 zu § 5 4 2 B G B B 1 2 f; Z M R 1 9 6 1 , 3 5 9 = B B 1 9 6 1 , 1 0 7 0 ; Z M R 1 9 7 6 , 1 3 8 , 141 = L M
Nr 51 zu § 139 B G B ; WM 1967, 515, 517; 1967, 850, 851; OLG Kiel SchlHAnz 1965, 211,212; OLG Celle NdsRpfl 1975,95,98; OLG Hamm ZMR 1971,18,20;Urt v 14. 12. 1 9 7 6 - 7 U 4 5 / 7 6 ; LG Köln WuM 1975, 5, 7; LG Mannheim WuM 1975, 226; AG Ludwigshafen ZMR 1980, 181; MITTELSTEIN 2 9 3 f; WEIMAR 3 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 3 7 A n m 5 a, § 5 3 9 A n m 5.
** BGH LM Nr 3 zu § 539 B G B ; Nr 9 zu § 18 1. BMG = ZMR 1961, 257; weitergehend OLG Düsseldorf O L G Z 1 9 7 3 , 3 1 1 , 3 1 2 ; THEUERKAUF M D R 1 9 6 1 , 9 0 7 ; HOFFMANN M D R 181.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
1962,
(152)
3. Titel. Miete. Pacht
§537 56-59
Mangels eine Entscheidung über die zu ergreifenden Rechtsbehelfe zu verlangen (ebenso zu Recht LG Hannover ZMR 1979, 47 f; LG Lübeck WuM 1979, 189). Ebensowenig ist Raum für die entsprechende Anwendung des § 539, wenn der Vermieter Beseitigung des Mangels zusagt (BGH LM Nr 51 zu § 139 BGB B14) oder wenn der Vermieter diese ohne Widerspruch des Mieters für eine bestimmte Zeit a u f s c h i e b t (s STERNEL R Z I I 1 6 6 m N a c h w ) .
bb) Diese ganze Praxis ist verfehlt. Der Gesetzgeber hat den Ausschluß der 56 Mieterrechte in § 539 mit Bedacht auf wenige, eng umgrenzte Fälle beschränkt. Für eine entsprechende Anwendung des § 539 ist daher kein Raum (ebenso zu Recht ESSER-WEYERS I I 1 § 1 5 I 7 a [S 1 5 0 ] ; STERNEL R Z I I 1 6 7 ) . D i e g e s c h i l d e r t e P r a x i s
verkennt zudem völlig die Zwangssituation, in der sich der Mieter angesichts der Situation auf dem Wohnungsmarkt in derartigen Fällen häufig befindet. Jedenfalls bei der Wohnraummiete sollte deshalb der Mieter trotz Fortzahlung des ungekürzten Mietzinses zur Minderung berechtigt bleiben, sobald er dem Vermieter den Mangel mitgeteilt und Beseitigung verlangt hat. In allen übrigen Fällen reicht die Anwendung des § 242 (Verbot des venire contra factum proprium) vollauf aus, um von Fall zu Fall zu gerechten Ergebnissen zu gelangen. c) Die Minderung ist schließlich ausgeschlossen, wenn der Mieter selbst vertraglich 57 die Beseitigung des fraglichen Mangels übernommen hatte oder wenn er zuvor bestimmte Veränderungen gewünscht hatte, auf die der Mangel letztlich zurückgeht, weil er mit dem Wunsch nach diesen Veränderungen zugleich das Risiko derartiger Mängel übernommen hat (o Rz 8). 3. Vertragliche Beschränkung des Minderungsrechts
58
a) § 5 3 7 ist dispositiv, s o d a ß e r (in d e n G r e n z e n d e r § § 5 3 7 A b s 3 , 5 4 0 , 1 3 8 u n d 2 4 2 )
vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt werden kann (BGHZ 29, 289, 295 f; aM n u r O L G B r a u n s c h w e i g Z M R 1 9 6 3 , 2 1 1 N r 1 3 m a b l A n m BASSENGE Z M R 1 9 6 4 ,
39 f). Deshalb ist es auch möglich, die Minderung von zusätzlichen Bedingungen wie einer vorherigen Anzeige unter Einhaltung bestimmter Fristen abhängig zu machen. Alle Klauseln dieser Art sind jedoch stets ganz restriktiv und grundsätzlich gegen den 58a Vermieter auszulegen. Daher können namentlich vertragliche Verbote der Aufrechnung oder der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes bei der gebotenen, ganz engen Auslegung solcher Vertragsbestimmungen nicht auch zugleich als Ausschluß der Minderung interpretiert werden (BGB-RGRK-GELHAAR § 537 Rz 28). Vor allem aber ist es unzulässig (§ 138) zu bestimmen, daß die Minderung nur durch Klage oder nur nach vorheriger, rechtskräftiger Feststellung des Mangels geltend gemacht w e r d e n d ü r f e (STERNEL R Z I I 3 8 6 ; a M m i t a b w e g i g e r B e g r ü n d u n g
BGB-RGRK-
GELHAAR § 537 Rz 26). Zulässig ist es hingegen, durch Individualvereinbarung (§ 1 Abs 2 AGBG) die Minderung durch den bloßen Anspruch auf Beseitigung der Mängel (§ 536) zu „ersetzen" (§ 538 Rz 23). Und bei einem Jagdpachtvertrag liegt in dem Ausschluß der Gewähr für die Größe des Bezirks auch ein Ausschluß der Minderung (OLG Koblenz MDR 1978, 932). Der Ausschluß der Sachmängelhaftung des Vermieters kann grundsätzlich auch auf 59 versteckte Mängel erstreckt werden; entscheidend sind insoweit die Abreden der Parteien (OLG Düsseldorf VersR 1973, 425). Anders jedoch, wenn durch die versteckten Mängel der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache geradezu unmöglich gemacht wird, weil jede Partei für die Erfüllung jedenfalls ihrer Hauptleistungspflichten unbedingt einstehen muß (OLG Schleswig SchlHAnz 1970, 159 für den Befall von Lagerräumen mit Ungeziefer). (153)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 537, 538 60-62
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
60 b) Weitergehende Schranken gelten für Formularverträge. Denn alle Mietverträge sind Verträge über Leistungen iS des § 1 1 Nr 1 0 AGBG ( L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K E R , AGBG [ 1 9 7 7 ] § 1 1 Nr 1 0 Rz 4 ; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 1 1 AGBG Anm 1 0 ; aM STAUDINGER-SCHLOSSER § 1 1 AGBG Rz 1 1 ; H E N S E N , in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG [ 3 . Aufl 1 9 7 8 ] § 1 1 Nr 1 0 Rz 3 M Nachw). Deshalb ist jeder Ausschluß der Gewährleistungsansprüche des Mieters unzulässig (§ 11 Nr 10 lit a AGBG). Zulässig ist hingegen die Verweisung des Mieters auf einen NachbesserungsanspTuch, jedoch nur, wenn dem Mieter ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nachbesserung zu mindern oder zu kündigen (§ 11 Nr 10 lit b AGBG).* Für den kaufmännischen Verkehr folgt grundsätzlich dasselbe aus den §§ 9 und 24 AGBG, bei der Fahrnismiete freilich nur, soweit es sich um Verträge über neuwertige Sachen handelt (alles str). 61 c) Dieselbe Wertung liegt auch dem § 537 Abs 3 zugrunde, wonach bei Mietverhältnissen über Wohnraum eine zum Nachteil des Mieters von § 537 abweichende Vereinbarung unwirksam ist (vgl die Begr zum RegE, BT-Dr IV/806, 8). Die Minderung darf deshalb weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. Unzulässig sind auch Klauseln, die die Minderung von zusätzlichen Bedingungen wie einer Anzeige oder der Einhaltung von Fristen abhängig machen oder den Fehlerbegriff einschränkend definieren (AG Aachen NJW 1970,1923; LG Hamburg WuM 1980, 126, 127; AG Münster WuM 1980, 185; eingehende STERNEL R Z II 387; aM AG Dortmund WuM 1980, 126). Eine gegen § 537 Abs 3 verstoßende Abrede ist unwirksam. IdR dürfte dies jedoch ohne Einfluß auf die Wirksamkeit des Vertrages im übrigen sein ( P E R G A N D E § 537 Anm 9). § 537 Abs 3 gilt uneingeschränkt auch für alle Mischmietverhältnisse (LG Kiel WuM 1980, 52 f). 62 IV. Beweislast Wenn sich der Mieter gegenüber dem Mietzinsanspruch des Vermieters auf Minderung beruft, trifft ihn die Beweislast für das Vorliegen von Mängeln (hM; aM mit guten Gründen STOLL, in FS Hippel [1967] 517,533 ff). Steht jedoch fest, daß die Mietsache mangelhaft ist, so muß der Vermieter beweisen, daß nur eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit vorliegt (s. P E R G A N D E § 537 Anm 8). Eine abweichende Regelung durch Formularverträge ist nicht möglich (§§ 9, 11 Nr 15, 24 AGBG). §538 Ist ein Mangel der im § 537 bezeichneten Art bei dem Abschluß des Vertrages vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später infolge eines Umstandes, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der im § 537 bestimmten Rechte Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Im Falle des Verzugs des Vermieters kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. E I §§ 506,514 Abs 3; E II § 483; E III § 531; Mot II 376 f; Prot II 132; 2. MietÄndG v 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art I Nr 2. * Ebenso im Ergebnis KG MietGer 1933,45; OLG Braunschweig ZMR 1953,211; OLG Nürnberg M D R 1 9 7 7 , 5 8 0 N r 5 0 ( u n t e r A n w e n d u n g d e s § 3 A G B G ) ; LARENZ II § 4 8 III b ; SOERGEL-MEZGER § 5 4 0 R z 2; STERNEL RZ I I 3 8 6 F; w o h l auch KOCH-STÜBING, A G B G ( 1 9 7 7 ) § 11 N r 10 R z 13 A b s
2; vgl auch BGH Betrieb 1967, 118 = WarnR 1966 Nr 217, wonach das formularmäßige Anerkenntnis der Mangelfreiheit den Kfz-Vermieter nicht von der Haftung für abgefahrene Reifen befreit.
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(154)
§538 3. Titel. Miete. Pacht
Schrifttum (s schon Vorbem zu § 537 und bei § 537) BROX-ELSING, Die Mängelhaftung bei Kauf, Miete und Werkvertrag, JuS 1976,1 ; CRANZ, Minderung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung, ZMR1954, 1; DIEDERICHSEN, Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Ersatz von Mangelfolgeschäden, AcP 1 6 5 ( 1 9 6 5 ) 150, 1 6 6 ff; ESSER-WEYERS II 1 § 15 I 6 (S 146 f f ) ; HASSOLD, D i e M ä n g e l h a f t u n g i m
Mietrecht, JuS 1975,550; KRAMPE, Die Garantiehaftung des Vermieters für Sachmängel. Ein Beitrag zur Kasuistik (1980); KÜRZEL, Schadensersatzpflicht des Vermieters wegen Mängeln der Mietsache, DWW 1964, 251; MTITELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 298 ff; NIENDORTF, MietR nach dem BGB (10. Aufl 1914) 140 ff; PIEPER, Ersatzansprüche des in einen Mietvertrag eingetretenen Mieters, NJW 1961, 300; SÖLLNER, Mietvertragliche Sachmängelhaftung des Grundstückserwerbers gegenüber Dritten, JuS 1970, 159; STERNEL, MietR Rz II 388-395 (S 226); TODT, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers aus Sachmängeln (1970) bes 34 ff, 163 ff; ders, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers bei Lieferung eines mangelhaften Vertragsobjektes, BB 1971, 680; TRENCKHINTERBERGER, Die Garantiehaftung des Vermieters, JuS 1975, 501; WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) bes 19 ff; ders, Zum Umfang des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gemäß § 538 BGB, MDR 1960, 555; ders, Das Recht des Mieters zur Mängelbeseitigung gemäß § 538 Abs 2 BGB, ZMR 1965, 163; ders, Unterlassene Abhilfe des Vermieters bei angezeigten Mängeln, ZMR 1978, 4; ders, Der Aufwendungsersatzanspruch wegen Mängelbeseitigung und notwendiger Verwendungen des Mieters, ZMR 1979, 260.
Systematische Übersicht IV. Die Haftung des Vermieters bei Verzug mit der Mängelbeseitigung 16
I. Anwendungsbereich 1 II. Die Haltung des Vermieters für schon bei Vertragsschluß vorhandene Mängel 1. Allgemeines 3 2. Die Voraussetzungen der Garantiehaftung im einzelnen 4 3. Beschränkung auf erkennbare Mängel? 13 in. Die Haltung des Vermieters für nachträgliche, von ihm zu vertretende Mängel 14
V. Rechtsfolgen 1. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung 24 2. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz 35 VI. Ausschluß und Beschränkungen 1. Ausschlußklauseln 43 2. Mitwirkendes Verschulden 48 VII. Beweislast 50
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 43 ff Anfängliche Mängel 3 ff - behördliche Verbote 10 - Beispiele 10 f - Erkennbarkeit 13 - Erwerber 5 a - Garantiehaftung 3, 5 - Gattungsmiete 7 b, 13 - Gefahr geheimer Mängel 9 - herzustellende Sache 8 - Mangel 4 - Mietnachfolger 6 - mitwirkendes Verschulden des Mieters 49 - Verschulden 5 - Zeitpunkt 6 ff Anwendungsbereich 123 (155)
Aufrechnungsausschluß 46 Aufwendungen 37 f Aufwendungsersatzanspruch des Mieters 35 ff - Anwendungsbereich 35 - Aufwendungen 37 f - Bereicherungsanspruch 42 - Erforderlichkeit der Aufwendungen 37 a - Geschäftsführung ohne Auftrag 36 - Minderung 39 - Schaden des Mieters 38 - Selbsthilferecht des Mieters 36 f, 48 - Verhältnis zum Verwendungsersatzanspruch 41 - Verjährung 40 - Verzug des Vermieters 42 - Vorschuß 38 Ausschlußklauseln 43
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§538 1,2
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Beweislast 50 Erfüllungsinteresse 28 Erwerber 5 a Formularverträge 45 f, 50 Garantiehaftung 3 f, 10 Gefahrtragung 9 Geheime Mängel 13 Geschützter Personenkreis 26
- entgangene Nutzungsmöglichkeit 31 - geschützte Personen 26 - Kausalität 34 - Mangelfolgeschaden 27 ff - mitwirkendes Verschulden des Mieters 48 ff - Reparaturkosten 32 - Schäden durch Kündigung 25, 30 - Umfang des Anspruchs 27 ff - Verhältnis zur Kündigung 25, 30 - Verhältnis zur Minderung 24 - Vorteilsausgleichung 32 Selbsthilferecht 35 f, 48
Herzustellende Sache 8 Träger-Bewerberverträge 2 Kündigung 25, 30 Mängelanzeige 18 f Mahnung 19 f Mangelfolgeschäden 27 f Maßgebender Zeitpunkt 7 Minderung 24 Mitwirkendes Verschulden 48 f Nachbesserungsanspruch 23 Nachträgliche Mängel 14 f Neuer Mieter 6 Rechtsfolgen 24 ff Schadensersatzanspruch 24 ff - Ausschlußklauseln 43 ff - Beispiele 29 - Beschränkungen 43 ff - Deliktsansprüche 26, 33
Umfang des Ersatzanspruchs 27 ff Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung 22 Verjährung 40 Verschulden 6 Verschuldete Mängel 14 ff Versteckte Mängel 43 Verzug mit Mängelbeseitigung 16 ff - Beispiele 16 - Entbehrlichkeit der Mahnung 20 - Erfüllung 23 a - Fälligkeit 18 - Mahnung 19 f - Unmöglichkeit 22 - Verzug 17 ff - Verzug mit Nachbesserung 23 - Verschulden 21 - Voraussetzungen 17 ff Zugesicherte Eigenschaft 5, 15, 49
1 I. Anwendungsbereich § 538 Abs 1 ordnet in 3 Fällen eine Verpflichtung des Vermieters zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung an (s unten Rz 3-23). Wie sich aus der Bezugnahme auf § 537 ergibt, setzt diese Haftung des Vermieters in allen drei Fällen voraus, daß dem Mieter die Sache bereits überlassen ist (s § 537 Rz 11). Das gilt auch für die Garantiehaftung des Vermieters für schon bei Vertragsschluß vorhandene Mängel. 2 § 538 ist entsprechend anwendbar auf sog Träger-Bewerberverträge, aufgrund derer dem Bewerber vorläufig entgeltlich die Nutzung des ihm später zu übereignenden Hauses überlassen worden ist (BGHZ 56, 136, 138 ff); ebenso auf Hotelaufnahmeverträge und ähnliche Vereinbarungen (Vorbem 58 ff zu §§ 535, 536); nicht jedoch auf Verträge mit Schank- und Speisewirten und auf Pferdeeinstellungsverträge, soweit sie nicht Miete sind (BGB-RGRK-GELHAAR § 538 Rz 28 f m Nachw).
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(156)
§538 3-6 a
3. Titel. Miete. Pacht
II. Die Haftung des Vermieters für schon bei Vertragsschluß vorhandene Mängel 1. Allgemeines
3
Nach § 538 Abs 1 ist der Vermieter dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ein Mangel iS des § 537 schon bei Vertragsschluß vorhanden ist. Diese (vom Verschulden unabhängige) sog Garantiehaftung (grdleg BGHZ 63, 333, 335) wurde dem Vermieter - in Abweichung vom früheren Recht - auferlegt, weil man davon ausging, es entspreche dem Wesen des Mietvertrages, daß der Vermieter die Tauglichkeit der Mietsache bei Vertragsschluß stillschweigend garantiere (Mot II 376 f). Ob diese Annahme berechtigt ist oder nicht, ist bis heute streitig geblieben (vgl T O D T 45 ff m Nachw). Der Kritik ist dabei sicher einzuräumen, daß die Unterstellung einer stillschweigenden Garantie des Vermieters verfehlt ist. Auf der anderen Seite zeigt aber die Praxis immer wieder, wie nötig der umfassende Schutz des Mieters gerade gegen bei Vertragsschluß vorhandene Mängel ist. Zu Recht hat deshalb der Gesetzgeber bisher an der Garantiehaftung des Vermieters festgehalten (ebenso ESSER-WEYERS I I 1 § 1 5 I 6 c).
2. Die Voraussetzungen der Garantiehaftung im einzelnen
4
a) Erste Voraussetzung der Garantiehaftung des Vermieters ist, daß es sich um einen Mangel iS des § 537 handelt. Die Garantiehaftung greift daher auch ein, wenn schon bei Vertragsschluß zugesicherte Eigenschaften fehlen. b) Die Garantiehaftung des Vermieters setzt kein Verschulden voraus; auf die 5 Erkennbarkeit oder Vermeidbarkeit des Mangels kommt es nicht an (s auch unten Rz 13).* Nur bei Kenntnis des Mieters von dem Mangel kann die Haftung nach § 539 entfallen. Ebenso wenn der Mieter die Sache vertragswidrig nutzt und nur deshalb einen Schaden infolge des anfänglichen Mangels erleidet (BGH, Urt v 12. 4. 1972 VIII ZR 2/71). Wechselt der Eigentümer während des Laufes des Vertrages, so gilt § 571, so daß 5a auch der Erwerber des Grundstücks ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden für alle während der Dauer seines Eigentums entstehenden Schäden haftet, selbst wenn der Mangel schon lange vor seinem Eigentumserwerb eingetreten ist, vorausgesetzt nur, daß es sich um einen anfänglichen Mangel handelte (s im einzelnen § 571 Rz 78 ff m Nachw). Die Haftung entfällt nur für solche Schäden, die schon vor dem Zeitpunkt seines Eigentumserwerbes eingetreten waren. Tritt ein neuer Mieter in der Weise in den Mietvertrag ein, daß der mit dem alten 6 Mieter abgeschlossene Vertrag mit ihm fortgesetzt wird, so bleibt es bei dem ersten Vertragsschluß mit dem alten Mieter als dem maßgeblichen Zeitpunkt; für Mängel bei Eintritt des neuen Mieters haftet der Vermieter also nur, wenn er sie zu vertreten hat (§ 538 Abs 1 Fall 2; BGH LM Nr 21 a zu § 535 BGB; P I E P E R NJW 1961, 300 f). Wird ein zunächst formlos abgeschlossener Mietvertrag durch einen schriftlichen 6a Vertrag ersetzt, so kommt es für die Garantiehaftung des Vermieters idR auf den Zeitpunkt des zweiten, schriftlichen Vertragsschlusses an (BGH NJW 1968,885, 886 [insoweit nicht in BGHZ 49, 350, 352 veröffentlicht]; B G B - R G R K - G E L H A A R § 538 R z 1 1 ; STERNEL R Z I I 3 9 0 ; a M PALANDT-PUTZO § 5 3 8 A n m
26).
* BGHZ 9, 320, 321; 63, 333, 335; 68,294 = JuS 1977,763 f Nr 7; BGH LM Nr 5 zu § 538 BGB; OLG Bamberg OLGZ 1976, 195, 200; OLG Hamm ZMR 1970, 236; OLG Düsseldorf VersR 1974, 1113; LG Mannheim MDR 1969, 313 f; B G B - R G R K - G E L H A A R § 538 Rz 7; P A L A N D T PUTZO § 5 3 8 A n m 2 a ; STERNEL R z II (157)
388.
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§538 7-10 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
7 c) Probleme entstehen, wenn Vertragsschluß, Herstellung der Sache und deren Übergabe auseinanderfallen. Fallen Vertragsschluß und der Beginn des Mietverhältnisses durch Übergabe der Sache auseinander, so ist der maßgebende Zeitpunkt nach § 538 Abs 1 Fall 1 grundsätzlich der des Vertragsschlusses. Die Garantiehaftung des Vermieters für in diesem Augenblick schon vorhandene Mängel entfällt daher nur, wenn die Parteien ausnahmsweise etwas Abweichendes vereinbart haben (BGH NJW1968, 885 = JuS 1968, 335 Nr 3). 7a § 538 ist entsprechend anwendbar, wenn die Sache in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Übergabe mit einem Mangel behaftet wird. Umgekehrt entfällt die Garantiehaftung des Vermieters, wenn der Mangel in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Übergabe beseitigt wird, außer wenn dadurch der Vermieter in Verzug mit der Übergabe gerät (TODT 49). 7b Bei der Gattungsmiete ist (analog § 480) nur der Zeitpunkt der Übergabe maßgebend (MEDICUS, in: FS Felgentraeger [1969] 309, 311 f). 8 Ein Mietvertrag kann auch über eine erst noch herzustellende Sache abgeschlossen werden. In derartigen Fällen wendet die Praxis § 538 sinngemäß an, wenn der Mangel entweder bei der Übergabe oder bei der Fertigstellung der Sache vorliegt (BGHZ 9, 3 2 0 f; 5 6 , 1 3 6 , 1 4 0 ; BGH LM Nr 3 3 zu § 3 2 8 BGB; Nr 6 zu § 5 3 8 BGB; OLG Düsseldorf VersR 1974, 1113; kritisch TODT 50). Richtigerweise sollte jedoch in diesen Fällen allein auf die Übergabe als maßgebendem Zeitpunkt abgestellt werden, da allein dieser Zeitpunkt für den Mieter bedeutsam ist. 9 d) Für das Vorliegen eines Mangels zu dem hiernach maßgebenden Zeitpunkt genügt es, daß in diesem Zeitpunkt schon die Ursachen der späteren Schädigung vorhanden sind. Der Mangel braucht also damals noch nicht hervorgetreten zu sein. Erst recht braucht noch kein Schaden eingetreten zu sein, so daß der Vermieter die Gefahr aller geheimen Mängel trägt (aM zuletzt MITTELSTEIN 306 f). 10 e) Dies hat zur Folge, daß die Garantiehaftung des Vermieters im Ergebnis außerordentlich weitgeht (s schon RGZ 81, 200, 202; RG JW 1921, 334 f; OLG Hamburg OLGE 22,261,262). So trifft zB den Vermieter die Garantiehaftung, wenn die Ursachen späterer behördlicher Verbote oder Beschränkungen bereits bei Vertragsschluß vorlagen (BGH LM Nr 6 zu § 538 BGB m Anm DIEDERICHSEN JZ 1964, 25; BGH LM Nr 17 zu § 537 BGB; OLG Hamm ZMR 1970, 236), vorausgesetzt, daß nach den gesamten Umständen schon damals mit einem Einschreiten der Behörden zu rechnen war, insbes also dann nicht, wenn die Behörde erst nach Vertragsschluß ihre Praxis ändert (grdleg BGHZ 68,294 = JuS 1977, 763 f Nr 7 für das Verbot einer in einem Mischgebiet liegenden Diskothek). 10a Ein anfänglicher Mangel iS des § 538 Abs 1 Fall 1 liegt außerdem vor, wenn der Vermieter eine Kegelbahn mit einem zum Schwitzen neigenden Fußbodenbelag vermietet ( B G H L M Nr 19 zu § 537 B G B m Anm TRENCK-HINTERBERGER JUS 1975,
501); wenn sich in den vermieteten Räumen eine unverschlossene Rauchrohröffnung befindet (BGHZ 49, 350 = JuS 1968, 335 Nr 3 m Anm SÖLLNER JUS 1970, 159); wenn bei einem vermieteten Gerüst eine Sprosse innen faul ist (OLG Düsseldorf VersR 1974,1113); wenn der nicht ordnungsgemäß aufgebrachte Deckenputz später herabfällt, wenn mangelhafte Rohre oder Leitungen später platzen oder reißen, wenn die Scheiben zu dünn sind und deshalb später zerspringen (STERNEL RZ II 388), wenn die Installation eines Hotelzimmers schadhaft ist, zB der Badewannenhebel klemmt (grdleg RGZ 169, 84; BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB), wenn der auf dem Hotelparkplatz abgestellte Wagen des Gastes durch herabstürzende Äste eines innerlich faulen Baumes beschädigt wird (BGHZ 63, 333, 335 ff), wenn der Boden Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(158)
3. Titel. Miete. Pacht
§538 11-14 b
der Hotelgänge so glatt ist, daß die Gäste zu Fall kommen ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 538 Rz 27), wenn die Dielen eines Flurs über einem Hohlraum in Fäulnis übergegangen sind, wenn das Geländer der Haustreppe morsch ist oder wenn sich unmittelbar hinter der Haustür ein ungeschützter Schacht zum Ablesen der Wasseruhr befindet (RG WarnR 1916 Nr 223, S 355, 359 f; KG H R R 1936 Nr 797 und 1271). f) Die Garantiehaftung ist unabhängig davon, ob der Mangel der vermieteten Sache 11 selbst anhaftet oder außerhalb der Sache liegt, so daß der Vermieter auch für von außen auf die Sache einwirkende Gefahrenquellen uneingeschränkt haftet (BGH LM Nr 20 zu § 537 BGB; Nr 3 zu § 538 BGB; OLG Köln NJW 1964, 2020; BGB-RGRK-GELHAAR § 538 Rz
13).
g) Wegen des Vorrangs des § 538 vor § 306 (s Vorbem 5 zu § 537) spielt es 12 schließlich auch keine Rolle, ob eine Beseitigung des Mangels überhaupt möglich ist; immer greift nur § 538 ein (str). 3. Beschränkung auf erkennbare Mängel?
13
Im Schrifttum gibt es verbreitete Versuche, die weitgehende Garantiehaftung des Vermieters einzuschränken. Diese Versuche setzen entweder bei dem Tatbestand oder bei den Rechtsfolgen des § 538 ein. Auf der Ebene des Tatbestandes wird vorgeschlagen, die Haftung des Vermieters auf solche Mängel zu beschränken, die bei Anwendung äußerster Sorgfalt noch erkennbar waren, so daß der Vermieter die Gefahr der geheimen Mängel nicht zu tragen brauche (so insbes H E C K § 98, 5; D I E D E R I C H S E N AcP 165,150,167 f; F I K E N T S C H E R , Schuldrecht § 74 II 6; L A R E N Z II § 48 III b). Für eine derartige Einschränkung der Vermieterhaftung fehlt jedoch jede Grundlage im Gesetz; sie ist auch sachlich nicht gerechtfertigt, so daß an der hM uneingeschränkt festzuhalten ist (ebenso BGH LM Nr 20 zu § 537 BGB; Nr 47 zu § 535 BGB B1 2R). Lediglich bei ganz unwahrscheinlichen Geschehensabläufen kann in seltenen Ausnahmefällen erwogen werden, die Kausalität zwischen Mangel und Schaden zu verneinen ( E S S E R - W E Y E R S II 1 § 15 I 6 b [S 147 f]).
HI. Die Haftung des Vermieters für nachträgliche, von ihm zu vertretende Mängel 1. Der Vermieter haftet dem Mieter außerdem auf Schadensersatz wegen Nichter- 14 füllung, wenn nach Vertragsschluß ein Mangel infolge eines Umstandes entsteht, den er iS der §§ 276-279 zu vertreten hat. Das Gesetz wiederholt damit nur, was sich an sich schon unmittelbar aus § 325 ergibt (Vorbem 1 zu § 537). Der Vermieter haftet hiernach vor allem, wenn er gegen seine regelmäßige 14a Prüfungspflicht schuldhaft verstößt (s §§ 535,536 Rz 43) oder wenn der Mieter durch seine Erfüllungsgehilfen schuldhaft geschädigt wird. Erfüllungsgehilfen des Vermieters sind dabei nicht nur seine Angestellten wie Hauswart und Putzfrauen, sondern auch zB die von ihm mit Reparaturen beauftragten Handwerker (AG Wiesbaden WuM 1980, 245), die Mitmieter jedoch nur, wenn sie ausnahmsweise vertraglich bestimmte Vermieteraufgaben übernommen haben, sonst aber idR nicht (§§ 535, 536 Rz 31, 156). Eine Haftung des Vermieters nach § 538 Abs 1 Fall 2 kommt hiernach zB in Betracht, 14b wenn sein Hauswart eine mangelhafte Beschaffenheit der Treppe duldet, wenn eine Stadtgemeinde in einer Badeanstalt nicht für die Beseitigung von Mängeln am Laufbrett sorgt, wenn seine Angestellten nicht genügend heizen oder bei Glatteis (159)
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§538 15-20
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
nicht streuen (BGB-RGRK-GELHAAR § 538 Rz 12 m Nachw), wenn er den Einbau einer Anlage duldet und bei deren Betrieb andere Mieter geschädigt werden (BGH ZMR 1965, 207, 208 f). Weitere Beispiele sind das unsachgemäße Bohnern einer Treppe durch eine Putzfrau (BGH LM Nr 10 a zu § 538 BGB), unsachgemäße Reparaturen durch vom Vermieter beauftragte Handwerker (AG Wiesbaden WuM 1980,245 f: Stromausfall) sowie den Mieter schädigende Änderungen der vermieteten Sache (LG Mannheim WuM 1976,150). Auch § 279 ist hier anwendbar, so daß der Untervermieter eine Kündigung des Hauptvermieters gegenüber seinem Untermieter stets iS des § 538 (iVm § 541) zu vertreten hat (BGHZ 63, 732, 139; BGH WM 1975, 897, 899). 15 2. Dieselbe Haftung besteht, wenn nachträglich eine zugesicherte Eigenschaft wegfällt. Eine Haftung ohne Verschulden kommt überdies in Betracht, wenn der Vermieter nachträglich die Garantie für bestimmte Eigenschaften übernimmt oder deren Vorhandensein jetzt erst zusichert. IV. Die Haftung des Vermieters bei Verzug mit der Mängelbeseitigung 16 1. Der Vermieter ist dem Mieter schließlich auch dann noch zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet, wenn er mit der Beseitigung eines Mangels iS des § 537 in Verzug gerät (§ 538 Abs 1 Fall 3). § 538 enthält insoweit eine Sonderregelung zu § 326. Es spielt dabei keine Rolle, wann der Mangel entstanden ist und ob ihn der Vermieter zu vertreten hat oder nicht. Praktische Bedeutung hat dieser Fall jedoch nur, wenn es sich um nachträgliche, vom Vermieter nicht zu vertretende Mängel handelt, weil sich in allen anderen Fällen die Haftung des Vermieters schon aus den beiden ersten Fällen des § 538 Abs 1 ergibt. Um einen Fall des § 538 Abs 1 Fall 3 handelt es sich hiernach zB, wenn der Mieter durch Mitmieter in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs gestört wird, der Vermieter hiergegen nicht rechtzeitig einschreitet und der Mieter deshalb einen zusätzlichen Schaden erleidet (KG H R R 1935 N r 1448; BGB-RGRK-GELHAAR § 538 R z 14).
17 2. Ob der Vermieter in Verzug ist, richtet sich im einzelnen nach den §§ 284 ff. Voraussetzungen des Verzugs sind hiernach in erster Linie Fälligkeit des Anspruchs auf Mängelbeseitigung, Möglichkeit der Mängelbeseitigung, Mahnung und Verschulden des Vermieters. 18 a) Die Fälligkeit des Mängelbeseitigungsanspruchs tritt an sich nach § 271 mit Auftreten des Mangels ein. Doch kann der Vermieter erst nach Kenntnis von dem Mangel mit dessen Beseitigung in Verzug geraten. Daraus folgt, daß der Verzug auch grundsätzlich eine Mängelanzeige des Mieters nach § 545 voraussetzt. Der Vermieter kann aber auch dann in Verzug geraten, wenn er auf andere Weise von dem Mangel Kenntnis erlangt. 19 b) Außerdem ist als Voraussetzung des Verzugs grundsätzlich eine Mahnung des Vermieters durch den Mieter erforderlich (dagegen bes TODT 50 f). In der bloßen Anzeige oder Mängelrüge nach § 545 liegt eine derartige Mahnung idR noch nicht (WEIMAR ZMR 1 9 7 5 , 163, 1 6 4 ) ; vielmehr ist die unbedingte Aufforderung zur Beseitigung des Mangels erforderlich, wobei der Mieter dem Vermieter grundsätzlich auch eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel einräumen muß. Erst nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist kommt dann der Vermieter in Verzug (s EMMERICH, Das Recht der Leistungsstörungen [ 1 9 7 8 ] 1 0 6 f). 20 In zahlreichen Fällen ist die Mahnung indessen entbehrlich, insbes wenn die Parteien einen bestimmten Termin für die Beseitigung der Mängel vereinbart haben (§ 284 Abs 2), wenn der Vermieter einseitig für einen bestimmten Termin die Beseitigung versprochen hat oder wenn er sich strikt weigert, die Mängel beseitigen zu lassen, Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(160)
3. Titel. Miete. Pacht
§538 21-25
schließlich dann, wenn der Mieter ein dem Vermieter erkennbares, besonderes, dringendes, objektives Interesse an der sofortigen Beseitigung der Mängel hat, weil nur eine sofortige Leistung erhebliche Schäden von ihm abwenden könnte (s EMMERICH, Leistungsstörungen l l l f ) . So verhält es sich zB, wenn sich der Vermieter, nachdem bei dem Mieter bereits einmal durch eine unverschlossene Kelleröffnung eingebrochen worden ist, zu deren sofortiger Schließung verpflichtet, um erneute Einbrüche zu verhindern (RGZ 100, 42, 43). c) Ob der Vermieter die zur Beseitigung der Mängel erforderlichen Mittel besitzt, 21 spielt keine Rolle (§ 279). Deshalb sind kaum Fälle vorstellbar, in denen der Vermieter den Verzug nicht zu vertreten hat (§ 285; s EMMERICH, Leistungsstörungen 113 ff m Nachw). Nur in den (seltenen) Fällen der sog übermäßigen Leistungserschwerung kann eine abweichende Beurteilung in Betracht kommen (s Vorbem 31 zu § 5 3 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 8 R z 14; PALANDT-PUTZO § 5 3 8 A n m 3).
3. Wenn die Beseitigung des Mangels unmöglich ist, scheidet Verzug aus. Statt 22 dessen liegt Unmöglichkeit vor, so daß nur zu prüfen ist, ob der Vermieter diese zu vertreten hat oder nicht (§ 538 Abs 1 Fall 2, der insoweit dem § 325 Abs 1 entspricht). 4. § 538 Abs 1 Fall3 gilt entsprechend, wenn vertraglich die §§ 537 und 538 durch 23 einen Nachbesserungsanspruch des Mieters ersetzt sind, der Vermieter aber mit der danach geschuldeten Mängelbeseitigung in Verzug gerät. Hat jedoch der Mieter vertraglich die Reparaturpflicht übernommen, so scheidet ein Verzug des Vermieters von vornherein aus. 5. Der Vermieter genügt seiner Mängelbeseitigungspflicht grundsätzlich schon 23a dadurch, daß er einen ihm als zuverlässig bekannten Handwerker mit der Beseitigung beauftragt. Er braucht dessen Arbeiten nicht noch zusätzlich durch einen Sachverständigen nachprüfen zu lassen, sondern kann die Anzeige etwaiger Mängel durch den Mieter nach § 545 abwarten. V. Rechtsfolgen 1. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung
24C
a) Das Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen Durch die Änderung des § 538 Abs 1 im Jahre 1964 ist klargestellt worden, daß sich Minderung aufgrund des § 537 und Schadensersatz aufgrund des § 538 nicht gegenseitig ausschließen. Der Mieter kann somit auch noch nach der Minderung des Mietzinses wegen weitergehender Schäden Schadensersatz aufgrund des § 538 verlangen. Umfaßt jedoch schon der Schadensersatzanspruch die Wertminderung der vermieteten Sache, so scheidet daneben eine erneute Minderung wegen desselben Mangels aus (§ 5 3 7 Rz 5 1 b; BGH ZMR 1 9 6 3 , 1 0 7 , 1 0 9 ; enger zT früher das KG [s CRANZ Z M R 1 9 5 4 , 1 f]).
Ebensowenig schließt eine Kündigung aufgrund der §§ 542 oder 544 den Schadens- 25 ersatzanspruch aus (KG u OLG Braunschweig OLGE 13, 361 f). Für den entgangenen Gebrauch kann dann jedoch Schadensersatz nur bis zu dem Termin verlangt werden, zu dem der Vertrag frühestens ordentlich kündbar war. In diesem Rahmen kann aber auch Ersatz für solche Schäden verlangt werden, die erst nach der außerordentlichen Kündigung entstanden sind, sofern sie nur auf dem Mangel und der dadurch veranlaßten Kündigung beruhen; Hauptbeispiel sind die Umzugskosten, die Kosten für eine Herrichtung der neuen Wohnung sowie ein etwaiger höherer Mietzins für die neue Wohnung (s im einzelnen u Rz 30). (161)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§538 26-28 a
2. Buch. 7. Abschnitt Einzelne Schuldverhältnisse
26 b) Der geschützte Personenkreis Eigene Schadensersatzansprüche aufgrund des § 538 stehen nicht nur dem Mieter, sondern auch allen in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogenen Dritten, namentlich den Angehörigen und Arbeitnehmern des Mieters, zu*. Diese Dritten können im selben Umfang wie der Mieter Schadensersatz verlangen, also zB auch für Schäden an ihren Sachen, wenn sie der Mieter zulässigerweise in die gemieteten Räume gebracht hatte (BGHZ 49, 350). Wird der Mieter durch den Mangel verletzt oder getötet, so können die geschützten Dritten auch Ersatz für die ihnen infolgedessen entgehenden Dienste und Unterhaltsleistungen beanspruchen (BGH LM Nr 12/13 zu § 538 BGB). Die §§ 844, 845 sind jedoch nur anwendbar, wenn der Vermieter gleichzeitig aus Delikt haftet, zB wegen der Verletzung seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflicht durch die Unterlassung der Mängelbeseitigung (BGBRGRK-GELHAAR § 538 Rz 17).
27 c) Der Umfang des Ersatzanspruchs Unter den Voraussetzungen des § 538 Abs 1 kann der Mieter vom Vermieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Er kann also verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsmäßiger Erfüllung seitens des Vermieters gestanden hätte (s dazu ganz eingehend m zahlr Nachw MünchKomm-EMMERicH § 325 Rz 65-127; ders, Leistungsstörungen 85 ff). Zu ersetzen sind daher namentlich sämtliche kausal auf den Mangel zurückgehenden Schäden des Mieters. Zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden wird dabei nicht unterschieden, so daß nach § 538 Abs 1 namentlich auch etwaige Gesundheitsschäden des Mieters oder der sonstigen geschützten Personen zu ersetzen sind.** 28 Im Schrifttum wird demgegenüber häufig gefordert, den Schadensersatzanspruch des Mieters wegen Nichterfüllung auf das eigentliche Erfüllungsinteresse zu beschränken, so daß der Mieter wegen sämtlicher Mangelfolge- oder Begleitschäden nur bei Verschulden des Vermieters aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung Ersatz verlangen könnte.*** 28a Eine derartige Einschränkung der Vermieterhaftung namentlich für anfängliche Mängel ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt und auch praktisch kaum durchführbar, weil die Unterscheidung zwischen Mangelschäden und Mangelfolgeschäden nahezu unlösbare Schwierigkeiten aufwirft. Der Praxis, nach der der Mieter auch Ersatz für alle Mangelfolgeschäden aufgrund des § 538 verlangen kann, ist daher zuzustimmen.
* ZB BGHZ 2, 94,96 f; 49, 350, 354 = JuS 1968, 335 Nr 3 m Ann SOLLNER J U S 1970,159; BGH LM Nr 28,33 und 41 zu § 328 BGB ; OLG Düsseldorf VersR 1974,1113 f ; ESSER-WEYERS II 1 § 15 I 6 d ; PALANDT-PUTZO § 5 3 8 A n m 5 a .
** So insbes BGHZ 49, 350 = JuS 1968, 335 Nr 7 m Anm SOLLNER J U S 1970, 159; BGH Urt v 22. 9. 1976 - VIIIZR 289/74; BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; Nr 10 zu § 537 BGB B12R; Nr 5 zu § 538 BGB = JuS 1962, 285 Nr 7 m Nachw; Nr 12/13 zu § 538 BGB; OLG Düsseldorf VersR 1974,
1 1 1 3 ; BROX-ELSING J u S 1 9 7 6 ,
1, 6 ; DIEDERICHSEN A C P 1 6 5 ,
150, 166;
EMMERICH,
Schuldrecht BT (2. Aufl 1976) § 7 III; ders, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts (1974) 438 f m Nachw; ESSER-WEYERS II 1 § 1516 c; HASSOLD JuS 1975,550, 551; LARENZ II § 48 III b; PALANDT-PUTZO § 5 3 8 A n m
5 b ; STERNEL R Z I I 3 9 2 ; THIELE J Z
1967,
649,
655;
BGB-
R G R K - G E L H A A R § 5 3 8 R z 15 ff.
*** So insbes ENNECCERUS-LEHMANN § 1 2 8 I I I 2 ; HANS § 5 3 8 Anm B 3 ; ROQUETTE § 5 3 8 Rz 1 5 ff; T O D T 6 9 ff, 1 3 2 ff, 1 4 3 ff bes 1 6 3 ff; ders B B 1 9 7 1 , 6 8 0 ff; W WEIMAR, Sachmängelhaftung 2 0 ff; ders MDR 1960, 555 ff.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(162)
3. Titel. Miete. Pacht
§ S38 29-34
Demnach sind zB folgende Schäden des Mieters zu ersetzen: Gesundheitsschäden des 29 Mieters oder der anderen geschützten Personen, namentlich der Angehörigen oder Arbeitnehmer des Mieters (zB OLG Düsseldorf VersR 1974, 1113 f), Schäden an den vom Mieter eingebrachten Sachen, zB Feuchtigkeitsschäden am Mobiliar oder Schäden durch Holzwurmbefall (LG Bremen WuM 1954, 42), ebenso ein etwaiger entgangener Gewinn (§ 252), zB der entgangene Untermietzins oder ein Schaden, der dadurch entsteht, daß das Geschäft des Mieters infolge des Mangels unverkäuflich wird (RG LZ 1916, 1292; KG JW 1935, 2441), die vertretbaren Kosten der Rechtsverfolgung einschließlich der Prozeßkosten und der Kosten eines Beweissicherungsverfahrens (LG Hannover WuM 1980, 211), der Verderb von Lebensmitteln infolge eines Stromausfalls (AG Wiesbaden WuM 1980, 245 f) sowie die Schäden, die dem Mieter daraus entstehen, daß ein Ersatzmieter wegen der Mängel den Eintritt in den Mietvertrag ablehnt (LG Hannover ZMR 1971, 135). Kündigt der Mieter wegen des Mangels (s o Rz 25), so sind ihm unter anderem zu 30 ersetzen: Die Kosten für die Suche einer anderen Wohnung, die Umzugskosten, die höhere Miete für die neue Wohnung, die Kosten für die einstweilige Unterbringung des Mobiliars in anderen Räumen sowie die Kosten für die einstweilige Anmietung mehrerer Zimmer in einem Hotel.* In diesen Fällen beschränkt sich jedoch der Ersatzanspruch stets auf die Frist, für die der Vermieter gegen seinen Willen an dem Vertrag festgehalten werden konnte, dh auf die Zeit bis zum ersten zulässigen ordentlichen Kündigungstermin (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB; Nr 12/13 zu § 537 BGB). Wenn einzelne Teile des vermieteten Grundstücks oder Gebäudes infolge des 31 Mangels nicht genutzt werden können, kommt jedoch nach der neueren Praxis ein Schadensersatz für die bloße, entgangene Nutzungsmöglichkeit des Mieters nicht in Betracht; ersatzfähig ist vielmehr allein der dem Mieter konkret entgangene Gewinn etwa aus der Weitervermietung der Sache (grdleg BGHZ 66,239; 66,277; 70,199 = JuS 1976, 813 Nr 3; 1977, 46 Nr 2; 1978, 564 Nr 6, alle m Nachw; aM zuletzt OLG Köln NJW 1974, 560). Beseitigt der Mieter die Schäden selbst, so kann er Ersatz der Reparaturkosten vom 32 Vermieter auch als Schadensersatz verlangen (BGHZ 56, 136, 140). Wenn der geschädigte Mieter Arbeitnehmer ist, kann sich der Vermieter nicht darauf berufen, daß der Arbeitgeber seines Mieters zB durch Fortzahlung des Lohns den Schaden beseitigt hat; nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dürfen derartige Leistungen Dritter dem Vermieter nicht zugute kommen (BGH LM Nr 9 zu § 538 BGB). d) Mit Ansprüchen aus § 538 können Deliktsansprüche namentlich wegen Verlet- 33 zung der Verkehrssicherungspflicht konkurrieren, zB bei der Vermietung eines verkehrsuntauglichen Kraftfahrzeuges (BGH Betrieb 1967,118 = WarnR 1966 Nr 217). e) Für Schäden, die auch ohne den Mangel entstanden wären, haftet der Vermieter 34 mangels Kausalität aus § 538 Abs 1 nicht. Das gilt insbes für solche Aufwendungen, die dem Mieter auch bei Mangelfreiheit der Sache entstanden wären (sog negatives Interesse). In solchen Fällen kann sich aber immer noch eine Haftung des Vermieters aus cic oder positiver Vertragsverletzung ergeben.
* BGH LM Nr 12/13 zu § 537 BGB; Nr 9 zu § 538 BGB; Nr 4 zu § 554 a BGB; LG Mannheim M D R 1 9 6 9 , 3 1 3 , 3 1 4 = D W W 1 9 6 9 , 4 1 ; STERNEL R Z I I 3 9 2 . (163)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§538 35-41
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
35 2. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz Bei Verzug des Vermieters kann der Mieter außerdem die Mängel selbst beseitigen und vom Vermieter Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 538 Abs 2). Ebenso bei endgültiger Erfüllungsverweigerung des Vermieters (LG Mannheim BB 1977, 365). 35a a) Der Mieter hat das Recht, nicht jedoch die Pflicht, nach Verzug des Vermieters die Mängel selbst zu beseitigen (zu § 254 Abs 2 s unten Rz 48). Der Mieter ist zur Vornahme der betreffenden Arbeiten dem Vermieter gegenüber berechtigt, so daß es sich nicht um einen Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern um die Ausübung eines vertraglichen Rechtes handelt; folglich ist auch für eine entsprechende Anwendung etwa der §§ 6 8 3 und 6 7 0 kein Raum (aM HASSOLD JUS 1 9 7 5 , 550, 551).
36 b) Das Selbsthilferecht des Mieters beschränkt sich nicht auf das Mietobjekt, sondern umfaßt sämtliche mitvermieteten Sachen und Sachteile wie zB die Treppen, Flure, Keller, Böden und Zugänge. Ein etwaiges vertragliches Verbot baulicher Veränderungen bedeutet keine Einschränkung des Selbsthilferechts des Mieters. 37 c) Aufwendungen sind sämtliche Vermögensopfer, die der Mieter zu dem Zweck der Mängelbeseitigung erbringt, also nicht nur Geldleistungen, sondern auch Sachwerte, eigene Arbeitsleistungen (einschränkend STERNEL Rz II 394) und die Belastung mit Verbindlichkeiten (WEIMAR Z M R 1975, 163 ff).
37a Zu den ersatzfähigen Aufwendungen gehören auch die Kosten von Sicherungsmaßnahmen zB zur Verhinderung von Diebstählen (STERNEL aaO). Der Anspruch des Mieters geht auf Geldersatz oder Befreiung von den Verbindlichkeiten (§ 257); außerdem hat der Mieter einen Zinsanspruch (§ 256 S 1). Ersatzfähig sind jedoch in jedem Fall nur die „erforderlichen" Aufwendungen, dh nur diejenigen Aufwendungen, die der Mieter bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt für angemessen halten durfte. Der Mieter darf sich insoweit indessen stets auf das Urteil eines Fachmannes verlassen. 38 d) Vor Durchführung der erforderlichen Arbeiten kann der Mieter von dem Vermieter einen Vorschuß verlangen (BGHZ 47, 272; insbes 56, 136, 141; LG Mannheim WuM 1975, 49). Anders jedoch nach Kündigung des Vertrages (LG Mannheim aaO; BGB-RGRK-GELHAAR § 538 Rz 23). Erleidet der Mieter bei der Mängelbeseitigung einen Schaden, so ist der Vermieter entgegen der hM auch für diesen Schaden ersatzpflichtig (§ 2 8 6 ; HASSOLD JUS 1 9 7 5 , 5 5 0 , 5 5 1 ) . 39 e) Sobald der Mieter die Mängel beseitigt hat, entfällt für die Zukunft eine etwaige Minderung des Mietzinses. 40 f) Der Aufwendungsersatzanspruch aus § 538 Abs 2 ist ein Verwendungsersatzanspruch und verjährt deshalb in der Frist des § 558; dasselbe gilt für andere konkurrierende, vertragliche oder gesetzliche Ansprüche, es sei denn, daß sie in keinem Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stünden (BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB). 41 g) Das Verhältnis des § 538 Abs 2 zu § 547 ist unklar und umstritten. Daß Aufwendungen des Mieters zur Beseitigung von Mängeln keine notwendigen Verwendungen seien (so BGH LM Nr 2 zu § 558 BGB; Nr 22 zu § 538 BGB; LG Mannheim B B 1977,365; B G B - R G R K - G E L H A A R § 538 RZ 22), wird man schwerlich sagen können. Richtig ist aber, daß für seinen Anwendungsbereich § 538 Abs 2 idR Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(164)
3. Titel. Miete. Pacht
§538 42-45 a
den engeren § 547 verdrängt. Soweit jedoch die Voraussetzungen des § 538 Abs 2 nicht erfüllt sind, hindert den Mieter nichts, auf § 547 zurückzugreifen.* h) Beseitigt der Mieter Mängel, ohne daß die Voraussetzungen des § 538 Abs 2 42 vorliegen, so kann er Ersatz seiner Kosten jedenfalls dann verlangen, wenn ihm der Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet ist (BGHZ 56,136,140). Daneben kann § 547 vorliegen (LG Mannheim ZMR 1977, 220). Für die Anwendung des § 812 dürfte jedoch kein Raum sein (LG Berlin WuM 1970, 116; zust P A L A N D T - P U T Z O § 538 Anm 6 b; LG Kassel WuM 1980, 137; aM LG Konstanz WuM 1980, 200 f). VI. Ausschluß und Beschränkungen 1. Ausschlußklauseln
43
a) § 538 ist ebenso wie § 537 dispositiv, so daß abweichende vertragliche Abreden (in den Grenzen der §§ 540, 138 und 242) zulässig und auch sehr verbreitet sind. Derartige Haftungsausschlußklauseln sind stets eng und gegen den Vermieter auszulegen (BGHZ 63, 333, 334; BGH LM Nr 10 a zu § 538 BGB für ein Schild mit dem Hinweis, daß die Treppe frisch gebohnert ist). Versteckte Mängel werden daher grundsätzlich nicht erfaßt, so daß sich ein Vermieter von Kraftfahrzeugen von der Haftung für Mängel des Kfz nicht durch das formularmäßige Anerkenntnis der Mangelfreiheit durch den Mieter freizeichnen kann (BGH Betrieb 1967, 118 = WarnR 1966 Nr 217). Im Einzelfall kann sich der Haftungsausschluß weitergehend aber auch einmal auf bei Vertragsschluß nicht erkennbare Mängel erstrecken (OLG Frankfurt VersR 1973, 425). Im selben Umfang wie Ansprüche aus § 538 sind dann idR auch konkurrierende Deliktsansprüche ausgeschlossen (OLG Frankfurt aaO; OLG Hamm BB 1975, 1219, 1220 = Betrieb 1975, 1649). Ein Haftungsverzicht des Untermieters kann auch zugunsten des Hauptvermieters 44 vereinbart werden, so daß dann Ersatzansprüche des Untermieters nicht nur gegen seinen Vermieter, sondern auch gegen den Hauptvermieter ausgeschlossen sind (OLG Hamm BB 1975, 215, vgl im übrigen § 537 Rz 58 ff). b) Wesentlich engere Schranken gelten für Haftungsausschlüsse in Mietformular- 45 Verträgen auf Grund der §§ 9, 11, 24 AGBG (s Vorbem 147 ff zu §§ 535, 536; STERNEL Rz II 395; B U B DWW 1977, 76, 80). Danach kann die Haftung des Vermieters für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit überhaupt nicht mehr ausgeschlossen werden (§§ 9, 11 Nr 7 und 8 lit b, 24 AGBG; Beispiel in AG Wiesbaden WuM 1980, 245 f); das gilt nach Sinn und Zweck des § 11 AGBG gleichermaßen für alle drei Fälle des § 538, die ohnehin im wesentlichen nur die §§ 325 und 326 (mit leichten Modifikationen) wiederholen. Wenn zugleich der Nachbesserungsanspruch des Mieters (§ 536) ausgeschlossen oder beschränkt wird, verstößt der Haftungsausschluß zudem auch gegen § 11 Nr 10 lit a AGBG. Das Gesagte gilt sowohl für den nichtkaufmännischen als auch für den kaufmännischen Verkehr, wie aus den §§9 und 24 AGBG folgt. Dagegen verstoßen zahlreiche, sehr verbreitete Formularverträge. Dies alles hat natürlich besondere Bedeutung für die Wohnraummiete. Über das zu 45a Formularverträgen Gesagte hinaus (oben Rz 45) wird man hier aber auch Haftungs* S unten Rz 42, § 547 Rz 13; ebenso BGH LM Nr 51 zu § 139 BGB B1 4R = WM 1976, 384; WEIMAR Z M R 1 9 7 9 , 2 6 0 , 2 6 1 ; ä h n l i c h a u c h O L G B a m b e r g O L G Z 1 9 7 6 , 1 9 5 , 2 0 0 ; a M STERNEL,
Rz V 144, weil dann § 538 Abs 2 keine praktische Bedeutung mehr habe; doch trifft dies nicht zu. (165)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§538 46-50
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
ausschlüsse durch Individualvereinbarungen nur noch in ganz engen Grenzen zulassen können, obwohl bei den Beratungen des 2. MietÄndG v 1964 eine Übertragung des § 537 Abs 3 auf § 538 ausdrücklich abgelehnt worden ist (§§ 138, 242; H A S S O L D JuS 1975, 550, 553); allenfalls eine gewisse Einschränkung der Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel wird hier hingenommen werden können. 46 c) Auch ein Ausschluß der Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen ist möglich. Bei der Wohnraummiete ergeben sich insoweit jedoch Einschränkungen aus § 552 a. 47 d) Im übrigen gelten für § 538 dieselben Ausschlußtatbestände wie für § 537 (s deshalb im einzelnen § 537 Rz 52 ff; zu § 539 s zB AG Köln WuM 1977, 98).
48 2. Mitwirkendes Verschulden a) Soweit den Vermieter eine Verschuldenshaftung trifft, ist die Berücksichtigung eines mitwirkenden Verschuldens des Mieters unproblematisch (§ 254). Ebenso steht fest, daß den Mieter nach Entstehung eines Schadens stets die Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs 2 trifft. UU kann sich hieraus auch ausnahmsweise die Pflicht des Mieters ergeben, die Mängel selbst zu beseitigen, obwohl § 538 Abs 2 grundsätzlich nur ein Selbsthilferecht, hingegen keine Beseitigungspflicht des Mieters begründet (§§ 535 f Rz 133; R G Z 100, 42, 44). Eine Anwendung des § 254 Abs 2 wird vor allem bei leicht behebbaren Mängeln in Betracht kommen, sofern von der Unterlassung der Beseitigung dieser Mängel erhebliche Schäden drohen (ebenso B G B - R G R K - G E L H A A R § 538 Rz 19 unter Hinweis auf R G GE 1931, 1201; 1941, 218). 49 b) Auch bei der Entstehung von Schäden, die auf anfängliche Mängel der Mietsache zurückgehen, kommt ein mitwirkendes Verschulden des Mieters in Betracht, so zB wenn der Mieter ohne Not einen unbeleuchteten, gefährlichen Nebeneingang statt des beleuchteten, ordnungsgemäßen Haupteingangs benutzt. In derartigen Fällen wird in der Praxis die Anwendung des § 254 zT bejaht, zT aber auch grundsätzlich abgelehnt (vgl einerseits BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB B1 3 R; OLG Karlsruhe OLGZ 1971, 18,21 f; andererseits BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB B13 m Nachw; R O Q U E T T E § 538 Rz 19 m Nachw). Richtig ist es, auch hier in engen Grenzen § 254 entsprechend anzuwenden, wobei jedoch stets berücksichtigt werden muß, daß den Mieter keine Prüfungspflicht trifft (BGHZ 68, 281; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 538 Rz 18). Jedenfalls gegenüber der Haftung des Vermieters für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften wird deshalb grundsätzlich eine Berücksichtigung mitwirkenden Verschuldens des Mieters auszuscheiden haben (BGH LM Nr 12/13 zu § 537 BGB).
50 VII. Beweislast Der Mieter, der Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt oder den Aufwendungsersatzanspruch geltend macht, muß grundsätzlich sämtliche Voraussetzungen des § 538 behaupten und ggf beweisen. Nur wenn der feststehende Mangel zum Risikobereich des Vermieters gehört, wird die Beweislast umgekehrt, so daß nicht der Mieter das Verschulden des Vermieters beweisen, sondern der Vermieter sich entlasten muß (BGH LM Nr 6 a zu § 536 BGB B1 3 = NJW 1964, 33; S O E R G E L - M E Z G E R § 538 Rz 27; aM zB M I T T E L S T E I N 313). Eine abweichende Regelung in Formularverträgen ist nicht möglich (§ 11 Nr 15 lit a AGBG). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(166)
3. Titel. Miete. Pacht
§539 1
§539 Kennt der Mieter bei dem Abschlüsse des Vertrags den Mangel der gemieteten Sache, so stehen ihm die in den §§ 537,538 bestimmten Rechte nicht zu. Ist dem Mieter ein Mangel der in § 537 Abs. 1 bezeichneten Art infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben oder nimmt er eine mangelhafte Sache an, obschon er den Mangel kennt, so kann er diese Rechte nur unter den Voraussetzungen geltend machen, unter welchen dem Käufer einer mangelhaften Sache nach den §§ 460, 464 Gewähr zu leisten ist. E I § 507; E II § 484; E III § 532; Mot II, 377; Prot II, 132 f.
Schrifttum GLASER, Freizeichnungsklauseln im Grundstückskaufvertrag und im Mietvertrag, JR 1967, 201; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 290 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 146 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (3. Aufl 1977) 107 ff; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz II 155 ff; WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) 34 ff; ders, Die rechtliche Bedeutung der Kenntnis des Mieters von Mängeln der Mietsache, ZMR 1961, 254.
Systematische Ubersicht III. Der Ausschluß der Rechte des Mieters bei grobfahrlässiger Unkenntnis 1. Die ausgeschlossenen Rechte 13 2. Die grob fahrlässige Unkenntnis 14 3. Ausnahmen 17
I. Überblick 1. Die Ausschlußtatbestände 1 2. Die ausgeschlossenen Rechte 2 3. Unberührte Rechte 3 4. Abweichende Vereinbarungen 5 n . Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluß 1. Der Anwendungsbereich des § 539 S 16 2. Die Kenntnis 8 3. Der maßgebliche Zeitpunkt 12
IV. Die vorbehaltlose Annahme der Sache 18 V. Beweislast 25
I. Uberblick 1. Die Ausschlußtatbestände
1
§ 539 regelt drei verschiedene Fälle, in denen die Gewährleistungsrechte des Mieters ausgeschlossen sind: Der Ausschluß greift zunächst ein, wenn der Mieter den Mangel schon bei Abschluß des Vertrages kennt (§ 539 S 1). Dasselbe gilt grundsätzlich, wenn ihm der Mangel nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, es sei denn, der Vermieter habe den Fehler arglistig verschwiegen oder das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zugesichert (§ 539 S 2 iVm § 460 S 2). Die Gewährleistungsrechte des Mieters sind weiterhin ausgeschlossen, wenn er eine mangelhafte Sache annimmt, obwohl er den Mangel kennt, außer wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält (§ 539 S 2 iVm § 464). § 539 wird schließlich noch entsprechend auf den Fall angewendet, daß der Mieter den Mietzins trotz Kenntnis des Mangels vorbehaltlos in voller Höhe fortzahlt (s im einzelnen § 537 Rz 53 ff). (167)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§539 2-6
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
2 2. Die ausgeschlossenen Rechte § 539 besagt, daß in den genannten Fällen trotz des Mangels der Mietzins nicht nach § 537 gemindert wird und daß der Mieter außerdem nach § 538 weder Schadensersatz noch Aufwendungsersatz verlangen kann (BGH ZMR 1976,138,141 = LM Nr 51 zu § 139 BGB). Schließlich kann der Mieter dann auch nicht mehr nach § 542 kündigen (§ 543 S 1). 3 3. Unberührte Rechte Von diesen Gewährleistungsrechten muß der ¿sr/w/Zungsanspruch des Mieters unterschieden werden (BGH NJW 1980, 777 = JuS 1980, 607 Nr 5). Unberührt bleibt deshalb grundsätzlich der Anspruch des Mieters auf Überlassung und Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand durch Beseitigung der Mängel. Jedoch kann im Einzelfall in dem Vertragsschluß in Kenntnis eines bestimmten Mangels - über § 539 S 1 hinaus - auch die Vereinbarung liegen, daß die Sache, so wie sie ist, als zum vertragsmäßigen Gebrauch geeignet anerkannt werde (LG Hamburg WuM1977,119;BGH,Urtv4. 10. 1961-VIIIZR 1 0 0 / 6 0 ; a M STERNEL RZ I I 168).
4 Unberührt bleiben außerdem etwaige Ansprüche des Mieters aus positiver Vertragsverletzung oder aus cic sowie mit § 538 konkurrierende Deliktsansprüche, zB Ansprüche wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters (RGZ 89, 3 8 4 , 3 8 5 ; 90, 6 5 , 6 8 ; 1 5 5 , 1 5 9 , 1 6 5 ; BGH ZMR 1961, 3 6 0 , 3 6 1 = VersR 1961, 886). Möglich bleibt schließlich auch immer eine Kündigung nach § 544 oder nach § 554 a zB wegen des Täuschungsversuchs des Vermieters (STERNEL RZ II 154).
5 4. Abweichende Vereinbarungen § 539 ist nicht zwingend, so daß die Parteien jederzeit etwas anderes vereinbaren können. Eine solche Vereinbarung ist vor allem anzunehmen, wenn der Vermieter die Beseitigung eines dem Mieter bekannten Mangels verspricht (STERNEL RZ II 159; PALANDT-PUTZO § 5 3 9 Anm 2). Es versteht sich von selbst, daß hier, wenn der Vermieter seiner Zusage nicht nachkommt, für die Anwendung des § 539 kein Raum ist. Ebenso, wenn beide Parteien bei Vertragsschluß davon ausgegangen sind, daß der Mangel nur vorübergehender Natur ist und in absehbarer Zeit beseitigt sein wird. Erfüllt sich diese Erwartung der Parteien dann später nicht, so stehen dem Mieter uneingeschränkt die Rechte aus den §§ 537 und 538 zu.
II. Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluß 6 1. Der Anwendungsbereich des § 539 S 1 a) Die Gewährleistungsrechte der §§ 537 und 539 sind ausgeschlossen, wenn der Mieter den Mangel bei Vertragsschluß kennt (§ 539 S 1). Grundgedanke ist, daß der Mieter, wenn er trotz Kenntnis des Mangels den Vertrag abschließt, damit die Sache als vertragsmäßig anerkennt (BGH ZMR 1961, 359; BB 1979, 292, 293 = WM 1979, 276). Daher erstreckt sich hier der Ausschluß der Gewährleistungsrechte auch auf das Fehlen zugesicherter Eigenschaften. Selbst bei Arglist kommt dann keine Haftung des Vermieters aus den §§ 537 und 538 in Betracht (BGH LM Nr 5 zu § 539 BGB B12 f; WM 1978,227; aM STERNEL Rz I I 158; s oben Rz 4). Auch eine Haftung für Rechtsmängel greift bei Kenntnis des Mangels nicht ein (s § 541 und dazu insbes BGH LM Nr 1 zu § 539 BGB). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(168)
3. Titel. Miete. Pacht
§539 7-10
b) § 539 S 1 wird entsprechend angewendet, wenn die Parteien den Vertrag 7 stillschweigend verlängern, weil dieser Tatbestand dem Vertragsschluß gleichsteht ( O L G H a m b u r g O L G E 1 0 , 2 4 9 ; O L G Breslau J W 1 9 2 9 , 2 8 9 5 ; a M ROQUETTE § 539
Rz 9; HANS § 539 Anm B 2). Ebenso wenn der Mieter in Kenntnis eines Mangels eine Verlängerungsoption ausübt ( B G H N J W 1 9 7 0 , 1 7 4 0 , 1 7 4 2 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 539 Rz 5; STERNEL RZ II 160; PALANDT-PUTZO § 539 A n m 1 u 2) o d e r w e n n die
Parteien nachträglich eine Erhöhung des Mietzinses vereinbaren (BGH LM Nr 9 zu § 18 1. BMG = ZMR 1961, 257, 259; BGH LM Nr 3 zu § 539 BGB). Folglich verliert der Mieter, der in Kenntnis von Mängeln vorbehaltlos einer Mieterhöhung zustimmt, das Recht, sich fortan noch auf die §§ 537 oder 538 zu berufen (vgl auch SOERGEL-MEZGER § 5 3 7 R z 2 0 ) .
Hatte der Mieter aber schon vor der Mietzinserhöhung die Gewährleistungsrechte 7a verloren, so leben die Rechte wieder auf, sofern der Mieter bei der Vertragsänderung rechtzeitig einen entsprechenden Vorbehalt macht. Dasselbe gilt, wenn der Vermieter aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einseitig die Miete erhöhen darf, sofern dadurch die Miete auf eine ganz neue Grundlage gestellt wird mit der Folge, daß der Wert der beiden Leistungen in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zueinander steht ( B G H L M N r 9 zu § 18 1. B M G ; N r 3 zu § 539 B G B ; einschränkend STERNEL RZ II 160).
2. Die Kenntnis
8
a) Die Kenntnis des Mieters muß sich bei Vertragsschluß auf die konkreten Mängel und auf deren Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit der Sache beziehen (BGH BB 1979, 292, 293; OLG Bamberg OLGZ 1976, 195, 202). Der Kenntnis steht es dabei nicht entgegen, wenn der Mieter nur die tatsächliche Tragweite der Mängel unterschätzt oder die Möglichkeit einer Abhilfe überschätzt (OLG Nürnberg Z M R 1 9 6 0 , 3 0 0 ; B G H B B 1 9 7 9 , 2 9 2 ; a M STERNEL Rz II 156). Hingegen genügt eine
bloße Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die einem Bauverbot zugrunde liegen, ohne Kenntnis des Bauverbots selbst nicht für die Kenntnis des dadurch begründeten Mangels (BGH WM 1962, 1379, 1380; BB 1979, 292, 293; auch B G H Z 26, 290; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 9 R z 2).
Ebenso wenig kann aus der bloßen Kenntnis des Mieters davon, daß es sich um einen Neubau handelt, auf die Kenntnis der für solche Bauten typischen Mängel geschlossen werden (LG Hamburg WuM 1976,205 f); der Mieter darf vielmehr stets, solange er nicht konkrete Anhaltspunkte für das Gegenteil hat, ohne weiteres davon ausgehen, daß der Vermieter vertragstreu ist und ein mangelfreies Objekt übergeben wird. In besonderem Maße gilt dies, wenn eine noch nicht bezugsfertige oder noch von Dritten bewohnte Wohnung vermietet wird (s unten Rz 12; auch LG Hamburg HamburgerGE 1972, 461).
8a
b) Auch bei einem Rechtsmangel genügt die Kenntnis der Tatsachen, aus denen der 9 Rechtsmangel folgt, nicht für die Anwendung des § 539 S 1, wenn der Mieter aus den Tatsachen falsche rechtliche Schlußfolgerungen gezogen hat (BGHZ 63, 132, 140; B G H L M N r 1 zu § 539 B G B m N a c h w ; B B 1979,292 f = W M 1979,236). Hingegen
steht es der Kenntnis des Rechtsmangels nicht entgegen, wenn der Mieter lediglich über die rechtliche oder wirtschaftliche Tragweite des ihm bekannten Rechts des Dritten im Irrtum ist (BGH aaO; auch BGH NJW 1951, 705; NIENDORFF 150; § 541 Rz 2 7 ) . c) Ein formularmäßiges Anerkenntnis des vertragsmäßigen Zustandes der Sache 10 schadet dem Mieter nur, wenn er dabei den Mangel der Sache erkannt hat, nicht (169)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§539 10a-14
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
jedoch, wenn ihm der Mangel tatsächlich unbekannt war (RG Recht 1914 Nr 2643; KG OLGE 20,101; BGH LMNr 3 zu § 539 BGB; LMNr 20/21 zu § 3 WährG = BB 1973, 1236; Betrieb 1967, 118 = WarnR 1966 Nr 217). 10a In Forwu/armietverträgen verstoßen solche Klauseln, wie auch immer sie formuliert sein mögen, ohnehin ausnahmslos gegen die § § 9 , 1 1 Nr 1 5 b und 24 AGBG und sind daher stets unwirksam.* 11 d) Sind an dem Vertrag mehrere Mieter beteiligt, so verlieren alle jedenfalls das Kündigungsrecht aus den § § 542 und 544, wenn auch nur einer von ihnen den Mangel bei Vertragsschluß kannte, weil nur alle zusammen kündigen können (BGH LM Nr 5 zu § 539 = NJW 1972, 249). Nach hM genügt darüber hinaus entsprechend § 166 auch schon die Kenntnis nur eines von möglicherweise zahlreichen, verschiedenen Mietern, um zum Nachteil aller Mieter die Rechtsfolgen des § 539 auszulösen (STERNEL Rz I I 157; ROQUETTE § 539 Rz 7; PALANDT-PUTZO § 539 Anm 2). Das kann jedoch in Ausnahmefällen durchaus unbillig sein, so daß hier sehr sorgfältig auf den Einzelfall abzustellen sein dürfte. 12 3. Der maßgebliche Zeitpunkt Die Kenntnis muß schon bei Vertragsschluß vorgelegen haben. Das ist auch anzunehmen, wenn der Mieter die Kenntnis bereits bei den vorausgegangenen Verhandlungen gehabt hatte, es sei denn, der Vermieter habe die Beseitigung des Mangels zugesagt (ROQUETTE § 539 Rz 8; WEIMAR, Sachmängelhaftung 35). Wird die Sache erst nach Vertragsschluß hergestellt, so kommt es ebenso wie für die entsprechende Anwendung des§ 538 (s § 538 Rz 8) nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern auf den der Fertigstellung bzw der Übergabe der Sache an (s B G H Urt v 13. 12. 1961 - VIII Z R 54/60; B G B - R G R K - G E L H A A R § 539 Rz 7). DI. Der Ausschluß der Rechte des Mieters bei grobfahrlässiger Unkenntnis 13 1. Die ausgeschlossenen Rechte Der Mieter verliert die Rechte aus den §§ 537 und 538 außerdem, wenn ihm bei Vertragsschluß ein Mangel iS des § 537 Abs 1 nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, es sei denn, der Vermieter habe die Abwesenheit des Fehlers zugesichert oder den Fehler arglistig verschwiegen (§ 539 S 2 iVm § 460 S 2). Anders als bei § 539 S 1 werden also durch grob fahrlässige Unkenntnis des Mieters nur Mängel iS des § 537 S 1, nicht hingegen Mängel infolge des Fehlens zugesicherter Eigenschaften und auch nicht Rechtsmängel ausgeschlossen. 14 2. Die grobfahrlässige Unkenntnis a) Voraussetzung des Ausschlusses ist, daß dem Mieter vor oder bei Vertragsschluß (s PALANDT-PUTZO § 460 Anm 3; STAUDINGER-HONSELL § 460 Rz 6) ein Mangel iS des § 537 Abs 1 nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Nachträgliche Fahrlässigkeit des Mieters ist unschädlich. * Vorbem 148 zu §§ 535, 536; STERNEL R Z I I 157; PALANDT-HEINRICHS § 11 AGBG Anm 15 b und c; U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG (3. Aufl 1978) § 11 Nr 15 Rz 13; §§ 9-11 Anh Rz 502,513; L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG (1977) § 11 Nr 15 Rz 18 f; K O C H - S T Ü B I N G AGBG (1977) § l l N r l 5 R z 9 ; SCHLOSSER § 11 Nr 15 AGBG Rz 1; ebenso ausdrücklich schon die Begr z RegE, BT-Drucks 7/3919, S 39 1. Sp.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(170)
3. Titel. Miete. Pacht
§539 15-17
b) Der Mieter handelt grob fahrlässig, wenn er die erforderliche Sorgfalt nach den ganzen Umständen bei Vertragsschluß in einem ungewöhnlich hohen Maße verletzt und dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, so daß seine Sorgfaltsverletzung als besonders schwer erscheint (eingehend BGH ZMR 1962, 82, 85 f = BB 1962, 73; NJW 1980, 777 = JuS 1980, 607 Nr 5; OLG Hamm, Urt v 25. 11. 1980 - 7 U 179/79). Auszugehen ist hierbei davon, daß den Mieter grundsätzlich keine Prüfungspflicht trifft (OLG Schleswig SchlHAnz 1970, 159; BGHZ 68, 281, 285; BGH NJW 1980, 111 \ BGBR G R K - G E L H A A R § 5 3 9 R z 3 ; STERNEL R Z I I 1 6 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 3 9 A n m 3 ; s
eingehend STAUDINGER-HONSELL § 460 Rz 7 ff). Deshalb braucht er sich auch grundsätzlich nicht nach Mängeln zu erkundigen (BGH aaO) oder Gerüchten über die Mietsache nachzugehen. Im Gegenteil trifft grundsätzlich den Vermieter eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich solcher Mängel, von denen ihm bewußt ist, daß sie für den Mieter wesentlich sind. Daher darf der Mieter grundsätzlich auf die Auskünfte des Vermieters vertrauen. Verletzt der Vermieter diese grundsätzlich sehr weitgespannte Aufklärungspflicht über alle für den Mieter relevanten Umstände einschließlich etwaiger Mängel, so haftet der Vermieter aus cic (Vorbem 91 zu §§ 535, 536; EMMERICH, Das Recht der Leistungsstörungen [1978] 37 ff; MünchKomm-EMMERicH Vorbem 113 ff zu § 275). Für die Anwendung des § 539 S 2 zum Nachteil des Mieters ist dann kein Raum, so daß die ständige Ausdehnung der Vermieterhaftung aus cic eine ganz erhebliche Einschränkung des § 539 S 2 bedeutet. Grobe Fahrlässigkeit des Mieters kann daher nur angenommen werden, wenn nach 15 den gesamten Umständen der Verdacht eines Mangels besonders naheliegt und deshalb von dem Mieter ohne weiteres verlangt werden kann, daß er die Sache daraufhin überprüft, sofern bei einer auch nur oberflächlichen Prüfung der Mangel ohne weiteres zu erkennen gewesen wäre. Dazu gehört auch, daß dem Mieter bei einer solchen Prüfung die Auswirkungen des Mangels auf die Gebrauchstauglichkeit der Sache ohne weiteres auffallen mußten (BGH ZMR 1962, 82, 85 f; NJW 1980, 777; ZMR 1959, 70; KG DWA 1936, 221; AG Hamburg WuM 1976, 53, 54; OLG Hamburg OLGE 22, 273). Insbes bei der Miete eines alten Fachwerkhauses dürfte die Unterlassung jeder Untersuchung idR den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigen (LG Köln ZMR 1964,84). Im Regelfall braucht der Mieter jedoch nicht etwa besondere Erkundigungen bei der Polizei darüber einzuholen, ob das gemietete Haus auch zum Vertragszweck genutzt werden darf (RG WarnR 1918 Nr 138; BGH ZMR 1962, 82, 85 f). Ebensowenig braucht der Mieter einen Sachverständigen bei der Untersuchung der Sache auf ihre Gebrauchstauglichkeit hinzuziehen (BGH ZMR 1959, 70, 71; 1962, 82, 86). Da den Mieter keine Untersuchungspflicht trifft, kann man ihm auch nicht ohne 16 weiteres stets grobe Fahrlässigkeit vorwerfen, wenn er jede Untersuchung der Sache unterläßt (so aber ROQUETTE § 539 Rz 15). Wohnt der Mieter zB weit entfernt, so daß ihm eine Anreise zur Überprüfung der Sache nicht zuzumuten ist, so muß er sich auf die Angaben des Vermieters verlassen dürfen, in denen unter solchen Umständen sogar zugleich die Zusicherung der betreffenden Eigenschaften zu sehen sein dürfte (MITTELSTEIN 292). Letztlich kommt hier also alles auf die Umstände des Einzelfalles an. Allgemeine Regeln lassen sich kaum entwickeln. 3. Ausnahmen
17
Der Vermieter haftet trotz grob fahrlässiger Unkenntnis des Mieters, wenn er die Abwesenheit des Fehlers zugesichert oder den Fehler arglistig verschwiegen hat (§ 460 S 2). Arglist des Vermieters ist anzunehmen, wenn er in treuwidriger Weise die (171)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§539 18-25
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Unkenntnis des Mieters ausnutzt (s § 5 4 0 Rz 2 ; eingehend STAUDINGER-HONSELL § 463 Rz 22 ff). Es besteht zwar keine allgemeine Aufklärungspflicht des Vermieters; aber er darf nicht schweigen, wenn er erkennt, daß der Mieter den Vertrag bei Kenntnis des Mangels überhaupt nicht oder jedenfalls nicht so wie geschehen abschlösse (s oben Rz 14). Der Vermieter handelt hingegen nicht arglistig, wenn er davon ausgehen darf, dem Mieter sei der Mangel bekannt. IV. Die vorbehaltlose Annahme der Sache 18 1. Die Gewährleistungsrechte des Mieters sind schließlich noch dann ausgeschlossen, wenn er eine mangelhafte Sache annimmt, obschon er den Mangel kennt, ohne sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorzubehalten (§ 539 S 2 iVm § 464). Dieser Ausschlußtatbestand gilt wiederum nur für Mängel iS des § 537 Abs 1, greift also nicht ein, wenn zugesicherte Eigenschaften fehlen. Hingegen spielt es hier keine Rolle, ob der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hatte (aM STERNEL Rz II 163) oder ob es sich um besonders schwere, zB gesundheitsgefährdende Mängel iS des § 544 handelt. 19 2. a) Annahme bedeutet hier dasselbe wie Überlassung iS des § 535, erfordert also grundsätzlich Besitzerwerb seitens des Mieters. Kennt der Mieter in diesem Augenblick den Mangel, so kann er sich folglich seine Gewährleistungsrechte nur durch den Vorbehalt seiner Rechte erhalten. 20 b) Der Vorbehalt ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die grundsätzlich derselben Form wie der Vertrag bedarf. Gilt für den Vertrag das Schriftformerfordernis des § 566, so muß auch der Vorbehalt schriftlich erklärt werden. Ein lediglich mündlicher Vorbehalt bei Unterzeichnung des Vertrages ist dann unbeachtlich. 21 Der Vorbehalt muß die Mängel, derentwegen sich der Mieter die Rechte erhalten will, genau bezeichnen. Ein allgemeiner, unsubstantiierter Vorbehalt ist ohne Wirkung (dazu eingehend STERNEL R Z I I 1 6 4 ; S T A U D I N G E R - H O N S E L L § 4 6 4 Rz 5-7). 22 Hatte der Mieter den Vorbehalt schon vor Annahme der Sache ausgesprochen, so wird grundsätzlich davon auszugehen sein, daß er diesen auch bei Annahme der Sache aufrechterhalten will; andernfalls ist eine Erneuerung des Vorbehaltes erforderlich. 23 c) Grobfahrlässige Unkenntnis schadet hier dem Mieter nicht mehr, daher bei Rechtsmängeln auch nicht die bloße Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich der Rechtsmangel ergibt, wenn der Mieter von falschen rechtlichen Schlußfolgerungen ausgeht (s BGH LM Nr 1 zu § 539 BGB). 24 3. Eine vorbehaltlose Annahme liegt nicht vor, wenn der Mieter den Vermieter zur Beseitigung der Mängel auffordert (RG JW 1916, 903) oder wenn der Mieter lediglich einer Verschiebung der gebotenen Ausbesserung nicht widerspricht (RGZ 89, 384; 90, 65, 67; BGH ZMR 1961, 359 = BB 1971,1070). Erst recht liegt keine vorbehaltlose Annahme vor, wenn der Vermieter die Beseitigung der Mängel zusagt und der Mieter erst daraufhin die Sache annimmt ( S T E R N E L R Z I I 164). 25 V. Beweislast Die Kenntnis des Mieters von dem Mangel oder dessen grob fahrlässige Unkenntnis muß der Vermieter beweisen (BGH WM 1962, 1379, 1380; P A L A N D T - P U T Z O § 539 Anm 6). Hingegen trifft den Mieter die Beweislast, wenn er sich darauf berufen will, Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§540 1-4
daß der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen oder die Beseitigung des Mangels zugesichert hat. Ebenso muß der Mieter den Vorbehalt seiner Rechte bei Annahme beweisen (STERNEL RZ II 169).
§540 Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Vermieters zur Vertretung von Mängeln der vermieteten Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschweigt. E I § 507; II § 4 8 5 ; III § 533; Prot II 132 f.
1. Allgemeines
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Die §§ 537 und 538 sind dispositiv, so daß sie vertraglich in den Grenzen der §§ 138 und 242 abgeändert und eingeschränkt werden können (s § 537 Rz 58 ff; § 538 Rz 43 ff). Eine Ausnahme gilt nur für die Minderung bei der Wohnraummiete aufgrund des § 537 Abs 3. Ausschlußklauseln sind außerdem nach § 540 nichtig, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies gilt auch bei Rechtsmängeln (s § 541).
Die Entwicklung ist jedoch bei dieser den Mieter außerordentlich belastenden 2 Rechtslage nicht stehen geblieben. Jedenfalls für Ausschlußklauseln in Formularverträgen gelten heute auf Grund des AGBG wesentlich engere Grenzen (s schon Vorbem 147 ff zu §§ 535, 536). Der Vermieter haftet danach unbedingt für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§ 538 Rz 43; AG Wiesbaden WuM 1980, 245 f); die anderen Gewährleistungsrechte (§ 537) können nur noch in engem Rahmen beschränkt werden (§ 537 Rz 60). § 540 geht ebenso wie § 123 offenkundig davon aus, daß die Arglist des Vermieters 3 nicht automatisch die Sittenwidrigkeit und damit die Nichtigkeit des ganzen Mietvertrages nach sich zieht, zumal dem Mieter hiermit ohnehin idR nicht gedient w ä r e (s HANS § 5 4 0 A n m B 2).
2. Das arglistige Verschweigen
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Die Ausschlußklausel ist nichtig, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. § 540 entspricht insoweit dem § 476 (s auch § 463 S 2 und dazu STAUDINGER-HONSELL § 4 6 3 R z 2 2 ff, § 4 7 6 R z 9).
a) Arglist des Vermieters setzt voraus, daß er den Mangel selbst positiv kennt; grobe Fahrlässigkeit genügt nicht (BGH LM Nr 1 zu § 463 BGB), wohl aber bedingter Vorsatz (s HANS § 540 Anm B 4). Außerdem muß den Vermieter eine Aufklärungspflicht treffen, weil nur dann das Verschweigen des Mangels rechtswidrig und damit arglistig sein kann (BGB-RGRK-GELHAAR § 540 Rz 2). Die Aufklärungspflicht kann sich je nach den Umständen des Falles aus § 242 ergeben. Insbes die ständige Ausdehnung der Vermieterhaftung aus cic bedeutet der Sache nach auch eine ständige Ausdehnung dessen Aufklärungspflicht. Eine allgemeine Aufklärungspflicht des Vermieters besteht freilich nicht. Doch darf der Vermieter nach Treu und Glauben nicht schweigen, wenn er erkennt, daß der Mieter bei Kenntnis des Mangels den Vertrag überhaupt nicht oder jedenfalls nicht so wie geschehen abschließen würde (s auch § 539 Rz 17). Insbes muß der Vermieter wahrheitsgemäß Auskunft erteilen, wenn sich der Mieter nach Mängeln erkundigt. Dem arglistigen Verschwei(173)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 540, 541 5-10
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
gen eines Mangels muß hier außerdem ebenso wie bei § 463 die arglistige Vorspiegelung einer nicht vorhandenen Eigenschaft gleichstehen (s RGZ 103, 154, 160). 5 Bei mehreren Vermietern genügt schon die Arglist eines einzigen Vermieters, um der Ausschlußklausel allen gegenüber die Wirksamkeit zu nehmen (BGH WM 1976, 323). 6 b) Arglistig ist es zB, wenn der Vermieter den Hauswart anweist, bei den Vertragsverhandlungen nichts von dem Vorhandensein eines störenden Betriebs auf dem Grundstück oder in der Nachbarschaft zu erwähnen, sofern die Mietlustigen nicht danach fragen (RG LZ 1914, 1620; 1918, 837). 7 Der Vermieter handelt jedoch nicht arglistig, wenn er ein polizeiliches Benutzungsverbot verschweigt, sofern die zuständigen Behörden dessen Beachtung seit Jahren nicht durchgesetzt haben, da eben keine allgemeine Aufklärungspflicht besteht (OLG Dresden OLGE 33, 301 = SeuffA 70 Nr 33). Arglist entfällt auch, wenn es sich um einen Mangel handelt, von dem der Vermieter annahm oder nach Lage des Falles annehmen durfte, daß er dem Mieter bekannt ist (OLG Dresden aaO). 8 3. Rechtsfolgen a) Hat der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen, so ist die Ausschlußklausel nichtig. Die Auswirkungen der Nichtigkeit auf den restlichen Vertrag beurteilen sich nach § 139 (PALANDT-PUTZO § 5 4 0 Anm 1; aM aber B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 0 Rz 3). § 139 darf jedoch nicht dazu führen, daß der Vermieter aus seiner Arglist auch noch Vorteile ziehen kann, so daß dem Vermieter die Berufung auf die Nichtigkeit des ganzen Vertrages grundsätzlich zu verwehren ist (ROQUETTE § 540 Rz 8). Hingegen sollte der Mieter die Wahl haben, ob er sich auf die Nichtigkeit nur der Ausschlußklausel oder des ganzen Vertrages berufen will. 9 b) Lagen bei Vertragsschluß mehrere Mängel vor, so ist grundsätzlich die Ausschlußklausel nur hinsichtlich derer nichtig, bezüglich derer den Vermieter Arglist trifft, im übrigen aber wirksam (sofern nicht ohnehin der ganze Vertrag ausnahmsweise nichtig sein sollte) (RGZ 62, 122, 125). 10 4. Beweislast Die Beweislast für die Arglist des Vermieters trifft den Mieter. Der Vermieter muß hingegen beweisen, daß er den Mangel tatsächlich dem Mieter mitgeteilt hatte oder daß diesem der Mangel bekannt war; dasselbe gilt für die Behauptung des Vermieters, die Täuschung sei für den Entschluß des Mieters ohne jede Bedeutung gewesen (BGH Betrieb 1969, 2082 = BB 1969, 1412 für den Kauf). §541 Wird durch das Recht eines Dritten dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder zum Teil entzogen, so finden die Vorschriften der §§ 537, 538, des § 539 Satz 1 und des § 540 entsprechende Anwendung. E I § 508; II § 446; III § 534; Mot II 378 ff; Prot II 133 f.
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§541 3. Titel. Miete. Pacht
Schrifttum CROME, Die juristische Natur der Miete nach dem deutschen BGB, JherJb Bd 37 (1897) 1; JOSEF, Einrede fremden Eigentums gegenüber dem Rückgabeanspruch des Verleihers, LZ 1925, 1304; LONING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930) 150 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 295 ff, 308 f; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 148 ff; PECHTSTEIN, Schlechterfüllung im Mietvertrag, Diss Köln 1935; RIEZLER, Konkurrierendes und kollidierendes Handeln des Vertreters und des Vertretenen, AcP Bd 98 (1906) 372; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz II 396 (S 230); WEIMAR, Die Haftung des Vermieters für Rechtsmängel bei der Wohnungsmiete, ZMR 1960, 197.
Systematische Übersicht I. Überbück 1 II. Der Rechtsmangel 1. Die Rechte Dritter 4 2. Die Gebrauchsentziehung 10 3. Der Sonderfall der sog Doppelmiete 16 m . Rechtsfolgen 1. Der Erfüllungsanspruch 20 2. Die Minderung 21
3. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung 22 4. Der Verzug des Vermieters 26 IV. Der Ausschluß der Rechte des Mieters 1. Ausschluß nur bei positiver Kenntnis 27 2. Abweichende Vereinbarungen 28 3. Sonstige Fälle 29 V. Beweislast 31
e Übersicht Abweichende Vereinbarungen 28 Ausschlußklauseln 30 Beweislast 31 Doppelmiete 5, 16 ff - Ansprüche der Mieter untereinander 17 b - Besitzrecht des Mieters 19 - Erfüllungsanspruch der Mieter 16 - Gültigkeit aller Verträge 16 - Schadensersatzansprüche der Mieter 17 ff, 25
- Umfang der Ersatzansprüche 25 Eigentum 8 Entziehung 11 Erfüllungsanspruch 20 Eviktionshaftung 2 Formularverträge 30 a f Gebrauchsentziehung 10 ff - anfängliche Unmöglichkeit 10 a, 17 a - anfängliches Unvermögen 10 a - Entziehung 11 f - gemischte Verträge 13 - Kündigung des Erwerbers 14 - Nichtgewährung des Gebrauchs 10 - Untermiete 11 Positive Kenntnis 27 (175)
Rechtsfolgen 20 ff - Abkauf der Rechte Dritter 26 - Ausschluß der Mieterrechte 27 - Ausschlußklausel 30 f - Erfüllungsanspruch 20 - Formularverträge 30 a f - Garantiehaftung 22, 24 - Minderung 21 - Schadensersatzansprüche 22 ff - Umfang der Ersatzansprüche 25 - Verschulden 22 f - Verzicht 29 Rechtsmangel 4 ff - anfänglicher Rechtsmangel 22, 24 - Doppelmiete 5, 16 ff - dingliche Rechte Dritter 8 f - Immissionen 6 - Leistungsansprüche Dritter gegen den Vermieter 6 - nachträgliche Entstehung der Rechte 23 - obligatorische Rechte 5 - öffentlich-rechtliche Verbote 4 - Privatrechte 4 f - Untermiete 8, 11, 23, 28 - Zeitpunkt 7 Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung 22 f Umfang 25 Verzug 26
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§541 1-5
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
I. Überblick 1 1. Nach den §§ 535 und 536 muß der Vermieter dem Mieter die vermietete Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und während der ganzen Vertragsdauer in diesem Zustand erhalten. Der Vermieter braucht dabei nicht Eigentümer zu sein (§§ 535,536 Rz 6). Auch der Nichteigentümer erfüllt seine Verpflichtungen als Vermieter, wenn und solange er dem Mieter die Sache in dem genannten Zustand überläßt und beläßt. Rechte Dritter an oder auf die Sache sind mithin solange unbeachtlich, als durch ihre Ausübung der Mieter nicht in dem ihm zustehenden Gebrauch gestört wird. Daraus folgt, daß das bloße Bestehen von Rechten Dritter, die dem Besitzrecht des Mieters vorgehen, noch keine Leistungsstörung (vollständige oder teilweise Nichterfüllung) darstellt. Nichterfüllung liegt vielmehr erst vor, sobald derartige Richter Dritter geltend gemacht werden, so daß der Vermieter seiner Verpflichtung zur Überlassung und Belassung der Sache in dem geschuldeten Zustand ganz oder teilweise nicht mehr nachkommen kann (s E S S E R WEYERS I I 1 § 1 5 I 2 c).
2 Dementsprechend bestimmt § 541, daß die §§ 537 ff auf Rechtsmängel erst anwendbar sind, wenn durch das Recht eines Dritten dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder teilweise entzogen wird (sog Eviktionshaftung entsprechend § 440 Abs 2). § 541 wiederholt insoweit im wesentlichen nur, was sich ohnehin schon aus den §§323,325 und 326 ergäbe (Mot II 378 ff). Soweit er aber eingreift, ist für eine Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Leistungsstörungen kein Raum mehr (BGHZ 63, 132, 137). 3 2. Wenn infolge des Rechtes eines Dritten dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch ganz oder teilweise entzogen wird, wird folglich der Mietzins für die Dauer des Rechtsmangels ganz oder teilweise automatisch gemindert (§ 541 iVm § 537, entsprechend § 323 Abs 1). Außerdem kann der Mieter unter den in § 538 genannten Voraussetzungen Schadenserwatz wegen Nichterfüllung verlangen (zT entsprechend § 325 Abs 1). Dasselbe gilt - abweichend von § 326 - auch bei Verzug des Vermieters, ohne daß es einer Fristsetzung in Verbindung mit einer Ablehnungsandrohung bedürfte. Diese Rechte sind nur ausgeschlossen, wenn der Mieter den Rechtsmangel bei Vertragsschluß positiv kennt; grob fahrlässige Unkenntnis steht nicht gleich (§§ 541 iVm § 539 S 1). II. Der Rechtsmangel 4 1. Die Rechte Dritter a) § 541 bezieht sich auf solche Rechte Dritter, durch die dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder teilweise entzogen werden kann. Rechte Dritter können im BGB nur Privatrechte sein, öffentlich-rechtliche Beschränkungen und Verbote fallen also nicht unter § 541, sondern begründen entweder einen Mangel iS des § 537 oder führen zur Unmöglichkeit der Erfüllung (s § 537 Rz 22 ff m Nachw; anders offenbar BGH, Urt v 2./3. 6. 1970 - VIII ZR 168/69 für das behördliche Verbot der Einrichtung einer Gastwirtschaft; vgl im übrigen auch die Beispiele bei S T E R N E L R Z II 145). 5 Bei den Privatrechten Dritter spielt es keine Rolle, ob es sich um Rechte an der Sache oder auf die Sache handelt. Deshalb fallen unter § 541 auch obligatorische Rechte Dritter, sofern nur durch sie der Mieter in dem ihm zustehenden, vertragsmäßigen Gebrauch gestört wird (BGH LM Nr 3 zu § 541 BGB = NJW 1961, 917; aM zB W E I M A R ZMR 1960, 197). Besonders wichtig ist das für den Sonderfall der Doppelmiete (s unten Rz 16 ff). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§541 6-10 a
Das Recht muß sich jedoch immer auf die Sache beziehen. Bloße Ansprüche Dritter 6 gegen den Vermieter als solchen, zB aus der Abrede, einen Ladenraum nicht an einen Konkurrenten zu vermieten, fallen daher nicht unter § 541 (BGH LM Nr 3 zu § 537 BGB). Auch ist § 541 nur anwendbar, wenn die Störung des Mieters gerade in dem Recht des Dritten ihre Ursache hat. Rechtswidrige Störungen durch Dritte, namentlich also über den Rahmen des § 906 hinausgehende Immissionen, führen nicht zu einem Rechtsmangel, sondern zu einem Sachmangel iS des § 537 (s PALANDT-PUTZO § 5 4 1 A n m 1 a).
Hingegen spielt es keine Rolle, ob das Recht des Dritten von Anfang an bestand oder 7 erst nachträglich, zB durch Pfändung der vermieteten Sache, begründet wurde. Immer gilt § 5 4 1 ( B G H Z 6 3 , 132, 1 3 8 ; ESSER-WEYERS II 1 § 15 I 2 c; B G B RGRK-GELHAAR § 541 Rz 1; aM früher R G Z 65, 29, 33).
b) Als Rechte Dritter iS des § 541 kommen hiernach in erster Linie dingliche Rechte 8 Dritter, die ein Besitzrecht gewähren, in Betracht. Wichtigstes Beispiel ist das Eigentum eines Dritten, wenn der Mieter ihm gegenüber kein Besitzrecht hat (BGHZ 6 3 , 1 3 2 , 1 3 7 ) . Deshalb kann der Untermieter von seinem Vermieter Schadensersatz aufgrund der §§ 538, 541 verlangen, wenn der Hauptvermieter die Erlaubnis der Untermietung verweigert oder den Hauptmietvertrag zB wegen Zahlungsverzugs nach § 554 kündigt (s unten Rz 23; § 549 Rz 63, 65 m Nachw). Weitere Beispiele für Rechte Dritter iS des § 541 sind der Nießbrauch, das 9 Wohnrecht, das Dauerwohnrecht, das Erbbaurecht oder auch Grunddienstbarkeiten Dritter. Bei beweglichen Sachen gehören auch Patentrechte Dritter hierher (OLG Hamburg OLGE 34, 32). Ebenso Pfandrechte Dritter, auch wenn sie erst nachträglich, zB durch eine Pfändung der vermieteten Sache, begründet worden sind. Keinen Rechtsmangel begründen jedoch Hypotheken, die auf dem vermieteten Grundstück lasten.
2. Die Gebrauchsentziehung
10
a) § 541 stellt darauf ab, ob dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder teilweise entzogen wird, geht also offenbar davon aus, daß dem Mieter die Sache schon überlassen war. Gleichwohl wird § 541 allgemein zu Recht auch auf den Fall angewandt, daß dem Mieter die Sache mit Rücksicht auf das Recht des Dritten von Anfang an nicht überlassen wird (RG Recht 1905 Nr 274; DWA 1934, 35; insbes BGH LM Nr 3 zu § 541 BGB = NJW 1961, 917; OLG Köln WuM 1977,69, 70; B G B - R G R K - G E L H A A R § 541 Rz 3; aM NIENDORFF, MietR 149; WEIMAR Z M R 1 9 6 0 , 1 9 7 ) .
§ 5 4 1 ist unanwendbar, wenn die vermietete Spezies bei Vertragsschluß gar nicht 10a existiert, weil der Vertrag dann nach § 306 nichtig ist; anders freilich, wenn der Vermieter eine Verschaffungspflicht übernommen hat (s Vorbem 4 ff zu § 537). Wenn die Sache jedoch existiert und der Vermieter lediglich außerstande ist, sie dem Mieter zu verschaffen, handelt es sich um einen Fall bloßen, anfänglichen Unvermögens, für das der Vermieter nach § 541 einzustehen hat, wenn es seinen Grund in dem Recht eines Dritten findet. In allen anderen Fällen, zB bei Unauffindbarkeit des Besitzers oder bei Unvermögen des Vermieters, die Sache von dem unrechtmäßigen Besitzer herauszubekommen, folgt die entsprechende Haftung des Vermieters hingegen aus den §§ 283, 326 (s Vorbem 7 zu § 537; OLG Köln WuM 1977, 69, 70; EMMERICH, Das Recht der Leistungsstörungen [1978] 30 ff; MünchKomm-EMMERICH Vorbem 43-45 zu § 275; s auch PALANDT-PUTZO § 541 Anm 1 a; STERNEL RZ II 396). (177)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§541 11-16
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
I I b ) Maßstab dafür, ob eine Entziehung vorliegt, ist der dem Mieter nach dem Vertrag geschuldete vertragsmäßige Gebrauch. Jede Beeinträchtigung des Mieters in diesem Gebrauch ist also eine Entziehung iS des § 541 (BGHZ 63,132,138). Deshalb liegt eine Entziehung auch vor, wenn bei der Untermiete der Untervermieter räumt, so daß er dem Untermieter den Gebrauch nicht mehr gewähren kann, selbst wenn der Untermieter wohnen bleibt (BGH aaO; WM 1975, 897). 12 Auch spielt es keine Rolle, ob der Mieter während der Zeit, während derer ihm der Gebrauch entzogen ist, überhaupt in der Lage war, die Sache zu gebrauchen. § 552 findet hier keine Anwendung (PERGANDE § 541 Anm 2). Auch mündliche Geltendmachung des Rechts des Dritten genügt, jedenfalls wenn der Mieter daraufhin den Gebrauch unterläßt oder aufgibt (OLG Hamburg OLGE 34, 3 2 ; MITTELSTEIN 2 9 6 ) . Der Mieter hat in solchen Fällen keinen Anlaß, für den Vermieter das Prozeßrisiko zu t r a g e n (ESSER-WEYERS I I 1 § 15 I 2 C).
13 c) Die Störung muß sich jedoch auf das tatsächliche Gewaltverhältnis des Mieters beziehen, wenn § 541 Anwendung finden soll. Bei gemischten Verträgen, durch die dem Mieter zugleich eine Lizenz an einem gewerblichen Schutzrecht eingeräumt wird, kann folglich § 541 nicht angewandt werden, wenn der Vermieter nicht in der Lage ist, die Lizenz zu gewähren (BGHZ 2, 331, 333 ff = NJW 1951, 705 für einen sog Filmverwertungsvertrag; dazu u. Vorbem 77 ff zu § 581). 14 d) Hatte der Vermieter, zB als Nießbraucher oder als Vorerbe, nur ein zeitlich begrenztes Recht, so wird zT § 541 angewandt, wenn der Nachfolger, zB der Eigentümer oder der Nacherbe, den Mietvertrag nach den §§ 1056 Abs 2,2135 BGB kündigen (so schon Mot II 380 m Hinweisen auf die frühere Rechtslage; B G B - R G R K - G E L H A A R § 541 Rz 1). Hingegen wird (mit demselben Ergebnis) die Haftung des Vermieters aus § 325 hergeleitet, wenn der Ersteher des Grundstücks in der Zwangsversteigerung oder der Erwerber vom Konkursverwalter den Mietvertrag nach § 57 ZVG bzw nach § 24 KO kündigen. Denn der Vermieter muß dafür einstehen, daß dem Mieter die Sache für die vereinbarte Dauer auch tatsächlich überlassen wird (RGZ 63, 66, 68; 65, 29, 32 f; BGH WM 1959, 120; 1960, 1125, 1128; s im einzelnen Vorbem 12 zu § 537). 15 e) War der Vermieter nicht Eigentümer, so kann der Mieter bei Vertragsende die Rückgabe an den Vermieter nach § 556 grundsätzlich nicht unter Hinweis auf das Eigentum eines Dritten ablehnen (RG JW 1925,472 = LZ 1925,1272). Droht ihm jedoch der Eigentümer für den Fall der Rückgabe an den Vermieter Schadensersatzansprüche an, so stellt die Rückgabe an den Eigentümer keine schuldhafte Verletzung des § 556 gegenüber dem Vermieter dar (BGHZ 5, 337).
16 3. Der Sonderfall der sog Doppelmiete a) Wenn eine Sache mehrfach vermietet wird, so sind zweifelsfrei alle Verträge gültig ohne Rücksicht darauf, daß der Vermieter nur einen erfüllen kann (BGH LM Nr 4 zu § 541 BGB = ZMR 1962,175; §§ 535, 536 Rz 9; LEWALD MDR 1947,13 f). Jeder Mieter kann vom Vermieter Erfüllung verlangen. Sobald aber der Vermieter einem der Mieter die Sache überlassen hat, sind alle anderen Mieter grundsätzlich auf Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung gegen den Vermieter beschränkt, während ein Erfüllungsanspruch mangels Durchsetzbarkeit gegen den Vermieter ausscheidet ( B G H LM Nr 4 zu § 541 B G B ; PALANDT-PUTZO Einf 1 g vor § 535; B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 282 f zu § 535). Nur wenn der Vermieter die Wohnung selbst bezogen hat, kann der Mieter Herausgabe verlangen (LG Mannheim MDR 1971, 304). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(178)
§41 3 . Titel. Miete. Pacht
17-21
b) Als Grundlage des Schadensersatz&nsprachs kommt § 541 jedenfalls dann in 17 Betracht, wenn der Vermieter eine Sache erneut vermietet, die er schon einem anderen Mieter überlassen hat und dieser mit Rücksicht auf sein Besitzrecht zu Recht die Herausgabe der Sache an den zweiten Mieter verweigert (BGH LM Nr 3 zu § 541 BGB = NJW 1961, 917; LM Nr 4 zu § 541 BGB; Nr 40 zu § 256 ZPO; LG Bremen ZMR 1969, 282 f = MDR 1968, 924; zum Umfang des Ersatzanspruches des zweiten Mieters s unten Rz 25). Eine im Ergebnis weitgehend identische Rechtslage ergibt sich, wenn der Vermieter 17a zwar dem ersten Mieter wirksam gekündigt hat, dieser aber nicht räumt. Denn dann handelt es sich um einen Fall bloßen, anfänglichen Unvermögens, für das der Vermieter ohnehin nach den §§ 283, 326 einzustehen hat (oben Rz 10 a), während die hM - mit demselben Ergebnis - hier eine Garantiehaftung des Vermieters annimmt ( G E L H A A R aaO u § 541 Rz 6; aM LG Bremen ZMR 1969, 282; zweifelnd OLG Köln WuM 1977, 69, 70). Gegen den anderen Mieter hat der benachteiligte Mieter - mangels vertraglicher 17b Beziehungen- grundsätzlich keinerlei Ansprüche. Nur wenn der Vermieter mit dem anderen Mieter bewußt zusammenwirkt, um den benachteiligten Mieter um seine Rechte zu bringen, können sich in Ausnahmefällen Ansprüche aus § 826 ergeben (vgl DUBISCHAR J U S 1 9 7 0 , 6 ) .
§ 541 gilt auch im „umgekehrten" Fall, wenn der Vermieter den ersten Mieter 18 während des Laufes des Vertrages zu Unrecht aus der Wohnung setzt und die Wohnung anschließend einem neuen Mieter überläßt; dem ersten Mieter haftet er dann stets auch aus § 541 iVm § 538 Fall 2 auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (LG Mannheim ZMR 1962, 332, 334). c) Derjenige Mieter, der in Besitz der Wohnung ist, ist auch gegenüber den anderen 19 Mietern zum Besitz berechtigt. Der Versuch anderer Mieter, diesem Mieter den Besitz zu entziehen, ist daher eine Besitzstörung, gegen die sich der erste Mieter nach den §§ 859, 861 und 862 wehren kann (zB BETTERMANN Anm NJW 1950,263 f). Für einen Anspruch aus den §§812 oder 1007 wird daneben jedoch idR kein Raum sein (aM zu Unrecht LG Nürnberg-Fürth NJW 1950, 263 f; LG Hamburg MDR 1950, 9 6 ; 1 9 5 0 , 1 0 0 ; ROQUETTE § 5 3 5 R z 2 2 7 ) .
III. Rechtsfolgen 1. Der Erffillungsanspruch
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Wenn ein Rechtsmangel iS des § 541 vorliegt, hat der Mieter zunächst und in erster Linie den Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter auf Beseitigung der Störung (BGH WM 1975, 897). Daneben steht ihm unter den Voraussetzungen des § 542 ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht zu. § 541 gewährt ihm außerdem durch die Verweisung auf die §§ 537 und 538 zwei weitere Rechtsbehelfe. 2. Die Minderung
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§ 541 bestimmt durch die Verweisung auf § 537 zunächst, daß die Störung des Mieters in dem ihm zustehenden, vertragsmäßigen Gebrauch durch das Recht eines Dritten automatisch für die Zeit der Störung zur Minderung des Mietzinses führt. Es spielt dabei keine Rolle, ob das Recht des Dritten schon bei Vertragsschluß bestand oder erst später entstanden ist. Ebensowenig kommt es auf ein Verschulden des Vermieters an. Die Minderung entfällt jedoch für die Zukunft, sobald das Recht des Dritten oder jedenfalls die davon ausgehende Störung beseitigt sind. (179)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§541 22-27
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
22 3. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung a) Außerdem kann der Mieter unter den Voraussetzungen des § 538 wegen des Rechtsmangels von dem Vermieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. § 541 enthält insoweit nicht nur eine Rechtsfolgenverweisung, sondern auch eine Rechtsgrundverweisung, so daß der Vermieter ohne Verschulden zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur bei anfänglichen Rechtsmängeln verpflichtet ist. Entsteht hingegen der Rechtsmangel erst nachträglich, so kann der Mieter Schadensersatz nur verlangen, wenn der Vermieter die Entstehung zu vertreten hat oder wenn er in Verzug ist (so schon die Mot II 379; ebenso jetzt BGHZ 63,132,139; auch BGH LM Nr 3 zu § 541 BGB = NJW 1961, 917; aM insbes R O Q U E T T E § 541 Rz 8 f). 23 Mit Rücksicht auf die §§ 571 und 577 ist jedoch die nachträgliche Entstehung eines Rechtes Dritter, durch das dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch ganz oder teilweise entzogen wird, selten ( N I E N D O R F F 149). Wichtigster Fall ist die Beendigung des Besitzrechtes des Untervermieters durch Kündigung des Hauptvermieters, da dann der Untermieter von seinem Vermieter nach § 541 iVm § 538 Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann, wenn der Untervermieter die Kündigung zu vertreten hat (BGHZ 63, 132, 139; s oben Rz 8; § 549 Rz 65, 67). 24 b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob es sich um einen anfänglichen oder nachträglichen Rechtsmangel handelt, ist der der Entstehung, nicht der Ausübung des Rechts. Ein anfänglicher Rechtsmangel liegt daher auch vor, wenn es sich um ein bedingtes oder befristetes Recht handelt und die Bedingung oder der Termin erst nach Vertragsschluß eintreten. 25 c) Für den Umfang des Schadensersatzanspruchs gelten keine Besonderheiten (s im einzelnen § 538 Rz 24 ff). Deshalb gehören im Fall der Doppelmiete zu dem dem Mieter zu ersetzenden Schaden zB auch die erhöhten Fahrtkosten von der Ersatzwohnung zum Arbeitsplatz sowie der Verdienstausfall infolge des Zeitverlusts durch zusätzliche Wegstrecken (LG Mannheim WuM 1974, 238). Und wenn dem Mieter ein schon gemietetes Ferienhaus vorenthalten wird, kann der Mieter auch Ersatz für die vertane Urlaubszeit verlangen (BGH NJW 1980, 1947). 26 4. Der Verzug des Vermieters § 541 verweist auch auf § 538 Abs 2. Daraus ergibt sich die Frage, ob der Mieter bei Verzug des Vermieters mit der Beseitigung der Störung berechtigt ist, dem Dritten dessen Recht abzukaufen und vom Vermieter dafür Aufwendungsersatz zu verlangen. Die Frage dürfte grundsätzlich zu bejahen sein (ebenso C R O M E 4 5 ; einschränkend L Ö N I N G 1 5 0 ff; N I E N D O R F F 1 4 9 f; aM R O Q U E T T E § 5 4 1 Rz 1 1 ; wohl auch MITTELSTEIN 3 0 9 ) . § 2 4 2 bleibt jedoch auch hier zu beachten, so daß dem Mieter auf keinen Fall gestattet werden kann, durch Aufwendungen, die in keinem sinnvollen Verhältnis zum Mietzins mehr stehen, das Recht eines Dritten abzukaufen. In einem solchen Fall muß er sich vielmehr auf den Versuch beschränken, den Dritten durch Abstandszahlungen dazu zu bewegen, von seinem Recht vorübergehend keinen Gebrauch zu machen (ebenso N I E N D O R F F aaO). Gelingt ihm dies nicht, so ist er auf den Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter beschränkt. Die Grenzen sind hier jedoch flüssig. IV. Der Ausschluß der Rechte des Mieters 27 1. Ausschluß nur bei positiver Kenntnis § 541 verweist nur auf § 539 S 1, so daß dem Mieter nur positive Kenntnis des Rechtsmangels bei Vertragsschluß schadet. Grob fahrlässige Unkenntnis steht nicht Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§541 28-30b
gleich (zB KG OLGE 16,421). Die positive Kenntnis des Mieters muß sich dabei auf das Recht des Dritten selbst beziehen, so daß die bloße Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Recht des Dritten ergibt, nicht genügt, wenn der Mieter sich in einem Rechtsirrtum befindet (BGH LM Nr 1 zu § 539 BGB; NIENDORFF 150; s § 539 Rz 9). 2. Abweichende Vereinbarungen
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Abweichende Vereinbarungen zu Gunsten des Mieters sind möglich und bei sinngemäßer Auslegung der Absprachen der Parteien häufig anzunehmen. Für einen Ausschluß der Mieterrechte ist insbes kein Raum, wenn der Vermieter die Beseitigung des Mangels zusagt. Dasselbe ist anzunehmen, wenn beide Parteien in Kenntnis des Rechtsmangels den Vertrag abschließen und hierbei davon ausgehen, daß der Mangel nur vorübergehender Natur ist oder vom Vermieter beseitigt werden kann. Der Untermieter kann daher von seinem Vermieter selbst dann Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn beide Parteien bei Vertragsschluß wissen, daß der Hauptvermieter der Untervermietung noch nicht zugestimmt hat, beide aber darauf vertrauen, daß er zustimmen wird, sofern der Hauptvermieter später entgegen den Erwartungen der Parteien der Untervermietung widerspricht (§ 549 Rz 63; nach R G Z 81, 59, 62 ff soll hier anfängliches Unvermögen vorliegen). 3. Sonstige Fälle
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a) Da § 541 nur auf § 539 S 1 verweist, führt auch die vorbehaltlose Annahme der Sache in Kenntnis des Mangels nicht automatisch zum Verlust aller Rechte des Mieters. In einem solchen Verhalten des Mieters kann jedoch uU ein Verzicht auf etwaige Ansprüche wegen des Mangels gesehen werden (so schon Prot II 133; NIENDORFF 150). Schließlich können die Rechte des Mieters auch dann ausgeschlossen sein, wenn er es entgegen § 545 Abs 1 S 2 unterläßt, dem Vermieter unverzüglich davon Anzeige zu machen, daß sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. b) Die Rechtsmängelhaftung des Vermieters wird häufig vertraglich beschränkt oder 30 ausgeschlossen. Solche Ausschlußklauseln sind jedoch stets ganz eng und zugunsten des Mieters auszulegen (LG Berlin FWW 1976, 24). Deshalb umfaßt ein Ausschluß der Sachmängelhaftung nicht automatisch auch einen Ausschluß der Rechtsmängelhaftung. Unter den Voraussetzungen der §§ 537 Abs 3 und 540 ist der Ausschluß zudem unwirksam. Noch weit engere Schranken gelten für Formularverträge (HENSEN, in: ULMER- 30a BRANDNER-HENSEN, AGBG [3. Aufl 1978] §§ 9-11 Anh Rz 502). Insbes kann ein Ausschluß der Haftung des Vermieters für anfängliche Rechtsmängel und insbes für die rechtzeitige Überlassung der Sache in keiner Form und bei keiner Art von Mietverhältnissen akzeptiert werden, weil solche Klauseln der Sache nach darauf hinauslaufen, daß der Mieter womöglich für längere Zeit den Mietzins ohne jede Gegenleistung des Vermieters zahlen soll. Eine solche Klausel verstößt daher - ohne Rücksicht auf § 11 AGBG - stets gegen § 9 Abs 1 AGBG iVm §§ 323, 537; das gilt nach § 24 AGBG gleichermaßen für den kaufmännischen wie für den nichtkaufmännischen Verkehr (s STERNEL R Z II 174, 396). Eine Beschränkung der Vermieterhaftung ist daher allenfalls bei nachträglichen 30b Rechtsmängeln im Rahmen der Nr 7 und 8 des § 11 AGBG (iVm den §§ 9 und 24 AGBG) möglich, dh nur hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs und nur für einzelne Fälle leichter Fahrlässigkeit. Das Minderungsrecht und das Kündigungsrecht müssen dem Mieter hingegen stets uneingeschränkt erhalten bleiben (ebenso für die (181)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 541, 541 a 31
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Wohnraummiete schon die §§ 537 Abs 3, 543 S 1), da es mit elementaren Gerechtigkeitspostulaten unvereinbar ist, von dem Mieter unveränderte Fortzahlung des Mietzinses zu verlangen, obwohl ihm der vertragsmäßige Gebrauch der Sache durch Dritte ganz oder teilweise entzogen ist. 3 1 V. Beweislast Der Mieter muß in jedem Fall den Rechtsmangel und die Entziehung des vertragsmäßigen Gebrauchs beweisen, mag der Vermieter von ihm Zahlung des Mietzinses verlangen oder mag der Mieter Rückzahlung des zuviel gezahlten Mietzinses fordern. Macht der Mieter den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung geltend, so trifft ihn auch die Beweislast für die Voraussetzungen des § 538 und für seinen Schaden. Der Vermieter muß demgegenüber beweisen, daß die Rechte des Mieters ausnahmsweise ausgeschlossen sind, weil er den Mangel schon bei Vertragsschluß gekannt hat. §541 a Der Mieter von Räumen hat Einwirkungen auf die Mietsache zu dulden, die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind. Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Teile des Gebäudes hat der Mieter zu dulden, soweit ihm dies zugemutet werden kann. Aufwendungen, die der Mieter infolge dieser Maßnahmen machen mußte, hat der Vermieter ihm in einem den Umständen nach angemessenen Umfange zu ersetzen; auf Verlangen hat der Vermieter Vorschuß zu leisten. 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl 1457) Art 1 Nr 3; Begr z RegE, BT-Dr IV/806; schriftl Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Dr IV/2195.
§ 2 0 ModEnG Duldung der Modernisierung (1) Der Mieter hat eine Modernisierung, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften mit Mitteln öffentlicher Haushalte gefördert wird oder eine Maßnahme nach § 4 Abs 3 darstellt, zu dulden, es sei denn, daß deren Durchführung oder bauliche Auswirkung für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Den Mitteln öffentlicher Haushalte stehen die in § 5 Abs 2 Satz 2 bezeichneten Mittel der Finanzierungsinstitute gleich. (2) Der Vermieter hat dem Mieter zwei Monate vor der Durchführung der Modernisierung deren Art und Umfang schriftlich verbindlich mitzuteilen und dabei den geplanten Beginn und die voraussichtliche Dauer sowie die sich voraussichtlich ergebende Mieterhöhung anzugeben. Der Mieter ist berechtigt, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Mitteilung folgt, für den Ablauf des nächsten Monats zu kündigen. Hat der Mieter gekündigt, darf der Vermieter mit der Durchführung nicht vor dem Ablauf der Mietzeit beginnen. (3) Aufwendungen, die der Mieter infolge der Modernisierung machen muß, hat der Vermieter in einem angemessenen Umfang zu ersetzen; auf Verlangen hat der Vermieter Vorschuß zu leisten. Die Rechte des Mieters nach § 537 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleiben unberührt. (4) Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von diesen Vorschriften abweichen, sind für die Modernisierung unwirksam. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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§ 541 a 3. Titel. Miete. Pacht
Schrifttum ALL WEIL, Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an Mieträumen, DWW 1966, 117; BURKHARDT, Die 2. Mietrechtsnovelle, BB 1964, 771; DERLEDER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistung und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1975, 1677; FREUND-BARTHELMESS, Das Wohnungsmodernisierungsgesetz, NJW 1976, 2191; dies, Die mietrechtlichen Regelungen des Wohnungsmodernisierungsgesetzes, ZMR 1977,1,33; FROST, Die Grenzen der Duldungspflicht des Mieters bei der Modernisierung von Wohnraum, WuM 1976, 1; GLASER, Die Sammelheizung in Rechtsprechung und Schrifttum (7. Aufl 1978) 130, 135 ff; GRAUL, Rechtsfragen um die Modernisierung, GE 1969,475 GELLWITZKI, Zur Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des M i e t e r s b e i d e r M o d e r n i s i e r u n g , Z M R 1 9 8 0 , 3 5 4 ; GUTEKUNST-FORSTER, M o d E n G ( 1 9 7 9 ) ; HARKE,
Der Einfluß des WoModG auf die Rechtsstellung des Mieters, WuM 1977,197; HUMMEL, Ergibt die Duldungspflicht des Mieters nach § 541 a BGB auch seine Mitwirkungspflicht? ZMR 1970, 65; HXRING, Die Duldungspflicht des Mieters bei Erhaltungsmaßnahmen des Vermieters, A I Z 1970, 420; LOWE, Wichtige Neuregelungen im 2. WRKSchG, NJW 1975, 9; LUTZ, Rechtsprobleme bei der Durchführung von Modernisierungsarbeiten, DWW 1970, 351; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 357 ff; VON ROESGEN, Vorübergehende Räumung der Mietwohnung wegen Bauarbeiten, NJW 1956, 1264; ROQUETTE, Instandhaltung und Verbesserung von Wohnraum, NJW 1963,1288; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (3. Aufl 1977) 54 ff; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976) sv Verbesserungsmaßnahmen des Vermieters, 239 ff; ders, Veränderungen der Mietsache während der Mietzeit, MDR1970,375; SCHOPP, Bedeutung und Grenzen von § 541 a BGB, ZMR 1965, 193; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz II 192 ff, IV 341 (S 130, 635); SCHADE-SCHUBART-WIENIECKE, Wohn- und Mietrecht, WK-Reihe Nr 134 a (1978) ModEnG; WEIMAR, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten bei Miethäusern, ZMR 1976, 33; ders B1GBW 1 9 7 4 , 2 5 ; HALBERSTADT W U M 1 9 8 1 , 2 5 .
Systematische Übersicht 4. a) b) c) d)
I. Einleitung 1 n . Die Duldungspflicht des Mieteis bei Erhaltungsmaßnahmen 5 1. Die Einwirkungen auf die Mietsache 5 2. Der Begriff der Erhaltungsmaßnahmen 8 3. Der Inhalt der Duldungspflicht 16 4. Die Gegenansprüche des Mieters 18
IV. Die Duldungspflicht des Mieters bei anderen Maßnahmen 38 V. Der Einfluß der Verbesserungsmaßnahmen auf den Mietzins 39
i n . Die Duldungspflicht des Mieters bei Verbesserungsmaßnahmen 20 1. Begriff 21 2. Die Zumutbarkeit für den Mieter 27 3. Die Duldungspflicht aus § 20 ModEnG 3 3 a
Die Rechte des Mieters 34 Der Erfüllungsanspruch 34 Die Gewährleistungsrechte 35 Der Aufwendungsersatzanspruch 36 Das Kündigungsrecht 37 a
VI. Abweichende Vereinbarungen 41 VII. Prozessuales 42
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 41 ff Anwendungsbereich 4 f Aufwendungsersatzanspruch 36 ff, 41 a, 41 c Beweislast 43 Duldungspflicht 5 ff, 16 ff, 20 ff, 33 a ff, 38 - abweichende Vereinbarungen 41 ff (183)
-
andere Maßnahmen 3K Erhaltungsmaßnahmen 5 ff Inhalt 16 ff Interessenabwägung 27 ff, 33 f Mitwirkungspflichten 17, 33 b Modernisierungsmaßnahmen 33 a ff Verbesserungsmaßnahmen 20 ff Zumutbarkeit 27 ff
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§ 541a
1
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Einstweilige Verfügung 42 Einwirkungen 7 Erforderlichkeit 15 Erfüllungsanspruch 19, 34 Erhaltungsmaßnahmen 5 ff - Abgrenzung zu Verbesserungsmaßnahmen 12 f - Begriff 8 ff - Einwirkungen 7 - Einwirkungen von anderen Grundstücken 11
-
Erforderlichkeit 15 Kosten des Mieters 18 Minderung 18 Mitwirkungspflicht des Mieters 17, 33 b Schadensersatz 18 f Zurückbehaltungsrecht 17 a, 43
Formularverträge 416 f Geschichte 1 ff Interessenabwägung 27 ff, 33 f Kündigung 37 b ff Mietzins 4 b, 31 f, 33 e, 37 a, 39 f Minderung 18, 35 Mitwirkungspflichten 17, 33 b Modernisierungsmaßnahmen 13 a, 22, 33 a ff - abweichende Vereinbarungen 41 - Auswirkungen 33 e - Aufwendungsersatzanspruch 36 ff - Beginn 37 c - Duldungspflicht 33 b - Durchführung 33 d - Härte 33 c f - Interessenabwägung 33 f - Kündigungsrecht 37 b ff - Minderung 35
-
Mietzinserhöhung 33 e Schadensersatzanspruch 35 a Unterrichtungspflicht 33 g Vorschuß 36, 37 Zweck 33 a
Reparaturen 1 Schadensersatzpflicht 35 a, 41 a Schäden 9 Streitwert 44 Umgestaltung 23, 26 Veränderungen der Mietsache 38 Verbesserungsmaßnahmen 13 ff, 20 ff - Abgrenzung zu den Erhaltungsmaßnahmen 12 ff - abweichende Vereinbarungen 41 a - Aufwendungsersatzanspruch 36 ff - Auszug des Mieters 30 - Anbauten 22 a f - Beispiele 25 - Begriff 13 f, 21 ff, 24 f - Interessenabwägung 27 ff, 33 f - Minderung 35 - Mietzinserhöhung 31 f, 33 e, 37 a, 39 f - Modernisierungsmaßnahmen 13 a, 22, 33 ä f f - Schadensersatzanspruch 35 a - Umbau 26, 30, 38 - Untermiete 33 - Verbindung mit Instandsetzung 14 - Vorschuß 36, 37 - Veränderungen 22 a f, 30, 38 - Zumutbarkeit 27 ff, 41 a - Zweck 21 f Vorschuß 37 Zumutbarkeit 2 7 - 3 1
I. Einleitung 1 1. Das BGB enthielt ursprünglich keine Regelung der Frage, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen der Mieter verpflichtet ist, Einwirkungen des Vermieters auf die Mietsache namentlich durch Baumaßnahmen zu dulden; man ging vielmehr davon aus, daß sich aus den §§ 535 und 536 ohne weiteres die Verpflichtung des Vermieters zur Unterlassung jeder Störung des Mieters in seinem vertragsmäßigen Gebrauch ergibt (s §§ 535, 536 Rz 34, 40). Dieser Grundsatz ließ sich jedoch nicht uneingeschränkt durchführen, da sich schon aus der Erhaltungspflicht für den Vermieter die Verpflichtung ergeben kann, namentlich zur Beseitigung von Mängeln in einer Weise auf die vermietete Sache einzuwirken, die unvermeidlich zu Störungen des Mieters führen muß. Deshalb war schon immer anerkannt, daß der Mieter nach § 242 die zur Beseitigung oder Verhinderung von Mängeln erforderlichen Reparaturen dulden muß (RG H R R 1926 Nr 561; LG Saarbrücken NJW 1956, 637, 638; MITTELSTEIN 3 5 7 f f ; SCHOPP Z M R 1 9 6 5 ,
193).
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(184)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 541a 2-4 b
2. Die Praxis war hierbei jedoch nicht stehen geblieben, sondern hatte darüber 2 hinaus dem Mieter aufgrund des § 242 häufig auch eine sehr weitgehende Verpflichtung zur Duldung bloßer Verbesserungsmaßnahmen auferlegt. So war zB anerkannt, daß der Mieter idR eine Aufstockung des Hauses, den Einbau einer Heizung oder einer modernen Lichtanlage dulden mußte (RG H R R 1926 Nr 561; MITTELSTEIN 359 ff m Nachw; SCHOPP aaO). Die mit derartigen Arbeiten notwendigerweise verbundenen Beeinträchtigungen seines Mietgebrauchs mußte der Mieter maW hinnehmen. In Ausnahmefällen wurde der Mieter sogar für verpflichtet erachtet, die Wohnung vorübergehend zu räumen, wenn nur so die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden konnten (LG Saarbrücken NJW 1956, 637 f; LG Oldenburg NdsRpfl 1953, 202; LG Frankenthal MDR 1957, 42). 3. Von dieser Praxis gingen auch durchweg die Formularverträge, namentlich § 8 3 DEMV, aus. Eine gesetzliche Regelung brachte sodann erstmals der durch das Abbaugesetz von 1960 in das MSchG eingefügte § 28 a, nach dem das Mieteinigungsamt auf Antrag des Vermieters den Mieter verpflichten konnte, bauliche Verbesserungen oder die Anbringung von Einrichtungen, durch die der Wohnraum in seinem Gebrauchswert auf Dauer verbessert wird, zu dulden, wenn und soweit dem Mieter die Maßnahmen und deren Durchführung zuzumuten sind. 4. An alle diese Vorbilder hat der Gesetzgeber 1964 bei Erlaß des 2. MietÄndG, 4 durch das § 541 a in das BGB eingefügt wurde, angeknüpft (s die Begr zu RegE BT-Dr IV/806). Die Regelung gilt für alle Mietverträge über Räume, also sowohl für die Wohnraummiete als auch für die gewerbliche Miete (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB = NJW 1972, 723). Raummiete in diesem Sinne ist auch die Vermietung von Gebäudeteilen wie zB Wandflächen zu Reklamezwecken (§ 580 Rz 2 m Nachw; PERGANDE § 5 4 1 a Anm 1; aM offenbar SCHOPP ZMR 1965, 193 f). Für die Fahrnismiete und für die reine Grundstücksmiete ist es hingegen bei der früheren Rechtslage geblieben, ohne daß sich hieraus ein wesentlicher sachlicher Unterschied ergäbe (vgl BGH aaO). 5. Durch die Entwicklung der folgenden Jahre hat §541 a sehr bald wieder erheblich an praktischer Bedeutung eingebüßt, da für die Mehrzahl der Fälle seit dem 1.1. 1977 an seine Stelle die Vorschrift des § 20 des WohnungsmodernisierungsG idF des Modernisierungs-und EnergieeinsparungsG (ModEnG) v 12. 7. 1978 (BGBl I 994) getreten ist.* Nach dieser Vorschrift trifft nämlich den Mieter bei allen Modernisierungen iS des § 4 des Gesetzes eine nahezu unbeschränkte Duldungspflicht. Voraussetzung ist lediglich, daß die Modernisierung mit Mitteln öffentlicher Haushalte gefördert wird oder eine energiesparende Maßnahme iS des § 4 Abs 3 des Gesetzes darstellt. Die Duldungspflicht ist lediglich durch eine Härteklausel entsprechend § 556 a eingeschränkt. Der Anwendungsbereich des § 541 a beschränkt sich seitdem auf die gewerbliche Miete sowie bei der Wohnraummiete auf Maßnahmen, die (ausnahmsweise) nicht öffentlich gefördert werden und auch nicht den Zweck der Energieeinsparung verfolgen.
4a
Die Auswirkungen derartiger Modernisierungsmaßnahmen auf die Höhe des Mietzinses regelt ergänzend § 3 MHRG iVm § 14 ModEnG. Diese ganze Regelung stellt insgesamt eine in der Rechtsordnung wohl einmalige Privilegierung des Vermieters dar, der durch sie die Möglichkeit erhalten hat, sein Vermögen auf Kosten des Mieters durch ständige Modernisierungsmaßnahmen nahezu unbeschränkt zu vergrößern (s
4b
* Vgl dazu insbes FREUND-BARTHELMESS NJW 1976, 2191, 2 1 9 4 f; dies ZMR 1977, 1 ff, 33 f; GUTEKUNST-FORSTER, M o d E n G ( 1 9 7 9 ) ; H A R K E W U M 1 9 7 7 , 1 9 7 f ; SCHADE-SCHUBARTH-WIENICKE,
Wohn- und MietR § 20 ModEnG; STERNEL RZ II 192 ff; HALBERSTADT WUM 1981, 25. (185)
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§ 541a 4 e-8
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Vorbem 33 zu § 1 M H R G ; H A R K E W U M 1977, 197 f). § 20 ModEnG muß deshalb ebenso wie § 541 a so eng wie irgend möglich interpretiert werden (ebenso S T E R N E L Rz II 197). 4c 6. Eine noch weitergehende Duldungspflicht ergibt sich für den Mieter schließlich aus dem § 39 f BBauG idF v 18. 8. 1976 (BGBl I 2257), nach dem der Mieter ohne jede Einschränkung alle Maßnahmen des Vermieters dulden muß, die die Gemeinde diesem durch Modernisierungs- oder Instandsetzungsgebot nach § 39 e BBauG aufgegeben hat. Darüber hinaus gestattet § 39 g BBauG iVm den §§ 26-31 StBauFG idF v 18. 8. 1976 (BGBl I 2318) in solchen Fällen uU sogar die Kündigung oder Aufhebung des Mietvertrages. Nach § 122 b BBauG hat der Mieter demgegenüber lediglich in Ausnahmefällen einen Anspruch auf Härteausgleich iS des § 122 a BBauG.
n . Die Duldungspflicht des Mieters bei Erhaltungsmaßnahmen 5 1. Die Einwirkungen auf die Mietsache Nach § 541 a Abs 1 muß der Mieter von Räumen sämtliche Einwirkungen auf die Mietsache dulden, die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind. 6 a) Im RegE war noch anstatt von „Einwirkungen" von „baulichen Veränderungen, dem Anbringen von Einrichtungen und ähnlichen Maßnahmen" die Rede gewesen. Erst der Rechtsausschuß hat an die Stelle dieser Formulierungen die endgültige Formulierung gesetzt, um eine zu weite Auslegung der neuen Vorschrift zu verhindern (s den Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr IV/2195). Jedoch dürfte damit eine sachliche Änderung nicht verbunden sein. 7 b) Der Begriff der Einwirkungen findet sich außer in §541 a namentlich noch in den §§ 903 und 906 Abs 1. Das zeigt, daß unter § 541 a jedenfalls sämtliche Immissionen fallen, durch die der vertragsmäßige Gebrauch des Mieters beeinträchtigt wird (ebenso S T E R N E L R Z II 193). Denn nur bei einer Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Gebrauchs kann überhaupt die Frage auftauchen, ob der Mieter die Erhaltungsmaßnahmen des Vermieters dulden muß. Die wichtigsten Beispiele sind deshalb Belästigungen des Mieters durch Lärm, Erschütterungen und Schmutz. Solche Belästigungen können von baulichen Maßnahmen, von der Anbringung neuer Einrichtungen sowie von der Ersetzung alter Einrichtungen ausgehen (BGBR G R K - G E L H A A R § 541 a Rz 4). Aber auch die Entziehung von Licht und Luft durch den Bau von Gerüsten sowie alle ähnlichen Maßnahmen fallen unter § 541 a. Maßgebendes Kriterium ist immer nur die Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters. Werden mehrere Wohnungen betroffen, so kann der Vermieter frei wählen, bei welcher er anfängt (LG Hannover DWW 1980, 99 f). Derartige Einwirkungen muß der Mieter nach § 541 a Abs 1 dulden, soweit sie zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind. 8 2. Der Begriff der Erhaltungsmaßnahmen a) § 541 a steht in Zusammenhang mit § 536. Durch die dem Mieter in § 541 a Abs 1 auferlegte Duldungspflicht soll dem Vermieter die Erfüllung seiner aus § 536 folgenden Erhaltungspflicht ermöglicht werden, soweit die danach dem Vermieter obliegende Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters mit sich bringen. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§541 a 9-13 a
Unter § 541 a fallen somit alle Maßnahmen zur Verhinderung oder Beseitigung 9 drohender oder schon entstandener Schäden (vgl § 3 Abs 4 ModEnG: alle Maßnahmen zur Behebung von Mängeln). Die Gefahren, denen die Maßnahmen vorbeugen sollen, müssen dabei jedoch (objektiv) wahrscheinlich und dringend sein, um eine übermäßige Belastung des Mieters zu verhindern (so mit Recht ROQUETTE § 541 a Rz 5). Zu den Maßnahmen zur Beseitigung schon entstandener Schäden gehören auch die Maßnahmen zur Beseitigung des normalen Verschleißes, insbes also auch die Schönheitsreparaturen. b) Keine Rolle spielt, ob die Notwendigkeit zur Vornahme bestanderhaltender 10 Maßnahmen an den vermieteten Räumen, an mitvermieteten Räumen oder Gebäudeteilen oder an sonstigen Gebäudeteilen entstanden ist (ebenso § 3 Abs 5 ModEnG). Immer ist der Mieter zur Duldung verpflichtet, wenn die erforderlichen Maßnahmen mit einer Beeinträchtigung seines vertragsmäßigen Gebrauchs verbunden sind. Umstritten ist die Rechtslage, wenn die Einwirkungen von Maßnahmen an anderen 11 Gebäuden auf demselben oder auf einem benachbarten, demselben Vermieter gehörenden Grundstück ausgehen. Da § 541 a Abs 1 eine Ausnahme von dem Grundsatz ist, daß der Vermieter verpflichtet ist, alle Störungen des Mieters in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs zu unterlassen, kann in diesen Fällen § 541 a Abs 1 nicht angewandt werden. Derartige Einwirkungen braucht der Mieter deshalb grundsätzlich nicht zu dulden. Nur im Einzelfall kann sich aus § 242 etwas anderes ergeben (aM zB ROQUETTE § 541 a Rz 4). Dabei wird auch § 3 Abs 5 ModEnG zu berücksichtigen sein, nach dem sich Instandsetzungsarbeiten durchaus auch auf Nebengebäude, auf das Grundstück und auf dessen unmittelbare Umgebung erstrecken können, sofern sie der Wohnung zugute kommen. c) Die Duldungspflicht besteht nur, wenn die Maßnahmen, von denen die Einwir- 12 kungen ausgehen, gerade zur Erhaltung der genannten Räume, Gebäude oder Gebäudeteile objektiv erforderlich sind. Darunter fallen nur Maßnahmen zur Sicherung der Sache in ihrem ursprünglichen wirtschaftlichen Bestand, nicht also zB die Anbringung neuer Einrichtungen (s insbes H A N S § 5 4 1 a Anm B 2 a). Die Erhaltungsmaßnahmen müssen deshalb insbes von den Verbesserungsmaßnahmen iS des § 541 a Abs 2 abgegrenzt werden, weil im letzteren Fall die Duldungspflicht des Mieters enger als im Falle des Abs 1 geregelt ist. Verbesserungsmaßnahmen sind vor allem solche, durch die der Gebrauchswert der 13 vermieteten Räume oder der Substanzwert des Gebäudes erhöht wird (zB SCHMIDTFUTTERER, MietR 2 3 9 ff). Hauptbeispiel ist die Anbringung neuer Einrichtungen, zB der Einbau einer öl-Zentralheizung oder die Ersetzung alter Einrichtungen durch modernere neue. Im Grunde fallen darunter also alle Maßnahmen des Vermieters, die über seine Erhaltungspflicht aus § 536 hinausgehen, sofern sie den Wohnwert der Räume iS des § 3 MHRG oder den Substanzwert des Gebäudes erhöhen. Eine gesetzliche Definition der Verbesserungsmaßnahmen bei Wohnraum (Moder- 13a nisierungsmaßnahmen) findet sich in den §§ 3 und 4 ModEnG. Hiernach ist Modernisierung jede Verbesserung von Wohnungen durch bauliche Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Wohnung nachhaltig erhöhen, die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder die eine nachhaltige Einsparung von Heizenergie bewirken (§ 3 Abs 1 und 2 ModEnG); Beispiele zählt das Gesetz in § 4 auf. Den Gegensatz bilden die Maßnahmen der Instandsetzung, worunter das Gesetz die Behebung von baulichen Mängeln versteht (§ 3 Abs 4 ModEnG). (187)
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§ 541a 14-18
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
14 Umstritten ist die Rechtslage, wenn eine und dieselbe Maßnahme gleichzeitig sowohl der Erhaltung als auch der Verbesserung der Mieträume dient, wenn zB die notwendig gewordene Ersetzung alter, verrotteter Fenster dazu benutzt wird, zugleich die Fenster spürbar zu vergrößern. In derartigen Fällen wird zT darauf abgestellt, auf welchen Maßnahmen wirtschaftlich das Schwergewicht liegt ( P E R G A N DE § 541 a Anm 2), wovon in erster Linie die Einwirkungen auf den Mieter ausgehen ( S C H O P P ZMR 1965, 193, 194; E R M A N - S C H O P P § 541 a Rz 8) oder ob sich die Maßnahmen trennen lassen oder nicht ( H A N S § 541 a Anm 3 d). Richtigerweise wird man jedoch von § 3 Abs 3 ModEnG auszugehen haben, da nach dieser Vorschrift Maßnahmen zur Instandsetzung zu den Modernisierungsmaßnahmen zu rechnen sind, wenn sie durch bauliche Maßnahmen zur Verbesserung von Wohnungen oder zur Einsparung von Heizenergie verursacht werden. Folglich ist stets § 541 a Abs 2 bzw § 20 ModEnG anzuwenden, wenn sich die Instandsetzungs- und Verbesserungsmaßnahmen nicht trennen lassen (ebenso STERNEL Rz II 197). Nur dieses Ergebnis entspricht auch dem gerade hier gebotenen, umfassenden Mieterschutz. 15 d) Die Duldungspflicht besteht nur, wenn die Maßnahmen zur Instandhaltung oder Instandsetzung der Räume oder des Gebäudes objektiv erforderlich sind. Dafür ist es unerheblich, auf welche Ursache die zu beseitigenden Schäden zurückgehen. § 541 a Abs 1 ist also auch anwendbar, wenn Vermieter oder Mieter die Schäden zu vertreten haben. Aus dem Gesagten folgt zugleich, daß der Vermieter sich stets bemühen muß, die Einwirkungen auf die gemieteten Räume so klein wie irgend möglich zu halten. Die Maßnahmen müssen dem Mieter außerdem zumutbar sein (§ 242; STERNEL R Z II 193; LG Kassel WuM 1981, 36). 16 3. Der Inhalt der Duldungspflicht a) Unter den genannten Voraussetzungen ist der Mieter unbedingt zur Duldung der von den erforderlichen Maßnahmen ausgehenden Einwirkungen verpflichtet. Er muß jede Hinderung der Arbeiten unterlassen sowie dem Vermieter und den von diesem beauftragten Leuten den Zugang zu seiner Wohnung zur Planung und Durchführung der Arbeiten gewähren (LG Frankfurt ZMR 1968, 141, 172). In Ausnahmefällen kann er sogar verpflichtet sein, vorübergehend die vermieteten Räume zu verlassen, sofern nur dann die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden können (OLG Braunschweig DWW 1965, 85; P E R G A N D E § 541 a Anm 2). 17 b) Umstritten ist, ob den Mieter darüber hinaus auch gewisse Mitwirkungspüichten treffen, zB durch Umstellen der Möbel oder sogar Räumung einzelner Zimmer, durch Abnahme der Dekorationen, durch Zusammenrollen der Teppiche, Sicherung der Möbel und dergl mehr (bejahend H U M M E L ZMR 1 9 7 0 , 6 5 ff; P A L A N D T - P U T Z O § 541 a A n m
2 c ; STERNEL R Z I I
193;
BGB-RGRK-GELHAAR
§ 541 a Tz
10;
a Anm 6 ) . Das Gesetz verpflichtet den Mieter jedoch eindeutig lediglich zur Duldung gewisser Einwirkungen. Daraus kann keine Mitwirkungspflicht des Mieters hergeleitet werden. Alle genannten Maßnahmen kann er deshalb ohne weiteres dem Vermieter überlassen ( H A N S § 5 4 1 a Anm B 2 d; S C H O P P ZMR 1 9 6 5 , 1 9 3 , 1 9 5 ) . Der Vermieter kann für deren Vornahme vom Mieter daher auch keinen Aufwendungsersatz verlangen. PERGANDE § 5 4 1
17a Drohen dem Mieter Schäden, so hat er ein Zurückbehaltungsrecht, bis der Vermieter deren Ersatz zusagt und gegebenenfalls Sicherheit leistet (§ 242; aM für ganz besonders dringliche Fälle LG Frankfurt MDR 1968, 328). 18 4. Die Gegenansprüche des Mieters a) Ein Aufwendungsersatzanspruch ist dem Mieter nur im Falle des Abs 2 zugebilligt worden. Bei Erhaltungsmaßnahmen iS des Abs 1 kann mithin der Mieter von dem Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§ 541a 19-22
Vermieter keinen Aufwendungsersatz verlangen. Das kann jedoch nicht bedeuten, daß zB der Mieter, der die Wohnung zur Durchführung von Reparaturen vorübergehend ganz räumen muß, die damit verbundenen Kosten selbst tragen muß. Vielmehr ist davon auszugehen, daß sämtliche vom Vermieter veranlaßten Einwirkungen, durch die der vertragsmäßige Gebrauch des Mieters beeinträchtigt oder aufgehoben wird, Mängel iS der §§ 537 und 538 darstellen (ROQUETTE § 541 a Rz 16 ff; HANS § 5 4 1 a Anm B 2 f). Wenn und soweit durch die Einwirkungen der vertragsmäßige Gebrauch beeinträchtigt ist, entfällt deshalb nicht nur automatisch nach § 537 die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung des Mietzinses (LG Mannheim DWW 1 9 7 8 , 4 5 f für die Verkleinerung der Wohnfläche durch die Maßnahmen; AG Köln ZMR 1980, 87 f für die Belästigungen durch die Umbauarbeiten); sondern der Mieter kann außerdem auch stets vom Vermieter Schadensersatz für alle Kosten und Schäden durch die Einwirkungen verlangen, da dieser durch die Veranlassung der Einwirkungen den Mangel verschuldet hat (§ 5 3 8 Abs 1 Fall 2 ; ROQUETTE § 5 4 1 a Rz 1 8 ; STERNEL Rz II 1 9 4 ; wesentlich enger B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 1 a Rz 14 f; HANS aaO; ganz ablehnend SCHOPP ZMR 1 9 6 5 , 193, 1 9 5 ) . b) Unabhängig hiervon ergibt sich die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung 19 aller durch die Erhaltungsmaßnahmen verursachten Schäden und Beschränkungen des Mieters in dem vertragsmäßigen Gebrauch schon aus dessen allgemeiner Erhaltungspflicht (§ 536). Der Vermieter muß deshalb den Schmutz, den die Arbeiten verursacht haben, beseitigen. Schäden an Wänden und Decken muß er ohne Rücksicht darauf, ob etwa der Mieter die Schönheitsreparaturen übernommen hat oder nicht, beheben. Denn der Mieter hat einen Anspruch darauf, daß ihm vom Vermieter spätestens nach Durchführung der Arbeiten der vertragsmäßige Gebrauch wieder uneingeschränkt gewährt wird. Das ist nichts anderes als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (BGB-RGRK-GELHAAR § 541 a Rz 12).
III. Die Duldungspflicht des Mieters bei Verbesserungsmaßnahmen 20 Bei den Verbesserungsmaßnahmen geht die Duldungspflicht des Mieters nicht so weit wie bei den Erhaltungsmaßnahmen. Denn nach § 541 a Abs 2 hat der Mieter Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Gebäudeteile nur zu dulden, soweit ihm dies zugemutet werden kann. Außerdem steht ihm dann ein, wenn auch eingeschränkter, Aufwendungsersatzanspruch zu. Eine weitergehende Duldungspflicht besteht freilich bei allen Modernisierungsmaßnahmen, die unter § 20 ModEnG fallen. 1. Begriff 21 a) Abs 2 des § 541 a unterscheidet sich von Abs 1 nicht durch die Art der Maßnahmen und der von ihnen ausgehenden Einwirkungen. Der Unterschied liegt vielmehr allein in dem Zweck der Maßnahmen: Dienen sie der Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes in ihrem ursprünglichen wirtschaftlichen Bestand, so fallen sie unter Abs 1 mit der Folge, daß den Mieter eine unbeschränkte Duldungspflicht trifft. Dienen sie hingegen lediglich der Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Gebäudeteile, so ist Abs 2 anwendbar mit der Folge, daß der Mieter die Maßnahmen nur zu dulden braucht, wenn sie ihm zumutbar sind. b) § 541 a Abs 2 verfolgt ebenso wie sein Vorläufer, der § 28 a MSchG den Zweck, 22 es dem Vermieter zu ermöglichen, das Gebäude zu modernisieren und modernen Ansprüchen anzupassen (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB = NJW 1972, 723; SCHMIDT-FUTTERER, MietR aaO). Verbesserungsmaßnahmen sind deshalb sämtliche (189)
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§541 a 22 a-25
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Maßnahmen, durch die objektiv der Gebrauchswert der vermieteten Räume oder der Substanzwert des Gebäudes erhöht wird (oben Rz 13). Der Begriff deckt sich bei Wohnraum im wesentlichen mit dem der Modernisierungsmaßnahmen, den das ModEnG in den § § 3 und 4 definiert (oben Rz 13 a). Entscheidend ist folglich die Verbesserung der Räume durch bauliche Maßnahmen, die deren Gebrauchswert nachhaltig erhöhen, die die allgemeinen Wohnraumverhältnisse auf Dauer verbessern oder die eine nachhaltige Einsparung von Heizenergie bewirken. Zahlreiche Beispiele nennt das Gesetz in § 4 ModEnG. 22a Den Gegensatz zu den so verstandenen Verbesserungsmaßnahmen bilden auf der einen Seite die Erhaltungsmaßnahmen iS des Abs 1, auf der anderen Seite die reinen Veränderungen der vermieteten Sache. Eine Veränderung ist zB anzunehmen, wenn ein Gebäude verdoppelt wird (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB). Fraglich ist die Rechtslage aber schon bei einer Vergrößerung der vermieteten Räume um 10% durch einen Anbau zur Unterbringung von Bad und WC, da § 4 Abs 1 S 2 ModEnG auch solche Anbauten zu den Modernisierungsmaßnahmen zählt; hiervon wird deshalb auch für § 541 a idR auszugehen sein (BGB-RGRK-GELHAAR § 541 a Rz 5; aM LG Kiel SchlHAnz 1974, 122). In solchen Fällen kann folglich eine Duldungspflicht des Mieters nicht aus § 541 a hergeleitet werden (s unten Rz 38). 23 c) Umstritten ist, ob auch wesentliche Veränderungen der vermieteten Sache, zB durch die Umgestaltung eines bisherigen Wohnraums in ein Bad, unter § 541 a Abs 2 fallen können (dafür PERGANDE § 5 4 1 a Anm 4 unter Berufung auf den Ausschußbericht; dagegen HANS § 5 4 1 a Anm B 3 c; ROQUETTE § 5 4 1 a Rz 14). Das Gesetz sieht die Grenze der Duldungspflicht allein in der Zumutbarkeit für den Mieter. Nur im Rahmen der deshalb erforderlichen Interessenabwägung kann folglich berücksichtigt werden, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Veränderungen handelt. Auch nach § 4 Abs 1 ModEnG können Anbauten oder die Veränderung des Zuschnitts der Wohnung zu den Modernisierungsmaßnahmen gehören. 24 d) Die Frage, ob die betreffenden Maßnahmen tatsächlich der Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstigen Gebäudeteile dienen, ist allein objektiv danach zu beurteilen, ob sich der Gebrauchswert der Räume oder der Substanzwert des Gebäudes nach der Verkehrsanschauung erhöht, wofür sich genaue Maßstäbe jedenfalls für die Wohnraummiete in den §§ 3 und 4 ModEnG finden. Die abweichende subjektive Einstellung des einzelnen betroffenen Mieters spielt insoweit keine Rolle (wohl aber bei der Frage der Zumutbarkeit der Maßnahmen). 25 e) Als Verbesserungsmaßnahmen kommen je nach den Umständen des Einzelfalles die folgenden Maßnahmen in Betracht (zahlreiche weitere Beispiele in den §§3 und 4 ModEnG und dazu SCHADE-SCHUBART-WIENICKE, Wohn- und Mietrecht, ModEnG [ 1 9 7 8 ] ; vgl auch PALANDT-PUTZO § 5 4 1 a Anm 3 a): der Einbau, die Veränderung oder die Beseitigung von Zwischenwänden, Türen oder Fenstern; insbes der Einbau einer Etagen- oder Zentralheizung (s zum Streitstand LG Köln WuM 1978, 8 f; AG Hamburg ZMR 1980, 317; GLASER, Die Sammelheizung 135 ff m Nachw); die Umstellung einer Zentralheizung auf ein moderneres System, zB von Kohle auf ö l oder auf Erdgas (ebenfalls str, dafür zB LG Düsseldorf ZMR 1973, 81 f; LG Braunschweig FWW 1 9 7 6 , 2 6 f; dagegen zB eingehend KG O L G Z 1 9 6 6 , 1 4 9 , 1 5 1 ff m zahlr Nachw); der Einbau eines Badezimmers mit Toilette (LG Köln WuM 1970, 41; LG Hamburg ZMR 1976, 145 = DWW 1976, 214); der Bau von Garagen auf dem Hof für die Mieter; die Verlegung eines neuen Fußbodenbelags; die Einziehung niedrigerer Decken; der Einbau moderner Schlösser oder von Leuchtdrückern im Treppenhaus; die Verstärkung der Steigleitungen, damit moderne Haushaltsgeräte angeschlossen werden können; der Bau einer Gemeinschaftsantenne; der Einbau eines Fahrstuhls oder einer Warmwasserversorgungsanlage; der Einbau von RolläVolker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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§541 a 3. Titel. Miete. Pacht
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den und Steckdosen; der Einbau von Klingelanlagen, Sprechanlagen und Türöffnern; die Modernisierung der Beleuchtungsanlage; der Einbau moderner Waschmaschinen in die Waschküche; die Verbesserung des Schallschutzes, der Energie- und Wasserversorgung und der sanitären Einrichtungen; Maßnahmen zur Diebstahlverhinderung (§ 4 Abs 1 Nr 4, 5 und 8 ModEnG); die Anlage und der Ausbau von Kinderspielplätzen und Grünanlagen (§ 4 Abs 2 ModEnG); sowie namentlich alle Maßnahmen zur nachhaltigen Einsparung von Heizenergie durch Verbesserung der Wärmedämmung, durch Verminderung des Energieverlustes und -Verbrauchs, durch Anschluß an besonders rationelle Formen der Fernwärmeversorgung usw ( § 4 Abs 3 ModEnG; genaue Aufzählung in der Begr zu RegE, BT-Drucks 7 [1976]/4550; sowie bei S C H A D E - S C H U B A R T H - W I E N I C K E § 4 ModEnG Anm 4). f) § 541 a Abs 2 wird also sehr weit ausgelegt (ebenso ausdrücklich BGH LM Nr 1 zu 26 § 541 a BGB). Doch müssen sich die Maßnahmen stets auf den vorhandenen Gebäudeteil beziehen (BGH aaO). Auch fallen bloße Verbesserungen des Aussehens oder eine Veränderung der vermieteten Sache niemals unter § 541 a Abs 2, deshalb zB nicht der Umbau eines Wohnhauses in ein gewerblich nutzbares Gebäude. 2. Die Zumutbarkeit für den Mieter
27
a) § 541 a Abs 2 soll dem Vermieter die Modernisierung seines Hauses ermöglichen, damit er wettbewerbsfähig bleibt (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB). Diesem Interesse des Vermieters steht jedoch das gleichwertige Interesse des Mieters an der Erhaltung der vermieteten Sache in dem Zustand gegenüber, in dem er die Sache seinerzeit gemietet hat. Folglich können Modernisierungsmaßnahmen dem Vermieter nicht uneingeschränkt gestattet werden, sondern nur, wenn sie dem Mieter aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zumutbar sind (ebenso schon § 28 a MSchG). Deshalb kann keine Rede davon sein, der Mieter müsse Modernisierungsarbeiten des Vermieters uneingeschränkt dulden; vielmehr ist davon auszugehen, daß der Mieter aufgrund des Mietvertrages grundsätzlich einen Anspruch darauf hat, daß die Sache in ihrem ursprünglichen, zum vertragsmäßigen Gebrauch bestimmten und geeigneten Zustand vom Vermieter erhalten wird (LG Hamburg ZMR 1976, 145 f = DWW 1976, 214). Eine Duldungspflicht des Mieters kann daher immer nur durch besondere und dringende Interessen des Vermieters an den Modernisierungsmaßnahmen begründet werden.* Ganz andere Maßstäbe sind freilich nach dem Willen des Gesetzgebers anzuwenden, soweit sich die Duldungspflicht des Mieters bei Wohnraum zugleich aus dem vorrangigen § 20 ModEnG ergibt (dazu unten Rz 33 a). b) Eine Duldungspflicht des Mieters besteht auf Grund des § 541 a nach dem 28 Gesagten nur, wenn bei Abwägung der Interessen der Vertragsparteien sowohl die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen als auch der dadurch geschaffene Zustand für den Mieter zumutbar sind. Deshalb kann es durchaus so sein, daß für den Mieter zwar der vom Vermieter angestrebte Zustand, nicht jedoch die hierzu erforderlichen Maßnahmen zumutbar sind. In diesem Fall besteht keine Duldungs-
* Ebenso mit Recht LG Hamburg ZMR 1976, 145; AG Lübeck WuM 1977,182; DERLEDER NJW 1 9 7 5 , 1 6 7 7 , 1 6 7 9 f; HANS § 5 4 1 a A n m B 3 c; ROQUETTE § 5 4 1 a R z 14; STERNEL R z II 197 ff; viel
zu weitgehend hingegen LG Düsseldorf ZMR 1970, 269 f; MDR 1970, 931; PERGANDE § 541 a A n m 6; SCHOPP Z M R 1 9 6 5 , 1 9 3 , 1 9 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 4 1 a A n m 3 a; BGB-RGRK-GELHAAR
§ 541 a Rz 6 - 8 ; zurückhaltender hingegen ERMAN-SCHOPP § 541 a Rz 7; SCHMIDT-FUTTERER,
MietR aaO; ders MDR 1970, 375. (191)
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§541 a 29-32
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
pflicht. Außerdem muß der Vermieter von mehreren in Betracht kommenden Modernisierungsmaßnahmen stets diejenige wählen, bei der der Besitzstand des Mieters am wenigsten beeinträchtigt wird (LG Mannheim WuM 1975, 15). 29 Außerdem müssen stets auch die persönlichen Interessen und Verhältnisse des betroffenen Mieters berücksichtigt werden, da von dessen vertraglichem Anspruch auf Erhaltung der vermieteten Sache in dem ursprünglichen Zustand auszugehen ist. Daher besteht bei schwerer Invalidität oder hohem Alter des Mieters oder bei kurz bevorstehendem Vertragsende generell keine Pflicht zur Duldung von Modernisierungsarbeiten (LG Düsseldorf ZMR 1973, 81, 82; LG Hamburg ZMR 1976, 145 f; LG Köln WuM 1970, 41; AG Köln WuM 1975, 225; AG Osnabrück WuM 1977, 140; 1977, 167,168; AG Bonn ZMR 1980, 181; AG Dortmund WuM 1980, 246). 29a Die Duldungspflicht ist weiter zu verneinen, wenn der Mieter die fraglichen Maßnahmen kurz zuvor schon selbst auf eigene Kosten durchgeführt hatte (STERNEL Rz II 200 f), wenn der Vermieter zunächst die Unterlassung der Maßnahmen zugesagt hatte (LG Köln WuM 1978, 8 f) oder wenn er von vornherein den Ersatz etwaiger Schäden oder Aufwendungen ablehnt (LG Hamburg HamburgerGE 1962, 118). 30 Daher werden dem Mieter idR nur gewisse vorübergehende Beschränkungen des vertragsmäßigen Gebrauchs zumutbar sein. Ein vorübergehender Auszug oder auch nur eine Aufgabe mehrerer Zimmer wird von ihm in aller Regel nicht verlangt werden können. Ebenso verhält es sich, wenn der Vermieter mitten im Winter die Fenster oder die Heizungsanlage auswechseln will (AG Köln WuM 1975,225). Unzumutbar kann je nach den Umständen des Falles schließlich auch der nachträgliche Einbau einer Nachtspeicher- oder einer Gasetagenheizung sein (AG Hagen WuM 1978,126; AG Hannover WuM 1979, 166). Ebensowenig besteht eine Duldungspflicht auf Grund des § 541 a bei einer wesentlichen Veränderung der vermieteten Räume wie zB bei einer Verringerung der Zahl der Wohnräume durch Umbau eines Wohnraumes in ein Bad (LG Hamburg ZMR 1976, 145 f). In diesem Zusammenhang muß namentlich bei der gewerblichen Miete stets strikt darauf geachtet werden, daß der Mieter durch die fraglichen Maßnahmen nicht auf Dauer in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs beeinträchtigt wird; ist dies der Fall, so scheidet eine Duldungspflicht generell aus. Im übrigen aber lassen sich kaum allgemeine Regeln aufstellen, weil hier letztlich alles immer ganz auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (vgl auch für eine Verkleinerung der Wohnung LG Hannover WuM 1981, 38). 31 c) Da auch der durch die Modernisierungsmaßnahmen geschaffene Zustand für den Mieter zumutbar sein muß, wenn eine Duldungspflicht bestehen soll, braucht ein Mieter, der mit Absicht eine billige Wohnung gemietet hat, Modernisierungsarbeiten nicht zu dulden, wenn er sich später die dadurch teurer gewordene Wohnung nicht mehr leisten kann (AG Wedding WuM 1979,48; aM AG Baden-Baden WuM 1978, 27). Dasselbe gilt für wiederholte Modernisierungsmaßnahmen (LG Kiel WuM 1977, 120; DERLEDER NJW 1975, 1677, 1679 f; AG Hagen WuM 1981, 37). 32 Bei der Interessenabwägung muß mithin stets berücksichtigt werden, daß Modernisierungsmaßnahmen zwar nicht notwendig, aber nach den § § 2 und 3 MHRG sehr häufig zu einer Erhöhung des Mietzinses führen können (ebenso STERNEL Rz II 1 9 9 ; a M zu U n r e c h t PALANDT-PUTZO § 5 4 1 a A n m 3 a; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 1 a
Rz 6). Daher besteht insbes keine generelle Pflicht zur Duldung des nachträglichen Einbaus einer Zentralheizung (aM LG Düsseldorf MDR 1970, 931; LG Braunschweig FWW 1 9 7 6 , 2 6 f; PERGANDE § 5 4 1 a Anm 6). Denn es ist nicht einzusehen, wieso ein Mieter, der mit Absicht eine billige Wohnung ohne Zentralheizung gemietet hat, eine Verteuerung der Heizungskosten durch den Einbau einer Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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Zentralheizung hinnehmen soll. Wenn der Vermieter beabsichtigt, eine Zentralheizung einzubauen, ist es ihm ohne weiteres zuzumuten, sich hierüber mit den Mietern zu einigen oder einen entsprechenden Vorbehalt in den Vertrag aufzunehmen. Anders freilich wieder im Anwendungsbereich des § 20 ModEnG (unten Rz 33 a). d) § 541 a gibt dem Vermieter keinen unmittelbaren Duldungsanspruch gegen den 33 Untermieter (STERNEL R Z II 1 9 5 ) . Der Vermieter kann von dem Mieter lediglich im Rahmen des § 541 a verlangen, den Untermieter seinerseits zur Duldung zu veranlassen. Bei der deshalb erforderlichen Interessenabwägung sind von vornherein auch die Interessen des Untermieters zu berücksichtigen, sofern der Mieter nach § 5 4 9 zur Untervermietung berechtigt war ( W E I M A R ZMR 1 9 7 6 , 3 3 f). 3. Die Duldungspflicht aus § 20 ModEnG
33a
Bei Wohnraum ist durch das ModEnG die Duldungspflicht des Mieters hinsichtlich aller Modernisierungsmaßnahmen erheblich erweitert worden, um die vom Gesetzgeber gewünschte, beschleunigte Wohnungsmodernisierung einschließlich namentlich aller energiesparenden Maßnahmen zu erleichtern. a) Die besondere Duldungspflicht besteht gegenüber allen Modernisierungsmaß- 33b nahmen iS der § § 3 und 4 ModEnG, sofern sie entweder mit öffentlichen Mitteln gefördert worden sind (s dazu § 5 ModEnG) oder energiesparende Maßnahmen iS des § 4 Abs 3 ModEnG darstellen. Energiesparende Maßnahmen müssen maW auch dann geduldet werden, sofern sie nicht öffentlich gefördert worden sind, vorausgesetzt nur, daß sie unter den umfassenden Katalog des § 4 Abs 3 ModEnG fallen (vgl G U T E K U N S T - F O R S T E R § 20 Anm 2 Abs 4; S C H A D E - S C H U B A R T H - W I E N I C K E , Wohnund Mietrecht, § 20 ModEnG Anm 1). Inhaltlich entspricht diese Duldungspflicht derj enigen, die sich aus § 5 41 a ergibt (dazu oben Rz 16 f); auch hier kann daher nicht angenommen werden, daß den Mieter auch gewisse Mitwirkungspflichten treffen (GUTEKUNST-FORSTER § 2 0 A n m 2 A b s 1 2 ; a M z B FREUND-BARTHELMESS
ZMR
1977, 1, 3). b) Die Duldungspflicht des Mieters entfällt nach § 20 Abs 1 ModEnG nur, wenn die 33c Durchführung der fraglichen Maßnahmen oder ihre bauliche Auswirkung für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeutete, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Der Gesetzgeber hat hier bewußt an die Formulierung des § 556 a Abs 1 S 1 angeknüpft, so daß wegen der Einzelheiten auf die Erläuterungen zu § 556 a verwiesen werden kann (s § 556 a Rz 20 ff). Die besondere Härte kann sich zunächst aus der Durchführung der Modernisierungs- 33d maßnahmen ergeben. Das ist zB anzunehmen, wenn infolge der zu erwartenden Verschmutzung oder des Baulärms eine erhebliche Verschlimmerung einer Erkrankung des Mieters oder seiner Familienangehörigen ernsthaft zu befürchten ist und ihm auch ein vorübergehender, anderweitiger Aufenthalt nicht zugemutet werden kann ( F R E U N D - B A R T H E L M E S S ZMR 1977,1,3; G U T E K U N S T - F O R S T E R § 20 Anm 2 Abs 6; S C H A D E - S C H U B A R T H - W I E N I C K E § 20 Anm 4; STERNEL R Z II 205). Der Begriff der Familie ist dabei aus § 8 Abs 2 des 2. WohnungsbauG zu entnehmen. Die baulichen Auswirkungen der Modernisierungsmaßnahme stellen zB dann eine 33e besondere Härte für den Mieter oder seine Familie dar, wenn die Zahl der Räume oder die Raumeinteilung so verändert wird, daß die Wohnung fortan den Bedürfnissen des Mieters nicht mehr gerecht wird. Hingegen können die finanziellen Auswirkungen der Modernisierungsmaßnahme (s § 3 MHRG iVm § 14 ModEnG) (193)
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§541 a 33 f—35
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
hier - anders als bei § 541 a BGB (s Rz 32) - nicht berücksichtigt werden, weil der Gesetzgeber die Berücksichtigung dieses Umstandes durch die Formulierung des § 20 Abs 1 ModEnG ausdrücklich ausgeschlossen hat (s § 3 MHRG Rz 15 c; G U T E K U N S T FORSTER § 2 0 A n m 2 A b s 9 ; SCHMIDT-FUTTERER - BLANK C 1 6 7 d ) .
33f Zu dem Vorliegen eines Härtefalls in dem genannten Sinne (Rz 33 d und 33 e) muß stets noch hinzukommen, daß bei einer anschließenden Interessenabwägung die Interessen des Mieters die berechtigten Interessen des Vermieters und die der anderen Mieter in dem Gebäude deutlich überwiegen (vgl F R E U N D - B A R T H E L M E S S ZMR 1 9 7 7 , 1 , 3 ; S C H A D E - S C H U B A R T H - W I E N I C K E § 2 0 ModEnG Anm 2 ) . Auch hier kommt daher letztlich alles auf die Umstände des Einzelfalles an. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß es ein Ziel des Gesetzgebers war, ein sog „Hinausmodernisieren" des Mieters zu vermeiden (vgl den Ausschußbericht, BT-Drucks 7 / 5 4 1 0 S 9). 33g c) Vor der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen trifft den Vermieter auf Grund des § 20 Abs 2 ModEnG außerdem eine besondere Unterrichtlingspflicht. Er muß nämlich dem Mieter zwei Monate vor der Durchführung der Modernisierung deren Art und Umfang schriftlich verbindlich mitteilen und dabei außerdem den geplanten Beginn und die voraussichtliche Dauer sowie die sich voraussichtlich ergebende Mieterhöhung angeben. Die Erfüllung dieser Unterrichtungspflicht ist eine Voraussetzung für die Fälligkeit des Duldungsanspruchs des Mieters. Kommt der Vermieter seiner Unterrichtungspflicht nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß nach, so braucht folglich der Mieter die Modernisierungsmaßnahme auch nicht zu dulden (so mit Recht G U T E K U N S T - F O R S T E R § 2 0 Anm 3 Abs 1; S C H A D E S C H U B A R T H - W I E N I C K E § 2 0 ModEnG Anm 3; aM F R E U N D - B A R T H E L M E S S ZMR 1977, 1, 3). Unabhängig hiervon ergibt sich im übrigen eine weitere Hinweispflicht des Vermieters aus § 3 Abs 2 MHRG, deren Erfüllung ihrerseits Voraussetzung für die Möglichkeit einer Mietzinserhöhung nach § 3 MHRG ist (s § 3 MHRG Rz 76 ff; wie hier auch LG Hannover WuM 1981, 38). 34 4. Die Rechte des Mieters a) Der Erfüllungsanspruch Der Erhaltungsanspruch des Mieters aus § 536 wird weder durch § 541 a Abs 2 noch durch § 20 ModEnG in irgendeiner Hinsicht beeinträchtigt. Der Vermieter ist deshalb stets verpflichtet, nach Durchführung der Verbesserungs- oder Modernisierungsmaßnahmen alle hiermit verbundenen Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters wieder zu beseitigen, wobei es keine Rolle spielt, ob der Mieter vertraglich die Schönheitsreparaturen übernommen hat oder nicht (s oben Rz 19). 35 b) Die Gewährleistungsrechte aa) Nach § 20 Abs 3 S 2 ModEnG bleibt das Minderungsrecht des Mieters aus § 537 von der Duldungspflicht unberührt. Seitdem ist unstreitig, daß der Mieter bei jeder Beeinträchtigung seines vertragsmäßigen Gebrauchs durch die Verbesserungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die einen Mangel iS des § 537 darstellt, den Mietzins ohne Rücksicht auf seine Duldungspflicht mindern kann.* * L G M a n n h e i m W u M 1 9 7 8 , 9 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 1 a RZ 14; PALANDT-PUTZO § 5 4 1 a A n m 1 d; STERNEL RZ II 2 0 2 ; ROQUETTE § 5 4 1 a RZ 2 0 ff; SCHADE-SCHUBARTH-WIENICKE § 2 0
ModEnG Anm 4.
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3. Titel. Miete. Pacht
§541 a 35 a-37
bb) Umstritten ist, ob der Mieter darüber hinaus auch nach § 538 Abs 1 Fall 2 vom 35a Vermieter Schadensersatz verlangen kann (bejahend ROQUETTE und STERNEL, oben Rz 35; verneinend B G B - R G R K - G E L H A A R § 541 a Rz 15). Die Frage ist - trotz der durch § 541 a Abs 2 und § 20 ModEnG angeordneten Duldungspflicht des Mieters zu bejahen, weil die genannten Vorschriften nicht bedeuten und auch nicht bedeuten können, daß der Vermieter darüber hinaus auch das Recht haben sollte, den Mieter zu schädigen. Weder § 541 a Abs 2 noch § 20 ModEnG stellen maW einen Rechtfertigungsgrund für schädigende Maßnahmen des Vermieters dar. Folglich kann der Mieter vom Vermieter stets umfassend Schadensersatz verlangen, wenn er durch die Verbesserungs- oder Modernisierungsmaßnahmen geschädigt worden ist (ebenso im Ergebnis B G B - R G R K - G E L H A A R § 541 a Rz 16 durch Annahme einer positiven Vertragsverletzung). c) Der Aufwendungsersatzanspruch 36 Dem Mieter steht über seinen Schadensersatzanspruch (oben Rz 35 a) hinaus auch noch ein Aufwendungsersatzanspruch zu. Nach § 541 a Abs 2 S 2 muß ihm nämlich der Vermieter Aufwendungen, die er infolge der Verbesserungsmaßnahmen machen mußte, in einem den Umständen nach angemessenen Umfang ersetzen. Entsprechend bestimmt § 20 Abs 3 S 1 ModEnG, daß alle Aufwendungen, die der Mieter infolge der Modernisierung machen mußte, vom Vermieter in einem angemessenen Umfang zu ersetzen sind. In beiden Fällen hat der Vermieter auf Verlangen des Mieters Vorschuß zu leisten. Beispiele für derartige Aufwendungen sind die Kosten für die vorübergehende Auslagerung der Möbel, für die Erneuerung und Änderung der Dekoration (AG Dortmund WuM 1979, 205 f; AG Kiel WuM 1978, 174), und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Mieter die Schönheitsreparaturen übernommen hat oder nicht, weiter die Kosten der Reinigung der Räume (AG Schöneberg WuM 1978, 210), die Kosten einer etwaigen Umstellung der Haushaltsgeräte zB von Gas auf Strom oder Erdgas (aM PERGANDE § 5 4 1 a Anm 7), zeitweilige Hotelkosten, die Kosten neuer Tapeten oder neuer Möbelstücke usw (LG Essen WuM 1981, 67). Nach § 541 a Abs 2 S 2 sind diese Kosten dem Mieter vom Vermieter jedoch nur in 36a einem den Umständen nach angemessenen Umfang zu ersetzen. Dies bedeutet nicht, daß der Aufwendungsersatzanspruch seinem Grunde nach nur besteht, sofern der Aufwendungsersatz billig ist (vgl § 242); vielmehr ist damit nur gesagt, daß die durch die Verbesserungsmaßnahmen verursachten Aufwendungen lediglich in dem angemessenen Umfang, dh insoweit zu ersetzen sind, wie sie objektiv erforderlich sind. Dem Mieter ist es maW versagt, auf Kosten des Vermieters einen unvernünftigen Aufwand zu treiben. Solche unvernünftigen Aufwendungen sind stets auf das objektiv erforderliche Ausmaß zurückzuführen (ebenso STERNEL RZ II 2 0 3 ) . Ebenso ist die Rechtslage nach § 20 Abs 3 S 1 ModEnG, weil auch hier sämtliche 36b durch die Modernisierung verursachten Aufwendungen, aber immer nur in einem angemessenen Umfang, dh soweit sie objektiv erforderlich sind, zu ersetzen sind. Dem Mieter ist es folglich auch hier versagt, einen nach seinem ganzen bisherigen Lebenszuschnitt unvernünftigen Aufwand auf Kosten des Vermieters zu treiben, zB durch Anmietung einer übertrieben teuren Ersatzwohnung während der Umbauarbeiten (s FREUND-BARTHELMESS ZMR 1 9 7 7 , 1, 3 f; STERNEL Rz II 2 0 6 ; SCHADESCHUBARTH-WIENICKE § 20 M o d E n G Anm 4).
Die Aufwendungen des Mieters sind mit 4% jährlich zu verzinsen (§§ 246,256). Vor 37 Durchführung der Verbesserungs- oder Modernisierungsmaßnahmen kann der Mieter stets für seine voraussichtlichen Aufwendungen, zB für die Anmietung von Lagerraum, für eine Ersatzwohnung oder für ein Hotelzimmer vom Vermieter einen Vorschuß verlangen. Solange der Vermieter diesen Vorschuß nicht geleistet hat, hat der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 Abs 1), so daß er die Durchführung der (195)
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§ 541 a 37 a-37 c
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Maßnahmen nicht zu dulden braucht. Verweigert der Vermieter endgültig die Leistung von Aufwendungs- oder Schadensersatz, so endet auch endgültig die Duldungspflicht des Mieters. 37a Der vom Vermieter geleistete Aufwendungsersatz gehört ebensowenig wie etwaige Schadensersatzleistungen auf Grund des § 538 Abs 1 Fall 2 (oben Rz 35 a) zu den Modernisierungskosten iS des § 3 Abs 1S 1MHRG, so daß sie auch nicht teilweise auf den Mieter umgelegt werden können (ebenso STERNEL Rz II 204; aM zu Unrecht F R E U N D - B A R T H E L M E S S ZMR 1977,1, 4), weil andernfalls der Mieter seine Aufwendungen und seine Schäden im Ergebnis doch selbst tragen müßte (vgl § 3 MHRG Rz 41 ff). 37b d) Das Kündigungsrecht Bei allen Modernisierungsmaßnahmen, die unter § 20 ModEnG fallen, hat der Mieter außerdem ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 20 Abs 2 S 2 ModEnG (vgl dazu FREUND-BARTHELMESS ZMR 1977, 33 f; GUTEKUNST-FORSTER § 20 ModEnG Anm 4; S C H A D E - S C H U B A R T H - W I E N I C K E § 20 ModEnG Anm 3; S T E R N E L R Z IV 341). Nach dieser Vorschrift ist der Mieter berechtigt, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Mitteilung des Vermieters von der bevorstehenden Modernisierung (oben Rz 33 g) folgt, für den Ablauf des nächsten Monats zu kündigen. Macht der Mieter von diesem Kündigungsrecht Gebrauch, so darf der Vermieter nach § 20 Abs 2 S 3 ModEnG mit der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen nicht vor Ablauf der Mietzeit beginnen. Dieses Kündigungsrecht besteht auch, wenn der Mieter an sich zur Duldung der Modernisierungsmaßnahmen nicht verpflichtet ist, weil sie eine übermäßige Härte darstellten. Da es sich um ein außerordentliches Kündigungsrecht handelt, spielt es auch keine Rolle, ob das Mietverhältnis auf bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen war. Die Form der Kündigung richtet sich nach § 564 a. Erhöht der Vermieter mit Rücksicht auf die Modernisierung der Wohnung den Mietzins nach § 3 MHRG, so hat der Mieter außerdem das außerordentliche Kündigungsrecht aus § 9 MHRG. Das Kündigungsrecht besteht (erst recht) auch dann, wenn der Vermieter seiner Mitteilungspflicht nicht nachkommt oder die durch § 20 Abs 2 S 1 ModEnG vorgeschriebene Frist nicht einhält (s im einzelnen F R E U N D - B A R T H E L M E S S ZMR 1977, 33 f). Auf jeden Fall ergibt sich unter diesen Umständen das Kündigungsrecht des Mieters aus § 554 a. 37c Macht der Mieter von diesem besonderen Kündigungsrecht Gebrauch, so darf der Vermieter nach § 20 Abs 2 S 3 ModEnG mit der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen nicht vor Ablauf der Mietzeit beginnen. Unbedenklich sind jedoch vorbereitende Maßnahmen wie zB die Ausmessung oder Besichtigung der Räumlichkeiten oder das Abladen von Baumaterial ( F R E U N D - B A R T H E L M E S S ZMR 1977, 33). Bleibt der Mieter nach Ablauf der sich aus § 20 Abs 2 S 2 ModEnG ergebenden Kündigungsfrist wohnen, so daß er nach § 557 den Mietzins fortzahlen muß, so ändert dies nichts am Ablauf der Mietzeit iS des § 20 Abs 2 S 3 ModEnG, so daß der Vermieter jetzt mit der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen beginnen darf. Unklar ist hingegen die Rechtslage im Falle des § 568; zT wird angenommen, daß auch bei Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit nach § 568 der Vermieter nach Ablauf der ursprünglichen Mietzeit mit den Modernisierungsmaßnahmen beginnen dürfe ( F R E U N D - B A R T H E L M E S S ZMR 1977, 33). Dem steht jedoch entgegen, daß das ursprüngliche und das fortgesetzte Mietverhältnis identisch sind (§ 568 Rz 27 ff), so daß in diesem Fall nicht von einem Ablauf der Mietzeit iS des § 20 Abs 2 S 3 ModEnG die Rede sein kann. Dem Vermieter bleibt daher in diesem Fall nichts anderes übrig, als seinerseits das nunmehr auf unbestimmte Zeit verlängerte Mietverhältnis mit den gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 zu kündigen (§ 568 Rz 27). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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§ 541a 38-41 a
IV. Die Duldungspflicht des Mieters bei anderen Maßnahmen
38
§ 541 a begründet eine Duldungspflicht des Mieters nur bei Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen. Bei anderen Maßnahmen, namentlich bei reinen Veränderungen der vermieteten Sache zB durch eine wesentliche Vergrößerung des Gebäudes oder der vermieteten Räume kommt daher eine Duldungspflicht des Mieters nur unter ganz besonderen Umständen aufgrund des § 242 in Betracht, und zwar insbes dann, wenn ohne Durchführung der geplanten Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes gefährdet oder gar dessen Verlust zu befürchten wäre (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB; LG Düsseldorf ZMR1970,269,270 = MDR 1970, 8 4 8 f Nr 4 6 m Anm WEIMAR; STERNEL RZ I I 197). Eine entsprechende Anwendung des § 541 a Abs 2 scheidet aus (aM BGB-RGRK-GELHAAR § 541 a RZ 8). Handelt es sich um einen bloßen Anbau, so kann jedoch uU § 20 ModEnG anwendbar sein (s § 4 S 2 ModEnG).
V. Der Einfluß der Verbesserungsmaßnahmen auf den Mietzins 1. Verbesserungsmaßnahmen iS des § 541 a Abs 2 ziehen nicht automatisch eine 39 Erhöhung des Mietzinses nach sich. Ebensowenig liegt in der Zustimmung des Mieters zur Durchführung der Maßnahmen ohne weiteres auch die Zustimmung zu einer etwaigen Erhöhung des Mietzinses (LG Mannheim ZMR 1970, 208 Nr 16). Eine Erhöhung des Mietzinses setzt vielmehr grundsätzlich eine entsprechende Abänderung des ursprünglichen Mietvertrages durch beide Parteien voraus (s LG Braunschweig NJW 1973, 1053 f). 2. Bei Wohnraum eröffnet jedoch § 3 MHRG iVm § 14 ModEnG dem Vermieter 40 nach Durchführung der Modernisierung die Möglichkeit, einseitig die Miete um einen bestimmten Teil der von ihm aufgewendeten Kosten zu erhöhen (vgl auch für Sozialwohnungen die §§ 6 - 8 NMVO 1 9 7 0 ) . Voraussetzung ist jedoch, daß der Mieter der in den fraglichen Maßnahmen liegenden Vertragsänderung zugestimmt hat. Die bloße Duldung der Maßnahmen auf Grund des § 541 a oder des § 20 ModEnG gibt dem Vermieter kein Recht zur Mietzinserhöhung nach § 3 MHRG (§ 3 MHRG Rz 12-15 a m Nachw zum Streitstand).
VI. Abweichende Vereinbarungen 1. Nach § 20 Abs 4 ModEnG ist die Regelung des § 20 ModEnG zu Gunsten des 41 Mieters zwingend. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind unwirksam. Das gilt sowohl für eine Erweiterung der Duldungspflicht des Mieters als auch für jede Einschränkung seiner Gegenrechte, dh des Minderungsrechtes (s § 537 Abs 3), des Anspruchs auf Schadensersatz und auf Aufwendungsersatz sowie des Kündigungsrechts (FREUND-BARTHELMESS ZMR 1977, 33, 3 4 ; SCHADE-SCHUBARTHWIENICKE § 2 0 ModEnG Anm 5). 2. a) Bei § 541 a hat der Gesetzgeber des 2. MietänderungsG von 1964 hingegen 41a darauf verzichtet, abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters zu verbieten. Daraus wird überwiegend gefolgert, § 541 a könne durch Individualvereinbarungen iS des § 1 Abs 2 AGBG auch zum Nachteil des Mieters abgeändert werden (so zB B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 1 a Rz 18; PALANDT-PUTZO § 5 4 1 a Anm 1 c; ebenso schon früher KG HRR 1 9 3 6 Nr 1 2 7 2 ) . In Betracht kommt hier namentlich eine Erweiterung der Duldungspflicht des Mieters bei Verbesserungsmaßnahmen über den Rahmen des § 541 a Abs 2 hinaus. Aus den §§ 138 und 242 ergibt sich jedoch, daß auch dann die Duldungspflicht des Mieters stets ihre äußerste (197)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§ 541a 41 b-43
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhaltnisse
Grenze an der Zumutbarkeit der Maßnahmen findet. Ohne Rücksicht auf die Abreden der Parteien braucht mithin der Mieter für ihn unzumutbare Verbesserungsmaßnahmen niemals zu dulden (AG Hannover WuM 1979, 166; AG Köln W u M 1 9 7 9 , 2 4 2 f; FROST W u M 1 9 7 6 , 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 4 1 a A n m 1 c; STERNEL
Rz II 208). Auch ein Ausschluß des Minderungsrechts des Mieters ist jedenfalls bei Wohnraum nicht möglich (§ 537 Abs 3). Beschränkt werden kann hingegen der Schadensersatz- oder Aufwendungsersatzanspruch des Mieters (§§ 538, 541 a Abs 2 S 2). Jedoch kann auch dies nur für Fälle leichten Verschuldens und geringfügiger Aufwendungen anerkannt werden; jede weitergehende Beschneidung der Mieterrechte verstößt eindeutig gegen die §§ 138 und 242. 41b b) Noch engere Grenzen gelten für eine Abänderung des § 541 a zum Nachteil des Mieters durch Formularmietverträge. Hier ist davon auszugehen, daß durch § 541 a das Recht des Mieters auf uneingeschränkte Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs der Sache in ihrem ursprünglichen Zustand bereits in bedenklichem Ausmaß beschränkt worden ist. Deshalb scheitert jede Erweiterung der Duldungspflicht des Mieters noch über den Rahmen des § 541 a hinaus durch Formularverträge an § 9 Abs 2 AGBG (ebenso AG Schöneberg WuM 1978, 210; HENSEN, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGBG [3. Aufl 1978] §§ 9 - 1 1 Anh Rz 5 0 3 ; STERNEL R z II 2 0 9 - 2 1 2 ) .
41c Auch der ohnehin eingeschränkte Aufwendungsersatzanspruch des Mieters auf Grund des § 541 a Abs 2 S 2 und des § 20 Abs 3 S 1 ModEnG kann durch Formularmietverträge nicht eingeschränkt werden, da jede andere Regelung mit elementaren Gerechtigkeitsgeboten im Widerspruch stünde (§ 9 Abs 2 AGBG). Der Vermieter erhielte dann nämlich nicht nur das Recht, einseitig durch sog Verbesserungs- oder Modernisierungsmaßnahmen den Mietvertrag zu ändern, sondern könnte dadurch auch noch einseitig den Mieter mit Kosten belasten. Aus demselben Grund kann nicht bestimmt werden, daß der Vermieter befugt sein soll, die Modernisierungskosten außerhalb der Fälle des § 3 MHRG einseitig auf die Mieter abzuwälzen; für die Wohnraummiete folgt dies schon unmittelbar aus § 10 Abs 1 MHRG, sonst aus § 9 AGBG. Zulässig ist daher nur in ganz engen Grenzen eine Einschränkung des Schadensersatzanspruches des Mieters aus § 539 Abs 1 Fall 2 in Fällen leichter Fahrlässigkeit des Vermieters (vgl § 11 Nr 7 AGBG), die hier jedoch kaum jemals vorliegen dürften. Im Ergebnis erweist sich damit die Regelung des § 541 a für Formularmietverträge als (nahezu) zwingend. Ohnehin tritt heute in der Mehrzahl der Fälle an die Stelle des § 541 a der zwingende § 20 ModEnG.
VII. Prozessuales 42 1. Der Duldungsanspruch kann grundsätzlich nicht durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden, da es in aller Regel schon an der Eilbedürftigkeit fehlen dürfte (AG Unna WuM 1980,179; AG Wuppertal WuM 1980,180); es kommt hinzu, daß durch eine solche einstweilige Verfügung stets in unzulässiger Weise die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen würde (ebenso STERNEL RZ II 196, 207). Eine abweichende Entscheidung kommt daher nur (ausnahmsweise) in Fällen dringender Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für erhebliche Sachwerte in Betracht, die anders nicht abgewendet werden kann (so LG Frankfurt ZMR 1968, 141, 172 = M D R 1968, 3 2 8 N r 7 0 ; HANS § 5 4 1 a A n m B 7).
43 2. Die Beweislast für alle Voraussetzungen des Duldungsanspruchs trägt der Vermieter. Der Mieter muß hingegen die Voraussetzungen des Aufwendungsersatzanspruchs (§541 a Abs 2 S 2) sowie eines etwaigen Schadensersatzanspruchs (§ 538) und der Mietzinsminderung (§ 537) beweisen (HANS § 541 a Anm B 7). Macht er Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(198)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 541 a, 542 44
gegenüber dem Duldungsanspruch des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht geltend weil er Vorschuß verlangt, der Vermieter dessen Leistung aber verweigert hat, so ist er auch hierfür beweispflichtig. 3. Der Streitwert einer Klage des Vermieters auf Duldung von Modernisierungs- 44 maßnahmen berechnet sich nach der dadurch ermöglichten Mietzinserhöhung, nicht nach den Kosten der Maßnahme (§ 3 ZPO; § 10 GKG; LG Mannheim WuM 1976, 131 f). §542 Wird dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen, so kann der Mieter ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Mietverhältnis kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Vermieter eine ihm von dem Mieter bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu schaffen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Erfüllung des Vertrages infolge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Mieter kein Interesse hat. Wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs ist die Kündigung nur zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Mieters gerechtfertigt wird. Bestreitet der Vermieter die Zulässigkeit der erfolgten Kündigung, weil er den Gebrauch der Sache rechtzeitig gewährt oder vor dem Ablaufe der Frist die Abhilfe bewirkt habe, so trifft ihn die Beweislast. E I § 529; II § 487 Abs 1; III § 535; Mot II 418 ff; Prot II 229.
Schrifttum BROX-ELSING, Die Mängelhaftung bei Kauf, Miete und Werkvertrag, JuS 1976, 1; ENNECCERUSLEHMANN ( 1 5 . B e a r b 1 9 5 8 ) § 1 2 8 V ; ESSER-WEYERS I I 1 § 1 5 I 1; GLASER, T e i l k ü n d i g u n g v o n
Mietverträgen hinsichtlich der überlassenen Einrichtungsgegenstände, NJW 1951,301; GSCHNITZER, Die Kündigung nach deutschem und österreichischem Recht, JherJb 76 (1926) 317; HASSOLD, Konkurrenzen zwischen den Gewährleistungsregeln des Mietrechts und dem allgemeinen Unmöglichkeitsrecht, NJW 1975, 1863; ders, Die Mängelhaftung im Mietrecht, JuS 1975, 550; LONGARD, Die fristlose Kündigung der §§ 542, 544 BGB - ein schwacher Rechtsbehelf, DJZ 1911, 332; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 315 ff; ders, Beiträge zum Mietrecht: Fristlose Kündigung einer Wohnung, SeuffBl 76, 504; MOLITOR, Die Kündigung (2. Aufl 1951); NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 151 ff; SCHMIDT-FUTTERER, MietR (7. Aufl 1976), s v Mängel V; ders, Miete und Pacht (3. Aufl 1977) 110 ff; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz IV 230 ff, 300 ff (S 586, 616); WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) 23 ff; ders, Kündigung des Mieters wegen Nichtgewährung des Gebrauchs, MDR 1969, 449.
Systematische Übersicht I. Überblick 1. Allgemeines 1 2. Der Erfüllungsanspruch des Mieters 3 3. Kündigung und Rücktritt 4 4. Das Rangverhältnis der verschiedenen Kündigungsgründe 6
(199)
II. Die Voraussetzungen des Kündigung«' rechts 7 1. Die Nichtgewährung des Gebrauchs 8 2. Die Gebrauchsentziehung 13 3. Die Erheblichkeit der Störung 18 4. Die Fristsetzung 23 a) Erklärung 24 b) Entbehrlichkeit 27
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§542 1
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
III. Kündigung 32 1. Fruchtloser Fristablauf 32 a 2 Erklärung 3 4
IV. Schadenersatzansprüche 3 8 ^ . , , „ , w ,„ ,. Ausschluß des Kundigungs-
3. Wohnenbleiben 37 4. Umdeutung 37 a
rechts 4 0 V I . Beweislast 4 4
Alphabetische Übersicht - fristgebundene Kündigung 34 - Fristablauf 32 ff - Fristsetzung 2 3 ff - Form 36 a, 36 c - Formularverträge 3 6 f, 4 3 - Gebrauchsentziehung 13 ff - Gefahren für den Mieter 15 - Mängel 11, 14 - Nichtgewährung des Gebrauchs 9 f - Rangverhältnis der Kündigungsgründe 6, 16 - Umdeutung in ordentliche Kündigung 37 a - Verzicht 25 a, 34 - Verwirkung 35 - Voraussetzungen 7 ff - Verhältnis zum Rücktritt 1 f, 4 - Zeitpunkt 5, 8, 35 Kündigungserklärung 3 4 ff - Begründung 3 6 a, 36 c - Form 36 a, 3 6 c, 36 f - Formularverträge 36 f, 43 - fristgebundene Kündigung 34 - Inhalt 36 - Nachschieben von Gründen 36 a f - Rücknahme 37 - Verwirkung 35 - Verzicht 25 a, 34 - Überlegungsfrist 35 - Wohnenbleiben 37 - Zeitpunkt 35
Abweichende Vereinbarungen 40 ff Beweislast 44 f Entbehrlichkeit der Fristsetzung 27 ff Erfüllungsanspruch 3 Erheblichkeit der Störung 18 ff Ersatzräume 2 1 b Formularverträge 24, 36 f, 4 3 Fristablauf 32 ff Fristsetzung 2 3 ff - Entbehrlichkeit 27 ff - Erfüllungsverweigerung 31 f - Erklärung 2 4 - Fixgeschäft 2 9 a f - Form 2 4 - Formularverträge 24 - Inhalt 25 - Interessewegfall 29 f - Länge der Frist 26 f - Unmöglichkeit der Abhilfe 30 - Unzumutbarkeit der Abhilfe 30 - Verzicht des Vermieters 2 8 - Widerruf der Fristsetzung 25 a - zu kurze Frist 2 6 a - zu lange Frist 2 6 a - Zweck 2 3 Gebrauchsentziehung 13 ff
Nichtgewährung des Gebrauchs 8 ff Interesse, besonderes, des Mieters 22 Konkurrenzen 1 ff, 8 Kündigung 1 ff - Ausschluß der Kündigung 4 0 ff - Ausweichen in Ersatzräume 2 1 b - Beispiele 14 - Besonderes Interesse des Mieters 2 2 - Einschränkung 42 - Erklärung 34 ff - Erheblichkeit 18 ff
Rechtsmangel 11, 14 Rücktritt 2, 4 f Sachmangel 11, 14 Schadensersatzansprüche 4, 38 ff Umdeutung 37 a Vormietrecht 17
I. Überblick 1. Allgemeines Wenn der Vermieter seiner Verpflichtung, dem Mieter die Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen, ganz oder teilweise Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(200)
3. Titel. Miete. Pacht
§542 2-4
nicht nachkommt, hat der Mieter in erster Linie den Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter (§§ 535 und 536). Daneben stehen ihm grundsätzlich alle Rechte zu, die das Gesetz in den §§ 323 ff dem Gläubiger für den Fall der Nichterfüllung einräumt. Namentlich bei Unmöglichkeit der Erfüllung, zB infolge der Zerstörung des Mietobjektes, bleibt es stets bei der Regelung der §§ 323-325, nur daß nach Übergabe der Sache nach hM an die Stelle des Rücktrittsrechtes das Kündigungsrecht des Mieters aus wichtigem Grunde tritt (s Vorbem 4 ff zu § 537; zB RG JW 1905, 718,719 Nr 9; PALANDT-PUTZO § 542 Anm 1 c; STAUDINGER-OTTO § 326 Rz 27; zT aM B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 16; STERNELRZIV302). Ebenso verhält es sich mit § 326, dessen Bedeutung bei der Miete ohnehin wegen des Fixcharakters der meisten Mietverträge und wegen § 538 Abs 1 Fall 2 verhältnismäßig gering ist. Soweit es sich indessen um Sach- oder Rechtsmängel handelt, tritt nach Überlassung der Sache an die Stelle der §§ 323-326 die Regelung der §§ 537-541 (s Vorbem 13 ff zu § 537), während § 542 auch in der Zeit vor Überlassung der Sache angewandt wird, so daß es hier ausnahmsweise durchaus zu einer (unbedenklichen) Konkurrenz der Gewährleistungsrechte (§ 542) mit den allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen (§§ 325, 326) kommen kann (s unten Rz 4 f). Trotz der offenkundigen Parallelen der §§ 537 ff zu den §§ 459 ff hat das Gesetz hier 2 aber darauf verzichtet, dem Mieter ein Wandlungsrecht einzuräumen. Statt dessen wurde dem Mieter durch die §§ 542 und 544 das Recht zur fristlosen Kündigung v e r l i e h e n (vgl BROX-ELSING J u S 1 9 7 6 , 1 , 3 ; ESSER-WEYERS I I 1 § 1 5 1 5 ; HASSOLD J u S 1 9 7 5 , 5 5 0 , 5 5 2 ) . Damit war bezweckt, die Rechte des Mieters über die ihm nach den
allgemeinen Vorschriften zustehenden Befugnisse hinaus zu erweitern, weil man davon ausging, daß das Rücktrittsrecht aufgrund der §§ 325 und 326 den Bedürfnissen des Mieters nicht genüge (Mot II 419). Dies trifft freilich nur insofern zu, als sich Schadensersatz und Rücktritt nach den §§ 325 und 326 grundsätzlich gegenseitig ausschließen (s eingehend MünchKomm-EMMERicH § 325 Rz 58), während die §§ 538 und 542 auch nebeneinander anwendbar sind (unten Rz 3, 38). Im übrigen aber wäre es ohne weiteres möglich gewesen, alle heute üblicherweise unter § 542 subsumierten Fälle als solche der Teilunmöglichkeit auch mit § 325 zu erfassen (vgl MünchKomm-EMMERicH Vorbem 22 ff, 28, 185 zu § 275).
2. Der Erfüllungsanspruch des Mieters
3
Aus dem Gesagten folgt zunächst, daß der Mieter auch in den Fällen der §§ 542 und 544 stets in erster Linie den Erfüllungsanspruch hat. Handelt es sich um einen Mangel, so stehen dem Mieter außerdem die in den §§ 537 und 538 bezeichneten Rechte zu. Ihre Geltendmachung für die Vergangenheit wird auch durch die Kündigung, die nur für die Zukunft wirkt, nicht ausgeschlossen. Selbst wenn also der Mieter aufgrund des § 542 (oder des § 544) kündigt, kann er für die Vergangenheit mit Rücksicht auf sein Minderungsrecht die Zahlung des Mietzinses ganz oder teilweise verweigern und außerdem unter den Voraussetzungen des § 538 Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (unten Rz 38).
3. Kündigung und Rücktritt 4 Aus dem Umstand, daß das Kündigungsrecht des § 542 das allgemeine Rücktrittsrecht aufgrund der §§ 325 und 326 lediglich verstärken, keinesfalls aber verdrängen sollte, folgt, daß der Mieter in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Überlassung der Sache die Wahl hat, ob er aufgrund der §§ 325 und 326 unter den dort bezeichneten Voraussetzungen zurücktritt oder nach § 542 kündigt. Denn auch das Kündigungs(201)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§542 5-9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
recht aufgrund des § 542 kann schon vor Überlassung der Sache, in Ausnahmefällen darüber hinaus sogar vor dem vertraglichen Beginn des Mietverhältnisses ausgeübt werden (unten Rz 5, 8). Verweigert der Vermieter zB noch vor Überlassung der Sache ernstlich und endgültig die Erfüllung, so kann der Mieter entweder nach § 326 vorgehen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder zurücktreten; oder er kann sofort nach § 542 fristlos kündigen (OLG Braunschweig OLGE 13, 360 f; KG OLGE 13, 362 f). In beiden Fällen ist auch eine Fristsetzung entbehrlich (unten Rz 30). 5 § 542 ist darüber hinaus auch schon in der Zeit zwischen Vertragsschluß und vertraglichem Beginn des Mietverhältnisses anwendbar, wenn schon jetzt feststeht, daß bei Beginn des Mietverhältnisses die Voraussetzungen des § 542 erfüllt sein werden, namentlich weil eine Beseitigung des Mangels unmöglich ist oder vom Vermieter endgültig verweigert wird (OLG Colmar OLGE 22,289 f; AG Jever NJW 1971,
1086; BGB-RGRK-GELHAAR
§ 5 4 2 R z 2 5 ; STERNEL RZ I V
301;
aM
PALANDT-PUTZO § 542 Anm 1 a). In der Tat wäre es unsinnig, in diesen Ausnahmefällen vom Mieter ein Zuwarten bis zum Beginn des Mietverhältnisses zu verlangen, nur um dann sofort fristlos kündigen zu können. Anders freilich, wenn lediglich zweifelhaft ist, ob der Vermieter bei Beginn des Mietverhältnisses ordnungsmäßig erfüllen kann (vgl BGH Urt v 28. 5. 1957 - VIIIZR 223/56; LM Nr 1 zu § 542 BGB =
ZMR
1 9 6 0 , 10 f f ; L G H a m b u r g M D R
1 9 7 4 , 5 8 3 f N r 5 9 ; GELHAAR a a O ;
NIENDORFF 151 ff); in solchen Fällen kann nur unter besonderen Voraussetzungen § 326 entsprechend angewandt werden (s Vorbem 20 zu § 537). 6 4. Das Rangverhältnis der verschiedenen Kündigungsgründe Es besteht keine Notwendigkeit, ein Rangverhältnis zwischen den §§ 542, 544 und 5 5 4 a a n z u n e h m e n ( a M HANS § 5 4 2 A n m B 2 c ; STERNEL RZ I V 3 0 2 ) . L i e g e n d i e
Voraussetzungen mehrerer dieser Vorschriften vor, so hat der Mieter die Wahl, auf welche der verschiedenen in Betracht kommenden Vorschriften er seine Kündigung stützen will. Bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen des Vermieters, die nicht zur Gebrauchsentziehung oder Störung führen, kann der Mieter jedoch allein nach § 554 a kündigen (s § 544 Rz 4, § 554 a Rz 3). 7 II. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts Erste Voraussetzung des Kündigungsrechts ist, daß dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder zT nicht rechtzeitig gewährt oder ganz oder teilweise wieder entzogen wird. Das Gesetz unterscheidet also die Fälle der Nichtgewährung und der Entziehung des Gebrauchs, ohne daß jedoch der Unterscheidung große praktische Bedeutung zukäme.
8 1. Die Nichtgewährung des Gebrauchs a) Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, daß der Mieter auch in der Zeit vor Überlassung der Sache nach § 542 kündigen kann (zB OLG Kolmar OLGE 22, 289; AG Jever NJW 1971,1086; s oben Rz 5). Soweit es sich um Fälle der §§ 325 und 326 handelt, konkurriert dann § 542 mit dem Rücktrittsrecht auf Grund der genannten Vorschriften. 9 b) Kündigungsgrund ist der Umstand, daß dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch ganz oder zT nicht rechtzeitig gewährt wird. Maßstab ist also der dem Mieter aufgrund des Vertrags zustehende vertragsmäßige Gebrauch. Jedes Zurückbleiben der LeiVolker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(202)
§542 10-14
3. Titel. Miete. Pacht
stung des Vermieters hinter diesem Maßstab rechtfertigt maW grundsätzlich eine fristlose Kündigung aufgrund des § 542. Der Grund der Nichterfüllung ist unerheblich; insbes kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter den Grund zu vertreten hat, so daß der Mieter auch bei zufälliger Nichterfüllung kündigen kann (RGZ 98, 101, 103; BGH LM Nr 6 zu § 542 BGB = NJW 1974, 2233 = ZMR 1975, 185). Nur der vertragswidrige Gebrauch genießt keinen Schutz; will der Mieter die Räume 10 zu einem solchen vertragswidrigen Gebrauch in Besitz nehmen, so kann er folgerichtig bei Vorenthaltung nicht nach § 542 kündigen (RG GrundE 1936, 43). Der Grund der völligen oder teilweisen Nichtgewährung des Gebrauchs wird idR ein 11 Sach- oder Rechtswege/ sein.* Insoweit werden sich die beiden Fälle des § 542 oft decken (s deshalb die Beispiele unten Rz 14). Der Anwendungsbereich des § 542 beschränkt sich jedoch nicht auf die Fälle eines Sach- oder Rechtsmangels iS der §§ 537 und 541. Es spielt auch niemals eine Rolle, ob der Vermieter den fraglichen Umstand zu vertreten hat und ob eine Beseitigung des Mangels überhaupt möglich ist. Neben dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften kommen deshalb als weitere Kündigungsgründe auch die Unmöglichkeit oder die Verzögerung der Überlassung der Sache in Betracht. § 542 konkurriert dann mit den §§ 325 und 326 (oben Rz 4f).
Solange jedoch der Mieter aus Gründen, die in seiner Person liegen, am Mietgebrauch 12 gehindert ist, kann er nicht wegen Nichtgewährung des Gebrauchs kündigen (vgl § 552); dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter zugleich in einer die Gebrauchsgewährung ausschließenden Weise über die Mietsache verfügt hat. Anders jedoch, sobald der Mieter zu erkennen gibt, daß er die Mietsache wieder gebrauchen will und kann und der Vermieter dann nicht erfüllungsbereit ist (§ 552 Rz 43; BGHZ 38,295, 2 9 9 ff; B G H L M N r 3 zu § 5 4 2 B G B
=
N J W 1 9 7 0 , 1 7 9 1 ; ROQUETTE § 5 4 2 R z
5).
Ebensowenig steht es einer Kündigung zu einem zukünftigen Zeitpunkt aufgrund des § 542 entgegen, daß der Mieter die Sache zu diesem Zeitpunkt aus in seiner Person liegenden Gründen ohnehin nicht benutzt hätte, sofern er nur dazu imstande gewesen wäre (BGH LM Nr 3 zu § 542 BGB). 2. Die Gebrauchsentziehung
13
Der ganzen oder teilweisen Nichtgewährung des Gebrauchs steht die ganze oder teilweise Entziehung des Gebrauchs gleich. Abgesehen davon, daß die Gebrauchsentziehung begrifflich voraussetzt, daß dem Mieter der Gebrauch bereits überlassen ist, gilt für sie in jeder Hinsicht dasselbe wie für die Nichtgewährung des Gebrauchs. Maßstab ist also auch hier allein der vertragsmäßige Gebrauch. Jede Störung des Mieters in diesem Gebrauch ist maW eine die fristlose Kündigung nach § 542 rechtfertigende Entziehung des Gebrauchs (zB OLG Köln NJW 1972, 1814; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1978, 27, 28; AG Darmstadt WuM 1978, 29 f). Wichtigster Fall ist auch hier eine Störung des Mieters im vertragsmäßigen Gebrauch 14 durch das Auftreten eines Sach- oder Rechtsmangels (s B G B - R G R K - G E L H A A R § 542
Rz
20,
2 2 ; PALANDT-PUTZO
§ 542
Anm
2 b;
STERNEL R Z I V
3 0 5 f).
Als
Beispiele kommen deshalb in Betracht: das Auftreten von Ungeziefer oder Ratten,
* So schon Mot II 418 ff; BGH LM Nr 6 zu § 542 BGB; Nr 22 zu § 537 BGB; WM 1967, 515, 517; bes 1 9 7 5 , 8 9 7 , 8 9 8 ; K G O L G E 3 3 , 3 0 4 ; O L G Karlsruhe B B 1 9 7 9 , 1 3 7 2 , 1 3 7 3 ; L G Frankfurt N J W 1 9 7 7 , 1 8 8 5 ; ESSER-WEYERS II 1 § 15 I 5 ; STERNEL RZ I V 3 0 5 f ; PALANDT-PUTZO § 5 4 2 A n m 2 a ; BGB-RGRK-GELHAAR § 542 R z 20. (203)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§542 15, 16
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Feuchtigkeit oder ungenügende Heizung der Räume (RG 75, 354; BGH WarnR 1969 Nr 347 S 792, 793; KG JW 1936, 678 = HRR 1936 Nr 393; OLG Colmar OLGE 22, 289 f), eine erhebliche, wenn auch vorübergehende Behinderung des Zugangs oder der Zufahrt (OLG Köln NJW 1972, 1814; LG Köln B1GBW 1976, 238), zB durch Bau einer U-Bahn oder durch Einrichtung einer Fußgängerzone oder eines Systems von Einbahnstraßen (vgl für § 537 LG Frankfurt NJW 1976, 1355 f), der ständige Ausfall der Heizung oder einer EDV-Anlage (BGH WarnR 1969 Nr 347; OLG Karlsruhe BB 1979, 1372 f), umfangreiche Reparaturarbeiten in mehreren Zimmern, außer wenn § 541 a vorliegt (KG OLGE 9, 2, 3; AG Darmstadt WuM 1980,131), das Verbot nächtlicher Damenbesuche (LG Duisburg WuM 1975,123), das Fehlen von 8 Betten in einem Hotel, das mit 30 Betten verpachtet war (BGH Urt v 8. 7. 1964 - VIIIZR 204/64), die Unvereinbarkeit von Gastarbeiterunterkünften mit den behördlichen Mindestanforderungen an solche Räume (BGH LM Nr 22 zu § 537 BGB = WM 1975, 1227), die Weigerung des Vermieters, behördlichen Umbauanordnungen nachzukommen, von denen die weitere Genehmigung des Betriebs abhängig gemacht wird (KG HRR 1937 Nr 502), die ständige Störung des Mieters durch das Schließen der Tore von Sammelgaragen (OLG Hamburg MDR 1972, 953, 954), das Herausgabeverlangen des Vermieters gegenüber dem Untermieter nach Kündigung des Hauptmietvertrages, selbst wenn der Untermieter wohnen bleibt (BGHZ 63, 132, 138; BGH WM 1975, 897), das Fehlen eines alten Realrechts bei der Verpachtung einer Gastwirtschaft in dem von den Parteien vorausgesetzten Umfang (KG HRR 1937 Nr 629), die Lage einer „ruhigen" Ferienwohnung neben einem Flugplatz (AG Jever NJW 1971, 1086), Klopfgeräusche der Heizung (LG Darmstadt WuM 1980, 52), die ungenügende Versorgung mit einwandfreiem Trink- oder Brauchwasser (RG GrundE 1934, 642), die Unbenutzbarkeit der mitvermieteten Herde oder Öfen oder des mitvermieteten Badezimmers (KG JW 1934, 1430), das Fehlen zugesicherter Eigenschaften, das Auftreten unangenehmer Gerüche, bordellartige Zustände in einer Gastwirtschaft (BGH WM 1967, 515, 517; KG OLGE 10, 256 f), insbes die Störung des Mieters durch den Lärm des Vermieters, der Mitmieter oder Dritter (OLG Hamburg MDR 1972, 953 f), die Aufnahme Prostituierter in dem Hause (KG OLGE 10, 256), die Aufnahme eines Konkurrenzgeschäftes (KG OLGE 11, 139), vertragswidrige Veränderungen der Sache, durch die der Mietgebrauch beeinträchtigt wird, die Unterlassung der erforderlichen Ausbesserungen (Mot II 419), überhaupt jede Nichtgewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs und deshalb zB auch alle Rechte Dritter, durch die dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch ganz oder teilweise entzogen wird (§ 541), namentlich also der Fall der Doppelmiete sowie insbes sämtliche öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Verbote, die zu einem Mangel iS der §§ 537 und 538 führen (RGZ 88,96,99; 98,101,103; KG OLGE 33,304; LG Frankfurt NJW 1977, 1885). 15 Solange sich jedoch der Mieter im vertragsmäßigen Gebrauch der Sache befindet, stellt die bloße Befürchtung einer zukünftigen Entziehung noch keinen Kündigungsgrund dar (MITTELSTEIN 3 1 6 m Nachw). Anders ist es, wenn durch die unmittelbar und ernsthaft bevorstehende Gebrauchsentziehung schon jetzt der Gebrauch der vermieteten Sache beeinträchtigt wird (STERNEL RZ IV 3 0 6 ) . Beispiele sind eine ernsthafte Einsturz- oder Feuergefahr oder die Verseuchung des Hauses (MITTELSTEIN 3 1 6 ; NIENDORFF 1 5 1 ff). Steht fest, daß zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt dem Mieter der Gebrauch entzogen werden wird, so kann auch schon zu diesem Zeitpunkt im voraus gekündigt werden. 16 § 542 ist früher häufig entsprechend angewendet worden, wenn dem Mieter wegen Tätlichkeiten oder Beleidigungen des Vermieters oder Dritter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zumutbar war (KG OLGE 16, 422; OLG Frankfurt Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(204)
§542 3. Titel. Miete. Pacht
17-21 a
Recht 1910 Nr 3735; ebenso auch heute OLG Karlsruhe BB 1979, 1372, 1373). Heute greift jedoch in derartigen Fällen ohne weiteres § 554 a ein (s oben Rz 6). Steht dem Mieter ein Vormietrecht hinsichtlich weiterer Räume zu, so gibt die 17 Vereitelung dieses Rechts dem Mieter kein Kündigungsrecht aus § 542 hinsichtlich des ursprünglichen Mietvertrages; nach Ausübung des Vormietrechts kann der Mieter wegen Nichtgewährung des Gebrauchs also nur den neuen Mietvertrag kündigen (BGH LM Nr 4 zu § 554 a BGB = ZMR 1974, 375, 377). 3. Die Erheblichkeit der Störung
18
Nach § 542 Abs 2 ist die Kündigung wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs nur zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Mieters gerechtfertigt wird. a) Das Recht zur fristlosen Kündigung stellt einen sehr weitgehenden Rechtsbehelf 19 des Mieters bei Nichtgewährung oder Entziehung des Gebrauchs dar. Um einen Mißbrauch dieses Rechtes zu verhindern, hatte deshalb schon die erste Kommission das Kündigungsrecht auf den Fall einer erheblichen Störung des Mieters im vertragsmäßigen Gebrauch beschränkt (Mot II 420). In der Gesetz gewordenen Fassung des § 542 Abs 2 ist hingegen lediglich negativ bei unerheblichen Störungen das Kündigungsrecht ausgeschlossen (vgl § 537 Abs 1S 2). Die hM sieht hierin jedoch keinen Unterschied (aM STERNEL Rz IV 308). Ob eine Störung in diesem Sinne erheblich ist, läßt sich stets nur nach den Umständen 20 des Einzelfalles beurteilen (s im einzelnen insbes M I T T E L S T E I N 317 ff; N I E N D O R F F 157 ff). In Betracht kommen hierbei zunächst der Umfang des von der Störung betroffenen Teils der gemieteten Sache, insbes die Zahl der von der Störung betroffenen Räume, sodann Art und Intensität der Störung sowie schließlich deren Dauer, wobei ergänzend stets der Zweck zu berücksichtigen ist, zu dem der Mieter nach dem Vertrag die Sache gemietet hat (ebenso STERNEL Rz IV 309). Da der Mieter einen Anspruch auf den vertragsmäßigen Gebrauch hat, ist davon auszugehen, daß grundsätzlich jede Störung des Mieters in diesem Gebrauch erheblich iS des § 542 Abs 2 ist. Namentlich das Fehlen zugesicherter Eigenschaften wie zB absoluter Ruhe wird hiernach den Mieter wohl stets zur fristlosen Kündigung berechtigen. Hiernach kann eine unerhebliche Störung nur angenommen werden, wenn sich die 21 Überlassung der Sache um eine kurze Frist verzögert, wenn einzelne Fenster schlecht schließen oder ein Zimmer von vielen noch nicht renoviert ist, wenn dem Mieter nur ein kleiner Raum vorenthalten wird (BGH LM Nr 3 zu § 542 BGB), wenn der Mieter gewerblicher Räume auf eine andere Toilette verwiesen wird (OLG Köln MDR 1960, 498 f Nr 79) oder wenn ein Balkon nicht dauernd benutzt werden kann (LG Köln WuM 1975, 167). Die Störung ist hingegen erheblich, wenn als Gastarbeiterunterkünfte vermietete 21a Räume nicht den behördlichen Mindestanforderungen genügen, so daß der Mieter jederzeit mit einem Verbot rechnen muß (BGH LM Nr 22 zu § 537), wenn für ein als Sanatorium vermietetes Gebäude größte Ruhe ausbedungen ist, die Ruhe aber durch unruhige Nachbarn, wenn auch nicht übermäßig, gestört wird (RG Urt v 4. 5. 1909 III 368/08; B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 23), wenn der Vermieter einen Teil des Gebäudes als besonders ruhig an ein Kino vermietet, dann aber den anderen Teil einem Hunde- und Affentheater verpachtet (RG Urt v 21. 2. 1910-III85/09), wenn die Heizung im Winter mehrere Tage ausfällt ( G E L H A A R aaO) sowie wenn sich Störungen, die einzeln geringfügig sein mögen, ständig wiederholen ( S T E R N E L R Z IV 309). (205)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§542 21 b-25
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
21b In seltenen Ausnahmefällen kann der Mieter nach Treu und Glauben verpflichtet sein, in ihm vom Vermieter angebotene Ersatzräume auszuweichen, so daß im Falle des Angebots solcher Räume eine erhebliche Störung fehlt (RG WarnR 1913/14 Nr 216 S 306,307; B G H Urt v 19. 11. 1 9 6 2 - V I I I Z R 117/61; B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 22). Mindestvoraussetzung ist jedoch, daß die Ersatzräume ausreichend und zumutbar sind; auf unzulängliche Räume braucht sich der Mieter nicht verweisen zu lassen (RG JW 1905, 718, 719 Nr 9). Ihr Angebot schließt die Erheblichkeit der Störung niemals aus. 22 b) Selbst wenn hiernach eine nur unerhebliche Störung vorliegt, ist die fristlose Kündigung doch zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Mieters gerechtfertigt wird (§ 542 Abs 2). Insoweit kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Mieters an; vielmehr muß das besondere Interesse des Mieters auch objektiv gerechtfertigt sein, wobei aber natürlich von dem Zweck auszugehen ist, dem die Sache nach dem Vertrag dienen soll. Deshalb kann zB ein Geistesarbeiter, der eine absolut ruhige Wohnung gemietet hat, auch schon bei geringen Lärmbelästigungen fristlos kündigen, selbst wenn ihm absolute Ruhe nicht vertraglich zugesichert sein sollte. Ebenso kann bei einer großen Familie des Mieters auch schon das Fehlen eines einzigen kleinen Abstellraumes zur fristlosen Kündigung berechtigten (NIENDORFF 1 6 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 4 2 Anm 2 b).
23 4. Die Fristsetzung Die fristlose Kündigung ist nach § 542 Abs 1 S 2 grundsätzlich erst zulässig, wenn der Vermieter eine ihm vom Mieter bestimmte, angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu schaffen. Durch dieses Erfordernis, das erst von der 2. Kommission in das Gesetz eingefügt worden ist (s Prot II 229), soll dem Vermieter (entsprechend § 326 Abs 1 S 1) noch eine letzte Gelegenheit zur Erfüllung gegeben werden. Aus diesem Grundgedanken folgt auch, wann eine Fristsetzung entbehrlich ist; nach § 542 Abs 1 S 3 ist dies vor allem der Fall, wenn die Erfüllung des Vertrags infolge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Mieter kein Interesse mehr hat. 24 a) Erklärung aa) Die Fristsetzung erfolgt grundsätzlich durch formlose, empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Parteien können aber jederzeit Schriftform vereinbaren; jedoch wird auch dann der Schriftform idR nur deklaratorische Bedeutung zukommen (STERNEL R Z IV 311). Darüber hinausgehende Anforderungen an die Fristsetzung können nur durch Individualvereinbarung, nicht jedoch durch Formularverträge aufgestellt werden (§ 11 Nr 16 AGBG). Das gilt auch für den kaufmännischen Verkehr (PALANDT-HEINRICHS § 11 A G B G Anm 16 b; KOCH-STÜBING, A G B G § 11 Nr 15 Rz 16). 25 In der Erklärung müssen die zu beseitigende Störung und die dafür gesetzte Frist so genau wie möglich bezeichnet werden; die bloße Setzung einer „angemessenen" Frist genügt daher nicht. Hingegen ist eine ausdrückliche Aufforderung zur Beseitigung der Mängel ebenso entbehrlich wie die Androhung der Kündigung nach fruchtlosem Ablauf der Frist (NIENDORFF 153 ff; zT aM STERNEL Rz IV 310). Die bloße Mängelanzeige (vgl § 545) genügt hingegen in keinem Fall, daher auch nicht die bloße Klage auf Beseitigung von Mängeln (RG WarnR 1916/18 Nr 74 S 109,110); auch in einem auf eine solche Klage hin ergehenden Urteil kann aber durchaus dem Vermieter gern § 255 Abs 1 ZPO eine Frist iS des § 542 Abs 1 S 2 gesetzt werden. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(206)
3. Titel. Miete. Pacht
§542 25 a-29
Die Fristsetzung ist vor Fristablauf jederzeit widerruflich; sie gilt dann als nicht 25a erfolgt, so daß auch eine Kündigung nicht mehr möglich ist. Nach Fristablauf ist der Widerruf als (stets möglicher) Verzicht auf das Kündigungsrecht zu werten. bb) Die Länge der dem Vermieter zu setzenden Frist hängt von den Umständen, 26 insbes davon ab, wieviel Zeit der Vermieter für die Abhilfe auch bei Anspannung aller Kräfte benötigt. Ist kurzfristige Abhilfe möglich, so genügt auch das Verlangen nach sofortiger oder unverzüglicher Abhilfe ( R G Z 75, 354; KG O L G E 9, 2; 10, 256 f; STERNEL Rz IV 310). Heizt der Vermieter zB mangelhaft, so kann folglich stets sofortige Abhilfe verlangt werden (KG H R R 1936 Nr 393). Auch braucht die Frist nicht stets der normalen Reparaturzeit zu entsprechen, sondern kann ohne weiteres auch kürzer sein, weil man von dem Vermieter besondere Anstrengungen verlangen kann (KG O L G E 9 , 2 , 4 ) . Daher kann zB für die Wiederherstellung einer von Dieben zerbrochenen Wohnungstür noch eine Frist von einem Tag als angemessen anzusehen, sein, während für die Reinigung eines Zimmers von Ungeziefer dem Vermieter eine Frist von wenigen Tagen gesetzt werden kann. Maßgeblich sind dabei letztlich stets die Umstände des Einzelfalles; Unmögliches darf auch vom Vermieter nicht verlangt werden (eingehend m Nachw MITTELSTEIN 321 ff). Ist die vom Mieter gesetzte Frist zu kurz, so ist die Fristsetzung ebensowenig wie bei 26a § 326 Abs 1S 1 unwirksam (s MünchKomm-EMMERICH § 326 Rz 94 ff, daselbst auch zu den Ausnahmen); an die Stelle der zu kurzen Frist tritt vielmehr die angemessene Frist, die notfalls durch Urteil bestimmt werden muß (RG H R R 1934 Nr 1444). Setzt der Mieter dem Vermieter hingegen eine an sich zu lange Frist, so ist der Mieter doch hieran gebunden, so daß er nicht etwa schon nach Ablauf der angemessenen Frist, sondern erst nach Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist kündigen kann (vgl für § 326 MünchKomm-EMMERicH § 326 Rz 83, 90 m Nachw). b) Entbehrlichkeit
27
Entsprechend dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (oben Rz 23) ist die F r i s t s e t z u n g in z a h l r e i c h e n F ä l l e n e n t b e h r l i c h (s NIENDORFF 155 ff; PALANDT-PUTZO § 5 4 2 A n m 3 d ; STERNEL RZ I V 3 1 2 f; vgl a u c h M ü n c h K o m m - E M M E R i c H § 3 2 6 R z
108-130; ders, Leistungsstörungen 136-138). Die wichtigsten Fälle sind der Interessewegfall (§ 542 Abs 1 S 3, entsprechend § 326 Abs 2), der Verzicht des Vermieters auf die Fristsetzung, die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Mängelbeseitigung sowie die Erfüllungsverweigerung; schließlich kann der Mieter auch noch unter den besonderen Voraussetzungen des § 544 auf eine Fristsetzung verzichten ( B G H Z 29, 289, 295). aa) § 542 ist nur insofern zwingend, als von ihm nicht zum Nachteil des Wohnraum- 28 mieters abgewichen werden darf (§ 543 S 2); hingegen ist eine Verschärfung des § 542 jederzeit möglich. Folglich kann der Vermieter durchaus auch auf das Erfordernis der Fristsetzung verzichten. Ein solcher Verzicht ist insbes anzunehmen, wenn der Vermieter selbst Abhilfe anbietet. Auch nach dem Grundgedanken des Gesetzes (oben Rz 23) wäre es sinnlos, ihm dann noch eine besondere Frist zu setzen. bb) Eine Fristsetzung ist außerdem entbehrlich, wenn die Erfüllung des Vertrages 29 infolge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Mieter kein Interesse mehr hat (§ 542 Abs 1 S 3; vgl § 326 Abs 2 und dazu eingehend m zahlr Nachw MünchKomm-EMMERicH § 326 Rz 109 ff). In der Annahme eines solchen Interessewegfalls ist die Praxis freilich idR sehr zurückhaltend, um das Erfordernis der Fristsetzung nicht übermäßig auszuhöhlen. Interessewegfall kann daher grundsätzlich nur angenommen werden, wenn der Mieter die gemietete Sache infolge des fraglichen Umstandes nicht mehr in der vorgesehenen Weise verwenden kann, wenn maW jetzt der vertragsmäßige Gebrauch der Sache nicht mehr möglich ist. Diese (207)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§542 29 a-32 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Frage ist objektiv nach der Situation des Mieters zu beurteilen (s Leistungsstörungen 137).
EMMERICH,
29a Interessewegfall ist hiernach zB anzunehmen, wenn die Heizung längere Zeit trotz wiederholter Reparaturversuche ausfällt (BGH WarnR 1969 Nr 347 S 792, 793) oder wenn Räume für eine ganz bestimmte Zeit, zB für die Zeit einer Ausstellung oder für das Weihnachtsgeschäft gemietet, während dieser Zeit aber nicht zur Verfügung gestellt werden. IdR dürfte in solchen Fällen zugleich ein absolutes Fixgeschäft vorliegen, so daß der Mieter auch nach § 325 vorgehen kann. 29b Die Fälle des Interessewegfalls weisen ohnehin stets enge Berührungspunkte mit den Fixgeschäften auf. Liegt ein relatives Fixgeschäft vor, so ist daher auch § 361 anwendbar (ebenso Mot II 420). 30 cc) Wenn eine Abhilfe von vornherein mit Rücksicht auf die Art der Störung nicht möglich ist, kann der Mieter ebenfalls auf die Fristsetzung verzichten, weil sie dann sinnlos wäre (RGZ 94, 29; 98,101,103; BGH WM 1967, 515, 517; 1980, 312, 315 = NJW 1980,777; OLG Köln NJW 1972,1814,1815; AG Jever NJW 1971,1086). Dasselbe gilt, wenn die Abhilfe eine übermäßige, dem Mieter nicht zumutbare Zeit in Anspruch nähme oder mit für den Mieter unzumutbaren Belästigungen verbunden wäre (s R G Z 94, 29). Ein Beispiel ist die Zerstörung eines großen Teiles des vermieteten Gebäudes durch einen Brand, wenn der Wiederaufbau längere Zeit dauerte (KG JW1930,2975; OLG Breslau JW1929,3256). Eine ähnliche Lage wird sich idR bei behördlichen Verboten oder Beschränkungen des Gebrauchs ergeben. 31 dd) Einer Fristsetzung bedarf es schließlich dann nicht, wenn der Vermieter von vornherein eine Abhilfe ernstlich und endgültig verweigert. Jede Fristsetzung wäre in diesem Fall eine leere und damit überflüssige Formalität.* 31a Dementsprechend kann der Mieter auch schon vor Fristablauf kündigen, wenn der Vermieter nach der Fristsetzung jede Abhilfe strikt ablehnt ( R G U r t v 11. 12. 1 9 1 7 III 180/17; B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 28). 32 III. Kündigung Unter den Voraussetzungen des § 542 kann der Mieter fristlos kündigen. Zu den Voraussetzungen gehört idR insbes der fruchtlose Ablauf der dem Vermieter zur Abhilfe gesetzten Frist (§ 542 Abs 1 S 2). 32a 1. Fruchtloser Ablauf Es kommt darauf an, ob die Störung bis zum Ablauf der Frist ganz beseitigt ist. Eine nur partielle Beseitigung reicht grundsätzlich nicht aus (s MünchKomm-EMMERICH § 3 2 6 R z l 3 8 f m Nachw). Es spielt dabei auch keine Rolle, aus welchen Gründen der Vermieter keine Abhilfe geschaffen hat; insbes kommt es nicht auf ein Verschulden des Vermieters an. § 542 gilt auch, wenn ihm eine rechtzeitige Abhilfe aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich war.** * RG WarnR 1916/18 Nr 74 S 109,110; BGH LM Nr 22 zu § 537 BGB = ZMR 1976,46,47; KG OLGE 33, 304; HRR 1937 Nr 502; OLG Karlsruhe BB 1979, 1372, 1373; MünchKommEMMERICH Vorbem 229 ff zu § 275, § 326 Rz 128 m zahlr Nachw. ** RG 98, 101, 103; 98, 286, 287; BGH LM Nr 6 zu § 542 BGB = NJW 1974, 2233; WM 1967, 5 1 5 , 5 1 7 ; STERNEL R z I V 3 1 3 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 2 R z 2 9 ; A u s n a h m e n s u n t e n R z
40.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(208)
3. Titel. Miete. Pacht
§542 33-36 a
Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Vermieter zwar nach Ablauf der Frist, aber 33 noch vor Ausspruch der Kündigung durch den Mieter, für Abhilfe sorgt und die Störung, namentlich den Mangel, beseitigt (für Verlust des Kündigungsrechts dann B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 2 R z 3 0 ; MITTELSTEIN 3 2 4 f; STERNEL RZ I V 3 1 3 ; d a g e g e n z B NIENDORFF 1 6 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 4 2 A n m 3 c ; SOERGEL-MEZGER
§ 542 Rz 13). Hier ist davon auszugehen, daß der Mieter, wenn er nach Fristablauf nicht sofort kündigt, zu erkennen gibt, daß er ein, wenn auch möglicherweise nur noch geringes, Interesse an der Erfüllung hat. Deshalb wird man dem Vermieter nicht verwehren können, jetzt noch Abhilfe zu schaffen mit der Folge, daß der Mieter das Kündigungsrecht verliert. Die Entscheidung hängt jedoch stets maßgebend von den Umständen des Einzelfalles ab (ähnlich OLG Frankfurt JW 1918, 107). Ohne jede Wirkung ist jedenfalls stets eine Abhilfe erst nach Ausspruch und Zugang der K ü n d i g u n g (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 6 ) .
2. Erklärung
34
a) Das Kündigungsrecht des Mieters ist ein Gestaltungsrecht, so daß der Mieter in der Entscheidung, ob er nach fruchtlosem Ablauf der Frist kündigen will oder nicht, völlig frei ist. Er kann auch auf die Kündigung verzichten. Ebenso steht es in seinem Belieben, ob er tatsächlich fristlos kündigen will. Er kann daher statt dessen auch mit einer angemessenen Frist kündigen, namentlich wenn er sich erst eine andere Wohnung suchen will (RGZ 75, 354; 82, 363, 373; RG H R R 1934 Nr 317; MITTELSTEIN 324). An die gesetzlichen Kündigungsfristen ist der Mieter hierbei nicht gebunden. Deren Überschreitung wird man allerdings grundsätzlich nur mit Zustimmung des Vermieters zulassen können, während der Mieter in der Wahl kürzerer F r i s t e n f r e i ist (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 3 ; STERNEL RZ I V 2 4 2 f, 3 1 4 ) .
b) Von dem Mieter kann nicht verlangt werden, die Kündigung sofort nach 35 Fristablauf auszusprechen. Ihm muß vielmehr eine Überlegungsfrist zugebilligt werden, schon um sich eine Ersatzwohnung zu suchen. Es genügt daher, wenn er die Kündigung binnen angemessener Frist (zwei bis drei Monate) nach Fristablauf ausspricht. Auf der anderen Seite darf der Mieter den Vermieter aber auch nicht ungebührlich lange im unklaren darüber lassen, ob er noch von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen will oder nicht. Verzögert er die Erklärung in treuwidriger Weise, so verwirkt er folglich sein Kündigungsrecht.* c) aa) In der Kündigungserklärung, die mit Zugang beim Vermieter wirksam wird 36 (§ 130), muß der Wille zur sofortigen oder alsbaldigen Beendigung des Mietverhältnisses aus den in der Fristsetzung genannten Gründen eindeutig zum Ausdruck kommen; hingegen ist die Verwendung des Begriffs der fristlosen Kündigung nicht erforderlich. Jedoch muß klarwerden, ob der Mieter, insbes wenn er mit Frist kündigt (oben Rz 34), von dem Recht zur außerordentlichen Kündigung auf Grund des § 542 Gebrauch machen oder ob er nur eine ordentliche Kündigung aussprechen will (STERNEL Rz IV 232). Bei der hiernach erforderlichen Auslegung der Erklärung sind sämtliche Umstände des Falles zu berücksichtigen (§§ 133, 157), so daß eine vorausgegangene Fristsetzung jedenfalls idR ein starkes Indiz für eine außerordentliche Kündigung auf Grund § 542 sein wird. bb) Bei Wohnraummietverhältnissen (Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536) ist für die 36a Kündigungserklärung Schriftform (§ 126) vorgeschrieben; außerdem sollen in dem * R G Z 82, 363; B G H WM 1967, 515, 517; OLG Hamburg O L G E 20, 105 f; LG Frankfurt NJW 1977, 1855; NIENDORFF 166; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 67; SOERGEL-MEZGER § 542 Rz 13; STERNEL RZ IV 314; GÖCKMANN NJW 1963, 2109, 2110. (209)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§542 36 b - 3 7 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Kündigungsschreiben auch die Kündigungsgründe genannt werden (§ 564a Abs 1, der auch für § 542 gilt; s unten § 564 a Rz 9, 19; STERNEL R Z IV 235 f; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 64). Die Kündigungsgründe sind deshalb im einzelnen unter Angabe der maßgebenden Umstände so genau zu bezeichnen, daß der Vermieter seine Rechtsverteidigung hierauf einstellen kann (§ 564 a Rz 18 f); jedoch hängt die Wirksamkeit der Kündigung nicht von der Begründung ab, da es sich bei § 564 a Abs 1 S 2 lediglich um eine Sollvorschrift handelt (BGH WM 1975, 897,899; § 564 Rz 16, § 564 a Rz 19 m Nachw zu Streitstand). Daraus folgt zugleich, daß ein Nachschieben von Gründen stets möglich ist (§ 564 Rz 16; insbes BGH WarnR 1969 Nr 374 S 792, 793; WM 1959, 538, 542 f). 36b Aus der Unterlassung der Angabe einzelner Gründe kann sich gleichwohl im Einzelfall ergeben, daß sich der Mieter später auf diese Gründe nicht mehr berufen kann, sofern der Vermieter hierauf nach den Umständen billigerweise vertrauen durfte (§ 242). Der Verstoß gegen § 564 a Abs 1 S 2 kann außerdem auch noch eine positive Vertragsverletzung darstellen. 36c cc) Bei anderen Mietverhältnissen ist § 564 a Abs 1 S 1 nicht, auch nicht entsprechend anwendbar. Daraus wird überwiegend gefolgert, daß für die Kündigung weder eine besondere Form noch eine Begründung erforderlich sind (so insbes BGH WM 1959, 538, 542; 1975, 897, 899; S O E R G E L - M E Z G E R § 542 Rz 12). Jedoch wird man auch hier für den Regelfall nach Treu und Glauben vom Mieter eine Begründung zu verlangen haben (§ 242), damit sich der Vermieter darauf einstellen kann (ebenso B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 8). Wirksamkeitsvoraussetzung ist die Begründung jedoch auch hier nicht (oben Rz 36 a u 36 b; aM STERNEL R Z IV 237 f, 315 m Nachw). 36d Die Parteien können aber jederzeit Schriftform oder eine Begründung für die Kündigung vereinbaren. IdR wird jedoch auch in diesem Fall der Schriftform nur deklaratorische Bedeutung zukommen. Weitergehende Anforderungen an die Form und den Zugang der Kündigungserklärung können nur durch Individualvereinbarung, nicht jedoch durch Formularverträge aufgestellt werden (§§ 9, 11 Nr 16, 24 AGBG). 37 3. Wohnenbleiben Unklar ist die Rechtslage, wenn der Mieter trotz Kündigung wohnen bleibt. Das RG hat einmal entschieden, in einem solchen Verhalten liege jedenfalls dann kein Verzicht auf die durch die Kündigung begründeten Rechte, wenn der Vermieter die Wirksamkeit der Kündigung bestreitet und der Mieter deshalb erst eine gerichtliche Entscheidung hierüber abwarten will (Urt v 17. 3. 1916 - III 386/15; BGBR G R K - G E L H A A R § 542 Rz 30). Ohnehin ist eine einseitige Rücknahme der Kündigung nicht möglich, wenn das Mietverhältnis einmal beendet ist (aM zB N I E N D O R F F 167 f). Bleibt der Mieter dann trotzdem wohnen, so ist mithin je nach den Umständen des Falles § 557 oder § 568 anzuwenden; selbstverständlich können sich die Parteien auch jederzeit konkludent auf eine Verlängerung des Vertrags einigen (s MITTELSTEIN 3 2 4 f ; SOERGEL-MEZGER § 5 4 2 R z
15).
37a 4. Umdeutung Liegen die Voraussetzungen des § 542 nicht vor, so kann die fristlose Kündigung nur in Ausnahmefällen in eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist umgedeutet werden, nämlich grundsätzlich nur dann, wenn aus der Kündigungserklärung für den Vermieter ohne weiteres eindeutig erkennbar war, daß Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(210)
§542 3 . Titel. M i e t e . P a c h t
38-40
der Mieter das Mietverhältnis auf jeden Fall, notfalls auch unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, beenden wollte; stützt der Mieter die Kündigung hingegen auf ganz konkrete Vorwürfe, so wird idR eine Umdeutung ausscheiden, wenn diese Vorwürfe nicht zutreffen.* Auch eine Umdeutung in einen Antrag auf Vertragsaufhebung scheidet grundsätzlich aus (BGH WM 1980, 1397, 1398). IV. Schadensersatzansprüche
38
Durch die Kündigung wird das Recht des Mieters, für die Vergangenheit die ihm aus den §§ 537 und 538 zustehenden Rechte geltend zu machen, nicht berührt. Namentlich ein schon entstandener Schadensersatzanspruch bleibt bestehen, selbst wenn die Umstände, aus denen sich der Schaden ergibt, erst nach der Kündigung eintreten ( N I E N D O R F F 168 ff). Unter den Voraussetzungen des § 538 kann somit der Mieter auch für den ihm gerade erst durch die Kündigung entstehenden Schaden Ersatz von dem Vermieter verlangen (so insbes BGH WM 1975, 897, 899; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 0 ff).
Als Schaden des Mieters kommen vor allem in Betracht: der höhere Mietzins für eine 38a Ersatzwohnung (LG Heidelberg WuM 1977, 200 f), die Umzugs- und Maklerkosten (aM KG JW1934,1430) sowie die Kosten für die Herrichtung der Ersatzräume oder für die vorzeitige Herstellung eines Ersatzbaus auf dem eigenen Grundstück ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 71). Entsprechend kann der Untermieter, von dem der Hauptvermieter wegen des Zahlungsverzugs des Mieters (§ 554) Räumung verlangt, Ersatz für die Kosten des Umzugs in die gemieteten Räume und für den folgenden Auszug sowie außerdem Ersatz einer etwaigen nutzlos aufgewendeten Ablösesumme verlangen (BGH WM 1975, 897, 899). Auch die vorzeitige Fälligkeit von Schönheitsreparaturen infolge der Kündigung kann ein Schaden sein (LG Darmstadt WuM 1980, 52, 53). Nur wenn die Kündigung wegen eines Umstandes erfolgt, der keinen Mangel iS der 39 §§ 537 und 541 darstellt, kommt es außerdem darauf an, ob der Vermieter die Kündigung zu vertreten hat (positive Vertragsverletzung; RGZ 64, 381, 383; 76, 367,369; BGH LM Nr 4 zu § 554 a BGB; OLG Augsburg LZ 1915,1398 f; L A R E N Z I I § 4 8 I I I b ; MITTELSTEIN 3 3 1 f ; ROQUETTE § 5 4 2 R z
14 f; HANS § 5 4 2 A n m
B
lc).
V. Der Ausschluß des Kündigungsrechts Das Kündigungsrecht ist zunächst nach § 543 unter den in den §§ 539 bis 541 genannten Voraussetzungen ausgeschlossen, bei Sachmängeln also in den 3 Fällen des § 539, bei Rechtsmängeln jedoch nur bei positiver Kenntnis des Mieters schon bei Vertragsschluß (s S T E R N E L Rz IV 303). Insoweit schadet mehreren Mietern schon die Kenntnis eines einzigen Mieters bei Vertragsschluß (BGH LM Nr 5 zu § 539 BGB). Das Kündigungsrecht ist außerdem ausgeschlossen, wenn der Mieter die Störung allein oder überwiegend zu vertreten hat (§ 324 Abs 1 BGB; R G Z 98, 286, 287 f; BGH WarnR 1969 Nr 347; BGHZ 66, 349, 350; N I E N D O R F F 162 ff). Dasselbe ist anzunehmen, wenn er den Vermieter vertragswidrig an der Abhilfe hindert (§ 242) (RG JW 1911, 359 Nr 5) oder wenn er nach § 541 a zur Duldung der Einwirkungen verpflichtet ist. Anders im letzteren Falle jedoch, wenn der Vermieter eigenmächtig vorgeht. * S im e i n z e l n e n L G E s s e n Z M R 1 9 6 9 , 3 0 9 ; L G M a n n h e i m M D R 1 9 7 0 , 2 4 0 = W u M 1 9 7 0 , 2 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 0 ; STERNEL RZ I V 2 3 3 ; WEIMAR Z M R 1 9 6 7 , 6; B G H W M 1 9 8 1 , 253. (211)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
40
§542 41-45
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
4 1 Streitig ist die Rechtslage, wenn der Mieter selbst durch eine Anzeige das behördliche Einschreiten ausgelöst hat. E s besteht jedoch kein Anlaß, dem Mieter in einem solchen Fall das Kündigungsrecht zu verwehren, da die Anzeige in jeder Hinsicht rechtmäßig ist ( R G Urt v 23. 9. 1 9 1 3 - III 1 8 4 / 1 3 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 4 2 R z 2 9 ; aM K G O L G E 2 8 , 140). 4 2 Das Kündigungsrecht kann durch Vereinbarung der Parteien ausgeschlossen oder beschränkt werden. Nur bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine von § 5 4 2 abweichende Vereinbarung unwirksam, da nach § 5 4 3 S 2 das Kündigungsrecht weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden darf. Eine (verbotene) Einschränkung des Kündigungsrechtes stellt es insbes dar, wenn die Kündigung von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird oder wenn die Voraussetzungen des § 5 4 2 eingeschränkt werden. Ein Beispiel für das erstere ist die Anordnung besonderer, über § 5 4 2 hinausgehender Formen oder Fristen für die Kündigung (STERNEL RZ I V 3 0 4 ) , während der zweite Fall anzunehmen ist, wenn vorgesehen wird, daß der Mieter nur in ganz bestimmten Fällen kündigen darf. 4 3 B e i allen anderen Mietverhältnissen ergeben sich ähnliche Schranken für Formularverträge aus dem A G B G . Denn nach § 11 Nr 8 lit a A G B G darf das Kündigungsrecht des Mieters bei Verzug oder Unmöglichkeit weder ausgeschlossen noch beschränkt (dazu oben R z 4 2 ) werden.* Eine formularmäßige Beschränkung des Kündigungsrechts ist daher allenfalls in den seltenen Fällen denkbar, in denen der Vermieter die Störung nicht zu vertreten hat. Soweit die Störung jedoch, wie in aller Regel, zugleich einen Mangel darstellt, greifen ergänzend die §§ 9 Abs 2 und 11 Nr 10 lit a A G B G ein (HENSEN, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN § 11 R z 14; STERNEL RZ I V 3 0 4 ) . D a das Kündigungsrecht des Mieters bei Vorliegen eines Mangels zu den zentralen Mieterrechten gehört (vgl oben R z 2), wird man dementsprechend dessen formularmäßigen Ausschluß generell nicht mehr zulassen können. Dies alles gilt auch für den kaufmännischen Verkehr (§ 2 4 A G B G ) .
4 4 VI. Beweislast Im Streitfalle muß der Mieter alle Voraussetzungen des § 5 4 2 behaupten und ggf beweisen; dazu gehören auch die Fristsetzung nach § 5 4 2 Abs 1 S 2 bzw die Umstände, auf Grund derer eine Fristsetzung entbehrlich ist (PALANDT-PUTZO § 5 4 2 Anm 5 a). Ist die Mietsache durch den Mietgebrauch zerstört worden und will der Mieter deshalb kündigen, so trifft ihn auch die Beweislast dafür, daß er die Zerstörung nicht zu vertreten hat ( B G H Z 66, 3 4 9 , 3 5 3 ; vgl demgegenüber § 5 4 8 R z 16 ff). 4 5 Demgegenüber trifft nach § 5 4 2 Abs 3 den Vermieter die Beweislast dafür, daß er den Gebrauch der Sache rechtzeitig gewährt oder vor Fristablauf Abhilfe geschaffen habe. Ist streitig, ob die Störung erheblich oder unerheblich iS des § 5 4 2 Abs 2 ist, so trifft die Beweislast ebenfalls den Vermieter, weil grundsätzlich von der Erheblichkeit der Störung und damit von dem Kündigungsrecht des Mieters auszugehen ist ( B G H L M Nr 2 2 zu § 5 3 7 B G B ) .
*
DWW 1 9 7 7 , 7 6 , 8 0 ; H E N S E N , in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG (3. Aufl 1 9 7 8 ) § 1 1 Nr Rz 6 ; K O C H - S T Ü B I N G , AGBG ( 1 9 7 7 ) § 1 1 Nr 8 Rz 6 ; L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG ( 1 9 7 7 ) § 1 1 Nr 8 Rz 5 ; PALANDT-HEINRICHS § 1 1 AGBG Anm 8 a, aa; STERNEL R Z I V BUB 8
304.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(212)
3. Titel. Miete. Pacht
§543 1-4
§543 Auf das dem Mieter nach § 542 zustehende Kündigungsrecht finden die Vorschriften der §§ 539 bis 541 sowie die für die Wandelung bei dem Kauf geltenden Vorschriften der §§ 469 bis 471 entsprechende Anwendung. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine Vereinbarung, durch die das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, unwirksam. E I § 530; II § 487 Abs 3; III § 536; 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art I Nr 4; Mot II 421; Prot II 229 f.
§ 543 regelt in der ihm durch das 2. Mietrechtsänderungsgesetz von 1964 gegebenen 1 Fassung nur noch zwei Fragen, nämlich einmal die Frage, wann das dem Mieter durch § 542 eingeräumte Kündigungsrecht ausgeschlossen ist (s dazu § 542 Rz 40 f), zum anderen die Frage, wann eine teilweise Kündigung möglich ist. Insoweit verweist das Gesetz auf die entsprechend anwendbaren §§ 469 bis 471. 1. Ein Mietvertrag kann grundsätzlich nur einheitlich gekündigt werden. Eine 2 teilweise Kündigung, wie sie hier § 543 durch Verweisung auf die §§ 469 bis 471 zuläßt, ist deshalb die Ausnahme und folglich nur unter engen Voraussetzungen möglich.* Jedoch muß stets sorgfältig geprüft werden, ob bei Vermietung verschiedenartiger Räume tatsächlich ein einheitliches Mietverhältnis oder nur die äußerliche Zusammenfassung mehrerer, verschiedener Mietverhältnisse vorliegt, da im letzteren Fall unbedenklich jedes einzelne Mietverhältnis gesondert gekündigt werden kann (STERNEL RZ IV 13). Unzulässig ist stets die Kündigung einzelner Vertragsklauseln. 2. § 469 regelt den Fall, daß von mehreren vermieteten Sachen nur einzelne 3 mangelhaft sind. Nach § 469 S 1 kann dann der Mieter grundsätzlich nur hinsichtlich der mangelhaften Sachen kündigen; sind jedoch die Sachen als zusammengehörend vermietet, so kann jeder Teil verlangen, daß die Kündigung auf sämtliche Sachen erstreckt wird, sofern die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachteil für ihn von den übrigen getrennt werden können. Ein solcher Fall wird wohl nur bei der Vermietung mehrerer, vertretbarer, beweglicher Sachen in Betracht kommen. Hiernach ist bei der Grundstücksmiete einschließlich namentlich der Wohnraummiete grundsätzlich stets davon auszugehen, daß das Grundstück bzw alle vermieteten Räume eine Einheit bilden, so daß sich die Kündigung nur auf den ganzen Vertrag erstrecken kann (KG H R R 1937 Nr 502; OLG Celle MDR 1964, 924; LG Oldenburg ZMR 1960, 170). Etwas anderes kann nur von Fall zu Fall bei der äußerlichen Zusammenfassung von Mietverträgen über ganz verschiedenartige Räume, insbes bei Mischmietverhältnissen in Betracht kommen. Aber bei der Vermietung einer Wohnung mit Garage oder Hofraum kann die Kündigung grundsätzlich nicht auf den Hofraum oder die Garage beschränkt werden**. 3. Nach § 470 erstreckt sich die Kündigung wegen eines Mangels der Hauptsache 4 stets auch auf die Nebensache, dh hier auf das mitvermietete Zubehör usw. * KG HRR 1937 Nr 502; LG Mannheim WuM 1980, 134; AG Soligen WuM 1976, 161 f; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 2 R z 11, § 5 4 3 R z 3 ; GLASERNJW 1 9 5 1 , 3 0 1 ; ROQUETTE § 5 4 3 R z 8 ; STERNEL R z I V 13, 3 1 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 ; a M R G Z 114, 2 4 3 , 2 4 5 f; PALANDTPUTZO § 5 6 4 A n m 3 d.
** AG Köln ZMR 1971,134 Nr 15; AG Waiblingen ZMR 1977,237 f; AG Kassel WuM 1979,257; AG Gelsenkirchen ZMR 1978, 341 f; AG Münster WuM 1980, 56 f; LG Mannheim WuM 1980, 134. (213)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
3a
§§ 543, 544 5; 1, 2
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Umgekehrt soll bei bloßer Mangelhaftigkeit der Nebensache nur wegen dieser die Kündigung möglich sein (§ 470 S 2). Bei der Grundstücksmiete erscheint es jedoch ausgeschlossen, daß der Mieter bei Mangelhaftigkeit des Zubehörs oder der mitvermieteten Räumlichkeiten oder Gebäudeteile seine Kündigung auf diese Teile beschränken könnte; entgegen § 471 S 2 wird also in derartigen Fällen die Kündigung stets den ganzen Vertrag erfassen (MITTELSTEIN 326; R O Q U E T T E § 543 Rz 9; H A N S § 543 Anm B 3 b). 5 Soweit hiernach ausnahmsweise eine teilweise Kündigung möglich ist, ist nach § 471 der Mietzins verhältnismäßig herabzusetzen. §544 Ist eine Wohnung oder ein anderer zum Aufenthalte von Menschen bestimmter Raum so beschaffen, daß die Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist, so kann der Mieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, auch wenn er die gefahrbringende Beschaffenheit bei dem Abschlüsse des Vertrags gekannt oder auf die Geltendmachung der ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte verzichtet hat. E II § 488; III § 537; Prot II 230 ff.
Schrifttum BERADT, Miete und Polizei (1906); MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 333 ff; NIENDORFF, MietR 170 ff; SCHÄFER, Das außerordentliche Kündigungsrecht des Mieters wegen Gesundheitsschädlichkeit der Wohnung, SeuffBl 67 (1902) 257; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz IV 318 ff; WEIMAR, Die gesundheitsgefährdende Wohnung, ZMR 1960, 226; ders, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) 25 ff; WIETHAUP, Rechtsfragen des Schallschutzes im Verhältnis des Wohnungsvermieters zu seinem Mieter, Z M R 1975, 257; WÖRBELAUER, A n m N J W 1 9 5 9 , 1 4 2 4 .
Systematische Übersicht Uberblick 1
III. Kfindigung 17
II. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts 7 1. Die betroffenen Räume 8 2. Die erhebliche Gesundheitsgefährdung 10
IV. Der Ausschluß des Kündigungsrechts 1. Der Ausschluß kraft Gesetzes 22 2. Abweichende Vereinbarungen 24 V. Beweislast 25
1 I. Überblick Die Vorschrift ist erst von der 2. Kommission in das Gesetz eingefügt und vom Reichstag noch erweitert worden. Mit ihr wurde vor allem der sozialpolitische Zweck verfolgt, auch mit den Mitteln des Zivilrechts einen Beitrag zu der dringend erforderlichen Verbesserung der Wohnverhältnisse namentlich der Arbeitnehmer zu leisten; außerdem versprach man sich von der bloßen Existenz der Vorschrift einen gewissen Druck auf die Vermieter, die Wohnungen besser zu gestalten (Prot II 232; ebenso BGHZ 29, 289, 294 f). 2 Dementsprechend ist auch heute noch der Zweck der Vorschrift in erster Linie in dem Schutz des öffentlichen Interesses an der allgemeinen Volksgesundheit zu erblicken. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(214)
§544 3. Titel. Miete. Pacht
3-8
Geschützt sind deshalb nicht nur der Mieter, sondern auch dessen Angehörige sowie dessen Arbeitnehmer. § 544 enthält jedoch kein gesetzliches Verbot, so daß er nicht als Schutzgesetz zugunsten der genannten Personen interpretiert werden kann (§ 823 Abs 2; R G Urt v 5. 1. 1933 - VIII 368/32; B G B - R G R K - G E L H A A R § 544 Rz 3). § 544 steht in engstem Zusammenhang mit den §§ 542 und 543 (BGHZ 29, 289, 3 294 f). Seine Funktion erschöpft sich im Grunde in der Anordnung, daß in den hier geregelten Fällen die fristlose Kündigung abweichend von § 542 keine Fristsetzung voraussetzt und daß abweichend von § 543 weder eine Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluß noch ein vertraglicher Ausschluß des Kündigungsrechts dem Mieter schaden. Daraus folgt zugleich, daß der Mieter nicht gezwungen ist, in den hier geregelten Fällen seine Kündigung auf § 544 zu stützen, sondern stets auch statt dessen nach § 542 oder nach § 565 und ggf auch nach § 554 a kündigen kann (§ 542 Rz 6). Unberührt bleiben außerdem die sonstigen Rechte des Mieters. Er hat also nicht nur 4 stets den Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter, sondern kann auch für die Vergangenheit Minderung geltend machen (§ 537) und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§ 538). Der Ersatzanspruch erfaßt dabei stets auch die durch die Kündigung verursachten Kosten, namentlich die Kosten des Unzugs und einer teureren Ersatzwohnung (LG Mannheim MDR 1969, 313 f = WuM 1969, 41 = ZMR1969,171 Nr 19). Kommt es zu einer Gesundheitsbeschädigung, so kann der Vermieter außerdem aus § 823 Abs 1 ersatzpflichtig sein. In allen diesen Fällen kann jedoch in der Unterlassung oder Verzögerung der 4a Kündigung nach § 544 je nach den Umständen des Falles auch ein mitwirkendes Verschulden des Mieters liegen (AG Köln WuM 1973,41,43; E R M A N - S C H O P P § 544 Rz 7; P A L A N D T - P U T Z O § 544 Anm 1 ; RG WarnR 1916 Nr 133 S 213 f ; Recht 1912 Nr 3050), dies freilich nur, wenn dem Mieter jederzeit ein Umzug möglich und zumutbar ist (STERNEL R Z IV 326). Einem Mieter, der zu zumutbaren Bedingungen keine bessere Wohnung zu finden vermag, kann nicht vorgeworfen werden, daß er in der bisherigen Wohnung trotz ihres gesundheitsgefährdenden Zustandes wohnen bleibt. § 544 gilt grundsätzlich auch für die Pacht (§ 581 Abs 2; str), bei der Pacht 5 landwirtschaftlicher Grundstücke jedoch nur, wenn infolge der Gesundheitsschädlichkeit der Wohnräume eine ordnungsmäßige Bewirtschaftung des Grundstücks unmöglich oder doch wesentlich erschwert ist (OLG Celle MDR 1964, 924 Nr 47). Besteht zwischen den Parteien Streit über das Vorliegen und die Art der Mängel, so 6 kann der Mieter die Kosten eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens von dem Vermieter nur unter den Voraussetzungen des § 538 ersetzt verlangen (str; weitergehend MITTELSTEIN 340 f m Nachw). II. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts
7
Der Mieter kann fristlos kündigen, wenn eine Wohnung oder ein anderer zum Aufenthalt von Menschen bestimmter Raum so beschaffen ist, daß deren Benutzung mit einer erheblichen Gesundheitsgefahr verbunden ist. 1. Die betroffenen Räume
8
Es muß sich um eine Wohnung oder um einen anderen zum Aufenthalt von Menschen bestimmten Raum handeln. Maßgebend dafür ist stets die vertragliche Zweckbestim(215)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§54 9-12
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
mung der Räume, nicht deren tatsächliche Nutzung. Diese kommt stets nur als Anhaltspunkt für die vertragliche Zweckbestimmung in Betracht. Wohnräume liegen demnach vor, wenn Räume zu Wohnzwecken vermietet werden (s Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536 m Nachw). 9 Ein anderer zum Aufenthalt von Menschen bestimmter Raum ist anzunehmen, wenn darin nach dem Vertrag wenigstens vorübergehend Menschen verweilen sollen. Es genügt ein Aufenthalt von mehreren Stunden, nicht jedoch ein bloßes kurzfristiges Betreten des Raumes. Da durch § 544 auch die Angehörigen und Angestellten des Mieters geschützt werden, reicht es aus, wenn der Raum lediglich zum vorübergehenden Aufenthalt der Angehörigen oder Angestellten bestimmt ist. Hauptanwendungsfälle sind die einzelnen Räume einer größeren Wohnung und alle gewerblich genutzten Räume, zB Büros, Lager, Werkstätten, Fabrikhallen, Spülküchen, Bierund Weinkeller, Säle, Krankenräume, Wartezimmer, Tresorräume einer Bank mit Publikumsverkehr (RG Recht 1911 Nr 1909; RG Urt v 21. 2. 1905 - III 503/04; B G B - R G R K - G E L H A A R § 544 Rz 2), Viehställe, in denen ständig gearbeitet wird uäm. Bei Kellerräumen für eine Zentralheizung kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (s MITTELSTEIN 336 f m Nachw). Nicht hierher gehören hingegen nach dem Gesagten bloße Verschläge in Kellern oder auf Böden, weil sie nicht zum Verweilen von Menschen bestimmt sind. 10 2. Die erhebliche Gesundheitsgefährdung a) Eine fristlose Kündigung ist nur möglich, wenn die genannten Räume so beschaffen sind, daß ihre Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit des Mieters oder der anderen geschützten Personen verbunden ist. Eine Gesundheitsbeschädigung braucht also noch nicht eingetreten zu sein; die bloße Gefahr genügt. Die Gefahr muß jedoch erheblich sein, um den scharfen Rechtsbehelf einer fristlosen Kündigung seitens des Mieters zu rechtfertigen ( N I E N D O R F F 172). Die Gefahr muß also einmal konkret drohen, dh naheliegend sein, wenn auch nicht unbedingt schon in allernächster Zeit bevorstehen; die nur entfernte Möglichkeit einer Gesundheitsbeschädigung genügt nicht (RGZ 88, 168; RG WarnR 1911 Nr 323 S 360; KG JW 1930, 2975). Darüber hinaus muß aber auch die zu befürchtende Gesundheitsbeschädigung selbst erheblich sein, so daß ein bloßes, vorübergehendes Unbehagen eine fristlose Kündigung durch den Mieter nicht zu rechtfertigen vermag (RGZ 51, 210, 211 f; RG WarnR 1911 Nr 323 S 360; JW 1912, 288 Nr 9; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 4 R z 4 ; STERNEL R Z I V 3 2 0 f ) .
11 Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob in diesem Sinne eine erhebliche Gesundheitsgefährdung vorliegt, ist der der Kündigung. Auszugehen ist von den in diesem Augenblick auf dem Gebiet der Gesundheitslehre herrschenden Anschauungen (RG WarnR 1911 Nr 323 S 360 f). 12 Eine erhebliche Gesundheitsgefährdung wird deshalb verneint, wenn der Umstand, von dem die Gefahr ausgeht, ohne weiteres leicht behebbar ist und der Vermieter zur sofortigen Abhilfe bereit ist (RGZ 88,168,169; OLG Celle NdsRpfl 1964,154,155; RG SeuffA 71 [1916] Nr 229 S 400). Ebenso scheiden bloß vorübergehende Störungen für § 544 idR aus (RG Recht 1912 Nr 991; N I E N D O R F F 172). Maßgeblicher Zeitpunkt ist auch insoweit der der Kündigung, so daß es darauf ankommt, was dem Mieter in diesem Augenblick erkennbar ist, wobei zu beachten ist, daß den Mieter grundsätzlich keine Nachforschungspflicht trifft; Ausnahmen können sich allenfalls im Einzelfall aus Treu und Glauben ergeben ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 544 Rz 5; STERNEL R Z IV 321). Erkennt der Mieter aber, daß der fragliche Umstand ohne weiteres leicht behebbar und der Vermieter hierzu bereit ist, so muß er dem Vermieter nach Treu und Glauben (§ 242) zumindest die kurzfristige Möglichkeit Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(216)
3. Titel. Miete. Pacht
§544 13-15
geben, Abhilfe zu schaffen (vgl § 542 Abs 1 S 2); er handelte treuwidrig, wenn er gleichwohl sofort zur fristlosen Kündigung schritte. Auf keinen Fall braucht sich der Mieter jedoch auf wochenlange Ausbesserungsarbeiten des Vermieters einzulassen (RG Recht 1919 Nr 1382). Bei der Beurteilung ist von einem objektiven Maßstab auszugehen. Maßgebend ist 13 also nicht die besondere Empfindlichkeit des einzelnen Mieters, die zudem dem Vermieter gar nicht bekannt sein kann; maßgebend sind vielmehr die allgemeinen gesundheitlichen Anforderungen, da der Zweck des § 554 in erster Linie in dem Schutz der allgemeinen Volksgesundheit zu sehen ist (KG DR 1939, 642; A G Köln WuM 3
1 9 7 9 , 7 5 ; MITTELSTEIN 3 3 7 f ; ROQUETTE § 5 4 4 R z 3 ; H A N S § 5 4 4 A n m
B
b).
Dadurch wird jedoch nicht die Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des 13a einzelnen Mietobjekts und der einzelnen Mieterkreise ausgeschlossen (ebenso STERNEL Rz IV 321). Die Anforderungen sind unterschiedlich je nach der Lage der Räume auf dem Land oder in einer dichtbevölkerten Stadt und je nachdem, ob die Räume zum dauernden oder nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Vor allem aber muß beachtet werden, ob es sich um ältere oder jüngere Mieter oder um Mieter mit oder ohne Kinder handelt; nur die individuellen Verhältnisse des einzelnen Mieters bleiben außer Betracht. Hiernach kann, was bei Wohnräumen schon untragbar ist, uU bei gewerblich genutzten Räumen, die nur gelegentlich vorübergehend benutzt werden, noch hingenommen werden. Hat der Mieter kleine Kinder, so gelten andere (strengere) Maßstäbe als bei einem alleinstehenden jungen Mann. Bei älteren Mietern ist die besondere Lärmempfindlichkeit zu berücksichtigen usw. Immer aber muß es sich um eine dauernde Eigenschaft der fraglichen Räume handeln, da bloß vorübergehende Störungen dem Mieter idR nach Treu und Glauben nicht das Recht zur fristlosen Kündigung geben (oben Rz 12). Unerheblich ist stets, auf welcher Ursache die Gesundheitsgefährdung beruht. 14 Namentlich kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter sie zu vertreten hat (AG Bremerhaven WuM 1975,147,148). Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob es sich um eine Eigenschaft der Räume selbst handelt oder ob die Gesundheitsgefährdung erst durch Einwirkungen von außen her begründet wird (aM nur R O Q U E T T E § 544 Rz 3). Daher fallen unter § 544 auch Gefahren, die von anderen Mietern oder von Dritten ausgehen ( R G JW 1906, 713 Nr 9; B G B - R G R K - G E L H A A R § 544 Rz 7; N I E N D O R F F 171 f). b) Problematisch ist die Rechtslage, wenn die gesundheitsgefährdende Eigenschaft 15 nur einzelnen Räumen einer Wohnung anhaftet, da § 544 darauf abstellt, ob die Wohnung selbst, dh sämtliche Räume mit dem Mangel behaftet sind. In den genannten Fällen ist deshalb maßgebend, ob durch die Beeinträchtigung der Benutzbarkeit der einzelnen Räume die Benutzbarkeit der gesamten Wohnung wesentlich beeinträchtigt wird. Sind die betroffenen Räume nur von untergeordneter Bedeutung, wird maW die Benutzbarkeit der Wohnung nicht wesentlich beeinträchtigt, so kommt eine fristlose Kündigung grundsätzlich nicht in Betracht (OLG Celle NdsRpfl 1964,154,155 = MDR1964,924; KG GrundE 1933,308; OLG Hamburg OLGE 33, 305; M I T T E L S T E I N 339; B G B - R G R K - G E L H A A R § 544 Rz 8 m Nachw; S T E R N E L R Z IV 322). Abzustellen ist auch insoweit auf die (objektiv betrachtete) Situation des Mieters. Ein Mieter mit vielen Kindern kann auch bei einer großen Wohnung nicht auf ein einziges Zimmer verzichten, wohl aber möglicherweise ein alleinstehender Rentner. Jede Engherzigkeit ist hier fehl am Platze. Aber auch wenn § 544 zu verneinen ist, kann der Mieter immer noch gern § 542 nach Fristsetzung kündigen. (217)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§544 16-19
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
16 c) Beispiele für eine gesundheitsgefährdende Beschaffenheit der Räume sind der übermäßige Lärm der Mitmieter, zB eines im selben Haus untergebrachten Hotels (BGHZ 29, 289; AG Kerpen WuM 1978, 68) oder von Maschinen eines anderen Mieters (RG JW 1906, 713), ebenso aber auch jede andere Form von Lärmbelästigung, sei es durch den Vermieter, sei es durch Dritte ( W I E T H A U P ZMR 1975, 257, 258; AG Köln WuM 1979, 75), ebenso das dauernde Eindringen unerträglicher Gerüche (RG JW 1912,288; KG OLGE 16,422; RGZ88,168), das Eindringen von Rauch aus einer Räucherkammer (LG Mannheim MDR 1969, 313 f = WuM 1969, 41 = ZMR 1969, 171 Nr 19), das erhebliche Auftreten von Ungeziefer (LG Mannheim DWW 1976, 236 f; AG Kiel WuM 1980, 235), die gefährliche Beschaffenheit der Fußböden oder Treppen (RG Gruchot 66,664; SeuffA 71 Nr 229 S 400), übermäßige Feuchtigkeit, zB einer Außenwand eines von 2 Zimmern (OLG Hamburg JW 1916,1293,1294 = SeuffA 71 Nr 229; AG Darmstadt WuM 1970,77; LG Mannheim ZMR 1977, 154; AG Bremerhaven WuM 1975, 147, 148), die fehlende Zufuhr von Licht und Luft, zB bei einem Hängeboden (RG WarnR 1911 Nr 323 S 360 f), der erhebliche Befall der Räume mit Schwamm (RG Recht 1919 Nr 1382), nicht jedoch bei nur geringer Feuchtigkeit eines Kellers (AG Zehlendorf WuM 1973, 93, 94 f). Weitere Beispiele sind der Pilz- und Schwammbefall, die Schimmelbildung, eine ungenügende Heizung (LG Mannheim ZMR 1977,154; AG Friedberg WuM 1980, 113) und auch die Einsturzgefahr (KG JW 1930, 2975; einschränkend OLG Celle NdsRpfl 1964,154 f). Auch ein gefährlicher Zustand der Zugänge kann genügen, wenn der Vermieter dafür verantwortlich ist.
DI. Kündigung 17 1. a) Liegen die genannten Voraussetzungen vor, so kann der Mieter das Mietverhältnis fristlos kündigen. Da § 544 eine sozialpolitisch motivierte Ausnahme von § 542 ist, setzt die Kündigung keine Fristsetzung voraus (BGHZ 29, 289, 295; RG SeuffA 71 [1916] Nr 229 S 400; AG Bremerhaven WuM 1975,147,148; N I E N D O R F F 171; aM zuletzt MITTELSTEIN 334 f); aber nichts hindert den Mieter natürlich, dem Vermieter zuvor eine Frist zu setzen, zumal er ohnehin stets statt nach § 544 nach § 542 vorgehen kann. 17a Der Mieter kann, braucht aber nicht fristlos zu kündigen (§ 542 Rz 34; STERNEL R Z IV 324). Er kann deshalb auch unter Einhaltung einer beliebigen Frist kündigen, vor allem, um sich Ersatzräume zu beschaffen. Obergrenze dürfte aber die jeweilige, gesetzliche Kündigungsfrist sein. Ebensowenig braucht er sofort nach Auftreten des gesundheitsgefährdenden Zustands zu kündigen. Eine ungebührliche, weil treuwidrige Verzögerung der Kündigung kann jedoch dazu führen, daß der Mieter das Kündigungsrecht verwirkt (s oben § 542 Rz 35). 18 Eine Teilkündigung, die ohnehin nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommt (s oben § 543 Rz 2 ff), ist hier nicht möglich, da § 544 nicht auf § 543 verweist. Die Kündigung kann daher nicht auf die gesundheitsgefährdenden Räume beschränkt werden (OLG Celle MDR 1964, 924 = NdsRpfl 1964, 154; aM BGB-RGRKGELHAAR § 5 4 4 R z
8).
19 b) Für die Form der Kündigung gilt § 564 a (s dazu oben § 542 Rz 36 a). Die Kündigung muß folglich schriftlich erfolgen und soll begründet werden. Für den Regelfall ist damit eine konkludente Kündigung ausgeschlossen (BGB-RGRKG E L H A A R § 544 Rz 10; STERNEL R Z IV 325). Nur in seltenen Ausnahmefällen kann man daher annehmen, der Vermieter könne sich nach Treu und Glauben nicht auf den Formverstoß berufen (§ 242); eine solche Annahme kann zB gerechtfertigt sein, wenn der Mieter bei besonders schweren, unmittelbar drohenden Gefahren sofort Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(218)
§544 3. Titel. Miete. Pacht
auszieht und damit konkludent die Kündigung erklärt
20-24 (ERMAN-SCHOPP § 5 4 4
Rz
6;
PALANDT-PUTZO § 5 4 4 A n m 4 ; SOERGEL-MEZGER § 5 4 4 R z 6 ) .
2. Nach hM entfällt in den Fällen des § 544 auch die Anzeigepflicht des Mieters, 20 schon weil § 545 Abs 2 den § 544 nicht erwähnt ( S O E R G E L - M E Z G E R § 544 Rz 7 m Nachw; aM zB MITTELSTEIN 335 f). Richtigerweise wird man unterscheiden müssen: Tritt der gesundheitsgefährdende Mangel plötzlich und unerwartet auf, so kann der Mieter sofort kündigen, ohne daß es einer vorherigen Anzeige bedürfte; das ist gerade der Sinn des § 544. Anders jedoch, wenn sich der Mangel erst langsam entwickelt, ohne daß von Anfang an eine erhebliche Gesundheitsgefährdung vorliegt. Für diese Fälle hat die Anzeigepflicht des § 545 ihren guten Sinn (so mit Recht H A N S § 544 Anm B 1 f; OLG Hamburg OLGE 2, 382). 3. § 544 begründet kein Kündigungsrecht des Vermieters. Wer gesundheitsgefähr- 21 dende Räume vermietet, kann sich nicht unter Berufung auf diesen Zustand der Räume von dem Vertrag lösen ( W E I M A R ZMR 1 9 6 0 , 2 2 6 , 2 2 7 f). IV. Der Ausschluß des Kündigungsrechts 1. Der Ausschluß kraft Gesetzes
22
a) Das Kündigungsrecht entfällt, wenn der Mieter die vom Vermieter geplante Reparatur verhindert und dadurch erst den gesundheitsgefährdenden Zustand selbst heraufbeschworen hat. Aus derselben Überlegung heraus kann das Kündigungsrecht außerdem entfallen, wenn der Mieter die Anzeigepflicht des § 545 verletzt und gerade dadurch Abhilfe seitens des Vermieters verhindert hat (§ 242, Verbot widersprüchlichen Verhaltens). Allgemeine Regeln lassen sich hier jedoch kaum aufstellen; vielmehr kommt alles auf die Umstände des Einzelfalles an (s oben Rz 20). b) Kenntnis des Mieters von dem Mangel schließt nach § 539 nur die Minderung und 22a den Schadensersatzanspruch, nicht hingegen das Kündigungsrecht des § 544 aus (s § 543). c) Streitig ist die Rechtslage, wenn der Mieter den gesundheitsgefährdenden Zustand 23 selbst schuldhaft herbeigeführt hat. Nach hM ist dann sein Kündigungsrecht ausgeschlossen*. Nach anderer Ansicht muß man hingegen zwischen dem Schadensersatzanspruch des Vermieters und dem Kündigungsrecht des Mieters unterscheiden; der Mieter kann hiernach also ausziehen, bleibt aber dem Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet ( H A N S § 5 4 4 Anm B 5 a; PERGANDE § 5 4 4 Anm 2 ; W E I M A R ZMR 1 9 6 0 , 226, 227). Der letzteren Meinung ist zu folgen, da auch dem schuldhaft handelnden Mieter nicht zugemutet werden kann, in einer gesundheitsgefährdenden Wohnung wohnen zu bleiben. Hierbei muß berücksichtigt werden, daß § 544 neben dem Schutz des Mieters auch den der Angehörigen und Angestellten des Mieters bezweckt. Es geht nicht an, diese Personen zum Aufenthalt in einer gesundheitsgefährdenden Wohnung zu zwingen, nur weil der Mieter schuldhaft gehandelt hat. 2. Abweichende Vereinbarungen § 544 ist zwingend. Jede abweichende Vereinbarung, durch die das Kündigungsrecht entgegen dem Gesetz ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig (BGHZ 29, * R G Z 51, 2 1 0 , 2 1 2 ; O L G H a m b u r g J W 1 9 1 6 , 1 2 9 3 ; L G M a n n h e i m D W W 1978, 7 2 ; F W W 1978, 1 3 6 ; ERMAN-SCHOPP § 5 4 4 R z 7 ; NIENDORFF 1 7 3 ; ROQUETTE § 5 4 4 R z 1 1 ; B G B - R G R K - G E L H A A R
§ 5 4 4 R z 9 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 4 4 R z 8; S T E R N E L R Z I V 3 1 8 ; W E I M A R , S a c h m ä n g e l h a f t u n g 2 6 f. (219)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
24
§§ 544, 545 25
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
289,295 f). Das gilt auch für einen im voraus erklärten Verzicht auf die Rückzahlung eines sog verlorenen Baukostenzuschusses (BGH aaO; s dazu im einzelnen Vorbem zu §§ 535,536 Rz 123 ff). Aus denselben Erwägungen heraus wird man in den Fällen des § 544 auch einen vertraglichen Ausschluß des Schadensersatzanspruches des Mieters aus § 538 als unwirksam zu behandeln haben (HANS § 5 4 4 A n m B 6 c;
1959, 1424). Für Formularverträge versteht sich dies ohnehin von selbst (§§ 9, 11 Nr 7 und 8, 24 AGBG). WÖRBELAUER N J W
25 V. Beweislast Die Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des § 544 trägt der Mieter. Hingegen hat der Vermieter die Umstände zu beweisen, aus denen sich ausnahmsweise ein Ausschluß des Kündigungsrechts ergibt. §545 Zeigt sich im Laufe der Miete ein Mangel der gemieteten Sache oder wird eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so hat der Mieter dem Vermieter unverzügliche Anzeige zu machen. Das gleiche gilt, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. Unterläßt der Mieter die Anzeige, so ist er zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet; er ist, soweit der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige Abhilfe zu schaffen außerstande war, nicht berechtigt, die im § 537 bestimmten Rechte geltend zu machen oder nach § 542 Abs. 1 Satz 3 ohne Bestimmung einer Frist zu kündigen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. E I § 519; II § 489; III § 538; Mot II 400 f; Prot II 187.
Schrifttum BRUCK, Die Obhutspflicht des Mieters und seine Haftung für Dritte, ArchBürgR 27, 110; GUMBINNER, Zur Obhutspflicht des verreisenden Wohnungsmieters, D J Z 1906, 194; KLEIN, Anzeigepflicht im Schuldrecht (1907) 99 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 350 ff; NIENDORFF, Mietrecht 219 ff; ROQUETTE ZMR 1973, 195; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (3. Aufl 1977) 109 ff; ders, Mietrecht, s v Anzeige; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz II 360 (S 215); WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) 51 ff; ders, Die Bedeutung der Schlüsselgewalt bei der Wohnungsmiete, ZMR 1964,129 f; ders, Die Pflicht des Geschäftsraummieters zur Mängelrüge, Betrieb 1972, 615.
Systematische Übersicht I. Überblick 1 n . Die Voraussetzungen der Anzeigepflicht 7 1. Auftreten eines Mangels 7a 2. Notwendigkeit von Vorkehrungen gegen Gefahren 13 3. Rechtsanmaßung Dritter 15
DD. Die Anzeige 16 1. Allgemeines 16 a 2. Ausnahmen 18 IV. Rechtsfolgen 20 1. Schadensersatz 21 2. Rechtsverlust 25 V. Abweichende Vereinbarungen 28 VI. Beweislast 29
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(220)
3. Titel. Miete. Pacht
§545 1-6 a
I. Überblick
1
Den Mieter trifft, sobald ihm die Sache überlassen ist, bis zum Zeitpunkt der Rückgabe eine sog Obhutspflicht; dh er muß mit der Sache sorgfältig und pfleglich umgehen (s im einzelnen §§ 535, 536 Rz 129 ff). Eine besondere Ausprägung dieser Obhutspflicht ist die in § 545 geregelte Anzeigepflicht (Mot II 400 f; BGHZ 68,281, 284 f). Zweck der somit im Interesse des Vermieters angeordneten Anzeigepflicht ist es in erster Linie, den Vermieter vor Schäden an seiner Sache zu bewahren und ihm Gelegenheit zur Erfüllung seiner Erhaltungspflicht (§ 536) zu geben (BGHZ 68,281, 286; BGH LM Nr 10 zu § 537 B G B , B1 3 = NJW 1963,1449). Vor allem weil dem Vermieter grundsätzlich kein Recht zusteht, die Mieträume jederzeit zu betreten und zu besichtigen, ist er hinsichtlich etwaiger Mängel auf Mitteilungen des Mieters angewiesen. Freilich besteht die Anzeigepflicht auch dann, wenn dem Vermieter ausnahmsweise ein derartiges Besichtigungsrecht eingeräumt ist, weil der Mieter den Zustand der vermieteten Sache auch dann stets besser als der Vermieter kennen wird ( R G Z 59, 162; KG O L G E 20, 106). Die Anzeigepflicht ist besonders wichtig, wenn dem Mieter ein ganzes Haus unter 2 Ausschluß des Vermieters vermietet ist; sie ist hingegen eingeschränkt, wenn der Vermieter im selben Haus wohnt oder die Verwaltung des Hauses selbst einem Dritten, zB einem Hauswart übertragen hat (s im einzelnen unten Rz 19). Daß die Anzeigepflicht dem Vermieter die Erfüllung seiner Erhaltungspflicht 3 ermöglichen soll, besagt jedoch nicht, daß die Entstehung der Instandhaltungs- oder Instandsetzungspflicht im Einzelfall von der Erfüllung der Anzeigepflicht seitens des Mieters abhängt. Die hiernach erforderlichen Maßnahmen muß der Vermieter vielmehr auch dann vornehmen, wenn er von dem Mangel auf andere Weise Kenntnis erlangt. Das folgt schon daraus, daß § 536 in § 545 Abs 2 nicht erwähnt ist. Aus der Anzeigepflicht folgt auch grundsätzlich keine Reparaturpflicht des Mieters (s 4 im einzelnen hierzu §§ 535,536 Rz 133 f, 538 Rz 35,48). Deshalb ist auch die Frage, ob und ggf in welchem Umfang der Mieter vom Vermieter Aufwendungsersatz verlangen kann, stets unabhängig von § 545 insbes nach den § § 5 3 8 Abs 2 und 547 zu entscheiden. Zu berücksichtigen bleibt jedoch dabei, daß ein Verzug des Vermieters (§ 538 Abs 2) idR eine Anzeige des Mangels seitens des Mieters voraussetzen wird; notwendig ist freilich auch dies nicht (s hierzu § 538 Rz 18). § 545 begründet eine nicht einklagbare Nebenleistungs/?/7ic/ii des Mieters, keine 5 bloße Obliegenheit (str), wie sich schon daraus ergibt, daß eine schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht den Mieter schadensersatzpflichtig macht (§ 545 Abs 2 H S 1; s hierzu REIMER SCHMIDT, Die Obliegenheiten [1953]). Deshalb gilt auch uneingeschränkt § 278, wenn der Mieter Dritte mit der Erfüllung 6 der Obhuts- oder Anzeigepflicht beauftragt. Umgekehrt bedeutet jedoch § 545 nicht, daß die Mieter zu Erfüllungsgehilfen des Vermieters bei Erfüllung dessen sog Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Mietern werden (BGH ZMR 1969, 271 = WM 1969, 1011). Aus § 545 folgt schließlich keine Nachforschungs- oder Prüfungspflicht des Mieters 6a (BGH LM Nr 1 zu § 545 B G B = WM 1976, 537; NIENDORFF 222); vielmehr geht § 545 gerade davon aus, daß die Prüfungspflicht auch nach Übergabe der Sache an den Mieter dem Vermieter obliegt, wobei die Anzeigepflicht des Mieters dem Vermieter die Erfüllung seiner Prüfungs- und Erhaltungspflicht erleichtern soll (grdleg B G H Z 68, 281, 285 f). (221)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§545 7-11
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
7 II. Die Voraussetzungen der Anzeigepflicht Die Anzeigepflicht besteht, wenn sich im Laufe der Miete ein Mangel der gemieteten Sache zeigt, eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich wird oder sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. 7a 1. Auftreten eines Mangels a) Der Mieter ist zunächst zur Anzeige verpflichtet, wenn sich im Laufe der Miete ein Mangel der gemieteten Sache zeigt. Der Begriff des Mangels wird hier allgemein weiter als in den §§ 537 und 538 verstanden (BGHZ 68, 281, 283). Auf keinen Fall kommt es darauf an, ob der Mangel eine erhebliche Minderung der Tauglichkeit zur Folge hat (entgegen § 537 Abs 1S 2). Aber man wird noch weitergehen müssen. Nach dem Zweck des § 545 kann es überhaupt keine Rolle spielen, ob durch den Mangel schon jetzt der vertragsmäßige Gebrauch des Mieters beeinträchtigt wird, da in erster Linie von dem Interesse des Vermieters an der Erhaltung seiner Sache auszugehen ist. Anzuzeigen ist daher jeder Fehler im weitesten Sinne, dh jeder schlechte Zustand der Sache (ebenso BGHZ 68, 281, 283; P A L A N D T - P U T Z O § 545 Anm 2 b, aa). Keine Rolle spielt dabei, ob die Ursachen dieses schlechten Zustandes innerhalb oder außerhalb der vermieteten Sache liegt. 8 Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Mangel an der vermieteten Sache selbst oder an den mitvermieteten Einrichtungen, Sachen, Gebäudeteilen usw auftritt, so daß der Mieter namentlich auch Mängel der Treppen und Zugänge dem Vermieter anzeigen muß (zB RG JW1905,46 Nr 14; RG Recht 1907 Nr 439; R G Z 59,161; 75, 118; RG WarnR 1916 Nr 223 S 355, 357; MITTELSTEIN 353). Freilich wird die Anzeigepflicht des Mieters insoweit häufig nur eingeschränkt sein, wenn der Vermieter oder der von ihm bestellte Hausmeister im selben Haus wohnt, weil es dann Sache des Vermieters oder seines Hausmeisters ist, sich selbst um den Zustand dieser mitvermieteten und gemeinsam benutzten Hausteile zu kümmern (RG JW 1906, 546 Nr 12). 9 Ganz entfällt die Anzeigepflicht jedenfalls hinsichtlich der nicht mitvermieteten Teile des Hauses, zB hinsichtlich des Daches oder der Außenwände (anders unter Berufung auf § 242 STERNEL R Z II 361). Insoweit besteht eine Anzeigepflicht nur, wenn Mängel auf die vermieteten Räume durchschlagen, zB Feuchtigkeit an den Wänden der Mieträume auftritt. Keine Anzeigepflicht kann auch hinsichtlich solcher Mängel anerkannt werden, die auf dem normalen Verschleiß beruhen (§ 548), weil der Vermieter mit solchen Mängeln ohne weiteres rechnen muß (str). Hingegen ist es unerheblich, ob der Mieter aus dem Mangel irgendwelche Rechte herleiten will, da die Anzeigepflicht im Interesse des Vermieters, nicht des Mieters, aufgestellt ist. 10 b) Weitere Voraussetzung der Anzeigepflicht ist, daß sich der Mangel gerade erst im Laufe der Miete, dh während des Mietverhältnisses zeigt. Keine Anzeigepflicht besteht also hinsichtlich schon bei Übergabe der Sache vorhandener und erkennbarer Mängel ( S T E R N E L R Z I I 3 6 1 ) . Der Lauf der Miete beginnt mit der tatsächlichen Übergabe der Sache, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt ein Mietvertrag noch nicht zustande gekommen war (KG DR 1940, 395). Er endet erst mit der tatsächlichen Rückgabe der Sache, so daß die Obhuts- wie die Anzeigepflicht gleichermaßen auch den Mieter treffen, der nach Vertragsende noch wohnen bleibt (BGH LM Nr 2 zu § 5 5 6 B G B ; PALANDT-PUTZO § 5 4 5 A n m
1 b).
11 c) Schließlich setzt die Anzeigepflicht nach § 545 Abs 1 S 1 noch voraus, daß sich der Mangel in der fraglichen Zeit (oben Rz 10) auch zeigt. Hinsichtlich verborgener Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(222)
§545 11 a - 1 4
3. Titel. Miete. Pacht
Mängel besteht folglich keine Anzeigepflicht. Im übrigen aber ist welchen Voraussetzungen gesagt werden kann, ein Mangel habe sich daß der Mieter ihn dem Vermieter anzeigen muß. Es findet sich sowohl es genüge hierfür, wenn der Mangel dem Mieter nur erkennbar ENNECCERUS-LEHMANN
§
1 2 9 I 3; HANS § 5 4 5
Anm
B
umstr, unter „gezeigt", so die Meinung, ist (vgl zB
3 ; MITTELSTEIN 3 5 4 f ;
als auch die Meinung, eine Anzeigepflicht könne den Mieter nur hinsichtlich solcher Mängel treffen, die er auch tatsächlich erkannt hat (zB W E I M A R Betrieb 1972, 615, 616). NIENDORFF 2 2 2 ) ,
§ 539 S 2 Fall 1 zeigt, daß der Mieter nicht übersehen darf, was jedermann sieht (vgl IIa oben § 539 Rz 13 ff). Auf der anderen Seite trifft den Mieter aber auch keine Nachforschungspflicht (oben Rz 6 a). Zu Recht hat der BGH deshalb die Anzeigepflicht auf Fälle grober Fahrlässigkeit des Mieters beschränkt (BGHZ 68, 281, 284 ff; zust P A L A N D T - P U T Z O § 545 Anm 2 a; STERNEL R Z II 361 ; aM noch BGH NJW 1951, 229). Die Anzeigepflicht umfaßt daher außer den dem Mieter bekannten Mängeln (nur) noch solche, deren Erkennbarkeit sich unbedingt jedem Mieter aufdrängen muß (BGHZ 68, 281, 285); dabei muß auch die jeweilige Vertragsgestaltung wie zB eine dem Mieter obliegende Instandsetzungspflicht berücksichtigt werden (BGHZ 68, 281, 286 f). Jedoch kann durch Formularvertrag dem Mieter keine echte Prüfungspflicht auferlegt werden, weil das mit dem Wesen der Miete unvereinbar wäre ( § 9 Abs 2 AGBG). Hieraus ergibt sich keine Prüfungspflicht des Mieters (oben Rz 6 a). Der Mieter IIb genügt daher seiner Anzeigepflicht, wenn er einen sich ihm aufdrängenden Verdacht dem Vermieter unverzüglich mitteilt. Es ist dann Sache des Vermieters, auf Grund seiner Prüfungspflicht (§§ 535, 536 Rz 43) diesem Verdacht nachzugehen und die dazu erforderlichen Nachforschungen anzustellen ( S T E R N E L Rz II 361; S auch unten Rz 15). d) Beispiele anzuzeigender Mängel sind der übermäßige Lärm anderer Mieter (OLG 12 Hamburg OLGE 16, 419), das Auftreten von Ungeziefer (KG DR 1941,1366), das Auftreten von Feuchtigkeit, Schäden an Leitungen und Öfen und überhaupt alle störenden Eingriffe Dritter, ebenso aber auch behördliche Maßnahmen wie Stromoder Wassersperren, Straßenbauarbeiten unter Inanspruchnahme des Grundstücks (STERNEL R z I I 3 6 0 )
uäm.
2. Notwendigkeit von Vorkehrungen gegen Gefahren
13
Eine Anzeigepflicht besteht außerdem, wenn eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich wird. Auch hier ist wieder allein entscheidend das Interesse des Vermieters an der Verhütung von Gefahren, die seiner Sache, insbes seinem Haus drohen. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob von den Gefahren eine Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters zu besorgen ist. Erforderlich ist nur, daß die Gefahr für beide Parteien nicht voraussehbar war. Bei für den Vermieter voraussehbaren Gefahren besteht keine Anzeigepflicht. Die Ursache der Gefahren ist auch hier unerheblich. Doch muß für den Mieter erkennbar sein, daß Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Beispiele sind die Aufgabe des Besitzes durch den Mieter, eine längere Abwesenheit 14 des Mieters, Sturmschäden, Wassereinbrüche, die Gefahr des Einsturzes einer Decke oder einer Wand, ein undichter Öltank, der Verlust der Haustürschlüssel, die Beschädigung der Haustür, aber auch ein für das Gebäude gefährliches Abgraben des Nachbargrundstückes. (223)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§545 14 a - 1 7
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
14a Aus dem Gesagten folgt zugleich, daß der Mieter im Falle einer längeren Abwesenheit anderweitig für die notwendige Beaufsichtigung der Sache Sorge tragen muß; notfalls muß er den Schlüssel beim Vermieter hinterlegen (LG Düsseldorf NJW1960, 2101; STERNEL R Z I I 179, 356; W E I M A R Betrieb 1972, 615, 616). 15 3. Rechtsanmaßung Dritter Die Anzeigepflicht besteht schließlich auch dann, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. Hierunter fällt jede Behauptung eines dinglichen oder obligatorischen, privaten oder öffentlichen Rechts durch einen Dritten einschließlich einer Behörde hinsichtlich der vermieteten Sache. Der Mieter braucht nicht zu prüfen, ob die Behauptung des Dritten zutrifft (oben Rz I I b ) . Auch die erforderlichen Gegenmaßnahmen kann er stets dem Vermieter überlassen. Beispiele sind eine von einem Dritten in Anspruch genommene Wegegerechtigkeit, die Veränderung der Grenzmarkierungen oder die Inanspruchnahme der Außenwand für Reklamezwecke durch Dritte.
16 III. Die Anzeige In den genannten 3 Fällen ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern (s § 121 Abs 1 S 1), Anzeige zu machen. In bestimmten Ausnahmefällen entfällt jedoch die Anzeigepflicht . 16a 1. Allgemeines a) Die Anzeige ist keine Willenserklärung, sondern eine bloße sog rechtserhebliche Handlung, für die die Vorschriften über die Willenserklärung allenfalls entsprechend gelten. Geschäftsfähigkeit ist daher weder für die Abgabe noch für den Empfang der Anzeige erforderlich ( P A L A N D T - P U T Z O § 545 Anm 2 a; STERNEL Rz II 363). 16b Eine besondere Form ist für die Anzeige nicht vorgeschrieben, so daß sie jederzeit auch mündlich erfolgen kann. Durch Formular/ertrage kann lediglich Schriftform bestimmt werden; weitergehende Anforderungen sind unzulässig (§§ 9,11 Nr 16, 24 AGBG). In der Anzeige müssen die Mängel so genau bezeichnet werden, daß der Vermieter in der Lage ist, sofort die für eine Abhilfe notwendigen Entscheidungen zu treffen. Eine Fristsetzung muß nur im Falle des § 542 Abs 1 S 2 hinzukommen. 16c Die Anzeige muß gegenüber dem Vermieter oder dessen Vertreter erfolgen, so daß eine Anzeige gegenüber Dritten, zB gegenüber Handwerkern, nichts nutzt (AG Köln MDR 1974, 47 Nr 47 m Anm W E I M A R ) . Als Vertreter des Vermieters kommen namentlich der Hauswart und dessen Ehefrau aufgrund der Schlüsselgewalt in Betracht ( W E I M A R ZMR 1964, 129, 130). Für den Zugang der Anzeige bei dem Vermieter wird man jedoch die §§ 130 ff entsprechend anwenden können (ebenso PALANDT-PUTZO § 5 4 5 A n m 2 a ; a M z B STERNEL R z I I 3 6 3 ) .
17 b) Die Anzeige muß unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen. Der Mieter muß also mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorgehen (§ 276 Abs 1). Hiernach beurteilt sich, binnen welcher Frist die Anzeige erfolgen muß. Droht der Sache eine unmittelbare Gefahr, steht zB der Einsturz einer Decke zu befürchten, so muß die Anzeige sofort erfolgen; eine Verzögerung um ein oder zwei Tage ist hier schon schuldhaft und steht der Unterlassung der Anzeige gleich (AG Köln MDR 1974, 47; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 110). Der Mieter muß deshalb stets auch die Dringlichkeit der Gefahr prüfen. Handelt es sich um einen Schaden, von dem Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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§545 3. Titel. Miete. Pacht
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keine weiteren Gefahren drohen, wie zB um die Beschädigung einer Tür, so kann er sich hingegen auch ein bis zwei Wochen mit der Anzeige Zeit lassen (SCHMIDTFUTTERER, Mietrecht 110). 2. Ausnahmen
18
Die Anzeigepflicht entfällt, wenn ihre Erfüllung dem Mieter unmöglich ist oder wenn die Erstattung der Anzeige unsinnig wäre (§ 275; PALANDT-PUTZO § 545 Anm 2 c). Keine Anzeigepflicht besteht daher zunächst, wenn der Mieter physisch oder psychisch außerstande ist, eine Anzeige zu erstatten. Dasselbe gilt idR in den Fällen des § 544 (s im einzelnen § 544 Rz 19). Ebenso wenn der Mieter den Mangel bereits selbst behoben hat, es sei denn, der Vermieter habe ein besonderes, berechtigtes Interesse an der Anzeige. Auch wenn der Mieter mit dem mangelhaften Zustand einverstanden ist und aus ihm keine Rechte herleiten will, entfällt seine Anzeigepflicht, sofern keine weiteren Gefahren von dem Mangel drohen (LG Mannheim WuM 1962, 76). Die Anzeigepflicht entfällt weiter als leere Formalität, wenn der Vermieter den 19 Mangel ohnehin schon, gleichgültig aus welchem Grunde, kennt (Mot II 401; RGZ 103, 372, 374; BGHZ 68, 281, 284; BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB). Dafür genügt freilich noch nicht ohne weiteres, daß der Vermieter nur im selben Haus wie der Mieter wohnt, weil auch dann Mängel denkbar sind, die nur dem Mieter, nicht aber dem Vermieter erkennbar sind (OLG Schleswig SchlHAnz 1965,211,212). Übt aber der Vermieter die Obhut über die Sachen selbst oder durch einen von ihm bestellten Verwalter aus, so wird nur in seltenen Ausnahmefällen noch eine Anzeigepflicht des Mieters in Betracht kommen. Daraus folgt vor allem, daß bei Beherbergungsverträgen den Gast grundsätzlich keine Anzeigepflicht trifft (BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB; Kiss JherJb 58, 465 ff). Einen Wegfall der Anzeigepflicht wird man außerdem annehmen müssen, wenn die 19a Mängel für den Vermieter offensichtlich sind, selbst wenn er sie tatsächlich infolge gröbster Nachlässigkeit nicht erkannt hat (RG Recht 1913 Nr 2271; NIENDORFF 222; STERNEL R Z II 362; s oben Rz 11 a). Der BGH will es offenbar darüber hinaus sogar genügen lassen, wenn der Vermieter den Mangel überhaupt nur kennen mußte (BGHZ 68, 281, 284; BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB = NJW 1963,1449, 1450 für Beherbergungsverträge). Die Anzeigepflicht entfällt schließlich noch, wenn eine Beseitigung des Mangels durch den Vermieter von vornherein unmöglich ist, wenn maW dem Vermieter eine Abhilfe gar nicht möglich ist (BGH WM 1967, 515, 517) oder wenn der Mangel außerhalb des Macht- und Einflußbereichs des Mieters liegt (BGH WM 1976, 537, 538 = LM Nr 1 zu § 545 BGB). IV. Rechtsfolgen
20
Die Rechtsfolge einer Unterlassung der Anzeige besteht zunächst in einer Schadensersatzpflicht. Außerdem verliert der Mieter unter weiteren Voraussetzungen die sog Gewährleistungsrechte der §§ 537 und 538. Schließlich wird sein Recht zur fristlosen Kündigung aus § 542 beschränkt. 1. Schadensersatz
21
a) Der Mieter ist dem Vermieter zunächst zum Ersatz des aus der Unterlassung oder der Verspätung der Anzeige entstehenden Schadens verpflichtet (§ 545 Abs 2 HS 1). Der Ersatzanspruch setzt Verschulden des Mieters und Kausalität zwischen der (225)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§545 22-26
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Unterlassung oder Verspätung der Anzeige und dem eingetretenen Schaden voraus. Ein Ersatzanspruch kommt also nur in Betracht, wenn der Vermieter den Schaden bei rechtzeitiger Anzeige zu verhindern in der Lage gewesen wäre (ebenso STERNEL RZ II 364). Hingegen wird der Ersatzanspruch nicht dadurch ausgeschlossen, daß dei Vermieter auch selbst in der Lage gewesen wäre, die fraglichen Räume wie zB Zugänge, Flure und Treppen zu überprüfen, solange nur nicht der Mangel auch für ihn ohne weiteres erkennbar war ( R G Z 59,161,162; B G B - R G R K - G E L H A A R § 545 Rz 4; vgl oben Rz 19). 22 Das Verschulden des Mieters kann sich sowohl auf die Verspätung der Erkenntnis des Mangels als auch auf die Verzögerung oder Unterlassung der Anzeige beziehen. Es kann auch darin bestehen, daß der Mieter die Sache über längere Zeit völlig unbeaufsichtigt läßt. 23 Als zu ersetzende Schäden kommen zB Ersatzansprüche Dritter, die bei rechtzeitiger Anzeige vermieden worden wären, oder die zusätzlichen Kosten in Betracht, die infolge einer Verschlimmerung des Mangels durch die Unterlassung der Anzeige entstanden sind, nicht jedoch die Kosten der Beseitigung des Mangels, die den Vermieter stets nach § 536 treffen. Der Ersatzanspruch verjährt nach § 558. 24 b) Macht der Mieter schuldhaft eine unrichtige Anzeige, so kann er aus positiver Vertragsverletzung ebenfalls dem Vermieter für etwaige nutzlose Aufwendungen ersatzpflichtig sein (MITTELSTEIN 354).
25 2. Rechtsverlust a) Eine Unterlassung der Anzeige hat außerdem unter zusätzlichen Voraussetzungen gewisse Rechtsverluste für den Mieter zur Folge. Soweit nämlich der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige außerstande war, Abhilfe zu schaffen, entfallen die Minderung (§ 537), der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (§ 538) und die Berechtigung des Mieters, nach § 542 Abs 1 S 3 fristlos ohne Bestimmung einer Abhilfefrist zu kündigen. Diese Rechtsverluste setzen kein Verschulden voraus (HANS § 5 4 5 A n m B 6 a ; a M o f f e n b a r n u r ENNECCERUS-LEHMANN § 129 I 3).
25a Der Verlust der genannten Rechte tritt nicht ein, wenn der Schaden auch bei rechtzeitiger Anzeige eingetreten wäre (BGHZ 68, 281, 287; STERNEL RZ II 364). Auch entfällt die Minderungsmöglichkeit nur für die Zeit, in der der Vermieter infolge der Unterlassung der Mängelanzeige nicht für Abhilfe sorgen konnte; für die spätere Zeit wird also der Mietzins wieder gemindert (LG Köln WuM 1966, 114 = MDR 1966, 761 Nr 60; ein Beispiel für den Verlust des Schadensersatzanspruches s in BGH LM Nr 12/13 zu § 538 BGB = WM 1969,1481). Unberührt bleibt auch das Kündigungsrecht des Mieters aus § 542; nur seine Befugnis zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Fristsetzung (§ 542 Abs 1 S 3) entfällt. Möglich bleibt schließlich auch idR eine Kündigung nach § 544 (s im einzelnen § 544 Rz 20, 22 m Nachw z Streitstand). 26 b) Die Verletzung der Anzeigepflicht schließt Ersatzansprüche des Mieters, die auf eine andere Anspruchsgrundlage als § 538 gestützt werden, nicht aus. Das gilt sowohl für Deliktsansprüche wie für Ansprüche wegen Verletzung der Prüfungspflicht des Vermieters ( R G Z 165, 155, 159; STERNEL RZ I I 366). Die Verletzung der Anzeigepflicht kann in diesen Fällen nur als mitwirkendes Verschulden des Mieters gewertet werden (§ 254; OLG Stuttgart MDR 1973, 588 f Nr 55; vgl BGH NJW 1951, 229; dagegen aber B G H Z 68, 281); das R G hat hierbei gern § 278 dem Verschulden des Mieters das seiner Angehörigen gleichgestellt (Urt v 11. 1. 1907 III 231/07; BGB-RGRK-GELHAAR § 545 Rz 7; zweifelhaft). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(226)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 545, 546 27-29; 1
c) Für deliktische Ersatzansprüche Dritter gegen den Vermieter kann die Unterlas- 27 sung der Anzeige des Mieters insofern bedeutsam sein, als infolge der Unterlassung die Kenntnis des Vermieters hinsichtlich des Mangels und damit dessen Verschulden entfällt (RGZ 68, 161, 163).
V. Abweichende Vereinbarungen
28
§ 545 ist nicht zwingend, so daß die Parteien in jeder Hinsicht abweichende Vereinbarungen treffen können. Das gilt uneingeschränkt aber nur für Individualvereinbarungen (§ 1 Abs 2 AGBG). Durch Formularverträge kann dem Mieter hingegen eine allgemeine Prüfungspflicht nicht auferlegt werden (oben Rz I I a ) . Ebenso wenig können durch solche Verträge für die Anzeige (außer der Schriftform) besondere Form- und Zugangserfordernisse aufgestellt werden (oben Rz 16b). Schließlich ist es auch nicht zulässig, die an die Verletzung der Anzeigepflicht geknüpften Rechtsfolgen über den Rahmen des § 545 Abs 2 hinaus zu verschärfen, weil damit der Mieter übermäßig belastet würde (§ 9 Abs 2 AGBG). Für den kaufmännischen Verkehr gilt insofern nichts anderes (§§ 9, 24 AGBG).
VI. Beweislast 29 Den Vermieter trifft die Beweislast dafür, daß der Mangel dem Mieter bekannt oder erkennbar war, und, wenn er Schadensersatz verlangt, außerdem dafür, daß ihn ein Schaden trifft und daß dieser auf der Unterlassung oder Verspätung der Anzeige beruht. Hingegen muß der Mieter beweisen, daß er die Anzeige rechtzeitig erstattet hat, daß der Vermieter den Mangel ohnehin gekannt hat oder daß ihn kein Verschulden trifft (NIENDORFF 2 2 6 ; STERNEL Rz II 3 6 6 ) . Verlangt der Vermieter wegen eines Mangels der Sache Schadensersatz vom Mieter, so kann die Unterlassung der Anzeige schließlich zu einer Umkehr der Beweislast zum Nachteil des Mieters führen, wenn gerade infolge der Unterlassung der Anzeige nicht mehr geklärt werden kann, ob der Mieter den Mangel zu vertreten hat (KG DR 1941, 1366; BGBRGRK-GELHAAR § 5 4 5 R z 6).
§546 Die auf der vermieteten Sache ruhenden Lasten hat der Vermieter zu tragen. E I § 515; II § 490; III § 539; Mot II 395; Prot II 178.
Schrifttum HURST, Die Reinigungs- und Streupflicht des Anliegers und Erdgeschoßbewohners in rechtlicher Sicht, ZMR 1967, 67; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 346 ff; NIENDORFF, Mietrecht (10 Aufl 1914) 173 ff; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz II 60 f; ders WuM 1981, 73.
Der Vermieter, der in aller Regel zugleich der Eigentümer der Sache ist, nutzt seine 1 Sache, indem er sie vermietet. Deshalb versteht es sich von selbst, daß er auch alle Lasten der Sache tragen muß (vgl auch § 103). Die Lasten werden deshalb in aller Regel von vornherein in den Mietzins einkalkuliert. (227)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§ 546 2-9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
2 1. Grundsatz a) Unter den Lasten, die nach § 546 grundsätzlich der Vermieter tragen muß, versteht man sämtliche Verbindlichkeiten, die auf der Sache selbst ruhen (BGH NJW 1980, 2465 f); den Gegensatz bilden alle Verbindlichkeiten, die den Vermieter oder Mieter persönlich treffen (unten Rz 3). Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um privatrechtliche oder um öffentlich-rechtliche Lasten handelt (MITTELSTEIN 364 f; PALANDT-PUTZO § 5 4 6 A n m 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 6 R z 1 ) .
3 Zu den privatrechtlichen Lasten gehören vor allem die Hypotheken- und Grundschuldzinsen, die Reallasten, die Dienstbarkeiten und überhaupt alle dinglichen Rechte. Wichtiger sind im vorliegenden Zusammenhang hingegen die öffentlichrechtlichen Lasten. Es gehören dazu alle Steuern, Gebühren und Beiträge, die auf der Sache selbst ruhen, sowie ausnahmsweise auch bestimmte Dienstleistungen. Beispiele sind außer den Grundsteuern die Reinigungs- und Streupflicht (dazu HURST ZMR 1967, 67), die Kosten der Müllabfuhr (LG Marburg MDR 1978, 758, 759), die sonstigen, kommunalen Abgaben und Gebühren wie Kanalisationsgebühren (RG JW 1910, 105) und Straßenreinigungskosten sowie schließlich die Kehr- und Schornsteinfegergebühren (LG Aachen WuM 1976,180; vgl § 9 der VO über Schornsteinfegergebühren v 28. 7. 1937 idF v 12. 11. 1964, BGBl I 874); auch etwaige Gebäude- oder Hauszinssteuern würden hierher zu rechnen sein (RGZ 116, 11). 4 b) Keine Lasten iS des § 546 bilden hingegen alle Steuern, Gebühren und Beiträge, die den Vermieter oder den Mieter persönlich treffen. Dazu gehören die Vermögenssteuer (RGZ 122,335,336; RG JW 1927,1753 Nr 2), die Lastenausgleichs- und die Soforthilfeabgabe (BGH LM Nr 11 zu § 535 BGB) sowie die Prämien für die Feuerversicherung (OLG Marienwerder LZ 1919, 821 Nr 7).
5 2. Ausnahmen § 546 ist nicht zwingend. Abweichende Vereinbarungen sind daher möglich und sowohl bei der Pacht als auch bei der Miete weit verbreitet. 6 a) Alle Klauseln, durch die in Abweichung von § 546 die Lasten auf den Mieter oder Pächter abgewälzt werden, müssen grundsätzlich eng und iZw gegen den Vermieter oder Verpächter ausgelegt werden. Sie erfassen deshalb in aller Regel nur die öffentlich-rechtlichen Lasten wie zB die Grundsteuer, nicht hingegen die privatrechtlichen Lasten wie namentlich die Hypothekenzinsen. 7 b) Der Schutz des Mieters erfordert außerdem, daß die abgewälzten Lasten in der fraglichen Klausel ganz eindeutig bezeichnet werden. Alle anderen Lasten muß daher stets gern § 546 der Vermieter tragen. Hat zB der Mieter nur die Lasten des Gebäudes übernommen, so fallen die Straßenreinigungskosten nicht darunter, weil diese unabhängig davon sind, ob das Grundstück bebaut ist oder nicht (KG JW 1931, 3467). 8 Die von der Klausel nicht erfaßten Lasten muß der Vermieter auch dann stets ganz tragen, wenn sie später unerwartet ansteigen. Aus Treu und Glauben kann nichts Abweichendes gefolgert werden (RG WarnR 1927 Nr 535); ebenso wenig kann hier ein Wegfall der Geschäftsgrundlage angenommen werden (vgl EMMERICH, Leistungsstörungen 214 ff). 9 c) Hat aber der Mieter oder Pächter schlechthin sämtliche öffentlichen Lasten übernommen, so wird dies idR bedeuten, daß er auch die nach Vertragsschluß neu eingeführten Steuern tragen muß, sofern sie bei ordnungsmäßiger Wirtschaft aus den Erträgen des Grundstücks und nicht aus der Vermögenssubstanz bestritten zu werden Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(228)
3. Titel. Miete. Pacht
§546 10-17
pflegen.* Solche Abreden können außerdem auch den Sinn haben, daß der Pächter den auf sein Inventar entfallenden Teil der Grundsteuer selbst tragen muß.** Hingegen ist grundsätzlich nicht anzunehmen, daß sich die Abwälzung aller 10 öffentlichen Lasten auch auf die den Vermieter persönlich treffenden Steuern erstrecken soll (LG Mannheim WuM 1976, 125). Selbst bei Abwälzung sämtlicher öffentlichen Abgaben auf den Mieter treffen also die Vermögenssteuer sowie die Lastenausgleichs- und die Soforthilfeabgabe grundsätzlich den Vermieter. Die Abwälzung der öffentlichen Lasten auf den Mieter oder Pächter betrifft stets nur 11 das Innenverhältnis der Parteien; sie hat hingegen keine Außenwirkung, so daß dem Staat gegenüber stets allein der Vermieter verpflichtet bleibt. 3. Nebenkosten
12
Die sog Nebenkosten sind nur zT Lasten iS des § 546. Vor allem für die besonders wichtigen Heiz-, Energie- und Wasserkosten dürfte dies wohl zu verneinen sein, weil sie nicht auf dem Grundstück als solchem lasten. Die Frage hat jedoch keine praktische Bedeutung, da für alle Nebenkosten in jeder Hinsicht dasselbe wie für die Lasten iS des § 546 gilt (s eingehend m Nachw §§ 535, 536 Rz 82 ff, 106 ff; STERNEL Rz II 61-72). a) Gesetzliche Regel war bisher die sog Bruttomiete, dh die Abgeltung sämtlicher 13 Nebenkosten durch den Mietzins; anders seit 1. 3. 1981 freilich auf Grund der HeizkostenVO v 23. 2. 1981 (BGBl I S 261). Auch im übrigen sind abweichende Vereinbarungen möglich und sehr verbreitet. Die Abwälzung der Nebenkosten auf den Mieter bedarf stets einer eindeutigen, 14 zweifelsfreien Vereinbarung. Jede Unklarheit geht hier zu Lasten des Vermieters. Alle nicht zweifelsfrei erfaßten Nebenkosten muß folglich der Vermieter tragen, auch wenn sie nachträglich unvoraussehbar erheblich ansteigen. Dasselbe gilt für erst nach Vertragsschluß entstandene Nebenkosten. Eine generelle Abwälzung aller Nebenkosten auf den Mieter ist ohnehin nicht möglich (§ 138; §§ 2, 3, 9 AGBG). Ist eine Nebenkostenpauschale vereinbart, so hat es stets dabei sein Bewenden. Zur 15 Erhöhung der Pauschale ist der Vermieter nur bei eindeutigen Absprachen hierüber berechtigt. Dasselbe gilt für die Forderung von Vorauszahlungen (§ 4 Abs 1 MHRG). Nach Abschluß der Abrechnungsperiode muß der Vermieter alsbald übersichtlich 16 und verständlich Rechnung legen. Vorher ist sein Anspruch auf Erstattung der Nebenkosten nicht fällig. Jede grundlose Verzögerung der Abrechnung führt zur Verwirkung des Anspruchs. b) Sonderregelungen gelten für Wohnraummietverhältnisse nach den § § 4 Abs 2-4 17 und 5 MHRG. Dem Vermieter ist hiernach unter bestimmten Voraussetzungen die Abwälzung einer nachträglichen Erhöhung der Betriebs- und Finanzierungskosten gestattet (s die Erl zu den § § 4 und 5 MHRG). Bei preisgebundenem Wohnraum treten an die Stelle dieser Vorschriften die §§ 20 ff NMVO. Alle genannten Regelungen sind zwingend und können von den Parteien nicht abgeändert werden (§§ 1, 10 MHRG). * Vgl insbes RGZ 119,304, 305 f; 122, 335, 339; BGHZ 6,240; BGH LM Nr 3 zu § 133 (B) BGB; Nr 11 zu § 535 BGB. ** BGH Beschl v 23.9.1952 - V BLw 90/51; OLG Königsberg HRR 1942 Nr 430; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 6 R z 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 4 6 A n m 2 ; a M O L G Celle R d L 1 9 5 1 ,
278; AG Hamburg NJW 1953, 66 f.
(229)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§ 547 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse §547
Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter die auf die Sache gemachten notwendigen Verwendungen zu ersetzen. Der Mieter eines Tieres hat jedoch die Fütterungskosten zu tragen. Die Verpflichtung des Vermieters zum Ersatz sonstiger Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. E I §§ 513,514 Abs 1 und 2; II § 491; III § 540; 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art 1 Nr 6; Mot II 393 ff; Prot II 174 ff.
Schrifttum Der Bau auf dem Mietgrundstück als Verwendung, NJW 1 9 5 4 , 1 7 1 ; BRINCKMANN, Wegnahmerecht des Mieters, Rechtswissenschaftliche Studien H 1 9 ( 1 9 2 2 ) ; BURKHARDT, Die zweite Mietrechtsnovelle, BB 1 9 6 4 , 7 7 1 ; DAHM ANN, Die Überlassung von Einrichtungen des Mieters an den Hauseigentümer, GrundE 1933, 352; G FEILER, Aufgedrängte Bereicherung bei den Verwendungen des Mieters oder Pächters ( 1 9 6 8 ) ; EMMERICH, Das Verhältnis der Nebenfolgen der Vindikation zu anderen Ansprüchen, Diss Saarbrücken 1966; G HAAS, Die Verwendungsersatzansprüche beim Eigentümer - Besitzerverhältnis und die aufgedrängte Bereicherung, Diss Heidelberg 1971; ders, Die Verwendungsersatzansprüche im Eigentümer-Besitzerverhältnis und die aufgedrängte Bereicherung, AcP 1 7 6 ( 1 9 7 6 ) 1 ; HÄRING WuM 1 9 6 7 , 1 8 0 ; VON H O F F E R , Wegnahmerecht des Mieters, Beschädigungen u ä beim Umzüge, GrundE 1935, 267; JAKOBS, Die Begrenzung des Verwendungsersatzes, AcP 167 (1967) 350; KLAUSER, Aufwendungsersatz bei Neubauten und werterhöhenden Verwendungen auf fremdem Grund und Boden, NJW 1 9 6 5 , 5 1 3 ; KÜRZEL DWW 1 9 6 7 , 7 2 ; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches ( 4 . Aufl 1 9 3 2 ) 3 4 1 ff; NIENDORFF, MietR 2 6 3 ff; ROQUETTE, Verwendungsanspruch und Wegnahmerecht des Mieters, DR 1 9 4 4 , 3 9 6 ; ders WuM 1 9 5 6 , 3 3 ; RÜGE, Das Wegnahmerecht ( 1 9 0 5 ) ; SCHINDLER, Die aufgedrängte Bereicherung beim Ersatz von Impensen, AcP 1 6 5 ( 1 9 6 5 ) 4 9 9 ; SCHMIDT-FUTTERER, Veränderungen der Mietsache während der Mietzeit, MDR 1970,375; ders, Miete und Pacht (3. Aufl 1977) 172 ff; ders, MietR, s v Aufwendungen und Einrichtungen; SCHOPP, Die Ansprüche aus Verwendungen und Wegnahme von Einrichtungen beim Eigentumswechsel, ZMR 1969, 257; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz V 144 ff (S 726); R WEIMAR, Grundprobleme und Zweifelsfragen zum Wegnahmerecht des Mieters, ZMR 1964, 69; W WEIMAR, Zweifelsfragen zum Wegnahmerecht des Mieters, NJW 1965,1163; ders, Kann das Wegnahmerecht des Mieters auch gegenüber einem Grundstückserwerber ausgeübt werden? ZMR 1965, 198; ders WuM 1956, 17; ders, Der Aufwendungsersatzanspruch wegen Mängelbeseitigung und notwendigen Verwendungen des Mieters, ZMR 1979, 260; ders, Das Wegnahmerecht des Mieters von Geschäftsräumen, Betrieb 1971,1756; D WALTJEN, Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, AcP 175 ( 1 9 7 5 ) 1 0 9 , 1 3 2 ff; WOLLSCHLÄGER, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, Sehr z Bürgerl Recht Bd 3 4 BREETZKE,
( 1 9 7 6 ) ; WOLF, D i e V e r w e n d u n g s e r s a t z a n s p r ü c h e (1966)
des Besitzers im Anspruchssystem, A c P
166
188.
Systematische Übersicht I. Einleitung 1 1. Das Verhältnis zu § 951 3 2. Das Verhältnis zu den §§ 994 ff 7 II. Der Anspruch des Mieters auf Ersatz notwendiger Verwendungen 10 1. Der Verwendungsbegriff 11 2. Die notwendigen Verwendungen 14 3. Der Ersatzanspruch des Mieters 16 III. Der Anspruch des Mieters auf Ersatz sonstiger Verwendungen 19 1. Die sonstigen Verwendungen 19
2. Der Ersatzanspruch nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag 21 3. Der Ersatzanspruch des Mieters nach Bereicherungsrecht 26 IV. Der Gebrauchsaufwand 29
V. Abweichende Vereinbarungen 30 VI. Beweislast 35
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(230)
3. Titel. Miete. Pacht
§547 1,2
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 30 ff Baukostenzuschuß 30 Bereicherungsansprüche 6, 9, 18, 24, 25 a, 26 ff Beweislast 35 Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 7 - 9 Errichtung eines Gebäudes 3 ff, 12, 30 Formularverträge 33 f Gebrauchsaufwand 29 Genehmigung 24 Geschäftsführung ohne Auftrag 21 ff Interesse des Vermieters 23 Konkurrenzen 2 ff, 13 ff Luxusverwendungen 19 Notwendige Verwendungen 10 ff - abweichende Vereinbarungen 30 ff - Anzeigepflicht 16 c - Ausschlußgründe 16 b, 18, 31 - Baukostenzuschuß 30 - Bebauung 12, 30 - Beispiele 15 f - Beseitigung von Mängeln 13 ff - Beweilast 35 - Eigentumswechsel 16 a - Ersatzanspruch des Mieters 16 ff
- Gegenstand der Verwendungen 12 - Grundlage des Ersatzanspruches 10 - Formularverträge 33 f - Notwendigkeit der Verwendungen 14 ff - Reparaturpflicht des Mieters 16 c - Verjährung 17 f - Verwendungen 11 ff - Zweck der Maßnahmen 12 Nützliche Verwendungen 19 Sonstige Verwendungen 19 ff - Ausschlußgründe 25 a, 27, 31, 32 - Beispiele 20 - Begriff 19 f - Bereicherungsansprüche 24, 25 a, 26 ff - Eigentums Wechsel 25, 28 - Formularverträge 33 f - Fremdgeschäftsführungswillen des Mieters 22 - Genehmigung des Vermieters 24 - Geschäftsführung ohne Auftrag 21 ff - Höhe des Bereicherungsanspruchs 28 - Interesse des Vermieters 23 - Verjährung 25 - Verfallklauseln 32 f - vorzeitige Vertragsbeendigung 25 a, 27, 31 Untermieter 8 Verfallklausel 32 f Verjährung 17 f, 25 Vertragsende 9, 25 a, 27, 31, 32 Verwendungen 11 ff Verwirkung 17
I. Einleitung 1 Der Problemkreis Reparaturpflicht und Verwendungsersatzanspruch des Mieters ist vom Gesetz unklar behandelt. Die Gesetzesverfasser waren sich offensichtlich der Tragweite des Problems nicht bewußt (s Mot II 393 ff). Daher rührt es, daß der Fragenkreis des Verwendungsersatzes in den §§ 535 ff gleich an drei verschiedenen Stellen und noch dazu ganz unterschiedlich geregelt ist (§§ 538 Abs 2, 547 und 547 a). Es kommt hinzu, daß die wichtigste Vorschrift, nämlich § 547, für zahlreiche Fälle nicht etwa eine eigene Regelung bietet, sondern statt dessen auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff) und damit auch weiter auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 684 S 2, 812 ff) verweist (§ 547 Abs 2). Diese unglückliche Verweisungstechnik hat auch hier mehr Fragen aufgeworfen als gelöst. Weitere Probleme rühren daher, daß das Konkurrenzverhältnis der §§ 951 und 994 ff 2 zu anderen Anspruchsgrundlagen immer noch nicht endgültig geklärt ist, sowie daraus, daß auch der Schutz des Vermieters gegen aufgedrängte Bereicherungen durch Verwendungen des Mieters berücksichtigt werden muß (dazu insbes JAKOBS AcP 1 6 7 , 3 5 0 ; SCHINDLER A C P 1 6 5 , 4 9 9 ; FEILER, Aufgedrängte Bereicherung). Näherer Betrachtung bedarf deshalb zunächst das Verhältnis der mietvertraglichen Regelung des Verwendungsersatzanspruches zu den §§951 und 994 ff. (231)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§ 547 3-9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
3 1. Das Verhältnis zu § 951 a) Wenn der Mieter auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude errichtet, so erfolgt dies grundsätzlich zu einem vorübergehenden Zweck, so daß er nach § 95 Abs 1 S 1 Eigentümer des Gebäudes bleibt. Für eine Anwendung des § 951 ist dann grundsätzlich kein Raum; vielmehr kann nach § 1004 bei Vertragsende der Vermieter Beseitigung des Gebäudes verlangen. 4 Ein Eigentumswechsel tritt nur ein, wenn der Mieter die Absicht der Übereignung an den Vermieter bei Errichtung des Gebäudes hat. Dafür kann sprechen, daß der Vermieter nach dem Vertrag das Recht hat, bei Vertragsbeendigung das Gebäude gegen Entgelt zu übernehmen. Hingegen folgt aus der bloßen Annahme des Mieters, er brauche das Gebäude bei Vertragsende nicht zu beseitigen, noch nicht, daß er entgegen § 95 Abs 1 S 2 das Eigentum daran verloren habe.* 5 Ist danach der Mieter Eigentümer des Gebäudes geblieben, so ändert auch eine spätere Willensänderung des Mieters an der Rechtslage nichts mehr; vielmehr wird das Gebäude jetzt als bewegliche Sache behandelt, so daß eine Rechtsänderung eine Übereignung an den Vermieter entsprechend den §§ 929 ff voraussetzt (BGHZ 23, 59 ff). 6 Für die Anwendung des § 951 ist also nur Raum, wenn das Gebäude in das Eigentum des Vermieters übergegangen ist. Dann aber ist die Anwendung der Vorschrift unabhängig davon, ob es sich bei der fraglichen Maßnahme um eine Verwendung iS des § 547 handelt und auch grundsätzlich unabhängig von dem Mietvertrag. Der Bereicherungsanspruch entsteht vielmehr ohne weiteres mit Vollendung des Gebäudes (BGH LM Nr 6 zu § 946 BGB = NJW 1954, 265; LM Nr 16 zu § 951 BGB = NJW1962,2293; anders für einen Sonderfall BGHZ 10,171). Der Anspruch entfällt jedoch, wenn der Vermieter aufgrund des Vertrages Beseitigung des Gebäudes verlangen kann (vgl BGH LM Nr 54 zu § 535 BGB = JR 1975, 61). 7 2. Das Verhältnis zu den §§ 994 ff Die Vorschriften der §§ 994 ff über den Verwendungsersatzanspruch des Besitzers gegenüber dem Eigentümer gelten nur für den unrechtmäßigen Besitzer, mithin nicht für den Mieter, der aufgrund des Mietvertrages ein Besitzrecht hat. Hierüber besteht angesichts der Sonderregelung des Verwendungsersatzanspruchs in den §§538 Abs 2 und 547 Ubereinstimmung.** Das gilt auch für die sog dreiseitigen Verhältnisse. 8 Daraus folgt vor allem, daß der Untermieter von dem Hauptvermieter keinen Ersatz seiner Verwendungen aus den §§ 994 ff, sondern nur nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag und nach Bereicherungsrecht verlangen kann (RGZ 158, 394, 402; BGH WM 1963, 381, 382; BGH LM Nr 14 zu § 276 [Hb] BGB = ZMR 1969, 172; BGH LM Nr 4 zu § 994 BGB = MDR 1956, 598 m Anm REINICKE).
9 An dieser Rechtslage ändert sich auch nichts durch den nachträglichen Wegfall des Besitzrechts des Mieters oder des Untermieters, dh durch Ablauf des Mietvertrages. Die §§ 994 ff gelten (entgegen BGHZ 34, 122 ff) nur für den von vornherein * RGZ 55,281; 87,48; 106,49,51 f; 158,394,400; BGHZ 8,1,7; 10,171,175 f; 23, 57,58; BGH LM Nr 5 zu § 95 BGB; Nr 6 zu § 547 BGB = NJW 1959,2163; LM Nr 16 zu § 951 BGB = NJW 1962,2293; LM Nr 14 zu § 276 (Hb) BGB = NJW 1969,40; OLG Hamburg ZMR 1957,6 f; LG München ZMR 1962, 198, 199; OLG Düsseldorf MDR 1972, 147 f. ** BGHZ 34,122,128 ff ; BGH LM Nr 2 zu § 1000 BGB = NJW 1955,340,341; BGH WM 1963, 381; BGH LM Nr 75 zu § 812 BGB = NJW 1967, 2255; OLG Karlsruhe NJW 1972, 2225; statt aller EMMERICH, Diss 140 ff, bes 165 m Nachw.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(232)
3. Titel. Miete. Pacht
§547 10-12
unrechtmäßigen Besitzer, nicht jedoch für den Besitzer, der nur nachträglich sein Besitzrecht verliert. Die Verwendungsersatzansprüche dieses Besitzers richten sich ausschließlich nach dem jeweiligen vertraglichen Abwicklungsverhältnis sowie ergänzend nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag und die ungerechtfertigte Bereicherung (statt aller EMMERICH Diss 1 6 7 f, 1 7 5 ff, bes 1 8 7 ff m Nachw; wohl auch BGH WM 1963, 380). § 547 ist freilich nach Vertragsbeendigung nicht mehr anwendbar, wenn der gleichwohl wohnenbleibende Mieter noch Verwendungen tätigt (STERNEL Rz V 1 5 1 ) . Ersatz für solche Verwendungen wird der Mieter daher in aller Regel nur nach Bereicherungsrecht verlangen können (unten Rz 26 ff), da auch für die Annahme einer berechtigten Geschäftsführung (unten Rz 22 f) jetzt kein Raum mehr ist. II. Der Anspruch des Mieters auf Ersatz notwendiger Verwendungen
10
Nach § 547 Abs 1 S 1 ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter die auf die Sache gemachten notwendigen Verwendungen zu ersetzen. Diese Ersatzpflicht ist eine Folge seiner allgemeinen Erhaltungspflicht. Denn die Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand ist grundsätzlich Sache des Vermieters (§ 536). Deshalb bestimmt § 547 Abs 1 S 1, daß der Mieter unbedingt von dem Vermieter Ersatz verlangen kann, wenn er an Stelle des Vermieters die zur Erhaltung erforderlichen Maßnahmen durchführt (Mot II 393). 1. Der Verwendungsbegriff
11
a) Was unter Verwendungen im allgemeinen und speziell iS des § 547 zu verstehen ist, ist umstr. Das RG hatte den Begriff früher sehr weit gefaßt und darunter sämtliche der Sache zugute kommenden Aufwendungen verstanden (RGZ 152, 100, 101 f). Demgegenüber hat der BGH den Begriff zum Schutze des Eigentümers gegen aufgedrängte Bereicherungen stark eingeschränkt; er sieht deshalb als Verwendungen nur noch solche Maßnahmen an, die nach dem Willen des Mieters geradezu darauf abzielen, den Bestand der Sache als solchen zu erhalten, wiederherzustellen oder den Zustand der Sache zu verbessern. Hingegen sind alle Maßnahmen, durch die der Zustand der Sache verändert wird, keine Verwendungen, so daß für sie weder nach § 547 noch nach den §§ 994 ff Ersatz verlangt werden kann*. Entscheidend ist also die Willensrichtung des Mieters. Von Verwendungen kann man nur sprechen, wenn der Mieter gerade um der Sache willen tätig wird (SCHOPP ZMR 1969, 257 ff). Keine Verwendungen liegen deshalb vor, wenn der Mieter nicht um der Sache willen, dh nicht für den Vermieter, sondern zu ganz anderen Zwecken tätig wird, namentlich wenn er die Maßnahmen nur im eigenen Interesse durchführt (BGH LM Nr 2 zu § 1000 BGB = NJW 1955, 341 ff; insbes BGHZ 64, 333, 339; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht aaO). b) Gegenstand der Verwendung können Vermögenswerte aller Art sein, also nicht 12 nur Geld, sondern auch Sachwerte, die eigene Arbeitsleistung des Mieters und die Eingehung von Verbindlichkeiten. Immer aber muß der Zweck der Maßnahme nach
*
34, 122, 127 f; 41, 157 = JuS 1964, 328 Nr 3 m Nachw; B G H LM Nr 2 zu § 1000 B G B ; Bamberg WuM 1974, 71 f; O L G Bamberg O L G Z 1976, 195, 200; S T E R N E L R Z V 144 f; P A L A N D T - P U T Z O § 547 Anm 2 a; B G B - R G R K - G E L H A A R § 547 Rz 2 m Nachw.; D W A L T J E N A C P 175, 109, 135 ff; dagegen für den weiten Verwendungsbegriff des R G zB auch heute F R B A U R , Sachenrecht (11. Aufl 1981) § 11 C IV 1; BREETZKE NJW 1954, 171; H A A S A C P 1976, 1, 15 f; M E D I C U S , Bürgerliches Recht (9. Aufl 1979) Tz 874 ff.
BGHZ LG
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Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§547 13-14
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
dem Willen des Mieters gerade die Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Sache sein. Verwendungen liegen deshalb nicht vor, wenn durch die fraglichen Maßnahmen der Zustand der Sache nicht erhalten oder verbessert, sondern geradezu verändert wird. Deshalb lehnt es die neuere Praxis durchweg ab, die Bebauung eines bisher nicht bebauten Grundstückes durch den Mieter als Verwendung zu behandeln. Anders kann nur im Einzelfall die Errichtung von Dämmen oder Stützmauern oder bei gewerblich genutzten Grundstücken der Bau eines weiteren Stalles oder eines Kesselhauses zu behandeln sein, immer vorausgesetzt, daß durch diese Maßnahmen nicht der Zustand der Sache verändert wird.* Auch der bloße Umbau einer Gastwirtschaft (BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB) oder der Ausbau des Dachgeschosses in einem Wohnhaus können hiernach Verwendungen sein (LG Bielefeld MDR 1968, 672 Nr 60). 13 c) Da nur die sog Erhaltungsmaßnahmen, also nur Maßnahmen zur Erhaltung der vermieteten Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand als Verwendungen angesehen werden, betrachtet die Praxis solche Maßnahmen des Mieters, durch die die Sache überhaupt erst in einen zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand versetzt werden, ebenfalls nicht als Verwendungen; Ersatz für solche Maßnahmen soll der Mieter mithin nur nach § 538 Abs 2 bekommen; das gilt insbes für die Beseitigung von Mängeln durch den Mieter**. 13a Diese Meinung trifft jedoch nicht zu (s oben § 5 3 8 R z 4 1 m Nachw). Auch auf dem Boden des sog engen Verwendungsbegriffs (oben Rz 11 f) ist nicht einzusehen, warum (ausgerechnet) die Beseitigung von Mängeln, dh die (Wieder-)Herstellung des zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustands der Sache keine Verwendung sein soll. Denn auch dabei handelt es sich, zumindest in aller Regel, eindeutig um Maßnahmen des Mieters, die bestimmt und geeignet sind, den Zustand der Sache wiederherzustellen, zu erhalten oder zu verbessern, dh um Verwendungen (oben Rz 11).
13b In solchen Fällen hat der Mieter mithin die Wahl, ob er nach § 538 Abs 2 oder nach § 547 vorgehen will. Sind die Voraussetzungen des § 538 Abs 2 erfüllt, wird der Mieter idR diesen Weg wählen, weil bei Verzug des Vermieters auch Schadensersatzansprüche in Betracht kommen (§ 286; s oben § 538 Rz 41). Ist hingegen der Tatbestand des § 538 Abs 2 nicht erfüllt, so hindert den Mieter nichts, auf den allgemeinen Verwendungsersatzanspruch des § 547 zurückzugreifen (§ 538 Rz 42; ebenso zB OLG Bamberg OLGZ 1976, 195, 200 f; W E I M A R ZMR 1979, 260, 261).
14 2. Die notwendigen Verwendungen a) Als notwendige Verwendungen werden allgemein die angesehen, die auch der Eigentümer der Sache selbst hätte aufwenden müssen, um die Sache zu erhalten, die also objektiv zur Erhaltung oder zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache * B G H Z 1 0 , 1 7 1 , 1 7 7 f; 4 1 , 1 5 7 = J u S 1 9 6 4 , 3 2 8 N r 3 m N a c h w ; B G H L M N r 6 zu § 9 4 6 B G B ; N r 3 / 4 z u § 5 5 8 B G B ; B G H Z M R 1 9 6 6 , 1 4 4 , 1 4 5 = W M 1 9 6 5 , 1 0 2 8 ; a M z B BREETZKE N J W 1 9 5 4 , 1 7 1 ; BAUR, S a c h e n r e c h t , § 1 1 C I V 1; MEDICUS, B ü r g e r l i c h e s R e c h t , T z 8 7 7 ; HAAS A C P 1 7 6 , 1, 1 2 f f ; HANS § 5 4 7 A n m B 3 b ; ROQUETTE § 5 4 1 R z 8.
** So schon R G H R R 1929 Nr 1309, weil sonst § 538 Abs 2 überflüssig wäre; ebenso B G H LM Nr 2 und 11 zu § 558 BGB; Nr 22 zu § 538 BGB B1 2; OLG Schleswig SchlHAnz 1957, 97; LG B a m b e r g W u M 1 9 7 4 , 7 1 , 7 2 ; z u s t STERNEL R z V 1 4 4 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 7 R z 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 4 7 A n m 2 a .
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§547 3 . Titel. M i e t e . P a c h t
15-16 a
erforderlich sind.* Hierher gehören insbes alle Aufwendungen, durch die die Sache vor einer unmittelbar bevorstehenden Verschlechterung oder vor dem unmittelbar bevorstehenden Untergang bewahrt werden sollen ( M I T T E L S T E I N 341 f). Man spricht hier oft von sog Vorsorgemaßnahmen ( S T E R N E L R Z V 145). Es muß sich aber immer um Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestandes der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand handeln. Wenn der Sache keine Gefahren drohen, so fallen Maßnahmen zur Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand immer nur unter § 538 Abs 2. b) Beispiele sind der Wiederaufbau eines zerstörten Gebäudes (BGH WM 1967, 15 1147, 1148), insbes die Erhaltung der Bewohnbarkeit einer Wohnung, die je nach den Zeitverhältnissen und Umständen verschieden zu beurteilen sein kann (KG HuW 1948, 155; RG HRR 1929 Nr 1309), deshalb auch die Instandsetzung einer verwahrlosten und beschädigten Wohnung einschließlich des ersten Anstrichs (AG Essen-Steele WuM 1958, 37; LG Hamburg HuW 1948, 44; LG Bamberg WuM 1974, 71 f), die Verlegung der für die selbstverständlichen Haushaltsgeräte erforderlichen Anschlüsse und Schalter (LG Darmstadt MDR1962,739 Nr 53 = B1GBW 1960, 367), die Reinigung eines verstopften Gas- oder Ablaufrohres (AG Bremen WuM 1962,103; 1962,137), die Erneuerung der Fenster (LG Bamberg WuM 1974, 71 f), die Ersetzung eines Heizungskessels (OLG Hamm Urt v 1. 6. 1976 - 7 U 7/76, S 6), die Reparatur beschädigter Kaianlagen (s OLG Bamberg OLGZ 1976, 195, 200), die Reparatur beschädigter Leitungen und die Ersetzung vorschriftswidriger durch ordnungsmäßige Leitungen (LG Bochum WuM 1957, 136; LG Bonn ZMR 1957,408; LG Osnabrück WuM 1976,172), das Beschlagen eines Pferdes, wenn das Pferd einen Huf verloren hat, die Reparatur des bei einem Sturm beschädigten Daches, wenn Schäden drohen, die Anbringung von Notdächern, um ein Gebäude vor dem Verfall zu bewahren (BGH Betrieb 1959,828), sowie schließlich das Dichten eines Lecks an einem Schiff ( M I T T E L S T E I N 341 Fn 3). c) Keine (notwendigen) Verwendungen sind hingegen zB der Umbau eines Laden- 15a lokals in eine Gaststätte (BGH LM Nr 75 zu § 812 BGB), der Ausbau einer Wohnung zu einer ärztlichen Praxis, sofern der Vermieter hierzu nicht verpflichtet war (OLG Karlsruhe NJW 1972, 2224, 2225), oder der Einbau eines Gasbadeofens in einem Altbau (AG Münster MDR 1972, 872 Nr 19 KO in Betracht (§ 564 Rz 32). Charakteristisch ist es für die Zulässigkeit einer außerordentlichen befristeten Kündigung, daß ihre Gründe außerhalb von Leistungsstörungen liegen, die ein Vertragspartner zu vertreten hat ( S C H M I D T - F U T T E R E R BLANK B
57).
aa) Rspr (OLG Oldenburg R E NJW 1973, 1841) und Schrifttum (BGB-RGRK- 16 G E L H A A R § 5 5 6 a R Z 6 ; HABLITZEL Z M R
1980, 289, 2 9 1 zu § 569;
HOLTGRÄVE,
Neues Miet- und Wohnrecht S 296 Rz 7; ders, Betrieb 1964, 1097, 1103; MünchKomm-VoELsicow § 556 a Rz 67; PERGANDE § 556 a Anm 4; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 10) schließen die Anwendbarkeit der Sozialklausel bei einer außerordentlichen befristeten Kündigung im Hinblick auf das Erfordernis einer „vertragsmäßigen Beendigung" aus, weil eine vorzeitige Kündigung gerade entgegen den vertraglichen Vereinbarungen ausgesprochen werde (OLG Oldenburg aaO, 1842; H O L T G R Ä V E Betrieb aaO). Sonst hätte es nicht in § 569 a Abs. 5 S 2 der ausdrücklichen Verweisung auf § 556 a bedurft, die in anderen Vorschriften über ein vorzeitiges Kündigungsrecht fehle (OLG Oldenburg aaO). Zudem lasse der schwerwiegende Grund auf eine vorzeitige Kündigung eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht angezeigt erscheinen (PERGANDE aaO). Gegen das Risiko einer vorzeitigen Kündigung sei ein sozialer Schutz weder erforderlich noch zweckmäßig (ROQUETTE a a O ) .
bb) Demgegenüber wird nach verbreiteter Auffassung ( D E R L E D E R in AK 17 §§ 556 a - 5 5 6 cRz 1; E R M A N - S C H O P P § 556 ARz 9; H A N S § 564 Anm 9; H E R P E R S R Z 9 8 8 ; HOFFMANN W u M 1 9 6 3 , 1 6 1 ; LARENZ I I § 4 8 V I e ; SCHOPP Z M R
1963,
225,
226; ders ZMR 1980,97,98; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 177; S T E R N E L R Z I V 108) die Sozialklausel bei außerordentlicher befristeter Kündigung zu Recht für anwendbar gehalten. Aus dem Ausnahmecharakter der Verweisung in § 569 a Abs 5 S 2 ist (381)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 18-20
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
kein zwingender Schluß herzuleiten. Die ordentliche Kündigung setzt nach § 564 b ein berechtigtes Interesse des Vermieters voraus, das mindestens ebenso schwerwiegend ist wie die Gründe für eine außerordentliche befristete Kündigung ( S T E R N E L aaO). Es besteht deshalb nach Sinn und Zweck der Sozialklausel insoweit kein Anlaß, den Schutz des Mieters einzuschränken, dem kein vertragswidriges Verhalten vorzuwerfen ist. Vertragsmäßig ist eine Beendigung des Mietverhältnisses mangels ausdrücklicher Vereinbarungen der Parteien immer dann, wenn sie auf einer ordentlichen oder außerordentlichen befristeten Kündigung beruht, weil diese gesetzlichen Kündigungsrechte den lückenhaften Vertrag in gleicher Weise ergänzen (vgl ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 a R z 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
177).
18 e) Das Mietverhältnis wird nicht vertragsmäßig beendet, wenn es im Wege der Anfechtung durch den Vermieter vernichtet wird (vgl zum Streit um Zulässigkeit und Wirkung der Anfechtung von Mietverträgen S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 88; unten § 564 Rz 54 f). Die Frage der Anfechtung gehört nicht zum Inhalt des Vertrags. Es handelt sich auch nicht um eine Kündigung, wie es § 556 a voraussetzt. Einer Gleichstellung stehen rechtssystematische Bedenken entgegen, weil die Sozialklausel die Beendigung eines Mietverhältnisses verhindern soll, nach ihrer ganzen Konzeption aber nicht dazu geeignet ist, unwirksame Mietverhältnisse wiederherzustellen ( H A N S § 556 b Anm 2 a; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 180). De lege ferenda ist es allerdings erwägenswert, auch gegenüber einer Anfechtung einen ähnlichen Schutz zu schaffen, da das Ergebnis jedenfalls in den Fällen des § 119 in gleicher Weise auf eine ungerechtfertigte Härte für den Mieter hinauslaufen kann. Die Anfechtung durch den Vermieter nach § 123 wäre dagegen dem Ausschlußtatbestand des § 556 a Abs 4 Nr 2 vergleichbar. Eine Anfechtung durch den Mieter scheidet de lege lata und de lege ferenda zur Begründung des Widerspruchsrechts aus (vgl § 556 a Abs 4 Nr 1; STERNEL R z I V
109).
19 f) Ein Rücktritt durch den Vermieter aufgrund eines vereinbarten Rücktrittsrechts kann nur nach Überlassung des Wohnraums zu einer Härte für den Mieter führen, weil erst dann die Wohnung den Mittelpunkt der Lebensführung bildet. In diesem Fall ist der Rücktritt nach § 570 a wie eine Kündigung zu behandeln, so daß es sich um eine vertragsmäßige Beendigung im Sinne des § 556 a handelt. Ein gesetzliches Rücktrittsrecht wird nach der Überlassung durch ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung verdrängt (§ 564 Rz 53), womit § 556 a ausscheidet (Rz 14, 56 b). 20 3. Ungerechtfertigte Härte für den Mieter oder seine Familie a) Allgemeines Die Beendigung des Mietverhältnisses muß für den Mieter oder für seine Familie eine ungerechtfertigte Härte bedeuten. Bei Mietverhältnissen über Wohnraum können anders als bei sonstigen Schuldverhältnissen Härten besonderer Art auftreten. Ziel der Sozialklausel ist es, etwaige durch eine Beendigung des Mietverhältnisses auftretende soziale Notstände von dem Mieter und seiner Familie möglichst abzuwenden (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). Die Härte braucht nach der Neufassung des § 556 a Abs 1 durch das MietRÄndG III nicht mehr „wegen besonderer Umstände des Einzelfalls einen Eingriff in die Lebensverhältnisse" zu bewirken, wie es ursprünglich vorausgesetzt war. Diese Einschränkung wurde aufgegeben, so daß nunmehr grundsätzlich jede Härte genügt (vgl LG Coburg WuM 1969, 26). Aus dem Ziel, soziale Notstände abzuwenden, ist aber weiterhin zu schließen, daß mit ungerechtfertigter Härte nicht die üblichen mit einem Umzug verbundenen Beschwernisse wie Wohnungssuche, Umzugskosten, Arbeitsaufwand Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(382)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 21-26
und dgl gemeint sind ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 6 a Rz 9 ; E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 a Rz 1 0 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 1 8 1 ; L G Kassel DWW 1 9 6 4 , 3 6 3 ; A G Düren WuM 1 9 6 4 , 1 3 8 ; A G Hamburg-Blankenese ZMR 1 9 7 0 , 2 1 1 ; A G Osnabrück WuM 1965, 45). Die Beendigung des Mietverhältnisses muß vielmehr Nachteile für den Mieter oder seine Familie mit sich bringen, die diese üblichen Beeinträchtigungen übersteigen und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck nicht zumutbar sind ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Die eine Härte begründenden Umstände können vorübergehender oder dauernder 21 Natur sein. Vor allem im letzteren Fall ist der Mieter besonders schutzbedürftig, so daß eine dahin gehende Einschränkung (so H A N S § 556 a Anm 2 f bb) dem Zweck der Sozialklausel zuwiderlaufen würde (OLG Stuttgart RE NJW 1969, 1070; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
183).
Haben mehrere Personen, die nicht miteinander verwandt sind, den Mietvertrag 22 abgeschlossen, so genügt eine Härte in der Person eines einzelnen Mieters, um den Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses mit allen Mietern zu begründen. Hierzu reicht der Widerspruch des betroffenen Mieters aus (insoweit anders S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 198; STERNEL Rz IV 110). Dies ergibt sich aus der Natur des Mietverhältnisses über eine unteilbare Leistung, bei dem der betroffene Mieter nur Fortsetzung mit allen Mietern verlangen kann (§§ 425, 432). Ausreichend ist eine Härte für die Familie des Mieters. Das Gesetz begrenzt diesen 23 Kreis nicht weiter, so daß hierzu alle Familienangehörigen gezählt werden können, die in derselben Wohnung wie der Mieter wohnen ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 a Rz 8). Ein bestimmter Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ist nicht erforderlich ( P A L A N D T - P U T Z O § 556 a Anm 6 a; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 199; vgl unten § 564 b Rz 60 f; anders R O Q U E T T E § 556 a Rz 13 - nur Ehefrau und Kinder des Mieters). Auch solche Familienangehörige können betroffen sein, die in der Wohnung des Mieters einen eigenen Haushalt führen ( R O Q U E T T E aaO). Anders als in den §§ 569 a, 569 b wird die Führung eines gemeinsamen Hausstands vom Gesetz nicht vorausgesetzt (vgl aber STERNEL R Z IV 118). Hausstandsangehörige werden nicht berücksichtigt (LG Köln WuM 1971, 44; aM STERNEL R Z IV 118). Handelt es sich bei dem Mieter um Behörden oder Unternehmen, die die Wohnung an 24 Bedienstete überlassen haben, so kann nach Sinn und Zweck der Sozialklausel eine Härte in der Person eines Bewohners den Mieter zum Widerspruch berechtigen, weil die Vorschrift nicht primär auf die formelle Stellung als Mieter, sondern auf die Härte für den Bewohner abstellt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 0 0 ; vgl Rz 7 ) . Im allgemeinen kann sich der Hauptmieter gegenüber einer Kündigung des 25 Hauptvermieters nicht auf eine Härte in der Person des Untermieters berufen ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Dies kann aber nicht gelten, wenn der Untermieter zur Familie des Hauptmieters gehört, weil dessen Rechte durch den Abschluß eines Untermietvertrags nicht verkürzt werden können. Dem Untermieter selbst stehen im Verhältnis zum Hauptvermieter keine Rechte aus § 556 a zu. Anwendbar ist die Vorschrift dagegen im Rahmen des Untermietverhältnisses (vgl AG Darmstadt WuM 1971, 12). b) Einzelfälle
26
Zum Tatbestand der ungerechtfertigten Härte hat sich eine umfangreiche Kasuistik entwickelt. Bei dem Versuch einer Einordnung in bestimmte Fallgruppen ist zu beachten, daß die eine Härte kennzeichnenden Merkmale unter dem Vorbehalt einer Abwägung mit den Interessen des Vermieters stehen, was von Fall zu Fall ein anderes Ergebnis zur Folge haben kann (vgl im einzelnen E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 a Rz 1 0 ; (383)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 27-29
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
H A N S § 5 5 6 a A n m 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a a a ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m
8 I I ; dersFWW 1970,503; 184 ff).
ROQUETTE§
556 a R z 2 0 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K
B
Die in Betracht kommenden Umstände lassen sich im wesentlichen in drei Gruppen einteilen, nämlich Umstände, die mit der Beschaffung einer neuen Wohnung in Zusammenhang stehen, sodann Umstände, die die bisherige Wohnung betreffen und schließlich gewisse persönliche Umstände, durch die ein Härtefall begründet sein kann. Die Härte kann sich auch erst aus einem Zusammenwirken mehrerer Umstände ergeben. 27 aa) Umstände im Zusammenhang mit der Beschaffung einer neuen Wohnung Die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzwohnraum wurden nach früher hM nicht als Härte anerkannt (vgl die Nachw bei H A N S § 556 a Anm 3 e; R O Q U E T T E § 556 a Rz 27). Im Entw des MietRÄndG III war deshalb vorgesehen, die Berücksichtigung dieser Schwierigkeiten ausdrücklich vorzuschreiben (BT-Drucks V/1743, 2). Der Rechtsausschuß war dagegen der Ansicht, daß eine solche Berücksichtigung auch ohne ausdrückliche Vorschrift möglich sei (zu BT-Drucks V/2317,2). Dennoch blieb die Rspr weiterhin kontrovers. Erst durch das MRVerbG hat der Gesetzgeber mit Aufnahme des § 556 a Abs 1 S 2 ausdrücklich klargestellt, daß eine Härte vorliegt, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Damit sollte diesen Schwierigkeiten die im Einzelfall immer gebotene Beachtung geschenkt werden. Zugleich sollte dieser häufig vorkommende Härtefall stärker in das allgemeine Bewußtsein gerückt werden (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6). 28 Das Fehlen angemessenen Ersatzwohnraums bildet damit immer eine Härte, macht also in jedem Fall eine Abwägung mit den Interessen des Vermieters erforderlich (Begr zum RegE aaO). Eine Ersatzwohnung ist angemessen, wenn sie im Vergleich zu der bisherigen Wohnung den Bedürfnissen des Mieters entspricht und vom Preis her für ihn tragbar ist. Die Angemessenheit einer Ersatzwohnung setzt nicht voraus, daß sie der bisherigen Wohnung vollkommen entspricht. Gewisse Verbesserungen oder Verschlechterungen, verbunden mit einer Änderung der Miethöhe, sind hinzunehmen ( H A N S § 556 a Anm 3 e; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 184). So kann es zum Ausschluß einer Härte ausreichen, wenn der Vermieter dem Mieter von der bisherigen Wohnung einen zu Dauerwohnzwecken geeigneten, ausreichenden und abgeschlossenen Teil beläßt (LG Mannheim NJW1965,2203; vgl aber AG Tübingen WuM 1970, 100). Der Mieter braucht sich nicht auf eine Obdachlosenunterkunft (AG Burgsteinfurt WuM 1965, 28) oder die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim verweisen zu lassen (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1746; LG Mannheim WuM 1971, 58; LG Wuppertal WuM 1964, 155; AG Köln WuM 1973, 252). 29 Eine Härte liegt nur vor, wenn der Ersatzwohnraum „nicht beschafft werden kann". Aus diesem Gesetzeswortlaut ist zu schließen, daß der Mieter sich um eine Ersatzwohnung zu bemühen hat. Es handelt sich um eine Obliegenheit, die den Mieter nach einer wirksamen Kündigung trifft. Er genügt dieser Obliegenheit nur, wenn er alle ihm persönlich und wirtschaftlich zumutbaren, also auch mit finanziellen Opfern verbundenen Schritte unternimmt, sich eine angemessene Ersatzwohnung zu beschaffen (AG Bochum WuM 1 9 8 0 , 2 2 6 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 a Anm 6 a aa; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 I I f; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 1 8 5 , 3 1 5 ff). Hierzu ist es notfalls erforderlich, mehrere Zeitungsinserate aufzugeben oder jeweils nach den finanziellen Verhältnissen auch Makler einzuschalten ( H A N S § 5 5 6 a Anm 3 e). Fragwürdig ist es allerdings, wenn allein aus einem niedrigen Einkommen geschlossen Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(384)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 30-33
wird, daß eine angemessene Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen nicht zur Verfügung stehe (so aber AG Köln WuM 1972,144; AG Tettnang WuM 1980,222, 223). Die normalen Umzugskosten sind vom Mieter hinzunehmen. Auch sonstige finan- 30 zielle Opfer wie Maklergebühren, Renovierungskosten und dgl können grundsätzlich nicht zugunsten des Mieters berücksichtigt werden (ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 10; HANS D W W 1 9 6 8 , 1 0 , 1 2 ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 8 I I p; VOELSKOW B e t r i e b 1 9 6 8 ,
1 1 5 , 1 1 7 ; aM GLASER M D R 1 9 6 8 , 2 8 0 , 2 8 2 ) . Wird der Mieter von diesen Umständen
aber erheblich betroffen, weil er in ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, so kann sich aus dem Zusammenwirken dieser Momente eine Härte ergeben (vgl ERMAN-SCHOPP a a O ; PERGANDE a a O ) .
Ein Zwischenumzug kann für den Mieter eine Härte bedeuten, wenn er wegen einer 31 bevorstehenden Wohnsitzveränderung (LG Freiburg MDR 1966, 419; LG Kassel WuM 1 9 6 6 , 7 6 ; L G Mannheim WuM 1 9 7 6 , 2 6 9 ; L G Würzburg WuM 1965, 63; A G
Göppingen WuM 1965, 184; AG Hannover WuM 1970, 41; AG Köln WuM 1972,
130 m zust Anm WEIMAR; A G Hannover M D R 1 9 6 8 , 5 1 ; A G Kassel Z M R 1 9 6 5 , 1 8 ;
AG Oberhausen ZMR 1965,245), der Fertigstellung eines Wohnungsneubaus (OLG Karlsruhe R E NJW 1970, 1746 m abl Anm RITTER MDR 1971, 50; LG Mannheim
N J W 1 9 6 4 , 2 3 0 7 m zust A n m BURKHARDT N J W 1 9 6 5 , 3 0 3 ; A G B o c h u m W u M 1 9 6 5 , 6 4 ; W u M 1 9 7 9 , 2 5 6 ; A G Münster W u M 1 9 7 8 , 5 1 ; JAUERNIG-TEICHMANN § 5 5 6 a
Anm 2 a aa) oder einer Renovierung der vorgesehenen Wohnung in absehbarer Zeit ohnehin ausgezogen wäre. Dabei kann von etwa ein bis zwei Jahren ausgegangen werden (AG Dortmund-Hörde DWW 1966, 279; PERGANDE § 556 a Anm 8 II t; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 187). Dem Mieter kann ein Zwischenumzug aber zugemutet werden, wenn der Zeitpunkt der Fertigstellung eines Hauses noch nicht absehbar ist (LG Köln ZMR 1976,148; aM AG Celle NdsRpfl 1968,230) oder wenn er sich über den zunächst angenommenen Termin hinaus verzögert (LG Kaiserslautern WuM 1970, 202; AG Flensburg WuM 1971, 154 m abl Anm TONDORF). bb) Umstände im Zusammenhang mit der bisherigen Wohnung
32
Der Verlust besonderer finanzieller Aufwendungen, die der Mieter in Erwartung einer längeren Mietdauer auf die Wohnung gemacht hat, kann eine Härte bedeuten, wenn die bisherige Mietzeit in keinem angemessenen Verhältnis zur Höhe der Aufwendungen steht (OLG Karlsruhe R E NJW 1971, 1182; OLG Frankfurt R E WuM 1971,168; LG Aachen B1GBW1973,58; LG Essen ZMR 1966,214; LG Köln WuM 1972, 144; LG Mainz WuM 1970, 101; LG Münster NJW 1964, 2306; AG Herford WuM 1965, 170; AG Köln WuM 1970, 25; AG Münster ZMR 1973, 331; AG Wiesbaden WuM 1968,179; AG Wuppertal MDR 1971, 397). Hierbei kann es sich um Instandsetzungsarbeiten, bauliche Veränderungen, Baukostenzuschüsse und dgl handeln. Unerheblich ist es, ob die Aufwendungen notwendig, nützlich oder überflüssig waren (OLG Frankfurt aaO). Vorauszusetzen ist aber, daß sie im ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis des Vermieters erbracht worden sind (OLG Karlsruhe aaO), da der Mieter sonst die Wohnung durch hohe Investitionen unkündbar machen könnte (HANS § 556 a Anm 3 c). Die Härte ist ausgeschlossen, wenn der Vermieter die Aufwendungen angemessen erstattet oder wenn sie als abgewohnt zu gelten haben (vgl dazu SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 193). Die bisherige Wohndauer genügt für sich allein nicht, um eine Härte zu begründen. 33 Dies gilt sowohl bei einer Kündigung nach langer Mietzeit (OLG Karlsruhe R E NJW 1970,1746; AG Hamburg-Altona ZMR 1971, 31; AG München DWW 1966, 296) als auch bei einer nur kurzen Mietzeit (PERGANDE § 556 a Anm 8 II 1; aM AG Kassel (385)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 34-37
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
ZMR 1964, 310; AG Köln WuM 1971, 98). Der Mietdauer selbst hat der Gesetzgeber schon durch die unterschiedliche Länge der Kündigungsfristen Rechnung getragen (vgl § 565 Abs 2). Es müssen deshalb andere Umstände, wie etwa besondere finanzielle Aufwendungen mit Rücksicht auf die ursprünglich vorgesehene Mietdauer (AG Münster WuM 1978, 51) oder Verwurzelung alter Leute in der bisherigen Umgebung, hinzutreten (PERGANDE aaO; vgl oben Rz 32). Hat sich der Mieter nach der Kündigung um eine Ersatzwohnung bemüht (Rz 29), kann allein aus diesem Verhalten nicht auf seine Bereitschaft geschlossen werden, in eine ihm bisher nicht vertraute Umgebung umzuziehen (aM AG Oldenburg WuM 1980, 226 m krit Anm KÖRTGE). Nicht ausreichend ist der Umstand, daß der Vermieter eines nach § 566 S 2 als für unbestimmte Zeit geschlossenen Mietverhältnisses dem Mieter bei der Überlassung des Wohnraums eine lange, sichere Mietdauer versprochen hat, dann aber seine Willensrichtung ohne erhebliche Anlässe seitens des Mieters ändert und kündigt (OLG Karlsruhe RE OLGZ 1971, 414 = ZMR 1971, 376). 34 Bei einem Streit um die Miethöhe für die bisherige Wohnung kommt eine Kündigung nicht in Betracht (§ 1 S 1 MHRG). Hierfür gilt vielmehr ein besonderes Verfahren (§§ 2-7 MHRG). Damit stellt sich im Rahmen des § 556 a nicht die Frage, ob in einer vom Vermieter begehrten Mieterhöhung eine Härte liegt. Von Bedeutung kann dagegen mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters die Miethöhe für eine Ersatzwohnung sein (Rz 28). 35 Bei Sozialwohnungen, Flüchtlingswohnungen und Wohnungen für Geschädigte iS des LAG besteht ein ähnlicher Zusammenhang zwischen der Miethöhe der bisherigen Wohnung und der Frage der Ersatzwohnraumbeschaffung. Findet der Mieter einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung keinen entsprechenden Ersatz, so kann in der Kündigung eine Härte liegen (LG Münster WuM 1967, 150 - Flüchtlingswohnung). Vorauszusetzen ist allerdings, daß das Einkommen des Mieters noch innerhalb der maßgebenden Grenzen liegt (vgl § 5 WoBindG iVm § 25 WobauG II; O L G Karlsruhe NJW 1970, 1746, 1747 f; PERGANDE § 556 a Anm 8 II g und o;
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 191) und daß die Sozialwohnung tatsächlich billiger ist als Wohnraum auf dem freien Wohnungsmarkt. 36 Die Möglichkeit, dem Mieter eine gerichtliche Räumungsfrist nach § 721 ZPO zu gewähren, ist unerheblich für die Frage, ob durch die Kündigung eine Härte eintritt (OLG Oldenburg RE ZMR 1970, 329; OLG Stuttgart RE NJW 1969, 240; LG Darmstadt WuM 1972, 31 m Anm TONDORF; LG Essen WuM 1968, 199; LG Freiburg MDR 1 9 6 6 , 4 1 9 ; AG Geilenkirchen WuM 1 9 7 2 , 13 m Anm WEIMAR; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 6 a R z 2 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a b b ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 1 8 6 ; aM LG Mannheim WuM 1 9 6 7 , 6 3 ) . Ziel der
Sozialklausel ist die Verlängerung des Mietverhältnisses, der ein Räumungsaufschub nicht gleichzustellen ist. Eine Ausnahme ist auch dann nicht angebracht, wenn ein Umzug in eine Ersatzwohnung in absehbarer Zeit bevorsteht (aM SCHMIDTFUTTERER-BLANK aaO). Dadurch würden die Parteien auf den Prozeßweg gedrängt, während die Sozialklausel im Prinzip von einer gütlichen Einigung ausgeht (vgl § 5 5 6 a Abs 3 S 1). 37 Wenn der Mieter mit der bisherigen Wohnung besondere finanzielle Vorteile verliert, weil er dort Gelegenheit zur Untervermietung oder zu sonstigem Nebenerwerb hatte, so liegt darin idR keine Härte (BayObLG RE NJW 1 9 7 0 , 1 7 4 8 ; LG Wiesbaden ZMR 1 9 6 6 , 3 0 2 ; AG Köln MDR 1 9 7 3 , 139; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 I I q; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 192). Es entspricht nicht dem Sinn der Sozialklausel, etwa Einzelpersonen schlechthin Wohnungen zu erhalten, die zu ihrem angemessenen Wohnbedarf in keinem tragbaren Verhältnis stehen. Es kommt vielmehr darauf an, dem Mieter den seinen Wohnbedürfnissen angepaßten Raum zu erhalten. Führt die Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(386)
3. Titel. Miete. Pacht
§556 a 38, 39
Kündigung jedoch zu einem Eingriff in die beruflichen Verhältnisse des Mieters, weil er etwa zulässigerweise in der Wohnung ein Gewerbe ausübt und seinen Kundenstamm zu verlieren droht, so kann darin eine Härte liegen (OLG Köln NJW 1968, 1 8 3 4 M A n m RÖDDING N J W 1968, 2 3 3 9 ; SCHMIDT-FUTTERER M D R 1969, 9 6 , 9 7 ) .
Das gleiche ist anzunehmen, wenn Nebeneinnahmen zum Lebensunterhalt des Mieters erforderlich sind und nicht nur dazu dienen, den Mietzins für die an sich zu große Wohnung aufzubringen. cc) Persönliche Umstände 38 Hohes Alter des Mieters führt für sich allein nicht zu einer Härte (LG Düsseldorf DWW 1968, 381; LG Hagen WuM 1965, 184; AG Amberg WuM 1964, 156; AG Dortmund ZMR 1966, 303; AG Hagen ZMR 1965, 18; HANS § 556 a Anm 3 a; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a Anm 6 a aa; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 1 8 8 ; vgl aber AG Velbert WuM 1970, 6 2 ; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 II a). In aller Regel stellt sich das Problem auch nicht in dieser isolierten Form. Es kommen vielmehr noch andere Umstände wie Krankheit, Gebrechen, Pflegebedürftigkeit, finanzielle Not, Verwurzelung in der Umgebung aufgrund langer Mietdauer, erschwerte Ersatzraumbeschaffung und dgl hinzu, die bei einem Mieter hohen Alters dann eher zu einer ungerechtfertigten Härte führen können als bei jüngeren Mietern (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1 7 4 6 m krit Anm RITTER MDR 1971, 5 0 ; SCHMIDT-FUTTERER NJW 1971, 731; vgl ferner LG Augsburg WuM 1969, 92 - Alter, geringes Einkommen, Beteiligung am Hausbau; LG Braunschweig B1GBW 1967, 74 - Alter, Krankheit, geplante Übersiedlung in noch zu errichtendes Rentnerwohnhaus; LG Coburg WuM 1969, 26 - Alter, Nichterfüllung eines vom Vermieter gegebenen Versprechens zur Ersatzwohnraumbeschaffung; LG Coburg WuM 1977, 183 - hohes Alter, schwere Krankheit; LG Darmstadt ZMR 1 9 6 8 , 4 7 - hohes Alter [92 Jahre] eines Familienangehörigen; LG Essen ZMR 1 9 7 0 , 1 7 8 - Alter, Krankheit, Verwurzelung; LG Itzehoe WuM 1976, 257 - hohes Alter, Umstellung auf neue Umgebung; LG Kassel MDR 1 9 6 5 , 8 3 1 - Alter, Krankheit; LG Kleve WuM 1 9 6 9 , 7 4 - Alter, Mietdauer; LG Köln WuM 1975, 210 - Alter, Krankheit; LG Landshut NJW 1966, 2018 - Alter, besondere Schwierigkeiten beim Wohnungswechsel, Wohndauer, Verwurzelung; LG Mannheim ZMR 1971, 222 - Alter, Krankheit, Gebrechen, geringes Einkommen; LG Münster WuM 1969, 9 - Alter, Mietdauer, geringes Einkommen; LG Münster WuM 1969, 206 - Alter, Krankheit, Mietdauer; LG Nürnberg-Fürth WuM 1968, 129 - Alter, Gebrechlichkeit, Krankheit; LG Wuppertal WuM 1970, 133 - Alter, Verwurzelung; AG Köln B1GBW 1978, 17 - Alter, Krankheit, Verwurzelung; abl LG Düsseldorf ZMR 1970, 211 bei Alter u Mietdauer; LG Frankfurt WuM 1970, 134 bei Alter, schwacher Gesundheit, geringem Einkommen; LG Hildesheim MDR 1966, 3 3 1 bei Alter, Eingewöhnung; weitere Nachw zur Rspr der AG bei HANS § 556 a Anm 3 a). Der Mieter braucht sich nicht auf eine Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim verweisen zu lassen (OLG Karlsruhe RE NJW 1 9 7 0 , 1 7 4 6 ; Rz 28). Krankheit und Gebrechen können unabhängig vom Alter des Mieters einen 39 Härtegrund darstellen (LG Kassel MDR 1965, 831; AG Bochum MDR 1970, 932; HANS § 5 5 6 a Anm 3 g; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 II i; ders FWW 1970, 5 0 3 M Nachw zur Rspr; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 189; vgl aber AG Bad Essen WuM 1 9 6 5 , 2 7 - Invalidität allein reicht nicht; AG Oldenburg WuM 1 9 8 0 , 2 2 6 m krit Anm KÖRTGE). Eine Härte ist nicht nur dann anzuerkennen, wenn sich die Krankheit erschwerend auf die Beschaffung eines Ersatzwohnraums auswirkt (so aber HANS aaO). Dies ist in der Weise möglich, daß die Krankheit den Mieter an der Wohnungssuche hindert (vgl LG Mannheim WuM 1970, 61) oder daß sie potentielle Vermieter vom Abschluß eines Vertrags abhält. Eine Härte kann auch dann gegeben (387)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 40-43
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
sein, wenn dem Mieter ein Umzug objektiv unzumutbar ist, weil dies nachteilige Auswirkungen auf Krankheitsverlauf und Genesung haben würde (AG Biberach/Riß W u M 1 9 8 0 , 5 4 m A n m v o n SCHOENEBECK; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK a a O ; a M
HANS aaO). Die Auswirkungen müssen jedoch nicht so erheblich sein, daß schwere seelische Schäden oder gar der Tod drohen (AG Köln WuM 1977,29; AG Miesbach WuM 1979, 190; vgl LG Karlsruhe WuM 1964, 155). Die Verlängerung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit ist in diesen Fällen angemessener, als vom Mieter zu erwarten, daß er mit dem Umzug andere Personen beauftragt. Spielt aber die Krankheit eines Familienangehörigen für den Umzug praktisch keine Rolle, so entfällt auch ein Härtegrund (AG Hochheim MDR 1965, 489 - krankes Kleinkind). 40 Schwangerschaft der Mieterin oder einer Familienangehörigen ist im Hinblick auf die erschwerte Beschaffung von Ersatzraum und wegen der mit einem Umzug verbundenen körperlichen und psychischen Strapazen ein Härtegrund, dem durch eine angemessene Verlängerung des Mietverhältnisses über den Zeitpunkt der Entbindung hinaus Rechnung zu tragen ist (LG Dortmund WuM 1966, 40; AG Aachen MDR 1966, 55; AG Herford MDR 1964, 1007; AG Oberhausen ZMR 1965, 113; AG Velbert WuM 1970, 79; PERGANDE § 556 a Anm 8 II n; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 1 9 4 ) .
41 Kinderreichtum kann ein Härtegrund sein (LG Dortmund NJW 1 9 6 5 , 2 2 0 4 - 2 Kinder u Schwangerschaft; LG Essen WuM 1968, 198 - 5 Kinder; LG Flensburg SchlHAnz 1966, 42 - 8 Kinder; LG Wuppertal WuM 1968, 109 - 2 Kinder; AG Aachen ZMR 1965, 75 - 5 Kinder u Landesdarlehen an Vermieter; AG Bamberg WuM 1968, 143 - 5 Kinder; AG Wuppertal WuM 1969, 58 - 2 Kinder u Schwangerschaft; aM LG Braunschweig NJW 1964, 1028 - 3 Kinder; LG Hagen ZMR 1965, 140 - 4 Kinder; AG Preetz SchlHAnz 1966, 4 2 - 4 Kinder). Aus den Begründungen ergibt sich allerdings, daß die Härte weniger dem Kinderreichtum als solchem entnommen wird als vielmehr den Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzraum (vgl HANS § 5 5 6 a Anm 3 f; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 I I h; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 1 9 5 ) . Damit läßt sich der Härtegrund unmittelbar auf § 5 5 6 a Abs 1 S 2 stützen und setzt folglich voraus, daß der Mieter seiner Pflicht zur Ersatzraumbeschaffung nachgekommen ist. 42 Geringes Einkommen und schlechte wirtschaftliche Verhältnisse können zu einem Härtegrund führen (LG Aachen B1GBW 1973, 58; LG Düsseldorf WuM 1971, 98; LG Mannheim ZMR 1974, 337; LG Wuppertal ZMR 1965, 17; WuM 1970, 186; AG Aachen MDR 1969, 845; vgl aber LG Köln WuM 1975, 192 - Studentenehepaar; AG Dortmund WuM 1970, 117; abw LG Braunschweig NJW 1964, 1028, 1031; LG Karlsruhe WuM 1964,155; DWW 1972,201; AG Bad Essen WuM 1965, 27). Da § 556 a nicht nur die Belange wirtschaftlich schwacher Mieter schützt, schließt ein höheres Einkommen seine Anwendung grundsätzlich nicht aus (LG Essen ZMR 1966, 330; LG Kassel WuM 1966, 76; aM AG Augsburg DWW 1966, 297; vgl AG Köln MDR 1972, 520). Auch hier ergibt sich die Härte nicht aus dem Einkommen und den wirtschaftlichen Verhältnissen als solchen (so aber HANS § 556 a Anm 3 b). Entscheidend ist vielmehr ein Zusammenwirken mit anderen Umständen wie Alter, Krankheit und vor allem Schwierigkeiten bei der Ersatzraumbeschaffung (vgl SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 190; s ferner BURKHARDT W U M 1968, 21; HANS DWW 1968, 10, 12; PERGANDE § 556 a Anm 8 I I b; VOELSKOW Betrieb 1968, 115, 117). Im letzteren Fall kommt es also darauf an, daß der Mieter seiner Pflicht nachgekommen ist, sich um die Beschaffung von Ersatzraum zu bemühen. 43 Fraglich ist, ob bei der Feststellung der finanziellen Belastbarkeit des Mieters Einkommen und Vermögen aller im Haushalt lebenden Familienangehörigen zu Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(388)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 44-46
berücksichtigen sind, wie es zT angenommen wird (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 1 9 0 ; STERNEL RZ IV 1 3 9 ) . Dieser Ansicht kann nur insoweit zugestimmt werden, als die bisherige Wohnung und die als angemessen vorausgesetzte Ersatzwohnung auf die Wohnbedürfnisse der gesamten Familie zugeschnitten sind. Reichen das eigene Einkommen und Vermögen des Mieters aber nicht einmal aus, um die Miete für eine nur den persönlichen Bedarf deckende Ersatzwohnung zu bezahlen, so ist eine Berücksichtigung fremden Einkommens und Vermögens ungerechtfertigt, weil dies unter Umständen zur Anrechnung einer gesetzlich nicht bestehenden Unterhaltspflicht führen würde. Eine Erschwerung der Berufsausübung oder der Ausbildung des Mieters oder seiner 44 Familienangehörigen kann eine Härte bedeuten. Dies gilt etwa für die Wohnung eines Arztes in der Nähe eines Krankenhauses oder eines Musikers in einem E i n f a m i l i e n h a u s (HOFFMANN D W W 1 9 6 8 , 4 4 , 4 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a aa; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 II e). Entscheidend ist aber die Frage der Ersatzraum-
beschaffung. Zu beachten ist, daß die Sozialklausel nur dazu dient, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, nicht aber die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen zu begünstigen (AG Köln MDR 1973, 139 - Unterhaltung einer Tierzucht). Eine Erschwerung der Ausbildung kommt in Betracht, wenn durch Wohnungssuche oder Wohnungswechsel ein bevorstehendes Examen gefährdet oder eine bis zur Entlassung nur noch kurzfristige Umschulung erforderlich wird (LG Mainz WuM 1970, 101; LG Wuppertal MDR 1970, 332; AG Wuppertal WuM 1971, 25; ERMAN-
SCHOPP § 5 5 6 a R z 10; GÖCKMANN N J W 1 9 6 3 , 2 1 0 9 ; HANS § 5 5 6 a A n m 3 k ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a a a ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 8 II d ; WEIMAR N J W 1 9 6 3 , 2 1 1 1 ) . Längere Schulwege müssen in Kauf genommen werden (AG Bensberg M D R 1 9 6 6 , 5 0 8 m A n m WEIMAR; PERGANDE F W W 1 9 7 0 , 5 0 3 , 5 0 6 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 1 9 6 ) , was allerdings bei körperlicher oder geistiger Behinderung
des Kindes einzuschränken ist (ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 10). Grundsätzlich ist die vertragsmäßige Beendigung des Mietverhältnisses keine ungerechtfertigte Härte, wenn der Mieter in der Wohnung mit Einverständnis des Vermieters ein Hobby ungestört ausüben kann, das er in den meisten anderen Wohnungen nicht betreiben könnte (OLG Karlsruhe RE OLGZ 1971, 414 = ZMR 1971, 376 - Brieftaubenzucht).
4. Berechtigte Interessen des Vermieters
45
a) Allgemeines Gegenüber den Härtegründen für den Mieter sind auf Seiten des Vermieters dessen berechtigte Interessen an einer Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung zu berücksichtigen. Dies sind bei der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum grundsätzlich die gleichen Interessen, die nach § 564 b Abs 1 u 2 schon für die Wirksamkeit der Kündigung erforderlich sind (§ 564 b Rz 22 ff). Mangelt es bereits daran, kommt es auf die Sozialklausel nicht mehr an. Im übrigen dürfen bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nur solche Gründe berücksichtigt werden, die in dem Kündigungsschreiben nach § 564 a Abs 1 S 2 angegeben sind (§ 564 a Rz 16 ff; vgl § 564 b Abs 3). Darüber hinaus kommen nur noch solche Gründe in Betracht, die nachträglich, dh nach Abgabe der Kündigungserklärung entstanden sind (§ 556 a Abs 1 S 3; vgl § 564 b Rz 126 ff). Handelt es sich um ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter 46 selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen, ist die (389)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 47-49
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Kündigung des Vermieters nach § 564 b Abs 4 auch dann wirksam, wenn ihm bei der Kündigung keine berechtigten Interessen zur Seite stehen. Es kommt auch nicht darauf an, daß der Vermieter die der Kündigung zugrunde liegenden Umstände in dem Kündigungsschreiben angibt. Durch diese Sonderregelung einer erleichterten Kündigung, die durch die besondere Wohnsituation gerechtfertigt ist, sollen indessen die sonstigen Schutzvorschriften nicht berührt werden (§ 564 b Abs 5; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 530, 531). Um im Rahmen des § 556 a ein Widerspruchsrecht des Mieters auszuschließen, kommt es deshalb auch in diesen Fällen darauf an, daß sich der Vermieter auf berechtigte Interessen berufen kann. Damit die Sonderregelung des § 564 b Abs 4 nicht völlig leer läuft, sind dabei auch solche Interessen zu berücksichtigen, die im Rahmen des § 564 b Abs 1 u 2 keinen Kündigungsgrund darstellen würden (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 201). Das berechtigte Interesse im Sinne des § 556 a ist deshalb im Hinblick auf Sinn und Zweck der erleichterten Kündigung nach § 564 b Abs 4 zu interpretieren (vgl § 564 b Rz 154). Festzuhalten ist in jedem Fall an dem Erfordernis des § 556 a Abs 1 S 3, daß auch diese Gründe im Kündigungsschreiben angegeben sein müssen, soweit sie nicht erst nachträglich entstanden sind. 47 Die Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses müssen sich aus konkreten Umständen ergeben (AG Remscheid-Lennep MDR 1968, 500). Unzureichend ist es, wenn der Vermieter sich nur auf sein Eigentum beruft. Dieses Recht steht unter der Einschränkung der Sozialpflichtigkeit (Art 14 Abs 2 GG), was in der Sozialklausel des § 5 5 6 a seinen Ausdruck gefunden hat ( P E R G A N D E § 5 5 6 a Anm 8 III). Berechtigt sind die Interessen des Vermieters, wenn sie mit der Rechtsund Sozialordnung in Einklang stehen, also vom Gerechtigkeitsgedanken her vertretbar sind ( P E R G A N D E aaO; vgl auch H A U S L E R DWW 1 9 6 8 , 4 , 8 ; S C H M I D T FUTTERER-BLANK B
201).
48 b) Einzelfälle Als berechtigtes Interesse des Vermieters kommen in erster Linie die in § 564 b Abs 2 ausdrücklich aufgeführten Gründe in Betracht. aa) Hierzu zählen erhebliche, schuldhafte Pflichtverletzungen des Mieters (§ 564 b Abs 2 Nr 1). In Betracht kommen etwa Zahlungsverzug (§ 564 b Rz 37 ff; P A L A N D T - P U T Z O § 556 a Anm 6 a bb; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 473), vertragswidriger Gebrauch (§ 564 b Rz 41 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 474), insbesondere unbefugte Untervermietung (§ 549 Rz 60, § 564 b Rz 43; S C H M I D T - F U T T E R E R BLANK B 476) oder Belästigungen des Vermieters (§ 564 b Rz 44; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 475). Zu beachten ist allerdings, daß diese Gründe nicht ein Gewicht erreichen dürfen, das eine fristlose Kündigung durch den Vermieter rechtfertigen würde, weil dann eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 556 a Abs 4 Nr 2 ausscheidet und es einer Interessenabwägung nicht bedarf (Rz 56b). 49 bb) Starke Spannungen zwischen den Mietparteien können auch dann zugunsten des Vermieters berücksichtigt werden, wenn nicht mehr festzustellen ist, auf wessen Veranlassung die Störung des Mietverhältnisses zurückzuführen ist. Entscheidend kommt es darauf an, ob es mit Rücksicht auf den zu wahrenden Hausfrieden für den Vermieter unzumutbar ist, das Mietverhältnis fortzusetzen. Dies kann vor allem bei einem vom Vermieter selbst bewohnten Zweifamilienhaus, also in den Fällen des § 564 b Abs 4, bedeutsam sein. Hat der Vermieter die Spannungen ganz oder überwiegend selbst verursacht, scheidet eine Berücksichtigung zu seinen Gunsten wegen widersprüchlichen Verhaltens aus ( P E R G A N D E § 5 5 6 a Anm 8 I I I ; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 2 0 4 ; V O E L S K O W Betrieb 1 9 6 8 , 1 1 5 , 1 1 8 ; vgl aber AG Essen WuM 1 9 7 2 , 7 6 ) . Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(390)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 50-52
cc) Eigenbedarf des Vermieters kann ein berechtigtes Interesse an einer Beendigung 50 des Mietverhältnisses begründen (§ 564 b Abs 2 Nr 2; dort Rz 47 ff; AG Aachen ZMR1964, 308; AG Hagen ZMR 1964, 308; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 478 ff). Dabei sind nicht nur die eigenen Interessen des Vermieters zu berücksichtigen, der etwa wegen seiner Hilfsbedürftigkeit darauf angewiesen ist, eine Pflegeperson in seine Wohnung aufzunehmen. Es kommt auch auf den Wohnungsbedarf für die zum Hausstand des Vermieters gehörenden Personen oder für seine Familienangehörigen a n ( v g l § 5 6 4 b A b s 2 N r 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a b b ; PERGANDE § 5 5 6 a
Anm 8 III; W E I M A R WM 1968, 426, 427; zum Begriff des Hausstands- und Familienangehörigen S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 487; S unten § 564 b Rz 56 ff; vgl auch AG Hamburg MDR 1971, 762 - Hauswart; AG München WuM 1970, 23 selbstverschuldeter Eigenbedarf für Hauswart). Das Eigenbedarfsinteresse des Vermieters tritt jedoch bei Abwägung der beiderseitigen Interessen zurück, wenn er eine während des Laufs der Kündigungsfrist frei werdende andere Wohnung im Hause an einen anderen Interessenten vermietet hat (LG Wuppertal WuM 1970, 133) oder wenn es zumutbar ist, daß ein lediger Familienangehöriger, für den Eigenbedarf geltend gemacht wird, noch eine gewisse Zeit in der elterlichen Wohnung bleibt (AG Bochum WuM 1980, 226). Steht der Vermieter vor der Wahl, welchem von mehreren Mietern er wegen Eigenbedarfs kündigen soll, richtet sich die Wirksamkeit der Kündigung nach § 564 b Abs 2 Nr 2 (s dort Rz 69). Ist hinsichtlich der vorgenommenen Kündigung ein berechtigtes Interesse zu verneinen, so ist die Kündigung unwirksam. Auf § 556 a kommt es dann nicht an (vgl aber AG Krefeld NJW 1978, 1265). Zweifelhaft ist es, welche Bedeutung dem Verhältnis zwischen dem Zeitpunkt des 51 Eigentumserwerbs des Vermieters und der Dauer des Mietverhältnisses zukommt. Im Rahmen des § 564 b ist eine generelle Wartezeit des Erwerbers eines Mietshauses entgegen der von der Rspr früher zu § 4 MietSchG aus Billigkeitsgründen vertretenen Ansicht nicht mehr anzuerkennen, da der Gesetzgeber dem Zeitmoment durch eine Staffelung der Kündigungsfristen Rechnung getragen hat. Die Sonderregelung des § 564 b Abs 2 Nr 2 S 2, die bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen eingreift, ist wegen ihrer Zielsetzung, eine solche Umwandlung zu verhindern, keiner ausdehnenden Auslegung zugänglich ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 499; S C H M I D T F U T T E R E R ZMR 1974, 37; s unten § 564 b Rz 82; aM V O G E L JZ 1975, 73, 75). Dies steht aber nicht einer Berücksichtigung des Zeitmoments im Rahmen des § 556 a entgegen ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Zu weit geht es allerdings, dem Grundstückserwerber eine Berufung auf Eigenbedarf idR erst dann zu gestatten, wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist, zB drei Jahre nach dem Eigentumserwerb (so P E R G A N D E § 556 a Anm 8 III). Eigenbedarf bildet grundsätzlich ohne diese Einschränkung ein berechtigtes Interesse, das nur in einer am Einzelfall orientierten Interessenabwägung hinter dem Schutzbedürfnis des Mieters zurückzutreten hat. Dabei kommt es vor allem auf die Dringlichkeit des Eigenbedarfs an. Eine generelle Wartezeit für den Erwerber einer vermieteten Wohnung kann deshalb auch im Rahmen des § 556 a nicht anerkannt werden. dd) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters liegt vor, wenn er durch die 52 Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde (§ 564 b Abs 2 Nr 3; dort Rz 83 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 501 ff). Eine anderweitige wirtschaftliche Verwertung ist gegeben, wenn der Vermieter das Grundstück verkaufen, zu Geschäftszwecken vermieten oder verpachten, ein großes soziales Bauvorhaben durchführen (LG Köln WuM 1976,163 m zust Anm W E I M A R ) oder ein dingliches Recht, zB ein Erbbaurecht, bestellen will ( S C H M I D T - F U T T E R E R (391)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 53-56
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
502). So kann das Interesse des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses berechtigt sein, wenn Verkaufsverhandlungen daran scheitern oder dadurch beeinträchtigt werden, daß die Wohnung noch vermietet ist (OLG Karlsruhe R E N J W 1971,1182). Auch hierbei bedarf es jedoch noch einer Abwägung. Es wäre bedenklich, den Verkaufsabsichten des Vermieters generell den Vorrang vor Härtegründen in der Person des Mieters einzuräumen (vgl aber LG Saarbrücken NJW 1970, 1554 bei Verkauf eines Einfamilienhauses), da den Verkaufsabsichten kein größeres Gewicht beizumessen ist als einem Eigenbedarf des Vermieters. Die Möglichkeit, eine höhere Miete durch anderweitige Vermietung als Wohnraum zu erzielen, bildet ebensowenig ein berechtigtes Interesse des Vermieters (§ 564 b Abs 2 Nr 3 S 2) wie ein rechtlich nicht bindendes Versprechen des Vermieters gegenüber einem anderen Mieter, diesem demnächst die Wohnung des gekündigten Mieters zur Verfügung zu stellen (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1746, 1748; LG Mannheim WuM 1971, 58). BLANK B
53 ee) Neben den in § 564 b Abs 2 nicht abschließend aufgezählten Fällen eines berechtigten Interesses des Vermieters kommen sonstige Gründe in Betracht, die auch im Rahmen des § 556 a zu berücksichtigen sind. Dies gilt für Betriebsbedarf (§ 564 b Rz 106 ff; AG Münster WuM 1970, 187 - Inanspruchnahme der Wohnung durch Bauverein für Mitglieder), öffentliche Interessen (§ 564 b Rz 112 ff) und bei Unzumutbarkeit einer weiteren Fortsetzung des Mietverhältnisses (§ 564 b Rz 119).
54 5. Interessenabwägung Die Härte, die für den Mieter oder seine Familie in der vertragsmäßigen Beendigung des Mietverhältnisses liegt, darf auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen sein (§ 556 a Abs 1 S 1). Damit sind die im konkreten Einzelfall bestehenden Härtegründe gegen die berechtigten Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses abzuwägen. 55 Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung der Vorschrift durch das MietRÄndG III gegenüber dem früheren Gesetzeswortlaut, in dem von „voller Würdigung der Belange des Vermieters" die Rede war, klargestellt, daß dessen Interessen nicht von vornherein ein größeres Gewicht zugemessen werden darf als denjenigen des Mieters (Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Berechtigte Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses sind deshalb nicht ohne weiteres ausschlaggebend für den Eintritt dieser Rechtsfolge. 56 Voraussetzung für einen erfolgreichen Widerspruch des Mieters ist es, daß bei der erforderlichen Abwägung die Härtegründe auf seiner Seite die Interessen des Vermieters überwiegen. Das Widerspruchsrecht entfällt, wenn den Interessen des Vermieters das Übergewicht zukommt. Stehen sich dessen Interessen und die Härtegründe auf Seiten des Mieters gleichgewichtig gegenüber, so ist das Widerspruchsrecht ebenfalls ausgeschlossen ( E R M A N - S C H O P P § 556 a Rz 12; GLASER MDR 1968,
280,
282;
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
206;
aM
DERLEDER
in
AK
§§ 556 a-556 c Rz 4). Die Sozialklausel soll das Kündigungsrecht des Vermieters nur einschränken, wenn die Härte für den Mieter nicht zu rechtfertigen ist. Der darin für den Vermieter liegende Eingriff ist aber nur gerechtfertigt, wenn den Interessen der Gegenseite ein Übergewicht gegenüber dem primären Recht des Vermieters auf freie Verfügungsbefugnis über sein Eigentum zukommt. IdR wird sich eine derartige Zuspitzung des Problems durch eine von vornherein klare Entscheidung für die eine oder die andere Seite vermeiden lassen (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 206). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(392)
§ 556 a 3. Titel. Miete. Pacht
5 6 a, 5 6 b
6. Ausschluß des Widerspruchsrechts
56a
a) Kündigung durch den Mieter Nach § 556 a Abs 4 Nr 1 kann der Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht verlangen, wenn er das Mietverhältnis gekündigt hat. Der Grund für die Kündigung durch den Mieter ist unerheblich. Die Sozialklausel begründet kein Reurecht gegenüber einer voreiligen eigenen Kündigung. Nur eine solche Kündigung des Mieters spielt aber eine Rolle, die das Mietverhältnis tatsächlich beendet hat. Die Sozialklausel ist deshalb anwendbar, wenn der Mieter früher bereits einmal gekündigt hatte, das Mietverhältnis dann kraft Gesetzes nach § 568 oder einvernehmlich fortgesetzt worden ist und nunmehr der Vermieter kündigt (LG Mannheim ZMR 1974, 337). Treffen eine Kündigung des Mieters und des Vermieters zusammen, ist entscheidend, auf welcher Kündigung das Ende des Mietverhältnisses beruht. Hat der Vermieter eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, kündigt aber der Mieter fristlos während des Laufs der Kündigungsfrist, wird die Sozialklausel unanwendbar. Ein bereits vorher eingelegter Widerspruch gegen die Kündigung des Vermieters wird wirkungs- und bedeutungslos (LG Stuttgart ZMR 1979, 274 m abl Anm B U C H H O L Z - D U F F N E R ) . Haben beide Parteien ordentlich gekündigt, greift § 556 a ein, wenn die Kündigung des Vermieters das Mietverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt beendet. Fällt der Kündigungstermin für beide Kündigungen zusammen, ist davon auszugehen, daß diejenige Kündigung das Mietverhältnis beendet, die zeitlich früher durch Zugang wirksam geworden ist und damit die Beendigung des Mietverhältnisses verursacht hat. Ist dies die Kündigung des Vermieters, steht dem Mieter das Widerspruchsrecht zu. In dessen eigener Kündigung kann jedoch uU ein Verzicht auf die Erhebung eines späteren Widerspruchs gesehen werden, der einen gleichwohl erhobenen Widerspruch als unzulässige Rechtsausübung nach § 242 erscheinen läßt (venire contra factum proprium). Ein widersprüchliches Verhalten des Mieters kann auch darin liegen, daß er sich trotz seiner Kündigung noch auf einen zuvor gegen die zeitlich frühere Kündigung des Vermieters erhobenen Widerspruch beruft. b) Recht zur fristlosen Kündigung durch den Vermieter Durch eine außerordentliche fristlose Kündigung des Vermieters wird das Mietverhältnis nicht vertragsmäßig beendet (Rz 14). Dementsprechend bestimmt § 556 a Abs 4 Nr 2, daß der Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht verlangen kann, wenn ein Grund vorliegt, aus dem der Vermieter zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist. Selbst wenn der Vermieter in derartigen Fällen aus Entgegenkommen eine ordentliche Kündigung ausspricht, entfällt allein wegen des Vorliegens des Grundes für eine fristlose Kündigung das Widerspruchsrecht des Mieters. Der rücksichtsvolle Vermieter soll dadurch keinen Nachteil erleiden (AG Burgsteinfurt WuM 1 9 7 5 , 3 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 6 a Rz 5 ; HOFFMANN W U M 1 9 6 3 , 1 6 1 ; HOLTGRÄVE, Neues Miet- und Wohnrecht 2 9 9 Rz 2 4 ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 4 ; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 4 6 ; SOERGEL-KUMMER § 5 5 6 a
Rz 1 6 ; STERNEL R Z IV 1 0 9 ; aM WEIMAR NJW 1 9 6 3 , 2 1 1 1 , 2 1 1 2 ) . Entgegen der vorgenannten hM (vgl vor allem R O Q U E T T E aaO; STERNEL aaO) kann es allerdings nicht darauf ankommen, daß zwischen der ordentlichen Kündigung und dem Grund zur fristlosen Kündigung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Aus dem Gesetz ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen. Nach § 556 a Abs 4 Nr 2 kommt es allein auf das Vorliegen des Grundes zur fristlosen Kündigung in dem Zeitpunkt an, in dem sich für den Mieter die Frage stellt, ob er die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (ebenso im Ergebnis S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 1 7 9 ) . Der Vermieter braucht sich nicht auf eine erneute, nunmehr fristlose Kündigung verweisen zu lassen (so aber STERNEL aaO). Das Recht auf Fortsetzung soll nur dem (393)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
56b
§ 556 > 57-60
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldrerhältnisse
Vertragstreuen Mieter zustehen. Das Mietverhältnis wird durch die ordentliche Kündigung zwar vertragsmäßig beendet, das Recht des Mieters bleibt aber wegen § 556 a Abs 4 Nr 2 ausgeschlossen. Unabhängig von der Frage, ob der Vermieter in solchen Fällen eine ordentliche oder eine außerordentliche fristlose Kündigung ausspricht, ist zu beachten, daß der Ausschluß des Kündigungswiderspruchs nicht regelmäßig durch Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO unterlaufen wird (vgl BVerfGE 52, 214 = NJW 1979, 2607; § 556 Rz 28 a).
III. Rechtsfolgen 57 1. Allgemeines Als Rechtsfolge ist bestimmt, daß der Mieter der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (§ 556 a Abs 1 S 1). 58 Nach verbreiteter Auffassung soll es sich hierbei um eine einheitliche und einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung handeln, deren Bestandteile nicht getrennt voneinander bestehen könnten (HOFFMANN NJW 1 9 6 6 , 4 8 6 , 4 8 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 5 ; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 3 0 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 0 7 ) . D i e
Geltendmachung des Widerspruchs und des Verlängerungsanspruchs sei ein wesentlicher Bestandteil der Erklärung (ROQUETTE aaO). Nur der Kündigung zu widersprechen, ohne die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen, sei ebenso sinnlos, wie umgekehrt nur die Fortsetzung zu verlangen, aber nicht die Kündigung anzugreifen (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK 59
aaO).
Der Gesetzeswortlaut läßt insoweit keine eindeutigen Schlüsse zu (anders HOFFMANN aaO; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). Wenn zT nebeneinander von Widerspruch und Verlangen auf Fortsetzung die Rede ist (Abs 1 S 1), zT nur von einem Fortsetzungsverlangen (Abs 2 S 1, Abs 4) oder auch nur von dem Widerspruch (Abs 6 S 1), so läßt dies nicht nur den von der obigen Meinung gezogenen Schluß zu, daß es sich um eine einheitliche Erklärung handeln müsse, sondern auch, daß der Mieter seine Rechte in zwei getrennten Erklärungen geltend machen kann, wobei der Widerspruch wiederum Voraussetzung für das Verlangen auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ist (vgl ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 17, wonach der Widerspruch fristgebunden ist, nicht die Verlängerungserklärung). Deutlicher ist § 556 a Abs 5 S 1, wo es heißt, „die Erklärung des Mieters, mit der er der Kündigung widerspricht und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, bedarf der schriftlichen Form". Diese Formulierung legt es nahe, von einer einheitlichen Willenserklärung auszugehen. Damit ist aber noch nicht der Schluß gerechtfertigt, daß die Erklärung unwirksam sei, wenn aus ihr nicht der Widerspruch und das Fortsetzungsbegehren nebeneinander hervorgehen würden (so aber ROQUETTE § 556 a Rz 30).
60 Die Schwierigkeiten bei der dogmatischen Einordnung dieser beiden Bestandteile resultieren aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach Art III § 4 des RegE eines AbbauG (BT-Drucks III/1234,9) war ein Recht des Mieters zum Widerspruch gegen die Kündigung vorgesehen. Der Widerspruch sollte die Kündigung unwirksam machen. In den Ausschußberatungen wurde ein solches Recht des Mieters, die Kündigung des Vermieters für unwirksam zu erklären, nicht für notwendig gehalten. Es genüge vielmehr, „wenn der Vermieter durch den Widerspruch des Mieters verpflichtet wird, das Mietverhältnis fortzusetzen, solange es den Umständen nach angemessen ist" (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). Daraus ergibt sich, daß Widerspruch und Verlangen auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht nur zwei Bestandteile einer Willenserklärung, sondern daß sie rechtlich ein und dasselbe sind. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(394)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 61-65
Beiden kommt dieselbe Funktion zu. In jedem Widerspruch kann deshalb auch ohne weitere Auslegung das Verlangen auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gesehen werden. Das gleiche gilt für den umgekehrten Fall. 2. Recht zum Widerspruch im allgemeinen
61
а) Besondere Voraussetzungen der Widerspruchserklärung aa) Schriftliche Form ist für die Erklärung des Mieters erforderlich, mit der er der Kündigung widerspricht und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt ( § § 5 5 6 a Abs 5 S 1 , 1 2 6 Abs 1 u 3 ; vgl aber § 5 5 6 c Rz 2 8 ; P E R G A N D E § 5 5 6 a Anm б). Das Formerfordernis dient der Rechtsklarheit und soll spätere Streitigkeiten über die Frage ausschließen, ob tatsächlich ein Widerspruch erhoben worden ist ( P E R G A N DE aaO). Die Form ist bei eigenhändiger Unterzeichnung, notariell beglaubigtem Handzeichen oder notarieller Beurkundung gewahrt. Dies gilt auch, wenn der Mieter eine auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gerichtete Klage oder Widerklage erhebt. Ein gerichtliches Protokoll ersetzt die Form aber nur im Rahmen eines Vergleichs ( § 1 2 7 a; anders noch P E R G A N D E § 5 5 6 a Anm 6 unter Geltung des § 1 2 6 Abs 3 aF; s auch LG Braunschweig NJW 1964, 1028, 1031 - prozessual wirksame Anträge; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 a Anm 5 d bb). Ein telegrafisch übermittelter Widerspruch ist unwirksam (OLG Karlsruhe RE NJW 1 9 7 3 , 1 0 0 1 ; aM CLASEN B1GBW 1 9 7 5 , 1 2 6 , 127 für den durch unterschriebenes Telegrammformular aufgegebenen Widerspruch). bb) Vertretung ist bei der Abgabe der Widerspruchserklärung zulässig ( P A L A N D T - 62 P U T Z O § 5 5 6 a Anm 5 b; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 0 8 ) . Dabei ist aber zu beachten, daß der Vermieter den Widerspruch nach § 174 zurückweisen kann, wenn keine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird. cc) Eine Frist für die Erklärung des Widerspruchs ist in § 556 a Abs 6 bestimmt. 63 Hierbei handelt es sich nicht um eine Ausschlußfrist, sondern um eine der Verjährungsregelung vergleichbare Frist, deren Versäumung nur beachtet wird, wenn sie vom Vermieter als Einrede geltend gemacht wird (AG Recklinghausen WuM
1964, 53 m A n m
SCHERER; B G B - R G R K - G E L H A A R
§ 5 5 6 a R Z 1 7 ; BURK-
HARDT B B 1 9 6 3 , 9 0 7 , 9 1 1 ; E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 a R Z 1 7 ; H A N S § 5 5 6 a A n m 4 b ; HOFFMANN N J W 1 9 6 6 , 4 8 6 , 4 8 7 ; KUNKEL N J W 1 9 6 5 , 7 9 9 , 8 0 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 5 d ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 7 ; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 3 7 ; SCHMIDT-
210; STERNEL R Z IV 113; aM H I E N D L NJW 1965,2190). Zweck der Frist ist es, dem Vermieter angemessene Zeit vor Ablauf des Mietverhältnisses Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Mieter räumen wird oder nicht (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). FUTTERER-BLANK B
Nach § 556 a Abs 6 S 1 kann der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses 64 ablehnen, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat. Diese Frist gilt einheitlich bei allen Kündigungsfristen des § 565. Die ursprünglich unterschiedliche Fristbestimmung entsprechend der Staffelung der Kündigungsfristen ist durch das MietRÄndG III beseitigt worden. Eine abweichende Regelung gilt aber bei Werkmietwohnungen (§ 565 d Abs 2). Karenzzeiten sind nicht vorgesehen. Für die Fristberechnung gelten die §§ 186 ff. Maßgebend für die Einhaltung der Frist ist der Zugang des Widerspruchs ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 210). Nach § 556 a Abs 6 S 2 kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des 65 Räumungsrechtsstreits erklären, wenn der Vermieter ihn nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs und dessen Form und (395)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 66, 67
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Frist hingewiesen hat (vgl § 564 a Abs 2). Diese Regelung ist durch das MietRÄndG III aufgenommen worden, weil sich in der Praxis gezeigt hatte, daß vor allem Mieter aus den Bevölkerungskreisen, denen die Sozialklausel helfen soll, von ihrem Widerspruchsrecht aus Rechtsunkenntnis nur selten fristgerecht Gebrauch machten (Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Rechtzeitig ist der Hinweis nur, wenn er dem Mieter angemessene Zeit vor Ablauf der Widerspruchsfrist zugeht, so daß ihm noch genügend Zeit zur Einholung von Rechtsrat, Überlegung, Abfassung des Widerspruchs und dessen Übermittlung an den Vermieter verbleibt. Aus dem Gesetz läßt sich nicht entnehmen, daß der Hinweis zugleich mit der Kündigungserklärung erteilt werden muß (aM D E R L E D E R in AK §§ 556 a-556 c Rz 7). Dies wäre wegen der nach § 565 Abs 2 unterschiedlich langen Kündigungsfristen auch nicht sinnvoll. Die Hinweispflicht des Vermieters ist unverzichtbar und kann nicht im voraus erfüllt werden ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 212; W E I M A R WuM 1969,177). Für das Gericht kann sich im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits (vgl hierzu im e i n z e l n e n P E R G A N D E § 556 a Anm 7; V O E L S K O W Betrieb 1968,115,121) nach § 139 ZPO eine Pflicht zur Aufklärung des Mieters über seine Rechte ergeben ( P E R G A N D E a a O ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 1 2 ; SCHMIDT-FUTTERER W u M
1968, 37,
40;
aaO). Das Erfordernis der Schriftform nach Abs 5 S 1 gilt auch für den im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklärten Widerspruch. Auf der Grundlage der Prozeßvollmacht wird die Zustellung von Anwalt zu Anwalt der Form gerecht (vgl LG Braunschweig NJW 1964, 1028, 1031). Ein gerichtliches Protokoll ersetzt die Form nur bei einem Prozeßvergleich (§§ 126 Abs 3, 127 a). VOELSKOW
66 Die Widerspruchsfrist ist für den Mieter nicht einzuhalten, wenn sich die Härtegründe erst nach Fristablauf & ingestellt haben ( H O F F M A N N WuM 1963,161,163; P E R G A N D E § 556 a Anm 7). Hat der Mieter nicht vorsorglich widersprochen, ist ihm nur noch durch Gewährung einer gerichtlichen Räumungsfrist nach § 721 ZPO zu helfen. 67 dd) Für den Inhalt des Widerspruchs genügt der erkennbare Wille des Mieters, die Beendigung des Mietverhältnisses nicht gegen sich gelten zu lassen. Die Begriffe „Widerspruch" oder „Fortsetzung des Mietverhältnisses" brauchen nicht ausdrücklich verwendet zu werden (LG Flensburg SchlHAnz 1966, 42). Eine Begründung ist nicht erforderlich. Auf Verlangen des Vermieters soll der Mieter nach § 556 a Abs 5 S 2 allerdings unverzüglich Auskunft über die Gründe des Widerspruchs erteilen. Außer Kostennachteilen im Räumungsprozeß (vgl § 93 b Abs 2 ZPO) sind an die Verletzung dieser Sollvorschrift durch den Mieter keine Sanktionen geknüpft. Hinsichtlich der Begründung des Widerspruchs besteht kein Formzwang ( P E R G A N D E § 556 a Anm 6; STERNEL Rz IV112). Der Mieter braucht in der Erklärung, mit der er der Kündigung widerspricht und Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, auch nicht anzugeben, für welche Zeit das Mietverhältnis fortgesetzt werden soll (AG Fürth WuM 1966,41; H O F F M A N N W U M 1963,161,163; P E R G A N D E § 556 a Anm 6; aM B U R K H A R D T BB 1963, 907, 910; K U N K E L NJW 1965, 799, 801). Dies ist aus § 308 a Abs 1 S 1 ZPO zu schließen, wonach das Gericht im Räumungsprozeß auch ohne Antrag im Urteil auszusprechen hat, für welche Dauer und unter welchen Änderungen der Vertragsbedingungen das Mietverhältnis fortgesetzt wird. Von einer Bedingung darf der Mieter den Widerspruch grundsätzlich nicht abhängig machen, wenn es damit für die Frage der Fortsetzung des Mietverhältnisses auf ein ungewisses, zukünftiges Ereignis ankommt, dessen Eintritt der Vermieter nicht beeinflussen kann (PERGANDE § 5 5 6 a A n m 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 0 9 ; WEIMAR W U M 1 9 6 5 ,
200). Unabhängig von der Frage der Gestaltungswirkung des Widerspruchs (Rz 68) würde eine solche Bedingung die Rechtsstellung des Vermieters in unerträglicher Weise verunsichern, da er nicht absehen kann, ob der Mieter den Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses endgültig geltend machen wird. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(396)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 68-70 a
b) Wirkung des Widerspruchs
68
Der Widerspruch des Mieters hat keine rechtsgestaltende Wirkung, die automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung führen würde (ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 4; FISCHER Z M R 1960, 2 2 5 ; HANS § 5 5 6 a A n m 5 a; HÄUSLER D W W 1968, 4, 6 ; HOFFMANN N J W 1966, 4 8 6 , 4 8 7 ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 5; ROQUETTE § 5 5 6 a RZ 3 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 1 4 ; WEIMAR WuM 1 9 6 5 , 2 0 0 ) . Die dahin zielende
ursprüngliche Fassung des Gesetzentwurfs ist in den Ausschußberatungen ausdrücklich aufgegeben worden (Ausschußbericht, zu BT-Drucks I I I / 1 8 5 0 , 9 ) . Es ist deshalb nicht angebracht, in dem Widerspruch ein Gestaltungsrecht zu sehen, das zur schwebenden Unwirksamkeit der Kündigung führt (so aber LG Braunschweig WuM 1 9 7 2 , 1 2 7 , 1 2 8 ; LG Wiesbaden WuM 1 9 7 2 , 1 6 2 ; AG Kassel WuM 1 9 7 2 , 9 6 ; BGBRGRK-GELHAAR § 5 5 6 a R z 2 1 ; DERLEDER in A K §§ 5 5 6 a - 5 5 6 c R z 8; HIENDL N J W 1965, 2 1 9 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 5 e ; SOERGEL-KUMMER § 5 5 6 a
Rz 33). Ein wirksamer Widerspruch begründet nur einen Anspruch aufFortsetzungdes Mietverhältnisses. Dieser Anspruch wird im Wege der Einigung zwischen den Parteien oder durch Gerichtsurteil erfüllt (§ 556 a Abs 3 S 1). Durch den Widerspruch wird zwar ein Schwebezustand ausgelöst. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine schwebende Unwirksamkeit, sondern um den zwischen jeder Begründung und Erfüllung eines Anspruchs bestehenden Zustand. Die Ungewißheit resultiert allein aus dem nicht mit Sicherheit vorauszusehenden Prozeßausgang (vgl SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 1 7 ) . Die dogmatischen Schwierigkeiten sind darin begründet, daß der nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf zur Unwirksamkeit führende Widerspruch in der endgültigen Gesetzesfassung bestehengeblieben ist, aber die Funktion der Geltendmachung eines Anspruchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gewonnen hat (Rz 60). Diese Beurteilung des Widerspruchs hat zur Folge, daß die Kündigung das 69 Mietverhältnis zum maßgebenden Termin beendet, wenn die Parteien sich nicht vorher über eine Fortsetzung einigen oder ein dahin gehendes Urteil ergeht. Erst durch diese rechtsgestaltenden Akte, nicht schon durch den Widerspruch, wird der Kündigung die Wirksamkeit entzogen. Können sich die Parteien erst nach Ablauf der Kündigungsfrist einigen oder ergeht 70 erst dann ein Urteil, wird das Mietverhältnis zwischenzeitlich beendet, so daß sich die Rechte und Pflichten der Parteien zunächst nach den §§ 556, 557 richten, die Beendigung und damit auch die Anwendbarkeit der §§ 556, 557 dann aber rückwirkend durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses beseitigt werden. Es handelt sich auch in diesem Fall nicht um einen Neuabschluß (vgl ROQUETTE § 5 5 6 a R z 3 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 1 5 , 2 1 6 , 2 2 1 ) .
c) Widerruf des Kündigungswiderspruchs Da der Widerspruch gegen die Kündigung einen Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses begründet, kann er nicht einseitig widerrufen werden (aM PERGANDE § 5 5 6 a Anm 6). Die durch den Widerspruch entstandene Verpflichtung des Vermieters ist nur durch einen Erlaßvertrag der Parteien nach § 397 Abs 1 aufzuheben. Macht der Mieter seinen Anspruch später nicht mehr geltend, kann darin ein uU auch konkludentes Angebot zum Abschluß eines Erlaßvertrags liegen (s aber AG Mannheim DWW 1979, 19, 20). Eine solche Erklärung ist in der vollständigen Räumung der Wohnung zu sehen, nicht aber ohne weiteres in einem sukzessiven Abtransport einzelner Einrichtungsgegenstände (vgl AG Mannheim aaO). (397)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
70a
§ 556 a 71-76
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
71 3. Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses im besonderen Der Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses kann durch außergerichtliche oder gerichtliche Einigung der Parteien, also durch Vertrag oder Prozeßvergleich, erfüllt werden. Kommt keine Einigung zustande, so wird durch Gerichtsurteil entschieden (§ 556 a Abs 3 S 1). 72 a) Einigung der Parteien Das Gesetz geht davon aus, daß sich die Parteien über die Fortsetzung des Mietverhältnisses meist gütlich einigen werden (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). Der Anspruch des Mieters ist auf Abgabe einer Willenserklärung durch den Vermieter gerichtet. Das Fortsetzungsverlangen bildet somit ein Vertragsangebot, zu dessen Annahme der Vermieter verpflichtet ist. Die Einigung ist ein Vertrag, der den bisherigen Mietvertrag ändert (§ 305). 73 Fraglich ist, ob eine solche Änderung nach § 566 formbedürftig ist, wenn der Vertrag für längere Zeit als ein Jahr fortbestehen soll. Die Formbedürftigkeit wird verbreitet mit der Begründung abgelehnt, die Sozialklausel sei als Spezialvorschrift vorrangig gegenüber § 5 6 6 (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 1 8 ) . Zudem werde durch das Erfordernis der Schriftform die tendenziell vom Gesetz begünstigte Einigung erschwert, die ohnehin als besonderer Tatbestand nicht ohne weiteres in das übliche Schema des gewöhnlichen Änderungsvertrags passe (PERGANDE § 5 5 6 a Anm 9 ) . Diese Argumente können nicht überzeugen, da ein Vorrang der Sozialklausel gegenüber § 5 6 6 nicht erkennbar ist (STERNEL R Z IV 1 4 3 ) und von einer Erschwerung der Einigung durch Einhaltung der Schriftform wohl kaum die Rede sein kann. Der Mieter wird durch das Formerfordernis auch nicht sonderlich benachteiligt, weil bei einem Formmangel § 566 S 2 eingreift und bei einer späteren Kündigung die Sozialklausel erneut ihre Schutzwirkungen entfalten kann (§ 5 5 6 c; vgl WEIMAR WuM 1 9 6 5 , 1 4 6 ) . 74 Bei einer Einigung im Wege des Prozeßvergleichs ist die Form auf jeden Fall gewahrt (§§ 126 Abs 3, 127 a). 75 b) Fortsetzungsurteil Können sich die Parteien nicht einigen, so ergeht im Rahmen eines Räumungsprozesses oder aufgrund einer vom Mieter erhobenen Fortsetzungsklage ein gerichtliches Urteil über die Fortsetzung des Mietverhältnisses (§ 556 a Abs 3 S 1; § 308 a ZPO). Gegenüber der Räumungsklage besteht für eine auf § 556 a gestützte Widerklage des Mieters wegen § 308 a ZPO kein Rechtsschutzbedürfnis. Umgekehrt kann der Vermieter jedoch gegenüber der selbständig zulässigen Fortsetzungsklage (ERMANSCHOPP § 5 5 6 a R z 5 ; HANS § 5 5 6 a A n m 9 b ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 7 a ; PERGANDE NJW 1964, 1925, 1934) Widerklage auf Räumung erheben ( H A N S aaO; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 2 0 ) .
76 Da die Sozialklausel dem Mieter einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses einräumt und in der Geltendmachung des Anspruchs ein Antrag auf Vertragsfortsetzung zu sehen ist, liegt es nahe, die gerichtliche Entscheidung als Leistungsurteil auf Abgabe einer Willenserklärung zu qualifizieren, das nach § 894 Z P O vollstreckt wird (so SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 2 0 ) . Dann wäre die ausdrückliche Erwähnung der Möglichkeit einer Entscheidung durch Urteil in § 5 5 6 a Abs 3 S 1 aber als Selbstverständlichkeit überflüssig (PERGANDE § 3 0 8 a Z P O Anm 4). Ein Feststellungsurteil ist für das Klageziel des Mieters unzureichend, weil damit sein Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses noch nicht erfüllt ist. Von der überwiegenden Meinung wird deshalb zu Recht ein Gestaltungsurteil angenomm e n (ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 a R Z 5 ; HOFFMANN Z M R 1 9 6 4 , 9 7 , 9 8 ; M O H N E N R d A
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(398)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 77-81
1 9 6 0 , 3 2 4 , 3 2 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 7 a ; PERGANDE § 3 0 8 a Z P O A n m 4 ;
ders NJW 1964, 1925, 1934; THOMAS NJW 1964, 1945; offengelassen von HANS § 556 a Anm 9 b unter Hinweis auf die mangelnde praktische Bedeutung der Streitfrage). Den Mieter trifft die Beweislast für die Härtegründe, den Vermieter für seine 77 berechtigten Interessen und für Gründe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen und damit den Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ausschließen. c) Dauer und sonstiger Inhalt des fortgesetzten Mietverhältnisses
78
aa) Soweit die Parteien eine Einigung erzielen, können sie im Rahmen der Vertragsfreiheit auch die Dauer und die sonstige inhaltliche Ausgestaltung des fortgesetzten Mietverhältnisses regeln. Sie können das Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit fortsetzen, den Mietzins, Nebenleistungspflichten und dgl ändern. bb) Können sich die Parteien nicht einigen, wird durch Gerichtsurteil über die Dauer 79 sowie über die Bedingungen entschieden, nach denen das Mietverhältnis fortgesetzt wird. cc) Hinsichtlich der Dauer kommt grundsätzlich eine Fortsetzung auf bestimmte Zeit 80 in Betracht, wenn abzusehen ist, bis zu welchem Zeitpunkt die Härtegründe in der Person des Mieters oder seiner Familie weggefallen sein werden oder den Interessen des Mieters ein Übergewicht zukommen wird. Eine Fortsetzung ist nur für die Zeit zulässig, die unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist (§ 556 a Abs 2 Sl).
Aufgrund der ursprünglichen Fassung der Sozialklausel wurde in Rspr und Schrifttum 81 (vgl BRÜHL FamRZ 1964, 67, 70) überwiegend die Auffassung vertreten, daß durch Urteil nur eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit zulässig sei (vgl aber AG Hann. Münden WuM 1966, 78; AG Wiesbaden WuM 1967, 9). Mit der Einführung des § 556 a Abs 3 S 2 durch das MietRÄndG III wurde die Möglichkeit geschaffen, das Mietverhältnis durch Urteil auch auf unbestimmte Zeit fortzusetzen, wenn nicht zu ermitteln ist, wann die Härtegründe für den Mieter oder seine Familie voraussichtlich wegfallen werden. Im Regelfall soll es aber dabei bleiben, daß das Gericht die Fortsetzung nur auf bestimmte Zeit anordnet (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V / 2 3 1 7 , 2 ; aM STERNEL RZ I V 1 4 6 ) . Umstände, die eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit rechtfertigen, sind vor allem hohes Alter, Gebrechlichkeit und unabsehbare Dauer einer Erkrankung (vgl LG Düsseldorf MDR 1970, 55; LG Düsseldorf WuM 1969, 91; AG Bremerhaven WuM 1970, 24; AG Biberach/Riß WuM 1980, 54; AG Essen WuM 1969, 76; AG Frankfurt WuM 1971, 13; AG Lübeck WuM 1 9 6 9 , 9 3 ; AG Münster WuM 1 9 8 0 , 1 8 6 [LS]; AG Zweibrücken WuM 1 9 7 1 , 1 1 9 ; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 11; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 2 4 ) , Umstände also, die nicht nur vorübergehender Natur sind (OLG Stuttgart RE NJW 1969, 1 0 7 0 ) . Die Schwierigkeiten der Ersatzraumbeschaffung rechtfertigen dagegen nicht ohne weiteres eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit. Auch wenn der Mieter selbst den Umzug in eine noch nicht vorhandene andere Wohnung anstrebt, ist das Mietverhältnis nur auf bestimmte Zeit fortzusetzen (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1 7 4 6 ) . Wenn die Voraussetzungen für eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit an sich gegeben sind, so ist das Gericht doch an einen Antrag des Mieters gebunden, das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit fortzusetzen (vgl § 3 0 8 Abs 1 ZPO; PERGANDE § 556 a Anm 11). Der Mieter kann es aber auch dem Gericht überlassen, ob es die Fortsetzung auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit anordnet (vgl § 308 a ZPO; PERGANDE a a O ) . (399)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 82-87
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
82 Eine Fortsetzung auf Lebenszeit ist von der Rspr vereinzelt als zulässig angenommen worden (LG Essen WuM 1 9 7 1 , 2 4 ; LG Wiesbaden WuM 1 9 6 8 , 2 0 0 ; A G Wiesbaden WuM 1 9 6 7 , 8 ) . Nach dem MietRÄndG III ist in den §§ 5 5 6 a, 5 5 6 c ausdrücklich nur eine Fortsetzung auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit vorgesehen. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf Lebenszeit kann nicht mit einer Fortsetzung auf unbestimmte Zeit gleichgesetzt werden und ist deshalb jedenfalls durch Urteil außerhalb einer Einigung der Parteien unzulässig (OLG Stuttgart RE NJW 1969, 1 0 7 0 ; H A N S § 5 5 6 a A n m 5 b ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 b ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 1 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 2 5 ; a M ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 a R z 1 3 ) . U m
einen derart schwerwiegenden, dauerhaften Eingriff in die Rechte des Vermieters zu rechtfertigen, hätte es einer ausdrücklichen Zulassung durch den Gesetzgeber bedurft. Dem Interesse des Mieters kann im Rahmen eines wiederholten Widerspruchs nach § 556 c Abs 2 ausreichend Rechnung getragen werden. 83 dd) Eine Änderung der Vertragsbedingungen durch das Gericht ist möglich, wenn die Parteien sich insoweit nicht einigen können und dem Vermieter nicht zuzumuten ist, das Mietverhältnis unter den bisher geltenden Bedingungen fortzusetzen (§ 556 a Abs 2 S 2). Ein dahin gehender Sachantrag des Vermieters im Prozeß ist nicht erforderlich. Das Gericht kann von Amts wegen entscheiden (§ 308 a ZPO) oder nach § 139 ZPO dahin wirken, daß sachdienliche Anträge gestellt werden ( P E R G A N D E § 556 a Anm 12). 84 Unter den Vertragsbedingungen ist der gesamte Inhalt des Mietvertrags zu verstehen ( H A N S § 5 5 6 a Anm 5 c; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 2 8 ) , nicht nur der Mietzins (so grundsätzlich R O Q U E T T E § 5 5 6 a Rz 40, 41). Neben Gebrauchsrechten des Mieters können die Nebenpflichten des Vermieters zu einer Belastung geworden sein, deren Korrektur der Vermieter an sich durch Kündigung und Neuabschluß des Vertrags anzustreben berechtigt ist. 85 Ob eine Fortsetzung unter den bisher geltenden Vertragsbedingungen für den Vermieter unzumutbar ist, richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung der beiderseitigen Interessen. Als unzumutbar ist die Fortsetzung allgemein zu beurteilen, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände wie vor allem der Entwicklung der örtlichen Vergleichsmieten, der vertraglichen Pflichten der Parteien, ihres bisherigen Verhaltens usw das vertragliche Gleichgewicht erheblich gestört und der Vermieter dadurch übermäßig belastet wird, so daß auch bei objektiver Betrachtung ein Neuabschluß zu den bisherigen Vertragsbedingungen nicht in Betracht kommt. 86 Daraus ergibt sich zugleich der Maßstab für die Angemessenheit einer Änderung der vertraglichen Bedingungen. Ziel muß es dabei sein, das Gleichgewicht der vertraglichen Rechte und Pflichten wiederherzustellen, wobei die besonderen Interessen beider Parteien an einer Beendigung bzw Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses zu berücksichtigen sind. 87 Dies gilt in erster Linie für eine Anpassung des Mietzinses an die ortsübliche Vergleichsmiete (LG Mannheim ZMR 1977, 30; B R Ü H L FamRZ 1964, 67, 71; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 c ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 1 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-
B 230, 231; vgl LG Mannheim NJW 1964, 2307 m Anm B U R K H A R D T NJW 1965,303; H O F F M A N N DWW 1968,44,45; V O E L S K O W Betrieb 1968,115,118). Die Anpassung des Mietzinses ist nicht davon abhängig, daß die formellen und materiellen Voraussetzungen des MHRG (Art 3 WKSchG II) eingehalten werden. Die Regelung der Sozialklausel ist demgegenüber vorrangig (LG Mannheim ZMR BLANK
1977, 30; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 6 a R z 19; MünchKomm-VoELSKOw § 556 a Rz 86;
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
231;
WEIMAR
ZMR
1978,
325,
327;
aM
Rz I V 147). Auch vertragliche Nebenpflichten des Mieters wie die Übernahme von Schönheits- und sonstigen Reparaturen, Gehwegreinigung und dgl STERNEL
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(400)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 88-91
können in angemessenem Umfang angepaßt werden. Dabei ist aber die Einschränkung zu machen, daß neue Pflichten dem Mieter nur dann auferlegt werden dürfen, wenn sie sich im Rahmen allgemein üblicher vertraglicher Nebenpflichten halten. Unzulässig ist eine einseitige Änderung der Vertragsbedingungen, wenn den Mieter außergewöhnliche Pflichten wie Pflege des kranken Vermieters, Reinigung der Vermieterwohnung oder die Übernahme einer Hauswarttätigkeit (so aber P E R G A N D E § 556 a Anm 12; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 230 - widersprüchlich zwischen zulässiger Hauswarttätigkeit und unzulässiger Gartenpflege) treffen würden. Die Änderung des Vertragsinhalts kann sich auf einzelne Räume beschränken, so vor allem bei Eigenbedarf des Vermieters ( P A L A N D T - P U T Z O § 556 a Anm 6 c; P E R G A N D E § 556 a A n m
1 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
230; aM
ROQUETTE § 5 5 6 a
Rz
41). IV. Ausnahmetatbestände (Abs 8) 1. Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch
88
Die Sozialklausel gilt nach § 556 a Abs 8 nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. Dieser Begriff ist aus § 25 MietSchG in das BGB übernommen worden und wird auch in den §§ 564 a Abs 3, 565 Abs 2 S 2 (vgl auch Abs 3), 565 a Abs 3, in Art 2 Abs 3 WKSchG II und in § 10 Abs 2 Nr 2 u 3 MHRG verwendet. a) Da das Gesetz keine näheren Angaben enthält, was unter Wohnraum zu nur 89 vorübergehendem Gebrauch zu verstehen ist, kommt es für die Interpretation des Begriffs entscheidend auf den Zweck der Sozialklausel im Verhältnis zu der davon gemachten Ausnahme an. Isoliert betrachtet, ist der Begriff unergiebig, weil der dem Mieter überlassene Gebrauch in jedem Fall nur vorübergehender Natur ist (ROQUETTE § 5 5 6 a Rz 5 ) . Die Sozialklausel soll den Mieter vor einem ungerechtfertigten Verlust des Wohnraums schützen. Von einer Härte, die eine Beendigung des Mietverhältnisses mit sich bringt, kann nur die Rede sein, wenn der Mieter den Wohnraum auf eine gewisse Dauer zum Mittelpunkt seines Lebens gemacht hat. Wird durch das Mietverhältnis nur ein kurzfristiges Wohnbedürfnis befriedigt, ist die Beendigung von vornherein in absehbarer Zeit beabsichtigt und führt deshalb nicht zu dem in der Sozialklausel vorausgesetzten Eingriff. Unter dem Begriff des vorübergehenden Gebrauchs ist deshalb ein nur kurzfristiger Gebrauch zu verstehen (ROQUETTE a a O ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C
452).
Ob Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, richtet sich in erster 90 Linie nach dem vereinbarten Vertragszweck. Die Miete zu einem kurzfristigen Gebrauch muß deshalb Vertragsinhalt geworden sein. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Es läßt sich nicht generell eine bestimmte zeitliche Grenze festlegen, bei deren Überschreiten kein vorübergehender Gebrauch mehr anzunehmen wäre. Vielmehr ist auf den Anlaß abzustellen, der dem Abschluß des Mietvertrags zugrunde liegt. Hieraus ist der Maßstab zu entwickeln, nach dem die Kurzfristigkeit des Gebrauchs zu beurteilen ist ( R O Q U E T T E § 556 a Rz 5). Die zeitliche Beschränkung kann sich aus dem besonderen Zweck des Gebrauchs ergeben, wobei das Ende des Mietverhältnisses zeitlich genau bestimmt ist oder von einem Ereignis abhängt, dessen Eintritt in absehbarer Zeit zu erwarten ist (LG Hannover MDR 1971, 762). Als typisches Beispiel einer kurzfristigen Gebrauchsüberlassung ist die Vermietung 91 von Hotelzimmern, Privatunterkünften oder Ferienwohnungen an Durchreisende, Feriengäste oder Besucher zu nennen. Anlaß kann die Notwendigkeit einer einmaligen Übernachtung oder eines längeren Aufenthaltes für die Dauer eines (401)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 a 92-94
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Urlaubs, eines Kuraufenthaltes, einer Messe oder eines Jahrmarkts sein. Auch der Aufenthalt eines auswärtigen Monteurs oder andere geschäftliche Gründe zählen hierzu. Ist eine Ferienwohnung aber langfristig an einen Mieter vermietet, der sie ständig, wenn auch in unregelmäßigen Abständen, nutzt, so handelt es sich nicht um Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch, weil das Vertragsende nicht durch die Kurzfristigkeit des Gebrauchs bestimmt wird (vgl BVerfGE 50, 108 = NJW 1979,757). Das gleiche gilt für sonstige Zweitwohnungen, die ebenfalls zeitweise und immer wieder den Mittelpunkt der Lebensführung bilden können (LG Hanau MDR 1 9 8 0 , 8 4 9 ; S C H M I D B1GBW 1 9 8 0 , 2 0 5 ; STERNEL Rz I V 5 4 ; aM LG Braunschweig ZMR 1980, 184 u 340; AG Gelnhausen MDR 1980, 849). 92 Längere Zeiträume kommen in Betracht, wenn eine Notunterkunft wegen eines Brandes, einer Überschwemmung oder anderer Naturkatastrophen gewährt wird, wenn wegen einer beruflichen Versetzung am neuen Wohnort vor Anmietung einer endgültigen Wohnung zwischenzeitlich eine Unterkunft genommen wird oder wenn eine vorübergehende Unterkunft vor Fertigstellung eines Neubaus erforderlich wird. Auch die Miete eines Studentenzimmers für ein Semester oder der Aufenthalt eines auswärtigen Wissenschaftlers bis zur Erledigung eines bestimmten Forschungsprojekts gehören hierher. Derartige längere Zeiträume können wegen ihres besonderen Anlasses, der von vornherein einen begrenzten Aufenthalt erwarten läßt, als vorübergehend zu beurteilen sein (vgl LG Hannover MDR 1971, 762; R O Q U E T T E § 556 a Rz 5; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 455). Eine Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch liegt deshalb auch vor, wenn einem Miterben bei der Auseinandersetzung die entgeltliche Weiterbenutzung eines zur Erbmasse gehörigen Einfamilienhauses für die Dauer eines Jahres gestattet wird, während in der folgenden Zeit die anderen Erben das Grundstück nutzen wollen (LG Mannheim MDR 1977, 317). 93 b) Nicht vorübergehend ist die Vermietung von Wohnraum an eine Gastarbeiterfamilie (LG Hannover aaO; aM AG Frankfurt ZMR 1973, 149), an einen Studenten für die Dauer des Studiums (OLG Bremen RE WuM 1981,8; OLG Hamm RE WuM 1981, 5 m Anm BOROWSKY; LG Freiburg MDR 1980, 315; LG Marburg NJW 1977, 154) oder an einen Mieter bis zur Fertigstellung eines erst geplanten Neubaus. Das gleiche gilt für die Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim und dgl (LG Berlin WuM 1974, 265; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 459; W E I M A R ZMR 1979, 136). In solchen Fällen dient der Wohnraum dazu, den allgemeinen Wohnbedarf des Mieters zu befriedigen. Die Dauer ist idR zeitlich nicht genau fixiert, selbst wenn bei Gastarbeitern eine beschränkte, aber verlängerungsfähige Aufenthaltserlaubnis vorliegt. Ein Mietvertrag auf unbestimmte Zeit kann dabei ein Anhaltspunkt für einen nicht nur vorübergehenden Gebrauch sein. Andererseits ist ein Mietvertrag auf bestimmte Zeit nicht ohne weiteres ein Indiz für vorübergehende Überlassung, insbesondere wenn die Wohnung zum Mittelpunkt der Lebensführung des Mieters werden soll und damit der Schutz der Sozialklausel geboten ist (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 455). Ein demgegenüber vom Vermieter durchgesetzter Vermerk im Mietvertrag, daß es sich nur um eine „vorübergehende Benutzung" handele, kann unter diesen Umständen unwirksam sein (§ 556 a Abs 7; OLG Bremen RE aaO; OLG Hamm RE aaO 6; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 457; vgl LG Hannover aaO). 94 c) Ob Wohnheimplätze nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet sind, kann nicht generell entschieden werden. Der Stand des Mieters als Arbeiter, Angestellter, Lehrling oder Student läßt für sich noch nicht den Schluß auf eine Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch zu. Andererseits kann die vorübergehende Natur der Ausbildung auch den Charakter des Mietverhältnisses prägen. Gleichwohl ist die Vermietung von Wohnraum in einem Studenten-, Lehrlings- oder Schülerheim nicht Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(402)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 a 95-98
schon regelmäßig als Überlassung zu vorübergehendem Gebrauch zu beurteilen (LG Freiburg MDR 1980, 315; LG Marburg NJW 1977, 154; aM LG Heidelberg Justiz 1 9 7 7 , 5 9 ; STERNEL RZ III 7 1 ; vgl LÖWE NJW 1 9 7 5 , 9, 11). Vor allem wenn die Ausbildungszeit im einzelnen noch nicht feststeht, auf jeden Fall aber mehrere Jahre betragen wird und der Heimplatz den Mittelpunkt der Lebensführung des Bewohners bildet, besteht auch im Hinblick auf ein Rotationssystem bei der Vergabe der Plätze kein Grund, ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers derartige Mietverträge von der Sozialklausel auszunehmen (Rz 9 3 ; vgl aber SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 460).
2. Möblierter Wohnraum iS des § 565 Abs 3
95
Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum sind nach § 556 a Abs 8 von der Geltung der Sozialklausel ausgenommen, wenn der Raum ganz oder überwiegend vom Vermieter mit Einrichtungsgegenständen auzustatten ist, Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Dies ist mit Mietverhältnissen der in § 565 Abs 3 genannten Art gemeint (im einzelnen § 565 Rz 44 ff). Der Ausnahmetatbestand ist durch das MietRÄndG I eingefügt worden. Die 96 Sozialklausel soll bei derartigen Mietverhältnissen nur gelten, wenn der Wohnraum zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,10 zu Art I Nr 12). Der Gesetzgeber scheint davon ausgegangen zu sein, daß für Einzelpersonen der Wohnraum, der nicht oder nur geringfügig mit eigenen Einrichtungsgegenständen auszustatten ist, nicht den Mittelpunkt der Lebensführung bildet und deshalb auch keines besonderen Schutzes bedarf (ROQUETTE § 556 a Rz 6). Eine derart generelle Annahme läßt sich allerdings kaum rechtfertigen, vor allem wenn es sich um ein auf Dauer gerichtetes Mietverhältnis handelt. Gerade in diesem Fall ist die Schlechterstellung einer Einzelperson gegenüber einer Familie, der die Sozialklausel auch bei möbliertem Wohnraum zugute kommt, rechtspolitisch und verfassungsrechtlich im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG bedenklich. Zu rechtfertigen ist die Regelung wohl nur mit der größeren Mobilität und den besseren Chancen einer Einzelperson, eine neue Wohnung zu finden. V. Unabdingbarkeit (Abs 7)
97
Die Sozialklausel ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 556 a Abs 7 zwingenden Rechts. Der Mieter kann deshalb nicht schon bei Vertragsabschluß auf sein Widerspruchsrecht verzichten (AG Bochum WuM 1979, 256). Das gleiche gilt für spätere Vertragsänderungen vor Entstehung eines Widerspruchsrechts. Ist das Widerspruchsrecht aber nach einer Kündigung des Vermieters entstanden, kann der Mieter tatsächlich und deshalb auch rechtlich auf die Geltendmachung verzichten oder die Wirkungen eines bereits ausgeübten Widerspruchs durch Erlaßvertrag aufheben (Rz 70 a). Aus dem Zweck der Vorschrift, den Mieter zu schützen, ist der Schluß gerechtfertigt, daß abweichende Vereinbarungen der Parteien zulässig sind, soweit sie sich zugunsten des Mieters auswirken (HANS § 5 5 6 a Anm 8; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 4 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 1 e ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 16; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 5 7 ; vgl aber ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 a Rz 19). Dies ist
etwa im Bereich des Abs 2 hinsichtlich einer Änderung der Vertragsbedingungen möglich. Das gleiche gilt hinsichtlich der Ausschlußgründe nach Abs 4 (ROQUETTE § 556 a RZ 48) oder der Widerspruchsfrist nach Abs 6 (vgl LG Stade WuM 1968, 168).
Ein Verstoß führt zur Unwirksamkeit der jeweiligen Vertragsbestimmung. Ob der 98 Mietvertrag im übrigen wirksam bleibt, müßte sich im Prinzip nach § 139 richten. (403)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 b 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Dieses Problem ist bei den Beratungen über mietrechtliche Änderungsgesetze im Zusammenhang mit den sog mißbilligten Klauseln mehrfach angesprochen worden (Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 7 unter II Nr 2, 8 unter III zu Art I Nr 1 aE; Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks IV/1323, 2; Ausschußbericht zum Entw eines MietRÄndG II BT-Drucks IV/2195, zu Drucks IV/2195, 2). Durch die Fassung, der Vermieter solle sich auf abweichende Vereinbarungen „nicht berufen" können, sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß die Unwirksamkeit einer solchen Vereinbarung nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge habe. Es wurde jedoch die zum Gesetz gewordene Fassung des Abs 6 gewählt, weil sie im Einklang mit dem sonstigen Sprachgebrauch des BGB steht. Schon aus der Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Schutzbestimmungen ergebe sich, daß die Unwirksamkeit auf die jeweilige Klausel zu beschränken sei (Ausschußberichte aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 257 unter Berufung auf BGH NJW 1964, 1023 zu § 49 MietSchG). Auf den Wortsinn des Gesetzes läßt sich eine solche Auslegung nicht stützen. Sie ergibt sich allerdings aus der dargestellten Regelungsabsicht des Gesetzgebers als einem maßgeblichen Kriterium. Wenn die Parteien jedoch entsprechend der Grundregel des § 139 im Mietvertrag zum Audruck bringen, daß die Unwirksamkeit einer Klausel den ganzen Vertrag unwirksam machen soll, so ist diese rechtsgeschäftliche Regelung zu respektieren. Ihre Gültigkeit kann ähnlich wie ein Mietaufhebungsvertrag (vgl § 564 b Rz 159) nicht ihrerseits aufgrund des Abs 7 in Frage gestellt werden. Eine Grenze wird allerdings durch § 242 gezogen, wenn der Vermieter etwa eine solche Klausel in Kenntnis eines Verstoßes gegen § 556 a Abs 7 in den Vertrag aufnimmt. Dann muß er sich an dem an sich unwirksamen Mietvertrag festhalten lassen (venire contra factum proprium). Das gleiche ist nach § 9 AGBG bei dahin gehenden Klauseln in Formularverträgen anzunehmen. § 556 b Ist ein Mietverhältnis Uber Wohnraum auf bestimmte Zeit eingegangen, so kann der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn sie auf Grund des § 556 a im Falle einer Kündigung verlangt werden könnte. Im übrigen gilt § 556 a sinngemäß. Hat der Mieter die Umstände, welche das Interesse des Vermieters an der fristgemäßen Rückgabe des Wohnraums begründen, bei Abschluß des Mietvertrages gekannt, so sind zugunsten des Mieters nur Umstände zu berücksichtigen, die nachträglich eingetreten sind. Art I Nr 4 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl 1505); Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,10 (zu Art I Nr 12); Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks 1323, 3.
Schrifttum Vgl zu § 556 a.
Systematische Übersicht 2. Weitere sachliche Voraussetzungen 13 3. Abwägung der Interessen 15
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3 n . Voraussetzungen 1. Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit 4
m . Rechtsfolgen 1. Allgemeines 24 2. Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses 26 IV. Unabdingbarkeit 30
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(404)
3. Titel. Miete. Pacht
556 b 1-3
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 30 Ausnahmetatbestände 12
Kündigung - außerordentliche befristete 10, 22 - außerordentliche fristlose 11 - durch den Mieter 9, 11
Eigenbedarf des Vermieters 19 Fortsetzungsverlangen des Mieters 24 ff - Ausschluß 11, 26 - Erfüllung 28 f - Frist u Form 26 - Inhalt des Schreibens 27 - Widerspruch 25 Härtegründe - für den Mieter 13, 16 ff, 20 - mehrere unterschiedliche 21 - nachträglich entstandene 17, 21 Hinweis des Vermieters auf Möglichkeit des Fortsetzungsverlangens 26 Interessen des Vermieters 14, 19, 21 Interessenabwägung 15 ff
Mietvertrag - mit auflösender Bedingung 6 - inhaltliche Gestaltung des fortgesetzten Mietvertrags 29 - mit Optionsrecht 9 - mit Verlängerungsklausel 7 - über Wohnraum 4 - auf bestimmte Zeit 5 Räumungsrechtsstreit 26, 27 Widerspruch des Mieters 25 Wohnraum - Mietverhältnis 4 - möblierter 12 Zweck der Vorschrift 3
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Uberblick 1 Ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit endet normalerweise nicht durch Kündigung, sondern durch Zeitablauf zum vertraglich vorgesehenen Termin. § 556 a ist deshalb nicht unmittelbar anwendbar. In diesen Fällen räumt § 556 b dem Mieter einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ein. Dabei gilt § 556 a sinngemäß. Die Umstände, auf die sich der Mieter zur Begründung einer Härte berufen kann, werden jedoch durch § 556 b Abs 2 in bestimmter Weise eingeschränkt. 2. Entstehung der Vorschrift
2
Schon unter der Geltung der 1960 geschaffenen Sozialklausel des § 556 a wurde zT die Auffassung vertreten, daß diese Vorschrift auch auf befristete Mietverhältnisse anzuwenden sei (ROQUETTE, Mieterschutz und soziales Mietrecht [1960] 82; SCHOPP ZMR 1961, 153; aM S O E R G E L - E R D S I E K - M Ü H L [9. Aufl 1962] § 556 a Rz 5). Dagegen sprach jedoch der Wortlaut, der auf eine Kündigung abstellt. Die zweifelhafte Rechtslage wurde durch Art I Nr 4 MietRÄndG I mit der Einfügung des § 556 b in das BGB geklärt. Die Vorschrift ist seitdem unverändert geblieben. 3. Zweck der Vorschrift
3
§ 556 b bezweckt, für befristete Mietverhältnisse die sinngemäße Anwendung der Sozialklausel des § 556 a zu ermöglichen. Dem Mieter wird in gleicher Weise wie im Falle einer Kündigung ein Anspruch auf Fortsetzung eines befristeten Mietverhältnisses eingeräumt (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 3). (405)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 b 4-9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
II. Voraussetzungen 4 1. Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit a) E s muß sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handeln (Vorbem 2 0 ff zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 , insbes 2 4 - 2 8 ; § 5 5 6 a R z 5 ff). 5 b) Das Mietverhältnis muß auf bestimmte Zeit eingegangen sein. Die Mietzeit ist bestimmt, wenn der Tag der Beendigung des Mietverhältnisses von vornherein kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar ist. Letzteres ist der Fall, wenn die Mietzeit nach Zeiteinheiten bemessen ist und von einem Anfangstermin an berechnet wird (ROQUETTE § 5 5 6 b R z 4). Die Dauer des Mietverhältnisses ist auch dann bestimmbar, wenn es für eine Saison, Messe oder dgl abgeschlossen wird (SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 2 1 ) . In derartigen Fällen wird aber regelmäßig der Ausnahmetatbestand des § 5 5 6 a Abs 8 für Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch eingreifen (§ 5 5 6 a R z 88 ff). Befristete Mietverhältnisse enden mit dem kalendermäßig festgelegten Zeitpunkt. 6 Mietverträge mit auflösender Bedingung, deren Dauer durch ein ungewisses, aber zeitlich bestimmbares Ereignis begrenzt wird, sind an sich befristet. D a das Mietverhältnis aber aufgrund des § 5 6 5 a Abs 2 nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt und damit durch Kündigung zu beenden ist, greift § 5 5 6 a unmittelbar ein. 7 Mietverträge mit Verlängerungsklausel, die auf bestimmte Zeit eingegangen sind, sich aber mangels Kündigung ohne weiteres verlängern (§ 565 a Abs 1), unterliegen nach hM unmittelbar § 5 5 6 a, so daß die Einschränkungen des § 5 5 6 b Abs 2 hinsichtlich der Berücksichtigung bestimmter Härtegründe nicht gelten ( B G B R G R K - G E L H A A R § 5 5 6 b R Z 2 ; D E R L E D E R i n A K § 5 6 5 a R z 4 ; HANS § 5 5 6 b A n m 2 d;
PALANDT-PUTZO
FUTTERER-BLANK B
§ 556 b
2 3 ff, B
Anm
233;
5;
SCHMIDT-
a M ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 b R z 2 ;
1 c;
ROQUETTE
§ 556 b
Rz
PERGANDE
§ 5 5 6 b Anm 7; vgl A G Stuttgart Z M R 1973, 2 5 0 ) . Entscheidend ist, daß trotz der Befristung der Zeitpunkt für das Ende des Mietverhältnisses nicht von Anfang an feststeht (ROQUETTE a a O ) .
8 Von der Verlängerungsklausel im Sinne des § 5 6 5 a Abs 1 ist der Fall zu unterscheiden, daß die Parteien vereinbaren, ein Mietverhältnis solle zu einem bestimmten Zeitpunkt enden, falls sie nicht durch übereinstimmende Erklärungen eine Fortsetzung vereinbaren. Hier kann der Mieter zunächst nur mit einer Beendigung des Mietverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt rechnen, so daß § 5 5 6 b eingreift (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 3 3 ) .
9 B e i einem Optionsrecht des Vermieters, den auf bestimmte Zeit eingegangenen Mietvertrag durch einseitige Erklärung zu verlängern, ist § 5 5 6 b anwendbar, falls der Vermieter dieses Recht nicht ausübt und damit das Mietverhältnis zum vorgesehenen Termin endet. Mit einer solchen termingerechten Beendigung durch Zeitablauf muß der Mieter von Anfang an rechnen (BGB-RGRK-GELHAAR § 5 5 6 b Rz
2;
HANS § 5 5 6 b A n m
2 d;
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
233).
Bei
einem
einseitigen Optionsrecht zugunsten des Mieters kann der Mieter schon unabhängig von der Sozialklausel eine Fortsetzung des Mietverhältnisses herbeiführen. Macht der Mieter von seinem Optionsrecht keinen Gebrauch, ist die Anwendbarkeit der Sozialklausel allerdings nicht ohne weiteres wegen § 5 5 6 a Abs 4 Nr 1 ausgeschlossen (so aber SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 3 3 ) . D e r Mieter braucht sich nicht so behandeln zu lassen, als hätte er das Mietverhältnis selbst gekündigt, wenn er mit seinem Verlangen auf Fortsetzung auch eine Änderung der Vertragsbedingungen begehrt. Dies könnte er ohne dahin gehende Vereinbarung im Rahmen eines Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(406)
§ 556 b 3. Titel. Miete. Pacht
10-15
Optionsrechts nicht durchsetzen. Der zutreffende Ansatzpunkt für einen Ausschluß der Sozialklausel bildet in diesen Fällen ein widersprüchliches Verhalten des Mieters (§ 242). Soweit dies nicht vorliegt, greift bei einem Optionsrecht des Mieters § 556 b ein, da der Mieter an sich von Anfang an mit einem bestimmten Zeitpunkt für eine Beendigung des Mietverhältnisses rechnen darf. Wenn ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis nicht durch Zeitablauf, 10 sondern durch außerordentliche befristete Kündigung endet, gilt nach verbreiteter, aber umstrittener Ansicht § 556 a unmittelbar (vgl § 5 5 6 a R z l 5 f f ) . c) Da nach § 556 b Abs 1 S 2 die Regelung des § 556 a sinngemäß gilt, greift auch 11 dessen Abs 4 ein (s dort Rz 56 a). Ein Ausschluß des Anspruchs auf Fortsetzung wegen einer Kündigung durch den Mieter (Nr 1) wird bei einem durch Zeitablauf beendeten Mietverhältnis auf bestimmte Zeit allerdings nicht praktisch. Wird ein solches Mietverhältnis durch fristlose Kündigung beendet, greift § 556 a Abs 4 Nr 2 sinngemäß ein ( P E R G A N D E § 556 b Anm 6). Das gleiche gilt, wenn das Mietverhältnis zwar durch Zeitablauf endet, der Vermieter aber auch zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen wäre ( H A N S § 556 b A n m 3 d;STERNELRzIV188;aMRoQUETTE § 556 b Rz 15). Dies folgt nicht nur daraus, daß dem Vermieter die Fortsetzung eines derart gestörten Mietverhältnisses unzumutbar ist, sondern auch aus der hier vertretenen Ansicht, daß es nicht auf eine Kausalität zwischen dem wichtigen Grund zur Kündigung und der Beendigung des Mietverhältnisses ankommt (§ 556 a Rz 56b). Nach der gesetzlichen Regelung kommt es nicht darauf an, daß der Vermieter den Mieter davon in Kenntnis setzt, mit Rücksicht auf die nur noch kurze Vertragszeit von einer fristlosen Kündigung abzusehen (aM STERNEL R Z IV 188). d) Die Ausnahmetatbestände des § 556 a Abs 8 sind wegen der sinngemäßen 12 Anwendung der gesamten Vorschrift auch für befristete Mietverhältnisse maßgebend. § 556 b gilt deshalb nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, sowie für Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum im Sinne des § 565 Abs 3 (§ 556 a Rz 88 ff, 95 f; § 565 Rz 44 ff; HANS § 556 b Anm 3 e; PERGANDE § 5 5 6 b A n m
2).
2. Weitere sachliche Voraussetzungen
13
a) Die Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf muß zu einer ungerechtfertigten Härte für den Mieter oder seine Famiüe führen. Insoweit gelten grundsätzlich die gleichen Gründe wie bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit (§ 556 a Rz 20 ff; s aber unten Rz 16 ff). b) Demgegenüber sind die berechtigten Interessen des Vermieters an einer termin- 14 gemäßen Beendigung des Mietverhältnisses zu berücksichtigen. Insoweit kommen die gleichen Erwägungen wie bei unbefristeten Mietverhältnissen in Betracht (§ 556 a Rz 45 ff). Zu beachten ist allerdings, daß es nicht auf eine Kündigung und deren Wirksamkeit aufgrund berechtigter Interessen im Sinne des § 565 Abs 2 ankommt.
3. Abwägung der Interessen
15
a) Auch bei befristeten Mietverhältnissen sind die im konkreten Einzelfall für den Mieter oder seine Familie bestehenden Härtegründe gegen die berechtigten Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses abzuwägen. Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn den Härtegründen auf seiten des Mieters ein Übergewicht beizumessen ist (§ 556 a Rz 56). (407)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 b 16-20
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
16 b) Eine Besonderheit gilt bei der Interessenabwägung nach § 556 b Abs 2. Hat der Mieter schon bei Vertragsabschluß die Umstände gekannt, die den Vermieter bewogen haben, ein befristetes Mietverhältnis einzugehen, so sind zugunsten des Mieters nur solche Härtegründe zu berücksichtigen, die nachträglich entstanden sind. Das Interesse des Vermieters an einer fristgemäßen Rückgabe verdrängt kraft Gesetzes das schon zur Zeit des Vertragsabschlusses begründete Interesse des Mieters an einer etwaigen Fortsetzung des befristeten Mietverhältnisses. Der Mieter, der unter diesen Umständen einen Mietvertrag auf bestimmte Zeit abschließt, ist nicht schutzbedürftig. 17 Diese Einschränkung der Rechte des Mieters beruht auf der Erwägung, daß er in solchen Fällen „das gewissermaßen zur Geschäftsgrundlage gewordene Interesse des Vermieters" an der fristgemäßen Rückgabe der Räume grundsätzlich gegen sich gelten lassen muß. Möglich bleibt es allerdings, daß nachträglich entstandene Härtegründe auf seiten des Mieters oder seiner Familie die Anwendung der Sozialklausel rechtfertigen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 3). 18 Die besonderen Umstände, die den Vermieter zum Abschluß eines befristeten Mietvertrags bewogen haben, brauchen nicht Vertragsinhalt geworden zu sein. Die Befristung des Mietverhältnisses reicht allein jedoch nicht aus, um die Anwendung des § 556 b Abs 2 zu rechtfertigen ( P E R G A N D E § 556 b Anm 3; R O Q U E T T E § 556 b Rz 12). Ebensowenig genügt es, daß dem Mieter die Gründe des Vermieters erkennbar waren. Entscheidend ist seine positive Kenntnis. Die Kenntnis von Familienangehörigen kann im Rahmen der Vertretung nach § 166 eine Rolle spielen. Es reicht aus, wenn der Mieter die Kenntnis durch eine formlose Mitteilung des Vermieters oder dritter Personen außerhalb des eigentlichen Vertrags erhält (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K B 236). Entscheidend ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Bei nachträglicher Befristung eines zunächst auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnisses ist die Vertragsänderung maßgebend (vgl P A L A N D T - P U T Z O § 556 b Anm 2 b). Auch wenn der Mieter dadurch seine Rechtsstellung gegenüber § 556 a selbst beeinträchtigt, liegt darin kein Verstoß gegen § 556 a Abs 7, da die Parteien den Vertrag wie bei einem Neuabschluß anderen Rechtsvorschriften unterstellen, die in gleicher Weise Bestandteil des sozialen Mietrechts sind. 19 Als besondere Umstände auf Seiten des Vermieters kommen zB Eigenbedarf wegen des Endes eines längeren Auslandsaufenthalts (Ausschußbericht aaO), wegen einer Berufsausbildung des Vermieters oder seiner Familienangehörigen, wegen einer Vergrößerung der Familie, Aufnahme von älteren Familienangehörigen und dgl in Betracht. Auch sonstige Zwecke wie Verkauf des Grundstücks oder Abbruch des Gebäudes können eine Rolle spielen (vgl H A N S § 5 5 6 b Anm 3 b; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 2 3 5 ) . Ist es bei Vertragsabschluß noch ungewiß, ob diese Gründe zum vorgesehenen Zeitpunkt vorliegen werden, so greifen sie gegenüber dem Mieter nur durch, wenn sie bei Ablauf des Mietverhältnisses tatsächlich eingetreten sind ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 3 6 ) oder ihr Eintritt unmittelbar bevorsteht, so daß auch eine kurzfristige Verlängerung des Mietverhältnisses praktisch auszuscheiden hat. 20 Härtegriinde auf seiten des Mieters, die schon im Zeitpunkt des Vetragsabschlusses vorliegen und damit uU nach § 556 b Abs 2 nicht berücksichtigt werden dürfen, sind etwa dauernde Erkrankung oder Gebrechlichkeit, Kinderreichtum und fehlender angemessener Ersatzraum in zumutbarer Lage (PERGANDE § 5 5 6 b Anm 3 ; aM hinsichtlich des Ersatzraums S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 3 5 ) . Letzteres ist damit zu begründen, daß dem Vermieter sonst bei örtlich bestehender Wohnungsknappheit praktisch von vornherein eine zeitlich befristete Vermietung als zu riskant verwehrt wäre. Ein schon bei Vertragsabschluß bestehendes hohes Alter kommt in aller Regel Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(408)
§ 556 b 3. Titel. Miete. Pacht
21-25
isoliert ohnehin nicht als Härtegrund in Betracht. Zu berücksichtigen sind aber etwa schwere Erkrankung, Kinderreichtum, Wohnungsknappheit und dgl, die erst nach Abschluß des Mietvertrags eingetreten sind. Dem Vermieter steht es frei, sein Interesse an einer fristgemäßen Rückgabe der 21 Mieträume auch auf Gründe zu stützen, die dem Mieter bei Vertragsabschluß nicht bekannt waren oder die erst nachträglich eingetreten sind. Dabei ist die entsprechende Anwendbarkeit des § 5 5 6 a Abs 1 S 3 zu beachten ( S T E R N E L R Z IV 1 9 2 ) . Das befristete Mietverhältnis wird zwar ohne Kündigungsschreiben beendet. Aufgrund der Verweisung ergibt sich jedoch eine ähnliche Rechtslage wie bei Art 2 WKSchG, der auf § 564 b Abs 3 verweist (s Art 2 WKSchG Rz 2). Demgegenüber wird der Mieter nicht durch § 556 b Abs 2 beschränkt, Härtegründe geltend zu machen, die von Anfang an bestanden haben ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 3 6 ) . Problematisch ist es aber, wenn auf Seiten des Vermieters bzw des Mieters mehrere Gründe geltend gemacht werden, die im Hinblick auf § 556 b Abs 2 jeweils unterschiedlich zu beurteilen sind. In diesen Fällen kommt es zunächst darauf an, ob sich die in ihrer Gesamtheit berücksichtigungsfähigen Interessen des Vermieters gegenüber den Härtegründen für den Mieter auch ohne Rücksicht auf einen etwaigen Ausschluß einzelner Gründe durchsetzen. Ist dies nicht der Fall, so sind die einzelnen Gründe jeweils gegeneinander abzuwägen, soweit nicht im Einzelfall eine Berücksichtigung ausgeschlossen ist. Erst daraus ist dann ein Gesamtergebnis abzuleiten. Wenn auf die außerordentliche befristete Kündigung eines auf bestimmte Zeit 22 eingegangenen Mietverhältnisses § 556 a unmittelbar angewendet wird (§ 556 a Rz 17), kann sich die Frage einer entsprechenden Anwendung des § 556 b Abs 2 nicht stellen, weil es wegen der besonderen Situation der in Betracht kommenden Fälle praktisch ausgeschlossen ist, daß sich bei der Interessenabwägung Gründe und Gegengründe aus der Zeit des Vertragsabschlusses gegenüberstehen (vgl P E R G A N D E § 556 b Anm 6). c) Ergibt die Interessenabwägung, daß die Härtegründe auf seiten des Mieters oder 23 seiner Familienangehörigen überwiegen, hätte der Mieter im Falle einer Kündigung Widerspruch erheben und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können (§ 556 a). Damit sind auch die Voraussetzungen des § 556 b erfüllt.
DI. Rechtsfolgen 1. Allgemeines
24
Als Rechtsfolge ist bestimmt, daß der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (§ 556 b Abs 1 S 1). Das Schrifttum geht zT ( E R M A N - S C H O P P § 556 b Rz 3 ; H A N S § 556 b Rz 3 ; 25 P A L A N D T - P U T Z O § 556 b Anm 2 a) davon aus, daß auch beim Zeitablauf befristeter Mietverhältnisse ein Widerspruch erhoben werden muß. Dies steht mit dem Wortlaut des § 556 b Abs 1 S 1 nicht in Einklang und kann auch nicht aus S 2 gefolgert werden, wonach im übrigen § 556 a sinngemäß gilt. Unabhängig von der Frage, ob Widerspruch und Fortsetzungsverlangen nicht ohnehin identisch sind (§ 556 a Rz 58 ff), läßt es das überwiegende Schrifttum deshalb zu Recht genügen, daß der Mieter die Fortsetzung des durch Zeitablauf beendeten Mietverhältnisses verlangt ( P E R G A N DE § 5 5 6 b A n m 2 ; R O Q U E T T E § 5 5 6 b R z 1 3 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B SOERGEL-KUMMER
§ 556 b Rz
2;
s auch Ausschußbericht, zu BT-Drucks
3). (409)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
237;
IV/1323,
§§ 556 b, 556 c 26-30
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
26 2. Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses a) Wegen der nach § 556 b Abs 1 S 2 sinngemäßen Anwendung des § 556 a ist die Geltendmachung des Anspruchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses daran gebunden, daß Frist und Form eingehalten werden. Der Mieter muß seinen Anspruch spätestens zwei Monate vor der Beendigung schriftlich (§ 126) geltend machen (§ 556 a Abs 6 S 1, Abs 5 S 1; vgl im einzelnen § 556 a Rz 61 ff). Der Schutzzweck des § 556 a Abs 6 S 2, die Rechte des Mieters nicht durch dessen Rechtsunkenntnis zu verkürzen, gebietet auch eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift. Der Mieter kann deshalb einen Anspruch auf Fortsetzung bei Wahrung der Schriftform noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits geltend machen, wenn ihn der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Zweimonatsfrist auf die Möglichkeit sowie Form und Frist des Fortsetzungsverlangens hingewiesen hat (ERMAN-SCHOPP § 556 b R Z 4 ; H A N S § 5 5 6 b A n m 3 C;PERGANDE§ 5 5 6 b Anm 4; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 3 7 ; aM AG München DWW 1978, 1 5 0 ; ROQUETTE § 5 5 6 b RZ 14). 27 b) Für den Inhalt des Schreibens, mit dem der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, gilt das gleiche wie im Falle des § 556 a (vgl dort Rz 67). Eine Begründung ist nicht erforderlich. Entsprechend § 556 a Abs 5 S 2 soll der Mieter auf Verlangen des Vermieters jedoch unverzüglich Auskunft über die Gründe für die Geltendmachung seines Anspruchs erteilen. Anderenfalls können ihn nach § 93 b ZPO Kostennachteile im Räumungsrechtsstreit treffen (PERGANDE § 556 b Anm 4). 28 c) Die Erfüllung des Anspruchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses geschieht durch Einigung der Parteien oder durch Gerichtsurteil (§ 556 a Rz 71 ff), ggf mit rückwirkender Kraft (§ 556 a Rz 70). Der Geltendmachung des Anspruchs kommt noch keine rechtsgestaltende Wirkung zu (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 238). 29 d) Für die inhaltliche Gestaltung des fortgesetzten Mietverhältnisses gilt im wesentlichen das gleiche wie im Falle des § 556 a (vgl dort Rz 79 ff). Dabei verdient der Grundsatz besondere Beachtung, daß das Gericht die Fortsetzung des Mietverhältnisses im Regelfall nur auf bestimmte Zeit anordnen soll (§ 556 a Rz 80 f), wenn der Vermieter schon von vornherein durch einen entsprechenden Vertragsabschluß seinen dahin gehenden Willen zum Ausdruck gebracht hat. Diesem Willen sollte auch bei gerichtlicher Entscheidung möglichst Rechnung getragen werden.
30 IV. Unabdingbarkeit § 556 b ist in dem gleichen Umfang unabdingbar wie § 556 a (§ 556 b Abs 1 S 2 iVm § 556 a Abs 7; vgl dort Rz 97 f). Da abweichende Vereinbarungen zugunsten des Mieters zulässig sind, können die Parteien entgegen § 556 b Abs 2 vereinbaren, daß die unter diese Vorschrift fallenden Umstände doch auf Seiten des Mieters berücksichtigt werden.
§ 556 c Ist auf Grund der §§ 556 a, 556 b durch Einigung oder Urteil bestimmt worden, daß das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit fortgesetzt wird, so kann der Mieter dessen weitere Fortsetzung nach diesen Vorschriften nur verlangen, wenn dies durch eine wesentliche Änderung der Umstände gerechtfertigt ist oder wenn Umstände nicht eingetreten sind, deren vorgesehener Eintritt für die Zeitdauer der Fortsetzung bestimmend gewesen war. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(410)
§ 556 c 3. Titel. Miete. Pacht
Kündigt der Vermieter ein Mietverhältnis, dessen Fortsetzung auf unbestimmte Zeit durch Urteil bestimmt worden ist, so kann der Mieter der Kündigung widersprechen und vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Haben sich Umstände, die für die Fortsetzung bestimmend gewesen waren, verändert, so kann der Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nur nach § 556 a verlangen; unerhebliche Veränderungen bleiben außer Betracht. Art I Nr 15 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl 1457); Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6042 (C), Umdruck 452, 6058 (D). Art I Nr 4 MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl I 1248); Stellungnahme der BReg zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 4; Ausschußbericht BT-Drucks V/2317, zu Drucks V/2317, 3.
Schrifttum Vgl zu § 556 a.
Systematische Ubersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 3 3. Zweck der Vorschrift 5 II. Wiederholte Verlängerung des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses (Abs 1) 1. Voraussetzungen 6 a) Allgemeines 6 b) Wesentliche Änderung der Umstände 7 c) Nichteintritt erwarteter Umstände 12 d) Ausschluß der Berufung auf die Änderung oder den Nichteintritt von Umständen 15 2. Rechtsfolgen 16 a) Allgemeines 16 b) Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses 18
III. Wiederholte Verlängerung des auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 1. Fortgesetztes Mietverhältnis aufgrund einer Einigung 21 a) Voraussetzungen 21 b) Rechtsfolgen 25 2. Fortgesetztes MietVerhältnis aufgrund eines Urteils (Abs 2) 26 a) Voraussetzungen 26 aa) Allgemeines 26 bb) Unveränderte Umstände (Abs 2 S 1) 27 cc) Veränderte Umstände (Abs 2 S 2) 29 dd) Ausschluß der Berufung auf unveränderte oder veränderte Umstände 32 b) Rechtsfolgen 33 IV. Unabdingbarkeit 35
Alphabetische Ubersicht Abweichende Vereinbarungen 35
Prozeßvergleich 22
Beweislast 27, 30
Räumungsrechtsstreit 18, 28
Eigenbedarf des Vermieters 10 Entstehung der Vorschrift 3 Erkrankung des Mieters 9, 13
Umstände, veränderte 29 ff Unabdingbarkeit 35
Fortsetzungsverlangen 18 ff, 27, 33 f - Erfüllung 19, 25 - Frist u Form 18, 28, 34 - Inhalt 19, 25 Hinweis des Vermieters auf Möglichkeit des Fortsetzungsverlangens 18, 28
Verlängerung - durch Fortsetzung des Gebrauchs 23 - des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 6 ff - des auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 21 ff - mehrfache 20 Widerspruch des Mieters 17, 27
Mietverhältnis 6 - inhaltliche Gestaltung 19, 25 (4ii)
Zweck der Vorschrift 5 Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 c 1-5
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Vorschrift betrifft die wiederholte Verlängerung eines bereits aufgrund der §§ 556 a, 556 b fortgesetzten Mietverhältnisses. Sie unterscheidet danach, ob das Mietverhältnis durch Einigung oder Urteil auf bestimmte Zeit fortgesetzt worden ist (Abs 1) oder ob die Fortsetzung auf unbestimmte Zeit durch Urteil bestimmt worden ist (Abs 2). Nicht ausdrücklich geregelt ist der Fall, daß die Parteien das Mietverhältnis einverständlich auf unbestimmte Zeit fortgesetzt haben (Rz 21). 2 Bei der wiederholten Verlängerung des zunächst auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses kommt es darauf an, ob dies durch eine wesentliche Änderung der Umstände gerechtfertigt ist oder ob erwartete Umstände, die für die Befristung maßgebend waren, nicht eingetreten sind. Ist das Mietverhältnis durch Urteil auf unbestimmte Zeit verlängert worden, kann der Mieter einer Kündigung widersprechen und die erneute Fortsetzung verlangen, ohne daß weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Haben sich die Umstände, die für die unbefristete Fortsetzung maßgebend waren, jedoch inzwischen erheblich geändert, so kommt eine wiederholte Verlängerung nur unter den Voraussetzungen des § 556 a in Betracht. 3 2. Entstehung der Vorschrift Nach der ursprünglichen Fassung des § 556 a Abs 4 Nr 3 war ein Anspruch des Mieters auf Fortsetzung ausgeschlossen, wenn das Mietverhältnis auf Widerspruch des Mieters bereits einmal durch Einigung oder Urteil fortgesetzt worden war. Einer Anregung des Bundesrats folgend, wurde im Gesetzgebungsverfahren des MietRÄndG II beschlossen, diese einschränkende Regelung aufzuheben und in einer neuen Vorschrift die wiederholte Fortsetzung des Mietverhältnisses auf Verlangen des Mieters zuzulassen (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6042 C, Umdruck 452,6058 D). Durch Art I Nr 15 MietRÄndG II wurde § 556 c in das BGB eingefügt. Der Mieter konnte hiernach eine weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nur verlangen, wenn dies durch eine wesentliche Änderung der nach § 556 a oder § 556 b für die frühere Fortsetzung maßgebenden Umstände gerechtfertigt war. 4 Durch Art I Nr 4 MietRÄndG III erhielt § 556 c seine heutige Fassung. Sie unterscheidet zwischen den zunächst auf bestimmte und den auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnissen. Die Änderungen, die in dem vom Bundesrat vorgelegten Entw eines MietRÄndG III nicht vorgesehen waren, gehen auf Vorschläge der Bundesregierung (Stellungnahme zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 4) und des Rechtsausschusses zurück (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3). 5 3. Zweck der Vorschrift § 556 c soll die wiederholte Verlängerung eines bereits früher aufgrund der Sozialklausel fortgesetzten Mietverhältnisses ermöglichen. Die nach der ursprünglichen Fassung generellen Einschränkungen erwiesen sich als zu eng und minderten die praktische Bedeutung der Vorschrift. Deshalb soll dem Mieter ein Anspruch auf weitere Fortsetzung auch dann eingeräumt werden, wenn Umstände nicht eingetreten sind, von deren Eintritt bei Bemessung einer bestimmten Zeitdauer für die frühere Fortsetzung des Mietverhältnisses ausgegangen worden war (Stellungnahme der BReg aaO; Ausschußbericht aaO). Darüber hinaus soll zum Schutz des Mieters sichergestellt werden, daß ein durch Urteil auf unbestimmte Zeit fortgesetztes Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(412)
§ 556 c 3. Titel. Miete. Pacht
6-9
Mietverhältnis nicht eher endet, als bis sich die maßgebenden Umstände nicht unerheblich geändert haben. Anderenfalls soll der Mieter einer Kündigung unter erleichterten Voraussetzungen erneut widersprechen und die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können (Ausschußbericht aaO). II. Wiederholte Verlängerung des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses (Abs 1) 1. Voraussetzungen
6
a) Allgemeines § 556 c ermöglicht die wiederholte Verlängerung eines Mietverhältnisses über Wohnraum (Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536, insbes 24-28; § 556 a Rz 5 ff) auf Verlangen des Mieters. Die Vorschrift ist anzuwenden, wenn das Mietverhältnis aufgrund der §§ 556 a oder 556 b bereits früher fortgesetzt worden ist, gilt also in gleicher Weise für Mietverhältnisse, die ursprünglich auf unbestimmte oder auf bestimmte Zeit abgeschlossen waren. Ist das Mietverhältnis daraufhin auf bestimmte Zeit verlängert worden, greift § 556 c Abs 1 ein. Dabei ist es zunächst generell erforderlich, daß die nunmehr fristgemäße Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie wiederum eine Härte bedeutet (§ 556 a Rz 20 ff), die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters (§ 556 a Rz 45 ff) nicht zu rechtfertigen ist. Bei der erforderlichen Interessenabwägung (§ 556 a Rz 54 ff) kommt es grundsätzlich auf die Umstände an, die im Zeitpunkt der Einigung oder der gerichtlichen Entscheidung über eine erneute Fortsetzung vorliegen ( S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 242). Der Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses wird gegenüber den §§ 556 a, 556 b dadurch eingeschränkt, daß eine der beiden folgenden weiteren Voraussetzungen erfüllt sein muß. b) Wesentliche Änderung der Umstände
7
aa) Die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses kann „durch eine wesentliche Änderung der Umstände gerechtfertigt" sein (§ 556 c Abs 1 1. Alt). Mit dieser Einschränkung, die schon in der ursprünglichen Fassung der Vorschrift enthalten war, soll sichergestellt werden, daß ein befristet verlängertes Mietverhältnis nicht aufgrund derselben Umstände, die schon für die erste Verlängerung maßgebend waren, noch weiter fortgesetzt wird. Diese Regelung wird im allgemeinen dahin gehend ausgelegt, daß sie den Kreis der 8 bei der Interessenabwägung zugunsten des Mieters zu berücksichtigenden Umstände beschränkt. Eine Verlängerung wird ausgeschlossen, wenn kein Anlaß für eine neue Interessenabwägung zugunsten des Mieters besteht, weil dieser sich nur auf die schon für die erste befristete Verlängerung maßgebenden Gründe berufen kann ( S C H M I D T FUTTERER-BLANK B
243).
bb) Eine Änderung der Umstände liegt zum einen vor, wenn der Mieter sich auf neue 9 Tatsachen berufen kann, die nach der vorausgegangenen Verlängerung eingetreten sind ( P E R G A N D E § 556 C Anm 2). Diese neuen Tatsachen müssen die Beendigung des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses als ungerechtfertigte Härte für den Mieter oder seine Familie erscheinen lassen. Ist das Mietverhältnis zB beim ersten Mal aufgrund einer Erkrankung des Mieters auf bestimmte Zeit verlängert worden, so kann der Mieter eine erneute Fortsetzung verlangen, wenn im Zeitpunkt der Beendigung seine Ehefrau erkrankt ist. Einer Änderung der Umstände ist es zum anderen gleichzusetzen, wenn die Gründe, auf die der Mieter seinen Anspruch auf erneute Fortsetzung des Mietverhältnisses stützt, zwar schon zur Zeit der früheren (413)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 c 10-13
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhaltnisse
Fortsetzung vorlagen, aber nicht geltend gemacht oder bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden sind ( P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 c Anm 2 a cc; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 4 3 ; unklar H A N S § 5 5 6 c Anm 3 ) . Der Mieter kann die erneute Fortsetzung also auch dann verlangen, wenn zB seine Ehefrau schon zur Zeit der ersten Fortsetzung des Mietverhältnisses erkrankt war, für diese Entscheidung aber allein die Krankheit des Mieters maßgebend war. Die spätere Berücksichtigung des früher schon vorliegenden Umstandes ist dadurch gerechtfertigt, daß er nicht in die Entscheidung über die Verlängerung eingegangen ist und deshalb bei der Bemessung der früheren Frist keine Rolle gespielt hat. Der Gesetzestext kann nach Sinn und Zweck der Vorschrift in der Weise interpretiert werden, daß eine Änderung der für die frühere Verlängerung maßgebenden Umstände entscheidend ist. 10 Fraglich ist es allerdings, ob es bei der Änderung von Umständen nur auf solche Tatsachen ankommt, die für den Mieter oder seine Familie einen Härtegrund bilden. Die Frage der weiteren Fortsetzung eines auf bestimmte Zeit verlängerten Mietverhältnisses kann sich auch insoweit stellen, als die Härtegründe für den Mieter unverändert sind, die Interessenlage sich aber auf Seiten des Vermieters gewandelt hat ( D E R L E D E R in AK §§ 556 a-556 c Rz 9). Ist das Mietverhältnis etwa im Hinblick auf einen erst später besonders dringlichen Eigenbedarf des Vermieters um eine ganz bestimmte Zeit verlängert worden, ist der Grund für den Eigenbedarf zu diesem Zeitpunkt aber weggefallen, so ist es angebracht, dem Mieter wegen der fortbestehenden Härtegründe einen erneuten Anspruch auf Fortsetzung zuzubilligen. Eine derartige Interpretation des Gesetzes, bei der die „Änderung der Umstände" nicht nur auf die Härtegründe für den Mieter, sondern auch auf die berechtigten Interessen für den Vermieter bezogen wird, ist mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar. Auch im Rahmen des § 556 b Abs 2 wird das Wort „Umstände" im Hinblick auf die Interessen des Vermieters gebraucht. Das gleiche gilt im Rahmen des § 556 c Abs 2 (Rz 29). Ein Anlaß für eine neue Interessenabwägung zugunsten des Mieters kann also auch dann bestehen, wenn er sich auf keine anderen als die für die erste Verlängerung maßgebenden Umstände berufen kann (vgl aber S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K B 243). Hätte die veränderte Situation auf seiten des Vermieters schon zu dem früheren Zeitpunkt bestanden, so wäre möglicherweise die Kündigung unwirksam gewesen, oder die Entscheidung über die Dauer der früheren Fortsetzung des Mietverhältnisses wäre anders ausgefallen. Der Zweck der Sozialklausel, den Mieter vor einem ungerechtfertigten Verlust seiner Wohnung zu schützen, läßt die gegenüber dem übrigen Schrifttum weiter gehende Interpretation zu. 11 cc) Die Änderung der Umstände muß im Verhältnis zu den bei der früheren Fortsetzung maßgebenden Gründen wesentlich sein. Dies ist anzunehmen, wenn den neuen oder den noch nicht berücksichtigten Tatsachen ein selbständiges Gewicht beizumessen ist, so daß sie eine neue Interessenabwägung rechtfertigen ( S C H M I D T FUTTERER-BLANK B
244).
12 c) Nichteintritt erwarteter Umstände aa) Die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses kann außerdem gerechtfertigt sein, „wenn Umstände nicht eingetreten sind, deren vorgesehener Eintritt für die Zeitdauer der Fortsetzung bestimmend gewesen war" (§ 556 c Abs 1 2. Alt). Diese Klausel, die durch das MietRÄndG III eingefügt worden ist, sollte zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 556 c führen und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auch dann ermöglichen, wenn die Umstände sich nicht wesentlich geändert haben. 13 bb) Ein Nichteintritt erwarteter Umstände ist zB anzunehmen, wenn das Mietverhältnis wegen einer Erkrankung des Mieters auf bestimmte Zeit verlängert worden Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(414)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 c 14-17
ist, wider Erwarten nach Ablauf der entsprechend bemessenen Zeit die Gesundheit aber noch nicht wiederhergestellt ist. Die Fertigstellung einer in Aussicht genommenen Ersatzwohnung kann sich verzögern. Ein ohnehin vorgesehener Wohnungswechsel oder die Bemühungen um eine Ersatzwohnung können scheitern (vgl Ausschußbericht, zuBT-Drucks V/2317, 3; K U N K E L B1GBW 1965, 21, 23; P E R G A N D E § 556 c Anm 2; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 245). Dabei handelt es sich um Umstände, deren erwarteter Eintritt die Härtegründe auf Seiten des Mieters oder seiner Familie und damit ein Erfordernis der Sozialklausel entfallen läßt (LG Mannheim WuM 1975,213; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Auch hier kann aber das gleiche wie bei § 556 c Abs 1 l . A l t gelten (Rz 10), daß nämlich der Nichteintritt erwarteter Umstände auf Seiten des Vermieters zu berücksichtigen ist, wenn die Dauer der früheren Fortsetzung des Mietverhältnisses von dem vorgesehenen Eintritt der Umstände bestimmt worden ist. Die Beispiele, die für den Fall des § 556 c Abs 1 2. Alt angeführt werden, zeigen, daß 14 damit die Einschränkungen der 1. Alt praktisch beseitigt sind. Wenn das Mietverhältnis früher auf bestimmte Zeit fortgesetzt worden ist, sich die dafür maßgebenden Gründe aber nicht wesentlich geändert haben, bleibt immer noch die Möglichkeit, auf den Nichteintritt erwarteter Umstände, dh den nicht eingetretenen, aber vorgesehenen Fortfall der ursprünglichen Umstände abzustellen. Denn diese Umstände sind immer für die Bemessung der Zeitdauer der Fortsetzung bestimmend, weil sonst nur die Alternative einer Fortsetzung auf unbestimmte Zeit in Betracht gekommen wäre. d) Ausschluß der Berufung auf die Änderung oder den Nichteintritt von Umständen
15
Die Parteien des Mietvertrags können sich entsprechend den in § 162 zum Ausdruck gebrachten Grundsätzen nicht auf Umstände berufen, deren Eintritt oder Nichteintritt eine von ihnen wider Treu und Glauben herbeigeführt oder verhindert hat (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V / 2 3 1 7 , 4 ; H Ä U S L E R DWW 1 9 6 8 , 5 0 ; H O F F M A N N D W W 1 9 6 8 , 4 4 , 4 6 ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B VOELSKOW
Betrieb
1968, 115,
246;
120).
2. Rechtsfolgen
16
a) Allgemeines Als Rechtsfolge ist bestimmt, daß der Mieter die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den Vorschriften der §§ 556 a, 556 b verlangen kann (§ 556 c Abs Das Schrifttum nimmt zT an, der Mieter müsse der Beendigung des Mietverhältnisses 17 widersprechen und dessen Fortsetzung verlangen ( E R M A N - S C H O P P § 556 c Rz 3; H A N S § 556 c Anm 3; P A L A N D T - P U T Z O § 556 c Anm 2 a bb). Im Fall des § 556 c Abs 1 geht es jedoch nur um die Fortsetzung eines auf bestimmte Zeit verlängerten Mietverhältnisses. Dies entspricht der Situation, die § 556 b zugrunde liegt. Unabhängig von der Frage, ob Widerspruch und Fortsetzungsverlangen nicht ohnehin identisch sind (§ 556 a Rz 58 ff), genügt es deshalb auch hier, daß der Mieter die weitere Fortsetzung des auf bestimmte Zeit verlängerten und nunmehr durch Zeitablauf beendeten Mietverhältnisses verlangt ( P E R G A N D E § 556 c Anm 2; R O Q U E T T E § 556 c Rz 7, § 556 b Rz 13; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 247; s oben § 556 b Rz 25). (415)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 c 18-21
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
18 b) Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses aa) Da der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nur nach den Vorschriften der §§ 556 a, 556 b verlangen kann (§ 556 c Abs 1), ist die Geltendmachung des Anspruchs daran gebunden, daß Frist und Form eingehalten werden. Der Mieter muß seinen Anspruch spätestens zwei Monate vor der erneuten Beendigung des fortgesetzten Mietverhältnisses schriftlich (§ 126) geltend machen (§ 556 a Abs 6 S 1, Abs 5 S 1; H A N S § 5 5 6 c A n m 3 , 6 a ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m 2 ; ROQUETTE § 5 5 6 c R z 7 ;
247; vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3 unter b; aM H O F F M A N N DWW 1968, 46). Dies entspricht Sinn und Zweck der formellen Voraussetzungen, die einen Streit über die tatsächliche Geltendmachung des weiteren Fortsetzungsverlangens verhindern und dem Vermieter Klarheit verschaffen sollen, ob der Mieter die Wohnung demnächst räumen wird. Auch § 556 a Abs 6 S 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Mieter kann deshalb seinen Anspruch auf erneute Fortsetzung bei Wahrung der Schriftform noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits geltend machen, wenn ihn der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Zweimonatsfrist auf die Möglichkeit sowie Form und Frist eines erneuten Fortsetzungsverlangens hingewiesen hat ( H A N S § 556 C Anm 3 , 6 a; P E R G A N D E § 556 c Anm 2; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 247). Dieser Hinweis wird nicht dadurch überflüssig, daß es sich um eine wiederholte Fortsetzung handelt und der Vermieter den Hinweis möglicherweise schon früher einmal erteilt hat. Zum einen kann nicht in jedem Fall von einem früheren Hinweis ausgegangen werden. Zum anderen verlangt es das Schutzbedürfnis des rechtlich unbewanderten Mieters, auch auf die Möglichkeit einer wiederholten Fortsetzung hingewiesen zu werden. SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
19 bb) Für den Inhalt des Fortsetzungsverlangens, die Erfüllung des Anspruchs und die inhaltliche Gestaltung des erneut fortgesetzten Mietverhältnisses gilt das gleiche wie im Fall des § 55 6 a (s dort Rz 71 ff). IdR wird eine erneute Fortsetzung auf bestimmte Zeit in Betracht kommen. Möglich ist auch eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit (OLG Stuttgart RE NJW 1969, 1070, 1071; LG Mannheim WuM 1975, 213; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 248). Die sonstigen Vertragsbedingungen können ebenfalls erneut geändert werden. 20 cc) Aufgrund des ursprünglichen Wortlauts des § 556 c war es streitig, ob das „bereits einmal" fortgesetzte Mietverhältnis mehrfach verlängert werden kann (vgl Nachw bei R O Q U E T T E § 556 c Rz 3 mit Fn 5). Diese Worte sind durch die Neufassung aufgrund des Art I Nr 4 MietRÄndG III entfallen, so daß nach heute nahezu einhelliger Auffassung ein Mietverhältnis nach § 556 c auch mehrfach fortgesetzt werden kann (LG Mannheim WuM 1975,213,214; B U R K H A R D T WuM 1968,21,22; E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 c R z 6 ; HÄUSLER D W W
1 9 6 8 , 5 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 c
A n m 1 c ; P E R G A N D E § 5 5 6 c A n m 2 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 4 8 ; a M GLASER
MDR 1968, 280, 282; wohl auch Anm 4 unter Abs 2).
HANS
§ 556 c Anm 2 unter Abs 1 aE, s dort aber
III. Wiederholte Verlängerung des auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 21 1. Fortgesetztes Mietverhältnis aufgrund einer Einigung a) Voraussetzungen aa) Im Gesetz fehlt eine ausdrückliche Regelung der Frage, nach welcher Rechtsgrundlage ein Mietverhältnis über Wohnraum erneut verlängert werden kann, das aufgrund einer Einigung der Parteien nach den §§ 556 a oder 556 b auf unbestimmte Zeit fortgesetzt worden ist, durch eine spätere Kündigung des Vermieters aber Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(416)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 556 c 22-25
wiederum beendet wird. Im Schrifttum wird zT die Meinung vertreten, auch in diesem Fall richte sich die weitere Verlängerung nach § 556 c Abs 1, hänge also von einer wesentlichen Änderung der Umstände oder dem Nichteintritt erwarteter Umstände ab ( E R M A N - S C H O P P § 556 c Rz 4 ; H A N S § 556 c Anm 5). Diese Vorschrift gilt jedoch nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur für ein auf bestimmte Zeit fortgesetztes Mietverhältnis. Die damit verbundenen Einschränkungen einer erneuten Fortsetzung passen im Grunde auch lediglich für das auf bestimmte Zeit fortgesetzte Mietverhältnis, weil nur insoweit die jeweiligen Umstände für eine befristete Verlängerung bestimmend sein können. § 556 c Abs 2 gilt dagegen ausdrücklich nur für ein durch Urteil auf unbestimmte Zeit fortgesetztes Mie.tverhältnis. Es bleibt deshalb nur die Lösung, bei der wiederholten Verlängerung des zunächst durch Einigung auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses auf § 556 a abzustellen (ebenso B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 C R Z 4; P A L A N D T - P U T Z O § 556 c Anm 3; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 249). Dies entspricht der Situation, von der die Regelung des § 556 a allgemein ausgeht, daß nämlich ein unbefristetes Mietverhältnis durch Kündigung endet. Dem Mieter bleibt auf der Grundlage dieser Auffassung allerdings die Möglichkeit verschlossen, der Kündigung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 556 c Abs 2 zu widersprechen (Rz 5, 27 f). Diese Erleichterung ist aber gerade durch die Besonderheit eines durch Urteil auf unbestimmte Zeit verlängerten Mietverhältnisses gerechtfertigt, in dessen Bestand der Vermieter nicht ohne weiteres wieder durch Kündigung eingreifen soll. bb) Ein Mietverhältnis ist auch dann durch Einigung auf unbestimmte Zeit 22 verlängert, wenn die Parteien dies im Wege eines Prozeßvergleichs vereinbart haben. Für eine erneute Fortsetzung gilt deshalb § 556 a. Kommt im Rahmen eines Prozesses ein Urteil auf unbefristete Fortsetzung in Betracht, so hat das Gericht einen rechtsunkundigen Mieter vor Abschluß eines Prozeßvergleichs nach § 139 ZPO darauf hinzuweisen, daß dadurch seine Rechtsstellung gegenüber § 556 c Abs 2 beeinträchtigt werden kann ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 249). cc) Wenn ein Mietverhältnis nach dem Ablauf der Mietzeit durch Fortsetzung des 23 Gebrauchs gemäß § 568 kraft Gesetzes als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt und der Vermieter nunmehr kündigt, so ist auf jeden Fall § 556 a anzuwenden. Dabei ist es unerheblich, ob sich der Mieter gegenüber der früheren Beendigung schon einmal auf die Sozialklausel berufen hatte. Das Mietverhältnis ist im Fall des § 568 nicht durch Einigung der Parteien, sondern kraft gesetzlicher Fiktion auf unbestimmte Zeit fortgesetzt worden. Bei der späteren Kündigung stellt sich deshalb nicht die Frage einer erneuten, sondern die einer erstmaligen Fortsetzung aufgrund der Sozialklausel (ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 c R z 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 8 A n m 1 e ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 1 0 ; ROQUETTE § 5 5 6 c R z 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 4 0 ; WEIMAR W U M 1 9 6 3 , 1 8 3 ; a M HANS § 5 5 6 c A n m
2).
dd) Im übrigen gelten für die wiederholte Verlängerung des schon früher durch 24 Einigung der Parteien auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses die Voraussetzungen des § 556 a (s dort Rz 20 ff, 71 ff). b) Rechtsfolgen
25
Als Rechtsfolge ergibt sich aus der Anwendung des § 556 a, daß der Mieter der Kündigung eines Mietverhältnisses, das schon früher aufgrund der Sozialklausel durch Einigung der Parteien auf unbestimmte Zeit fortgesetzt worden ist, widersprechen und vom Vermieter eine erneute Fortsetzung verlangen kann. Für den Inhalt des Fortsetzungsverlangens, die Erfüllung des Anspruchs und die inhaltliche Gestaltung des erneut fortgesetzten Mietverhältnisses gelten die Ausführungen zu § 556 a (s dort Rz 78 ff). (417)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 556 c 26-30
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
26 2. Fortgesetztes Mietverhältnis aufgrund eines Urteils (Abs 2) a) Voraussetzungen aa) Allgemeines Wenn der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum kündigt, dessen Fortsetzung auf unbestimmte Zeit nach § 556 a Abs 3 S 1 durch Urteil bestimmt worden ist, so greift § 556 c Abs 2 ein. Der Vermieter kann ein solches Mietverhältnis jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen und dadurch die Anordnung des Gerichts, mit der dem Mieter die Wohnung für eine längere, nicht von vornherein begrenzte Dauer erhalten werden soll, unterlaufen. Zum Schutz des Mieters soll durch § 556 c Abs 2 sichergestellt werden, daß ein durch Urteil auf unbestimmte Zeit fortgesetztes Mietverhältnis nicht eher endet, als bis sich die bei der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse nicht unerheblich geändert haben (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3 unter b). 27 bb) Unveränderte Umstände (Abs 2 S 1) Haben sich die Umstände, die für eine unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Urteil bestimmend waren, nicht geändert, so kann der Mieter nach § 556 c Abs 2 S 1 der Kündigung ohne weiteres widersprechen und vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis weiterhin auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Eine unerhebliche Änderung ist dem gleichzustellen (§ 556 c Abs 2 S 2 HS 2). Es kommt auf die Umstände an, die der gerichtlichen Entscheidung als maßgeblich zugrunde gelegen haben. Der Mieter braucht nicht darzulegen und zu beweisen, daß die erneute Beendigung des Mietverhältnisses für ihn oder seine Familie eine ungerechtfertigte Härte bedeutet (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3 unter b). 28 In § 556 c Abs 2 S 1 wird nicht auf die Voraussetzungen des § 556 a verwiesen. Daraus ist zu schließen, daß der Widerspruch des Mieters an keine Form und Frist gebunden ist (Ausschußbericht aaO; H A N S § 556 c Anm 4 a; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 c A n m 3 ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 5 2 ) . A u f
einen Hinweis des Vermieters, der den Mieter über seine Rechte aufklärt, kommt es deshalb nicht an. Der Widerspruch kann noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung eines Räumungsrechtsstreits erklärt werden, ist aber regelmäßig schon dem Antrag auf Klageabweisung zu entnehmen. 29 cc) Veränderte Umstände (Abs 2 S 2) Wenn sich die Umstände, die für eine unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Urteil bestimmend waren, erheblich geändert haben, so kann der Mieter eine erneute Fortsetzung des Mietverhältnisses nur nach § 556 a verlangen. Dabei ist nicht nur auf die Umstände abzustellen, die der früheren Entscheidung zugrunde gelegen haben. Es kommt auch nicht nur darauf an, ob sich die Härtegründe auf Seiten des Mieters oder seiner Familie geändert haben. Entscheidend ist vielmehr ein Vergleich der gesamten Sachlage zur Zeit der früheren und der nunmehr anstehenden Entscheidung. Dies bedeutet, daß der Wegfall oder die Milderung früherer Härtegründe ebenso zu berücksichtigen ist wie der Hinzutritt neuer Härtegründe für den Mieter oder seine Familie. In gleicher Weise ist es von Bedeutung, ob sich die berechtigten Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses geändert haben ( E R M A N - S C H O P P § 556 c Rz 5; H A N S § 556 c Anm 4 ; P E R G A N D E § 5 5 6 c A n m 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
254).
30 Zunächst muß der Vermieter darlegen und ggf beweisen, daß sich die maßgebenden Umstände erheblich zuungunsten des Mieters geändert haben. Dies gilt auch für die Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(418)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 556 c, 557 31-35
Härtegründe auf Seiten des Mieters ( O L G Stuttgart R E NJW 1969, 1070, 1071; Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3 unter b; B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 c R z 4 ; H A N S D W W 1 9 6 8 , 5 5 , 5 7 ; HÄUSLER D W W 1 9 6 8 , 5 0 ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m
3; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 254). Demgegenüber hat dann der Mieter darzulegen und zu beweisen, daß es für ihn oder seine Familie gleichwohl eine ungerechtfertigte Härte bedeutet, wenn das Mietverhältnis auch unter den geänderten Umständen beendet wird (Ausschußbericht aaO). Die Änderung der Umstände muß erheblich sein. Dies wird sich idR erst bei der 31 erforderlichen Interessenabwägung zeigen. Die maßgebenden Umstände müssen sich in einer Weise geändert haben, daß die Interessenabwägung nunmehr ein anderes Ergebnis rechtfertigt. Eine Beendigung des Mietverhältnisses kann der Mieter dann nur noch verhindern, wenn er sich auf neue Härtegründe beruft, die das Ergebnis wiederum zu seinen Gunsten beeinflussen. dd) Ausschluß der Berufung auf unveränderte oder veränderte Umstände
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Für die Beurteilung im Rahmen des § 556 c Abs 2 ist der in § 162 zum Ausdruck gekommene Grundsatz zu beachten, daß die Mietparteien sich nicht auf Umstände berufen können, deren Eintritt oder Nichteintritt eine von ihnen wider Treu und Glauben herbeigeführt oder verhindert hat (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/ 2 3 1 7 , 4 unter c; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 2 5 5 ; s oben Rz 1 5 ) . b) Rechtsfolgen
33
aa) Haben sich die maßgebenden Umstände nicht oder nur unerheblich geändert, so kann der Mieter einer Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit verlangen (§ 556 c Abs 2 S 1). Er ist dabei nicht an die Einhaltung einer bestimmten Form und Frist gebunden (Rz 28). Eine Änderung der Vertragsbedingungen ist mangels einer Verweisung auf § 556 a nicht möglich, soweit sich die Parteien nicht dahin gehend verständigen. bb) Haben sich die maßgebenden Umstände erheblich geändert, so kommt eine 3 4 weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nur nach § 556 a in Betracht. Sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt, kann der Mieter der Kündigung widersprechen und vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis auf bestimmte oder unbestimmte Zeit fortzusetzen ( O L G Stuttgart R E NJW 1969, 1070, 1071). Dabei hat er Form und Frist zu wahren. Im übrigen gelten die Ausführungen zu § 556 a (s dort Rz 71 ff, 78 ff). IV. Unabdingbarkeit
35
§ 556 c ist in dem gleichen Umfang zuungunsten des Mieters unabdingbar wie § 556 a (s dort Rz 97; HANS § 556 c Anm 7; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 257). Auch wenn in § 556 c Abs 2 S 1 nicht auf § 556 a verwiesen wird, ist § 556 a Abs 7 wegen der rechtssystematischen Einheit aller Regelungen, die mit der Sozialklausel im Zusammenhang stehen, anwendbar. §557 Gibt der Mieter die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen; bei einem Mietverhältnis über Räume kann er anstelle dessen als Entschädigung den Mietzins verlangen, der für vergleichbare Räume ortsüblich ist. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. (419)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Der Vermieter von Wohnraum kann jedoch einen weiteren Schaden nur geltend machen, wenn die Rückgabe infolge von Umständen unterblieben ist, die der Mieter zu vertreten hat; der Schaden ist nur insoweit zu ersetzen, als den Umständen nach die Billigkeit eine Schadloshaltung erfordert. Dies gilt nicht, wenn der Mieter gekündigt hat. Wird dem Mieter von Wohnraum nach § 7 2 1 oder § 7 9 4 a der Zivilprozeßordnung eine Räumungsfrist gewährt, so ist er für die Zeit von der Beendigung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Räumungsfrist zum Ersatz eines weiteren Schadens nicht verpflichtet. Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 2 oder 3 abweicht, ist unwirksam. E I § 525; II § 499; III § 550; Mot II 415; Prot II 218. Art I Nr 16 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl 1457) ; Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,11 (zu Art I Nr 13); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 5. Art I Nr 5 MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl I 1248); Ausschußbericht BT-Drucks V/2317, zu Drucks 2317, 4.
Schrifttum BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Miet- und Pachtrecht, WM 1970, 26, 29; WM 1974, 90, 94; WM 1976, 2, 7; BURKHARDT, Die Zweite Mietrechtsnovelle, BB 1964, 771; BUSCH, Die Rechtslage bei Weiternutzung des Mietraumes nach Beendigung des Mietverhältnisses, MDR 1960, 359; GÖHRE, Durch unzeitgemäßen Auszug bedingtes Leerstehen der Wohnräume und Haftung des Mieters für dadurch entstehende Mietausfälle, FWW 1964, 197; HÄRING, Entschädigungsanspruch des Vermieters bei Vorenthaltung der Mietsache durch den Mieter, B1GBW1968,81; ders, Die ortsübliche Miete bei einer Verzögerung der Räumung von Mieträumen durch den Mieter, B1GBW1970,221; HEGEL, Wer schuldet dem Hauseigentümer bei einer Obdachloseneinweisung das Nutzungsentgelt? ZMR 1964, 7; HENSELER, Die Ersatzpflicht des Mieters bei Vorenthaltung der Wohnung, ZMR 1964, 195; HOFFMANN, Der Entschädigungsanspruch des Vermieters bei nicht rechtzeitiger Räumung (§ 557 BGB), DWW 1965, 377; HOFFMANN, Zur Haftung der Ehefrau im Rahmen von § 557 BGB, NJW 1968, 2327; KANES, Ist Schwangerschaft ein zu vertretender Umstand? ZMR 1964, 329; KIEFERSAUER, Die Vorenthaltungsentschädigung des § 557 BGB, WuM 1955, 1; KOENIG, Haftet der die Räumung des Grundstücks verzögernde Mieter für den Mietausfall infolge verspäteten Baubeginns? WuM 1965, 7; ders, Zur Schadensersatzpflicht des Mieters wegen verspäteter Zurückgabe der Mietsache (unter besonderer Berücksichtigung der Haftung des Mieters beim Wohnenbleiben von Untermietern), WuM 1964, 186; KUNKEL, Uber den Entschädigungsanspruch nach § 557 Abs. 1 BGB, insbesondere bei Untervermietung, MDR 1962, 92; ders, Schadensersatzansprüche des Vermieters bei verzögerter Räumung einer Wohnung, NJW 1964, 2 2 8 7 ; KÜRZEL, R ü c k g a b e der W o h n u n g bei Auszug des H a u p t m i e t e r s ? B e t r i e b 1 9 5 7 , 4 5 0 ; LAMBACH,
Hat der Vermieter bei Wiedereinweisung des obdachlosen Mieters Anspruch auf Mietzins? ZMR 1964, 167; LEWALD, Kann der Vermieter, der das Vermieterpfandrecht ausübt, auch den Anspruch aus § 557 S. 1 BGB geltend machen? MDR 1960,631; MÜLLER, Das Benutzungsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter nach Gewährung einer Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO, MDR 1971, 253; RITTER, Die Schadensersatzpflicht des Mieters wegen verspäteter Rückgabe von Geschäftsräumen, B 1 G B W 1 9 6 4 , 2 8 ; ROESCH, Z u r F r a g e der Nutzungsentschädigung nach § 5 5 7 B G B , W u M 1 9 7 0 , 5 3 ;
ders, Die Nutzungsentschädigung gemäß § 557 BGB, WuM 1969, 197; ROSSEBURG, Ansprüche des Vermieters gegen den Wohnungsmieter nach dessen Auszug unter Zurücklassung von Untermietern (§ 557 BGB), MDR 1956, 451; ROTH, Das nachträgliche Unvermögen des Schuldners, JuS 1968, 1 0 1 ; RÜBER, K o n k u r r e n z von § 5 5 7 mit § § 9 8 7 ff und 8 1 2 B G B , N J W 1 9 6 8 , 1 6 1 1 ; RUMPENHORST,
Das Verhältnis von § 557 Abs. 3 BGB zu Ansprüchen aus positiver Vertragsverletzung, DWW 1966, 83; SCHLÄGER, Zur Räumungsklage gegen den ausgezogenen Mieter, ZMR 1976, 34; SCHMIDTFUTTERER, Der Mietzinsausfall nach Rückgabe der Mietsache, ZMR 1968, 161; ders, Die Schadensersatzpflicht des Mieters wegen verspäteter Zurückgabe der Mietsache, NJW 1962, 471; SCHMIDT-MARLOH, Nutzungsentschädigung bei vorzeitiger Räumung des Mieters, ZMR 1966, 257; SCHOPP, Einiges zu den Ersatzansprüchen bei verspäteter Herausgabe von Mietsachen oder Pachtgegenständen, ZMR 1955, 68; ders, § 557 Abs 1 BGB in der Mobiliarmiete, ZMR 1977, 353; Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(420)
§557 3. Titel. Miete. Pacht Zur Entschädigungspflicht des Hauptmieters bei nicht räumendem Untermieter, ZMR 1968, 2; ders, Die Ersatzpflicht des Mieters bei Vorenthaltung der Wohnung im Notstand, ZMR 1963, 65; ders, Nochmals: Die Ersatzpflicht des Mieters bei Vorenthaltung der Wohnung im Notstand, ZMR 1965, 3; ders, Zum Begriff des ortsüblichen Mietzinses gemäß § 557 Abs. 1 BGB, MDR 1970, 18; ders, Die Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien während einer Räumungsfrist, WuM 1970, 111; ders, Ist der räumungspflichtige Wohnungsmieter zum Ersatz der durch Fremdvermietung erzielbaren Miete verpflichtet? WuM 1966, 73. WEIMAR,
Systematische Übersicht a) Allgemeines 29 b) Vereinbarter Mietzins 30 c) Ortsübliche Vergleichsmiete 37 d) Sonstige Rechtsfolgen 44
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 4 3. Zweck der Vorschrift 5 II. Nutzungsentschädigung (Abs 1 S 1) 1. Voraussetzungen 8 a) Allgemeines 8 b) Mietverhältnis 9 c) Beendigung des Mietverhältnisses 10 d) Vorenthaltung der Mietsache 12 aa) Vorenthaltung der tatsächlichen Gewalt 13 bb) Möglichkeit der Rückgabe 19 cc) Rücknahmewille des Vermieters 25 dd) Dauer der Vorenthaltung 28 2. Rechtsfolgen 29
III. Weitergehender Schadensersatz (Abs 1 S 2, Abs 2-4) 1. Allgemeines 47 2. Besonderheiten bei der Vermietung von Wohnraum 54 a) Verschulden des Mieters 55 b) Billigkeitserwägungen 57 c) Räumungsfrist durch Vollstreckungsschutz 60 3. Unabdingbarkeit 63 IV. Konkurrenzen 66
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 63 ff Anwendungsbereich 1 ff Aufrechnungsverbot 30 Beendigung des Mietverhältnisses 10 Beweislast 5, 38, 50, 55 Billigkeitserwägungen 57 ff Entstehung der Vorschrift 4 Forderungsverletzung, positive 48 Konkurrenzen 66 ff Kündigung des Mieters 59, 62 Mietverhältnis 9 Mietzins - vereinbarter 30 - ortsüblicher 37 ff Mitverschulden des Vermieters 52 Nutzungsentschädigung 8 ff - Erhöhung 33 - Fälligkeit 32 - Minderung 30, 34 - Mietzins, vereinbarter 30 ff (421)
-
Nebenkosten 31 Sicherung 35 Vergleichsmiete, ortsübliche 37 ff Verjährung 36 Voraussetzungen 8 ff
Obdachloseneinweisung 18, 56 Pflichten - des Mieters 46 - des Vermieters 45 Räumungsfrist durch Vollstreckungsschutz 26, 60 ff Rückgabemöglichkeit 19 ff Rücknahmewille des Vermieters 25 ff Schadensersatz, weitergehender 7, 47 ff - wegen positiver Forderungsverletzung 48 - entgangener Gewinn 51 - Mitverschulden des Vermieters 52 - wegen Schuldnerverzugs 48 - anderweitige Vermögenseinbuße 51 - Verschulden des Mieters 49, 55 f Schuldnerverzug 48 Sozialwohnung 39, 43 Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 1-5
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Teilleistungen 16
-
Unabdingbarkeit 63 ff Unmöglichkeit der Rückgabe 19 ff - objektive 19 - subjektive 20 ff Untermieter 9, 20 ff Vergleichsmiete 37 ff Verjährung 36, 70 Vermieterpfandrecht 27, 35 Verschulden - des Mieters 49, 55 f - des Vermieters 52 Vollstreckungsschutz, s Räumungsfrist Vorenthaltung der Mietsache 12 ff
Dauer 28 Rückgabemöglichkeit 19 ff Rücknahmewille des Vermieters 25 ff Teilleistungen 16
Wohnraum, Besonderheiten 54 ff - Billigkeitserwägungen 57 ff - Kündigung des Mieters 59, 62 - Räumungsfrist durch Vollstreckungsschutz 60 ff - Unabdingbarkeit 63 ff - Verschulden des Mieters 55 f - Verschulden des Vermieters 52 Zurückbehaltungsrecht 15 Zweck der Vorschrift 5 ff
I. Allgemeine Kennzeichnung 1
1. Überblick
Sobald das Mietverhältnis beendet ist, hat der Mieter die gemietete Sache nach § 556 zurückzugeben. In § 557 sind Ansprüche des Vermieters für den Fall geregelt, daß der Mieter die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht oder nicht rechtzeitig zurückgibt. Hierbei handelt es sich zum einen um den Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache (Abs 1 S 1). Zum anderen betrifft die Vorschrift die Geltendmachung eines weiteren Schadens (Abs 1 S 2, Abs 2-4). 2 Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung ist grundsätzlich unabhängig von der Art der gemieteten Sache. Das Gesetz differenziert nur bei der Höhe des Anspruchs, da der Vermieter bei Mietverhältnissen über Räume als Entschädigung statt des vereinbarten Mietzinses auch die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen kann (Abs 1 S 1 HS 2). 3 Der Anspruch auf Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens richtet sich im wesentlichen nach den Vorschriften über den Verzug des Schuldners (Abs 1 S 2, §§ 284 ff). Bei Mietverhältnissen über Wohnraum greifen jedoch die Einschränkungen der Abs 2 u 3 ein. Dies bedeutet, daß bei Mietverhältnissen über Wohnraum Abs 1S 1 gilt, S 2 jedoch nur mit den sich aus den Abs 2 u 3 ergebenden Einschränkungen. Bei sonstigen Räumen wie Garagen und Geschäftsräumen gilt Abs 1 in vollem Umfang. Auf Mietverhältnisse über Grundstücke und bewegliche Sachen ist nur Abs 1 S 1 HS 1 und S 2 anwendbar (PALANDT-PUTZO § 557 Anm 2 d). 4 2. Entstehung der Vorschrift Die ursprüngliche Fassung der Vorschrift bestand aus dem jetzigen Abs 1 S 1 HS 1 und S 2. Die Regelung der Abs 2-4 ist durch das MietRÄndG II im Jahre 1964 eingefügt worden. Das MietRÄndG III von 1967 hat Abs 1 S 1 um den HS 2 ergänzt. 5 3. Zweck der Vorschrift a) Die Vorschrift bezweckt mit ihrem seit Inkrafttreten des BGB bestehenden Teil, die Nutzungsentschädigung des Vermieters auf einen Mindestbetrag festzusetzen, Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(422)
3. Titel. Miete. Pacht
§557 6-9
soweit ihm der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses vorenthält und die Voraussetzungen für eine stillschweigende Verlängerung nach § 568 nicht erfüllt sind. Eine solche Regelung wurde für praktisch zweckmäßig gehalten, um Streitigkeiten über die Höhe eines etwaigen Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruchs in einfacher und angemessener Weise abzuschneiden (Mot II 415). Da die Mindestentschädigung auf den für das beendete Mietverhältnis vereinbarten Mietzins festgesetzt wird, braucht der Vermieter seinen Schaden und den Wert der vom Mieter gezogenen Nutzungen sowie die sonstigen Voraussetzungen der allgemeinen Vorschriften (§§ 284 ff, 812 ff, 987 ff) nicht darzulegen und zu b e w e i s e n (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 6 9 ) .
b) Das Wahlrecht zwischen dem ursprünglich vereinbarten und dem ortsüblichen 6 Mietzins bei Räumen ist durch das MietRÄndG III ganz allgemein, insbesondere aber im Hinblick auf längere gerichtliche Räumungsfristen eingeführt worden. Der Vermieter sollte davor bewahrt werden, sich bei einem Anstieg des Mietpreisniveaus für einen langen Zeitraum mit einer nicht mehr angemessenen, niedrigen Nutzungsentschädigung begnügen zu müssen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 4). c) Die Ansprüche auf Ersatz eines weitergehenden Schadens sind bei der Vermie- 7 tung von Wohnraum durch die Abs 2 - 4 aus sozialen Gründen eingeschränkt worden. Es sollte sichergestellt werden, daß der Mieter sich nicht durch die Sorge vor Schadensersatzansprüchen des Vermieters davon abhalten lasse, unter Berufung auf die §§ 556 a, 556 b eine Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen oder eine Räumungsfrist zu begehren. Die Frage, ob ein Mietverhältnis nach den genannten Vorschriften fortzusetzen ist, kann vielfach erst nach einer schwierigen Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter durch das Gericht geklärt werden. Schadensersatzansprüche sollten deshalb nicht nur einer Billigkeitsregelung unterworfen werden, sondern von vornherein nur unter der Voraussetzung entstehen, daß die Rückgabe der Wohnräume infolge von Umständen unterblieben sei, die der Mieter zu vertreten habe. Es sei auch nicht gerechtfertigt, den zur Räumung verpflichteten Mieter zum Ersatz von Verzugsschäden für die Zeit heranzuziehen, für die ihm das Gericht nach den §§ 721, 794 a ZPO eine Räumungsfrist gewährt habe (Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,11; Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 5).
II. Nutzungsentschädigung (Abs 1 S 1) 1. Voraussetzungen
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a) Allgemeines Der Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache ist ein Schadensersatzanspruch, dessen Voraussetzungen in Abs 1 S 2 besonders geregelt sind. Der Anspruch entsteht, wenn der Mieter die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt. b) Mietverhältnis
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Zwischen den Parteien muß ein Mietverhältnis bestanden haben (Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536; § 556 Rz 2 ff). Die Vorschrift gilt deshalb nicht im Verhältnis zwischen Hauptvermieter und Untermieter (AG Stuttgart WuM 1973, 78; MünchKommVOELSKOW § 557 Rz 12). Uberläßt der Vermieter dem Mieter die Mietsache, ohne daß wegen fehlender Einigung der Parteien über die Miethöhe ein Mietvertrag zustande gekommen ist, so ist der Mieter zum Ersatz nach den §§812 Abs 1 S 1, 818 (423)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 10-14
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Abs 1 verpflichtet (AG Burgsteinfurt WuM 1974, 223). Es kann sich um die Miete beweglicher oder unbeweglicher Sachen handeln. Hinsichtlich der Rechtsfolgen ergibt sich allerdings ein Unterschied, wenn Räume vermietet sind (Abs 1 S 1 HS 2; Rz 37 ff). Ob es sich um Wohnräume, Geschäftsräume oder sonstige Räume wie Garagen und dgl handelt, ist insoweit unerheblich. 10 c) Beendigung des Mietverhältnisses Das Mietverhältnis muß beendet sein. Wann das Mietverhältnis beendet ist, ergibt sich aus § 564. Ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit endet mit Ablauf der vereinbarten Mietdauer. Bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Mieter oder Vermieter wirksam gekündigt hat. Ist die Kündigung unwirksam, kann kein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Rückgabe entstehen (AG Langen WuM 1980, 7). Wird das Mietverhältnis einverständlich aufgehoben, ist der von den Parteien vereinbarte Zeitpunkt entscheidend. 11 Das Mietverhältnis muß beendet bleiben. § 557 ist deshalb nicht anwendbar, wenn das Mietverhältnis von den Parteien verlängert wird. Dies kann durch ausdrückliche Parteivereinbarung, stillschweigend oder durch Fortsetzung des Gebrauchs nach § 568 geschehen. Auch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 556 a-556 c schließt die Anwendbarkeit des § 557 aus. 12 d) Vorenthaltung der Mietsache Der Tatbestand der Vorschrift ist insofern nicht präzise gefaßt, als zum einen vorausgesetzt wird, daß der Mieter die gemietete Sache nicht zurückgibt, zum anderen von einer Vorenthaltung die Rede ist, für deren Dauer die Nutzungsentschädigung zu entrichten ist. Sicher ist, daß die Vorenthaltung nicht einfach gleichzusetzen ist mit der Nichtrückgabe, sondern eine darüber hinausgehende Bedeutung enthält. Eine Vorenthaltung liegt nur dann vor, wenn der Mieter die Sache nicht zurückgibt, obwohl ihm das möglich wäre, und wenn dieses Verhalten des Mieters dem Willen des Vermieters widerspricht (BGH NJW 1960, 909). Im einzelnen läßt sich der Begriff der Vorenthaltung mit (B 375 ff) auf folgende Merkmale zurückführen:
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
13 aa) Vorenthaltung der tatsächlichen Gewalt Der Rückgabeanspruch aus § 556 ist grundsätzlich darauf gerichtet, daß der Mieter dem Vermieter den unmittelbaren Besitz an der Mietsache verschafft (§ 556 Rz 6 ff). Eine Vorenthaltung setzt deshalb zunächst voraus, daß der Mieter dem Vermieter die tatsächliche Gewalt über die Sache nicht einräumt (vgl § 854 Abs 1), der Rückgabeanspruch also nicht erfüllt wird. 14 Dies ist vor allem der Fall, wenn der Mieter die Sache in Besitz behält (OLG Hamburg WuM 1977, 73; LG Köln MDR 1966, 239; STERNEL R Z V 70), insbesondere wenn er sie weiterhin gebraucht. Es kann sich um unmittelbaren oder mittelbaren Besitz handeln (STERNEL aaO). Eine Fortsetzung des Gebrauchs ist allerdings grundsätzlich nicht notwendig, um den Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu begründen (RGZ 9 9 , 2 3 0 , 2 3 1 f ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 R z 2 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 5 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 374). Entscheidend ist, daß der Vermieter die Mietsache nicht
selbst oder durch Weitervermietung nutzen kann, wie es bei Räumung einer Wohnung durch den Mieter ohne Rückgabe der Schlüssel der Fall ist (LG Mannheim WuM 1968, 163; WuM 1976, 13; A G Oberhausen WuM 1973, 136; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 3 7 6 ) .
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(424)
§557 3. Titel. Miete. Pacht
15-18
Macht der Mieter einer beweglichen Sache ein Zurückbehaltungsrecht geltend (vgl 15 zur Grundstücksmiete § 556 Abs 2), so entsteht für die Dauer der Ausübung dieses Rechts kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung, soweit sich der Mieter auf die bloße Zurückbehaltung beschränkt. Gebraucht er die Sache jedoch weiterhin, so überschreitet er sein Zurückbehaltungsrecht und genießt die Gebrauchsvorteile, die dann doch durch § 557 abgegolten werden sollen (BGHZ 65, 56, 59 = NJW 1975, 1 7 7 3 m A n m HAASE J R 1 9 7 6 , 2 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 R z 4 ; P A L A N D T -
§ 557 Anm 3 a). Der Vermieter kann auch dann nicht die tatsächliche Gewalt über die Mietsache ausüben, wenn der Mieter die Wohnung zwar verläßt, aber alle oder einen wesentlichen Teil der Möbel zurückläßt; denn der Vermieter darf zurückgelassene Sachen nicht ohne weiteres anderweitig unterbringen (RG Recht 1923 Nr 7; § 556 Rz 20). PUTZO
Teilleistungen des Mieters sind bei Erfüllung der Rückgabepflicht grundsätzlich 16 unzulässig(§ 266; § 556 Rz 19). Eine Teilleistung hat idR zur Folge, daß die gesamte Mietsache dem Vermieter vorenthalten wird, so etwa, wenn der Mieter nur einen Teil der gemieteten Räume zurückgibt und der Vermieter nicht gesondert über die zurückgegebenen Räume verfügen kann (LG Köln ZMR 1967, 201; LG Mannheim MDR 1 9 6 5 , 1 4 0 ; AG Ludwigshafen ZMR 1 9 8 0 , 8 8 ; H E R P E R S R Z 1 0 6 5 ; PERGANDE § 5 5 7 Anm 2 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 3 7 8 ; aM STERNEL R Z V 7 1 ) . Etwas anderes gilt aber, wenn die Teilleistung für den Vermieter zumutbar ist (§ 556 Rz 19). Können und sollen die einzelnen Mietobjekte in Zukunft getrennt vermietet werden, so beschränkt sich die Vorenthaltung auf die zurückbehaltenen Objekte, so daß auch nur eine anteilige Nutzungsentschädigung zu entrichten ist. Dies gilt bei der Vermietung beweglicher und unbeweglicher Sachen in gleicher Weise. Eine Vorenthaltung ist dagegen nicht gegeben, wenn der Mieter die Mietsache zwar 17 zurückgibt, aber seine weiteren Pflichten nicht erfüllt, die im Rahmen der Rückgabepflicht bestehen. Dies gilt etwa für unterbliebene Schönheitsreparaturen, Wegnahme von Einrichtungen und Beseitigung von Schäden (RG JW 1910, 939 Nr 15; OLG Hamburg WuM 1977,73; LG Köln MDR 1966,239; H Ä R I N G B1GBW1968,81; ders B1GBW 1970, 221,222; R O Q U E T T E § 557 Rz 5; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 377). Wird der Vermieter dadurch an einer weiteren Nutzung gehindert, so kommen Schadensersatzansprüche aus Schuldnerverzug (§ 286 Abs 1) oder positiver Forderungsverletzung in Betracht (§ 557 Abs 1 S 2). Die Einschränkungen nach § 557 Abs 2 u 3 greifen insoweit nicht ein, da die Rückgabe stattgefunden hat. Erhält der Vermieter die Wohnung zum vereinbarten Zeitpunkt zurück, so kann er keinen Mietausfall für die Zeit nachfolgender Renovierungsarbeiten geltend machen, wenn er dem Mieter durch sein eigenes Verhalten unmöglich gemacht hat, diese Leistungen zu erbringen (LG Mannheim WuM 1975, 144). Eine Vorenthaltung scheidet ferner aus, wenn der Mieter durch die Obdachlosen- 18 behörde wieder in die Wohnung eingewiesen wird. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen als bei der erstmaligen Einweisung eines Obdachlosen in eine bisher nicht von ihm gemietete Wohnung. Es handelt sich allein um ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen Obdachlosenbehörde und Vermieter, das die Anwendbarkeit des § 557 zwischen Mieter und Vermieter ausschließt (LG Essen ZMR 1956, 8; A D L E R NJW 1963, 717 mit der Begründung, die Rückgabe sei unmöglich; BGB-RGRK-GELHAAR § 557RZ8;ERMAN-SCHOPP§ 7 ; LAMBACH
ZMR 1964,167;
SOERGEL-KUMMER
557RZ11;HEGELZMR1964,
§ 55 7 Rz 7; aM L G Mannheim NJW
1 9 6 3 , 7 1 7 m A n m ADLER U W U M 1 9 6 2 , 1 2 0 , 1 2 2 m A n m HEGEL Z M R 1 9 6 6 , 1 7 4 ;
NJW 1962,471,474 f). Wird der Mieter nur in einen Teil seiner bisherigen Wohnung wieder eingewiesen, scheidet für die Differenz zwischen voller und entsprechend verringerter Miete auch ein Schadensersatzanspruch gegen den Mieter über § 556 Abs 1 S 2 aus (LG Mannheim WuM 1962, 120). SCHMIDT-FUTTERER
(425)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 19-23
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
19 bb) Möglichkeit der Rückgabe Die Mietsache wird dem Vermieter nur vorenthalten, wenn und solange ihre Rückgabe nicht objektiv unmöglich ist. Geht die Mietsache während der Dauer des Mietverhältnisses infolge eines Umstandes unter, den der Mieter nicht zu vertreten hat, so erlischt der Anspruch des Vermieters auf den Mietzins (§§ 323, 325). Ist die Mietsache im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses untergegangen oder geschieht dies später, so endet mit dem Zeitpunkt, in dem die Rückgabe objektiv unmöglich wird, auch die Vorenthaltung. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung entsteht nicht oder endet in dem späteren Zeitpunkt (RGZ 99, 230, 232; OLG Hamm ZMR 1 9 7 7 , 3 7 2 , s hierzu SCHOPPZMR 1 9 7 7 , 3 5 3 ; LG Hamburg MDR 1959, 2 1 4 , 2 1 5 ; LG Köln MDR 1 9 5 9 , 7 6 2 , 7 6 3 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 Rz 2 ; HXRING B1GBW 1968, 8 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 Anm 3 a; ROQUETTE § 5 5 7 Rz 4; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 8 0 ) . Hat der Mieter den Untergang oder Verlust der Mietsache zu vertreten, so schuldet er insoweit nach den allgemeinen Grundsätzen Schadensersatz (RGZ aaO). 20 Streitig ist, ob die Mietsache dem Vermieter auch dann vorenthalten wird, wenn ihre Rückgabe dem Mieter subjektiv unmöglich ist. Dieses Problem stellt sich vor allem, wenn der Mieter aus der Wohnung auszieht, aber ein Mitmieter (LG Kassel WuM 1 9 7 7 , 2 5 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 Rz 10) oder Untermieter zurückbleibt. Der Mieter erfüllt durch eine solche Teilleistung nicht seine Rückgabepflicht. Auch die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Untermieter an den Hauptvermieter ist hierfür unzureichend (§ 556 Rz 8). 21 Nach der in Rspr und Schrifttum vorherrschenden Auffassung soll in diesen Fällen § 557 generell eingreifen. Der Mieter bleibe weiterhin mittelbarer Besitzer, da ihm der Untermieter den Besitz vermittle. Damit werde dem Hauptvermieter die Mietsache vorenthalten. Er müsse sich aber nach § 254 ein etwaiges Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er nicht selbst rechtzeitig nach § 556 Abs 3 gegen den Untermieter vorgehe (OLG Hamburg ZMR 1953, 112; LG Göttingen MDR 1959, 928; LG Hamburg M D R 1959, 214; Z M R 1966, 217; ERMAN-SCHOPP § 557 Rz 2; GÖHRE FWW 1964, 197; HANS § 5 5 7 Anm 2; ROQUETTE § 5 5 7 Rz 4; ders MDR 1 9 5 4 , 4 1 9 ; ROSSEBURG M D R 1956, 4 5 1 ; STERNEL RZ V 72, 101).
22 Nach anderer Auffassung soll § 557 ausgeschlossen sein, weil das subjektive Unvermögen der objektiven Unmöglichkeit gleichzustellen sei. Für Ansprüche auf Schadensersatz seien die §§ 280, 275 maßgebend. Insoweit sei dann § 254 anwendbar, da der Hauptvermieter nach § 556 Abs 3 gegen den Untermieter vorgehen könne ( L G Düsseldorf MDR 1 9 5 4 , 4 1 9 ; ZMR 1 9 5 8 , 2 9 8 ; L G Hamburg MDR 1 9 5 6 , 6 1 3 ; 1959, 4 8 9 ; ZMR 1960, 4 4 ; L G Köln MDR 1959, 7 6 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 Anm 3 a; WEIMAR ZMR 1 9 6 8 , 2; vgl auch O L G Celle MDR 1960, 7 5 9 ) . 23 Einen differenzierenden Standpunkt vertreten SCHMIDT-FUTTERER-BLANK (B 381 ff). Sie folgen zwar im Prinzip der hM, weisen aber zu Recht darauf hin, daß es für die Begründung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung nicht darauf ankommen kann, ob der Mieter mittelbaren Besitz an der Mietsache behält (offengelassen von RGZ 99, 230, 232). Der Mieter schuldet die Rückgabe. Erfüllt er diesen Anspruch nicht, obwohl es ihm möglich ist, so hat er für die Dauer der Vorenthaltung eine Entschädigung zu entrichten. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, daß der Mieter weiterhin im Besitz der Sache bleiben muß. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob er die Mietsache weiterhin nutzt. Die Vorschrift setzt auch keine Widerrechtlichkeit, kein Verschulden und keinen Schaden voraus (RGZ 99, 230, 231; RG WarnR 1921 Nr 1 2 5 ; KG OLGE 36, 56, 5 7 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 Rz 3). SCHMIDT-FUTTERERBLANK (B 383) differenzieren deshalb danach, auf wessen Veranlassung es zurückgeht, daß der Mieter die Sache am Ende der Mietzeit nicht zurückgeben kann. Führe Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(426)
3. Titel. Miete. Pacht
§557 24-26
er selbst durch Untervermietung herbei, daß er die Sache am Ende seiner eigenen Mietzeit nicht zurückgeben könne, so sei eine Vorenthaltung gegeben. Verliere er den Besitz dagegen ohne sein Zutun, etwa durch Diebstahl oder Obdachloseneinweisung des an sich räumungswilligen Untermieters, so scheide eine Vorenthaltung aus. Entscheidend für die Lösung des Problems ist es, welcher Inhalt dem Begriff des 24 Unvermögens beigemessen wird. Der Mieter schuldet nur dann eine Nutzungsentschädigung, wenn und solange ihm die Rückgabe der Mietsache objektiv und subjektiv möglich ist (vgl LG Hamburg ZMR1960,44). Allein durch den Verlust der unmittelbaren Verfügungsgewalt über die Mietsache wird dem Mieter die Rückgabe aber nicht subjektiv unmöglich, wenn er sich die Sache von dem besitzenden Dritten wiederbeschaffen kann. Dies ist bei der Untermiete aufgrund des Rückgabeanspruchs nach § 556 Abs 1 der Fall. Für Mitmieter können sich aus dem Innenverhältnis entsprechende Ansprüche ergeben (LG Kassel WuM 1977, 255 - Auszug eines Ehegatten). Bei widerrechtlicher Entziehung durch Dritte greifen Besitzschutzansprüche des Mieters ein. Hat er die gemietete Sache aber freiwillig weggegeben, ohne daß ein Rückgabeanspruch besteht, so muß er wegen seiner eigenen Rückgabeverpflichtung versuchen, sich die Sache wiederzubeschaffen. Ist dies zumutbar, so tritt ein Unvermögen des Mieters erst ein, wenn der Dritte sich ernsthaft und endgültig weigert, die Sache zur Verfügung zu stellen (vgl LG Braunschweig NJW 1 9 6 3 , 1 9 8 4 ; ROTHJUS 1 9 6 8 , 1 0 1 , 1 0 8 ) . Das gleiche gilt, wenn die Sache unauffindbar abhanden kommt (vgl OLG Hamm ZMR 1977, 3 7 2 ; PALANDT-HEINRICHS § 2 7 5 Anm 1 c). Dabei ist ein zeitweiliges Unvermögen nicht ohne weiteres der dauernden Unmöglichkeit gleichzustellen (vgl PALANDT-HEINRICHS § 275 Anm 4). Für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 kommt es deshalb nicht darauf an, ob der Mieter weiterhin die Sache besitzt oder ob er sie aufgrund eigener Veranlassung nicht zurückgeben kann. Entscheidend ist allein, ob dem Mieter die Rückgabe möglich ist, auch wenn er sich die Sache zunächst selbst wiederbeschaffen muß. Nur wenn er gegen diese Verpflichtung verstößt, kann von einer Vorenthaltung die Rede sein. Dies ist etwa bei der Untervermietung regelmäßig der Fall, nicht aber bei einer Wiedereinweisung des Untermieters durch die Obdachlosenbehörde. cc) Rücknahmewille des Vermieters
25
Ein weiteres entscheidendes Merkmal für den Tatbestand der Vorenthaltung ist die Willensrichtung des Vermieters. Hierdurch erfährt auch das Erfordernis, daß die Rückgabe dem Mieter möglich sein muß, eine gewisse Einschränkung. Gibt der Mieter nach der Beendigung des Mietverhältnisses die gemietete Sache nicht zurück, so enthält er sie dem Vermieter nicht vor, solange dieser dem Mieter zu erkennen gibt, daß er das Mietverhältnis etwa wegen angeblicher Unwirksamkeit der Kündigung nicht als beendet ansehe (BGH NJW 1960, 909; WM 1973, 383, 386; BGBRGRK-GELHAAR § 5 5 7 R z 5; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 R z 2; HANS § 5 5 7 A n m 1; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 3 a; ROQUETTE § 5 5 7 R z 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B 385 f). Für diesen Zeitraum kommt es deshalb nicht darauf an, ob der Mieter zur Rückgabe in der Lage ist (BGH NJW 1960, 909, 910; anders RG WarnR 1934 Nr 1 7 6 ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 2 a E ) .
Ausreichend ist der grundsätzliche Rücknahmewille des Vermieters. Eine Vorenthal- 26 tung ist deshalb zu bejahen, wenn dem Mieter gerichtlich eine Räumungsfrist (§§ 721, 794 a ZPO) oder Vollstreckungsschutz (§ 765 a ZPO) eingeräumt worden ist (OLG Celle ZMR 1967, 270; LG Dortmund ZMR 1967, 79; LG Hamburg ZMR 1960, 44; LG Itzehoe SchlHAnz 1960, 289; LG München ZMR 1963, 80 Vollstreckungsschutz nach WBewG; LG Münster ZMR 1972, 2 7 9 ; PALANDT-PUTZO (427)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 27-29
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
§ 5 5 7 Anm 3 a; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 8 5 ) . Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter hiergegen rechtlich vorgegangen ist. Auch wenn vertraglich eine Räumungsfrist vereinbart wird, sei es außerhalb oder innerhalb eines gerichtlichen Räumungsvergleichs, wird die Mietsache vorenthalten, weil der grundsätzliche Rücknahmewille des Vermieters dadurch nicht beeinträchtigt wird, solange er nicht zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses bereit ist (LG Wuppertal WuM 1967, 10; AG Kempten ZMR 1 9 6 6 , 8 0 ; AG Münster WuM 1967, 2 0 7 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK aaO; im Ergebnis ebenso PERGANDE § 5 5 7 Anm 2).
27 Keine Vorenthaltung der Mietsache ist gegeben, wenn der Vermieter zwar von der Beendigung des Mietverhältnisses ausgeht, die Mietsache aber deshalb nicht zurücknehmen will, weil er mit dem Mieter einen neuen Mietvertrag abschließen will (KG ZMR 1971, 3 2 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 8 6 ) , wenn das Mietverhältnis stillschweigend oder durch Fortsetzung des Gebrauchs nach § 568 verlängert wird (LG Köln WuM 1 9 7 3 , 2 4 7 ) und wenn der Vermieter die Rücknahme einer Mietsache ablehnt, weil der Mieter deren Zustand verändert hat, und der Mieter daraufhin den Besitz an der Sache aufgibt (OLG Hamburg WuM 1977, 73). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter im Annahmeverzug ist (ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 Rz 2 ; STERNEL Rz V 7 3 ) oder der Mieter ein Grundstück oder eine Wohnung nur deshalb nicht vollständig räumen kann, weil der Vermieter unter Berufung auf das Vermieterpfandrecht nach den §§ 559, 561 einen Teil der eingebrachten Sachen zurückbehält (OLG Hamburg HansGZ 1 9 1 2 , Beibl 2 5 2 ; LG Mannheim WuM 1 9 7 8 , 1 4 1 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 Rz 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 3 a ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 2; ROQUETTE § 5 5 7 R z 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 7 6 ; SOERGEL-KUMMER § 5 5 7 Rz 12; aM LG Berlin JW 1 9 3 5 , 2 6 5 8 Nr 6 1 ; GÖHRE FWW 1 9 6 4 , 1 9 7 ; LEWALD MDR 1960, 6 3 1 ) . Dies wird zT
damit begründet, daß der Mieter in diesen Fällen geräumt habe und sich nicht mehr im Besitz der Mietsache befinde. Da es jedoch auf einen weiteren Besitz des Mieters nicht ankommt (Rz 24), ist auf die Willensrichtung des Vermieters abzustellen. 28 dd) Dauer der Vorenthaltung Die Vorenthaltung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Mietvertrag beendet ist. Sie endet, sobald der Mieter seine Rückgabepflicht erfüllt, auch wenn dies vor Ablauf einer Räumungsfrist geschieht (ROESCH WuM 1969, 1 9 7 ; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 388; aM LG Wiesbaden WuM 1968, 164 m abl Anm SCHMIDT). An Stelle
der Nutzungsentschädigung stellt sich dann die Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen entgangenen Gewinns (Rz 51). Das gleiche gilt, wenn der Mieter wenige Tage nach der Beendigung des Mietverhältnisses auszieht. Die Vorenthaltung dauert nur bis zum Auszug. Für den weiteren Verlauf der bereits angebrochenen Abrechnungsperiode steht dem Vermieter deshalb keine Nutzungsentschädigung nach Abs 1S 1 zu (so aber LG Mannheim WuM 1976, 4 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 Rz 13), sondern ggf ein Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns (STERNEL Rz V 85). Die Vorenthaltung endet auch dann, wenn dem Mieter die Rückgabe unmöglich wird, ohne daß aber bei der subjektiven Unmöglichkeit auf eine Veranlassung durch den Mieter abzustellen wäre (insoweit anders SCHMIDTFUTTERER-BLANK aaO). In diesem Fall geht es nicht mehr um Nutzungsentschädigung, sondern um Schadensersatz wegen Unmöglichkeit. 29 2. Rechtsfolgen a) Allgemeines Für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses entsteht zwischen den früheren Vertragsparteien ein gesetzliches SchuldverJürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(428)
3. Titel. Miete. Pacht
§557 30
hältnis (LG Wiesbaden WuM 1968, 164; PERGANDE § 557 Anm 11; SCHMIDT389; s auch BUSCH MDR1960,359 u ROQUETTE § 557 Rz 26, die von einem vertragslosen Zustand ausgehen). Aus diesem gesetzlichen Schuldverhältnis ergibt sich in erster Linie der Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung (Rz 30 ff). Der Anspruch besteht nur für die tatsächliche Dauer der Vorenthaltung (LG Freiburg WuM 1980,223; LG Köln WuM 1980,199), auch wenn dem Mieter eine längere gerichtliche Räumungsfrist bewilligt worden ist (LG Freiburg aaO; AG Friedberg WuM 1980, 223). Hierbei handelt es sich nach zT vertretener Ansicht um einen reinen Schadensersatzanspruch (BGH NJW1961,916; LG Bonn ZMR 1968,114; PALANDT-PUTZO § 557 Anm 3; STERNEL Rz V 83; S auch LG Göttingen MDR 1959, 928; ROQUETTE § 557 Rz 6: Unterart der Schadensersatzansprüche), während andere einen vertraglichen Abwicklungsanspruch (ERMANSCHOPP § 557 Rz 3) oder einen vertraglichen Anspruch eigener Art annehmen (BGHZ 68, 307, 310 = NJW 1977, 1335, 1336; H A N S § 557 Anm 2; SOERGELKUMMER § 557 Rz 13; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 390). Die Streitfrage ist theoretischer Natur, da der Anspruch in jedem Fall auf Entschädigung des Vermieters gerichtet ist (Mot III 415; RG SeuffA 69 Nr 30; KG H R R 1932 Nr 107). Die Höhe dieses Schadensersatzanspruchs ist nicht davon abhängig, ob und inwieweit der Vermieter aus der Vorenthaltung der Mietsache einen Schaden erlitten hat oder ob der Mieter die vorenthaltene Mietsache noch tatsächlich genutzt hat (RG WarnR 1934 Nr 176; BGH NJW 1961,916; KG H R R 1934 Nr 855). Der Vermieter kann als Mindestschaden immer den vereinbarten Mietzins, bei der Raummiete statt dessen die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis ergeben sich daneben weitere Rechte und Pflichten für die Parteien, die insbesondere dann relevant werden, wenn der Mieter die Sache weiterhin nutzt (Rz 44 ff). Die Ansprüche aus § 557 stehen nach § 571 Abs 1 dem Grundstückserwerber zu, auch wenn der Mietvertrag vor dem Eigentumswechsel aufgrund einer noch vom Veräußerer erklärten Kündigung beendet worden ist (BGHZ 72,147 = NJW 1978, 2148 m abl Anm HAASE JR 1979, 111). Nimmt der Vermieter nach Erlaß eines Räumungsurteils wiederholt Nutzungsentschädigungen entgegen, so kann darin uU der Abschluß eines neuen Mietvertrags liegen (LG Hannover MDR 1979, 495). FUTTERER-BLANK B
b) Vereinbarter Mietzins
30
aa) Der Vermieter kann als Mindestentschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen (Abs 1 S 1 HS 1). Dies ist grundsätzlich der Betrag, der vertraglich zur Zeit der Beendigung des Mietvertrags zu entrichten war (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 391; ROQUETTE § 557 Rz 7). Der Betrag braucht nicht mit dem bei Vertragsabschluß vereinbarten Mietzins übereinzustimmen, sondern kann etwa bei Maßgeblichkeit der Kostenmiete im sozialen Wohnungsbau höher liegen oder auch durch Mängel gemindert sein, die während der Mietzeit aufgetreten sind und bei Beendigung des Mietverhältnisses noch vorliegen. Unter den Voraussetzungen des § 537 mindert sich die Miete kraft Gesetzes (§ 537 Rz 48a), so daß der damit maßgebende Betrag der im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses vereinbarte Mietzins ist (BGH NJW 1 9 6 1 , 9 1 6 ; E R M A N - S C H O P P § 5 5 7 R z 3 ; H A N S § 5 5 7 A n m 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 3 b ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 1 1 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 7 ; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 398). Eine Minderung ist dagegen ausgeschlossen, wenn die Mietsache sich
erst nach Beendigung des Mietverhältnisses erstmalig oder weiter verschlechtert ( M ü n c h - K o m m - V O E L S K O W § 5 5 7 R z 1 5 ; a M DERLEDER i n A K § 5 5 7 R z 3 ) . D i e
während der Dauer des Mietverhältnisses kraft Gesetzes eintretende Änderung des Mietzinses kommt nach der Beendigung nicht mehr in Betracht, weil sie nur aus der bei einem Vertragsverhältnis bestehenden Verpflichtung des Vermieters folgt, dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch der Sache zu gewähren. Abgesehen von (429)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 31-34
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Ausnahmefällen, die nach § 242 zu beurteilen sind, kann der Vermieter daher trotz einer weiteren Verschlechterung der ihm vorenthaltenen Sache den letzten Mietzins als Mindestentschädigung verlangen (BGH aaO). Ein im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung geminderter Mietzins bleibt aber dann nicht maßgebend, wenn die Mängel während der Vorenthaltung der Mietsache beseitigt werden. Dann kommt es wieder auf die ursprünglich vereinbarte Höhe des Mietzinses an. Haben die Parteien ein Minderungs- oder Aufrechnungsverbot vereinbart, so gilt dies auch für die Nutzungsentschädigung (KG HRR 1932 Nr 107; OLG Stuttgart NJW 1956, 914; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 3 c ; PERGANDE § 5 5 7 A n m
11).
31 bb) Die Nutzungsentschädigung umfaßt die Nebenkosten für Leistungen, die der Mieter weiterhin in Anspruch nimmt. Hat er sich an diesen Kosten nach dem ursprünglichen Mietvertrag zu beteiligen, so gehören sie zum vereinbarten Mietzins. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kosten pauschal oder nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet werden. Für ein Umlageverfahren sind die ursprünglichen Vereinbarungen maßgebend (LG Mannheim WuM 1 9 6 2 , 1 2 0 , 1 2 1 ; M Ü L L E R MDR 1 9 7 1 , 2 5 3 , 2 5 5 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
400).
32 cc) Die Fälligkeit der Nutzungsentschädigung bestimmt sich grundsätzlich nach der Regelung, die der Mietvertrag für die Fälligkeit des Mietzinses vorsah. Hierfür sind die Ähnlichkeit beider Ansprüche und das Bestreben maßgebend, weder den Vermieter noch den Mieter zu benachteiligen (BGH NJW 1974, 556; P A L A N D T P U T Z O § 557 Anm 1 f; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 402; aM LG Bonn ZMR 1968, 114; vgl OLG Köln MDR 1966, 761). Fehlt eine ausdrückliche Fälligkeitsvereinbarung, kann deshalb auch § 5 5 1 gelten ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 Rz 11; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
402).
33 dd) Eine Erhöhung der Nutzungsentschädigung aufgrund gesetzlicher Vorschriften über den im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses vereinbarten Mietzins hinaus, wie es das OLG Celle (NJW 1964,1027; ebenso E R M A N - S C H O P P § 557 Rz 3) für § 18 BMietG I angenommen hat und was vor allem für den sozialen Wohnungsbau von Bedeutung ist (§§ 8, 10 WoBindG), ist ausgeschlossen (s aber Rz 39,41). Die Begründung der abweichenden Auffassung, der Mieter dürfe bei der Vorenthaltung der Mietsache nicht besser stehen als ein rechtmäßig besitzender Mieter, ist nicht stichhaltig. Kann der Vermieter wegen der Beendigung des Mietverhältnisses gesetzliche Ansprüche auf Mieterhöhung nicht mehr durchsetzen, so bleibt ihm die Möglichkeit, die ortsübliche Miete zu verlangen (Abs 1 S 1 HS 2) oder einen weitergehenden Schaden geltend zu machen (Abs 1 S 2; OLG Celle ZMR 1967,270; LG Frankenthal/Pfalz ZMR 1965, 273; LG Kiel NJW 1961, 319; vgl aber AG Ratingen MDR 1967, 131). Wertsicherungsklauseln müssen bei der Nutzungsentschädigung unberücksichtigt bleiben, da sie mit dem Vertragsende ihre Wirksamkeit verlieren (BGH MDR 1973,492; P A L A N D T - P U T Z O § 557 Anm 3 b; s hierzu aber § 10 Abs 1 MHRG; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 412). Auch insoweit bleibt nur die Möglichkeit eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs. 34 ee) Eine Verminderung der Nutzungsentschädigung gegenüber dem vereinbarten Mietzins ist geboten, wenn dem Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses Nebenräume, Gemeinschaftseinrichtungen und dgl nicht mehr zur Verfügung stehen, auf die ein entsprechender Teil des Mietzinses entfiel ( M Ü L L E R MDR 1971,253,254 Fn 12; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 399; STERNEL Rz V 90). Das gleiche gilt, wenn die teilweise Rückgabe der Mietsache entgegen § 266 ausnahmsweise als zulässige Teilleistung anzuerkennen ist (LG Mannheim ZMR 1965, 211; ERMAN-SCHOPP § 557 Rz 3). Ist die Mietsache mangelhaft, kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung des Fehlers an (Rz 30). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(430)
3. Titel. Miete. Pacht
§557 35—40
ff) Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung ist eine Entschädigungsforderung iS 35 des § 559 S 2, für die der Vermieter ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters geltend machen kann, wenn sie nicht nur dem Grunde nach besteht, sondern wenn der auszugleichende Schaden bereits entstanden ist (RGZ 54, 301; 142, 201, 2 0 5 ; B G H N J W 1 9 7 2 , 7 2 1 , 7 2 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 0 3 ) .
gg) Die Verjährung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung richtet sich nach 36 § 197, beträgt also vier Jahre ( B G H Z 6 8 , 3 0 7 = NJW 1 9 7 7 , 1 3 3 5 ; O L G Königsberg H R R 1 9 3 6 N r 8 6 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 R z 2 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m l e;RoQUETTE§ 5 5 7 Rz 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 0 4 ; aMNiENDORFF 2 5 1 , MITTELSTEIN 5 2 9 , die auf § 1 9 5 abstellen), soweit nicht § 1 9 6 Abs 1 Nr 6
eingreift. Dies folgt aus der Ähnlichkeit mit dem Mietzinsanspruch. c) Ortsübliche Vergleichsmiete
37
aa) Anstelle des vereinbarten Mietzinses kann der Vermieter bei der Raummiete jeder Art als Nutzungsentschädigung die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen (Abs 1 S 1 HS 2) .Er hat damit als Gläubiger eine Ersetzungsbefugnis, die es ihm erlaubt, die für ihn günstigere Entschädigung zu wählen. Dieses Recht steht ihm mehrfach hintereinander zu, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete in der Zwischenzeit steigt (STERNEL Rz V 91). Die einjährige Wartefrist des § 2 Abs 1 Nr 1MHRG gilt in diesem Zusammenhang nicht (vgl Rz 38). bb) Das sich hieraus ergebende Gestaltungsrecht muß der Vermieter durch eine 38 einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausüben. Über Inhalt und Form dieser Erklärung enthält das Gesetz keine besonderen Vorschriften. Zum Teil werden hierfür die gleichen Voraussetzungen aufgestellt, die für das Verlangen auf Erhöhung der Grundmiete nach § 2 Abs 2 MHRG gelten, nämlich schriftliche Geltendmachung und Begründung, wobei auf Übersichten oder Gutachten über die ortsübliche Vergleichsmiete Bezug genommen werden kann (AG Hildesheim ZMR 1 9 7 3 , 15; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 R z 14; DERLEDER in A K § 5 5 7 R z 3 ) . F ü r
eine entsprechende Anwendung fehlt es jedoch am gleichen Normzweck, da die Mieterhöhung nach § 2 MHRG grundsätzlich eine Zustimmung des Mieters voraussetzt, die von ihm nur bei Darlegung aller den Anspruch des Vermieters begründenden Tatsachen erwartet werden kann. Im Rahmen des § 557 genügt jedoch die einseitige Erklärung. Diese Erklärung bedarf deshalb keiner Form (MünchKomm - VOELSKOW § 5 5 7 Rz 1 7 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 9 3 ; STERNEL RZ V 89) und auch nicht einer Angabe der die höhere ortsübliche Miete begründenden Tatsachen (anders SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). Es genügt, wenn für den Mieter ersichtlich ist, daß der Vermieter nunmehr eine höhere als die vereinbarte Miete verlangt. Der notwendige Schutz des Mieters ist sichergestellt, weil der Vermieter die Beweislast dafür trägt, daß er eine höhere Nutzungsentschädigung geltend gemacht hat und daß diese der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht. Dies gilt auch bei Sozialwohnungen, die zwar unabhängig von dem Bestehen eines 39 Mietvertrags den Preisbindungsvorschriften des WoBindG unterliegen, bei denen jedoch die verfahrensrechtlichen Vorschriften über eine Mieterhöhung ein bestehendes Mietverhältnis voraussetzen (§ 10 WoBindG; anders LG Mannheim NJW 1970, 1881, das über eine formell unzureichende Erklärung zu entscheiden hatte, die noch vor Beendigung des Mietvertrags abgegeben worden war; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 Rz 14). Eine Bindung besteht deshalb objektbezogen nur hinsichtlich des Umfangs der möglichen Nutzungsentschädigung (Rz 43). cc) Der Anspruch auf Entschädigung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete wird 40 wirksam mit dem Zugang der Erklärung bei dem früheren Mieter (§ 130). Aus der Gestaltungswirkung der Erklärung folgt, daß diese Entschädigung nicht rückwirkend (431)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 41-43
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
für die Vergangenheit verlangt werden kann (LG Düsseldorf MDR 1970, 144; LG München WuM 1 9 7 4 , 7 ; AG Kamen WuM 1 9 7 2 , 1 6 2 , 1 6 4 ; E R M A N - S C H O P P § 5 5 7 Rz 4 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 3 9 4 ) . Ist die Entschädigung für die Vergangenheit schon nach der früher vereinbarten Miete gezahlt, so läßt sich der Ausschluß der Rückwirkung auch mit der Erfüllung der Verbindlichkeit begründen. Insoweit wirkt die Erfüllung durch einen bereits im voraus gezahlten Betrag in die Zukunft. Im übrigen wird die Entschädigung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete ohne Rücksicht auf die im früheren Mietvertrag vereinbarten Fälligkeitstermine sofort vom Tag des Zugangs der Erklärung an geschuldet ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 395).
41 dd) Der Umfang der Nutzungsentschädigung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete richtet sich nicht nach einer aus allen Mieten innerhalb der betreffenden Gemeinde gebildeten Durchschnittsmiete. Entscheidend ist der konkrete Vergleich mit dem Mietzins, der in der Gemeinde für Räume vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage üblicherweise gezahlt wird (vgl § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG). Aus dem Merkmal der Üblichkeit ist zu folgern, daß eine Mehrzahl von Räumen in verschiedenen Häusern als Vergleichsobjekte zur Verfügung stehen muß ( W E I M A R MDR 1 9 7 0 , 1 8 , 1 9 ) . Ein einziges Vergleichsobjekt ist unzureichend. Das gleiche gilt für andere Räume, die demselben Vermieter gehören, weil sich eine ortsübliche Vergleichsmiete nur aus mehreren Mietverhältnissen entwickeln läßt, bei denen jeweils verschiedene Vertragspartner Mieter und Vermieter sind ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 7 0 ; STERNEL W U M 1 9 7 2 , 1 8 5 , 1 8 6 ; ders MDR 1 9 7 3 , 2 6 5 , 2 6 9 mwN; s unten § 2 MHRG Rz 38). In der Regel wird es entsprechend § 2 Abs 2 S 3 MHRG genügen, wenn drei - ausnahmsweise etwa in sehr kleinen Gemeinden auch zwei Vergleichsobjekte vorhanden sind (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 1 0 1 ; AG Dortmund WuM 1972, 60, das mindestens drei Vergleichsobjekte verlangt; AG Backnang WuM 1 9 7 3 , 7 9 - 3 bis 5 Vergleichsobjekte; AG Kamen WuM 1 9 7 2 , 1 6 2 3 Vergleichsobjekte; s unten § 2 MHRG Rz 88 f). 42 Die Vergleichsobjekte müssen in demselben Ort liegen. Hierunter ist grundsätzlich die politische Gemeinde zu verstehen, ohne daß der Begriff in jedem Fall darauf zu beschränken ist. Daraus folgt, daß Mietobjekte in verschiedenen Vororten einer Gemeinde miteinander verglichen werden können, sofern sie nur eine vergleichbare Wohnlage aufweisen. Die abweichende, nicht näher begründete Auffassung des AG Dortmund (WuM 1972, 60; s auch W E I M A R MDR 1970, 18, 19; H Ä R I N G B1GBW 1970, 221, 223) findet im Gesetz keine Stütze. Darüber hinaus können auch Mietobjekte verschiedener Gemeinden zum Vergleich herangezogen werden. Dabei ist aber erforderlich, daß sie in einem einheitlichen Siedlungsbereich liegen ( E R M A N S C H O P P § 557 Rz 4; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 397; s unten § 2 MHRG Rz 36 f). Nur so ist dem Zweck des § 557 Abs 1 S 1 gerecht zu werden, dem Vermieter die an sich in dem betreffenden Siedlungsgebiet erzielbare Miete als Mindestentschädigung zu gewähren. 43 Erst aus den Mieten der konkreten Vergleichsobjekte ist als Durchschnitt die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Soweit für den jeweiligen Ort Mietwerttabellen (§ 2 Abs 2 S 2 MHRG) aufgestellt worden sind, kann hierauf zurückgegriffen werden. Die Berufung auf Sachverständigengutachten anstelle der Benennung von Vergleichsobjekten ist unzureichend (AG Dortmund WuM 1972, 59; AG Kamen WuM 1972,162). Für Wohnungen, die objektgebunden dem WoBindG unterliegen, bildet die preisrechtlich zulässige Kostenmiete auf jeden Fall eine Obergrenze (OLG Celle ZMR 1963, 312; LG Mannheim WuM 1970, 203; H A N S § 557 Anm 3; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 7 A n m 3 b ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 3 9 6 ; STERNEL R Z V
88). Da es sich nicht um eine Mieterhöhung, sondern um eine Mindestentschädigung Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§557 44-46
auf der Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete handelt, brauchen im übrigen die Voraussetzungen des § 10 WoBindG nicht erfüllt zu sein (aM LG Mannheim aaO; S T E R N E L R Z V 8 6 ) . Dies zeigt sich daran, daß der Vermieter im Rahmen des § 5 5 7 Abs 1 S 1 höchstens die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen kann, auch wenn die Kostenmiete höher sein sollte. Die ortsübliche Vergleichsmiete bildet auch dann die Grenze, wenn der Vermieter umsatzsteuerpflichtig ist. Er kann die Umsatzsteuer aber als weitergehenden Schadensersatz nach Abs 1 S 2 geltend machen (OLG Hamm ZMR 1980, 375; s unten Rz 47 ff, 51). d) Sonstige Rechtsfolgen
44
aa) Mit der Beendigung des Mietverhältnisses erlöschen alle vertraglichen Rechte und Pflichten. Auf der Grundlage der Vorenthaltung der zurückzugebenden Mietsache entsteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis. Neben der Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs 1 ergeben sich hieraus weitere Rechte und Pflichten, die vor allem dann bedeutsam werden, wenn der frühere Mieter die Mietsache weiterhin nutzt. Dieser Tatsache muß die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen im einzelnen Rechnung tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich um eine nur vorübergehende Nutzung im ausschließlich eigenen Interesse des früheren Mieters handelt und daß dem Vermieter trotz der Vertragsbeendigung nicht das Recht zusteht, durch eigenmächtige Maßnahmen dem Mieter den Besitz zu entziehen oder ihn darin zu beeinträchtigen. An diesem Ziel haben sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten auszurichten (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 4 0 5 ) . Entscheidend sollte dabei aber nicht auf die Ähnlichkeit zwischen dem tatsächlichen Nutzungsverhältnis und dem beendeten Mietverhältnis abgestellt werden, um auch das erstere schon im Grundsatz den bisherigen mietrechtlichen und mietvertraglichen Regeln zu unterstellen (so S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Es kommt vielmehr auf die vorübergehende Natur des Nutzungsverhältnisses und seinen auf Abwicklung angelegten Charakter an (vgl M U L L E R MDR 1 9 7 1 , 2 5 3 , 2 5 4 ) . Die weitere Anwendbarkeit mietrechtlicher Regeln ist deshalb allein unter dem Gesichtspunkt geboten, dem Vermieter jeglichen mittelbaren Zwang zu verwehren, durch den er auf den Besitz des Mieters einwirken könnte. Hieraus ergeben sich beträchtliche Einschränkungen gegenüber den früheren mietvertraglichen Rechtsbeziehungen (vgl im einzelnen M Ü L L E R MDR 1 9 7 1 , 2 5 3 ff; P E R G A N D E § 5 5 7 Anm 1 1 ; R O Q U E T T E § 5 5 7 R z 2 6 , 2 7 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 0 6 f f ) .
bb) Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter einen gefahrlosen Zugang zu 45 ermöglichen und alle Gefahren zu beseitigen, die vom Besitz der Mietsache ausgehen können. Zu weitergehenden Instandhaltungsarbeiten ist er jedoch nicht verpflichtet (zT abw M Ü L L E R 2 5 5 ) . Versorgungsleistungen und Gemeinschaftseinrichtungen sind insoweit zur Verfügung zu stellen, als sie erforderlich sind, um ein angemessenes Wohnen zu ermöglichen und nicht einen mittelbaren Druck zwecks Räumung auf den Mieter entstehen zu lassen (vgl im einzelnen M Ü L L E R 2 5 4 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R BLANK B 4 0 6 f f ; STERNEL R z V 7 5 f f ) .
cc) Der Mieter ist zur Obhut über die dem Vermieter vorenthaltene Mietsache 46 verpflichtet. Er hat den Hausfrieden zu wahren und Rücksicht auf etwaige Mitmieter zu nehmen, weil das zwischen den Parteien bestehende gesetzliche Schuldverhältnis durch die gesamten Umstände, unter denen es entsteht, inhaltlich ausgestaltet wird. Es handelt sich jedoch nicht um irgendwelche Nachwirkungen des Mietvertrags. Grundlage ist allein das durch die Vorenthaltung der Mietsache entstehende gesetzliche Schuldverhältnis. Deshalb wirkt eine ursprünglich vertraglich übernommene Pflicht, Schönheits- und andere Reparaturen durchzuführen, nicht fort. Das gleiche gilt für sonstige besondere vertragliche Pflichten, die nicht typischerweise zum (433)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 47-50
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Mindestinhalt eines Mietverhältnisses gehören und nach Sinn und Zweck des nunmehr bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses auch dessen Inhalt prägen. Die im Schrifttum zT vertretene Auffassung, die von einem weitgehenden Fortbestand besonderer vertraglich übernommener Pflichten des Mieters ausgeht (MÜLLER MDR 1971, 253, 256; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 422 ff; STERNEL RZ V 79), läßt außer acht, daß das Mietverhältnis beendet ist und daß es sich bei der Nutzungsentschädigung des Vermieters um den pauschalen Ersatzanspruch für einen Mindestschaden handelt. Es kommt deshalb nicht darauf an, ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung herzustellen. Die weitergehende Auffassung führt im Ergebnis dazu, neben der stillschweigenden Verlängerung eines Mietverhältnisses nach § 568 ein Ersatzinstitut über § 557 zu konstruieren. Aus Treu und Glauben kann sich für den Mieter die Pflicht ergeben, dem Vermieter den bevorstehenden oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Auszug mitzuteilen, damit sich der Vermieter rechtzeitig um einen neuen Mieter bemühen kann. Anderenfalls kann sich der Mieter schadensersatzpflichtig machen (LG Freiburg WuM 1980, 223). III. Weitergehender Schadensersatz (Abs 1 S 2, Abs 2-4) 47 1. Allgemeines Nach Abs 1 S 2 ist es dem Vermieter nicht verwehrt, neben der Nutzungsentschädigung einen weiteren Schaden geltend zu machen. Hierbei handelt es sich nicht um eine selbständige Anspruchsgrundlage. Die Vorschrift stellt nur klar, daß neben der Mindestentschädigung weitere Schadensersatzansprüche unberührt bleiben, die sich aus den allgemeinen Vorschriften ergeben (PERGANDE § 557 Anm 4; ROQUETTE § 557 Rz 12). 48 a) Hierzu gehören in erster Linie Ansprüche wegen Schuldnerverzugs nach den §§ 284 ff (OLG Stuttgart BB 1962, 466; LG Augsburg WuM 1967, 27; LG Mannheim WuM 1962, 120; LG Münster WuM 1963, 58; PALANDT-PUTZO § 557 A n m 4 ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 4 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 12; SCHMIDT-FUTTERER N J W 1 9 6 2 , 4 7 1 , 4 7 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 2 9 ; vgl OLG Celle NJW 1 9 6 4 , 1 0 2 7 ) .
Der Mieter kommt nach § 284 Abs 2 ohne Mahnung in Verzug, wenn er die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, weil es sich hierbei in jedem Fall um einen kalendermäßig feststehenden Zeitpunkt handelt ( B G H W u M 1 9 6 5 , 2 0 5 , 2 0 6 ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 4 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 12). D e r
Schadensersatzanspruch wegen Räumungsverzugs des Mieters steht nach § 571 Abs 1 auch dann dem Erwerber des Grundstücks zu, wenn der Mietvertrag vor dem Eigentumswechsel aufgrund einer von dem Veräußerer erklärten Kündigung beendet worden ist (BGHZ 72, 147 = NJW 1978, 2148 m abl Anm HAASE JR 1979, 111). Weitere Schadensersatzansprüche des Vermieters können sich aus positiver Forderungsverletzung ergeben (LG Augsburg aaO; LG Mannheim WuM 1962, 120; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 4 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 13; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B 429; vgl zu Konkurrenzfragen Rz 66 ff).
49 Schadensersatzansprüche wegen Schuldnerverzugs und positiver Forderungsverletzung setzen voraus, daß der Mieter dem Vermieter die Mietsache schuldhaft vorenthält. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zum Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach Abs 1 S 1, der unabhängig von einem Verschulden des Mieters eingreift. Das Verschulden kann wegen eines Rechtsirrtums ausgeschlossen sein (AG Langen WuM 1980, 7, 8). 50 Ein weiterer Unterschied zur Mindestentschädigung nach Abs 1 S 1 HS 1 liegt darin, daß der Vermieter einen weiteren Schaden darlegen und im Streitfall beweisen muß (vgl zur Beweiswürdigung BGH WM 1964, 684). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§557 51-55
b) Der Umlang des zu ersetzenden Schadens richtet sich nach den §§ 249 ff. Damit 51 wird in erster Linie der entgangene Gewinn erfaßt (§ 252). Es handelt sich vor allem um die Nutzungen, die der Vermieter bei rechtzeitiger Rückgabe der Mietsache hätte erzielen können, soweit sie höher gewesen wären als der frühere Mietzins (ROQUETTE § 557 Rz 14; vgl BGH WM 1964, 684). Bei der Vermietung von Räumen wird ein dahin gehender besonderer Schadensersatzanspruch wegen der Möglichkeit einer Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete allerdings nur relevant, wenn es dem Vermieter möglich gewesen wäre, die Räume zu einem noch höheren Mietzins zu vermieten. Ferner ist ein entgangener Gewinn zu ersetzen, wenn der Vermieter die Möglichkeit eines gewinnbringenden Verkaufs der Mietsache verloren hat. Einschränkungen unter dem Gesichtspunkt der Kausalität können eingreifen, wenn der Vermieter von Wohnraum einen entgangenen Gewinn aus der Weitervermietung zu gewerblichen Zwecken geltend macht (LG Hamburg MDR 1967,676). Als weiterer Schaden kommt auch eine anderweitige VermögenseinbuBe in Betracht. So können dem Vermieter besondere Vergünstigungen entgehen, wenn er einen Mietinteressenten verliert, der ihm etwa als Pflegeperson zur Verfügung gestanden hätte oder an seiner Stelle die Renovierung der Mieträume übernommen hätte. Nachteilig können sich gestiegene Reparaturkosten auswirken, wenn der Vermieter diese nach der verspäteten Rückgabe der Mietsache selbst tragen muß (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 430). Wenn der Mieter die Räumung verzögert und den Vermieter in Ungewißheit darüber läßt, wann er ausziehen wird, hat er dafür einzustehen, daß sich wegen dieser Ungewißheit etwaige bauliche Veränderungen durch den Vermieter verzögern (BGH WM 1964, 684). Zu ersetzen sind ferner Veränderungen und Verschlechterungen, die sich im Rahmen des § 548 halten. Diese Schäden werden nicht durch die Nutzungsentschädigung nach Abs 1 S 1 abgegolten (so aber SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO), da dieser Anspruch keinen Entgeltscharakter trägt (vgl MÜLLER MDR 1971, 253, 257). Es kommt nur darauf an, ob dem Vermieter der Nachweis gelingt, daß ihm diese Schäden bei rechtzeitiger Rückgabe der Mietsache nicht entstanden wären. Unterliegt der Vermieter mit der Nutzungsentschädigung des Abs 1 S 1 der Umsatzsteuer, so gehört die Steuer zu dem zu ersetzenden Schaden (OLG Hamm ZMR 1980, 375). c) Der Mieter kann gegenüber den Schadensersatzansprüchen des Vermieters nach 52 § 254 den Einwand mitwirkenden Verschuldens geltend machen (vgl LG Göttingen MDR 1959, 928; ROQUETTE MDR 1954, 419; ders § 557 Rz 15). d) Die vorstehend skizzierten Grundsätze gelten uneingeschränkt nur bei der 53 Vermietung von beweglichen Sachen, Grundstücken und sonstigen Räumen, nicht aber bei Wohnräumen.
2. Besonderheiten bei der Vermietung von Wohnraum
54
Für die Vermietung von Wohnraum enthält das Gesetz in § 557 Abs 2 und 3 aus sozialen Gründen eine Reihe von Einschränkungen der Schadensersatzpflicht des Mieters (Rz 7). Dies gilt für Wohnraummietverhältnisse jeder Art und ohne Rücksicht auf die Einschränkungen des Bestandsschutzes in den §§ 556 a Abs 8, 5 6 4 b A b s 4 , 7 (STERNEL R Z V 9 6 ) .
a) Verschulden des Mieters
55
aa) Der Vermieter kann einen weiteren Schaden nur geltend machen, wenn die Rückgabe der Wohnräume infolge von Umständen unterblieben ist, die der Mieter zu vertreten hat (Abs 2 S 1 HS 1). Dieser Regelung kommt im wesentlichen nur eine klarstellende Funktion zu, da auch die allgemeinen Schadensersatzansprüche grund(435)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 56-58
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
sätzlich ein Verschulden voraussetzen (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 5; s aber Rz 7). Eine materiell-rechtliche Bedeutung ergibt sich wegen der Unabdingbarkeit (Abs 4) nur insoweit, als die Parteien die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs bei verspäteter Rückgabe abweichend von den allgemeinen Vorschriften vereinbart haben. Die Vorschrift ist auch verfahrensrechtlich nicht von Bedeutung, da dem Mieter von Wohnraum in gleicher Weise wie bei anderen Mietverhältnissen die Beweislast dafür obliegt, daß ihn kein Verschulden an der verspäteten Rückgabe trifft ( H Ä R I N G B1GBW 1968, 81, 82; H A N S § 557 Anm 7; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 4 3 3 ) . Möglich ist es, daß ein Verschulden nur während eines Teils der Zeit vorliegt, für die die Mietsache vorenthalten wird ( P A L A N D T PUTZO § 5 5 7 A n m 4 b ) .
56 bb) Die Umstände sind nicht zu vertreten, wenn eine Härte iS der § 556 a Abs 1 vorliegt (s dort Rz 20 ff), zB wenn die Rückgabe der Mietsache unterbleibt, weil der Mieter angemessenen Ersatzwohnraum nicht zu zumutbaren Bedingungen erlangen kann oder ein Zwischenumzug unzumutbar ist (AG Hagen WuM 1966, 116 u LG Münster ZMR 1972, 279 - Unzumutbarkeit eines Zwischenumzugs bis zur Fertigstellung des eigenen Hauses). Das gleiche gilt, wenn die Rückgabe wegen Krankheit oder fortgeschrittener Schwangerschaft des Mieters oder seiner Familienmitglieder unterbleibt ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 Rz 21; P A L A N D T - P U T Z O § 557 Anm 4 b; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 434 ff; vgl O L G Braunschweig NJW 1963, 1108, 1110; L G Köln MDR 1963, 847; P E R G A N D E § 557 Anm 5). Um ein Verschulden auszuschließen, ist es nicht erforderlich, daß der Mieter zunächst eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 556 a-556 c betreibt ( P A L A N D T - P U T Z O aaO). Im Einzelfall kann aufgrund der jeweiligen Umstände ein Verschulden auch dann entfallen, wenn dem Mieter Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO gewährt worden ist und deshalb nicht schon § 557 Abs 3 eingreift (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 5; H A N S § 557 Anm 5 a; P A L A N D T - P U T Z O § 557 Anm 4 c; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 438; vgl L G Koblenz ZMR 1966, 174 - zu § 30 WBewG). Bei der Wiedereinweisung des Mieters durch die Obdachlosenbehörde stellt sich die Frage eines Verschuldens nicht, da § 557 in diesem Fall generell unanwendbar ist (vgl A D L E R NJW 1963,717; H A N S § 557 Anm 5 a; s aber L G Mannheim NJW 1963,717; B U R K H A R D T BB 1964, 771, 774; s oben Rz 18). 57 b) Billigkeitserwägungen aa) Nach § 557 Abs 2 S 1 HS 2 ist der Mieter von Wohnraum nur insoweit zum Schadensersatz verpflichtet, als den Umständen nach die Billigkeit eine Schadloshaltung des Vermieters erfordert. Die Vorschrift wird von dem Ziel beherrscht, aus sozialen Gründen das Risiko des Mieters einzuschränken, das sich aus etwaigen Schadensersatzansprüchen des Vermieters bei Vorenthaltung der Mietsache ergibt. Insbesondere soll der Mieter nicht davon abgehalten werden, sich auf die Sozialklausel des § 556 a zu berufen (Rz 7). Etwaige Schadensersatzansprüche des Vermieters können deshalb ganz oder teilweise ausgeschlossen sein, wenn nicht der Mieter selbst gekündigt hat (Abs 2 S 2; Rz 59). Dabei sind die Umstände, die den Schadensersatzanspruch des Vermieters aus Billigkeitsgründen einschränken oder ausschließen können, vom Mieter darzulegen ( H A N S § 557 Anm 5 b). 58 bb) Solche Umstände können darin liegen, daß sich ein nach Lage der Dinge erfolgversprechendes Verlangen nach Fortsetzung des Mietverhältnisses erst im Prozeß als unbegründet erweist ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 440). Unbillig kann es sein, wenn der Vermieter einen entgangenen Gewinn verlangt, den er nur aufgrund solcher Maßnahmen erzielt hätte, die er ohne Stellungnahme des Mieters zu der ausgesprochenen Kündigung bereits in die Wege geleitet hatte. Das gleiche gilt, wenn der Vermieter einen hohen Gewinn ersetzt haben will, der ihm aus einem Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(436)
§557 3. Titel. Miete. Pacht
59-63
gescheiterten Verkauf des Mietobjekts entgangen ist ( H A N S § 557 Anm 5 b; aaO). Doch kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an, wie die Höhe des Schadens, die Zumutbarkeit der Belastung beider Parteien, ihre Vermögensverhältnisse und den Grad des Verschuldens des Mieters ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Aufgrund einer Abwägung aller dieser Umstände ist der Umfang des zu ersetzenden Schadens zu bestimmen. SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
cc) Ist das Mietverhältnis durch eine Kündigung des Mieters beendet worden, so 59 können Schadensersatzansprüche des Vermieters nicht aufgrund von Billigkeitserwägungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (Abs 2 S 2). Durch die eigene Kündigung übernimmt der Mieter grundsätzlich das Risiko, die Mietsache rechtzeitig zurückgeben zu können. Für Billigkeitserwägungen ist deshalb kein Raum mehr. Das bedeutet allerdings nicht, daß der Mieter nunmehr jeden Umstand zu vertreten hätte, aufgrund dessen die Rückgabe der Mietsache unterbleibt (so aber B U R K H A R D T BB 1964, 771, 774). Die Regelung des Abs 2 S 2 bezieht sich nur auf die Billigkeitsklausel, läßt also die Voraussetzung des Verschuldens und deren Prüfung für einen Schadensersatzanspruch des Vermieters unberührt (AG Kassel WuM 1971, 13; H A N S § 5 5 7 A n m 5 e ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 2 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 4 2 ) .
Wird das Mietverhältnis einverständlich aufgehoben, greift Abs 2 S 2 aufgrund des eindeutigen Wortlauts nicht ein ( S T E R N E L Rz V 9 8 ) . c) Räumungsfrist durch Vollstreckungsschutz
60
aa) Über die Nutzungsentschädigung hinausgehende Schadensersatzansprüche des Vermieters sind ausgeschlossen, wenn dem Mieter nach § 721 oder § 794 a ZPO eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt worden ist (Abs 3). Dieser gesetzliche Ausschluß gilt für die Dauer der Beendigung des Mietverhältnisses über den Beginn bis zum Ablauf der - auch verlängerten - Räumungsfrist. Anschließend kann § 557 wieder in vollem Umfang eingreifen. bb) Die Anwendbarkeit der Vorschrift hängt nach ihrem eindeutigen Wortlaut 61 davon ab, daß gerichtliche Räumungsfristen nach § 721 oder § 794 a ZPO gewährt worden sind. Sie gilt dagegen nicht bei Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO (vgl STERNEL R Z V 97) oder bei vertraglicher, insbesondere vergleichsweise vereinbarter Räumungsfrist. Einer analogen Anwendung des § 557 Abs 3 bedarf es in diesen Fällen nicht, weil der Mieter im ersteren Fall ggf dadurch geschützt werden kann, daß die zum Vollstreckungsschutz führenden Umstände auch ein Verschulden ausschließen (Rz 56), während bei Gewährung einer vertraglichen Räumungsfrist der Verzug generell ausgeschlossen wird ( H A N S § 557 Anm 5 d; P A L A N D T - P U T Z O § 557 Anm 4 c; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
444).
cc) Wie sich aus der Stellung des Abs 2 S 2 ergibt, greift der Ausschluß 62 weitergehender Schadensersatzansprüche des Vermieters bei gerichtlich gewährten Räumungsfristen auch im Falle einer Kündigung des Mieters ein. Der Gesetzgeber hielt es für ungerechtfertigt, den Mieter für solche Verzugsschäden haften zu lassen, die während einer gerichtlich gewährten Räumungsfrist eintreten (Rz 7). Daraus wird deutlich, daß nur der Ersatz solcher Schäden ausgeschlossen wird, die durch die Vorenthaltung der Mietsache entstanden sind. Weitergehende Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung oder Verschlechterung der Mietsache während der Dauer der Vorenthaltung bleiben dagegen unberührt ( M Ü L L E R MDR1971,253,257; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
443).
3. Unabdingbarkeit (Abs 4)
63
Nach § 557 Abs 4 können keine Vereinbarungen getroffen werden, die bei der Vermietung von Wohnraum zum Nachteil des Mieters von den Einschränkungen (437)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§557 64-68
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
weitergehenden Schadensersatzes nach den Abs 2 oder 3 abweichen. Diese Einschränkungen sind zwingender Natur. So ist eine Vereinbarung unzulässig, durch die eine vom Verschulden des Mieters unabhängige Schadensersatzpflicht wegen Vorenthaltung der Mietsache begründet werden soll (LG Mannheim ZMR 1967, 310). Das gleiche gilt für einen Verzicht des Mieters auf die Berücksichtigung von Billigkeitserwägungen oder auf den Ausschluß der Schadensersatzpflicht bei Gewährung gerichtlicher Räumungsfristen. 64 Unzulässig sind auch Vereinbarungen, durch die abweichend von Abs 1 die Höhe der Nutzungsentschädigung zuungunsten des Mieters festgelegt wird (aM SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 4 5 0 ) . Abs 4 nimmt zwar nicht ausdrücklich auf die Nutzungsentschädigung Bezug. Da jede Vereinbarung, die über die pauschale Regelung der Nutzungsentschädigung nach Abs 1 hinausgeht, der Sache nach jedoch zur Geltendmachung eines weiteren Schadens des Vermieters in pauschalierter Form führt, ist auch hierin ein Verstoß gegen die Unabdingbarkeit der Einschränkung weitergehender Schadensersatzansprüche zu sehen (vgl HANS § 5 5 7 Anm 6 ; PERGANDE § 5 5 7 Anm 10; STERNEL RZ V 6 9 ) . Bei Formularmietverträgen ist unabhängig von der Art der Mietsache das Verbot unangemessen hoher Nutzungsvergütungen nach § 10 Nr 7 a) AGBG zu beachten (BUB DWW 1977, 76, 79). 65 Aus der Bezugnahme auf die Abs 2 und 3 ergibt sich allerdings eindeutig, daß die Unabdingbarkeit nur bei Mietverhältnissen über Wohnraum gilt, nicht dagegen bei Geschäfts- oder sonstigen Räumen. Abweichende Vereinbarungen zugunsten des Mieters sind in jedem Fall zulässig. 66 IV. Konkurrenzen 1. Umstritten ist das Verhältnis, in dem die Regelung des § 557 zu den verschuldensunabhängigen Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff) und aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 987 ff) steht, soweit diese Ansprüche aus einer Vorenthaltung der Mietsache entstehen könnten. Anderweitige Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung, Untergang und dgl werden durch § 557 ohnehin nicht betroffen. 67 a) Nach hM bleiben die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung und der vom Mieter als nichtberechtigtem Besitzer gezogenen Nutzungen uneingeschränkt neben § 557 anwendbar (zu § 812: BGHZ 44, 241 = NJW 1966, 248; BGHZ 68, 307 = NJW 1977, 1335; BGH NJW 1968, 197; OLG Braunschweig N J W 1 9 6 3 , 1 1 0 8 m Anm WENNER NJW 1 9 6 3 , 1 4 0 7 , anders noch OLG Braunschweig MDR 1960, 5 2 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 Rz 5; JAUERNIG-TEICHMANN § 5 5 7 A n m 1 c; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 5 a; zu §§ 2 9 2 A b s 2, 9 8 7 b z w §§ 9 8 7 ,
990: BGH WM 1974, 260, 261 - jedenfalls ab Rechtshängigkeit, im übrigen offengelassen; BGH ZMR 1954, 236; OLG Köln NJW 1961, 30; LG Kaiserslautern ZMR 1 9 7 1 , 3 0 ; LG Kiel NJW 1 9 6 1 , 3 1 9 ; LG Saarbrücken NJW 1 9 6 5 , 1 9 6 6 , 1 9 6 7 m zust Anm KNAPPMANN NJW 1 9 6 6 , 2 5 2 u abl Anm ROQUETTE WuM 1 9 6 5 , 2 0 3 u NJW
1965, 1 9 6 6 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 R z 17; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 R z 5; JAUERNIG-TEICHMANN aaO; SCHOPP ZMR 1 9 5 5 , 6 8 ; STAUDINGER-BERG [11. Aufl] Vorbem 6 zu §§ 9 8 7 - 1 0 0 3 ) . Bereicherungsansprüche werden bei der Abwicklung
eines Vertragsverhältnisses nach der Rspr nicht durch die §§ 987 ff ausgeschlossen (BGH NJW 1968, 1 9 7 ; s aber RÜBER NJW 1968, 1 6 1 1 ) .
68 b) Die Gegenmeinung beruft sich darauf, daß § 557 als Sonderregelung hinsichtlich Nutzungsentschädigung und Schadensersatz wegen Vorenthaltung der Mietsache die Vorschriften der §§ 812 ff und 987 ff ausschließe (LG Düsseldorf WuM 1967, 134; LG Mannheim NJW 1970, 1 8 8 1 ; AG Kamen WuM 1 9 7 2 , 1 6 2 ; AG Ratingen MDR Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(438)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 557, 557a 69,70
1 9 6 7 , 1 3 1 ; HERPERS RZ 1 0 7 8 ; HANS § 5 5 7 Anm 5 C - für Wohnraummietverhältnisse; HOFFMANN DWW 1 9 6 5 , 3 7 7 , 3 7 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 Anm 5 b zu § 9 8 7 ; PERGANDE § 5 5 7 Anm 11 für Wohnraummietverhältnisse, der im übrigen aber der hM folgt; ROQUETTE § 5 5 7 R Z L 6 F F ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 5 1 ; STAUDINGERGURSKY Vorbem 13 zu §§ 9 8 7 - 9 9 3 ; STERNEL RZ V 1 0 0 ; vgl RAISER J Z 1 9 6 1 , 5 2 9 , 531).
c) Für die Lösung des Problems ist mit der hM davon auszugehen, daß es keine 69 überzeugenden Anhaltspunkte für die Auffassung gibt, § 557 wolle als Sonderregelung Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Ansprüche auf Ersatz der vom Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses gezogenen Nutzungen ausschließen. Die Einschränkung nach § 557 Abs 2 u 3 betrifft ausdrücklich nur weitergehende Schadensersatzansprüche. Der von der Gegenmeinung geforderte Ausschluß von Bereicherungs- und Nutzungsersatzansprüchen wird auch nicht durch den sozialen Zweck des § 557 Abs 2 u 3 geboten, denn die Vorteile aus einem weiteren Gebrauch der Mietsache fließen unmittelbar dem früheren Mieter zu, so daß ihre Herausgabe ohne weiteres gerechtfertigt ist. Bei Schadensersatzansprüchen korrespondiert ein Schaden des Vermieters aber nicht notwendig mit einem Vorteil des Mieters. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß die Streitfrage jedenfalls bei der Raummiete durch das Recht des Vermieters, nach § 557 Abs 1 S 1 HS 2 eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen, weitgehend an praktischer Bedeutung verloren hat. 2. Die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verzugs oder aus ungerechtfertigter 70 Bereicherung, die mit dem Entschädigungsanspruch aus § 557 Abs 1 S 1 konkurrieren, verjähren wie dieser Anspruch in entsprechender Anwendung des § 197 in vier Jahren (Rz 36), da der Zweck der kurzen Verjährungsfrist beeinträchtigt würde, wenn der Vermieter nach Ablauf der Frist des § 197 gleichartige Ansprüche in anderer rechtlicher Konstruktion durchsetzen könnte (BGHZ 68, 307, 311 = NJW 1 9 7 7 , 1 3 3 5 , 1 3 3 6 ; vgl aber HECKELMANN JuS 1 9 7 7 , 7 9 9 ) . Werden für die Zeit nach Beendigung eines Mietverhältnisses Ansprüche auf Nutzungsentschädigung aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend gemacht, ohne daß die Voraussetzungen des § 557 erfüllt sind, so unterliegen diese Ansprüche nach § 195 der regelmäßigen Verjährung von dreißig Jahren (KG NJW 1971, 432). §557 a Ist der Mietzins für eine Zeit nach der Beendigung des Mietverhältnisses im voraus entrichtet, so hat ihn der Vermieter nach Maßgabe des § 347 oder, wenn die Beendigung wegen eines Umstandes erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften Uber die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. Art I Nr 17 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl 1457); Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 11 (zu Art I Nr 14); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 5.
Schrifttum BACHMANN, Die rechtliche Behandlung der Baukostenzuschüsse unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung, ZMR 1961, 33; BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Miet- und Pachtrecht, WM 1972,122,127; FROTZ, Zur Rückzahlung verlorener Baukostenzuschüsse nach Bereicherungsrecht, AcP 164 (1964) 309; GLASER, Das mietrechtliche Schlußgesetz, MDR 1964, 800, 802; HÄUSLER, Zweites Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, DWW 1964, (439)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 557 a 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse 214, 218; HOFFMANN, Das 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, WuM 1964, 129, 132; LUTZ, Das Zweite Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, B1GBW 1964,213,215; PERGANDE, Erschwerung der Wohnungsbaufinanzierung durch die jüngste Rechtsprechung des BGH zur Mietvorauszahlung, NJW 1970, 1171; SCHOPP, Die Haftung aus § 557 a BGB, ZMR 1969,161; ders, Das Zweite Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, ZMR 1964, 321, 323; STRUTZ, Baukostenzuschüsse und Abstandszahlungen bei einverständlich aufgelösten Geschäftsraummietund Pachtverträgen, NJW 1968, 1955; TRAPP, Mietvorauszahlung, Kündigung und Zwangsversteigerung bei der Anmietung von Geschäftsräumen, B1GBW 1966, 143; WUNNER, Baukostenzuschuß und Bereicherungsrecht, N J W 1966, 2285.
Systematische Ubersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3 II. Voraussetzungen 1. Allgemeines 4 2. Mietvorauszahlungen 5 3. Beendigung des Mietverhältnisses 8 4. Verschulden und Nichtverschulden des Vermieters 9
III. Rechtsfolgen 1. Allgemeines 13 2. Haftung des Vermieters nach Rücktrittsrecht 17 3. Haftung des Vermieters nach Bereicherungsrecht 19 4. Wechsel der Parteien 25 a) Vermieter 25 b) Mieter 26 IV. Unabdingbarkeit 27
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 14, 27 ff Baukostenzuschuß 7, 20 f, 26 Beendigung des Mietverhältnisses 8, 11 Bereicherungshaftung 19 ff Entreicherung - bei Haftung nach Bereicherungsrecht 19 - bei Haftung nach Rücktrittsrecht 17, 23 Haftung des Vermieters nach Bereicherungsrecht 19 f Haftung des Vermieters nach Rücktrittsrecht 17 f Kündigung 8, 10 Mietaufhebungsvertrag 8, 11 Mieterdarlehen 7, 27 a Mietverhältnis 4, 27, 30 - Beendigung 8, 11 - Mischräume 27 - Wohnraum 27 Mietvorauszahlung 5 ff, 16
Rechtsfolgen 13 Rechtsfolge Verweisung 13, 19 Rückerstattungsanspruch 13 ff - Fälligkeit 14 - Verjährung 15 Rückzahlung in Raten 27 a Störung des Hausfriedens 12 Unabdingbarkeit 27 ff Untervermietung 11 Umlagen 7 Verjährung 15 Verschulden des Vermieters 9 ff Verwendungsersatzanspruch 7 Wechsel der Parteien - Mieter 26 ff - Vermieter 25 f Werkmietwohnung 12
Nebenkosten 7 Nichtgewährung des Gebrauchs 2, 10
Zahlungsverzug 12, 14, 24 Zinsen 18, 24 Zuschüsse, verlorene 7 Zwangsversteigerung 8, 12, 28 Zweck der Vorschrift 3
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(440)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 557 a 1-3
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick
1
Die Vorschrift regelt den Umfang der Rückzahlungspflicht des Vermieters für den im voraus erhaltenen Mietzins, wenn das Mietverhältnis beendet wird und die Mietvorauszahlung noch nicht abgewohnt ist. Sie differenziert danach, ob der Vermieter die Beendigung zu vertreten hat oder nicht (Abs 1). Im ersteren Fall unterliegt der Vermieter der strengen Haftung nach § 347, so daß er auf jeden Fall zur Rückzahlung und vom Empfang der Mietvorauszahlung an zur Verzinsung verpflichtet ist. Hat der Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisses nicht zu vertreten, so haftet er nur nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff). Bei Mietverhältnissen über Wohnraum sind abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters unwirksam (Abs 2). 2. Entstehung der Vorschrift
2
§ 557 a ist als Teil des sozialen Mietrechts (BGHZ 53, 35, 39 = NJW 1970, 93, 94; BGHZ 56, 285, 287 = NJW 1971, 1658, 1659) durch das MietRÄndG II im Jahre 1964 in das BGB eingefügt worden und ersetzt die gleichzeitig aufgehobenen §§ 543 Abs 2 und 555. Auch diese Vorschriften regelten die Rückzahlung nicht abgewohnter Mietvorauszahlungen, allerdings in einer nicht befriedigenden Weise. § 543 Abs 2 aF betraf die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung des Mieters nach § 542 wegen Nichtgewährung des Gebrauchs der Mietsache. § 555 aF erfaßte die Fälle einer fristlosen Kündigung durch den Vermieter wegen vertragswidrigen Gebrauchs (§ 553) oder Zahlungsverzugs (§ 554) des Mieters. Bei fristloser Kündigung durch den Mieter haftete der Vermieter nur dann nach § 347, wenn er die Nichtgewährung des Gebrauchs zu vertreten hatte; im übrigen galt das mildere Bereicherungsrecht. Bei fristloser Kündigung durch den Vermieter wegen der erwähnten Vertragsverletzungen durch den Mieter griff dagegen nach § 555 aF immer die schärfere Haftung des Vermieters nach § 347 ein. Für andere Fälle einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses war die Rückzahlung im voraus entrichteten Mietzinses gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Die Rspr versuchte, diese Lücken durch eine entsprechende Anwendung der §§ 543 Abs 2, 555 aF zu schließen, ohne damit aber zu vollauf befriedigenden Ergebnissen zu gelangen (vgl BGHZ 29, 289, 295 = NJW 1959, 1424, 1427 f; BGH NJW 1963, 709; s auch LORENZ J Z 1 9 5 9 , 4 6 7 , 4 6 8 ; MITTELSTEIN M D R 1 9 5 5 , 5 8 4 , 5 8 5 ; PERGANDE § 5 5 7 a
Anm 1). 3. Zweck der Vorschrift
3
§ 557 a soll eine allgemeine Regelung für die Frage treffen, nach welchen Grundsätzen der Vermieter bei einer Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet ist, den für eine spätere Zeit im voraus gezahlten Mietzins zurückzuerstatten. Dadurch wurde es möglich, die aus der früheren Rechtslage, insbesondere aus der verunglückten Fassung des § 555 aF folgenden, ungereimten Ergebnisse zu vermeiden. Die RückZahlungsverpflichtung richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften über den Rücktritt vom Vertrag (§ 347). Wenn das Mietverhältnis jedoch wegen eines vom Vermieter nicht zu vertretenden Umstandes beendet wird, greift nur die weniger strenge Bereicherungshaftung ein. Die Unzulässigkeit abweichender, den Mieter von Wohnraum benachteiligender Vereinbarungen soll den in der Praxis verbreiteten Vertragsbestimmungen entgegenwirken, die mit den Grundgedanken des sozialen Mietrechts nicht zu vereinbaren sind (Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 7 f, 11; Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 5). (441)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 557 a 4-7
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
II. Voraussetzungen 4 1. Allgemeines Die Vorschrift betrifft Mietverhältnisse aller Art und differenziert nur hinsichtlich der Unabdingbarkeit bei Mietverhältnissen über Wohnraum (Abs 2). Sie geht über die frühere gesetzliche Regelung erheblich hinaus, da sie nicht nur die Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung einer der Parteien betrifft, sondern generell die Rückerstattung von Mietvorauszahlungen bei Beendigung des Mietverhältnisses regelt (ROQUETTE § 557 a Rz 2). 5 2. Mietvorauszahlungen a) Voraussetzung für einen Rückerstattungsanspruch ist zunächst, daß der Mietzins im voraus für eine Zeit nach der Beendigung des Mietverhältnisses entrichtet worden ist. Es reicht aus, wenn der Mietzins schon aufgrund eines Vorvertrags gezahlt worden ist (PERGANDE § 557 a Anm 3; s auch BGH NJW 1964, 37, 38). Das Gesetz geht davon aus, daß der Mietzins grundsätzlich am Ende der Mietzeit oder bei abschnittsweiser Bemessung nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist (§ 551 Abs 1). Hiervon wird in der Praxis jedenfalls bei der Bemessung nach Zeitabschnitten in aller Regel abgewichen. Der Mietzins ist nach den Parteivereinbarungen für den jeweiligen Zeitabschnitt im voraus zu entrichten. Dabei ist es gleichgültig, ob der Mietzins für Tage, Wochen, Monate oder Jahre vorauszuentrichten ist, so daß die einzelnen Mietzinsraten im voraus oder spätestens jeweils bei Fälligkeit getilgt sind. Eine Mietvorauszahlung liegt weiter vor, wenn mit dem im voraus entrichteten Betrag jeweils nur ein Teil der zukünftig fällig werdenden Mietzinsraten getilgt werden soll und ein Restbetrag nach Zeitabschnitten hinzuzuzahlen ist (ROQUETTE § 557 a Rz 5). 6 b) Eine Mietvorauszahlung ist auch dann gegeben, wenn der Mietzins für die gesamte Mietzeit in einer einmaligen Geldleistung vereinbart ist, die abweichend von § 551 Abs 1 S 1 im voraus zu entrichten ist. Zwar ist hier schon die Fälligkeit des Mietzinses anderweitig geregelt, der Betrag wird also nicht vor seiner Fälligkeit entrichtet. Auf die Zahlung vor Fälligkeit kommt es jedoch nicht an. Entscheidend ist, daß der Mietzins im voraus für eine Zeit entrichtet wird, in der das Mietverhältnis wegen vorzeitiger Beendigung nicht mehr besteht. Dieser Fall kann auch eintreten, wenn der Mietzins in einem einmaligen Betrag für die gesamte, vertraglich vorgesehene Mietzeit gezahlt wird (vgl ROQUETTE § 557 Rz 6). 7 c) Die Vorschrift erfaßt nicht nur den reinen Mietzins, sondern das gesamte Entgelt, das der Mieter als Gegenleistung für den Gebrauch der Mietsache zahlt. Hierzu gehören Umlagen und sonstige Nebenkosten für die Inanspruchnahme besonderer Einrichtungen oder Leistungen des Vermieters (HANS § 557 Anm 1). Generell zählt jeder Betrag zu den Mietvorauszahlungen, der nach den Parteivereinbarungen in Beziehung zum Mietzins steht und mit ihm innerlich verbunden ist (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 5). Dies gilt etwa für einen Verwendungsersatzanspruch des Mieters aufgrund von Einbauten, wenn die Parteien die Unverzinslichkeit und Unkündbarkeit während der Dauer des Mietverhältnisses sowie die Verrechnung mit den monatlichen Mietzinsraten vereinbaren (BGHZ 54,347 = NJW 1970,2289 m Anm BRAXMAIER LM § 547 BGB Nr 12). Da es keinen Unterschied macht, ob der Mieter oder der Vermieter die Einbauten vornimmt, sofern sie nur vom Mieter finanziert werden, können auch Mieterdarlehen, Baukostenzuschüsse und ähnliche Baufinanzierungsbeiträge des Mieters als Mietvorauszahlungen beurteilt werden, sofern durch eine Verrechnungsabrede die Abwohnbarkeit und damit die Beziehung zum Mietzins Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(442)
§ 557 a 3. Titel. Miete. Pacht
8,9
hergestellt werden (vgl B G H Z 6,202,206 f = NJW1952,867,868; BGHZ15,296, 303 f = NJW1955,301,302;BGHZ16,31,36 = NJW1955,302,303;BGHZ37,346, 349 ff = NJW 1962, 1860, 1861; BGHZ 56, 285 = NJW 1971, 1658; BGH NJW 1953,1182 = LM § 57 b Z V G N r 1; NJW 1966,1703, 1704 = LM § 535 BGB Nr 33; NJW 1967, 555, 556 = LM § 574 BGB Nr 2; OLG Hamm WuM 1970,188; LG Mannheim MDR 1968, 417; E R M A N - S C H O P P § 557 a R Z 12; F R O T Z A C P 164 [1964] 3 0 9 ; PERGANDE § 5 5 7 a A n m 2 ; ROQUETTE § 5 5 7 a R z 7 ; S T E R N E L R z V 1 2 0 f f ; STRUTZ
NJW 1968, 1955; W U N N E R NJW 1966, 2285; s auch § 573 Rz 10). Rechtlich und wirtschaftlich handelt es sich in solchen Fällen immer um Mietvorauszahlungen. Die Frage, inwieweit die Verpflichtung zur Zahlung eines Baukostenzuschusses nach vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses fortbesteht, kann nicht aus § 557 a, sondern nur durch Auslegung des Vertrags beantwortet werden (BGHZ 71, 243 = NJW 1978, 1483 m Anm H A A S E JR 1979, 66). Die Rückerstattung verlorener Zuschüsse ist für Mietverhältnisse über Wohnraum abschließend geregelt in Art VI des G zur Änd des WoBauG II, anderer wohnungsbaurechtlicher Vorschriften und über die Rückerstattung von Baukostenzuschüssen vom 21. 7. 1961 (BGBl 11041), zuletzt geändert durch G vom 24. 8. 1965 (BGBl I 969; R O Q U E T T E NJW 1962,129; ders Anh nach § 557 a; s oben Vorbem 128 ff zu §§ 535, 536). Bei vorzeitiger Beendigung sonstiger Mietverhältnisse sind verlorene Zuschüsse nach den §§ 812 ff abzuwickeln ( S T E R N E L Rz V 124 ff mwN). Hierbei handelt es sich nicht um Mietvorauszahlungen iS des § 557 a, da keine Anrechnung auf den später zu entrichtenden Mietzins vereinbart ist. Das gleiche gilt für Mieterdarlehen, die nicht durch eine konkludente Vereinbarung der Parteien in einen Zusammenhang mit der Entrichtung des Mietzinses gebracht werden können. Die Rückzahlung richtet sich dann nach Darlehensrecht. 3. Beendigung des Mietverhältnisses
8
Das Mietverhältnis muß beendet sein. Der Zeitpunkt der Beendigung ergibt sich aus § 564. Dies ist bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit der Zeitpunkt, zu dem die vereinbarte Mietzeit abläuft. Ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit endet mit dem Zeitpunkt, zu dem eine der Parteien wirksam gekündigt hat. Dieser Zeitpunkt bestimmt sich danach, ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche befristete bzw fristlose Kündigung handelt. Das gleiche gilt für eine Kündigung des Konkursverwalters nach § 19 KO und des Erstehers in der Zwangsversteigerung nach § 57 a ZVG ( P A L A N D T - P U T Z O § 557 a Anm 2 a). Ist das Mietverhältnis unter einer auflösenden Bedingung eingegangen, so endet es grundsätzlich mit dem Eintritt der Bedingung (vgl aber § 565 a Abs 2). Bei der Aufhebung des Mietverhältnisses durch Vertrag tritt das Ende zum vereinbarten Zeitpunkt ein. § 557 a gilt für alle diese Fälle der Beendigung eines Mietverhältnisses, da anders als in den §§ 543 Abs 2, 555 aF nicht hinsichtlich bestimmter Arten der Beendigung unterschieden wird (OLG Celle MDR 1978, 492; E R M A N - S C H O P P § 557 a R Z 2; P A L A N D T - P U T Z O § 557 a Anm 2 a; R O Q U E T T E § 557 a R z 2 , 3 ; aM für die vertragliche Aufhebung STRUTZ NJW 1968,1955,1956). Die gesetzliche Regelung ist nicht mehr auf die Fälle einer außerordentlichen fristlosen Kündigung beschränkt. 4. Verschulden und Nichtverschulden des Vermieters § 557 a Abs 1 unterscheidet hinsichtlich der Rechtsfolgen danach, ob der Vermieter den Umstand, der zur Beendigung des Mietverhältnisses führt, zu vertreten hat oder nicht (§ 276). Grundsätzlich haftet der Vermieter hinsichtlich des im voraus entrichteten Mietzinses nach Rücktrittsrecht. Hat der Vermieter den Beendigungsgrund aber nicht zu vertreten, so haftet er nur nach Bereicherungsrecht. (443)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
9
§ 557 a
10, 11
2 . Buch. 7 . Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
1 0 a) Zu vertreten hat der Vermieter den Beendigungsgrund, wenn der Mieter nach § 542 wegen Nichtgewährung des Gebrauchs der Mietsache oder nach § 544 wegen Gesundheitsgefährdung durch die Wohnung oder einen anderen Raum kündigt, wobei aber der Vermieter wegen der über die §§ 542, 544 hinausgehenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 557 a die Nichtgewährung des Gebrauchs oder die Gesundheitsgefährdung zu vertreten haben muß (PERGANDE § 557 a Anm 3 b; s auch BGHZ
29, 289, 291
=
NJW
1959,
1424,
1426,
1429 m Anm
WORBELAUER).
Entsprechendes gilt, wenn der Mieter nach § 5 5 4 a wegen Unzumutbarkeit des Mietverhältnisses, insbesondere wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens, kündigt. Insoweit setzt allerdings schon der Tatbestand des § 554 a voraus, daß der Vermieter den Kündigungsgrund schuldhaft gesetzt hat. In den Fällen der §§ 542, 5 4 4 und 5 5 4 a kommt es für die Rückerstattung einer Mietvorauszahlung nicht darauf an, ob der Mieter tatsächlich von seinem Recht zur fristlosen Kündigung Gebrauch macht oder durch den betreffenden Grund zu einer ordentlichen Kündigung veranlaßt wird (HANS § 557 a Anm 2 a). Entscheidend ist nur, daß der Vermieter den Kündigungsgrund zu vertreten hat. Es braucht also keineswegs ein wichtiger Grund vorzuliegen, der den Mieter zu einer fristlosen Kündigung berechtigen würde. Auch andere Fälle einer ordentlichen Kündigung des Mieters können durch Umstände veranlaßt sein, die der Vermieter zu vertreten hat (PERGANDE § 5 5 7 a A n m 3 d ; ROQUETTE § 5 5 7 a R z 1 1 ; v g l L G D o r t m u n d D W W 1 9 6 3 , 5 8 , 5 9 f ü r
den Fall, daß der Vermieter den Mietzins zu erhöhen sucht und der Mieter deshalb kündigt). Dabei ist aber zu beachten, daß der Vermieter nicht jeden Umstand für die Beendigung des Mietverhältnisses, den er veranlaßt hat, auch vertreten muß. Die ordentliche Kündigung durch den Vermieter führt nicht schon deshalb, weil sie die Beendigung des Mietverhältnisses verursacht, dazu, daß der Vermieter die Beendig u n g z u v e r t r e t e n h a t ( a M PERGANDE § 5 5 7 a A n m 3 c ; STERNEL R z V 1 0 9 ) . D i e s e
Frage ist vielmehr vom Leistungsinhalt des Mietverhältnisses her zu entscheiden (ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 a R z 7 ) .
11 b) Nicht zu vertreten hat der Vermieter den Beendigungsgrund, wenn der Grund vom Mieter selbst gesetzt worden ist oder wenn der Mieter von vornherein damit rechnen mußte, weil sich dies schon aus dem Mietvertrag ergibt (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 7). Hiernach hat der Vermieter es nicht zu vertreten, wenn das Mietverhältnis durch Zeitablauf, Nichtausüben einer den Parteien zustehenden Option (aM STERNEL Rz V 109) oder Eintritt einer auflösenden Bedingung endet (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 7; vgl aber § 565 a Abs 2). Bei einer ordentlichen Kündigung ist es unerheblich, ob der Mieter oder der Vermieter gekündigt hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Vermieter selbst durch eine ordentliche Kündigung das Ende des Mietverhältnisses herbeigeführt hat (so aber PERGANDE § 557 a Anm 3 c; STERNEL RZ V 109). Entscheidend ist allein, daß der Vermieter den Umstand, der zu seiner eigenen Kündigung oder der des Mieters geführt hat, nicht zu vertreten hat (HANS § 557 a Anm 3 a aa). In gleicher Weise ist bei der einverständlichen Aufhebung des Mietvertrags durch die Parteien zu differenzieren, so daß eine generelle Aussage, der Vermieter habe die Beendigung des Mietverhältnisses bei einverständlicher Aufhebung zu vertreten (so O L G Celle M D R 1978, 4 9 2 ; PERGANDE § 5 5 7 a A n m
3 i ; STERNEL R Z V
109)
o d e r nicht zu v e r t r e t e n
(so
ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 7), nicht möglich ist. Der Vermieter hat es ferner grundsätzlich nicht zu vertreten, wenn das Mietverhältnis durch eine außerordentliche befristete Kündigung beendet wird. Hierzu zählt zunächst die Kündigung des Mieters wegen berechtigter Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung (§ 549 Abs 1). Hatte der Mieter von Wohnraum aber einen Anspruch auf die Erlaubnis und wählt er die Kündigung, anstatt die Erlaubnis gerichtlich durchzusetzen, so hat der Vermieter die Kündigung zu vertreten (vgl ohne Differenzierung einerseits HANS § Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(444)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 557 a 12, 13
557 a Anm 3 a b b , andererseits ROQUETTE § 557 a Rz 11, der nur auf die Verursachung abstellt; STERNEL R Z V 109). Nicht zu vertreten hat der Vermieter ferner die außerordentliche Kündigung des 12 Mieters bei einem für eine längere Zeit als 30 Jahre abgeschlossenen Mietvertrag (§ 567; HANS § 557 a Anm 3 a cc; ROQUETTE § 557 a Rz 12), die außerordentliche Kündigung des Mieters im Falle der Versetzung (§ 570; HANS § 557 a Anm 3 a ee; ROQUETTE aaO), die außerordentliche Kündigung der Erben des Mieters (§ 569; HANS § 557 a Anm 3 a dd; ROQUETTE aaO), die außerordentliche Kündigung beim Konkurs (§ 19 KO; BGH NJW 1958, 1582; NJW 1959, 872; H A N S § 557 a Anm 3 a gg; PERGANDE § 557 a Anm 3 f) oder Vergleich des Mieters (§ 51 Abs 2 VerglO; H A N S § 557 a Anm 3 a hh) sowie die außerordentliche Kündigung als Erwerber in der Zwangsversteigerung (§ 57 a ZVG; § 37 Abs 3 S 2 WEG; HANS § 557 a Anm 3 a ii, kk; aM STERNEL R Z V 109). Nicht so eindeutig sind die Fälle der Beendigung eines Nießbrauchs (§ 1056) und des Erlöschens eines Erbbaurechts (§ 30 Abs 2 ErbbVO) zu beurteilen, in denen der Eigentümer von seinem außerordentlichen befristeten Kündigungsrecht gegenüber dem Mieter Gebrauch macht. Die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses ist darauf zurückzuführen, daß der Vermieter den Vertrag über die Dauer seines dinglichen Rechts hinaus abgeschlossen hat. Gleichwohl hat der Vermieter die Beendigung auch in diesen Fällen nicht zu vertreten, weil der Mieter schon aufgrund des Mietvertrags und des Grundbuchinhalts mit einem vorzeitigen Ende des Mietverhältnisses rechnen mußte (im Ergebnis ebenso H A N S § 557 a Anm 3 a ff, jj). Bei der außerordentlichen Kündigung des Vermieters wegen Auflösung des mit einer Werkmiet- oder Werkdienstwohnung verbundenen Arbeitsverhältnisses (§§ 565 c, 565 e) hat der Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisses dann nicht zu vertreten, wenn er auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu vertreten hat. Auf keinen Fall hat der Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisses zu vertreten, wenn er von seinem Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache (§ 553), Zahlungsverzugs (§ 554) oder nachhaltiger Störung des Hausfriedens durch den Mieter (§ 554 a) Gebrauch macht (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 7; HANS § 557 a Anm 3 a 11-nn; PERGANDE § 557 a Anm 3 a; ROQUETTE § 557 a Rz 12).
III. Rechtsfolgen 1. Allgemeines
13
a) Die Rechtsfolge des § 557 a besteht darin, daß der Vermieter den bei Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht abgewohnten Teil des im voraus empfangenen Mietzinses nach Maßgabe des § 347, also nach Rücktrittsrecht, zurückerstatten muß, sofern er den Umstand, der zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat, zu vertreten hat. Anderenfalls haftet er nur nach den weniger strengen Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Der Rückerstattungsanspruch aus § 557 a ist vertraglicher Natur, da er sich unmittelbar aus dem Mietverhältnis ergibt. Gleichgültig, ob der Vermieter nach Rücktrittsrecht (BGHZ 16, 31, 36 = N J W 1955, 302, 303; H A N S § 557 a Anm 2 b) oder nach Bereicherungsrecht haftet (BGHZ 54,347,351 = NJW 1970,2289,2290; W U N N E R N J W 1966, 2285), in beiden Fällen handelt es sich um eine vertragliche Abwicklungspflicht (ROQUETTE § 557 a Rz 9). Die Verweisung auf Rücktritts- oder Bereicherungsrecht betrifft nicht den Rechtsgrund der Haftung, sondern stellt eine Rechtsfolgeverweisung dar, die den Umfang der Haftung des Vermieters bestimmt (BGHZ 54,347, 351 = N J W 1970,2289,2290; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 a R Z (445)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 557 a 14-17
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
7 ; FROTZ ACP 1 6 4 [ 1 9 6 4 ] 3 0 9 , 3 2 3 zu § 3 4 3 A b s 2 a F ; WUNNER a a O , jeweils z u m
Bereicherungsrecht; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 a Rz 3; ROQUETTE § 5 5 7 a Rz 10). 14 b) Der Rückerstattungsanspruch entsteht mit der Beendigung des Mietverhältnisses und wird, wenn abweichende Vereinbarungen fehlen, sofort fällig. Der Vermieter gerät nach § 284 Abs 2 ohne Mahnung in Schuldnerverzug, da die Beendigung des Mietverhältnisses stets kalendermäßig festliegt und damit auch die Rückerstattungspflicht des Vermieters in gleicher Weise bestimmt ist (ROQUETTE § 557 a Rz 9). Hat er wegen Vorenthaltung des Besitzes einen Entschädigungsanspruch aus § 557 gegen den Mieter, steht ihm gegen dessen Erstattungsanspruch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 zu (STERNEL Rz V 106).
15 c) Die Verjährung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 195,198) und beträgt 30 Jahre. § 558 mit der sechsmonatigen Verjährungsfrist ist nicht anwendbar (BGHZ 54, 347, 350 = NJW 1970, 2289). Dies gilt auch, wenn die Parteien einen Verwendungsersatzanspruch aus § 547 als Mietvorauszahlung behandeln (BGH aaO). 16 d) Der Vermieter muß den vom Mieter im voraus entrichteten Mietzins zurückerstatten. Der Inhalt der Verpflichtung hängt von der Art des Mietzinses ab. Bestand dieser nicht in der Leistung von Geld (s zu dieser Möglichkeit ERMAN-SCHOPP § 5 3 5 Rz 37; oben §§ 535, 536 Rz 103 mwN), so braucht der Vermieter ihn nicht in jedem Fall in Geldwert zurückzuerstatten (so aber HANS § 5 5 7 a Anm 1), sondern nur dann, wenn eine Rückerstattung der empfangenen Leistung nicht mehr möglich ist. Denn die Rückerstattungspflicht erstreckt sich primär auf die als Mietzins tatsächlich empfangene Leistung. Bei vertretbaren Sachen genügt die Rückgabe in Sachen von gleicher Art, Güte und dem Umfang der Rückerstattungspflicht entsprechender Menge (vgl §§ 243 Abs 1, 607 Abs 1). 17 2. Haftung des Vermieters nach Rücktrittsrecht a) § 557 a geht hinsichtlich der Rechtsfolgen für den Umfang der Verpflichtung von dem Regelfall aus, daß der Vermieter nach Maßgabe des § 347, also nach Rücktrittsrecht, haftet. Da diese Form der Haftung aber nur in den Fällen eingreift, in denen das Mietverhältnis infolge eines vom Vermieter zu vertretenden Umstandes beendet wird (Rz 9 f), ist sie praktisch von geringerer Bedeutung als die in allen anderen Fällen maßgebende Bereicherungshaftung (ROQUETTE § 557 a Rz 11). § 347 S 1 verweist auf die Vorschriften, die für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer von dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten. Diese Verweisung ist in erster Linie bedeutsam für die wenigen Fälle, in denen der Mietzins nicht in einer Geldleistung, sondern in nunmehr zurückzugebenden Sachen bestanden hat (Rz 16). Bei Geldschulden ist die Verweisung insofern von Bedeutung, als der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses den gesamten noch nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung sofort in einem Betrag zurückzahlen muß (PERGANDE § 557 a Anm 5; vgl LG Dortmund DWW1963,58,59; AG Rheine WuM 1974,150). Dies ist entscheidend für die Fälle, in denen zwischen den Parteien ein Mieterdarlehen mit ratenweiser, über den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses hinausgehender Tilgung vereinbart ist, wegen der Verknüpfung mit dem Mietzins durch eine Verrechnungsabrede in Wirklichkeit aber eine Mietvorauszahlung anzunehmen ist (vgl BGHZ 53,35 = NJW 1970, 93; BGHZ 56, 285 = NJW 1971, 1658). Es handelt sich um die zur Vertragspflicht ausgestaltete Rückgewähr einer Zahlung, deren Gegenleistung weggefallen ist (BGHZ 16, 31, 36 = NJW 1955, 302, 303). Für diese Rückgewähr haftet der Vermieter verschärft, wie sich aus der Gegenüberstellung mit dem Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(446)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 557 a 18-20
Bereicherungsanspruch in § 557 a ergibt. Bei der Haftung nach Rücktrittsrecht kann der Vermieter deshalb keine Entreicherung geltend machen. b) Die Verweisung des § 557 a auf § 347 S 3 hat zur Folge, daß der Vermieter den für 18 eine spätere Zeit im voraus erhaltenen Mietzins bereits von der Zeit des Empfangs an zu verzinsen hat. Die verschärfte Haftung beginnt also nicht erst, wenn der Vermieter Kenntnis von der Beendigung des Mietverhältnisses oder von dem Eintritt der dazu erforderlichen Voraussetzungen erhält (BGH NJW 1963, 709). 3. Haftung des Vermieters nach Bereicherungsrecht
19
a) Die Haftung des Vermieters nach Bereicherungsrecht hat für den Umfang der Verpflichtung zur Folge, daß er grundsätzlich das Erlangte als ungerechtfertigte Bereicherung an den Mieter herausgeben muß (§ 818 Abs 1S 1). Diese Verpflichtung entfällt, wenn der Vermieter nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs 3). Da § 557 a eine Rechtsfolge- und nicht eine Rechtsgrundverweisung darstellt (Rz 13), kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter im Wege einer Leistung des Mieters oder durch einen eigenen Eingriff auf dessen Kosten rechtsgrundlos bereichert worden ist. Entscheidend ist allein, ob der Vermieter im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses noch bereichert ist. Dies hängt nur davon ab, ob die empfangene Mietvorauszahlung wirtschaftlich gesehen noch im Vermögen des Vermieters vorhanden ist (BGHZ 54, 347, 351 f = NJW 1970, 2289, 2290 = WuM 1971, 201 m zust Anm WEIMAR unter Hinweis auf WUNNER NJW 1966, 2285, 2289). b) Umstritten ist, worin nach der Beendigung des Mietverhältnisses die Bereiche- 20 rung des Vermieters besteht, der eine noch nicht abgewohnte Mietvorauszahlung erhalten hat. Es liegt nahe, die Bereicherung in dem gesamten noch nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung zu sehen. Die Rspr hat indessen im Hinblick auf die als Mietvorauszahlung zu beurteilenden Baukostenzuschüsse die Auffassung entwickelt, daß die Bereicherung in dem Vorteil bestehe, den der Vermieter daraus ziehen könne, daß er in der Lage sei, die Mieträume durch anderweitige Vermietung günstiger zu nutzen (BGHZ 29, 289, 297 f = NJW 1959, 1424, 1428; vgl BGH NJW 1959, 872, 874). Nur in Ausnahmefällen bestehe die Bereicherung in der vollen Höhe des Baukostenzuschusses und sei auch nicht ohne weiteres mit dem um die bereits verrechneten Tilgungsraten verminderten Betrag gleichzusetzen, weil der Baukostenzuschuß seine bestimmungsgemäße Verwendung gefunden habe. Da das Mietverhältnis nur für die Zukunft beendet werde, ergebe sich die Bereicherung des Vermieters daraus, was der Mieter im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses zugunsten des Vermieters aufgebe. Dem auf Seiten des Mieters eintretenden vorzeitigen Entzug der Nutzungsmöglichkeit entspreche die vorzeitige Nutzungsmöglichkeit des Vermieters, so daß die Bereicherung des Vermieters nur in diesem Vermögensvorteil bestehe. Gelinge es dem Vermieter, die Mietsache in Zukunft zu einem Mietzins zu vermieten, der dem vom bisherigen Mieter bar gezahlten zuzüglich des jeweiligen Verrechnungsbetrags entspreche, so sei der Bereicherungsanspruch des bisherigen Mieters auf eine laufende Zahlung in Höhe und nach Fälligkeit der bisher vereinbarten Verrechnungsposten gerichtet. Bei Abweichungen in der Höhe des neuen Mietzinses sei die Bereicherung entsprechend niedriger oder höher. Die sofortige Zahlung des nicht getilgten restlichen Teils eines anrechenbaren Baukostenzuschusses könne der bisherige Mieter nur dann verlangen, wenn es dem Vermieter gelinge, die Mietsache sofort wieder unter Erhalt eines neuen entsprechenden Zuschusses zu vermieten (BGHZ 29, 289, 299 = NJW 1959, 1424, 1 4 2 8 ; BGH NJW 1 9 5 9 , 8 7 2 ; LM Nr 4 1 zu § 8 1 2 BGB; NJW 1 9 6 4 , 3 7 ; FWW 1 9 6 6 , 500; OLG Hamburg MDR 1964, 509; OLG Hamm MDR 1971,51; OLG München D W W 1 9 6 5 , 1 7 4 ; PERGANDE § 5 5 7 a A n m 6 ) . (447)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 557 a 21-24 21
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Diese Auffassung der Rspr ist im Schrifttum auf Widerspruch gestoßen ZMR
(BACHMANN
1 9 6 1 , 3 3 , 3 7 ; FROTZ A C P 1 6 4 [ 1 9 6 4 ] 3 0 9 , 3 2 7 f f ; JAUERNIG-TEICHMANN §
a Anm 3 b; W U N N E R NJW 1 9 6 6 , 2 2 8 5 , 2 2 8 8 ) . Bereicherungsgegenstand könne nur der noch nicht abgewohnte Baukostenzuschuß sein. In Höhe der dadurch herbeigeführten und noch vorhandenen Bereicherung habe der Mieter einen Anspruch auf sofortige Zahlung. Die gegenteilige Auffassung der Rspr hinsichtlich einer ratenweisen Rückgewähr nach Maßgabe der vereinbarten Abwohnquoten entbehre einer gesetzlichen Grundlage und führe außerdem zu einer ungerechtfertigten Begünstigung des Vermieters, weil der Finanzierungsbeitrag mit der Auflösung des Mietvertrags seine Rechtsgrundlage verliere (vgl im einzelnen W U N N E R aaO). 557
22 Die Lösung des Problems hat davon auszugehen, daß § 557 a keine Rechtsgrundverweisung, sondern eine Rechtsfolgeverweisung enthält (Rz 13, 19). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob eine Bereicherung des Vermieters durch Leistung oder in sonstiger Weise eingetreten ist und ob hierfür ein Rechtsgrund bestand oder ob er weggefallen ist. Es braucht deshalb für diese Fälle keine besondere Kondiktionsart herausgearbeitet zu werden. Wie sich aus dem Zusammenhang der §§ 557 a und 812 ff ergibt, bedeutet die Rechtsfolgeverweisung, daß der Vermieter verpflichtet ist, das Erlangte, nämlich den noch nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung, herauszugeben, wenn und soweit er um diesen Betrag noch bereichert ist. Der Bereicherungsgegenstand wird schon durch den Wortlaut des § 557 a auf den Mietzins festgelegt, denn „ihn" hat der Vermieter nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten. Bei dieser Fassung des Gesetzes kann es entgegen der in der Rspr vertretenen Auffassung (Rz 20) nicht darauf ankommen, ob der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Lage ist, die Mieträume durch anderweitige Vermietung günstiger zu nutzen (vgl OLG Frankfurt ZMR 1970,181,183; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 a R Z 8 ; BRAXMAIER A n m z u B G H L M N r 1 2 z u § 5 4 7 B G B ; D E R L E D E R i n A K § 5 5 7 a R z
2). Der Bereicherungsgegenstand liegt mit dem noch nicht abgewohnten Teil des Mietzinses fest, allenfalls modifiziert durch einen Anspruch auf Wertersatz nach § 818 Abs 2. 23 Deshalb ist nur noch erheblich, ob die Verpflichtung des Vermieters nach § 818 Abs 3 ausgeschlossen ist, weil seine Bereicherung weggefallen ist. Hierfür gelten allgemein die zu dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze. Die Vermögenslage des Vermieters zur Zeit des Empfangs der Mietvorauszahlung ist mit der Vermögenslage zur Zeit der Herausgabeverpflichtung zu vergleichen. Es ist deshalb unerheblich, ob der Vermieter die Mietvorauszahlung für den Bau oder zu anderen Zwecken verwendet hat, sofern er dadurch andere Aufwendungen erspart hat ( W U N N E R N J W 1966,2285, 2289; vgl B A C H M A N N ZMR 1961, 33,37; H A N S § 557 a Anm 3 b; R O Q U E T T E § 557 a Rz 12). 24 c) Eine Verzinsung des RückZahlungsanspruchs kommt nicht schon aus dem Grunde in Betracht, weil der Mietzins idR in Geld zu entrichten ist und deshalb ein Fall der Kapitalnutzung iS des § 818 Abs 1 vorliegt (so wohl H A N S § 557 a Anm 3 b). Diese Vorschrift setzt voraus, daß der Bereicherungsschuldner tatsächlich Nutzungen gezogen hat (RGZ 72, 152, 153; BGHZ 35, 356, 360 = NJW 1961, 2205, 2206; E R M A N - H P W E S T E R M A N N § 818 Rz 9). Der RückZahlungsanspruch kann jedoch nach § 288 zu verzinsen sein, wenn der Vermieter mit der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 286 Abs 2 in Schuldnerverzug gerät ( R O Q U E T T E § 557 a Rz 12; oben Rz 14). Darüber hinaus kann der Zinsanspruch grundsätzlich auf die §§ 818 Abs 4,819,292 Abs 2,987 Abs 2 gestützt werden, wenn der Vermieter im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses Kenntnis von seiner Rückzahlungsverpflichtung hat oder wenn Rechtshängigkeit eingetreten ist. Er haftet dann auch für Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(448)
3. Titel. Miete. Pacht
§557 a 25-26 a
schuldhaft nicht gezogene Nutzungen. Im Unterschied zur Haftung nach Rücktrittsrecht, die eine Pflicht zur Verzinsung nach § 347 S 3 schon vom Empfang der Mietvorauszahlung an auslöst (Rz 18), ist der Rückzahlungsanspruch bereicherungsrechtlich auf jeden Fall erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses zu verzinsen. 4. Wechsel der Parteien
25
a) Vermieter aa) Für einen Wechsel des Vermieters durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge in den Mietvertrag gelten keine Besonderheiten. Bei einer Beendigung des Mietverhältnisses treffen die Pflichten aus § 557 a den neuen Vermieter. bb) Anders ist es, wenn bei einer Grundstücksveräußerung und in ähnlichen Fällen 25a ein Erwerber aufgrund unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 571 (§ 571 Rz 3, 4) an Stelle des bisherigen Vermieters in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintritt. Dies gilt auch für die Pflichten aus § 557 a ( B G H Z 1 6 , 3 1 , 3 6 = NJW1955,302,303; OLG Frankfurt ZMR1970,181,183 zu § 57 ZVG). Hierbei handelt es sich nicht um eine Rechtsnachfolge, sondern um einen Eintritt kraft Gesetzes als Folge des Eigentumserwerbs, so daß in der Person des Erwerbers ein neues Mietverhältnis mit dem gleichen Inhalt wie bisher entsteht (§ 571 Rz 6). Für diese Fälle ist in den §§ 573, 574 geregelt, ob und inwieweit einseitige Verfügungen des Vermieters und Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter hinsichtlich der Mietzinsforderung dem Erwerber gegenüber wirksam sind. Eine Vorauszahlung des Mietzinses ist dem Erwerber gegenüber nur in den durch § 574 gesteckten engen Schranken wirksam (§ 574 Rz 8 ff; vgl STERNEL Rz V 113 ff). Nur soweit die Mietvorauszahlung dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann er bei einer Beendigung des Mietverhältnisses vom Mieter nach § 557 a in Anspruch genommen werden. Im übrigen muß sich der Mieter an den früheren Vermieter halten (BGH NJW 1966, 1703, 1704; ROQUETTE § 557 a Rz. 14). Die Wirksamkeit einer Mietvorauszahlung wird allerdings nicht nach § 573 S 2 durch die Kenntnis des Erwerbers im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs über den Rahmen des § 574 hinaus ausgedehnt (so aber ROQUETTE § 557 a Rz 15), weil § 574 insoweit für Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter eine Sonderregelung darstellt (§ 573 Rz 2 mwN zu dieser umstrittenen Frage). b) Mieter
26
aa) Im Hinblick auf Mietvorauszahlungen, insbesondere abwohnbare Baukostenzuschüsse, wird für den Fall eines Mieterwechsels häufig eine Nachfolgeklausel vereinbart. Hierdurch wird es dem bisherigen Mieter möglich, sich Ersatz für den noch nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung bei seinem Nachfolger zu verschaffen. Der Vermieter braucht sich hingegen nicht um eine neue Mietvorauszahlung zu bemühen und kann den empfangenen Betrag grundsätzlich behalten. Er ist selbst dann keinen Bereicherungsansprüchen des bisherigen Mieters ausgesetzt, wenn er von dem neuen Mieter einen höheren Mietzins erhält. Denn insoweit fehlt es an einer Bereicherung auf Kosten des bisherigen Mieters (BGH NJW 1964, 37, 38). bb) Derartige Nachfolgeklauseln ermöglichen grundsätzlich einen völligen oder 26a teilweisen Ausschluß des Rückerstattungsanspruchs aus § 557 a gegen den Vermieter (vgl BGH aaO; PERGANDE § 557 a Anm 8 aE). Dies gilt uneingeschränkt bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Geschäfts- und sonstige Räume sowie über bewegliche Sachen. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist nach § 557 a Abs 2 (449)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 557 a 26 b-27 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
eine zum Nachteil des Mieters von den vorangehenden Vorschriften abweichende Vereinbarung unwirksam (Rz 27 ff). In diesem Fall kann eine Nachfolgeklausel den Vermieter nur insoweit von Ansprüchen des Mieters aus § 557 a befreien, als der Mieter von seinem Nachfolger tatsächlich das erhält, was ihm nach § 557 a gegen den Vermieter zustehen würde. Dabei kommt es nicht auf den Anspruch als solchen an, der gegen den Nachfolger besteht, sondern auf dessen Erfüllung, damit der bisherige Mieter nicht Gefahr läuft, entgegen § 557 a Abs 2 leer auszugehen (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 11). 26b cc) Der neue Mieter tritt hinsichtlich der Mietvorauszahlung an die Stelle des bisherigen Mieters, den er abgefunden hat. Dabei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob der neue Mieter in den Mietvertrag seines Vorgängers eintritt oder ob er einen neuen Mietvertrag abschließt. Rechtlich und wirtschaftlich bedeutet die Abfindung des bisherigen Mieters eine Mietvorauszahlung des Nachfolgers an den Vermieter. Endet auch dieses Mietverhältnis vorzeitig, kann nunmehr der Nachfolger die Ansprüche aus § 557 a gegen den Vermieter geltend machen (BGH NJW 1966, 1705,1707; PALANDT-PUTZO § 557 a Anm 3 d; PERGANDE § 557 a Anm 8; STERNEL Rz V 119). 27 IV. Unabdingbarkeit 1. Nach § 557 a Abs 2 ist bei einem Mietverhältnis über Wohnraum (Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff) unabhängig von seiner Art eine zum Nachteil des Mieters von der Regelung des Abs 1 abweichende Vereinbarung unwirksam. Generell zulässig sind abweichende Vereinbarungen auch zum Nachteil des Mieters bei allen anderen Mietverhältnissen, so über bewegliche Sachen, Grundstücke, Geschäfts- und sonstige Räume, für die § 557 a Abs 1 in gleicher Weise gilt (ROQUETTE § 557 a Rz 17). Bei Mietverhältnissen über Mischräume (Vorbem 26 zu §§ 535,536) kommt es darauf an, ob eine Gesamtbeurteilung die vermieteten Räume als Wohnräume erscheinen läßt. Dann sind abweichende Vereinbarungen ausgeschlossen. Ist aber eine eindeutige räumliche Trennung in Wohn- und Geschäftsbereich möglich und läßt sich dementsprechend auch die Mietvorauszahlung aufteilen, so sind abweichende Vereinbarungen hinsichtlich des auf die Geschäfts- oder sonstigen Räume entfallenden Teils zulässig, weil der Schutzzweck des § 557 a Abs 2 insoweit nicht durchgreift. Im Zweifel ist aber zugunsten des Mieters zu entscheiden. Dabei ist die Gefahr von Umgehungen zu beachten, wenn etwa eine Mietvorauszahlung bei der Miete von Mischräumen nach dem Vertrag in vollem oder größerem Umfang dem geschäftlichen Teil der Räume zugeordnet wird, als es den tatsächlichen Wertverhältnissen entspricht. Dies kann im Einzelfall zur Unzulässigkeit einer von § 557 a Abs 1 abweichenden Vereinbarung führen. 27a 2. Unwirksam ist eine Vereinbarung, durch die der Rückerstattungsanspruch des Mieters von Wohnraum ganz ausgeschlossen oder nachteilig gegenüber der gesetzlichen Regelung modifiziert wird. Dies gilt für eine Vereinbarung, daß der Vermieter stets nur nach Bereicherungsrecht haften soll, auch wenn er den Umstand, der zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat, zu vertreten hat (PERGANDE § 557 a Anm 7). Unwirksam ist es, wenn die grundsätzliche Verpflichtung des Vermieters, den nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung nach Beendigung des Mietverhältnisses in einer Summe zurückzuerstatten, in der Weise durch den Mietvertrag abbedungen wird, daß der Betrag nur mit den bisherigen Raten getilgt werden soll (BGHZ 56, 2 8 5 , 2 8 8 = NJW 1 9 7 1 , 1 6 5 8 , 1 6 5 9 ; LG Kassel WuM 1 9 7 5 , 1 7 2 ) . Auch wenn in der Rspr zT (aaO) die Unverzinslichkeit eines als Mietvorauszahlung zu beurteilenden Mieterdarlehens hervorgehoben wird, gilt dies jedenfalls für niedrig verzinsliche Darlehen in gleicher Weise (vgl OLG Frankfurt ZMR 1 9 7 0 , 1 8 1 , 1 8 3 ) . Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(450)
§ § 5 5 7 a, 5 5 8 3. Titel. Miete. Pacht
28-30
Sind höhere, dem Kapitalmarktzins entsprechende Zinsen vereinbart, so hängt es im Einzelfall von der Vertragsgestaltung ab, ob das Darlehen als Mietvorauszahlung beurteilt werden kann und damit unter § 557 a fällt. Der Schutz des Mieters kann aber nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß durch voneinander abweichende Laufzeiten des Darlehens und des Mietvertrags der Charakter einer Mietvorauszahlung vermieden werden soll. Eine solche Vereinbarung ist als Umgehung des § 557 a nach § 134 insoweit nichtig, als sie den Erstattungsanspruch des Mieters vereitelt (BGHZ 56, 285, 289 = NJW 1971, 1658, 1659; krit PERGANDE NJW 1970, 1171; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 a Rz 6). Ausgeschlossen ist es, im Mietvertrag zu vereinbaren, bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses solle eine nicht abgewohnte Mietvorauszahlung als Mietkaution oder Darlehen behandelt werden (STERNEL Rz V 104, 119; vgl LG Mannheim ZMR 1968, 203). Zulässig ist es dagegen, wenn Mieter und Vermieter nach der Beendigung des Mietverhältnisses abweichende Vereinbarungen, etwa eine längerfristige Stundung des gesamten Erstattungsbetrags oder eine Rückzahlung in Raten, vereinbaren. Nach der Entstehung des Anspruchs kann der Mieter auch zu seinen Ungunsten frei über die ihm zustehende Rechtsposition verfügen. Unwirksam ist ferner eine abweichende Vereinbarung zugunsten des späteren 28 Erwerbers der vermieteten Wohnräume, der nach § 571 an die Stelle des bisherigen Vermieters tritt. Dies gilt etwa für den Erwerber des Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung (§ 57 ZVG), der durch eine Vereinbarung der ursprünglichen Parteien des Mietvertrags von Erstattungsansprüchen des Mieters freigestellt werden soll (BGHZ 53, 35, 39 = NJW 1970, 93, 94; OLG Frankfurt ZMR 1970, 181; P A L A N D T - P U T Z O § 557 a Anm 1 b). § 557 a erlangt als Teil des sozialen Mietrechts gerade dann seine besondere Bedeutung, wenn der Vermieter in Vermögensverfall gerät und das Grundstück deshalb zwangsversteigert wird (BGHZ 53, 35, 39 f = NJW 1970, 94). Wenn die Parteien eine nach § 557 a Abs 2 unwirksame Vereinbarung getroffen 29 haben, so hat dies idR nicht die Unwirksamkeit des gesamten Mietvertrags zur Folge. Dies ist aus dem Schutzzweck der Klauseln über die Unabdingbarkeit bestimmter mietrechtlicher Vorschriften zu schließen ( P E R G A N D E § 557 a Anm 7; vgl H A N S § 557 a Anm 4; oben § 556 a Rz 98). 3. Wirksam sind dagegen abweichende Vereinbarungen, wenn die Rechtsstellung 30 des Mieters von Wohnraum gegenüber § 5 5 7 a Abs 1 verbessert wird ( E R M A N S C H O P P § 5 5 7 a Rz 9 ; R O Q U E T T E § 5 5 7 a Rz 1 7 ) . Dies gilt in gewissen Grenzen für Nachfolgeklauseln (Rz 26 a) und für eine Vereinbarung, daß der Vermieter stets nach Rücktrittsrecht haften oder den Erstattungsbetrag mit einem über 4 vH liegenden Zinssatz verzinsen soll. §558 Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache sowie die Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem er die Sache zurückerhält, die Verjährung der Ansprüche des Mieters beginnt mit der Beendigung des Mietverhältnisses. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Sache verjähren auch die Ersatzansprüche des Vermieters. E II § 500; III § 551; Mot II 378; Prot II 177 f, 194. (451)
Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§558 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Schrifttum BERG, A n m N J W 1967, 1320; BREETZKE, D e r Bau auf d e m Mietgrundstück als Verwendung, N J W
1954, 171; DIETZ, Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung (1934); ders, Deutsche Landesreferate zum VI. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung (1962) 190, 202 f; EMMERICH, Beschränkte Vertragshaftung und konkurrierende Ansprüche im Frachtrecht, JuS 1967, 345; ESSER-WEYERS II 1 § 20 I 1; HERMINGHAUSEN, Z u r Verjährungsfrist bei Gebrauchsüberlassungen,
Betrieb 1970, 1723; HOFFMANN, Die Verjährung von Ansprüchen aus Gebrauchsüberlassungen, B e t r i e b 1 9 6 9 , 3 3 7 ; KRÄMER A n m N J W 1 9 6 2 , 2 3 0 1 ; LARENZ I I § 4 8 V I I b ; MITTELSTEIN, D i e M i e t e
nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 524 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. A u f l 1914) 2 6 8 f; OSKE, D i e V e r j ä h r u n g im Mietrecht, Z M R 1 9 7 5 , 1 9 3 ; SAMBERGER A n m N J W
1973, 1703; SCHLECHTRIEM, Vertragsordnung und außervertragliche Haftung (1972) 391 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976), s v Verjährung; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 175 ff; SIEBENHAAR, Die Schranken des § 558 BGB, JR1963,46; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz V 58-66 (S 685); WEIMAR, Die Verjährung bei der Wohn- und Geschäftsraummiete, Betrieb 1976, 2291; WUNDERLICH, Verwendungen und Einrichtungen des Mieters, DWA 1936, 5, 21.
Systematische Übersicht III. Die Ansprüche des Mieters auf Verwendungsersatz oder auf Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen 1. Grundsatz 16 2. Ausnahmen 17
I. Allgemeines 1. Zweck 1 2. Anwendungsbereich 1 a
II. Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache 1. Grundsatz 2 2. Einzelfragen 5 3. Entsprechende Anwendung 9 4. Einbeziehung Dritter 12 5. Nicht hierher gehörende Ansprüche des Vermieters 13
FV. Der Beginn der Verjährung 1. Der Ansprüche des Vermieters 19 2. Der Ansprüche des Mieters 24 3. Abweichende Vereinbarungen 27 V. Hinderungsgründe 1. Unterbrechung der Verjährung 28 2. Hemmung der Verjährung 29 VI. Verwirkung 30
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 27 f Ansprüche des Mieters 16-18 Anwendungsbereich 1 a f, 9 f Beendigung des Mietverhältnisses 24 Beginn der Verjährung 19 ff, 24 ff
Hemmung der Verjährung 29 Mieteransprüche 16 ff Mietvorauszahlungen 18 Mietzinsanspruch 1, 13, 14 Personenschäden 7 a positive Vertragsverletzung 8 Probefahrt 9 a
c.i.c. 9 Deliktansprüche 4 Erfüllungsansprüche des Vermieters 14 Ersatzansprüche des Vermieters 2 ff Ersatzansprüche des Vermieters gegen Dritte 12 Formularverträge 27 a
Rückgabe der Mietsache 20 ff Unterbrechung der Verjährung 27, 29 Veräußerung der Mietsache 25 Verjährungsbeginn bei Mieteranspriichen 24-26A
gesetzliche Ansprüche 4, 11, 12 f, 16 b, 17
- Beendigung des Vertrages 24 - Fortsetzung des Vertrages 24
Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(452)
3. Titel. - Veräußerung des Grundstücks 25 - Verwendungsersatzansprüche 26 a - Wegnahmerecht des Mieters 26 Verjährungsbeginn bei Vermieteransprüchen 19-23 a - Anfechtung 23 a - Beispiele 23 a - Rückgabe der Sache 20 ff - Teilrückgabe 23 - Vermietung von Sachgesamtheiten 23 - Vertragsbeendigung erforderlich 21 a - Vorbehalt 23 a - Zurückerhalten der Sache 20 ff Verjährungsfrist für Mieteransprüche 16-18 - Aufwendungsersatzansprüche 16 b - Aufwendungsersatzansprüche des Miteigentümers 17 - Ansprüche aus anderen Verträgen 17 - Bereicherungsansprüche 16 b, 18 - Entstehung des Anspruchs 16 a - gesetzliche Ansprüche 16 b, 17 - Mietvorauszahlungen 18 - Verwendungsersatzansprüche 16, 26 a Verjährungsfrist für Vermieteransprüche 1-15 - allgemeine Verjährungsfrist 1 - Art des Schadens 8 a - Beherbergungsvertrag 1 b - Belastung der Sache 15 - Bereicherungsansprüche 13
:te. Pacht
§558 1,1 a
-
c. i. c. 9 Deliktsansprüche 4, 11 Entstehung des Anspruchs 6 Entschädigungsansprüche des Vermieters 1, 13 - Erfüllungsanspruch 14 - gemischte Verträge 9 - Leasing 1 b - Mietzinsanspruch 1, 13, 14 - mitvermietete Sachen 7 - Minderjährige 10 - Obhutspflichtverletzung 8 - Personenschäden 7 a - positive Vertragsverletzung 8 - Probefahrt 9a - Rückgabeanspruch 14 - Schadensersatzansprüche 2 ff - Schadensersatzansprüche gegen Dritte, denen der Mieter die Sache überlassen hat 12 f - Schönheitsreparaturen 6 a f - Unterlassungsanspruch 14 - Wiederherstellungsanspruch 5 - Zerstörung der Sache 13 a Verkürzung der Verjährungsfrist 27 Verlängerung der Verjährungsfrist 27 Verwirkung 30 Zerstörung der Mietsache 13 a
I. Allgemeines 1. Zweck
1
Auch im Mietrecht beträgt die Verjährungsfrist für die Ansprüche beider Parteien grundsätzlich dreißig Jahre (§ 195; s im einzelnen M I T T E L S T E I N 524 ff; S C H M I D T FUTTERER, Mietrecht, s v Verjährung). Jedoch gibt es von diesem Grundsatz zahlreiche Ausnahmen. So beträgt die Verjährungsfrist für die Mietzinsansprüche des Vermieters vier Jahre und bei gewerbsmäßiger Vermietung sogar nur zwei Jahre (§§ 196 Abs 1 Nr 6, 197; §§ 535, 536 Rz 124). Gleich stehen die Entschädigungsansprüche des Vermieters aufgrund des § 557. Hingegen wollte noch der erste Entwurf für die jetzt in § 558 geregelten Ansprüche der Mietvertragsparteien an dem Grundsatz des § 195 festhalten, weil für eine Verkürzung der Verjährungsfrist kein Bedürfnis bestehe (Mot I 378). Erst der 2. Entwurf hat dann im Anschluß an das preußische ALR (I 5 §§ 343, 345) die Verjährungsfristen für die genannten Ansprüche verkürzt, um die Parteien zu einer raschen Auseinandersetzung ihres Verhältnisses zu veranlassen (Prot II 177 f, 194). 2. Anwendungsbereich
la
§ 558 wird entsprechend seinem Zweck allgemein sehr weit ausgelegt. Das hat zu einer ständigen Ausdehnung seines Anwendungsbereichs geführt. Eine ähnliche Regelung für die Leihe findet sich in § 606. §§ 558 und 606 enthalten einen allgemeinen Rechtsgedanken, der entsprechend auf ähnliche Rechtsverhältnisse angewandt werden kann (unten Rz 9 ff). (453)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§558 1 b-4
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
l b § 558 gilt für alle Mietverträge ohne Unterschied einschließlich des Leasings, daher zB auch für die Ersatzansprüche des Gastwirts wegen Beschädigungen seines Hauses, da der Hotelaufnahmevertrag (überwiegend) Miete ist; § 558 hat insoweit den Vorrang vor § 196 Abs 1 Nr 4 ( B G H Z 71, 175, 171 f). Ebenso steht es, wenn der Mietvertrag von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen worden ist und der Vermieter jetzt den Vertreter aus § 179 Abs 1 in Anspruch nimmt ( O L G Hamm ZMR 1979, 48 f). II. Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache 2 1. Grundsatz Wenn der Mieter die ihm vermietete Sache unter Überschreitung des ihm zustehenden, vertragsmäßigen Gebrauchs verändert oder verschlechtert hat, hat der Vermieter, wenn er zugleich Eigentümer ist, sowohl vertragliche als auch deliktische Ersatzansprüche (§§ 5 3 5 , 5 3 6 Rz 135, § 548 Rz 4 ff). Weitergehende Ansprüche des Vermieters können sich darüber hinaus aus besonderen Abreden, zB über die Durchführung der Schönheitsreparaturen oder sonstiger Reparaturen durch den Mieter, ergeben (s §§ 535, 536 Rz 142 ff, 150 f). Alle diese Ansprüche des Vermieters werden heute ohne Rücksicht auf ihren Rechtsgrund einheitlich der kurzen Verjährungsfrist des § 558 unterworfen, weil nur so der genannte Zweck des Gesetzes, eine rasche Auseinandersetzung der Parteien herbeizuführen, verwirklicht werden kann. 3 Die kurze Verjährungsfrist des § 558 Abs 1 gilt deshalb zunächst für sämtliche vertraglichen Ansprüche des Vermieters auf Schadensersatz wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache, mögen sie ihre Grundlage in der gesetzlichen Regelung des Mietvertrags (§§ 535, 536, 548, 556, 280, 276) oder in besonderen Abreden der Parteien haben. Immer handelt es sich um vertragliche Ersatzansprüche des Vermieters, die nach § 558 in sechs Monaten nach Rückgabe der Sache verjähren. 4 Mit solchen vertraglichen Ersatzansprüchen des Vermieters konkurrieren außerdem sehr häufig gesetzliche Ersatzansprüche des Vermieters, namentlich aufgrund des § 823. Der erwähnte Zweck des § 558 läßt sich deshalb nur verwirklichen, wenn § 558 - trotz seiner Stellung im Mietrecht - auch auf diese konkurrierenden, gesetzlichen Ersatzansprüche des Vermieters angewandt wird. Hiervon ist schon der Gesetzgeber ausgegangen (Prot II 177 f, 194); und die Gerichte sind ihm hierin seit Jahrzehnten gefolgt.* Anders behandelt werden lediglich Ersatzansprüche des Vermieters aus § 22 WHG ( L G Köln N J W 1 9 7 5 , 1 7 0 8 , 1 7 0 9 ; zust BGB-RGRK-GELHAAR § 558 Rz 16). * R G Z 6 2 , 3 2 9 , 3 3 1 ; 6 6 , 3 6 3 , 3 6 4 ; 7 5 , 1 1 6 , 1 1 7 ; 9 5 , 3 0 2 , 3 0 3 ; 1 4 2 , 2 5 8 , 2 6 2 ; R G J W 1 9 3 6 , 2 3 0 5 Nr 2; B G H Z 9 , 3 0 1 , 3 0 4 ; 4 7 , 5 3 , 5 5 ; 4 9 , 2 7 8 ( = JuS 1968,336 Nr 4); 5 4 , 3 4 , 3 8 ; 5 5 , 3 9 2 , 3 9 7 ( = JuS 1971,541 f Nr 4); 56, 317, 321; 61, 227; 65, 8 6 ( = JuS 1974, 187 N r 5 ; 1976, 51 Nr 3); 66, 315, 320; 6 8 , 3 0 7 , 3 1 1 ; 7 1 , 1 7 5 , 1 7 9 f; WM 1 9 7 9 , 1 2 6 3 , 1 2 6 4 ; NJW 1980,389 = JuS 1980,297 f Nr 6; B G H LMNr 1, 5 ( = JuS 1964, 247 Nr 4), 7 u 13 zu § 558 B G B ; Nr 21 u 36 zu § 852 B G B ; OLG Karlsruhe B B 1970, 147 ( = JuS 1970, 199 Nr 6); LG Darmstadt DWW 1976, 259 f; AG Oberhausen WuM 1976, 98; LG Köln M D R 1969, 315 Nr 48; NJW 1975, 1708, 1709; VersR 1979, 4 1 5 , 4 1 6 ; OLG Schleswig NJW 1974, 1712; OLG Hamm ZMR 1979, 48 f; EMMERICH JUS 1967, 345, 347 ff; ders, Schuldrecht B T 5 4 , 1 4 6 ; ESSER-WEYERS II 1 § 2012; DERLEDER, in: AK § 5 5 8 R z 2 ; LARENZ I I § 4 8 V I I b ; SCHLECHTRIEM, V e r t r a g s o r d n u n g 3 9 1 f f ; PALANDT-PUTZO § 5 5 8
Anm 2 b; STERNELRz V 5 9 ; aMzB DIETZ, Anspruchskonkurrenz 147 ff; ders, Referate 190,202 f; MITTELSTEIN 5 2 4 f f ; SIEBENHAAR J R 1 9 6 3 , 4 6 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(454)
3. Titel. Miete. Pacht
§558 5-7
2. Einzelfragen
5
a) Es spielt keine Rolle, ob der Vermieter den Zahlungs- oder den Wiederherstellungsanspruch (zB aus Vertrag oder auf Grund des § 249) geltend macht (BGH NJW 1980,389; KG JW1932,3008 Nr 8; OLG Hamburg JR [HRR] 1929 Nr 1641). § 558 ist daher auch anwendbar, wenn sich der Mieter zur Beseitigung von Einrichtungen oder Umbauten verpflichtet hatte (BGH aaO), wenn er auf Grund des Vertrags die Sache umgestalten durfte, bei Vertragsende sie jedoch wieder in den früheren Zustand versetzen mußte (BGH und OLG Hamburg aaO) oder wenn er zur Beseitigung von Gebäuderesten verpflichtet ist (OLG Köln OLGE 43, 55). b) Ebenso unerheblich ist es, wann die Ansprüche des Vermieters entstanden sind. 6 § 558 erfaßt auch Ansprüche des Vermieters, die erst nach Ablauf des Vertrages begründet worden sind (so BGHZ 54, 34, 36 f; OLG München OLGZ 1968, 134, 135 f gegen die frühere hM), wie zB Ansprüche wegen einer Verschlechterung der Sache nach Vertragsende, aber vor ihrer Rückgabe (OLG München aaO) sowie Ansprüche auf Wiederherstellung des früheren Zustandes nach Wegnahme einer Einrichtung (§§ 547 a, 258) oder auf Schadensersatz wegen vertragswidriger Wegnahme einer Einrichtung (grdleg BGHZ 54, 34, 36 f; zust STERNEL RZ V 59; DERLEDER, in: A K § 5 5 8 R z 4 ; e n g e r B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 8 R z 7).
c) Da § 558 für sämtliche, vertraglichen Ersatzansprüche des Vermieters gilt, 6a verjähren in der kurzen Frist des § 558 Abs 1 auch alle Ersatzansprüche des Vermieters wegen vertragswidrig unterlassener Schönheitsreparaturen und wegen sonstiger Verstöße gegen eine vom Mieter übernommene Instandsetzungspflicht.* Dazu gehören auch Ansprüche auf Erstattung von Renovierungskosten (AG Köln MDR 1974,141 Nr 33) und auf Ersatz der Kosten eines Gutachtens zur Feststellung der Schäden (OLG Köln MDR 1970,593 Nr 60) sowie Schadensersatzansprüche, die daraus hergeleitet werden, daß der Mieter entgegen dem Vertrag jegliche Instandhaltung der Sache unterlassen und diese statt dessen in völlig verwahrlostem Zustand zurückgegeben hat (BGH LM Nr 7 zu § 558 BGB; AG Oberhausen WuM 1976, 98). Wenn jedoch der Vermieter damit einverstanden war, daß der Mieter die ihm 6b obliegenden Schönheitsreparaturen durch den Mietnachfolger durchführen läßt und dieser sodann seinen Ersatzanspruch gegen den ersten Mieter an den Vermieter abtritt, ist kein Raum für die Anwendung des § 558, weil das Verhältnis zwischen den beiden Mietern keinen Mietvertrag iS des § 558 darstellt (BGB-RGRK-GELHAAR § 558 Rz 3,16; SAMBERGER NJW 1973,1703; aM Voraufl Rz 5 im Anschluß an OLG Düsseldorf NJW 1973, 1330). d) Schließlich kommt es für die Anwendung des § 558 auch nicht darauf an, an 7 welchen Sachen der Schaden entstanden ist. § 558 gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Schaden an der vermieteten Sache, an mitvermieteten Sachteilen, zB an Treppen oder Fluren, oder an solchen Sachen entstanden ist, die im alleinigen Besitz des Vermieters stehen: Immer handelt es sich um einen einheitlichen Ersatzanspruch des Vermieters, der nach § 558 verjährt.** Selbst wenn nur solche Sachen des Vermieters
* S oben §§ 535, 536 Rz 148 b; BGH NJW 1980, 389; LM Nr 7 und 13 zu § 558 BGB; OLG Düsseldorf M D R 1 9 7 3 , 6 7 6 ; O L G Köln M D R 1 9 7 0 , 5 9 3 N r 60; A G Köln M D R 1 9 7 4 , 1 4 1 N r 33;
1977, 141 Nr 51; AG Hannover WuM 1973, 21; AG Münster WuM 1972, 130, 131; GLASER, S c h ö n h e i t s r e p a r a t u r e n 2 4 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 8 R z 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 8 A n m 2 c ; STERNEL R z V 5 8 .
** RGZ 75,116,118 f; BGHZ 61,227 = JuS 1974,187 Nr 5; LG Köln VersR 1979,415,416; AG Schöneberg MDR 1979, 847, 848 Nr 63. (455)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§558 7 a-9 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
beschädigt worden sind, die nicht mitvermietet sind, richtet sich die Verjährung der Vermieteransprüche nach § 558 (LG Köln VersR 1979, 415, 416; AG Schöneberg MDR 1979, 847, 848 Nr 63). 7a § 558 ist hingegen unanwendbar bei Personenschäden: Für Verletzungen des Vermieters und seiner Angehörigen durch den Mieter gilt§ 5 5 8 niemals ( S C H L E C H T RIEM, Vertragsordnung 3 9 2 , 3 9 5 ) . 8 e) Nach dem Gesagten (oben Rz 3 f) versteht es sich von selbst, daß auch sämtliche Ansprüche des Vermieters aus positiver Vertragsverletzung in der kurzen Frist des § 558 Abs 1 verjähren, sofern nur die Schäden ihrer Art nach bei Vertragsschluß überhaupt schon voraussehbar waren, so daß der Vermieter gegebenenfalls Feststellungsklage erheben konnte (LG Darmstadt DWW 1976, 259 f). Das gilt namentlich für die Ansprüche des Vermieters wegen einer Obhutspflichtverletzung des Mieters (LG Darmstadt aaO: Beschädigung des Fußbodens; LG Köln VersR 1979, 415 f: Brandschaden), wegen der Unterlassung der Anzeige von Mängeln (§ 545; LG Berlin I GE 1933, 122), wegen der Beeinträchtigung des Goodwills eines verpachteten Unternehmens (OLG Karlsruhe BB 1970, 147 = JuS 1970, 199 Nr 6), wegen des vertragswidrigen Nichtbetriebs eines Geschäftes (RG GrundE 1933, 684) sowie für Ansprüche wegen der vertragswidrigen Unterlassung des Abschlusses einer Feuerversicherung (BGH LM Nr 5 zu § 558 BGB = JuS 1964, 247 Nr 4). Ebenso zu behandeln sind schließlich die Ansprüche des Verpächters aus den §§ 582, 583, 586 und 588 ( P A L A N D T - P U T Z O § 558 Anm 2 b) und etwaige Ersatzansprüche des Vermieters wegen der vertragswidrigen Wegnahme einer Einrichtung (BGHZ 54, 34, 37). 8a f) Nicht unterschieden wird hierbei auch nach der Art des geltend gemachten Schadens ( S T E R N E L R Z V 60). Es spielt keine Rolle, ob der Vermieter Ersatz der Reparaturkosten, des Minderwerts seiner Sachen oder des Mietausfalls, Ersatz der Kosten eines Sachverständigengutachtens oder eines Beweissicherungsverfahrens oder allgemein Ersatz des ihm entgangenen Gewinns (zB bei der Geschäftspacht infolge mangelhafter Geschäftsführung des Pächters) verlangt: Immer gilt § 558 Abs 1 * 9 3. Entsprechende Anwendung a) § 558 gilt entsprechend für Ansprüche des Vermieters aus cic und aus gemischten Verträgen mit mietvertraglichen Elementen (OLG Düsseldorf DRiZ 1935 Nr 570), deshalb zB auch für Ansprüche des Filmverleihers wegen einer Beschädigung der dem Entleiher überlassenen Kopien (OLG Celle NJW 1965, 1667). 9a b) § 558 ist außerdem anzuwenden auf Ersatzansprüche aus der Überlassung von Sachen zum Gebrauch auf Grund ähnlicher Rechtsverhältnisse (vgl für die Leihe § 606). Wichtigstes Beispiel ist die Überlassung eines Kraftfahrzeuges zu einer Probefahrt an einen Kaufinteressenten. Das gilt selbst dann, wenn das Kraftfahrzeug nicht dem Verkäufer, sondern einem Dritten gehört und der Verkäufer nur aus abgetretenem Recht oder der dritte Eigentümer selbst aus Delikt klagt (vgl § 991 Abs 2).** * BGH LM Nr 7 zu § 558 BGB; RG GE 1933, 684; OLG Karlsruhe BB 1970, 147 = JuS 1970 199 Nr 6; OLG Köln MDR 1970, 593 Nr 60; LG Darmstadt DWW 1976, 259 f; ZMR 1977, 157. ** B G H Z 4 7 , 5 3 ; 54, 2 6 4 ; 66, 315, 3 2 0 ; B G H L M N r 2 1 u 3 6 zu § 8 5 2 B G B ; O L G Schleswig N J W
1974,1712; OLG Hamm ZMR 1979,48; OLG Celle NJW 1962,2302; BGB-RGRK-GELHAAR § 558 Rz 4.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(456)
3. Titel. Miete. Pacht
§558 10-13
c) Es ist daher nur folgerichtig, wenn es auch keine Rolle spielt, ob der Mietvertrag 10 wirksam oder etwa wegen der Minderjährigkeit des Mieters unwirksam ist (§ 107). Der Minderjährigenschutz geht der uneingeschränkten Anwendung der §§ 823 u 852 vor (BGHZ 4 7 , 5 3 ; ArbG Bochum Betrieb 1 9 6 9 , 1 0 9 2 ; SCHLECHTRIEM, Vertragsordnung 400 ff m Nachw). d) Hat der Vermieter einen Platz zur Abstellung von Kraftfahrzeugen vermietet, so 11 geht bei Beschädigung des Mietobjektes durch die abgestellten Fahrzeuge § 558 nicht nur dem § 823 BGB, sondern auch dem § 14 StVG vor. Auch hier verjähren also sämtliche Ersatzansprüche des Vermieters einheitlich in sechs Monaten nach Rückgabe (BGHZ 61, 227 = JuS 1974, 187 Nr 5 m Nachw). 4. Einbeziehung Dritter a) Darf der Mieter nach dem Inhalt des Mietvertrages bei der Ausübung des 12 vertragsmäßigen Gebrauchs Dritte hinzuziehen oder den Gebrauch sogar ganz durch Dritte, insbes durch seine Angehörigen oder Arbeitnehmer ausüben lassen, so werden diese Dritte von der neueren Praxis in dem Sinne in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen, daß auch die deliktischen Ersatzansprüche des Vermieters gegen die genannten Dritten einheitlich in der kurzen Frist des § 558 verjähren. Damit soll vor allem verhindert werden, daß der Mieter über Regreßansprüche der Dritten letztlich doch die Rechtswohltat des § 558 verliert. Unerheblich ist dabei, ob der Dritte ein Arbeitnehmer des Mieters oder ein selbständiger Unternehmer ist, vorausgesetzt nur, daß der Mieter ihm nach dem Vertrag den Gebrauch der Sache überlassen durfte.* b) § 558 ist daher zB anwendbar, wenn ein Unternehmen einen Kran für 12a Abbrucharbeiten mietet, die durch ein drittes Unternehmen ausgeführt werden sollen, und dieses 3. Unternehmen den Kran beschädigt (BGH LM Nr 22 zu § 558 BGB), wenn ein Verein einen Pensionsvertrag mit einem Gastwirt zur Unterbringung von Kindern abschließt und das Hotel von den Kindern beschädigt wird, weil die Begleitpersonen ihre Aufsichtspflicht verletzt haben (BGHZ 71, 175, 177 ff) oder wenn ein Vertreter ohne Vertretungsmacht ein Kraftfahrzeug mietet, um dieses einem Dritten zur Verfügung zu stellen, und der Vermieter dann Ersatz von dem Vertreter (§ 179) und dem Dritten (§ 823) verlangt (OLG Hamm ZMR 1979, 4 8 f). 5. Nicht hierher gehörende Ansprüche des Vermieters a) § 558 setzt voraus, daß es sich um Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen des Mietobjekts handelt. Alle anderen Vermieteransprüche verjähren daher in anderen Fristen. Das gilt zunächst für den Mietzinsanspruch (RGZ 152, 100, 104) und den gleichstehenden Entschädigungsanspruch aus § 557 sowie für konkurrierende Ansprüche aus Bereicherung oder Geschäftsführung: Die Verjährung aller dieser Ansprüche richtet sich allein nach § 197 (BGHZ 68, 307, 310; KG DWohnA 1934, 92; OLG Königsberg HRR 1936 Nr 8 6 9 ) . * B G H Z 4 9 , 2 7 8 ; 6 1 , 2 2 7 = J u S 1968, 3 3 6 N r 4 ; 1 9 7 4 , 1 8 7 N r 5 m N a c h w ; B G H Z 7 1 , 1 7 5 , 1 7 7 ff;
BGH LM Nr 22 zu § 558 BGB = NJW 1976, 1843; OLG Hamm ZMR 1979, 48 f; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 4 R z 8; DERLEDER, in: A K § 5 5 8 R z 1; PALANDT-PUTZO § 5 5 8 A n m 2 a ; STERNEL RZ V 6 4 ; SCHLECHTRIEM, V e r t r a g s o r d n u n g 3 9 6 ff; EMMERICH, in: G r u n d l a g e n des
Vertrags- und Schuldrechts (1974) 315 f; GRUNKSY, daselbst 631; HOFFMANN Betrieb 1969, 337; a M BOECK N J W 1 9 6 9 , 1 4 6 9 ; SCHMIDT-SALZER B B 1 9 6 9 , 2 9 7 , alle m N a c h w . (457)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
13
§558 13 a - 1 6 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
13a § 55 8 ist außerdem nicht anwendbar auf Ersatzansprüche des Vermieters wegen einer völligen Zerstörung der Mietsache, weil dann von einer Verschlechterung der Mietsache keine Rede mehr sein kann und auch eine Rückgabe der Sache ausscheidet (RGZ 96, 300, 301; BGHZ 49, 278 = JuS 1968,336 Nr 4 m Nachw; BGH LM Nr 5 zu § 558 BGB B12). Abgrenzungskriterium zu der bloßen Verschlechterung, die unter § 558 fällt, ist dementsprechend, ob der Mieter überhaupt noch etwas zurückgeben kann (BGH aaO). Ist dies der Fall, mag die Sache auch noch so schwer beschädigt sein, so bleibt es bei der Anwendung des § 558. Brennt also das auf einem vermieteten Grundstück stehende Gebäude bis auf die Grundmauern ab, so verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters nach § 558 in sechs Monaten nach Rückgabe. 14 b) § 558 gilt auch nicht für die Erfüllungsanspriiche des Vermieters, insbes also nicht für den Rückgabeanspruch aus § 556, wie auch § 558 Abs 3 zeigt. Dementsprechend verjähren auch die Ansprüche des Vermieters auf Rückgabe der vom Mieter zurückbehaltenen Zubehörstücke nicht nach § 558, sondern nach § 195 in dreißig Jahren.* Dasselbe gilt für den Unterlassungsanspruch des Vermieters aus § 550 ( P A L A N D T - P U T Z O § 558 Anm 2 d) sowie für dessen Ersatzansprüche wegen der Unterlassung von Instandsetzungsarbeiten, sofern diese die einzige Gegenleistung des Mieters darstellen (OLG Königsberg H R R 1 9 3 7 Nr 6; offen gelassen in BGH LM Nr 7 zu § 558 BGB). 15 c) Keine Anwendung findet § 558 schließlich auf folgende Ansprüche: Ansprüche auf Rückgabe der Pachtsicherheit (RGZ 142, 258, 264), Ansprüche auf Vorlegung eines Bestandsverzeichnisses, das der Vorbereitung eines Rückgabeanspruches dienen soll (BGH LM Nr 1 zu § 2028 BGB), sowie insbes Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen der Sache durch Rechte Dritter, zB wegen der Belastung der Sache mit einem Schiffspfandrecht (OLG Hamburg OLGE 14,25). § 558 erfaßt nach seinem Sinn und Zweck nur sachliche Veränderungen und Verschlechterungen, nicht auch Veränderungen im Recht an der vermieteten Sache. III. Die Ansprüche des Mieters auf Verwendungsersatz oder auf Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen 16 1. Grundsatz a) Gern § 558 Abs 1 gilt die kurze Verjährungsfrist von 6 Monaten auch für die Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung. Der Begriff der Verwendungen bzw Einrichtungen ist dabei derselbe wie in den §§ 547 und 547 a (grdleg RGZ 152,100,102). Daraus folgt vor allem, daß hier nur solche Verwendungen und Einrichtungen gemeint sind, die das Vertragsobjekt betreffen (RG aaO). Verwendungen des Pächters auf das Inventar werden maW nur erfaßt, wenn das Inventar im Eigentum des Verpächters steht (RGZ 95, 302), nicht hingegen, wenn es dem Pächter gehört, mag er auch verpflichtet sein, es bei Vertragsende an den Verpächter zu veräußern (RGZ 152, 100, 102 f). 16a b) Da die Verjährung hier schon mit Vertragsende beginnt (§ 558 Abs 2, unten Rz 24 ff), werden auf der Seite des Mieters (anders als beim Vermieter, oben Rz 6) nur solche Ansprüche erfaßt, die schon vor Vertragsende entstanden sind. Ansprüche des Mieters wegen Verwendungen nach Vertragsende verjähren nicht nach § 558,
* BGHZ 65, 86 = JuS 1976, 51 Nr 3; OLG Zweibrücken NJW 1974,1711; aM RG Recht 1920 Nr 1 8 5 9 ; DERLEDER, in A K § 5 5 8 R z 2; STERNEL RZ V 6 0 Fn 7 4 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(458)
3. Titel. Miete. Pacht
§558 16 b-19
sondern in den für die jeweilige Anspruchsgrundlage maßgebenden Fristen (RG JW 1936,2305 Nr 2; B G H Z 5 4 , 3 4 , 3 6 ; B G H LM Nr 11 zu § 558 BGB; PALANDT-PUTZO § 5 5 8 A n m 2 b a E ; BGB-RGRK-GELHAAR § 558 R z 7).
c) § 558 wird auch hinsichtlich der Gegenansprüche des Mieters auf Verwendungs- 16b ersatz oder auf Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen - entsprechend seinem Zweck - sehr weit ausgelegt. Ebenso wie bei den Ansprüchen des Vermieters spielt es deshalb auch hier keine Rolle, ob die Ansprüche des Mieters auf Gesetz oder Vertrag gestützt werden. Gleichbehandelt werden konkurrierende Ansprüche des Mieters insbes aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherung sowie ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Mieters, weil der Vermieter die Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung zu Unrecht verweigert hat*. Zu den Verwendungsersatzansprüchen des Mieters in diesem Sinne gehören schließlich auch noch auf § 538 Abs 2 bestützte Ansprüche auf Aufwendungsersatz (§ 538 Rz 40; BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB = NJW 1974, 743 gegen die bisher hM, zB AG Wuppertal WuM 1980, 131 f). 2. Ausnahmen
17
a) § 558 gilt nicht, wenn die Ersatzansprüche des Mieters auf ein anderes Rechtsverhältnis gestützt werden, das in keinem Zusammenhang mit dem Mietverhältnis steht, so insbes wenn ein Miteigentümer, der zugleich Mieter ist, von den anderen Teilhabern nur nach den §§ 744 Abs 2 und 748 Ersatz seiner Aufwendungen fordert (BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB); anders jedoch wohl, wenn der Miteigentümer zugleich nach Mietvertragsrecht vorgeht (OLG Celle ZMR 1969, 283; OLG Köln NJW 1973, 148). Selbstverständlich ist hingegen, daß § 558 keine Anwendung auf einen neben dem Mietvertrag einherlaufenden Werkvertrag zwischen den Parteien findet (BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB); ebensowenig ist § 558 anwendbar, wenn die Ansprüche des Mieters auf vertragswidrige Eingriffe des Vermieters in das Eigentum des Mieters gestützt werden (BGH Urt v 22. 10. 1957 VIII ZR 295/56; B G B - R G R K - G E L H A A R § 558 Rz 6). b) Die Ansprüche des Mieters aus § 557 a verjähren in dreißig Jahren. Gleiches gilt 18 für Verwendungsersatzansprüche des Mieters, sofern die Parteien eindeutig vereinbart haben, daß die Verwendungen wie Mietvorauszahlungen behandelt werden sollen (BGHZ 54, 347; BGH MDR 1971,126; OLG Hamm WM 1971,1318), oder für Bereicherungsansprüche, die darauf gestützt werden, daß der Vermieter vorzeitig in den Genuß der Aufwendungen des Mieters gelangt ist (§ 547 Rz 27; BGH LM Nr 11 zu § 558 BGB = NJW 1968, 888; BGH, Urt v 19. 6. 1968 - VIII ZR 144/66; OLG Hamm WM 1970, 1359; anders wohl KG JW 1937, 2971; LG Bonn JMB1 NRW 1959, 281). IV. Der Beginn der Verjährung 1. Der Ansprüche des Vermieters a) Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters (s oben Rz 2 ff) beginnt nach § 558 Abs 2 in dem Augenblick, in dem der Vermieter die Sache zurückerhält, weil der Vermieter (erst) von diesem Augenblick ab in der Lage ist, die Sache auf einen * S oben § 547 Rz 17; R G Z 95,302,303 f; RG JW 1936,2305 Nr 2; 1937,2971 ; BGH LMNr 22 zu § 5 3 8 B G B ; N r 2 u 8 zu § 558 B G B ; O L G Kiel H R R 1938 N r 5 8 2 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 5 8
Rz 5; STERNEL RZ V 61; OLG Hamm Urt v 26. 3. 1981 - 7 U 196/80. (459)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
19
§558 20-23 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Schaden zu untersuchen, so daß er auch erst jetzt in der Lage ist, sich über etwaige Rechtsbehelfe schlüssig zu werden. Die Verjährung endet jedoch spätestens mit der Verjährung des Rückgabeanspruchs des Vermieters, dh also spätestens dreißig Jahre nach Vertragsende (§ 195 iVm § 558 Abs 3). 20 Aus dem Zweck der Regelung folgt, daß der Vermieter die Sache iS des § 558 Abs 2 zurückerhalten hat, wenn er die unmittelbare Herrschaft über das Mietobjekt in einer Weise erlangt hat, die ihm die Möglichkeit verschafft, Mängel der Sache, und sei es auch nur durch einen Bevollmächtigten, festzustellen; entscheidend ist maW der Zeitpunkt, in dem der Vermieter sichere Kenntnis von etwaigen Mängeln der Sache zu erlangen vermag. Dazu wird zwar in aller Regel die körperliche Rückgabe der Sache an den Vermieter erforderlich sein; unbedingt notwendig ist dies jedoch nicht (RGZ128,191,194; 142,258,262; BGH LM Nr 1 u 13 zu § 558 BGB = NJW1957, 1436; 1968, 2241; WM 1980, 40,41 = JuS 1980,297 f Nr 6; OLG Dresden OLGE 41,117). Deshalb beginnt die Verjährungsfrist des § 558 auch nicht zu laufen, solange der Vermieter oder sein Bevollmächtigter trotz Rückgabe der Sache aus nicht in ihrer Person liegenden Gründen außerstande sind, die Mietsache auf Mängel zu untersuchen (RG HRR 1928 Nr 1586; BGH LM Nr 13 zu § 558 BGB). 21 b) Nach dem Wortlaut des § 558 Abs 2 spielt es keine Rolle, ob die Rückgabe der Sache vor, bei oder erst nach Vertragsbeendigung erfolgt. Immer beginnt die Verjährungsfrist ohne Rücksicht auf das rechtliche Vertragsende in dem Augenblick zu laufen, in dem der Vermieter die Sache tatsächlich in dem genannten Sinne zurückerhält (KG OLGE 39, 154, 155; OLG Dresden OLGE 41, 117; OLG Celle ZMR 1969, 283; LG Hamburg ZMR 1968, 82). 21a Voraussetzung ist freilich immer, daß das Mietverhältnis auch tatsächlich sein Ende gefunden hat. Die bloße Kenntniserlangung allein genügt niemals für den Beginn der Verjährungsfrist, wenn die Parteien das Mietverhältnis gleichwohl fortsetzen und der Mieter im Besitz der Sache bleibt (OLG Celle VersR 1960, 860; LG Köln VersR 1 9 7 9 , 4 1 5 , 4 1 6 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 558 Rz 9; PALANDT-PUTZO § 558 A n m 3 a;
V 62). Unerheblich ist hingegen, wie der Vermieter die Sache zurückerhält, ob dies namentlich mit oder ohne Willen des Mieters geschieht (KG
STERNEL RZ
O L G E 3 9 , 154, 1 5 5 ) .
22 c) Grundsätzlich ist es somit erforderlich, daß der Vermieter freien Zutritt zu den Mieträumen hat und auch weiß, daß der Mieter den Besitz nicht fortsetzt (RG SeuffA 89 [1936] Nr 80). Schließt aber der Vermieter sofort nach Auszug des Mieters einen neuen Vertrag mit den Untermieter ab, so daß dieser wohnen bleibt, so hat er die Sache iS des § 558 Abs 2 zurückerhalten, sobald der erste Mietvertrag endet (BGH LM Nr 13 zu § 558 BGB = NJW 1968, 2241). Dies gilt alles auch bei der Fahrnismiete (BGH MDR 1968, 748). 23 d) Bei der Vermietung von Sachgesamtheiten beginnt die Verjährungsfrist mit der Rückgabe der letzten Sache zu laufen (OLG Düsseldorf MDR 1972, 694; aM KG OLGE 39, 154, 155); ebenso steht es bei der Rückgabe von Teilen der Mietsache, sofern nicht die zurückgegebenen Teile gegenüber den anderen völlig selbständig sind (SOERGEL-MEZGER § 5 5 8 R z 4 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 8 R z 5).
23a e) Hiernach beginnt die Verjährung zB, wenn der Pächter eines Guts Grund und Boden an den Verpächter zurückgibt (RGZ 128, 191, 194 f) oder wenn er sonst durch sein Verhalten deutlich zum Ausdruck bringt, daß er den Gebrauch des Grundstücks aufgebe und ihn wieder dem Verpächter überlasse (RG Urt v 5. 7. 1918-III 137/17; B G B - R G R K - G E L H A A R § 558 Rz 10). Auch ein ausdrücklicher Vorbehalt oder eine Anfechtung können dann nichts an dem Verjährungsbeginn ändern (RGZ 142, 258, 262). Hingegen bedeutet die Hebung eines gesunkenen Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(460)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 558 24-27
Schiffes für sich allein noch nicht dessen Rückgabe an den Vermieter (RG Gruchot Bd 69 [1928] 373). Und wenn der Mieter dem Vermieter schriftlich einen nach dem tatsächlichen Auszugstermin liegenden Termin des Auszugs und der Rückgabe mitteilt, hat es bei dem letzteren Termin sein Bewenden (AG Leverkusen WuM 1980, 137). 2. Der Ansprüche des Mieters
24
a) Nach § 558 Abs 2 beginnt die Verjährung der Ansprüche des Mieters iS des § 558 Abs 1 mit der Beendigung des Mietverhältnisses. Beendigung ist hier die rechtliche, nicht die tatsächliche Beendigung des Verhältnisses der Parteien (RGZ 128, 191, 193 f; RG JW 1936, 2305 Nr 2; P A L A N D T - P U T Z O § 558 Anm 3 b). Der Besitz des Mieters spielt also keine Rolle. Daraus folgt, daß die Verjährungsfrist zB nicht zu laufen beginnt, wenn der Mietvertrag trotz wirksamer Kündigung von den Parteien stillschweigend nach § 568 oder nach den §§ 556 a und 556 b verlängert wird sowie wenn die Parteien die Fortsetzung des Vertrages bis zu einem bestimmten Termin vereinbaren (BGH LM Nr 2 zu § 558 BGB = NJW 1959, 1629). b) Im Falle der Veräußerung des Mietobjekts endet das Mietverhältnis mit dem 25 Veräußerer mit der Veräußerung der Sache, so daß in diesem Augenblick die Verjährungsfrist für die Verwendungsersatzansprüche des Mieters zu laufen beginnt (BGH LM Nr 8 zu § 558 BGB = NJW 1965, 1225; aM LG Wuppertal MDR 1980, 1022 Nr 57). Im Interesse des Mieters wird man hier jedoch zusätzlich Kenntnis des Mieters von der Veräußerung verlangen müssen (§ 547 Rz 17; § 571 Rz 71; ebenso LG Koblenz WuM 1977, 257 f; P A L A N D T - P U T Z O § 558 Anm 3 b; STERNEL Rz V 64). Ebenso behandelt die Praxis das Wegnahmerecht des Mieters. Dabei ist jedoch 26 übersehen, daß der Anspruch auf Duldung der Wegnahme erst mit Rückgabe der Sache an den Vermieter fällig wird, so daß er auch im Falle der Veräußerung der Sache nicht vorher verjähren kann (§ 547 a Rz 17, § 571 Rz 72). c) Die Verwendungsersatzansprüche des Mieters entstehen mit Vornahme der 26a Verwendung und verjähren während des Laufs des Mietverhältnisses in der Verjährungsfrist von dreißig Jahren (§§ 195, 547), so daß es an sich bei sehr langfristigen Verträgen vorkommen könnte, daß die Ersatzansprüche des Mieters schon vor Vertragsende verjährt sind (so in der Tat OLG Celle NJW 1962, 1918). Dieses Ergebnis ist jedoch wenig interessengerecht, so daß man annehmen muß, daß § 558 dem § 195 vorgeht mit der Folge, daß die Verjährung der Verwendungsersatzansprüche in jedem Fall erst mit Vertragsende zu laufen beginnt ( K R Ä M E R NJW 1962, 2301; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 558 Rz 13; P A L A N D T - P U T Z O § 558 Anm 3 b). 3. Abweichende Vereinbarungen a) § 558 ist an sich nicht zwingend, so daß auch eine vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist möglich ist. Unzulässig ist hingegen eine vertragliche Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 225 S 1; OLG Frankfurt NJW 1971, 1754). Dieses Verbot kann auch nicht dadurch umgangen werden, daß die Parteien vertraglich den Zeitpunkt, zu dem die fraglichen Ansprüche entstehen oder fällig werden sollen, hinausschieben.* Dasselbe gilt für kurze, vertragliche Ausschlußfristen (ebenso schon RG JW 1917, 284 f Nr 3). * LG Karlsruhe N J W 1976,1945 f ; DERLEDER, in: AK § 558 Rz 1 ; STERNEL Rz V 66; aM Voraufl Rz 27 im Anschluß an B G H LM Nr 3/4 zu § 558 B G B ; zust BGB-RGRK-GELHAAR § 558 Rz 17; PALANDT-PUTZO § 5 5 8 A n m 1 c. (461)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
27
§558 27 a-30
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
27a b) Der Zweck des § 558 (oben Rz 1) zeigt, daß § 558 keinesfalls eine bloße Zweckmäßigkeitsvorschrift darstellt, sondern sich unmittelbar aus der Natur der Sache ergebenden Gerechtigkeitsgeboten entspricht. Jede Abweichung von § 558 durch AGB oder Formularverträge stellt daher eine unangemessene Benachteiligung der davon betroffenen Partei dar und ist deshalb unwirksam (§§ 9, 24 AGBG).*
V. Hinderungsgründe 28 1. Unterbrechung der Verjährung Die Berechnung der Verjährungsfrist richtet sich nach den §§ 187 Abs 1, 188 Abs 2 und 193 (s P A L A N D T - P U T Z O § 558 Anm 4; STERNEL R Z V 65). Für die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind die §§ 202 ff, 208 ff maßgebend. Unterbrechung tritt daher zB ein, wenn der Vermieter bei einem Ersatzanspruch wegen Nichtbenutzung der Sache Klage auf Feststellung der Benutzungspflicht erhebt (RG GE 1933, 684) oder wenn der Mieter den Anspruch anerkennt (§ 208); handelt es sich um ein deklaratorisches Anerkenntnis, so läuft danach aber wieder die kurze Frist des § 558(OLG Zweibrücken OLGZ 1966, 20, 22 f). Der Ablauf der Verjährungsfrist steht nicht einer nachträglichen Klageerhöhung wegen zwischenzeitlicher Baukostensteigerungen entgegen, wenn der Vermieter von vornherein seinen gesamten Schaden eingeklagt hatte (BGH WM 1979,1263 f = MDR 1980,137 Nr 46). Keine Unterbrechung tritt hingegen ein, wenn der Mieter nach Ablauf der Verjährungsfrist eine Teilzahlung erbringt (AG Münster WuM 1972, 130, 131), wenn der Vermieter ein Beweissicherungsverfahren beantragt (LG Köln MDR 1969, 315 Nr 48; AG Eschweiler WuM 1974,221; AG Hannover WuM 1972,130,131) oder wenn er nur allgemein von dem Mieter verlangt, den früheren Zustand des Hauses wiederherzustellen; vielmehr ist erforderlich, daß der Vermieter wegen eines bestimmten Schadens Forderungen geltend macht (BGH Urt v 11. 7. 1958 - VIII ZR 108/57; SOERGEL-MEZGER § 5 5 8 R z
12).
29 2. Hemmung der Verjährung Die Geltendmachung des Vermieterpfandrechts hemmt die Verjährung des Wegnahmeanspruchs des Mieters nicht (KG JW 1932, 663; S O E R G E L - M E Z G E R § 558 Rz 13; aM STERNEL R Z V 65; wohl auch B G B - R G R K - G E L H A A R § 558 Rz 18). Bei der Vermietung von Kraftfahrzeugen finden die §§ 14 Abs 2 StVG und 6 Abs 2 SHG, nach denen beim Schweben von Verhandlungen die Verjährung gehemmt ist, keine Anwendung ( S O E R G E L - M E Z G E R aaO).
30 VI. Verwirkung Die Geltendmachung der in § 558 geregelten Ansprüche kann trotz der kurzen Verjährungsfrist von sechs Monaten verwirkt weren, namentlich, wenn der Berechtigte eine ungebührlich lange Zeit verstreichen läßt, ehe er mit seinem Anspruch hervortritt (BGH LM Nr 2 zu § 558 BGB = NJW 1959, 1629).
* Vgl in diesem Sinne auch BGHZ 64, 244; BGH NJW 1979, 1550, 1551 f (insoweit nicht in BGHZ 7 3 , 3 6 3 veröffentlicht); H E N S E N , in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG § 1 1 Nr 1 0 Rz 7 9 ; L Ö W E - G R A F V O N W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG § 9 Rz 6 8 , 1 1 3 ; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 9 AGBG Anm 7 g; S C H L O S S E R - ( C O E S T E R - W A L T J E N - ) G R A B A , AGBG § 9 Rz 1 2 0 - 1 3 1 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(462)
§559 3. Titel. Miete. Pacht §559
Der Vermieter eines Grundstücks hat für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters. Für künftige Entschädigungsforderungen und für den Mietzins für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr kann das Pfandrecht nicht geltend gemacht werden. Es erstreckt sich nicht auf die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen. E I § 521; III § 501; III § 552; Mot II 402 ff; Prot II 194 ff.
Schrifttum BRONSCH, Das Vermieterpfandrecht am Kraftfahrzeug, ZMR 1970,1; ders, Anm NJW 1968,1936; BRÜCKNER, Die Miete von Wohnungen und anderen Räumen nach dem BGB (2. Aufl 1902); HUGO EMMERICH, P f a n d r e c h t s k o n k u r r e n z e n ( 1 9 0 9 ) ; ENNECCERUS-LEHMANN ( 1 5 . B e a r b 1 9 5 8 ) § 1 3 1 ; ESSER-WEYERS II 1 § 2 0 I V 2 ; FRANCKE, Z u m P f a n d r e c h t d e s V e r m i e t e r s , G r u c h o t 5 1 ( 1 9 0 7 ) 5 5 6 ;
GÖTTE, Pfändungs- und Vermieterpfandrecht, DJZ 1903, 472; HAASE, Die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen iS des § 559 Satz 3 BGB, JR1971,323; JANBERG, Das Vermieterpfandrecht an unpfändbaren Gegenständen, NJW 1951, 511; LARENZ II § 48 V; MEIKEL, Zum Begriff der eingebrachten Sachen iS der §§ 559 ff BGB, SeuffBl 69 (1904) 413; METZGES, Das Vermieterpfandrecht gegenüber der Zwangsvollstreckung, Gruchot Bd 49 (1905) 495; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 530 ff; ders, Vereinbartes Zurückbehaltungsrecht des Vermieters und § 298 StGB, DJZ 1905, 58; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 387 ff; NOACK, Schutz des Vermieterpfandrechts in der Zwangsvollstreckung, JurBüro 1975, 1303; OHSE, Pfändung in ein Stahlfach, JW 1931, 2079; PROST, Besitzen die Banken ein gesetzliches Pfandrecht an den im Safe ihrer Kunden befindlichen Gegenständen? JW 1934, 965; RAISER, Dingliche Anwartschaften (1961) 97 ff; G REINICKE, Gesetzliche Pfandrechte und Hypotheken am Anwartschaftsrecht aus bedingter Übereignung (1970); SCHMIDT-FUTTERER-BLANK, Mietrecht (9. Aufl 1979), s v Pfandrecht des Vermieters; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 115 ff; SERICK, E i g e n t u m s v o r b e h a l t u n d S i c h e r u n g s ü b e r e i g n u n g B d I ( 1 9 6 3 ) § 11 V I , B d II ( 1 9 6 5 )
12 ff; SIBER, Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters, des Verpächters und des Gastwirts (1900); STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz V 11 f (S 660 f); VOGEL, Das Vermieterpfandrecht an unpfändbaren Gegenständen, NJW 1951, 752; WEIMAR, Das Vermieterpfandrecht in Konkurrenz mit anderen Pfandrechten, ZMR 1962,65; ders, Wann kann den Vermieter bei Geltendmachung des Vermieterpfandrechts eine Schadensersatzpflicht treffen? ZMR 1960, 259; 1967, 196; ders, Die Befriedigung aufgrund des Vermieterpfandrechts, DGVZ 1975, 129.
Systematische Übersicht I. Allgemeines 1 n . Das Vermieterpfandrecht als gesetzliches Pfandrecht 2 III. Die Befugnisse des Vermieters 5 IV. Die Voraussetzungen des Pfandrechts 1. Nur bei der Gnindstücksmiete 7 2. Nur durch Einbringung von Sachen 9 3. Nur an pfändbaren Sachen des Mieters 16 a) Gegenstand 17 b) Die Rechtslage bei bedingtem Eigentumserwerb des Mieters 23 c) Miteigentum und Gesamthandseigentum 26 d) Sachen Dritter 29 (463)
e) Die Veräußerung eingebrachter Sachen 3 2 f) Die unpfändbaren Sachen (§ 599 S 3) 35 4. Nur für Forderungen aus dem Mietverhältnis 40 V. Die ausgeschlossenen Forderungen ( § 5 5 9 S 2) 49 1. Künftige Entschädigungsforderungen 50 2. Künftige Mietzinsforderungen 54 3. Rechtsfolge 60 VI. Einzelfragen 61 VII. Abweichende Vereinbarungen 69 VIII. Beweislast 71
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§559 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 37, 69 f Anwartschaftsrecht 24 ausgeschlossene Forderungen 49 ff - Beispiele 53 - künftige Entschädigungsforderungen 50 ff - künftige Mietzinsforderungen 54 ff - maßgebender Zeitpunkt 52, 55 - Mietjahr 56 - Rechtsfolgen 60 - Schadensersatzansprüche aus § 52 VglO 49 - Verlängerungsklauseln 58 - Verträge auf unbestimmte Zeit 57 bedingter Eigentumserwerb 23 f Befriedigung des Vermieters 6 Bereicherungsanspruch des Mieters 66 Bereicherungsanspruch des Vermieters 34, 68 Betrug des Mieters 30 Beweislast 71 Drittwiderspruchsklage Dritter 34, 63 Eigentumsvorbehalt 24 Einbringung von Sachen 9 ff Ersatzpflicht des Vermieters 65
- Erbfall 25 - Erlös der Sachen 12, 34 - Gebäude des Mieters 21, 33 - Geld 19 - Gesamthandseigentum 27 ff - Hausrat 35 - Inhaberpapiere 19 - Kasse 12 - Kraftfahrzeuge 11 - Mieteigentumsanteil 26 - Mieterwechsel 15 a - pfändbare Sachen 16 ff - Sachen Dritter 9, 29 ff - Sachen mit Affektionswert 20 - Sachen von Angehörigen 29 ff - Sachen des Vermieters 31 - Sicherungsübereignung 33 - unpfändbare Sachen 35 ff - Versicherungsansprüche 20 - Warenlager 12 - Wertpapiere 18 ff - Zubehör 36 Gesamthandseigentum 27 ff. gutgläubiger lastenfreier Erwerb Dritter 32 ff Herausgabeanspruch 6
Fahrnismiete 7 a Forderungen aus dem Mietverhältnis 40 ff - Abtretung der Forderungen 62 - Baukostenzuschuß 42 - Begriff 41 - Bürgschaftsforderungen 48 - Darlehnsanspruch 42 - Entschädigungsansprüche 43, 50 f - Ersatzansprüche des Vermieters 41 - enge Auslegung 40 - gemischte Verträge 44 f - Kautionsanspruch 42 - künftige Mietzinsforderungen 54 ff - Kosten des Vermieters 41, 48 - Mietzinsforderung 41 - Mietzinsrückstände 54 - Nebenkosten 42 - Schuldübernahme 46 f
Inhaberpapiere 19 künftige Entschädigungsforderungen 50 ff künftige Mietzinsforderungen 54 ff Mieterwechsel 15 a Mietzinsforderung 41 Mietzinsrückstände 54 Nebenkostenforderung 42 Offenbarungspflicht des Mieters über Pfändungen 67 Pfändbare Sachen 16 ff Pfändungspfandrecht des Vermieters 6 b, 63 Rang des Pfandrechts 3, 13 a, 24 Sachen Dritter 29 ff Sicherungsübereignung 13 a, 33, 63
Formularverträge 70 Gegenstand des Pfandrechts 9 ff, 17 ff - Anwartschaftsrecht 24 - Austauschpfändung 36 - Bahnanlagen 12 - bedingter Erwerb des Mieters 23 ff - Eigentumsvorbehalt 24 - eingebrachte Sachen 9 ff - eingestellte Sachen 11
Tresore 7 a Übergang des Pfandrechts auf Dritte 3 unpfändbare Sachen 35 ff Veräußerung der eingebrachten Sachen durch den Mieter 32
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(464)
3. Titel. Miete. Pacht Veräußerung des Grundstücks 61 Vertragspfandrecht 31, 37 f, 48, 69 Verwahrung der Sachen durch den Vermieter 5 a, 6 a Verwertung der Sachen 6 f Voraussetzungen des Pfandrechts 7 ff - abweichende Vereinbarungen 37 f, 69 f - Eigentum des Mieters 23 ff - Einbringung von Sachen 9 ff - Einstellung von Sachen 11 - Forderungen aus dem Mietverhältnis 40 ff - Geschäftsfähigkeit des Mieters 10 - gutgläubiger Erwerb 29 ff - Grundstücksmiete 7 ff - Kraftfahrzeuge 11 - Mieterwechsel 15 a - Pacht 39
-
§559 1-3
Rang bei mehreren Verträgen 13 f pfändbare Sachen 16 ff Sachen Dritter 9, 29 ff Untermiete 8, 29 Warenlager 12 Wille des Mieters 9 Zeitpunkt der Einbringung 14
Warenlager 12 Wechsel 19 Wegnahmerecht des Mieters 5b Wertpapiere 18 Zeitpunkt der Einbringung 14 f Zurückbehaltungsrecht des Vermieters 38 Zwangsverwaltung des Grundstücks 64
I. Allgemeines
1
Schon die verschiedenen deutschen Partikularrechte hatten dem Vermieter im Anschluß an das römische Recht überwiegend ein Pfand- oder Retentionsrecht an den sog eingebrachten Sachen des Mieters eingeräumt (s zB ALR I 21 § 395; SächsBGB § 1228; Cc Art 2102 Nr 1; ähnlich auch die Praxis in Bayern). Trotz heftigen Widerspruchs von zahlreichen Seiten hat das BGB hieran schließlich zum Schutze des Vermieters festgehalten, zugleich aber aus sozialpolitischen Erwägungen heraus das Recht des Vermieters in verschiedener Hinsicht erheblich eingeschränkt (s Mot II 402 ff und Prot II 194 ff; MITTELSTEIN 530 f; NIENDORFF 387). Die praktische Bedeutung des Vermieterpfandrechts scheint heute sehr gering zu l a sein, und zwar vor allem wohl wegen der Verbreitung des Eigentumsvorbehalts (unten Rz 24) und wegen der schwierigen Verwertung des Pfandrechts (unten Rz 6). Die Aufgaben des Pfandrechts hat offenkundig die überaus verbreitete, jederzeit sofort liquide Mieterkaution übernommen (s Vorbem 137 ff zu §§ 535, 536). II. Das Vermieterpfandrecht als gesetzliches Pfandrecht
2
1. Das vom BGB eingeführte Vermieterpfandrecht ist ein gesetzliches Pfandrecht iS des § 1257. Folglich finden auf es sämtliche Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht entsprechende Anwendung (§§ 1204 ff). Ausgeschlossen sind jedoch die Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Bestellung des Pfandrechts (§§ 1204-1208) sowie sämtliche Vorschriften, die unmittelbaren Besitz des Pfandgläubigers voraussetzen, da es sich hier um ein sog besitzloses Pfandrecht handelt. Anwendbar sind hiernach namentlich die §§ 1222, 1227-1250 (mit Ausnahme des § 1232 S 1) sowie schließlich die §§ 1252, 1255 und 1256. 2. Der Rang des Vermieterpfandrechts richtet sich gemäß dem ebenfalls anwend- 3 baren § 1209 nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung, so daß das Vermieterpfandrecht allen später begründeten Rechten vorgeht (BGH LM Nr 1 zu § 559 BGB = ZMR 1957, 153 für das Verhältnis zwischen einem Vermieterpfandrecht und einem Grundpfandrecht; OLG Frankfurt DGVZ 1975, 23 für das Zusammentreffen des Vermieterpfandrechts mit einem Pfändungspfandrecht; KG JW 1931, 2378; OLGE 4, 42). Wenn ein Dritter das Pfandrecht des Vermieters teilweise durch Bezahlung eines Teils der Mietzinsrückstände ablöst (vgl zB § 1249), so geht zwar gern § 268 Abs (465)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§559 4-6 b
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhättnisse
3 die Mietzinsforderung und mit dieser gern § 1250 Abs 1 S 1 auch das Pfandrecht auf den Dritten über; entsprechend § 268 Abs 3 S 2 hat das übergegangene Pfandrecht aber stets den Nachrang gegenüber dem beim Vermieter verbliebenen Pfandrecht ( O L G Celle NJW 1 9 6 8 , 1 1 3 9 f m Anm BRONSCH 1 9 3 6 ; PALANDT-HEINRICHS § 2 6 8 Anm 4). 4 3. Aus der Unanwendbarkeit der §§ 1204-1208 folgt vor allem, daß ein gutgläubiger Erwerb des Vermieterpfandrechts an nicht dem Mieter gehörende Sachen nicht möglich ist (unten Rz 29 ff; ebenso schon die Mot II 404 f; auch BGHZ 34,153,154; heute wohl unstr). III. Die Befugnisse des Vermieters 5 1. a) Der Vermieter hat an den eingebrachten Sachen des Mieters, owbwohl ihm ein Pfandrecht zusteht, grundsätzlich keinen Besitz. Daraus erklären sich die besonderen Rechte, die die §§ 560 und 561 dem Vermieter zum Schutze seines Rechts einräumen. 5a b) Hat der Vermieter aufgrund dieser Bestimmungen die Sachen des Mieters in Besitz genommen, so muß er sie sorgfältig verwahren (§ 1 2 1 5 ) . Die Räumungspflicht des Mieters (§ 556) entfällt insoweit (STERNEL RZ V 11). Zugleich fehlt es dann auch an einer Vorenthaltung der Sache iS des § 557 (s m Nachw § 561 Rz 22; LG Mannheim WuM 1978, 141, 142). Auch wenn der Vermieter die im übrigen vom Mieter geräumten Räume nicht vermieten kann, weil sich darin die von ihm zurückgehaltenen Mietersachen befinden, kann er daher allenfalls für eine kurze Ubergangsfrist nach den §§ 1215, 1216 und 1234 Ersatz etwaiger Lagerkosten verlangen (LG Mannheim aaO; vgl OLG Düsseldorf HRR 1 9 3 6 Nr 7 2 6 ; PALANDTBASSENGE § 1215 Anm 1, § 1216 Anm 1. Vgl im übrigen auch unten Rz 6 a sowie § 5 6 0 Rz 6, § 5 6 1 Rz 2 0 ) . 5b c) Dem Wegnahmerecht des Mieters aufgrund des § 547 a geht das Vermieterpfandrecht vor (PALANDT-PUTZO § 559 Anm 1; WEIMAR ZMR 1967, 196). Das Wegnahmerecht kann daher stets nur ausgeübt werden, wenn der Vermieter nicht sein Pfandrecht geltend macht (s auch unten Rz 21). 6 2. a) Die Befriedigung des Vermieters aus den ihm haftenden Sachen des Mieters richtet sich nach den §§ 1228 ff; sie erfolgt also (nach Pfandreife) durch privatrechtlichen Verkauf (LG Mannheim ZMR 1973,48 = WuM 1972,200; 1978,141 f). Ein besonderer Titel ist dafür nicht erforderlich, wohl aber Besitz des Vermieters. Folglich muß der Vermieter, wenn der Mieter ihm die Sache nicht freiwillig herausgibt, von dem Mieter Herausgabe der Sache zum Zwecke des Verkaufs verlangen können (§ 1231; OLG Frankfurt MDR 1975, 228; MITTELSTEIN 421; WEIMAR ZMR 1962, 65). Die Vollstreckung des Herausgabeurteils richtet sich dann nach den §§ 883 und 886 ZPO. 6a b) Hat der Vermieter Sachen des Mieters auf Grund seines Pfandrechts in Besitz genommen (s oben Rz 5 f), so darf er dann keinesfalls mehr unbeschränkt zuwarten; vielmehr muß er anschließend umgehend zur Verwertung der Sachen schreiten, schon um etwaige Lagerkosten so klein wie möglich zu halten (oben Rz 5 a), oder die Sachen an den Mieter zurückgeben (BGH Urt v 8. 4. 1970 - VIII ZR 100/68; LG Mannheim WuM 1978, 141, 142; BGB-RGRK-GELHAAR § 559 Rz 4).
6b Der Vermieter kann die Sachen des Mieters auch pfänden; beide Pfandrechte bestehen dann nebeneinander (unten Rz 63). Wenn er aber die Sache nach den §§ 1228 ff verwerten will, muß er zuvor auf sein Pfändungspfandrecht verzichten, weil er nur so (unter Verdrängung des Gerichtsvollziehers) den Besitz erlangen kann (OLG Frankfurt MDR 1975, 228 Nr 43; NOACK JurBüro 1975, 1303 f). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(466)
3. Titel. Miete. Pacht
§559 7-11
IV. Die Voraussetzungen des Pfandrechts 1. Nur bei der Grundstiicksmiete
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a) Nach § 559 S 1 erwirbt nur der Vermieter eines Grundstücks, dem nach § 580 der Vermieter von Räumen gleichsteht, für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein gesetzliches Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters. Entsprechendes gilt für die Pacht (§ 581 Abs 2), wobei die den Verpächter erheblich begünstigende Sondervorschrift des § 585 zu beachten ist. Bei der Fahrnismiete kennt hingegen das Gesetz keine Sicherung des Vermieters 7a durch ein Pfandrecht an (anderen) Sachen des Mieters. Fahrnismiete ist dabei auch die Vermietung von Räumen in beweglichen Sachen, so daß zB der Vermieter einer Gastwirtschaft in einem Schiff kein Pfandrecht an dem vom Mieter eingebrachten Inventar erwirbt (s unten § 580 Rz 5; insbes OLG Kiel O L G E 1 2 , 6 9 = SeuffA Bd 61 [1906] Nr 78 S 136). Ebensowenig ist die Vermietung von Tresoren oder Schrankfächern Raummiete iS des § 580 (s oben Vorbem 82 zu §§ 535, 536); folglich steht den Banken kein Pfandrecht nach § 559 an dem Tresorinhalt zu ( P R O S T JW 1934, 965 f; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 Rz 1). b) Es spielt keine Rolle, ob der Vermieter Eigentümer des Grundstücks ist. Folglich 8 erwirbt auch der Untervermieter ein gesetzliches Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Untermieters (MITTELSTEIN 532). 2. Nur durch Einbringung von Sachen
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Dem Vermieterpfandrecht sind nur die eingebrachten, pfändbaren Sachen des Grundstücksmieters unterworfen (§ 559 S 1). Erste Voraussetzung der Entstehung des gesetzlichen Vermieterpfandrechts ist also, daß die betreffende Sache vom Mieter eingebracht worden ist. a) Unter Einbringung versteht man das willentliche Hineinschaffen der Sachen durch den Mieter in den durch das Mietverhältnis vermittelten Machtbereich des Vermieters. Das Hineinschaffen darf nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgen und muß auf dem Willen des Mieters beruhen (RGZ 132, 116, 118; MITTELSTEIN 5 3 4 f f ; N I E N D O R F F 3 9 0 f f ; R O Q U E T T E § 5 5 9 R z 2 9 f f ; P A L A N D T - P U T Z O
§ 559 Anm 3 a; STERNEL R Z V 12; vgl auch BGH WM 1965,1079, 1081). § 185 ist nicht anwendbar, so daß bei Einbringung von Sachen Dritter selbst bei deren Zustimmung kein Pfandrecht entstehen kann (aM OLG Braunschweig OLGE 36,58, 59). Jedoch ist es nicht erforderlich, daß der Wille des Mieters gerade auf die Entstehung eines Pfandrechtes gerichtet ist, da das Vermieterpfandrecht als gesetzliches ohne Rücksicht auf den Willen des Mieters schon durch die bloße Tatsache der Einbringung der Sachen begründet wird. b) Umstritten ist, ob die Einbringung Geschäftsfähigkeit des Mieters voraussetzt 10 (dagegen zB L A R E N Z § 48 V m Nachw). Man wird zu differenzieren haben: Während Geschäftsunfähige nur mit Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter wirksam Sachen einbringen können, wird man beschränkt geschäftsfähigen Mietern die Fähigkeit zur Einbringung nicht absprechen können (MITTELSTEIN 535; R O Q U E T T E § 559 Rz 29; generell gegen das Erfordernis der Geschäftsfähigkeit B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 Rz 5). c) Die Einbringung muß von der bloßen Einstellung bestimmter Sachen durch den 11 Mieter unterschieden werden. Denn durch die bloße, vorübergehende Verbringung einzelner Sachen auf das gemietete Grundstück ohne Zusammenhang mit dem Mietverhältnis aus anderem Anlaß wird kein Pfandrecht des Vermieters begründet (467)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§559 12-15
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schnldverhältnisse
(MITTELSTEIN 537 f). Werden aber Sachen wie zB Kraftfahrzeuge, Fahrräder oder Kinderwagen im Zusammenhang mit dem vertragsmäßigen Gebrauch auf dem Grundstück abgestellt, so gelten sie als eingebracht, so daß der Vermieter an ihnen ein Pfandrecht erwerben kann (s BRONSCH ZMR 1970, 1; zust PALANDT-PUTZO § 559 Anm 3 a; vgl im übrigen unten § 560 Rz 10). Voraussetzung ist freilich immer, daß der Abstellplatz mitvermietet ist; andernfalls ist für die Anwendung des § 559 kein Raum (BRONSCH aaO).
12 d) Als eingebracht gelten auch solche Sachen, die bestimmungsgemäß aufgrund des Mietvertrages von vornherein nur zu vorübergehenden Zwecken in den Räumen verbleiben sollen, so daß insbes das Warenlager eines Kaufmannes dem Vermieter haftet. Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob die Sache erst in den Mieträumen hergestellt worden ist: Immer besteht an ihr ein Pfandrecht des Vermieters (RGZ 132, 116, 118 f). Bei Miete eines Grundstücks mit Gleisanschluß gelten schließlich auch die Bahnanlagen des Mieters als eingebracht (RG JW 1895, 230 Nr 25; KUHLENBECK JW 1902, 553, 556). Anders jedoch die Tageskasse des Mieters (OLG Braunschweig OLGZ 1980, 239, 240). 13 Werden mehrere Räume in einem Haus gesondert vermietet, so sichert das Pfandrecht immer nur die Forderungen des Vermieters wegen der Vermietung derjenigen Räume, in die die betreffenden Sachen eingebracht worden sind (RG Gruchot 26 [1882] 997, 998 [für das preußische Recht]; JW 1906, 224 f Nr 7; OLG Hamburg OLGE 38, 92; MITTELSTEIN 536 f). Das bilt insbes bei getrennter Vermietung von Wohnung und Geschäftslokal (OLG Hamburg aaO). Demgemäß können auch Sachen, die sich auf nicht mitvermieteten Grundstücksteilen befinden, nicht als eingebracht behandelt werden ( R G Gruchot 26, 997, 998; B G B - R G R K - G E L H A A R § 558 Rz 5). 13a Schließen die Parteien über andere Räume auf demselben Grundstück einen neuen Mietvertrag, so ist für den Rang des Vermieterpfandrechts der zweite Vertragsschluß maßgebend, so daß zB ein vorher begründetes Pfändungsrecht den Vorrang vor dem neuen Vermieterpfandrecht hat (KG HRR 1932 Nr 109). Ebenso ist die Rechtslage, wenn die Parteien den alten Mietvertrag durch einen neuen einsetzen: Auch hier gehen vor dem zweiten Vertragsschluß begründete Rechte Dritter dem neuen Vermieterpfandrecht vor; hatte der Mieter die fragliche Sache zuvor einem Dritten zur Sicherheit übereignet, so entsteht überhaupt kein Pfandrecht (KG OLGE 39, 173, 174 f). 14 f) Grundsätzlich ist die Einbringung nur während des Laufs eines gültigen Mietvertrages möglich. Wenn aber dem Mieter aufgrund des Vertrages gestattet ist, schon vorzeitig einzuziehen, so sind auch die aufgrund dieser Befugnis in die Räume verbrachten Sachen eingebracht iS des § 559 (KG OLGE 33, 321, 322 f; PALANDTPUTZO § 559 Anm 2). Anders jedoch, wenn der Mieter nur einstweilen einzelne Sachen in den Räumen abstellen darf. Während des Mietverhältnisses können Sachen des Mieters jederzeit eingebracht werden. Erwirbt der Mieter erst während des Vertrags das Eigentum an ihnen, so entsteht das Pfandrecht des Vermieters ebenfalls erst in diesem Augenblick. 15 Nach Beendigung des Mietverhältnisses kann das Pfandrecht nicht mehr entstehen, auch wenn zB während des Rechtsstreits über die Herausgabe der vom Vermieter zurückbehaltenen Sachen die Voraussetzungen des Pfandrechts (etwa durch Eigentumserwerb des Mieters oder durch Wegfall der Unpfändbarkeit) eintreten (OLG München MDR 1953, 551 Nr 408). Daher unterliegen dem Pfandrecht auch nicht mehr Sachen, die erst nach Vertrags ende eingebracht werden, zB Warenvorräte zwecks Weiterführung des Betriebs bis zur Räumung (STERNEL Rz V 12). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(468)
3. Titel. Miete. Pacht
§559 15 a-20
g) Problematisch ist die Rechtslage beim Mieterwechsel. Überwiegend wird hier 15a angenommen, daß die noch von dem alten Mieter eingebrachten Sachen nicht für die Schulden des neuen Mieters haften (OLG Hamburg OLGE 7, 462, 463). Das ist zweifelsfrei, wenn die Parteien den alten Vertrag aufheben und einen neuen mit dem Nachfolger abschließen. Aber auch wenn der neue Mieter in den Vertrag als Rechtsnachfolger des ersten Mieters eintritt (s § 549 Rz 9 ff), kann nichts anderes gelten, da selbst dann grundsätzlich keiner der beiden Mieter für die Schulden des anderen haftet. Anders jedoch, wenn der Nachfolger die Mietzinsschulden seines Vorgängers übernimmt: Hier haften die vom Nachfolger eingebrachten Sachen auch für die übernommenen Schulden (BGH LM Nr 3 zu § 559 BGB B1 4R; unten Rz 46).
3. Nur an pfändbaren Sachen des Mieters
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Das Vermieterpfandrecht besteht nach § 559 nur an den pfändbaren Sachen gerade des Mieters. Folglich sind dem Pfandrecht nicht unterworfen die Rechte des Mieters, die unpfändbaren Sachen des Mieters und sämtliche Sachen Dritter, selbst wenn es sich dabei um Angehörige des Mieters handelt. a) Gegenstand
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aa) Dem Vermieterpfandrecht unterliegen nur einzelne, körperliche Gegenstände des Mieters (§ 90), so daß stets hinsichtlich jeder einzelnen Sache gesondert festgestellt werden muß, ob bei ihr die Voraussetzungen für die Entstehung des Pfandrechts erfüllt sind. Das ist eine Folge des sog sachenrechtlichen Spezialitätsprinzips. bb) Umstr ist die Rechtslage bei sämtlichen Wertpapieren und ähnlichen Urkunden. 18 Aus praktischen Gründen wird man hier darauf abzustellen haben, ob die betreffende Urkunde einen selbständigen Vermögenswert besitzt, weil sie nur dann selbständig verwertbar ist. Deshalb kann kein Pfandrecht des Vermieters an sämtlichen auf den Namen lautenden Schuldurkunden anerkannt werden (vgl § 952); dazu gehören insbes auch die sog Legitimationspapiere, soweit in ihnen ein bestimmter Gläubiger genannt ist; die wichtigsten Beispiele sind gern § 808 Sparbücher, auf den Namen lautende Hypothekenbriefe und Lebensversicherungspolicen.* Hingegen werden Inhaberpapiere wie bewegliche Sachen behandelt und unterliegen 19 mithin dem Vermieterpfandrecht (§ 1293; vgl auch § 1084). Gleichzubehandeln sind die indossablen Papiere, vor allem also Wechsel und Schecks (vgl § 1293; M I T T E L S T E I N 540; N I E N D O R F F 394). Dasselbe gilt für Geld einschließlich aller Banknoten (RG SeuffBl 68 [1903] 244). Aus sozialen Gründen sind im letzteren Fall jedoch die Nummern 3 und 8 des § 811 ZPO entsprechend anzuwenden (analog § 559 S 3). cc) Sachen, die keinen Vermögens-, sondern nur einen Affektions- oder Beweiswert 20 für den Mieter besitzen wie zB Briefe, Andenken und Familienfotos sind nicht Gegenstand des Vermieterpfandrechts. Ebensowenig Versicherungsansprüc/ie, die an die Stelle vernichteter, eingebrachter Sachen getreten sind (RG GrundE 1934, 730).
* R G Z 1 0 , 4 0 ; 2 0 , 1 3 3 , 1 3 5 ; 2 9 , 2 9 7 , 3 0 1 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 9 R z 7 ; MITTELSTEIN 5 4 0 ; NIENDORFF 3 9 3 f; PALANDT-PUTZO § 5 5 9 A n m 3 b ; SIBER, P f a n d r e c h t 1 4 . (469)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§559 21-25
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
21 dd) Die Verbindung der Sachen mit dem Grundstück hindert die Entstehung des Pfandrechts nicht, solange der Mieter Eigentümer bleibt (§ 95 Abs 2). Daher unterliegt dem Verpächterpfandrecht zB auch ein von dem Pächter auf dem Grundstück errichtetes Gewächshaus (RG WarnR 1920 Nr 184 S 227, 228). Dasselbe gilt für die Einrichtungen des Mieters (s oben Rz 5 b). 22 ee) Veräußert der Mieter eigenmächtig vom Grundstück entfernte, dem Vermieterpfandrecht unterliegende Sachen (§ 560 S 1), so besteht an dem Erlös kein Pfandrecht mehr. Der Mieter haftet jedoch dem Vermieter sowohl nach § 816 Abs 1 S 1 auf Herausgabe des Erlöses als auch nach § 823 Abs 1 auf Schadensersatz (RGZ 119, 265, 266 f; s im einzelnen § 561 Rz 1).
23 b) Die Rechtslage bei bedingtem Eigentumserwerb des Mieters aa) Wenn der Mieter nur auflösend bedingtes Eigentum hat, entsteht zunächst das Pfandrecht des Vermieters. Str ist jedoch die Rechtslage nach Bedingungseintritt. § 161 Abs 2 ist nicht unmittelbar anwendbar, weil hier das Pfandrecht des Vermieters nicht auf einer Verfügung des Mieters beruht; mit Rücksicht auf die weitgehende Identität der Interessenlage bestehen jedoch keine Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung der Vorschrift (HUGO EMMERICH 5 3 ; NIENDORFF 3 9 7 ; dagegen insbes MITTELSTEIN 5 4 3 m Nachw z Streitstand; PALANDT-PUTZO § 5 5 9 Anm 4). Das Pfandrecht geht daher bei Bedingungseintritt unter. 24 dd) Hat der Mieter nur aufschiebend bedingtes Eigentum, so ist er noch nicht Eigentümer, so daß jedenfalls an der für ihn im Augenblick noch fremden Sache kein Pfandrecht des Vermieters entstehen kann. Besonders wichtig ist das für unter Eigentumsvorbehalt erworbene Sachen. Die Praxis billigt hier jedoch dem Vermieter wenigstens ein Pfandrecht an dem sog Anwartschaftsrecht des Mieters zu. Freilich erschöpft sich dessen praktische Bedeutung darin, daß der Vermieter durch Zahlung des Restpreises auch gegen den Widerspruch des Mieters (§ 267 Abs 2) den Bedingungseintritt herbeiführen kann, wodurch er dann ein Pfandrecht an der Sache erwirbt, und zwar mit Vorrang vor in der Zwischenzeit begründeten Pfändungspfandrechten Dritter (sehr str). Das Gesagte gilt auch, wenn der Mieter das Anwartschaftsrecht nach den §§ 929 ff auf einen Dritten übertragen hat, so daß auch diese Dritten bei Bedingungseintritt nur ein mit dem Pfandrecht des Vermieters belastetes Eigentum erwerben können (BGHZ 35, 85; insbes BGH LM Nr 3 zu § 559 BGB = J u S 1965, 4 0 9 N r 2; W M 1965, 1079, 1 0 8 1 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 9 R z 9; PALANDT-PUTZO § 5 5 9 Anm 4). Sobald jedoch bei dem Vorbehaltskauf der
Verkäufer von dem Kaufvertrag zurücktritt (§ 455; § 5 AbzG), geht die Anwartschaft des Mieters unter, so daß auch für ein Pfandrecht des Vermieters kein Raum mehr ist. Verlangt dann der Vorbehaltsverkäufer vom Vermieter aufgrund seines Eigentums Herausgabe der vom Mieter bereits eingebauten Sachen (s § 95 Abs 2), so soll der Vermieter auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen etwaiger Ansprüche auf Ersatz der ihm durch den Ausbau drohenden Schäden haben (so OLG Düsseldorf MDR 1972, 147 f Nr 4 8 mit zu Recht abl Anm WEIMAR). 25 cc) Ist der Mieter nur Vorerbe, so ist er zunächst voller Eigentümer. Folglich haften die von dem Vorerben eingebrachten Nachlaßgegenstände dem Vermieter (RGZ 80, 30, 33; OLG Frankfurt OLGE 33, 151 = SeuffA Bd 71 Nr 206). War der Mietvertrag vom Erblasser abgeschlossen worden, so haften die von ihm eingebrachten Sachen auch für die Forderungen des Vermieters gegen die in den Vertrag eingetretenen Erben, selbst wenn der Mietvertrag nur mit einzelnen Miterben fortgesetzt wird (RG JW 1 9 3 7 , 6 1 3 , 6 1 4 Nr 3; zust PALANDT-PUTZO § 5 5 9 Anm 4).
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(470)
3. Titel. Miete. Pacht
§559 26-31
c) Miteigentum und Gesamthandseigentum
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aa) Wenn der Mieter nur Miteigentümer ist, soll das Pfandrecht entsprechend § 1258 an dem Miteigentumsanteil des Mieters entstehen; jedoch können die in § 1258 Abs 1 bezeichneten Befugnisse dem Vermieter erst zustehen, wenn er zum Besitz der Sache b e r e c h t i g t ist ( R G Z 1 4 6 , 3 3 4 ; a M z B MITTELSTEIN 5 4 4 f ) .
bb) Besonders umstr ist die Rechtslage, wenn eine Gesamthandsgemeinschaft 27 Mieterin ist: Handelt es sich um eine BGB-Gesellschaft, so sind alle Gesellschafter Mieter. Folglich haften sie alle nach § 427 für den Mietzins persönlich, so daß auch alle eingebrachten Sachen der Gesellschafter dem Pfandrecht des Vermieters unterliegen. Anders jedoch bei einer OHG oder einer KG als Mieterin: Wegen ihrer weitgehenden 28 Verselbständigung (§ 124 HGB) kann hier nur die Gesellschaft als Mieterin angesehen werden, so daß dem Vermieter auch nur die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden, von der Gesellschaft eingebrachten Sachen haften, nicht jedoch die Sachen der persönlich haftenden Gesellschafter (sehr str; aM zB OLG Dresden S ä c h s A r c h 2 8 , 2 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 9 R z 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 9 A n m 4).
cc) Haben nur einzelne Mitglieder einer Gesamthandsgemeinschaft den Mietvertrag 28a abgeschlossen, zB nur einzelne Miterben (s oben Rz 25), so unterliegen Gegenstände, die zum Gesamthandsvermögen gehören, ebensowenig dem Vermieterpfandrecht wie der Anteil der Mieter an der Gemeinschaft, da er ein bloßes Recht ist (vgl § 859 ZPO), aber keine Sache (grdleg RG JW 1937, 613, 614 Nr 3; zust PALANDT-PUTZO § 5 5 9 Anm 4 ) . d) Sachen Dritter
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aa) Nur die im Eigentum gerade des Mieters stehenden Sachen sind dem Vermieterpfandrecht unterworfen worden. Sachen Dritter haften dem Vermieter in keinem Fall (so ausdrücklich Mot II 404 f; Prot II 205). Ein gutgläubiger Erwerb des Vermieterpfandrechts ist nicht möglich (§§ 1257, 1207). Deshalb erwirbt der Vermieter insbes kein Pfandrecht an den Sachen der Angehörigen des Mieters oder des Untermieters (so schon die Mot aaO); wohl aber hat der Untervermieter ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Untermieters. Anders ist es natürlich, wenn die Ehefrau Mitmieterin ist. Anders aber auch, wenn zwischen den Ehegatten Gütergemeinschaft vereinbart ist und der verwaltende Ehegatte oder beide zusammen den Mietvertrag abgeschlossen haben (§§ 1437 f; Prot aaO). In allen anderen Fällen ist schließlich noch § 1362 zu beachten. bb) Selbst wenn zur Umgehung des Vermieterpfandrechts eine vermögenslose 30 Person als Mieter vorgeschoben wird, entsteht grundsätzlich kein Pfandrecht an den Sachen des eigentlichen dritten Nutznießers der Wohnung (OLG Hamburgt DR 1939, 1381; SOERGEL-MEZGER § 559 Rz 12). Jedoch kommt in derartigen Fällen durchaus eine Haftung des Dritten aus § 826 in Betracht (vgl LG Berlin HRR 1934 Nr 483). Auch der Mieter selbst kann sich des Betruges schuldig machen, wenn er dem Vermieter nicht anzeigt, daß ihm von der gesamten, eingebrachten, wertvollen Einrichtung nichts gehört und er außerdem weiß, daß der Vermieter nur mit Rücksicht hierauf oder im Vertrauen auf die Versicherung des Mieters, Eigentümer zu sein, den Mietvertrag mit ihm abgeschlossen hat. Grundsätzlich besteht jedoch keine Pflicht des Mieters zur Einbringung irgendwelcher Sachen; denn er kann die Wohnung auch leerstehen lassen (§ 552). cc) Da ein Pfandrecht an eigenen Sachen grundsätzlich nicht möglich ist (§ 1256), 31 entsteht ein Vermieterpfandrecht nicht an Sachen, die der Mieter dem Vermieter vor (471)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§559 32-35
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Einbringung übereignet hat; bei nachträglicher Übereignung geht das Pfandrecht gern § 1256 Abs 2 in aller Regel unter (RG WarnR 1927 Nr 102; BGBRGRK-GELHAAR § 559 Rz 11; PALANDT-PUTZO § 559 Anm 4). Dasselbe gilt, wenn einem Dritten, der vom Mieter mit dem Pfandrecht belastetes Eigentum an eingebrachten Sachen erworben hatte, nachträglich vom Vermieter die Mietzinsforderung abgetreten wird, da mit dieser auch das Pfandrecht auf ihn übergeht (BGHZ 27, 227, 233). Hingegen hindert den Mieter nichts, dem Vermieter noch zusätzlich ein vertragliches Pfandrecht (§§ 1204 ff) zu bestellen; beide Pfandrechte stehen dann selbständig nebeneinander (RG Gruchot Bd 49 [1905] 840, 841). 32 e) Die Veräußerung eingebrachter Sachen aa) An mit dem Vermieterpfandrecht belasteten Sachen ist ein gutgläubig lastenfreier Erwerb Dritter nur unter den Voraussetzungen des § 936 möglich. Der Erwerber handelt jedoch grob fahrlässig, wenn er sich die Sachen auf dem gemieteten Grundstück in Kenntnis des Bestehens eines Mietvertrages übergeben läßt, ohne sich bei dem Vermieter nach dessen Pfandrecht zu erkundigen (RG JW 1907, 672 Nr 5; 1934,1484 Nr 4; 1937,613 Nr 3; BGH WM 1965,701,704 = JuS 1965,409 f Nr 2; B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 Rz 17, 24). Das gilt auch bei dem Erwerb gebrauchter Möbel in der Mietwohnung des Verkäufers (AG Hannover MDR 1970, 329 f Nr 60). 33 Das Gesagte hat besondere Bedeutung für den Fall der Sicherungsübereignung: Nur an Sachen, die der Mieter schon vor ihrer Einbringung Dritten zur Sicherheit übereignet hat, kann der Vermieter folglich kein Pfandrecht erwerben. Hingegen ändert eine nachträgliche Sicherungsübereignung nichts mehr an dem schon entstandenen Pfandrecht des Vermieters (OLG Düsseldorf DWA 1933, 286; OLG Naumburg JW 1930,2998 f). Dies gilt selbst dann, wenn die fragliche Sache bei ihrer Sicherungsübereignung noch gar nicht existierte, da sie im Augenblick ihrer Fertigstellung (und Übereignung) auch schon vom Vermieterpfandrecht erfaßt wird (RG WarnR 1920 Nr 184 S 227, 228 f für ein vom Pächter errichtetes und zuvor schon einer Bank zur Sicherheit übereignetes Gewächshaus; offengelassen von OLG Hamburg HansGZ 1927 Beibl 161, 162). 34 bb) Wer hiernach eine mit einem Vermieterpfandrecht belastete Sache erworben hat, darf einer Pfändung der Sache durch den Vermieter wegen Mietzinsrückständen nicht nach § 771 ZPO widersprechen, weil er die Verwertung der Sache durch den Vermieter nach materiellem Recht dulden muß (RG JW 1934, 1484 Nr 4; ebenso OLG Naumburg JW 1930, 2998 f). Verwertet jedoch der Sicherungseigentümer die Sache, so setzt sich das (vorrangige) Pfandrecht des Vermieters am Erlös fort; nach Auskehrung des Erlöses an den (nachrangigen) Sicherungseigentümer hat der Vermieter folglich immer noch einen Bereicherungsanspruch (grdleg RG JW 1909, 424, 425 Nr 30; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 Rz 23). 35 f) Die unpfändbaren Sachen (§ 559 S 3) aa) Aus sozialen Gründen (Mot II 405) sind die unpfändbaren Sachen des Mieters aus dem Haftungsverband herausgenommen worden (§ 559 S 3). Welche Sachen unpfändbar sind, ergibt sich dabei in erster Linie aus § 811 ZPO. Ob auch der in § 812 ZPO genannte Hausrat dazu gehört, ist str, nach dem Zweck des § 559 S 3 jedoch zu bejahen (LG Köln ZMR 1964, 364; B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 Rz 13 m Nachw; DERLEDER, in: AK § 559 Rz 5). Gegenstände, die zunächst unpfändbar waren, unterliegen von dem Augenblick an dem Pfandrecht, in dem die Unpfändbarkeit (während des Mietverhältnisses, nicht danach) entfällt (OLG München MDR 1953, 551 Nr 408). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Unpfändbarkeit ist Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(472)
3. Titel. Miete. Pacht
§559 36-41
immer der der Geltendmachung des Pfandrechts (OLG München aaO). Ein Streit über die Unpfändbarkeit eines Gegenstandes und damit über den Bestand des Vermieterpfandrechts kann nur durch Klage, nicht aber im Verfahren des§ 766 ZPO ausgetragen werden (RG WarnR 1921 Nr 28 S 32; ein Beispiel in OLG Frankfurt MDR 1979, 316 Nr 65 = BB 1979, 136 f). Eine Art Austauschpfändung analog §811 a ZPO kommt hier nicht in Betracht, weil 36 das hierfür in § 811 a ZPO zum Schutze des Schuldners vorgesehene gerichtliche Verfahren nicht auf das Vermieterpfandrecht übertragbar ist (LG Aurich NJW1954, 1606 f m zust Anm JANBERG). Hingegen spielt § 865 ZPO hier keine Rolle. Das Zubehör unterliegt uneingeschränkt dem Vermieterpfandrecht (OLG Hamburg OLGE 27,153,154; PALANDT-PUTZO § 559 Anm 5 b). Auch für die Anwendung des Obermaßverbotes des § 803 Abs 1 S 2 ZPO ist hier kein Raum, weil § 560 S 2 Fall 3 eine spezielle Regelung enthält (DERLEDER, in: AK § 559 Rz 5; PALANDT-PUTZO § 559 Anm 5 b). bb) § 559 S 3 ist entsprechend seinem Zweck zwingend. Abweichende Vereinba- 37 rungen in einem Mietvertrag sind nicht möglich (BGB-RGRK-GELHAAR § 559 Rz 15; DERLEDER, in: A K § 5 5 9 R z 5; PALANDT-PUTZO § 5 5 9 A n m 5 a, alle i m A n s c h l u ß
an RGZ 72, 181, 183 f, das sich freilich auf § 811 ZPO bezieht). Hingegen steht es dem Mieter frei, dem Vermieter einzelne an sich unpfändbare Sachen rechtsgeschäftlich zu verpfänden (§ 1205), wozu jedoch grundsätzlich Übergabe der Sache an den Vermieter erforderlich ist (s unten Rz 69). Deshalb ist in der Praxis früher vielfach versucht worden, die Verpfändung durch die 38 Begründung eines sog rechtsgeschäftlichen Zurückbehaltungsrechts zu ersetzen. Trotz Billigung durch die Rechtsprechung (insbes RGSt 35, 150; 37,118,123 ff) ist dieser Versuch zur Umgehung des zwingenden § 559 S 3 jedoch von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil der Vermieter durch eine solche Abrede weder den Besitz der Sache noch ein Recht zur Verwertung der Sache erlangen kann, so daß die Abrede o h n e Sinn ist (PALANDT-PUTZO § 5 5 9 A n m 5 a ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 9 R z
14). Bei der Pacht eines landwirtschaftlichen Grundstücks ergibt sich eine Erweiterung 39 des Kreises der haftenden Sachen aus § 585 S 2. 4. Nur für Forderungen aus dem Mietverhältnis
40
a) Aus kredit- und sozialpolitischen Erwägungen ist der Kreis der gesicherten Forderungen auf die Forderungen des Vermieters gerade aus dem Mietverhältnis beschränkt worden. Mit Rücksicht auf diesen Zweck der Regelung darf der Kreis der gesicherten Forderungen grundsätzlich nicht erweiternd, sondern muß restriktiv ausgelegt werden, schon um eine übermäßige Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Mieters und eine übermäßige Benachteiligung der übrigen Gläubiger zu verhindern.* Forderungen aus dem Mietverhältnis sind nur solche, die sich aus dem Wesen des 41 Mietverhältnisses als einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung ergeben (BGH Z 60, 22), insbes also die Mietzinsforderung sowie sämtliche Ersatzansprüche des Vermieters wegen einer Beschädigung der Mietsache oder einer Verletzung der Anzeigeoder Rückgabepflicht durch den Mieter (§§ 545 Abs 2, 558, 556; BGHZ 60, 22, *
R G Z 38,66; 37,88,90 f; R G JW 1888,289 Nr 11 ; grdleg B G H Z 60,22,24 f m Anm BRAXMAIER LM Nr 5 zu § 559 BGB; BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB = NJW 1972, 721; OLG Königsberg SeuffA 61 [1906] Nr 103; M I T T E L S T E I N 549 ff; N I E N D O R F F 400 ff; B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 R z 1 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 9 A n m 6 a ; STERNEL R Z V 1 1 ; DERLEDER, i n : A K § 5 5 9 R z 2 .
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Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§559 42-49
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
24 f). Gesichert sind außerdem nach § 1210 etwaige Ansprüche des Vermieters auf Zinsen und Vertragsstrafe sowie die sog Nebenkosten des Vermieters als Pfandgläubiger (nach § 1210 Abs 2 die Kosten für Verwendungen, der Kündigung, der Rechtsverfolgung und des Pfandverkaufs, SIBER 10). ZU den Kosten der Rechtsverfolgung gehören dabei zB auch die Kosten eines Räumungsprozesses (PALANDTPUTZO § 5 5 9 A n m 6 a).
42 b) Dem Mietzinsanspruch stehen gleich die Ansprüche des Vermieters auf Bezahlung der sog Nebenkosten für Heizung, Müllabfuhr usw (s §§ 535,536 Rz 106 ff), weil es sich dabei der Sache nach um einen Teil des Mietzinses handelt (BGHZ 60,22,25; K G OLGE 27,155 f; B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 Rz 18; DERLEDER, in: AK § 559 Rz 2; STERNEL Rz V 11), weiter Ansprüche des Vermieters auf Leistung von Baukostenzuschüssen und sonstigen Zuschüssen zum Umbau oder Ausbau der gemieteten Räume (BGHZ 60, 22, 25 f; OLG Königsberg SeuffA 61 Nr 103; B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 Rz 18; aM offenbar STERNEL RZ V 11), nicht jedoch ein Anspruch des Vermieters auf Rückzahlung eines dem Mieter nur im Zusammenhang mit dem Mietvertrag gegebenen Darlehens (BGHZ 60, 22, 25 f) oder der Anspruch auf Zahlung einer Kaution (STERNEL RZ V 11). 43 c) Zu den gesicherten Entschädigungsforderungen gehören auch die Ansprüche des Vermieters aus § 557 sowie eine etwaige Mietausfallforderung namentlich im Falle vorzeitiger Kündigung oder Vertragsaufhebung (RG Recht 1909 Nr 1985; BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB; KG DWA 1937, 226). 44 d) Bei Vertragsverbindungen werden nur die Forderungen aus dem Mietvertrag gesichert (BGHZ 60,22,26 ff). Bei gemischten Verträgen kommt es darauf an, ob das mietvertragliche Element eindeutig im Vordergrund steht. Das ist etwa anzunehmen, wenn der Zimmervermieter zusätzlich die Reinigung oder die teilweise Verpflegung des Mieters übernimmt und für alle diese Leistungen ein einheitlicher Mietzins vereinbart worden ist (BGHZ 60, 22, 25). 45 Anders jedoch, sobald diese Leistungen eigenständig neben die Raumüberlassung treten; dann besteht das Pfandrecht des Vermieters nur noch für den dem Mietzins entsprechenden Teil der Vergütung (OLG Kiel SchlHAnz 1 9 2 3 , 6 ; MITTELSTEIN 5 5 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 9 Rz 18). Ebenso wenn der Mieter verpflichtet ist, sein Bier bei dem Vermieter zu beziehen; die daraus entstehende Kaufpreisforderung des Vermieters ist durch das Vermieterpfandrecht ebenfalls nicht gesichert (RG JW 1 9 0 5 , 19 N r 16; R e c h t 1 9 0 9 N r 3 3 3 2 ; DERLEDER, in : A K § 5 5 9 R z 2).
46 e) Wenn der Mieter die Mietzinsschuld seines Vorgängers als eigene übernimmt, unterliegen die eingebrachten Sachen des Mieters dem Vermieterpfandrecht auch wegen der übernommenen Schuld (BGH LM Nr 3 zu § 559 BGB B14R = JuS 1965, 409 f Nr 2 m Nachw). 47 Anders jedoch im Falle einer bloßen Erfüllungsübernahme nach § 329 (BGH LM Nr 3 zu § 559 BGB). 48 Auch die Ansprüche des Vermieters gegen einen etwaigen Bürgen für den Mieter werden durch das Pfandrecht nicht gesichert; ebensowenig Ansprüche wegen der Kosten der Verfolgung eines durch den Mieter zusätzlich bestellten, rechtsgeschäftlichen Pfandrechts oder wegen der Kosten eines gegen einen Gläubiger des Mieters geführten Widerspruchsprozesses. 49 V. Die ausgeschlossenen Forderungen (§ 559 S 2) Um eine übermäßige Sicherung des Gläubigers zu verhindern, bestimmt Satz 2 des § 559, daß für zwei Forderungsgruppen das Vermieterpfandrecht nicht „geltend Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(474)
3. Titel. Miete. Pacht
§559 50-53
gemacht" werden kann. Es sind dies einmal die künftigen Entschädigungsforderungen, zum anderen die Mietzinsforderungen für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr. Außerdem hat der Vermieter kein Pfandrecht für Schadensersatzansprüche aus § 52 Abs 1 VglO (§ 52 Abs 2 VglO).
1. Künftige Entschädigungsforderungen 50 a) Zukünftige Entschädigungsforderungen sind alle Ersatzansprüche des Vermieters, namentlich wegen einer Beschädigung der Mietsache oder wegen einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages, die jetzt, dh im Augenblick ihrer Geltendmachung, noch nicht liquide sind, so daß sie auch noch nicht mit Erfolg eingeklagt werden können, deren Entstehung maW noch von zukünftigen Ereignissen abhängig ist. Es genügt also nicht, daß schon der Anspruchsgrund, zB durch eine Beschädigung der Mietsache, erfüllt ist, wenn im Augenblick noch nicht feststeht, ob oder welchen Schaden daraus der Vermieter erleiden wird (RGZ 5 4 , 3 0 1 , 3 0 2 ; 1 4 2 , 2 0 1 , 2 0 5 f; RG J W 1 9 0 9 , 4 3 4 ; 1 9 3 4 , 4 0 3 , 4 0 4 ; BGH LM Nr 5 1 zu § 5 3 5 BGB B 1 2 R m Nachw; K G H R R 1 9 3 7 N r 7 9 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 9 R z 2 0 ; MITTELSTEIN 5 5 2 f ; NIENDORFF 4 0 1 f). Hingegen ist der Streit, ob die Entschädigungsforderung auch
fällig sein muß, gegenstandslos, da alle Schadensersatzansprüche grundsätzlich in dem Augenblick fällig werden, in dem ihr Entstehungstatbestand voll erfüllt ist.
Zu den Entschädigungsforderungen gehören - trotz ihrer Verwandtschaft mit den 51 Mietzinsforderungen - auch die Ansprüche des Vermieters wegen einer Vorenthaltung der Sache (§557) sowie alle Mietzinsausfallforderungen wegen einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages (BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB; KG HRR 1937 Nr 795). b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob es sich um eine gegenwärtige oder um 52 eine zukünftige Entschädigungsforderung handelt, ist der ihrer Geltendmachung. Dazu ist keine gerichtliche Geltendmachung nötig; vielmehr genügt jeder Vorgang, durch den der Vermieter sein gesetzliches Pfandrecht zur Geltung bringt. Beispiele sind die Verhinderung der Entfernung, die Inbesitznahme sowie die Erhebung der Klage auf Herausgabe der Sache oder auf vorzugsweise Befriedigung aufgrund des § 805 ZPO (RGZ 54, 301, 303; RG JW 1934, 403, 404; BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB; KG JW 1933,921 Nr 7; OLG Hamburg OLGE 20,110). Durch eine derartige Geltendmachung wird aber der Vermieter natürlich nicht gehindert, für später entstandene Entschädigungsforderungen sein Pfandrecht erneut geltend zu machen (BGH aaO), nur daß dann zwischenzeitlich begründete Pfändungspfandrechte Dritter ggf den Vorrang haben (str). c) Zukünftige Entschädigungsforderungen sind hiernach zB: Forderungen für 53 Schäden, die sich erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ergeben, so wenn jetzt noch nicht feststeht, ob und zu welchen Bedingungen die Sache anderweitig vermietet werden kann (RGZ 142, 201); Forderungen wegen einer mangelhaften Instandhaltung der Sache, die erst geltend gemacht werden können, wenn der Mieter auch bei Ablauf der Mietzeit seine Instandhaltungspflicht nicht erfüllt hat (RG JW 1909, 657, 658); Forderungen wegen einer Kündigung durch den Konkursverwalter (RG JW 1909, 424,425); Forderungen auf Ersatz eines etwaigen Pachtzinsausfalles nach einverständlicher Aufhebung des Vertrages (RG Recht 1909 Nr 1985; BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB); Forderungen auf Ersatz des Mietzinsausfalles bei fristloser Kündigung wegen eines vom Mieter zu vertretenden Grundes (RG Urt v 21. 5. 1909 - III 4 7 0 / 0 8 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 559 Rz 20; PALANDT-PUTZO § 559 A n m 6 b,
aa; aM zB OLG Celle OLGE 36,63 f) sowie schließlich alle betagten und befristeten Ersatzansprüche. (475)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§559 54-61
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
54 2. Künftige Mietzinsforderungen Das Pfandrecht kann außerdem nicht für Mietzinsforderungen für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr geltend gemacht werden. a) Folglich haften die Sachen des Mieters zunächst uneingeschränkt für sämtliche Mietzinsrückstände. Hier ergeben sich Einschränkungen nur gegenüber Pfändungsgläubigern aus § 563 sowie im Konkurs aus § 49 Abs 1 Nr 2 Hs 2 KO (dazu insbes BGH LM Nr 1 zu § 49 KO = NJW 1959, 2251). 55 b) Maßgebender Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen den Rückständen und den zukünftigen Mietzinsforderungen ist auch hier der der Geltendmachung der Mietzinsforderung (s deshalb im einzelnen oben Rz 52). Das gilt auch im Falle einer Pfändung der Mietsache durch andere Gläubiger des Mieters. Für die Berechnung des Zeitraumes, auf den sich hiernach das Vermieterpfandrecht erstreckt, ist mithin in einem solchen Falle nicht die Pfändung, sondern die Geltendmachung des Pfandrechts durch den Vermieter maßgebend. Dieser Zeitpunkt kann jedenfalls nicht früher als der Zeitpunkt liegen, in dem der Vermieter erstmals von der Pfändung des dritten Gläubigers Kenntnis erlangt hat (RGZ 54,301,303; KG OLGE 11,143; alles sehr str). 56 c) Da das Gesetz ausdrücklich auf das Mietjahr abstellt, kommt es hierbei auf das laufende Kalenderjahr nicht an(BGB-RGRK-GELHAAR § 559 Rz 19; PALANDTPUTZO § 559 Anm 6 b, bb; früher str). Das erste Mietjahr beginnt mit dem Tag des Beginnes des Mietverhältnisses, jedes spätere mit den diesem Tage entsprechenden Tagen der folgenden Jahre (NIENDORFF 400 f). 57 d) Umstr ist die Rechtslage insoweit bei auf unbestimmte Zeit geschlossenen Verträgen. Hier wird die Geltendmachung des Pfandrechts häufig auf den Zeitraum bis zur nächsten zulässigen Kündigung beschränkt (MITTELSTEIN 5 5 4 ; NIENDORFF 400 f). Indessen zwingt der Wortlaut des Gesetzes nicht zu einer solchen Einschränkung der Vermieterrechte (OLG Hamburg OLGE 3, 236; 20, 110; BGBR G R K - G E L H A A R § 5 5 9 R z 1 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 9 A n m 6 b ) .
58 Für Mietverträge mit Verlängerungsklauseln (s Vorbem 121 zu § 535, 535) folgt hieraus, daß das Vermieterpfandrecht auch die Forderungen des Vermieters auf den Mietzins für den Verlängerungszeitraum nach Unterlassung der Kündigung sichert. 59 e) Bei der Verpachtung landwirtschaftlicher Grundstücke findet die Einschränkung des § 559 S 2 hinsichtlich zukünftiger Mietzinsforderungen keine Anwendung (§ 585 Sl).
60 3. Rechtsfolge Das Gesetz sagt nur, daß für die ausgeschlossenen Forderungen das Pfandrecht nicht „geltend gemacht" werden kann. Das kann aber sinnvollerweise nur bedeuten, daß insoweit gar kein Pfandrecht entsteht (ebenfalls sehr str).
61 VI. Einzelfragen a) Im Falle der Veräußerung des Grundstücks geht nach § 571 auch das Vermieterpfandrecht auf den Erwerber über. Soweit aber die Sache dem Veräußerer noch für schon entstandene und noch nicht befriedigte Ansprüche aus dem Mietverhältnis haftet, bleibt auch dessen Pfandrecht bestehen. Beide Vermieterpfandrechte haben dann denselben Rang (§ 571 Rz 58 m Nachw; STERNEL Rz V 12). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§559 62-68
b) Im Falle einer Abtretung der Vermieteransprüche gelten die §§ 401,1250 Abs 1 S 62 1 und 1257, so daß mit der abgetretenen Forderung auch das dafür bestehende Vermieterpfandrecht auf den Zessionar übergeht (WEIMAR ZMR 1964, 228; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 9 R z 2 3 ; K G G E 1 9 3 2 , 8 3 2 , str).
c) Das Vermieterpfandrecht kann durchaus auch mit einem Pfändungspfandrecht 63 des Gläubigers zusammentreffen. Das Pfändungspfandrecht steht dann selbständig neben dem Vermieterpfandrecht und richtet sich ausschließlich nach der ZPO, so daß sich der Vermieter hier auch alle Einwendungen des Mieters gefallen lassen muß, die dem Schuldner gegen die Zwangsvollstreckung zustehen (KG OLGE 22,250; OLG Hamburg OLGE 22,251 ; OLG München BayZ 1914,155,156; OLG Naumburg JW 1930,2998 f ; OLG Frankfurt MDR 1975,228 Nr 43; KG OLGE 11,311,312). Die Pfändung kann daher auch nicht als Geltendmachung des Vermieterpfandrechts oder als Widerspruch gegen die Entfernung der eingebrachten Sachen aufgefaßt werden (MITTELSTEIN 391 ff m Nachw zu dieser früher sehr str Frage; s OLG Naumburg JW 1930, 2998 f). Hat der Vermieter unpfändbare Sachen beim Mieter gepfändet und nimmt er an diesen Sachen zugleich ein Vermieterpfandrecht in Anspruch, so kann das Prozeßgericht einheitlich über den Bestand des Pfandrechts entscheiden; ein gesondertes Verfahren nach § 766 ZPO ist daneben entbehrlich (RG WarnR 1921 Nr 28 S 32). Der Pfändung kann an sich ein Sicherungseigentümer nach § 771 ZPO widersprechen; der Vermieter kann sich demgegenüber jedoch auf ein etwaiges, vorrangiges Vermieterpfandrecht berufen (OLG Naumburg JW 1930, 2998 f; KG OLGE 11, 311 f). Wegen der Verwertung s oben Rz 6 ff. d) Nach Anordnung der Zwangsverwaltung über das vermietete Grundstück muß 64 der Verwalter das Vermieterpfandrecht geltend machen. Folglich muß er auch die daraus entspringenden Pflichten des Pfandgläubigers, insbes dessen Verwahrungspflicht, übernehmen (RG DJZ 1924, 908). e) Übt der Vermieter schuldhaft ein unbegründetes Pfandrecht aus, so macht er sich 65 ersatzpflichtig (OLG Marienwerder OLGE 27, 157, 158), und zwar nicht nur aus Delikt (§ 823 Abs 1), sondern auch aus Vertrag wegen Verletzung einer nachwirkenden Treupflicht (OLG Frankfurt BB 1979, 136 = MDR 1979, 316 Nr 65; zust DERLEDER, in: AK § 559 Rz 5). Der Vermieter handelt jedoch noch nicht ohne weiteres schuldhaft, wenn er unpfändbare Sachen oder Sachen Dritter ohne genauere Prüfung aufgrund seines vermeintlichen Pfandrechtes zurückhält (WEIMAR ZMR 1960, 259; § 561 Rz 6). Auch ohne Rücksicht auf Verschulden besteht jedoch ein Anspruch des Mieters auf 66 Herausgabe der Nutzungen, wenn der Vermieter unbefugt die in Pfandbesitz genommenen Sachen des Mieters vermietet (§816 Abs 1 S 1 analog). f) Der Mieter ist dem Vermieter auf Befragen zur Offenbarung darüber verpflichtet, 67 daß ein Gläubiger eingebrachte Sachen gepfändet hat. Unterläßt er die Offenbarung, so haftet er dem Vermieter für den daraus entstehenden Schaden (LG Berlin HuW 1952, 190). g) Werden Sachen, die dem Pfandrecht des Vermieters unterliegen, auf Betreiben 68 eines Pfändungsgläubigers versteigert, so muß der Pfändungsgläubiger dem Vermieter die Bereicherung herausgeben (§ 812 Abs 1S 1 oder § 816 Abs 1 S 1 ; OLG Stettin O L G E 3, 357; grdleg R G JW 1909, 424, 425 Nr 30; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 559 Rz 23). Entsprechend ist die Rechtslage, wenn der Konkursverwalter die mit dem Pfandrecht des Vermieters belasteten Sachen veräußert (OLG Celle OLGE 9, 296, 297; auch RG Recht 1909 Nr 2648). (477)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 559, 560 69-72
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
VII. Abweichende Vereinbarungen 69 1. § 559 ist nicht zwingend, so daß durch den Mietvertrag die Entstehung des Vermieterpfandrechts ausgeschlossen oder von zusätzlichen Bedingungen abhängig gemacht werden kann (RGZ 141, 99, 102). Für den nachträglichen Verzicht des Vermieters auf das schon entstandene Pfandrecht gilt hingegen § 1255. Zwingend ist jedoch § 559 S 3; ein Verzicht auf den Schutz des § 559 S 3 ist daher auch durch Individualvereinbarung nicht möglich (oben Rz 37 f). Hingegen kann der Mieter durchaus einzelne an sich unpfändbare Sachen nach den §§ 1204 ff an den Vermieter verpfänden, wozu jedoch Übergabe erforderlich ist. 70 2. Pfandklauseln in AGB und Formularverträgen werden überwiegend als unbedenklich angesehen (BGH NJW 1977, 1240 [insoweit nicht in B G H Z 68, 323]; H E N S E N , in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG §§ 9-11 Anh Rz 658; STAUDINGERSCHLOSSER, A G B G § 9 Rz 184;aMzu Recht PICKER N J W 1978,1417). Für§559hat die Frage jedoch keine Bedeutung, da § 559 S 3 zwingend ist und da eine formularmäßige Verpfändung unpfändbarer oder fremder Sachen schon stets an den §§ 1204 ff scheitert; zudem verstoßen solche Klauseln eindeutig gegen § 9 Abs 2 AGBG. Dasselbe gilt für die Verpflichtung zur Sicherungsübereignung unpfändbarer Sachen oder zur Stellung von Bürgen ( L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG § 9 Rz 66, 108).
71 VIII. Beweislast Die Beweislast für die Entstehung des Pfandrechts trifft den Vermieter. Folglich muß der Vermieter auch beweisen, daß die Sachen dem Mieter gehören (KG HRR 1935 Nr 1449). Die Aufstellung einer Vermutung, daß die eingebrachten Sachen als solche des Mieters gelten, ist bei den Beratungen des § 559 ausdrücklich abgelehnt worden (Prot II 205 f). Bestreitet jedoch der Mieter sein Eigentum an solchen Sachen, die er bisher ständig wie eigene benutzt hat, so muß er im einzelnen darlegen, aus welchen Gründen er gleichwohl kein Eigentum an diesen Sachen hat; ein unsubstantiiertes Bestreiten des Mieters genügt gerade hier nicht (MITTELSTEIN 545 f; SIBER 65; weitergehend R G Z 146, 334; KG GrundE 1935, 461 = HRR 1935 Nr 1449). Hingegen obliegt dem Mieter die Beweislast für die Unpfändbarkeit einzelner vom Vermieter aufgrund seines Pfandrechts in Anspruch genommener Sachen. 72 Auch die Vermutung des § 1006 kommt dem Vermieter nicht zugute, weil er nicht Besitzer ist (MITTELSTEIN 545 f ; KG HRR 1935 Nr 1449). Sobald aber der Vermieter die Sache aufgrund seines Sperrechts (§ 561) in Besitz genommen hat, ist es nunmehr Sache eines Dritten, der aufgrund seines angeblichen Eigentums Herausgabe der Sache vom Vermieter verlangt, sein Eigentum zu beweisen (KG OLGE 36, 60; MITTELSTEIN 5 4 6 F n 4 8 ; N I E N D O R F F 3 9 4 ) .
§560 Das Pfandrecht des Vermieters erlischt mit der Entfernung der Sachen von dem Grundstück, es sei denn, daß die Entfernung ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters erfolgt. Der Vermieter kann der Entfernung nicht widersprechen, wenn sie im regelmäßigen Betriebe des Geschäfts des Mieters oder den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entsprechend erfolgt oder wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen. E I § 5 2 1 ; II § 5 0 2 ; III § 553; Mot II 4 0 7 f; Prot II 2 0 7 f.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(478)
§560 3. Titel. Miete. Pacht
Schrifttum Siehe schon bei § 559, außerdem insbes BRONSCH, Das Vermieterpfandrecht am Kraftfahrzeug, ZMR 1970, 1; ders, Anm NJW 1968, 1936; FRANCKE, Zum Pfandrecht des Vermieters, Gruchot 51 (1907) 556; HOLZINGER, Muß sich der Vermieter, der einem Pfändungspfandgläubiger gegenüber sein Vorzugsrecht nach § 805 ZPO geltend macht, von diesem den Einwand gefallen lassen, er hätte sich an andere, einem Dritten nach § 930 zur Sicherung übereignete Sachen des Schuldners halten können, die sich zur Zeit der Pfändung noch in den Mieträumen befanden? BayZ 1929, 89; KLEINEIDAM, Eine Frage aus dem gesetzlichen Pfandrecht des Verpächters, DJZ 1965,1359; KIEFE, Finden die §§ 560, 561 BGB auch auf den Fall einer Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Pfändung für einen dritten Gläubiger Anwendung? DJZ 1903,175; KOHL, Zum Erlöschen des Vermieterpfandrechts an Kraftfahrzeugen, NJW 1971,1733; ders - ULLMANN, Anm ZMR 1971, 350; LIPPMANN, Das Pfandrecht des Vermieters gegenüber einer Zwangsvollstreckung in die Illaten des Mieters, SeuffBI 72 (1907) 761; METZGES, Das Vermieterpfandrecht gegenüber der Zwangsvollstreckung, Gruchot 49 (1905) 495; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 565 ff ; NIEDNER, Bedingte Eigentumsübertragung und Vermieterpfandrecht, DJZ 1907, 569; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10 Aufl 1914) 403 ff; NOACK, Schutz des Vermieterpfandrechts in der Zwangsvollstreckung, JurBüro 1975,1303; RAAPE, Resolutivbedingung und gesetzliches Pfandrecht, DJZ 1908, 133; REINICKE, Gesetzliche Pfandrechte und Hypotheken am Anwartschaftsrecht aus bedingter Übereignung (1941/1970); SCHOPP, Anm NJW 1971, 1141; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz V 13 (S 661); TRENCK-HINTERBERGER, Der Begriff der „Entfernung" iS des § 560 BGB, ZMR 1971,329; WEIMAR, Das Erlöschen des Vermieterpfandrechts bei genügender Sicherheit des Vermieters, ZMR 1972,4; ders, Erlischt das Vermieterpfandrecht bei vorübergehender Entfernung eingebrachter Kraftfahrzeuge? ZMR 1972, 295; WERNER, Das Erlöschen des Vermieterpfandrechts, JR 1972, 235.
Systematische Übersicht 2. Die Entfernung unter Widerspruch des Vermieters 16
. Vorbemerkung 1 I. Die verschiedenen Erlöschensgriinde 1. Die allgemeinen Erlöschensgriinde 2 2. Der Sonderfall des § 560 7 II. Die Entfernung der Sachen vom Grundstück 1. Allgemeines 8 2. Die Entfernung kraft Hoheitsrechts 11 III. Ausnahmen 14 1. Die Entfernung ohne Wissen des Vermieters 15
IV. Der Ausschluß des Widerspruchsrechts 1. Allgemeines 22 2. Die einzelnen Fälle 29 a) Entfernung im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters 29 b) Entfernung entsprechend den gewöhnlichen Lebensverhältnissen 31 c) Sicherung des Vermieters durch die zurückbleibenden Sachen 32 V. Beweislast 35
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 24 Annahmeverzug des Vermieters 25 Ausschluß des Widerspruchsrechts 22 ff - abweichende Vereinbarungen 24 - Annahmeverzug des Vermieters 25 - Entfernung durch den Gerichtsvollzieher 25 f - Entfernung durch den Konkursverwalter 27 - Entfernung entsprechend den gewöhnlichen Lebensverhältnissen 30 - Entfernung im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters 29 ff (479)
- Maßgebender Zeitpunkt 23 - Pfändung durch den Vermieter 28 - Sicherung durch zurückbleibende Sachen 32-34
-
Verweisungsrecht 3 2 - 3 4
- Verweisungsrecht Dritter 12, 33 f - Zweck 22 Beweislast 35 Entfernung der Sachen 7 ff - Adressat des Widerspruchs 17
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§560 1-3
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
- Ausschluß des Widerspruchsrechts 22 ff - Begriff der Entfernung 8 - Entfernung durch Gerichtsvollzieher 11, 25 f - Entfernung entsprechend den gewöhnlichen Lebensverhältnissen 31 - Entfernung im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters 29 ff - Entfernung ohne Wissen des Vermieters 15 f - Entfernung unter Widerspruch des Vermieters 16 f - Geschäftsfähigkeit des Vermieters 18 - Kraftfahrzeuge 10, 31 - Raummiete 9 f - vorübergehende Entfernung 10 - Widerspruch 16 a - Widerspruch durch Pfändung 20 Erlöschensgründe - Entfernung der Sachen 7 ff - lastenfreier Erwerb Dritter 5 - Tilgung der Vermieterforderung 3 - Vereinigung mit dem Eigentum 4
Gerichtsvollzieher 11, 25 ff gewöhnliche Lebensverhältnisse des Mieters 31 Klage auf vorzugsweise Befriedigung I I a , 33 f Kraftfahrzeuge 10, 31 Konkurs des Mieters 27 Pfändung durch Dritte 11 ff, 33 regelmäßiger Betrieb des Geschäfts des Mieters 29 f Sicherung des Vermieters durch zurückbleibende Sachen 3 2 - 3 4 Sperrecht des Vermieters 16 ff Tilgung der Vermieterforderung 3 Verwahrung der Sachen durch den Vermieter 6 Verweigerungseinrede 12 f Verweisungsrecht 3 2 - 3 4 Widerspruch 1 6 - 2 1
1 Vorbemerkung Im gemeinen Recht hatte die Entfernung der Mietersachen von dem vermieteten Grundstück grundsätzlich keinen Einfluß auf den Fortbestand des Vermieterpfandrechts. Hingegen war in den Partikularrechten diese Frage sehr unterschiedlich geregelt. Im Gebiet des preußischen A L R wurde idR darauf abgestellt, ob die Entfernung der Sachen heimlich oder gegen den Widerspruch des Vermieters erfolgt war (s im einzelnen Mot II 407 f). Das B G B ist auch hierin dem Vorbild des preußischen Rechts gefolgt; die 2. Kommission hat lediglich an die Stelle der heimlichen Entfernung diejenige ohne Wissen des Vermieters gesetzt (Prot II 207 f).
I. Die verschiedenen Erlöschensgründe 2 1. Die allgemeinen Erlöschensgründe a) Für das Vermieterpfandrecht als (besitzloses) gesetzliches Pfandrecht gelten nach § 1257 grundsätzlich dieselben Erlöschensgründe wie für das durch Rechtsgeschäft bestellte Faustpfandrecht. Hervorzuheben sind hier nur die Fälle des § 1242 Abs 2 S 1 sowie der §§ 1250 Abs 2, 1252, 1255 und 1256. 3 Der wichtigste Fall, in dem hiernach das Vermieterpfandrecht erlischt, ist der des § 1252: Mit Tilgung der gesicherten Forderung des Vermieters erlischt das Pfandrecht des Vermieters. Dafür genügt jedoch nicht die pünktliche Zahlung der jeweils fälligen Forderungen des Vermieters; vielmehr muß darüber hinaus feststehen, daß für den Vermieter aus dem Mietverhältnis überhaupt keine Forderungen mehr entstehen können, weil das Vermieterpfandrecht die gesamten auch zukünftigen Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis (in den Grenzen des § 559 S 2) s i c h e r t (ROQUETTE § 5 6 0 R z 3 ) .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(480)
3. Titel. Miete. Pacht
§560 4-9
Das Vermieterpfandrecht erlischt nach § 1256 wieterhin, sobald es mit dem 4 Eigentum an der Sache zusammentrifft. So zB, wenn der Mieter dem Vermieter die betreffenden Sachen zur Sicherheit übereignet oder wenn der Vermieter die gesicherten Forderungen an einen Sicherungsnehmer des Mieters abtritt (BGHZ 27, 227, 233; s oben § 559 Rz 31). Weitere Erlöschensgründe ergeben sich aus § 936. Jedoch ist ein gutgläubig 5 lastenfreier Erwerb von Sachen des Mieters, die mit dem Vermieterpfandrecht belastet sind, jedenfalls vor deren Entfernung von dem gemieteten Grundstück nur in Ausnahmefällen möglich (s § 559 Rz 32 f). b) Sobald das Vermieterpfandrecht erloschen ist, kann der Vermieter (selbstver- 6 ständlich) von dem Mieter nicht mehr Herausgabe der Sachen zum Zwecke deren Verwertung verlangen. Hat er vorher schon aufgrund seines Pfandrechts Sachen des Mieters in Besitz genommen (s § 561), so muß er sie jetzt dem Mieter zurückgeben (§ 985); außerdem muß er Schadensersatz wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache durch deren mangelhafte Verwahrung leisten (§ 1215; OLG Zweibrücken OLGE 5, 27, 28; s § 559 Rz 5 a). 2. Der Sonderfall des § 560 7 Einen weiteren, besonderen Erlöschensgrund für das Vermieterpfandrecht regelt § 560: Im Anschluß namentlich an das preußische Recht ist hier bestimmt, daß das Vermieterpfandrecht erlischt, sobald die dem Pfandrecht unterliegenden Sachen des Mieters von dem vermieteten Grundstück entfernt sind. Davon gibt es jedoch zwei Ausnahmen: Das Pfandrecht erlischt nicht, wenn die Entfernung ohne Wissen des Vermieters (nicht notwendig heimlich) erfolgt oder wenn der Vermieter der Entfernung widerspricht (sog Sperrecht des Vermieters). Zur Durchsetzung dieses Rechts räumt § 561 dem Vermieter außerdem ein Selbsthilferecht ein. Auf der anderen Seite hat das Gesetz jedoch auch, um eine übermäßige Beschränkung des Mieters zu verhindern, in Satz 2 des § 560 diesem Recht des Vermieters sehr enge Grenzen gesetzt (BGH LM Nr 2 zu § 560 BGB = NJW 1963, 147). n. Die Entfernung der Sachen vom Grundstück
8
Nach § 560 S 1 erlischt das Vermieterpfandrecht grundsätzlich mit der Entfernung der Sachen des Mieters von dem Grundstück. 1. Allgemeines Die Entfernung ist das Gegenstück zu der Einbringung der Sachen, durch die nach § 559 S 1 das Pfandrecht des Vermieters begründet wird. Wie diese bildet sie daher eine reine Tathandlung, bei der es allein auf den Erfolg, nicht hingegen auf den Willen und die Person der Beteiligten ankommt. Es genügt maW jede willentliche Wegschaffung der eingebrachten Sachen durch den Mieter oder einen Dritten (RGZ 71, 418, 419), selbst durch einen Dieb. Geschäftsfähigkeit des Mieters ist nicht erforderlich (s im einzelnen MITTELSTEIN 568 ff; NIENDORFF 403 ff). a) Bei der Raummiete ist umstr, ob schon eine Entfernung der Sachen aus den 9 gemieteten Räumen für das Erlöschen des Pfandrechtes genügt (ROQUETTE § 560 Rz 5 f) oder ob die Sachen darüber hinaus auch von dem ganzen Vermietergrundstück entfernt worden sein müssen (so die hM im Anschluß an die Prot II 207 f; zB RGSt 10, 321; R G SeuffA 73 [1918] Nr 157; B G B - R G R K - G E L H A A R § 560 Rz 2; vermittelnd MITTELSTEIN 567 f). (481)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§560 9 a-11a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
9a Aus § 580 folgt, daß bei der Raummiete die gemieteten Räume an die Stelle des Grundstücks in allen Vorschriften über die Grundstücksmiete treten, so daß auch in § 560 S 1 grundsätzlich schon die bloße Entfernung der Sachen aus den gemieteten Räumen das Erlöschen des Vermieterpfandrechts bewirkt. Den gemieteten Räumen müssen dabei jedoch die mitvermieteten Grundstücksteile wie Treppen, Flure und Zugänge gleichgestellt werden. 10 b) Schon aus praktischen Gründen kann hier nicht danach unterschieden werden, ob die Entfernung endgültig oder nur zu vorübergehenden Zwecken erfolg (anders die früher hM). Daher erlischt das Vermieterpfandrecht auch, wenn der Mieter zB sein Auto aus der gemieteten Garage herausfährt (vgl § 559 Rz 11); mit jeder Rückkehr in die Garage wird jedoch das Vermieterpfandrecht erneut begründet.* 11 2. Die Entfernung kraft Hoheitsrechts a) Auch eine Entfernung von Sachen des Mieters kraft Hoheitsrechts, insbes durch den Gerichtsvollzieher, ist eine Entfernung iS des § 560 S 1, so daß damit das Vermieterpfandrecht erlischt (sehr str). § 805 ZPO steht nicht entgegen, sondern bestätigt im Gegenteil dieses Ergebnis (s im einzelnen unten § 563 Rz 2 ff). Ohnehin könnte sich der Vermieter gegen eine Pfändung von Sachen des Mieters und deren Entfernung durch den Gerichtsvollzieher nicht mit der Erinnerung nach § 766 ZPO wehren, weil er keinen Besitz hat. Unerheblich ist auch, daß dem Vermieter hier durch das öffentliche Recht sein Widerspruchsrecht aufgrund des § 560 S 1 genommen ist. Das Gesetz hat mit Bedacht dem Vermieterpfandrecht zum Schutze des Mieters enge Grenzen gezogen. Das muß sich auch und gerade in den hier problematischen Fällen auswirken. Der Vermieter ist durch § 805 ZPO ausreichend geschützt.** IIa Bestreitet der Pfandgläubiger das Vorzugsrecht des Vermieters, so muß dieser gegen den widersprechenden Gläubiger Klage auf vorzugsweiser Befriedigung aus dem Erlös erheben (§ 805 Abs 1 HS 2 ZPO); einen anderen Weg zur Durchsetzung seines Rechts besitzt er nicht (grdleg R G Z 51, 186, 189). Deshalb darf der Gerichtsvollzieher, bei dem der Vermieter sein Recht angemeldet hat, nicht etwa mit Rücksicht auf das vorrangige Pfandrecht des Vermieters (entgegen § 803 Abs 2 S 2 ZPO) mehr Sachen pfänden und versteigern, als zur Befriedigung des ihn beauftragenden Gläubigers erforderlich ist; der Erlös gebührt dann freilich (im Rahmen des § 559 S 2) dem Vermieter (RGZ 51, 186, 189 f). Will der Vermieter die Verwertung selbst betreiben, so muß er sich einen Titel gegen den Schuldner beschaffen und anschließend eine Anschlußpfändung ausbringen (§ 826 ZPO). * OLG Karlsruhe NJW 1971, 624 f; LG Koblenz JW 1929, 959; BRONSCH ZMR 1970, 1 f; DERLEDER, in: A K § 5 6 0 R z 1; KOHL N J W 1 9 7 1 , 1 7 3 3 ; NOACK J u r B ü r o 1 9 7 5 , 1 3 0 5 , 1 3 0 6 ; TRENK-HINTERBERGER Z M R 1 9 7 1 , 3 2 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 0 A n m 2 ; ROQUETTE § 5 6 0 R z 14; MITTELSTEIN 5 6 8 f; a M zB ERMAN-SCHOPP § 5 6 0 R z 4 ; SCHOPP N J W 1 9 7 1 , 1 1 4 1 ; SOERGELMEZGER § 5 6 0 R z 1; WEIMAR Z M R 1972, 2 9 5 , 2 9 6 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 0 R z 7.
** KG OLGE 19, 2 f; 27, 175, 176; OLG Kiel OLGE 7, 463; LIPPMANN SeuffBl 72, 761; PALANDT-PUTZO § 5 6 0 A n m 2 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 0 R z 2; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 0 R z 4,
§ 563 Rz 1; ebenso im Ergebnis BGHZ 27,227,231; aM KG OLGE 11,311 f; OLG Celle OLGE 19, 3; OLG Naumburg JW 1930, 2998, 2999 Nr 31; OLG Breslau Recht 1906 Nr 922; OLG Nürnberg BayZ 1906, 230; OLG Dresden SeuffA 63 (1908) Nr 154; OLG Hamburg SeuffBl 75 ( 1 9 1 0 ) 6 5 4 , 6 5 5 ; KIEFE D J Z 1 9 0 3 , 1 7 5 ; METZGES G r u c h o t 49, 4 9 5 ; NOACK J u r B ü r o 1975, 1 3 0 5 , 1 3 0 7 ; HUGO EMMERICH, P f a n d r e c h t s k o n k u r r e n z e n 4 6 3 ; MITTELSTEIN 5 6 6 f, bes 5 9 9 f m N a c h w ;
SIBER, Pfandrecht des Vermieters (1900) 81; RGZ 71, 418, 419 wollte nur § 560 S 2, nicht aber § 560 S 1 hier anwenden.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(482)
3. Titel. Miete. Pacht
§560 11 b-15a
Die Drittwiderspruchsklage hat der Vermieter nur, wenn er im Besitz der Sachen ist IIb ( § 7 7 1 ZPO). Gegen eine Pfändung der Sachen durch andere Gläubiger (entgegen § 809 ZPO) kann er dann zudem (ausnahmsweise) auch mit der Erinnerung vorgehen (§ 766 ZPO). b) Das Verweisungsrecht des § 560 S 2 steht auch einem Pfändungsgläubiger 12 gegenüber der Klage des Vermieters aus § 805 ZPO zu (grdleg R G Z 71, 418, 419; s unten Rz 33). Das Recht entfällt jedoch, wenn auch der Vermieter die fraglichen Sachen gepfändet hatte, und zwar mit Vorrang vor dem widersprechenden, anderen Pfändungsgläubiger (KG OLGE 11, 310). Sehr schwierige Fragen ergeben sich hier, wenn von mehreren Gläubigern des Mieters verschiedene Mietersachen gepfändet werden und sich der Vermieter entscheiden muß, gegenüber welchem Gläubiger er seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung geltend machen soll (§ 805 ZPO). Der Prioritätsgrundsatz (§ 804 Abs 3 ZPO) wird hier dazu führen müssen, daß jener Pfändungsgläubiger die Verweisungseinrede des § 560 S 2 hat, der nachweisen kann, daß im Augenblick seiner Pfändung die verbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausgereicht haben (MITTELSTEIN 606; NIENDORFF 425; PALANDTPUTZO § 5 6 0 A n m 4 c ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 0 R z 7 ; o f f e n g e l a s s e n in B G H Z 2 7 , 2 2 7 ,
234 m Nachw). c) Der Vermieter kann dem Pfändungsgläubiger im Verfahren nach § 805 ZPO die 13 Verweisungseinrede des § 560 S 2 Fall 3 dadurch aus der Hand schlagen, daß er hinsichtlich der zurückgebliebenen Sachen auf sein Pfandrecht verzichtet (§ 1255 Abs 1; B G H Z 27,227,234 f; aM offenbar LG Dresden HRR 1939 Nr 1416). Gleich steht der Fall, daß der Vermieter inzwischen das Eigentum an den verbliebenen Sachen erworben hat (§ 1256 Abs 1; B G H Z 27, 227, 234 f; s oben § 559 Rz 31; zur vergleichbaren Rechtslage im Konkurs des Mieters s unten § 563 Rz 12 ff).
III. Ausnahmen
14
Die Entfernung bewirkt nach § 560 S 1 nicht generell das Erlöschen des Vermieterpfandrechts. Das Pfandrecht bleibt vielmehr bestehen, wenn die Entfernung entweder ohne Wissen des Vermieters oder unter dessen Widerspruch erfolgt.
1. Die Entfernung ohne Wissen des Vermieters
15
a) Wenn die Mietersachen unter den Augen des Vermieters aus den gemieteten Räumen oder von dem vermieteten Grundstück entfernt werden, ohne daß der Vermieter irgend etwas dagegen unternimmt, kann man davon ausgehen, daß er auf sein Pfandrecht verzichtet. Darauf beruht letztlich der Grundsatz des § 560 S 1, daß mit Entfernung der Sachen von dem Grundstück das Pfandrecht erlischt. Jedoch bleibt das Pfandrecht bestehen, wenn die Entfernung ohne Wissen des Vermieters oder seines Vertreters (§ 166 Abs 1) erfolgt (s Mot II 407 f). Heimlichkeit der Entfernung ist dafür nicht erforderlich (Prot II 207 f gegen E I § 521), sofern nur der Vermieter selbst von der Entfernung nichts erfährt (WERNER JR 1972, 235). Grobfahrlässige Unkenntnis steht hier der Kenntnis (dem Wissen) des Vermieters nicht gleich. Auch ein beschränkt geschäftsfähiger Vermieter kann diese Kenntnis erlangen, nicht jedoch ein geschäftsunfähiger Vermieter. b) Umstritten ist die Rechtslage, wenn die Entfernung zwar ohne Wissen des 15a Vermieters erfolgt (so daß das Pfandrecht an sich nach § 560 S 1 bestehen bleiben müßte), der Vermieter (im Falle der Kenntnis) der Entfernung aber auch nicht (483)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§ 560 16-22
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
widersprechen könnte (§ 560 S 2). Nach jetzt durchaus hM* erlischt auch dann das Pfandrecht. Bei Entfernung der Sachen ohne Wissen des Vermieters bleibt maW das Pfandrecht nur bestehen, wenn den Vermieter keine Duldungspflicht nach § 560 S 2 trifft. 16 2. Die Entfernung unter Widerspruch des Vermieters Erlangt der Vermieter von der Entfernung der Sachen des Mieters Kenntnis, so kann er sein Pfandrecht sich nur dadurch erhalten, daß er der Entfernung (sofort) widerspricht (sog Sperrecht). Zur Durchsetzung dieses Rechts hat ihm das Gesetz außerdem in § 561 ein besonderes Selbsthilferecht eingeräumt. 16a a) Für den Widerspruch ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Er kann sich also auch aus den Umständen ergeben, muß sich aber immer auf einen bestimmten Entfernungsfall beziehen und deshalb grundsätzlich unmittelbar vor oder während der Entfernung erklärt werden. Ein allgemein im voraus, zB im Mietvertrag erklärter Widerspruch ist wirkungslos. Ebenso ein Widerspruch nach Entfernung der Sachen vom Grundstück (s § 561; ROQUETTE § 560 Rz 11). 17 Nach hM braucht der Widerspruch nicht gegenüber dem Mieter zu erfolgen (NIENDORFF 404; ROQUETTE § 560 Rz 10). Dies ist jedoch mit dem rechtswahrenden Charakter des Widerspruchs gerade im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter unvereinbar. Lediglich wenn die Entfernung durch Dritte erfolgt, wird der Vermieter auch ihnen gegenüber widersprechen können. 18 Der Widerspruch ist keine Willenserklärung, wohl aber eine Rechtshandlung und setzt deshalb wenigstens beschränkte Geschäftsfähigkeit des Vermieters voraus (PALANDT-PUTZO § 5 6 0 A n m 3 b ) .
19 b) Der Vermieter hat das Widerspruchsrecht auch bei solchen Sachen, an denen dem Mieter lediglich ein Anwartschaftsrecht zusteht ( B G H Z 35, 85, 9 4 ; REINICKE 44).
20 In Ausnahmefällen kann auch in der vorherigen Pfändung der Sachen ein Widerspruch des Vermieters gegen deren nachfolgende Entfernung zu sehen sein (OLG H a m b u r g O L G E 22, 2 5 1 ; L G B e r l i n J W 1 9 2 8 , 7 6 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 0
Rz 3).
21 c) Macht der Vermieter von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch, so erlischt sein Pfandrecht endgültig durch die Entfernung der Sachen. Ebenso, wenn er zwar widersprochen hat, ihm aber tatsächlich nach § 560 S 2 kein Widerspruchsrecht zusteht (RGZ 74, 247, 248; 71, 418, 419). IV. Der Ausschluß des Widerspruchsrechts 22 1. Allgemeines Um den Mieter in seinen Lebens- und Geschäftsverhältnissen nicht übermäßig zu behindern, hat das Gesetz dem Sperrecht des Vermieters durch § 560 S 2 enge Grenzen gezogen (BGH LM Nr 2 zu § 560 BGB; MITTELSTEIN 571 ff; NIENDORFF 404 f). Der Vermieter darf deshalb der Entfernung in drei Fällen nicht widerspre-
* B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 0 R z 1 0 ; ESSER-WEYERS I I 1 § 2 0 I V 2 d ; LARENZ I I § 4 8 V ; KOHL N J W 1 9 7 1 , 1 7 3 3 , 1 7 3 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 0 A n m 3 a u n d 4 ; TRENK-HINTERBERGER J R 1 9 7 3 , 1 3 9 ; WEIMAR Z M R 1 9 7 2 , 4 ; a M WERNER J R 1 9 7 2 , 2 3 5 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(484)
3. Titel. Miete. Pacht
§560 23-28
chen, nämlich 1. wenn die Entfernung im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters erfolgt, 2. wenn sie den gewöhnlichen Lebensverhältnissen des Mieters entspricht sowie 3. wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen. In diesen Fällen ist ein gleichwohl erklärter Widerspruch unbeachtlich und hindert nicht das Erlöschen des Pfandrechts mit der Entfernung der Sachen von dem vermieteten Grundstück (oben Rz 21). Außerdem erlischt das Pfandrecht in diesen Fällen auch dann, wenn die Entfernung ohne Wissen des Vermieters erfolgt ist (oben Rz 15 b). b) Der maßgebende Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen 23 müssen, wenn dem Vermieter kein Widerspruchsrecht zustehen soll, ist der der Entfernung der Sachen. Sind jedoch Sachen des Mieters weggeschafft worden, ohne daß das Vermieterpfandrecht erloschen ist, so hat eine spätere Verminderung der Vermieterforderung nicht zur Folge, daß der Vermieter den jetzt zu seiner Deckung nicht mehr erforderlichen Teil der Mietersachen freigeben muß (KG OLGE 20,189, 190). Umgekehrt kann der Vermieter aber auch sein Widerspruchsrecht nicht damit begründen, daß er ein besonderes Interesse daran hat, gerade aus den weggeschafften Sachen befriedigt zu werden, sofern zB die verbliebenen Sachen zu seiner Sicherung vollauf ausreichen (KG OLGE 27, 175, 176). c) Der Satz 2 des § 560 ist eine im öffentlichen Interesse erlassene Schutzvorschrift 24 zugunsten des Mieters; er kann deshalb nicht durch Vereinbarung der Mietvertragsparteien im voraus abbedungen werden. Hingegen hindert den Mieter nichts, nachträglich den Widerspruch des Vermieters dadurch als berechtigt anzuerkennen, daß er die Sachen auf das vermietete Grundstück zurückbringt. d) Der Vermieter hat außerdem kein Recht zum Widerspruch, wenn er sich in 25 Annahmeverzug befindet (MITTELSTEIN 571) oder wenn die Entfernung aufgrund hoheitlicher Anordnung, insbes durch den Gerichtsvollzieher, erfolgt (s oben Rz 11).
Aus praktischen Gründen ist hier jedoch eine Ausnahme für den Fall des § 883 ZPO 26 anzuerkennen. Das ergibt sich aus folgender Überlegung: Hat der Mieter eine dem Vermieterpfandrecht unterliegende Sache veräußert, so kann der Vermieter der freiwilligen Herausgabe der Sache durch den Mieter an den Erwerber nach § 560 S 1 widersprechen und dadurch den Untergang seines Pfandrechtes verhindern, sofern nicht der Erwerber ausnahmsweise nach § 936 gutgläubig lastenfreies Eigentum erworben haben sollte. Diese günstige Rechtsposition des Vermieters kann nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß sich der Mieter zur Herausgabe an den dritten Erwerber verurteilen läßt und der Erwerber sodann das Urteil nach § 883 ZPO vollstreckt (KIEFE DJZ 1903, 175; s eingehend NOACK JurBüro 1975, 1305 ff; PALANDT-PUTZO § 5 6 0 A n m 4 c; str).
e) Auch die vom Konkursverwalter des Mieters verfügte Entfernung von Sachen des 27 Mieters fällt nicht unter die §§ 560 und 561, so daß der Vermieter hier nicht widersprechen kann (OLG Hamm OLGE 17,3,4; OLG Hamburg OLGE 21, 203 f ; FRANCHE Gruchot 51, 5 5 6 , 5 6 3 ; MITTELSTEIN 5 6 9 ) . Der Vermieter ist hier auf die abgesonderte Befriedigung im Konkurs des Mieters beschränkt (§ 127 KO; BGB-RGRK-GELHAAR § 560 R z 4).
f) Schließlich sind die §§ 560 und 561 auch nicht anwendbar, wenn der Vermieter die 28 Sachen des Mieters pfänden läßt; vielmehr bestehen dann Vermieterpfandrecht und Pfändungspfandrecht selbständig nebeneinander (s § 559 Rz 63).
(485)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§560 29-32
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
29 2. Die einzelnen Fälle a) Entfernung im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters Der Vermieter darf nicht der Entfernung widersprechen, wenn sie im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters erfolgt. Der Gesetzgeber ist hier davon ausgegangen, daß solche Sachen in aller Regel alsbald vom Mieter wieder ersetzt werden (BGH LM Nr 2 zu § 560 BGB). 30 Auszugehen ist hier von dem konkreten Geschäftsbetrieb des Mieters. Alle Vorgänge, die normalerweise zu diesem Geschäftsbetrieb gehören, führen zum Erlöschen des Vermieterpfandrechts, wenn sie mit einer Entfernung der Sachen des Mieters von dem vermieteten Grundstück verbunden sind. Dazu gehören insbes die Veräußerung von Waren, die Ablieferung auf dem Grundstück hergestellter Produkte, die tägliche Entfernung der Tageskasse (OLG Braunschweig OLGZ 1980, 239 f = MDR 1980, 403 f Nr 70) sowie die Ausfahrt mit Geschäftsfahrzeugen. Auch ein üblicher Saisonausverkauf fällt unter die Ausnahme, nicht jedoch ein Totalausverkauf. Ebensowenig eine Entfernung aller verwertbaren Sachen durch die Gläubiger des Mieters mit der Folge, daß das Geschäft des Mieters zum Erliegen kommt (BGH LM Nr 2 zu § 560 BGB), oder ein Umzug des Mieters. Eine Entfernung im regelmäßigen Geschäftsbetrieb des Mieters liegt schließlich auch nicht vor, wenn eingebrachte Sachen des Mieters gepfändet worden sind und im Anschluß hieran dem Mieter lediglich aufgrund eines Vergleiches gestattet wird, die Sache unter Aufrechterhaltung der Pfändung mitzunehmen (OLG Köln JW 1932,126; LG Frankfurt GrundE 1935, 1009). 31 b) Entfernung entsprechend den gewöhnlichen Lebensverhältnissen Auch wenn die Entfernung den gewöhnlichen Lebensverhältnissen des Mieters entspricht, darf der Vermieter nicht widersprechen. Beispiele für eine solche Entfernung sind die Mitnahme von Reiseutensilien bei Antritt einer Reise oder die Verbringung reparaturbedürftiger Sachen in eine Werkstätte (Mot II 408). Weiter gehören hierher insbes die Benutzung von Fahrzeugen (LG Koblenz JW 1929, 959; OLG Karlsruhe NJW 1971, 624 = ZMR 1971, 349; str, vgl oben Rz 10 m Nachw), die Gefälligkeitsleihe ( P A L A N D T - P U T Z O § 560 Anm 4 b) sowie die Veräußerung entbehrlich gewordener Sachen, nicht jedoch die Versteigerung des gesamten Hausrates oder das Fortschaffen der wertvollsten Möbel durch den Mieter morgens um fünf Uhr ( R G Recht 1909 Nr 1672; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 560 Rz 7). 32 c) Sicherung des Vermieters durch die zurückbleibenden Sachen Der Vermieter kann schließlich dann nicht widersprechen, wenn die zurückbleibenden Sachen zu seiner Sicherung offenbar ausreichen (s dazu insbes Prot II 207 f; W E I M A R ZMR 1972, 4). Dieser Fall ist nur gegeben, wenn die verbleibenden Sachen einen solchen Wert besitzen, daß auch ohne genauere Prüfung oder Schätzung klar ist, daß der Vermieter durch sie noch ausreichend gesichert ist.* Hieran fehlt es schon, wenn auch nur das Eigentum des Mieters an den zurückgebliebenen Sachen zweifelhaft ist (RG HRR 1928 Nr 827; OLG Breslau JW 1930, 3244 = HRR 1930 Nr 284; H O L Z I N G E R BayZ 1929, 89; P A L A N D T - P U T Z O § 560 Anm 4 c).
* RGZ 71, 418, 420; RG JW 1909, 657; RG WarnR 1913 Nr 359; RG HRR 1928 Nr 827; RG S e u f f A 6 9 ( 1 9 1 4 ) N r 5 ; K G O L G E 1 6 , 4 3 1 , 4 3 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 0 R z 8 ; DERLEDER, in: A K § 5 6 0 R z 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 0 A n m 4 c.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(486)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 560, 561 33-35
Dieses sog. Verweisungsrecht auf die zurückgebliebenen Sachen steht (entgegen der 33 früher hM) nicht nur dem Mieter persönlich, sondern auch dessen Gläubigern und sonstigen dritten Personen zu. Ein Dritter, der ihm vom Mieter übereignete Sachen entfernen will, kann daher den Vermieter ebenso auf die zurückgebliebenen Sachen verweisen wie ein Gläubiger des Mieters, der dessen Sachen gepfändet hat, so daß der Vermieter dann auch kein Recht auf vorzugsweise Befriedigung nach § 805 ZPO hat.* Pfänden mehrere Gläubiger, so steht (analog § 804 Abs 3 ZPO) das Verweisungs- 34 recht demjenigen Gläubiger zu, bei dessen Pfändung die Voraussetzungen des § 560 S 3 (noch) vorlagen (oben Rz 12). Einen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös hat der Vermieter dann folglich gern § 805 ZPO nur gegen die anderen, ,.nachrangigen" Pfändungsgläubiger. V. Beweislast
35
Das Erlöschen des Vermieterpfandrechts durch die Entfernung der Sachen ist der Regeltatbestand, von dem das Gesetz ausgeht. Deshalb trifft den Mieter die Beweislast für die Entfernung der Sachen, den Vermieter hingegen für das Vorliegen eines der Ausnahmetatbestände des § 560 S 1 (Entfernung ohne sein Wissen oder unter seinem Widerspruch; so schon ausdrücklich Mot II 407 f). Gelingt dem Vermieter dieser Beweis, so ist es wiederum Sache des Mieters oder eines Dritten, darzulegen und ggf zu beweisen, daß einer der Fälle des § 560 S 2 vorliegt ( M I T T E L S T E I N 573). Beruft sich ein Pfändungsgläubiger darauf, daß der Mieter nicht Eigentümer der gepfändeten Sachen sei, so daß auch dem Vermieter kein Pfandrecht an diesen zustehe, so obliegt nach hM die Beweislast für das fehlende Eigentum des Mieters dem Pfändungsgläubiger, nicht dem Vermieter (str). §561 Der Vermieter darf die Entfernung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen, soweit er ihr zu widersprechen berechtigt ist, auch ohne Anrufen des Gerichts verhindern und, wenn der Mieter auszieht, die Sachen in seinen Besitz nehmen. Sind die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters entfernt worden, so kann er die Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück und, wenn der Mieter ausgezogen ist, die Überlassung des Besitzes verlangen. Das Pfandrecht erlischt mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Vermieter von der Entfernung der Sachen Kenntnis erlangt hat, wenn nicht der Vermieter diesen Anspruch vorher gerichtlich geltend gemacht hat. E I § 521; II § 503; III § 554; Mot II 409 f; Prot II 208 f.
Schrifttum BRANDIS, Das Pfandrecht des Vermieters bei Zwangsvollstreckung in die Illaten, DJZ 1906, 858; BRÜCKNER, Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters im Streit mit den nachstehenden Ansprüchen eines Pfändungsgläubigers, Recht 1905, 180; HELLWIG, Zurückbehaltungsrecht an unpfändbaren Sachen, Recht 1903,169; KARSTEN, Anwendungsgebiet des § 561 Abs 2 S 2 BGB, Recht 1904,440;
* S oben Rz 12, sowie R G Z 71, 418, 419; B G H Z 27, 227, 230 f; KG O L G E 19, 2 f; O L G B r a u n s c h w e i g O L G E 20, l l l f ; B G B - R G R K - G E L H A A R NIENDORFF 4 2 4 f ; PALANDT-PUTZO § 5 6 0 A n m 4 c. (487)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§ 5 6 0 R z 8 ; MITTELSTEIN 6 0 5 f;
§561
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse KIEFE, Finden die §§ 560,561 BGB auch auf den Fall einer Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Pfändung für einen dritten Gläubiger Anwendung? DJZ 1903,175; KRAUS, Verhältnis des gesetzlichen Pfandrechts des Vermieters zu dem Pfändungspfandrecht eines dritten Gläubigers, BayZ 1905, 172; ders, Verwirklichung des Vermieterpfandrechts während der Dauer des Mietverhältnisses, BayZ 1905, 489; LASSEN, Rechtliche Natur und Inhalt des im § 561 Abs 2 BGB dem Vermieter gegebenen Anspruches auf Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung, ArchBürgR 30 (1907) 263; LIEPMANN, Gilt die Frist des § 561 BGB für die Widerspruchsklage des Vermieters aus § 805 ZPO? DJZ 1905, 299; LIPPMANN, Das Pfandrecht des Vermieters gegenüber einer Zwangsvollstreckung in die Illaten des Mieters, SeuffBl 72 (1907) 761; METZGES, Das Vennieterpfandrecht gegenüber der Zwangsvollstreckung, Gruchot 49 (1905) 495; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 573 ff; ders, Streitfragen aus dem Mietrecht, Recht 1910, 266; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 408 ff; PIGNOL, Zum Pfandrechte des Vermieters, DJZ 1901,504; REINHARD, Vermieterpfandrecht und Zwangsvollstrekkung, JW 1906,74; REINICKE, Gesetzliche Pfandrechte und Hypotheken am Anwartschaftsrecht aus bedingter Übereignung (1941/1970); SCHULZE, Die gerichtliche Geltendmachung des Rückschaffungsanspruchs des Vermieters, Recht 1911, 765; WEIMAR, Wann kann den Vermieter bei Geltendmachung des Vermieterpfandrechts eine Schadensersatzpflicht treffen? ZMR 1960, 259; ders, Das Vermieterpfandrecht in Konkurrenz mit anderen Pfandrechten, ZMR 1962, 65; ders, Der Übergang des gesetzlichen Vermieterpfandrechts auf Dritte, ZMR 1964, 228.
Systematische Übersicht I. Allgemeines 1. Die Rechtsbehelfe des Vermieters zum Schutze seines Pfandrechts 1 2. Die Grenzen des Selbsthilferechts des Vermieters aus § 561 5 3. Kein Widerstandsrecht des Mieters 7 4. Abweichende Vereinbarungen 8 n . Die Befugnisse des Vermieters aufgrund des § 561 Abs 1 9 1. Bei Entfernung einzelner Sachen 10 2. Bei Auszug des Mieters 18
III. Die Ansprüche des Vermieters nach Entfernung der Sachen 23 1. Rechtsnatur des Herausgabeanspruchs 24 2. Voraussetzungen des Anspruchs 26 3. Inhalt 31 4. Klagefrist 38 5. Befriedigung des Vermieters 46 6. Ausnahmen 47 IV. Beweislast 50
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 8 Auskunftsanspruch des Vermieters 28 Auszug des Mieters 18 ff, 35 ff Besitzrecht des Vermieters 11, 18 ff, 24, 34 Beweislast 50 f Entfernung einzelner Sachen 10 ff Gewaltanwendung 16 Herausgabeanspruch des Vermieters 1, 23 ff - Anspruchsgegner 28 f - Ausnahmen 47 ff - Auszug des Mieters 35 ff - Beweislast 51 - Einwendungen des Besitzers 37 - Gegenstand 26 - Grundlage 1, 24 f - Herausgabe 35 ff
Inhalt des Anspruchs 24, 31 ff, 35 ff Klagefrist 38 ff Rechtsnatur des Anspruchs 25, 28 Pfändung der Sachen 44, 47 Veräußerung des Grundstücks 27 Voraussetzungen 26 ff Zurückschaffung der Sachen 32 f Zuständigkeit 30 Klagefrist 38 ff - Ausschlußfrist 39 - Beginn 40 f - Geltendmachung 42 ff - Klage auf vorzugsweise Befriedigung 48 - Pfändung 44, 47 - Rechtsfolgen der Fristversäumung 45 - Wegnahme durch den Konkursverwalter 49 - Zweck 38 Konkursverwalter 49
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(488)
3. Titel. Miete. Pacht
Schadensersatzanspruch des Vermieters 45 Schadensersatzpflicht des Vermieters 17 Sperrecht 5
Mittel des Vermieters 14 ff Nacheile 13 Pfändung der Sache 44, 47 Selbsthilferecht des Vermieters 3 ff -
§561 1-3
Auszug des Mieters 18 ff Besitzrecht des Vermieters 11, 18 ff, 24, 34 Beweislast 50 Dauer des Rechts 12, 23 Erweiterung durch Vertrag 8 Entfernung einzelner Sachen 10 ff Gegenstand 6 Gewaltanwendung 16 Grenzen 5 Grundlage 3 f Mittel des Vermieters 14 ff Nacheile 13 Widerstand des Mieters 7, 16
Vermieterrechte 1 ff - allgemeine Vermieterrechte 1 ff - einstweilige Verfügung 2 - Grenzen 5, 47 ff - Herausgabeanspruch 1, 23 ff - Klage 2, 38 ff - Schadensersatzansprüche 1, 45 - Selbsthilferecht 3 ff - Unterlassungsanspruch 1 Versäumung der Klagefrist 45 Verwahrungspflicht des Vermieters 21 f, 35 Verwertung der Sachen 4 6 Widerstandsrecht des Mieters 7, 16 Zurückschaffung der Sachen 32 f
I. Allgemeines 1. Die Rechtsbehelfe des Vermieters zum Schutze seines Pfandrechts
1
Der Vermieter ist als Pfandgläubiger schon durch die jedem dinglich Berechtigten zustehenden Rechtsbehelfe umfassend gegen jede Beeinträchtigung seines Pfandrechts geschützt (s MITTELSTEIN 590 f; ROQUETTE § 561 Rz 39 f). Nach § 1227stehen ihm zunächst die Ansprüche aus den §§ 985 und 1004 zu; er kann also zB von Dritten, die seinem Pfandrecht unterliegende Sachen in Besitz haben, deren Herausgabe an den Mieter und nach Auszug des Mieters auch an sich selbst verlangen (u Rz 24). Außerdem wird er durch § 823 geschützt, weil sein Pfandrecht ein sonstiges Recht iS des § 823 Abs 1 ist und weil überdies § 289 StGB, der die sog Pfandkehr verbietet, ein Schutzgesetz iS des § 823 Abs 2 darstellt (s § 559 Rz 22). Folglich kann der Vermieter von dem Mieter und von jedem sonstigen Dritten, die rechtswidrig in sein Pfandrecht, insbes durch die Entfernung der Sachen, eingegriffen haben, Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Zurückschaffung der Sachen verlangen. Entgegen der allgemeinen Meinung setzt dieser Anspruch auch kein Verschulden des Täters voraus, weil es sich bei ihm um den allgemeinen Beseitigungsanspruch handelt. Im Falle einer Veräußerung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen stehen dem Vermieter weiterhin Ansprüche auf den Erlös aus § 816 Abs 1 zu. Schließlich begeht der Mieter auch noch eine Vertragsverletzung, wenn er unberechtigt dem Vermieterpfandrecht unterliegende Sachen entfernt, so daß der Vermieter auch aus diesem Grund dann von dem Mieter Unterlassung (§ 550) und darüber hinaus ggf Schadensersatz durch Zurückschaffung der Sachen fordern kann (§ 249 S 1). Alle genannten Ansprüche können im Klagewege durchgesetzt und, was hier 2 besonders wichtig ist, auch durch einstweilige Verfügung gesichert werden (LG Berlin GrundE 1934,295; LG Bonn ZMR 1959, 263). Besteht trotzdem ausnahmsweise die Gefahr, daß der gerichtliche Rechtsschutz zu spät käme, so hat der Vermieter obendrein noch die Befugnis zur Selbsthilfe aufgrund der §§ 229-231. Trotz dieses umfassenden Schutzes des Vermieters hat der Gesetzgeber gemeint, im 3 Anschluß an das Gemeine und das Preußische Recht dem Vermieter noch ein besonderes, von den engen Voraussetzungen des allgemeinen Selbsthilferechts unabhängiges Selbsthilferecht gewähren zu müssen, um der Gefahr des sog „Rük(489)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§561 4-8
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
kens" des Mieters begegnen zu können (Mot II 409 f und Prot II 208 f). Deshalb wurden dem Vermieter die besonderen und nahezu einmaligen Befugnisse des § 561 gegenüber dem Mieter eingeräumt. 4 In der heutigen Praxis spielt die Vorschrift offenkundig keine Rolle mehr. Überhaupt ist zweifelhaft, ob für ein derartiges besonderes Selbsthilferecht des Vermieters heutzutage noch irgendein Bedürfnis besteht. Die Vorschrift sollte vielmehr ersatzlos gestrichen werden. Zum Schutze des Vermieterpfandrechts reichen die erwähnten, allgemeinen Rechtsbehelfe vollauf aus. 5 2. Die Grenzen des Selbsthilferechts des Vermieters aus § 561 a) Das dem Vermieter durch § 561 verliehene, besondere Selbsthilferecht ist ein Ausfluß seiner dinglichen Berechtigung, dh seines Pfandrechts, und deshalb grundsätzlich unabhängig von den allgemeinen Voraussetzungen des Selbsthilferechts aufgrund der §§ 229 und 230 ( P A L A N D T - P U T Z O § 561 Anm 1). Aber auch hier gilt, daß die Selbsthilfe niemals weitergehen darf, als zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (§ 230 Abs 1), so daß der Vermieter namentlich nicht mehr Sachen des Mieters in Anspruch nehmen darf, als zu seiner Sicherung erforderlich sind (vgl § 560 S 2). Auch muß der Vermieter stets das schonendste Mittel anwenden. Die Anwendung von Gewalt gegen Personen wird ihm deshalb grundsätzlich verboten sein (str; wegen der Ausnahmen s unten Rz 16). 6 b) Das Selbsthilferecht des Vermieters besteht nur hinsichtlich solcher Sachen, die seinem Pfandrecht unterliegen und deren Entfernung er widersprechen darf ( § 5 6 1 Abs 1). Das Gesetz verweist damit im einzelnen auf die §§ 559 und 560 S 2. Folglich hat der Vermieter kein Selbsthilferecht bei der Entfernung von Sachen Dritter, bei der Entfernung unpfändbarer Sachen sowie bei einer Entfernung von Mietersachen im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters oder entsprechend den gewöhnlichen Lebensverhältnissen. Auch darf das Selbsthilferecht nicht ausgeübt werden für zukünftige Entschädigungsforderungen, für Mietzinsforderungen für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr, sowie wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen. Die Darlegung und der Beweis dieser Ausnahmen ist aber Sache des Mieters (s im einzelnen unten Rz 50 f), so daß der Vermieter grundsätzlich zunächst davon ausgehen darf, daß die entfernten Sachen seinem Pfandrecht unterliegen, solange nicht das Gegenteil offenkundig ist (MITTELSTEIN 5 7 5 f ) .
7 3. Kein Widerstandsrecht des Mieters Soweit sich der Vermieter mit seinen Maßnahmen gegen den Mieter oder gegen Dritte im Rahmen des § 561 Abs 1 hält, handelt er rechtmäßig, so daß die Betroffenen keinen Widerstand dagegen leisten dürfen. Ein gleichwohl von ihnen geleisteter Widerstand ist verbotene Eigenmacht und kann strafbar sein (zB als Nötigung, Erpressung oder Körperverletzung); daneben bleibt stets § 289 StGB zu beachten (MITTELSTEIN 5 7 7 ) .
8 4. Abweichende Vereinbarungen § 561 ist zwingend; eine vertragliche Erweiterung des Selbsthilferechts des Vermieters ist nicht möglich ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 561 Rz 1 m Nachw). Eine Abrede, durch die der Mieter dem Vermieter ein weitergehendes Selbsthilferecht, zB auch hinsichtlich unpfändbarer Sachen, einräumte, hätte, sofern man sie überhaupt Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(490)
§561 3. Titel. Miete. Pacht
9-16
zulassen will, ohnehin nur obligatorische Bedeutung, so daß bei ihrer Verletzung der Vermieter nur Erfüllung verlangen könnte, niemals aber zur Selbsthilfe berechtigt wäre ( M I T T E L S T E I N 5 8 0 f).
II. Die Befugnisse des Vermieters aufgrund des § 561 Abs 1
9
Der Umfang des Selbsthilferechts des Vermieters ist unterschiedlich, je nachdem ob sich der Mieter darauf beschränkt, nur einzelne dem Pfandrecht unterliegende Sachen zu entfernen, oder ob er ganz auszieht. Im ersteren Fall darf der Vermieter nur die Entfernung verhindern, während er im zweiten Fall darüber hinaus berechtigt ist, die Sachen des Mieters in Besitz zu nehmen.
1. Bei Entfernung einzelner Sachen
10
Wenn der Mieter, ohne insgesamt auszuziehen, einzelne dem Pfandrecht unterliegende Sachen entfernt, indem er sie willentlich aus dem gemieteten Grundstück oder den gemieteten Räumen hinausschafft, darf der Vermieter dies auch ohne Anrufung des Gerichts verhindern (§ 561 Abs 1 Fall 1). a) Ziel der Maßnahmen des Vermieters darf nur sein, daß die betreffenden Sachen 11 auf dem vermieteten Grundstück oder in den vermieteten Räumen verbleiben. Ein Recht, die Sachen selbst in Besitz zu nehmen, hat der Vermieter hier nicht. b) Das Selbsthilferecht besteht auch nur solange, wie die Entfernung andauert. Es 12 kann also nur ausgeübt werden, solange sich die Sachen noch im Machtbereich des Vermieters, dh auf dem vermieteten Grundstück befinden. Sobald aber die Sachen die Grundstücksgrenzen überschritten haben, erlischt das Selbsthilferecht aus § 561 Abs 1 (unten Rz 23 ff). Ein Recht zur Nacheile kann sich deshalb für den Vermieter nur unter ganz engen 13 Voraussetzungen aus dem allgemeinen § 229 ergeben. Davon abgesehen hat der Vermieter jetzt nur noch die Befugnisse des § 5 6 1 Abs 2 ( M I T T E L S T E I N 5 7 7 ; ROQUETTE § 5 6 1 R z 1 5 ff; WEIMAR Z M R
1960, 259,
260).
c) Welche Mittel der Vermieter zur Verhinderung der Entfernung im einzelnen 14 anwenden darf, sagt das Gesetz nicht. Auszugehen ist von dem Grundsatz des § 230 Abs 1, wonach das Selbsthilferecht nicht weitergehen darf, als zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (s oben Rz 5). Der Vermieter muß also grundsätzlich das schonendste Mittel wählen, um den Mieter an der Entfernung zu hindern. Der Vermieter wird sich deshalb zunächst darauf beschränken müssen, der Entfer- 15 nung zu widersprechen. Bestreitet dann der Mieter das Pfandrecht des Vermieters, so wird der Vermieter außerdem dem Bestreiten nachzugehen haben. Bestehen danach keine begründeten Zweifel an dem Pfandrecht, so darf der Vermieter, wenn der Mieter oder ein Dritter gleichwohl mit der Entfernung fortfahren, diese Personen an der Entfernung zB durch das Verschließen von Türen oder durch ähnliche Maßnahmen hindern (zust P A L A N D T - P U T Z O § 561 Anm 2). Hilft auch dies nichts, so darf er den Betroffenen die Sachen auch abnehmen, wogegen 16 diese sich nicht wehren dürfen (s oben Rz 7). Wehren sie sich aber trotzdem, so ist der Vermieter nunmehr, freilich nur in engsten Grenzen, auch seinerseits zur Gewaltanwendung befugt (vgl RG DJZ 1905, 555; JW 1908, 581 Nr 48; M I T T E L S T E I N 576 f; NIENDORFF 4 1 0 ;
ROQUETTE
§ 561
Rz
9; B G B - R G R K - G E L H A A R
§
561
Rz
1;
in: AK § 561 Anm 1). Selbstverständlich ist, daß der Vermieter gegen unbeteiligte Dritte niemals Gewalt anwenden darf (RG Recht 1915 Nr 1534). DERLEDER,
(491)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§561 17-24
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
17 d) Handelt der Vermieter hiernach rechtswidrig, so ist er nur bei Verschulden aus Vertrag und Delikt ersatzpflichtig. § 231 ist hier nicht anwendbar (PALANDT-PUTZO § 561 Anm 1). 18 2. Bei Auszug des Mieters Beschränkt sich der Mieter nicht darauf, nur einzelne Sachen von dem Grundstück oder aus den Räumen zu entfernen, sondern zieht er insgesamt aus, so hat eine bloße Verhinderung der Entfernung der Sachen keinen Sinn mehr. Deshalb gibt das Gesetz dem Vermieter für diesen Fall weitergehend die Befugnis, die Sachen in seinen Besitz zu nehmen (§561 Abs 1 Fall 2). 19 a) Unter Auszug des Mieters ist die endgültige Aufgabe des Besitzes an dem gemieteten Grundstück oder den gemieteten Räumen durch den Mieter zu verstehen. Der Mieter muß, damit das Selbsthilferecht des Vermieters eingreifen kann, mit dieser Besitzaufgabe tatsächlich begonnen haben (LG Hamburg MDR 1977, 933 Nr 46 = WuM 1977,256 f = ZMR 1978, 20, 21; PALANDT-PUTZO § 561 Anm 2). Gibt der Mieter wegen des Widerstandes des Vermieters jedoch seinen Plan wieder auf, so erlischt das Selbsthilferecht des Vermieters. 20 b) Nimmt der Vermieter die Sachen des Mieters in Besitz, so erlangt er dieselbe Rechtsstellung wie der Inhaber eines rechtsgeschäftlich bestellten Faustpfandrechts (PALANDT-PUTZO § 561 Anm 2). Er ist also zur Verwahrung der Sachen verpflichtet (§ 1215; RG JW 1932, 42) und kann nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag Verwendungsersatz verlangen (§ 1216). Jedoch kann er, wenn er die Sachen in seinen Räumen verwahrt, grundsätzlich kein Lagergeld fordern (s oben § 559 Rz 5 a). 21 Sobald ihn der Mieter befriedigt hat, muß er ihm die Sachen zurückgeben (§ 1223 Abs 2). Rechtsschutz gegen Dritte genießt der Vermieter jetzt aufgrund der §§ 985 und 1 0 0 4 (§ 1 2 2 7 ) . Für die Befriedigung aus dem Pfandrecht gelten die §§ 1 2 2 8 ff (MITTELSTEIN 5 7 9 f; NIENDORFF 4 1 2 f).
22 c) Verwahrt der Vermieter die Sachen des Mieters in den Mieträumen, so kann er sich nicht darauf berufen, daß der Mieter ihm die Räume vorenthalte, so daß ihm auch kein Entschädigungsanspruch aus § 557 zusteht (SOERGEL-KUMMER § 561 Rz 2; LG Mannheim WuM 1978, 141, 142; s oben § 559 Rz 5 a). 23 III. Die Ansprüche des Vermieters nach Entfernung der Sachen Das Selbsthilferecht des Vermieters endet, sobald die Sachen die Grenzen seines Grundstücks überschritten haben (s oben Rz 12). Von diesem Zeitpunkt ab kann er gemäß § 561 Abs 2 nur noch während eines Zeitraumes von einem Monat nach Erlangung der Kenntnis von der Entfernung Herausgabe der Sachen verlangen. 24 1. Rechtsnatur des Herausgabeanspruchs Auch das Vermieterpfandrecht genießt den Schutz der §§ 1227, 985 und 1004 (§ 1257). § 561 Abs 2 modifiziert den hiernach dem Vermieter bei einer Entfernung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen zustehenden Herausgabeanspruch in bestimmten Richtungen: Der Vermieter kann zwar Herausgabe der Sachen verlangen (vgl § 985), solange der Mieter nicht ausgezogen ist, indessen nur zu dem Zweck, die Sachen auf das vermietete Grundstück oder in die vermieteten Räume zurückzuschaffen, damit der frühere Zustand wiederhergestellt wird. Denn solange Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(492)
3. Titel. Miete. Pacht
§561 25-32
der Mieter nicht ausgezogen ist, hat der Vermieter kein Besitzrecht. Ein solches erlangt er erst nach Auszug des Mieters. Von diesem Augenblick an gewährt ihm deshalb § 561 Abs 2 S 2 auch einen Anspruch auf endgültige Herausgabe der Sachen an ihn selbst. Der Herausgabeanspruch des Vermieters aus § 561 Abs 2 beruht also auf dem 25 Pfandrecht. Er bildet daher einen dinglichen Anspruch zum Schutze des Pfandrechts entsprechend den §§ 1227 und 985.* 2. Voraussetzungen des Anspruchs
26
a) Der Herausgabeanspruch des Vermieters setzt voraus, daß die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters entfernt worden sind. Gemeint sind damit Sachen iS des § 561 Abs 1, also nur die dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen des Mieters, deren Entfernung der Vermieter widersprechen durfte. Die Entfernung muß außerdem ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters erfolgt sein, weil andernfalls das Pfandrecht mit der Entfernung erloschen ist (§ 560 S 1). b) Anspruchs berechtigt ist der Vermieter. Bei einer Veräußerung des Grundstücks 27 ist das nach § 571 der Erwerber, auf den der schon für den Veräußerer entstandene Herausgabeanspruch übergeht (NIENDORFF 414). Anspruchsgegner ist, da es sich um einen dinglichen Herausgabeanspruch handelt, 28 jeder unmittelbare oder mittelbare Besitzer der Sache, dh nicht nur der Mieter, sondern auch jeder sonstige Dritte (KG OLGE 27,156,157; BGB-RGRK-GELHAAR § 561 Rz 2; PALANDT-PUTZO § 561 Anm 3 a), immer vorausgesetzt, daß sie (bei Klageerhebung) Besitzer der Sachen sind (OLG Hamburg OLGE 22, 251 ; HansGZ 1927 Beibl 161, 162). Zur Vorbereitung hat der Vermieter außerdem einen Auskunftsanspruch (LG Mannheim DWW 1977, 43; WuM 1978, 92). Unerheblich ist, ob der Besitzer zugleich derjenige ist, der die Sachen von dem 29 Grundstück entfernt hat (MITTELSTEIN 583 f). Nur Besitzverlust nach Klageerhebung ändert an der Passivlegitimation des beklagten Besitzers grundsätzlich nichts mehr (§§ 265, 325 ZPO; ROQUETTE § 561 Rz 29). Hingegen wahrt eine Klage gegen einen früheren Besitzer die Klagefrist des § 561 Abs 2 S 2 nicht (OLG Hamburg HansGZ 1927 Beibl 161, 162). c) Zuständig für die Herausgabeklage sind ohne Rücksicht auf den Wert des 30 Streitgegenstandes die Amtsgerichte, wenn sich die Klage gegen den Mieter richtet (§ 23 Nr 2 lit a GVG). Für Herausgabeklagen gegen dritte Besitzer gelten hingegen die allgemeinen Regeln (LG München I BayZ 1902, 24, 25). 3. Inhalt des Anspruchs
31
Der Anspruch geht in jedem Fall auf Herausgabe der Sache. Der Zweck der Herausgabe ist aber verschieden, je nachdem ob der Mieter ausgezogen ist oder nicht. a) Wenn der Mieter nicht ausgezogen ist, kann der Vermieter nur Herausgabe der 32 Sache zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück bzw in die Mieträume verlangen. Der Besitzer ist dann zur Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück zu verurteilen. Die Zurückschaffung ist Sache des Vermieters. * HELLWIG R e c h t 1 9 0 3 , 1 6 9 , 1 7 0 ; LASSEN A r c h B ü r g R 3 0 , 2 6 3 , 2 6 6 ; MITTELSTEIN 5 8 3 ; NIENDORFF 4 1 3 ; ROQUETTE § 5 6 1 R z 1 8 ; a M WEIMAR Z M R 1 9 6 4 , 2 2 8 , 2 2 9 . (493)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§561 33-39
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhaltnisse
33 Das Herausgabeurteil wird nach § 883 ZPO dadurch vollstreckt, daß der Gerichtsvollzieher die Sachen dem Besitzer wegnimmt und im Auftrage des Vermieters auf das Grundstück zurückschafft. Sind die Sachen von dem Grundstück weit entfernt, so kann dies folglich zur Undurchführbarkeit der Zwangsvollstreckung führen. In diesem Falle bleibt dem Vermieter nichts anderes übrig, als Pfandreife abzuwarten und sich dann gleich aus den Sachen zu befriedigen (MITTELSTEIN 5 8 4 f; NIENDORFF 4 1 9 f ; ROQUETTE § 5 6 1 R z 2 1 f f ) .
34 Sobald der Mieter freiwillig oder im Wege der Zwangsvollstreckung dem Vermieter die Sachen herausgegeben hat, kann er als deren Eigentümer von dem Vermieter Zurückschaffung der Sachen auf das Grundstück oder in die Mieträume verlangen; der Vermieter handelt rechtswidrig, wenn er die Sachen behält (ROQUETTE § 561 R Z 26). 35 b) Sobald der Mieter ausgezogen ist, hat es keinen Sinn mehr, die Sachen auf das Grundstück oder in die Mieträume zurückzuschaffen, um den früheren Zustand wiederherzustellen. Deshalb kann der Vermieter jetzt Herausgabe an sich verlangen. Der Vermieter erlangt dadurch dieselbe Rechtsstellung wie der Inhaber eines rechtsgeschäftlich bestellten Faustpfandrechts, so daß er insbes auch zur Verwahrung der Mietersachen verpflichtet ist (§ 1215; s oben Rz 20). 36 c) Wenn der Mieter erst nach Erlaß des auf Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung lautenden Urteils auszieht, bestehen keine Bedenken, daß der Vermieter dann die Sachen nach Herausgabe selbst in Besitz nimmt, weil ihre Zurückschaffung jetzt keinen Sinn mehr hat (MITTELSTEIN 585; ROQUETTE § 561 Rz 24). Eine neue Klage zu fordern (so NIENDORFF 420), ist ein überflüssiger Formalismus. 37 d) Gegenüber dem Herausgabeanspruch kann sich der Besitzer insbes auf einen gutgläubig lastenfreien Erwerb des Eigentums (§ 936) oder auf den gutgläubigen Erwerb eines vorrangigen Nießbrauchs oder Faustpfandrechts berufen (§§ 1032, 936, 1208). Beim Erwerb vom Mieter auf dem Mietgrundstück wird es jedoch sehr häufig am guten Glauben des Erwerbers fehlen (s oben § 559 Rz 32 ff). Etwas anderes soll freilich für Gewerbetreibende wie Spediteure oder Frachtführer gelten, da für sie, namentlich bei einem Umzug des Mieters, kein Anlaß bestehe, sich nach einem etwaigen, vorrangigen Vermieterpfandrecht zu erkundigen (so OLG Hamburg OLGE 33,311,312; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 561 Rz 2; fraglich). Hingegen hat ein gesetzliches Pfandrecht eines Dritten, zB das Pfandrecht des neuen Vermieters, analog § 1209 keinen Vorrang gegenüber dem Pfandrecht des ersten Vermieters. Anders nur in den Fällen des § 366 Abs 3 HGB (MITTELSTEIN 589; PALANDT-PUTZO § 5 6 1 A n m 3 a ; a M n u r NIENDORFF 4 1 4 f f ) .
38 4. Die Klagefrist Im Interesse der Rechtssicherheit und zum Schutze späterer Vermieter (Prot II 209) ist in § 561 Abs 2 S 2 bestimmt, daß das Pfandrecht erlischt, wenn der Vermieter den Herausgabeanspruch nicht binnen eines Monats, nachdem er von der Entfernung der Sachen Kenntnis erlangt hat, gerichtlich geltend macht. 39 a) Die Monatsfrist für die gerichtliche Geltendmachung ist eine Ausschlußfrist, deren Ablauf das Pfandrecht zum Erlöschen bringt. Die Vorschriften über die Verjährung finden keine Anwendung (KG OLGE 27,156,157). Die Berechnung der Frist richtet sich nach den §§187 Abs 1,188 Abs 2. Eine vertragliche Verlängerung der Frist ist nicht möglich (MITTELSTEIN 585 f; ders Recht 1910, 271; ROQUETTE § 561 Rz 30). Eine solche Vereinbarung kann jedoch gegebenenfalls in die Bestellung eines Faustpfandrechts nach den §§ 1204 ff umgedeutet werden (PALANDT-PUTZO § 5 6 1 A n m 3 b ) .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(494)
§561 40-45
3. Titel. Miete. Pacht
b) Die Frist beginnt nicht mit der Entfernung der Sachen, sondern an dem Tag, an 40 dem der Vermieter von der Entfernung bestimmter Sachen Kenntnis erlangt. Nur wenn der Mieter auszieht, genügt es, daß der Vermieter von diesem Tatbestand allgemein Kenntnis erlangt. Grobfahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis hier nicht gleich. Der Fristbeginn ist unabhängig davon, ob der Vermieter weiß, wo sich die Sachen 41 jetzt befinden und wer jetzt an ihnen Besitz hat. Selbst wenn ihm diese Umstände unbekannt sind, so daß er keine Klage auf Herausgabe erheben kann, läuft die Ausschlußfrist von einem Monat (OLG Hamburg OLGE 22, 251; N I E N D O R F F 416). c) Zur Wahrung des Pfandrechts ist gerichtliche Geltendmachung des Herausgabe- 42 anspruchs (gegen den Besitzer, oben Rz 29) innerhalb der Ausschlußfrist erforderlich (§ 561 Abs 2 S 2). Wenn der Vermieter Klage erhebt, genügt Einreichung der Klage am letzten Tag der Frist, sofern die Zustellung alsbald erfolgt (§§ 261 b Abs 3, 469 Abs 3 ZPO). Klageerhebung ist jedoch nicht die einzige Form der Geltendmachung des Anspruchs, durch die die Frist gewahrt wird (u Rz 43 ff). Der Begriff der Geltendmachung ist hier derselbe wie in § 559 S 2 (KG JW1933,921 43 Nr 7). Folglich genügt für die Geltendmachung hier ebenso wie im Rahmen des § 559 S 2 jedes Verhalten des Vermieters, durch das er sein Pfandrecht „zur Geltung bringt" (s im einzelnen oben § 559 Rz 52), dh jede Handlung des Vermieters, mit der er seinen Willen zur Aufrechterhaltung und Verfolgung seines Rechts deutlich nach außen betätigt. Eine Klageerhebung ist hierfür nicht unbedingt erforderlich.* Als Geltendmachung des Anspruchs genügen daher zB auch: der Antrag auf Erlaß 43a einer einstweiligen Verfügung auf Zurückschaffung der Sachen (KG OLGE 20,189, 190; 27, 156, 157), der Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung, durch die dem Vermieter (nach § 560 S 2) die Duldung der Wegschaffung aufgegeben worden ist (KG OLGE 27, 156, 157), sowie die Einreichung des Antrags auf Hinterlegung des Erlöses (§ 805 Abs 4 ZPO) beim Vollstreckungsgericht (KG JW 1933, 921 Nr 7; OLG Stettin OLGE 3, 357, 358). Hingegen genügt nicht die Pfändung der Sachen des Mieters wegen einer Mietzins- 44 forderung, weil Vermieterpfandrecht und Pfändungspfandrecht nebeneinander bestehen können.** d) Nach hM führt zwar die Versäumung der Monatsfrist zum Erlöschen des 45 Pfandrechts gegenüber jedermann, so daß der Vermieter jetzt auch keine Herausgabe der Sachen aufgrund des § 561 Abs 2 mehr verlangen kann; davon unberührt bleiben sollen jedoch die allgemeinen, deliktischen und vertraglichen Schadensersatzansprttche sowie etwaige Bereicherungsansprüche des Vermieters gegen den Mieter oder gegen einen Dritten wegen einer rechtswidrigen und ggf schuldhaften Verletzung des (früheren) Pfandrechts (s oben Rz 1 ff); in der Versäumung der Ausschlußfrist soll allenfalls ein mitwirkendes Verschulden des Vermieters zu erblicken sein.*** * K G O L G E 2 7 , 1 5 6 , 1 5 7 ; J W 1 9 3 3 , 9 2 1 N r 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 1 R z 3 ; NIENDORFF 4 1 7 f ; PALANDT-PUTZO § 5 6 1 A n m 3 b ; ROQUETTE § 5 6 1 R z 3 5 f ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 1 R z 5 ; SCHULZE Recht 1911, 765; enger MITTELSTEIN 586 f. ** § 559 Rz 63; O L G Kiel SchlHAnz 1930,172; O L G Hamburg
OLGE
22, 251;
OLG
Düsseldorf
O L G E 17, 5; O L G F r a n k f u r t R e c h t 1910 N r 3 7 4 6 ; HUGO EMMERICH, P f a n d r e c h t s k o n k u r r e n z e n 4 6 2 ; a M z B K G O L G E 11, 3 1 1 , 3 1 3 . * * * § 2 5 4 A b s 2 ; R G Z 9 8 , 3 4 5 , 3 4 7 ; 1 1 9 , 2 6 5 ; B G H Z M R 1 9 6 5 , 3 7 5 , 3 7 9 ; MITTELSTEIN 5 9 0 f ; ROQUETTE § 5 6 1 R z 3 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 1 R z 4 , § 5 6 3 R z 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 1
Anm 3 b. (495)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§561
45a-49
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
45a Diese Meinung kann indessen keine Billigung finden, weil sie zur Folge hat, daß die Ausschlußfrist praktisch jede Bedeutung verliert. Denn Ansprüche der genannten Art werden wohl immer mit dem Herausgabeanspruch des Vermieters aus § 561 Abs 2 konkurrieren (anders deshalb auch NIENDORFF 416; gegen einen Bereicherungsanspruch des Vermieters bei Verwertung der Sachen durch den nachrangigen Sicherungseigentümer auch OLG Hamburg HansGZ 1927 Beibl 161, 162). 46 5. Die Befriedigung des Vermieters Auch im Falle des § 561 Abs 2 richtet sich die Befriedigung des Vermieters aus den Sachen des Mieters nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 1228 ff; KRAUS BayZ 1905, 489, 490). Sind die Sachen auf das Grundstück bzw in die Räume zurückgeschafft worden, so kann der Vermieter folglich nach Pfandreife ihre Herausgabe zum Zwecke des Verkaufs verlangen (§ 1231 S 1). Hat der Vermieter hingegen schon den Besitz an den Sachen erlangt, so kann er nach Pfandreife ohne weiteres zu ihrer Verwertung durch Verkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung schreiten (§§ 1228,1233 Abs 1,1235, 383 Abs 3). Hierzu wird der Vermieter auch als befugt anzusehen sein, wenn er zwar nur ein Urteil auf Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung erwirkt hat, inzwischen jedoch Pfandreife eingetreten ist. 47 6. Ausnahmen a) Nach § 560 erlischt das Pfandrecht auch durch Pfändung und Entfernung der Sachen des Mieters durch einen Gerichtsvollzieher (§ 560 Rz 11 f). Der Vermieter kann der Pfändung außerdem nicht widersprechen, sondern ist auf die Klage auf vorzugsweise Befriedigung aus § 805 ZPO verwiesen. Daraus folgt, daß auf die Pfändung und Verwertung der Mietersachen durch andere Gläubiger auch § 561 nicht anwendbar ist: Da der Vermieter der Pfändung und Entfernung der Sachen durch den Gerichtsvollzieher nicht widersprechen darf, darf er sie auch nicht verhindern (§ 561 Abs 1). 48 Folglich ist die Klage auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805 ZPO) auch nicht an die Ausschlußfrist des § 561 Abs 2 S 2 gebunden;* maßgebend sind vielmehr allein die Vorschriften der ZPO, so daß die Klage bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung durch Auskehrung des Erlöses an den Gläubiger zulässig ist.** Nach diesem Zeitpunkt stehen dem Vermieter nur noch Ersatzansprüche aus Delikt und ggf Bereicherungsansprüche gegen den pfändenden Gläubiger zu (SOERGEL-KUMMER § 561 Rz 6; s unten § 562 Rz 1 ff). 49 b) Ganz entsprechend ist § 5 61 auch auf die Wegnahme durch den Konkursverwalter nicht anwendbar (OLG Celle OLGE 19, 3; RG LZ 1914, 1045 f; OLG Hamburg O L G E 21, 2 0 3 , 2 0 4 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 3 R z 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 3
Anm 3). Der Konkursverwalter muß vielmehr das Absonderungsrecht des Vermieters von Amts wegen berücksichtigen (§ 560 Rz 27; NIENDORFF 431 f; ROQUETTE * OLG Hamburg OLGE 9, 298; KG OLGE 11, 311, 312; OLG Celle OLGE 19, 3 f; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 1 R z 3, § 5 6 3 R z 2; BRÜCKNER R e c h t 1905, 180; KIEFE D J Z 1903, 1 7 5 ; KRAUS B a y Z 1905, 172, 4 8 9 ; LIPPMANN S e u f f B l 72, 7 6 1 ; METZGES G r u c h o t . 4 9 , 4 9 5 , 5 0 5 ;
MITTELSTEIN 602 ff; REINICKE, Gesetzliche Pfandrechte; SIBER, Pfandrecht des Vermieters (1900) 8 2 f ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 1 R z 6; a M K G O L G E 5 , 3 7 0 ; BRANDIS D J Z 1906, 8 5 8 , 8 6 0 ; KARSTEN
Recht 1904, 440. ** R G Z 12, 370, 372; OLG Celle SeuffA 38 (1883) Nr 194; OLG Kiel SeuffA 40 (1885) Nr 186; BRUCKNER Recht 1905, 180, 181.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(496)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 561, 562 50, 51; 1
§ 563 Rz 12 ff). Voraussetzung ist jedoch eine Anmeldung des Rechts durch den Vermieter ( R G Z 14, 1, 4; K G O L G E 27, 155, 156; s im einzelnen unten § 563 Rz 12 ff).
IV. Beweislast 1. Besteht Streit über den Bestand und den Umfang des Selbsthilferechts des 5 0 Vermieters aus § 561 Abs 1, so obliegt dem Vermieter die volle Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des von ihm in Anspruch genommenen Rechts. Das gilt auch für den Bestand seines Pfandrechts (s § 559 Rz 70; wegen der aus praktischen Gründen notwendigen Einschränkungen s oben Rz 6). 2. Macht der Vermieter den Herausgabeanspruch aus § 561 Abs 2 geltend, so muß er 5 1 beweisen, daß ihm ein Pfandrecht an den fraglichen Sachen zusteht und daß sich der Beklagte bei Klageerhebung in deren Besitz befunden hat (MITTELSTEIN 588 f; NIENDORFF 4 1 8 f). Steht aber fest, daß die Sachen mit Wissen des Vermieters entfernt worden sind, so muß dieser seinen Widerspruch beweisen. Demgegenüber kann der Beklagte dann immer noch einwenden, daß der Vermieter kein Recht zum Widerspruch hatte (§ 5 6 0 S 2). Außerdem kann der Beklagte einwenden, daß der Vermieter schon länger als einen Monat vor Klageerhebung Kenntnis von der Entfernung erlangt hatte; dann ist es wieder Sache des Vermieters, die rechtzeitige Klageerhebung nachzuweisen (s auch noch § 559 Rz 71). Behauptet jedoch der Beklagte ein vorrangiges Recht, so ist er für dessen Bestand beweispflichtig; hingegen muß der Vermieter die Bösgläubigkeit des Beklagten beweisen.
§562 Der Mieter kann die Geltendmachung des Pfandrechts des Vermieters durch Sicherheitsleistung abwenden; er kann jede einzelne Sache dadurch von dem Pfandrechte befreien, daß er in Höhe ihres Wertes Sicherheit leistet. E I § 521 Abs 4 ; II § 504; III § 555; Mot II 407; Prot II 209 f.
Schrifttum HUGO EMMERICH, P f a n d r e c h t s k o n k u r r e n z e n ( 1 9 0 9 ) b e s 1 7 4 f f ; MITTELSTEIN, D i e M i e t e n a c h d e m
Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 562 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem B G B (10. Aufl 1914) 4 0 6 f; SIBER, Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters, Verpächters und des Gastwirts ( 1 9 0 0 ) 8 4 ff.
1
1. Allgemeines a) Hat der Vermieter, wie es die Regel sein dürfte, ein Pfandrecht an mehreren Sachen des Mieters, so haftet an sich nach den §§ 1257 und 1222 jede einzelne Sache des Mieters für die ganze Forderung des Vermieters (im Rahmen des § 559 S 2). Anders aber als bei dem rechtsgeschäftlich bestellten Faustpfandrecht kann der Mieter hier durch Sicherheitsleistung auf zwei verschiedenen Wegen seine Sachen frei bekommen: E r kann nämlich einmal, wenn der Vermieter sein Pfandrecht geltend macht, die Geltendmachung durch Sicherheitsleistung abwenden; er kann zum andern aber auch unabhängig davon jede einzelne Sache dadurch von dem Vermieterpfandrecht befreien, daß er in Höhe ihres Werts Sicherheit leistet (§ 562). (497)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§562 2-9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
2 b) Von diesen beiden Befugnissen kann der Mieter jederzeit während des Mietverhältnisses Gebrauch machen (SIBER, Pfandrecht 84 ff). Wenn überhaupt, so hat jedoch das Abwendungsrecht des Mieters praktische Bedeutung lediglich bei dem Auszug des Mieters, zB wenn zwischen den Vertragsparteien Streit über die Berechtigung einzelner vom Vermieter jetzt noch erhobener Forderungen besteht. 3 c) § 562 ist zwingend. Eine vertragliche Abbedingung zum Nachteil des Mieters ist nicht möglich ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 562 Rz 1). 4 2. Abwendung der Geltendmachung insgesamt Nach § 562 HS 1 kann der Mieter jederzeit die Geltendmachung des Vermieterpfandrechts insgesamt (und nicht nur hinsichtlich einzelner Gegenstände) durch Sicherheitsleistung iS der §§ 232 ff abwenden: a) Das Abwendungsrecht steht über den Wortlaut des § 562 hinaus nicht nur dem Mieter, sondern zB auch einem dritten Eigentümer der eingebrachten Sachen zu (BGH WM 1971, 1086, 1088), vorausgesetzt, daß dem Eigentum das Vermieterpfandrecht vorgeht. Aus denselben Erwägungen heraus kann das Abwendungsrecht außerdem auch von nachstehenden Pfändungsgläubigern ausgeübt werden (KG GE 1928, 986; B G B - R G R K - G E L H A A R § 562 Rz 4; aM H U G O E M M E R I C H , Pfandrechtskonkurrenzen 174 ff; P A L A N D T - P U T Z O § 562 Anm 1). 5 Die Ausübung des Abwendungsrechtes durch die genannten Personen setzt voraus, daß ihnen bekannt ist, wegen welcher Forderungen und in welcher Höhe der Vermieter sein Pfandrecht ausüben will. Deshalb ist der Vermieter ihnen zur Mitteilung der genannten Umstände verpflichtet (BGH WM 1971, 1086, 1088). Unterläßt er jedoch trotz Aufforderung hierzu diese Mitteilung, so kann er sich später nicht mehr auf sein Pfandrecht berufen (§ 249; BGH WM 1971, 1086, 1088). 6 Soweit die Rechte Dritter dem Vermieterpfandrecht vorgehen, bedürfen sie keines Abwendungsrechts, da ihnen ein Herausgabeanspruch gegen den Vermieter zusteht. 7 b) Das Vermieterpfandrecht wird geltend gemacht durch Widerspruch gegen die Entfernung der Sachen (§ 560 S 1), durch die Ausübung des Selbsthilferechts aufgrund des § 561 Abs 2 und insbes durch das Verlangen auf Herausgabe der Sachen zwecks ihrer Verwertung (§§ 1228, 1231 S 1, 1257; R O Q U E T T E § 562 Rz 7). 8 Der Mieter kann seinerseits der Geltendmachung des Pfandrechts durch das Angebot einer Sicherheitsleistung zuvorkommen. Wenn der Vermieter hierauf nicht eingeht, steht ihm fortan weder das Widerspruchsrecht des § 560 S 1 noch das Selbsthilferecht des § 561 Abs 1 zu, weil er sein Pfandrecht jetzt nicht mehr geltend machen darf (MITTELSTEIN 5 6 4 f).
9 c) Die Höhe, in der Sicherheit zu leisten ist, richtet sich grundsätzlich nach der Höhe der Forderung, deretwegen der Vermieter sein Pfandrecht ausübt. Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Wert aller vom Mieter eingebrachten Sachen hinter der Höhe der Forderung des Vermieters zurückbleibt. Während nach einer Meinung der Mieter dann trotzdem in Höhe der Forderung des Vermieters Sicherheit leisten muß, genügt nach anderen eine Sicherheitsleistung in Höhe lediglich des Wertes der Sachen.* * Im ersteren Sinne insbes MITTELSTEIN 563; B G B - R G R K - G E L H A A R § 562 Rz 2; wohl auch NIENDORFF 406; ROQUETTE § 562 Rz 6; hingegen im zweiten Sinne ERMAN-SCHOPP § 562 Rz 1; PALANDT-PUTZO § 5 6 2 A n m 1.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(498)
3. Titel. Miete. Pacht
§562 9a-15
Die Streitfrage hat indessen keine praktische Bedeutung: Auch wenn man dem Mieter das Recht zubilligt, die Geltendmachung des Pfandrechts durch Sicherheitsleistung lediglich in Höhe des Wertes seiner Sachen abzuwenden, ist der Vermieter doch nicht gehindert, wenn der Mieter später weitere Sachen einbringt, dann hinsichtlich dieser Sachen wegen derselben Forderung sein Pfandrecht erneut geltend zu machen (aM jedoch M I T T E L S T E I N 563; R O Q U E T T E § 562 Rz 6).
9a
d) Die Wirkung der Sicherheitsleistung besteht darin, daß das Pfandrecht nicht mehr 9b geltend gemacht werden kann (unten Rz 15). Übt der Vermieter gleichwohl das Selbsthilferecht des § 561 Abs 1 aus, so begeht er unerlaubte Selbsthilfe und macht sich ersatzpflichtig (§§ 231, 823; B G B - R G R K - G E L H A A R § 562 Rz 1).
3. Befreiung einzelner Sachen
10
Der Mieter kann unabhängig von dem Abwendungsrecht durch Sicherheitsleistung bei Geltendmachung des Vermieterpfandrechts auch jederzeit jede einzelne Sache und damit auch alle Sachen zusammen dadurch von dem Vermieterpfandrecht befreien, daß er in Höhe ihres Wertes Sicherheit leistet. Der Beweis des Wertes der Sachen obliegt dann dem Mieter. Die Wirkung der Sicherheitsleistung besteht hier nach § 562 HS 2 in dem (endgültigen) Erlöschen des Pfandrechts an dem fraglichen Gegenstand (unten Rz 15 f). Wenn der Mieter später erneut Sachen einbringt, entsteht an diesen Sachen erneut 11 das Vermieterpfandrecht. Die neueingebrachten Sachen können also nur durch neue Sicherheitsleistung in Höhe ihres Wertes von dem Pfandrecht befreit werden.
4. Sicherheitsleistung
12
a) Die Sicherheitsleistung richtet sich im einzelnen nach den §§ 232-240. Folglich kann die Sicherheit auch durch Stellung eines Bürgen geleistet werden (§§232 Abs 2, 239; so schon ausdrücklich Prot II 209 f). Wird die geleistete Sicherheit ohne Verschulden des Mieters unzureichend, so muß sie 13 ergänzt werden, oder es muß eine anderweitige Sicherheit geleistet werden (§ 240). Unterläßt jedoch der Mieter die Ergänzung oder die anderweitige Sicherheitsleistung, so hat das nicht etwa zur Folge, daß das Pfandrecht des Vermieters an den befreiten Sachen (analog § 161 Abs 2) wiederauflebt ( M I T T E L S T E I N 564; aM SIBER, Pfandrecht 84 ff). b) Hervorzuheben ist, daß der Vermieter die Verpfändung von Wertpapieren nicht 14 als Sicherheitsleistung anzunehmen braucht, sondern nach § 232 Abs 1 Fall 1 deren Hinterlegung fordern kann (OLG Dresden OLGE 36, 61). Die Sicherheit kann auch von einem Dritten geleistet werden (KG GrundE 1928, 986). Der Mieter kann mit hinterlegten Beträgen nicht gegen die Mietzinsforderung des Vermieters aufrechnen (KG GrundE 1929, 1051).
5. Wirkungen
15
Die Sicherheitsleistung hat zur Folge, daß der Vermieter sein Pfandrecht nicht mehr geltend machen kann. Ihm stehen fortan vor allem weder das Widerspruchsrecht des § 560 S 1 noch das Selbsthilferecht des § 561 Abs 1 zu (s oben Rz 9 b, 10). Das gilt für beide Fälle des § 562. Im Falle des § 562 HS 2 erlischt das Pfandrecht außerdem an dem „befreiten" Gegenstand (oben Rz 10). (499)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 562, 563 16; 1, 2
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
16 Umstritten ist, ob das Vermieterpfandrecht auch im Falle des § 562 HS 1 schon durch die Sicherheitsleistung oder erst durch eine nachträgliche Entfernung der Sachen erlischt. Sobald aber der Vermieter sein Pfandrecht nicht mehr geltend machen kann, hat es keinen Sinn, von dem Fortbestand des Rechts auszugehen. Andere Pfandrechte an den eingebrachten Sachen werden dadurch selbstverständlich nicht berührt, auch nicht ein Pfändungspfandrecht des Vermieters (HUGO EMMERICH 466). §563 Wird eine dem Pfandrechte des Vermieters unterliegende Sache für einen anderen Gläubiger gepfändet, so kann diesem gegenüber das Pfandrecht nicht wegen des Mietzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Pfändung geltend gemacht werden. E I § 521 Abs 5; II § 505; III § 557; Mot II 407; Prot II 195, 200.
Schrifttum BLACH, Das Vorrecht der Hypothekengläubiger und Vermieter bei der Pfändung von Leihvertragsgegenständen, JW 1913, 80; GÖTTE, Pfändungs- und Vermieterpfandrecht, DJZ 1903,472; KUHNT, Nochmals zur Konkurrenz der Hypothekengläubiger und Vermieter bei der Pfändung von Leihmöbeln, JW 1913, 191; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 600 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 422 ff; OERTMANN, Die Frage der Bereicherungshaftung des Vollstreckungsgläubigers bei Pfändung fremder Sachen, AcP 96 (1905) 1; REICHEL, Die Zwangsüberweisung gepfändeter Fahrnis an den Gläubiger (§ 825 ZPO), JherJb 53 (1908) 108; SERICK, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung I (1963).
Systematische Ubersicht Vorbemerkung 1 I. Pfändung durch andere Gläubiger 1. Allgemeines 2 2. Beschränkung der Pfandforderung des Vermieters 5
II. Zusammentreffen mit anderen Pfandrechten 10
IQ. Konkurs des Mieters 12
1 Vorbemerkung § 563 regelt aus der Fülle möglicher Konkurrenzen zwischen dem Vermieterpfandrecht und anderen Pfandrechten lediglich den Fall, daß mit dem Vermieterpfandrecht ein nachträglich begründetes Pfändungspfandrecht zusammentrifft. Für diesen Fall bestimmt § 563, daß das Vermieterpfandrecht wegen Mietzinsrückständen nur in beschränktem Umfang geltend gemacht werden kann. Eine entsprechende Vorschrift findet sich für den Konkurs des Mieters in § 49 Abs 1 Nr 2 KO. Die übrigen Konkurrenzfälle müssen nach dem auch hier geltenden Prioritätsprinzip gelöst werden (§§ 1257, 1209). I. Pfändung durch andere Gläubiger 2 1. Allgemeines Gegen eine Pfändung der Mietersachen durch andere Gläubiger des Mieters kann sich der Vermieter nicht wehren. Er hat weder das Widerspruchsrecht des § 560 S 1 Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(500)
3. Titel. Miete. Pacht
§563 3-7
noch das Selbsthilferecht des § 561 Abs 1; er muß vielmehr die Entfernung der gepfändeten Sachen durch den Gerichtsvollzieher dulden mit der Folge, daß sein Pfandrecht erlischt. An die Stelle des Pfandrechts tritt jedoch dann das Recht des Vermieters auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der Sachen (§ 805 ZPO; s im einzelnen § 560 Rz 11 ff, § 561 Rz 47 f). Das Recht auf vorzugsweise Befriedigung kann nur durch Klage des Vermieters 3 gegen den widersprechenden Pfändungsgläubiger geltend gemacht werden (OLG Stettin OLGE 3, 357, 358). Dem Pfändungsgläubiger steht jedoch gegenüber der Klage des Vermieters die Verweisungsrede des § 560 S 2 zu, sofern die zurückgebliebenen Sachen zur Befriedigung des Vermieters offenbar ausreichen. Haben mehrere Gläubiger gepfändet, so ist auf ihr Verhältnis zum Vermieter das Prioritätsprinzip des § 804 Abs 3 ZPO entsprechend anzuwenden (s § 560 Rz 12 f, 33). Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung nach § 805 ZPO ist nur solange zulässig, wie 4 die Zwangsvollstreckung andauert. Die Klage kann also nicht mehr erhoben werden, sobald der Erlös an den Gläubiger ausgekehrt ist (§ 561 Rz 48). Jedoch kann der Vermieter dann immer noch aufgrund seines vorrangigen Rechts von dem Pfändungsgläubiger Herausgabe des Erlöses nach den § § 8 1 2 oder 816 verlangen.* Nur wenn der Vermieter im Besitz der Sachen ist (vgl § 561 Abs 1), hat er dieselben 4a Rechte wie ein Faustpfandgläubiger (s oben § 561 Rz 20, 35). Eine Pfändung durch nachrangige Gläubiger braucht er dann nicht mehr zu dulden (§§ 809,766 ZPO); er kann vielmehr die Sache selbst ohne weiteres nach den §§ 1228 ff verwerten (s oben § 560 Rz 11 b). 2. Beschränkung der Pfandforderungen des Vermieters
5
a) Zum Schutze der anderen Gläubiger des Mieters steht dem Vermieter das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der Sachen (§ 805 Abs 1 ZPO) nicht wegen sämtlicher Forderungen aus dem Mietverhältnis zu, die an sich durch das Vermieterpfandrecht gesichert werden; vielmehr bringt § 563 eine wesentliche Einschränkung (nur) für Mietzinsriickstände: Für diese kann das Pfandrecht gegenüber dem Pfändungsgläubiger nur für das letzte Jahr vor der Pfändung geltend gemacht werden. Maßgebender Zeitpunkt ist der der Pfändung (RGZ 34, 100, 102; BGB-RGRK- 6 G E L H A A R § 563 Rz 3; P A L A N D T - P U T Z O § 563 Anm 2). Auf die Kenntnis des Vermieters von der Pfändung kommt es hier nicht an. Der Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der Sachen besteht mithin nur für die Mietzinsrückstände für die letzten 365 (bzw 366) Tage vor der Pfändung, nicht hingegen für ältere Rückstände (RGZ 34,100,102). Keine Rolle spielt es jedoch, ob die Rückstände schon fällig sind (§ 805 Abs 1 S 2 ZPO; MITTELSTEIN 600 f; N I E N D O R F F 423). b) Weitergehende Beschränkungen der Vermieterrechte bestehen nicht. Daraus 7 folgt, daß das Recht auf vorzugsweise Befriedigung auch wegen aller gegenwärtigen
* § 561 Rz 48, so zB R G Z 119, 265, 269; O L G Stettin O L G E 3, 357, 358; O L G Frankfurt O L G E
19, 153, 154; früher sehr str. Die Einzelheiten des § 805 ZPO gehören in die Darstellungen des Zwangsvollstreckungsrechts; vgl deshalb insbes BAUMANN, Zwangsvollstreckungsrecht (1975) § 13 I I I 6 ( 2 2 9 f f ) ; BLOMEYER, Z i v i l p r o z e ß r e c h t - V o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n ( 1 9 7 5 ) § 6 8 I I I ( 3 1 8 f ) ;
SCHÖNKE-BAUR, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht (10. Aufl 1978) § 44 B; a u ß e r d e m insbes MITTELSTEIN 5 9 6 ff m N a c h w ; NIENDORFF 4 2 2 ff; ROQUETTE § 5 6 3 R z 2 ff; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 3 R z 1 f; PALANDT-PUTZO § 5 6 3 A n m 1. (501)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§563 8-13
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Entschädigungsansprüche sowie für den Mietzins für das laufende und für das folgende Mietjahr geltend gemacht werden kann (§ 559 S 2). Maßgebender Zeitpunkt ist insoweit nicht der der Pfändung, sondern der der Geltendmachung des Pfandrechts (KG OLGE 11, 143, 144; M I T T E L S T E I N 600 f; N I E N D O R F F 423; P A L A N D T - P U T Z O § 563 Anm 2; R O Q U E T T E § 563 Rz 11). Das gilt auch bei auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverträgen (OLG Hamburg SeuffA 57 (1902) Nr 33; str). 8 c) Verbleibt aus dem Erlös nach Befriedigung der vorgehenden Ansprüche des Vermieters und der Ansprüche des Pfändungsgläubigers ein Rest, so hat der Vermieter hierauf wegen seiner weiter zurückliegenden Mietzinsforderungen einen Anspruch, weil dann jeder Grund für eine weitere Beschränkung der Vermieterrechte entfallen ist. 9 d) Bei der Pacht landwirtschaftlicher Grundstücke gilt nach § 585 S 1 die Beschränkung des § 563 nicht (vgl auch § 49 Abs 1 Nr 2 HS 2 KO). II. Zusammentreffen mit anderen Pfandrechten 10 1. Der Rang des Vermieterpfandrechtes richtet sich gemäß § 1209 (iVm § 1257) nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung, so daß es zwar den Nachrang gegenüber allen älteren Pfandrechten hat, jedoch allen später begründeten Rechten vorgeht (§ 559 Rz 3). Daraus folgt zB, daß ein Pfändungspfandrecht den Vorrang vor dem Vermieterpfandrecht hat, wenn eingebrachte Sachen gepfändet worden sind und der Mieter danach die bisherigen Räume aufgrund eines neuen Vertrages gegen andere Räume ausgetauscht hat (KG JW 1931, 2378). Hingegen haben Vermieterpfandrecht und vertragliches Pfandrecht denselben Rang, wenn Einbringung und Mitverschluß in einem Akt zusammenfallen (RG JW 1906, 224, 225). Besteht das Vermieterpfandrecht an von dem Grundstück entfernten Sachen fort (§ 560), so geht es jetzt neubegründeten Pfandrechten außer bei gutgläubigem Erwerb des Vorrangs vor (§§ 1208, 936; s im einzelnen § 561 Rz 37). 11 2. Besondere Probleme entstehen hier, wenn der Mieter, zB im Falle des Erwerbs unter Eigentumsvorbehalt, zunächst lediglich eine Anwartschaft hatte. Nach heute hM entsteht dann das Vermieterpfandrecht bereits an dem sog Anwartschaftsrecht (§ 559 Rz 24). Hieraus wird überwiegend gefolgert, daß das Vermieterpfandrecht den Vorrang vor nachträglich begründeten Pfändungspfandrechten Dritter hat, mögen sich auch sämtliche Pfandrechte erst bei Bedingungseintritt in Pfandrechte an der Sache verwandeln.* 12 III. Konkurs des Mieters Im Konkurs verwandelt sich das Vermieterpfandrecht in ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Erlös der Sachen (§§ 48,49 Abs 1 Nr 2,127 KO; vgl § 560 Rz 27, § 561 Rz 49; insbes N I E N D O R F F 431 f; R O Q U E T T E § 563 Rz 12 ff). 13 Im Konkurs ist ebensowenig wie in der Einzelvollstreckung Raum für eine Anwendung der §§ 560 und 561. Vielmehr kann und muß der Konkursverwalter die Sachen des Mieters verwerten. Der Vermieter ist dann auf seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös beschränkt. Für dessen Geltendmachung * REINICKE, Gesetzliche Pfandrechte und Hypotheken am Anwartschaftsrecht (1941/1970) 48; SERICK I § 1 2 III 4 b ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 3 R z 5; SOERGEL-KUMMER § 5 6 3 R z 6 m w e i t e r e n
Nachw; aM insbes RGZ 60, 70, 73; sehr str.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(502)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 563,564 14,15
gilt aber § 561 Abs 2 nicht (s im einzelnen § 561 Rz 49). Bestreitet der Konkursverwalter das Recht des Vermieters, so muß der letztere gegen den Konkursverwalter Klage auf abgesonderte Befriedigung aus dem Erlös der vom Konkursverwalter zu verwertenden Sachen erheben (KG OLGE 27, 155, 156). Verwertung iS des § 127 KO ist dabei auch die freihändige Veräußerung der Sachen durch den Konkursverwalter auf Grund einer entsprechenden Absprache mit dem Vermieter (RGZ 84, 68, 69 f). Dessen Pfandrecht setzt sich dann an dem Erlös fort (RG aaO). Durch einen etwaigen Zwangsvergleich wird es in keinem Fall berührt (KG OLGE 27, 155, 156). Der Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung unterliegt außerdem den Beschrän- 14 kungen des § 49 Abs 1 Nr 2 KO, die im wesentlichen denen des § 563 entsprechen (s oben Rz 5 ff; eingehend R G Z 34,100,102). § 49 Abs 1 Nr 2 KO betrifft jedoch nur den Fall, daß die abgesonderte Befriedigung des Vermieters zu einer Verkürzung der Masse führt. Er ist daher nicht auf einen Streit zwischen mehreren Absonderungsberechtigten anwendbar, wenn dadurch die Masse nicht berührt werden kann.* Setzt der Konkursverwalter den Mietvertrag fort (§ 19 KO; §§ 535, 536 Rz 123), so 15 sind jetzt fällig werdende Mietzinsforderungen Masseschulden (§ 59 Abs 1 Nr 2 KO) und folglich aus der Masse vorweg zu berichtigen (§ 57 KO).
§564 Das Mietverhältnis endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen ist. Ist die Mietzeit nicht bestimmt, so kann jeder Teil das Mietverhältnis nach den Vorschriften des § 565 kündigen. E I § 522 Abs 1, 2; II § 506 Abs 1, 2; III § 557; Mot II 410; Prot II 214 f.
Schrifttum BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Miet- und Pachtrecht, WM 1968,202, 205; W M 1970,26,28; W M 1972,122,125; W M 1974,90,94; W M 1976,2,6; W M 1978,158,161;
WM 1980, 150, 153; CRANZ, Baukostenzuschuß und Kündigungsbefugnis, JR 1960, 452; GIESE, Befristete außerordentliche Kündigungen von Mietverhältrassen über Wohnraum, WuM 1973,197; GLASER, Das Kündigungsrecht des Wohnungsvermieters, ZMR 1978, 321; ders, Teilkündigung von Mietverträgen hinsichtlich der überlassenen Einrichtungsgegenstände, NJW 1951, 301; GUNDLACH, Zum befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel, ZMR 1977, 134; HÄRING, Die fristlose Kündigung von Wohnungsmietverhältnissen, WuM 1968, 85; HAUSLER, Die Kündigungsbeschränkung bei LAG-Mietwohnungen, DWW 1966, 3; HARDIECK, Unbestimmte Rechtsbegriffe bei der Beendigung von Wohnungsmiete (Diss. Bielefeld 1978); HEROLD, Kann die Kündigung eines Mietoder Pachtvertrages zurückgenommen werden? B1GBW 1972, 126; ders, Teilkündigung bei Mietverträgen über Wohn- und Geschäftsräume, GrundE 1977, 510; ders, Die Verwirkung im Mietrecht, FWW1979,212; HURST, Zur Frage der Kündbarkeit von LAG-Wohnungen, WuM 1965, 181 ; KANIA, Vormietrecht-Optionsrecht, ZMR 1976, 1 ; KOENIG, Kann der Mieter bei gesonderten Mietverträgen über Wohnung und Garage eine Teilkündigung des Garagenmietvertrags rechtswirksam aussprechen? WuM 1966, 186; KÜRZEL, Zur Gewährung von Aufbaudarlehen aus Lastenausgleichsmitteln, ZMR 1966, 353; LENHARD, Kündigung mit Wirkung vor Vollzug des Mietvertrags? DWW 1980,166; MOLITOR, Die Kündigung unter besonderer Berücksichtigung der Kündigung des Arbeitsvertrages (2. Aufl 1951); MÜLLER, Zustimmung der Ausgleichsbehörden zur Kündigung von
* B G H L M N r 1 z u § 4 9 K O = N J W 1 9 5 9 , 2 2 5 1 f ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 3 R z 2 ; KUHN M D R 1 9 6 0 , 2 2 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 3 A n m 3 ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 3 R z 3 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 3 Rz 4 . (503)
Volker Emmerich • Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Mietverhältnissen, ZMR 1967, 257; OSKE, Der vorzeitige Auszug des Mieters und seine finanziellen Folgen, WuM 1979, 181; OTTO, Die außerordentliche Kündigung, AIZ 1980, 126; ders, Die Wohnungskündigung im Überblick, AIZ 1979,398; PERGANDE, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW1964,1925; RODENBERG, Die Kündigung im Wohnungsmietrecht (1978); ROQUETTE, Das freie Kündigungsrecht des Vermieters, JW 1936, 2289; ders, Verlängerungsklausel und Vermieterkündigung im Rahmen des Mieterschutzes, JW 1938, 2876; SCHERER, A b w o h n k l a u s e l u n d V e r m i e t e r k ü n d i g u n g , W u M 1956, 6 6 ; SCHMIDT-FUTTERER, D i e
vorzeitige Beendigung befristeter Mietverhältnisse, WuM 1970,69; ders, Die Kündigung des Mieters wegen Mieterhöhung, WuM 1976, 65; ders, Der Mietaufhebungsvertrag, MDR 1971, 13; ders, Der Mietzinsanspruch bei vorzeitiger Räumung des Mieters, NJW 1970, 917; ders, Streitfragen bei der Kündigung von Werkwohnungen wegen Betriebsbedarfs, Betrieb 1974,579; SCHMIDT-MARLOH, Der Stellvertreter, ZMR 1978, 257; SCHULZ, Probleme des Ersatzmieters, B1GBW 1979, 232; WEIMAR, Ist eine Bedingung bei der Kündigung und beim Kündigungswiderspruch zulässig? WuM 1965,200; ders, Ehegatten als Mietzinsschuldner, B1GBW1979,32; ders, Die vorzeitige Entlassung des Mieters aus einem langfristigen Wohnraummietvertrag, ZMR 1978, 129; ders, Kinderlosigkeit als Vertragsbedingung, WuM 1961,101; ders, Kann eine Kündigung nach kurzer Mietdauer rechtsmißbräuchlich sein? WuM 1966,17; ders, Kann eine unbegründete, außerordentliche Kündigung von Wohnraum in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden? ZMR 1967, 6 = WuM 1966, 129; ders, Rechtsfragen bei der Miete von Garagen, B1GBW 1979, 68; ders, Sind Rücknahme der Kündigung und des Widerspruchs bei der Wohnungsmiete zulässig? ZMR 1966, 258; ders, Die Vollmachtsklausel bei Ehegatten als Mieter, B1GBW 1979, 33; ders, Der schuldhaft verhinderte Zugang einer Kündigung, WuM 1968, 6; ders, Zur Zulässigkeit der Teilkündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen, B1GBW 1976, 172; VON WELCK, Kündigung des Mietverhältnisses einer mit einem Aufbaudarlehen nach dem Lastenausgleichsgesetz finanzierten Wohnung - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, B1GBW 1973, 147; H P WESTERMANN, Die Rechtslage der Familienwohnung, in: Deutsche zivil-, kollisions- und wirtschaftsrechtliche Beiträge zum X. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung in Budapest 1978 (1978), 3; ZEUNER, Zur Systematik der Kündigung von Mietverträgen, ZMR 1980, 291.
Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung und Zweck der Vorschrift 2 n . Beendigung durch Zeitablauf 1. Mietverhältnis auf bestimmte Zeit 3 2. Mietvertrag mit Optionsrecht 5 3. Mietvertrag mit Verlängerungsklausel 6 III. Beendigung durch Kündigung 1. Allgemeines 7 2. Rechtsnatur der Kündigung 8 3. Inhalt der Kündigung 15 a) Erklärungsinhalt im allgemeinen 15 b) Bedingte Kündigung 19 c) Mehrheit von Beteiligten 22 d) Teilkündigung 24 4. Form der Kündigung 28 5. Arten der Kündigung 30 a) Ordentliche Kündigung 30 b) Außerordentliche Kündigung 31 aa) Außerordentliche befristete Kündigung 32 bb) Außerordentliche fristlose Kündigung 34
6. Wirkung der Kündigung 37 7. Widerruf der Kündigung 42
IV. Beendigung aufgrund sonstiger Umstände 1. Allgemeines 44 2. Aufhebungsvertrag 45 3. Auflösende Bedingung 50 4. Rücktritt 51 a) Vertragliches Rücktrittsrecht 51 b) Gesetzliches Rücktrittsrecht 52 5. Anfechtung 54 6. Unmöglichkeit der Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs 56 7. Wegfall der Geschäftsgrundlage 57 8. Erwerb des Eigentums oder Nießbrauchs durch den Mieter 58 9. Erlöschen eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts 59 10. Eintritt des Erwerbers eines Grundstücks in ein Mietverhältnis 60 11. Erlöschen des Jagdpachtvertrags 61 12. Untergang einer juristischen Person 62
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(504)
§564 3. Titel. Miete. Pacht
Alphabetische Ubersicht Änderungsvertrag 17 Anfechtung des Mietvertrags 54 f Angabe des Kündigungsgrundes 16 Arten der Kündigung 30 ff Aufbaudarlehen (LAG) 13 Aufhebungsvertrag 45 ff - unter Bedingungen 48 - Darlegungs- und Beweislast 49 - Form 47 - über Kündigungswirkung 43 - über Teile der Mietsache 27 - Wirkung 49 a - Zustandekommen 46 Beendigung des Mietverhältnisses - durch Kündigung 7 ff - durch sonstige Umstände 44 ff - durch Zeitablauf 3 ff Befristung 4 Bedingung - auflösende 4, 50 - bzgl Fortbestand eines Mietverhältnisses 4, 50 - bzgl Kündigung 17, 19 ff - im Mietaufhebungsvertrag 48 Dauernutzungsrecht 59 Dauerwohnrecht 59
Jagdpachtvertrag 61 Juristische Person 62 Kündigung - Arten 30 ff - Ausschluß 11 f - außerordentliche 16, 31 ff - bedingte 19 ff - Einwendungen 9 - Einwilligung durch Dritte 13 - Form 28 f - Grund 16 - konkludentes Handeln 15, 28 f - Inhalt 15 ff - Mehrheit von Beteiligten 22 f - Mieterhöhung 17
(505)
Mieterhöhungskündigung 17 Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 3 ff - auf unbestimmte Zeit 7 ff Mietvertrag - mit Optionsrecht 5 - mit Verlängerungsklausel 6, 18 Optionsrecht 5
Eintritt des Erwerbers eines Grundstücks in ein Mietverhältnis 60 Einwilligung eines Dritten in Kündigung 13 Ersatzmieter 45, 48 Erwerb des Eigentums oder Nießbrauchs durch den Mieter 58 Finanzierungsbeitrag des Mieters 12 Form der Kündigung 28 f
- durch Nichtberechtigte 10 - Nichtigkeit 38 - ordentliche 16, 30 - Rechtsnatur 8 - für Teile eines Mißverhältnisses 24 ff - Umdeutung 39 ff - unzulässige Rechtsausübung 33 a, 36, 38 - Wechsel der Parteien 14 - Widerruf 42 f - Wirkung 37 ff - Zugang 8 Kündigungserklärung 8 ff - Form 28 f - Inhalt 15 ff - Umdeutung 39 ff - Vertretung 23 - Zugang 8 Kündigungstermin 18
Rücktritt vom Mietvertrag 51 ff - gesetzliches Rücktrittsrecht 52 - vertragliches Rücktrittsrecht 51 - nach Überlassung der Mietsache 53 - vor Überlassung der Mietsache 52 Schriftform - Kündigungserklärung 28 f - Mietaufhebungsvertrag 47 Teilkündigung 24 ff Umdeutung 39 ff Unmöglichkeit der Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs 56 Verlängerungsklausel 6 Vertretung bei der Kündigung 8, 23 Verwirkung des Kündigungsrechtes 36 Wegfall der Geschäftsgrundlage 57 Werkwohnungen 13 Widerspruch und Fortsetzungsverlangen des Mieters 9, 16, 39 Zugang der Kündigungserklärung 8
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 1-3
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Vorschrift bestimmt in Abs 1, daß ein Mietverhältnis mit dem Ablauf der Zeit endet, für die es eingegangen ist. Nach Abs 2 kann ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis von jedem Teil nach den Vorschriften des § 565 gekündigt werden. Die Regelung des § 564 gilt für Mietverhältnisse aller Art. Sie ist jedoch in mehrfacher Hinsicht unvollständig. Zum einen ist nur die Beendigung eines Mietverhältnisses durch Zeitablauf oder - wie sich aus der Verweisung auf § 565 ergibt - durch ordentliche und außerordentliche befristete Kündigung angesprochen. Mit der außerordentlichen fristlosen Kündigung (Rz 31 ff) und mit Anfechtung, Rücktritt, Aufhebungsvertrag, Unmöglichkeit der Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs, Eigentums- oder Nießbrauchserwerb des Mieters, Erlöschen eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts und auflösender Bedingung gibt es weitere Gründe, die das Mietverhältnis beenden können. Zum anderen sind bei der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum neben dem ausdrücklich genannten § 565 die Vorschriften der später eingefügten §§ 564 a, 564 b zu beachten. 2 2. Entstehung und Zweck der Vorschrift Die Vorschriften über die Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf oder ordentliche Kündigung waren im ursprünglichen Gesetzentwurf ( E I § 522) mit den später in § 565 übernommenen Kündigungsfristen verbunden. An sich entsprach es nicht der Redaktionsweise des BGB, im Gesetz allgemeine Erlöschensgründe bei den einzelnen Rechtsverhältnissen ausdrücklich hervorzuheben. Nach dem Vorbild der meisten Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts wurde die Beendigung durch Zeitablauf jedoch aufgenommen, um keinen Zweifel darüber zu lassen, daß bei einem Mietverhältnis auf bestimmte Zeit insoweit keine Kündigung notwendig sei (Mot II 410 mwN; Prot II 215). Entsprechend dem ebenfalls in den neueren Kodifikationen anerkannten Grundsatz sollte ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis dagegen erst nach einer beiden Vertragsparteien zustehenden Kündigung und einer damit verbundenen Kündigungsfrist beendet werden (Mot aaO). Der in anderen Gesetzen oft zu findende Hinweis, daß sich die Dauer der Mietzeit aus dem Gebrauchszweck ergebe, wurde als entbehrlich angesehen (Mot aaO). Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten des BGB nicht verändert worden. n . Beendigung durch Zeitablauf 3 1. Mietverhältnis au! bestimmte Zeit Ein Mietverhältnis endet durch Zeitablauf, wenn es auf eine bestimmte Zeit eingegangen ist. Die Dauer der Mietzeit muß im Vertrag genau bestimmt oder aufgrund des Vertragsinhalts hinreichend bestimmbar sein, so daß es keiner Kündigung oder sonstiger Erklärungen der Parteien bedarf, um das Mietverhältnis zu beenden. a) Die Mietzeit kann dadurch fest bestimmt werden, daß im Mietvertrag ein kalendermäßig festgelegtes Datum vereinbart wird. Dies ist möglich durch Angabe eines bestimmten Kalendertags oder eines variablen Festtags für ein bestimmtes Jahr ( H A N S § 564 Anm 2 a; vgl aber AG Hamburg-Blankenese WuM 1973, 7). Die Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(506)
3. Titel. Miete. Pacht
§564 4-6
Mietzeit ist ferner bestimmt, wenn eine feste Frist vereinbart wird, die nach Zeiteinheiten wie Tagen, Monaten oder Jahren bemessen ist und sich nach dem Beginn des Mietverhältnisses richtet (vgl aber AG Hamburg-Blankenese aaO). Ausreichend ist eine Fristbestimmung in der Form, daß der Gegenstand des Mietverhältnisses für die Dauer einer bestimmten Saison, einer Messe oder eines sonstigen, nach der Verkehrssitte bestimmbaren Zeitraums an den Mieter überlassen wird ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 Rz 3; H A N S § 564 Anm 2 b; SCHMIDTF U T T E R E R - B L A N K B 21). Die Mietzeit ist auch dann bestimmt, wenn ein ursprünglich auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis nach § 556 a oder § 556 c durch Einigung der Parteien oder gerichtliche Entscheidung bis zu einem bestimmten Termin verlängert wird ( P E R G A N D E § 564 Anm 3). Schließlich endet das Mietverhältnis durch Zeitablauf, wenn es zwar nicht für eine kalendermäßig bestimmte Zeit eingegangen ist, die Mietzeit sich aber nach einem von vornherein zeitlich begrenzten Gebrauchszweck des Mieters richtet. Ist dies in dem Vertrag vereinbart, sind keine weiteren Erklärungen der Parteien notwendig, um den Vertrag zu beenden (vgl PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m
2).
b) Eine bestimmte Mietzeit ist auch dann vereinbart, wenn sie bis zum Eintritt eines 4 bestimmten Ereignisses dauern soll. Es handelt sich um eine Zeitbestimmung im Sinne des § 163, selbst wenn der genaue Zeitpunkt noch nicht feststeht (vgl B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 Rz 3 zur Miete auf Lebenszeit). Ist dagegen ungewiß, ob das zukünftige Ereignis überhaupt eintreten wird, so liegt eine auflösende Bedingung vor ( P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 Anm 2 ) . Zwischen Bedingung und Befristung wird im Schrifttum nicht immer scharf unterschieden (vgl H A N S § 5 6 4 Anm 2 c; P E R G A N D E § 5 6 4 Anm 6 ) . Eine Befristung nach § 1 6 3 führt immer dazu, daß das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen ist. Eine auflösende Bedingung kann dagegen mit einem auf unbestimmte oder auf bestimmte Zeit eingegangenen Mietverhältnis verbunden werden. Im letzteren Fall endet der Vertrag vorzeitig, wenn die auflösende Bedingung vor Ablauf der fest vereinbarten Mietzeit eintritt. In beiden Fällen einer auflösenden Bedingung handelt es sich aber nicht um eine Beendigung durch Zeitablauf im Sinne des § 564 Abs 1, sondern um eine Beendigung aufgrund sonstiger Umstände (Rz 44 ff, 50). Bei Mietverhältnissen über Wohnraum greift allerdings § 565 a Abs 2 ein. 2. Mietvertrag mit Optionsrecht
5
Ein Mietvertrag mit Optionsrecht ist ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag, der die Vereinbarung enthält, daß eine Partei berechtigt ist, den Vertrag durch einseitige Erklärung zu verlängern (s im einzelnen Vorbem 120 zu §§ 535, 536). Ein solcher Vertrag endet nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf, wenn die Partei nicht rechtzeitig von ihrem Optionsrecht Gebrauch macht ( H A N S § 564 Anm 4; SCHMIDTF U T T E R E R - B L A N K B 29). Dies muß auf jeden Fall vor Beendigung der Mietzeit durch ausdrückliche Erklärung geschehen ( B G H WM 1967,935; B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 Rz 9). 3. Mietvertrag mit Verlängerungsklausel Ein Mietvertrag mit Verlängerungsklausel ist ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag, der sich auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn nicht ein Vertragsteil innerhalb einer bestimmten Frist vor Ablauf des Mietverhältnisses die weitere Fortsetzung ablehnt (Vorbem 121 zu §§ 535, 536). In Mietverträgen ist insoweit häufig von Kündigung die Rede. Doch handelt es sich hierbei um eine untechnische Formulierung, mit der eine Willenserklärung des Inhalts gemeint ist, (507)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
6
§564 7,8
2. Buch. 7 . Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
eine Fortsetzung des Mietverhältnisses werde abgelehnt (RGZ 86,60,62; BGH NJW 1975,40; L G Wuppertal NJW 1976,2215; P A L A N D T - P U T Z O § 564 Anm 2 a; vgl aber Vorbem 121 a zu §§ 535, 536; B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 Rz 6; R O Q U E T T E § 564 Rz 34; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 27; zur Anwendbarkeit der Sozialklausel s § 556 a Rz 5, § 556 b Rz 7). Wird eine dahin gehende Willenserklärung rechtzeitig abgegeben, endet das Mietverhältnis nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf (vgl ERMAN-SCHOPP
§ 564
Rz
5; HANS
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
§ 564
Anm
3 ; PERGANDE § 5 6 4
Anm
4;
23 ff; S aber § 565 a Abs 1 zu Mietverhältnissen über
Wohnraum, dort Rz 6 ff). DI. Beendigung durch Kündigung 7 1. Allgemeines Nach § 564 Abs 2 kann jeder Teil das Mietverhältnis nach den Vorschriften des § 565 kündigen, wenn die Mietzeit nicht bestimmt ist. Ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis kann demnach durch ordentliche oder außerordentliche befristete Kündigung beendet werden. Diese Aussage des Gesetzes ist unvollständig, weil das auf unbestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis auch durch außerordentliche fristlose Kündigung beendet werden kann. Darüber hinaus spielt die außerordentliche Kündigung bei den auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnissen eine Rolle. 8 2. Rechtsnatur der Kündigung a) Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Jeder Vertragsteil ist grundsätzlich zur Kündigung berechtigt. Die Erklärung wird wirksam, wenn sie dem anderen Vertragsteil zugeht (§§ 130-132). Die formularmäßige Fiktion des Zugangs ist nach § 10 Nr 6 AGBG unwirksam. Dies gilt etwa für die Fiktion des Zugangs unter der zuletzt bekannten Adresse und für die Wahrung einer bestimmten Frist. Der Erklärende muß die Kündigung gegenüber dem Adressaten abgeben, so daß Erklärungen gegenüber unbeteiligten Dritten, aus denen sich eine Kündigungsabsicht ergibt, unerheblich sind. Dritte Personen können nur als Vertreter oder Boten eingeschaltet werden ( R O Q U E T T E § 564 Rz 12). Versucht der Empfänger, den Zugang der Kündigung zu verhindern, so kann der Erklärende dem durch Ersatzzustellung oder öffentliche Zustellung nach § 132 entgegentreten. Die Zustellung durch Niederlegung des Kündigungsschreibens beim Postamt unter Hinterlassung eines Benachrichtigungszettels beim Empfänger ist dem nicht gleichzustellen (BGHZ 67, 271, 277 = NJW 1977,194,195; BRAXMAIER WM 1978,158, 161). Die Verhinderung des Zugangs durch den Adressaten kann aber dazu führen, daß er sich auf einen verspäteten Zugang nicht berufen kann (BGH aaO; LG Berlin W u M 1 9 7 3 , 1 6 1 ; W u M 1 9 7 9 , 2 5 ; STERNEL R Z I V 1 9 ; W E I M A R W U M 1 9 6 8 , 6 ; v g l
§ 130 Anm 2 b mwN). Jede Partei muß sich die in ihrer Person liegenden Zugangshindernisse zurechnen lassen, die durch einen Umzug bedingt sind. Ein Nachsendeauftrag und die Beschriftung des früheren Firmenschildes genügen nicht, wenn kurz vor Fristablauf eingehende Schreiben nicht mehr fristgerecht nachgesandt werden können (OLG Hamburg WuM 1978,120; STERNEL R Z IV 20). Allein aus dem Mietverhältnis als einer besonderen Verbindung zwischen Erklärendem und Empfänger entsteht allerdings noch nicht die Pflicht, sich jederzeit für den Empfang einer Kündigung bereitzuhalten ( W E I M A R aaO 7; aM L E H M A N N H Ü B N E R , AT des BGB [15. Aufl 1966] § 32 II 9). Dies würde die Pflichten, die sich aus einem Mietverhältnis ergeben, zu sehr ausdehnen. Etwas anderes kann aber gelten, wenn der Adressat aufgrund konkreter Umstände, etwa wegen vorangegangener Verhandlungen, eines schon im Mietvertrag bestimmten Kündigungstags oder einer Androhung der Kündigung, mit ihrem alsbaldigen Eingang rechnen muß (vgl PALANDT-HEINRICHS
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(508)
3. Titel. Miete. Pacht
§564 9-12
BGH aaO; OLG Hamburg aaO). Stellvertretung ist bei der Kündigung zulässig (vgl Rz 23). Die Schlüsselgewalt des § 1357 reicht hierzu nach umstrittener Ansicht aber nicht aus (GERNHUBER, Lehrbuch des Familienrechts [3. Aufl 1980] § 19IV 6 mwN; aM MünchKomm-WACKE [1978] § 1357 Rz 18). Hat ein Ehegatte die eheliche Wohnung allein gemietet, kann er sie auch allein kündigen und verstößt dadurch nicht ohne weiteres gegen die §§ 134,138 (LG Stuttgart FamRZ 1977,200 m Anm BOSCH; MünchKomm-WACKE § 1353 Rz 30; H P WESTERMANN, Die Rechtslage der
Familienwohnung 12; aM LG Bamberg FamRZ 1957, 258 m Anm BOSCH u BRÜHL).
Da die Kündigung eine einseitige Willenserklärung ist, braucht der Empfänger keine 9 Gegenerklärung abzugeben. Aus seinem Schweigen können deshalb keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Reagiert der Empfänger nicht sofort, heißt dies nicht, er sei mit der Kündigung einverstanden und mache keine Einwendungen geltend (ROQUETTE § 564 Rz 13). Für einen Widerspruch zum Zwecke der Verlängerung des Mietverhältnisses braucht der Mieter nur die Frist des § 556 a Abs 6 zu wahren (§ 556 a Rz 63 ff). Für die Kündigung gelten alle Vorschriften über einseitige Rechtsgeschäfte, zB die § § 1 0 1 1 1 , 1 7 4 , 180, 182 Abs 3. Die Kündigung ist eine rechtsgeschäftliche Verfügung im Sinne des § 185 Abs 1, weil damit über Rechte aus dem Mietverhältnis verfügt wird (RG Recht 1924 Nr 1319; LG Stuttgart MDR 1970, 682). Mit Einwilligung der berechtigten Mietpartei kann deshalb ein Nichtberechtigter kündigen. Nicht anwendbar ist § 185 Abs 2, wenn der Nichtberechtigte ohne Einwilligung kündigt. Die Wirksamkeit der Kündigung kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in der Schwebe bleiben, bis die Genehmigung mit der Folge der Rückwirkung erteilt wird (RG aaO; LG Stuttgart aaO; vgl RGZ 146, 314, 316; BGHZ 32, 375, 382 f = NJW 1960, 1805, 1 8 0 7 ; PALANDT-HEINRICHS § 185 A n m 1 a).
b) Ein vertraglicher Ausschluß des Kündigungsrechts ist möglich, soweit nicht 11 zwingende gesetzliche Vorschriften oder die besondere Natur dieses Rechts entgegenstehen. So ist die allgemeine Kündigung aus wichtigem Grund (§ 242) bei allen Dauerschuldverhältnissen zwingend (BGH NJW 1951, 836). Im übrigen kann das Kündigungsrecht vertraglich nur auf bestimmte Zeit ausgeschlossen werden, auch wenn der Mietvertrag unbefristet ist. Dabei ist das Formerfordernis des § 566 S 1 zu beachten, wenn die Kündigung für längere Zeit als ein Jahr nicht erklärt werden kann. Ein Ausschluß auf Dauer stünde im Widerspruch zu § 564 Abs 2 und wäre vor allem mit dem Wesen des Mietvertrags unvereinbar, der nur ein vorübergehendes Gebrauchsrecht einräumen soll (LG Karlsruhe WuM 1979, 192; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 51; vgl aber § 567 S 2). Bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnis kann aus der Vereinbarung, daß der Mietzins für einen bestimmten Zeitraum „verbindlich bleiben" soll, in aller Regel nicht geschlossen werden, daß das Mietverhältnis während dieser Zeit unkündbar ist (BGH ZMR1976, 203). Aus einer Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache dem Mieter bis zur Fertigstellung eines von diesem beabsichtigten Neubaus zu belassen, ergibt sich jedoch, daß der Vermieter - nach Aufgabe der Baupläne durch den Mieter - diesem erst zu dem Zeitpunkt kündigen kann, in dem der beabsichtigte Neubau nach der Vorstellung der Parteien und den Verhältnissen im Baugewerbe frühestens fertig geworden wäre (LG Mannheim WuM 1961, 26). Ist ein Mietvertrag nach den Parteivereinbarungen frühestens für den Fall des Abbruchs des Gebäudes kündbar, so ist die Abbruchgenehmigung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung (LG Köln WuM 1980, 101, 103). Die Parteien können die Zulässigkeit der Kündigung auf bestimmte Gründe beschränken. In Rspr und Schrifttum wird verbreitet die Auffassung vertreten, daß das Recht zur 12 ordentlichen Kündigung bei einem unbefristeten Mietverhältnis vertraglich ausge(509)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 13
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
schlössen sei, wenn der Mieter einen abwohnbaren Finanzierungsbeitrag an den Vermieter geleistet habe. Dies wird im Wege der Auslegung nach § 157 aus der Verrechnungsabrede geschlossen (OLG München DWW 1964,158; OLG Stuttgart ZMR 1959,325; LG Bochum MDR1970, 512; LG Dortmund WuM 1965,151; LG Frankfurt WuM 1965, 97; LG Hagen WuM 1967, 171; ZMR 1968, 86; LG Hannover MDR 1969, 845; WuM 1980, 57; LG Mannheim WuM 1970, 168; LG München WuM 1964, 56; LG Oldenburg ZMR 1957, 154; AG Essen ZMR 1966, 322; AG Karlsruhe WuM 1967, 38; A G Münster WuM 1963, 159; MünchKommVOELSKOW § 564 Rz 11; PALANDT-PUTZO Einf v § 535 Anm 11 b bb; PERGANDE § 564 Anm 8 a; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 49; STERNEL R Z IV 33; vgl auch D E R L E D E R i n AK § 564 Rz 1; H A N S § 564 Anm 5 k; aM OLG Celle NJW1956,1281; LG Braunschweig ZMR 1967, 202; LG Stuttgart ZMR 1967, 112; B U R K H A R D T BB 1964, 771, 775). Die vorherrschende Auffassung wird idR den Interessen beider Parteien gerecht, da sie durch den zeitweisen Ausschluß des Kündigungsrechts auf die von den Parteien in Aussicht genommene längere Vertragsverbindung Rücksicht nimmt. Eine vorzeitige Kündigung würde demgegenüber als ein Verstoß gegen eigenes vorangegangenes Verhalten erscheinen. Ein solches Verhalten zu unterlassen, kann aber schon als Inhalt des Mietvertrags erscheinen und damit als vertraglicher Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gedeutet werden. Dies setzt allerdings voraus, daß im Mietvertrag nicht ausdrücklich eine anderweitige Regelung getroffen ist ( P E R G A N D E aaO; vgl auch LG Mannheim WuM 1968,44). Das gleiche kann bei hohem Renovierungsaufwand des Mieters gelten (AG Köln MDR 1971, 762; BGB-RGRK-GELHAAR § 564 R z
18).
13 c) Die Kündigung kann vertraglich an die Einwilligung eines Dritten gebunden werden. Sie ist unwirksam, wenn die Einwilligung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung noch nicht erteilt ist (§ 182 Abs 1), und kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht durch Genehmigung nach den §§ 185 Abs 2,184 Abs 1 geheilt werden (LG Duisburg WuM 1966,82; LG Kassel WuM 1966,201; H A N S § 564 Anm 8 b bb; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 50). Ein solches Zustimmungserfordernis wird häufig in Verträgen zur Förderung von Werkwohnungen zwischen Arbeitgeber und Vermieter vereinbart (vgl LG Hamburg ZMR 1966, 217; AG Dortmund DWW 1961,170). Es entfällt mit dem Ende des Besetzungsrechts (BGH WM 1969, 1454; STERNEL Rz IV 39; vgl unten §§ 565 b-565 e Rz 2 zur Zustimmung des Betriebsrats). Auch bei LAG-Aufbaudarlehen werden üblicherweise derartige Klauseln in den Darlehensvertrag zwischen Ausgleichsamt und Vermieter aufgenommen (LG Duisburg aaO; LG Kassel aaO; LG Essen WuM 1965, 133; AG Kiel WuM 1980, 265; H A N S § 564 Anm 8 b; P E R G A N D E § 564 Anm 8 b; STERNEL R Z IV 34 ff). Fehlen sie aber, so gibt es keinen Rechtssatz, daß die Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnungen, für deren Errichtung Lastenausgleichsmittel bewilligt sind, der Zustimmung des Lastenausgleichsamts bedarf (AG Köln WuM 1970, 59). Die notwendige Zustimmung des Ausgleichsamts wird durch eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens vor Ablauf der zehnjährigen Zweckbindungsfrist nicht überflüssig (LG Karlsruhe WuM 1967, 167). Nach Ablauf dieser Frist kann jedoch weder aus der abgelaufenen Zweckbindung noch aus dem nach § 362 erfüllten Darlehensvertrag das Erfordernis einer Zustimmung abgeleitet werden (LG Frankfurt WuM 1973, 81; BVerwG B1GBW 1973, 149 - jedenfalls dann nicht mehr, wenn der ursprüngliche Darlehensnehmer [Mieter] die Wohnung noch nutzt; H A N S § 564 Anm 8 b cc; P E R G A N D E § 564 Anm 8 b; aM LG Mannheim WuM 1973, 96). Derartige Zustimmungsklauseln werden vielfach als Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 angesehen (BGH NJW 1967, 2260; LG Essen WuM 1965, 133; MDR 1969, 147). Nach H A N S (§ 564 Anm 8 b aa) und S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K ( B 50) kann es wegen des wirtschaftlich gleichen Ergebnisses offenbleiben, ob es sich um einen Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(510)
3. Titel. Miete. Pacht
§564 14,15
echten Vertrag zugunsten Dritter oder um einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte handelt. Nach Ansicht des LG Bremen (DWW 1966, 295) und des AG Hattingen (WuM 1965, 135) werden derartige Klauseln erst wirksam, wenn sie Gegenstand mietvertraglicher Vereinbarungen zwischen Mieter und Vermieter geworden sind. Zuzugeben ist dieser Auffassung, daß die rechtliche Konstruktion eines Vertrags zugunsten Dritter nicht klar zutage liegt, wenn die Kündigung an die Zustimmung eines Dritten gebunden wird, geht es doch insoweit nicht unmittelbar um ein Recht der begünstigten Partei des Mietvertrags auf Leistung. Wenn der Vermieter sich gegenüber einem Dritten verpflichtet, den Mietvertrag nicht ohne dessen Zustimmung zu kündigen, so liegt darin das Versprechen, dem Mieter so lange auch den Gebrauch der Mietsache zu überlassen. Auf diese Fortsetzung der Leistung hat der Mieter einen Anspruch aus dem Vertrag zu seinen Gunsten. d) Das Recht auf Kündigung ist ein unselbständiges Gestaltungsrecht, das der 14 Umgestaltung des gesamten Schuldverhältnisses dient, ohne höchstpersönlichen Charakter zu tragen. Deshalb steht an sich nichts entgegen, ein Kündigungsrecht bei einem Wechsel der Parteien des Mietvertrags auf den Rechtsnachfolger übergehen zu lassen. Gleichwohl wird bei dieser vor allem im Rahmen des § 571 relevanten Frage danach differenziert, ob die Kündigung bereits vor dem Wechsel der Parteien ausgesprochen worden ist ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 52, 53) oder ob die Voraussetzungen des Kündigungsrechts wenigstens teilweise in der Person des Rechtsnachfolgers entstanden sind (§ 571 Rz 61 ff mwN; s auch § 564 b Rz 50).
3. Inhalt der Kündigung
15
a) Erklärungsinhalt im allgemeinen aa) In der Kündigungserklärung muß eindeutig zum Ausdruck kommen, daß der Erklärende das Mietverhältnis beenden will. Die Benutzung des Wortes Kündigung ist weder notwendig noch in jedem Falle ausreichend (LG Frankfurt ZMR1968, 85). Die Erklärung muß einen unmißverständlichen Hinweis enthalten, aus dem auf den Kündigungswillen geschlossen werden kann (BGH LM Nr 2 zu § 595 BGB = ZMR 1957, 264; LG Frankfurt ZMR 1968, 85; AG München ZMR 1967, 135). Dies ist auch bei einer Klage auf Herausgabe der Mietsache möglich (BGH aaO; LG Mönchengladbach WuM 1961,166; LG München I WuM 1980,255 [LS]; LG Siegen WuM 1980,207 [LS]; LG Wiesbaden ZMR 1972,81; AG Bremervörde WuM 1973, 99; s auch LG Bückeburg WuM 1976,123 - Kündigungserklärungen in der Berufung gegen klageabweisendes Urteil; H A N S § 564 Anm 5 c; MünchKomm-VoELSKOw § 564 Rz 18; R O Q U E T T E § 564 Rz 14; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 35; aM AG Köln WuM 1974, 105). Für den Beklagten muß jedoch eindeutig erkennbar sein, daß neben der Klageerhebung als Prozeßhandlung eine Kündigung als materiellrechtliche Willenserklärung abgegeben werden soll (LG Hamburg MDR 1974, 584; LG Karlsruhe MDR 1978, 672; AG Friedberg/Hessen WuM 1979, 243; P A L A N D T P U T Z O § 564 a Anm 2; S T E R N E L Rz IV 4). Prozeßhandlung und materiell-rechtliche Erklärung fallen nicht notwendig zusammen (aM S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). So kann sich etwa aus den Schriftsätzen ergeben, daß der Kläger bei seiner vorgerichtlichen Kündigungserklärung stehengeblieben ist und von deren Wirksamkeit ausgeht, was insbesondere für die Wahrung der in § 564 a vorgesehenen Schriftform wichtig ist (vgl LG Hamburg aaO). Die Kündigung kann in einer konkludenten Handlung liegen, soweit nicht durch Parteivereinbarung oder Gesetz eine besondere Form vorgeschrieben ist (§ 564 a Abs 1 S 1; vgl unten Rz 28 f). In der Einziehung des alten Mietvertrags und der Zusendung eines neuen liegt nicht ohne weiteres eine Kündigung. Vielmehr handelt es sich um einen Antrag, den bisherigen (511)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 16,17
Vertrag zu vorzeitigen 1975, 143; Mitmieters
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
ändern (AG Münster WuM 1972, 123). Auch die Ankündigung des Auszugs im Anschluß an einen Räumungsvergleich (AG Köln WuM vgl aber LG Mönchengladbach WuM 1964, 10) oder der Auszug eines (LG Köln WuM 1976, 145) stellen idR keine Kündigung dar.
16 bb) Ein bestimmter Kündigungsgrund muß in der Erklärung grundsätzlich nicht angegeben werden. Dies gilt für die ordentliche und die außerordentliche Kündigung in gleicher Weise (BGH WM 1959, 538, 542; WM 1975, 897, 899; NJW 1980, 777, 7 7 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 2 R z 8 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 R z 1 2 ; HANS § 5 6 4 A n m 5 d ; MITTELSTEIN 4 5 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 b ; SOERGEL-KUMMER
§ 5 6 4 R z l 4 ) . D i e hiervon hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung abweichende Ansicht (LG Mannheim WuM 1975, 226, 227; Justiz 1976, 469; DERLEDER in AK § 5 6 4 a R z 3 ; PERGANDE § 5 6 4 a A n m 4 ; ROQUETTE § 5 6 4 R z 2 0 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 64; STERNEL R Z I V 237; WEIMAR ZMR1967,6; vgl LG Hamburg
WuM 1977, 184 zu § 564 b Abs 3) findet im Gesetz keine Stütze. Allenfalls nach § 242 kann der Kündigende gehalten sein, seine Gründe auf Befragen mitzuteilen, damit der Gegner seine Rechtsverteidigung darauf einstellen kann (BGB-RGRKGELHAAR § 564 Rz 15; ERMAN-SCHOPP aaO). Das aber ist keine Frage des notwendigen Inhalts und damit der Wirksamkeit der Kündigungserklärung, sondern einer etwaigen Schadensersatzverpflichtung (MITTELSTEIN 460). Unschädlich ist es deshalb, wenn ein unzutreffender Grund angegeben wird (RG H R R 1934 Nr 318; H A N S § 564 Anm 5 d). Entscheidend ist allein, daß im Zeitpunkt der Kündigungserklärung tatsächlich ein Grund vorliegt, der die außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Wird die Kündigung von dem angegebenen Grund nicht gestützt, so können grundsätzlich auch nicht bekanntgegebene Gründe mit der Wirkung nachgeschoben werden, daß sie die Kündigung bereits für den Zeitpunkt ihres Ausspruchs rechtfertigen, sofern sie in diesem Zeitpunkt bereits existierten (BGH WM 1959,538,542; BGHZ 27, 220 = NJW 1958,1136 zum Handelsvertreter; aM STERNEL R Z IV 238). Zu beachten ist aber § 564 b Abs 3. Hiernach werden als berechtigte Interessen des Vermieters an der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind. Letzteres setzt aber eine von Anfang an wirksame Kündigung voraus (§ 564 b Rz 125, 130). Die Angabe eines Grundes ist erforderlich, wenn die Parteien vereinbart haben, daß die Kündigung nur aus bestimmten Gründen zulässig sein soll (PALANDT-PUTZO § 564 Anm 3 b; ROQUETTE § 564 Rz 17), und wenn der Parteiwille auf ein dahin gehendes Erfordernis gerichtet ist. Wird der Kündigungsgrund in einem solchen Fall nicht angegeben, so liegt ein Mangel hinsichtlich des als notwendig vereinbarten Inhalts der Erklärung vor, der die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat. Für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum sieht § 564 a Abs 1 S 2 als Sollvorschrift die Angabe der Kündigungsgründe vor. Es handelt sich aber nicht um eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung. Nach § 556 a Abs 1 S 3 können bei einem Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung grundsätzlich nur die in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe zur Würdigung der Interessen des Vermieters herangezogen werden. 17 cc) Bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit war früher die Kündigung zwecks Mieterhöhung recht verbreitet. Sie ist nunmehr bei Mietverhältnissen über Wohnraum durch § 1 S 1 MHRG ausdrücklich ausgeschlossen (§ 1 MHRG Rz 6 ff). Insoweit kann der Vermieter eine Mieterhöhung nur nach Maßgabe der §§ 2 - 7 MHRG durchsetzen. Für sonstige Mietverhältnisse hat sich die Rechtslage nicht verändert. Eine Kündigung zwecks Mieterhöhung ist nichts anderes als eine ordentliche Kündigung, die das Mietverhältnis nach § 564 Abs 2 beendet. Die Besonderheit besteht nur darin, daß sie in bestimmter Weise motiviert ist und mit Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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§564
18
3. Titel. Miete. Pacht
einem Vertragsangebot des Vermieters verbunden ist, ein neues Mietverhältnis mit einem höheren Mietzins abzuschließen ( M I T T E L S T E I N 395, 459; P E R G A N D E § 564 Anm 9 b; R O Q U E T T E § 564 Rz 18). Davon zu unterscheiden ist die Kündigung unter der auflösenden Bedingung, daß der dem Mieter gleichzeitig gemachte Antrag, die Miete durch einen Abänderungsvertrag zu erhöhen, angenommen wird (Rz 19 ff). dd) Nach verbreiteter Auffassung soll die Kündigungserklärung die Angabe eines 18 Kündigungstermins enthalten, da sie bezwecke, den Endpunkt des Mißverhältnisses festzulegen ( M I T T E L S T E I N 454; R O Q U E T T E § 564 Rz 16; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 32). Das Gesetz enthält für ein solches Erfordernis auch in Form einer Sollvorschrift keinen Anhaltspunkt. Fehlt die Angabe eines bestimmten Kündigungstermins, so macht dies nach einhelliger Meinung die Kündigung nicht unwirksam, da es sich nicht um einen wesentlichen Bestandteil der Erklärung handelt (RG JW 1908, 270 Nr 4). Die Kündigung wird dann zum nächst zulässigen Termin wirksam (LG Braunschweig B1GBW
1969,
137;
BGB-RGRK-GELHAAR
§
564
Rz
12;
MITTELSTEIN
aaO;
aaO; S C H M I T T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Das gleiche gilt, wenn die Kündigungserklärung für den angegebenen Termin wegen der nach § 565 einzuhaltenden Fristen verspätet ist (OLG Hamburg OLGE 36, 64; AG München ZMR ROQUETTE
1967, 135; BGB-RGRK-GELHAAR
a a O ; E R M A N - S C H O P P § 5 6 4 R z 1 1 ; SOERGEL-
§ 564 Rz 12). Die Wirkung der verspäteten Kündigung zum nächst zulässigen Termin tritt aber nur ein, wenn der Kündigende das Mietverhältnis auf jeden Fall beenden will und dieser Wille dem anderen Vertragsteil genügend erkennbar ist (OLG Hamburg aaO; AG München aaO - bestimmtes Verlangen auf Rückgabe; E R M A N - S C H O P P aaO). Die Kündigung kann auch für einen späteren als den nächst zulässigen Termin erklärt werden ( M I T T E L S T E I N 466). Bei einem befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel ist jede Partei berechtigt, die Erklärung, die eine Verlängerung des Mietverhältnisses verhindern soll, bereits vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit auszusprechen, um den Vertrag zum frühest möglichen Zeitpunkt zu beenden (LG Mannheim ZMR 1970, 240). Eine solche verfrühte Kündigung darf allerdings nicht zum Nachteil des anderen Vertragsteils von den nach den §§ 565 a Abs 1, 565 einzuhaltenden Kündigungsfristen abweichen, was bei Verträgen mit Verlängerungsklausel praktisch möglich wäre (vgl A G Köln WuM 1970, 22). Ist die Kündigung für einen späteren als den nächst zulässigen Termin ausgesprochen worden, steht es jeder Vertragspartei grundsätzlich frei, bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu kündigen, wenn die dafür maßgebende Kündigungsfrist noch einzuhalten ist. Dies kann allerdings eine Verpflichtung zum Schadensersatz auslösen, wenn sich der andere Vertragsteil bereits auf den späteren Termin eingestellt hat ( M I T T E L S T E I N 467). Eine Kündigung ist auch sogleich mit dem rechtlichen Beginn des Mietverhältnisses vor dessen tatsächlichem Vollzug möglich, soweit dabei die Kündigungsfristen des § 565 gewahrt werden. Maßgebend sind die Vereinbarungen der Parteien, wann die Frist für eine vor Vollzug des Mietvertrags erklärte ordentliche Kündigung beginnt. Haben die Parteien keine Abreden getroffen, beginnt die Frist mit dem Zugang der Kündigungserklärung (BGHZ 73, 350 = NJW 1979, 1288 m krit Anm H A A S E JR 1979,415; vgl BGH WM 1971, 798; aM L E N H A R D DWW 1980, 166; MünchKomm-VoELSKOw § 564 Rz 19). Der Vertrag wird mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet, mag dieser Zeitpunkt vor oder nach dem tatsächlichen Vollzug des Mietvertrags liegen. Im letzteren Fall sind aber die Grundsätze eines widersprüchlichen Verhaltens nach § 242 zu beachten. Das gleiche gilt für die ordentliche Kündigung bei aufschiebend bedingtem oder befristetem Vertragsabschluß vor Eintritt der Bedingung oder des vorgesehenen Anfangstermins und vor dem Vollzug des Mietvertrags. Die Regelung des § 162 Abs 1 steht dem nicht entgegen, da die Parteien in diesen Fällen nicht schlechter als bei unbedingtem KUMMER
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Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 19-21
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Vertragsabschluß gestellt werden dürfen. Ebenso kann eine außerordentliche Kündigung vor dem Vollzug des Mietvertrags erklärt werden und den Mietvertrag unter Einhaltung einer Frist (§ 565 Abs 5) oder fristlos beenden (§ 569 Rz 22; § 570 Rz 18). Ein befristetes Mietverhältnis kann hingegen auch vor dem Einzug nicht ordentlich gekündigt werden (LG Köln WuM 1980, 29). 19 b) Bedingte Kündigung aa) Die Frage, ob die Kündigung unter einer Bedingung erklärt werden kann, ist seit langem umstritten. Nach verbreiteter Auffassung soll eine bedingte Kündigung generell unzulässig sein und zwar auch dann, wenn der Eintritt der Bedingung nur vom Willen des Kündigungsempfängers abhängig sei (HANS § 564 Anm 5 f; ROQUETTE § 5 6 4 R z 1 5 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 1 ; STERNEL RZ I V 1 2 ) . E i n e
bedingte Kündigung widerspreche dem für Gestaltungsrechte geltenden Bestimmtheitsgrundsatz, der es nicht dulde, daß hinsichtlich der Rechtswirkung ein Schwebezustand eintrete. Nach MITTELSTEIN (458) soll eine Potestativbedingung nur dann zulässig sein, wenn der Kündigungsempfänger damit einverstanden sei. Auch nach hM ist eine bedingte Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen. Allerdings wird die Kündigung nicht schlechthin als bedingungsfeindlich angesehen. Es komme vielmehr darauf an, ob sie genügend bestimmt und klar sei, so daß der Kündigungsempfänger nicht in eine ungewisse Lage versetzt werde. Hänge der Eintritt des zukünftigen ungewissen Ereignisses wie bei der Potestativbedingung allein vom Willen des Empfängers ab, so sei eine derart bedingte Kündigung zulässig (BGH WM 1973,694, 695; BAG NJW 1968, 2078; OLG Braunschweig SeuffA 57 Nr 60; OLG Dresden SeuffA 62 Nr 248; OLG Hamburg SeuffA 74 Nr 4; AG Köln WuM 1973, 253; vgl A G Schleswig W u M 1 9 8 0 , 2 0 6 [ L S ] ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 2 R z 1 0 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 R z 1 1 ; HERPERS R z 7 8 5 ; JAUERNIG-TEICHMANN § 5 6 4 A n m 3 ; LARENZ A T [ 5 . A u f l 1 9 8 0 ] § 2 5 I I ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 e ; PERGANDE § 5 6 4 A n m 9 a ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 4 R z 1 9 ; WEIMAR W U M 1 9 6 5 , 2 0 0 ) .
20 bb) Das Gesetz hat die Unzulässigkeit einer Bedingung bei einseitigen gestaltenden Rechtsgeschäften ausdrücklich nur für die Aufrechnung in § 388 S 2 ausgesprochen (Mot II 413 zum Mietrecht). Im übrigen werden die Grenzen für die Zulässigkeit einer Bedingung durch die erforderliche Rücksichtnahme auf den Geschäftsgegner gezogen. Ist die Rücksichtnahme aber entscheidendes Kriterium für die Bedingungsfeindlichkeit der Kündigung, so ist mit der hM eine bedingte Kündigung als zulässig anzusehen, wenn der Geschäftsgegner keiner Rücksichtnahme bedarf, dh wenn er es von Anfang an allein in der Hand hat, die Bedingung eintreten zu lassen oder nicht. Dem steht auch nicht die Entscheidung des RG entgegen, in der eine bedingte Kündigung „in vollem Umfang" für unwirksam erklärt worden ist (RG WarnR 1915 Nr 103). Hierbei war die Kündigung von dem ungewissen Ausgang eines Räumungsrechtsstreits abhängig gemacht, nicht aber von einer Potestativbedingung. Insoweit enthält die Entscheidung also keine entgegenstehende Aussage (vgl LG Frankfurt WuM 1955, 185). In § 643 sieht das Gesetz die Kündigung unter einer Potestativbedingung ausdrücklich vor. 21 cc) Da die Bedingungsfeindlichkeit einer Kündigung mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung allein von der gebotenen Rücksichtnahme auf den Geschäftsgegner abhängt, ist im übrigen eine bedingte Kündigung auch bei Zustimmung des anderen Vertragsteils zulässig ( R G Z 9 1 , 3 0 7 , 3 0 9 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 R z 1 1 ; PERGANDE §
564 Anm 9 a; WEIMAR WUM 1965, 200). Es macht keinen Unterschied, ob der andere Teil vorher oder nachträglich zustimmt, da die Wirksamkeit der Kündigung in jedem Fall vom Willen des Empfängers abhängt. Die Zustimmung muß ausdrücklich erklärt werden oder zumindest dadurch bewußt zum Ausdruck gebracht werden, daß Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(514)
3. Titel. Miete. Pacht
§564 22, 22 a
der Empfänger die Kündigung im Rechtsverkehr als gültig behandelt (vgl P E R G A N D E u W E I M A R aaO). Keinesfalls reicht es aus, daß der Empfänger die bedingte Kündigung nur in Unkenntnis der grundsätzlichen Rechtslage als wirksam behandelt oder nicht sofort zurückweist. Da der Empfänger auf die einseitige, empfangsbedürftige Kündigungserklärung nicht zu antworten braucht, können aus seinem Schweigen keine Schlüsse auf einen rechtsgeschäftlichen Willen gezogen werden. Schließlich kann auch die Entstehung des Kündigungsrechts vereinbarungsgemäß vom Eintritt eines ungewissen zukünftigen Ereignisses abhängig gemacht werden ( S O E R G E L KUMMER § 5 6 4 R z
19).
c) Mehrheit von Beteiligten
22
aa) Die Frage, wie und gegenüber wem bei einer Mehrheit von Beteiligten auf der Mieter- oder Vermieterseite gekündigt werden muß, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, weil sie in gleicher Weise bei anderen Schuldverhältnissen wiederkehrt. Das Gesetz geht als selbstverständlich davon aus, daß ein einheitlicher Mietvertrag bei mehreren Mietern oder Vermietern nur von allen oder gegen alle anderen Beteiligten gekündigt werden kann (Mot II 413). Dies entspricht einhelliger Auffassung in Rspr (RGZ 90,328,330; 138,183,186; 141,391,392;BGHZ26,102,103 = NJW1958, 421; BGH WM 1964,273,275; WM 1972,136,137; OLG Hamburg B1GBW1961, 334; LG Hamburg WuM 1977, 184; AG Bonn WuM 1967, 61, jeweils für mehrere Mieter; vgl aber BGHZ 65, 49 = NJW 1975, 1653 zur Kündigung nach formlosem Beitritt zu formbedürftigem Mietvertrag; LG Berlin WuM 1979, 25; AG Frankfurt ZMR1969,85; AG Friedberg WuM 1980,113 [LS]; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1972,110 für mehrere Vermieter; RGZ 97,79,81; AG Hagen WuM 1980,113 [LS]; AG Köln WuM 1980, 86 [LS]; AG München WuM 1970,102; AG Offenbach ZMR 1978, 204 für mehrere Mieter und Vermieter; s auch AG Friedberg/Hessen WuM 1980, 64 zur Erbengemeinschaft) und Schrifttum ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 Rz 1 4 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 R z 1 3 ; H A N S § 5 6 4 A n m 5 i; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 f ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 4 ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 4 R z 2 1 ; STERNEL R Z I V
5; WEIMAR B1GBW 1979, 32, 33). Es wird gefolgert aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses, die vom Regelfall des § 425 abweicht (BGH WM 1964,273,275), sowie daraus, daß die dem Vermieter obliegende Pflicht zur Gebrauchsüberlassung und die Verpflichtung des Mieters, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugewähren, unteilbar sind (Mot II 413). Hat ein Ehegatte die eheliche Wohnung allein angemietet, so kann er das Mietverhältnis auch allein kündigen (LG Stuttgart FamRZ 1977, 200; aM LG Bamberg FamRZ 1957, 258 m Anm B O S C H U B R O H L - im Hinblick auf § 138 Abs 1; Rz 8). Wird in einem Formularmietvertrag bestimmt, daß es für die Kündigung durch den Vermieter genügt, wenn sie einem der Mitmieter zugeht, so handelt es sich im Hinblick auf § 10 Nr 6 AGBG um eine unwirksame Zugangsfiktion gegenüber den anderen Mitmietern (BUB DWW 1977, 76, 79; STERNEL R Z II 405; s zur Empfangsvollmacht unten Rz 23). bb) Aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses ergibt sich nicht, daß ein 22a Kündigungsgrund, der nur in der Person eines von mehreren Mietern oder Vermietern eingetreten ist, die andere Vertragspartei berechtigt, das Mietverhältnis mit Wirkung für und gegen alle anderen, nicht betroffenen Beteiligten zu kündigen. Dies richtet sich vielmehr nach der gesetzlichen Vorschrift, auf die das Kündigungsrecht gestützt wird, und nach der Ausgestaltung des einzelnen Vertragsverhältnisses (BGHZ 26, 102, 104 = NJW 1958, 421, 422). Insoweit ist keine allgemeingültige Aussage möglich (vgl R G Z 90, 328, 331 zu § 569; R G Z 141, 391, 393; BGHZ 26, 102,108 = NJW 1958,421,423; OLG Celle MDR 1974, 673 zu § 19 KO). Ist eine OHG oder KG Mietpartei, so ist nur die Gesellschaft kündigungsberechtigt. Ihre Kündigung wirkt aber für und gegen die Gesellschafter (vgl R G Z 140, 10, 12). (515)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 23
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
23 cc) Die Einheitlichkeit des Mietverhältnisses hat zur Folge, daß die Kündigung bei einer Mehrheit von Beteiligten durch sämtliche Personen der einen Vertragsseite gegenüber sämtlichen Personen der anderen Vertragsseite erklärt werden muß. Dabei ist auf seiten der Erklärenden oder der Empfänger Stellvertretung zulässig. Bei Gesellschaften richtet sich dies nach der vertraglichen oder gesetzlichen Regelung der Vertretung (OLG Hamburg WuM 1978, 120). Für Gemeinschaften ist § 744 maßgebend (LG Berlin WuM 1979, 25). Die Erteilung der Vollmacht, eine Kündigung zu erklären oder entgegenzunehmen, ist formlos wirksam (§ 167 Abs 2). Der Kündigungsempfänger kann eine Kündigung jedoch nach § 174 zurückweisen, wenn der Bevollmächtigte ihm keine Vollmachtsurkunde vorlegt (LG Berlin aaO). Der bloße Hinweis auf das Vorhandensein einer Kündigungsvollmacht und die Möglichkeit der Einsichtnahme seitens des Gekündigten können die Beifügung der Vollmachtsurkunde dann nicht ersetzen (LG Mannheim WuM 1976, 207). Die Zurückweisung der Kündigung wegen fehlender Vollmacht muß vom Kündigungsempfänger klar zum Ausdruck gebracht werden und kann nicht ohne weiteres daraus hergeleitet werden, daß er die Kündigung aus anderen Gründen nicht gegen sich gelten lassen will (OLG Hamburg WuM 1978, 120). Der Empfänger kann die Kündigung auch dann nach § 174 zurückweisen, wenn sich der Vertreter des Kündigenden auf eine bereits anläßlich einer früheren Kündigung vorgelegte Vollmachtsurkunde beruft, die aber nicht die Befugnis zur abermaligen Kündigung erkennen läßt (LG Mannheim WuM 1978, 139). Eine berechtigt zurückgewiesene Kündigung ist unwirksam und kann nur ohne Rückwirkung wiederholt werden (vgl AG Oberndorf WuM 1977,168). Für die Erklärung im Namen des Vertretenen und die Bevollmächtigung gelten die allgemeinen Grundsätze. So kann der andere Vertragsteil bei Kündigungserklärungen von einem Ehegatten oder an einen Ehegatten nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß insoweit ein Handeln namens und in Vollmacht des anderen Ehegatten vorliegt (LG Frankfurt WuM 1961,37; AG Hamburg WuM 1977, 165; AG Hannover ZMR 1973, 15; AG Mannheim WuM 1976,184; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 44; aM H A N S § 564 Anm 5 i). Insoweit hat ein Mangel vielmehr die Unwirksamkeit gegenüber allen Beteiligten zur Folge. Die Kündigung durch einen oder gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht ist nur im Rahmen des § 180 mit Rückwirkung genehmigungsfähig. Leitet der Vermieter die schriftliche Kündigung des Mietvertrags einem vom Mieter zur Entgegennahme einer solchen Erklärung nicht bevollmächtigten Rechtsanwalt zu, so ist die Kündigungserklärung dem Mieter zugegangen, sobald der Rechtsanwalt dessen Auftrag annimmt, gegen die Kündigung nicht nur wegen Fehlens einer Empfangsvollmacht, sondern auch wegen Fehlens eines Kündigungsgrundes vorzugehen (vgl BGH NJW 1980, 990). Die Vollmacht, eine Kündigung zu erklären oder entgegenzunehmen, kann bereits im Mietvertrag erteilt werden. Hierfür ist es als nicht ausreichend angesehen worden, wenn vertraglich in Anlehnung an § 14 des Deutschen Einheitsmietvertrags (DJ 1934, 304) die Klausel übernommen wurde, nach der es „für die Rechtswirksamkeit einer Erklärung des Vermieters genügt. . ., wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wird" (OLG Hamburg B1GBW 1961, 334; LG Hamburg WuM 1977, 184; AG Hamburg WuM 1973, 5; AG Hamburg-Wandsbek MDR 1971, 845; AG Hannover ZMR 1973, 15; H A N S § 535 Anm 5 d; ROQUETTE § 535 Rz 87, 88; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 44; H P WESTERMANN, Die Rechtslage der Familienwohnung 17; aM LG Berlin MDR 1970, 54). Die Vollmacht beruhe auf dem Mietvertrag und könne sich mangels einer klaren Aussage der formularmäßigen Klausel nicht auf solche Willenserklärungen erstrecken, die gerade die Rechtsgrundlage der Vollmacht beseitigen sollen (OLG Hamburg aaO). Das Interesse des Vermieters, sich auf diese Klausel vor allem dann stützen zu können, wenn das Einvernehmen zwischen mehreren Mietern gestört ist (vgl LG Berlin aaO), muß demgegenüber zurücktreten. Ebensowenig wird die Kündigung durch einen Mitmieter Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(516)
3. Titel. Miete. Pacht
§564 24, 25
von der Klausel des Mietvertrags gedeckt, daß Willenserklärungen eines Mieters auch für die anderen Mieter verbindlich sind (AG Offenbach ZMR 1978, 204 m Anm SHULZ). Die Vollmacht muß deshalb ausdrücklich auf die Kündigung erstreckt werden. Der vom BMJ vorgelegte Mustermietvertrag 1976 sieht in § 16 Abs 2 S 3 vor, daß eine gegenseitige Bevollmächtigung mehrerer Mieter auch für die Entgegennahme von Kündigungen gilt, nicht jedoch für den Ausspruch der Kündigung und für Mietaufhebungsverträge. Eine dahin gehende Vollmacht ist in Formularmietverträgen nach § 9 Abs 1 AGBG unwirksam, weil dadurch der Mietvertrag als Rechtsgrundlage der Vollmacht beseitigt wird (SCHLOSSER-COESTER-WALTJEN-GRABA, Komm z AGBG [1977] § 9 Rz 139; STAUDINGER-SCHLOSSER, AGBG § 9 Rz 41; STERNEL Rz 1 1 4 , II 405, III 146, IV 5; ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGB Kommentar [3. Aufl 1978] Anh §§ 9-11 Rz 504, 921; vgl OLG Hamburg B1GBW 1961, 334; DERLEDER in AK § 564 Rz 3; WEIMAR B1GBW 1979, 33; offengelassen von AG Mannheim WuM 1976, 184). Die formularmäßige Fiktion einer gegenseitigen Bevollmächtigung ist im übrigen an § 10 Nr 5 AGBG zu messen. Die Schlüsselgewalt des § 1357 deckt nach umstrittener Ansicht nicht die Kündigung eines Mietvertrags (GERNHUBER, Lehrbuch des Familienrechts [3. Aufl 1980] § 19 IV 6 mwN; aM MünchKomm-Wacke [1978] § 1357 Rz 18).
d) Teilkündigung
24
Die Zulässigkeit einer Teilkündigung in dem Sinne, daß nur Teile eines Mietverhältnisses gekündigt werden, ist in Rspr und Schrifttum umstritten (vgl § 553 R z 3 3 e). Hierbei geht es nicht um die im Rahmen einer Mehrheit von Beteiligten auftauchenden Probleme (Rz 22 f), sondern um die Frage, ob das Mietverhältnis nur hinsichtlich einzelner Abreden des Vertrags oder einzelner Teile der Mietsache gekündigt werden kann. aa) Eine Teilkündigung von Nebenabreden, aus denen sich besondere Rechte und Pflichten der Parteien im Rahmen des Mietverhältnisses ergeben, wird allgemein für unzulässig gehalten ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 11; P A L A N D T - P U T Z O § 564 Anm 3 d; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 47). Dies gilt für alle einseitig nicht abtrennbaren Bestandteile der vertraglichen Abreden, wie etwa das Verbot der Aufrechnung (LG Berlin III GrdstW 1932, 55; H A N S § 564 Anm 5 h), der Erlaubnis zur Untervermietung (KG GrundE 1929, 841; LG Berlin III GrundE 1929, 248 u 868; LG Essen MDR 1966, 420; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO; SOERGEL-KUMMER § 564 Rz 23), zur Anbringung von Reklameschildern (LG Hamburg JW 1928, 2576 Nr 8), zur Aufstellung eines Wagens im Hofraum (LG Berlin I GrundE 1929, 285; LG Hamburg GrdstW 1929, 203), der Erlaubnis, Wäsche in der Wohnung zu waschen (LG Berlin GrundE 1930, 1928), eine Waschmaschine aufzustellen, Tiere zu halten ( H A N S § 564 Anm 5 h) und dgl. Dabei kommt es entscheidend darauf an, daß solche Nebenabreden idR unmittelbar mit der Ausübung des vertraglichen Nutzungszwecks der Mietsache zusammenhängen. bb) Hinsichtlich einzelner Teile der Mietsache hielt das RG eine Teilkündigung für 25 zulässig, wenn etwa Geschäftsräume zusammen mit Wohnräumen verpachtet waren und die Kündigung auf die gewerblichen Räume beschränkt wurde (RGZ 114, 243, 245 f). Das RG stützte die Zulässigkeit der Teilkündigung auf § 543 Abs 1 iVm § 469. Hieraus sei der Rechtsgedanke zu entnehmen, daß die Kündigung auf einzelne Teile der als einheitlich vermieteten oder verpachteten Sache beschränkt werden könne. Die andere Vertragspartei könne dann aber verlangen, daß die Kündigung auf die gesamte Mietsache erstreckt werde, wenn die von der Kündigung betroffenen Teile nicht ohne Nachteil für sie von den übrigen zu trennen seien (RGZ aaO; vgl ferner (517)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 26,27
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
BGH MDR 1 9 6 8 , 4 0 6 - Stromlieferungsvertrag; AG Pforzheim DWW 1 9 5 1 , 1 2 3 Teilkündigung einer Badezimmereinrichtung; E R M A N - S C H O P P § 5 6 4 Rz 1 1 ) .
-
26 Demgegenüber herrscht heute die Ansicht vor, daß eine Teilkündigung grundsätzlich unzulässig sei (LG Köln ZMR 1967, 269; LG Mannheim MDR 1976, 581; BETTERMANN M D R HERPERS R Z
818;
1 9 4 9 , 4 8 5 ; GLASER N J W MITTELSTEIN
455;
1 9 5 1 , 3 0 1 ; HANS § 5 6 4 A n m
MOLITOR
45;
PERGANDE
§
565
Anm
5 h; 6;
ROQUETTE § 5 6 4 R z 3 0 , 3 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 ; SOERGEL-KUMMER §
564 Rz 22; STERNEL Rz IV 13; vgl BGH NJW 1953, 1391; H-d GrundE 1975, 70). Hiernach ist eine Teilkündigung ausgeschlossen bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen (LG Mannheim aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO), Wohnung und Garage (LG Mannheim WuM 1980,134; AG Aachen WuM 1980,180 [LS]; AG Kassel WuM 1979,257; AG Solingen WuM 1976,161; AG Münster WuM 1980,56; AG Waiblingen ZMR 1977, 237; H A N S aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO; W E I M A R B1GBW1979,68), Wohnung und Hofraum (AG Gelsenkirchen ZMR 1978, 341) und bei möbliertem Wohnraum hinsichtlich der Möbel (LG Dortmund MDR 1948, 181; LG Hamburg MDR 1949, 171; LG Wuppertal MDR 1949, 617). Diese Ansicht stützt sich auf den Grundsatz, daß das Mietverhältnis rechtlich eine Einheit ist und daß die von dem Mietverhältnis erfaßten Sachen demzufolge ebenfalls eine rechtliche und idR auch wirtschaftliche Einheit bilden. Eine Kündigung könne deshalb nur das Mietverhältnis in seiner Gesamtheit erfassen ( R O Q U E T T E aaO; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). Auf die gesonderte Berechnung des Mietzinses komme es nicht an (AG Mannheim WuM 1980, 134). 27 Bei der Lösung des Problems ist davon auszugehen, daß das Gesetz eine für alle Fälle eingreifende Teilkündigung nicht vorgesehen hat. Die Regelung der §§ 543, 469 betrifft den Sonderfall einer Nichtgewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs und gibt dem Mieter das Recht, bei der Vermietung mehrerer Sachen die Kündigung auf die Sache zu beschränken, deren vertragsmäßiger Gebrauch ihm vorenthalten wird. Aus dieser Sonderregelung kann kein für alle Mietverhältnisse gültiger Rechtsgedanke abgeleitet werden, wie es das RG (RGZ 114, 243, 246) versucht hat. Zu beachten ist vielmehr auch § 470, auf den § 543 in gleicher Weise Bezug nimmt. Wird der vertragsmäßige Gebrauch der Hauptsache vorenthalten, so erstreckt sich hiernach die fristlose Kündigung auf die Nebensache. Wird nur die Nebensache vorenthalten, kann lediglich insoweit gekündigt werden. Das Mietverhältnis behält nur dann Bestand, wenn der vertragsmäßige Gebrauch unwesentlich beeinträchtigt wird. Uber diese Sonderregelung hinaus ist eine Teilkündigung mangels anderweitiger gesetzlicher Vorschriften nur anzuerkennen, wenn die Parteien ihre Zulässigkeit vereinbart haben ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 Anm 3 d) oder wenn die Zusammenfassung mehrerer Mietobjekte in einem Vertrag im Grunde nur zufällig ist, die einzelnen Mietsachen also nicht als rechtlich zusammengehörend vermietet sind (LG Mannheim ZMR 1977,27; H A N S § 564 Anm 5 h; STERNEL R Z IV 13,14; vgl LG Mannheim WuM 1975,70). Hierfür bedarf es eindeutiger Anhaltspunkte, die das Mietverhältnis nur noch rein äußerlich als eine Einheit erscheinen lassen. Keinesfalls genügt es, daß der betreffende Teil der Mietsache für den Kündigungsempfänger seinen unverminderten Wert behält oder erlangt, da dies von zufälligen Entwicklungen auf dem jeweiligen Markt abhängt (aM P A L A N D T - P U T Z O § 564 Anm 3 d). Im übrigen steht den Parteien für eine teilweise Aufhebung des Mietverhältnisses nur der einverständlich abgeschlossene Mietaufhebungsvertrag zur Verfügung (§ 305). Insoweit kann sich im Einzelfall nach § 242 die Verpflichtung einer Mietpartei ergeben, einen entsprechenden Antrag des anderen Vertragsteils anzunehmen. Eine solche Verpflichtung besteht allerdings nicht schon dann, wenn sich etwa eine gemietete Wohnung später als zu groß erweist oder eine Garage überflüssig geworden ist. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(518)
§564 3. Titel. Miete. Pacht
28, 2 9
4. Form der Kündigung
28
a) Ein gesetzlicher Formzwang ist nur in § 564 a Abs 1 S 1 für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum vorgeschrieben. Eine solche Kündigung bedarf der Schriftform (§ 564 a Rz 7 ff). Bei anderen Mietverhältnissen über bewegliche oder unbewegliche Sachen wie Grundstücke, Geschäftsräume, Garagen usw ist die Kündigung formfrei wirksam und kann deshalb mündlich erklärt werden. Damit ist auch eine Kündigung durch konkludentes Verhalten möglich, etwa durch Räumung und jedenfalls durch Rückgabe der Schlüssel (vgl aber A G Köln WuM 1976, 28 m zust Anm W E I M A R ) . Das gleiche gilt für eine Räumungs- und Herausgabeklage, die als Kündigung beurteilt werden kann (vgl RG JW 1908, 270, 271; BGH NJW 1953, 1391; LG Mönchengladbach WuM 1961, 166; einschränkend STERNEL R Z IV 17), sowie für Erklärungen des Mieters, zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuziehen (LG Mönchengladbach WuM 1964, 10; vgl aber AG Köln WuM 1975, 143) oder von einem ihm eingeräumten Recht auf käufliche Übernahme der Mietsache Gebrauch machen zu wollen (RG BayZ 1920, 28). Aus dem Verhalten muß unmißverständlich auf einen Kündigungswillen der Partei geschlossen werden können (Rz 15). Eine Kündigung durch konkludentes Verhalten ist dagegen ausgeschlossen, wenn gesetzlich (§ 564 a Abs 1 S 1) oder vertraglich eine bestimmte Form vorgeschrieben ist, soweit das konkludente Verhalten wie etwa eine Räumungsklage nicht selbst die Form wahrt. b) Die Parteien können einen vertraglichen Formzwang für die Kündigung verein- 29 baren. Ist schriftliche Form vereinbart, muß das Kündigungsschreiben von dem Kündigenden eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Beides kann durch notarielle Beurkundung ersetzt werden (§§ 127,126). Fehlt die vorgeschriebene Unterschrift, so ist die Kündigung nach § 125 S 2 nichtig, auch wenn sich der Kündigungswille unmißverständlich aus dem Schreiben ergibt. Eine wegen Formmangels nichtige Kündigung kann von dem Kündigenden nur durch Neuvornahme und deshalb nicht mit Rückwirkung bestätigt werden (§ 141 Abs 1). Einverständlich können die Parteien den gewillkürten Formzwang für die Zukunft und für die Vergangenheit aufheben, so daß eine an sich nichtige Kündigung doch noch wirksam werden kann (vgl BGH NJW 1968, 32, 33; LG Berlin GrundE 1934,135; SCHMIDT-SALZER NJW 1968,1257; aM E I S N E R NJW 1969, 118, 121). Ein dahin gehender Wille der Parteien muß aber unmißverständlich zum Ausdruck gekommen sein und kann unter dieser Voraussetzung auch konkludent erklärt werden (vgl P A L A N D T - H E I N R I C H S § 125 Anm 2 a mwN). Haben die Parteien eine Kündigung mittels eingeschriebenen Briefs vereinbart, so ist eine Kündigung nicht unwirksam, wenn sie nur als einfacher Brief zugeht, weil durch die Vereinbarung einer bestimmten Übersendungsform im Zweifel nicht eine besondere Wirksamkeitsvoraussetzung aufgestellt, sondern nur eine Beweiserleichterung geschaffen werden soll (RGZ 77,70; RG WarnR 1916 Nr 46; H A N S § 564 Anm 5 c; P A L A N D T - P U T Z O § 564 Anm 3 c; aM LG Berlin III JW 1923,778 Nr 5). Für die Kündigung im Räumungsrechtsstreit ist bei vereinbarter Schriftform die Zustellung eines Schriftsatzes erforderlich. Beglaubigte Kopien reichen nicht aus (vgl § 564 a Rz 12; LG Hamburg WuM 1977,184; LG Karlsruhe MDR 1978,672; aM LG Berlin WuM 1978,119). In Formularverträgen kann die Kündigung nach § 11 Nr 16 AGBG nicht an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden.
(519)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 30-33
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
30 5. Arten der Kündigung a) Ordentliche Kündigung Durch die ordentliche Kündigung des § 565 wird ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis beendet (§ 564 Abs 2). Die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung ist davon abhängig, daß bestimmte Kündigungsfristen eingehalten werden (§ 565). Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum hängt die Wirksamkeit der Kündigung zudem von § 564 b ab. Um eine ordentliche Kündigung handelt es sich auch dann, wenn das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist, die Parteien sich aber das Recht eingeräumt haben, vorzeitig unter Einhaltung einer Frist zu kündigen. 31 b) Außerordentliche Kündigung Das Gesetz gestattet den Parteien eines Mietvertrags, sich unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig von dem Vertrag zu lösen. Dies ist nach den einzelnen Vorschriften entweder nur unter Einhaltung einer gesetzlichen Frist oder fristlos möglich (ebenso in der Terminologie S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 5 ; abweichend H A N S § 5 6 4 Anm 5 b, der zwischen ordentlicher, vorzeitiger und fristloser Kündigung unterscheidet). 32 aa) Außerordentliche befristete Kündigung Die außerordentliche befristete Kündigung wird gerechtfertigt durch eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber der Zeit des Vertragsabschlusses. Es handelt sich um eine Reihe von gesetzlich abschließend geregelten Fällen, in denen einer oder beiden Parteien das Recht eingeräumt wird, sich trotz eines an sich noch länger andauernden, auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnisses oder trotz eines vertraglichen Kündigungsausschlusses bzw einer vertraglich oder gesetzlich (§ 565 Abs 2 S 2) nur mit einer längeren als der Dreimonatsfrist möglichen ordentlichen Kündigung vorzeitig von dem Mietverhältnis zu lösen. Bei Mietverhältnissen über Wohnraum ist zu beachten, daß neben dem besonderen gesetzlichen Kündigungsgrund die Voraussetzungen des § 564 b erfüllt sein müssen (§ 564 b Rz 13; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 58,459). Im Interesse des anderen Vertragsteils ist die Kündigung in jedem Fall davon abhängig, daß die für Mietverhältnisse der betreffenden Art an sich maßgebliche gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten wird. Diese Kündigungsfristen werden allerdings grundsätzlich durch § 565 Abs 5 in bestimmter Weise modifiziert (§ 565 Rz 74 ff). Die außerordentliche befristete Kündigung kann Schadensersatzansprüche des anderen Vertragsteils auslösen (§ 19 S 3 KO; vgl LG Frankfurt NJW 1979, 934; S O N N E N SCHEIN JuS 1980, 559). Weist der Zwangsverwalter eines Grundstücks einen Mietinteressenten vor Abschluß des Mietvertrags nicht auf das außerordentliche Kündigungsrecht eines Erstehers aus § 57 a ZVG hin, setzt er sich Schadensersatzansprüchen aus (LG Ulm WuM 1980, 31). 33 Die außerordentliche befristete Kündigung ist für folgende Fälle gesetzlich geregelt: § 549 Abs 1 S 2 - Kündigungsrecht des Mieters bei Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung; § 567 S 1 - Kündigungsrecht beider Vertragsteile bei Mietvertrag über mehr als dreißig Jahre; § 569 - Kündigungsrecht der Erben und des Vermieters bei Tod des Mieters; § 569 a Abs 5 - Kündigungsrecht des Vermieters bei Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis; § 569 a Abs 6 - Kündigungsrecht der Erben und des Vermieters bei Eintritt der Erben in das Mietverhältnis; § 569 b Kündigungsrecht des überlebenden Ehegatten bei gemeinschaftlicher Miete; § 570 Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(520)
3. Titel. Miete. Pacht
§564 33 a-35
Kündigungsrecht des Mieters bei Versetzung; § 1056 - Kündigungsrecht des Eigentümers bei Vermietung durch Nießbraucher über die Dauer des Nießbrauchs hinaus; § 2135 - Kündigungsrecht des Nacherben bei Vermietung durch Vorerben über die Dauer der Vorerbschaft hinaus; § 9 Abs 1 MHRG - Kündigungsrecht des Mieters bei Mieterhöhung mit besonderen Fristen (s dort Rz 5 ff); § 30 Abs 2 ErbbVO - Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers bei Erlöschen des Erbbaurechts; § 20 Abs 2 S 2 ModEnG - Kündigungsrecht des Mieters bei Wohnungsmodernisierung mit besonderer Frist (§541 a Rz 37 b); § 57 a ZVG - Kündigungsrecht des Erstehers in der Zwangsversteigerung; § 37 Abs 3 S 2 WEG - Kündigungsrecht des Erwerbers eines Dauerwohnrechts in der Zwangsvollstreckung; § 19 KO Kündigungsrecht des Vermieters und des Konkursverwalters bei Konkurs des Mieters; § 21 Abs 4 S I KO, § 57 a ZVG - Kündigungsrecht des Erwerbers eines vom Gemeinschuldner vermieteten oder verpachteten Grundstücks oder eingetragenen Schiffs; § 51 Abs 2 VerglO - Kündigungsrecht des vom Vergleichsverfahren betroffenen Mieters; Art 42 des G Nr 59 der US-Militärregierung Deutschland (ABl der US-Militärregierung, Ausgabe G, vom 10. 11. 1947), Art 34 des G Nr 59 der Britischen Militärregierung Deutschland (VOB1 für die Britische Zone 1949,152) — Kündigungsrecht des Rückerstattungsberechtigten. Die außerordentliche befristete Kündigung steht wie andere Kündigungsrechte nach 33a § 242 unter dem Vorbehalt der unzulässigen Rechtsausübung. Diese Einschränkung greift aber nicht schon dann ein, wenn der Kündigende selbst den Grund für seine Kündigung gesetzt hat. So ist dem Ersteher eines Grundstücks nach der Zwangsversteigerung nicht deshalb ein anstößiges Verhalten vorzuwerfen, weil er das Grundstück in der Absicht erworben hat, bestehende Mietverträge zu kündigen. Rechtsmißbrauch liegt erst bei unredlichem Erwerb des Kündigungsrechts vor, zB bei Zusammenwirken zwischen dem Eigentümer als Schuldner und dem Ersteher oder wenn die Zwangsversteigerung ausschließlich zu dem Zweck betrieben wird, die Mietverträge zu kündigen und die Mieter zu schädigen (RG JW 1927, 1407; BGH WuM 1978, 164). bb) Außerordentliche fristlose Kündigung 34 Die außerordentliche fristlose Kündigung wird gerechtfertigt durch Leistungsstörungen, die in der Person des einen bzw des anderen Vertragsteils begründet sind oder in der Unzumutbarkeit, das Vertragsverhältnis noch weiter fortzusetzen (ROQUETTE § 5 6 4 Rz 2 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 2 ; s auch HÄRING WuM 1 9 6 8 , 8 5 ) . Sie kommt bei Mietverhältnissen auf bestimmte und auf unbestimmte Zeit in Betracht. Soweit die gesetzlichen Vorschriften abdingbar sind, können die Parteien die Voraussetzungen enger oder weiter fassen, bestimmte Gründe ausschließen oder für gesetzlich nicht vorgesehene Gründe ein Kündigungsrecht einführen. Die Regelung des § 564 b kann dadurch aber nicht umgangen werden. Eine formularmäßige Vereinbarung muß sich wegen § 9 Abs 2 Nr 1 AGBG an den gesetzlichen Kündigungsgründen orientieren (vgl STERNEL Rz II 4 0 3 ; ULMER-BRANDNERHENSEN, AGB Kommentar [3. Aufl 1 9 7 8 ] Anh §§ 9 - 1 1 Rz 5 0 9 , 5 1 5 ) . Es ist möglich, fristlos oder wie im Arbeitsrecht mit einer beliebigen Auslauffrist zu kündigen (STERNEL RZ IV 2 4 2 ; unten § 5 6 5 Rz 7 8 ) . Hierzu zählen folgende Fälle, die gesetzlich geregelt sind: 35 § 542 - fristlose Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs der Mietsache; § 544 - fristlose Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung; § 553 - fristlose Kündigung bei vertragswidrigem Gebrauch durch den Mieter; § 554 - fristlose Kündigung bei Zahlungsverzug des Mieters; § 554 a - fristlose Kündigung bei (521)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 36-39
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
schuldhaft herbeigeführter Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Verletzung von Vertragspflichten, insbesondere durch Störung des Hausfriedens. Über diese gesetzlich geregelten Fälle hinaus wird in stRspr eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund zugelassen, wenn in der Person einer Vertragspartei Umstände eingetreten sind, die es für den anderen Teil unzumutbar erscheinen lassen, das Mietverhältnis fortzusetzen (s im einzelnen § 553 Rz 4 ff). 36 Die außerordentliche fristlose Kündigung darf nach § 242 nicht als unzulässige Rechtsausübung zu beurteilen sein. Das Kündigungsrecht kann verwirkt werden, wenn der Berechtigte den anderen Vertragsteil unverhältnismäßig lange darüber im 3 7 3 ; HEROLD F W W 1 9 7 9 , 2 1 2 , 2 1 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 7 ; STERNEL R z I V 239).
37 6. Wirkung der Kündigung a) Sind die maßgebenden tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, wird das Mietverhältnis durch die Kündigung beendet. Die Beendigung des Mietverhältnisses tritt entweder fristlos oder nach Ablauf der betreffenden Kündigungsfrist ein. Ob der Tatbestand erfüllt ist, wird grundsätzlich für den Zeitpunkt beurteilt, in dem die Kündigungserklärung durch Zugang wirksam wird. Ändern sich die Kündigungsgründe später oder fallen sie weg, so ist das grundsätzlich unerheblich. Dies gilt auch, wenn die Änderung der Sachlage noch vor Ablauf der Kündigungsfrist eintritt. Wenn die Kündigung jedoch auf ein berechtigtes Interesse des Vermieters gestützt ist, vermieteten Wohnraum aus bestimmten persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen zurückzuerlangen (§ 564 b Abs 2 Nr 2 u 3), dann kann eine Änderung der Sachlage die Berufung auf eine bereits ausgesprochene Kündigung als unzulässige Rechtsausübung erscheinen lassen. Der Mietvertrag ist rechtlich als nicht beendet zu behandeln (HERPERS R Z 7 8 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 8 ; s u n t e n § 5 6 4 b R z 4 8 ; v g l a b e r
LG Stuttgart WuM 1980,18 [LS]). Wird in einem Formularmietvertrag für den Fall der Kündigung ein pauschalierter Schadensersatz oder eine Vertragsstrafe ausbedungen, sind neben § 550 a die Klauselverbote nach § 11 Nr 5 und 6 AGBG zu beachten (vgl STERNEL R Z I I 1 1 0 , I V 2 0 3 , V 1 2 9 ) .
38 b) Die Kündigung ist nach § 138 Abs 1 nichtig, wenn sie den anderen Vertragsteil in sittenwidriger Weise schädigen soll oder aus Verärgerung als Vergeltungsmaßnahme für dessen gesetzlich oder vertraglich berechtigtes Verhalten ausgesprochen wird (LG Hamburg WuM 1971, 115; LG Mannheim NJW 1968, 1833; AG Augsburg WuM 1965, 65; AG Kassel ZMR 1967, 80; AG Oberhausen ZMR 1965, 238; AG Siegen M D R 1 9 7 0 , 2 3 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 3 7 ; e i n s c h r ä n k e n d HANS § 5 6 4 A n m 5 1; vgl B G H W u M 1 9 7 8 , 1 6 4 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 R z 1 2 ) . I m ü b r i g e n e n t f a l t e t d i e
Kündigung keine Wirkung, wenn sie nach § 242 als unzulässige Rechtsausübung zu b e u r t e i l e n ist ( R z 3 3 a , 3 6 , 3 7 ; vgl STERNEL R Z I V 4 1 f f ) .
39 c) Ist der Tatbestand für eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht erfüllt, stellt sich die Frage einer Umdeutung der Erklärung in eine ordentliche Kündigung. Die Zulässigkeit einer solchen Umdeutung wird jedenfalls bei Mietverhältnissen über Wohnraum zT mit der Begründung verneint, dadurch werde der Mieter hinsichtlich eines Kündigungswiderspruchs nach § 556 a Abs 6 S 1 in seinen Rechten beeinträchtigt, da ein Widerspruch bei nachträglicher Umdeutung der Kündigungserklärung meist verspätet sei (LG Braunschweig B1GBW 1968, 33; LG Gießen ZMR 1975, 1 1 4 ; vgl KIEFERSAUER-GLASER, G r u n d s t ü c k s m i e t e § 5 5 3 R z 6 ; L G
Braunschweig
B1GBW 1969, 137 - ebenfalls keine Umdeutung einer ordentlichen Kündigung in Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(522)
3. Titel. Miete. Pacht
§564 40-42
eine fristlose Kündigung nach § 554 a, s hierzu § 564 b Rz 132 f, § 565 Rz 78 f). STERNEL (RZ I V 1 1 , 2 2 3 ) lehnt die Umdeutung bei allen Arten von Mietverhältnissen im Interesse des Kündigungsempfängers grundsätzlich ab, sofern dieser die außerordentliche Kündigung nicht auch als ordentliche Kündigung verstanden und sich hierauf eingerichtet habe. Die hM läßt die Umdeutung dagegen nach § 140 zu. Dabei wird verbreitet darauf abgestellt, ob die fristlose Kündigung den inneren und äußeren Erfordernissen einer ordentlichen Kündigung entspricht und erkennbar vom Willen des Kündigenden mit umfaßt ist (LG Hannover ZMR 1971, 377; LG Mannheim N J W 1970, 3 2 8 ; HERPERS RZ 7 8 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 g; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 4 0 , 4 1 ; WEIMAR W U M 1966, 1 2 9 ; vgl LG Essen ZMR 1 9 6 9 ,
309). HANS (§ 564 Anm 5 j) meint demgegenüber, wer fristlos kündige, wolle in jedem Fall eine Beendigung des Mietverhältnisses, so daß grundsätzlich in einer unwirksamen fristlosen Kündigung zugleich eine ordentliche Kündigung liege (vgl LG Aachen NJW 1964, 1476 m Anm HENSELER).
Der weitgehenden Auffassung von HANS (aaO) kann nicht gefolgt werden, da sie auf 4 0 einer nicht generell zutreffenden Prämisse beruht. Ein Vermieter, der eine fristlose Kündigung ausspricht, wird diese Entscheidung meist nicht ohne Rücksicht auf einen Nachfolgemieter fällen, der möglicherweise schon bereitsteht. Wenn die Kündigung dagegen erst nach Ablauf einer längeren Kündigungsfrist wirksam wird (§ 565 Abs 2), kann es unsicher sein, ob sich ein Nachfolgemieter finden wird. Es kommt deshalb im jeweiligen Einzelfall auf den Willen des Kündigenden an. Im übrigen ist der hM im Prinzip zuzustimmen, auch wenn die Anwendbarkeit des § 140 als Rechtsgrundlage einer Umdeutung problematisch ist. Die Umdeutung ist nur bei Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts möglich. Damit stellt sich die Frage, ob § 140 auch dann anwendbar ist, wenn eine fristlose Kündigung unwirksam ist, weil ein Mangel im Tatbestand vorliegt, zB weil der gesetzliche Kündigungsgrund nicht erfüllt ist. Da die Terminologie des Gesetzes nicht einheitlich ist, kann Nichtigkeit im Sinne des § 140 jedenfalls dann angenommen werden, wenn ein Rechtsgeschäft nicht mehr wirksam werden kann (vgl FLUME AT I I [3. Aufl 1979] § 30,2; weitergehend ERMAN-H WESTERMANN § 140 Rz 4). Dies ist auch der Fall, wenn ein Mangel im Tatbestand vorliegt, der vom Gesetz nicht ausdrücklich als Nichtigkeits- oder Unwirksamkeitsgrund erwähnt ist. Nur so ist dem Zweck des § 140 gerecht zu werden, nämlich dem Willen der Partei, einen bestimmten wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen, auf andere Weise zum Durchbruch zu verhelfen (vgl BGHZ 40,218, 222 = NJW 1964,347, 348). Aus der Anwendbarkeit des § 140 folgt, daß es nicht darauf ankommt, ob der Kündigende bereits im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung tatsächlich den Willen hatte, notfalls auch die Rechtsfolgen einer ordentlichen Kündigung herbeizuführen. Entscheidend ist vielmehr, ob er zumindest hypothetisch diesen Willen gehabt hätte, wenn er die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung gekannt hätte (vgl BGHZ 19, 269, 273 = NJW 1956, 297). FLUME (aaO § 32, 9 e) will diese Fälle nicht dem § 140 zuordnen, sondern auf allgemeine Rechtsgrundsätze abstellen, wobei es auf den hypothetischen Willen des Kündigenden nicht ankommen soll. Angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 140 verbietet es sich jedoch, auf solche Rechtsgrundsätze auszuweichen, deren Existenz ohnehin nicht eindeutig ist. Eine unwirksame fristlose Kündigung kann auch in ein Angebot zur einvernehmli- 41 chen Vertragsaufhebung umgedeutet werden (PALANDT-PUTZO § 564 Anm 3 g; s unten Rz 46). 7. Widerruf der Kündigung
42
a) Der einseitige Widerruf einer Kündigung ist nach § 130 Abs 1 S 2 nur möglich, wenn er vorher oder gleichzeitig mit der Kündigungserklärung zugeht. Im übrigen (523)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 43,44
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
können die Rechtsfolgen einer durch Zugang wirksam gewordenen Kündigung nicht einseitig von dem Kündigenden durch Widerruf der Erklärung beseitigt werden (OLG Hamm ZMR 1979, 2 4 9 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 Rz 15; HANS § 5 6 4 Anm 5 e; HEROLD B1GBW 1 9 7 2 , 1 2 6 ; HERPERS Rz 8 1 7 ; MITTELSTEIN 4 6 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 a; PERGANDE § 5 6 4 A n m 10; ROQUETTE § 5 6 4 R z 2 9 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 4 8 ; ZEUNER ZMR 1 9 8 0 , 2 9 1 ) . Deshalb kann außerhalb des § 5 6 8
eine Fortsetzung des Gebrauchs der Mietsache nicht als Widerruf die Kündigungswirkungen beseitigen (LG Hannover ZMR 1979, 248).
43 b) Die Parteien können den Eintritt der Rechtsfolgen einer bereits wirksam gewordenen Kündigung einverständlich beseitigen. Das Angebot zum Abschluß eines dahin gehenden Vertrags kann auch in dem Widerruf einer Kündigung gesehen werden. Der Kündigungsempfänger kann dieses Angebot stillschweigend annehmen (LG Mannheim WuM 1978, 139). Dies setzt einen entsprechenden Willen voraus, der aber nicht schon darin zum Ausdruck kommt, daß er auf den Widerruf der Kündigung nicht reagiert. Im übrigen ist zu unterscheiden, ob das Mietverhältnis durch die Kündigung bereits beendet worden ist oder nicht: aa) Heben die Parteien eine Kündigung vor Ablauf der Kündigungsfrist einverständlich auf, wird nicht ein neuer Mietvertrag abgeschlossen, sondern der bisherige Vertrag bleibt in Kraft (BGB-RGRK-GELHAAR § 564 Rz 13). Daraus folgt, daß die Schriftform nach § 566 nicht gewahrt zu werden braucht (ROQUETTE § 564 Rz 29 mwN) und daß eine von der Landeszentralbank genehmigte Wertsicherungsklausel nicht erneut genehmigt werden muß ( B G H NJW 1 9 7 4 , 1 0 8 1 ) . Wird anläßlich der einverständlichen Aufhebung der Kündigungswirkungen der bisherige Inhalt des Mietvertrages geändert, so kann die Wirksamkeit der Vereinbarung davon abhängen, daß nach § 566 die Schriftform gewahrt wird (OLG München NJW 1963, 1619; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 7 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 8 ) .
bb) Ist das Mietverhältnis durch die Kündigung bereits beendet worden, so kann es durch einverständliche Aufhebung der Kündigungswirkungen nur - wenn auch mit Rückwirkung - neu begründet werden. Im Anschluß an eine Entscheidung des KG (HRR 1934 Nr 1014) wird verbreitet die Auffassung vertreten, daß auch in diesem Fall ein etwaiges Schriftformerfordernis nicht erfüllt zu werden brauche, da es trotz der Beendigung des Mietverhältnisses ein unnötiger Formalismus sei, bei Bestehen einer Vertragsurkunde die Errichtung einer neuen Urkunde zu verlangen (OLG Hamm ZMR 1979,249; B G B - R G R K - G E L H A A R § 566 Rz 7; HEROLD B1GBW1972, 126; MITTELSTEIN 461; ROQUETTE § 564 Rz 29; aM STERNEL RZ IV 46). Dabei wird aber zT nicht zwischen beendetem und noch nicht beendetem Mietverhältnis unterschieden ( B G B - R G R K - G E L H A A R , MITTELSTEIN, ROQUETTE aaO). Ein beendetes Mietverhältnis kann nur durch Neuabschluß wiederhergestellt werden. Dabei müssen sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden. Die Notwendigkeit eines dabei zu wahrenden „Formalismus" ergibt sich aus dem Gesetz.
IV. Beendigung aufgrund sonstiger Umstände 44 1. Allgemeines In § 564 werden mit Zeitablauf und Kündigung nur zwei Gründe genannt, durch die ein Mietverhältnis beendet werden kann. Diese Unvollständigkeit entspricht der Konzeption des BGB, nicht bei jedem Schuldverhältnis sämtliche Gründe für eine Beendigung aufzuzählen. Dies würde zu überflüssigen Wiederholungen führen, da sich viele Beendigungsgründe bei den einzelnen Schuldverhältnissen entsprechen. Wird in einem Formularmietvertrag für den Fall der Beendigung ein pauschalierter Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(524)
3. Titel. Miete. Pacht
§564 45,46
Schadensersatz oder eine Vertragsstrafe ausbedungen, sind neben § 550 a die Klauselverbote nach § 11 Nr 5 und 6 AGBG zu beachten (vgl STERNEL RZ II 110, IV 203, V 129). 2. Aufhebungsvertrag
45
a) Die Parteien können ein auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beenden (ERMAN-SCHOPP § 564 Rz 14; HANS § 5 6 4 A n m 7 c; HERPERS R z 9 3 9 ff; OSKE W U M 1979, 1 8 1 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 8 9 ; SCHMIDT-FUTTERER M D R 1 9 7 1 , 1 3 ; STERNEL RZ I V 2 0 0 f f ) .
Dieser Vertrag ist im Gesetz nicht geregelt. Seine Zulässigkeit beruht auf der Vertragsfreiheit (§ 305). Einschränkungen können sich für Mietverhältnisse über Wohnraum ergeben, wenn durch den Vertrag die zwingende Regelung des § 564 b umgangen werden soll (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 564). Eine Verpflichtung des Vermieters zum Abschluß eines Aufhebungsvertrags besteht grundsätzlich nicht, selbst wenn der Mieter ihm einen Ersatzmieter benennt (LG Berlin WuM 1979, 77; LG Darmstadt DWW 1977, 118; LG Mannheim DWW 1977, 186; s auch AG Regensburg DWW 1977, 282). Ausnahmen können sich aber bei langfristigen Mietverträgen aus § 2 4 2 ergeben (LG Darmstadt B1GBW 1 9 7 7 , 1 3 7 ; LG Düsseldorf ZMR 1979, 45 m Anm WERNER; LG Flensburg B1GBW 1977, 78; LG Hamburg ZMR 1975, 2 4 5 ; MDR 1 9 8 0 , 6 7 0 ; LG Hannover WuM 1 9 7 5 , 2 4 2 ; LG Kassel WuM 1980,178; s im einzelnen § 552 Rz 31 ff). Das gleiche gilt, wenn die Parteien schon im Mietvertrag eine Nachfolgeklausel vereinbart haben, nach der der Mieter vorzeitig ausscheiden darf, wenn er einen Ersatzmieter stellt (BGH WM 1976, 876; SCHMIDT-MARLOH Z M R 1978, 129; STERNEL R z II 4 8 f, I V 2 1 4 ff; WEIMAR Z M R 1 9 7 8 , 1 2 9 ; Vorbem 136 zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 ) . In beiden Fällen stellt sich die Frage, unter
welchen Voraussetzungen der Vermieter einen vorgeschlagenen Ersatzmieter ablehnen darf (vgl LG Frankfurt WuM 1 9 7 9 , 7 2 m Anm WEIMAR ZMR 1979, 1 6 8 ; LG Hamburg WuM 1979, 144; LG Hannover WuM 1978, 165; AG Hannover WuM 1980, 2 0 6 [LS]; SCHULZ B1GBW 1979, 2 3 2 ; Vorbem 136 zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 ; § 5 5 2 Rz 31 ff). Der Vermieter hat mangels einer gesetzlichen oder vertraglichen Grundlage keinen Anspruch gegen den ausscheidenden Mieter, daß dieser ihm die Anwalts- und Reisekosten erstattet, die ihm entstanden sind, um seine Entscheidung über den Aufhebungsvertrag vorzubereiten (LG Hannover MDR 1980, 496). Tritt ein Ersatzmieter aufgrund einer Nachfolgeklausel oder im Wege der Vertragsübernahme in den fortbestehenden Mietvertrag ein, beschränken sich die Wirkungen der Aufhebung auf den bisherigen Mieter, während der Mietvertrag mit dem Ersatzmieter grundsätzlich den gleichen Inhalt hat wie der Vertrag mit dem Vormieter (vgl BGH WuM 1978, 171). Die Parteien können vereinbaren/ daß der Mieter vorübergehend aus dem Vertrag entlassen wird und der Ersatzmieter nur für diese Zeit an seine Stelle tritt (BGHZ 72, 394 = NJW 1979, 369). b) Die Parteien müssen sich in dem Aufhebungsvertrag über alle regelungsbedürf- 46 tigen Fragen einigen. Unverbindliche Vorverhandlungen sind unerheblich (LG Mannheim ZMR 1968, 302). Für das Zustandekommen des Vertrags gelten die allgemeinen Vorschriften. Der Aufhebungsvertrag kann deshalb auch durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden, wenn sich hieraus eindeutig der Wille der Parteien ergibt, das Mietverhältnis zu beenden (OLG Köln WuM 1962, 137; LG Mannheim WuM 1975, 1 8 8 u 2 2 6 ; STERNEL RZ IV 2 0 2 ) . So kann aufgrund einer unwirksamen Kündigung (LG Offenburg WuM 1962, 122) oder des Verlangens auf Zahlung der Miete bis zur Rückgabe der Wohnungsschlüssel (AG Aachen WuM 1 9 7 5 , 2 0 9 ) ein Aufhebungsvertrag zustande kommen, wenn ein dahin gehender Wille des Kündigenden klar erkennbar ist, weil er zB mit einer Stellungnahme des Mieters (525)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 47-49
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
rechnet, und wenn der andere Vertragsteil mit der Beendigung des Mietverhältnisses einverstanden ist. Hierzu reicht das bloße Schweigen des Empfängers einer unwirksamen Kündigung aber nicht aus, da er zu einer Antwort nicht verpflichtet ist (BGH W M 1 9 8 0 , 1 3 9 7 ; L G Stuttgart Z M R 1 9 6 7 , 9 ; L G Wuppertal M D R 1 9 7 2 , 6 9 4 m A n m GUBELT; AG Waiblingen WuM 1979, 123; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 91). Das
gleiche gilt, wenn etwaige Erklärungen des Mieters keinen auf einen Aufhebungsvertrag gerichteten rechtsgeschäftlichen Willen erkennen lassen (LG Köln WuM 1 9 8 0 , 1 0 1 ) . Eine Verpflichtung, den Antrag auf Abschluß eines Aufhebungsvertrags anzunehmen, kann sich aber uU aus einer besonderen rechtlichen Verbindung zwischen den Parteien ergeben, wie zwischen einer Wohnungsbaugenossenschaft und ihrem Genossen (LG Hannover MDR 1978, 228). Bei der Anwendung des § 151 ist darauf zu achten, daß der Annahmewille eindeutig zum Ausdruck gebracht ist (vgl aber AG Köln WuM 1974, 69). Der Abschluß eines Aufhebungsvertrags kommt nicht in Betracht, wenn der Vermieter seine Kündigung mit der Bitte verbindet, den Auszugstermin mitzuteilen, und der Mieter daraufhin seinerseits kündigt, da hierin keine auf einen Aufhebungsvertrag gerichteten Erklärungen liegen (LG Mannheim WuM 1 9 7 4 , 1 7 5 ) . Auch eine Räumung ist nicht ohne weiteres als Einverständnis mit einer unzulässigen Kündigung zu werten, wenn der Mieter nur unter dem vermeintlichen Druck der Kündigung räumt (BGH ZMR 1963, 274; AG Heidelberg WuM 1975, 6 7 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 4 Rz 2 1 ) . Kommt der Aufhebungsvertrag nicht zustande, weil der Vermieter wegen eines vertragswidrigen Verhaltens zu vertreten hat, daß der Vertragsabschluß mit dem vorgeschlagenen Ersatzmieter scheitert, kann der Mieter zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt sein (vgl LG Mannheim DWW 1977, 186).
47 c) Für den Aufhebungsvertrag besteht Formfreiheit, auch wenn der Mietvertrag selbst nach § 566 formbedürftig war. Diese Vorschrift betrifft ausdrücklich nur den Abschluß eines Mietvertrags für längere Zeit als ein Jahr. Sieht ein Mietvertrag für Vertragsänderungen die Schriftform vor, so bedarf auch ein Mietaufhebungsvertrag grundsätzlich dieser Form (AG Hamburg-Harburg WuM 1980,254 [LS]). Haben die Parteien für die Aufhebung des Mietvertrags die Schriftform vereinbart, können sie gleichwohl einverständlich hiervon abweichen, weil sie ein rechtsgeschäftlich aufgestelltes Formerfordernis jederzeit wieder beseitigen können (vgl RGZ 95,175; BGH N J W 1962, 1 9 0 8 ; N J W 1965, 2 9 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 9 4 ; SCHMIDTFUTTERER MDR 1971, 13). Formzwang besteht unter den Voraussetzungen des
§ 566 S 1 hingegen für die Vereinbarung, durch die ein Ersatzmieter an die Stelle des bisherigen Mieters tritt. Dabei ist es unerheblich, ob der Ersatzmieter die Vereinbarung mit dem Vermieter oder nach dessen Zustimmung mit dem bisherigen Mieter abschließt. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Mietpartei vorübergehend oder auf Dauer ausgewechselt werden soll, sofern insoweit eine längere Vertragszeit als ein Jahr vorgesehen ist (BGHZ 72, 394, 397 = NJW 1979, 369, 370). 48 d) Der Aufhebungsvertrag kann unter der Bedingung abgeschlossen werden, daß der Vermieter einen neuen Mietvertrag mit einem Ersatzmieter abschließt (vgl LG Mannheim DWW 1977,42; STERNEL Rz IV 200). Die Bedingung kann aufschiebend oder auflösend gefaßt werden. Ob und inwieweit der Vermieter selbst verpflichtet ist, einen Ersatzmieter zu beschaffen, hängt von der Vertragsgestaltung ab. Verhindert der Vermieter treuwidrig den Eintritt der Bedingung, wird der Aufhebungsvertrag nach § 162 Abs 1 voll wirksam (LG Köln MDR 1967, 768; LG Mannheim WuM 1967, 163; WuM 1970, 58; Vorbem 136 zu §§ 535, 536). 49 e) Die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages trägt derjenige, der hieraus Vorteile für sich herleiten will (LG Mannheim W u M 1973, 2 2 ; HANS § 5 6 4 A n m 7 c; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 9 3 ; a b w L G
Mannheim ZMR 1968, 302).
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(526)
§564
3. Titel. Miete. Pacht
49 a-52
f) Die Wirkung des Aufhebungsvertrags besteht darin, das Mietverhältnis endgültig 49a oder vorübergehend zu beenden (vgl B G H Z 72,394 = NJW1979,369). Im übrigen hängen die Wirkungen davon ab, welchen Inhalt die Parteien dem Vertrag geben. IdR wird die Vertragsbeendigung nicht rückwirkend vereinbart, sondern mit sofortiger Wirkung für die Zukunft oder zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt. Dabei ist es eine Frage der Vertragsauslegung, ob die vertragliche Aufhebung auch vorher entstandene Ansprüche der Parteien erfaßt (vgl BGH BB 1978, 1542). 3. Auflösende Bedingung
50
Der Fortbestand eines Mietverhältnisses kann vertraglich von einer auflösenden Bedingung abhängig gemacht werden. Mit dem Eintritt des zukünftigen ungewissen Ereignisses endet das Mietverhältnis nach § 158 Abs 2. Dieser Grundsatz wird allerdings durch § 565 a Abs 2 für Mietverhältnisse über Wohnraum eingeschränkt. Derartige Mietverhältnisse gelten nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert und können sodann unter Einhaltung der Fristen des § 565 gekündigt werden (§ 565 a Rz 14 ff; H A N S § 564 Anm 6). Für alle anderen Mietverhältnisse bleibt es bei der Regelung des § 158 Abs 2.
4. Rücktritt
51
a) Vertragliches Rücktrittsrecht Die Vorschriften der §§ 346 ff sind bei einem vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht uneingeschränkt anwendbar, solange die Mietsache dem Mieter noch nicht überlassen worden ist. Nach der Überlassung der Mietsache wird ein vereinbartes Rücktrittsrecht bei Mietverhältnissen über Wohnraum nach § 570 a den Vorschriften über die Kündigung und ihre Folgen unterstellt. Der Rücktritt ist daher wie eine Kündigung zu behandeln (§ 570 a Rz 5). Bei allen anderen Mietverhältnissen gelten die §§ 346 ff auch nach Überlassung der Mietsache weiter (Hans § 564 Anm 7 b aa). b) Gesetzliches Rücktrittsrecht
52
Ein gesetzliches Rücktrittsrecht kann sich für die Parteien eines Mietvertrags aus den §§ 325,326 ergeben (Vorbem 8 ff zu § 537). In Formularmietverträgen ist nach § 10 Nr 2 AGBG eine Bestimmung unwirksam, durch die eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehalten wird. aa) Vor der Überlassung der Mietsache gelten diese Vorschriften uneingeschränkt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 86; S oben Vorbem 19 zu § 537). Ein Rücktrittsrecht des Mieters kann sich aus § 325 ergeben, wenn dem Vermieter die Gebrauchsüberlassung schuldhaft unmöglich geworden ist, oder aus § 326, wenn der Vermieter mit der Gebrauchsüberlassung in Verzug ist. Der Vermieter ist unter den Voraussetzungen des § 326 zum Rücktritt berechtigt, wenn der Mieter mit seiner Leistungspflicht in Verzug ist. In dem Stadium vor Gebrauchsüberlassung ist wegen § 320 allerdings erforderlich, daß der Vermieter zu seiner eigenen Leistung imstande und bereit ist (vgl RGZ 76,409,413). Insoweit wird das Rücktrittsrecht nicht durch das Recht zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 554 eingeschränkt, sofern diese Vorschrift vor Überlassung der Mietsache wegen besonderer Vertragsgestaltung überhaupt relevant wird. Die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit wird im wesentlichen mit den erheblichen Durchführungsschwierigkeiten gerechtfertigt, die bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen für eine Rückabwicklung nach den (527)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§564 53-55
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
§§ 346 ff bestehen (BGHZ 50, 312, 315 = NJW 1969, 37). Dieses Problem taucht vor Überlassung der Mietsache nicht auf. Im übrigen decken sich die Tatbestände der §§ 326 und 554 nicht (BGH NJW 1956, 57 - Baukostenzuschuß; § 554 Rz 2). Ein Rücktrittsrecht des Vermieters aus § 325 kommt nur in Betracht, wenn der Mieter zu einer Leistung verpflichtet ist, die anders als eine Geldschuld unmöglich werden kann. 53 bb) Nach der Überlassung der Mietsache wird ein Rücktrittsrecht der Parteien aus den §§ 325,326 generell durch ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung oder durch einen Schadensersatzanspruch aus § 538 verdrängt (Vorbem 12, 23 zu § 537). Für den Mieter kann sich ein solches Kündigungsrecht aus § 542 ergeben, für den Vermieter aus den §§ 553, 554, für beide Parteien aus § 554 a oder aus dem allgemeinen Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (Rz 35). Die Rspr des RG (RGZ 105,167,168 f; 149,88,92) und zunächst auch des BGH (NJW 1957, 57) hatte die §§ 553, 554 nach Überlassung der Mietsache nur hinsichtlich ihres engeren tatbestandsmäßigen Anwendungsbereichs als Sonderregelung gegenüber § 326 behandelt. Hiervon ist der BGH jedoch abgerückt, indem er das Rücktrittsrecht nach Überlassung der Mietsache ausgeschlossen hat, wenn der Vermieter die Möglichkeit hat, aus wichtigem Grund zu kündigen (BGHZ 50, 312, 315 = NJW 1969, 37). Für andere fristlose Kündigungsrechte gilt das gleiche, weil auch in diesen Fällen die entsprechenden Schwierigkeiten einer Rückabwicklung vollzogener Dauerschuldverhältnisse nach den §§ 346 ff bestehen. Offengelassen hat der BGH (aaO) allerdings die Frage, ob aus der Anerkennung des allgemeinen Kündigungsrechts aus wichtigem Grund die Folgerung zu ziehen sei, daß ein Rücktritt nach Übergabe der Mietsache schlechthin ausgeschlossen sei. Diese Frage ist zu bejahen, da in den Fällen des Verzugs und sonstiger Vertragsverletzungen regelmäßig das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund besteht (LARENZ I § 26 d; s oben § 553 Rz 10, 10 a). 54 5. Anfechtung a) Ein Mietverhältnis erlischt nach § 142 Abs 1, wenn es angefochten wird und ein Anfechtungsgrund besteht. Die Frage, ob und wie lange ein Mietvertrag angefochten werden kann, ist umstritten und wird bei den einzelnen Anfechtungsgründen unterschiedlich beurteilt. So wird zT vertreten, eine Anfechtung nach § 123 sei immer zulässig, während die Irrtumsanfechtung nach der Überlassung der Mietsache ausgeschlossen sein soll (BROX-ELSING JUS 1976, 1, 5; HANS § 5 6 4 Anm 7 a). Nach aM ist die Anfechtung nicht mehr möglich, sobald der Mietvertrag durch Überlassung der Mietsache vollzogen worden ist. Hierbei wird vor allem auf die Schwierigkeiten einer Rückabwicklung abgestellt, so daß die Parteien auf eine Kündigung aus wichtigem Grund angewiesen sind (LG Mannheim ZMR1965,185; ZMR1969,168, 169; MONZEL DWohnA 1939, 4 9 , 5 5 ; ROQUETTE Vorbem 15 ff zu §§ 5 3 7 bis 5 4 2 ) . Andere kommen zu dem gleichen Ergebnis, indem sie die Anfechtung vollzogener Mietverhältnisse entgegen der Regelung des § 142 Abs 1 nur mit Wirkung für die Zukunft zulassen (LG Nürnberg-Fürth MDR 1966, 1004 m abl Anm WEIMAR; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 88). Überwiegend wird dagegen die Auffassung vertreten, ein Mietvertrag sei auch dann noch mit Rückwirkung anfechtbar, wenn er b e r e i t s vollzogen w o r d e n sei ( R G Z 1 0 2 , 2 2 5 , 2 2 6 ; 1 5 7 , 1 7 3 , 1 7 4 ; R G L Z 1 9 1 4 , 1 6 2 0 ; KG MDR 1 9 6 7 , 4 0 4 ; ERMAN-SCHOPP Vorbem 3 zu § 5 3 6 ; HERPERS RZ 9 3 5 ; KIEFERSAUER-GLASER, Grundstücksmiete, MietSchG Einl Rz 4 6 ; MITTELSTEIN 2 0 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 3 7 A n m 1 c b b ; SOERGEL-KUMMER §§ 5 3 5 - 5 3 6 R z 9 3 ) .
55 b) Soweit ersichtlich, ist eine Entscheidung des BGH zu dieser Streitfrage noch nicht ergangen. Es liegt allerdings nahe, daß die Frage der Anfechtbarkeit nicht anders als Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(528)
§ 564 3. Titel. Miete. Pacht
56-59
das gesetzliche Rücktrittsrecht bei einem Mietvertrag zu entscheiden ist. Abweichend von der früheren Rspr hat der BGH die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit und ihren Ersatz durch die gesetzlich geregelte oder die allgemeine fristlose Kündigung darauf gestützt, daß bei den in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung nach den §§ 346 ff idR nicht den Interessen der Parteien entspreche und vor allem bei längerer Vertragsdauer erhebliche praktische Schwierigkeiten bereite (BGHZ 50, 312, 315 = NJW 1969, 37). Da für eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht nichts anderes gilt, ist davon auszugehen, daß das Anfechtungsrecht bei den in Vollzug gesetzten Mietverhältnissen durch das allgemeine Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund ersetzt wird, wobei der Anfechtungsgrund den wichtigen Grund zur Kündigung darstellt (vgl aber Vorbem 35 zu § 537). 6. Unmöglichkeit der Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs
56
Ein Mietverhältnis findet nach den §§ 275 Abs 1, 323 Abs 1 sein Ende, wenn es dem Vermieter ohne Verschulden einer der Parteien unmöglich wird, dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch zu gewähren (RGZ 146, 60, 64; OGHBrZ H E Z 2, 245, 248; B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 Rz 24; K I E F E R S A U E R - G L A S E R , Grundstücksmiete, MietSchG Einl Rz 46; R O Q U E T T E Vorbem 9 zu §§ 537 bis 542; vgl im übrigen oben Rz 52, Vorbem 4 ff zu § 537). Hat eine der Parteien die Unmöglichkeit zu vertreten, so erlischt zwar die Erfüllungspflicht des Vermieters, im übrigen besteht das Mietverhältnis aber mit verändertem Inhalt fort und kann Schadensersatzansprüche oder ein Rücktrittsrecht auslösen (BGH NJW 1974, 1551 = WM 1974, 908; NJW 1976, 1506 = WM 1976, 640). Das gleiche gilt, wenn die Unmöglichkeit nicht auf einer Zerstörung der Mietsache, sondern auf Sach- oder Rechtsmängeln beruht, für die der Vermieter nach den §§ 537, 538, 541 einzustehen hat ( R O Q U E T T E Vorbem 12 zu §§ 537 bis 542). 7. Wegfall der Geschäftsgrundlage
57
Bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage tritt für Mietverhältnisse an die Stelle des sonst maßgebenden Rücktrittsrechts ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund, soweit eine Aufrechterhaltung des Vertrags unter Anpassung der Vereinbarung wegen Unzumutbarkeit ausscheidet (BGH ZMR 1973, 378, 379; BGB-RGRKG E L H A A R § 564 Rz 25, der allerdings die Einhaltung der gesetzlichen Frist verlangt; s im einzelnen Vorbem 27 ff zu § 537).
8. Erwerb des Eigentums oder Nießbrauchs durch den Mieter
58
Ein Mietvertrag setzt voraus, daß ein Mietzins vereinbart ist, den der Mieter an den Vermieter zu zahlen hat. Mangels besonderer Vereinbarungen hat aber der Eigentümer oder Nießbraucher für das ihm kraft Gesetzes zustehende Gebrauchsrecht an niemanden etwas zu zahlen. Damit erlischt ein Mietvertrag, wenn der Mieter Eigentum oder Nießbrauch an der Mietsache erwirbt (RGZ 49, 285, 286; BGBRGRK-GELHAAR § 564 Rz 22).
9. Erlöschen eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts Wenn ein Dauerwohnberechtigter oder Dauernutzungsberechtigter die seinem Recht unterliegenden Gebäude- oder Grundstücksteile vermietet oder verpachtet, so (529)
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59
§§ 564, 564 a 60-62
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
erlischt das Miet- oder Pachtverhältnis zugleich mit dem Dauerwohnrecht oder Dauernutzungsrecht (§§ 37 Abs 1,31 Abs 3 WEG). Bei Veräußerung oder Heimfall des Rechts gilt § 571 (§§ 37 Abs 2 u 3 S 1, 31 Abs 3 WEG). 60 10. Eintritt des Erwerbers eines Grundstücks in ein Mietverhältnis Da der Erwerber eines vermieteten Grundstücks nach § 571 kraft Gesetzes aufgrund selbständigen Rechts und nicht als Rechtsnachfolger des Vermieters in ein bestehendes Mietverhältnis eintritt (BGH NJW 1962,1388, 1390), erlischt grundsätzlich das Mietverhältnis mit dem bisherigen Vermieter. Rechte und Pflichten, die nicht übergehen, bleiben zwischen den bisherigen Vertragsparteien bestehen. Für gewisse Ansprüche des Mieters haftet der frühere Vermieter weiterhin (§ 571 Rz 84 ff; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m
5).
61 11. Erlöschen des Jagdpachtvertrags Ein Jagdpachtvertrag erlischt nach § 13 BJagdG, wenn dem Pächter der Jagdschein unanfechtbar entzogen worden ist. Das gleiche gilt, wenn nach Ablauf der Gültigkeitsdauer die Erteilung eines neuen Jagdscheins unanfechtbar abgelehnt worden ist oder wenn der Pächter die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheins nicht fristgemäß erfüllt ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 Rz 26). 62 12. Untergang einer juristischen Person Ein Mietvertrag wird nicht ohne weiteres durch den Tod einer natürlichen Person beendet, sondern mit dem Erben oder anderen Eintrittsberechtigten fortgesetzt (§§ 569-569 b). Mit dem Ende einer juristischen Person ist der Mietvertrag beendet, soweit keine Gesamtrechtsnachfolge durch Umwandlung oder Verschmelzung stattfindet (RG HRR 1942 Nr 257). § 564 a Die Kündigung eines Mietverhältnisses übe/ Wohnraum bedarf der schriftlichen Form. In dem Kündigungsschreiben sollen die Gründe der Kündigung angegeben werden. Der Vermieter von Wohnraum soll den Mieter auf die Möglichkeit des Widerspruchs nach § 556 a sowie auf die Form und die Frist des Widerspruchs rechtzeitig hinweisen. Diese Vorschriften gelten nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse der in § 565 Abs. 3 genannten Art. Art I Nr 5 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505); Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks 1323,3. Art I Nr 6 MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl 11248); Begrzum Entw des BR und Stellungnahme der BReg BT-Drucks V/1743, 3 und 4; Ausschußbericht BT-Drucks V/2317, zu Drucks V/2317, 4 f. Art 1 Nr 2 MRVerbG vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745); Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6 f; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 2.
Schrifttum BURKHARDT, Das 3. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, WuM 1968,21; GLASER, Das Kündigungsrecht des Wohnungsvermieters, Z M R 1978, 321; LOWE, Zweifelsfragen aus dem neuen Mietrecht, NJW 1972, 1913; OTTO, Mündlicher Kündigungswiderspruch beachtlich? DWW 1966,
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 a 1
50; PERGANDE, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW1964, 1 9 2 5 ; SCHMIDT-FUTTERER, D i e Ä n d e r u n g e n d e r § § 5 5 6 a , 5 6 4 a B G B , W u M 1 9 7 2 , 3 7 ; VOELSKOW,
Änderungen des sozialen Mietrechts durch das 3. Mietänderungsgesetz, Betrieb 1968,115; WEIMAR, Genügt eine Räumungsklage den Erfordernissen der schriftlichen Kündigung iS des § 564 a BGB? WuM 1969,199; ders, Schriftform und Bevollmächtigung bei Wohnraumkündigung, WuM 1967,58; ders, Zur Zulässigkeit der Teilkündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen, B1GBW1976,172; ders, Zweifelsfragen zur Belehrungspflicht bei Vermieterkündigung, WuM 1969, 177.
Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 3 3. Zweck der Vorschrift 4
2. Angabe der Kündigungsgründe (Abs 1 S 2) 16 a) Voraussetzungen 16 b) Rechtsfolgen 23
n . Schriftliche Kündigung (Abs 1) 1. Schriftform der Kündigungserklärung (Abs 1 S 1) 7 a) Voraussetzungen 7 aa) Mietverhältnis über Wohnraum 8 bb) Kündigung 9 cc) Schriftform 11 b) Rechtsfolgen 14
III. Belehrung über den Widerspruch nach § 556 a (Abs 2) 1. Voraussetzungen 24 2. Rechtsfolgen 30 IV. Ausnahmetatbestände (Abs 3) 31 V. Unabdingbarkeit 32
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 32 f Anfechtung des Mietvertrags 10 f Angabe der Kündigungsgründe 6, 16 ff - außerordentliche fristlose Kündigung 21 - ordentliche und außerordentliche befristete Kündigung 22 f Aufhebungsvertrag 10, 15 Ausnahmetatbestände 31 Beendigung durch Zeitablauf 26, 27 Begründungszwang 4, 16 Belehrung über Widerspruch 5, 18, 24 ff - Voraussetzungen 24 ff
- Grundstück 2, 8 - bewegliche Sache 2, 8 - Wohnraum 2, 8 Mischmietverhältnis 2 Nachschieben von Kündigungsgründen 20 Räumungsrechtsstreit 5, 18 Rücktritt vom Mietvertrag 10 f Schriftform der Kündigungserklärung 7 ff, 11 - Voraussetzungen 7 ff - Rechtsfolgen 14 f
- Rechtsfolgen 30 ff Entstehung der Vorschrift 3 9 -Kündigung durch konkludentes Verhalten 12 - durch Vertreter 13
Unabdingbarkeit 32 f Untermiete 2 Verlängerungsklausel 10 Widerspruchsfrist 5, 24
Mietverhältnis - Geschäftsraum 2, 8
Zweck der Vorschrift 4, 17, 18
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick
1
a) Die Vorschrift regelt als Teil des sozialen Mietrechts Einzelfragen der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum. Für die ordentliche und die außerordent(531)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 a 2-4
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
liehe Kündigung wird schriftliche Form vorgeschrieben. Die Gründe der Kündigung sollen in dem Kündigungsschreiben angegeben werden (Abs 1). Darüber hinaus soll der Vermieter den Mieter über den nach § 556 a möglichen Widerspruch gegen die Kündigung belehren (Abs 2). Dies betrifft allerdings nur die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung des Vermieters, weil in den übrigen Fällen ein Widerspruchsrecht des Mieters nicht besteht (§ 556 a Abs 4). 2 b) Der Anwendungsbereich des § 564 a beschränkt sich auf Mietverhältnisse über Wohnraum. Hierzu gehören auch Untermietverhältnisse (PALANDT-PUTZO § 564 a Anm 1 d). Bei Mischmietverhältnissen kommt es darauf an, ob eine Gesamtbeurteilung der vermieteten Räume ergibt, daß das Schwergewicht des Mietverhältnisses nicht auf den Geschäftsräumen, sondern auf den Wohnräumen liegt (Vorbem 26 zu §§ 535, 536). Ausgenommen vom Anwendungsbereich des § 564 a sind nach Abs 3 Mietverhältnisse über Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch sowie über möblierten Wohnraum als Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, wenn der möblierte Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (Rz 31; § 565 Abs 3, s dort Rz 44 ff). Auch für Mietverhältnisse über Grundstücke, Geschäftsräume, bewegliche Sachen usw gilt § 564 a nicht. 3 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift ist durch Art I Nr 5 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl 1505) in das BGB aufgenommen worden und geht zurück auf einen Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags (BT-Drucks IV/1323, 4). Sie umfaßte zunächst nur das Erfordernis der Schriftform für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum und stellte zugleich die heute in Abs 3 enthaltenen Ausnahmetatbestände auf. Art I Nr 6 des MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl 11248) fügte als Abs 2 und 3 die Vorschriften ein, daß der Vermieter den Mieter über den Widerspruch des § 556 a belehren und ihm auf Verlangen über die Gründe der Kündigung unverzüglich Auskunft erteilen soll. Die bereits vorher aufgestellten Ausnahmetatbestände wurden als Abs 4 angefügt und betrafen damit auch die neuen Vorschriften. Art 1 Nr 2 des MRVerbG vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745) übernahm die in dem bisherigen Abs 3 enthaltene Regelung der Auskunft über die Kündigungsgründe in den heutigen Abs 1 S 2, indem die Auskunftserteilung als Sollvorschrift unabhängig von einem dahin gehenden Verlangen des Mieters festgelegt wurde. Die Ausnahmetatbestände wurden vom bisherigen Abs 4 zu Abs 3. 4 3. Zweck der Vorschrift a) Das Erfordernis der Schriftform für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist im Zusammenhang mit der Verbesserung des sozialen Mietrechts aufgestellt worden. Abgesehen von den in die Ausnahmetatbestände aufgenommenen, sozialpolitisch weniger schutzbedürftigen Mietverhältnissen, soll vor allem mündlichen Kündigungen, die nur aus einer augenblicklichen Gefühlsreaktion heraus erklärt werden, die Wirksamkeit versagt bleiben (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 3). Von einer Verpflichtung, die Kündigung zu begründen, wurde abgesehen, da das bürgerliche Recht im allgemeinen für derartige rechtsgestaltende Erklärungen keinen Begründungszwang vorsieht. Mit entscheidend war die Befürchtung, daß unter Umständen gerade die vom Vermieter für die Kündigung gegebene Begründung Auseinandersetzungen veranlassen könnte und überdies die schwierige Frage des Nachschiebens von Gründen auftreten würde. Vor allem soll vermieden Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(532)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 a 5-8
werden, daß die Wirksamkeit einer Kündigung nur deshalb in Frage gestellt wird, weil Zweifel auftreten, ob einem Begründungszwang genügt ist (Ausschußbericht aaO 3 f). b) Die Regelung des Abs 2 hinsichtlich der Belehrung Uber die Widerspruchsmög- 5 lichkeit ist zusammen mit § 556 a Abs 6 getroffen worden. In der Praxis hatte sich gezeigt, daß Mieter vielfach aus Rechtsunkenntnis keinen Gebrauch von ihrem Widerspruchsrecht gegenüber einer Kündigung machten. Deshalb soll der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären können, wenn er nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit sowie Form und Frist des Widerspruchs hingewiesen worden ist (Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Dabei wurde bewußt davon abgesehen, einen Hinweis nur dann als ausreichend anzusehen, wenn er schon bei der Kündigung (so Begr zum Entw des BR aaO) oder spätestens einen Monat vor Ablauf der Widerspruchsfrist erklärt wurde (so Stellungnahme der BReg zum Entw des BR aaO 4). Um Schwierigkeiten bei der Berechnung der Frist zu vermeiden, soll es genügen, wenn der Hinweis rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist erteilt wird (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 4 f). c) Als Abs 3 wurde durch das MietRÄndG III die Vorschrift aufgenommen, daß der 6 Vermieter auf Verlangen des Mieters die Kiindigungsgründe mitteilen soll. Dies bezweckt, den Mieter bei der Abschätzung des Prozeßrisikos zu unterstützen (Ausschußbericht aaO 5). Durch das MRVerbG wurde die Regelung in den heutigen Abs 1 S 2 übernommen und verbessert, indem die Kündigungsgründe auch ohne Verlangen des Mieters bereits im Kündigungsschreiben angegeben werden sollen. Damit wird sichergestellt, daß der Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsstellung gewinnt. Der Vermieter soll dagegen durch die Angabe der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben zur genaueren Prüfung veranlaßt werden, damit unmotivierte und willkürliche Kündigungen nach Möglichkeit ausgeschlossen werden (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6 f; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 2). Durch die Fassung als Sollvorschrift wurde die Angabe der Kündigungsgründe bewußt nicht zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung gemacht (Begr zum RegE aaO 7).
II. Schriftliche Kündigung (Abs 1) 1. Schriftform der Kündigungserklärung (Abs 1 S 1)
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a) Voraussetzungen Nach Abs 1 S 1 bedarf die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum der schriftlichen Form. Dies gilt für Mieter und Vermieter in gleicher Weise (AG Dortmund WuM 1972, 80; A G Münster WuM 1970, 165). aa) Es muß sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handeln (s im einzelnen Rz 8 2; Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff). Damit ist die Miete von Grundstücken, Geschäftsräumen und beweglichen Sachen vom Anwendungsbereich des § 564 a ausgenommen. Wird von einem Wohnungsmieter nachträglich eine Garage von demselben Vermieter hinzugemietet, ist dieser Vertrag nach den Vorschriften über Geschäftsräume selbständig kündbar, wenn die Garage bei rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht in den bereits vorher abgeschlossenen Wohnraummietvertrag einbezogen worden ist (LG Mannheim WuM 1974, 73). Weitere Ausnahmen enthält Abs 3 für Mietverhältnisse über Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch und für gewisse Mietverhältnisse (533)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 a 9-12
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
über möblierten Wohnraum (Rz 31). Unerheblich ist es, ob das Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eingegangen ist, da es in beiden Fällen grundsätzlich durch Kündigung beendet werden kann. 9 bb) Die Vorschrift gilt nur für die Kündigung eines Mietverhältnisses. Damit werden die ordentliche, die außerordentliche befristete und die außerordentliche fristlose Kündigung in gleicher Weise erfaßt (§ 564 Rz 30 ff). Will eine Partei den Kündigungstermin vorverlegen, der sich aus einer bereits ausgesprochenen Kündigung ergibt, so ist eine erneute Kündigung erforderlich, die ebenfalls der Schriftform bedarf (LG Frankfurt ZMR 1971, 88). 10 Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts ist es ausgeschlossen, andere Formen der Beendigung eines Mietverhältnisses der Kündigung gleichzustellen und auch insoweit die Einhaltung der Schriftform zu verlangen. Dies gilt allerdings nicht für Mietverträge mit Verlängerungsklausel, bei denen die Verlängerung durch eine innerhalb einer bestimmten Frist vor Ablauf des Mietverhältnisses abzugebende Erklärung abgelehnt werden muß. Wenn in der Praxis insoweit häufig von Kündigung gesprochen wird, handelt es sich um eine untechnische Formulierung (§ 564 Rz 6). Da ein solches Mietverhältnis gern § 565 a Abs 1 nach den Vorschriften des § 565 „gekündigt" werden muß, ergibt sich hieraus unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung der Erklärung, daß § 564 a unmittelbar anwendbar ist ( E R M A N S C H O P P § 565 a Rz 4; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 614). Der Formzwang des Abs 1 S 1 erstreckt sich dagegen nicht auf andere Arten der Beendigung eines Mietverhältnisses durch rechtsgeschäftliche Erklärungen wie Rücktritt (§ 564 Rz 51 ff), Anfechtung (§ 564 Rz 54 f) und Mietaußebungsvertrag (§ 564 Rz 45 ff; BGBR G R K - G E L H A A R § 564 a Rz 3). Nicht zu verkennen ist allerdings, daß der Zweck der Vorschrift, die Parteien vor einer unbedachten Beendigung des Mietverhältnisses zu schützen (Rz 4), auch insoweit eingreifen kann. Der eindeutige Gesetzeswortlaut bildet jedoch eine Grenze für eine dahin gehende Auslegung. 11 cc) Die Schriftform ist nach § 126 Abs 1 gewahrt, wenn die Kündigungserklärung in einer Urkunde enthalten ist und diese Urkunde von dem Kündigenden eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet ist. Eine mechanische oder faksimilierte Unterschrift reicht nicht aus (AG Dortmund ZMR 1967, 15). Das gleiche gilt für eine Kündigung durch Telegramm ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 a Rz 3 ; STERNEL Rz IV17; vgl BGHZ 24,297 = NJW 1957, 1275). Die schriftliche Form wird nach § 126 Abs 3 durch die notarielle Beurkundung ersetzt. Das Wort „Kündigung" braucht in der schriftlichen Erklärung nicht verwendet zu werden. Es genügt, wenn darin eindeutig zum Ausdruck kommt, daß der Erklärende das Mietverhältnis beenden will (s zum Inhalt der Kündigungserklärung § 564 Rz 15 ff). Damit stellt sich allerdings ein Qualifikationsproblem, wenn die Erklärung als formfreie Anfechtungs- oder Rücktrittserklärung oder als formbedürftige Kündigungserklärung beurteilt werden kann (Rz 10). Wenn Anfechtung oder Rücktritt durchgreifen und sich aus dem Willen des Erklärenden keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er nur den Weg der Kündigung wählt, ist für einen Formzwang kein Raum. Das gleiche Ergebnis läßt sich in derartigen Fällen über eine Umdeutung nach § 140 erzielen. 12 Durch das Erfordernis der Schriftform sind einer Kündigung durch konkludentes Verhalten bei Mietverhältnissen über Wohnraum gewisse Grenzen gezogen. Eine solche Kündigung ist nur möglich, wenn das konkludente Verhalten dem Formerfordernis genügt (§ 564 Rz 15, 28 f). Dies ist vor allem bei schriftlicher Klageerhebung, Anmeldung im Konkurs und ähnlichen Rechtsakten möglich, soweit die Erklärung durch Zugang beim Kündigungsempfänger wirksam wird (LG Hamburg MDR
1 9 7 4 , 5 8 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 a A n m
2 ; PERGANDE § 5 6 4 a A n m
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
3; (534)
3. Titel. Miete. Pacht ROQUETTE
§ 564 a Rz 7;
WEIMAR W U M
§ 564 a 13
1 9 6 9 , 1 9 9 ; vgl R G J W 1 9 0 8 , 2 7 0 , 2 7 1 ; B G H
N J W 1 9 5 3 , 1 3 9 1 ; N J W 1 9 5 4 , 4 2 5 ; B G H L M N r 1 zu § 5 6 4 B G B ;
ENNECCERUS-
§ 24 II 3 Fn 5). Der Beklagte muß eindeutig erkennen können, daß neben der Klageerhebung als Prozeßhandlung eine Kündigung als materiell-rechtliche Willenserklärung abgegeben werden soll. Beide Erklärungen fallen nicht notwendig zusammen (LG Hamburg aaO; PALANDT-PUTZO aaO; aM SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 35; vgl B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 a R Z 3). Unabhängig von der Klageerhebung kann auch ein weiteres Vorbringen in dem Rechtsstreit eine Kündigung darstellen, wenn die andere Partei hieraus unmißverständlich auf einen Kündigungswillen schließen kann (BGH ZMR 1957, 264). Um den Formzwang zu erfüllen, ist aber die Zustellung eines Schriftsatzes erforderlich. Beglaubigte Kopien reichen nicht aus (LG Hamburg WuM 1977, 184; L G Karlsruhe M D R 1978, 672; D E R L E D E R in AK § 564 a Rz 2; STERNEL R Z IV 17; aM L G Berlin WuM 1978, 119; HERPERS R Z 792). Auch eine Aufnahme in das gerichtliche Protokoll genügt grundsätzlich nicht. Die schriftliche Form wird zwar nach § 126 Abs 3 durch die notarielle Beurkundung ersetzt. Die notarielle Beurkundung kann nach § 127 a aber nur bei einem gerichtlichen Vergleich durch Aufnahme der Erklärungen in ein Gerichtsprotokoll ersetzt werden (aM PERGANDE § 564 a Anm 3, allerdings unter der Geltung des § 126 Abs 3 aF). Wird über eine außergerichtliche Verhandlung der Parteien von dem Kündigungsempfänger ein Protokoll aufgesetzt, das die Kündigungserklärung des anderen Teils wiedergibt und von diesem unterzeichnet wird, so ist die Schriftform gewahrt, weil damit auch der Kündigende Aussteller der Urkunde ist (vgl R G Z 76, 191, 193 f). LEHMANN
Das Erfordernis der Schriftform muß auch bei der Kündigung durch einen Vertreter 13 erfüllt sein. Die Erteilung einer dahin gehenden Vollmacht ist nach § 167 Abs 2 grundsätzlich nicht formbedürftig (LG Wiesbaden WuM 1 9 6 7 , 1 8 4 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 a R z 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 a A n m 2 ; PERGANDE § 5 6 4 a A n m 3 ; a M
AG
Frankfurt ZMR 1 9 6 9 , 8 6 ) . Eine unwiderrufliche Vollmacht zur Kündigung unterliegt dagegen dem Formzwang des § 564 a Abs 1 S 1, da sie ähnlich wie beim Kauf und Verkauf eines Grundstücks ( § 3 1 3 ) zu einer endgültigen Bindung des Vollmachtgebers führt (vgl PALANDT-HEINRICHS § 1 6 7 Anm 1 b). PERGANDE ( § 5 6 4 a Anm 3 ) will demgegenüber die unwiderrufliche Vollmacht formfrei zulassen, weil die Schriftform nicht nur vor übereilten Kündigungen schützen solle, sondern auch der Beweissicherung diene. Diese Argumentation kann nicht überzeugen, da der letztere Zweck nicht die Formfreiheit begründen kann, wenn der erstere Zweck nur durch den Formzwang zu erreichen ist. Für weitere Einschränkungen der Formfreiheit einer Vollmacht besteht dagegen kein Anlaß (abw A G Frankfurt aaO). Neben der bestehenden Vertretungsmacht ist es Voraussetzung der Wirksamkeit einer Kündigung für und gegen den Vertretenen, daß der Vertreter in fremdem Namen handelt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Vertreter ausdrücklich im Namen des Vertretenen handelt oder ob sich dies nur aus den Umständen ergibt ( § 1 6 4 Abs 1). Ist dieses Erfordernis erfüllt, kann der Vertreter die Kündigung mit dem eigenen Namen unterschreiben (LG Wiesbaden WuM 1 9 6 7 , 1 8 4 ; PERGANDE § 5 6 4 a Anm 3 ) . Er kann die Unterschrift auch mit dem Namen des Vertretenen leisten (vgl R G Z 7 9 , 6 9 ; PALANDT-HEINRICHS § 1 2 6 Anm 4 ; aM HOLZHAUER, Die eigenhändige Unterschrift [ 1 9 7 3 ] 1 3 5 ff, 2 0 5 ) . In beiden Fällen ist das Erfordernis der Schriftform erfüllt. Der Schutz des Kündigungsempfängers wird dadurch gewährleistet, daß die Kündigung durch einen Bevollmächtigten nach § 174 S 1 unwirksam ist, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der Empfänger die Kündigung aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist (vgl L G Wiesbaden ZMR 1972, 81 für die Kündigung durch einen Bevollmächtigten mittels Klageschrift; s aber § 174 S 2). In diesem Fall läßt auch die nachfolgende Aufforderung zur Einsichtnahme in die bei (535)
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§ 564 a 14-17
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
dem Bevollmächtigten vorliegende Vollmachtsurkunde die Kündigung nicht wirksam werden (LG Mannheim WuM 1976, 207). Die Vertretungsbefugnis selbst braucht nicht unmittelbar aus der schriftlichen Kündigung ersichtlich zu sein, da das Gesetz dies nicht verlangt (aM ROQUETTE § 564 a Rz 9). 14 b) Rechtsfolgen aa) Das Erfordernis der schriftlichen Form ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum. Ein Verstoß gegen den Formzwang macht die Kündigung nach § 125 S 1 nichtig. Diese Nichtigkeit ist unheilbar. Die Kündigung muß ggf unter Einhaltung etwaiger Kündigungsfristen wiederholt werden. Ein Formmangel kann unter den allgemeinen Voraussetzungen nach Treu und Glauben (§ 242) ausnahmsweise unbeachtlich sein (PALANDT-PUTZO § 564 a Anm 2; PALANDT-HEINRICHS § 125 Anm 6; PERGANDE § 564 a Anm 3). Dies gilt etwa, wenn der Kündigungsempfänger in Kenntnis der Rechtslage den Kündigenden arglistig davon abgehalten hat, die schriftliche Form zu wahren. 15 bb) Ist der Kündigungsempfänger trotz eines Formmangels der Kündigung mit der Beendigung des Mietverhältnisses einverstanden, so kann dadurch ein Mietaufhebungsvertrag zustande kommen, der formlos wirksam ist (HANS § 564 a Anm 2 a; PERGANDE § 564 a Anm 3). Dies setzt allerdings voraus, daß der Kündigungsempfänger bei seinem Einverständnis das Bewußtsein hat, eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben. Beugt er sich lediglich der wegen Formmangels nichtigen Kündigung in der irrigen Annahme, diese sei wirksam, so wird er in aller Regel keine Vertragserklärung abgeben wollen. An der Möglichkeit, auf eine formunwirksame Kündigung durch Einverständnis formlos einen Aufhebungsvertrag zustande zu bringen, zeigen sich die Grenzen einer Verwirklichung des mit § 564 a Abs 1 verfolgten Ziels, die Parteien vor einer unbedachten Beendigung des Mietverhältnisses zu schützen (Rz 4, 10; vgl § 564 Rz 46 f).
16 2. Angabe der Kündigungsgründe (Abs 1 S 2) a) Voraussetzungen aa) Nach Abs 1 S 2 sollen in dem Kündigungsschreiben die Gründe der Kündigung angegeben werden. Es handelt sich um eine Sollvorschrift, durch die kein allgemeiner Begründungszwang für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum eingeführt worden ist. Es bleibt damit bei dem Prinzip, daß die Angabe eines bestimmten Kündigungsgrundes nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Erklärung ist. Dies gilt nach umstrittener Ansicht für alle Kündigungsarten in gleicher Weise (§ 564 Rz 16). Werden die Kündigungsgründe nicht angegeben, ist die Kündigung zwar grundsätzlich wirksam, als Folge können sich jedoch gewisse Rechtsnachteile für den Kündigenden ergeben (Rz 23). 17 bb) Die Vorschrift wendet sich nicht an einen bestimmten Adressaten. Bereits das Kündigungsschreiben soll die Gründe der Kündigung enthalten, damit der Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsstellung gewinnt und der Vermieter zu einer genaueren Prüfung veranlaßt wird, bevor er eine unmotivierte und willkürliche Kündigung ausspricht (Rz 6). Damit geht die Vorschrift nach dem ihr zugrunde liegenden Zweck, den Mieter zu schützen, von einer Kündigung durch den Vermieter aus. Sie gilt ihrem Wortlaut nach auch für den umgekehrten Fall einer Kündigung durch den Mieter. Insoweit bleibt ein Verstoß jedoch ohne Rechtsfolgen, so daß die Regelung insoweit jeder Berechtigung entbehrt. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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§ 564 a 3. Titel. Miete. Pacht
18-20
cc) In welcher Ausführlichkeit die Kündigungsgründe anzugeben sind, läßt das 18 Gesetz offen. Dies ist von dem in erster Linie maßgebenden Zweck der Vorschrift her zu bestimmen, dem Mieter Klarheit über seine Rechtsstellung und die Erfolgsaussicht von Verteidigungsmöglichkeiten zu verschaffen. Liegen mehrere Kündigungsgründe vor, sind sie sämtlich anzugeben. Der einzelne Kündigungsgrund ist dabei so genau zu bezeichnen, daß der Mieter seine Rechtsverteidigung darauf einstellen kann. Nach verbreiteter Auffassung soll es genügen, wenn das Kündigungsschreiben die maßgebenden Gründe in ausreichend spezifizierter Weise - auch schlagwortartig erkennen lasse, während die damit zusammenhängenden Tatsachen zur Ausfüllung, Erläuterung oder Ergänzung des Kündigungsgrundes nachgeschoben werden könnt e n ( H A N S § 5 6 4 a A n m 2 b ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 a A n m 3 ; SCHMIDT-FUTTERER
WuM 1972, 37). Dies steht nicht im Einklang mit dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Mieter kann die Erfolgsaussicht eines Widerspruchs gegen die Kündigung und damit eines Rechtsstreits erst dann einigermaßen beurteilen, wenn er nicht nur die Interessen des Vermieters - den Kündigungsgrund kennt, sondern auch beurteilen kann, ob diese Interessen berechtigt sind (vgl § 556 a Abs 1). Dies ist ihm aber nur möglich, wenn er auch die zugrunde liegenden Tatsachen kennt. Der Mieter soll nicht gezwungen sein, vorsorglich Widerspruch einzulegen und sich auf einen riskanten Prozeß einzulassen (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317,5). Diesem Zweck diente auch die durch Art I Nr 3 MietRÄndG III (BGBl 11967,1248) geschaffene Fassung des § 556 a Abs 6. Hiernach konnte der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären, wenn der Vermieter nicht rechtzeitig die verlangte Auskunft über die Kündigungsgründe erteilt hatte. Dies zeigt den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Mitteilung der Kündigungsgründe und einer darauf aufbauenden Rechtsverteidigung. Daß die dahin gehende Regelung des § 556 a Abs 6 durch Art 1 Nr 1 MRVerbG (BGBl I 1971, 1745) aufgehoben worden ist und es insoweit nur noch auf die Belehrung über den Widerspruch nach § 564 a Abs 2 ankommt, hängt damit zusammen, daß die Kündigungsgründe nach dem durch Art 1 Nr 2 MRVerbG geschaffenen § 564 a Abs 1 S 2 nicht erst auf Verlangen des Mieters, sondern ohne weiteres angegeben werden sollen (vgl Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 7). Der Zweck, aus dem die Gründe mitgeteilt werden sollen, hat sich dadurch nicht geändert. Ist es dem Mieter aber nur bei ausreichender Tatsachenkenntnis möglich, die Erfolgsaussichten einer Rechtsverteidigung gegen die Kündigung zu beurteilen, so ist der Kündigungsgrund nicht nur schlagwortartig anzugeben, sondern dem Zweck entsprechend ausreichend durch tatsächliche Angaben zu untermauern (vgl LG Osnabrück WuM 1974, 29; AG Mannheim WuM 1975, 210). Anderenfalls ist die Vorschrift des § 564 a Abs 1 S 2 nicht erfüllt. Diese Erwägungen gelten uneingeschränkt für die ordentliche und die außerordent- 19 liehe befristete Kündigung durch den Vermieter, weil nur in diesen Fällen ein Widerspruchsrecht des Mieters relevant werden kann (§ 556 a Rz 13 ff), nicht dagegen für die außerordentliche fristlose Kündigung (§ 556 a Abs 4 Nr 2). Gleichwohl kann § 564 a Abs 1 S 2 nach Wortlaut und Zweck auch auf den letzteren Fall erstreckt werden, da der Empfänger einer fristlosen Kündigung ebenfalls ein berechtigtes Interesse daran hat, die Kündigungsgründe nebst den sie ausfüllenden Tatsachen zu erfahren, damit er seine Rechtsverteidigung darauf einstellen kann. Insoweit bleibt ein Verstoß allerdings ohne Rechtsfolgen (vgl aber § 564 Rz 16 zu der abgelehnten Auffassung, nach der die Angabe der Gründe bei der fristlosen Kündigung Wirksamkeitsvoraussetzung sein soll). dd) Die vorgeschriebene Angabe der Kündigungsgründe wirkt sich auf die Frage 20 aus, ob einer bereits ausgesprochenen Kündigung weitere Gründe mit der Wirkung nachgeschoben werden können, daß sie die Kündigung bereits für den Zeitpunkt (537)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 a
21, 22
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
ihres Ausspruchs rechtfertigen (§ 564 Rz 16). Das Problem des Nachschiebens von Kündigungsgriinden tritt bei der ordentlichen und bei der außerordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum in gleicher Weise auf. Die außerordentliche fristlose Kündigung ist nur wirksam, wenn sie auf einen im Zeitpunkt ihres Ausspruchs tatsächlich vorliegenden Kündigungsgrund gestützt werden kann. Die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung durch den Vermieter setzen nach § 564 b Abs 1 - 3 ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses voraus. Hierfür werden nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind (§§ 556 a Abs 1 S 3 , 5 6 4 b Abs 3). Wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen ist zwischen den einzelnen Kündigungsarten zu unterscheiden: 21 a) Bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung kommt es allein darauf an, daß ein Kündigungsgrund im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung tatsächlich erfüllt ist (§ 564 Rz 37). Erweist sich ein in dem Kündigungsschreiben angegebener Grund als nicht gegeben, so können grundsätzlich andere, mit der Kündigungserklärung noch nicht bekanntgegebene Gründe nachgeschoben werden, sofern sie zur Zeit des Ausspruchs bereits vorhanden waren (BGHZ 27, 220 = NJW 1958, 1136 zum Handelsvertreter; BGH WM 1959, 538, 542). Treu und Glauben können allerdings eine Beschränkung auf den zunächst angegebenen Kündigungsgrund erfordern (BGHZ 2 7 , 2 2 0 , 2 2 5 = NJW 1958,1136,1137). Das Nachschieben von Kündigungsgründen verstößt zwar gegen die Sollvorschrift des § 564 a Abs 1 S 2. Dieser Verstoß bleibt aber ohne Rechtsfolgen, da § 564 b Abs 3 für die außerordentliche fristlose Kündigung nicht gilt und auch das Widerspruchsrecht nach § 556 a Abs 4 Nr 2 entfällt. 22 ß) Bei der ordentlichen und der außerordentlichen befristeten Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist das Nachschieben von Gründen wegen der Vorschrift des § 564 a Abs 1 S 2 grundsätzlich ausgeschlossen. Dies beschränkt sich aber auf eine Kündigung durch den Vermieter. Nach der ursprünglichen Regelung sollte der Vermieter nur auf Verlangen des Mieters Auskunft über die Gründe der Kündigung erteilen (Rz 3). Bewußt offengeblieben war die Frage, welche Rechtsfolgen bei einer Angabe unrichtiger Gründe und bei einem Nachschieben von Gründen eintreten sollten (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 5). Da die Gründe nunmehr schon im Kündigungsschreiben anzugeben sind, führt ein Nachschieben von Gründen zur Verletzung des § 564 a Abs 1 S 2 mit der Folge, daß diese Gründe für eine Berücksichtigung der Interessen des Vermieters ausfallen (§§ 556 a Abs 1 S 3, 564 b Abs 3; vgl AG Geislingen WuM 1973, 161; AG Hamburg WuM 1975,149). Ein Nachschieben von Gründen wird nach diesen Vorschriften nur noch anerkannt, wenn die Gründe nachträglich, dh nach Ausspruch einer ansonsten wirksamen Kündigung (AG Mannheim WuM 1976, 184), entstanden sind (§ 564 b Rz 125 ff). Der Vermieter soll nicht gehindert werden, einen solchen Grund auch später noch geltend zu machen (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 7; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 2). Anderenfalls ist er darauf angewiesen, unter Einhaltung der maßgeblichen Frist eine neue Kündigung auszusprechen (Begr zum RegE aaO; LG Hamburg WuM 1975,124; A G Mannheim WuM 1975, 210). Diese kann in der Berufung gegen ein amtsgerichtliches Urteil zu sehen sein, das eine Räumungsklage abweist, weil zum Zeitpunkt des Prozesses kein Kündigungsgrund vorlag. Entstand zwischenzeitlich ein Kündigungsgrund, so ist der Berufungsklage stattzugeben (LG Bückeburg WuM 1976, 123). Wenn der Vermieter den Weg der ordentlichen Kündigung wählt, obwohl ihm ein Grund zur fristlosen Kündigung zur Seite steht, entfällt zwar nach § 556 a Abs 4 Nr 2 das Widerspruchsrecht des Mieters (§ 556 a Rz 56 b). Anwendbar bleibt aber § 564 b Abs 3, so daß der Kündigungsgrund unberücksichtigt bleiben muß, wenn er nicht schon in dem KündigungsschreiJürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 a 22 a-24
ben angegeben worden ist. Wenn demzufolge das Nachschieben des Kündigungsgrundes ausgeschlossen ist, so kann dies doch nur für die ordentliche Kündigung gelten. Erweist sich die ordentliche Kündigung als unberechtigt und damit als unwirksam, ist sie unter den Voraussetzungen des § 140 in eine außerordentliche fristlose Kündigung umzudeuten (§ 564 b Rz 132 f; s zum umgekehrten Fall § 564 Rz 39 f), so daß ein Nachschieben des Kündigungsgrundes insoweit möglich sein wird. § 564 a Abs 1 S 2 gilt seinem Wortlaut nach auch für die ordentliche und die 22a außerordentliche befristete Kündigung durch den Mieter. Da in diesem Fall ein Verstoß gegen die Begründungspflicht ohne Rechtsfolgen bleibt, wird auch das Nachschieben von Kündigungsgründen nicht ausgeschlossen. Praktisch wird diese Frage aber nur, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses durch eine außerordentliche befristete Kündigung herbeigeführt werden soll, da dem Mieter nur hierbei ein Kündigungsgrund zur Seite stehen muß. b) Rechtsfolgen 23 § 564 a Abs 1 S 2 ist eine Norm, die keine selbständige Rechtsfolge für einen Verstoß gegen das Erfordernis einer Angabe der Kündigungsgründe vorsieht. In einer Sollvorschrift wird dem Kündigenden vielmehr eine Obliegenheit auferlegt, an deren Verletzung das Gesetz erst an anderer Stelle Rechtsnachteile knüpft. Diese Rechtsfolgen bestehen zum einen darin, daß im Rahmen eines Widerspruchs des Mieters gegen eine Kündigung bei der Würdigung der berechtigten Interessen des kündigenden Vermieters nur die in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe berücksichtigt werden, soweit nicht die Gründe nachträglich entstanden sind (§ 556 a Abs 1S 3). Ein Verstoß gegen § 564 a Abs 1 S 2 kann also dazu führen, daß der Mieter mit seinem Widerspruch durchdringt und eine Verlängerung des Mietverhältnisses erreicht. Zum anderen bestimmt § 564 b Abs 3, daß als berechtigte Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses nur die in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe berücksichtigt werden, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind (§ 564 b Rz 121 ff). Hieraus kann sich die Rechtsfolge ergeben, daß eine Kündigung in vollem Umfang unberechtigt und damit unwirksam ist (vgl AG Darmstadt WuM 1974, 30). Die Rechtsfolge des § 556 a Abs 1 S 3 wird also nur relevant, wenn die Kündigung wirksam ist und nicht schon an § 564 b Abs 3 scheitert. Dieser Fall kann nur eintreten, wenn der Vermieter seiner Obliegenheit aus § 564 a Abs 1S 2 zumindest teilweise nachgekommen ist. Nachteilige Rechtsfolgen aus einem Verstoß gegen diese Vorschrift treffen also nur den Vermieter. DI. Belehrung über den Widerspruch nach § 556 a (Abs 2) 1. Voraussetzungen 24 a) Nach § 564 a Abs 2 soll der Vermieter von Wohnraum den Mieter auf die Möglichkeit, der Kündigung nach § 556 a zu widersprechen, und auf Form und Frist des Widerspruchs rechtzeitig hinweisen. Die rechtspolitische Berechtigung einer solchen Regelung ist von HANS ( § 5 6 4 a Anm 1; vgl zur Kritik auch -B- GrundE 1 9 6 8 , 99) damit angezweifelt worden, daß der Gesetzgeber zu Unrecht unterstelle, der Vermieter sei im allgemeinen rechtskundiger als der Mieter. Es sei zudem bedenklich, daß dem Vermieter eine Belehrungspflicht auferlegt werde, die seinen eigenen Interessen entgegenstünde. Entsprechende Bedenken waren schon im Gesetzgebungsverfahren aufgetaucht und sind zu Recht zurückgewiesen worden, weil es nicht darum geht, den Vermieter zu einem Verhalten zu verpflichten, das seinen eigenen Interessen zuwiderläuft, und ihm bei einem Verstoß entscheidende Rechtsnachteile (539)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 a 25-28
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
aufzuerlegen. Die Kündigung bleibt vielmehr auch dann wirksam, wenn die Belehrung unterblieben ist (AG Stolberg MDR 1969, 846). Lediglich die Widerspruchsfrist wird verlängert, was der Gesetzgeber auch unabhängig von der Belehrungspflicht generell hätte festlegen können (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 4 f). 25 In dem ursprünglichen Entwurf der Vorschrift war vorgesehen, daß der Mieter in dem Kündigungsschreiben auf die Widerspruchsfrist des § 556 a Abs 6 hingewiesen werden sollte (Entw des BR BT-Drucks V/1743, 2). Die zum Gesetz gewordene Fassung weicht hiervon insoweit ab, als der Mieter nicht nur auf die Frist, sondern auch auf die Möglichkeit und auf die Form des Widerspruchs hingewiesen werden soll. Der Hinweis braucht nicht schon in dem Kündigungsschreiben enthalten zu sein, sondern muß nur rechtzeitig erfolgen. Entgegen dem Vorschlag der Bundesregierung (BT-Drucks V/1743, 5) wurde davon abgesehen, den Hinweis an eine bestimmte Frist zu binden. 26 b) Nach der Entstehungsgeschichte betrifft die Vorschrift nur die Belehrung über den Widerspruch im Anschluß an eine Kündigung des Mietverhältnisses. Damit sind die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung gemeint, da sich nur insoweit ein Widerspruchsrecht ergeben kann. Die Vorschrift gilt nicht für die außerordentliche fristlose Kündigung, bei der ein Widerspruchsrecht ausgeschlossen ist (§ 556 a Abs 4 Nr 2). Da dieser Ausschluß auch eingreift, wenn der Vermieter statt dessen den Weg der ordentlichen Kündigung wählt ( § 5 5 6 a R z 5 6 b ) , kann in diesem Fall von der Belehrungspflicht abgesehen werden. Nach der zum Gesetz gewordenen Fassung und nach dem Zweck der Vorschrift ist es ferner möglich und geboten, die Belehrungspflicht bei einer Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf eintreten zu lassen (im Ergebnis ebenso HANS § 564 a Anm 3; WEIMAR W U M 1969, 177; aM LUTZ, Das neue Mietrecht des BGB § 564 a Anm 4, 104; MünchKommVOELSKOW § 564 a Rz 18). Der Mieter ist in diesem Fall in gleicher Weise schutzbedürftig, seinen Anspruch auf Fortsetzung nach § 556 b nicht infolge Rechtsunkenntnis zu verlieren (vgl Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Angesichts des Gesetzeszwecks steht dieser Auffassung der systematische Zusammenhang der Vorschrift mit der Kündigung nicht entgegen. 27 c) Eine Belehrung über die Möglichkeit des Widerspruchs ist gegeben, wenn der Vermieter den Mieter darauf hinweist, daß er der Kündigung oder der Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf widersprechen und eine Fortsetzung verlangen kann. Dabei brauchen nicht die Worte des Gesetzes verwendet zu werden. Es genügt, daß der Mieter über seine Rechte aus den §§ 556 a, 5 5 6 b aufgeklärt wird (HANS § 564 a Anm 3). Über die einzelnen Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses braucht der Mieter dagegen nicht unterrichtet zu werden (vgl aber HANS § 564 a Anm 3 d). Bleibt ihm etwas unklar, so ist es seine Sache, sich deshalb nicht von der Erhebung des Widerspruchs abhalten zu lassen, sondern Rechtsrat einzuholen. Die weitergehende Auffassung von HANS (aaO) findet im Gesetz keine Stütze. Die Belehrung darf allerdings nicht unvollständig oder falsch sein. Es ist ausreichend, wenn der Vermieter in seinem Kündigungsschreiben auf den auf der Rückseite abgedruckten Wortlaut des § 556 a hinweist (LG Rottweil ZMR 1980, 183 m krit Anm GLASER). Der bloße rückseitige Abdruck genügt jedoch nicht, weil dabei die Gefahr besteht, daß der Mieter dies übersieht. 28 d) Eine Belehrung über Form und Frist des Widerspruchs ist erteilt, wenn der Mieter erfahren hat, daß hierbei die schriftliche Form einzuhalten ist (§ 556 a Abs 5 S 1) und daß die Erklärung spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber zu erklären ist (§ 556 a Abs 6 S 1). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 a 29-32
e) Die Belehrung soll so rechtzeitig erteilt werden, daß der Mieter für einen etwaigen 29 Widerspruch die Frist aus § 556 a Abs 6 S 1 wahren kann. Die Belehrung braucht also nicht schon im Kündigungsschreiben enthalten zu sein und unterliegt deshalb nicht dem Schriftformerfordernis des § 564 a Abs 1 S 1. Ein mündlicher Hinweis genügt, hat allerdings ein gewisses Beweisrisiko für den Vermieter zur Folge. Über die Rechtzeitigkeit des Hinweises finden sich im Gesetz und in den Materialien keine näheren Erläuterungen. Damit stellt sich die Frage, ob der Hinweis noch rechtzeitig ist, wenn er etwa am letzten Tag der Widerspruchsfrist erteilt wird, oder ob dem Mieter eine angemessene Bedenkzeit bleiben muß. Wenn § 556 a Abs 6 S 2 den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits für zulässig erklärt, offenbar im Hinblick auf eine richterliche Aufklärung, so zeigt dies die Erwartung des Gesetzgebers, daß sich der Mieter uU auch ohne weitere Bedenkzeit zur Erhebung des Widerspruchs entschließen soll. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß der Mieter sich vor Gericht - sei es auch durch den Richter - über die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs beraten lassen kann. Wenn der Mieter auch durch die außerprozessuale Erhebung eines Widerspruchs noch kein unmittelbares Prozeßrisiko eingeht, so muß ihm doch die Möglichkeit bleiben, sich vorher vor allem wegen der schwierigen Interessenabwägung im Rahmen des § 556 a beraten zu lassen (vgl S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 212). Sofern dies nicht gewährleistet ist, weil die Belehrung erst kurz vor Ablauf der Widerspruchsfrist erteilt wird, ist sie nicht rechtzeitig. Die Belehrung kann auch nicht im voraus erteilt werden, etwa schon im Mietvertrag ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO; S T E R N E L R Z IV 67) oder vor Ausspruch der Kündigung (AG Hamburg-Altona MDR 1971,138). Dies würde der Schutzfunktion des § 564 a Abs 2, den Mieter auf seine Rechte besonders hinzuweisen, nicht gerecht. 2. Rechtsfolgen
30
§ 564 a Abs 2 enthält keine Rechtsfolge für den Fall, daß der Vermieter die Belehrung nicht oder nicht rechtzeitig erteilt. Wie bei Abs 1 S 2 handelt es sich um eine Sollvorschrift, deren Verletzung keine Schadensersatzansprüche auslöst. Die Rechtsfolge besteht nach § 556 a Abs 6 S 2 darin, daß der Mieter für die Erhebung des Widerspruchs nicht an die Frist von zwei Monaten vor Beendigung des Mietverhältnisses gebunden ist, sondern den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären kann. Dies dient dem Schutz des rechtsunkundigen Mieters. IV. Ausnahmetatbestände (Abs 3)
31
Die Vorschriften des § 564 a über die Schriftform der Kündigungserklärung, die Angabe der Kündigungsgründe und die Belehrung über den Widerspruch gelten nach Abs 3 nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist (§ 556 a Rz 88 ff), und für Mietverhältnisse der in § 565 Abs 3 genannten Art, nämlich für möblierten Wohnraum als Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, wenn der möblierte Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (§ 556 a Rz 95 f; § 565 Rz 44 ff). Diese Ausnahmen von den besonderen Schutzvorschriften für Wohnraum werden durch die Annahme gerechtfertigt, daß derartiger Wohnraum für den Mieter nicht den Mittelpunkt seiner Lebensführung bildet (vgl zu den Bedenken hiergegen § 556 a Rz 96). V. Unabdingbarkeit
32
Im Gegensatz zu anderen Schutzvorschriften über Wohnraummietverhältnisse enthält § 564 a keinen ausdrücklichen Hinweis auf die zwingende Natur seiner Regelung. Gleichwohl wird allgemein angenommen, daß die Parteien grundsätzlich (541)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 564 a, 564 b 33
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhaltnisse
keine abweichenden Vereinbarungen treffen können (HANS § 564 a Anm 5; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 a A n m 1 e ; ROQUETTE § 5 6 4 a R z 10; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 2 1 2 ; WEIMAR W U M 1 9 6 9 , 1 7 7 , 1 7 8 ) . Dies ergibt sich für das Erfordernis der
Schriftform (Abs 1 S 1) daraus, daß gesetzliche Formvorschriften zwingend sind. Die schriftliche Angabe der Kündigungsgründe (Abs 1 S 2) ist mittelbar aufgrund der §§ 5 5 6 a Abs 7 , 5 6 4 b Abs 6 zwingend, weil eine abweichende Vereinbarung sich auf die in den §§ 556 a Abs 1 S 3,564 b Abs 3 vorgesehenen Rechtsfolgen auswirken würde, diese Folgen aber nicht abbedungen werden können. Das gleiche gilt für die Belehrungspflicht (Abs 2) nach § 5 5 6 a Abs 6 S 2, Abs 7 (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 a Anm 1 e). 33 Zwingend ausgeschlossen sind aber nur abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters (vgl § 564 b Abs 6; § 556 a Rz 97). Abweichungen zugunsten des Mieters sind möglich. So können auch Mietverhältnisse über Wohnraum, die unter den Ausnahmetatbestand des § 564 a Abs 3 fallen, durch Parteivereinbarung der Regelung der Abs 1 und 2 unterstellt werden. Darüber hinaus kann das Erfordernis der Schriftform für eine Kündigung bei sämtlichen anderen Mietverhältnissen vereinbart werden (HANS § 564 a Anm 5). In Formularverträgen darf die Kündigungserklärung nach § 11 Nr 16 AGBG nicht an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. Ein Verstoß gegen die rechtsgeschäftlich vereinbarte Form hat nach § 125 S 2 im Zweifel die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge. § 564 b Ein Mietverhältnis über Wohnraum kann der Vermieter vorbehaltlich der Regelung in Absatz 4 nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Als ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ist es insbesondere anzusehen, wenn 1. der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat; 2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt. Ist an den vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich der Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des Satzes 1 nicht vor Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung an ihn berufen; 3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Die Möglichkeit, im Falle einer anderweitigen Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt dabei außer Betracht. Der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, daß er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will. Als berechtigte Interessen des Vermieters werden nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind. Bei einem Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(542)
§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht vorliegen. D i e Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall u m drei Monate. D i e s gilt entsprechend für Mietverhältnisse über Wohnraum innerhalb der v o m Vermieter selbst b e w o h n t e n Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach Absatz 7 v o n der A n w e n d u n g dieser Vorschriften a u s g e n o m m e n ist. In d e m Kündigungsschreiben ist anzugeben, daß die Kündigung nicht auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 gestützt wird. Weitergehende Schutzrechte des Mieters bleiben unberührt. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. D i e s e Vorschriften gelten nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse über Wohnraum, der Teil der v o m Vermieter selbst b e w o h n t e n W o h n u n g ist und d e n der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Art 1 Nr 1 WKSchG II vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3603); Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 8; Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011, 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 2. Vgl Art 1 § 1 WKSchG I vom 25. 11. 1971 (BGBl 11839); Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 8; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 3. Schrifttum I. Zu § 564 b BARTHELMESS, Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz (2. Aufl 1980); BEUERMANN, Sanierung als Kündigungsgrund, ZMR 1979, 97; BLANK, Die ordentliche befristete Kündigung des Vermieters von Wohnraum bei schuldhaften Vertragsverletzungen des Mieters. Zur Konkretisierung des § 564 b II Nr. 1 BGB, WuM 1979, 137; BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Miet- und Pachtrecht, WM 1980, 150, 153; BURKHARDT, Das zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JurBüro 1975,281; DEHM, Verlängerung des Kündigungsschutzes für Wohnraum, DStR 1975, 53; DERLEDER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistungen und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1975, 1677; EEKHOFF-WERTH, Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes (2. Aufl 1978); FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 33; FRIAUF, Wohnhausbesitz im Spannungsfeld zwischen Eigentumsfreiheit und sozialer Bindung, DWW 1977, 124; FRICKE, Zur Übertragbarkeit des Rechts zur Wohnungskündigung bei einem Grundstückskauf, ZMR 1979, 65; FRICKHÖFFER, Zweites Wohnraum-Kündigungsschutzgesetz - ein scheinsozialer Volksbetrug, DWW 1975, 172; GÄRTNER, Soziales Mietrecht? DuR 1977, 364; GIERTH, Wohnungsbauänderungsgesetz 1980 verabschiedet. Eine erste Übersicht, GrundE 1980, 180; GLASER, Das Kündigungsrecht des Wohnungsvermieters, ZMR 1978, 321; ders, Kündigungsschutz für Mietwohnungen, JR 1975, 358; ders, Überblick über die Wohnungs- und Mietpreisgesetzgebung, B1GBW 1979, 194 = Betrieb 1979, 2311; GÜNTHER, Mieterschutz als Aufgabe des sozialen Rechtsstaats, WuM 1980, 121; GUNDLACH, Zum befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel, ZMR 1977, 134; HABLITZEL, Das Kündigungsrecht nach § 569 BGB, ZMR 1980,289; HANNIG, Das Wohnungsbauänderungsgesetz 1980. Ein Überblick für die Praxis, GWW 1980, 112 u 136; KORFF, Einschränkungen von Mieterhöhungen, Modernisierungen, Kündigungen wegen Zahlungsverzugs? NJW 1975, 2281; ders, Kündigungsgründe ausführlich angeben, GrundE 1977, 159; ders, Lohnt sich das Sonderkündigungsrecht bei eigengenutzten Ein- und Zweifamilienhäusern für den Vermieter? DWW 1978, 28; LANDFERMANN, Zweifelsfragen im Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1980, 257; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1975, 9; ders, Kein Schadensersatz wegen Vorspiegelung des Eigenbedarfs? ZMR 1975, 289; LUTZ, Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1974, 272; ders, Nochmals: Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1975, 6; PAUL, Der Entwurf des Zweiten WohnraumKündigungsschutzgesetzes, DWW 1974, 56; PÜTZ, Kündigungsrecht des Vermieters bei fehlender Wohnberechtigung des Mieters für Sozialwohnung? WuM 1979, 183; RATHJEN, Gleichbehandlung und Mietrecht, MDR 1980, 713, 716; RODENBERG, Die Kündigung im Wohnungsmietrecht (1978) 82 ff; ROESCH, Mißbräuchliche Geltendmachung von Eigenbedarf bei der Kündigung von Wohnungsmietverträgen, WuM 1978, 1; ders, Weniger Kündigungsschutz? WuM 1978, 181; SCHICKEDANZ, Schadensersatz wegen Vorspiegelung des Eigenbedarfs? ZMR 1975, 196; SCHLICH, Das (543)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz. Eine Notwendigkeit im sozialen Rechtsstaat, WuM 1979, 1; SCHMID, Zur Anwendbarkeit des § 564b auf Zweitwohnungen, B1GBW 1980, 205; ders, Kann der Erwerber bei Eigenbedarf vor Eigentumsübergang nach § 564 b kündigen? B1GBW 1979, 108; SCHMIDT, Der Wohnraumkündigungsschutz ist Bestandteil unserer sozialen Rechtsordnung, WuM 1975, 109; ders, Zweifelsfragen zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1976, 41; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigung und Räumungsanordnung bei fehlbelegten Sozialwohnungen, DÖV 1977, 203; ders, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht, MDR 1975,89; ders, Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters für Wohnraum in Einund Zweifamilienhäusern, ZMR 1976, 97; SCHOPP, Der Bestandsschutz bei außerordentlicher fristgerechter Kündigung von Wohnraummietverhältnissen durch den Vermieter, ZMR 1980, 97; ders, Ersatzansprüche des Mieters bei Vortäuschen von Eigenbedarf, ZMR 1975, 353; ders, Schadensersatzansprüche des Mieters bei fahrlässig unberechtigter Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarfs aus § 564 b Abs 2 Ziff 2 BGB, MDR 1977, 198; ders, Das zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97; ders, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz 2. WKSchG - , Rpfleger 1975, 280; SCHUBERT, Die „Einliegerwohnungen" im 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1975,1; SEIER, Der Pflichtverstoß des Vermieters bei fahrlässig unberechtigter Kündigung von Mietverhältnissen, ZMR 1978,34; STERNEL, Schadensersatz bei unberechtigter Kündigung von Mietverhältnissen, MDR 1976, 265; VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, J Z 1975, 73; WEIMAR, Wichtige Änderungen des Wohnungsbindungsgesetzes und des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, Betrieb 1980, 627; ders, Ausschluß oder Beschränkung des Kündigungsrechts des Wohnraumvermieters, B1GBW 1979, 114; ders, Der Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum als Dauerrecht, FWW 1974, 428; ders, Der Mietaufhebungsvertrag im Blickfeld des § 564 b BGB, B1GBW 1975, 69; ders, Rechtsfragen zu Heimverträgen, ZMR 1979,136; ders, Vermieterkündigung und Mietpreisbildung nach neuem Recht, Betrieb 1974,2460; WOLF, Zum Kündigungsschutz bei der Veräußerung von Eigentumswohnungen, WuM 1978, 137; Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. (Hrsg), Widersprüchliches Mietrecht. Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz im Spiegel der Rechtsprechung (1979). D. Zu Art 1 § 1 WKSchG I BARTHELMESS, Zur Frage des Kündigungsschutzes bei befristeten Mietverhältnissen, NJW 1974, 1230; BERDECKI, Ungleicher Kündigungsschutz bei Wohnungen und Arbeitsplätzen, B B 1973, 806; BURKHARDT, Die neuen Mietgesetze, JurBüro 1972, 89; FRANTZIOCH, Die neuen Bestimmungen des Wohnungsmietrechts, AIZ 1973, 2; ders, Wohnraumkündigungsschutzgesetz - Anwendung nicht immer ganz einfach, AIZ 1974, 90; GLASER, Das neue Miet- und Wohnungsrecht, MDR 1972, 104; HÄUSLER, Neues Miet- und Mietpreisnotrecht. Inhalt und Rechtsprobleme insbesondere des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum, DWW 1971, 376; KURTENBACH, Die Neuregelung des Bestands- und Kündigungsschutzes für Wohnraummietverhältnisse, Betrieb 1971, 2453; LEHMANN, Zur Frage des Kündigungsschutzes bei „alten" befristeten Mietverhältnissen mit Verlängerungsklausel, NJW 1974,2117; LÖWE, Zweifelsfragen aus dem neuen Mietrecht, NJW 1972, 1913 u 2017; LUTZ, Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum mit Erläuterungen, DWW 1971, 383; ROQUETTE, Mieterschutz und Mieterhöhung bei befristeten Mietverhältnissen, ZMR 1972,133; SCHLICH, Soziale Sicherheit des Wohnens, WuM 1974, 230; SCHMIDT, Der verbesserte Kündigungsschutz des Mieters und das neue Mieterhöhungsrecht des Vermieters, WuM 1971, 193 u 1972, 1; ders, Ein Jahr Wohnungskündigungsschutzgesetz. Eine Zusammenfassung der Rechtsprechung, WuM 1972,169; SCHMIDT-FUTTERER, Die Kündigung von Werkswohnungen nach neuem Recht, B B 1972, 1058 u 1410; ders, Der Kündigungsschutz für Wohnräume nach neuem Recht, NJW 1972, 5; ders, Probleme der Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfs, MDR 1972, 560; ders, Kein Schutz für Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum? MDR 1974, 191; ders, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, WuM 1971, 196; ders, Wartefristen bei der Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfs? ZMR 1974, 37; SCHOPP, Die Änderung des Wohnraummietrechts vom November 1971, ZMR 1972, 1; SCHUBART, Auslegungsfragen zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, NJW 1972,1348; TONDORF, Kündigung des Vermieters bei Aufnahme einer nicht verheirateten Person in die Mietwohnung, WuM 1974,229; VOGEL, Wohnraumkündigungsschutzgesetz als Dauerrecht, WuM 1973, 149; WEIMAR, Gilt der Kündigungsschutz auch, wenn der Mieter auf dem Mietgrundstück das Wohngebäude errichtet hat? Betrieb 1974,1515; ders, Die Vermieterkündigung wegen schuldhaft nicht unerheblicher Vertragsverletzung durch den Wohnraummieter, Betrieb 1972, 2452; ZOLL, Das Wohnungskündigungsschutzgesetz, seine Auslegung und seine Auswirkung, B1GBW 1973, 101 u 163. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(544)
§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht
Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 5 4. Auswirkungen der Vorschrift 8 a n . Voraussetzungen 1. Mietverhältnis über Wohnraum (Abs 1)9 2. Kündigung des Vermieters (Abs 1) 11 3. Berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses (Abs 1 u 2) 22 a) Allgemeines 22 b) Erhebliche, schuldhafte Verletzung vertraglicher Verpflichtungen durch den Mieter (Abs 2 Nr 1) 31 aa) Allgemeines 31 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen 32 cc) Einzelfälle 37 c) Eigenbedarf des Vermieters (Abs 2 Nr 2) 47 aa) Allgemeines 47 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen (Abs 2 Nr 2 S 1) 52 cc) Einzelfälle 72 dd) Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum (Abs 2 Nr 2 S 2) 73 d) Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks (Abs 2 Nr 3) 83
aa) Allgemeines 83 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen (Abs 2 Nr 3 S 1) 84 cc) Einzelfälle 98 dd) Ausgeschlossene Gründe (Abs 2 Nr 3 S 2 u 3) 99 e) Sonstige Gründe 104 aa) Allgemeines 104 bb) Einzelfälle 106 4. Angabe der Kündigungsgründe in dem Kündigungsschreiben (Abs 3) 121 m . Rechtsfolgen 131 IV. Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung 134 V. Ausnahmetatbestände 1. Vermietung von Einliegerwohnraum (Abs 4) 141 a) Allgemeines 141 b) Tatbestandsmerkmale im einzelnen 143 c) Rechtsfolgen 149 2. Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch (Abs 7) 155 VI. Weitergehende Schutzrechte des Mieters (Abs 5) 156 \ H . Unabdingbarkeit (Abs 6) 157
Alphabetische Übersicht Abmahnung zu vertragsgemäßem Verhalten 26, 37, 41 Abweichende Vereinbarungen 157 ff Alten- und Altenpflegeheim 9, 110 Anfechtung des Mietvertrags 20 Arbeiterheim 9, 110 Ausnahmetatbestände 141 ff Auswirkungen der Vorschrift 8 a Betriebsbedarf 104, 106 ff - Genossenschaftswohnung 111 - Werkwohnung 107 ff - Wohnheimplatz 110 Beweislast 36, 51, 83, 139, 142 Bundesbedienstetenwohnung 9, 15 Dauerwohn-, Dauernutzungsrecht 21 Eigenbedarf des Vermieters 22, 47 ff - Benötigen der Wohnung 65 ff - Beweislast 51, 139 - Einzelfälle 72 - Familienangehörige 56, 60 ff (545)
-
Grundstückserwerber 50 Hausgehilfin 57, 59 Hausstandsangehörige 56 ff juristische Person als Vermieter 55, 106 ff Mehrheit von Vermietern 54 Pflegepersonen 57, 59 selbstverschuldeter Eigenbedarf 70 f Tatbestandsmerkmale 52 ff Vermieter 52 vorgetäuschter Eigenbedarf 134 Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum 73 ff Einliegerwohnraum 9, 141 ff - Kündigung zwecks Mieterhöhung 153 - Kündigungsfrist 150 - Kündigungsschreiben 151 - Rechtsfolgen 149 ff - Tatbestandsmerkmale 143 ff Entstehung der Vorschrift 2 ff Interesse, berechtigtes 22 ff - Erheblichkeit 25 - des Mieters 27
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse - des Vermieters 22 ff Interesse, öffentliches 112 ff - Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten des Vermieters 118 - LAG-Wohnung 116 - Sanierungsmaßnahmen nach dem StädtebaufördG 117 - anfänglich fehlbelegte Sozialwohnung 113 - nachträglich fehlbelegte Sozialwohnung 114 - mit Wohnungsfürsorgemitteln geförderte Wohnung 115 Juristische Person u Kündigung wegen Eigenbedarfs 55, 106 ff Kündigung - Abmahnung, vorherige 26, 37, 41 - außerordentliche befristete 13 - außerordentliche fristlose 18 - wegen Eigenbedarfs des Vermieters, s dort - von Einliegerwohnraum, s dort - ordentliche 12 - Umdeutung 132 - wegen Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks, s dort - wegen Vertragspflichtverletzungen des Mieters, s dort - von Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch, s dort Kündigung aus sonstigen Gründen 104 ff - Betriebsbedarf, s dort - Einzelfälle 106 ff - öffentliches Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, s dort - Unzumutbarkeit einer längeren Fortsetzung des Mietverhältnisses 119 Kündigungsgrund 22 ff - Angabe im Kündigungsschreiben 121 ff - Nachschieben 125 ff - nachträglich entstandener 126 ff LAG-Wohnung 116 Mehrheit von Vermietern 54 Mietaufhebungsvertrag 19, 159 Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 10, 11 - auf unbestimmte Zeit 12 - über bewegliche Sachen 10 - über Geschäftsraum 10 - über Grundstücke 10 - über Wohnraum 9 f Mietvertrag mit - auflösender Bedingung 16 - Optionsrecht 15 - Verlängerungsklausel 14 Mischräume 9, 64, 84 Nachschieben von Kündigungsgründen 125 ff
Pacht 10 Räumungsfrist 156 Rechtsfolgen 131 ff Resozialisierungsheim 9 Rücktrittsrecht 17 Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung 134 ff - Beweislast 139 - Mitverschulden des Mieters 138 - positive Forderungsverletzung 135 - Schaden 137 - unerlaubte Handlung 136 - Verjährung 140 Schutzrechte des Mieters, weitergehende 156 Seniorenheim 9 Sonderkündigungsrechte des Vermieters 141 ff Sozialwohnung 65, 113 f Studentenheim 9 Umdeutung von Kündigungen 132 f Unabdingbarkeit 157 ff Untermietverhältnis 9, 53, 148 Unzumutbarkeit einer längeren Fortsetzung des Mietverhältnisses 119 Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks 83 ff - anderweitige Vermietung zu höherem Mietzins 99 ff - Angemessenheit 88 ff - ausgeschlossene Gründe 99 ff - beabsichtigte Veräußerung im Zusammenhang mit der Begründung von Wohnungseigentum 101 ff - Beweislast 83 - Einzelfälle 98 - Hindernis 92 f - erhebliche Nachteile für den Vermieter 94 ff - Tatbestandsmerkmale 84 ff - wirtschaftliche Verwertung 84 ff Vertragspflichtverletzungen des Mieters 31 ff - Beweislast 36 - Einzelfälle 37 - Erheblichkeit 33 - Tatbestandsmerkmale 32 ff - Verletzungshandlung 32 - Verschulden 34 f Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum 73 ff Wegfall der Geschäftsgrundlage 21 Werkdienstwohnung 9, 107 Werkmietwohnung 9, 107 Wohnheim 9, 110 Wohnraum 9 - möblierter 7, 9
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(546)
3. Titel. Miete. Pacht - zu nur vorübergehendem Gebrauch 155 - mit Wohnungsfürsorgemitteln geförderte Wohnung 115
§ 564 b 1-3
Zahlungsverzug des Mieters 37 ff Zweck der Vorschrift 5 ff Zweckentfremdung von Wohnraum 84, 90
I. Allgemeine Kennzeichnung 1
1. Uberblick Die Vorschrift regelt den Kündigungsschutz von Mietverhältnissen über Wohnraum. Dieser Schutz besteht darin, daß der Vermieter ein solches Mietverhältnis durch ordentliche oder außerordentliche befristete Kündigung nur auflösen kann, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat (Abs 1). Damit sind Kündigungsgründe gemeint, die in Abs 2 beispielhaft aufgezählt sind. Hierzu gehören schuldhafte Vertragsverletzungen durch den Mieter, Eigenbedarf des Vermieters und Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks. Darüber hinaus kommen sonstige, im Gesetz nicht ausdrücklich genannte Gründe in Betracht. Als berechtigte Interessen werden grundsätzlich nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind (Abs 3). Ausnahmen gelten für die Vermietung von Einliegerwohnraum (Abs 4) und bei Mietverhältnissen zu nur vorübergehendem Gebrauch (Abs 7). Die Regelung des § 564 b kann nicht zum Nachteil des Mieters abbedungen werden (Abs 6) und läßt weitergehende Schutzrechte unberührt (Abs 5).
2
2. Entstehung der Vorschrift Die Regelung ist im Jahre 1971 mit einigen Abweichungen zunächst als Art 1 § 1 WKSchG I erlassen worden. Dieses Gesetz ist mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten (Art 3 § 2 Abs 3 WKSchG I). Bei der Neuregelung hat der Gesetzgeber davon abgesehen, die Vorschrift im WKSchG II zu belassen. Der Kündigungsschutz wurde mit Wirkung vom 1. 1. 1975 auf Dauer als § 564 b in das BGB integriert (Art 1 Nr 1 WKSchG II). § 564 b Abs 2 Nr 2 gilt aber im Land Berlin für Mietverhältnisse über Wohnraum, auf die das WKSchG II am 31. 12. 1975 nicht anzuwenden war, bis zum 31. 12. 1984 in veränderter Fassung (Art 2 des Zweiten G zur And mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin vom 24. 7. 1979 [BGBl I 1202]; Rz 73).
§ 564 b weicht in den Abs 1 und 2 Nr 3 nur unwesentlich von der früheren Regelung 3 ab. In Abs 1 ist der Vorbehalt hinsichtlich des neuen Abs 4 aufgenommen worden. Abs 2 Nr 3 S 3 ist sprachlich kürzer gefaßt worden. In Abs 3 fehlt nunmehr der Hinweis auf § 564 a Abs 1 S 2. Der frühere Abs 4, der die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ausschloß, ist wegen des engeren Sachzusammenhangs wörtlich als § 1 S 1 in das MHRG übernommen worden (Art 3 WKSchG II). An seine Stelle ist als § 564 b Abs 4 der Ausnahmetatbestand der Vermietung von Einliegerwohnraum getreten. In Abs 5 ist die Verweisung auf die §§ 556 a bis 556 c entfallen, ohne daß die Vorschrift über weitergehende Rechte des Mieters dadurch sachlich geändert worden wäre. Die Regelung der Unabdingbarkeit ist aus Art 1 § 4 Abs 1 WKSchG I übernommen und sprachlich angepaßt als Abs 6 in § 564 b eingefügt worden. Das gleiche gilt für Abs 7, der unter Anpassung an den durch Art 1 Nr 2 WKSchG II geänderten § 565 Abs 3 dem früheren Art 1 § 4 Abs 2 WKSchG I nachgebildet ist. (547)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 4-7
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4 Soweit § 564 b keine sachlichen Änderungen gegenüber der früheren Regelung aufweist, kann auf Rspr und Schrifttum zurückgegriffen werden, die schon zum WKSchG I ergangen sind. Entsprechendes gilt für den der Vorschrift zugrunde liegenden Gesetzeszweck, der sich weitgehend aus den Materialien zum WKSchG I ergibt. 5 3. Zweck der Vorschrift a) Die Aufnahme besonderer Vorschriften zum Schutz gegen die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses in das WKSchG I geht auf die im Jahre 1971 vorherrschende Auffassung zurück, daß angesichts der seinerzeit bestehenden Lage auf dem Wohnungsmarkt Maßnahmen zugunsten der Mieter erforderlich seien, durch die ein Ausgleich für die unterschiedliche Marktstellung zwischen Vermieter und Mieter geschaffen werden solle (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421,1). Die Sozialklausel des § 556 a wurde vor allem für Gebiete mit erheblichem Fehlbestand an Mietwohnraum als unzureichend angesehen, weil die bei ausgeglichenen Marktverhältnissen vorhandene Angebotskonkurrenz als Regulativ ausscheide (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 7). Der Mieter, der sich zwar nicht auf eine individuelle Härte iS des § 556 a berufen könne, den aber regelmäßig ein Wohnungswechsel mit den damit verbundenen Umständen und Aufwendungen nachhaltig treffe, könne seine Interessen gegenüber den Anforderungen des Vermieters nicht wirksam wahrnehmen. Denn bei einem größeren Nachfrageüberhang gehe der Vermieter mit der Kündigung regelmäßig kein Risiko ein. Deshalb sei ein verstärkter Kündigungsschutz für den Mieter geboten (Begr zum RegE aaO). 6 b) Der Vermieter soll ein Mietverhältnis über Wohnraum deshalb nur noch kündigen dürfen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat. Anders als nach der früher im BGB bestehenden Regelung wird damit schon die Kündigungsberechtigung des Vermieters von einer besonderen Voraussetzung abhängig gemacht. Entsprechend der in § 556 a Abs 1 S 3 enthaltenen Regelung sollen als berechtigte Interessen des Vermieters grundsätzlich nur die Gründe berücksichtigt werden, die im Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Vorschrift des Abs 5, nach der die Regelung des besonderen Kündigungsschutzes nicht an die Stelle, sondern neben anderweitige Schutzrechte des Mieters tritt, kommt eine klarstellende Funktion zu. Der zwingende Charakter des Kündigungsschutzes zugunsten des Mieters wurde mit den besonderen Marktverhältnissen gerechtfertigt, auf die die gesamte Regelung zugeschnitten sei. In ähnlicher Weise wurde bei dem Ausnahmetatbestand der Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch auf die andersartigen Marktbedingungen abgestellt (Begr zum RegE aaO 8). 7 c) Die Rechtfertigung eines derartigen Kündigungsschutzes wurde somit weitgehend aus den Marktverhältnissen für Gebiete mit besonderem Wohnungsbedarf hergeleitet. Die Regelung sollte ursprünglich auf solche, durch RechtsVO zu bezeichnende Gebiete beschränkt bleiben (vgl Art 2 § 1 Abs 1, § 2 RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549,2). Schon im Gesetzgebungsverfahren wurde jedoch von dieser Einschränkung des örtlichen Anwendungsbereichs abgesehen. Vielmehr sollte das freie und unbeschränkte Kündigungsrecht des Vermieters - zunächst allerdings zeitlich befristet - für das gesamte Bundesgebiet ausgeschlossen werden (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 3). Auch bei der späteren Übernahme der Regelung in das BGB wurde betont, daß der Kündigungsschutz unabhängig davon erforderlich sei, ob die Lage auf dem Wohnungsmarkt ausgeglichen sei. Eine Belastung des Vertragstreuen Mieters mit den Kosten und Unzuträglichkeiten, die ein Umzug regelmäßig mit sich bringe, sei bei der Bedeutung der Wohnung in einem sozialen Rechtsstaat nur gerechtfertigt, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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Kündigung habe (Begr zum RegE eines WKSchG II, BT-Drucks 7/2011, 7). Auch die Notwendigkeit, die Regelung gesetzlich zwingend vorzusehen, wurde nicht mehr mit den Marktverhältnissen begründet. Vielmehr wurde darauf abgestellt, daß der Kündigungsschutz nur durch eine zwingende Regelung verwirklicht werden könne (Begr zum RegE eines WKSchG II aaO 8). In gleicher Weise wurde bei den Ausnahmetatbeständen nicht mehr auf die andersartigen Marktverhältnisse abgestellt. Eine Ausnahme vom Kündigungsschutz sollte gerechtfertigt sein, wenn der Wohnraum in den Wohn- und Lebensbereich des Vermieters einbezogen sei. Der Kündigungsschutz wurde deshalb abweichend von der früheren Regelung des Art 1 § 4 Abs 2 WKSchG I auf möblierten Wohnraum außerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ausgedehnt (vgl § 564 b Abs 7; Begr zum RegE eines WKSchG II aaO 7), für die Vermietung von Einliegerwohnraum dagegen eingeschränkt (§ 564 b Abs 4; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629, 4; BT-Drucks 7/2638, 2). d) Die Entwicklung der Vorschrift zeigt, wie sich eine zunächst auf besondere 8 Marktverhältnisse zugeschnittene und daraus gerechtfertigte Regelung vollständig von ihrem ursprünglichen Ansatzpunkt löst und unter rein sozialen Aspekten zu einem Dauerrecht erstarkt, das die Rechtsstellung des Mieters gegenüber dem Vermieter grundlegend verändert. Dieser Bedeutungswandel ist für die Auslegung der gesamten Norm entscheidend, da die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt keine beherrschende Rolle spielen, sondern zugunsten des sozialen Anliegens eines besonderen Mieterschutzes zurückgedrängt sind (vgl S T E R N E L R Z IV 56). Die damit verbundene Einschränkung der Vermieterrechte ist letztlich nur durch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums aus Art 14 Abs 2 GG zu rechtfertigen. Sie findet daran aber zugleich ihre Grenzen. Eine durch die soziale Funktion nicht gebotene Begrenzung privatrechtlicher Befugnisse kann nicht auf Art 14 Abs 2 GG gestützt werden. Dies hat nicht nur der Gesetzgeber zu beachten. Es gilt in gleicher Weise für die praktische Rechtsanwendung und damit für die Handhabung des § 564 b (vgl BVerfGE 37, 132, 140 f = NJW 1974, 1499 m Anm F E H L NJW 1974, 1939 zum Ausschluß der Änderungskündigung und zur Begrenzung der Mietpreise nach Art 1 § 1 Abs 4 und § 3 Abs 1 WKSchG I; vgl auch BVerfGE 38, 348, 370 f = NJW 1975, 7 2 7 , 7 3 0 ; FRIAUF D W W 1 9 7 7 , 1 2 4 ) .
4. Auswirkungen der Vorschrift Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht über die Auswirkungen des WKSchG II vom 2. 3. 1979 (BT-Drucks 8/2610, 7 ff) eingehend die praktische Bedeutung des Kündigungsschutzes dargestellt. Dieser Teil des Berichts, aus dem sich eine überwiegend positive Einschätzung der Vorschrift in der Praxis ergibt (vgl aber E E K H O F F - W E R T H , Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes [2. Aufl 1978] 56 ff; dies DWW 1979, 212, 213), wird im folgenden ohne den Tabellenanhang wörtlich wiedergegeben: 3 Die Auswirkungen im einzelnen 3.1 Auswirkungen auf die Beendigung von Wohnraummietverhältnissen durch Kündigung 3.1.1 Häufigkeit der Vermieterkündigungen Von den etwa 14 Millionen Mieterhaushalten sind in den letzten Jahren jährlich mindestens 100 000 umgezogen, weil ihnen vom Vermieter gekündigt worden war. Diese Zahl ergibt sich aus Hochrechnungen der Ergebnisse von Mieterbefragungen, die aus Anlaß der Wohnungsstichprobe von 1972 und im Rahmen der IWU-Infratest-Untersuchung 1977/78 (Tabelle 41) durchgeführt worden sind. Die Daten aus der Wohnungsstichprobe 1978 liegen noch nicht vor. Die auf Grund der (549)
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Befragung hochgerechneten Zahlen liegen vermutlich unterhalb des tatsächlichen Wertes, da bei den befragten Mietern im Falle einer fristlosen, z. B. wegen Zahlungsverzugs ausgesprochenen Kündigung, die Neigung bestehen wird, die Ursache für den Umzug zu verschweigen. Erhebungen über die Wohnungsmarktentwicklung in einzelnen Städten deuten darauf hin, daß die Zahl der Umzüge wegen der in den letzten Jahren vermehrt durchgeführten Modernisierungen, Umbauten und Abrissen zu Neubauzwecken angestiegen ist. Die große Mehrheit der Mieter war jedoch nicht von einer Kündigung betroffen. Nach dem Ergebnis der Infratest-Befragung haben 94% aller Hauptmieterhaushalte seit 1969 keine Kündigung erhalten (Tabelle 41). 3.1.2 Häufigkeit und Dauer der Prozesse Im Jahre 1976 haben die Gerichte insgesamt 66 126 Klagen auf Räumung einer Wohnung erledigt. Diese Klagen beruhten ganz überwiegend auf einer fristlosen Kündigung des Vermieters insbesondere wegen Zahlungsverzugs - und betrafen nicht die Regelungen des 2. WKSchG (oben A 2.4). Die Zahl der Verfahren, bei denen die Kündigungsschutz-Vorschriften dieses Gesetzes einschlägig waren, kann für das Bundesgebiet (ohne Berlin) nach der Gerichtsaktenauswertung auf etwa 6000 bis 7000 geschätzt werden. Eine Vergleichszahl aus den Jahren vor Inkrafttreten des 1. WKSchG liegt nicht vor; jedoch zeigt das Verhältnis zur Gesamtzahl der Räumungsverfahren deutlich, daß die Gerichte durch die Anwendung der Kündigungsschutz-Vorschriften kaum belastet worden sind. Die Dauer der Kündigungsschutz-Rechtsstreitigkeiten vor dem Amtsgericht war durchschnittlich kürzer als bei anderen Zivilprozessen. Mehr als die Hälfte war in weniger als 3 Monaten erledigt, mehr als drei Viertel in weniger als einem halben Jahr (vgl. Tabelle 18). In der Berufungsinstanz entsprach die Dauer der Kündigungsschutz-Rechtsstreitigkeiten in etwa der anderer Zivilprozesse; mehr als 40% der Verfahren war vor Ablauf von sechs Monaten abgeschlossen (Tabelle 19). 3.1.3 Erfolgsquote der Vermieterkündigungen In den ausgewerteten Gerichtsverfahren setzten die Vermieter in 77% der Fälle die gewünschte Beendigung des Mietverhältnisses durch, bei streitigen Urteilen in 55% der Fälle (Tabelle 13). Andererseits ist nicht erkennbar, in wie vielen Fällen die Vermieter mit Rücksicht auf Kündigungsschutz-Vorschriften von einer Kündigung abgesehen haben. Wenn der Vermieter erwartet, daß sich der Mieter auf seine Rechte beruft, wird es vielfach gar nicht zu einer Kündigung kommen. Aus der Erhebung über die sozialen Folgen von Wohnungsabrissen ergibt sich, daß vor einem solchen Abriß anstelle einer Kündigung häufig Verhandlungen zwischen den Mietvertragsparteien geführt werden. Dabei bietet der Vermieter oft eine Ersatzwohnung und finanzielle Hilfe an. Dies deutet darauf hin, daß viele Vermieter bei einer solchen Verwertung ihres Eigentums in Kenntnis der Kündigungsschutz-Vorschriften auf dem Verhandlungsweg mit dem Mieter eine Einigung herbeizuführen versuchen. 3.1.4 Der Kündigungsschutz für Wohnraum im Urteil der Praxis Die Einschätzung der Kündigungsschutz-Vorschriften in der Praxis ist überwiegend positiv. Geäußerte Kritik beschränkt sich fast immer auf Detailprobleme. Die vorliegenden Stellungnahmen erlauben die allgemeine Schlußfolgerung, daß der Regelungsbereich „Kündigungsschutz" vom Rechtsbewußtsein der Gemeinschaft grundsätzlich angenommen ist und sich als geeignet erwiesen hat, die widerstreitenden Interessen von Vermieter und Mieter auszugleichen. Die Organisationen der Mieter bejahen grundsätzlich den Kündigungsschutz in seiner geltenden Ausgestaltung. Auch nach dem Urteil der angehörten Mietrichter haben sich die Vorschriften über den Kündigungsschutz im wesentlichen bewährt. Die Einschätzung der Wohnungswirtschaft reicht von grundsätzlicher Zustimmung bis zur Forderung nach gewissen Einschränkungen des Wohnraumkündigungsschutzes. Einige Verbände der Vermieterseite betonen, ohne den Kündigungsschutz grundsätzlich in Frage zu stellen, die Gefahr überzogener Schutztendenzen zugunsten der Mieter. Die von Infratest durchgeführte Befragung von Vermietern, die seit 1972 eine oder mehrere Kündigungen ausgesprochen haben, über ihre Einschätzung des Kündigungsschutzes und seiner Auswirkungen haben so gut wie keine Hinweise dafür ergeben, daß die Regelungen von der großen Mehrheit oder auch nur einem erheblichen Teil der Vermieter als übermäßig belastend, sozial ungerechtfertigt oder unpraktikabel empfunden werden. Vielmehr scheinen die Vermieter in den Kündigungsschutz-Vorschriften weithin keine besonders hohe Hürde für die Durchsetzung ihrer Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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Interessen zu erblicken. So gaben 76% der Vermieter an, auf Grund der KündigungsschutzVorschriften keinerlei Schwierigkeiten gehabt zu haben, ihre Kündigung zu begründen (Tabelle 59). 92% der befragten Vermieter verneinten die Frage, ob sie seit 1975 einem Mieter gern gekündigt, dies jedoch wegen der Kündigungsschutz-Vorschriften unterlassen hätten (Tabelle 60). Diese Ergebnisse zeigen, daß der in der Öffentlichkeit zum Teil erweckte Eindruck eines überzogenen Kündigungsschutzes mit dem tatsächlichen Befund nicht übereinstimmt. Das Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern außerhalb des gerichtlichen Raums regelt sich in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle im Wege des Aushandelns - auch ohne Beachtung der Kündigungsvorschriften - ohne besondere Probleme. 3.1.5 Einzelprobleme 3.1.5.1 Bedeutung der verschiedenen Kündigungsgründe Im Mittelpunkt von Streitigkeiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Vermieters steht meist die Frage, ob der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (§ 564 b Abs. 1 und 2 BGB), insbesondere ob eine schuldhafte Vertragsverletzung des Mieters oder Eigenbedarf des Vermieters vorliegt. Andere Kündigungsmöglichkeiten, insbesondere die erleichterte Kündigung von „Einliegerwohnraum" (§ 564 b Abs. 4 BGB), haben weit geringere Bedeutung. Die Gerichtsaktenauswertung ergab, daß 86,8% der Kündigungen auf ein berechtigtes Interesse des Vermieters gestützt waren, nur 2,9% auf § 564 b Abs. 4 BGB und nur weitere 2,5% nebeneinander auf ein berechtigtes Interesse und das Vorliegen einer „Einliegerwohnung" (Tabelle 1). Unter den Kündigungen wegen berechtigten Interesses kamen die Kündigung wegen Vertragsverletzungen des Mieters (43,4% der Kündigungen wegen berechtigten Interesses) etwas häufiger vor als die Kündigung wegen Eigenbedarfs (37,5%); weniger Bedeutung hatte die Kündigung wegen Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung (7%; Tabelle 2). 3.1.5.2 Schuldhalte Vertragsverletzungen des Mieters (§ 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB) Dieser Kündigungsgrund scheint in der gerichtlichen Praxis kaum Rechtsprobleme zu verursachen. Nur wenige einschlägige Gerichtsentscheidungen sind veröffentlicht. Die von Vermieterseite geäußerte These, die Vermieter sähen in diesen Fällen aus Beweisnot häufig von einer Klageerhebung ab, läßt sich empirisch nicht belegen. 3.1.5.3 Eigenbedarf (§ 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB) Die Auffassung einiger Vermieterverbände, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs sei in der Praxis wegen zu hoher Anforderungen an diesen Kündigungsgrund kaum noch möglich, ist von den Erhebungen nicht bestätigt worden. Nach den Angaben der Mieter in der Infratest-Befragung führte eine Kündigung wegen Eigenbedarfs in 73,5% der Fälle dazu, daß der Mieter ohne Nachprüfung des Eigenbedarfs auszog; ein geringer Teil der Mieter prüfte den Eigenbedarf zwar nach, zog jedoch aus, ohne es auf einen Rechtsstreit ankommen zu lassen. Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen über eine Kündigung wegen Eigenbedarfs setzte der Vermieter in 73,5% der Fälle die Beendigung des Mietverhältnisses durch, wobei das Verfahren häufiger als sonst durch Vergleich endete (Tabellen 11, 12). Es gibt auch Fälle, in denen der Vermieter den Eigenbedarf nur vortäuscht, um den Mieter zum Auszug zu bewegen. In einer Reihe von Gerichtsentscheidungen ist den Mietern aus diesem Grunde Schadensersatz zugesprochen worden. Die Fälle der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen spielen in der gerichtlichen Praxis nur eine geringe Rolle. Unter 851 ausgewerteten Eigenbedarfsklagen ließen sich nur 14 Fälle feststellen, in denen an der Wohnung nach Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden war; nur in zwei Fällen hatte der Erwerber mit der Kündigung die erforderlichen drei Jahre gewartet. Aus den wenigen Fällen, in denen die Kündigung einer Mietwohnung nach ihrer Umwandlung in Wohnungseigentum gerichtlich nachgeprüft wurde, lassen sich keine allgemein gültigen Schlüsse ziehen. Ein Hinweis auf die größer werdende praktische Bedeutung des Problems ergibt sich daraus, daß von 1977 bis Mitte 1978 im Bundesgebiet rd. 4500 Sozialmietwohnungen in Mehrfamilienhäusern als Eigentumswohnungen verkauft worden sind, zu einem nicht näher bekannten Teil allerdings an die Mieter selbst (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU zur Eigentumsbildung im Sozialwohnungsbestand, BT-Drucksache 8/2250, S. 2). (551)
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3.1.5.4 Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung (§ 564 b Abs. 2 Nr. 3 BGB) Auch zu dieser Vorschrift läßt sich nicht feststellen, daß die gerichtliche Praxis im allgemeinen übermäßige Anforderungen zu Lasten der Vermieter gestellt hätte. Die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen zeigen, daß sich die Gerichte um einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen im jeweiligen Einzelfall bemühen. 3.1.5.5 Sogenannter Einliegerwohnraum und Wohnraum innerhalb der Venmeterwohnung (§ 564 b Abs. 4 BGB) Über die Auswirkungen des nach § 564 b Abs. 4 BGB-eingeschränkten Kündigungsschutzes lassen sich nur schwer gesicherte Aussagen machen. In der Praxis der Gerichte spielt die Vorschrift kaum eine Rolle (oben 3.1.5.1). Man wird davon ausgehen können, daß die meisten Mieter von Wohnraum, der dem eingeschränkten Kündigungsschutz unterliegt, im Falle einer Kündigung alsbald ausziehen. In den wenigen rechtshängig gewordenen Verfahren setzte sich im Ergebnis der Vermieter fast zehnmal so oft durch wie der Mieter. 3.1.5.6 Mietverträge auf bestimmte Zeit (Artikel 2 des 2. WKSchG) Die Bedeutung der Vorschrift, die den Kündigungsschutz auch auf bestimmte befristete Mietverträge ausdehnt, ist offenbar sehr gering. Einige der angehörten Verbände und Mietrichter vermuten, daß Artikel 2 des 2. WKSchG den Mietvertragsparteien und selbst zahlreichen Rechtsanwälten nicht bekannt sei. Unter den ausgewerteten 2706 Kündigungsschutzrechts-Streitigkeiten aus dem Jahre 1976 waren nur drei auf diese Vorschrift gestützte Klagen der Mieter zu finden. Von den 2686 erfaßten Räumungsklagen der Vermieter waren nur 96 wegen Ablaufs eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnisses erhoben worden; nur in 29 dieser Fälle hatte der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Artikel 2 des 2. WKSchG verlangt. 3.1.5.7 Sozialklausel (§ 556 a, 556 b BGB) In dem Zusammenwirken der „Sozialklausel" mit der Kündigungsschutz-Vorschrift des § 564 b BGB sieht der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer einen „doppelten" Kündigungsschutz, der das Verfügungsrecht der Vermieter über ihr Eigentum in übermäßiger und gleichheitswidriger Weise beschränke. Die Regelung ist Gegenstand einer beim Bundesverfassungsgericht erhobenen Verfassungsbeschwerde (lBvR459/75).Der Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten. Die Gerichtsaktenauswertung hat keine Anzeichen dafür ergeben, daß berechtigte Kündigungsinteressen der Vermieter durch eine Inanspruchnahme der Sozialklausel in ungerechtfertigter Weise ausgeschaltet würden. Unter 267 durch streitiges Urteil entschiedenen Fällen, in denen der Mieter sich auf die Sozialklausel berufen hatte, bejahten die Gerichte nur in 14 Fällen das Vorliegen einer Härte, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen sei (Tabelle 17). Wenn die Sozialklausel angewendet wurde, lagen überwiegend gleichzeitig mehrere Härtegründe wie Krankheit, hohes Alter oder fehlender Ersatzwohnraum vor. Streitige Entscheidungen, in denen die Sozialklausel im Zusammenhang mit der Kündigung von „Einliegerwohnraum" (§ 564 b Abs. 4 BGB) angewendet worden ist, konnten in der Gerichtsaktenauswertung nicht festgestellt werden. 3.1.5.8 Förmlichkeiten (§ 564 b Abs. 3 und 4 Satz 4 BGB) In der Praxis kommt es nicht selten vor, daß Vermieter die in § 564 b BGB vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht beachten, insbesondere nicht in einem formellen Kündigungsschreiben die Gründe angeben, die das Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses rechtfertigen (§ 564 a Abs. 1, § 564 b Abs. 3 BGB) oder, wenn von dem erleichterten Kündigungsrecht für „Einliegerwohnraum" Gebrauch gemacht werden soll, hierauf nicht ausdrücklich hinweisen (§ 564 b Abs. 4 Satz 4 BGB). Beispielsweise wurden nach der Infratest-Befragung der Mieter 31% der Kündigungen nur mündlich und damit unwirksam erklärt. Für eine verhältnismäßig hohe Quote mit Formmängeln behafteter Kündigungen spricht auch die Auswertung der Gerichtsakten über Kündigungsstreitigkeiten. Hier wird der oft rechtskundig Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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beratene Vermieter es zumeist auf eine streitige Entscheidung nicht erst ankommen lassen, wenn sich herausstellt, daß er wegen formeller Mängel seiner Kündigung keinen Erfolg haben wird. Dennoch war bei den zu Gunsten des Mieters ergangenen streitigen Urteilen in 19,3% der Fälle für die Entscheidung maßgebend, daß der Vermieter die Gründe für sein berechtigtes Interesse in dem Kündigungsschreiben nicht oder nicht ausreichend angegeben hatte; weitere 3,6% der Urteile zu Gunsten des Mieters waren mit sonstigen förmlichen Mängeln der Vermieterkündigung begründet (Tabelle 15). Der Mißerfolg der Vermieter bei streitigen Urteilen beruhte also in nahezu einem Viertel der Fälle auf Formmängeln der Kündigung. Großvermieter (mit einem Bestand von mindestens 20 Wohnungen) schnitten dabei nur wenig besser ab als andere Vermieter (Tabelle 16).
II. Voraussetzungen 1. Mietverhältnis über Wohnraum (Abs 1) a) Der Bestandsschutz des § 564 b gilt nur fürMietverhältnisse über Wohnraum (Vorbem 24 ff zu §§ 535,536; § 556 a Rz 5 ff). Im übrigen ist die Ausgestaltung des Mietverhältnisses unerheblich, soweit nicht die Ausnahmetatbestände für die Vermietung von Einliegerwohnraum (Abs 4) und von möbliertem Wohnraum innerhalb der Wohnung des Vermieters (Abs 7) eingreifen. Mit dieser Einschränkung erfaßt die Vorschrift auch Mietverhältnisse über möblierte Wohnungen oder Zimmer und Untermietverhältnisse, wirkt allerdings mangels vertraglicher Beziehungen nicht zugunsten des Untermieters gegenüber dem Räumungsanspruch des Hauptvermieters aus § 556 Abs 3 (AG Stuttgart WuM 1974,180). Aus dem gleichen Grund kann der Mieter, dem ein Nichteigentümer oder ein einzelner Miteigentümer die Wohnung unberechtigt vermietet hat, den auf § 985 gestützten Herausgabeanspruch nicht unter Berufung auf § 564 b abwehren (AG Stuttgart Z M R 1 9 7 9 , 1 1 7 ) . Ferner gilt die Vorschrift für Werkmietwohnungen, da die schon früher geschaffenen Sondervorschriften der §§ 565 b-565 d hiermit in Einklang zu bringen sind (LG Kiel WuM 1978,32; LG Mannheim WuM 1973,22; LG Ravensburg WuM 1977,259; LG Ulm WuM 1979,244; A G Gelsenkirchen-Buer ZMR 1974,52; A G Oberhausen WuM 1973,164; A G Stuttgart W u M 1974,180;BARTHELMESS§564 b R z 7 , 1 0 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b R z 5 ; DERLEDER in A K § 5 6 4 b R z 3 6 ; HANS § 5 6 4 b A n m 2 a ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b
A n m 2 C ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 4 5 5 ; S C H M I D T - F U T T E R E R B B 1972,1058;ders Betrieb 1974,579; vgl Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638,2). Werkdienstwohnungen, bei denen der Arbeitsvertrag die Grundlage für die Überlassung des Wohnraums bildet, unterliegen nur unter den Voraussetzungen des § 565 e dem Kündigungsschutz aus § 564 b ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 457; S C H M I D T - F U T T E R E R , Betrieb 1974, 579, 580; vgl P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 2 c). Bestandsschutz genießen ferner Mietverhältnisse über Wohnraum, wenn ein privater oder öffentlicher Arbeitgeber den Bau durch Darlehen an den Vermieter gefördert und sich dabei das Recht vorbehalten hat, die Mieter zu benennen ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 455; vgl A G Karlsruhe ZMR 1974, 336 zu Bundesbedienstetenwohnungen). Ein Mietverhältnis über Wohnraum liegt auch dann vor, wenn eine juristische Person oder eine O H G bzw KG die zu Wohnzwecken angemieteten Räume nicht selbst als Wohnung nutzt, sondern zu diesem Zweck an Dritte, etwa ihre Arbeitnehmer, überläßt (vgl LG München I ZMR 1974,49,51). Geschützt sind ferner Mietverhältnisse in Wohnheimen, insbesondere in Alten- oder Seniorenheimen (LG Berlin WuM 1974,265; W E I M A R Z M R 1979,136), in Arbeiter- oder Studentenheimen (OLG Bremen R E WuM 1981, 8; O L G Hamm R E WuM 1981,5m Anm B OROWSKY ;LGFreiburgMDR1980,315;LG Marburg N J W 1977,154;DERLEDERinAK§564 bRz3;MünchK0mm-V0ELSK0W§564 b R z l 7 , 3 4 ; vgl Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 3), sofern die Raumnutzung gegenüber den sonstigen Leistungen des Heims überwiegt ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 2 c). Des(553)
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halb fallen etwa Altenpflegeheime und Heime zur Resozialisierung nicht unter § 564 b, weil in diesen Fällen die Wohnraumüberlassung dem Vertrag nicht das entscheidende Gepräge gibt (Ausschußbericht BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 3; HANS § 5 6 4 b Anm 2 a; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 2 b). Für die Anwendbarkeit der Vorschrift auf Mischmietverhältnisse ist grundsätzlich entscheidend, ob der Wohnraumanteil überwiegt (BGH N J W 1 9 7 7 , 1 3 9 4 ; BB 1 9 7 9 , 1 6 m Anm HAASE J R 1 9 7 9 , 2 4 0 ; LG Mannheim M D R 1 9 7 6 , 5 8 1 ; AG Köln WuM 1 9 7 3 , 1 8 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b Rz 5; HANS § 5 6 4 b A n m 2 b ; HERPERS RZ 6 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 2 c; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 5 6 ; vgl AG Wanne-Eickel WuM 1974, 107). Dabei
kommt es auf die Wertverhältnisse nach den Mietzinsanteilen und auf die Größenverhältnisse des Wohnraum- und des Geschäftsraumanteils an (AG Köln aaO), nicht aber auf den erklärten Parteiwillen, weil dies zur Abdingbarkeit der Schutzvorschriften für Mietverhältnisse über Wohnraum führen würde (offengelassen von BGH BB 1979, 16). Handelt es sich um ein einheitliches Mietverhältnis, bei dem der Geschäftsraumanteil überwiegt, kann die Vorschrift wegen der Untrennbarkeit des Vertrags auch für den Wohnraumanteil nicht eingreifen (vgl § 556 a Rz 9). Bei Gleichwertigkeit beider Anteile ist § 564 b wegen seines Schutzzwecks jedoch anwendbar (vgl Vorbem 2 7 zu § § 5 3 5 , 5 3 6 ; HERPERS RZ 7 3 ) .
10 b) Über die bereits erwähnten Fälle hinaus (Rz 9) ist § 564 b nicht anwendbar auf die Pacht und ähnliche Nutzungsverhältnisse (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 2 b; SCHOPP ZMR1975,97,98). Wegen der in § 581 Abs 2 vorgesehenen entsprechenden Anwendung mietrechtlicher Vorschriften gilt dies für die Pächterwohnung nach den für Mischmietverhältnisse geltenden Grundsätzen aber nur dann, wenn der übrige Anteil überwiegt (aM SCHOPP aaO). Auch die Miete von Grundstücken, Geschäftsräumen und beweglichen Sachen ist vom Anwendungsbereich des § 564 b ausgenommen. Nur um Grundstücksmiete handelt es sich, wenn der Mieter nach Abschluß des Mietvertrags auf dem Grundstück ein Wohngebäude errichtet (LG Köln WuM 1 9 7 7 , 1 0 ; vgl AG Wuppertal MDR 1971, 667). Dagegen kann § 564 b anwendbar sein, wenn jemand auf einem fremden Grundstück ein Wohngebäude errichtet und anschließend das Grundstück mietet, wobei es auf die Eigentumsverhältnisse an dem Gebäude nicht ankommt, sofern nur der Wohnraum vertraglich zum Gebrauch überlassen ist (WEIMAR Betrieb 1974, 1515 unter Hinweis auf Urt des LG Köln vom 28. 2. 1974 - I S 2 8 5 / 7 3 ) . Die Vorschrift ist ferner nicht anwendbar auf Mietverhältnisse über Wohnraum, die bis zum 28. 11. 1971 abgeschlossen und auf bestimmte Zeit eingegangen worden sind (vgl Art 2 WKSchG I I ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 2 b).
11 2. Kündigung des Vermieters (Abs 1) Die Regelung des § 564 b gilt grundsätzlich nur für die Kündigung eines Mietverhältnisses durch den Vermieter. Durch eine entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift wird der Bestandsschutz nach Art 2 WKSchG II auf Mietverhältnisse über Wohnraum ausgedehnt, die nicht durch Kündigung, sondern durch Zeitablauf enden. Vorausgesetzt wird dabei ein Mietverhältnis über Wohnraum, das nach dem 28. 11. 1971 auf bestimmte Zeit eingegangen ist (s dort Rz 5 ff; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 7 1 9 ff; vgl zur Frage der Anwendbarkeit des WKSchG I auf befristete Mietverhältnisse LG Detmold NJW 1974, 242 m Anm LUTZ NJW 1974, 651; LG Wuppertal NJW 1976, 2215; AG Hamburg-Altona WuM 1974, 14; AG Hamburg-Wandsbek WuM 1974, 1 5 4 ; BARTHELMESS N J W 1 9 7 4 , 1 2 3 0 ) .
12 a) Damit fallen zunächst Mietverhältnisse, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind und durch ordentliche Kündigung beendet werden sollen, unter den Anwendungsbereich d e s § 5 6 4 b.
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3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 13-15
b) In gleicher Weise ist diese Vorschrift auf die außerordentliche befristete Kündigung 13 eines Mietverhältnisses anwendbar, das auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist oder bei dem die ordentliche Kündigung vertraglich für eine gewisse Zeit ausgeschlossen bzw nach dem Vertrag oder gesetzlich (§ 565 Abs 2 S 2) nur mit einer längeren als der Dreimonatsfrist möglich ist (§ 564 Rz 32). Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen den einzelnen Kündigungsarten. Die gesetzlichen Vorschriften über eine außerordentliche befristete Kündigung eröffnen erst die Möglichkeit zu einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses. Ob dieses Kündigungsrecht im Einzelfall besteht, entscheidet sich dagegen nach § 564 b. Anderenfalls käme dem Vertragstreuen Mieter nur ein lückenhafter Kündigungsschutz zugute (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 8; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2; BARTHELMESS § 564 b Rz 20; BGB-RGRKGELHAAR§564 bRz6;DERLEDERINAK§564 bRz2;HANS§564 b A n m 2 a;MünchK0mm-V0ELSK0W§564 bRz22;PALANDT-PuTZO§564 b A n m 2 a; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 5 9 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 5 , 9 7 , 9 8 ; ders Z M R 1 9 8 0 , 9 7 ; STERNEL RZ I V 59,
245;zu§ 569: A G Hamburg WuM 1980,256 [LS];aMHABLrrzELZMR 1980,289;zu § 1056 Abs 2: LG Nürnberg-Fürth WuM 1973,212; A G Stuttgart WuM 1973,100; zu § 2135: A G Speyer ZMR 1974,304; zu § 57 a ZVG: LG Essen WuM 1976,264; LG Hamburg MDR 1975, 582; WuM 1976, 78; WuM 1976, 234; LG München I WuM 1978,70; LG Ulm WuM 1979,193; A G Darmstadt WuM 1980,18 [LS]; AG Frankfurt WuM 1978,142; A G Hamburg WuM 1975,249; ZMR 1976,286). c) Ein Mietvertrag mit Verlängerungsklausel (Vorbem 121 zu §§ 535, 536) endet 14 durch Zeitablauf, wenn ein Vertragsteil innerhalb der vorgesehenen Frist die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnt. Bei dieser Ablehnung handelt es sich grundsätzlich nicht um eine Kündigung (§ 564 Rz 6), so daß § 564 b an sich nicht anwendbar wäre (vgl aber Art 2 Abs 1 S 2 WKSchG II). Entscheidend ist jedoch, daß in diesen Fällen ein Mietverhältnis über Wohnraum gern § 565 a Abs 1 nach den Vorschriften des § 565 gekündigt werden muß, wenn es sich nicht aufgrund der vertraglichen Klausel verlängern soll (§ 565 a Rz 6 ff). Auf dieser Grundlage ist § 564 b unmittelbar anwendbar (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 8; Ausschußbericht BTDrucks 7/2638, 2; LG Gießen NJW 1976, 1455; LG Itzehoe WuM 1975, 169; A G B ü d i n g e n W u M 1 9 7 9 , 2 5 5 ; A G K ö l n W u M 1 9 7 4 , 7 6 ; W u M 1 9 7 5 , 3 9 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 8 a ; GUNDLACH Z M R 1 9 7 7 , 1 3 4 ; HANS § 5 6 4 b A n m 2 b ; LEHMANN N J W 1 9 7 4 , 2 1 1 7 ; LÖWE N J W 1 9 7 2 , 2 1 0 9 , 2 1 1 2 ; LUTZ D W W 1 9 7 1 , 3 8 3 , 3 8 6 ; PALANDTPUTZO § 5 6 4 b A n m 2 b ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 2 7 , 4 5 4 ; a M L G K a i s e r s l a u t e r n
N J W 1 9 7 5 , 1 3 2 5 ; A G Stuttgart Z M R 1973, 250; s auch PERGANDE § 556 b A n m 7).
Dies gilt auch dann, wenn das Mietverhältnis mit Verlängerungsklausel vor den gesetzlichen Stichtagen des WKSchG I (31. 10. 1970) oder des WKSchG II (28. 11. 1971) a b g e s c h l o s s e n w o r d e n ist ( L G D e t m o l d N J W 1 9 7 4 , 2 4 2 m A n m LUTZ N J W 1 9 7 4 , 6 5 1 ;
AG Heidelberg WuM 1975, 67; A G Köln WuM 1974, 76; aM LG Wuppertal NJW 1976, 2215; BARTHELMESS N J W 1974, 1230), weil es nicht auf die Einordnung als
Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit ankommt, sondern auf die Beendigung durch Kündigung nach den § § 5 6 5 , 5 6 5 a Abs 1. d) Ein Mietvertrag mit Optionsrecht (Vorbem 120 zu § § 5 35,5 36) ist ein auf bestimm- 15 te Zeit abgeschlossener Vertrag, der durch Zeitablauf endet, wenn die berechtigte Partei nicht rechtzeitig von ihrem Optionsrecht Gebrauch macht. Relevant wird ein Bestandsschutz nur, wenn das Optionsrecht lediglich dem Vermieter zusteht und nicht ausgeübt wird (§ 564 Rz 5). In diesem Fall greift Art 2 WKSchG II ein. Bei entsprechender Vertragsgestaltung kann die Ausübung eines Optionsrechts zur Folge haben, daß hinfort ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit vorliegt. Auf die dann zur Vertragsbeendigung erforderliche Kündigung ist § 564 b unmittelbar anwendbar (LG Mannheim WuM 1974,260). (555)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 16-21
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
16 e) Ein Mietvertrag über Wohnraum, der unter einer auflösenden Bedingung abgeschlossen ist, gilt nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert und kann nur nach den Vorschriften des § 565 gekündigt werden (§ 565 a Abs 2 ; s dort Rz 1 4 ff). Für diese Kündigung gilt § 5 6 4 b ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B
454).
17 f) Das vertragliche Rücktrittsrecht (§ 564 Rz 51) ist bei einem Mietverhältnis über Wohnraum nach § 570 a den Vorschriften über die Kündigung unterworfen, sobald der Wohnraum überlassen ist. Der Rücktritt ist daher wie eine Kündigung zu behandeln und unterliegt der Regelung des § 564 b. Wird das Rücktrittsrecht vor Überlassung des Wohnraums ausgeübt, besteht kein Bedürfnis für einen Bestandsschutz. Das gesetzliche Rücktrittsrecht (§ 564 Rz 52) wird nur vor Überlassung des Wohnraums relevant. Eine Anwendung des § 564 b kommt nicht in Betracht, da ein Bestandsschutz nicht erforderlich ist. Nach der Überlassung wird das Rücktrittsrecht durch das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung oder durch einen Schadensersatzanspruch aus § 538 verdrängt, so daß insoweit auch § 564 b ausscheidet (Rz 18). 18 g) Die außerordentliche fristlose Kündigung fällt nicht unter § 564 b (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 8; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2; H A N S § 564 b A n m 2 a ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 2 a ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 5 8 ) . D e r
Bestandsschutz soll nicht solchen Mietern zugute kommen, die in schwerwiegender Weise gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen. Geschützt wird nur der Vertragstreue Mieter ( H A N S aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Dies ergibt sich mittelbar aus § 564 b Abs 2 Nr 1. 19 h) Der Mietaufhebungsvertrag (§ 564 Rz 45 ff) wird von § 564 b grundsätzlich nicht erfaßt ( E R M A N - S C H O P P § 5 6 4 b Rz 4 ) , da das Mietverhältnis nicht durch Kündigung beendet wird. Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt des § 564 b Abs 6, wonach eine zum Nachteil des Mieters von den Kündigungsschutzvorschriften abweichende Vereinbarung unwirksam ist (Rz 158). Ein Aufhebungsvertrag kann zwar aufgrund einer unwirksamen Kündigung des Vermieters zustande kommen, wenn der Mieter damit einverstanden ist (§ 564 Rz 46). Durch einen Aufhebungsvertrag darf dem Vermieter aber nicht von vornherein das uneingeschränkte Recht eingeräumt werden, den Mietvertrag jederzeit einseitig unter Umgehung der Kündigungsschutzvorschriften zu beenden. Dies wäre zB der Fall, wenn der Mieter zugleich mit dem Abschluß des Mietvertrags das unbefristete Angebot zum Abschluß eines Aufhebungsvertrags abgeben würde, das der Vermieter dann zu gegebener Zeit nach Belieben annehmen könnte. 20 i) Die Anfechtung eines Mietvertrags wird bei den in Vollzug gesetzten Mietverhältnissen nach der hier vertretenen Auffassung (§ 564 Rz 54 f) durch das allgemeine Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund ersetzt. Damit ist § 564 b nicht anwendbar (Rz 18). Unverkennbar ist allerdings, daß der Mieter jedenfalls bei einer auf § 119 gestützten Anfechtung des Vermieters in gleicher Weise schutzbedürftig sein kann wie bei einer ordentlichen Kündigung. Einer Gleichstellung stehen jedoch rechtssystematische Bedenken entgegen. De lege ferenda ist es deshalb erwägenswert, den Mieter zumindest über § 556 a zu schützen (§ 556 a Rz 18). 21 j) Die Beendigung eines Mietverhältnisses wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 564 Rz 57) oder wegen Erlöschens eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts (§ 564 Rz 59) fällt mangels einer ordentlichen Kündigung ebenfalls nicht unter § 564 b. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(556)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 22-24
3. Berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses 22 (Abs 1 u 2) a) Allgemeines Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Wohnraum vorbehaltlich der Ausnahmeregelungen in Abs 4 und 7 nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (Abs 1). Der Begriff des berechtigten Interesses wird im Gesetz nicht näher erläutert. Er ist aus § 556 a Abs 1 zunächst in Art 1 § 1 WKSchG I und von dort in § 564 b übernommen worden. Aber auch § 556 a enthält keine Begriffsbestimmung. Ursprünglich war in dieser Vorschrift von den „Belangen" des Vermieters die Rede (Art VI Nr 1 AbbauG vom 23. 6. 1960 [BGBl 1389]), während in der gleichzeitig entstandenen Neufassung des § 4 Abs 1 MietSchG das „dringende Interesse" des Vermieters an der Aufhebung des Mietverhältnisses vorausgesetzt wurde (Art III AbbauG aaO). Nach § 4 Abs 1 MietSchG waren bei der Abwägung der Interessen zugunsten des Vermieters Eigenbedarf und die Behinderung einer gerechtfertigten wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks besonders zu berücksichtigen, eine ähnliche Regelung also, wie sie sich heute in § 564 b Abs 2 findet. Später wurde in § 556 a der Begriff der Belange des Vermieters durch den Begriff der berechtigten Interessen ersetzt (Art I Nr 1 MietRÄndG III [BGBl 11967,1248]; vgl Stellungnahme der BReg zum Entw des BR BT-Drucks V/1743,4; Ausschußbericht, zu BTDrucks V/2317,2). aa) Die Entstehungsgeschichte und der sachliche Zusammenhang des Begriffs der 23 berechtigten Interessen des Vermieters in § 564 b mit den Vorschriften des § 556 a und des früheren § 4 Abs 1 MietSchG zeigen, daß mit den Interessen die Gründe gemeint sind, die auf Seiten des Vermieters für eine Beendigung des Mietverhältnisses vorliegen. Die ordentliche Kündigung bietet den Parteien im Normalfall die Möglichkeit, sich von einem Mietvertrag als Dauerschuldverhältnis zu lösen, ohne daß hierfür ein bestimmter Grund maßgebend sein muß. § 564 b macht demgegenüber die Kündigung des Vermieters davon abhängig, daß auf seiner Seite Gründe für die Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. Im Schrifttum wird hierzu die Auffassung vertreten, es müsse sich um ganz bestimmte Gründe handeln. Es genüge nicht, daß der Vermieter mit seiner Absicht, das Mietverhältnis zu beenden, allgemeine, nicht konkretisierbare Zwecke verfolge. Dies sei etwa der Fall, wenn er sich nur auf sein Eigentum und die daraus herzuleitende freie Verfügungsbefugnis berufe oder wenn er es aus nicht faßbarer Abneigung oder Verärgerung ablehne, an dem Mietvertrag festzuhalten ( S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 4 6 5 ; vgl H A N S § 5 6 4 b Anm 3 a). Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Wenn das Gesetz von Interessen spricht und damit bestimmte Begehrensvorstellungen oder Gründe des Vermieters für eine Beendigung des Mietverhältnisses meint, so reicht hierfür jede Motivation aus, die den Vermieter zum Ausspruch der Kündigung veranlaßt, also auch die Berufung auf das Eigentum und der Wunsch nach freier Verfügungsbefugnis oder auch schlicht die Abneigung gegen einen bestimmten Mieter. Vorauszusetzen ist für die praktische Rechtsanwendung nur, daß die Motive des Vermieters nachprüfbar und in diesem Sinne konkret sind. bb) Der somit an sich weite Kreis möglicher Gründe wird jedoch dadurch einge- 24 schränkt, daß es sich um berechtigte Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses handeln muß. Die Prüfung verlagert sich entscheidend auf die Berechtigung der Gründe, die den Vermieter zu der Kündigung bewogen haben. Damit stellt sich die Frage, welches der rechtliche Maßstab ist, an dem die Berechtigung der Kündigungsgründe zu messen ist. Dies läßt sich nur aus dem Zweck der Vorschrift beantworten, die rechtliche Stellung des Mieters durch einen Ausschluß des freien und unbeschränkten Kündigungsrechts des Vermieters zu stärken (Rz 5 ff). Da diese Ein(557)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 25-27
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
schränkung der Rechte des Vermieters letztlich nur durch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art 14 Abs 2 GG zu rechtfertigen ist (Rz 8), liegt darin zugleich der rechtliche Bezugspunkt, nach dem zu entscheiden ist, ob sich die Kündigungsgründe des Vermieters gegenüber der Sozialpflichtigkeit des Eigentums durchsetzen und damit berechtigt sind. Da eine vermietete Wohnung in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht, unterliegt sie dem Postulat einer am Gemeinwohl orientierten Nutzung (Art 14 Abs 2 S 2 GG). Dieses Postulat umfaßt das Gebot, Rücksicht auf die Belange des Mieters zu nehmen, der auf die Nutzung der Wohnung angewiesen ist. Auf der anderen Seite steht die verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsfreiheit, der in gleicher Weise wie dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung Rechnung zu tragen ist. Damit kann die Eigentumsgarantie eine Nutzung nicht schützen, bei der die soziale Funktion der Wohnung mißachtet wird. Ebensowenig rechtfertigt die Sozialpflichtigkeit des Eigentums aber eine Begrenzung privatrechtlicher Befugnisse, die durch die soziale Funktion der Wohnung nicht geboten ist (BVerfGE 37,132,140 f = NJW 1974,1499 m Anm F E H L NJW1974,1939). Bei der Beurteilung der Interessen des Vermieters ist deshalb die geltende Rechts- und Sozialordnung zu beachten, die durch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums ihr besonderes Gepräge erhält. Unter diesem Gesichtspunkt muß die Kündigung vom Gerechtigkeitsgedanken her als vertretbar erscheinen (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 466). 25 a) Daraus folgt zum einen, daß die Interessen des Vermieters erheblich sein müssen, um die Kündigung rechtfertigen zu können ( H A N S § 564 b Anm 3 a; vgl S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K aaO). Dieses Erfordernis kommt zwar auch in § 564 b Abs 2 Nr 1 zum Ausdruck, läßt sich aber schon generell aus der Sozialpflichtigkeit herleiten. Nur ein Kündigungsgrund von einigem Gewicht kann sich gegenüber der sozialen Bindung des Eigentümers durchsetzen. 26 ß) Jedes Schuldverhältnis steht in mehr oder weniger intensiver Form unter dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Parteien. Dies gilt wegen der Sozialpflichtigkeit in besonderer Weise für ein Mietverhältnis über Wohnraum. Daraus folgt, daß ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich nur anzuerkennen ist, wenn die Kündigung das angemessene Mittel ist, um die Ziele des Vermieters zu realisieren ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 467). So kann es etwa geboten sein, vor einer Kündigung wegen Vertragsverletzung den Mieter zunächst durch eine Abmahnung zu vertragsgerechtem Verhalten zu bewegen (LG Hamburg WuM 1977, 30; STERNEL Rz IV 70; einschr MünchKomm-VoELSKOw § 564 b Rz 50). Eine Einschränkung des Kündigungsrechts unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Mittel steht jedoch unter dem Vorbehalt, daß dem Vermieter die Wahl des gegenüber einer Kündigung weniger einschneidenden Mittels aufgrund der konkreten Umstände noch zumutbar ist (LG Hamburg aaO; H A N S § 564 b Anm 3 a aE; aM S C H O P P ZMR1975,97,99). Der Gleichbehandlungsgrundsatz kann jedoch wegen der andersartigen Zielrichtung des Art 3 GG im Mietrecht grundsätzlich nicht mit der Maßgabe angewendet werden, daß der Vermieter gehalten sei, mehreren Mietern, die zB vertragliche Verpflichtungen verletzt haben, in gleicher Weise nach § 564 b Abs 2 Nr 1 zu kündigen (aM R A T H J E N MDR 1980,713,716). 27 y) § 564 b stellt auf die Berechtigung der Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ab, ohne daß die entgegengesetzten Interessen des Mieters erwähnt werden. Hieraus wird teilweise gefolgert, daß für die Berechtigung der Kündigung nach § 564 b zugunsten des Vermieters seine Sicht der Dinge bestimmend sei, nicht aber die Interessenlage auf Seiten des Mieters. Auf die Interessen des Mieters komme es erst bei der nach § 556 a zu treffenden Entscheidung an, ob die gerechtfertigte Kündigung das Mietverhältnis beende oder ob ein Fortsetzungsverlangen des Mieters zur Verlängerung des Mietverhältnisses führe (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; H A N S § 564 b Anm 3 a). Jürgen Sonnenschein (558) 2. Bearbeitung 1981
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 28-31
Diese Unterscheidung wird insoweit zu Recht getroffen, als es um die Abgrenzung 28 der Anwendungsbereiche des § 556 a und des § 564 b geht. Die Sozialklausel des § 556 a gewinnt erst dann Bedeutung, wenn die Kündigung nach § 564 b wirksam ist, wenn also ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses zu bejahen ist (Begr zum RegE aaO). Die Unterscheidung verdeckt aber, daß es bei der Frage, ob die Interessen des Vermieters berechtigt sind, nicht allein um den Bezug zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht. Die Sozialpflichtigkeit findet ihren Bezugspunkt wiederum in den sozialen Belangen des Mieters, der auf die Nutzung der Wohnung angewiesen ist. Dies bedeutet für die Interpretation des § 564 b, daß nicht isoliert auf die Interessen des Vermieters abgestellt werden darf, sondern daß deren Berechtigung am Maßstab der Sozialpflichtigkeit im Hinblick auf die entgegenstehenden Interessen des Mieters zu messen ist. Dabei kommt es aber nicht auf die individuellen Interessen des jeweiligen Mieters an, die erst im Rahmen des § 556 a zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist vielmehr ein generalisiertes Mieterinteresse, gegen grundlose und willkürliche Kündigungen und die dadurch ausgelösten Folgen einschließlich der damit verbundenen Kosten geschützt zu sein (vgl Rz 49). 6) Auf dieser Grundlage läßt sich der Begriff des berechtigten Interesses inhaltlich in 29 gewisser Weise generalisieren. S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K ( B 466) machen die Zulässigkeit der Kündigung davon abhängig, „ob ein vernünftig denkender und seiner Sozialpflichtigkeit bewußter Vermieter die verfolgten Interessen als so erheblich ansehen kann, daß er zur Wahrung dieser Interessen die Vertragsbeendigung herbeiführen würde". Bei dieser Formulierung bleibt das generalisierte Mieterinteresse unberücksichtigt, durch das die Sozialpflichtigkeit des Eigentums erst inhaltlich bestimmt wird. Berechtigt sind die Interessen deshalb nur, wenn das Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses bei objektiver Beurteilung gegenüber dem generellen Interesse des Mieters an Beibehaltung der Wohnung so erheblich ist, daß ihm ein Übergewicht zukommt. Damit wird keineswegs die im Rahmen des § 556 a anzustellende Abwägung individueller Interessen in den Bereich des § 564 b verlagert. Hier geht es nur um eine Vorentscheidung, die in gleicher Weise aufgrund einer Interessenabwägung zu treffen ist. Die Frage der Berechtigung von Interessen kann nicht ohne Berücksichtigung der wenigstens generalisierten Interessen der Gegenseite getroffen werden. cc) § 564 b Abs 2 besagt, daß als berechtigte Interessen des Vermieters an der 30 Beendigung des Mietverhältnisses „insbesondere" die schuldhafte Verletzung vertraglicher Verpflichtungen durch den Mieter (Nr 1), Eigenbedarf des Vermieters (Nr 2) und die Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks (Nr 3) anzusehen sind. Damit enthält das Gesetz eine nur beispielhafte Aufzählung gesetzlicher Kündigungsgründe (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 8; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2; H A N S § 564 b Anm 3 b; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 5 e; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 468). Es kommen auch sonstige Gründe auf Seiten des Vermieters in Betracht (Rz 104 ff). b) Erhebliche, schuldhafte Verletzung vertraglicher Verpflichtungen durch den 31 Mieter (Abs 2 Nr 1) aa) Allgemeines Der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mißverhältnisses, wenn der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Dies ist der Fall, wenn Gründe vorliegen, die den Vermieter berechtigen, nach den §§ 553 bis 554 a fristlos zu kündigen. Wählt der Vermieter statt (559)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 32, 33
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
dessen den Weg der ordentlichen Kündigung, so hat er nach § 564 b Abs 2 Nr 1 ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Das gleiche gilt bei schuldhaften Vertragsverletzungen von geringerer Bedeutung, die kein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung begründen, aber dennoch nicht unerheblich sind (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K B 469). Insoweit verbleibt ein Bereich, in dem sich das Recht zur ordentlichen Kündigung nicht mit dem Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung deckt. 32 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen a) Der Mieter muß eine Verletzungshandlung durch Tun oder Unterlassen begangen haben, die einen Verstoß gegen seine vertraglichen Pflichten bedeutet. Gleichzustellen ist eine Verletzungshandlung durch Personen, für deren Verhalten der Mieter nach § 278 und § 549 Abs 3 einzustehen hat (Rz 34). Ein Unterlassen ist nur dann erheblich, wenn eine Rechtspflicht besteht, tätig zu werden. Es kann sich um Hauptoder Nebenpflichten handeln. Einschränkungen können sich vor allem im letzteren Fall aus dem Erfordernis der Erheblichkeit der Pflichtverletzung ergeben (Rz 33). Unerheblich ist es, ob sich die vertragliche Pflicht aus dem Gesetz oder als besondere Vereinbarung aus dem Mietvertrag ergibt (vgl AG Lübeck WuM 1972, 193, 194 Schneefegen, Gartenarbeiten). Bei zusammengesetzten oder gemischten Verträgen (vgl P A L A N D T - H E I N R I C H S § 305 Anm 6), die einem Mietverhältnis über Wohnraum zugrunde liegen, kommt auch die Verletzung anderer als typisch mietvertraglicher Pflichten in Betracht (vgl § 565 e; BAG NJW 1969, 1192). Vorauszusetzen ist allerdings, daß die mietrechtlichen Kündigungsvorschriften bei dem jeweiligen Vertragstyp für die Auflösung des Gesamtvertrags maßgebend sind (vgl P A L A N D T H E I N R I C H S § 305 Anm 6 c). Wortlaut und Zweck des § 564 b Abs 2 Nr 1 lassen eine solche Auslegung zu. Nur der Vertragstreue Mieter soll Bestandsschutz für seine Wohnung genießen. Unterlassungspflichten werden verletzt, wenn der Mieter in gesetzes- oder vertragswidriger Weise tätig wird, zB die Wohnung ganz oder teilweise ohne Erlaubnis des Vermieters untervermietet (§ 549) oder entgegen den vertraglichen Vereinbarungen Haustiere hält ( H A N S § 564 b Anm 3 b aa; vgl aber A G Dortmund WuM 1974, 103). 33 ß) Die Pflichtverletzung muß erheblich sein. Die Erheblichkeit bezieht sich nicht auf das Verschulden, wie sich aus der Formulierung in § 564 b Abs 2 Nr 1 ergibt (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 6 a c c ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 2 ; a M BLANK
WuM 1979,137). Die Pflichtverletzung muß von einigem Gewicht sein, braucht aber nicht wie im Fall des § 554 a so weit zu gehen, daß dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 471). Auf die Zumutbarkeit kommt es nach dem Wortlaut des § 564 b grundsätzlich nicht an ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 a cc; S C H O P P ZMR 1972,1,2 u ZMR1975, 97, 99; s aber Rz 35, 119). Die von B L A N K ( W U M 1979, 137) vorgeschlagene Unterscheidung zwischen persönlichkeitsbezogenen Kündigungen, bei denen es auf die Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses ankommen soll, und sachbezogenen Kündigungen, für die eine Gefährdung der Mietsache entscheidend sei, findet deshalb im Gesetz keine Stütze. Ebensowenig kann nach den Tatfolgen unterschieden werden, da das Gesetz nur auf die Pflichtverletzung abstellt. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß die Vertragsverletzung die Beendigung des Mietverhältnisses rechtfertigen soll. Einmalige Verstöße ohne Wiederholungsgefahr kommen deshalb nur in Betracht, wenn dadurch das Vertrauensverhältnis der Parteien nachhaltig gestört worden ist ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 471; vgl D E R L E D E R in AK § 564 b Rz 13). Einzelne geringfügige Verstöße können durch ständige Wiederholung einen erheblichen Umfang gewinnen (AG Itzehoe WuM Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(560)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 34-36
1979, 266, 267; HANS § 564 b Anm 3baaccc), sind im übrigen aber ohne Bedeutung. Verschiedenartige Pflichtverletzungen können für die Beurteilung der Erheblichkeit zusammengefaßt werden, da das Gesetz nicht eine einzelne, bestimmte Art der Vertragsverletzung voraussetzt. Hat der Mieter die ihm obliegenden Instandhaltungs- und Obhutspflichten verletzt, kommt eine Kündigung nur in Betracht, wenn die Mietsache durch den eingetretenen Zustand erheblich gefährdet wird. Dies setzt voraus, daß die Mietsache in der Substanz bereits beschädigt ist oder daß dies unmittelbar bevorsteht (AG Köln WuM 1980, 134). y) Die Pflichtverletzung muß schuldhaft begangen worden sein. Eine bestimmte 34 Form des Verschuldens wird nicht vorausgesetzt. Der Mieter hat deshalb nach § 276 Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Verschulden und Erheblichkeit der Pflichtverletzung sind zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale des § 564 b Abs 2 Nr 1. Der Grad des Verschuldens und damit die Vorwerfbarkeit eines Verhaltens spielen deshalb für die Erheblichkeit der Pflichtverletzung grundsätzlich keine Rolle, wenn auch eine rein tatsächlich bedingte Wechselwirkung zwischen beiden Merkmalen u n v e r k e n n b a r ist ( a b w BLANK W u M 1 9 7 9 , 1 3 7 ; HANS § 5 6 4 b A n m 3 b a a ccc). F ü r
das Verschulden seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen hat der Mieter nach § 278 in gleichem Umfang einzustehen wie für eigenes Verschulden. Wird die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses verletzt, so kommt neben der Haftung für gesetzliche Vertreter eine Haftung für Erfüllungsgehilfen nur bei solchen Personen in Betracht, die der Mieter mit der Zahlung beauftragt hat oder die neben ihm den Mietzins schulden oder dafür haften (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 a aa). Hinsichtlich des vertragsgemäßen Gebrauchs und der Pflicht zur Erhaltung der Mietsache sind Erfüllungsgehilfen die zum Hausstand des Mieters gehörenden Personen wie Familienangehörige und Hauspersonal. Auch Personen, die als Gäste vorübergehend in die Wohnung aufgenommen werden oder die als Handwerker mit Verrichtungen in der Wohnung betraut werden, zählen hierzu (LARENZ I § 20 VIII), nicht aber kurzfristige Besucher, Lieferanten, Hausierer und dgl, weil der Mieter solche Personen nicht bewußt und gewollt in seinem Pflichtenkreis tätig werden läßt (vgl LARENZ aaO; aM HANS § 5 6 4 b Anm 3 b aa ddd). Im übrigen muß der volle Tatbestand des § 278 erfüllt sein. Überläßt der Mieter den Gebrauch der Wohnung ganz oder teilweise einem Dritten, etwa einem Untermieter, so hat er auch ein dem Dritten anzulastendes Verschulden nach § 549 Abs 3 zu vertreten (LG Bamberg WuM 1974, 197, 199). Das Erfordernis des Verschuldens entfällt nach dem Tatbestand des Abs 2 Nr 1 nicht 35 bei Schuldunfähigkeit des Mieters oder seines Erfüllungsgehilfen. Doch kann im letzteren Fall ein eigenes Verschulden des Mieters darin liegen, daß er einen schuldunfähigen Erfüllungsgehilfen ausgewählt oder nicht genügend beaufsichtigt hat. Ist der Mieter selbst schuldunfähig, kann der Tatbestand auch bei schwersten Pflichtverletzungen des Mieters nicht erfüllt werden, wenn der gesetzliche Vertreter seine Aufsichtspflicht erfüllt und dennoch das Verhalten des Mieters nicht verhindern kann. In derartigen Fällen ist das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht aus Abs 2 Nr 1 herzuleiten, sondern kann auf Unzumutbarkeit als sonstigen Grund (Rz 119) gestützt werden (LG Mannheim NJW 1 9 7 6 , 1 4 0 7 ; HANS § 5 6 4 b A n m 3 b a a b b b ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 2 8 ; SCHOPP ZMR 1 9 7 5 , 9 7 , 9 9 ) . Allerdings darf dieser Ausweg nicht dazu führen,
schuldlose Pflichtverletzungen generell als Kündigungsgrund anzuerkennen.
8) Die Beweislast trifft den Vermieter hinsichtlich der Verletzungshandlung und 36 ihrer Erheblichkeit (AG Nidda WuM 1 9 8 0 , 6 4 [LS]). Für das Verschulden richtet sie sich nach dem jeweiligen Gefahrenkreis (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 c; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 7 ) . (561)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 37, 38
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
37 cc) Einzelfälle a) Bei Zahlungsverzug des Mieters mit der Entrichtung des Mietzinses hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse an einer ordentlichen Kündigung, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 554 für eine fristlose Kündigung erfüllt sind. Eine Pflichtverletzung ist auch dann zu bejahen, wenn der Zahlungsverzug den in § 554 Abs 1 S 1 und Abs 2 Nr 1 vorausgesetzten Umfang nicht erreicht. Entscheidend ist dann, ob die Pflichtverletzung im Sinne des § 564 b Abs 2 Nr 1 erheblich ist. Während nach P A L A N D T - P U T Z O (§ 564 b Anm 6 b aa) der Rückstand mindestens eine halbe Monatsmiete umfassen muß und nicht kürzer als einen halben Monat ausstehen darf, verlangen andere den Rückstand einer Monatsmiete über mehr als einen Monat ( D E R L E D E R in AK § 564 b Rz 14; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 473). Nach B G B - R G R K - G E L H A A R (§ 564 b Rz 11) soll es auf die Höhe der Miete im Einzelfall ankommen. Aus § 554 Abs 2 Nr 1 ist zu entnehmen, daß hinsichtlich des Umfangs ein Rückstand nur dann als erheblich anzusehen ist, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt (vgl LG Mannheim WuM 1976,232). Im Rahmen des § 564 b kann für die Erheblichkeit der Pflichtverletzung nichts anderes gelten. Für die Dauer des Zahlungsverzugs enthält das Gesetz dagegen keinen unmittelbaren Anhaltspunkt. Jede Zeitangabe ist deshalb mehr oder weniger willkürlich, da insoweit Abweichungen gegenüber § 554 möglich sind. Für die Pflichtverletzung reicht jeder, auch der kürzeste Zahlungsverzug aus. Für die Erheblichkeit kommt es aber darauf an, ob es sich um eine einmalige Pflichtverletzung handelt, die der Vermieter zunächst durch eine Mahnung abzustellen suchen muß, oder ob sich die Pflichtverletzung ständig wiederholt (Rz 26, 33). Da ein Rückstand nur erheblich ist, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt, sollte bei der üblichen monatlichen Zahlungsweise davon ausgegangen werden, daß auch die Dauer des Zahlungsverzugs einen Monat überschreiten muß. Anders kann es etwa bei vierteljährlicher Zahlungsweise sein. Im übrigen können verspätete Zahlungen, die jeweils für sich nicht den vorauszusetzenden erheblichen Umfang erreichen, eine ordentliche Kündigung nur dann rechtfertigen, wenn sie wiederholt und aus Absicht oder Nachlässigkeit vorkommen und deshalb eine erhebliche, schuldhafte Pflichtverletzung darstellen (AG Itzehoe WuM 1979,266; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b bb; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 473; vgl zur unpünktlichen Zahlung LG Rottweil WuM 1973, 207). 38
Nach S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K (B 473) muß der Gegenstand des Zahlungsverzugs den Mietzins oder solche Nebenkosten betreffen, die als Entgelt für die Raumüberlassung oder zusätzliche Vermieterleistungen wie Betriebskosten, Nebenkosten, Untermietzuschlag und dgl zu erbringen sind (vgl D E R L E D E R in AK § 564 b Rz 15; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b aa). Die Nichterfüllung anderer Verpflichtungen wie Kaution, Mietvorauszahlung, Mieterdarlehen, Baukostenzuschuß oder Schadensersatz berühre das für den Mietvertrag wesentliche Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht so erheblich, daß dem Vermieter neben einer Zahlungsklage das weitergehende Kündigungsrecht zuerkannt werden könne. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Grundlage. Die Berufung von S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K (aaO) auf eine Entscheidung des LG Hamburg (WuM 1974, 54; vgl LG Berlin ZMR 1980, 338) zu § 554 geht fehl, weil in dieser Vorschrift ausdrücklich ein Verzug mit der Entrichtung des Mietzinses vorausgesetzt wird, während in § 564 b Abs 2 Nr 1 nur von der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen die Rede ist. Auch Sinn und Zweck des § 564 b gebieten es nicht, einem Mieter, der hinsichtlich solcher Nebenverpflichtungen vertragsuntreu ist, Bestandsschutz einzuräumen. Der Vermieter braucht sich nicht auf eine Zahlungsklage mit einer möglicherweise zweifelhaften Durchsetzung des Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung verweisen zu lassen. Es genügt deshalb jeder Zahlungsverzug im Rahmen des Mietvertrags. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(562)
§ 564 b 39-41
3. Titel. Miete. Pacht
Da Abs 2 Nr 1 Verschulden voraussetzt (Rz 34 f), muß auch der Zahlungsverzug 39 durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit eingetreten sein. Ein schuldloser Geldmangel, der nach den §§ 279,285 zur Begründung des Verzugs genügt, ist im Rahmen des § 564 b unzureichend ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b R Z 12; D E R L E D E R in AK § 564 b Rz 1 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 6 b a a ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 3 ) .
Das
gleiche gilt, wenn der Verzug aufgrund eines entschuldbaren Rechts- oder Tatsachenirrtums eingetreten ist, etwa bei einer Minderung des Mietzinses, die sich später nach einer gerichtlichen Beweisaufnahme als unberechtigt erweist (LG Köln WuM 1976, 145,146; AG Itzehoe WuM 1979,266; A G Köln WuM 1974,126; vgl G L A S E R ZMR 1978, 321; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 473). Zu beachten ist aber, daß auch der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruhen kann. Eine Heilung des Zahlungsverzugs kann mit Wirkung für die Zukunft eintreten, wenn 40 der Mieter später leistet oder die Leistung anbietet (vgl P A L A N D T - H E I N R I C H S § 284 Anm 6 mwN). Aus der Wirkung ex nunc ergibt sich, daß damit die Pflichtverletzung des Mieters nicht beseitigt wird. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Kündigung müssen in dem Zeitpunkt erfüllt sein, in dem die Kündigungserklärung durch Zugang wirksam wird (§ 564 Rz 37). Dies gilt auch für das Kündigungsrecht aus Abs 2 Nr 1. Die Heilung des Verzugs ist deshalb auf den Eintritt der Rechtsfolgen einer bereits wirksam gewordenen Kündigungserklärung ohne Einfluß, auch wenn der rückständige Betrag noch vor Ablauf der Kündigungsfrist gezahlt wird. Die abweichende Auffassung, die eine entsprechende Anwendung des § 554 Abs 2 Nr 2 befürwortet (AG Schöneberg WuM 1978, 128; D E R L E D E R in AK
§ 564 b Rz
1 5 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
473;
STERNEL R Z I V
73),
ist
abzulehnen. Dieses Nachholungsrecht des Mieters, das dem früheren § 3 Abs 3 MietSchG nachgebildet ist (Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 10), ist gegenüber einer außerordentlichen fristlosen Kündigung gerechtfertigt, weil der Zahlungsverzug nach den §§ 279, 285 auch ohne Verschulden des Mieters eintreten kann. Im Rahmen des § 564 b Abs 2 Nr 1, der tatbestandlich Verschulden voraussetzt, ist ein solches Nachholungsrecht überflüssig (MünchKomm - V O E L S K O W § 564 b Rz 48; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b aa). Der Einwand von S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K (aaO), der Vermieter habe nach einer Begleichung des Zahlungsrückstands kein Kündigungsinteresse mehr, ist nicht stichhaltig. Nach Abs 2 Nr 1 kommt es auf die Pflichtverletzung an. Daraus ergibt sich das Kündigungsinteresse, das auch bei anderen einmaligen Verstößen wie vertragswidrigem Gebrauch (Rz 41) und dgl fortwirken kann. Für eine im Interesse des Mieters gebotene Einschränkung ist der richtige Ansatzpunkt in dem Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit der Pflichtverletzung (Rz 33) und dem des Verschuldens (Rz 34 f) zu finden. Aus den gleichen Gründen kann trotz der Heilung des Verzugs eine spätere Kündigung noch gerechtfertigt sein, wenn der Mieter schon öfter in Zahlungsrückstand geraten ist. ß) Ein vertragswidriger Gebrauch begründet für den Vermieter ein berechtigtes 41 Interesse, wenn zugleich die Voraussetzungen für eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 553 erfüllt sind (§ 553 Rz 16 ff). Für § 564 b Abs 2 Nr 1 reichen auch geringere Verstöße aus, sofern sie erheblich iS dieser Bestimmung sind. Da es nur auf die Erheblichkeit der Pflichtverletzung ankommt, brauchen anders als in § 553 die Auswirkungen auf die Rechte des Vermieters - etwa eine Beschädigung des Eigentums - nicht den gleichen Schweregrad zu erreichen ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b cc; aM B L A N K W U M 1979, 137). An Stelle der Kündigung kann der Vermieter eine Unterlassungsklage nach § 550 erheben. Bei unerheblichen Verstößen beschränken sich die Rechte des Vermieters auf diese Klage. Im Regelfall ist von dem Vermieter eine Abmahnung zu verlangen, bevor er von dem bei der Wohnraummiete besonders einschneidenden Recht zur Kündigung Gebrauch macht (DERLEDER in A K (563)
§ 564 b Rz
1 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
474; a M
BGB-
§ 564 b 42-44
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
RGRK-GELHAAR § 564 b Rz 13). Ein Verzicht auf die vorherige Abmahnung ist nicht schon generell bei Wiederholungsgefahr, Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit angebracht (vgl aber PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 b cc). Entscheidend ist vielmehr, ob dem Vermieter angesichts der Schwere des Vertragsverstoßes durch den Mieter die Wahl des weniger einschneidenden Mittels noch zumutbar ist (Rz 26). 42 Der Mieter verletzt den Vertrag, wenn er seine Gebrauchsrechte überschreitet oder die Wohnung bzw die sonstigen Grundstücks- und Gebäudeteile entgegen seiner Obhuts- und Erhaltungspflicht vernachlässigt (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 b ee; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 474). Bei der Miete möblierten Wohnraums gilt dies a u c h f ü r die E i n r i c h t u n g s g e g e n s t ä n d e (PALANDT-PUTZO a a O ; SCHOPP Z M R 1 9 7 5 , 9 7 ,
99). Bemalt der Mieter ohne Einwilligung das vom Vermieter gestellte Mobiliar und Teile der vermieteten Räume mit knalligen Farben, liegt eine zur Kündigung berechtigende Vertragsverletzung vor (AG Münster WuM 1978, 70). Da es nur auf die Pflichtverletzung ankommt, kann dieses Ergebnis nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Eigentumsverletzung durch den Mieter sei für die zukünftige Entwicklung des Mietverhältnisses bedeutungslos, weil weitere Malereien nicht zu befürchten seien (so aber BLANK WUM 1979, 137, 138). Wenn der Mieter die Mietsache eigenmächtig verändert oder unerlaubt Anlagen anbringt, kommt es auf die Schwere des Eingriffs an (vgl A G Wegberg WuM 1972,108). Eine im Mietvertrag nicht vorgesehene Tierhaltung begründet nicht ohne weiteres ein Kündigungsrecht, wenn der Vermieter dies stillschweigend geduldet hat (LG Mannheim WuM 1974, 74) oder wenn es sich nur um eine unerhebliche Vertragsverletzung handelt (LG Gießen ZMR 1976, 147; AG Dortmund WuM 1974, 103; vgl auch LG Mannheim W u M 1 9 7 3 , 5 ; WEIMAR Z M R 1 9 7 6 , 1 3 1 ; OTTO Z M R 1 9 7 6 , 1 3 2 ) .
43 y) Eine besondere Form des vertragswidrigen Gebrauchs ist die unerlaubte Uberlassung der Wohnung an Dritte, insbesondere durch Untervermietung (§ 549). Hieraus kann sich ein Recht zur fristlosen (§ 553 Rz 29) und zur ordentlichen Kündigung ergeben. Der Mieter darf grundsätzlich uneingeschränkt Besucher empfangen. Auch häufige Übernachtungen von Besuchern, etwa von Verwandten oder Verlobten, rechtfertigen nicht ohne weiteres eine Kündigung (LG Aachen ZMR 1973, 330, 331; vgl AG Siegen ZMR 1971, 239), da es sich nicht um eine Überlassung zum selbständigen Gebrauch handelt. Das gleiche gilt für die dauernde Aufnahme des Ehegatten (HUMMEL ZMR 1975, 291, 294) sowie von Verwandten oder Bekannten in die Wohnung (LG Bochum WuM 1980, 135 [LS]; A G B r e m e r v ö r d e M D R 1 9 7 4 , 1 4 2 ; A G K ö l n W u M 1 9 7 5 , 1 9 1 ; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 4 7 6 ; TONDORF W u M 1 9 7 4 , 2 2 9 ; a M L G K ö l n W u M 1 9 7 4 , 2 4 2 i m F a l l e d e s K o n k u b i n a t s ; vgl L G B o n n N J W 1 9 7 6 , 1 6 9 0 m A n m BERG N J W 1 9 7 6 , 2 1 6 6 ;
LENHARD ZMR 1978,68), vor allem dann, wenn der Vermieter weiß und duldet, daß der Mieter Familienangehörige in die Wohnung aufgenommen hat (AG Ahaus WuM 1973, 248). Eine Grenze ist jedoch dort zu ziehen, wo die Wohnung durch die Aufnahme weiterer Personen überbelegt wird (vgl HUMMEL aaO 292; PALANDTPUTZO § 550 Anm 2 a) oder wo dem Mieter die Aufnahme vertraglich zu Recht
u n t e r s a g t ist (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 6 ) .
44 8) Belästigungen des Vermieters und seiner Hausstandsangehörigen oder anderer Mieter können eine ordentliche Kündigung rechtfertigen, auch wenn die strengeren Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 554 a nicht erfüllt sind (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 6 b ff; SCHMIDT-FUTTER-BLANK B 4 7 5 ) .
Hierzu
gehören Beleidigungen und andere Straftaten gegen den Vermieter, gegen andere Mieter, deren Angehörige oder Gäste. Das gleiche gilt für Störungen des Hausfriedens und Verstöße gegen die Hausordnung sowie für Beeinträchtigungen durch L ä r m , G e r u c h o d e r S c h m u t z (PALANDT-PUTZO a a O ;
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK (564)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 45, 46
aaO), vorausgesetzt, es handelt sich um eine erhebliche, schuldhafte Vertragsverletzung. So kann in fortgesetztem störendem Verhalten des Mieters oder eines in seinem Haushalt lebenden Familienangehörigen durch lautes Radiospielen in der Mittagszeit und geräuschvolle Auseinandersetzungen am späten Abend eine die Kündigung rechtfertigende Vertragsverletzung liegen (LG Bamberg WuM 1974, 197). Das gleiche gilt für ständige, ruhestörende Feiern bis spät in die Nacht. Dabei hat der Mieter es zu vertreten, wenn der Lärm von seinen Besuchern ausgeht (AG Köln WuM 1974, 150). Bei Streitigkeiten unter den Mietern kann der Vermieter der Mietpartei kündigen, von deren Auszug er sich am ehesten die Wiederherstellung des Hausfriedens verspricht (LG Duisburg WuM 1975, 2 0 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b Rz 14; einschr STERNEL RZ IV 7 0 ) . Belästigungen können durch Verletzung der Aufsichtspflicht verursacht werden. Im übrigen ist eine Verursachung durch Schuldunfähige wie Kinder oder Geisteskranke nicht nur hinsichtlich des § 554 a zu würdigen (so PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 6 b ff), sondern kommt als sonstiger Grund auch im Rahmen des § 564 b in Betracht (Rz 119; vgl LG Mannheim NJW 1 9 7 6 , 1 4 0 7 ) . Normaler Kinderlärm ist aber hinzunehmen (AG Aachen WuM 1975, 38). Gelegentliches Duschen am späten Abend begründet kein berechtigtes Interesse an einer Kündigung (AG Osnabrück WuM 1972, 1 0 7 ; einschr GAISBAUER DWW 1 9 7 8 , 1 3 6 ; HANS § 5 6 4 b Anm 3 b aa eee). Das gleiche gilt für das Aufhängen von Wäsche im Vorgarten (LG Hamburg WuM 1974, 15). Vereinzelte Behinderungen von Mitmietern bei der Benutzung ihrer Garage können ebenfalls keine Kündigung rechtfertigen (LG Mannheim WuM 1974, 74, 76). Die Tierhaltung durch einen Mieter kann zu erheblichen Belästigungen führen, wenn die damit normalerweise verbundenen und von vornherein zu bedenkenden Nachteile beträchtlich überstiegen werden (vgl LG Mannheim aaO). Dies ist bei Hunden (LG Gießen ZMR 1 9 7 6 , 1 4 7 ; LG Mannheim aaO; AG Dortmund WuM 1974, 103) und Vögeln (LG Köln WuM 1974, 103) idR nicht der Fall. Hat der Vermieter selbst die Vertragsverletzung des Mieters widerrechtlich verursacht, kann er darauf nach § 242 keine Kündigung stützen (AG Osnabrück WuM 1973, 78). e) Bloße Unstimmigkeiten zwischen Mieter und Vermieter können regelmäßig kein 45 Kündigungsrecht begründen, da ein Mietverhältnis nicht so enge persönliche Beziehungen voraussetzt wie familienrechtliche Verhältnisse. Sind vertragliche Pflichten nicht verletzt, so kann ein gestörtes Verhältnis zwischen Eltern und Kindern als Parteien des Mietvertrags eine Kündigung nicht rechtfertigen (LG Bielefeld WuM 1972,178; AG Bochum WuM 1972,107). Das gleiche gilt für Unstimmigkeiten über die Abrechnung von Nebenkosten (AG Aachen WuM 1975, 38; AG Osnabrück WuM 1972, 107) und für die Verweigerung einer berechtigten Mieterhöhung durch den Mieter, weil sich der Vermieter zur Durchsetzung seines Rechts auf die Vorschriften des MHRG stützen kann (vgl LG Köln WuM 1974,9). Der Mietvertrag wird nicht verletzt, wenn der Mieter den Vermieter wegen irgendwelcher Unstimmigkeiten nicht grüßt (AG Geislingen WuM 1973, 161). Weigert er sich, während seiner Urlaubsabwesenheit dem Vermieter die Wohnungsschlüssel auszuhändigen, so handelt es sich idR nur um eine unerhebliche Vertragsverletzung (AG Geislingen aaO). Soweit im Mietvertrag nicht anders vereinbart, ist der Mieter nicht verpflichtet, die Wohnungsschlüssel gerade dem Vermieter auszuhändigen, mit dem er in Unfrieden lebt. Dann muß der Zugang zur Wohnung für den Notfall aber in anderer Weise sichergestellt sein (HANS § 564 b Anm 3 b aa eee). 5) Sonstige Vertragsverletzungen können vor allem bei einem Verstoß gegen 46 besondere, vertraglich übernommene Pflichten vorkommen, etwa den Schnee zu fegen oder den Garten zu bearbeiten (vgl AG Lübeck WuM 1972, 193, 194 - im Ergebnis abgelehnt). Ähnliches gilt für die Übernahme von Schönheitsreparaturen (vgl LG Mannheim WuM 1973, 5 - im Ergebnis abgelehnt) oder anderen (565)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 47, 48
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Instandhaltungs- und Obhutspflichten (AG Köln WuM 1980, 134). Bei solchen Pflichten ist vor allem auf das Erfordernis der Erheblichkeit der Vertragsverletzung zu achten. Eine mit Wissen und Wollen des Mieters von Wohnraum vorgenommene Hausbesetzung durch dritte Personen kann als erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht beurteilt werden. Den Mieter treffen gewisse Schutzpflichten, weil der Vermieter ihm sein Eigentum anvertraut und damit Einwirkungsmöglichkeiten eröffnet. Der Mieter ist deshalb zu einem loyalen Verhalten verpflichtet und darf nicht an eigenmächtigen Eingriffen Dritter teilnehmen (vgl AG Frankfurt ZMR 1973, 149, das allerdings nicht auf eine Vertragsverletzung, sondern auf sonstige Gründe abstellt). Der Aufruf eines Mieters an die Mitmieter, ihn im Kampf gegen die angebliche Willkür des Vermieters zu unterstützen, stellt zwar eine erhebliche Vertragsverletzung dar, wenn die Behauptung der Willkür nicht den Tatsachen entspricht. Doch kann dieser Grund nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Vermieter bis zum Ausspruch der Kündigung einen langen Zeitraum verstreichen läßt (LG Koblenz WuM 1976, 98, 99). Fordert ein Mieter die anderen Mieter auf, eine vom Vermieter geforderte Mieterhöhung kritisch zu prüfen und ihre Rechte mit allen gesetzlichen Mitteln zu verteidigen, liegt darin keine Vertragsverletzung, weil den Mietern eine gerichtliche Überprüfung nach dem Gesetz zusteht (LG Hamburg MDR 1978, 4 9 4 ; STERNEL RZ IV 75). Zu unerlaubten Handlungen darf er nicht aufrufen. 47 c) Eigenbedarf des Vermieters (Abs 2 Nr 2) aa) Allgemeines Ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses ist anzuerkennen, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt. Der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs ist aus § 4 Abs 1 a) MietSchG zunächst in Art 1 § 1 WKSchG I und von dort in § 564 b übernommen worden. Der Eigenbedarf ist hiernach grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des Abs 2 Nr 2 als ein berechtigtes Interesse anzuerkennen (vgl aber Rz 106 ff). Der Verwendungszweck wird dadurch beschränkt, daß der Vermieter die vermieteten Räume als Wohnung für sich oder den gesetzlich bestimmten Personenkreis benötigt. Dabei braucht es sich anders als in dem früheren § 4 MietSchG nicht um ein dringendes Interesse an der Rückgabe der Räume zu handeln. Das Interesse muß auch nicht sofort zu befriedigen sein. So reicht es aus, wenn der geltend gemachte Eigenbedarf erst mehrere Jahre nach dem Ausspruch der Kündigung eintritt und der Mietvertrag zu diesem späteren Zeitpunkt gekündigt wird (LG Stuttgart WuM 1976, 56). In jedem Fall muß ein schon im Zeitpunkt der Kündigung konkretes Interesse des Vermieters an der künftigen Rückgabe der Räume bestehen (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99; AG Frankfurt WuM 1977, 122; AG Mannheim WuM 1977, 166). Eine Kündigung auf Vorrat ist unwirksam (LG Hagen WuM 1 9 8 0 , 86 [LS]; JAUERNIG-TEICHMANN § 5 6 4 b Anm 2 c aa). 48 Dieses Interesse kann auf rein objektiven Gründen beruhen, wenn ein Wohnungsbedarf durch bestimmte äußere Ereignisse wie Kündigung einer anderen Wohnung, Vergrößerung der Familie oder Krankheit entstanden ist. Das Interesse kann sich auch aus subjektiven Gründen ergeben, wenn der Wohnungsbedarf auf Willensentschlüsse des Vermieters oder seiner Angehörigen, wie etwa beabsichtigte Heirat (AG Frankfurt WuM 1977, 122) oder Wohnungswechsel, zurückzuführen ist. Dann sind allerdings besondere Anforderungen an die Konkretisierung der Bedarfsgründe zu stellen (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99, 100; SCHMIDT-FUTTERER MDR 1972, 560, 561). Der Betroffene muß den ernsthaften Willen haben, die gekündigte Wohnung zu Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(566)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 49, 50
beziehen (AG Hanau WuM 1980, 86 [LS]). Liegt ein konkreter Eigenbedarf zwar im Zeitpunkt der Kündigung vor, entfällt er aber vor der Beendigung des Mietverhältnisses wieder, so kann es eine unzulässige Rechtsausübung sein, wenn der Vermieter an der Kündigung festhält. Abs 2 Nr 2 setzt ein fortbestehendes Erlangungsinteresse des Vermieters voraus. Anderenfalls kann die zunächst wirksame Kündigung nach § 242 als wirkungslos zu beurteilen sein (LG Karlsruhe WuM 1980, 249; LG Köln ZMR 1978, 85 m Anm W E I M A R ; LG Osnabrück WuM 1980, 207 [LS]; AG Helmstedt WuM 1980, 41 [LS]; HERPERS R Z 789; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 38) und bei Räumung durch den Mieter eine Schadensersatzpflicht des Vermieters zur Folge haben (LG Düsseldorf WuM 1976, 70; Rz 134 ff). Im übrigen kann die Geltendmachung von Eigenbedarf mißbräuchlich sein, wenn der Kündigungsgrund zwar besteht, der Vermieter aber die Absicht hat, die Wohnung nach erfolgreicher Kündigung anderweitig zu nutzen ( R O E S C H WuM 1978, 1,3). In Rspr (LG München I ZMR 1974, 49, 50; AG Bochum WuM 1980, 226; AG 49 Miesbach WuM 1980,113 [LS]) und Schrifttum ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b R Z 1 5 ; HANS § 5 6 4 b A n m
3 b b b ccc; MünchKomm-VoELSKOw
§ 564 b Rz
57;
480) wird zT die Auffassung vertreten, daß für die Beurteilung des Eigenbedarfs allein das Interesse des Vermieters entscheidend sei und deshalb keine Interessenabwägung stattzufinden habe. Gleichwohl wird ein „billigenswertes Erlangungsinteresse" vorausgesetzt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO; vgl OLG Karlsruhe WuM 1976, 99), wobei nicht deutlich wird, aufgrund welcher Kriterien die rechtliche Billigung stattfinden soll. Auf der anderen Seite finden sich Entscheidungen der Rspr, in denen die Berechtigung des Eigenbedarfs aufgrund einer Abwägung mit entgegenstehenden Interessen des Mieters beurteilt wird. So wurden etwa übermäßige wirtschaftliche Belastungen durch einen Umzug nach kurzer Mietdauer (AG Hagen WuM 1973, 23), das Interesse einer älteren, kranken Mieterin an Beibehaltung der Wohnung (AG Lübeck WuM 1973, 23), die Schwierigkeiten des weichenden Mieters, eine geeignete Wohnung zu finden (AG Bochum WuM 1972, 107,108) und der ohnehin bevorstehende Auszug des Mieters (LG Mannheim WuM 1974, 30, 31) berücksichtigt. Auch das Interesse eines langjährigen Mieters, die Wohnung beizubehalten, setzte sich gegenüber dem selbst herbeigeführten Eigenbedarf des Vermieters durch (AG Frankfurt WuM 1974, 31, 32). Es ist zwar richtig, daß § 564 b anders als der frühere § 4 Abs 1 MietSchG eine Interessenabwägung nicht ausdrücklich vorsieht und daß auch die im Rahmen des § 556 a zu treffende Entscheidung über die Fortsetzung eines gekündigten Mietverhältnisses nicht mit der Frage der Wirksamkeit der Kündigung nach § 564 b vermengt werden darf (so aber AG Oberhausen ZMR 1973, 52 zu Art 1 § 1 WKSchG I). Doch ist andererseits zu bedenken, daß es für den Eigenbedarf um die Anerkennung berechtigter Interessen geht, die Berechtigung aber nur in bezug auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu beurteilen ist. Dies richtet sich wiederum nach den sozialen Belangen des Mieters. Schon die Frage der Berechtigung des Eigenbedarfs nach § 564 b ist deshalb im Hinblick auf ein generalisiertes Mieterinteresse an der Beibehaltung der Wohnung zu entscheiden (vgl Rz 27 f; D E R L E D E R in AK § 564 b Rz 20). SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
Grundsätzlich kann nur der Vermieter eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausspre- 50 chen, sich dabei allerdings nach § 164 vertreten lassen. Auch der Nießbraucher ist als Vermieter zur Kündigung wegen Eigenbedarfs berechtigt (AG Kaiserslautern WuM 1980,255 [LS]). Der Erwerber eines Grundstücks kann sich wegen § 571 erst mit der Eintragung in das Grundbuch auf Eigenbedarf berufen (LG Kiel WuM 1977, 228; LG Köln WuM 1980,113 [LS]; AG Friedberg WuM 1980,41; AG Lennestadt WuM 1978, 175). Eine vorher mit Ermächtigung des Veräußerers ausgesprochene Kündigung des Erwerbers setzt deshalb Eigenbedarf des Veräußerers voraus, solange (567)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 51-53
2. Buch. 7 . Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
dieser noch Partei des Mietverhältnisses ist. Besteht insoweit kein Eigenbedarf, ist die Kündigung unwirksam ( A G Heidelberg WuM 1976, 15; vgl aber PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 7 a cc). Es besteht kein Bedürfnis dafür, den Eigenbedarf des Erwerbers, etwa ähnlich wie nach den Grundsätzen über die Drittschadensliquidation, auf die Seite des Veräußerers zu ziehen und diesem in Kündigungsrecht für fremden „Eigenbedarf" einzuräumen (so aber SCHMIDT B1GBW 1979, 108). Anders als im Schadensersatzrecht steht dem Erwerber ein eigenes Kündigungsrecht zu. E r muß sich nur bis zu seinem Eigentumserwerb gedulden. War Eigenbedarf des früheren Vermieters zu bejahen, verliert die Kündigung ihre Wirkungen, wenn das Grundstück vor der Beendigung des Mietverhältnisses veräußert wird und damit das Erlangungsinteresse des Veräußerers fortfällt (Rz 48). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Kündigung noch vom Veräußerer oder mit dessen Ermächtigung vom Erwerber erklärt worden ist. Will sich der Erwerber nunmehr selbst auf Eigenbedarf berufen, muß er eine neue, eigene Kündigung aussprechen. E r tritt zwar nach § 571 voll und ganz an die Stelle des Vermieters in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Eine Auswechslung des Kündigungsgrundes für eine bereits ausgesprochene Kündigung kommt jedoch nicht in Betracht, da das Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs an die Person des Kündigenden gebunden ist und als insoweit selbständiges Recht nicht auf den E r w e r b e r ü b e r g e h e n k a n n ( v g l SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 3 ; a M FRICKE Z M R
1979, 65). 5 1 Die Beweislast für den geltend gemachten Eigenbedarf trägt der Vermieter ( L G K o b l e n z W u M 1 9 7 6 , 9 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 7 c ; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B
508).
5 2 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen (Abs 2 Nr 2 S 1) a ) Zu dem Personenkreis, für den ein Wohnungsbedarf bestehen muß, gehört der Vermieter. E r muß die Absicht haben, die vom Mieter herausverlangte Wohnung selbst zu beziehen (HANS § 5 6 4 b Anm 3 b bb ddd). Beruht der zusätzliche Wohnungsbedarf des Vermieters darauf, daß er aus Alters- oder Krankheitsgründen eine Pflegeperson aufnehmen will, so handelt es sich um einen Bedarf für Hausstandsoder Familienangehörige (Rz 59). Möglich ist insoweit auch ein berechtigtes Interesse aus sonstigen Gründen (Rz 119), wenn § 5 6 4 b Abs 2 Nr 2 tatbestandlich nicht erfüllt ist. Der Vermieter benötigt die Wohnung auch dann nicht für sich, wenn er auf dem Umweg über eine Vermietung seine Pflicht als Hauseigentümer, Schnee zu räumen, erfüllen lassen will ( A G Lübeck WuM 1 9 7 2 , 1 9 3 , 1 9 4 ) oder wenn er wegen seines eigenen Alters die Wohnung einem Mieter überlassen will, der Haus und Garten instand setzt ( A G Osnabrück WuM 1975, 55). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter die Wohnung nur kündigt, um sie im Austausch gegen geschäftlich benötigte Räume Dritten zur Verfügung stellen zu können ( L G Mannheim WuM 1974, 74). 53 Hat der Grundstückseigentümer den Mietvertrag nicht selbst abgeschlossen, sondern ein Verwalter im eigenen Namen, so ist nur der letztere Vermieter. Ein Eigenbedarf des Grundstückseigentümers kann deshalb nach Abs 2 Nr 2 im Rahmen einer Kündigung durch den Verwalter nicht berücksichtigt werden. Ein Eigenbedarf des Verwalters scheidet aber praktisch aus. Der Wohnungsbedarf des Grundstückseigentümers kommt nur als berechtigtes Interesse des kündigenden Verwalters aus sonstigen Gründen in Betracht (Rz 120). Eine extensive Auslegung oder gar entsprechende Anwendung des Abs 2 Nr 2 ist nicht erforderlich, da die Aufzählung der Kündigungsgründe nicht abschließend ist. Zu beachten ist aber, daß dies nicht zu einer Umgehung der dreijährigen Wartezeit nach Abs 2 Nr 2 S 2 führen darf, wenn der Verwalter im Interesse des Erwerbers einer Eigentumswohnung kündigt. Wird Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(568)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 54-57
der Mietvertrag durch den Verwalter nach § 164 im Namen des Grundstückseigentümers abgeschlossen, so ist der letztere Vermieter und kann seinen Eigenbedarf selbst durch Kündigung geltend machen. Ebenso ist der umgekehrte Fall zu beurteilen, daß der Vermieter nicht Eigentümer ist und selbst einen Eigenbedarf vorbringen kann, wie es etwa im Rahmen eines Untermietverhältnisses möglich ist. Das Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs hängt nicht vom Grundstückseigentum ab, sondern von der Vermieterstellung gegenüber dem zu kündigenden Wohnungsmieter. Es gilt deshalb auch nicht für den Hauptvermieter gegenüber einem Untermieter. Der Hauptvermieter kann Eigenbedarf nur gegenüber seinem eigenen Mieter geltend machen und gegen den Untermieter den Rückgabeanspruch aus § 556 Abs 3 erheben. Handelt es sich um eine Mehrheit von Vermietern wie bei Eheleuten oder sonstigen 54 Grundstückseigentümern in Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft (Erbengemeinschaft, Personengesellschaft), so reicht es ohne Rücksicht auf die Höhe der einzelnen Beteiligung aus, wenn der Eigenbedarf nur für einen der Vermieter besteht ( H A N S § 5 6 4 b A n m 3 b b b d d d ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 7 a a a ; SCHMIDT-
B 493). Anderenfalls würde eine Kündigung wegen Eigenbedarfs in aller Regel ausscheiden. Kündigen muß allerdings die Gesamtheit der Vermieter (§ 564 Rz 22).
FUTTERER-BLANK
Zweifelhaft ist, ob sich eine juristische Person des privaten oder des öffentlichen 55 Rechts bei einer Kündigung auf Eigenbedarf iS des Abs 2 Nr 2 berufen kann. Dies wird von einem Teil des Schrifttums ohne weitere Begründung bejaht (BGBR G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b R Z 1 7 ; HERPERS R Z 8 5 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 7 a
aa) oder auf einen relativ engen Kreis von Personen mit Organstellung oder Gesellschaftern beschränkt ( J A U E R N I G - T E I C H M A N N § 5 6 4 b Anm 2 c cc). Der Wortlaut der Vorschrift steht dem jedoch entgegen, da der Vermieter die Räume „als Wohnung für sich" benötigen muß. Einen eigenen Wohnungsbedarf in diesem Sinne können juristische Personen nicht haben (BayObLG RE WuM 1981, 32, 35; AG Frankfurt WuM 1 9 7 7 , 9 9 ; A G Göppingen WuM 1 9 7 9 , 1 2 2 ; DERLEDER in AK § 5 6 4 b Rz 2 1 ; H A N S § 5 6 4 b Anm 3 b bb ddd; STERNEL R Z IV 7 7 ) . Das Problem stellt sich vor allem für Unternehmen und Behörden, die als Vermieter Bedarf an Wohnungen für Arbeitnehmer und Bedienstete haben. Ein solcher betriebsbedingter Wohnungsbedarf scheidet für Abs 2 Nr 2 angesichts des auf den Vermieter und seine Hausstandsund Familienangehörigen beschränkten Personenkreises aus. Ein berechtigtes Interesse an der Kündigung wegen betriebsbedingten Wohnungsbedarfs kommt aber aus sonstigen Gründen in Betracht (Rz 106 ff). Das gleiche gilt für einen betriebsbedingten Wohnungsbedarf, der von natürlichen Personen oder Personengesellschaften für ihre Arbeitnehmer geltend gemacht wird. ß) Der Wohnungsbedarf für Hausstands- und Familienangehörige des Vermieters 56 kann die Kündigung eines Mieters rechtfertigen. Abs 2 Nr 2 enthält keine Begriffsbestimmung dieses Personenkreises. Bedeutsam ist jedoch die gesetzliche Formulierung, daß der Vermieter die Räume als Wohnung für diese Personen „benötigen" muß. Damit wird eine Beziehung zu der Person des Vermieters hergestellt, die den Wohnungsbedarf der Hausstands- und Familienangehörigen zum Bedarf des Vermieters werden läßt und damit dessen eigenes Interesse an der Rückgabe der Räume voraussetzt. Hausstandsangehörige sind alle Personen, die schon seit längerer Zeit und auf Dauer 57 in den Haushalt des Vermieters aufgenommen sind und in enger Hausgemeinschaft mit ihm leben ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 7 a bb; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 486; S C H O P P ZMR 1975, 97, 100). Hierzu gehören die Ehefrau, Kinder, sonstige Familienangehörige und Hausgehilfinnen, Pflegepersonen und dgl. Das gleiche gilt (569)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 58-60
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
für Freunde, Auszubildende oder Gesellen in Handwerksbetrieben, Arbeitnehmer in der Landwirtschaft usw, sofern sie auf längere Sicht im Haushalt des Vermieters leben. 58 Der Wohnungsbedarf kann darin zum Ausdruck kommen, daß der Vermieter für sich und die zu seinem Hausstand gehörenden Personen zusammen eine größere Wohnung benötigt. Ein durch Hausstandsangehörige in der Person des Vermieters begründeter Wohnungsbedarf besteht auch dann, wenn der Vermieter die bisherige, zu klein gewordene Wohnung beibehalten will und einzelne Hausstandsangehörige in die zu kündigende neue Wohnung umziehen sollen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Hausgemeinschaft nach dem Umzug bestehenbleibt oder aufgehoben wird. Entscheidend ist grundsätzlich die Zugehörigkeit zum Hausstand im Zeitpunkt der Kündigung. Der Vermieter benötigt die zusätzliche Wohnung zwar nicht für sich selbst, hat aber auch bei Aufhebung der Hausgemeinschaft ein eigenes Interesse an dem Auszug des Hausstandsangehörigen, um seinen persönlichen Wohnungsbedarf in der bisherigen Wohnung angemessen befriedigen zu können. Für Familienangehörige taucht das Problem nicht auf, da sie unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum Hausstand des Vermieters unter den berechtigten Personenkreis fallen (Rz 60 ff). 59 Zweifelhaft ist die Frage, wie ein zusätzlicher Wohnungsbedarf zu berücksichtigen ist, der wegen der Aufnahme einer bisher nicht im Haushalt des Vermieters lebenden Person herbeigeführt wird. Dieses Problem stellt sich bei der Aufnahme von Hausgehilfinnen, Pflegepersonen für den Vermieter und dgl, nicht aber bei Familienangehörigen, die derartige Dienste übernehmen sollen, weil sie unabhängig von ihrer Hausstandszugehörigkeit zu dem berechtigten Personenkreis gehören. In der Rspr ist vereinzelt anerkannt worden, Eigenbedarf könne auch durch die Nutzung von Wohnraum durch nicht verwandte Personen begründet werden, wenn der Vermieter diese Personen in Zukunft zu seiner Pflege und ähnlichen dringenden Zwecken brauche (LG Bielefeld WuM 1972, 178; LG Osnabrück WuM 1976, 124; AG Bergisch Gladbach WuM 1980,186 [LS]; A G Gummersbach WuM 1977, 123; A G Steinfurt WuM 1980, 163 [LS]; AG Völklingen DWW 1973,123). In den Entscheidungen wird allerdings nicht hinreichend deutlich, ob jeweils auf die Eigenschaft als Vermieter, Hausstandsangehöriger oder Familienangehöriger abgestellt wird. SCHMIDT-FUTTERER-BLANK (B 486) meinen, der erst durch die Aufnahme eines Hausstandsangehörigen entstehende zusätzliche Wohnungsbedarf falle nicht unter Abs 2 Nr 2, könne aber bei entsprechendem Bedürfnis für eine solche Hilfsperson als sonstiges berechtigtes Interesse (Rz 119) anerkannt werden. Für diese enge Auslegung besteht jedoch kein Grund. Entscheidend kommt es auf einen Wohnungsbedarf für die zum Hausstand des Vermieters gehörenden Personen an. Da als Grundlage für den Eigenbedarf nicht nur gegenwärtige, sondern auch mit einiger Sicherheit eintretende zukünftige Umstände in Betracht kommen (SCHOPP ZMR 1975,97,100), kann schon unmittelbar nach dieser Vorschrift ein gegenwärtiger oder zukünftiger Wohnungsbedarf berücksichtigt werden, der erst durch die Aufnahme eines neuen Hausstandsangehörigen entsteht (vgl JAUERNIG-TEICHMANN § 564 b Anm
2 c aa;
ROQUETTE M i e t S c h G
[1956]
§ 4
Rz
9 ; STERNEL RZ I V
83).
Vorauszusetzen ist allerdings die konkrete Aussicht, daß eine bestimmte Person in die zu räumende Wohnung aufgenommen werden soll (LG Bielefeld aaO) und daß die Hilfe für den Mieter nicht ohne Bereitstellung einer Wohnung beschafft werden kann (LG Osnabrück aaO). 60 Haben Familienangehörige des Vermieters Wohnungsbedarf, so ist dies als berechtigtes Interesse an einer Kündigung anzuerkennen. Auf die Hausstandszugehörigkeit kommt es nicht an. Es spielt deshalb keine Rolle, ob der Vermieter selbst eine größere Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(570)
§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht
61,62
Wohnung benötigt, weil er Familienangehörige zu sich aufnehmen will, oder ob die zu räumende Wohnung nur für Familienangehörige vorgesehen ist. Ebenso unerheblich ist es, ob die Familienangehörigen bisher in der Wohnung des Vermieters oder in einer fremden Wohnung lebten (vgl AG Bochum WuM 1980,226). Der Wohnungsbedarf von Familienangehörigen begründet wegen der engen persönlichen Verbundenheit ein eigenes, berechtigtes Interesse des Vermieters. Welcher Personenkreis im einzelnen unter den Begriff der Familienangehörigen fällt, 61 ergibt sich nicht unmittelbar aus § 564 b. Im Schrifttum wird ohne Begründung zT auf die in § 8 Abs 2 WobauG II aufgeführten Personen abgestellt (ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 b R z 1 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 7 a b b ; LUTZ D W W 1 9 7 1 , 3 8 3 , 3 8 4 ) .
Hierzu zählen der Ehegatte, Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie sowie zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie, durch Annahme an Kindes Statt oder durch Ehelichkeitserklärung verbundene Personen, nichteheliche Kinder und Pflegekinder. Diese formale Abgrenzung wird jedoch mit Recht als zu weitgehend abgelehnt, zumal das WobauG II mit der Förderung des sozialen Wohnungsbaus einen anderen Zweck verfolgt als § 564 b (LG Osnabrück WuM 1976, 55, 56; AG Osnabrück WuM 1980,255 [LS]; STERNEL R Z IV 79). Deshalb wird zT die Familie im engeren Sinne, also Eltern und Kinder, für maßgeblich erklärt (AG Michelstadt WuM 1974,104 - Neffe und Patenkind abgelehnt) oder es wird die gesetzliche Unterhaltsberechtigung gegenüber dem Vermieter als entscheidend angesehen (AG Köln WuM 1975, 150; AG Osnabrück WuM 1975,192 - jeweils Geschwister abgelehnt). Aber auch dies führt letztlich zu einer formalen Abgrenzung, die den Bedürfnissen des Vermieters und seinem Verhältnis gegenüber entfernteren Angehörigen nicht immer gerecht wird. Überwiegend wird deshalb zu Recht keine feste Abgrenzung des Personenkreises vorgenommen. So wird etwa ein weitergehendes Verhältnis zugrunde gelegt, begrenzt aber durch Erfordernisse wie die Pflege familiärer Beziehungen (STERNEL aaO) oder ein enges Familienverhältnis (SCHMIDT WuM 1971, 193, 194). Verbreitet wird im Anschluß an SCHMIDT-FUTTERER (NJW1972, 5; MDR1972,560, 562; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 487) darauf abgestellt, ob der Vermieter rechtlich oder wie bei Geschwistern wenigstens moralisch verpflichtet sei, Unterhalt und sonstige Fürsorge zu gewähren (LG Braunschweig WuM 1972, 127, 129 - Neffe abgelehnt; LG Osnabrück WuM 1976, 55, 56 - Bruder grundsätzlich anerkannt, nur im Ergebnis abgelehnt; AG Oberndorf WuM 1977, 168 — betriebsangehöriger Verkaufsfahrer abgelehnt; AG Osnabrück WuM 1980,255 [LS] -Enkel). Ein solches Verhältnis kann auch zwischen Verschwägerten bestehen, zB zwischen Schwiegereltern und der Ehefrau des verstorbenen Sohnes. IdR muß jedoch eine engere als die normale verwandtschaftliche Beziehung bestehen (LG Osnabrück aaO), um ein eigenes Interesse des Vermieters zu begründen. Will der Vermieter den Mietvertrag mit einem Familienangehörigen kündigen, damit 62 ein anderer Angehöriger die Wohnung beziehen kann, ist die Entscheidung nur unter Berücksichtigung der Interessen des weichenden Mieters sachgerecht zu treffen. Primär ist zwar auf den Verwandtschaftsgrad abzustellen, weil typischerweise mit der Nähe der Verwandtschaft auch das eigene Interesse des Vermieters an einer Unterbringung des Wohnungssuchenden Angehörigen wächst. Doch können engere familiäre Beziehungen auch zu einem entfernteren Angehörigen bestehen. Zu beachten ist, daß mit der Kündigung wiederum ein Wohnungsbedarf für einen Angehörigen hervorgerufen wird. Bei Verwandten gleichen Grades wird idR der bisherige Mieter das bessere Recht haben (AG Bochum WuM 1972, 107 Konkurrenz von Bruder und Schwester). Neben dem Verwandtschaftsgrad ist die Dringlichkeit des beiderseitigen Wohnungsbedarfs zu vergleichen. Deshalb ist Familienangehörigen bei einer Konkurrenz zu Hausstandsangehörigen ohne familiäre Beziehungen nicht in jedem Fall der Vorrang einzuräumen. Das Interesse des (571)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 63-65
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Vermieters kann gegenüber diesen beiden Personenkreisen durchaus von unterschiedlichem Gewicht sein. 63 Unerheblich ist es in jedem Fall, ob der Vermieter die zu räumende Wohnung dem berechtigten Familienangehörigen entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen will ( P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 7 a cc; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 488).
64 Y) Der Vermieter muß die Räume als Wohnung für sich oder den berechtigten Personenkreis (Rz 56 ff) benötigen. Die Wohnräume müssen zu Wohnzwecken in Anspruch genommen werden ( H A N S § 564 b Anm 3 b bb bbb, der den an sich treffenderen Ausdruck „Eigenwohnbedarf" vorschlägt). Ein berechtigter Eigenbedarf liegt deshalb nicht vor, wenn die zu kündigende Wohnung zu Erholungszwecken (AG Wegberg WuM 1972,108) oder nicht mehr als Wohnraum, sondern wegen einer Erweiterung des Geschäfts durch den Vermieter zu gewerblichen Zwecken genutzt werden soll (LG Köln WuM 1974, 103; anders AG Köln MDR 1973, 139 in der Vorinstanz; Rz 84 zu Abs 2 Nr 3). Es genügt nicht, daß der Vermieter oder ein Angehöriger in der zu räumenden Wohnung ein Büro einrichten will, um geschäftliche Angelegenheiten von zu Hause aus verrichten zu können (LG Karlsruhe WuM 1980,249; AG Dortmund WuM 1972, 178). Dies gilt auch in dem Fall, daß das Zweitbüro bisher in der Wohnung des Vermieters lag, wegen eines erhöhten Wohnungsbedarfs aber verlegt werden soll. Wenn die zu kündigenden Räume wegen des gestiegenen Bedarfs dagegen insgesamt als neue Wohnung in Anspruch genommen werden sollen, liegt eine Verwendung zu Wohnzwecken des Vermieters vor, auch wenn untergeordnete Teile der Wohnung geschäftlichen Zwecken dienen sollen. Entscheidend ist, daß der Kündigung im wesentlichen ein erhöhter Wohnungsbedarf zugrunde liegt und nicht gestiegener geschäftlicher Raumbedarf den Ausschlag gibt (LG Köln WuM 1980, 113 [LS]). Eine Verwendung zu eigenen Wohnzwecken liegt vor, wenn der Vermieter seine bisherige Wohnung zu gewerblich genutzten Räumen umgestalten will und deshalb für sich eine neue Wohnung benötigt ( H A N S § 564 b Anm 3 b bb bbb). Davon zu unterscheiden ist der Fall, daß der Vermieter zur Erweiterung seines Geschäfts bisher als Wohnung genutzte Räume mieten will, diese Räume aber nur erhält, wenn er im Austausch die zu kündigende Wohnung in seinem eigenen Haus zur Verfügung stellt. Ein solcher mittelbarer Eigenbedarf reicht nicht aus. Zwar soll die Wohnung im eigenen Haus weiterhin Wohnzwecken dienen, aber nicht für den Vermieter oder den berechtigten Personenkreis, sondern für Dritte (LG Mannheim WuM 1974, 74; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K B 482). Das Interesse des Vermieters an der Wohnung als wirtschaftlichem Wert rechtfertigt keine Kündigung wegen Eigenbedarfs (AG Kassel WuM 1980,256 [LS]). Deshalb ist auch der Wunsch des Eigentümers, die vermietete Wohnung selbst zu nutzen, um die Grunderwerbsteuer für diese Wohnung nicht zahlen zu müssen, als Kündigungsgrund unzureichend (LG Köln WuM 1980, 248 [LS]; aM MünchKommVOELSKOW § 564 b Rz 59). Scheidet Eigenbedarf iS des Abs 2 Nr 2 aus, weil die Räume in Zukunft nicht mehr als Wohnung verwendet werden sollen, kommt noch Abs 2 Nr 3 als Kündigungsgrund in Betracht (Rz 84; H A N S § 564 b Anm 3 b bb bbb sonstiger Grund). 65 8) Der Vermieter muß die Räume als Wohnung für sich oder den berechtigten Personenkreis benötigen. Anders als in dem früheren § 4 Abs 1 MietSchG wird kein dringendes Interesse vorausgesetzt (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99, 100). Es muß also kein Notfall auf Seiten des Vermieters oder der anderen berechtigten Personen vorliegen ( H A N S § 564 b Anm 3 b bb ccc; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 7 a cc; V O G E L JZ 1975, 73, 74). Ein Kündigungsgrund ist nicht erst dann gegeben, wenn für den Vermieter eine Obdachlosigkeit droht oder wenn er sich auf dem Wohnungsmarkt keine geeignete Wohnung beschaffen kann (Ausschußbericht BT-Drucks Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 66
7/2638, 2). Es reichen vielmehr vernünftige Gründe aus ( P A L A N D T - P U T Z O aaO; aaO), die es trotz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums als geboten erscheinen lassen, dem Vermieter die freie Verfügungsbefugnis über sein Eigentum einzuräumen (vgl BVerfGE 37, 132, 140 f = NJW 1974, 1499). Es ist ein konkretes und billigenswertes Räumungsinteresse des Vermieters erforderlich (OLG Karlsruhe WuM 1976,99). Daran fehlt es, wenn der Vermieter oder die vorgesehenen Personen die Wohnung wegen fehlender Wohnberechtigung nach dem WoBindG nicht nutzen dürfen (LG Essen WuM 1979, 147 m Anm T I E F E N B A C H E R ZMR 1979, 273; AG Bonn WuM 1975, 125). Die Gründe müssen von einigem Gewicht sein, um sich gegenüber dem generalisierten Mieterinteresse an Beibehaltung der Wohnung durchzusetzen (vgl AG Köln WuM 1974, 151). Der Eigenbedarf ist deshalb grundsätzlich nur berechtigt, wenn er von einiger Dauer sein wird und nicht nur als Übergangslösung für wenige Monate geltend gemacht wird, während derer sich der Vermieter auch anderweitig helfen kann (LG Osnabrück WuM 1980, 207 [LS]; AG Ahaus WuM 1973, 248). Ebensowenig ist Eigenbedarf begründet, wenn der Vermieter die Wohnung nur gelegentlich nutzen will und dieser Bedarf nach Bebauung eines Grundstücks gedeckt sein wird (AG Hameln WuM 1980, 41 [LS]), wenn die Wohnung nur Erholungszwecken dienen soll (AG Wegberg WuM 1972, 108) oder wenn die Wohnung nur dazu dienen soll, die Verträglichkeit der ins Auge gefaßten neuen Lebensumgebung zu erkunden (LG Waldshut-Tiengen WuM 1978, 5). Benötigt der Vermieter die Wohnung jedoch, weil ihm wegen einer Kündigung seines eigenen Vermieters ein Wohnungsverlust droht, so führt auch die wegen eines Neubaus für etwa ein Jahr nur vorübergehende Nutzungsabsicht zu einem begründeten Eigenbedarf (AG Bonn WuM 1980, 53). Bei einem vorübergehenden Bedarf kommt es ganz auf die Umstände des Einzelfalls an. Vor allem bei einem kurzfristigen Bedarf ist zu prüfen, ob dem Vermieter anderweitige Übergangslösungen zuzumuten sind. VOGEL
Durch die gesetzliche Formulierung, der Vermieter müsse die Räume als Wohnung 66 für sich oder den berechtigten Personenkreis benötigen, wird ein eindeutiger Bezug des Wohnungsbedarfs zur Person des Vermieters hergestellt. Die Kündigung soll nur dann zugelassen werden, wenn der Wohnungsbedarf letztlich in der Person des Vermieters selbst und seinen eigenen Interessen begründet ist (LG Osnabrück WuM 1976, 55, 56). Daraus folgt für die Auslegung der Vorschrift, daß bestimmten Umständen nicht in jedem Fall das gleiche Gewicht beizumessen ist, wenn sie in der Person des Vermieters oder aber in der Person eines Hausstands- oder Familienangehörigen vorliegen. Umstände auf Seiten dieses Personenkreises können eine Kündigung nur dann rechtfertigen, wenn sie wenigstens mittelbar ein eigenes Interesse des Vermieters begründen. Der Vermieter selbst braucht sich deshalb grundsätzlich nicht darauf verweisen zu lassen, sein Wohnungsbedarf sei auch anderweitig als durch Kündigung der beanspruchten Wohnung zu befriedigen (s aber Rz 65, 67). Ein berechtigter Eigenbedarf ist dagegen nicht anzuerkennen, wenn der Vermieter die Wohnung nur für Familienangehörige in Anspruch nehmen will und insoweit die Möglichkeit einer angemessenen anderweitigen Unterbringung besteht (AG Dortmund WuM 1974,178; WuM 1980,186 [LS]; AG Frankfurt WuM 1977, 122; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1975, 248; AG Köln ZMR 1977, 239). Andererseits kann es eine Kündigung rechtfertigen, wenn die zu räumende Wohnung für den Vermieter wesentlich günstiger zum Arbeitsplatz liegt (AG Köln WuM 1974, 9,10) und der längere Weg dem Vermieter nicht zuzumuten ist (LG Hamburg WuM 1975,124,125). Eigenbedarf liegt dagegen nicht vor, wenn durch die zu kündigende Wohnung nur für einen Familienangehörigen der Weg zur Arbeitsstelle verkürzt werden soll (AG Köln WuM 1974,203). Darin liegt kein Widerspruch. Entscheidend ist vielmehr die unterschiedliche Interessenlage für den Vermieter. (573)
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§ 564 b 67
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
67 Allgemein läßt sich das Tatbestandsmerkmal, der Vermieter benötige die Räume, dahin gehend kennzeichnen, daß durch den beanspruchten Wohnraum einem bestehenden Mangel des Vermieters an eigengenutzten oder eigennutzbaren Wohnräumen für sich oder den berechtigten Personenkreis abzuhelfen ist. Der Vermieter oder seine Angehörigen müssen unzulänglich untergebracht sein (AG Köln WuM 1980,86 [LS]). Um den dabei anzuerkennenden Raumbedarf zu bemessen, kommt es auf die Größe und die Lebensstellung des betroffenen Personenkreises an (LG München I ZMR 1974, 49, 50 f). Eigenbedarf liegt deshalb nicht vor, wenn der Vermieter sich wohnlich nur verbessern will, obwohl er bereits über genügend Wohnraum verfügt und dabei angemessen untergebracht ist (LG Köln WuM 1974, 103 ; AG Krefeld WuM 1972,93). Das gleiche gilt, wenn Angehörige des Vermieters in derselben Wohnung angemessen untergebracht sind (AG Bad Bramstedt WuM 1979, 242) oder leerstehende Räume beziehen können, auch wenn diese keine zusammenhängende Wohnung, aber eine angemessene Unterkunft bilden (LG Lahn-Gießen ZMR 1978, 239 m Anm BRÜCKMANN ZMR 1979, 13). Der bloße Wunsch des Vermieters, im eigenen Haus zu wohnen oder dort seine Angehörigen unterzubringen, ist deshalb unzureichend (KG R E WuM 1981, 81; L G Essen WuM 1 9 7 3 , 1 6 3 ; L G Hamburg WuM 1977,30; LG Köln WuM 1980,113 [LS] ; LG Mainz WuM 1979,148 [LS]; LG Mannheim WuM 1974, 260; L G Siegen WuM 1980, 207 [LS]; AG Friedberg/Hessen WuM 1979, 257; AG Mannheim WuM 1976, 184; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 482). Säuglinge und in gewissen Grenzen noch Kleinkinder können idR im Zimmer der Eltern schlafen, aber nicht mehr zB ein zwölfjähriges Kind (LG Köln WuM 1975,192). Ist der Raumbedarf des Vermieters angemessen gedeckt, sei es auch in einer nicht überteuerten (AG Friedberg aaO) oder nicht zwingend zu räumenden Mietwohnung (AG Münster WuM 1979, 258) kommt es nicht darauf an, ob die beanspruchte Wohnung ganz allgemein geeigneter für ihn ist, sofern nicht besondere Gründe, wie etwa eine wesentlich größere Nähe zum Arbeitsplatz und dgl, hinzukommen (LG Köln ZMR 1978,85 m Anm W E I M A R ; W U M 1980,113 [LS]; vgl aber L G München I ZMR 1974, 49, 51). So kann der in hohem Lebensalter stehende Vermieter, der an einer lauten Straße wohnt, aus gesundheitlichen Gründen zu Recht die ruhig gelegene Wohnung in seinem Haus beanspruchen (LG Karlsruhe WuM 1974, 261). Ist der Weg zum Arbeitsplatz gleich und besteht ansonsten kein konkreter Raumbedarf, so ist die Kündigung unberechtigt (LG Mannheim aaO). Eigenbedarf an einer bestimmten Wohnung besteht auch dann nicht, wenn er durch andere, freistehende Wohnungen des Vermieters befriedigt werden kann (AG München WuM 1973, 6; AG Osnabrück WuM 1978, 107). Die freie Wohnung braucht sich grundsätzlich nicht in demselben Haus zu befinden. Sprechen nicht gewichtige Gründe dafür, dort weiterhin zu wohnen, ist dem Vermieter auch ein Umzug in ein anderes Haus zuzumuten, das seinen Wohnungsbedarf angemessen befriedigt. Ein Umzug in eine andere Gemeinde ist aber nur ausnahmsweise zumutbar, wenn dem Vermieter nachweislich nichts an dem bisherigen Wohnort gelegen ist. Im übrigen ist es für den Vermieter tragbar, kurze Zeit auf eine erst fertigzustellende oder frei werdende Wohnung zu warten (LG Mannheim W u M 1 9 7 4 , 3 0 , 3 1 ; SCHMIDT-FUTTERER M D R
1 9 7 2 , 5 6 0 , 5 6 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-
483). Vermietet er die frei gewordene Wohnung trotz seines Eigenbedarfs anderweitig, hat er sein Kündigungsrecht verwirkt (LG Mannheim ZMR 1977, 238 Nr 32; AG München aaO; aM B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b R Z 18; vgl auch L G Köln WuM 1974,9 zum arglistigen Nachschieben von Eigenbedarf). Eigenbedarf ist nicht anzuerkennen, wenn die zugrunde liegenden Umstände im wesentlichen schon bei Abschluß des Mietvertrags vorhersehbar waren (AG Rendsburg WuM 1975, 122), soweit nicht später hinzutretende Gründe das Interesse des Vermieters wesentlich verstärken (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 492). BLANK B
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(574)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 68,69
Eigenbedarf ist anzuerkennen, wenn ein weiteres Verbleiben des Mieters in der 68 bisherigen Wohnung für den Vermieter, seine Hausstands- oder Familienangehörigen mit erheblichen Nachteilen verbunden ist (LG Essen WuM 1976, 233; krit B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b Rz 17). Diese Nachteile können zum einen gesundheitlicher Art sein, wenn etwa der in hohem Lebensalter stehende Vermieter an einer lauten Straße wohnt (LG Karlsruhe WuM 1974, 261) oder wenn hilfsbedürftige Angehörige versorgt werden müssen (LG Köln ZMR 1978, 85 m Anm WEIMAR). Eigenbedarf besteht aber nicht, wenn die Hilfeleistungen auch ohne Bereitstellung einer Wohnung erbracht werden können (LG Mannheim WuM 1974, 30; LG Osnabrück WuM 1976,124). Eheliche Schwierigkeiten können Eigenbedarf begründen, wenn der Vermieter die Ehewohnung verläßt, weil ein weiteres Zusammenleben mit dem Ehegatten unzumutbar ist (LG Köln WuM 1975, 210; anders AG Köln WuM 1 9 7 7 , 2 9 in der Vorinstanz). Dabei ist es unerheblich, wer die Trennung verursacht hat. Die bestehende Zwangslage ist nicht mit einem freiwillig herbeigeführten Eigenbedarf vergleichbar (LG Köln WuM 1975, 211; Rz 70 f). Auch finanzielle Nachteile für den Vermieter können unter bestimmten Voraussetzungen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtfertigen. Dies gilt etwa, wenn er für seine eigene Wohnung eine unzumutbar hohe Miete bezahlen muß und deshalb in die zu kündigende Wohnung umziehen will (AG Friedberg/Hessen WuM 1979, 257, 2 5 8 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 8 2 ) . Vorauszusetzen ist allerdings eine erhebliche Differenz zwischen der vom Vermieter zu zahlenden und der aus der vermieteten Wohnung erzielten Miete (AG Hamburg WuM 1973, 5; LG Hamburg WuM 1975, 124, das nicht auf Eigenbedarf, sondern auf ein allgemeines Erlangungsinteresse abstellt; Rz 119). Dabei kann es darauf ankommen, ob dem Vermieter seine bisherige Mietwohnung wegen des Auszugs von Familienangehörigen zu groß geworden ist und er deshalb eine kleinere Wohnung in seinem eigenen Haus beziehen möchte (HANS § 564 b Anm 3 b bb ccc). Die Absicht des Vermieters, seine bisherige Wohnung gewinnbringend zu vermieten, kann dagegen keinen Eigenbedarf begründen (AG Krefeld WuM 1972, 93). Nach verbreiteter Auffassung steht es dem Vermieter frei, welchem von mehreren 69 Mietern er wegen Eigenbedarfs kündigt (AG Düsseldorf DWW 1976, 238; AG Kaiserslautern WuM 1 9 8 0 , 2 5 5 [LS]; AG Köln WuM 1 9 8 0 , 8 6 [LS]; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 7 4 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b R z 18; M ü n c h K o m m - V o E L S K O w § 5 6 4 b R z 5 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 8 3 ; SCHOPP Z M R 1975, 97, 100). Soziale
Härtegründe auf Seiten des Mieters könnten nur im Rahmen eines Kündigungswiderspruchs nach § 556 a berücksichtigt werden. Teilweise wird von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht, wenn die Kündigung für den Mieter eine erhebliche Härte bedeuten würde, während andererseits im Hause ein Mietverhältnis bestehe, für das offenkundig eine Kündigung keine relevante Härte bedeuten würde (AG Büdingen WuM 1 9 8 0 , 2 2 5 ; AG Krefeld NJW 1 9 7 8 , 1 2 6 5 ; STERNEL RZ IV 7 8 ) . Auch wenn auf der Grundlage der hier vertretenen Meinung (Rz 28, 49) ein Teil der Interessenabwägung in den Bereich des § 564 b verlagert wird, führt die Berücksichtigung eines generalisierten Mieterinteresses nicht weiter, da insoweit für alle Mieter das gleiche Interesse besteht, ihre Wohnung behalten zu dürfen. Eine Differenzierung nach individuellen Härtegründen auf Seiten mehrerer Mieter hat aber unerfreuliche Auswirkungen auf Rechtsstreitigkeiten, wenn die Belange unbeteiligter dritter Mieter in einen Prozeß eingeführt werden könnten, indem der betroffene Mieter die Kündigung anderer als sozial eher berechtigt darstellt (vgl AG Hamburg-Blankenese WuM 1979, 105). Auch eine angebliche Offenkundigkeit setzt voraus, in fremde Verhältnisse einzudringen. Deshalb ist der von Rspr und Schrifttum gewählte Lösungsansatz zu modifizieren. Der Vermieter kann zwischen mehreren Mietern für die Kündigung nur dann frei auswählen, wenn er jede dieser Wohnungen in gleicher (575)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 70
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Weise benötigt. Dieses Tatbestandsmerkmal bildet einen Anknüpfungspunkt, um die freie Auswahl des Vermieters zu begrenzen. Es ist stets zu fragen, ob er gerade die in Anspruch genommene Wohnung benötigt. Ist sein Wohnungsbedarf bei mehreren, unterschiedlich großen Wohnungen auch mit der kleineren Wohnung angemessen zu befriedigen, so kann er nur diese in Anspruch nehmen. Hierbei werden die verschiedenen Wohnungen nur objektiv und von der Person des Vermieters her miteinander verglichen, so daß jedenfalls die subjektiven Belange Dritter nicht in einen etwaigen Rechtsstreit einfließen. 70 Fraglich ist, ob der Vermieter die in Anspruch genommene Wohnung auch dann benötigt, wenn er die Umstände, die den Eigenbedarf begründen, selbst herbeigeführt hat. Wie schon zu § 4 MietSchG (KIEFERSAUER-GLASER RZ 10 mwN) wird auch für § 564 b die Auffassung vertreten, ein vom Vermieter selbst verschuldeter Eigenbedarfsgrund reiche nicht aus (LG Düsseldorf WuM 1978, 236; LG Hamburg ZMR 1976, 1 2 1 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b RZ 7 7 ; HANS § 5 6 4 b Anm 3 b bb ccc). Dies soll auch dann gelten, wenn der Vermieter ein vollständig vermietetes Mehrfamilienhaus gekauft hat, um dort eine Wohnung zu beziehen. Er habe dann bewußt eine Lage des Eigenbedarfs herbeigeführt (AG Frankfurt WuM 1974, 31; AG Friedberg WuM 1980, 228). Ebenso wird argumentiert, wenn eine Kündigung auf Eigenbedarf gestützt wird, obwohl dieser Eigenbedarf kurz zuvor durch eine freie Wohnung hätte befriedigt werden können (AG Hamburg-Blankenese WuM 1979, 105). Der Grundsatz vom selbstverschuldeten Eigenbedarf ist jedoch in mehrfacher Hinsicht einzuschränken, da er in dieser allgemeinen Formulierung zu Fehlschlüssen verführt. Entscheidend kommt es nicht auf Verursachung oder Verschulden des Vermieters hinsichtlich des Eigenbedarfs an, sondern auf das Merkmal der Treuwidrigkeit im Verhältnis zu dem betroffenen Mieter, das in der Geltendmachung eines selbst herbeigeführten Eigenbedarfs liegen kann. So ist es nicht treuwidrig, wenn der Vermieter den Eigenbedarf durch Heirat, Kinder oder sonstige Aufnahme von Familienangehörigen verursacht. Das gleiche gilt, wenn der Vermieter seine Wohnung wegen ehelicher Streitigkeiten verläßt (LG Köln WuM 1975, 210, 211). Hat jemand Wohnungsbedarf und kauft er deshalb ein Haus, so kann er sich nunmehr ohne Treuwidrigkeit auf Eigenbedarf berufen, auch wenn er das Haus in Kenntnis der vollständigen Vermietung erworben hat (LG Frankfurt WuM 1978, 174; LG Freiburg Z M R 1979,50; HANS § 564 b Anm 3 b bb ccc; aM A G Frankfurt aaO in der
Vorinstanz). Die Einschränkung des Abs 2 Nr 2 S 2 ist nicht anwendbar, da es über diese Sonderregelung hinaus keine allgemeine Wartefrist gibt (LG Frankfurt aaO; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 7 b; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 9 9 ; s unten Rz 8 2 ; aM VOGEL J Z 1 9 7 5 , 7 3 , 7 5 ) . Auch der freiwillige Wechsel des Arbeitsplatzes und ein dadurch verursachter Eigenbedarf des Vermieters an der günstiger gelegenen Wohnung können nicht dazu führen, eine Kündigung im Verhältnis zum Mieter als treuwidrig zu beurteilen. Selbst wenn der Vermieter durch sein Verhalten eine ordentliche oder außerordentliche fristlose Kündigung seines bisherigen Mietverhältnisses durch seinen eigenen Vermieter veranlaßt hat, kann er sich auf Eigenbedarf berufen, weil das Verhalten gegenüber seinem Vermieter in keiner Beziehung zu seinem eigenen Mieter steht (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 491). Er braucht es grundsätzlich auch nicht auf einen Kündigungswiderspruch gegenüber seinem Vermieter ankommen zu lassen, da ihm das Risiko von Prozeßkosten nicht zugemutet werden kann (LG Mannheim ZMR 1 9 7 8 , 1 2 1 ; HANS aaO). Zumutbar ist es allerdings, sich gegenüber offensichtlich unberechtigten Kündigungen zu wehren oder bei offenbarer Erfolgsaussicht eines Kündigungswiderspruchs diesen Weg zu beschreiten, um das Risiko nicht allzu bereitwillig auf den eigenen Mieter zu überwälzen. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob dem Vermieter anderweitig eine freie Wohnung zur Verfügung steht (Rz 67) oder ob er sich die bisherige Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(576)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 71-73
Wohnung ohne weiteres erhalten kann. In beiden Fällen benötigt er die in Anspruch genommene Wohnung nicht. Damit wird auch der von HANS (aaO) befürchteten Gefahr vorgebeugt, daß der Vermieter mit seinem eigenen Vermieter „gemeinsame Sache macht", um den Tatbestand des Eigenbedarfs zu begründen. Im übrigen erfüllt ein solches Zusammenwirken das Merkmal der Treuwidrigkeit gegenüber dem Mieter. Treuwidrig kann es schließlich auch sein, einen schon länger bestehenden Eigenbedarf erst dann durch Kündigung geltend zu machen, wenn eine zuvor freie Wohnung wieder belegt ist (AG Hamburg-Blankenese WuM 1979, 105). Hierbei kann es aber auf die Umstände des Einzelfalls und eine später größere Dringlichkeit des Eigenbedarfs ankommen. Darüber hinaus beschränkt sich das Problem des selbstverschuldeten Eigenbedarfs 71 auf die Fälle, in denen der Vermieter seine eigene Mietwohnung grundlos kündigt. Hier ist es dem Vermieter versagt, sich auf Eigenbedarf zu berufen (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 7 a cc; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 482). Der Grund liegt in dem treuwidrigen Verhalten gegenüber dem eigenen Mieter, da der Vermieter seine Wohnung nur im Hinblick darauf aufgibt, nunmehr die Wohnung seines Mieters in Anspruch zu nehmen. Zweifelhaft ist, ob dies auch gilt, wenn der Vermieter das Haus, in dem er wohnt, veräußert und wegen seiner Räumungspflicht Eigenbedarf herbeiführt. Hier kann der Kündigungsgrund nicht generell abgelehnt werden (aM LG Düsseldorf WuM 1978, 236). Vielmehr kommt es auf den Grund der Veräußerung an. Handelt es sich um eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks, die als Kündigungsgrund iS des § 564 b Abs 2 Nr 3 anzuerkennen wäre, so kann im Hinblick auf die darin liegende gesetzliche Wertung auch ein durch die Veräußerung verursachter Eigenbedarf nicht unberechtigt sein. cc) Einzelfälle 72 In folgenden weiteren Fällen wurde Eigenbedarf von der Rspr nicht als Kündigungsgrund anerkannt: Bedarf für Büroangestellte (AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1972, 2 7 m A n m SCHMIDT; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 7 a cc; ZÖLL B 1 G B W 1 9 7 3 , 1 6 3 )
und Arbeiter eines Gewerbebetriebs (AG München WuM 1972, 142); Vorhersehbarkeit der Pflegebedürftigkeit von Verwandten im Zeitpunkt anderweitiger Vermietung (AG Hagen WuM 1973, 23); Mangel konkreter Angaben über die Heiratsabsicht der Tochter (AG Hameln WuM 1974, 151); Heiratsabsicht und Möglichkeit anderweitiger Wohnraumbeschaffung (AG Lübeck WuM 1973, 23); Grunderwerbsteuernachzahlung bei weiterer Fremdnutzung (LG Bonn WuM 1978, 5 1 ; Rz 120). dd) Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum (Abs 2 Nr 2 S 2) 73 Wenn der Vermieter die Wohnräume dem Mieter überlassen und sodann Wohnungseigentum daran begründet hat, kann sich im Falle einer Veräußerung der Erwerber, der nach § 571 in den Mietvertrag eintritt, nicht vor Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung auf Eigenbedarf berufen. Im Land Berlin ist in diesen Fällen bei Mietverhältnissen über Wohnraum, auf die das WKSchG II am 31. 12. 1975 nicht anzuwenden war, die Kündigung wegen Eigenbedarfs nach der bis zum 31.12.1984 gültigen Gesetzesfassung ganz ausgeschlossen (Art 2 des Zweiten G zur Änd mietrechlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin vom 24.7.1979 [BGBl I 1202]). Unabhängig von dieser örtlichen Begrenzung ist das Kündigungsrecht für den Erwerber einer umgewandelten Sozialmietwohnung weiter eingeschränkt. Ist das Wohnungseigentum nach der Überlassung an einen Mieter begründet worden, darf er sich dem Mieter gegenüber nicht auf Eigenbedarf berufen, solange die Wohnung als öffentlich gefördert gilt (§6 Abs 7 WoBindG idF von Art 1 (577)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 74
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Nr 4 WobauÄndG vom 20. 2. 1980 [BGBl 1159]). An die Stelle der Wartezeit des § 564 b Abs 2 Nr 2 S 2 tritt damit die Nachwirkungsfrist der öffentlichen Bindung nach § 16 WoBindG. Da die bürgerlich-rechtliche Wartezeit nach § 6 Abs 7 S 2 WoBindG unberührt bleibt, gilt in jedem Fall die längere der beiden Fristen, ohne daß es aber zu einer Kumulation kommt (Ausschußbericht BT-Drucks 8/3403, 42; S O N N E N S C H E I N NJW1980,2055,2058). Die Regelung des § 6 Abs 7 wird nach § 32 Abs 2 WoBindG für umgewandelte Sozialwohnungen im Land Berlin in der Weise abgewandelt, daß sich der Verfügungsberechtigte im Falle der vorzeitigen vollständigen Rückzahlung der als Darlehen bewilligten öffentlichen Mittel nicht vor Ablauf des zehnten Kalenderjahres nach dem Jahr der Rückzahlung auf Eigenbedarf berufen kann, längstens jedoch bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Darlehen nach Maßgabe der Tilgungsbedingungen vollständig zurückgezahlt wären. Im übrigen wird erwogen, ob sich auch für den Bereich des freifinanzierten Wohnungsbaus eine Verlängerung der dreijährigen Wartezeit empfiehlt (vgl L A N D F E R M A N N W U M 1980, 257, 258). In Anlehnung an § 4 a MietSchG ist früher der Grundsatz entwickelt worden, daß dem Erwerber eines Grundstücks angesichts der allgemeinen Wohnungsnot eine angemessene Wartezeit von zwei bis drei Jahren zuzumuten sei, bevor er sich auf Eigenbedarf berufen könne. Aber schon nach Änderung des § 4 Abs 1 MietSchG durch das AbbauG von 1961 (BGBl 1389) wurde es zweifelhaft, ob dieser Grundsatz weiterhin Geltung beanspruchen könne ( K I E F E R S A U E R - G L A S E R , MietSchG § 4 Rz 6 mwN). Gleichwohl griff der Gesetzgeber bei Erlaß des WKSchG I hierauf zurück, um für die sich häufenden Fälle der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen eine besondere gesetzliche Regelung zu treffen. Diese Sonderregelung wurde auch deshalb für erforderlich gehalten, weil solche Eigentumswohnungen regelmäßig erworben würden, um eigenen Wohnungsbedarf zu befriedigen. Der erstrebte Bestandsschutz für den Mieter erscheine hier besonders gefährdet (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 3; R O E S C H WuM 1978, 137). 74 a) Ein Umwandlungsfall setzt zunächst voraus, daß nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist. Die Wohnung ist dem Mieter überlassen, wenn er in die Lage versetzt ist, sie vertragsgemäß in Gebrauch zu nehmen. Dies wird idR mit der Besitzverschaffung zusammenfallen (§§ 535, 536 Rz 18 ff). Es kommt aber nicht darauf an, ob der Mieter die Wohnung tatsächlich schon bezogen hat. Schon der Besitz begründet die Schutzbedürftigkeit des Mieters (§ 565 Rz 33 ff). Das Wohnungseigentum kann durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum ( § 3 WEG) oder durch Teilung ( § 8 WEG) begründet werden (§ 2 WEG). Die Vorschrift des Abs 2 Nr 2 S 2 setzt angesichts der neutral gehaltenen Satzfassung nicht voraus, daß der Vermieter das Wohnungseigentum begründet. Erfaßt werden auch die Fälle, in denen Eigentümer und Vermieter nicht identisch sind. Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, auf die Bestellung eines Dauerwohnrechts nach den §§ 31 ff WEG sei die Vorschrift entsprechend anwendbar (BARTHELMESS § 564 b Rz 84; V O G E L JZ 1975, 73, 75 argumentum a maiore ad minus). Unverkennbar ist, daß für eine entsprechende Anwendung ein gewisses Bedürfnis besteht, weil der Erwerber eines Dauerwohnrechts nach den §§ 577, 571 in die Rechtsstellung des Veräußerers eintritt, wenn die Räume schon vom Eigentümer vermietet worden sind ( B Ä R M A N N - M E R L E - P I C K , WEG [4. Aufl 1980] § 37 Rz 6; E R M A N - S C H O P P § 577 Rz 1). Damit wird der Mieter der Gefahr einer Kündigung durch den Dauerwohnberechtigten ausgesetzt. Gleichwohl ist § 564 b Abs 2 Nr 2 S 2 auf diesen Fall nicht anwendbar ( S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 495; S C H M I D T - F U T T E R E R ZMR1974,37). Nach dem eindeutigen Wortlaut wird nur die Begründung von Wohnungseigentum betroffen. Nur insoweit bestand bei Erlaß des Gesetzes ein praktisches Bedürfnis für einen verstärkten Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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§ 564 b 75-77
3. Titel. Miete. Pacht
Mieterschutz. Einer ausdehnenden Auslegung oder entsprechenden Anwendung der Vorschrift steht aber grundsätzlich ihr Charakter als Sonderregelung entgegen. Zudem ist zu bedenken, daß die Vorschrift ohnehin nicht durch Begründung einer allgemeinen Wartefrist einen lückenlosen Bestandsschutz in Veräußerungsfällen gewährleistet (Rz 82). Auch die Bestellung eines Wohnungsrechts als beschränkter persönlicher Dienstbarkeit nach § 1093 wird nicht erfaßt (BARTHELMESS § 564 b Rz 8 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 9 5 ; SCHMIDT-FUTTERER Z M R
1974, 37).
ß) Das Gesetz geht für die Annahme eines Umwandlungsfalls von einer ganz 75 bestimmten zeitlichen Reihenfolge der einzelnen Vorgänge aus. Zunächst muß die Wohnung an den Mieter überlassen worden sein. Danach muß Wohnungseigentum begründet und veräußert worden sein. Die Begründung von Wohnungseigentum ohne anschließende Veräußerung setzt also für den bisherigen Vermieter keine Wartefrist in Lauf (BARTHELMESS § 564 b Rz 84; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 7 b aa; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 495). Die Vorschrift greift auch nicht ein, wenn jemand eine leerstehende Eigentumswohnung erwirbt, dann vermietet und anschließend weiterveräußert, wenn also die Begründung des Wohnungseigentums zeitlich vor der Überlassung an den Mieter liegt. Das Wohnungseigentum wird im Falle der Einräumung von Sondereigentum (§ 3 WEG) durch Einigung der Beteiligten und Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch begründet ( § 4 Abs 1 WEG; vgl B Ä R M A N N - M E R L E - P I C K , WEG § 4 Rz 7). Im Falle der Teilung sind nach § 8 WEG die Teilungserklärung des Grundstückseigentümers gegenüber dem GBA und die Anlegung der Wohnungsgrundbücher, also die Eintragung, erforderlich (AG Konstanz WuM 1978, 212 m Anm KLOSTERKEMPER ZMR 1979, 12; B Ä R M A N N MERLE-PICK, W E G § 8 R z 2 4 , 2 9 ) .
Hieraus ergibt sich die Streitfrage, ob Abs 2 Nr 2 S 2 eingreift, wenn das Verfahren zur 76 Begründung des Wohnungseigentums bereits vor Überlassung der Wohnung an den Mieter eingeleitet war, aber erst später durch die Grundbucheintragung abgeschlossen worden ist. In Rspr (AG Weinheim DWW 1975, 189) und Schrifttum ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b Rz 26; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 7 b aa) wird die Auffassung vertreten, daß dieser Fall im Wege der teleologischen Reduktion vom Anwendungsbereich der Vorschrift auszuklammern sei, wobei dies nach P A L A N D T P U T Z O (aaO) generell für den Ersterwerb des Wohnungseigentums vom Bauträger gelten soll. Dieser Auffassung steht nicht nur der klare Wortlaut des Gesetzes entgegen (LG Mannheim WuM 1975, 212 in 2. Instanz zu AG Weinheim aaO; AG Konstanz WuM 1978, 212 m Anm KLOSTERKEMPER ZMR 1979, 12; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 495 - mißverständlich hinsichtlich des Ersterwerbs). Der Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus braucht für den Fall der Veräußerung des Grundstücks nicht ohne weiteres mit einem Eigenbedarf des Vermieters zu rechnen. Anders ist es bei der Veräußerung eines vermieteten Eigenheims oder einer vermieteten Eigentumswohnung (vgl V O G E L JZ 1975, 73, 75). Solange die Eigenschaft als Eigentumswohnung noch nicht begründet ist, bedarf der Mieter deshalb eines besonderen Schutzes, so daß die Anwendung der Vorschrift auch nach ihrem Zweck gerechtfertigt ist. Fraglich ist nur, ob Abs 2 Nr 2 S 2 dann nicht anzuwenden ist, wenn der Mieter Kenntnis von der vorgesehenen oder bereits eingeleiteten Begründung von Wohnungseigentum hat und dennoch den Mietvertrag abschließt. Die Vorschrift enthält jedoch keinen Anhaltspunkt, um diese Umstände zu berücksichtigen. Es ist deshalb nicht angebracht, daß dem Mieter nach § 242 versagt wird, sich auf die Vorschrift zu berufen. Der Interessenkonflikt ist vielmehr in angemessener Weise über eine Gewährleistung des Verkäufers für Rechtsmängel nach § 434 zu lösen. Die Wartefrist des Abs 2 Nr 2 S 2 greift nicht ein, wenn das Grundstück als Ganzes an 77 eine Miteigentümergemeinschaft veräußert wird, die dann erst nach § 3 WEG (579)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 78, 79
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Sondereigentum an den einzelnen Wohnungen begründet (AG Heidelberg WuM 1976, 15). Hier liegt die Veräußerung zeitlich vor der Begründung des Wohnungseigentums und betrifft auch nicht dieses, sondern das Grundstück als solches. Der Fall ist deshalb nicht anders zu beurteilen als die Veräußerung des ganzen Grundstücks an einen einzelnen Erwerber, der anschließend eine der Wohnungen in Anspruch nimmt (Rz 70). Allerdings braucht die Veräußerung zeitlich der Begründung des Wohnungseigentums nicht unbedingt in vollem Umfang nachzufolgen. So reicht es aus, wenn sich Veräußerer und Erwerber nach den §§ 8 7 3 , 9 2 5 schon vor der Begründung des Wohnungseigentums einigen. Die Veräußerung kann durch Eintragung ohnehin erst vollendet werden, nachdem das Wohnungseigentum durch Eintragung begründet worden ist (s auch Rz 79). 78 y) Das Wohnungseigentum muß veräußert worden sein. Die Veräußerung richtet sich nach den §§ 873, 925 (BÄRMANN-MERLE-PICK, WEG § 1 Rz 44). Die im Schrifttum gebräuchliche Formulierung, das Wohnungseigentum müsse „vom bisherigen Eigentümer (Vermieter)" an einen Dritten veräußert worden sein (BARTHELMESS § 564 b R z 8 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 7 b a a ; vgl SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 9 5 ,
die nur vom Eigentümer sprechen), ist in mehrfacher Hinsicht mißverständlich. Wie sich aus der neutral gehaltenen Satzfassung der Vorschrift ergibt, kommt es ebenso wie bei der Begründung des Wohnungseigentums (Rz 74) nicht darauf an, daß Veräußerer und Vermieter identisch sind. Es ist ferner nicht entscheidend, daß der Eigentümer die Verfügung trifft. Vielmehr reicht es aus, daß ein Nichtberechtigter das Wohnungseigentum veräußert, wenn die Verfügung nach § 185 oder wegen gutgläubigen Erwerbs nach § 892 wirksam ist (vgl zum gutgläubigen Erwerb des Wohnungseigentums WEITNAUER-WIRTHS, WEG [5. Aufl 1974] § 3 Rz 6 d-6 f). Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um die Verfügung eines im Grundbuch eingetragenen Nichteigentümers über ein bereits existierendes Wohnungseigentum handelt oder ob der Eigentümer bzw ein Scheineigentümer über ein wegen eines Mangels des Begründungsakts in Wirklichkeit nicht entstandenes, aber eingetragenes Wohnungseigentum verfügt. Im letzteren Fall treffen die Begründung des Wohnungseigentums und die Veräußerung unmittelbar zusammen. Da es nicht auf die Person des Veräußerers ankommt, fällt auch eine Veräußerung durch den Testamentsvollstrecker oder den Konkursverwalter unter Abs 2 Nr 2 S 2. Der Veräußerer braucht nicht mit der Person identisch zu sein, die das Wohnungseigentum begründet hat, so etwa bei Erbfolge (Rz 79). Die Vorschrift erfaßt ferner Verfügungen über das Wohnungseigentum, die im Wege der Zwangsversteigerung getroffen werden, weil eine rechtsgeschäftliche Natur der Veräußerung nicht vorausgesetzt wird. Der Mieter ist in allen Fällen schutzbedürftig. 79 8) Die dreijährige Wartezeit beginnt, wenn die Veräußerung des Wohnungseigentums nach den §§ 8 7 3 , 9 2 5 wirksam geworden ist, wenn also Einigung und Eintragung vollzogen sind (LG München I WuM 1 9 7 9 , 1 2 4 m Anm PÜTZ; AG Mannheim WuM 1 9 7 9 , 2 1 8 ) . Auf die zeitliche Reihenfolge dieser beiden Merkmale kommt es nicht an, sofern sie nur inhaltlich übereinstimmen und zeitlich zusammentreffen (ERMAN-H WESTERMANN § 8 7 3 Rz 2 1 mwN). Das Ende der Frist ist nach § 188 Abs 2 zu bestimmen. Fraglich ist, ob bei einer mehrfachen Veräußerung der letzte Erwerber selbst die dreijährige Wartezeit erfüllt haben muß, bevor er kündigen kann (so STERNEL RZ IV 86), oder ob die Zeit seit der ersten Veräußerung nach der Begründung des Wohnungseigentums zu berechnen ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift scheinen sich der Begriff der Veräußerung und damit der Beginn der Wartezeit auf den Erwerbsakt des Erwerbers zu beziehen, der kündigen will. Der Wortlaut ist allerdings nicht eindeutig und deshalb nicht zwingend. Sinn und Zweck der Vorschrift lassen es vielmehr zu, dem Erwerber, der kündigen will, die in der Person seiner Rechtsvorgänger abgelaufene Wartezeit anzurechnen. Der Mieter soll Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(580)
§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht
80-82
eine dreijährige Schonfrist haben, nachdem eine Eigentumswohnung veräußert worden ist. Darauf kann er sich bereits nach der ersten Veräußerung einstellen. Es besteht deshalb kein Bedürfnis, bei jeder folgenden Veräußerung die Frist aufs neue beginnen zu lassen (ebenso MünchKomm-VoELSKOw § 564 b Rz 65). Schutzbedürftig ist nur der Mieter, dem die Wohnräume vor Begründung des Wohnungseigentums überlassen worden sind. Tritt nach der Veräußerung ein Mieterwechsel ein, indem der Erwerber die Wohnung einem neuen Mieter überläßt, kann er sich unabhängig von dem Ablauf der Wartezeit seit seinem Erwerb auf Eigenbedarf berufen, wenn dieser Grund erst nach der Neuvermietung eintritt. Es handelt sich nicht mehr um einen Umwandlungsfall iS des Gesetzes. Da ein Kündigungsgrund im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung 80 vorliegen muß (§ 564 Rz 37), hierfür aber ein konkreter, zukünftiger Eigenbedarf in dem Zeitpunkt ausreicht, zu dem das Mietverhältnis beendet werden soll (LG Stuttgart WuM 1976, 56; Rz 47), müßte an sich eine Kündigung genügen, die schon während der dreijährigen Frist unter Beachtung des § 565 ausgesprochen wird und das Mietverhältnis mit Ablauf der Wartezeit beenden soll (so LG München I WuM 1979, 1 2 4 m abl Anm P Ü T Z ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 7 b cc). Dem stehen jedoch Wortlaut und Zweck des § 564 b Abs 2 Nr 2 S 2 entgegen. Wenn sich der Vermieter nicht vor Ablauf der Wartezeit auf Eigenbedarf „berufen" kann, so ist erst nach diesem Zeitpunkt eine Kündigungserklärung möglich, die auf Eigenbedarf gestützt wird ( O L G Hamm RE WuM 1 9 8 1 , 3 5 ; L G Bonn WuM 1 9 7 8 , 5 1 , 5 3 ; AG Mannheim W u M 1 9 7 9 , 2 1 8 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R Z 8 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b R Z
aaO; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 9 7 ) . Dabei kommt es nicht auf die Abgabe der Erklärung nach Ablauf der Wartezeit an (so BARTHELMESS aaO), sondern auf den Zugang. Rechtlich beruft sich der Kündigende auf Eigenbedarf erst mit einer wirksam gewordenen Erklärung. Abgeben kann er die Erklärung schon vorher. 2 6 ; PÜTZ
Die Wartezeit erfaßt jede Kündigung wegen Eigenbedarfs. Es spielt deshalb keine 81 Rolle, ob der Eigenbedarf auf objektiven oder auf subjektiven Gründen beruht. Auch bei persönlichen Härtegründen wie schwerer Krankheit (AG Wuppertal MDR 1972, 425) oder fortgeschrittenem Alter (AG Wuppertal WuM 1972, 93) kann sich der Vermieter vor Ablauf der Wartezeit nicht auf Eigenbedarf berufen (BARTHELMESS § 564 b Rz 87; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 498). Solche Umstände, die letztlich eine Inanspruchnahme der Wohnung durch den Vermieter, seine Hausstands- oder Familienangehörigen begründen sollen, können deshalb auch nicht als sonstige Gründe für ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses (Rz 104 ff) anerkannt werden. Von der Wartezeit werden nur Kündigungen wegen Eigenbedarfs in den gesetzlich 82 bestimmten Umwandlungsfällen erfaßt. Dies ergibt sich eindeutig aus Wortlaut und Stellung der Vorschrift. Daraus folgt zum einen, daß trotz der Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung die Kündigung des Erwerbers auf andere Gründe wie etwa schuldhafte Vertragsverletzung (Abs 2 Nr 1) oder Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung (Abs 2 Nr 3) gestützt werden kann (BARTHELMESS § 564 b Rz 85; SCHMIDT-FUTTERER ZMR 1974, 37, 38; vgl aber Abs 2 Nr 3 S 3 zum Ausschluß der Kündigung durch den Veräußerer, Rz 101 f). Es ist deshalb auch nicht angebracht, die Vorschrift auf sonstige Gründe für ein berechtigtes Interesse (Rz 104 ff) analog anzuwenden, weil der Zweck der Vorschrift nicht so weit reicht, wie sich aus ihrer systematischen Stellung ergibt ( S T E R N E L R Z IV 86; aM LG Bonn WuM 1978, 51, 52 f). Zum anderen hat die auf Umwandlungsfälle beschränkte gesetzliche Regelung zur Folge, daß daneben eine allgemeine, gesetzlich nicht geregelte Wartezeit für sämtliche anderen Fälle der Veräußerung von Wohnraum, seien es Einoder Zweifamilienhäuser, Mietwohnhäuser oder schon vor Überlassung an den (581)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 83, 84
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Mieter geschaffene Eigentumswohnungen, nicht mehr anerkannt werden kann (LG F r a n k f u r t W u M 1 9 7 8 , 1 7 4 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b RZ 7 6 ; HANS § 5 6 4 A n m 13 b b b ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 7 b a a ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 9 9 ; WEIMAR F W W 1 9 7 4 , 4 2 8 , 4 2 9 ; a M L G W i e s b a d e n W u M 1 9 8 0 , 2 2 9 ; DERLEDER J A 1 9 7 7 , 5 3 8 , 5 4 1 ; ders in AK § 5 6 4 b Rz 2 3 ; VOGEL JZ 1975, 73, 7 5 ; vgl Rz 70, 7 3 ) .
83 d) Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks (Abs 2 Nr 3) aa) Allgemeines Ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses ist anzuerkennen, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Eine entsprechende Regelung enthielt früher § 4 Abs 1 b) MietSchG, wo allerdings nicht von einer angemessenen, sondern von einer gerechtfertigten wirtschaftlichen Verwertung die Rede war. Als Kündigungsgrund ist die Regelung zunächst in Art 1 § 1 WKSchG I und von dort in § 564 b übernommen worden. Die Wirtschaftlichkeit des Haus- und Grundbesitzes soll durch die Kündigungsmöglichkeit gesichert werden, damit ein Mietverhältnis der Verwertung des Grundstücks nicht entgegensteht (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 8 9 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 5 0 1 ) . Dieses Interesse des Vermieters wird aber nur unter den erwähnten einschränkenden Voraussetzungen als berechtigt anerkannt. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist vom Vermieter darzulegen und zu beweisen (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 8 c; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 0 8 ) .
84 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen (Abs 2 Nr 3 S 1) a) Die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks muß durch ein bestehendes Mietverhältnis über Wohnraum betroffen sein. Zur wirtschaftlichen Verwertung gehören der Verkauf und die Nutzung durch entgeltliche Gebrauchsüberlassung, insbesondere durch Vermietung oder Verpachtung. Die weitere Vermietung als Wohnraum mit dem Zweck, höhere Mieteinnahmen zu erzielen, scheidet nach Abs 2 Nr 3 S 2 jedoch aus (Rz 99 f). Möglich ist eine Weitervermietung oder Verpachtung zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken oder an eine Behörde (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 9 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 0 6 ) . Dabei darf der Vermieter aber nicht gegen das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum nach Art 6 MRVerbG verstoßen (Rz 90). Soll in Zukunft ein Mischmietverhältnis begründet werden, kommt es darauf an, daß der geschäftliche Anteil gegenüber dem Wohnanteil überwiegt. Dies richtet sich nach der Größe und dem Wert der einzelnen Raumanteile. Eine wirtschaftliche Verwertung kann auch darin liegen, daß der Vermieter die Räume in Zukunft für den Betrieb seines eigenen Unternehmens verwenden will (AG Völklingen MDR 1973, 6 7 7 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 0 6 ) . Aus dem Begriff der wirtschaftlichen Verwertung ergibt sich, daß die zukünftige Verwendung zumindest von der Planung her finanzielle Vorteile für den Vermieter mit sich bringen soll. Eine unentgeltliche Übertragung oder Gebrauchsüberlassung wird deshalb grundsätzlich ebensowenig erfaßt (aM BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 9 0 ) wie eine Verwendung zu sozialen Zwecken (vgl zum letzteren LG Köln WuM 1976, 163 m Anm WEIMAR, wobei dahingestellt sein mag, ob mit dem geplanten Bau von 100 Sozialwohnungen wirklich nur soziale Zwecke verfolgt wurden). Eine wirtschaftliche Verwertung kann auch in der Bestellung dinglicher Rechte wie etwa Nießbrauch, Dauerwohnrecht oder Erbbaurecht liegen. Ausgeschlossen ist nach Abs 2 Nr 3 S 3 die Begründung von Wohnungseigentum zum Zwecke der Veräußerung (Rz 101 f). Abbruch und Wiederaufbau oder der bloße Umbau eines Gebäudes können als Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(582)
§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht
85-88
wirtschaftliche Verwertung zu beurteilen sein (AG Biberach/Riß WuM 1980, 54 m abl Anm V O N S C H O E N E B E C K ; AG Gelsenkirchen DWW 1974, 286; BARTHELMESS § 564 b Rz 90; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 502), auch wenn das Gebäude anschließend wieder zu Wohnzwecken mit höheren Mieteinnahmen verwendet werden soll (BEUERMANN Z M R
1979, 97, 98).
Das Merkmal der wirtschaftlichen Verwertung bezieht sich auf ein zukünftiges 85 Verhalten des Vermieters, an dem er durch das bestehende Mietverhältnis gehindert wird. Ähnlich wie im Falle des Eigenbedarfs (Rz 47) muß schon im Zeitpunkt der Kündigung ein konkretes Interesse des Vermieters an der künftigen Rückgabe der Wohnräume bestehen. Dies setzt voraus, daß auch die geplante wirtschaftliche Verwertung bereits konkretisiert ist. Hiervon kann zB ausgegangen werden, wenn baureife Pläne entwickelt, Bauvoranfragen oder ein Antrag auf Baugenehmigung gestellt sind (AG Bonn WuM 1979,150; vgl AG Hamburg-Harburg WuM 1979,29). Die in Aussicht genommene Verwertungsform muß im wesentlichen feststehen. Die Ausführung im einzelnen kann dagegen noch offen sein. Es kommt auf die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks an, dessen Bestandteil 86 die vermietete Wohnung ist. Die Frage, ob ein anderes Mietobjekt durch Auszug des Vermieters besser genutzt werden kann, ist deshalb für die Kündigung einer Wohnung, in die der Vermieter einziehen will, unerheblich (AG Krefeld WuM 1972, 93; BARTHELMESS § 564 b Rz 90; S C H M I D T W U M 1975, 109, 111). Andererseits kommt es nicht darauf an, ob nur das vermietete Grundstück anderweitig verwertet werden soll. So reicht es aus, wenn es Teil einer Gesamtmaßnahme ist, die sich auf mehrere Grundstücke bezieht, und sich die Angemessenheit sowie die Gefahr erheblicher Nachteile für den Vermieter erst anhand dieser Gesamtmaßnahme beurteilen lassen. Unter den Begriff des Grundstücks iS dieser Vorschrift fällt auch die einzelne Eigentumswohnung, die der Vermieter anderweitig verwerten will. Ähnliche Probleme wie im Falle des Eigenbedarfs (Rz 53) ergeben sich, wenn 87 Grundstückseigentümer und Vermieter nicht identisch sind. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es auf die wirtschaftliche Verwertung durch den Vermieter an. Ob er Grundstückseigentümer ist, spielt keine Rolle. Der Grundstückseigentümer, der nicht Partei des Mietvertrags ist, kann nicht kündigen. Wird er durch die Vermietung seitens eines Dritten wie zB eines Nießbrauchers an einer anderweitigen wirtschaftlichen Verwertung gehindert, so erwächst dem Vermieter hieraus kein Kündigungsrecht (AG Hamburg-Harburg WuM 1979, 29). Dies gilt etwa für den geplanten Verkauf des Grundstücks durch den Eigentümer. Hier kommt für den personenverschiedenen Vermieter allenfalls ein Kündigungsrecht aus sonstigen Gründen in Betracht (Rz 120). Möglich ist es jedoch, daß der Eigentümer und der Vermieter in gleicher Weise an einer wirtschaftlichen Verwertung gehindert werden, wenn also der in der Person des Eigentümers angelegte Grund für den Vermieter zum Kündigungsgrund erstarkt. Dies ist der Fall, wenn der Eigentümer das Grundstück von einem Verwalter in dessen Namen zu Wohnzwecken vermieten läßt, in Zukunft aber einer gewerblichen Vermietung durch denselben Verwalter zuführen will. Entscheidend ist demnach, daß die Beziehung des vom Eigentümer personenverschiedenen Vermieters zu dem Grundstück auch nach der anderweitigen wirtschaftlichen Verwertung bestehenbleibt. ß) Die wirtschaftliche Verwertung muß angemessen sein. Der Begriff der Angemes- 88 senheit ist im Gesetz nicht näher erläutert. Er ist schon in Art 1 § 1 WKSchG I offenbar aus sprachlichen Gründen an die Stelle der „gerechtfertigten" wirtschaftlichen Verwertung getreten, wie es in § 4 Abs 1 b) MietSchG hieß. Dadurch wurde die doppelte Verwendung ein und desselben Begriffs vermieden, weil die Verhinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung schon einleitend in § 564 b Abs 2 (583)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 89, 9 0
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
als „berechtigtes" Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses anerkannt wird. In der Sache hat sich dadurch nichts geändert. Die wirtschaftliche Verwertung ist deshalb angemessen, wenn sie den Grundsätzen entspricht, die allgemein für die Anerkennung als berechtigtes Interesse gelten (Rz 24 ff). Unter Beachtung der sozialen Funktion der Wohnung müssen die Interessen des Vermieters mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang stehen. Ihre Durchsetzung muß vom Gerechtigkeitsgedanken her als vertretbar erscheinen. 89 Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Vermieters zu berücksichtigen ( P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 8 a aa; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 0 3 ) . Es kommt aber nicht nur darauf an, ob die geplante Verwertungsart für den Vermieter wirtschaftlich sinnvoll ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 92). Sie muß vielmehr mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu vereinbaren sein. Eine besonders günstige Verkaufsgelegenheit reicht deshalb nicht aus, wenn das Grundstück nur in Geld umgesetzt werden soll ( S T E R N E L R Z IV 9 2 ) . Bei der Beurteilung, ob diese Verwertungsform angemessen ist, spielt der Verwendungszweck des Erlöses eine entscheidende Rolle. So kann ein Verkauf gerechtfertigt sein, um eine Erbteilung zu vollziehen, ein Unternehmen des Vermieters zu sanieren oder zu erweitern, dringende Schulden zu tilgen oder eine krankheitsbedingte Existenzgefährdung abzuwenden, weil hohe finanzielle Belastungen nicht allein aus dem laufenden Einkommen getragen werden können (AG Hamburg AIZ 1972, 400; BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 9 2 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 0 3 ) . Sind die Wohnverhältnisse des Vermieters angemessen und will er das Grundstück nur deshalb verkaufen, um aus dem Erlös für sich ein neues Haus zu kaufen oder zu bauen, so ist die Verwertung nicht angemessen, wie sich aus der Parallele zur Wertung des Gesetzgebers für die Kündigung wegen Eigenbedarfs ergibt (Rz 67). Deshalb ist es auch unerheblich, ob sich der Vermieter gegenüber einer eigenen oder gemieteten Wohnung durch den Verkauf des vermieteten Grundstücks und anschließenden Kauf oder Bau in seinen Wohnverhältnissen verbessern will. Demgegenüber kommt es idR auf den Verwendungszweck eines etwaigen Ertrags nicht an, wenn das Grundstück vom Vermieter lediglich anderweitig genutzt werden soll. So kann etwa die Nutzung für das eigene Unternehmen oder die Vermietung für gewerbliche oder freiberufliche Zwecke oder an eine Behörde angemessen sein, wenn das Grundstück nach Lage und Beschaffenheit hierzu prädestiniert ist (BARTHELMESS aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K aaO). Dies steht im Einklang mit einer auch im öffentlichen Interesse gebotenen bestmöglichen Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen, gilt jedoch wegen der sozialen Funktion der Wohnung nicht schrankenlos. 90 Eine Zweckentfremdung von Wohnraum ist grundsätzlich nur angemessen, wenn örtlich ein ausreichendes Wohnungsangebot besteht (AG Völklingen MDR 1973, 677). Sie darf nicht gegen das Verbot des Art 6 MRVerbG (BGBl I 1971, 1745) verstoßen. Die Kündigung steht deshalb nicht im Einklang mit der Rechtsordnung, wenn die Zweckentfremdungsgenehmigung im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht erteilt ist (VG Münster WuM 1976, 107; AG Göttingen WuM 1975, 126 m Anm TIBBE;
BARTHELMESS
§
564 b
Rz
93;
BGB-RGRK-GELHAAR
§
564 b
Rz
27;
Betrieb 1 9 7 1 , 2 4 5 3 , 2 4 5 4 f; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 0 6 ) . Auf die Bestandskraft der Genehmigung kommt es nicht an (aM wohl S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K aaO), da sie so lange als rechtmäßig zu behandeln ist, wie sie nicht aufgehoben wird. Tritt dieser Fall aufgrund eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens später ein, so erweist sich die Kündigung nachträglich als rechtswidrig. Damit setzt sich der Vermieter den Folgen einer unberechtigten Kündigung aus (Rz 134 ff). Ersatzansprüche gegen den Vermieter werden aber idR wegen mangelnden Verschuldens entfallen. Da die Wirksamkeitsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vorliegen müssen (§ 564 Rz 37), wird eine wegen fehlender KURTENBACH
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(584)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 91, 92
Zweckentfremdungsgenehmigung unwirksame Kündigung nicht durch deren spätere Erteilung rückwirkend geheilt (STERNEL RZ IV 90; aM LOWE NJW 1972, 1913, 1917). Die damit eintretende Unsicherheit der Rechtslage würde mit dem Schutzbedürfnis des Mieters nicht in Einklang stehen. Die Kündigung muß vielmehr unter Einhaltung einer neuen Frist wiederholt werden (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). Die gleichen Erwägungen gelten für den Abbruch von Wohnhäusern, wenn die 91 Maßnahme der Sanierung nach dem StädtebaufördG dient oder wenn allgemein baufällige Häuser durch modernen Ansprüchen genügende Bauten ersetzt werden sollen. Die Abbruchgenehmigung allein begründet jedoch noch kein berechtigtes Interesse an der Kündigung (LG Münster WuM 1974, 128; STERNEL RZ IV 90; aM BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b Rz 27). Es müssen vielmehr anerkennenswerte wirtschaftliche Gründe hinzukommen. So liegen Sanierungsmaßnahmen und die Modernisierung eines veralteten Gebäudes durch Umbau auch im öffentlichen Interesse (AG Gelsenkirchen DWW 1974, 286). Der Abbruch eines Gebäudes und sein Ersatz durch einen Neubau kann wirtschaftlich gerechtfertigt sein, wenn dadurch eine größere Rentabilität des Grundstücks zu erzielen ist. Der wegen eines notwendigen Reparaturaufwandes von zB 1500 DM geplante Abbruch rechtfertigt jedoch selbst bei einer monatlichen Miete von 35 DM nicht ohne weiteres eine Kündigung (LG Stade WuM 1976, 124). Besondere Aufwendungen, die in Spekulationsabsicht erbracht werden, sind bei der Rentabilitätsberechnung nicht zu berücksichtigen (LG Münster WuM 1974, 128). Darüber hinaus sind Spekulationszwecke im Hinblick auf die soziale Funktion der Wohnung generell nicht als angemessene wirtschaftliche Verwertung anzuerkennen. Dies gilt etwa, wenn der Vermieter ein Wohnhaus abreißen will, um auf dem Grundstück Eigentumswohnungen zu errichten und zu verkaufen (AG Wiesbaden WuM 1972, 194; WuM 1973, 7; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 9 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 8 a a a ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 5 0 3 ; krit B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b Rz 2 9 ; DERLEDER JA 1 9 7 7 , 5 3 8 , 5 4 0 ) oder wenn ein Hausgrundstück nur erworben wird, um es nach einem
Umbau alsbald gewinnbringend zu verkaufen (AG Bonn WuM 1979, 150). Allerdings ist die Abgrenzung zwischen Spekulation und sinnvoller wirtschaftlicher Verwertung eines Grundstücks schwierig (BEUERMANN ZMR 1 9 7 9 , 9 7 , 9 9 ) . So kann etwa das Bedürfnis, das bestehende Gebäude als Baudenkmal zu erhalten, oder auch der Verwendungszweck des Erlöses Anhaltspunkte für eine Beurteilung in der einen oder der anderen Richtung bieten. Y) Die Fortsetzung des Mietverhältnisses muß ein Hindernis für die angemessene 92 wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks darstellen. Dies bedeutet, daß das zu kündigende Mietverhältnis der geplanten wirtschaftlichen Verwertung in entscheidender Weise entgegensteht. Es muß Kausalität iS der Adäquanztheorie vorliegen. Ein Hindernis liegt deshalb nicht vor, wenn der Vermieter die Maßnahmen in der vorgesehenen Weise auch ohne Kündigung des Mietverhältnisses treffen kann. Dies gilt etwa, wenn die Unrentabilität durch zulässige Modernisierungsmaßnahmen aufgrund der Duldungspflicht des Mieters aus § 541 a (LG Freiburg WuM 1979,148; LG Mannheim MDR1977,231; AG Mannheim ZMR 1978,182; AG Münster WuM 1 9 8 0 , 5 3 ; BEUERMANN Z M R 1 9 7 9 , 9 7 , 9 8 ; DERLEDER in A K § 5 6 4 b R z 3 3 ; VON SCHOENEBECK WuM 1980,55) oder durch Mieterhöhungen nach den §§ 2 ff MHRG
beseitigt werden kann. Das gleiche gilt, wenn das Haus trotz bestehender Mietverhältnisse verkauft werden kann, ohne daß die Geltendmachung von Rechtsmängeln nach § 434 zu befürchten ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 96; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 505; aM A G Kappeln WuM 1978, 70 m abl Anm HOLTSCHOPPEN). Macht
ein bestehendes Mietverhältnis das Haus jedoch unverkäuflich (AG Rendsburg WuM 1977,228; AG Solingen WuM 1974,128) oder läßt sich das Haus deshalb nicht (585)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 93,94
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
so günstig verkaufen (AG Hamburg AIZ 1972,400; B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b Rz 30; aM AG Lübeck MDR 1977,141 m abl Anm H I N Z M A N N DWW 1977, 21), so liegt ein Hindernis vor. Letzteres ist allerdings dahin gehend einzuschränken, daß auch ein bei bestehendem Mietverhältnis ungünstiger Verkauf noch eine angemessene wirtschaftliche Verwertung darstellen kann (Rz 94). Die Vermietung eines einzelnen Zimmers ist idR kein Hindernis für die Vermietung der übrigen Zimmer desselben Stockwerks (AG Hamburg WuM 1979, 54). 93 Nach verbreiteter Auffassung liegt kein Hindernis für eine angemessene wirtschaftliche Verwertung vor, wenn der Vermieter seinen finanziellen Bedarf durch den Verkauf anderer entbehrlicher Vermögensobjekte befriedigen kann (BARTHELMESS § 564 b Rz 96; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 505). Dies hat jedoch einen zu weit gehenden Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Eigentümers zur Folge. Es geht nicht an, dem Richter die Entscheidung zu übertragen, welches von mehreren Vermögensobjekten für den Eigentümer eher entbehrlich ist. Den Interessen des Mieters kann im Rahmen eines Kündigungswiderspruchs nach § 556 a ausreichend Rechnung getragen werden. Zudem kommt es für die Kausalität nur auf die Verwertung des Grundstücks an, nicht auf die Verwertung anderer Vermögensobjekte. Ist die Angemessenheit der Verwertung bejaht, kann es jedenfalls insoweit nicht mehr an der Kausalität fehlen. Der ursächliche Zusammenhang scheitert ferner nicht daran, daß erst mehrere Mietwohnungen zusammen das entscheidende Hindernis bilden und daß deshalb sämtliche Mietverhältnisse gekündigt werden müssen ( B A R T H E L M E S S § 5 6 4 b R z 9 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 8 a cc; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
505). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter nur eine von mehreren Wohnungen anderweitig wirtschaftlich verwerten will. Auch darin liegt eine Verwertung des Grundstücks iS des Abs 2 Nr 3 (vgl aber STERNEL Rz IV 90). Er hat zwar primär die Wohnung auszuwählen, die seinen Zwecken am besten entspricht. Die Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Wohnungen steht ihm jedoch grundsätzlich frei (vgl aber Rz 69), so daß sich der betroffene Mieter nicht unter Hinweis auf die anderen Wohnungen auf fehlende Kausalität berufen kann (BARTHELMESS aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Treten neben der Vermietung andere Gründe als Hindernis einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung auf, so ist es nach den Grundsätzen der Gesamtkausalität (vgl P A L A N D T - H E I N R I C H S Vorbem § 249 Anm 5 e cc) unerheblich, wenn erst sämtliche Umstände zusammen das entscheidende Hindernis bilden, sofern nur jeweils für den einzelnen Umstand ein adäquater Kausalzusammenhang zu bejahen ist. 94 8) Der Vermieter müßte erhebliche Nachteile erleiden, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an der geplanten wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert würde. Die Nachteile können sich zum einen aus wirtschaftlichen Einbußen im Zusammenhang mit dem Grundstück selbst ergeben. Hierzu zählt der Mangel jeglicher oder zumindest rentabler Nutzungen. Dieser Mangel kann darauf beruhen, daß das Grundstück nicht nutzungsfähig ist oder daß die objektive Nutzungsmöglichkeit wegen des eingesetzten Kapitals zu geringe Einnahmen oder zu hohe Aufwendungen hervorruft und damit zu einer Vermögenseinbuße führt (BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 9 7 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b A n m
8 a bb;
SCHMIDT-
B 505; vgl LG Stade WuM 1976,124). Spekulative Aufwendungen und Investitionen bleiben außer Betracht (LG Münster WuM 1974, 128; AG Bonn WuM 1979,150; AG Wiesbaden WuM 1972,194; WuM 1973, 7; Rz 91). Auch der bei fortbestehendem Mietverhältnis geringere und dabei unangemessene Verkaufserlös des Grundstücks führt zu einer Vermögenseinbuße. Zu berücksichtigen sind zum anderen wirtschaftliche Einbußen, die nicht das Grundstück, sondern andere Tätigkeitsbereiche des Vermieters betreffen. So kann es etwa nachteilig sein, wenn durch das bestehende Mietverhältnis eine räumliche Ausweitung des in demselben FUTTERER-BLANK
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(586)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 95-98
Haus betriebenen Unternehmens des Vermieters verhindert wird. Das gleiche gilt, wenn wegen eines gescheiterten Grundstücksverkaufs Investitionen im Unternehmensbereich oder andere gewinnbringende Geschäfte unterbleiben müssen oder nur durch teurere Kredite finanziert werden können ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 505). Fraglich ist, ob es sich um wirtschaftliche Nachteile handeln muß oder ob persönliche 95 Nachteile ausreichen (unklar S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO, deren Hinweis auf „schlechtere Lage oder Ausstattung des Ersatzobjekts" auch als wirtschaftlicher Nachteil zu verstehen sein kann; vgl BARTHELMESS § 564 b Rz 98). Der Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks und dem Eintritt erheblicher Nachteile legt es nahe, daß auch die Nachteile wirtschaftlicher Art sein müssen. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit jedoch offen. Es kommt deshalb darauf an, ob aus der Verhinderung einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks rein persönliche Nachteile für den Vermieter erwachsen können. Dies ist etwa der Fall, wenn der Vermieter das Grundstück verkaufen will, um für den Erlös aus gesundheitlichen Gründen an einem anderen Ort ein Eigenheim zu kaufen. Sicher ist, daß es sich um Nachteile für den Vermieter handeln muß. Nachteile für andere Personen reichen nicht aus. Doch können wirtschaftliche Nachteile Dritter zugleich persönliche Nachteile des Vermieters sein. Dies ist zB anzunehmen, wenn Eltern ihrem Kind keine Ausstattung gewähren können, weil der dazu erforderliche Verkauf eines Grundstücks wegen bestehender Mietverhältnisse nicht möglich ist. Das gleiche gilt, wenn der Umzug an einen anderen Ort aus gesundheitlichen Gründen für eine zum Haushalt des Vermieters gehörende Person geboten ist. Die Nachteile müssen für den Vermieter erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn sie von 96 einem solchen Gewicht sind, daß die mit dem Bestandsschutz verbundene Einschränkung der Eigentümerbefugnisse auch im Hinblick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums als unerträglich erscheint. Das läßt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Vermieters beurteilen ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 505). Erzielt der Vermieter eine angemessene Rendite, erleidet er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses keinen erheblichen Nachteil, auch wenn er nach einer Kündigung einen noch höheren Mietzins erhalten könnte (AG Hamburg WuM 1 9 7 9 , 54; STERNEL R Z IV 9 1 ) . Das gleiche gilt, wenn bei einem Verkauf des Grundstücks in vermietetem Zustand ein noch angemessener Kaufpreis zu erzielen ist (Rz 9 2 ; STERNEL R Z IV 9 2 ) . Die Nachteile müssen darauf beruhen, daß der Fortbestand des Mietverhältnisses 97 eine angemessene wirtschaftliche Verwertung verhindert. Dies setzt Kausalität iS der Adäquanztheorie voraus. Die Nachteile brauchen noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Sie müssen nur in einer Zukunftsprognose zu befürchten sein. Eine solche Prognose läßt naturgemäß einen weiten Raum. Es ist deshalb nicht erforderlich, daß der Eintritt der Nachteile mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Andererseits genügen nicht rein subjektive Befürchtungen des Vermieters. Aufgrund konkreter Umstände muß vielmehr die Wahrscheinlichkeit bestehen, daß der Vermieter bei normalem Geschehensablauf erhebliche Nachteile erleiden wird (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). cc) Einzelfälle
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Auf folgende Einzelfälle ist hinzuweisen: Abbruchgenehmigung allein unzureichend (LG Münster WuM 1 9 7 4 , 1 2 8 ) ; Reparaturkosten und Abbruch eines Gebäudes (LG Stade WuM 1 9 7 6 , 1 2 4 ) ; Modernisierung eines Mietwohnhauses (LG Freiburg WuM 1979, 148; LG Mannheim MDR 1977, 231; AG Biberach WuM 1980, 54 m Anm V O N S C H O E N E B E C K ; AG Bonn WuM 1 9 7 9 , 1 5 0 ; A G Gelsenkirchen DWW 1 9 7 4 , (587)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 99-102
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
286; AG Mannheim ZMR 1978, 182; A G Münster WuM 1980, 53); Verkauf eines Ein- oder Zweifamilienhauses (AG Hamburg AIZ 1972, 400; A G Lübeck MDR 1977, 141); Planung baulicher Änderungen allein unzureichend (AG HamburgBlankenese WuM 1973, 7). 99 dd) Ausgeschlossene Gründe (Abs 2 Nr 3 S 2 u 3) «) Nach Abs 2 Nr 3 S 2 kann es nicht als angemessene wirtschaftliche Verwertung anerkannt werden, wenn die zu kündigende Wohnung anderweitig als Wohnraum vermietet werden soll, um dadurch eine höhere Miete zu erzielen. Nach § 1 M H R G ist die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum zum Zwecke der Mieterhöhung ausgeschlossen. Der Vermieter kann im Rahmen eines bestehenden Mietverhältnisses die Erhöhung des Mietzinses nur in einem durch die §§ 2 ff MHRG besonders geregelten Verfahren erreichen und zwar nur bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete. Er soll diese Regelung nicht durch Kündigung des bisherigen Mietverhältnisses und Neuabschluß mit einem anderen Mieter umgehen können. Dabei ist es unerheblich, ob der Vermieter einen Mietzins anstrebt, der noch hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt oder der diese Grenze übersteigt (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 0 6 ) .
100 Betroffen wird nur die Weitervermietung der zu kündigenden Wohnung an Dritte als Wohnraum (LG Osnabrück WuM 1973, 63; AG Hamburg WuM 1973, 213; vgl AG Lübeck WuM 1973,23). Dies ist der Fall, wenn ein neuer Mieter dieselben Räume als Wohnung zu einem höheren Mietzins erhalten soll. Die Vorschrift greift auch dann ein, wenn der Vermieter ein Mietwohnhaus in Zukunft als Wohnheim für Arbeiter oder Studenten nutzen will, indem die Wohnungen zimmerweise an einzelne Personen vermietet werden (BARTHELMESS § 564 b Rz 99). Im Interesse eines größeren Wohnungsangebots für Studenten ist dies zu bedauern, Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift lassen jedoch keine andere Entscheidung zu. Nicht erfaßt wird dagegen eine Weitervermietung, nachdem der Vermieter eine große Wohnung in mehrere kleine Wohnungen oder Appartements umgebaut hat (SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 503; aM BARTHELMESS aaO), weil dann nicht die bisherige Wohnung weitervermietet wird. Das gleiche gilt, wenn umgekehrt durch Sanierung und Zusammenlegung von Kleinwohnungen zu Großwohnungen eine Ertragssteigerung zu erwarten ist (AG Oldenburg WuM 1980, 226 m abl Anm KÖRTGE; MünchKomm-VoELSKOw § 564 b Rz 68). Anzuerkennen ist auch eine Weitervermietung zu gewerblichen oder sonstigen Zwecken, wobei es auf Umbauten nicht ankommt. Dabei ist aber ein etwaiges Zweckentfremdungsverbot zu beachten (Rz 90). 101 ß) Nach Abs 2 Nr 3 S 3 kann es nicht als angemessene wirtschaftliche Verwertung anerkannt werden, daß der Vermieter die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will. Während nach Abs 2 Nr 2 S 2 dem Erwerber einer solchen Eigentumswohnung für die Kündigung wegen Eigenbedarfs eine dreijährige Wartezeit auferlegt wird (Rz 73 ff), schließt die Regelung in Nr 3 S 3 eine Kündigung des Veräußerers aus. Damit soll verhindert werden, daß die erstere Kündigungsbeschränkung schon vom Veräußerer zugunsten des Erwerbers umgang e n w i r d (BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 0 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 8 b b b ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 0 7 ) .
102 Erfaßt werden die Fälle, in denen der Vermieter beabsichtigt, Wohnungseigentum an der vermieteten Wohnung zu begründen und den Mietvertrag wegen der geplanten Veräußerung als Eigentumswohnung zu kündigen. Das gleiche gilt, wenn das Wohnungseigentum erst nach Überlassung der Wohnung an den Mieter begründet worden ist und der Vermieter nunmehr eine Veräußerung plant (Rz 74 ff). Ist der Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(588)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 103-105
Vermieter nicht mit dem Eigentümer identisch und wird im Hinblick auf eine geplante Veräußerung ein Kündigungsrecht aus sonstigen Gründen zugelassen (Rz 87, 120), so greift bei einer Veräußerung als Eigentumswohnung die Beschränkung nach Abs 2 Nr 3 S 3 entsprechend ein. Auf andere Fälle der Veräußerung des Grundstücks nebst einem Einfamilienhaus oder einem Mietwohnhaus ist die Vorschrift dagegen nicht anwendbar. Das gleiche gilt für die Veräußerung einer schon früher geschaffenen und dann vermieteten Eigentumswohnung (BARTHELMESS § 564 b Rz 101). Aus der Vorschrift ist also keine allgemeine Beschränkung der Kündigung im Hinblick auf eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks durch Verkauf abzuleiten (Rz 82). Problematisch ist es für die praktische Rechtsanwendung, daß das Gesetz auf die 103 Absicht des Vermieters abstellt, Wohnungseigentum zu begründen. Die Kündigung wegen einer geplanten Veräußerung des ganzen Grundstücks ist möglich (Rz 84 ff). Anders ist es nur, wenn der Vermieter schon im Zeitpunkt der Kündigung die Absicht hat, Wohnungseigentum zu begründen und dann zu verkaufen. Dieses rein subjektive Moment wird praktisch kaum nachweisbar sein, wenn der Vermieter sich bei der Kündigung darauf beruft, das ganze Grundstück veräußern zu wollen, und dann später erst angeblich seine Pläne ändert. Eine solche Umgehung ist nur dadurch zu vermeiden, daß an die Kündigungsberechtigung nach Abs 2 Nr 3 S 1 strenge Maßstäbe angelegt werden und eine ganz konkrete beabsichtigte Veräußerung des gesamten Grundstücks nachgewiesen werden muß. Andernfalls entsteht hier eine ähnliche Lücke wie bei der Beschränkung der Kündigung wegen Eigenbedarfs, wenn erst die Erwerber das Wohnungseigentum begründen (vgl AG Heidelberg WuM 1976, 15; Rz 77). e) Sonstige Gründe
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aa) Allgemeines Die Vorschrift des Abs 2 enthält keine abschließende Aufzählung der als berechtigte Interessen anzuerkennenden Kündigungsgründe (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 3; Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2638, 2). Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Fassung. Andere Gründe müssen jedoch ein ähnliches Gewicht haben wie die in Abs 2 ausdrücklich aufgeführten Fälle (Begr zum RegE aaO; KG RE WuM 1981, 81), da sonst der Schutzzweck des Gesetzes vereitelt wird. Zu weit geht es allerdings, wenn BARTHELMESS (§ 564 b Rz 102) in den gesetzlichen Beispielsfällen eine abschließende Regelung des jeweiligen Sachbereichs hinsichtlich der Voraussetzungen und Ausschlußgründe sieht und schuldlose Vertragsverletzungen oder einen Eigenbedarf für nicht in Abs 2 Nr 2 genannte Personen als sonstigen Kündigungsgrund ablehnt. Schon mit der Anerkennung des Betriebsbedarfs als Kündigungsgrund setzt sich BARTHELMESS (§ 564 b Rz 103 ff) in Widerspruch zu seiner eigenen Auffassung, da es sich hierbei um nichts anderes als eine besondere Form des „Eigenbedarfs" für andere Personen handelt. Die Funktion der gesetzlich geregelten Fälle besteht vielmehr darin, typische Beispiele für ein berechtigtes Kündigungsinteresse des Vermieters aufzuzeigen und damit als Leitbild für sonstige Kündigungsgründe zu dienen. Eine vollständige Systematisierung der in Betracht kommenden sonstigen Gründe ist 105 angesichts des generalklauselartigen Charakters, der dem Merkmal des berechtigten Interesses zukommt, nicht möglich. Es handelt sich um einen ausfüllungsbedürftigen Wertungsmaßstab, der durch allgemein akzeptierte Beispiele verdeutlicht werden kann und inhaltlich durch das allgemeine Rechtsbewußtsein auszufüllen ist (vgl LARENZ, Methodenlehre der Rechtswissenschaft [4. Aufl 1979] 203). (589)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 106, 107
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
106 bb) Einzelfälle a) Ein berechtigtes Interesse wegen Betriebsbedarfs im weitesten Sinne ist dadurch zu kennzeichnen, daß die zu kündigende Wohnung an Betriebsangehörige vermietet werden soll. Dabei ist nicht nur an gewerbliche Unternehmen zu denken. Einen Betriebsbedarf im hier verstandenen Sinne kann jede Organisation haben, die eine anderweitig vermietete Wohnung einem ihrer Mitglieder zur Verfügung stellen will. Dies gilt für natürliche und juristische Personen in gleicher Weise. 107 Hauptanwendungsfall ist die Inanspruchnahme einer Werkwohnung. Für Wohnungen, die mit Rücksicht auf ein bestehendes Dienstverhältnis vermietet sind, gelten nach § 565 b die besonderen Vorschriften der §§ 565 c und 565 d. Diese Werkmietwohnungen, für die neben dem Dienstvertrag ein selbständiger Mietvertrag mit dem Dienstberechtigten oder einem Dritten abgeschlossen wird, unterliegen hinsichtlich der Kündigungsberechtigung der Regelung des § 564 b (Rz 9). Das gleiche gilt unter den engen Voraussetzungen des § 565 e für Werkdienstwohnungen, bei denen die Raumüberlassung Bestandteil des Dienstvertrags ist. In diesen Fällen besteht ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, wenn das Dienstverhältnis beendet wird und der Vermieter den Wohnraum für andere Bedienstete benötigt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Dienstberechtigte selbst Vermieter ist oder ob ihm ein Belegungsrecht an werkfremden Werkwohnungen zusteht. Auch im letzteren Fall sind die Verpflichtungen des Vermieters gegenüber dem Dienstberechtigten als berechtigte Interessen zu berücksichtigen (AG Oberhausen WuM 1973, 1 6 4 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 0 8 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 1 6 , vgl aber B 522). Entscheidend ist stets, ob der Dienstberechtigte den beanspruchten Wohnraum tatsächlich für andere Bedienstete benötigt (Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 0 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 5 e; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 5 1 1 ) . Dabei braucht das Dienstverhältnis mit dem Wohnungs-
inhaber im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht beendet zu sein. Es reicht aus, wenn dies mit Sicherheit bevorsteht, also ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit der Kündigung des Mietverhältnisses feststellbar ist. Die Beendigung des Dienstverhältnisses allein genügt jedoch noch nicht. Vielmehr müssen weitere konkrete Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnung bestehen (LG Mannheim WuM 1973, 22; AG Lübeck MDR 1974, 493; AG Stuttgart WuM 1 9 7 4 , 1 2 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). Dies ist der Fall, wenn ein anderer Arbeitnehmer die zu kündigende Wohnung beziehen soll, sich Arbeitnehmer um eine frei werdende Wohnung des Betriebs beworben haben und zumindest einer bereit ist, in die zu kündigende Wohnung einzuziehen (LG Karlsruhe WuM 1974* 243). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter in seinem Betrieb einen neuen Arbeitnehmer einstellen will, der den Abschluß des Arbeitsvertrags von der Bereitstellung einer Werkwohnung abhängig macht (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 107; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 511; aM AG Friedberg WuM 1980, 256 [LS]; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1973, 138, 139). Der Charakter als Werkwohnung rechtfertigt es, den neuen Arbeitnehmer gegenüber dem ausgeschiedenen zu bevorzugen (SCHMIDT-FUTTERERBLANK aaO). Besteht Betriebsbedarf, braucht sich der Vermieter nicht darauf verweisen zu lassen, dem Arbeitnehmer anderweitig eine Wohnung verschaffen zu können (aM LG Koblenz WuM 1 9 8 0 , 1 8 6 [LS]). Auch Behörden sind nicht gehalten, im Rahmen ihrer Wohnungsfürsorge auf den Wohnungsmarkt auszuweichen, wenn sie eigene Wohnungen zur Verfügung haben, die nur erst von betriebsfremden Mietern geräumt werden müssen (AG Bonn DWW 1 9 7 5 , 1 6 6 ) . Unzureichend ist es, wenn die Wohnung einem Mieter zur Verfügung gestellt werden soll, der nicht Betriebsangehöriger ist (AG Miesbach WuM 1980, 250; BARTHELMESS § 564 b Rz 109; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). Einem betriebsfremden Mieter kann der Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(590)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 108-110
Vermieter nur kündigen, wenn er ein konkret nachweisbares und billigenswertes Interesse hat, daß gerade diese Werkwohnung einem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt wird (LG Hannover NJW1974,1094). Das gleiche ist anzunehmen, wenn die Eigenschaft als Werkwohnung erst nach der Kündigung begründet werden soll (AG Bonn DWW1975,166; BARTHELMESS § 564 b Rz 113; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 5 e; aM D E R L E D E R in AK § 564 b Rz 37). Die Kündigung ist auch dann gerechtfertigt, wenn das Haus einer Kirchengemeinde in Zukunft für Wohn- und Diensträume des Pfarrers genutzt werden soll (LG Mannheim ZMR1978,121). Das gleiche gilt, wenn es notwendig wird, einen Hausmeister in einem Haus unterzubringen (LG Hamburg MDR1980,315; LG Tübingen WuM 1980,248). Auf die Höhe des Lebensstandards des Vermieters kann es dabei nicht ankommen, weil der Charakter als Werkwohnung hiervon nicht abhängt (aM D E R L E D E R in AK § 564 b Rz 35). Im Gegensatz zur Werkwohnung kann die Kündigung nicht darauf gestützt werden, daß der Vermieter die Wohnung dem Pächter oder Käufer seines Unternehmens zur Verfügung stellen will (AG Düsseldorf WuM 1974, 179; AG Wermelskirchen WuM 1980, 249). Die Kündigung einer Werkmietwohnung ist nach § 87 Abs 1 Nr 9 BetrVerfG an die 108 Zustimmung des Betriebsrats gebunden. Es handelt sich um eine Wirksamkeitsvoraussetzung, die im Zeitpunkt der Kündigung vorliegen muß. Ist die Zustimmung erteilt, wird sie aber nicht schriftlich vorgelegt, so kann der Mieter die Kündigung unverzüglich zurückweisen, sofern der Betriebsrat ihn nicht von der Zustimmung unterrichtet hat (§§ 182 Abs 3, 111 S 2 u 3). Die zurückgewiesene Kündigung wird unwirksam und muß wiederholt werden (BARTHELMESS § 564 b Rz 112; SCHMIDTF U T T E R E R - B L A N K B 682). Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nach hM allerdings nur so lange, wie das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet ist (LG Ulm WuM 1979, 244; D I E T Z - R I C H A R D I , BetrVerfG [5. Aufl 1973] § 87 Rz 273; G A L P E R I N - L Ö W I S C H , BetrVerfG [5. Aufl 1976] § 87 Rz 209 b; W I E S E , Gemeinschaftskommentar BetrVerfG [2. Bearb 1979] § 87 Rz 132 a; aM D E R L E D E R in AK §§ 565 b-565 e Rz 8; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 683). Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist für eine solche Mitwirkung des Betriebsrats kein Bedürfnis mehr gegeben. Bei Werkdienstwohnungen besteht dagegen kein besonderes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (BAG BB 1975, 1159; hierzu S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K BB 1976, 1033). Bei der Kündigung einer Werkwohnung ist § 3 Abs 2 ArbPlSchG zu beachten. Nach 109 dieser Vorschrift darf die durch Grundwehrdienst oder Wehriibung veranlaßte Abwesenheit des Arbeitnehmers nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden. Eine Kündigung des Mietverhältnisses ist in diesen Fällen nicht generell ausgeschlossen. Sie kann aber nicht damit begründet werden, die Wohnung werde wegen der Abwesenheit des Arbeitnehmers für einen anderen Bediensteten benötigt ( S C H M I D T FUTTERER-BLANK B
512).
Ein weiterer Fall des Betriebsbedarfs im weitesten Sinne ist die Inanspruchnahme von 110 Wohnheimplätzen. Dies gilt für Arbeiter- und Lehrlingsheime, Studentenheime, Altersheime und dgl. Soweit Mietverträge über solche Wohnheimplätze dem Bestandsschutz des § 564 b unterliegen (Rz 9), ist ein Kündigungsinteresse als berechtigt anzuerkennen, wenn das Arbeits-, Ausbildungs- oder Betreuungsverhältnis beendet ist und der Wohnheimplatz für einen anderen Bewerber benötigt wird (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2638, 2; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 1 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 5 e ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
526). Auch ohne Beendigung des besonderen Verhältnisses kann die Kündigung gerechtfertigt sein, wenn der Mieter wie etwa in Studentenheimen aufgrund eines Rotationssystems von vornherein nur mit einer zeitlich begrenzten Überlassung des Wohnheimplatzes rechnen konnte (Ausschußbericht aaO 3; LöWE NJW 1975,9,11). Pflegebedürftigkeit oder unabsehbare Erkrankung im Altersheim rechtfertigt als (591)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 111-113
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
solche jedoch keine Kündigung, da sonst die beabsichtigte Gleichstellung mit anderen Mietverhältnissen (vgl Ausschußbericht aaO 3) nicht erreicht würde (aM SCHMIDTFUTTERER-BLANK a a O ) .
111 Betriebsbedarf im weitesten Sinne ist ferner grundsätzlich für eine Genossenschaftswohnung anzuerkennen, wenn der Wohriungsinhaber aus der Genossenschaft ausscheidet und die Wohnung für einen anderen Genossen benötigt wird (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 5 e; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 522). Die fehlende Mitgliedschaft allein rechtfertigt die Kündigung nicht, wenn kein konkreter Bedarf für andere Genossen besteht. Insoweit kann nichts anderes als bei Werkwohnungen gelten (Rz 107). Ist das Mietverhältnis nach dem Tod eines Genossen aufgrund des § 569 a mit dessen Erben fortgesetzt worden, so ist eine auf die fehlende Mitgliedschaft gestützte Kündigung nicht berechtigt, wenn der Erbe in diesem Zeitpunkt schon den Beitritt zu der Genossenschaft erklärt hat (LG Bremen WuM 1975, 149). Das gleiche ist anzunehmen, wenn ein Mieter, der nicht der Genossenschaft angehört, zum Beitritt bereit ist. War die Kündigung bereits ausgesprochen, kann sie nach § 242 ähnlich wie beim weggefallenen Eigenbedarf als wirkungslos zu beurteilen sein (Rz 48). 112 ß) Eine weitere Fallgruppe wird durch ein öffentliches Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gekennzeichnet. Das öffentliche Interesse kann neben dem privaten Interesse des Vermieters bestehen oder dieses erst maßgeblich bestimmen. 113 Hierzu zählt zunächst die von Anfang an fehlbelegte Sozialwohnung. Der Vermieter darf eine öffentlich geförderte Wohnung (§ 1 WoBindG) nur einem Mieter überlassen, der zum Kreis der Wohnberechtigten gehört (§§ 4 ff WoBindG). Für die Wohnberechtigung sind bestimmte Einkommensgrenzen maßgebend (§ 5 WoBindG, § 25 Abs 1 WobauG II). Hat der Vermieter die Wohnung einem Mieter überlassen, der schon zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrags nicht wohnberechtigt war, so soll ihm nach einer in Rspr und Schrifttum vertretenen Auffassung kein Kündigungsrecht zustehen, auch wenn ihm wirtschaftliche Nachteile in Form von Strafzinsen oder eines vorzeitigen Entzugs der öffentlichen Darlehensmittel nach § 25 WoBindG drohen (LG Duisburg WuM 1 9 7 3 , 1 4 0 , das auf die Kenntnis des Vermieters hinsichtlich der fehlenden Wohnberechtigung des Mieters abstellt; LG Köln MDR 1976, 143; AG Aachen WuM 1 9 7 2 , 192; STERNEL RZ IV 9 6 ; WEIMAR WuM 1973, 141). Demgegenüber wird dem Vermieter von der überwiegenden Meinung zu Recht ein Kündigungsgrund zuerkannt (Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2; LG Aachen WuM 1973, 140 - in 2. Instanz zu AG Aachen aaO - m abl Anm WEIMAR; LG Arnsberg WuM 1978, 9; LG Berlin WuM 1979, 106; LG Düsseldorf WuM 1978, 30; LG Hamburg WuM 1 9 8 0 , 2 6 5 ; AG Aachen WuM 1 9 7 5 , 1 7 0 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b RZ 1 1 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b RZ 3 2 ; DERLEDER in A K § 5 6 4 b R z 3 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 5 e; PÜTZ WuM 1 9 7 9 , 1 8 3 unter Hinweis auf § 5 5 6 a als Grundlage einer Lösung des Konflikts; SCHMIDT-FUTTERER DÖV 1 9 7 7 , 2 0 3 , 2 0 4 ;
ders-BLANK B 518 ff; VOGEL J Z 1975, 73, 75). Die fehlende Wohnberechtigung
allein kann die Kündigung allerdings nicht rechtfertigen (LG Arnsberg aaO; AG Velbert WuM 1974, 244; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen. Dies gilt etwa für einen konkreten Bedarf hinsichtlich der zu kündigenden Sozialwohnung, der dadurch manifestiert wird, daß die zuständige Stelle nach § 4 Abs 8 WoBindG von dem Vermieter verlangt, das Mietverhältnis zu kündigen und die Wohnung einem Wohnungssuchenden zu überlassen, der wohnberechtigt ist (vgl Stellungnahme des BR aaO; LG Hamburg WuM 1980,265; aM LG Münster WuM 1979, 246). Hier bestimmt das öffentliche Interesse an einer zweckentsprechenden Verwendung maßgeblich das private Interesse des Vermieters Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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§ 564 b 114-117
3. Titel. Miete. Pacht
an der Kündigung. Auch die Gefahr wirtschaftlicher Nachteile für den Vermieter durch Strafzinsen oder Entzug der öffentlichen Darlehensmittel reicht aus (aM LG Münster aaO). Diese Sanktionen dienen dem Zweck, die Mittel wieder dem öffentlich geförderten Wohnungsbau zuzuführen (§ 25 Abs 4 WoBindG). Das wirkungsvollste Mittel ist es aber, die bereits erstellte Sozialwohnung dem Kreis der Wohnberechtigten zu erhalten (aM LG Köln MDR 1976, 143). Hier steht das öffentliche Interesse neben dem privaten wirtschaftlichen Interesse des Vermieters ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 518). Auf die Kenntnis des Mieters hinsichtlich der Wohnungsbindung kommt es für die Kündigungsberechtigung des Vermieters nicht an (LG Düsseldorf WuM 1978, 30; s aber P Ü T Z WuM 1979, 183, 184). Dahin gehende subjektive Momente auf Seiten der Parteien sind bei der Geltendmachung eines Kündigungswiderspruchs nach § 556 a oder eines Schadensersatzanspruchs zu berücksichtigen (BARTHELMESS § 564 b Rz 117; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 519; VOGEL J Z 1 9 7 5 , 7 3 , 7 5 ) .
Fällt die Wohnberechtigung des Mieters erst nach Abschluß des Mietvertrags weg, 114 weil sich sein Einkommen erhöht oder die Zahl der zu berücksichtigenden Personen verringert hat, bietet das WoBindG keine rechtliche Handhabe. Der Gesetzgeber hat das Problem der nachträglich fehlbelegten Sozialwohnung noch nicht bewältigt (vgl SCHMIDT-FUTTERER DÖV 1 9 7 7 , 2 0 3 , 2 0 5 ; d e r s - B L A N K , Miete u Pacht 2 3 3 ) . Dieses Problem ist nicht durch § 564 b zu lösen, wenn daran festgehalten wird, daß die fehlende Wohnberechtigung allein noch kein Kündigungsrecht abgibt. Da gegen den Vermieter keine rechtlichen Sanktionen verhängt werden können, liegt die Räumung allein im öffentlichen Interesse, ohne daß private Interessen des Vermieters berührt werden. Dem Vermieter steht kein Kündigungsrecht zu, weil es nicht seine Aufgabe ist, öffentliche Interessen zu verfolgen (s aber Rz 118). öffentliche Interessen sind ferner erheblich, wenn eine Wohnung mit Wohnungsfür- 115 sorgemitteln der öffentlichen Hand gefördert worden ist. Hierbei handelt es sich nach § 6 Abs 2 c) WobauG II nicht um „öffentliche Mittel" iS dieses Gesetzes, so daß das WoBindG mit seinen Beschränkungen nicht eingreift. Im Darlehensvertrag werden jedoch ähnliche Regelungen, vor allem ein Wohnungsbesetzungsrecht der Behörde für ihre Bediensteten, vereinbart (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK, Miete u Pacht 251). Scheidet ein Bediensteter aus dem öffentlichen Dienst aus, so kann die Behörde vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis zu kündigen, um die Wohnung einem anderen Bediensteten zur Verfügung zu stellen. Unter diesen Voraussetzungen ist ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung anzuerkennen (Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2; BARTHELMESS § 564 b Rz 118; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 522). Neben dem Interesse des Vermieters, den Entzug der Mittel zu vermeiden, steht das öffentliche Interesse an deren zweckentsprechender Verwendung. Das gleiche gilt, wenn eine zweckgebundene LAG-Wohnung, die mit einem 116 Aufbaudarlehen nach § 254 Abs 3 LAG gefördert worden ist, fehlbelegt ist (BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 1 8 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B
524).
Nach Auffassung des Schrifttums kann dem Vermieter ein berechtigtes Interesse an 117 der Beendigung des Mietverhältnisses zuerkannt werden, wenn bei Sanierungsmaßnahmen nach dem StädtebaufördG ein Gebäude ganz oder teilweise beseitigt werden muß und die alsbaldige Beseitigung beabsichtigt ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 119; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 525). Nach § 26 StädtebaufördG ist bei Anwendung der §§ 556 a bis 556 c das öffentliche Interesse an der alsbaldigen Durchführung der Sanierung zu berücksichtigen. § 27 StädtebaufördG läßt es unter bestimmten Voraussetzungen zu, ein Mietverhältnis hoheitlich aufzuheben. Diese Vorschriften zeigen, wie öffentliche Interessen auf ein privates Rechtsverhältnis einwirken (593)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 118, 119
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
können. Die Kündigung setzt nach § 564 b allerdings ein privates Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses voraus. Sanierungsmaßnahmen dienen jedoch dem Wohl der Allgemeinheit (§ 1 Abs 4 StädtebaufördG). Die Kündigungsberechtigung wegen geplanter Sanierungsmaßnahmen läßt sich deshalb nur darauf stützen, daß das öffentliche Interesse an der Sanierung ein privates Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses auslöst. Diese Annahme ist auf der Grundlage des § 1 Abs 7 StädtebaufördG haltbar. Denn hiernach sollen Grundstückseigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beitragen, daß die städtebaulichen Maßnahmen unter gerechtem Ausgleich der öffentlichen und privaten Belange verwirklicht werden können (vgl aber D E R L E D E R JA 1977, 538, 541 unter Hinweis auf § 30 StädtebaufördG, wobei jedoch § 85 Abs 2 Nr 4 StädtebaufördG unberücksichtigt bleibt). 118 öffentliche Interessen als solche begründen hiernach grundsätzlich noch kein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses. Es bedarf vielmehr eines Umschlags auf die privatrechtliche Ebene. Dies ist der Fall, wenn die Kündigung zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten des Vermieters erforderlich ist. Am deutlichsten wird dies bei einer Identität von Vermieter und öffentlich-rechtlicher Körperschaft (BayObLG RE WuM 1981,32). Wenn eine Gemeinde die Wohnung vermietet hat, kann eine Kündigung berechtigt sein, falls die Wohnung benötigt wird, um öffentlich-rechtliche Pflichten der Versorgung Obdachloser mit Wohnraum zu erfüllen, und wenn für den zu kündigenden Mieter Ersatzraum zur Verfügung steht (BayObLG NJW 1972, 685; AG Göppingen WuM 1979, 122; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 523). Nur bei einer Identität zwischen Vermieter und öffentlichem Gemeinwesen kann auch die Kündigung einer unterbelegten oder nachträglich fehlbelegten Sozialwohnung (Rz 114) gerechtfertigt sein, soweit konkreter Bedarf hinsichtlich der in Anspruch genommenen Wohnung besteht (vgl BARTHELMESS § 564 b Rz 119; VOGEL JZ 1975, 73, 75 mit Fn 17). Dies gilt allgemein für die Verfolgung sozialer Belange durch ein öffentliches Gemeinwesen. Aber auch ein privater Vermieter kann zwecks Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen ein berechtigtes Kündigungsinteresse haben. Dies gilt etwa, wenn die Ordnungsbehörde eine Verfügung gegen den Vermieter erläßt, nach der das Wohnhaus wegen Einsturzgefahr abzureißen (BARTHELME ss § 564 b Rz 119) oder eine behördlich nicht genehmigte Benutzung zu Wohnzwecken aufzugeben ist (aM AG HamburgBlankenese WuM 1980, 55). Vor allem im Hinblick auf etwaige zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Folgen einer weiteren Benutzung können diese Gründe nach Art und Bedeutung den gesetzlich aufgezählten Fällen gleichstehen. Verfolgt eine Privatperson dagegen ohne besondere Verpflichtung öffentliche Interessen, etwa soziale Belange, so kann dies allein eine Kündigung nicht rechtfertigen. Dies gilt etwa für die Beendigung eines Mietverhältnisses, um auf dem Grundstück ein Gebäude mit 100 Wohnungen für sozial schwache Mieter zu errichten (vgl aber LG Köln WuM 1976,163 m Anm W E I M A R , das allerdings im Sachverhalt keinen Aufschluß über die Vermietereigenschaft gibt). Es ist in gleicher Weise ein soziales Anliegen, die Wohnung dem bisherigen Mieter zu belassen. Insoweit eine quantitative Gewichtung zu treffen, sollte einer Privatperson versagt bleiben. Der angemessene Lösungsansatz ist in diesen Fällen die Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung nach § 564 b Abs 2 Nr 3. Ebensowenig liegt ein von einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung in ein privates Interesse umschlagender Bedarf vor, wenn der Vermieter die zu kündigende Wohnung einem Mieter überlassen will, der ihm die Straßenreinigung und das Schneefegen abnimmt (AG Lübeck WuM 1972, 193, 194). 119 Y) Eine weitere Fallgruppe läßt sich durch Unzumiitbarkeit einer längeren Fortsetzung des Mietverhältnisses kennzeichnen. Für den Vermieter kann es aufgrund von Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(594)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 120
Vertragsverletzungen durch den Mieter unzumutbar sein, das Mietverhältnis fortzusetzen. Die Fälle schuldhafter, erheblicher Vertragsverletzungen werden durch Abs 2 Nr 1 erfaßt. Insoweit braucht für ein berechtigtes Interesse an einer ordentlichen Kündigung nicht auf sonstige Gründe abgestellt zu werden, wenn die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung erfüllt sind (vgl aber BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 2 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 5 e). Andererseits darf Unzumutbarkeit nicht bei jedem schuldlosen Vertragsverstoß angenommen werden, weil sonst Abs 2 Nr 1 gegenstandslos wäre. Aus der Funktion dieser Regelung als Leitbild ergibt sich, daß dem schuldlosen Vertragsverstoß ein ähnliches Gewicht zukommen muß. Dies ist etwa bei wiederholter, krankheitsbedingter Störung der Mitmieter in ihrer Nachtruhe ( L G Mannheim N J W 1976, 1407; PALANDT-PUTZO § 564 b A n m 5 e; SCHMIDT-
oder bei wiederholtem, durch schuldlosen Geldmangel verursachtem Zahlungsverzug anzunehmen (PALANDT-PUTZO aaO). Unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit kann auch der Fall beurteilt werden, daß der Vermieter in die zu kündigende Wohnung einziehen will, um die selbst zu zahlende Miete einzusparen. Soweit nicht schon Eigenbedarf anerkannt wird (Rz 68), weil die bisherige Wohnung des Vermieters unangemessen ist, kommt ein berechtigtes Interesse aber nur bei erheblicher Mietdifferenz in Betracht (vgl LG Hamburg WuM 1 9 7 5 , 1 2 4 ) . Darüber hinaus ist erforderlich, daß der Vermieter vor einer Kündigung das weniger einschneidende Mittel einer Erhöhung des Mietzinses der vermieteten Wohnung ergreifen muß, um die Differenz zu verringern. Wird die Aufnahme einer Pflegeperson in den Haushalt des Vermieters erforderlich, so kann dies ein sonstiges Kündigungsinteresse an der benötigten größeren Wohnung rechtfertigen (SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 4 8 6 ) , soweit nicht schon Eigenbedarf angenommen wird (Rz 5 9 ) . Die Aufnahme einer dem Vermieter nahestehenden Person, die unzureichend untergebracht ist, aber nicht unter den Personenkreis des Abs 2 Nr 2 fällt, kann idR kein sonstiges Kündigungsinteresse begründen (aM BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 1 9 ; VOGEL JZ 1 9 7 5 , 7 3 , 7 5 mit Fn 15). Liegen nicht ganz außergewöhnliche Umstände vor, zB Pflegeeltern, denen der Vermieter in besonderer Weise zu Dank und Fürsorge verpflichtet ist, so entspricht die Inanspruchnahme einer Wohnung für den kaum abgrenzbaren Kreis nahestehender Personen nicht dem Leitbild des in Abs 2 Nr 2 geregelten Eigenbedarfs. Schließlich kann die Teilnahme des Mieters an einer Hausbesetzung eine weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses als unzumutbar erscheinen lassen (vgl AG Frankfurt ZMR 1973, 149), soweit nicht schon eine schuldhafte, erhebliche Vertragsverletzung iS des Abs 2 Nr 1 zu bejahen ist (Rz FUTTERER-BLANK B 5 2 8 )
46).
8) Neben diesen Fallgruppen des Betriebsbedarfs im weitesten Sinne (Rz 106 ff), des 120 öffentlichen Interesses (Rz 112 ff) und der Unzumutbarkeit (Rz 119) kann ein berechtigtes Kündigungsinteresse aus anderen Gründen vorliegen. Immer muß ihnen aber ein ähnliches Gewicht beizumessen sein wie den gesetzlich geregelten Beispielen. Dies gilt etwa für die Kündigung durch einen Verwalter, der die Wohnung im eigenen Namen vermietet hat. Kraft des Verwaltervertrags muß er die Interessen des Grundstückseigentümers verfolgen. Tritt ein berechtigtes Interesse wie Eigenbedarf oder Verhinderung der wirtschaftlichen Verwertung nur in der Person des Eigentümers ein, so hat der Verwalter als Vermieter keinen Kündigungsgrund nach Abs 2 Nr 2 oder 3. Auf der Grundlage des Verwaltervertrags wird das Interesse des Eigentümers jedoch zu einem eigenen Interesse des Verwalters, so daß ihm ein Kündigungsrecht aus sonstigen Gründen zuzuerkennen ist. Zu beachten ist allerdings, daß dadurch nicht die Einschränkungen nach Abs 2 Nr 2 S 2 (Rz 53) und Nr 3 S 3 (Rz 102) umgangen werden. Wer ein Wohnhaus oder eine Eigentumswohnung kauft, die vermietet sind, kann nicht ohne weiteres das für eine Grunderwerbsteuerbefreiung erforderliche Merkmal erfüllen, Haus oder Wohnung selbst zu bewohnen (595)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b
121, 122
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
(vgl § 1 des G zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen vom 11. 7. 1977 [BGBl I 1213] und die in § 4 genannten früheren landesrechtlichen Vorschriften). Auch wenn eine darauf beruhende Steuernachzahlung zu einem erheblichen Mehraufwand führt, läßt sich daraus kein berechtigtes Interesse an einer Beendigung des Mietverhältnisses herleiten (aM LG Bonn WuM 1978, 51). Diese wirtschaftliche Belastung besteht für den Erwerber latent von Anfang an. Die mögliche Steuerersparnis ist aber keinem der im Gesetz ausdrücklich genannten Kündigungsgründe gleichzusetzen. 121 4. Angabe der Kündigungsgründe in dem Kündigungsschreiben (Abs 3) Als berechtigte Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses werden nur die Kündigungsgründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Eine Ausnahme gilt für solche Gründe, die nachträglich entstanden sind. Die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum (§ 564 Rz 7 ff), insbesondere das Erfordernis der Schriftform für die Kündigungserklärung (§ 564 a Rz 7 ff), bleiben durch § 564 b Abs 3 unberührt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 4 5 ) . 122 a) Die Angabe der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben ist schon aufgrund der Sollvorschrift des § 564 a Abs 1 S 2 erforderlich (s dort Rz 16 ff). Nur diese Gründe können nach § 556 a Abs 1 S 3 (s dort Rz 45) bei der Interessenabwägung im Rahmen eines Kündigungswiderspruchs berücksichtigt werden. Nach § 564 b Abs 3 muß der Vermieter aber die Gründe im Kündigungsschreiben angeben, da hiervon die Wirksamkeit der Kündigung abhängt (BARTHELMESS § 564 b Rz 130; L Ö W E NJW 1972, 2017, 2020; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 546; STERNEL Rz IV 60; LG Karlsruhe MDR 1978, 672; LG Ulm WuM 1979, 244; AG Darmstadt WuM 1974, 30; AG Dortmund WuM 1974, 152; AG Hamburg WuM 1973, 213; AG Oberhausen WuM 1973, 98). Im Gesetz ist nicht geregelt, wie ausführlich die Kündigungsgründe anzugeben sind. Insoweit gilt das gleiche wie zu § 564 a (s dort Rz 18). Beide Vorschriften dienen wegen ihres inneren Zusammenhangs (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8) in gleicher Weise dem Zweck, dem Mieter Klarheit über seine Rechtsstellung und die Erfolgsaussicht von Verteidigungsmöglichkeiten zu verschaffen. Daraus folgt, daß sämtliche Kündigungsgründe anzugeben sind und der einzelne Grund so genau zu bezeichnen ist, daß der Mieter seine Rechtsverteidigung darauf einstellen kann (AG Friedberg/Hessen WuM 1979, 243; AG Montabaur WuM 1980, 41 [ L S ] ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b Rz 35; einschr MünchKomm-VoELSKOw § 564 b Rz 73). Schlagwortartige Bezeichnungen reichen ebensowenig wie bei § 564 a Abs 1 S 2 aus (LG Osnabrück WuM 1974, 29; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1973, 163; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 547; STERNEL R Z IV 60). Entsprechend dem Schutzzweck sind vielmehr strenge Anforderungen an den Inhalt des Kündigungsschreibens zu stellen. Die Interessen des Vermieters sind so eingehend darzulegen, daß es möglich wird zu beurteilen, ob die Kündigung berechtigt ist. Dies setzt voraus, daß der einzelne Kündigungsgrund hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale ausreichend durch tatsächliche Angaben untermauert wird. Auch wenn der Vermieter dem Mieter die Gründe schon vorher mündlich (LG Hamburg WuM 1975,124) oder anderweitig schriftlich mitgeteilt hat, ist eine spezifizierte Angabe im Kündigungsschreiben nicht entbehrlich (AG Wuppertal WuM 1973, 214; BARTHELMESS § 564 b R Z 130). Entgegen der Auffassung des LG Mannheim (MDR 1976, 757) reicht eine Bezugnahme im Kündigungsschreiben auf mündlich mitgeteilte Gründe nicht aus, da der Regelung des Abs 3 auch eine Beweisfunktion im Interesse des Mieters beizumessen ist und Abweichungen nicht einmal ausnahmsweise zugelassen werden sollten. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(596)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 123-125
Wenn der Vermieter wegen schuldhafter, erheblicher Vertragsverletzungen nach Abs 123 2 Nr 1 kündigt, hat er Zahl, Dauer und Zeitpunkt konkreter Pflichtverletzungen im Kündigungsschreiben darzulegen. Auch das Merkmal der Erheblichkeit ist durch einen Tatsachenvortrag auszufüllen. Dies wird nicht durch den Hinweis auf eine wiederholte Verletzung verschiedener Pflichten ersetzt (LG Mannheim WuM 1973, 5;BARTHELMESS§ 564 b R z 133).Bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs nach Abs 2 Nr 2 ist die konkrete Bedarfssituation klar und in nachprüfbarer Weise darzulegen (LG Essen WuM 1973, 163; LG Mannheim WuM 1976, 77). Dabei sind konkrete Angaben über die bisherigen Wohnverhältnisse, die betroffenen Personen und die Gründe für den erhöhten Wohnungsbedarf zu machen (LG Dortmund WuM 1975, 148; LG Mannheim WuM 1974, 30, 31; WuM 1976, 77; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1973,163,164; vgl aber FEHL in Anm zu LG Kiel NJW 1975,1973,1974). Mit Namen braucht die Person nicht genannt zu werden. Es genügt, daß die Zugehörigkeit zu dem berechtigten Personenkreis erkennbar ist. Die pauschale Angabe, die Wohnung für den Sohn zu benötigen, ist unzureichend (AG Mannheim WuM 1975, 210). Wird der vorgeblich zur Kündigung berechtigende Eigenbedarf erst in der Klageschrift näher begründet, so ist die Räumungsklage unbegründet (AG Friedberg/Hessen WuM 1980, 64). Bei einer Kündigung wegen der Verhinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung nach Abs 3 Nr 3 sind die vorgesehene Verwertung, ggf einschließlich der Verwendung des Erlöses, mögliche Vertragspartner und die Gründe für die drohende Behinderung darzulegen. Ähnliches gilt für die sonstigen Kündigungsgründe. Damit wird dem Vermieter eine weitgehende Offenlegung seiner persönlichen und 124 wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Mieter zugemutet und abverlangt. Schon unter prozeßökonomischen Grundsätzen ist es zu sehen, wenn die Auffassung vertreten wird, der Vermieter brauche den geltend gemachten Kündigungsgrund nicht in allen Einzelheiten wiederzugeben. Es müsse dem Mieter aber möglich sein, auf der Grundlage dieser Angaben eine sachliche Nachprüfung anzustellen und seine Rechte hinreichend zu wahren (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 547 mwN). Weitere Einschränkungen können zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und vor allem aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes, zB in Krankheitsfällen, geboten sein. Wo der verfassungsrechtlich gewährleistete Schutz der Persönlichkeit beeinträchtigt werden könnte, sind die Anforderungen an die Konkretisierung der Kündigungsgründe herabzusetzen. b) Die vorgeschriebene Angabe der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben 125 wirkt sich auf das Problem des Nachschiebens von Kündigungsgründen aus (vgl § 564 Rz 16; § 564 a Rz 20). Grundsätzlich muß ein Kündigungsgrund vorliegen, wenn die Erklärung durch Zugang wirksam wird (§ 564 Rz 37). Das Erfordernis der Angabe im Kündigungsschreiben bezieht den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung mit ein (AG Lübeck WuM 1973, 7; PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 5 c). Deshalb ist es ausgeschlossen, eine unwirksame Kündigung durch das Nachschieben von Gründen zu heilen (LG Hamburg MDR 1975, 143; WuM 1975, 124; LG Karlsruhe MDR 1978, 672; LG Köln WuM 1974, 9; LG Mannheim WuM 1976, 77; AG Düsseldorf WuM 1974, 179; AG Friedberg/Hessen WuM 1979, 243; AG Geislingen WuM 1973, 161; AG Hamburg WuM 1975, 149; AG Montabaur WuM 1980, 41 [LS]; BARTHELMESS § 564 b Rz 145; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 553). Dies gilt auch für nachträglich entstandene Gründe, da deren an sich zulässige Berücksichtigung nur für den Fall einer zunächst aus anderen Gründen wirksamen Kündigung bedeutsam ist (LG Hamburg MDR 1975,143; KURTENBACH Betrieb 1971,2453,2455; LÖWE NJW 1972,2017,2019; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO; SCHROERS NJW 1973,126,127; Rz 130). Ein Vermieter, der mit einer Kündigung im Räumungsrechtsstreit rechtskräftig abgewiesen worden ist, kann eine erneute Kündigung nicht auf (597)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 126, 127
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Tatsachen stützen, die er schon im früheren Rechtsstreit geltend gemacht hat (LG Hamburg WuM 1979, 125 m Anm S C H O P P MDR 1979, 57; s auch STADIE MDR 1978, 798). Im übrigen macht es keinen Unterschied, ob die Kündigung mangels tatsächlicher Angaben über den Kündigungsgrund unwirksam ist oder ob die angegebenen Gründe die Kündigung rechtlich nicht tragen. Die Kündigung muß unter Einhaltung der nach § 565 maßgebenden Frist wiederholt werden. 126 c) Ausnahmsweise sind nach Abs 3 HS 2 nicht im Kündigungsschreiben angegebene Gründe zu berücksichtigen, soweit sie nachträglich entstanden sind. Grundsätzlich soll der Vermieter bei neuen Kündigungsgründen zu einer erneuten Kündigung gezwungen sein. Im Einklang mit der Regelung des § 556 a Abs 1 S 3 darf sich der Vermieter jedoch auf solche Gründe berufen, deren Angabe im Kündigungsschreiben ihm objektiv unmöglich war. Es erschien unbillig, den Vermieter mit der späteren Geltendmachung eines nachträglich entstandenen Grundes auszuschließen (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 7 u 8). Nur unter dieser Voraussetzung ist es zulässig, Kündigungsgründe nachzuschieben. 127 aa) Ein nachträglicher Kündigungsgrund liegt vor, wenn er nach Abgabe der Kündigungserklärung entstanden ist. Auf den Zeitpunkt des Zugangs kommt es insoweit nicht an, da schon zwischenzeitlich entstandene Gründe nicht mehr im Kündigungsschreiben angegeben werden können (BARTHELMESS § 564 b Rz 138). Im übrigen ist es unerheblich, ob der Grund vor oder nach Ablauf der Kündigungsfrist oder erst während eines Räumungsrechtsstreits entstanden ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 153). Ein Kündigungsgrund ist spätestens dann entstanden, wenn der Vorgang abgeschlossen ist, aus dem der Vermieter sein Kündigungsrecht herleitet. Bei Vertragsverletzungen durch den Mieter kommt es auf das Ende der Verletzungshandlung an. Problematisch ist es, wenn Teile des Vorgangs, der den Kündigungsgrund bildet, vor dem maßgebenden Zeitpunkt liegen, andere Teile erst später entstanden sind. Bei einer fortgesetzten Pflichtverletzung durch den Mieter können schon die vor der Abgabe der Kündigungserklärung liegenden Handlungen einen selbständigen Kündigungsgrund abgeben. Wird er nicht im Kündigungsschreiben angegeben, können spätere Handlungen nachgeschoben, aber nur für sich beurteilt werden. Erfüllen die vor dem maßgebenden Zeitpunkt liegenden Teile einer Pflichtverletzung den Tatbestand noch nicht, weil sie etwa noch nicht erheblich sind, so brauchen sie nicht angegeben zu werden und können zusammen mit späteren Handlungen berücksichtigt werden, durch die der Tatbestand vollendet wird. Dabei können auch verschiedenartige Pflichtverletzungen zusammengefaßt werden, da Abs 2 Nr 1 nicht auf eine bestimmte Art der Vertragsverletzung abstellt. Der Eigenbedarf wird durch objektive und subjektive Momente geprägt. Lag die objektive Bedarfssituation schon vor dem maßgebenden Zeitpunkt vor, faßt der Vermieter aber erst später den Entschluß einer entsprechenden Nutzung, etwa bei Familienangehörigen die Bedarfssituation zu einer eigenen zu machen, so kann daraus nicht die nachträgliche Entstehung eines Kündigungsgrundes hergeleitet werden. Entscheidend ist die objektive Bedarfslage, da sich der Vermieter sonst regelmäßig auf die Ausnahmeregelung des Abs 3 HS 2 berufen könnte (vgl aber BARTHELMESS § 564 b Rz 139). Konnte der Vermieter dies schon früher als Eigenbedarf geltend machen, so ist die nachträgliche Berücksichtigung ausgeschlossen (LG Essen WuM 1973,163). Anders kann zu entscheiden sein, wenn sich die Bedarfslage nachträglich weiter zuungunsten des Vermieters ändert. Der Kündigungsgrund wegen Verhinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung ist nicht erst dann entstanden, wenn der Vermieter tatsächlich an einer solchen Verwertung gehindert worden ist. Nach der konjunktivischen Gesetzesfassung reicht schon die Möglichkeit aus. Hierzu sind allerdings konkrete Umstände erforderlich. Abstrakte anderweitige Verwertungsmöglichkeiten sind unzureichend. Deshalb ist für den Zeitpunkt dieses Kündigungsgrundes Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(598)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 128-130
erforderlich, daß eine konkrete Verwertungsmöglichkeit durch einen - nicht notwendig endgültigen Entschluß des Vermieters - geplant ist. Die Konkretisierung kann durch Aufnahme von Vorbereitungsmaßnahmen eintreten. Die Berücksichtigung eines nachträglich entstandenen Kündigungsgrundes hängt 128 nicht davon ab, ob er mit einem schon früher vorliegenden Grund gleichartig ist oder sich davon unterscheidet. So ist es zB möglich, bei einer auf bestimmte Vertragsverletzungen gestützten Kündigung nachträglich andere Pflichtverletzungen oder auch Eigenbedarf zu berücksichtigen (BARTHELMESS § 564 b Rz 142; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K B 5 4 8 ; STERNEL R Z I V 6 5 ) . D i e v o n P A L A N D T - P U T Z O ( § 5 6 4 b A n m 5 d )
vertretene Auffassung, die nachträgliche Geltendmachung sei auf Kündigungsgründe der gleichen Art zu beschränken, findet im Gesetz keine Stütze und steht mit Sinn und Zweck der Regelung nicht im Einklang. Entscheidend ist immer, daß der spätere Kündigungsgrund aus einem neuen, nachträglich entstandenen Sachverhalt hergeleitet wird. Die Ausnahmeregelung beruht darauf, daß es dem Vermieter objektiv unmöglich ist, nachträglich entstandene Gründe schon im Kündigungsschreiben anzugeben (Rz 126). Auf subjektive Unmöglichkeit kann es deshalb nicht ankommen. Ist der Grund vor Abgabe der Kündigungserklärung entstanden, so kann er selbst bei schuldloser Unkenntnis des Vermieters nachträglich nicht mehr geltend gemacht werden ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 548; STERNEL R Z IV 61; aM BARTHELMESS § 564 b Rz 139). Nur diese Auffassung wird dem Interesse des Mieters gerecht. Er muß sich grundsätzlich auf die Angaben im Kündigungsschreiben verlassen können. Dies gilt besonders, wenn ein Grund nicht angegeben ist, der dem Mieter bekannt ist und mit dessen Geltendmachung er dann nicht mehr zu rechnen braucht. bb) Fraglich ist allerdings, welche Bedeutung der Ausnahmeregelung des Abs 3 HS 2 129 zukommt. Ein Kündigungswiderspruch nach § 556 a ist nur erforderlich, wenn die Kündigung wirksam ist. Bei der Interessenabwägung können die nachträglich entstandenen Gründe zusätzlich zugunsten des Vermieters berücksichtigt werden. Dies ergibt sich schon aus § 556 a Abs 1 S 3. Insoweit hat § 564 b Abs 3 HS 2 keine selbständige Bedeutung. Die nachträglich entstandenen Gründe brauchen nicht in einem besonderen Kündigungsschreiben festgehalten zu werden, sondern können auch formlos geltend gemacht werden. Mit der Möglichkeit, Kündigungsgründe nachzuschieben, wird die Rechtsposition des Vermieters derjenigen des Mieters angeglichen, zu dessen Gunsten auch spätere Umstände bei der Abwägung der Interessenlage im Rahmen des § 556 a zu berücksichtigen sind (BARTHELMESS § 564 b Rz 144; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 549). Für die Entscheidung einer gerichtlichen Räumungsfrist nach § 721 ZPO kommt es dagegen nicht darauf an, ob die nachträglich entstandenen Gründe kündigungsrechtlich in zulässiger Weise nachgeschoben worden sind (AG Achern DWW 1974, 237; mißverständlich BARTHELMESS aaO). Abs 3 HS 2 hat nicht zur Folge, daß eine von Anfang an unwirksame Kündigung 130 nachträglich mit Rückwirkung geheilt wird (Rz 125; s aber Rz 132 f zur Umdeutung). Dies wirkt sich jedoch nicht dahin aus, daß der Regelung neben § 556 a Abs 1 S 3 praktisch jede selbständige Bedeutung fehlt (so aber K U R T E N B A C H Betrieb 1971, 2453,2455). Für die Wirksamkeit einer Kündigung ist das Nachschieben eines später entstandenen Grundes dann bedeutsam, wenn der im Kündigungsschreiben angegebene, tragende Grund nachträglich fortgefallen ist ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b Rz 36; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 550). Eigenbedarf und Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung setzen ein fortbestehendes Erlangungsinteresse des Vermieters voraus. Ist der Kündigungsgrund bei Ablauf der Kündigungsfrist wieder entfallen (BARTHELMESS § 564 b Rz 127), so ist die Kündigung nicht mehr gerechtfertigt und kann nach § 242 als unwirksam beurteilt werden, wenn der Vermieter darauf beharrt (599)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 131, 132
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
(Rz 48). Dieses Ergebnis kann der Vermieter vermeiden, indem er nach Abs 3 HS 2 einen nachträglich entstandenen Kündigungsgrund nachschiebt (aM DERLEDER in AK § 564 b Rz 41; STERNEL RZ IV 66). Ist die Kündigung zunächst wirksam, muß sich der Mieter auf die Beendigung des Mietverhältnisses einstellen. Aus dem Gesetz läßt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, die Kündigungsgründe des § 564 b müßten tatbestandlich nicht nur im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung, sondern auch noch zur Zeit des Kündigungstermins vorliegen. Ein Fortfall eines Kündigungsgrundes entzieht der zunächst wirksamen Kündigung also nicht jegliche Rechtswirkung (§ 564 Rz 37; aM STERNEL Rz IV 62 f). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die nachträglich entstandenen Gründe mit den die Kündigung ursprünglich tragenden Gründen gleichartig sind (aM insoweit SCHMIDT-FUTTERERBLANK a a O ) .
III. Rechtsfolgen 131 1. Die ordentliche oder außerordentliche befristete Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist unwirksam, wenn ihr nicht nach § 564 b Abs 1 - 3 ein berechtigtes Interesse zugrunde liegt. Das Mietverhältnis wird durch eine solche Kündigung nicht beendet. Nach verbreiteter Auffassung soll sich diese Rechtsfolge aus § 134 ergeben, da § 564 b Abs 1 ein gesetzliches Verbot darstelle (AG Lübeck WuM 1973, 7; AG Mannheim WuM 1975, 210; BARTHELMESS § 564 b Rz 123; DERLEDER in A K § 5 6 4 b R z 4 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 9 a; SCHMIDT-
FUTTERER-BLANK B 544, 546). Anders als im Normalfall einer ordentlichen oder außerordentlichen befristeten Kündigung ist hier schon die Kündigungsberechtigung des Vermieters an eine besondere Voraussetzung geknüpft (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8). Das berechtigte Interesse ist ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal für den Eintritt der Rechtswirkungen einer Kündigung. Fehlt das berechtigte Interesse, so liegt ein Mangel im Tatbestand der Kündigung vor. Der Rückgriff auf § 134 ist deshalb überflüssig. Das gleiche gilt für die Einschränkungen, die in Abs 2 Nr 2 S 2, Nr 3 S 2 u 3 sowie Abs 3 getroffen werden. Das Gesetz schließt es aus, das Tatbestandsmerkmal des berechtigten Interesses mit bestimmten, an sich geeigneten Sachverhaltsmerkmalen auszufüllen. Die Folge ist auch hier, daß der gesetzliche Tatbestand nicht erfüllt ist und die Kündigung deshalb nicht die angestrebte Rechtswirkung entfaltet. 132 2. Ist eine ordentliche Kündigung hiernach unwirksam, stellt sich die Frage einer Umdeutung in eine außerordentliche fristlose Kündigung (abl LG Braunschweig B1GBW 1969, 137; s § 565 Rz 78 f zur Umdeutung einer verspäteten ordentlichen Kündigung; § 564 Rz 39 zum umgekehrten Fall). § 140 ist als Rechtsgrundlage auch dann anwendbar, wenn die Unwirksamkeit auf einem Mangel im Tatbestand beruht (§ 564 Rz 40). Sieht man in § 564 b ein gesetzliches Verbot (Rz 131), ergibt sich die Nichtigkeit aus § 134. Aus der Anwendbarkeit des § 140 folgt, daß es nicht darauf ankommt, ob der Vermieter bereits im Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung tatsächlich den Willen hatte, das Mietverhältnis notfalls durch eine außerordentliche fristlose Kündigung zu beenden. Entscheidend ist, ob er zumindest hypothetisch diesen Willen gehabt hätte, wenn er die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung gekannt hätte (vgl B G H Z 1 9 , 2 6 9 , 2 7 3 = N J W 1 9 5 6 , 2 9 7 ) . Unerheblich ist es für die Umdeutung, ob der im Kündigungsschreiben angegebene Grund die ordentliche Kündigung nicht trägt oder ob diese mangels jeglicher Angabe von Kündigungsgründen unwirksam ist. In beiden Fällen ist die Umdeutung allerdings nur auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung möglich, daß die Angabe eines bestimmten Grundes in der Kündigungserklärung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche fristlose Kündigung ist (§ 564 Rz 16). Praktisch wird eine Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(600)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 133-135
Umdeutung zB, wenn eine auf Vertragsverletzungen (Abs 2 Nr 1) gestützte ordentliche Kündigung im Kündigungsschreiben nicht genügend substantiiert ist, der Grund zugleich aber zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt. Ähnliches gilt, wenn Eigenbedarf (Abs 2 Nr 2) oder Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung (Abs 2 Nr 3) unberechtigt geltend gemacht wird und daneben ein Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung besteht. Allerdings darf das Rechtsgeschäft, in das umgedeutet wird, keine weitergehenden 133 Rechtswirkungen erzeugen als das ursprünglich beabsichtigte Geschäft (BGHZ 19, 269, 275 = NJW 1956, 297, 298; BGHZ 20, 363, 370 f = NJW 1956,1198,1200). Die außerordentliche Kündigung kann das Mietverhältnis deshalb nicht zu einem früheren Zeitpunkt beenden, als es bei Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung der Fall gewesen wäre. Dieses Ergebnis wird erreicht, wenn bei der Umdeutung eine der gesetzlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist berücksichtigt wird (§ 565 Rz 78 f). Fraglich bleibt dann allein, ob der Umdeutung ein Vertrauensschutz des Mieters entgegensteht. Wer aber einen wichtigen Grund zur Kündigung gesetzt hat, ist insoweit grundsätzlich nicht schutzbedürftig (vgl aber die Nachw § 565 Rz 79). Dabei ist es unerheblich, ob der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt. Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn der Vermieter ausdrücklich erklärt hat, er werde den Grund nicht zum Anlaß für eine außerordentliche Kündigung nehmen. Diese Erklärung liegt aber nicht schon in der ordentlichen Kündigung als solcher, da der Vermieter davon ausgeht, daß schon hierdurch das Mietverhältnis beendet wird. Die Umdeutung führt auch hinsichtlich des § 556 a nicht zu weitergehenden Rechtsfolgen, da dem Mieter nach Abs 4 Nr 2 dieser Vorschrift selbst bei einer ordentlichen Kündigung kein Widerspruchsrecht zugestanden hätte (§ 556 a Rz 56 b). IV. Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung 1. Ist die Kündigung nach § 564 b unberechtigt und damit unwirksam, so können sich 134 für den Mieter, der aufgrund dieser Kündigung einen Schaden erlitten hat, Ersatzansprüche gegen den Vermieter ergeben (HONSELL-WIELING, Fälle zum Besonderen Schuldrecht [ 1 9 7 9 ] 3 8 ; SCHOPP MDR 1 9 7 7 , 1 9 8 ; SEIER ZMR 1 9 7 8 , 3 4 ; STERNEL MDR 1 9 7 6 , 2 6 5 ) . Hierfür genügt nicht ohne weiteres die bloße Erklärung des Vermieters, die Wohnung wegen Eigenbedarfs zu benötigen, wenn nicht fälschlich Tatsachen geltend gemacht werden, die grundsätzlich geeignet sind, einen Eigenbedarf zu begründen (LG Wiesbaden WuM 1980, 229). Die Kündigung kann zum einen unwirksam sein, weil der Vermieter irrtümlich angenommen hat, ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses zu haben. Der Irrtum kann sich auf die angenommenen Tatsachen oder auf die Rechtslage beziehen. Besonders gravierend sind allerdings die Fälle, in denen der Vermieter ein berechtigtes Interesse nur vorspiegelt, um den Mieter zur Räumung der Wohnung zu veranlassen. Dies kommt vor allem bei vorgetäuschtem Eigenbedarf in Betracht (LÖWE ZMR 1 9 7 5 , 2 8 9 ; SCHICKEDANZ ZMR 1 9 7 5 , 1 9 6 ) , gilt aber für die anderen Kündigungsgründe in gleicher Weise. 2. Eine unwirksame Kündigung kann einen Anspruch des Mieters aus positiver 135 Forderungsverletzung auslösen. Der Vermieter ist zur Rücksichtnahme verpflichtet und hat alles zu unterlassen, was den Mieter schädigen kann. Er darf deshalb nicht bewußt wahrheitswidrig einen Kündigungsgrund, so vor allem Eigenbedarf, vorschieben, um den Mieter zur Räumung der Wohnung zu veranlassen. Anderenfalls macht sich der Vermieter schadensersatzpflichtig (AG Essen WuM 1974, 197; AG Heidelberg WuM 1 9 7 3 , 1 8 5 ; WuM 1 9 7 5 , 6 7 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 2 4 2 ; (601)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 136
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b RZ 4 0 ; HANS § 5 6 4 b A n m 3 b b b a a a ; HERPERS RZ 8 7 0 ; LÖWE Z M R 1 9 7 5 , 2 8 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 9 ; STERNEL M D R 1 9 7 6 , 2 6 5 , 2 6 7 ; a M SCHICKEDANZ Z M R 1 9 7 5 , 1 9 6 ; SCHOPP Z M R 1975, 9 7 , 1 0 4 ; vgl O L G
Hamm ZMR 1976, 149). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter die unberechtigte Kündigung nur fahrlässig ausgesprochen hat (LG Freiburg WuM 1978, 122; WuM 1 9 7 9 , 2 1 5 ; LG Kiel NJW 1 9 7 5 , 1 9 7 3 m abl Anm FEHL; LG Waldshut-Tiengen WuM 1 9 7 8 , 5 ; AG Hamburg-Harburg WuM 1 9 7 8 , 6 5 ; AG Waldshut-Tiengen WuM 1977, 115 u 2 3 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b R z 4 1 ; SEIER Z M R 1 9 7 8 , 34, 3 5 ff; STERNEL MDR 1 9 7 6 , 2 6 8 ; aM WEIMAR MDR 1 9 7 7 , 1 9 8 ) . Zu bedenken ist allerdings,
daß die Fürsorgepflicht auch als Teil der Überlassungspflicht verstanden werden kann (HONSELL-WIELING aaO; §§ 5 3 5 , 5 3 6 Rz 2 4 , 9 6 ) . Im übrigen stellt eine unberechtigte Kündigung nur dann eine fahrlässige Vertragsverletzung dar, wenn der Vermieter hinsichtlich der angenommenen Tatsachen oder der Rechtslage keine Erkundigungen eingezogen hat oder wenn ihm insoweit irreführende Angaben Dritter zugerechnet werden können. Trifft den Vermieter kein Verschulden, steht dem Mieter kein Schadensersatzanspruch zu (AG Wolfach WuM 1980, 254 [LS]). Fällt der Kündigungsgrund später weg, so muß der Vermieter den Mieter darauf hinweisen (LG Düsseldorf WuM 1976, 70; AG Düsseldorf WuM 1976, 14 in der Vorinstanz; AG Siegen WuM 1978, 2 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b RZ 4 1 ) . Ohne besondere Anhaltspunkte braucht sich der Vermieter nach Ausspruch seiner Kündigung aber nicht zu vergewissern, ob die Absicht seiner Familienangehörigen, die gekündigte Wohnung zu beziehen, noch besteht (LG Köln WuM 1980, 48). 136 3. Eine unwirksame Kündigung kann zu Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung führen. Wird der Kündigungsgrund bewußt wahrheitswidrig vorgespiegelt, so kann darin eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung iS des § 826 liegen (OLG Celle OLGZ 1979, 64; OLG Karlsruhe WuM 1976, 99, 101; LG Köln WuM 1980, 4 8 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 2 4 7 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 9 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 5 , 97, 105; STERNEL MDR 1976, 2 6 5 , 2 6 7 ) . Außerdem kommt ein Schadenser-
satzanspruch aus § 823 Abs 2 iVm § 263 StGB in Betracht, wenn in der unberechtigten Kündigung und ihrer Durchsetzung ein Betrug liegt (LG Köln WuM 1980, 48; A G Augsburg W u M 1978, 130; BARTHELMESS § 564 b RZ 246; HANS §
5 6 4 b Anm 3 b bb aaa; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO; SCHOPP aaO; ders ZMR 1 9 7 5 , 3 5 3 , 3 5 6 ; STERNEL aaO; ders Rz IV 8 8 ; zweifelnd LÖWE ZMR 1975, 2 8 9 , 2 9 0 ;
a M SCHICKEDANZ Z M R 1975, 196, 197). Die von SCHICKEDANZ (aaO) bezweifelte
Stoffgleichheit zwischen Vermögensschaden und Vermögensvorteil beim Betrugstatbestand liegt in dem Besitz an der Wohnung (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO; STERNEL MDR 1 9 7 6 , 2 6 5 f). Dies genügt für den haftungsbegründenden Tatbestand, während alle weiteren Schäden durch den haftungsausfüllenden Tatbestand erfaßt werden. Für den subjektiven Tatbestand müssen Vorsatz und Bereicherungsabsicht gegeben sein. Diese weitgehenden Anforderungen entfallen, wenn § 564 b als Schutzgesetz iS des § 823 Abs 2 anerkannt wird. Die gleiche Frage ist in der Rspr schon zu Art 1 § 1 WKSchG I bejaht worden (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99, 101; LG Düsseldorf ZMR 1976, 281; AG Bonn WuM 1975, 125; AG Esslingen WuM 1976, 126; AG Heidelberg WuM 1975, 67; AG Mannheim WuM 1977, 166; AG Waldshut-Tiengen WuM 1977, 230) und wird für § 564 b von einem Teil der Rspr (AG Waldshut-Tiengen WuM 1977, 115) und des Schrifttums nicht anders entschieden (BARTHELMESS § 564 b RZ 245; BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b RZ 40; DERLEDER in A K § 5 6 4 b R z 2 4 ; HERPERS RZ 8 7 0 ; LÖWE Z M R 1 9 7 5 , 2 8 9 , 2 9 0 ; einschr SCHOPP ZMR 1 9 7 5 , 3 5 3 , 3 5 5 ; offengelassen von OLG Hamm ZMR 1 9 7 6 , 149; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 4 7 9 ) . Demgegenüber wird vereinzelt eingewandt,
§ 564 b bezwecke zwar den Bestandsschutz des Wohnraummietverhältnisses gerade auch zugunsten des einzelnen Mieters. Andererseits solle die Vorschrift nicht Schutz Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(602)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 137
gegenüber Rechtsverletzungen bewirken, sondern den Machtkreis des Vermieters einschränken. Eine derartige Schranke der Dispositionsfreiheit sei kein Schutzgesetz (MünchKomm-VoELSKOw § 564 b Rz 78; STERNEL MDR 1976, 265, 266; ders Rz IV 88; SCHICKEDANZ ZMR 1975, 196, 197; s auch OLG Karlsruhe Justiz 1976, 126). Der Normzweck erstrecke sich nicht auf den Schutz vor Vermögenseinbußen ( S E I E R ZMR 1978,34,35). Eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Vermieters, die nur im Interesse des Mieters getroffen wird, läßt sich jedoch nicht in dieser Weise von dem dadurch bewirkten Schutz isolieren. Der Bestandsschutz des Wohnraummietverhältnisses und der Schutz gegen Rechtsverletzungen durch unberechtigte Kündigungen sind identisch. Der Mieter soll gerade auch dann vor den mit einem Wohnungswechsel verbundenen Umständen und Aufwendungen bewahrt werden, wenn er sich nicht auf eine individuelle Härte iS des § 556 a berufen kann (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 7). Das aber ist nichts anderes als der Schaden, der durch eine unberechtigte Kündigung eintritt und vor dem der Mieter geschützt werden soll. § 564 b ist deshalb als Schutzgesetz iS des § 823 Abs 2 anzuerkennen. Damit ist der Mieter durch § 564 b auch gegen die Folgen solcher Kündigungen geschützt, die der Vermieter irrtümlich für berechtigt hält (vgl AG Heidelberg WuM 1973, 137 zu Art 1 § 1 WKSchG I). Obwohl § 564 b kein Verschulden voraussetzt, tritt die Ersatzpflicht nach § 823 Abs 2 S 2 nur ein, wenn der Vermieter die Kündigung zumindest fahrlässig für berechtigt hält (Rz 135). 4. Der vom Vermieter zu ersetzende Schaden umfaßt die gesamte Vermögensein- 137 büße, die dem Mieter infolge der unberechtigten Kündigung adäquat kausal entstanden ist. Hierzu gehören neben den reinen Umzugskosten für die Beförderung des Umzugsguts (vgl die Rspr Rz 135, 136; BARTHELMESS § 564 b Rz 255; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 479) Makler- oder Inseratskosten für die Suche einer neuen Wohnung (AG Augsburg WuM 1978, 130; AG Heidelberg WuM 1975, 67; BARTHELMESS § 564 b Rz 255), ggf die Differenz zur höheren neuen Miete (BARTHELMESS a a O ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K a a O ; STERNEL M D R
1976,
265,
269) oder der noch neben der alten Miete zu zahlende neue Mietzins (AG Essen WuM 1974, 197), ferner Kosten für Renovierung der neuen oder alten Wohnung, Gardinen, Telefonummeldung (AG Augsburg aaO; AG Hamburg-Harburg WuM 1978, 65), Inanspruchnahme von Urlaub für die Renovierung der neuen Wohnung (AG Essen aaO), der Verlust noch nicht abgewohnter Investitionen (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99, 101; AG Heidelberg WuM 1973, 185), Aufwendungen für die gerichtliche und außergerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts (AG Heidelberg WuM 1975, 67; A G Kenzingen AnwBl 1976, 405; AG München WuM 1980, 196). Es besteht kein Grund, für den Umfang des zu ersetzenden Schadens zwischen den einzelnen Anspruchsgrundlagen Unterschiede zu machen (stark einschr S C H O P P ZMR 1975,353 ff). Dies gilt auch für § 823 Abs 2, der voraussetzt, daß der zu ersetzende Schaden vom Schutzzweck der Norm umfaßt wird (vgl B G H Z 46,17, 23 mwN = NJW 1966, 2014, 2016). Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, daß der Mieter durch den mit Art 1 § 1 WKSchG I und § 564 b geschaffenen Bestandsschutz vor den mit einem Wohnungswechsel verbundenen Umständen und Aufwendungen bewahrt werden soll, wenn die Voraussetzungen für einen Kündigungswiderspruch nach § 556 a nicht erfüllt sind (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 7). Daraus folgt, daß § 564 b den Mieter auch vor den finanziellen Folgen einer unberechtigten Kündigung schützen soll, nicht nur vor dem Verlust der Wohnung als solcher (LG Düsseldorf WuM 1976, 70, 71; aM OLG Karlsruhe Justiz 1976,126). In gleicher Weise umfaßt § 263 StGB als Schutzgesetz iS des § 823 Abs 2 die weiteren Folgen einer durch Betrug herbeigeführten Räumung der Wohnung. Bei keiner der in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen ist die Schadensersatzpflicht des Vermieters allerdings davon abhängig, daß der Mieter durch die Kündigung (603)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 138-142
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
tatsächlich zur Räumung veranlaßt wird (STERNEL MDR1976,265). Zu ersetzen sind deshalb auch Aufwendungen, die zur Abwehr der unberechtigten Kündigung oder für die später abgebrochene Suche einer neuen Wohnung gemacht worden sind (STERNEL MDR 1 9 7 6 , 2 6 5 , 2 6 9 ) . 138 Der Umfang des zu ersetzenden Schadens kann nach § 254 einzuschränken sein. Bevor der Mieter die Wohnung widerspruchslos räumt, muß er prüfen, ob die Kündigung berechtigt ist und ob ein Widerspruch nach § 556 a erfolgversprechend ist (LG Freiburg WuM 1979, 215; LG Hamburg MDR 1976, 844, hierzu SCHOPP MDR 1 9 7 7 , 1 9 8 u SEIER Z M R 1 9 7 8 , 3 4 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 2 5 6 ; B G B - R G R K -
GELHAAR § 564 b Rz 41). Es ist ihm zumutbar, hierzu sachverständigen Rechtsrat einzuholen (OLG Karlsruhe Justiz 1976,126,127). Auf einen Rechtsstreit braucht er es allerdings nicht ankommen zu lassen (LG Freiburg WuM 1978,122; STERNEL aaO; aM LG Tübingen WuM 1980, 248). Wenn sich der Mieter einer rechtswidrigen Kündigung beugt, weil er vor einem Rechtsstreit zurückschreckt oder weil er die vom Vermieter angegebenen Gründe für berechtigt hält, so liegt darin nicht ohne weiteres ein Mietaufhebungsvertrag (§ 564 Rz 46), der Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter etwa aufgrund einer Einwilligung in dessen Verhalten oder durch Beseitigung der Ursächlichkeit der Kündigung ausschließen würde (AG HamburgH a r b u r g W u M 1 9 7 8 , 6 5 ; STERNEL a a O 2 6 7 ; a M O L G K a r l s r u h e a a O ; SCHOPP Z M R
1975, 353; vgl BARTHELMESS § 564 b Rz 253). Hat der Vermieter den Kündigungsgrund arglistig vorgespiegelt, so kann ein etwaiges Mitverschulden des Mieters idR unberücksichtigt bleiben (STERNEL aaO 269). 139 5. Die Beweislast für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen trifft den Mieter (LG Aachen WuM 1976, 201; LG Koblenz WuM 1980, 10; BARTHELMESS § 564 b R z 2 5 4 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b RZ 4 0 ; STERNEL a a O ; a M A G E s s e n W u M
1974,197). Zugunsten des Mieters können gewisse Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr eingreifen (STERNEL aaO; ders Rz IV 88). 140 6. Die Verjährung der Schadensersatzansprüche des Mieters richtet sich nach den für die einzelnen Anspruchsgrundlagen maßgebenden Vorschriften. Die kurze Verjährungsfrist des § 558 Abs 1 greift für derartige Ansprüche nicht ein (AG Heidelberg W u M 1975, 67, 69; BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b R z 41).
V. Ausnahmetatbestände 141 1. Vermietung von Einliegerwohnraum (Abs 4) a) Allgemeines Nach Abs 4 kann der Vermieter bei einem Mietverhältnis über eine Wohnung in einem von ihm selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen auch dann kündigen, wenn die Voraussetzungen des Abs 1 nicht vorliegen. Die Kündigung ist ohne ein berechtigtes Interesse möglich. Die nach § 565 oder nach der vertraglichen Vereinbarung maßgebende Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate. In dem Kündigungsschreiben ist darauf hinzuweisen, daß die Kündigung nicht auf Abs 1 gestützt wird. Das gleiche gilt für Wohnraum innerhalb der Vermieterwohnung, soweit die Anwendbarkeit des § 564 b nach Abs 7 nicht ausgeschlossen ist. 142 Diese Regelung ist erst auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages in den Entw eines WKSchG II aufgenommen worden (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2). Maßgebend hierfür war die besondere Situation bei derartigen MietVerhältnissen. Wegen des engen Zusammenlebens der Parteien sei es Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(604)
§ 564 b 143-145
3. Titel. Miete. Pacht
erforderlich, dem Vermieter die Kündigung zu erleichtern. Persönliche, vom Verschulden oft unabhängige Unwägbarkeiten könnten das Verhältnis zwischen den Parteien leichter zerstören als in einem größeren Mietwohnhaus. Bei einem zerrütteten Mietverhältnis müsse wegen der ausschlaggebenden Bedeutung eines harmonischen und störungsfreien Zusammenwohnens eine Trennung auch ohne besonderen Grund möglich sein (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 89, 8310 B; 8314 A, B; 8315 C, D; 8323 D; LG Stuttgart ZMR 1979,274; BARTHELMESS § 564 b Rz 148 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 529 f; SCHUBERT WuM 1975,1). Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift zugunsten des Vermieters, die eng auszulegen ist und die die sonstigen Voraussetzungen der Kündigung unberührt läßt (BARTHELMESS § 564 b Rz 152; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 531). Die Darlegungs- und Beweislast obliegt dem Vermieter ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 540). b) Tatbestandsmerkmale im einzelnen
143
aa) Es muß sich um ein Mietverhältnis über eine Wohnung handeln. Der Begriff der Wohnung ist nicht mit dem vom Gesetz sonst verwendeten Begriff des Wohnraums identisch (vgl Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff), sondern geht darüber hinaus. Die Wohnung ist eine selbständige, räumlich und wirtschaftlich gesonderte Wohneinheit, die eine selbständige Haushaltsführung ermöglicht (KG JW 1925, 1 1 2 7 N r 4 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z
1 5 5 ; ROQUETTE § 5 3 5 R z
141;
SCHMIDT-
B 536). Dazu sind grundsätzlich eigene Küche oder Kochgelegenheit, Wasserversorgung und Abort erforderlich (LG Essen WuM 1977, 206). Maßgebend ist in erster Linie die Verkehrsanschauung. Hierfür können gewisse Anhaltspunkte aus der für das Bauwesen erheblichen DIN-Norm 283 B11 und aus § 39 WobauG II, der für die Wohnungsbauförderung bedeutsam ist, entnommen werden (BARTHELMESS § 564 b R z 155; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 536, C157; vgl BFH BStBl II 1979, 542 = BB 1979,1281). Eine bestimmte Mindestgröße ist nicht vorauszusetzen. Die übliche und in keiner Weise eingeschränkte Mitbenutzung anderer Räume ist unschädlich. Ein separater Eingang ist nicht erforderlich, da Abs 4 nicht auf die Abgeschlossenheit der Wohnung abstellt (LG Essen aaO; BARTHELMESS aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO; SCHUBERT W U M 1975, 1, 2). Unerheblich ist auch, aus wieviel Räumen die Wohnung besteht und ob Nebenräume vorhanden sind. Ein einzelnes Zimmer erfüllt diese Voraussetzungen nur, wenn es baulich für ein eigenständiges Wohnen ausgestattet ist. Ein Waschbecken und Elektroanschlüsse geben einem solchen Zimmer noch nicht den Charakter einer Wohnung (AG Siegburg WuM 1979,218 m krit Anm H O L T S C H O P P E N ) . Eine Mehrheit von Räumen ist dann als Wohnung zu beurteilen, wenn sich eine dahin gehende Zusammenfassung zumindest aus der Lage der Räume zueinander, aus ihrer Zweckbestimmung und der dieser Zweckbestimmung entsprechenden tatsächlichen Nutzung ergibt (vgl BFH BStBl II 1980, 175). FUTTERER-BLANK
bb) Die Wohnung muß in einem Wohngebäude liegen. Ein Geschäftshaus kommt 144 nicht in Betracht. Dient ein Gebäude zum Teil Wohnzwecken, zum Teil geschäftlichen Zwecken, so ist entscheidend, ob der Wohnraumanteil überwiegt. Dies hängt vom Nutzungswert der Räume ab. Ist hiernach ein Wohngebäude anzunehmen, so ist die Gefahr einer gegenseitigen Beeinträchtigung der Parteien durch enges Zusammenwohnen in gleicher Weise wie bei einem reinen Wohnhaus gegeben ( B A R T H E L MESS § 5 6 4 b R z
156).
cc) Das Wohngebäude darf nicht mehr als zwei Wohnungen aufweisen. Ob bei 145 Mischgebäuden ein untergeordneter geschäftlicher Raumanteil vorliegt, etwa ein Geschäft oder Büroräume im Erdgeschoß, ist unerheblich (LG Stuttgart ZMR 1979, 274 m Anm B U C H H O L Z - D U F F N E R ) . Das gleiche gilt, wenn neben den zwei Wohnun(605)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 146, 147
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
gen noch weitere Wohnräume vorhanden sind, etwa Mansardenzimmer, die nicht als selbständige Wohnung beurteilt werden können. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, daß das Gebäude nur zwei Wohnungen aufweist (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 5 7 ; PALANDT-PUTZO
§ 564 b
Anm
3 a;
SCHMIDT W u M
1975,
109,
112;
SCHMIDT-
Nicht entscheidend ist es, ob es sich um gleichartige Wohnungen handelt. Die Vermietung von weiteren Einzelräumen in geringer Zahl, die nicht zu einer Wohnung zusammengeschlossen sind, schließt die Anwendbarkeit des Abs 4 nicht aus, da solche Räume zwar abgesonderte Wohnbereiche, aber keine Wohnung iS des Gesetzes darstellen (aM LG Düsseldorf WuM 1 9 7 8 , 5 3 ; STERNEL R Z IV 156). Unerheblich ist es, ob solche Räume es behelfsmäßig zulassen, einen selbständigen Haushalt zu führen. Eine Vielzahl von Pensionszimmern für Feriengäste kann den Charakter des Wohngebäudes aber entscheidend verändern und die Anwendung des Abs 4 ausschließen (LG Mannheim WuM 1978, 91 - 5 Pensionszimmer). Auf Wohngebäude mit zwei normalen Wohnungen und einer weiteren Dachgeschoß- oder Souterrainwohnung ist die Vorschrift deshalb unanwendbar. Ein Gebäude mit drei Wohnungen wird auch nicht dadurch zu einem Zweifamilienhaus, daß eine Wohnung leersteht. Entscheidend ist grundsätzlich die objektive bauliche Gestaltung (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 5 7 ) , wobei es auf die Dauerhaftigkeit nicht ankommt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 3 6 ) . Wenn eine größere Wohnung aufgeteilt an mehrere Mieter überlassen ist und jeder Teil als selbständige Wohnung zu beurteilen ist, kann die bauliche Gestaltung jedoch zurücktreten. Nach der Fassung des Gesetzes kommt es nicht darauf an, ob die einzelnen Wohnungen einen separaten Haus- oder Wohnungseingang haben oder ob das Haus bei getrennten Hauseingängen wenigstens freistehend ist (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 5 9 ; J A U E R N I G - T E I C H M A N N § 5 6 4 b Anm 4 b; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 3 7 ; aM LG Hannover WuM 1 9 7 9 , 7 8 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 3 a). Die Gefahr gegenseitiger Beeinträchtigungen der Parteien ist nicht von einem gemeinsamen Eingang abhängig. Auch die Einliegerwohnung iS des § 11 WobauG II fällt unter § 564 b Abs 4, ohne daß die wohnungsbaurechtlichen Kriterien für die Kündigungsvorschriften eine Rolle spielen. FUTTERER-BLANK B
437).
146 dd) Das Wohngebäude muß vom Vermieter selbst bewohnt sein. Es muß sich um dasselbe Gebäude handeln. Auf nebeneinanderliegende Reihenhäuser oder Bungalow-Wohnungen ist die Vorschrift nicht anwendbar (LG Hannover WuM 1979, 78). Auf die Besitzverhältnisse oder den Wohnsitz im rechtlichen Sinne kommt es nicht an. Nach Sinn und Zweck der Regelung muß der Vermieter einen so intensiven Wohngebrauch ausüben, daß die Gefahr gegenseitiger Beeinträchtigungen besteht. Der Vermieter muß deshalb das Gebäude nicht nur vorübergehend zu Wohnzwecken nutzen und dort ein häusliches Leben entfalten (BARTHELMESS § 564 b Rz 160; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 538). Ob es sich um seine Erst- oder um eine Zweitwohnung handelt und ob neben den Wohnräumen andere Räume zu geschäftlichen Zwecken genutzt werden, spielt dann keine Rolle. Der Vermieter braucht sich nicht ständig in dem Gebäude aufzuhalten (LG Berlin WuM 1980, 134; B A R T H E L MESS § 564 b Rz 161; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 538; vgl aber SCHUBERT WuM 1975, 1, 2), sofern nur die Gefahr gegenseitiger Beeinträchtigungen bestehenbleibt. Diese Gefahr besteht auch dann, wenn der Vermieter erst später als der Mieter in das Haus eingezogen ist. Die Vorschrift ist nach ihrem Zweck auch in diesen Fällen anwendbar, so daß es nicht auf die Verhältnisse zur Zeit des Vertragsabschlusses ankommt (aM STERNEL R Z IV 158). 147 Der Vermieter muß selbst in dem Gebäude wohnen, ob allein oder zusammen mit anderen Personen, spielt keine Rolle. Unzureichend ist es aber, wenn nur Angehörige dort wohnen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 6 6 ) . Vermieter ist derjenige, der als Vertragspartei den Mietvertrag abgeschlossen hat. Dies braucht nicht der EigentüJürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 148
mer zu sein (aM DERLEDER in AK § 5 6 4 b Rz 6 , der dem Eigentümer nur noch den Inhaber eines Erbbaurechts oder eines dinglichen Wohnrechts gleichstellt). Auch dem Mieter eines Zweifamilienhauses kann bei Untervermietung der anderen Wohnung das Kündigungsrecht aus Abs 4 zustehen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 6 4 ; HERPERS R Z 8 3 3 ; L O W E NJW 1 9 7 5 , 9 , 1 1 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 3 a). Wohnt der Eigentümer in dem Haus, ist Vermieter aber eine andere Person, etwa ein Verwalter oder Nießbraucher, so ist die Vorschrift nach Sinn und Zweck ausnahmsweise entsprechend anzuwenden. Unmittelbar anwendbar ist sie dagegen, wenn mehrere Vermieter den Vertrag abgeschlossen haben, von denen nur einer in dem Gebäude wohnt. Dies gilt für eine Miteigentümergemeinschaft in gleicher Weise wie für eine Gesamthandsgemeinschaft, weil auch für nur einen der Vermieter die Gefahr von Beeinträchtigungen durch den Mieter besteht (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 6 5 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 3 8 ; STERNEL R Z IV 1 5 7 ) . Wird der Mietvertrag unmittelbar von einer OHG oder KG abgeschlossen (§§ 124, 161 Abs 2 HGB), ist gleichwohl den einzelnen Gesellschaftern die Vermietereigenschaft beizumessen, da sie mangels eigener Rechtsfähigkeit der Gesellschaft Träger der Rechte und Pflichten sind (aM wohl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). § 5 6 4 b Abs 4 ist jedoch unanwendbar bei einer juristischen Person als Vermieterin, da diese das Gebäude nicht selbst bewohnen kann. Wegen der strikten Trennung zwischen rechtsfähiger Gesellschaft und Gesellschafter verbietet sich in diesen Fällen auch eine Parallele zu dem Gesellschafter einer Personengesellschaft, der das von der Gesellschaft vermietete Haus bewohnt. Eine entsprechende Anwendung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Gesellschafter einer Einmanngesellschaft in dem Haus wohnt, weil Vermieter und wirtschaftlicher Eigentümer in diesem Fall identisch sind. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt es nur darauf an, daß das Wohngebäude von dem Vermieter bewohnt wird. Es muß nicht unbedingt eine der beiden Wohnungen sein (so aber S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 3 8 ) . Es genügt ein einzelner Wohnraum, wenn der Vermieter für seine eigenen Wohnbedürfnisse andere Räume des Hauses mitbenutzen kann (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 6 2 ) . ee) Nach Abs 4 S 3 gilt die erleichterte Kündigungsmöglichkeit entsprechend für 148 Mietverhältnisse über Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach Abs 7 ganz vom Anwendungsbereich des § 564 b ausgeschlossen ist. Damit werden Mietverhältnisse über Wohnraum erfaßt, der nicht die Merkmale einer selbständigen Wohnung (Rz 143) aufweist. Hierzu gehören Leerzimmer und nicht überwiegend vom Vermieter mit Möbeln auszustattende Zimmer, die nicht nur auf vorübergehende Zeit an Einzelpersonen oder Familien überlassen sind. Ferner zählen hierzu möblierte Wohnräume, die einer Familie zum dauernden Gebrauch überlassen sind (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2638, 2; s auch Rz 155). Der Wohnraum liegt innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, wenn ein enger Zusammenhang zwischen den beiden Wohnbereichen besteht, so daß der vermietete Wohnraum objektiv als Teil der Vermieterwohnung erscheint und ein besonders enges räumliches Zusammenleben der Parteien zur Folge hat. Dies setzt voraus, daß der Vermieter die Wohnung persönlich nutzt (Rz 146). Es reicht nicht aus, wenn der Vermieter selbst nur einen Einzelraum bewohnt und bestimmte Räume der Wohnung wie Bad oder Toilette mitbenutzt. Sein Wohnraum ist dann Teil der Mieterwohnung. Unzureichend ist es, wenn der Mieter einen Einzelraum im Dachgeschoß oder Souterrain bewohnt oder wenn das Zimmer vom Treppenhaus aus separat zugänglich ist, selbst wenn im übrigen eine nicht benutzte Verbindungstür zur Vermieterwohnung besteht. Handelt es sich baulich um ein Einfamilienhaus, sind solche Einzelräume jedoch immer Teil der Vermieterwohnung (BARTHELMESS § 564 b Rz 172; H A N S § 565 Anm 2 c; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b (607)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 149-151
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Anm 3 b; S C H O P P ZMR 1975, 97, 98). Das gleiche gilt, wenn Wohnraum wie Mansarden, Souterrainräume oder sonstige vom Treppenhaus separat zugängliche Räume außerhalb der abgeschlossenen Wohnung des Vermieters liegt, wegen der gemeinschaftlichen Benutzung von Küche, Bad oder Toilette aber mit dem Wohnbereich des Vermieters einen räumlichen Zusammenhang aufweist (BARTHELMESS § 564 b Rz 41 f). Die Regelung des Abs 4 S 3 beschränkt sich nicht auf Ein- oder Zweifamilienhäuser, sondern gilt ihrem Zweck entsprechend auch für Wohnraum innerhalb der Vermieterwohnung, die in einem Mehrfamilienhaus (LG Berlin ZMR 1 9 8 0 , 3 3 9 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R Z 1 7 0 ; L U T Z D W W 1 9 7 5 , 6 ; P A L A N D T - P U T Z O §
564 b Anm 3 b) oder etwa als Einzelwohnung in einem ansonsten geschäftlich genutzten Gebäude liegt. Angesichts des Gesetzeszwecks ist die in Abs 4 S 3 vorgeschriebene entsprechende Anwendung der S 1 und 2 nicht als Tatbestandsverweisung mit einer daraus folgenden Beschränkung auf Ein- oder Zweifamilienhäuser zu interpretieren, sondern als Rechtsfolgeverweisung (aM D E R L E D E R in AK § 564 b Rz 7; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 539; STERNEL R Z IV 159). Die Gefahr gegenseitiger Beeinträchtigungen innerhalb der Vermieterwohnung ist anders als bei separaten Wohnungen unabhängig von der baulichen Gestaltung oder Nutzung des Gebäudes möglich. Nach Abs 4 S 3 kommt es nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Damit werden auch Untermietverhältnisse innerhalb der vom Vermieter selbst gemieteten Wohnung erfaßt (LG Berlin ZMR 1980, 339; L U T Z DWW 1975,6 f; aM S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Zwar sollen auch Untermietverhältnisse grundsätzlich den Kündigungsschutz des § 564 b genießen. Dies gilt aber nur mit den vom Gesetz selbst getroffenen Einschränkungen. Auch sachlich besteht kein Grund, einen Unterschied zwischen Haupt- und Untermietverhältnissen innerhalb der Vermieterwohnung zu machen. 149 c) Rechtsfolgen aa) Unter den Voraussetzungen des Abs 4 S I oder 3 wird das Kündigungsrecht des Vermieters erleichtert. Die Kündigung ist wirksam, auch wenn der Vermieter kein berechtigtes Interesse iS der Abs 1 und 2 an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Wirksamkeit der Kündigung hängt deshalb nicht von der Angabe der Kündigungsgründe nach Abs 3 ab. Die Regelung des Abs 4 basiert zwar auf der Möglichkeit, daß das Mietverhältnis durch das enge Zusammenwohnen der Parteien leicht zerrüttet wird, setzt aber tatsächlich eine solche Zerrüttung nicht voraus. Dies bedeutet, daß der Vermieter ohne einen bestimmten Grund kündigen kann. 150 bb) Nach Abs 4 S 2 verlängert sich die Kündigungsfrist in diesem Fall um drei Monate. Maßgebend ist die Frist, die sich aus § 565 oder bei einer Abweichung zugunsten des Mieters (§ 565 Rz 59) aus dem Vertrag für das betreffende Mietverhältnis ergibt ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 10b). Diese Regelung bezweckt, einem Mißbrauch des erleichterten Kündigungsrechts durch den Vermieter vorzubeugen und Härten für den Mieter zu vermeiden (BARTHELMESS § 564 b Rz 184 mwN). 151 cc) Nach Abs 4 S 4 ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben, daß die Kündigung nicht auf die Voraussetzungen des Abs 1 gestützt wird, also ohne Vorliegen eines berechtigten Interesses ausgesprochen wird. Damit soll für die Beteiligten klargestellt werden, wann das Mietverhältnis endet (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2638, 2). Eine solche Klarstellung hängt nicht davon ab, daß der Vermieter den Gesetzeswortlaut des S 4 verwendet. Er muß nur hinreichend zum Ausdruck bringen, daß er von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht. Dies ist der Fall, wenn er in irgendeiner Weise auf den in Abs 4 vorausgesetzten Sachverhalt Bezug nimmt oder sich auf die entsprechenden Rechtsfolgen beruft. So kann der Vermieter ausdrücklich die Regelung des § 564 b Abs 4 erwähnen (AG Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(608)
§ 564 b 152
3. Titel. Miete. Pacht
Tettnang WuM 1980, 222). Es genügt aber, wenn in dem Kündigungsschreiben auf ein vorangegangenes Schreiben Bezug genommen wird, in dem auf das Sonderkündigungsrecht des Abs 4 hingewiesen worden ist (LG Berlin ZMR 1980, 319). Im Hinblick auf den Gesetzeszweck reicht ferner die Angabe der richtig berechneten verlängerten Kündigungsfrist aus (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 7 6 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 1 0 c; SCHUBERT W U M 1 9 7 5 , 1, 3 ; aM STERNEL R Z IV 1 6 0 ) . Sind keine Kündigungsgründe angegeben, so kann daraus aber mangels anderer Anhaltspunkte nicht auf eine Kündigung nach Abs 4 geschlossen werden, da es sich ebensogut um eine nach Abs 3 unwirksame normale Kündigung handeln kann (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 7 7 ; aM L Ö W E N J W 1 9 7 5 , 9 , 1 1 ) . Erfüllt das Kündigungsschreiben nicht die Voraussetzungen des Abs 4 S 4, so ist die Erklärung jedenfalls als Sonderkündigung iS des Abs 4 unwirksam (AG Waiblingen WuM 1979, 123). Sie kann ggf als eine normale Kündigung iS des Abs 1 aufrechterhalten werden. Dies setzt allerdings voraus, daß ausreichende Kündigungsgründe angegeben sind (MünchKomm-VoELSKOW § 5 6 4 b R z 4 1 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b A n m 1 0 c ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K
B
vgl STERNEL Rz I V 1 6 0 ) . Einer Umdeutung nach § 1 4 0 bedarf es nicht (so aber b Rz 1 7 8 ) , wenn schon die Einordnung unter Abs 4 nicht möglich ist. Der Schutz des Mieters wird nicht beeinträchtigt, da er sich bei einer solchen Erklärung ohnehin nicht darauf verlassen darf, daß die verlängerte Kündigungsfrist maßgebend ist. 533;
BARTHELMESS § 5 6 4
dd) Hat der Vermieter tatsächlich ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des 152 Mietverhältnisses, so steht ihm ein Wahlrecht zu, ob er unter den Voraussetzungen der Abs 1 - 3 mit normaler Kündigungsfrist oder unter den erleichterten Voraussetzungen des Abs 4 mit verlängerter Frist kündigen will (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2 ; A G Waiblingen WuM 1 9 7 9 , 1 2 3 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b
Rz
1 8 0 ; PALANDT-PUTZO
§ 564 b A n m
10 a;
SCHMIDT-
Nach verbreiteter Auffassung ist die einmal getroffene Wahl grundsätzlich unwiderruflich. Ausnahmen werden nur für den Fall zugelassen, daß die erste Kündigung unwirksam ist ( S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K aaO) oder daß nach einer Sonderkündigung für den Vermieter Umstände eintreten, die ihn zu einer normalen Kündigung nach Abs 1 berechtigen (BARTHELMESS aaO; SCHUBERT aaO). Für eine Unwiderruflichkeit der Wahl bietet das Gesetz jedoch keine Anhaltspunkte. Sie ist auch nicht zum Schutz des Mieters geboten. Ebenso wie im Normalfall einer Kündigung, bei der zu einem späteren als dem nächstmöglichen Termin gekündigt wird, kann sich der Mieter auch hier nicht darauf verlassen, daß der Vermieter doch noch zu dem früheren Zeitpunkt kündigt. Durch einen solchen Wechsel von einer Kündigung nach Abs 4 zu einer Kündigung nach Abs 1 können allenfalls Schadensersatzansprüche ausgelöst werden, wenn der Vermieter ein besonderes Vertrauen erweckt hat, daß es bei dem späteren Termin bleiben werde. Ein Wechsel der Kündigung von Abs 1 zu Abs 4 ist dagegen nur von Bedeutung, wenn die Wirkungen der ersten Kündigung von den Parteien einverständlich beseitigt werden, weil sonst das Mietverhältnis zu dem früheren Zeitpunkt endet. Nur deshalb ist die erste Kündigung im Ergebnis einseitig nicht zu widerrufen. Zulässig ist auch eine Kündigung in der Weise, daß sich der Vermieter entweder primär auf die normale Kündigung nach Abs 1 und hilfsweise auf sein Sonderkündigungsrecht aus Abs 4 stützt (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 7 9 ; P A L A N D T PUTZO § 5 6 4 b Anm 1 0 a) oder daß er die umgekehrte Reihenfolge der Kündigungsarten wählt (BARTHELMESS aaO; allgemein aM A G Waiblingen WuM 1 9 7 9 , 1 2 3 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 3 3 ; SCHUBERT WuM 1 9 7 5 , 1 , 3 ) . Der gebotene Schutz des Mieters wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da er immer mit einer Kündigung zum nächstmöglichen Termin rechnen muß, soweit dem Vermieter ein berechtigtes Interesse zur Seite steht. F U T T E R E R - B L A N K B 5 3 3 ; SCHUBERT W U M 1 9 7 5 , 1 , 3 ) .
(609)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 564 b 153-156
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
153 ee) Eine Grenze findet das Sonderkündigungsrecht an § 1S 1MHRG. Der Ausschluß der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum zum Zwecke der Mieterhöhung gilt auch hier (LG Stuttgart ZMR1979,274,275 m Anm B U C H H O L Z - D U F F N E R ; BARTHELMESS § 5 6 4 b
Rz
1 8 1 ; PALANDT-PUTZO
§ 564 b A n m
10 c;
SCHMIDT-
543). Dies wirkt sich aber nur dann als Schutz für den Mieter aus, wenn ihm ein dahin gehender Nachweis gelingt ( L Ö W E NJW 1975, 9 , 1 1 f). Auch die allgemeine Mißbrauchsgrenze ist zu beachten ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). FUTTERER-BLANK B
154 f 0 Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters läßt die Schutzrechte des Mieters unberührt (Abs 5; Rz 156). Der Mieter kann deshalb der Kündigung widersprechen und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen oder nach den §§ 721, 794 a ZPO eine gerichtliche Räumungsfrist beantragen (LG Stuttgart ZMR 1979, 274 m A n m B U C H H O L Z - D U F F N E R ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 8 6 f f ; S C H M I D T - F U T T E R E R -
B 541). Die Anwendbarkeit der §§ 556 a Abs 1S 3 und 564 a Abs 1S 2 hat zur Folge, daß der Vermieter gehalten ist, bestimmte Kündigungsgründe anzugeben ( K O R F F DWW 1978, 28, 30). Dies ist zwar nicht für die Wirksamkeit der Sonderkündigung von Bedeutung, wohl aber für die im Rahmen des § 556 a anzustellende Interessenabwägung. Insoweit sind dann auch Interessen des Vermieters zu berücksichtigen, die als solche noch keinen Kündigungsgrund iS des § 564 b Abs 1 abgeben, wohl aber im Einklang mit der Rechtsordnung stehen und zugunsten des Vermieters ins Gewicht fallen. BLANK
155 2. Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch (Abs 7) Nach § 564 b Abs 7 werden bestimmte Mietverhältnisse über Wohnraum vom Kündigungsschutz ausgenommen. Sie sind durch eine Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch im weitesten Sinne gekennzeichnet. Hierzu zählen zum einen Mietverhältnisse auf vorübergehende Zeit (§ 556 a Rz 88 ff) sowie Mietverhältnisse über ganz oder teilweise möblierten Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (§ 565 Rz 44 ff). Maßgebend für diese Ausnahmen ist es, daß für solche besonderen Mietverhältnisse andersartige Marktbedingungen bestehen (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8). Entsprechende Regelungen finden sich in den §§ 556 a Abs 8, 564 a Abs 3, 565 Abs 2 S 3 u Abs 3, 565 a Abs 3, Art 2 Abs 3 WKSchG II und in § 10 Abs 2 Nr 2 u 3 MHRG. Entgegen der Regelung des früheren § 4 Abs 2 WKSchG I wurde der Ausschlußtatbestand für möblierten Wohnraum bei Übernahme in das BGB eingeschränkt, um auch diese Mietverhältnisse in größerem Umfang dem Kündigungsschutz zu unterstellen (Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 8 u 9; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 3). 156 VI. Weitergehende Schutzrechte des Mieters (Abs 5) Nach Abs 5 bleiben weitergehende Schutzrechte des Mieters unberührt. Diese Vorschrift stellt klar, daß die in § 564 b getroffene Regelung nicht an die Stelle, sondern neben anderweitige Schutzrechte des Mieters tritt (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549,8; vgl Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2638, 3). Der Vermieter muß hiernach die zum Schutz des Mieters zwingend vorgeschriebenen Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 einhalten (BARTHELMESS § 564 b Rz 48; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 559). Ist die Kündigung nach § 564 b wirksam, so bleibt dem Mieter das Recht, der Kündigung nach § 556 a oder § 556 c zu Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(610)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 564 b 157, 158
widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen (LG Stuttgart ZMR
1979, 274 M A n m
B U C H H O L Z - D U F F N E R ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 4 8 f f ;
560). Im Rahmen der Sozialklausel des § 556 a sind die als berechtigt anzuerkennenden Interessen des Vermieters gegen die individuellen Interessen des Mieters abzuwägen. Aus dem Verhältnis zwischen § 564 b und § 556 a ergibt sich, daß eine nach der ersteren Vorschrift berechtigte Kündigung nicht auf jeden Fall das Mietverhältnis beendet. Dies entscheidet sich erst nach der umfassenden Interessenabwägung aufgrund des § 556 a. Greift die Kündigung durch, kann das Gericht dem Mieter von Amts wegen bzw auf Antrag eine angemessene Räumungsfrist bewilligen (§§ 721, 794 a ZPO). Bei der dahin gehenden Entscheidung können zugunsten des Vermieters auch solche Interessen berücksichtigt werden, deren Geltendmachung hinsichtlich der Kündigung nach den §§ 556 a Abs 1S 3,564 a Abs 1 S 2 und 564 b Abs 3 ausgeschlossen war, weil das Zwangsvollstreckungsrecht keine entsprechende Beschränkung aufweist ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 561). Auch ein vertraglicher Kündigungsausschluß zugunsten des Mieters bleibt von § 564 b unberührt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 562). SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
VII. Unabdingbarkeit (Abs 6)
157
Nach Abs 6 ist eine zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften des § 564 b abweichende Vereinbarung unwirksam. Der Kündigungsschutz ist nur durch eine zwingende Regelung zu verwirklichen (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 8). 1. Unzulässig ist es deshalb, die in § 564 b aufgestellten Kündigungsvoraussetzungen zugunsten des Vermieters auszuschließen oder abzuändern. Die Parteien können vertraglich nicht bestimmen, daß der Vermieter generell ohne ein berechtigtes Interesse kündigen darf oder daß zB schuldlose Vertragsverletzungen durch den Mieter ausreichen. Der Kreis der für einen Eigenbedarf zu berücksichtigenden Personen kann vertraglich nicht erweitert werden. Ebensowenig kann von vornherein jede wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks vom Mieter als Kündigungsgrund akzeptiert werden. Auch die Vereinbarung sonstiger Kündigungsgründe, die dem gesetzlichen Leitbild nicht entsprechen, ist unzulässig. Das gleiche gilt von Vereinbarungen, in denen die Angabe von Gründen im Kündigungsschreiben entgegen Abs 3 für überflüssig erklärt wird oder durch die das Sonderkündigungsrecht des Abs 4 auf gesetzlich nicht vorgesehene Fälle ausgedehnt wird. Die Kündigungsfrist des Abs 4 S 2 kann nicht verkürzt werden. Die Kennzeichnung als Sonderkündigung nach S 4 ist unverzichtbar ( B A R T H E L M E S S § 564 b Rz 196; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 563). Die Unabdingbarkeit gilt auch für Vereinbarungen, die vor Inkrafttreten des § 564 b und des WKSchG I getroffen worden sind ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 1 c). Ein Verstoß führt auf jeden Fall zur Unwirksamkeit der jeweiligen Vertragsbestimmung. Ob der Mietvertrag im übrigen wirksam bleibt, müßte sich im Prinzip nach § 139 richten. Aus der Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Schutzbestimmungen wird jedoch zu Recht hergeleitet, daß sich die Unwirksamkeit auf die jeweilige Klausel beschränkt ( B A R T H E L M E S S § 564 b Rz 199), soweit die Parteien im Mietvertrag nicht ausdrücklich die uneingeschränkte Geltung des § 139 vereinbaren (§ 556 a Rz 98). 2. Zulässig sind Vereinbarungen, die zugunsten des Mieters von den Vorschriften des 158 § 564 b abweichen. So ist es möglich, die Voraussetzungen der Kündigungsgründe zu erschweren, etwa nur vorsätzliche Vertragsverletzungen oder Eigenbedarf lediglich für den Vermieter persönlich als ausreichend anzuerkennen. Das Kündigungsrecht kann auch für bestimmte Kündigungsgründe ausgeschlossen werden (LG Mannheim WuM 1 9 7 5 , 7 2 ; WuM 1 9 7 7 , 2 5 8 für Eigenbedarf; BARTHELMESS § 5 6 4 b R Z 1 9 7 ; (6U)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 564 b, 565 159
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
B 5 6 3 ; W E I M A R B1GBW 1 9 7 9 , 1 1 4 ) . Ein solcher Ausschluß kann auch daraus herzuleiten sein, daß der Vermieter bei Abschluß des Vertrags auf eine dahin gehende Frage des Mieters erklärt, weder er selbst noch eines seiner Kinder wolle später in die vermietete Wohnung einziehen (AG Lahn-Gießen WuM 1 9 7 8 , 2 1 2 ) . Allerdings muß sich aus den Umständen ergeben, daß die Parteien mit solchen Erklärungen eine rechtliche Bindungswirkung herbeiführen wollen. Auch wenn die Parteien mit ihren Erklärungen nicht den ganzen Personenkreis erfassen, für den nach dem Gesetz Eigenbedarf geltend gemacht werden kann, führt die Auslegung idR doch zu einem generellen Ausschluß dieses Kündigungsgrundes, weil das offenkundige Interesse des Mieters darauf abzielt. Ebenso ist die Geltendmachung des Sonderkündigungsrechts für den Vermieter verzichtbar. Er kann auch eine über Abs 4 S 2 hinausgehende Kündigungsfrist zugestehen. Möglich ist es, die Kündigung für eine gewisse Zeit ganz auszuschließen (§ 564 Rz 11 f) oder an die Zustimmung Dritter zu binden (§ 564 Rz 13). SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
159 3. Der Abschluß eines Mietaufhebungsvertrags wird durch die Unabdingbarkeit des Kündigungsschutzes grundsätzlich nicht ausgeschlossen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 9 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 1 c ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 6 4 ; WEIMAR 1 9 7 5 , 6 9 ) . Es steht dem Mieter frei, von sich aus auf den gesetzlichen Kündigungsschutz zu verzichten (s aber Rz 19). So kann das Mietverhältnis im Prinzip auch aufgrund einer unwirksamen Kündigung einverständlich beendet werden (§ 564 Rz 46). Handelt der Mieter aber unter Druck oder Irreführung seitens des Vermieters, so kann der Mietaufhebungsvertrag nach den allgemeinen Vorschriften nichtig oder anfechtbar sein ( B A R T H E L M E S S aaO; zT abw S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). B1GBW
§565 Bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, Räume oder im Schilfsregister eingetragene Schilfe ist die Kündigung zulässig, 1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag lür den Abiaul des folgenden Tages; 2. wenn der Mietzins nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends; 3. wenn der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats, bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume, gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke oder im Schillsregister eingetragene Schilfe jedoch nur für den Ablauf eines Kalendervierteljahres. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Nach fünf, acht und zehn Jahren seit der Überlassung des Wohnraums verlängert sich die Kündigungsfrist um jeweils drei Monate. Eine Vereinbarung, nach welcher der Vermieter zur Kündigung unter Einhaltung einer kürzeren Frist berechtigt sein soll, ist nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. Eine Vereinbarung, nach der die Kündigung nur für den Schluß bestimmter Kalendermonate zulässig sein soll, ist unwirksam. Ist Wohnraum, den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, jedoch nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen, so ist die Kündigung zulässig, Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(612)
§565 3. Titel. Miete. Pacht
1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages; 2. wenn der Mietzins nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends; 3. wenn der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den Ablauf dieses Monats. Bei einem Mietverhältnis über bewegliche Sachen ist die Kündigung zulässig, 1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages; 2. wenn der Mietzins nach längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Tag vor dem Tag, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis endigen soll. Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Nr. 3, Absatz 4 Nr. 2 sind auch anzuwenden, wenn ein Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann. E I § 522; II § 506; III § 558; Mot II 410 ff; Prot II 214 ff. Art VI Nr 2 AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389); Begr zum RegE BT-Drucks III/1234, 73 (zu Nr 13); Ausschußbericht BT-Drucks III/1850, zu Drucks 1850, 10. Art I Nr 18 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195,2 u 5. Art 1 Nr 2 WKSchG II vom 18.12.1974 (BGBl 13603); Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 9; Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011, 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 3.
Schrifttum BODI£, Beginn, Dauer und Ende des Mietverhältnisses, WuM 1965, 37; ders, Kündigungsfrist bei Wohnungswechsel innerhalb eines Hauses, WuM 1969, 137; ders, Die Kündigungsfristen gemäß § 565 BGB n. F. bei Wohnungswechsel innerhalb eines Hauses, ZMR1966,294; B Ü C H E L , Die neuen Kündigungsfristen bei Mischmietverhältnissen, DWW 1963,136; G L A S E R , Das Kündigungsrecht des Wohnungsvermieters, ZMR 1978, 321; G O C K M A N N , Das neue Wohnmietrecht in den weißen Kreisen, NJW 1963, 2109; H Ä R I N G , Fristen und Verjährung bei Immobilien, B1GBW 1979, 204; H E R M E S , Ende des Mieterschutzes und Kündigung, ZMR 1965, 323; H I D D E M A N N , Die Rechtsprechung des Bundesgerichthofs zum Leasingvertrag, WM 1978, 834, 836; H O L T G R Ä V E , Die Beendigung der Mietverhältnisse über Wohnraum nach neuem Recht, Betrieb 1964,1097; HÜBBE, Ende des Mieterschutzes und Kündigung, ZMR 1964,257 u 1965,98; K A R S T , Der Kündigungszeitpunkt, ZMR 1962, 326; K A U F M A N N , Zur Überlassung von Wohnraum, ZMR 1964, 293; K O R F F , Kündigungsfristen des Wohnraummieters in „weißen Kreisen", MDR 1965, 89; K U N K E L , Wohnraumkündigung und Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1965,799; LUTZ, Die Kündigungsfristen für Wohnungsmietverhältnisse in den weißen Kreisen, B1GBW 1967, 116; M I C H A E L I S , Die Kündigungsfristen gemäß § 565 n. F. bei Wohnungswechsel innerhalb eines Hauses, ZMR 1966, 198; N I E D N E R , Die Kündigung zum „Kalender"-Vierteljahr, WuM 1970,56; P E R G A N D E , Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964, 1925; ders, Das neue soziale Miet- und Wohnrecht, BBauBl 1963, 14; R O Q U E T T E , Die Kündigung mit gesetzlicher Frist, B1GBW 1962, 81; SCHICKEDANZ, Das möblierte Zimmer im Mieterschutzrecht, B1GBW 1980, 166; SCHOPP, Bemerkungen zu §§ 565 n. F. und 556 a BGB, ZMR 1963, 225; ders, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97; W E I M A R , Der Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum als Dauerrecht, FWW 1974, 428; ders, Die Kündigungsfristen bei Mischräumen, Betrieb 1972, 80; ders, Die Kündigungsfristen bei Wohnungswechsel im selben Haus, WuM 1969, 36; ders, Rechtsfragen bei der Miete von Garagen, B1GBW 1979, 68.
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Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3
2. Mietverhältnis über möblierten Wohnraum in der Wohnung des Vermieters (Abs 3) 44 3. Abweichende Vereinbarungen (Abs 2 S 3 u 4) 57
n . Geltungsbereich der Vorschrift 6
VI. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über bewegliche Sachen (Abs 4) 63
III. Fristberechnung 9 IV. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume und eingetragene Schiffe (Abs 1) 15 V. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Wohnraum (Abs 2 u 3) 1. Regelfall des Mietverhältnisses über Wohnraum (Abs 2) 30
VII. Kündigungsfristen bei Mischverträgen und Sonderformen 1. Allgemeines 64 2. Einzelne Mischverträge 66 3. Sonderformen 70 VIII. Außerordentliche befristete Kündigung (Abs 5) 74 IX. Wirkung der Kündigung 77
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen - Beherbergungsvertrag 66 - Kündigung, außerordentliche befristete 76 - bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume oder eingetragene Schiffe 29 - bei Mietverhältnissen über bewegliche Sachen 63 - bei Mietverhältnissen über Wohnraum 5, 57 ff - bei Mietverhältnissen über möblierten Wohnraum iS des § 565 Abs 3 54, 57 Aufhebungsvertrag 57 Automatenaufstellvertrag 72 f Beherbergungsvertrag 66 Behörde als Mieter 40 Belegarztvertrag 67 Belegungsvertrag der Sozialversicherungsträger 67 Beweislast 44 Entstehung der Vorschrift 2 Fahrzeugüberlassung 68 Familie 52 ff Filmverleihvertrag 68 Gastwirtschaft mit Bierlieferungsvertrag 69 Gebrauch, dauernder/nur vorübergehender 55, 57 f Geltungsbereich der Vorschrift 6 Heimpflegevertrag 67
Juristische Person als Mieter 40 Krankenhausaufnahmevertrag 67 Kündigung - außerordentliche befristete 6, 74 ff - ordentliche 61 - Umdeutung 78 f - Wirkung 77 Kündigungserklärung 9, 13 - Auslegung 78 Kündigungsfrist 14 - Berechnung 9 ff, 24 ff, 31 ff Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume oder eingetragene Schiffe 15 ff - Abdingbarkeit 29 - Garage 21, 28 f - Geschäftsraum 21 f, 28 - Grundstück 15 ff - Kündigungsfrist 24 ff - Mischmietverhältnis 22 - Raum 18 ff - Schiff 23, 28 Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über bewegliche Sachen 63 Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Wohnraum 30 ff - Abdingbarkeit 5, 58 f - Kündigungsfrist 31 ff - Mietverhältnis über Wohnraum 30 - Mischmietverhältnis 22, 30 - Überlassung von Wohnraum 33 ff - Unterbrechung der Besitzzeit 37
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht - Untermietverhältnis, Anrechnung der Besitzzeit 38 - Verlängerung der Kündigungsfrist 32 f - Wechsel der Mietparteien 36 - Wohnungswechsel des Mieters innerhalb des Hauses 41 f Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über möblierten Wohnraum iS des § 565 Abs 3 44 ff - Abdingbarkeit 54, 57 - Beweislast 44 - Familie 52 ff - Gebrauch, dauernder 55 - Kündigungsfrist 56 - Mietverhältnis über Wohnraum 45 - Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung 49 - Überlassung für eine Familie zu nicht dauerndem Gebrauch 51 ff - Ausstattung mit Einrichtungsgegenständen 46 ff Kündigungsfristen bei Mischverträgen und Sonderformen 64 ff - Allgemeines 64 f - Mischverträge 66 ff - Sonderformen 70 Kündigungstag 9 Kündigungstermin 12 ff Leasing-Vertrag 70 Mietkauf 68 Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 6, 24 - auf unbestimmte Zeit 5 f
§565 1
- auflösend bedingtes 6, 74 - über Wohnraum 30, 45 - über Grundstücke, Räume oder eingetragene Schiffe 15 ff - über bewegliche Sachen 63 - mit Verlängerungsklausel 6, 10, 61 Mischmietverhältnis 22, 30 Mischverträge 64 ff Obdachloseneinweisung 34 Pacht 7 Raum 18 ff Reklameflächenüberlassung 16, 68 Schiff 23, 28, 63 Tankstellenvertrag 71 Überlassung von Wohnraum 33 ff Umdeutung einer ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche fristlose 78 f Untermietverhältnis 32, 38 ff Unternehmen als Mieter 40 Werkdienst-, Werkmietwohnung 6, 30, 40 Werktag 11 Wohnheimvertrag 67 Wohnraum, möblierter 30, 39, 44 ff, 57, 61, 66, s auch Kündigungsfristen Zimmer mit Frühstück 66 Zweck der Vorschrift 3
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick
1
Die Vorschrift betrifft die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung von Mietverhältnissen. In Abs 1 wird die gesetzliche Kündigungsfrist für die Miete von Grundstücken, Räumen und im Schiffsregister eingetragenen Schiffen festgelegt. Dabei unterscheidet das Gesetz drei Kündigungsfristen, deren Auswahl sich danach richtet, für welchen Zeitraum der Mietzins nach den Parteivereinbarungen zu entrichten ist. Für die Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnraum ist grundsätzlich Abs 2 maßgebend. Insoweit ist die Kündigungsfrist unabhängig davon, für welchen Zeitraum der Mietzins bemessen ist. Das Gesetz differenziert nach der Dauer des Mietverhältnisses. Für bestimmte Mißverhältnisse über möblierten Wohnraum wird in Abs 3 hingegen auf den für den Mietzins maßgebenden Bemessungszeitraum abgestellt. Das gleiche gilt nach Abs 4 für die Kündigung eines Mietverhältnisses über bewegliche Sachen. Für die außerordentliche befristete Kündigung ist nach Abs 5 nur ein Teil der vorhergehenden Vorschriften anwendbar. (615)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 2-5
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift ist vom Inkrafttreten des BGB bis zum AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389) unverändert geblieben. Die frühere Fassung unterschied nur zwischen der Miete von Grundstücken einschließlich von Räumen (§ 580) und der Miete von beweglichen Sachen. Art VI Nr 2 AbbauG hat die Vorschrift vollkommen verändert und ihr die im wesentlichen noch heute maßgebende Fassung gegeben. Die in Abs 3 S 3 u 4 geregelte Unabdingbarkeit der Kündigungsvorschriften für Mietverhältnisse über Wohnraum ist durch Art I Nr 18 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl 1457) redaktionell dem Sprachgebrauch des BGB angepaßt worden. Art 1 Nr 2 WKSchG II vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3603) hat im Zuge der Erweiterung des Kündigungsschutzes für möblierten Wohnraum (§ 564 b Abs 7) die Eingangsworte des Abs 3 neu gefaßt. Dadurch ist der möblierte Wohnraum, der außerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung liegt, der allgemein für Mietverhältnisse über Wohnraum geltenden Regelung des Abs 2 unterstellt worden.
3 3. Zweck der Vorschrift Der Zweck gesetzlicher Kündigungsfristen läßt sich allgemein dahin gehend bestimmen, den Parteien zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung und dem Ende des Mietverhältnisses eine angemessene Vorbereitungszeit einzuräumen ( S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 585). Der Mieter muß die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses zurückgeben (§ 556) und sich ggf rechtzeitig Ersatz beschaffen. Dem Vermieter muß genügend Zeit bleiben, sich einen neuen Mieter zu suchen. 4 Die regelmäßige Kündigungsfrist bei der Miete von Grundstücken einschließlich von Räumen betrug ursprünglich knapp drei Monate zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Dies sollte im Einklang mit der seinerzeit herrschenden Verkehrssitte stehen und die Regelung des § 571 unterstreichen. Von einer Differenzierung der Kündigungsfristen nach der Miethöhe oder nach der Dauer des Mietverhältnisses wurde ausdrücklich abgesehen (Mot II 411). Verkürzte Kündigungsfristen galten dagegen, wenn der Mietzins nach Monaten, Wochen oder Tagen bemessen war, weil in diesen Fällen die Grundregel nicht paßte (Mot II 412). Die Kündigungsfrist bei der Miete von beweglichen Sachen betrug „mit Rücksicht auf die regelmäßig in Betracht kommenden Verhältnisse" drei Tage und verkürzte sich auf einen Tag, wenn der Mietzins nach Tagen bemessen war (Mot aaO). 5 Aufgrund der Änderungen durch das AbbauG sind die Kündigungsfristen weiter abgestuft worden. Maßgebend ist der Zeitraum, nach dem der Mietzins bemessen ist. Für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist jedoch eine Frist von grundsätzlich knapp einem Vierteljahr eingeführt worden. Die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist ist regelmäßig ausgeschlossen, um die Abwicklung von Mietverhältnissen über Wohnraum, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind, zu erleichtern. Insbesondere soll dem Mieter eine angemessene Frist gewährt werden, in der er sich auf die Beendigung des Mietverhältnisses einstellen kann (Begr zum RegE BT-Drucks III/1234,73 zu Nr 13). Abweichend von der ursprünglichen Konzeption, ist die Kündigungsfrist jeweils bei bestimmter Mietdauer verlängert worden, um den Mieter, der durch ein langes Mietverhältnis mit seiner Wohnung besonders verwachsen ist, einen kurzfristigen Wechsel zu ersparen und um ihm Gelegenheit zu geben, sich in Ruhe um eine andere Wohnung zu bemühen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 10). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§565 6-9
II. Geltungsbereich der Vorschrift 1. Die Vorschrift regelt die gesetzlichen Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen und 6 bezieht sich in Abs 2 S 3 u 4 hinsichtlich der Mietverhältnisse über Wohnraum auch auf vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen. Zwischen den Parteien muß ein Mietverhältnis bestehen (Vorbem 20 zu §§ 535, 536; s zu Mischverträgen unten Rz 64 ff). Die Vorschrift gilt nur für die ordentliche und nach Maßgabe des Abs 5 für die außerordentliche befristete Kündigung (Rz 74 ff). Damit werden primär Mietverhältnisse erfaßt, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Mietverhältnisse auf bestimmte Zeit fallen nur dann unter die Vorschrift, wenn es sich um eine außerordentliche befristete Kündigung handelt oder wenn der Vertrag Wohnraum betrifft und eine Verlängerungsklausel enthält (§ 565 a Abs 1). Das gleiche gilt für auflösend bedingte Mietverhältnisse über Wohnraum nach Eintritt der Bedingung (§ 565 a Abs 2). Auf Werkmietwohnungen des § 565 b und Werkdienstwohnungen iS des § 565 e ist die Vorschrift neben der Sonderregelung des § 565 c anwendbar (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
582).
2. Nach § 581 Abs 2 ist § 565 auf die Pacht entsprechend anzuwenden, soweit nicht 7 § 595 als Sonderregelung vorgeht (vgl ferner Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung vom 31. 7. 1919 [RGBl 1371]; VO über Kündigungsschutz und andere kleingartenrechtliche Vorschriften idF vom 15. 12. 1944 [RGBl I 347]; G über das landwirtschaftliche Pachtwesen vom 25. 6.1952 [BGBl I 343]; G zur Änderung und Ergänzung kleingartenrechtlicher Vorschriften vom 28.7.1969 [BGBl 11013]; s zur Verfassungswidrigkeit des kleingartenrechtlichen Kündigungsschutzes BVerfGE 52, 1 = JZ 1979, 800 m Anm B E R K E M A N N EuGRZ 1979, 594; N I E T H A M M E R BBauBl 1980, 75). 3. Die Regelung des § 565 gilt für Mieter und Vermieter in gleicher Weise (LG 8 Hannover ZMR 1968, 204; LG Itzehoe B1GBW 1967,116; K O R F F MDR 1965, 89, 90; K U N K E L NJW 1965, 799; L U T Z B1GBW 1967, 116, 117; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K B 585). Dies entspricht an sich dem Zweck der Vorschrift, beiden Parteien vor einer Beendigung des Mietverhältnisses eine angemessene Vorbereitungszeit einzuräumen (Rz 3). Die je nach Mietdauer verlängerten Kündigungsfristen des Abs 2 S 2 sind allerdings an sich nur zum Zweck eines besseren Mieterschutzes eingeführt worden (Rz 5), können sich aber zuungunsten des Mieters auswirken, wenn er mangels abweichender Vereinbarungen an die bis zu einem Jahr reichenden Kündigungsfristen gebunden ist. Diese rechtspolitisch bedenkliche Entscheidung des Gesetzgebers ist wegen des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht durch einschränkende Auslegung zu korrigieren (vgl R O Q U E T T E § 565 Rz 27; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K aaO). In der Praxis ist es aber nicht ungewöhnlich, daß Vermieter ihren Mietern trotz langer Mietdauer abweichend von Abs 2 S 2 die normale Kündigungsfrist einräumen. Darüber hinaus kann der Vermieter, der umfangreiche Verbesserungsmaßnahmen in der Wohnung durchführen will, nach § 242 gehalten sein, dem Mieter eine kürzere Kündigungsfrist einzuräumen, wenn dieser dadurch den mit dem Umbau verbundenen Beeinträchtigungen entgehen will (AG Dortmund WuM 1980, 246).
III. Fristberechnung 1. Die einzelnen Kündigungsfristen sind nach den Auslegungsvorschriften der 9 §§ 187 ff zu berechnen (§ 186). In § 565 wird jeweils festgelegt, an welchem Tag gekündigt werden muß. Dies ist der Kündigungstag, an dem die Kündigungserklärung durch Zugang beim Empfänger wirksam werden muß. Ist der Mietvertrag abgeschlossen, kann die Kündigung auch schon vor dem tatsächlichen Vollzug des (617)
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§565
10, 11
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Vertrags erklärt werden (BGHZ 73, 350 = N J W 1979, 1288 M krit Anm H A A S E JR 1979, 415; § 564 Rz 18). Hinsichtlich des Kündigungstages ist zT schlechthin von einem „Tag" (Abs 1 Nr 1; Abs 3 Nr 1; Abs 4 Nr 1; Abs 4 Nr 2) oder vom „Fünfzehnten eines Monats" (Abs 3 Nr 3) die Rede. In anderen Bestimmungen wird auf einen bestimmten „Werktag" abgestellt (Abs 1 Nr 2 u 3; Abs 2 S 1; Abs 3 Nr 2). Problematisch ist der Einfluß des § 193 auf diese Daten. Diese Vorschrift schließt es grundsätzlich nicht aus, daß der Kündigende seine Erklärung an einem Sonn- oder Feiertag abgibt, da der Erklärende nur begünstigt werden soll. § 193 hat auch nicht zur Folge, daß eine Kündigungserklärung, die dem Empfänger an einem solchen Tag tatsächlich zugeht, rechtlich noch nicht zugegangen ist, sondern daß an die Stelle dieses Tags der nächste Werktag tritt. Die Kündigungserklärung kann deshalb an jedem beliebigen Wochentag wirksam werden. Nur soweit es nach dem Gesetz darauf ankommt, daß die Kündigung spätestens an einem bestimmten „Werktag" wirksam geworden ist, muß der etwaige Zugang an einem Sonnabend, einem Sonn- oder Feiertag vor diesem Werktag liegen. 10 Weiter stellt sich die Frage, ob die Kündigungserklärung trotz § 193 ggf nicht sogar an einem Sonnabend, Sonn- oder Feiertag abgegeben werden muß. Aus § 193 ergibt sich, daß ein Termin, an dem eine Willenserklärung abzugeben ist, auf den nächsten Werktag verlegt wird. Fällt der letzte Tag, an dem noch zu einem bestimmten Termin gekündigt werden kann, auf einen Sonnabend, einen Sonn- oder Feiertag, so hätte die früher nach verbreiteter Auffassung befürwortete entsprechende Anwendung des § 193 zur Folge, daß die Kündigung auch noch am nächsten Werktag wirksam werden kann (RG JW 1 9 0 7 , 7 0 5 ; E N N E C C E R U S - N I P P E R D E Y , AT des Bürgerlichen Rechts II [15. Aufl 1960] § 221 Fn 8 mwN). Dieser Auffassung ist jedoch nach der neueren Rspr nicht mehr zu folgen. Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist an dem Grundsatz festzuhalten, daß eine Kündigungsfrist dem Gekündigten als Mindestfrist ungeschmälert erhalten bleiben muß und daß § 193 deshalb im Prinzip unanwendbar ist (BAG NJW 1 9 7 0 , 1 4 7 0 zum Arbeitsvertrag; BGHZ 5 9 , 2 6 5 , 2 6 7 f = NJW 1 9 7 2 , 2 0 8 3 zum Handelsvertretervertrag; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 5 Anm 1 f; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 8 6 , 5 8 7 , 5 9 7 , 6 0 1 ; STERNEL R Z IV 2 1 ; für Anwendbarkeit des § 193 BGH NJW 1975, 40 = BB 1975, 63 zum Mietvertrag mit Verlängerungsklausel, da die Ablehnung der Vertragsverlängerung eine Kündigung im untechnischen Sinne ist). Dies gilt bei einem Mietverhältnis unabhängig davon, ob durch die Kündigung eine andere gesetzliche Schutzfrist, wie zB die Widerspruchsfrist des § 556 a Abs 6 S 1, ausgelöst wird, weil die Kündigungsfrist selbst Schutzfrist für den Gekündigten ist (vgl aber S T A U D I N G E R - D I L C H E R § 1 9 3 Rz 8 ) . 11 Bei der Kündigung am „Fünfzehnten eines Monats" (Abs 3 Nr 3) spielt es keine Rolle, um welchen Wochentag es sich handelt. Der Kündigungstag wird in diesem Fall nicht nach § 193 auf einen späteren Tag verlegt, weil dies zu einer in § 565 nicht vorgesehenen Verkürzung der Kündigungsfrist führen würde (aM BARTHELMESS § 565 Abs 3 Rz 4). Ist aber die Kündigung nach den einzelnen Bestimmungen des § 565 spätestens an einem bestimmten Werktag vorgeschrieben, so verkürzt das Gesetz selbst die jeweils maßgebende Frist. Fällt etwa der Monatsanfang auf einen Sonntag, so ist im Hinblick auf Abs 2 S 1 der dritte Werktag erst der 4. Tag des Monats (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 587). Zu den Werktagen gehört weder der Sonntag noch ein am Erklärungsort staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag (vgl die Zusammenstellung bei P A L A N D T - H E I N R I C H S § 193 Anm 4). Das gleiche gilt für den Sonnabend ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 Rz 3; P A L A N D T - P U T Z O § 565 Anm 2 a cc; PERGANDE § 5 6 5 A n m 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 8 7 ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 5
Rz 14; aM E R M A N - S C H O P P § 565 Rz 5). Der Sonnabend ist demnach kein Werktag, an dem die Kündigung spätestens wirksam werden müßte. Darüber hinaus zählt er auch für die Zwischenzeit nicht mit, wenn es für die Kündigung spätestens auf den Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§565 12-15
„dritten Werktag" ankommt (aM PALANDT-PUTZO aaO; STERNEL RZ IV 21). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 193, läßt sich aber auf Sinn und Zweck der Regelung stützen, die auf den Sonnabend ausgedehnte Ruhe der Bevölkerung sicherzustellen. Wenn einzelne Bestimmungen des § 565 auf den „dritten Werktag" abstellen, dann sind damit drei Arbeitstage gemeint. Dem Empfänger soll die Kündigung spätestens an einem bestimmten Arbeitstag zugehen. Aber auch dem Kündigenden sollen drei Arbeitstage innerhalb des jeweiligen Monats für die Kündigung zur Verfügung stehen. 2. Der Kündigungstermin ist der Tag, zu dem die Kündigung das Mietverhältnis 12 beendet. Die Kündigungstermine ergeben sich aus den einzelnen Bestimmungen des § 565. Das Mietverhältnis endet mit Ablauf des Kündigungstermins. Unerheblich ist es, ob dieser Tag auf einen Sonnabend, einen Sonn- oder Feiertag fällt. Das Mietverhältnis verlängert sich nicht nach § 193, da diese Vorschrift allein auf den Ablauf einer Frist nicht anwendbar ist (vgl PALANDT-HEINRICHS § 193 Anm 2; a M ERMAN-SCHOPP § 5 6 5 R z 5 , 1 8 ) . § 1 9 3 ist nur für etwaige Leistungspflichten der
Parteien von Bedeutung, die sich aus der Beendigung des Mietverhältnisses ergeben, so zB die Rückgabepflicht des Mieters (§ 556 Rz 21). Die Kündigungserklärung braucht nicht die Angabe eines bestimmten Kündigungs- 13 termins zu enthalten. Sie wird in diesem Fall zum nächst zulässigen Termin wirksam. Das gleiche gilt, wenn die für den angegebenen Termin einzuhaltende Kündigungsfrist versäumt ist, der Kündigende das Mietverhältnis aber auf jeden Fall beenden will und dieser Wille dem anderen Vertragsteil genügend erkennbar ist (§ 564 Rz 18). 3. Zwischen dem Kündigungstag und dem Kündigungstermin liegt die Kündigungs- 14 frist. Sie ist in § 565 abweichend von den sonstigen Vorschriften des B G B über Fristen nicht nach bestimmten Zeitabschnitten bemessen, sondern ergibt sich nur mittelbar aus dem zeitlichen Abstand zwischen Kündigungstag und Kündigungstermin (vgl ROQUETTE § 5 6 5 R z 6 ) .
IV. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume und eingetragene Schiffe (Abs 1) 1. Die Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume außer 15 Wohnraum sowie über im Schiffsregister eingetragene Schiffe richtet sich danach, für welche Zeitabschnitte der Mietzins nach dem Vertrag bemessen ist. Die Regelung gilt nur für Mietverträge, die eine der genannten Mietsachen zum Gegenstand haben. a) Ein Grundstück iS des B G B ist ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als „Grundstück" geführt wird. Es handelt sich um einen juristischtechnischen Begriff, der durch den Inhalt des Grundbuchs bestimmt wird (BAUR, Lehrbuch des Sachenrechts [11. Aufl 1981] § 3 I 2 a). Nach § 580 gelten die Vorschriften über die Miete von Grundstücken auch für die Miete von Wohnräumen und anderen Räumen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. § 565 Abs 2 u 3 trifft eine solche Sonderregelung für Mietverhältnisse über Wohnraum. Wird ein ganzes Wohnhaus vermietet, greift deshalb nicht Abs 1, sondern Abs 2 ein. Die aus § 94 folgende Eigenschaft eines Gebäudes als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist insoweit unerheblich (SOERGEL-KUMMER § 5 6 5 R z 4 ; a M PERGANDE § 5 6 5 A n m 5 ) .
Dabei macht es für die Annahme eines Mietverhältnisses über Wohnraum keinen Unterschied, ob es sich um ein Einfamilien- oder um ein Mehrfamilienwohnhaus handelt (vgl SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 9). In Abs 1 wird neben den Grundstücken die Miete von Räumen unterschieden. Daraus ergibt sich, daß unter den Grundstücksbegriff auch nicht andere bebaute Grundstücke fallen, deren Gebäude das (619)
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§565 16-20
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Merkmal von Räumen (Rz 18) aufweisen. Die Vermietung eines ganzen Geschäftshauses fällt damit zwar unter Abs 1, wird aber von dem Tatbestandsmerkmal des Mietverhältnisses über Räume erfaßt. Für den Grundstücksbegriff verbleiben damit im wesentlichen nur unbebaute Grundstücke und solche mit einem Gebäude, bei dem das Merkmal des Raumes nicht erfüllt ist (vgl A G Gelsenkirchen-Buer ZMR 1971, 324 - Vermietung von Gartenland). Dieser Auslegung steht nicht entgegen, daß in Abs 1 Nr 3 ausdrücklich von gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken die Rede ist, da diese Formulierung aus § 1 GRMG übernommen worden ist. 16 Unter Abs 1 fällt auch die Vermietung von Teilen eines Grandstücks. Dies gilt zum einen, wenn die vermietete Grundstücksfläche hinter der grundbuch- und katastermäßig ausgewiesenen Größe des Grundstücks zurückbleibt. Hierzu rechnen etwa die Vermietung des Grund und Bodens sowie die Vermietung eines Verkaufs- oder Ausstellungsstandes auf einem Platz oder in einer Halle. Zum anderen liegt Grundstücksmiete vor, wenn Teile eines Gebäudes wie Schaufenster oder Ausstellungskästen sowie Wandflächen für Reklamezwecke oder zur Anbringung von Automaten vermietet werden und diese Teile nicht unter den Begriff des Raumes fallen ( P E R G A N D E § 565 Anm 6; s oben Vorbem 28 zu §§ 535, 536). 17 Maßgebend für die Frage, ob Gegenstand des Mietvertrags ein Grundstück ist, sind die vertraglichen Vereinbarungen. Handelt es sich hiernach um Grundstücksmiete, so sind die Kündigungsvorschriften über Wohnraum auch dann nicht anwendbar, wenn der Mieter auf dem Grundstück ein Wohngebäude errichtet hat (LG Mannheim MDR 1971, 223 - vorübergehender Zweck; AG Wuppertal MDR 1971, 667 Wohnbaracke; Vorbem 28 zu §§ 535,536; STERNEL R Z IV 23). Eine Sonderregelung gilt bei der Grundstücksmiete nach Abs 1 Nr 3 für gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, soweit der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist (Rz 24 ff). Die Kündigungsfristen nach Abs 1 Nr 1 u 2 gelten dagegen ohne Unterschied für jeden Fall der Grundstücksmiete. 18 b) Ein Raum ist ein allseits umschlossener Teil eines festen Gebäudes, der so groß ist, daß sich ein Mensch darin aufhalten kann. Unter den Begriff des Gebäudes fallen alle unbeweglichen, mit dem Erdboden fest verbundenen Bauwerke, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt und geeignet sind (Vorbem 24 zu §§ 535, 536). Die Vermietung von Räumen in beweglichen Sachen wie Wohnwagen, Gerätewagen, Eisenbahnwagen oder Schiffen, ausgenommen die eingetragenen Schiffe, fällt deshalb unter Abs 4. Für die Vermietung von Wohnraum als Sonderfall der Raummiete gelten die Abs 2 u 3. 19 aa) Ein Mietverhältnis über Räume iS des Abs 1 liegt vor, wenn ein ganzes Gebäude oder Innenräume von Gebäuden zu anderen als Wohnzwecken vermietet sind. Hierzu gehören in erster Linie Räume, die geschäftlichen Zwecken dienen, wie etwa Fabrikgebäude, Häuser mit Läden und Büros, Gaststätten, Lagerräume und dgl. Auch Räume, die zu sonstigen Zwecken vermietet werden, wie Garagen (LG Mannheim WuM 1974,73; AG Gronau WuM 1974,178), Sporthallen, Vortragssäle usw, fallen unter diese Vorschrift (PALANDT-PUTZO Einf v § 535 Anm 7 a). Keine Räume sind dagegen Plätze oder Stände in Räumen (Rz 18), sonstige Gebäudeteile ohne Raumcharakter wie eine Veranda, Dachterrasse oder ein Balkon ( P E R G A N D E § 565 Anm 6) sowie bewegliche Sachen und deren Innenräume (Rz 18, 63; PALANDT-PUTZO
aaO).
20 bb) Für die Abgrenzung von der Wohnraummiete sind in erster Linie die Parteivereinbarungen maßgebend, aus denen sich die Zweckbestimmung der Räume ergibt. Handelt es sich hiernach um ein Mietverhältnis über Räume iS des Abs 1, so ändert sich sein Charakter nicht dadurch, daß der Mieter einzelne oder alle Räume entgegen der vertraglichen Abrede zu Wohnzwecken verwendet (Vorbem 25 zu §§ 535, 536). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(620)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 21-23
Haben die Parteien keine ausdrückliche Abrede über den Verwendungszweck der Räume getroffen und ergeben sich aus der Höhe des Mietzinses oder aus sonstigen Umständen keine Anhaltspunkte, so ist die objektive Zweckbestimmung der Räume maßgebend, die sich aus ihrer baulichen Anlage und Zweckrichtung ergibt (Vorbem aaO). cc) In Abs 1 ist einleitend von einem Mietverhältnis über „Räume", in Nr 3 sodann 21 von einem Mietverhältnis über „Geschäftsräume" die Rede. Daraus könnte der Schluß gezogen werden, daß es hinsichtlich der maßgebenden Kündigungsfrist nicht nur auf den Bemessungszeitraum des Mietzinses ankommt, sondern daß weiter zwischen der Miete von Geschäftsräumen und der Miete sonstiger Räume zu u n t e r s c h e i d e n ist (so HANS § 5 6 5 A n m 2 d ; MünchKomm-VoELSKOW § 5 6 5 R z 12).
Abs 1 Nr 3 HS 2 wäre dann auf ein Mietverhältnis über sonstige Räume nicht anwendbar. Für eine solche Auslegung spricht der Wortlaut der in Abs 1 getroffenen Regelungen. Demgegenüber ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, daß der Begriff des Geschäftsraums den Gegensatz zum Wohnraum bildet und daß als Geschäftsräume alle Räume gelten, die nicht Wohnzwecken dienen (ERMANSCHOPP § 5 6 5 R z 8; PERGANDE § 5 6 5 A n m 6; ROQUETTE § 5 6 5 R z 11; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 11). Dies entspricht der Legaldefinition des früheren §
2 Abs 1 GRMG. Die für Geschäftsraummietverhältnisse maßgebende Kündigungsregelung des § 6 GRMG ist im wesentlichen in § 565 Abs 1 Nr 3 übernommen worden (vgl Begr zum RegE eines AbbauG BT-Drucks III/1234, 73). Auch die Kündigung von Mietverhältnissen über sonstige Räume, wie etwa private Garagen und dgl, die nicht geschäftlichen Zwecken dienen, richtet sich deshalb nach Abs 1 Nr 3 HS 2 (aM HANS aaO; WEIMAR B1GBW 1979, 6 8 ) . dd) Für die Kündigung eines Mischmietverhältnisses, bei dem Wohnräume und 22 Geschäftsräume zusammen vermietet werden, kommt es zunächst darauf an, ob die Verträge nur äußerlich verbunden sind. Lassen sie sich ohne weiteres trennen, sind für jeden Vertrag die für ihn geltenden Vorschriften maßgebend, für den Vertrag über Geschäftsräume also Abs 1 (vgl LG Mannheim ZMR 1977, 27; Vorbem 26 zu §§ 535, 536; § 564 Rz 27). Handelt es sich aber um einen einheitlichen Vertrag, so kommt es darauf an, welcher Vertragsteil nach dem Parteiwillen im Vordergrund steht. Hierfür sind Mietwert und Größe der Räume entscheidend. Überwiegt der geschäftliche Raumanteil, so liegt ein einheitlicher Mietvertrag über Geschäftsräume vor. Die Kündigungsfristen richten sich nach Abs 1 (LG Mannheim MDR 1 9 6 6 , 4 1 9 ; LG Wiesbaden WuM 1964, 169; AG Hamburg-Altona MDR 1972, 242 m Anm WEIMAR; PERGANDE § 5 6 5 Anm 6 c; ROQUETTE § 5 6 5 Rz 16; WEIMAR Betrieb 1 9 7 2 , 80). Liegt das Schwergewicht dagegen auf den Wohnräumen, so greifen einheitlich die Kündigungsvorschriften des Abs 2 ein (aM LUTZ, Lexikon des Miet- und Wohnungsrechts [1966] 3 0 9 , der Mischmietverhältnisse grundsätzlich den Vorschriften über Geschäftsraummiete unterstellt). Dies gilt nach umstrittener Ansicht wegen des sozialen Schutzzwecks auch bei Gleichwertigkeit von Wohn- und Geschäftsraumanteil (Vorbem 2 7 zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 5 Rz 4 ; STERNEL Rz IV 23).
c) Der Kündigungsregelung des Abs 1 unterliegen im Schiffsregister eingetragene 23 Schiffe. Aufgrund des SchiffsRG vom 15. 11. 1940 (RGBl I 1499) werden die im Seeschiffsregister oder im Binnenschiffsregister eingetragenen Schiffe wie Grundstücke behandelt. Die Eintragungspflicht richtet sich nach § 3 SchiffsRegO idF vom 26. 5.1951 (BGBl 1359). Die Kündigung von Mietverhältnissen über solche Schiffe ist durch § 565 Abs 1 ihrer den Grundstücken entsprechenden rechtlichen Behandlung angepaßt (vgl aber § 580 a Rz 2 zum Chartervertrag). Die Kündigung von nicht eingetragenen Schiffen richtet sich nach der für bewegliche Sachen maßgebenden Regelung des Abs 4. (621)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 24-27
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
24 2. Im einzelnen hängen die Kündigungsfristen des Abs 1 davon ab, für welche Zeitabschnitte der Mietzins nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien bemessen ist. In der Bemessung des Mietzinses bringen die Parteien zum Ausdruck, für welchen Zeitraum der vereinbarte Betrag das Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs der Mietsache darstellen soll. Im Mietvertrag müssen die Parteien bestimmen, ob der angegebene Betrag als Tages-, Wochen- oder Monatsmiete gelten soll oder ob noch längere Zeitabschnitte wie Quartale oder Jahre zugrunde gelegt werden (ROQUETTE § 565 Rz 9). Die Bemessung des Mietzinses ist nicht mit der Zahlungsweise identisch ( § 5 5 1 Abs 2). Ein nach Tagen bemessener Mietzins kann etwa wöchentlich oder ein nach Jahren bemessener Mietzins kann in monatlichen Teilbeträgen zu entrichten sein. Für die Kündigungsfrist ist nicht die vereinbarte Zahlungsweise, sondern nur die Bemessung des Mietzinses entscheidend (RGZ 64, 2 7 0 ; E R M A N - S C H O P P § 5 6 5 R z 5 ; PERGANDE § 5 6 5 A n m SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 598). Mangels abweichender
4 ; ROQUETTE
aaO;
Vereinbarungen entspricht die Zahlungsweise idR der Bemessung. Ist der Mietzins für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses in einem einmaligen Betrag bemessen, handelt es sich um ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit. Insoweit stellt sich die Frage einer Kündigungsfrist nur bei außerordentlicher befristeter Kündigung (§ 564 Rz 32 f). Hierfür gelten unabhängig von der Dauer des Mietverhältnisses und dem damit übereinstimmenden Bemessungszeitraum nach § 565 Abs 5 immer die Kündigungsfristen des Abs 1 Nr 3 (Rz 74 f). 25 a) Im einzelnen ergibt sich aus Abs 1, daß bei der Bemessung des Mietzinses nach Tagen an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages gekündigt werden kann (Nr 1). Die Kündigungsfrist beträgt also mindestens 24 Stunden. § 193 ist für die Fristberechnung unerheblich, so daß die Kündigung an jedem beliebigen Tag der Woche wirksam werden kann (Rz 9 ff). 26 b) Ist der Mietzins nach Wochen bemessen, so kann spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends gekündigt werden (Nr. 2). Die Kündigung muß also spätestens am Montag wirksam werden. Damit beträgt die Kündigungsfrist in der Regel 5 Tage. Fällt der Montag auf einen am Erklärungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, ist erst der Dienstag der erste Werktag der Woche. Das Gesetz selbst verkürzt die Kündigungsfrist, indem es den „ersten Werktag" für maßgeblich erklärt. Die Kündigungsfrist verlängert sich nicht dadurch, daß ihr letzter Tag ein Sonnabend ist. § 193 ist insoweit unanwendbar, zumal das Gesetz selbst diesen Wochentag als Kündigungstermin bestimmt ( R O Q U E T T E § 565 Rz 15 m Fn 3; s oben Rz 9 ff). Diese Vorschrift spielt nur für die Leistungspflichten der Parteien eine Rolle, die sich aus der Beendigung des Mietverhältnisses mit Ablauf des Sonnabends ergeben. 27 c) Ist der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen, muß die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats wirksam werden (Nr 3 HS 1). Die Kündigungsfrist beträgt damit idR drei Monate, abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen. Für diese Karenzzeit werden Sonnabend, Sonntag und ein am Erklärungsort staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag nicht mitgezählt. Da das Gesetz ausdrücklich auf den dritten Werktag abstellt, verkürzt es selbst die Kündigungsfrist. Unerheblich ist es dagegen für die Beendigung des Mietverhältnisses, wenn der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen der genannten Tage fällt (Rz 9 ff). Der Anwendungsbereich der Kündigungsregelung des Abs 1 Nr 3 HS 1 beschränkt sich wegen der in HS 2 getroffenen Sonderregelung auf unbebaute Grundstücke, die nicht gewerblich genutzt werden (PERGANDE § 5 6 5 Anm 5 ; ROQUETTE § 5 6 5 Rz 1 7 f; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 6 0 0 ; s oben Rz 2 1 ; aM H A N S § 5 6 5 Anm 2 d). Zu den unbebauten Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(622)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 28-30
Grundstücken zählen auch solche, auf denen ein Bauwerk errichtet ist, das nicht die Merkmale eines Raumes aufweist (Rz 18 ff). Für Mietverhältnisse über Geschäftsräume, gewerblich genutzte unbebaute Grund- 28 stücke oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe (Rz 23) muß bei Bemessung des Mietzinses nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats gekündigt werden (Rz 27), die Kündigung kann nach Abs 1 Nr 3 HS 2 aber nur für den Ablauf eines Kalendervierteljahres erklärt werden. Der Begriff des Geschäftsraums wird fast allgemein als Gegensatz zum Wohnraum verstanden (Rz 21). In Anlehnung an den früheren § 2 Abs 1 GRMG zählen hierzu alle Räume (Rz 18 ff), die nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung auf die Dauer anderen als Wohnzwecken, insbesondere gewerblichen oder beruflichen Zwecken zu dienen bestimmt sind oder solchen Zwecken dienen. Hält man auch nach dem Außerkrafttreten des GRMG an dieser Begriffsbestimmung fest, so unterliegt bei Bemessung des Mietzinses nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten jede Art der Raummiete außer der Wohnraummiete der Kündigung zum Ende eines Kalendervierteljahres (vgl PERGANDE § 5 6 5 Anm 6 ; ROQUETTE § 5 6 5 Rz 11, 14; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 9 9 ; aM HANS § 5 6 5 Anm 2 d). Dies entspricht der Regelung des früheren § 6 GRMG. Damit ist Abs 1 Nr 3 HS 2 auch für die Kündigung eines Mietverhältnisses über privat genutzte Räume wie Garagen und dgl maßgebend (aM WEIMAR B1GBW 1 9 7 9 , 6 8 ) . Die Vorschriften über die Geschäftsraummiete werden nicht dadurch unanwendbar, daß der Mieter die Räume abredewidrig zu Wohnzwecken nutzt (Rz 20). Gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke werden den Geschäftsräumen hinsichtlich der Kündigung zum Quartalsende rechtlich gleichgestellt. Dies steht im Einklang mit der Regelung der früheren §§ 5,6 GRMG. Die gewerbliche Nutzung beschränkt sich nicht auf ein Gewerbe iS der GewO, des Handelsrechts oder des Gewerbesteuerrechts, sondern umfaßt auch freiberufliche, landwirtschaftliche und gärtnerische Tätigkeiten (vgl zur Pacht aber § 595), also jede Tätigkeit, die auf Erwerb gerichtet ist (ROQUETTE § 565 Rz 12), ohne daß die Absicht der Gewinnerzielung entscheidend wäre. Unbebaut iS dieser Regelung ist ein Grundstück auch dann, wenn auf ihm ein Bauwerk errichtet ist, das nicht die Merkmale eines Raumes aufweist (Rz 18 ff). d) Die Kündigungsvorschriften des Abs 1 sind abdingbar. Die Parteien können 29 längere oder kürzere Kündigungsfristen vereinbaren. Dabei können sie andere Kündigungstage und -termine bestimmen, vor allem im Hinblick auf Nr 3 HS 2 abweichend vom Quartalsende. Dies geschieht in der Praxis regelmäßig bei Mietverträgen über Garagen. Möglich ist es auch, eine nur nach gewissen Zeitabschnitten bemessene Kündigungsfrist festzulegen, ohne daß der Kündigungstermin wie in Nr 2 und 3 von vornherein durch den Ablauf eines bestimmten Wochentags oder durch das Monatsende bzw Ende eines Kalendervierteljahres fixiert ist. Teilweise wird angenommen, die dreitägige Karenzzeit der gesetzlichen Kündigungsfristen sei auch bei Vereinbarung einer vertraglichen Kündigungsfrist als stillschweigend vereinbart anzusehen (LG Düsseldorf ZMR1965,248; B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 Rz 9; PALANDT-PUTZO § 565 Anm 1 f). Dies ist eine Frage der Vertragsauslegung und kann deshalb nicht generell angenommen werden. V. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Wohnraum (Abs 2 u 3) 1. Regelfall des Mietverhältnisses über Wohnraum (Abs 2) a) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum (Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff) ist die Kündigung nach Abs 2 S 1 spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Dieser Vorschrift (623)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
30
§565 31-33
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhaltnisse
unterliegen auch MischmietVerhältnisse, sofern der Wohnraumanteil überwiegt oder dem Anteil der Geschäftsräume zumindest gleichwertig ist (Rz 22). Ein Wohnraummietverhältnis wird nicht dadurch dem Anwendungsbereich des Abs 2 entzogen, daß der Mieter die Räume abredewidrig zu anderen Zwecken nutzt (PERGANDE § 565 Anm 6; s oben Vorbem 25 zu §§ 535, 536). Auch Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum fallen unter Abs 2, soweit nicht die Sonderregelung des Abs 3 eingreift (Rz 44 ff; krit SCHICKEDANZ B1GBW 1980,166). Bei Werkmietwohnungen kann die ordentliche Kündigung anstelle des § 565 Abs 2 auf § 565 c gestützt werden (§§ 565 b-565 e Rz 26 ff). 31 b) Die Kündigungsfrist beträgt nach Abs 2 S 1 idR drei Monate, abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen. Sonnabend, Sonntag und ein am Erklärungsort staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag werden für die Karenzzeit nicht mitgezählt. Dadurch kann sich die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist weiter verkürzen. Unerheblich ist es dagegen, wenn der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen der genannten Tage fällt. Dies spielt nur für die aus der Beendigung des Mietverhältnisses resultierenden Leistungspflichten der Parteien eine Rolle (Rz 12). 32 c) Eine Verlängerung der Kündigungsfrist um jeweils drei Monate tritt nach Abs 2 S 2 ein, wenn bestimmte Zeiten seit der Überlassung des Wohnraums verstrichen sind. Nach fünfjähriger Dauer verlängert sich die Kündigungsfrist von drei auf sechs Monate, nach achtjähriger Dauer auf neun Monate und nach zehnjähriger Dauer auf maximal zwölf Monate. Hiervon ist jeweils die Karenzzeit von drei Werktagen abzuziehen. Dem durch ein langes Mietverhältnis mit seiner Wohnung besonders verwachsenen Mieter sollen ein kurzfristiger Wechsel und eine übereilte Wohnungssuche erspart werden (Rz 5). Soweit nicht die Sonderregelung des Abs 3 eingreift, gilt dies auch für ein Untermietverhältnis. Die Verlängerung der Kündigungsfrist, die mangels abweichender Vereinbarungen für beide Parteien in gleicher Weise gilt, kann sich allerdings zuungunsten eines Mieters auswirken, der an einem rascheren Wohnungswechsel interessiert ist (Rz 8). 33 aa) Die Kündigungsfrist verlängert sich nach Maßgabe des Zeitraums, der seit der Überlassung des Wohnraums verstrichen ist. Die Wohnung ist dem Mieter überlassen, wenn er in die Lage versetzt ist, sie vertragsgemäß in Gebrauch zu nehmen. Dies fällt idR mit der Besitzverschaffung zusammen (§§ 5 3 5 , 5 3 6 Rz 18 ff). Wird zunächst der Mietvertrag abgeschlossen und erlangt der Mieter dabei die tatsächliche Gewalt über die Wohnung (§ 854), so ist sie ihm überlassen, ohne daß es darauf ankommt, wann der Mieter die Wohnung bezieht (§ 564 b Rz 74; § 571 Rz 38). Der Begriff der Überlassung der Mietsache wird im Bereich des Mietrechts vom Gesetz einheitlich verwendet. Die Mietsache ist überlassen, wenn der Vermieter seine Überlassungspflicht aus § 536 erfüllt hat. Hierfür ist im Regelfall Besitzverschaffung erforderlich (BGHZ 65, 137 = NJW 1976, 105 zu § 571). Da die Überlassung idR eine tatsächliche Handlung darstellt, kann es nicht entscheidend auf den Abschluß des Mietvertrags ankommen. Ist der Wohnraum schon vor Abschluß des Mietvertrags überlassen worden, so ist dieser frühere Zeitpunkt für die Berechnung der Kündigungsfrist maßgebend. Dabei ist es unerheblich, auf welchem Rechtsgrund die Besitzübertragung zunächst beruhte (LG Bielefeld ZMR 1965, 274; AG Kaiserslautern ZMR 1967, 301 - ursprünglich Wohnrecht iS des § 1093; AG Kassel MDR 1965, 8 3 1 ; HANS § 5 6 5 A n m 3; KAUFMANN Z M R 1964, 2 9 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 A n m 2 b a a ; PERGANDE § 5 6 5 A n m 9; ROQUETTE § 5 6 5 R z 2 3 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 5 8 9 ; STERNEL R z I V 2 4 ; WEIMAR W U M 1969, 36, 37). D i e
Gegenansicht, die auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags (AG Dortmund MDR 1 9 6 4 , 9 2 3 ; BODI£ WuM 1 9 6 5 , 3 7 ; vgl auch GÖCKMANN NJW 1963, 2109) oder auf eine „mietweise" Überlassung (ERMAN-SCHOPP § 565 Rz 7) abstellt, Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(624)
§565 34-36
3. Titel. Miete. Pacht
steht nicht im Einklang mit dem Zweck der Vorschrift, den mit seiner Wohnung besonders verwachsenen Mieter zu privilegieren. Zu beachten ist aber, daß von einer Überlassung nur die Rede sein kann, wenn es sich um eine Besitzübertragung handelt. War der spätere Mieter schon vor Abschluß des Mietvertrags ohne Zutun des Vermieters in der Lage, die tatsächliche Gewalt über die Wohnung auszuüben, so ist für den Besitzerwerb nach § 854 Abs 2 eine Einigung der Parteien ausreichend. In diesen Fällen werden die Überlassung und der Abschluß des Mietvertrags idR zusammenfallen. bb) Der Besitz muß freiwillig übertragen werden, so daß eine eigenmächtige 34 Besitzergreifung durch den späteren Mieter unzureichend ist. Nicht anzurechnen ist ferner eine Besitzzeit, die wie bei der Einweisung Obdachloser durch eine Behörde auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruht ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 591; aM STERNEL Rz IV 24). Nur bei freiwilliger Besitzübertragung ist es gerechtfertigt, den Vermieter mit den längeren Kündigungsfristen zu belasten, weil er dann von vornherein mit dieser Rechtsfolge rechnen kann. In gleicher Weise muß der Vermieter mit längeren Kündigungsfristen rechnen, wenn der Abschluß des Mietvertrags der Besitzübertragung erst nachfolgt. cc) Fraglich ist es im einzelnen, wie sich eine Änderung der rechtlichen oder 35 tatsächlichen Verhältnisse, die für die Überlassung des Wohnraums maßgebend sind, auswirkt. a) Dies gilt zunächst für Vertragsänderungen im weitesten Sinne. Da es für den Zeitpunkt der Überlassung des Wohnraums nicht auf den Abschluß des Mietvertrags ankommt, ist es für die Berechnung des Überlassungszeitraums unerheblich, wenn die Parteien nach Ablauf bestimmter Zeitabschnitte unter Aufhebung des bisherigen Vertrags einen neuen Mietvertrag abschließen (LG Düsseldorf WuM 1973,189; AG Oberhausen WuM 1965, 186; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 590; W E I M A R WuM 1969, 36, 37). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Mietvertrag auf weitere Räume erstreckt wird ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO; W E I M A R aaO), ob einzelne Räume herausgenommen werden ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO), ob sonstige Vereinbarungen geändert werden oder ob ein zunächst auf bestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis nunmehr für unbestimmte Zeit gelten soll ( P E R G A N D E § 565 Anm 9; W E I M A R aaO). Der umgekehrte Fall ist insoweit irrelevant, da Abs 2 S 2 auf die dann in Betracht kommende außerordentliche befristete Kündigung nicht anwendbar ist (Abs 5). Unmaßgeblich ist es für die Bemessung des Überlassungszeitraums auch, wenn der ursprüngliche Mietvertrag nicht aufgehoben, sondern nur inhaltlich geändert wird. Das gleiche gilt, wenn sich das Mietverhältnis nach § 568 durch Fortsetzung des Gebrauchs (§ 568 Rz 28), aufgrund einer vertraglichen Verlängerungsklausel (Vorbem 121 zu §§ 535, 536), einer Vereinbarung der Parteien nach Beendigung durch Zeitablauf oder Kündigung sowie nach Eintritt einer auflösenden Bedingung auf unbestimmte Zeit verlängert (§ 565 a). ß) Ein Parteiwechsel berührt den Bestand des Mietverhältnisses grundsätzlich nicht. 36 Auf dieser Grundlage kann einem neuen Mieter bei Eintritt in einen bestehenden Mietvertrag die Besitzzeit seines Vorgängers angerechnet werden, wenn die Identität des Mietverhältnisses gewahrt bleibt, also Rechtsnachfolge auf sehen des Mieters vorliegt ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 Rz 8 ; D E R L E D E R in AK § 5 6 5 Rz 1 ; P E R G A N D E §
565
Anm
9;
ROQUETTE
§
565
Rz
24;
SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
590;
SOERGEL-KUMMER § 5 6 5 R z 1 5 ; STERNEL R Z I V 2 4 ; a M M ü n c h K o m m - V o E L S K O w
§
565 Rz 18). Dieser Fall kann sich bei normaler Vertragsübernahme durch den Mieter (§ 549 Rz 9 ff), ggf mit einem Wohnungstausch zwischen den Mietern, oder durch Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis nach § 569 a ergeben. Im Rahmen des § 569 b kommt dem überlebenden Ehegatten als Vertragspartei seine (625)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 37-39
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
eigene Besitzzeit zugute. War die Besitzzeit des verstorbenen Ehegatten aber länger, so muß sie dem Uberlebenden angerechnet werden, da er im Rahmen des § 569 b nicht schlechter stehen darf als bei Sonderrechtsnachfolge nach § 569 a. Auch der Erbe des Mieters tritt nach § 1922 voll und ganz in dessen Rechtsstellung ein (vgl § 569 a Abs 6). In gleicher Weise wird die Dauer der Überlassung des Wohnraums nicht durch einen Vermieterwechsel beeinträchtigt. Dies gilt nicht nur bei Erbfolge nach § 1922 oder bei Vertragsübernahme, sondern auch unabhängig von einer Rechtsnachfolge in das Mietverhältnis, da der Erwerber des Grundstücks nach § 571 auf jeden Fall in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintritt (AG Oberhausen WuM 1 9 6 5 , 1 8 6 ; H A N S § 5 6 5 Anm 3 ; P E R G A N D E § 5 6 5 Anm
9 ; ROQUETTE
§ 565
Rz
2 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
590;
SOERGEL-
Rz 1 5 ) . Ebenso ist es ohne Einfluß auf den Überlassungszeitraum, wenn ein Eigentümerwechsel vor Begründung des Mietverhältnisses stattfindet und der Mieter den Wohnraum vorher aufgrund eines anderen Rechts besessen hat. Auch in diesem Fall kann der Vermieter von Anfang an mit längeren Kündigungsfristen rechnen. KUMMER § 5 6 5
37 y) Eine Unterbrechung der Besitzzeit ist unschädlich, wenn es sich nur um eine vorübergehende Besitzaufgabe handelt, das Mietverhältnis aber im übrigen fortbesteht. Dies gilt etwa, wenn ein Student den Wohnraum während der Semesterferien vollständig räumt und ihn dem Vermieter für diese Zeit zu anderweitiger Nutzung überläßt. Wird der Besitz aber endgültig aufgegeben und erst später erneut begründet, so beginnt ein neuer Überlassungszeitraum ( E R M A N - S C H O P P § 565 Rz 7 aE; vgl aber R O Q U E T T E § 565 Rz 25). 38 8) Nach hM wird einem Mieter nicht die Besitzzeit angerechnet, die er vor Begründung eines Hauptmietverhältnisses zunächst als Untermieter in der Wohnung verbracht hat (LG Bielefeld ZMR 1965, 274; LG Düsseldorf MDR 1969, 763; AG Hannover ZMR 1967, 18; B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 Rz 8; H A N S § 565 Anm 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 A n m 2 b a a ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 9 1 ;
SOERGEL-
§ 565 Rz 15). Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß nicht der Hauptvermieter, sondern der Hauptmieter dem Untermieter den Wohnraum überlasse. Das sei unzureichend (LG Düsseldorf aaO; A G Hannover aaO; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K aaO). Auch in der Erlaubnis zur Untervermietung sei keine Überlassung iS des § 565 Abs 2 S 2 zu sehen, zumal der Hauptmieter bei berechtigtem Interesse nach § 549 Abs 2 S 1 einen Anspruch auf die Erlaubnis habe, so daß ein bei der Berechnung der Kündigungsfrist zu berücksichtigendes Mietverhältnis gegen den Willen des Vermieters begründet werden könne ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Es sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, daß die Kündigungsfrist von Umständen abhängig sein solle, die außerhalb der Vertragsbeziehungen zwischen Vermieter und dem zu kündigenden Mieter gelegen hätten (LG Bielefeld aaO). KUMMER
39 Hinter dieser Argumentation verbirgt sich das Ziel, den Anwendungsbereich des Abs 2 S 2 einzuschränken (vgl LG Bielefeld ZMR 1965, 19). Die angeführten Gründe stehen jedoch nicht im Einklang mit dem auch von Vertretern der hM gebilligten Ansatz, daß es nicht auf den Abschluß des Mietvertrags ankomme, sondern auf die tatsächliche Überlassung des Wohnraums (Rz 33 ff). Hinzu kommt, daß ein Wechsel auf Seiten des Eigentümers bzw Vermieters nach allgemeiner Auffassung unschädlich ist (Rz 36). Es kommt also nicht darauf an, daß gerade der kündigende Vermieter früher dem Mieter den Besitz übertragen hat oder daß von Anfang an zwischen den Parteien mietvertragliche Beziehungen bestanden haben. Für die Realisierung des Zwecks der Vorschrift, dem durch langen Aufenthalt mit seiner Wohnung besonders verwachsenen Mieter einen kurzfristigen Wechsel zu ersparen (Rz 5), macht es keinen Unterschied, ob der Besitz von einem früheren Eigentümer oder Vermieter Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(626)
§565 3. Titel. Miete. Pacht
40, 4 1
als Rechtsvorgänger des jetzigen Vermieters oder im Rahmen eines Untermietverhältnisses vom Hauptmieter übertragen worden ist. Nur eine Gleichbehandlung dieser Fälle steht im Einklang mit der Ausweitung des Kündigungsschutzes auf Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum, bei denen es sich vielfach um Untermietverhältnisse handelt (vgl Rz 2; Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011,9). Auch der Wortlaut des Abs 2 S 2 bietet keinen Anhaltspunkt für die von der hM vertretene Einschränkung. Schließlich wird durch die Berücksichtigung eines Untermietverhältnisses die Kündigungsfrist nicht durch Umstände verlängert, die gegen den Willen des Vermieters begründet worden sind (so aber S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Denn der entscheidende Umstand liegt darin, daß der Vermieter mit dem früheren Untermieter den nunmehr zu kündigenden Mietvertrag abgeschlossen hat und deshalb schon in diesem Zeitpunkt mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist rechnen kann. Aus diesen Gründen ist mit der Mindermeinung die Besitzzeit als Untermieter auf den Überlassungszeitraum anzurechnen, soweit eine Identität des Wohnraums gewahrt ist (AG Hagen WuM 1969,167; BoDifi WuM 1965, 37, 38; KAUFMANN ZMR 1964, 293; PERGANDE § 565 Anm 9; STERNEL Rz IV 24; W E I M A R W U M 1969,36). Davon ist nur auszugehen, wenn die zunächst im Wege der Untermiete überlassenen Räume in ihrer Bedeutung nicht völlig zurücktreten gegenüber dem später überlassenen Wohnraum. e) Ähnliche Probleme ergeben sich, wenn Behörden oder Unternehmen Wohnraum 40 anmieten, um ihn an Arbeitnehmer weiterzuvermieten. Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, daß sich die Kündigungsfrist ausschließlich nach der Wohndauer des jeweiligen Benutzers, also des Untermieters, richte (BODI£ WuM 1965, 37, 3 8 ; K A U F M A N N ZMR 1 9 6 4 , 2 9 3 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 5 9 2 , die insoweit eine Ausnahme von ihrer ansonsten zu Untermietverhältnissen vertretenen Auffassung machen; aM LG Düsseldorf MDR 1 9 6 9 , 7 6 3 ) . Nach H A N S ( § 5 6 5 Anm 3 aE) soll es auf die Dauer des mittelbaren Besitzes des Arbeitgebers ankommen, wenn der Vermieter das Hauptmietverhältnis kündigen will. Darin kommt zutreffend zum Ausdruck, daß es entscheidend auf die Besitzdauer desjenigen ankommt, dem der Vermieter kündigen will. Die Verlängerung der Kündigungsfrist ist auch gegenüber einer Behörde, einem Unternehmen und generell gegenüber einer juristischen Person angebracht, die den Wohnraum an Arbeitnehmer weitervermieten. Hier fehlt es zwar an dem primär für die Regelung maßgebenden Grund der persönlichen Verbundenheit des Hauptmieters mit der Wohnung. Zur gesetzlichen Voraussetzung ist dieses Merkmal jedoch nicht gemacht worden. Eine einschränkende Auslegung ist nicht geboten, weil auch juristische Personen im Hinblick auf die Weitervermietung zu Wohnzwecken ein anerkennenswertes Interesse daran haben, nicht kurzfristig ein neues Mietobjekt suchen zu müssen. Die Frage einer Kündigung des Untermieters stellt sich für den Haupt Vermieter in diesen Fällen nicht. Eine Anrechnung der Untermietzeit wird nur dann erheblich, wenn die Zwischenschaltung der juristischen Person beendet ist und der frühere Untermieter nunmehr aufgrund unmittelbarer mietvertraglicher Beziehungen zum früheren Hauptvermieter seine Wohnung beibehält. Dann aber ist es wie im Normalfall eines Untermietverhältnisses (Rz 38 f) geboten, die frühere Besitzzeit für die Bemessung der Kündigungsfrist anzurechnen (ebenso STERNEL R Z IV 2 6 ) . Bei einem Belegungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich werksfremder Werkmietwohnungen kommt es nur auf die Dauer der Überlassung der Wohnung an den Mieter an, nicht aber auf die Dauer des Belegungsrechts (STERNEL aaO; vgl unten §§ 5 6 5 b - 5 6 5 e Rz 9 ) . t ) Bei einem Wohnungswechsel innerhalb des Hauses ist streitig, ob sich die Dauer 41 der Überlassung an den Mieter nach der Besitzzeit der letzten, zu kündigenden Wohnung richtet (so LG Aachen WuM 1971, 60; LG Düsseldorf MDR 1969, 397; AG Dortmund MDR 1964, 923; AG Düsseldorf MDR 1968, 846; A G Hamburg(627)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 42, 43
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
H a r b u r g M D R 1970, 240; BGB-RGRK-GELHAAR § 565 R z 8; HERPERS RZ 808;
LUTZ B 1 G B W 1 9 6 7 , 1 1 6 ; MICHAELIS ZMR 1 9 6 6 , 1 9 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 Anm2 b a a ; PERGANDE § 5 6 5 A n m 9 ; ROQUETTE § 5 6 5 R z 2 5 ; WEIMAR W u M 1 9 6 9 , 3 6 , 3 7 )
oder ob die gesamte Mietzeit in dem Haus unabhängig von der jeweiligen Wohnung maßgebend ist (LG Kaiserslautern WuM 1 9 7 0 , 1 3 5 ; LG Mannheim WuM 1 9 7 6 , 2 0 7 ; AG Bremen WuM 1 9 6 5 , 2 0 3 ; AG Oberhausen WuM 1 9 6 5 , 1 8 6 ; BODIÉ ZMR 1 9 6 6 , 2 9 4 ; ders WuM 1 9 6 9 , 1 3 7 ; DERLEDER in AK § 5 6 5 Rz 1; HANS § 5 6 5 Anm 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 5 9 6 ; STERNEL R z I V 2 5 ; vgl M ü n c h K o m m - V o E L S i t o w
§ 565 Rz 18). Teilweise wird in Rspr und Schrifttum zugelassen, die gesamte Wohnzeit in einem Hause dann zu berücksichtigen, wenn der Mieter seine Wohnung auf Wunsch und im Interesse des Vermieters gewechselt habe (LG Aachen WuM 1 9 7 1 , 6 0 ; AG Kassel WuM 1 9 6 5 , 1 5 2 ; AG Köln WuM 1 9 7 0 , 1 1 9 ; ROQUETTE § 5 6 5 Rz 2 5 ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 5 Rz 1 5 ; WEIMAR WuM 1 9 6 9 , 3 6 , 3 7 ) . Zur Begründung wird auf ein treuwidriges Verhalten des Vermieters abgestellt, der das Entgegenkommen seines Mieters dazu benutze, sich auf die kürzere Kündigungsfrist zu berufen.
42 Das Gesetz enthält für einen solchen Wohnungswechsel innerhalb des Hauses keine ausdrückliche Regelung. Es ist zuzugeben, daß der Zweck des Abs 2 S 2, den mit seiner Wohnung und damit der engeren Umgebung besonders verwachsenen Mieter zu privilegieren, für eine Anwendung dieser Vorschrift sprechen mag. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es jedoch auf die Überlassung „des" Wohnraums an. Damit kann nur der zu kündigende Wohnraum gemeint sein. Anders wäre zu entscheiden, wenn das Gesetz auf die Überlassung „von" Wohnraum abstellen würde. Ausschlaggebend ist allein die tatsächliche Überlassung des Wohnraums, nicht aber der Abschluß des Mietvertrags oder die Dauer vertraglicher Beziehungen zwischen den jetzigen Parteien (Rz 33 ff). Das Gesetz gibt deshalb auch keinen Anhaltspunkt, um die Vertragstreue des Mieters zu belohnen oder persönliche Bindungen zwischen den Parteien für maßgeblich zu erklären (so aber AG Oberhausen WuM 1965, 186; BODIÉ ZMR 1966, 294, 295). Auf dieser Grundlage wäre es gerechtfertigt, frühere Wohnzeiten bei einem Wechsel in das Nachbarhaus oder gar in ein weiter entfernt liegendes Haus desselben Vermieters anzuerkennen (so BODIÉ W U M 1965, 37, 39; ders ZMR 1966, 294, 295). Damit ist aber die Grenze zulässiger Gesetzesinterpretation überschritten. Für eine extensive Auslegung der Vorschrift gibt es keine befriedigenden Abgrenzungskriterien, da schon die Beschränkung auf einen Wohnungswechsel in demselben Haus recht willkürlich ist. Um in gewissen Fällen das rechtspolitisch erwünschte Ergebnis einer Anrechnung früherer Wohnzeiten zu erzielen, liegt es deshalb näher, auf eine ergänzende Vertragsauslegung abzustellen. Jeder Wohnungswechsel des Mieters ist mit einer Änderung oder einem Neuabschluß des Mietvertrags verbunden. Bei Identität des Vermieters ist es deshalb angebracht, die Anrechnung früherer Wohnzeiten vertraglich zu vereinbaren. Versäumen die Parteien dies, kann im Wege der ergänzenden Auslegung darauf abgestellt werden, was sie bei vernünftiger Interessenabwägung nach Treu und Glauben insoweit vereinbart hätten, wenn sie die Kündigung der neuen Wohnung bedacht hätten. Hierdurch wird man idR bei einem Wohnungswechsel in demselben Haus oder in der unmittelbaren Nachbarschaft zu einer Anrechnung früherer Wohnzeiten kommen können, da sich der Vermieter bei objektiver Betrachtungsweise auf eine solche Vereinbarung redlicherweise eingelassen hätte. 43 dd) Für die Berechnung des Uberlassungszeitraums ist die Zeit zwischen dem Beginn der Überlassung des Wohnraums (Rz 33 ff) und dem Zugang der Kündigungserklärung maßgebend, nicht aber der Kündigungstermin, zu dem das Mietverhältnis beendet werden soll ( L G Koblenz GLASER ES 1 Nr 539; A G Hamburg-Harburg Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(628)
§565 44-47
3. Titel. Miete. Pacht MDR
1970,
Anm 2 b
aa;
240;
BGB-RGRK-GELHAAR
PERGANDE
NJW
1964,
§
1925,
565
Rz
1926;
8 ; PALANDT-PUTZO ROQUETTE
§
565
§
565
Rz
26;
§ 565 Rz 15). Dies ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes daß sich die Kündigungsfrist erst dann verlängert, wenn „seit" der Überlassung ein bestimmter Zeitraum verstrichen ist. Es ist deshalb unerheblich, wenn der Zeitpunkt, in dem der Zeitraum von fünf, acht oder zehn Jahren vollendet wird, noch vor dem Kündigungstermin liegt. Eine bereits laufende Kündigungsfrist wird dadurch nicht verlängert, weil sich die Rechtsfolgen einer Kündigungserklärung grundsätzlich danach richten, welche Vorschriften im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens maßgebend sind. Damit beginnt eine einheitliche, von vornherein zeitlich bestimmte Kündigungsfrist. SOERGEL-KUMMER
2. Mietverhältiiis über möblierten Wohnraum in der Wohnung des Vermieters (Abs 3)
44
a) Handelt es sich bei dem Gegenstand des Mietverhältnisses um Wohnraum, den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat und der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist, jedoch nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist, so gelten abweichend von der Grundregel des Abs 2 kürzere Kündigungsfristen. Die Sonderregelung erfaßt damit nur Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum, schränkt diesen Anwendungsbereich aber durch bestimmte Voraussetzungen weiter ein. Derartige Mietverhältnisse bedürfen nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht des besonderen sozialen Schutzes (vgl aber § 556 a Rz 96). Ob die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind, hat derjenige Vertragsteil darzulegen und im Streitfall zu beweisen, der sich auf die kürzere Kündigungsfrist beruft. Das kann im Einzelfall nicht nur der Kündigende, sondern auch der Gekündigte sein. aa) Zwischen den Parteien muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen 45 (Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff). bb) Für den Vermieter muß die Verpflichtung bestehen, den Wohnraum ganz oder 46 überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten. a) Die Verpflichtung muß sich aus dem Mietvertrag ergeben. Sie ist im Falle des § 566 oder einer entsprechenden Abrede formbedürftig. Die bloße Vereinbarung, daß der Vermieter einstweilen bestimmte Gegenstände in den Räumen zurücklassen darf, verpflichtet ihn nicht zur Möblierung (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 7 ; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K C 4 6 5 ) . Die Verpflichtung des Vermieters kann von Anfang an bestehen. Sie kann durch Vertragsänderung auch erst später begründet oder aufgehoben werden. Stellt sich für den Mieter unmöblierten Wohnraums heraus, daß er sich etwa mangels finanzieller Mittel nicht die erforderlichen Möbel beschaffen kann, und vereinbart er deshalb mit dem Vermieter eine entsprechende Möblierung, so richtet sich die Kündigung mit der Änderung des Vertrags nicht mehr nach Abs 2, sondern nach Abs 3. Entscheidend ist, daß für die spätere Möblierung eine Rechtspflicht begründet wird, der Vermieter also nicht nur aus reiner Gefälligkeit einige Möbel zur Verfügung stellt. Die Änderung des Mietzinses kann dafür einen Anhaltspunkt bieten. Umgekehrt kann die Ausstattungsverpflichtung von den Parteien später im Wege der Vertragsänderung aufgehoben werden, so daß nunmehr die Kündigungsvorschriften des Abs 2 eingreifen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 7 ; anders S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 4 6 5 aE). Behält sich der Vermieter insgeheim vor, die Möblierung nicht zu wollen, so ist dies 47 nach § 116 S 1 unbeachtlich. Kennt der Mieter den Vorbehalt, so ist der Vertrag nach § 1 1 6 S 2 insoweit nichtig (vgl BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 7 ) . Vereinbaren die Parteien (629)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 48, 49
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
die Möblierung nur zum Schein, greift insoweit Nichtigkeit nach § 117 Abs 1 ein b Anm 3 d aa; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 4 6 5 ; vgl aber BARTHELMESS aaO). In jedem Fall beschränkt sich die Nichtigkeit auf die Möblierungspflicht und ergreift nicht den ganzen Vertrag. Denn ohne die Möblierung fällt der Vertrag unter die zwingende Regelung des Abs 2, so daß dieser Teil wegen der Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Schutzbestimmungen entgegen § 139 aufrechtzuerhalten ist (§ 556 a Rz 98). Bei einem Scheingeschäft läßt sich dieses Ergebnis außerdem auf § 117 Abs 2 stützen. Im Einzelfall kann allerdings § 242 der Anerkennung des gesamten Vertrags entgegenstehen, wenn etwa der Vermieter nur möbliert vermieten wollte und erst auf Drängen des Mieters die Möblierung herausnimmt und ein Scheingeschäft über möblierten Wohnraum abschließt. Veranlaßt umgekehrt der Vermieter ein solches Scheingeschäft, bleibt der Mieter, der sich meist notgedrungen darauf einlassen wird, schutzbedürftig, so daß der Vertrag als Mietverhältnis über unmöblierten Wohnraum aufrechtzuerhalten ist. Nach § 565 Abs 3 kommt es nur auf die Verpflichtung an, den Wohnraum zu möblieren. Unerheblich ist es deshalb, ob der Vermieter seine Verpflichtung bereits erfüllt hat (BARTHELMESS (PALANDT-PUTZO § 5 6 4
§ 5 6 4 b R z 3 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 3 d a a ; a b w SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
C 465). Das gleiche gilt, wenn eine der Parteien eigenmächtig einzelne oder alle Einrichtungsgegenstände entfernt (BARTHELMESS aaO; P E R G A N D E § 5 6 5 Anm 1 1 ) . 48 ß) Der Wohnraum muß ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten sein. Maßgebend für den Umfang der Möblierung ist die vertragliche Vereinbarung der Parteien. Ganz auszustatten ist der Wohnraum, wenn sämtliche Einrichtungsgegenstände, die der Mieter für eine normale Lebensführung benötigt, vom Vermieter zu stellen sind (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 8 ; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K C 4 6 7 ) . Dies richtet sich nach der Zahl der Personen, die den Wohnraum nutzen sollen. Unerheblich ist es deshalb, wenn der Mieter später einseitig weitere Personen in die Wohnung aufnimmt. Wird insoweit jedoch der Mietvertrag geändert, kann dies auch den Umfang der Ausstattungsverpflichtung des Vermieters beeinflussen. Uberwiegend auszustatten ist der Wohnraum, wenn der Vermieter nach Zahl und wirtschaftlicher Bedeutung mehr als die Hälfte der bei voller Möblierung benötigten Einrichtungsgegenstände zu stellen hat. Das Schwergewicht liegt dabei auf der wirtschaftlichen Bedeutung (vgl AG Köln WuM 1 9 7 1 , 1 5 6 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 3 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 3 d a a ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
C
Zu den Einrichtungsgegenständen gehören die für eine normale Ausstattung erforderlichen Möbel sowie Herd, Spüle, Beleuchtungskörper, Teppiche, Bettzeug, Bilder und dgl. Auch fest eingebaute Gegenstände wie sanitäre Einrichtungen und Einbaumöbel sind zu berücksichtigen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 4 6 8 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 5 , 9 7 ) .
3 8 ; ROQUETTE § 5 6 5 R z 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 6 9 ) . D a e s n u r a u f d i e
Verpflichtung des Vermieters ankommt, die Räume auszustatten, ist es unerheblich, ob die tatsächlich zur Verfügung gestellten Gegenstände mangelhaft sind ( B A R T H E L MESS § 5 6 4 b Rz 3 9 ; aM S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Die ordnungsgemäße Erfüllung ist nicht für die Kündigungsvorschriften, sondern für Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche des Mieters bedeutsam. Wenn im Vertrag nur von der Vermietung eines „möblierten Wohnraums" die Rede ist, kommt es für die Anwendbarkeit des Abs 3 darauf an, ob der Vermieter zumindest den überwiegenden Teil der Einrichtungsgegenstände zur Verfügung zu stellen hat. Hiervon kann bei einer solchen Formulierung nach der Verkehrsauffassung idR ausgegangen werden, da die Vermietung möblierten Wohnraums von den beteiligten Kreisen normalerweise so verstanden wird, daß der Mieter für seine Lebensführung keine nennenswerten weiteren Einrichtungsgegenstände benötigen wird. 49 cc) Der Wohnraum muß Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung sein. Dies entspricht der Formulierung in § 564 b Abs 7, Art 2 Abs 3 WKSchG II und § 10 Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(630)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 50-52
Abs 2 Nr 3 MHRG. Wenn das Gesetz in § 564 b Abs 4 S 3 von Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten „Wohnung" spricht, so ist inhaltlich damit das gleiche gemeint (BARTHELMESS § 564 b Rz 173). Diesen Vorschriften liegt das Prinzip zugrunde, daß die Rechtsstellung des Vermieters nicht so weit wie im Normalfall eingeschränkt werden soll, wenn der vermietete Wohnraum innerhalb des Wohn- und Lebensbereichs des Vermieters liegt. Damit besteht eher die Gefahr, daß die Parteien sich gegenseitig stören und daß ihr Verhältnis zueinander beeinträchtigt wird (Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 7 u 9). Die Kündigungsfristen werden für Mietverhältnisse über Wohnraum abgekürzt, 50 wenn die Merkmale einer selbständigen Wohnung fehlen (s im einzelnen § 564 b Rz 1 4 3 , 1 4 8 ) . Der möblierte Wohnraum muß in engem räumlichen Zusammenhang mit der Wohnung des Vermieters stehen. Dies ist der Fall, wenn dem Mieter ein einzelner Raum innerhalb der abgeschlossenen Wohnung des Vermieters überlassen wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine Etagenwohnung oder um ein Einfamilienhaus handelt. Erfaßt wird auch Wohnraum wie Mansarden, Souterrainräume oder sonstige vom Treppenhaus separat zugängliche Räume, die außerhalb der abgeschlossenen Wohnung des Vermieters liegen, aber mit dessen Wohnbereich wegen der gemeinschaftlichen Benutzung von Küche, Bad oder Toilette noch einen räumlichen Zusammenhang aufweisen (Begr zum RegE eines WKSchG II BTDrucks 7 / 2 0 1 1 , 9 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 4 1 f; H A N S § 5 6 5 Anm 2 c; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 6 3 ; WEIMAR F W W
1 9 7 4 , 4 2 8 , 4 3 0 ) . BARTHELMESS
(aaO Rz 42) spricht insoweit zutreffend von einer Interpretation des Tatbestandsmerkmals „Teil" in wirtschaftlich-funktionaler, nicht nur in räumlicher Hinsicht. Selbständige Wohnungen (§ 564 b Rz 143) können nicht Teil der Vermieterwohnung sein ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 4 6 3 ) . Der Vermieter muß die Hauptwohnung selbst bewohnen (§ 564 b Rz 146 f), da es sonst nicht gerechtfertigt ist, die Kündigungsfristen gegenüber dem normalen Mietverhältnis über Wohnraum abzukürzen. Unerheblich ist es, ob der Vermieter Eigentümer oder selbst nur Mieter seiner Wohnung ist. dd) Der Wohnraum darf nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie fiberlassen 51 sein. Nur derartiger Wohnraum soll dem sozialen Mietrecht durch Abkürzung der Kündigungsfristen entzogen sein. Dies ist Ausdruck einer Rücksichtnahme auf den von Art 6 Abs 1 GG geforderten besonderen Schutz der Familie durch den Staat (Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 9; die Begr zum RegE eines AbbauG, auf dem diese Regelung beruht, nimmt hierzu keine Stellung [BT-Drucks III/1234, 73]), unterliegt aber wegen der Schlechterstellung alleinstehender Mieter gewissen Bedenken im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG (§ 556 a Rz 96). a) Das BGB enthält keine Begriffsbestimmung der Familie. Im allgemeinen wird 52 darunter die Gesamtheit der durch Ehe und Verwandtschaft verbundenen Personen verstanden (BARTHELMESS § 564 b Rz 45; P A L A N D T - D I E D E R I C H S E N Einl v § 1297 Anm
1; PERGANDE § 5 6 5 A n m
1 1 ; ROQUETTE § 5 6 5 R z 3 0 ; SCHMIDT-FUTTERER-
C 471). Im Verfassungsrecht wird unter dem in Art 6 Abs 1 GG verwendeten Begriff der Familie von einer verbreiteten Auffassung die „umfassende Gemeinschaft von Eltern und Kindern" verstanden (BVerfGE 10, 59, 66; BVerfGE 33, 236, 238; L E I B H O L Z - R I N C K GG [6. Aufl 1979] Art 6 Rz 1 f; M A U N Z - D Ü R I G - H E R Z O G , GG [5. Aufl 1979] Art 6 Rz 16). Teilweise wird auch über diese Kleinfamilie hinausgegangen und auf die durch Verwandtschaft oder Schwägerschaft verbundene Hausgemeinschaft ( K R Ü G E R - B R E E T Z K E - N O W A K , Gleichberechtigungsgesetz [1958] Einl Rz 211) oder auf die durch persönliche Bindung und die daraus abgeleitete gegenseitige Verantwortlichkeit innerhalb eines durch Verwandtschaft einander zugeordneten Personenkreises abgestellt ( P I R S O N in Bonner Kommentar Art 6 Rz 20). BLANK
(631)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 53,54
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältmsse
53 Die verfassungsrechtliche Interpretation des Begriffs der Familie kann allerdings nicht mehr als einen gewissen Anhaltspunkt für das bürgerlich-rechtliche Verständnis abgeben. Sicher ist es zu eng, ein kinderloses Ehepaar nicht als Familie iS des § 565 Abs 3 zu behandeln (so aber AG Frankfurt ZMR 1 9 7 3 , 1 4 9 ; wie hier BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 4 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 R z 10; ERMAN-SCHOPP § 5 6 5 R z 10; HANS § 5 6 5 A n m 2 c; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 3 d b b ; ROQUETTE § 5 6 5 R z 3 0 mwN; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 7 1 ) . Dies ergibt sich schon daraus, daß Art 6
Abs 1 Ehe und Familie nicht als Gegensatzpaare behandelt und ein kinderloses Ehepaar deshalb nicht schlechter gestellt werden darf. Entscheidend für die bürgerlich-rechtliche Interpretation des Begriffs der Familie, der auch in § 556 a Abs 1 verwendet wird, oder der Familienangehörigen, wie es in den §§ 564 b Abs 2 Nr 2, 569 a heißt, ist der Zweck dieser Vorschriften, Wohnraum als Mittelpunkt der Lebensführung für einen bestimmten Personenkreis zu erhalten und zu sichern, der dem Mieter oder dem Vermieter in besonderer Weise verbunden ist (§ 556 a Rz 23; § 564 b Rz 61; §§ 565 b-565 e Rz 56; § 569 a Rz 19). Dabei kann es nicht auf den Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ankommen. Maßgebend ist vielmehr die darauf beruhende enge Beziehung der Personen, die darin zum Ausdruck kommt, daß der Wohnraum den Mittelpunkt der gemeinsamen Lebensführung bildet. Ein solches Verhältnis kann zB zwischen einer alleinstehenden Mutter und ihrem Kind, Geschwistern, Großelternteil und Enkel (offengelassen von BVerfGE 39, 316, 326 zu Art 6 GG), Tante und Nichte bestehen (BARTHELMESS § 564 b Rz 45; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 7 1 ) , aber auch zwischen Verschwägerten, so etwa für einen Elternteil und die Schwiegertochter. In diesen oder ähnlichen Fällen ist es angebracht, das Wohnraummietverhältnis den längeren Kündigungsfristen des Abs 2 zu unterstellen. Personen, die weder verheiratet noch verwandt oder verschwägert sind, bilden dagegen keine Familie iS des Abs 3, auch wenn sie zusammenleben und etwa auf Unterhalt angewiesen sind (vgl LG Mönchengladbach WuM 1963, 27 Schlafstelleninhaber). Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist bürgerlich-rechtlich der Ehe und Familie nicht gleichgestellt. 54 Für den Begriff der Familie ist es unerheblich, ob die Personen bereits vor der Begründung des zu kündigenden Mietverhältnisses zusammen gewohnt haben. Es kommt auch nicht darauf an, ob alle oder nur eine von ihnen Partei des Mietvertrags wird (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 4 5 ) . SCHMIDT-FUTTERER-BLANK ( C 4 7 1 ) halten es für einen unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtum, wenn der Vermieter nicht erkennt, daß er den Wohnraum einer Familie überläßt. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen, da der Wohnraum nach dem Wortlaut des Gesetzes zum dauernden Gebrauch „für", nicht „an" eine Familie überlassen sein muß. Darin liegt ein subjektives Moment, das ein entsprechendes Bewußtsein auf seiten des Überlassenden voraussetzt und in die vertragliche Vereinbarung eingeht. Insoweit gilt das gleiche wie bei dem Merkmal „zum dauernden Gebrauch" (Rz 55). Dies folgt schon aus der unmittelbaren Verknüpfung beider Voraussetzungen. Allein die objektive Überlassung an eine Familie genügt deshalb nicht. Nimmt der alleinstehende Mieter mit Zustimmung des Vermieters später eine weitere Person, zB nach einer Heirat die Ehefrau oder einen Verwandten, in die Wohnung auf, so ist der Wohnraum nunmehr an eine Familie überlassen. Eine solche Überlassung setzt jedoch voraus, daß der Vermieter im Wege der Vertragsänderung zustimmt und damit der Familie den Besitz einräumt (vgl BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 4 5 u PERGANDE § 5 6 5 Anm 11, die eine Zustimmung des Vermieters ausreichen lassen; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 7 1 , die auf die Zulässigkeit der Aufnahme abstellen). Hat der Vermieter den Wohnraum an Personen überlassen, die nicht miteinander verwandt sind, und heiraten diese Personen später, so ist der Wohnraum erst dann zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen, wenn die Parteien den Mietvertrag entsprechend ändern. Dies ist Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§565 55-58
stillschweigend möglich. Wird der Vermieter darüber getäuscht, daß die Personen, denen er die Wohnung überlassen soll, eine Familie bilden, so ist es wegen des auf Seiten des Vermieters fehlenden subjektiven Moments nicht erforderlich, auf Anfechtung oder Rechtsmißbrauch abzustellen (so aber BARTHELMESS aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Der Wohnraum ist nach dem Willen des Vermieters von vornherein nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen. Ein geheimer Vorbehalt ist allerdings nach § 116 S 1 unbeachtlich. Die Parteien können auch nicht entgegen der objektiven Lage vereinbaren, daß der Wohnraum nicht für eine Familie überlassen sein soll, weil darin ein Verstoß gegen § 565 Abs 2 S 3 liegt. ß) In gleicher Weise muß die Miete des Wohnraums zum dauernden Gebrauch Inhalt 55 des Vertrags geworden sein. Dauernder Gebrauch steht im Gegensatz zum vorübergehenden Gebrauch ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 4 7 3 ) . Für die Abgrenzung ist in erster Linie der vereinbarte Vertragszweck maßgebend (§ 556 a Rz 88 ff, insbes Rz 9 3 f). b) Die Kündigungsfristen des Abs 3 richten sich nach der Bemessung des Mietzinses. 56 Ist der Mietzins nach Tagen bemessen, so ist die Kündigung an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages zulässig (Nr 1). Ist der Mietzins nach Wochen bemessen, kann spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends gekündigt werden (Nr 2). Beide Fälle entsprechen der Regelung in Abs 1 Nr 1 u 2. Ist der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen, so ist die Kündigung spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den Ablauf dieses Monats zulässig (Nr. 3). § 193 ist weder für den Kündigungstag noch für den Kündigungstermin von Bedeutung (Rz 10 ff). Damit richtet sich die Kündigungsfrist jeweils nach der Zahl der Tage des betreffenden Monats. 3. Abweichende Vereinbarungen (Abs 2 S 3 u 4)
57
a) Bei Mietverhältnissen über Wohnraum ist die Vertragsfreiheit der Parteien im Interesse eines Schutzes für den Mieter stark eingeschränkt. Nach Abs 2 S 3 ist eine Vereinbarung, die den Vermieter zur Kündigung unter Einhaltung einer kürzeren Frist berechtigen soll, nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. Dies richtet sich in erster Linie nach dem vereinbarten Vertragszweck (§ 556 a Rz 88 ff) und kann durch entsprechende Vertragsklauseln klargestellt werden. Wird durch das Mietverhältnis aber der auf Dauer angelegte allgemeine Wohnungsbedarf des Mieters befriedigt, so können solche Klauseln nicht entgegen dem objektiv gegebenen Vertragszweck eine abweichende Beurteilung rechtfertigen (LG Hannover MDR 1971, 762; vgl aber LG Dortmund WuM 1966, 189). Eine Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch setzt nicht voraus, daß der Vertrag von vornherein kalendermäßig befristet ist. Es genügt, daß der Vertrag vereinbarungsgemäß nur für eine kürzere, aus den gesamten Umständen annähernd bestimmbare Zeitspanne gelten soll (LG Dortmund aaO). Darüber hinaus können die Parteien die gesetzlichen Kündigungsfristen für Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum iS des § 565 Abs 3 abkürzen oder beliebig anderweitig regeln, da diese Vorschrift kein Verbot abweichender Vereinbarungen enthält (s aber Rz 54). Unberührt bleibt in allen Fällen das Recht der Parteien, das Mietverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag zu beenden ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 609; vgl § 564 Rz 45 ff; § 564 b Rz 159). b) Aus Abs 2 S 3 ergibt sich, daß die gesetzlichen Kündigungsfristen bei allen 58 Mietverhältnissen über Wohnraum zum dauernden Gebrauch nicht durch Parteivereinbarung für eine Kündigung durch den Vermieter abgekürzt werden dürfen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um möblierten oder unmöblierten (633)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 59, 60
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Wohnraum handelt und ob der Wohnraum für eine Familie oder für Alleinstehende überlassen ist. Alle Mietverhältnisse, die unter Abs 2 und nicht unter Abs 3 fallen, unterliegen dieser Beschränkung. Die Unabdingbarkeit gilt sowohl für die regelmäßige Kündigungsfrist des Abs 2 S 1 als auch für die nach der Dauer der Überlassung verlängerten Fristen des S 2. Ein Verstoß führt zur Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung, läßt im übrigen aber den Bestand des Mietvertrags wegen der Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Schutzbestimmungen unberührt (§ 5 5 6 a R z 9 8 ; L G H a n n o v e r W u M 1 9 8 0 , 1 3 8 [LS]; HANS § 5 6 5 A n m 5 ; PERGANDE § 5 6 5 Anm 9).
59 Da die Unabdingbarkeit der gesetzlichen Fristen nur für eine Kündigung durch den Vermieter vorgeschrieben ist, können die Parteien für eine Kündigung durch den Mieter kürzere Fristen vereinbaren (LG Hannover WuM 1980, 138 [LS]; AG M a r b u r g Z M R 1979, 46; HANS § 565 A n m 5; KORFF M D R 1965, 89, 90; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 A n m 1 d ; ROQUETTE § 5 6 5 R z 3 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 0 5 ; STERNEL RZ IV 2 9 ; WEIMAR WuM 1 9 6 9 , 3 6 ) . Den Interessen des Mieters
kommt es vor allem entgegen, wenn von den nach der Dauer der Überlassung verlängerten Fristen des Abs 2 S 2 abgewichen wird. Dies ist in der Praxis nicht ungewöhnlich (§ 5 Abs 1 des vom BMJ vorgelegten Mustermietvertrags 1976 [BAnz Nr 22 v 3. 2. 1976 Beil Nr 2 = ZMR 1976, 68]). Die Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen für beide Parteien ist nur insoweit unwirksam, als sie den Vermieter gegenüber der gesetzlichen Regelung begünstigt. Für die Kündigung durch den Mieter kann die Vereinbarung dagegen grundsätzlich aufrechterhalten werden (AG Köln WuM 1 9 7 0 , 8 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 Anm 1 d; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 607; aM KORFF M D R 1965, 89, 90; vgl L G Kassel W u M 1966, 201 u
zu Mietverträgen aus der Zeit vor Inkrafttreten dieser Neuregelung). Dies kann aber anders als die Aufrechterhaltung des ganzen Mietvertrags (Rz 58) nicht allein mit der Funktion der mietrechtlichen Schutzbestimmungen begründet werden (so AG Köln aaO), sondern hängt hinsichtlich der einzelnen Klausel entscheidend von § 139 ab (ERMAN-SCHOPP § 565 Rz 14; SOERGEL-KUMMER § 5 6 5 Rz 17). Ist hiernach die Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen für beide Parteien als unwirksam zu beurteilen, wird der Mieter anders als bei der Unwirksamkeit des ganzen Vertrags nicht schutzlos gestellt. SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 0 7
60 Durch die Unabdingbarkeit sollen Mindestfristen für die Kündigung durch den Vermieter festgelegt werden. Zulässig ist deshalb eine Vereinbarung, mit der die Kündigungsfrist für den Mieter, den Vermieter oder für beide Parteien gegenüber der gesetzlichen Regelung verlängert wird (OLG Nürnberg WuM 1967, 202; LG Düsseldorf WuM 1973, 189; LG Mannheim DWW 1975, 42; HANS § 565 Anm 5; KORFF M D R 1 9 6 5 , 89, 9 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 A n m 1 d ; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 6 0 6 ; STERNEL RZ IV 2 9 ) . Die Parteien können auch einen anderen
Kündigungstag als den dritten Werktag eines Kalendermonats vereinbaren, also etwa eine Kündigung spätestens am Ersten oder Fünfzehnten eines Monats, sofern dabei die gesetzlichen Mindestfristen eingehalten werden (PERGANDE NJW 1964, 1925, 1 9 2 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 0 6 ) . Ferner ist es zulässig, unter Einhaltung der Mindestfrist eine nach festen Zeitabschnitten bemessene Kündigungsfrist zu vereinbaren, für die der Tag der Kündigung nicht von vornherein durch einen bestimmten Tag der Woche oder des Monats festgelegt wird (vgl zur dreitägigen Karenzzeit bei vereinbarter Kündigungsfrist Rz 2 9 ; L G Düsseldorf ZMR 1 9 6 5 , 2 4 8 ; PALANDTPUTZO § 5 6 5 Anm 1 f). Da sich die Verlängerung der Kündigungsfrist nach Abs 2 S 2 bei einem Wohnungswechsel des Mieters innerhalb desselben Hauses nach umstrittener Auffassung nicht bereits aus dem Gesetz ergibt (Rz 41 f), können die Parteien eine Anrechnung früherer Wohnzeiten ausdrücklich ausschließen, um einer abweichenden ergänzenden Vertragsauslegung zu begegnen. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(634)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 61-63
c) Nach Abs 2 S 4 ist eine Vereinbarung, nach der die Kündigung nur für den Schluß 61 bestimmter Kalendermonate zulässig sein soll, unwirksam (AG Marburg ZMR1979, 46). Diese Regelung betrifft sämtliche Mietverhältnisse über Wohnraum iS des Abs 2 S 1 und macht auch bei einer Überlassung zu nur vorübergehendem Gebrauch (Abs 2 S 3) keine Ausnahme. Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum iS des Abs 3 werden dagegen nicht erfaßt. Für die Unwirksamkeit einer Vereinbarung ist es unerheblich, ob die Kündigung durch den Mieter oder durch den Vermieter auf den Schluß bestimmter Kalendermonate festgelegt werden soll (SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 611; vgl NIEDNER W u M 1970, 56). A n d e r e Termine werden vom
Gesetzeswortlaut nicht ausgeschlossen (ROQUETTE § 565 Rz 40; aM STERNEL RZ IV 29). Insoweit ist wegen des besonderen Gesetzeszwecks, eine Zusammenballung von Kündigungen an bestimmten Terminen zu verhindern (Rz 62), auch eine entsprechende Anwendung des Abs 2 S 4 nicht angebracht. Die Vorschrift betrifft nicht Mietverträge mit Verlängerungsklausel iS des § 565 a Abs 1, in denen vereinbart ist, daß sich das Mietverhältnis mangels Kündigung auf bestimmte Zeit verlängert und deshalb später jeweils nur zum Ablauf dieser bestimmten Zeit gekündigt werden kann (AG Köln WuM 1970,22; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 625). In diesen Fällen wird nicht die Kündigung auf den Schluß bestimmter Kalendermonate beschränkt, sondern das Mietverhältnis selbst bleibt befristet. Die Kündigung beendet das Mietverhältnis nicht, sondern verhindert seine Verlängerung kraft der Vertragsklausel. Die Regelung des Abs 2 S 4 geht auf das G über die Auflockerung der 62 Kündigungstermine bei Mietverhältnissen über Wohnräume vom 24. 3. 1938 (RGBl I 306) zurück, das durch Art X Abs 1 Nr 4 AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389) aufgehoben worden ist (Begr zum RegE eines AbbauG BT-Drucks III/1234, 73). Maßgebend für die frühere Regelung war die seinerzeit verbreitete Praxis, Kündigungen auch bei monatlicher Bemessung des Mietzinses vereinbarungsgemäß nur für den Schluß eines Kalendervierteljahres oder nur zum 1. April oder 1. Oktober zuzulassen. Dies führte auf dem Wohnungsmarkt zu einer Zusammenballung von Angebot und Nachfrage auf wenige Termine und barg in Zeiten der Wohnungsknappheit die Gefahr längerer Obdachlosigkeit für Wohnungssuchende Mieter in sich. Darüber hinaus sollten die vor allem für das Speditionsgewerbe beobachteten ungünstigen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt beseitigt werden, die sich aus der außerordentlichen Häufung von Umzügen zu bestimmten Terminen ergaben (Begr des G vom 24. 3. 1938 DJ 1938, 534 = JW 1938, 1084; vgl zur Übernahme in das B G B PERGANDE N J W
1964, 1925, 1926). Es ist zumindest hinsichtlich
der
Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt zweifelhaft, ob eine solche Reglementierung heute noch angebracht ist (krit auch SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 613).
VI. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über bewegliche Sachen (Abs 4) Bei einem Mietverhältnis über bewegliche Sachen ist für die Kündigungsfrist die Bemessung des Mietzinses maßgebend. Zu den beweglichen Sachen gehören auch deren Innenräume und die nicht im Schiffsregister eingetragenen Schiffe (vgl ansonsten Abs 1). Ist der Mietzins nach Tagen bemessen, so kann an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages gekündigt werden (Nr 1). Die Kündigungsfrist beträgt in diesem Fall mindestens 24 Stunden. Bei der Bemessung des Mietzinses nach längeren Zeitabschnitten muß die Kündigung spätestens am dritten Tag vor dem Tag wirksam werden, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis endigen soll (Nr 2). Die Kündigungsfrist beträgt damit mindestens 3 Tage. In beiden Fällen ist § 193 für die Fristberechnung unerheblich (PALANDT-PUTZO § 565 A n m 2 c; aM ERMAN-SCHOPP
§ 565 Rz 15). Der Kündigungstag braucht nach dem Gesetz nicht auf einen Werktag (635)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
63
§565 64, 65
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
zu fallen. Die Kündigung kann mithin an jedem beliebigen Tag der Woche wirksam werden und das Mietverhältnis entsprechend der vorgeschriebenen Frist zu jedem beliebigen Tag beenden. § 193 ist nur insoweit erheblich, als mit der Beendigung des Mietverhältnisses Leistungspflichten der Parteien entstehen (Rz 10 ff). Die Kündigungsvorschriften für ein Mietverhältnis über bewegliche Sachen sind ohne Einschränkungen abdingbar.
VII. Kündigungsfristen bei Mischverträgen und Sonderformen 64 1. Allgemeines Da die Miete die Grundform der entgeltlichen Überlassung einer Sache zum Gebrauch bildet, enthalten viele Verträge mietrechtliche Elemente und können deshalb als Mischverträge und Sonderformen der Miete gekennzeichnet werden (Vorbem 44 ff zu §§ 535, 536). Haben die Parteien keine Vereinbarungen über die Fristen für eine ordentliche Kündigung getroffen, stellt sich die Frage, ob die Kündigungsfristen des § 565 maßgebend sind. Darüber hinaus ist es fraglich, ob etwaige Vereinbarungen der Parteien den zwingenden Vorschriften des § 565 Abs 2 unterliegen. Generell entscheidend ist dabei, wie die einzelnen Formen typengemischter Verträge rechtlich zu qualifizieren sind, ob das mietvertragliche oder ein anderes Element überwiegt und ob sich die einzelnen Teile der Vereinbarungen rechtlich trennen lassen. Handelt es sich von vornherein um mehrere selbständige Verträge, die nur gleichzeitig abgeschlossen werden, aber jeweils für sich eine wirtschaftlich sinnvolle Regelung darstellen, so folgt jeder Einzelvertrag ohne weiteres den für ihn maßgebenden Vorschriften. 65 Die Abgrenzung und Terminologie typengemischter Verträge ist nicht einheitlich ( v g l L A R E N Z II § 62; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 305 A n m 6 b). Kennzeichnend ist für den gemischten Vertrag, daß Bestandteile unterschiedlicher Vertragstypen nach dem von den Parteien verfolgten Zweck in einer Weise miteinander verbunden sind, daß sie erst in ihrer Gesamtheit diesen Zweck erfüllen können. Bestimmte Theorien zur rechtlichen Behandlung dieser Verträge (vgl E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 100 B) können angesichts der in der Praxis anzutreffenden Vielgestaltigkeit nicht zu allseits befriedigenden Ergebnissen führen, da die Parteien dem Vertrag jeweils nach den konkret verfolgten Zwecken eine besondere Gestalt und eine unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Vertragselemente geben. Es ist deshalb angebracht, vom ausdrücklichen oder mutmaßlichen Parteiwillen auszugehen. Hierfür können sich aus dem Vertragszweck, der Interessenlage und der Verkehrssitte gewisse Anhaltspunkte ergeben ( P A L A N D T - H E I N R I C H S § 305 Anm 6 c). Ist es im Einzelfall nicht möglich, jede Leistung gesondert dem Recht des jeweiligen Vertragstyps zu unterstellen, was für die Kündigung idR auch die Beendigung der sonstigen Vertragsbeziehungen nach § 139 zur Folge hat, so sind insgesamt diejenigen Vorschriften maßgebend, die für den rechtlichen oder wirtschaftlichen Schwerpunkt des Vertrags gelten (vgl BGHZ 2, 331, 333 = NJW 1951, 705; P A L A N D T - H E I N R I C H S aaO). Vor allem wenn das mietrechtliche Element die Grundlage für die Ausübung aller weiteren Rechte aus dem Vertrag bildet, ist es angemessen, die Kündigungsvorschriften des Mietrechts einheitlich auf den ganzen Vertrag anzuwenden. Andererseits kann es bei Gleichwertigkeit mehrerer Vertragselemente auch geboten sein, im Wege der Rechtsanalogie aus verschiedenen Vorschriften eine einheitliche Regelung zu entwickeln ( P A L A N D T - H E I N R I C H S aaO unter Hinweis auf R A I S C H BB 1968, 526, 530 zum Automatenaufstellvertrag). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(636)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 66, 67
2. Einzelne Mischverträge
66
a) Wird ein Zimmer mit Frühstück vermietet, so liegt das Schwergewicht auf dem mietvertraglichen Element. Es handelt sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum, dessen Kündigungsfrist sich jeweils nach der Art des Wohnraums und dem Zweck der Überlassung insgesamt nach Abs 2 oder 3 richtet. Der Beherbergungsvertrag zur Aufnahme in einer Pension oder einem Hotel ist in seinem wesentlichen Kern ein Mietvertrag über möblierten Wohnraum (Vorbem 58 zu §§ 535, 536). Regelmäßig wird er auf bestimmte Zeit abgeschlossen. Ist dies nicht der Fall, kann die Kündigungsregelung des Abs 3 nur eingreifen, wenn der Wohnraum - wie meist nur in einer Privatpension - Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist. Nach dieser gesetzlichen Begrenzung unterliegen alle anderen Beherbergungsverträge der Regelung des Abs 2 (anders noch PERGANDE § 5 6 5 Anm 12 zu Abs 3 idF vor dem WKSchG II). Dies führt allerdings wegen der langen Kündigungsfristen zu unangemessenen Ergebnissen. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, gestützt vor allem auf die Verkehrssitte, wird idR die Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen anzunehmen sein, wie sie Abs 3 enthält. Dies ist nicht nur zugunsten des Mieters möglich, sondern wegen der Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch auch für die Kündigung durch den Vermieter (Abs 2 S 3). Maßgebend ist dann die Bemessung des Mietzinses. Dabei macht es keinen Unterschied, ob neben der im Vordergrund stehenden Überlassung des Wohnraums noch Frühstück, Halb- oder Vollpension gewährt wird. Unbenommen bleibt den Parteien jederzeit die einverständliche Aufhebung des Vertrags. b) Wohnheimverträge mit einem Alters-, Arbeiter- oder Studentenheim sind 67 Mietverhältnisse über Wohnraum, deren Kündigung sich nach Abs 2 richtet, auch wenn andersartige Nebenleistungen erbracht werden (vgl aber LG Köln MDR 1977, 3 1 3 m Anm WESTHELLE MDR 1977, 8 4 1 zum Internatsvertrag). Insoweit stellt sich nur die Frage, ob es sich um Mietverträge auf vorübergehende Zeit handelt (Rz 57; § 556 a Rz 94). Heimpflegeverträge mit körperlich oder geistig Behinderten, pflegebedürftigen alten Menschen oder zu Resozialisierenden sind eine Verbindung aus Mietvertrag und Dienstvertrag. Da die Leistungen des Heimträgers außerhalb der eigentlichen Raumüberlassung idR überwiegen, handelt es sich nicht um Mietverhältnisse über Wohnraum, für die der Schutz des sozialen Mietrechts eingreift (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 5 8 ) . Insoweit ist eine einheitliche Kündigungsfrist für beide Seiten geboten (PALANDT-PUTZO Einf v § 535 Anm 3 a). Überwiegt der Dienstvertragscharakter, sind die Fristen des § 621 maßgebend. Eine Ausnahme ist aber für die Fälle zu machen, in denen der Platz in dem Pflegeheim auf Dauer den Mittelpunkt der Lebensführung des Pflegebedürftigen darstellt und keine Wohnung außerhalb des Heims für ihn zur Verfügung steht. Die kurzen Kündigungsfristen des § 621, die selbst bei einer Bemessung der Vergütung nach Monaten nur vom Fünfzehnten bis zum Monatsende reichen (§ 621 Nr 3), sind unangemessen, wenn der Heimplatz auf Dauer den Wohnraum ersetzt. Insoweit ist deshalb jedenfalls zum Schutz des Betroffenen gegen einen kurzfristigen Wohnungsverlust eine entsprechende Anwendung des § 565 Abs 2 für Kündigungen durch den Heimträger geboten (vgl auch OLG Hamburg MDR 1973, 758 zur außerordentlichen fristlosen Kündigung nach § 626). Bei Krankenhausaufnahmeverträgen steht das dienstvertragliche Element ganz im Vordergrund (Vorbem 62 zu §§ 535, 536). Da durch die Beendigung eines solchen Vertrags kein Wohnungsbedarf des Patienten ausgelöst wird, besteht für eine entsprechende Anwendung mietrechtlicher Kündigungsvorschriften kein Bedürfnis. Belegungsverträge der Sozialversicherungsträger mit privaten Kurheimen, Gasthöfen oder Sanatorien sind Mietverträge iS des § 565 Abs 2 (vgl Vorbem 6 0 zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 ) . Belegarztverträge sind atypische Dauerrechtsverhältnisse mit Elementen der Miete oder Leihe (Vorbem 61 zu §§ 535, 536), ohne aber einem (637)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 68-70
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
der im BGB enthaltenen Vertragstypen voll zu entsprechen. Zur Beendigung ist eine angemessene Kündigungsfrist einzuhalten, die von der Rspr auf ein halbes Jahr bemessen wird (BGH NJW 1972, 1128, 1129 m Anm HEPP NJW 1972, 1514). 68 c) Werden Maschinen oder Fahrzeuge mit Bedienungspersonal überlassen, so kann es sich um eine Verbindung von Miete und Dienstverschaffungsvertrag handeln, wenn dem Mieter der selbständige Gebrauch der Sache überlassen wird, er also die Obhut übernimmt und das Recht erhält, im Rahmen der vertraglichen Benutzung auf die Sache einzuwirken (RGZ 6 9 , 1 2 7 , 1 2 9 ; KG NJW 1 9 6 5 , 9 7 6 ; PALANDT-PUTZO Einf V § 535 Anm 3 a). Liegt das Schwergewicht des Vertrags auf der mietweisen Überlassung der Sache, die zugleich die Grundlage der zu leistenden Dienste bildet, so richtet sich die Kündigungsfrist nach § 565 Abs 4. Wird die Sache nicht zum selbständigen Gebrauch überlassen, liegt ein reiner Dienst- oder Werkvertrag vor (OLG Hamburg MDR 1965, 491; PALANDT-PUTZO aaO). Der Mietkauf ist ein Mietvertrag, in dem der Vermieter dem Mieter das Recht einräumt, die Mietsache unter voller oder teilweiser Anrechnung des Mietzinses zu kaufen (PALANDT-PUTZO aaO). Für die Kündigungsfristen ist § 565 maßgebend. Sie hängen vom Gegenstand des Mietvertrags ab. Bei der entgeltlichen Überlassung von Reklameflächen an Fahrzeugen überwiegt das mietvertragliche gegenüber dem dienst- oder werkvertraglichen Element (Vorbem 89 zu §§ 535, 536). Für die Kündigungsfrist ist § 565 Abs 4 maßgebend. Handelt es sich um Wand- oder Dachflächen von Gebäuden, liegt Grundstücksmiete vor, deren Kündigung sich nach Abs 1 richtet (Rz 16). Der Filmverleihvertrag zwischen Filmverleih und Kino ist trotz gewisser urheberrechtlicher Elemente in erster Linie Mietvertrag über eine bewegliche Sache (Vorbem 78 f zu §§ 535, 536). Die Kündigungsfrist ergibt sich aus § 565 Abs 4. 69 d) Die Vermietung einer Gastwirtschaft mit Bierlieferungsvertrag ist eine Verbindung von Miet- oder Pachtvertrag mit einem Sukzessivlieferungsvertrag (PALANDT-PUTZO Einf v § 535 Anm 3 a). Handelt es sich nicht um Pacht, sondern um Miete, liegt das Schwergewicht idR auf dem mietrechtlichen gegenüber dem kaufrechtlichen Element, da die Miete der Gastwirtschaft die rechtliche und wirtschaftliche Grundlage für die Bierbezugsverpflichtung abgibt. Die Kündigungsfrist richtet sich einheitlich nach § 565 Abs 1. Grundstücksmiete iS dieser Kündigungsregelung ist gegeben, wenn auf einem Campingplatz eine Stellfläche vermietet wird und zusätzliche Dienstleistungen erbracht werden (Vorbem 83 zu §§ 535, 536). Konzessionsverträge über die Verlegung von Schienen und Leitungen in öffentlichen Straßen sind gemischte Verträge mit vorwiegend mietvertraglichen Elementen (Vorbem 87 zu §§ 535, 536), deren Kündigung sich nach § 565 Abs 1 richtet. Tresor- oder Schrankfachverträge mit Banken sind Mietverträge mit Verwahrungselementen (Vorbem 82 zu §§ 535, 536). Soweit die Stahlschränke fest mit dem Grundstück verbunden sind, handelt es sich um die Miete von Grundstücksteilen, für die § 565 Abs 1 als Kündigungsregelung gilt. In der Praxis werden die Verträge idR sofort durch Aufhebungsvertrag beendet. Der Vertrag über eine Hausmeisterwohnung ist Arbeits- oder Dienstvertrag iVm einer Werkmiet- oder Werkdienstwohnung. Für die Kündigung der Wohnräume gilt die Regelung der §§ 565 b-565 e. 70 3. Sonderformen a) Leasing- Verträge finden sich in der Praxis in den unterschiedlichsten Formen. Sie können nach der jeweiligen Ausgestaltung reiner Kauf, reine Miete oder auch ein Mischvertrag mit miet- und kaufrechtlichen Elementen sein (Vorbem 45 ff zu §§ 535, 536). Sind sie als reine Miete zu beurteilen, wie etwa das Operating-Leasing (Vorbem 45 a aaO), oder überwiegen wie vielfach beim Finanzierungs-Leasing die mietrechtlichen Elemente (Vorbem 47, 47 g aaO), so greifen die Kündigungsvorschriften des Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(638)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 71-73
§ 565 ein, die sich im einzelnen nach dem Gegenstand des Leasing-Vertrags und der Bemessung der Vergütung richten (vgl zur außerordentlichen Kündigung BGHZ 71, 189 = NJW 1978,1383; B A U M G A R T E , Leasing-Verträge über bewegliche Sachen im Konkurs (1980); H I D D E M A N N W M 1978, 834, 836; G R A F V O N W E S T P H A L E N , Der Leasingvertrag [1979] 172 ff; Vorbem 49 a ff zu §§ 535, 536). b) Tankstellenverträge stellen reine Grundstücksmiete iS des § 565 Abs 1 dar, wenn 71 der Eigentümer sein Grundstück einer Mineralölgesellschaft vermietet, damit das Unternehmen darauf eine Tankstelle errichten und betreiben kann (Vorbem 57 zu §§ 535,536). Uberläßt die Mineralölgesellschaft eine von ihr auf eigenem oder fremdem Grundstück errichtete Tankstelle einem Dritten oder auch dem Grundstückseigentümer zum Betrieb, so weist der Stationärsvertrag miet- und dienstvertragliche Elemente auf, wobei die letzteren überwiegen. Deshalb und wegen der Investition erheblichen Kapitals durch die Mineralölgesellschaften sind nicht nur die verhältnismäßig kurzen Kündigungsvorschriften des § 565 Abs 1 unanwendbar, sondern auch die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 624 (vgl BGHZ 52, 171, 175 f = NJW 1969, 1662, 1663; Vorbem aaO). Unter den Voraussetzungen des § 581 können Tankstellenverträge als Pachtverträge zu beurteilen sein und unterliegen dann den Kündigungsvorschriften dieses Rechtsinstituts, soweit eine Sonderregelung besteht (§§ 581 Abs 2, 595). c) Automatenaufstellverträge werden als Sammelbegriff für die unterschiedlichsten 72 Vertragsformen verwendet (Vorbem 51 ff zu §§ 535,536). Ein Mietvertrag über eine bewegliche Sache iS des Abs 4 liegt vor, wenn ein Automatenaufsteller einem Unternehmer Automaten überläßt, damit dieser Waren verkaufen oder sonstige Leistungen anbieten kann (Vorbem 52 aaO). Unerheblich ist es, ob dem Mieter zugleich ein Kaufrecht eingeräumt ist (Rz 68). Wird einem Automatenaufsteller eine Wand- oder Bodenfläche an einem allgemein zugänglichen Ort vermietet, damit er selbst Waren oder Leistungen anbieten kann, so handelt es sich um Grundstücksmiete iS des Abs 1 (VON OLSHAUSEN-SCHMIDT, Automatenrecht [ 1 9 7 2 ] B 4 5 f). Raummiete iS dieser Vorschrift ist gegeben, wenn einem Automatenaufsteller ein ganzer Raum vermietet wird, in dem er eine Automatenspielhalle einrichten will ( B G H Z 4 7 , 2 0 2 , 206 =
N J W 1967, 1414,
1416).
Umstritten ist die Rechtsnatur der Automatenaufstellverträge, für die es charakte- 73 ristisch ist, daß die aufgestellten Geräte in den Gewerbebetrieb eines anderen, der am Umsatz beteiligt ist, eingegliedert werden (Vorbem 53 zu §§ 535, 536). Mit dem mietvertraglichen Element der Gebrauchsüberlassung einer bestimmten Aufstellfläche werden diese Verträge rechtlich nicht hinreichend erfaßt (BGHZ 47, 202, 203 f = NJW 1967,1414,1415). Da aber auch Elemente anderer Vertragstypen, wie etwa der Gesellschaft, nicht entscheidend im Vordergrund stehen (aM LG Nürnberg-Fürth NJW 1971,52 m abl Anm M Ü L L E R NJW 1971,625), ist keine eindeutige Zuordnung zu einem Vertragstyp möglich. Gegenüber einer sofortigen Kündigung nach § 723 Abs 1 S 1 (LG Nürnberg-Fürth aaO) wird zT eine Kündigung spätestens am Fünfzehnten zum Ablauf des Monats verlangt (OLG Düsseldorf BB 1965, 267 - § 565 Abs 1 S 2 aF) oder es wird nach § 242 eine einmonatige Frist aufgestellt (LG Stuttgart NJW 1963,1927). Nach B G B - R G R K - G E L H A A R (Vor § 535 Rz 246) soll es auf den Einzelfall ankommen. Die heute hM läßt die Kündigung ohne Rücksicht auf die im Einzelfall praktizierten Abrechnungszeiträume der Parteien in Anlehnung an § 565 Abs 1 Nr 3 nur bis zum dritten Werktag eines Monats für den Ablauf des übernächsten Monats zu (LG Köln NJW 1972, 2127; V O N O L S H A U S E N - S C H M I D T B 92; P A L A N D T - P U T Z O Einf v § 535 Anm 2 e; R A I S C H B B 1968, 526, 531; vgl OLG Celle BB 1968, 524; M Ü L L E R NJW 1971, 625, 626). Eine solche, nicht zu kurze Kündigungsfrist wird der Interessenlage gerecht. (639)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§565 74-76
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
VIII. Außerordentliche befristete Kündigung (Abs 5) 74 1. Während die Abs 1 - 4 die Fristen für die ordentliche Kündigung regeln, betrifft Abs 5 die vorzeitige Kündigung eines Mietverhältnisses unter Einhaltung der gesetzlichen Frist. Es handelt sich um eine Reihe von gesetzlich abschließend geregelten Fällen. Der Anwendungsbereich ist dadurch gekennzeichnet, daß eine oder beide Parteien das Recht erhalten, sich durch außerordentliche befristete Kündigung vom Vertrag zu lösen. Dies ist bedeutsam für an sich noch länger andauernde, auf bestimmte Zeit abgeschlossene Mietverhältnisse oder bei vertraglichem Kündigungsausschluß bzw einer vertraglich oder gesetzlich (Abs 2 S 2) nur mit einer längeren als der Dreimonatsfrist möglichen ordentlichen Kündigung eines unbefristeten Mietverhältnisses (§ 564 Rz 32 f). Das gleiche gilt für auflösend bedingte Mietverhältnisse vor oder nach Eintritt der Bedingung (§ 565 a Abs 2). 75 2. Diese Vorschriften gestatten eine Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (vgl die Zusammenstellung § 564 Rz 33). Mit der gesetzlichen Frist sind nicht sämtliche Fristen der Abs 1 - 4 gemeint. In Abs 5 wird der Begriff der gesetzlichen Frist unabhängig von der Bemessung des Mietzinses auf die jeweils längste Frist der vorangehenden Kündigungsregelungen beschränkt. Eine Ausnahme bildet nur das normale Mietverhältnis über Wohnraum, für das die kürzere Grundregel maßgebend ist. Hiernach ist die außerordentliche befristete Kündigung bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, Räume oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig, bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume, gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe jedoch nur für den Ablauf eines Kalendervierteljahres (Abs 1 Nr 3; Rz 15 ff). Für das normale Mietverhältnis über Wohnraum muß die außerordentliche befristete Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats wirksam werden (Abs 2 S 1; Rz 30 f). Dies gilt unabhängig davon, wie lange der Wohnraum überlassen ist, da Abs 5 nicht auf Abs 2 S 2 verweist (LG Köln WuM 1973, 255). Die außerordentliche befristete Kündigung eines Mietverhältnisses über möblierten Wohnraum iS des Abs 3 ist spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den Ablauf dieses Monats zulässig (Abs 3 Nr 3; Rz 44 ff). Die Kündigung eines Mietverhältnisses über bewegliche Sachen ist spätestens am dritten Tag vor dem Tag möglich, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis endigen soll (Abs 4 Nr 2; Rz 63). Soweit Mischverträge den Kündigungsvorschriften des § 565 unterliegen (Rz 64 ff), richtet sich auch die außerordentliche befristete Kündigung nach der für den jeweiligen Mietgegenstand maßgebenden Bestimmung. 76 3. Abweichende Vereinbarungen über die bei einer außerordentlichen befristeten Kündigung einzuhaltenden Fristen können bedeutsam sein, wenn die Identität der Parteien bestehengeblieben oder wenn Rechtsnachfolge eingetreten ist, die auch diese Vereinbarung umfaßt. Da die Regelung des Abs 1 Nr 3, Abs 3 Nr 3 und Abs 4 Nr 2 nicht zwingend ist (Rz 29, 57, 63), können die Parteien die Fristen auch für den Fall der vorzeitigen Kündigung anderweitig festlegen. Voraussetzung ist aber, daß sich die Einhaltung der gesetzlichen Fristen nicht aus der zwingenden Natur der Vorschrift ergibt, auf die sich das außerordentliche Kündigungsrecht gründet (vgl § 570 Rz 20, zB bei Raummiete iS des § 565 Abs 1). Dabei kommt es ferner darauf an, ob abweichende Vereinbarungen schlechthin oder nur bei nachteiliger Auswirkung auf eine bestimmte Partei ausgeschlossen sind. Mit dieser Maßgabe können abweichende Vereinbarungen für die außerordentliche befristete Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum iS des Abs 2 zugelassen werden. Abs 5 verweist zwar nicht ausdrücklich auf die Unabdingbarkeitsregeln des Abs 2 S 3 u 4. Jedoch ist insoweit eine entsprechende Anwendung geboten, da die Parteien bei der außerorJürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(640)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 77, 78
dentlichen befristeten Kündigung nach dem Schutzzweck der Normen nicht schlechter gestellt werden dürfen als bei einer ordentlichen Kündigung. Zu beachten ist allerdings, daß von der gesetzlichen Frist des Abs 2 S 1 nicht abgewichen werden darf, soweit sich die Unabdingbarkeit aus der Norm ergibt, die das außerordentliche Kündigungsrecht einräumt (vgl zB § 569 a Abs 7 - zwingend für beide Parteien). Es ist den Parteien nicht freigestellt, einseitig durch Angabe eines bestimmten Kündigungstermins von der gesetzlichen Frist abzuweichen. Dies gilt für eine Verkürzung oder Verlängerung der Frist in gleicher Weise, da solchen einseitigen Änderungen das Gesetz und das Interesse des Kündigungsempfängers entgegenstehen. Eine derartige Kündigungserklärung kann jedoch in einen Antrag auf Abschluß eines Mietaufhebungsvertrags umgedeutet werden (STERNEL R Z IV 243).
IX. Wirkung der Kündigung 1. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, bewirkt die Kündigung 77 die Beendigung des Mietverhältnisses zum Kündigungstermin. Hierzu gehört es, daß die Kündigungsfristen des § 565 eingehalten sind. Ist die Kündigung für den vom Erklärenden vorgesehenen oder ausdrücklich angegebenen Termin verspätet, so wirkt sie auf den nächst zulässigen Termin, sofern der Kündigende das Mietverhältnis auf jeden Fall beenden will und dieser Wille dem anderen Vertragsteil genügend erkennbar ist (§ 564 Rz 18). Hat der Kündigende ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung, kann er statt dessen das Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung beenden. 2. Erweist sich die ordentliche Kündigung für den vorgesehenen Termin als verspätet, 78 stellt sich die Frage der Umdeutung in eine außerordentliche fristlose Kündigung, falls ein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben ist (vgl zum umgekehrten Fall § 564 Rz 39). Davon zu unterscheiden ist die Auslegung einer inhaltlich nicht eindeutigen Kündigungserklärung in der einen oder anderen Richtung (BGH WM 1973, 782, 785). Die problematische Anwendbarkeit des § 140 als Rechtsgrundlage einer solchen Umdeutung kann damit gerechtfertigt werden, daß die verspätete ordentliche Kündigung jedenfalls für den vorgesehenen Termin wegen eines Mangels im Tatbestand unwirksam ist (§ 564 Rz 40). Allerdings darf das Rechtsgeschäft, in das umgedeutet wird, keine weitergehenden Rechtswirkungen erzeugen als das ursprünglich beabsichtigte Geschäft (BGHZ 19, 269, 275 = NJW 1956, 297, 298; BGHZ 20, 363, 370 f = NJW 1956, 1198, 1200). Die Umdeutung einer unwirksamen ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche fristlose Kündigung ist deshalb insoweit ausgeschlossen, als das Mietverhältnis dadurch bereits mit dem Zugang der Kündigungserklärung beendet würde ( P A L A N D T - H E I N R I C H S § 140 Anm 2; zum Arbeitsrecht LAG Baden-Württemberg BB 1952,290; BB 1960,742; Betrieb 1965, 1672; LAG Düsseldorf BB 1968, 753; LAG Frankfurt BB 1974, 839; LAG Kiel RdA 1954, 80). Deshalb ist zu fragen, ob das Mietverhältnis aufgrund einer Umdeutung der Kündigung wenigstens zum ursprünglich vorgesehenen (ordentlichen) Kündigungstermin beendet werden kann. Im Arbeitsrecht ist es hM, daß eine außerordentliche Kündigung nicht nur fristlos, sondern auch unter einer Auslauffrist erklärt werden kann, sofern der Kündigende zum Ausdruck bringt, daß es sich um eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund handelt (BAG AP Nr 1 zu § 626 BGB mwN; HUECK-NIPPERDEY, Lehrbuch des Arbeitsrechts 1. Bd [7. Aufl 1963] § 59 V 1; SCHAUB, Arbeitsrechts-Handbuch [4. Aufl 1980] § 125 II 1). Diese Frist steht im Belieben des Kündigenden und kann daher der gesetzlichen Kündigungsfrist entsprechen ( H U E C K - N I P P E R D E Y aaO). Wird die Umdeutung der verspäteten ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche Kündigung mit der Maßgabe zugelassen, daß sie das Mietverhältnis zu dem an sich vorgesehenen gesetzlichen Kündigungs(64i)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565, 565 a 79
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
termin beendet (aM BAG Betrieb 1975, 214 im Hinblick auf besondere arbeitsrechtliche Vorschriften; S C H A U B § 123 IX 4 zum Arbeitsrecht), so hat dies keine weitergehenden Rechtsfolgen als das ursprünglich beabsichtigte Geschäft. Auf die unterbliebene Kenntlichmachung als außerordentliche Kündigung kann es im Rahmen des § 140 nicht ankommen. Die Umdeutung einer verspäteten ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche „fristlose" Kündigung kann deshalb das Mietverhältnis bei Anerkennung einer Auslauffrist zum ursprünglich vorgesehenen Termin beenden. 79 Eine ordentliche Kündigung, die wegen eines vertraglichen Ausschlusses des Kündigungsrechts unwirksam ist (§ 564 Rz 11 f), kann unter den Voraussetzungen des § 140 und bei Berücksichtigung einer der gesetzlichen Frist entsprechenden Auslauffrist in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden. Besteht ein wichtiger Grund zur Kündigung, so darf der Kündigungsempfänger vor allem bei voller Kenntnis der Sachlage nicht wegen der Bezeichnung als ordentliche Kündigung darauf vertrauen, der Erklärende werde keinen Gebrauch von seinem Recht zur außerordentlichen Kündigung machen (so aber zum Arbeitsrecht H U E C K - N I P P E R D E Y § 5 6 I X 4 c; S C H A U B § 123 IX 4). Wer einen wichtigen Grund zur Kündigung gesetzt hat, ist insoweit nicht schutzbedürftig. Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn der Kündigende ausdrücklich erklärt hat, er werde den Grund nicht zum Anlaß für eine außerordentliche Kündigung nehmen (§ 242). Da die Angabe von Gründen bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung nach der hier vertretenen Auffassung nicht vorauszusetzen ist (§ 564 Rz 16), steht insoweit einer Umdeutung nichts entgegen (vgl E R M A N - S C H O P P § 564 Rz 11, der die Umdeutung als Auslegungsfrage bezeichnet; aM LG Braunschweig B1GBW 1969,137 zur Wohnraummiete). Bei der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch den Vermieter wird der Mieter bei einer Umdeutung auch im Hinblick auf § 556 a nicht schlechter gestellt, weil ihm nach Abs 4 Nr 2 dieser Vorschrift selbst bei einer ordentlichen Kündigung kein Widerspruchsrecht zugestanden hätte (§ 556 a Rz 56 b; vgl § 564 b Rz 132 f).
§ 565 a Ist ein Mietverhältnis Uber Wohnraum auf bestimmte Zeit eingegangen und ist vereinbart, daß es sich mangels Kündigung verlängert, so tritt die Verlängerung ein, wenn es nicht nach den Vorschriften des § 565 gekündigt wird. Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, so gilt es nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert. Kündigt der Vermieter nach Eintritt der Bedingung und verlangt der Mieter auf Grund des § 556 a die Fortsetzung des Mietverhältnisses, so sind zu seinen Gunsten nur Umstände zu berücksichtigen, die nach Abschluß des Mietvertrages eingetreten sind. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist oder es sich um ein Mietverhältnis der in § 565 Abs. 3 genannten Art handelt. Art I Nr 6 MietRÄndG I vom 29. 7.1963 (BGBl I 505); Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,11 (zu Art I Nr 15); Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks 1323, 4. Art I Nr 19 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 2 u 5.
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(642)
§ 565 a 3. Titel. Miete. Pacht
Schrifttum BRÜHL, Mietverhältnisse über Wohnraum ab 1. 11. 1963, FamRZ 1964, 67, 71; BURKHARDT, Das neue Wohnraummietrecht, BB 1963, 907, 908; DREWS, Die Rechte des Mieters nach Erlaß des Ersten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29.7.1963, WuM 1964, Beil H 2,2, 8; G U N D L A C H , Zum befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel, ZMR 1977,134; HOFFMANN, Neue Rechtsfragen beim Räumungsprozeß in den weißen Kreisen, MDR 1965, 170, 173; HOLTGRÄVE, Die Beendigung der Mietverhältnisse über Wohnraum nach neuem Recht, Betrieb 1964, 1097, 1098 f; LEHMANN, Rechtsgutachten über die entscheidende Vorschrift des sozialen Mietrechts, DWW 1960, 98; PERGANDE, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964,1925,1926,1930; ROESCH, Zum Rechtscharakter mit Verlängerungsklausel abgeschlossener befristeter Mietverträge, WuM 1977, 177; WESTERMANN, Leitsätze zu dem Rechtsgutachten über die vorgesehene Änderung des BGB durch Einfügung eines § 565 a, DWW 1960, 100.
Systematische Übersicht m . Befristetes Mietverhältnis über Wohnraum mit Verlängerungsklausel (Abs 1) 1. Voraussetzungen 6 2. Rechtsfolgen 8
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3
IV. Mietverhältnis über Wohnraum unter auflösender Bedingung (Abs 2) 1. Voraussetzungen 14 2. Rechtsfolgen 15 n . Geltungsbereich der Vorschrift im allgemeinen 4
V. Unabdingbarkeit (Abs 3) 23
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 23 ff Auflösend bedingtes Mietverhältnis über Wohnraum 14 ff - auf unbestimmte Zeit 15 - auflösende Bedingung 14 - Kündigung 16 ff - Kündigungsfrist 19 - Rechtsfolgen 15 ff - Sozialklausel 20 ff - Verlängerung auf unbestimmte Zeit 15 - Voraussetzungen 14 Bedingung, auflösende 14 Befristetes Mietverhältnis über Wohnraum mit Verlängerungsklausel - Kündigung 9 ff - Rechtsfolgen 8 ff - Verlängerung auf (un-)bestimmte Zeit 8, 12 f - Verlängerung durch Fortsetzung des Gebrauchs 7 - Verlängerung, mehrfache 8, 12 f - Verlängerungsklausel 7 - Voraussetzungen 6 f (643)
Dauernutzungsvertrag mit Wohnungsbaugenossenschaft 4 Entstehung der Vorschrift 2 Geltungsbereich der Vorschrift 4 f Gesellschaft als Mieter 4 Juristische Person als Mieter 4 Kündigung 9, 16 - Schriftform 10, 16 Kündigungsfrist 12, 19 Kündigungsgrund 11, 16 f Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 6, 15, 20 - auf unbestimmte Zeit 15, 20 - auflösend bedingtes, s dort - der in § 565 Abs 3 genannten Art 4, 10, 23 - mit Optionsrecht 7 - über Wohnraum 4 - Verlängerung auf (un-)bestimmte Zeit 8, 12, 15
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 565 a 1-3
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
- Verlängerung durch Fortsetzung des Gebrauchs 7 Mischmietverhältnis 4
Unabdingbarkeit 23 ff Untermietverhältnis 4 Verlängerungsklausel 7
Nutzung des Wohnraums auf anderer Rechtsgrundlage als Mietvertrag 5 Optionsrecht 7
Werkwohnung 4, 14 Wohnraum 4 - möblierter 4 - zu nur vorübergehendem Gebrauch 4, 10, 23
Sozialklausel 3, 13, 20 ff
Zweck der Vorschrift 3
I. Allgemeine Kennzeichnung 1
1. O b e r b l i c k
Die Vorschrift bestimmt in Abs 1, daß bei einem befristeten Mietverhältnis über Wohnraum, das unter einer Verlängerungsklausel abgeschlossen ist, die Verlängerung eintritt, wenn es nicht mit den Fristen des § 565 gekündigt wird. Diese Mietverhältnisse werden damit unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung der Verlängerungsklausel den Kündigungsvorschriften des BGB unterstellt, was über die Anwendbarkeit des § 565 hinausreicht. Nach Abs 2 endet ein auflösend bedingtes Mietverhältnis über Wohnraum nicht mit Eintritt der Bedingung, sondern gilt als auf unbestimmte Zeit verlängert. Die Zulässigkeit abweichender Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters wird in Abs 3 beschränkt.
2 2. Entstehung der Vorschrift § 565 a ist durch Art I Nr 6 MietRÄndG I vom 29. 7.1963 (BGBl 1505) in das BGB aufgenommen worden. Die Unabdingbarkeitsklausel des Abs 3 wies zunächst eine andere Fassung auf. Sie ist durch Art I Nr 19 MietRÄndG II vom 14. 7.1964 (BGBl I 457) dem Sprachgebrauch des Gesetzes angepaßt worden.
3 3. Zweck der Vorschrift § 565 a bezweckt, dem Mieter von Wohnraum die Abwicklungsfristen des § 565 auch bei solchen Mietverhältnissen zu gewähren, die nach ihrer rechtlichen Konstruktion an sich ohne Kündigung enden würden. Damit der Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts nicht durch eine entsprechende Vertragsgestaltung der Parteien ausgeschlossen wird, sind Mietverhältnisse über Wohnraum, die befristet sind, aber eine Verlängerungsklausel enthalten, durch Kündigung zu beenden. Das gleiche gilt für auflösend bedingte Mietverhältnisse über Wohnraum. Dadurch werden sie hinsichtlich der Schutzrechte des Mieters rechtlich wie Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit behandelt. Dies hat zur Folge, daß neben den Kündigungsfristen des § 565 auch die Voraussetzungen der §§ 564 a, 564 b erfüllt sein müssen und daß der Mieter nach § 556 a der Kündigung widersprechen und vom Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,11 [zu Art I Nr 15]; Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 4; ERMAN-SCHOPP § 565 a R Z 4; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 615). Durch die Unabdingbarkeit wird der Kündigungsschutz zugunsten des Mieters sichergestellt. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(644)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 a 4-7
n . Geltungsbereich der Vorschrift im allgemeinen 1. Es muß sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handeln (Vorbem 24 ff zu §§ 4 535,536; § 556 a Rz 5 ff). Unerheblich ist es, ob der Wohnraum möbliert ist, ob er zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist oder ob ein Mietverhältnis der in § 565 Abs 3 genannten Art vorliegt. Diese Kriterien sind nur für die Frage entscheidend, ob die Parteien abweichende Vereinbarungen treffen können (Abs 3). Die Vorschrift gilt auch für Untermietverhältnisse (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 616). Bei Mischmietverhältnissen ist es entscheidend, ob sie insgesamt als Wohnraummiete zu beurteilen sind (Vorbem 26 f zu §§ 535, 536). Bei Mischverträgen (Vorbem 44 ff zu §§ 535, 536) hängt die Anwendbarkeit des § 565 a davon ab, inwieweit im Einzelfall die mietrechtlichen Kündigungsvorschriften für Wohnraum eingreifen (§ 565 Rz 64 ff). Auf die Person des Mieters kommt es nicht an. Auch die Miete von Wohnraum durch juristische Personen oder Handelsgesellschaften des HGB wird erfaßt, wenn die Räume Arbeitnehmern zu Wohnzwecken überlassen werden sollen (§ 556 a Rz 7). Dauernutzungsverträge mit Wohnungsbaugenossenschaften gehören zu den Mietverhältnissen über Wohnraum. Die Anwendbarkeit des Abs 2 ist insoweit von großer praktischer Bedeutung, da derartige Verträge häufig vorsehen, daß das Nutzungsrecht an der Wohnung mit dem Tag erlischt, an dem die Mitgliedschaft in der Genossenschaft endet (LG Lübeck WuM 1970, 201; AG Hattingen ZGenW 1969, 179 m Anm ROQUETTE; vgl LG Itzehoe ZGenW 1970, 308 m Anm KRAFT; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 617). § 565 a ist ferner auf Werkmietwohnungen iS des § 565 b (AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1973,138) und unter den Voraussetzungen des § 565 e auf Werkdienstwohnungen anzuwenden (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). 2. Die Vorschrift greift nicht ein, wenn die Nutzung des Wohnraums auf anderen 5 Rechtsgrundlagen als einem Mietvertrag beruht. Hierzu gehören zB Leihe (§ 598), dingliches Wohnrecht (§ 1 0 9 3 ) , unentgeltliche Ausstattung (§ 1 6 2 4 ) , Vermächtnis ( § 2 1 7 4 ) oder öffentlich-rechtliche Vorschriften (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 1 8 ) . Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht scheiden schon wegen ihrer Bedingungsfeindlichkeit aus (§ 33 Abs 1 S 2 WEG).
III. Befristetes Mietverhältnis über Wohnraum mit Verlängerungsklausel (Abs 1) 1. Voraussetzungen
6
a) Das Mietverhältnis über Wohnraum (Rz 4) muß auf bestimmte Zeit eingegangen sein. Die Mietzeit ist bestimmt, wenn der Tag der Beendigung des Mietverhältnisses im Vertrag von vornherein kalendermäßig bestimmt oder aufgrund des Vertragsinhalts hinreichend bestimmbar i s t ( § 5 5 6 b R z 5 ; § 5 6 4 R z 3 f ) . b) Der Mietvertrag muß eine Verlängerungsklausel enthalten. Durch eine solche 7 Klausel vereinbaren die Parteien, daß sich das befristete Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn nicht ein Vertragsteil innerhalb einer bestimmten Frist vor Ablauf des Mietverhältnisses die weitere Fortsetzung ablehnt (Vorbem 121 zu §§ 535, 536; § 564 Rz 6). Es ist also eine besondere Erklärung erforderlich, um die Verlängerung des Mietverhältnisses zu verhindern. Hiervon zu unterscheiden ist die Vereinbarung eines Optionsrechts, das den Parteien gestattet, den Vertrag durch einseitige Erklärung zu verlängern (Vorbem 120 zu §§ 535, 536; § 564 Rz 5). Wird das Optionsrecht nicht ausgeübt, endet das Mietverhältnis nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf. Für die Anwendung des § 565 a ist insoweit kein Raum (ebenso MünchKomm-VoELSKOW § 565 a Rz 5). Das gleiche gilt für die Verlängerung eines Mietverhältnisses durch Fortsetzung des Gebrauchs, die nicht aufgrund (645)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 565 a 8,9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
einer vertraglichen Verlängerungsklausel, sondern kraft Gesetzes nach § 568 eintritt. Der in § 568 S 1 vorgesehene Widerspruch gegen eine solche Verlängerung ist keine Kündigung (§ 568 Rz 16 ff). Widerspricht keine Partei, so gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert. Damit unterliegt es ohne weiteres allen Kündigungsvorschriften des BGB. 8 2. Rechtsfolgen Als Rechtsfolge schreibt Abs 1 vor, daß die Verlängerung des Mietverhältnisses eintritt, wenn es nicht nach den Vorschriften des § 565 gekündigt wird. a) Für welche Dauer sich das Mietverhältnis verlängert, hängt vom Inhalt der Verlängerungsklausel ab (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 620 ff mit Beispielen). Ein zunächst befristetes Mietverhältnis kann auf unbestimmte Zeit verlängert werden, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbaren oder wenn im Vertrag eine Verlängerung ohne konkrete Zeitangabe vorgesehen ist und sich auch im Wege der Auslegung kein anderer Parteiwille ermitteln läßt. Ein solches Mietverhältnis unterliegt in Zukunft allen Kündigungsvorschriften, die für unbefristete Mietverhältnisse gelten (LG Augsburg WuM 1966,169), insbesondere den §§ 556 a, 564 Abs 2, 564 a, 564 b und 565. Sieht der Mietvertrag vor, daß sich das Mietverhältnis nach Ablauf der zunächst vorgesehenen Mietzeit einmalig um eine fest bestimmte weitere Zeit verlängert, so bleibt es befristet. Nach Ablauf dieser Frist endet das Mietverhältnis gern § 564 Abs 1 von selbst, ohne daß es einer Kündigung bedarf (LG Augsburg aaO). Unter den Voraussetzungen des § 556 b oder des Art 2 WKSchG II kann der Mieter vom Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Die Parteien können die Verlängerungsklausel auch in der Weise ausgestalten, daß sich das Mietverhältnis nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Zeit mehrfach um eine jeweils fest bestimmte Zeit verlängert (LG Augsburg aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K B 625). Dabei kann die Zahl der Verlängerungen nach dem Vertrag begrenzt oder unbegrenzt sein. Im ersteren Fall endet das Mietverhältnis spätestens mit Ablauf der letzten Verlängerungsperiode nach § 564 Abs 1. Sind die Voraussetzungen des § 556 b oder des Art 2 WKSchG II erfüllt, kann der Mieter vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis fortzusetzen. Die Anwendbarkeit dieser Vorschriften und nicht des § 556 a ergibt sich daraus, daß nach dem letzten Zeitabschnitt das Ende des Mietverhältnisses feststeht. Ist die Zahl der Verlängerungen dagegen unbegrenzt, kann das Mietverhältnis nicht durch Zeitablauf enden, sondern nur durch Kündigung iS des § 565 a Abs 1 (AG Würzburg WuM 1978,191; unten Rz 9). Das gleiche gilt bei begrenzter Zahl, solange noch weitere Verlängerungsperioden offenstehen. 9 b) Die Verlängerung aufgrund einer dahin gehenden Vertragsklausel tritt aber nur ein, wenn das Mietverhältnis nicht nach den Vorschriften des § 565 gekündigt wird. Streitig ist, ob es sich hierbei um eine Kündigung im Rechtssinne oder nur um eine in den Mietverträgen vorzufindende untechnische Formulierung handelt, mit der eine Willenserklärung des Inhalts gemeint ist, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses werde abgelehnt (vgl die Nachweise § 564 Rz 6). Für ein Mietverhältnis über Wohnraum ist es jedenfalls ein unergiebiger Streit um Begriffe. Wenn das Gesetz in § 565 a Abs 1 vorschreibt, daß die Verlängerung nur zu verhindern ist, wenn das Mietverhältnis nach den Vorschriften des § 565 gekündigt wird, so folgt daraus unabhängig von der begriffsjuristischen Qualifizierung einer solchen Erklärung die unmittelbare Anwendbarkeit der einschlägigen mietrechtlichen Kündigungsvorschriften (aM LG Kaiserslautern NJW 1975,1325; LG Wuppertal NJW 1976, 2215, jeweils zu Art 1 § 1 WKSchG I). Nur in dieser Weise ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift der Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts in vollem Umfang gewährleistet. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(646)
3. Titel. Miete. Pacht
§565 a 10-13
aa) Die Erklärung, mit der die Verlängerung des Mietverhältnisses abgelehnt wird, 10 bedarf nach § 564 a Abs 1 S 1 der schriftlichen Form (§ 564 a Rz 10). Auch die übrigen Bestimmungen dieser Vorschrift einschließlich der Ausnahmen für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse der in § 565 Abs 3 genannten Art greifen ein ( E R M A N - S C H O P P § 565 a Rz 4; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 1 5 ,
622).
bb) Der Vermieter kann die Verlängerung des Mietverhältnisses nur ablehnen, wenn 11 ihm ein Kündigungsgrund iS des § 564 b zur Seite steht (§ 564 b Rz 14; LG Gießen NJW 1 9 7 6 , 1 4 5 5 , hierzu G U N D L A C H ZMR 1 9 7 7 , 1 3 4 ; AG Büdingen WuM 1 9 7 9 , 2 5 5 ; AG Würzburg WuM 1 9 7 8 , 1 9 1 ; E R M A N - S C H O P P aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K aaO). Allerdings gelten auch hier die Ausnahmevorschriften dieser Regelung, die für bestimmte Mietverhältnisse eingreifen (§ 564 b Abs 4 u 7; s dort Rz 1 4 1 ff). cc) Die Parteien müssen die Kündigungsfristen des § 565 einhalten, wenn sie 12 erklären, das Mietverhältnis nicht fortsetzen zu wollen. Maßgebend sind jeweils nach der Art des Mietverhältnisses die Fristen des § 565 Abs 2 oder 3. Auch die längeren Fristen des 565 Abs 2 S 2 greifen ein, wenn der maßgebende Überlassungszeitraum erreicht ist. Dabei ist es unerheblich, ob dies auf einer schon früher eingetretenen Verlängerung des Mietverhältnisses beruht (§ 565 Rz 35). Die Parteien sind berechtigt, die erforderliche Erklärung unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfristen bereits vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit abzugeben, damit der Vertrag zum frühestmöglichen Termin beendet wird (LG Mannheim WuM 1970, 11; AG Köln WuM 1970, 22). Eine solche Erklärung ist erforderlich, wenn eine Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf der vorgesehenen Zeit verhindert werden soll. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die anstehende Verlängerung auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eintreten soll (Rz 8). Dies ist nur für die Folgezeit von Bedeutung. Ein auf unbestimmte Zeit verlängertes Mietverhältnis kann nunmehr in den Grenzen des § 565 Abs 2 oder 3 beliebig zu jedem der dort vorgesehenen Kündigungstermine beendet werden. Verlängert sich das Mietverhältnis aber auf bestimmte Zeit, so kann es immer nur zum Ablauf der jeweiligen Verlängerungsperiode gekündigt werden, falls es nicht ohnehin durch Zeitablauf nach § 564 Abs 1 endet (Rz 8). Die Parteien müssen also eine mehrfache Verlängerung um eine jeweils fest bestimmte Zeit vereinbart haben, wovon noch eine oder mehrere Verlängerungsperioden anstehen. Verlängert sich das Mietverhältnis zB jeweils um ein Jahr, so kann es nicht innerhalb des laufenden Jahres jederzeit dergestalt gekündigt werden, daß es zu dem sich aus § 565 ergebenden Kündigungstermin endet (vgl LG Memmingen WuM 1979, 255; AG Köln WuM 1970, 22; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 625). Die möglichen Zeitpunkte für eine Beendigung des Mietverhältnisses stehen aufgrund der Vertragsklausel von vornherein fest. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 565 Abs 2 S 4 (AG Köln aaO; § 565 Rz 61). dd) Aus der Anwendbarkeit sämtlicher Kündigungsvorschriften folgt, daß der Mieter 13 einer Erklärung des Vermieters, mit der die Verlängerung des Mietverhältnisses aufgrund der Vertragsklausel abgelehnt wird, widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund der gesetzlichen Sozialklausel verlangen kann. Nach hM unterliegen Mietverträge mit Verlängerungsklausel unmittelbar § 556 a, so daß die Einschränkungen des § 556 b Abs 2 hinsichtlich der Berücksichtigung bestimmter Härtegründe nicht gelten (§ 556 a Rz 5; § 556 b Rz 7; aM zu § 556 b Abs 2 B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 a Rz 2 für die Kündigung auf den zunächst vereinbarten Endtermin; P A L A N D T - P U T Z O § 565 a Anm 2 c). Dies gilt auch, wenn es sich um eine einmalige oder um die letzte von mehreren Verlängerungen auf bestimmte Zeit handelt, weil trotz der insoweit bestehenden Befristung der Zeitpunkt für das Ende (647)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 565 a 14, 15
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
des Mietverhältnisses nicht vom Beginn des Vertrags an feststeht. Die Umstände, die bei der Interessenabwägung zugunsten des Mieters zu berücksichtigen sind, werden auch nicht durch § 5 6 5 a Abs 2 S 2 beschränkt. Diese Regelung gilt ausdrücklich nur für auflösend bedingte Mietverhältnisse. Eine analoge Anwendung entfällt wegen der andersartigen Interessenlage. O b das Mietverhältnis nach § 5 5 6 a auf bestimmte oder unbestimmte Zeit fortzusetzen ist, richtet sich nach den gesamten Umständen, soweit sich die Parteien nicht einigen (§ 5 5 6 a R z 7 8 ff). War die vom Vermieter abgelehnte Verlängerung einmalig oder mehrfach auf bestimmte Zeit vorgesehen, ist es angemessen, daß auch die Fortsetzung durch Gerichtsurteil nur auf bestimmte Zeit ausgesprochen wird (vgl § 5 5 6 a R z 80 f; § 5 5 6 b R z 2 9 ) . D e r Mieter wird dadurch nicht benachteiligt, da die Sozialklausel nach § 5 5 6 c wiederholt angewendet werden kann.
IV. Mietverhältnis über Wohnraum unter auflösender Bedingung (Abs 2 ) 1 4 1. Voraussetzungen Das Mietverhältnis über Wohnraum (Rz 4 ) muß unter einer auflösenden Bedingung geschlossen sein. Bedingung iS dieser Vorschrift ist eine rechtsgeschäftliche Bestimmung, durch die das Ende des Mietverhältnisses vom Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses abhängig gemacht wird. Die Parteien können Ereignisse beliebiger Art zum Gegenstand der Bedingung machen, auch wenn es von ihrem Willen abhängt, ob und wann die Bedingung eintritt (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 2 6 ) . Dies gilt etwa, wenn der Mietvertrag über eine Werkwohnung vom Fortbestand d e s A r b e i t s v e r t r a g s a b h ä n g t (PERGANDE § 5 6 5 a A n m 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
a a O ) oder wenn der Nutzungsvertrag über eine Genossenschaftswohnung an die Mitgliedschaft in der Genossenschaft gebunden ist ( L G Lübeck WuM 1 9 7 0 , 2 0 1 ; A G Hattingen Z G e n W 1 9 6 9 , 1 7 9 m A n m ROQUETTE; vgl L G Itzehoe Z G e n W 1970, 3 0 8 m Anm KRAFT). Stellen die Parteien auf ein zukünftiges Ereignis ab, für dessen Eintritt der Zeitpunkt von dritter Seite schon festgelegt ist, so handelt es sich um eine Bedingung, wenn die Parteien von dem festgelegten Zeitpunkt noch keine Kenntnis haben, anderenfalls um eine Befristung, sofern sie von dem Eintritt als sicher ausgehen (vgl SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 2 6 ) . Kommt es auf ein mit Sicherheit eintretendes Ereignis an, das nur der Zeit nach ungewiß ist, wie zB der Tod eines Menschen, so handelt es sich idR um eine Befristung, nicht um eine Bedingung (§ 5 6 4 R z 4). Maßgeblich ist aber der durch Auslegung zu ermittelnde Parteiwille (PALANDT-HEINRICHS Einf v § 158 Anm 5). Wollten die Parteien eindeutig eine Befristung, ist für eine Anwendung des § 5 6 5 a Abs 2 kein Raum. Auch eine extensive Auslegung der Vorschrift ist dann nicht statthaft (so aber PERGANDE § 5 6 5 a Anm 4 ) , da dies dem Partei willen widerspricht und die Parteien zwischen bedingtem oder befristetem Mietverhältnis frei entscheiden können. Keine Bedingung im Rechtssinne liegt vor, wenn die Parteien das E n d e des Mietvertrags von einem bereits eingetretenen und damit feststehenden Ereignis abhängig machen. Dabei ist ihre etwaige Unkenntnis nicht erheblich. D e r Mietvertrag ist von Anfang an unwirksam.
1 5 2 . Rechtsfolgen a) Nach Eintritt der Bedingung gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert (Abs 2 S 1). E s handelt sich um eine gesetzliche Fiktion, die unabhängig vom Parteiwillen eintritt und deshalb keinen Anfechtungsgrund bei irrigen Vorstellungen der Parteien abgibt. Bedeutsam ist die Regelung primär für ein auflösend Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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§565 a 3. Titel. Miete. Pacht
16-20
bedingtes Mietverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen ist. Sie hat zur Folge, daß das Mietverhältnis nicht mit dem Eintritt der Bedingung endet (so § 158 Abs 2), sondern in Zukunft grundsätzlich nur noch durch Kündigung beendet werden kann. Damit sind alle Kündigungsvorschriften des BGB anwendbar. Wird dagegen ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis mit einer auflösenden Bedingung verbunden, so gelten die Kündigungsvorschriften von Anfang an, und es bedarf keiner gesetzlichen Fiktion, durch die das Mietverhältnis in der Terminierung verändert wird. Abs 2 ist jedoch auch insoweit von Bedeutung, als das von Anfang an auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietverhältnis nicht nach § 158 Abs 2 mit dem Eintritt der Bedingung endet, sondern weiterhin als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt. Diese Auslegung wird von Wortlaut und Zweck der Vorschrift gedeckt, weil nur so für den Mieter der Schutz des sozialen Mietrechts gewährleistet ist und ihm in jedem Fall die Abwicklungsfristen des § 565 Abs 2 zugute kommen (vgl Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 11 [zu Art I Nr 15]). Abs 2 greift deshalb unabhängig davon ein, ob das auflösend bedingte Mietverhältnis zunächst auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eingegangen ist. b) Die Verlängerung des Mietverhältnisses nach Eintritt der Bedingung hat zur Folge, 16 daß es von den Parteien einseitig grundsätzlich nur noch durch Kündigung zu beenden ist. Es handelt sich um eine Kündigung im Rechtssinne. aa) Die Kündigung unterliegt dem Formzwang des § 564 a Abs 1 S 1, soweit nicht die 17 Ausnahmen des Abs 3 dieser Vorschrift gegeben sind. Das gleiche gilt für die Angabe der Kündigungsgründe und die Belehrung über den Widerspruch (§ 564 a Abs 1 S 2, Abs 2). bb) Der Vermieter kann das Mietverhältnis im Wege der ordentlichen Kündigung nur 18 beenden, wenn er einen Kündigungsgrund iS des § 564 b hat und nicht die Ausnahmevorschriften der Abs 4 und 7 dieser Bestimmung eingreifen (§ 564 b Rz 141 ff). cc) Die Parteien müssen für die ordentliche Kündigung die Kündigungsfristen des 19 § 565 Abs 2 oder 3 einhalten. Dies gilt auch für die verlängerten Fristen des § 565 Abs 2 S 2. Durch den Bedingungseintritt wird hinsichtlich des Überlassungszeitraums keine Zäsur herbeigeführt (§ 565 Rz 35). Bis zum Eintritt der Bedingung ist das Mietverhältnis keineswegs ohne weiteres unkündbar (so aber SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 627; STERNEL R Z IV 199). Dies hängt vielmehr von seinem Inhalt ab. Ist ein auflösend bedingtes Mietverhältnis von Anfang an auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, kann es jederzeit unter Einhaltung der Fristen des § 565 gekündigt werden. Die Wirkung einer Kündigung wird in diesem Fall nicht dadurch beeinträchtigt, daß die auflösende Bedingung während des Laufs der Kündigungsfrist eintritt. Anderenfalls müßte der Kündigende eine erneute Kündigung aussprechen, wodurch das Ende des Mietverhältnisses entsprechend hinausgeschoben würde. Das aber ist nicht der Sinn des Abs 2 S 1, der insoweit nur verhindern soll, daß das Mietverhältnis allein durch den Bedingungseintritt beendet wird. Die ordentliche Kündigung ist dagegen vor Eintritt der Bedingung ausgeschlossen, wenn das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen ist. Insoweit gilt nichts anderes als für jedes befristete Mietverhältnis. Eine vorher ausgesprochene Kündigung ist deshalb in diesem Fall selbst dann unwirksam, wenn die Bedingung noch vor Ablauf der Kündigungsfrist eintritt (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO; aM E R M A N - S C H O P P § 565 a Rz 5). Dem Kündigungsempfänger muß die volle Kündigungsfrist von dem Zeitpunkt an erhalten bleiben, in dem die Kündigung zulässig wird. dd) Der Mieter kann einer Kündigung des Vermieters aufgrund der Sozialklausel des 20 § 556 a widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Kündigt der Vermieter ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis vor Eintritt (649)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 565 a 21, 22
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
der Bedingung, so gelten für die Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen im Rahmen des § 556 a keine Einschränkungen. Kündigt der Vermieter ein auflösend bedingtes Mietverhältnis dagegen nach Eintritt der Bedingung, so sind nach § 565 a Abs 2 S 2 im Rahmen der Interessenabwägung des § 556 a zugunsten des Mieters nur solche Umstände zu berücksichtigen, die nach Abschluß des Mietvertrags eingetreten sind. Diese Einschränkung ist im Zusammenhang mit § 556 b Abs 2 (s dort Rz 16 ff) in das Gesetz aufgenommen worden (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 4), geht aber darüber hinaus, weil das Widerspruchsrecht des Mieters unabhängig davon eingeschränkt wird, ob der Vermieter schon bei Abschluß des Vertrags für den Fall des Eintritts der Bedingung ein besonderes Interesse an der Rückgabe des Wohnraums gehabt hat und ob der Mieter ggf diese Umstände gekannt hat ( P E R G A N D E § 565 a Anm 4). Der Unterschied ist dadurch gerechtfertigt, daß die Vereinbarung einer Bedingung anders als die einer Befristung bereits hinreichend motiviert ist. Daraus ergibt sich zugleich, daß es für die Einschränkung des Abs 2 S 2 unerheblich ist, ob das Mietverhältnis von Anfang an auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eingegangen ist. Wird ein zunächst unbedingt abgeschlossenes Mietverhältnis erst nachträglich von einer auflösenden Bedingung abhängig gemacht, kommt es für die Zäsur hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Umstände auf den Zeitpunkt der Vertragsänderung an, da die Bedingung, nicht eine etwaige, von Anfang an bestehende Befristung, die Grundlage des Abs 2 S 2 bildet. Auch wenn der Mieter dadurch seine Rechtsstellung gegenüber § 556 a oder § 556 b beeinträchtigt, liegt darin kein Verstoß gegen die in den §§ 556 a Abs 7,565 a Abs 3 vorgeschriebene Unabdingbarkeit, da die Parteien den Vertrag nicht anders als bei einem Neuabschluß anderen Rechtsvorschriften unterstellen, die in gleicher Weise Bestandteil des sozialen Mietrechts sind. 21 Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, die Einschränkung des Abs 2 S 2 gelte nur, wenn der Vermieter unmittelbar nach Bedingungseintritt zum erstmöglichen Termin kündige ( P E R G A N D E § 565 a Anm 4; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 628). Es handele sich um eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung für ein nach Eintritt der Bedingung gesteigertes Interesse an der Rückgabe des Wohnraums ( S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K aaO). Versäume der Vermieter die alsbaldige Kündigung, bringe er damit zum Ausdruck, daß ein solches Interesse nicht bestehe ( P E R G A N D E aaO). Das Gesetz stellt nur auf die Kündigung „nach Eintritt der Bedingung" ab. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang wird nicht vorausgesetzt. Naheliegend wäre es, Abs 2 S 2 auf die Fälle zu beschränken, in denen Bedingung und Kündigungsgrund identisch sind, zwischen Bedingungseintritt und Kündigung also ein Kausalzusammenhang besteht. Aber für eine dahin gehende Auslegung bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Auch für eine einschränkende Auslegung besteht kein Raum. Wie die Parallele zu § 556 b zeigt, entspricht es dem Zweck des Gesetzes, daß der Mieter bei Vereinbarung einer auflösenden Bedingung das gewissermaßen zur Geschäftsgrundlage gewordene Interesse des Vermieters an der Rückgabe des Wohnraums grundsätzlich gegen sich gelten lassen muß (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 3 [zu § 556 b]). Dieses Interesse des Vermieters besteht, wenn und solange er einen Kündigungsgrund iS des § 564 b hat. Es kann auch erst später begründet sein, wenn ihm zur Zeit des Bedingungseintritts noch kein Grund für eine Beendigung des Mietverhältnisses zum nächsten Kündigungstermin zur Seite stand. Hat der Mieter durch Vereinbarung einer auflösenden Bedingung die Präferenz der Interessen des Vermieters iS des Abs 2 S 2 anerkannt, besteht kein Grund, hiervon später ohne weiteres abzurücken. 22 Für die Frage, ob ein zugunsten des Mieters berücksichtigungsfähiger Umstand nach Abschluß des Mietvertrags entstanden ist (Rz 20 zur Vertragsänderung), kommt es darauf an, wann der Vorgang begonnen hat, aus dem der Mieter die ungerechtfertigte Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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§565 a 3. Titel. Miete. Pacht
23-25
Härte für eine Vertragsbeendigung herleitet (vgl § 564 b Rz 126 ff). Dabei ist zu beachten, daß ein vor Abschluß des Mietvertrags entstandener Umstand seinen Charakter durch das spätere Hinzutreten weiterer Umstände entscheidend verändern und in einer Gesamtbeurteilung dann als nachträglicher Umstand zu beurteilen sein kann. Dies gilt etwa bei einer Erkrankung des Mieters für eine erhebliche, nicht vorhersehbare Verschlechterung des Zustands (§ 556 b Rz 20 f).
V. Unabdingbarkeit (Abs 3) 1. Eine von den Vorschriften des Abs 1 oder 2 zum Nachteil des Mieters abweichende 23 Vereinbarung ist nach Abs 3 wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist (§ 556 a Rz 88 ff) oder wenn es sich um ein Mietverhältnis der in § 565 Abs 3 genannten Art handelt (§ 565 Rz 44 ff). Diese Ausnahmen von der Unabdingbarkeit entsprechen der Regelung in den §§ 556 a Abs 8 und 565 Abs 2 S 3 iVm Abs 3 (vgl § 564 a Abs 3). 2. Im übrigen ist eine für den Mieter nachteilige abweichende Vereinbarung 24 unwirksam. Die Parteien können nicht vereinbaren, daß der Vermieter die Verlängerung des Mietverhältnisses nach Abs 1 auch in anderer Weise als durch Kündigung verhindern kann oder daß das Mietverhältnis entgegen Abs 2 mit Eintritt der auflösenden Bedingung ohne weiteres beendet wird. Dies hat wiederum zur Folge, daß der Vermieter die allgemeinen Kündigungsvorschriften der §§ 564, 564 a, 564 b und 565 einhalten muß und die Anwendbarkeit der Sozialklausel (§ 556 a) nicht ausschließen kann. Parteivereinbarungen, die hinsichtlich dieser Vorschriften von den einzelnen gesetzlichen Regelungen abweichen, unterliegen den insoweit maßgebenden Schranken (§ 556 a Rz 97 f; § 564 b Rz 157 ff; § 565 Rz 57 ff). 3. Zulässig sind abweichende Vereinbarungen, die für den Mieter nicht nachteilig 25 sind. So können die Parteien zB vereinbaren, daß der Mieter die Verlängerung eines Mietverhältnisses iS des Abs 1 durch eine formlose Erklärung unabhängig von den Kündigungsfristen des § 565 ablehnen kann. Haben die Parteien eine solche Vereinbarung zugunsten beider Teile getroffen, wirkt sie unter den Voraussetzungen des § 139 HS 2 nur für den Mieter (§ 565 Rz 59). Liegt die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung nur im Interesse des Mieters, können ihm die Rechtsfolgen des Abs 2 unerwünscht sein, wenn ihm etwa wegen des Wechsels seines Arbeitsplatzes an einer sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses gelegen ist, ohne an die Kündigungsfristen des § 565 gebunden zu sein. Im Schrifttum wird zT die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Mieter ohne weiteres mit der Folge für möglich gehalten, daß das Mietverhältnis sofort mit Eintritt der Bedingung ohne Kündigung beendet sei ( P E R G A N D E § 565 a Anm 5; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 631 f), während R O Q U E T T E (§ 565 a Rz 12) die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Mieter weder als vorteilhaft noch als nachteilig ansieht, weil sie keine Abweichung vom Tatbestand des Abs 2 darstelle. Gleichwohl ist im Interesse des Mieters eine Lösung möglich, die allerdings nicht allein durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung zu erreichen ist, wie P E R G A N D E und S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K meinen. Denn eine solche Vereinbarung erfüllt den Tatbestand des Abs 2 und löst damit auch dessen Rechtsfolge aus. Die Parteien müssen also eine zusätzliche Vereinbarung des Inhalts treffen, daß die Rechtsfolge des Abs 2 zugunsten des Mieters nicht eingreifen soll. Erst darin liegt die zulässige abweichende Vereinbarung. Soll die Abrede für beide Teile gelten, kann sie unter den Voraussetzungen des § 139 HS 2 für den Mieter aufrechterhalten werden (§ 565 Rz 59). (651)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 a, 565 b-565 e 26 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
26 Belassen die Parteien es bei der Regelung des § 565 a und damit bei der Anwendbarkeit der einzelnen Kündigungsvorschriften, sind insoweit abweichende Vereinbarungen möglich, als sie von diesen Vorschriften zugelassen werden (§ 556 a Rz 97 f; § 564 b Rz 157 ff; § 565 Rz 57 ff). Das aber ist keine Frage des § 565 a Abs 3. § 565 b Ist Wohnraum mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet, so gelten die besonderen Vorschriften der §§ 565 c und 565 d. § 565 c Ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so ist nach Beendigung des Dienstverhältnisses eine Kündigung des Vermieters zulässig 1. spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des nächsten Monats, wenn der Wohnraum weniger als zehn Jahre überlassen war und für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten dringend benötigt wird; 2. spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf dieses Monats, wenn das Dienstverhältnis seiner Art nach die Überlassung des Wohnraums, der in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Stätte der Dienstleistung steht, erfordert hat und der Wohnraum aus dem gleichen Grunde für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten benötigt wird. Im übrigen bleibt § 565 unberührt. § 565 d Bei Anwendung der §§ 556 a, 556 b sind auch die Belange des Dienstberechtigten zu berücksichtigen. Hat der Vermieter nach § 565 c Satz 1 Nr. 1 gekündigt, so gilt § 556 a mit der Maßgabe, daß der Vermieter die Einwilligung zur Fortsetzung des Mietverhältnisses verweigern kann, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens einen Monat vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat. Die §§ 556 a, 556 b gelten nicht, wenn 1. der Vermieter nach § 565 c Satz 1 Nr. 2 gekündigt hat; 2. der Mieter das Dienstverhältnis gelöst hat, ohne daß ihm von dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeter Anlaß gegeben war, oder der Mieter durch sein Verhalten dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeten Anlaß zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat. § 565 e Ist Wohnraum im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen, so gelten für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften über die Miete entsprechend, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete den Wohnraum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder in dem Wohnraum mit seiner Familie einen eigenen Hausstand führt. Art I Nr 20 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 11 f (zu Art I Nr 15); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 5 f; Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6043 (C) ff, Umdruck 447, 6058 (A), Umdruck 452, 6058 (D).
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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§§ 565 b-565 e 3. Titel. Miete. Pacht
Schrifttum BRÜHL, Neuestes Wohnraum-Mietrecht, FamRZ 1964, 541, 543; BURKHARDT, Das Mietrecht über Werkwohnungen in den „weißen" Kreisen, WuM 1965, 89; ders, Die zweite Mietrechtsnovelle, BB 1 9 6 4 , 7 7 1 , 7 7 5 ; EHRENFORTH, Kündigung von Werkwohnungen, BB 1964,1441; FUCHS, Mietrecht-
liche Fragen bei der Überlassung von Werkwohnungen, B1GBW 1967, 204; GLASER, Das Kündigungsrecht des Wohnungsvermieters, ZMR 1978, 321; ders, Das mietrechtliche Schlußgesetz, MDR 1964, 800, 803; HÄUSLER, Zweites Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, DWW 1964, 214, 219; HOLTGRÄVE, Die Beendigung der Mietverhältnisse über Wohnraum nach neuem Recht, Betrieb 1964, 1097, 1101; KOENIG, Die Kündigung von Werkdienstwohnungen unter besonderer Berücksichtigung öffentlich geförderter Werkwohnungen? WuM 1967, 3; ders, Die Kündigungsvorschriften für Dienstwohnungen (Werkmiet- und Werkdienstwohnungen) in den weißen Kreisen, WuM 1967, 160; KÜRZEL, Kündigung von Werkwohnungen in den weißen Kreisen, DWW 1966, 292; MOHNEN, Soziales Mietrecht, RdA 1963, 292, 295; OTTO, Rechtsfragen bei Werkswohnungen, ZMR 1972, 235; PAPENHEIM, Arbeitsrechtlicher Kündigungsschutz für Werkwohnungen in weißen Kreisen? BB 1965, 246; ROQUETTE, Die Kündigung von Werkwohnungen, B1GBW 1967, 201; SCHMIDT-FUTTERER, Die Kündigung von Werkswohnungen nach neuem Recht, BB 1972, 1058; ders-BLANK, Die Werkdienstwohnung nach neuem Recht, BB 1976, 1033; STEINWEDEL, Die Zuständigkeit der Gerichte für Prozesse über die Räumung von Werkswohnungen, NJW 1965, 1751; TRAUTMANN, Die Kündigung von Bundesdarlehenswohnungen in den „weißen" Kreisen, B1GBW 1964,295; WEIMAR, Das neue Recht für Werkwohnungen, ZMR 1965, 161; ders, Ist eine Werkwohnung bei Verlust des Arbeitsplatzes kündbar? WuM 1967, 73.
Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschriften 3 3. Zweck der Vorschriften 4
c) Funktionsgebundene Werkmietwohnungen (S 1 Nr 2) 3 3 4. Anwendbarkeit des § 565 (S 2) 37
n. Geltungsbereich der Vorschriften 1. Allgemeines 5 2. Werkmietwohnungen 6 3. Werkdienstwohnungen 13 4. Bergarbeiterwohnungen und Bergmannswohnungen 16 5. öffentlich geförderte Werkmietwohnungen und Werkdienstwohnungen 17 6. Betriebswohnungen 19 III. Kündigung von Werkmietwohnungen (§ 565 c) 1. Allgemeines 20 2. Voraussetzungen im allgemeinen (S 1) 22
a) Mietverhältnis über eine Werkmietwohnung 22 b) Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit 23 c) Beendigung des Dienstverhältnisses 25 3. Weitere Voraussetzungen und Rechtsfolgen 26 a) Allgemeines 26 b) Gewöhnliche Werkmietwohnungen (S 1 Nr 1) 2 7 (653)
IV. Anwendung der Sozialklausel bei der Beendigung des Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung (§ 565 d) 1. Allgemeines 38 2. Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten (Abs 1) 39 3. Verkürzung der Widerspruchsfrist bei der Sonderkündigung gewöhnlicher Werkmietwohnungen (Abs 2) 42 4. Ausschluß der Sozialklausel (Abs 3) 44 a) Sonderkündigung funktionsgebundener Werkmietwohnungen (Nr 1) 44 b) Auflösung des Dienstverhältnisses auf Veranlassung des Mieters (Nr 2) 45 V. Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen (§ 565 e) 1. Allgemeines 53 2. Voraussetzungen 54 3. Rechtsfolgen 58 VI. Abweichende Vereinbarungen 71 VII. Gerichtliche Zuständigkeiten 73
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§§ 565 b-565 e 1
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 71 f Anfechtung des Mietvertrags 61 Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen 1, 13, 53 ff - an Alleinstehende vermieteter möblierter Wohnraum 57 - Ausstattung mit Einrichtungsgegenständen 55 - Führung eines eigenen Hausstandes mit der Familie 56 - Rechtsfolgen 58 ff - Voraussetzungen 54 ff Aufhebung des Mietvertrags 11, 15, 61 Bergarbeiterwohnungen und Bergmannswohnungen 16 Betriebsbedarf 29, 31, 67 Betriebswohnungen 19 Dienstverhältnis 7 f, 14 - Art der zu leistenden Dienste 8 - auf bestimmte Zeit 59 f - auf unbestimmte Zeit 61 ff - Auflösung auf Veranlassung des Mieters 45 ff - Beendigung 25, 45 ff - öffentlich-rechtliches 8, 14 - Verknüpfung mit Mietverhältnis 10 ff Entstehung der Vorschriften 3 Geltungsbereich der Vorschriften 5 ff Genossenschaf tswohnungen 19 Gerichtliche Zuständigkeiten 73 f
- Zustimmung des Betriebsrats 2 Kündigungserklärung 25, 64 f Kündigungsfristen 4, 20, 25, 28, 37 - Werkdienstwohnung 65 - Werkmietwohnung, funktionsgebundene 36 - Werkmietwohnung, gewöhnliche 30 ff Kündigungsgrund 29, 31, 67 Kündigungstag 25 Kündigungstermin 25, 35 Mietaufhebungsvertrag 11, 15, 61 Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 24 - auf unbestimmte Zeit 24 - Aufhebung 11, 15, 61 - Bedingung, auflösende 10 - Verknüpfung mit Dienstverhältnis 10 ff, 33 - Verlängerungsklausel 23 - über eine Werkmietwohnung 22 - über Wohnraum 9 öffentlich geförderte Werkmietwohnungen und Werkdienstwohnungen 17 f Räumungsrechtsstreit 25, 43, 73 f Sonderkündigungsrecht für Werkwohnungen 21 f, 27, 33, 65, 72 Sozialklausel - Anwendung 38 ff - Ausschluß 44 ff Verwirkung des Sonderkündigungsrechts 32
Kündigung von Werkdienstwohnungen 53 ff, 58, 61 ff, s auch Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen Kündigung von Werkmietwohnungen 20 ff - Ausschluß des Kündigungsrechts 20 - Beendigung des Dienstverhältnisses 21, 25 - durch den Mieter 21 - Sonderkündigungsrecht nach Beendigung des Dienstverhältnisses 21 f - durch den Vermieter 20 f - Voraussetzungen im allgemeinen 22 ff - weitere Voraussetzungen und Rechtsfolgen 26 ff
Werkdienstwohnungen 1, 13 ff, 54, s auch Anwendung des Mietrechts auf Werkmietwohnungen 1, 6 ff - funktionsgebundene 26, 33 ff - gewöhnliche 26 ff - Kündigung, s dort - werkseigene, -fremde 9 Werkwohnung 1, 5 ff Widerspruchsfrist 42 f Wohnraum, möblierter 57 Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung von Werkwohnungen 2 Zweck der Vorschriften 4
I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Uberblick In den §§ 565 b-565 e werden Sondervorschriften für die Kündigung von Werkwohnungen aufgestellt. Es handelt sich um Wohnungen, deren Überlassung mit einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis verknüpft ist. § 565 b enthält eine BegriffsbestimJürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§§ 565 b-565 e 2—4
mung der Werkmietwohnung als Unterart der Werkwohnung und erklärt hierauf die §§ 565 c und 565 d für anwendbar. § 565 c verkürzt bei einem Mietverhältnis, das auf unbestimmte Zeit eingegangen ist, die vom Vermieter einzuhaltende Kündigungsfrist, die sich aufgrund des § 565 ergeben würde. § 565 d schränkt bei der Beendigung eines befristeten oder unbefristeten Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung den Schutz des Mieters aus der Sozialklausel ein (§§ 556 a, 556 b). Nach § 565 e gelten die Vorschriften des Mietrechts, also auch die vorangegangenen Bestimmungen, unter bestimmten Voraussetzungen entsprechend für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich einer Werkdienstwohnung. Diese Unterart der Werkwohnungen ist dadurch gekennzeichnet, daß die Raumüberlassung nicht auf einem Mietvertrag, sondern auf einem Dienst- oder Arbeitsvertrag beruht. Für die Kündigung von Werkmietwohnungen ist nach § 87 Abs 1 Nr 9 BetrVerfG 2 grundsätzlich die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich (§ 564 b Rz 108; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 676 ff; S T E R N E L R Z IV 40). Dies gilt nicht bei Werkdienstwohnungen (BAG BB 1975, 1159; hierzu S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K BB 1976, 1033).
2. Entstehung der Vorschriften
3
Das BGB enthielt ursprünglich keine Regelung für Werkwohnungen. Die rechtliche Behandlung war vor allem im Hinblick auf Fragen des Mieterschutzes zweifelhaft. Durch die §§ 20 ff MietSchG vom 1. 6. 1923 (RGBl I 353) wurden die Werkwohnungen erstmals gesetzlich erfaßt und in gewissen Grenzen dem Mieterschutz unterstellt. Dabei war der Bestandsschutz gegenüber einem normalen Mietverhältnis über Wohnraum jedoch deutlich gelockert, weil das Schwergewicht der Vertragsbeziehungen auf das Dienst- oder Arbeitsverhältnis gelegt war. Aus diesen in der Praxis bewährten Vorschriften ist die Regelung der §§ 565 b-565 e entwickelt worden. Sie ist durch Art I Nr 20 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) in das BGB aufgenommen worden und seitdem unverändert geblieben.
3. Zweck der Vorschriften
4
Vor Einführung des sozialen Mietrechts hatte das BGB für die Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnraum so kurze Kündigungsfristen, daß sich bei Werkwohnungen kein besonderes Problem stellte. Nach der Änderung des § 565 und der Einfügung der Sozialklausel des § 556 a durch das AbbauG vom 23. 6.1960 (BGBl I 389) soll dem Vermieter wegen des Zusammenhangs des Mietverhältnisses mit dem Dienstverhältnis gestattet werden, für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses auch das Mietverhältnis schneller zu beenden, als dies nach den §§ 565, 556 a möglich ist. Entgegen dem RegE soll dies unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien gelten (Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, 6, zu Drucks IV/2195, 5). Die Vorschriften über Werkwohnungen dienen damit als Ausnahme von den sonstigen Regelungen des sozialen Mietrechts in erster Linie den Interessen des Vermieters. § 565 e bezweckt jedoch auch den Schutz des anderen Vertragsteils, indem Werkdienstwohnungen unter bestimmten Voraussetzungen den mietrechtlichen Vorschriften unterstellt werden. Erst dadurch wird für solche besonderen Raumnutzungsverhältnisse das soziale Mietrecht - wenn auch in der durch die §§ 565 b-565 d eingeschränkten Form - anwendbar (Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 12). (655)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 b - 5 6 5 e 5-8
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
II. Geltungsbereich der Vorschriften 5 1. Allgemeines Die Regelung der §§ 565 b-565 e gilt für Werkwohnungen. Unter den Begriff der Werkwohnung im weiteren Sinne fällt jeder Wohnraum, der mit Rücksicht auf ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis zur Nutzung überlassen ist. Nach dem Gesetz kommt es auf die Überlassung von „Wohnraum" an (§§ 565 b, 565 e). Es kann sich um einzelne Räume handeln, die Wohnzwecken dienen. Die Merkmale einer vollständigen Wohnung (§ 564 b Rz 143) brauchen nicht vorzuliegen. Unerheblich ist es, ob der Wohnraum vom Dienstberechtigten oder von Dritten überlassen wird, sofern nur eine besondere Verknüpfung mit dem Dienstverhältnis besteht. Es spielt ferner keine Rolle, ob der Wohnraum neben dem Dienstverpflichteten weiteren Personen, wie etwa Familienangehörigen, zur Nutzung überlassen wird und ob auch insoweit vertragliche Beziehungen begründet werden (ERMAN-SCHOPP §§ 565 b-565 e Rz 5; MünchKomm-VoELSKOw Vorbem 3 zu §§ 565 b-565 e; PALANDT-PUTZO Vorbem v §§ 565 b-565 e Anm 1 a, 2; R O Q U E T T E § 565 b R Z 8; STERNEL R Z IV 166 a).
6 2. Werkmietwohnungen Eine Unterart der Werkwohnungen sind die Werkmietwohnungen. Hierauf beschränkt sich der unmittelbare Geltungsbereich der §§ 565 b-565 d. Nach der Begriffsbestimmung des § 565 b ist damit Wohnraum gemeint, der mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet ist. Kennzeichnend für die Werkmietwohnung ist es, daß neben einem Dienstvertrag ein selbständiger Mietvertrag besteht, beide Rechtsverhältnisse aber in besonderer Weise miteinander verknüpft sind. 7 a) Im Vordergrund steht das Dienstverhältnis. Ein Dienstvertrag ist ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag, durch den sich der eine Teil zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Leistung der versprochenen Vergütung verpflichtet ( P A L A N D T - P U T Z O Einf v § 611 Anm 1 a). Er begründet das Dienstverhältnis als Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien. Während in § 20 MietSchG von „Dienst- oder Arbeitsverhältnis" die Rede war, beschränkt sich § 565 b auf ein „Dienstverhältnis". Hierin liegt jedoch keine sachliche Änderung, sondern nur eine Anpassung an den Sprachgebrauch des BGB ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 635). Andererseits ist dadurch keine völlige Gleichstellung mit dem Dienstvertrag des BGB vollzogen worden. Für die §§ 611 ff ist es unerheblich, ob die Dienste von einem selbständig Tätigen oder in abhängiger Stellung in Unterordnung unter den Willen des Dienstherrn erbracht werden ( L A R E N Z II § 52 I). Für den Begriff des Dienstverhältnisses iS des § 565 b ist es jedoch entscheidend, daß es sich um unselbständige, weisungsgebundene Arbeitsleistungen handelt, wie sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden ( R O Q U E T T E § 565 b Rz 4 ; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 635). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes, läßt sich aber aus dem Zusammenhang der gesamten Regelung und der Übernahme aus den §§ 20 ff MietSchG schließen. Der Begriff ist mit dem durch das MietSchG geprägten Inhalt in das BGB übernommen. Nur bei einem durch Abhängigkeit gekennzeichneten Dienstverhältnis besteht typischerweise die Verknüpfung mit dem überlassenen Wohnraum. 8 Auf die Art der zu leistenden Dienste kommt es nicht an. Auch Dienste höherer Art wie bei angestellten Ärzten oder Juristen, leitenden Angestellten und dgl werden in einem Abhängigkeitsverhältnis erbracht. Es braucht sich nicht um Dienstleistungen im Rahmen eines gewerblichen Unternehmens zu handeln. Jede abhängige Tätigkeit Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(656)
§§ 565 b - 5 6 5 e 3. Titel. Miete. Pacht
9.10
in einem beliebigen Berufszweig, also etwa in der Land- oder Forstwirtschaft, in einem freiberuflichen Unternehmen oder in einem Privathaushalt, wird erfaßt. Dies gilt auch für Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst, die mit Arbeitern oder Angestellten auf privatrechtlicher Grundlage abgeschlossen werden. Ob auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse von Beamten, Richtern und Soldaten Grundlage für die Überlassung einer Werkmietwohnung sein können, ist zweifelhaft (bejahend E R M A N - S C H O P P §§ 565 b-565 e Rz 11; aM B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 b Rz 3; BURKHARDT W U M 1965, 89; PALANDT-PUTZO Vorbem v §§ 565 b~ 5 6 5 e A n m 1 a ; ROQUETTE § 5 6 5 b R Z 4 ; STERNEL R Z I V 1 6 6 ; v g l B G H L M N r 9 z u
§ 71 GVG). Der Wortlaut des § 565 b unterscheidet nicht zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis. Gleichwohl ist es geboten, den Anwendungsbereich der Vorschriften auf privatrechtliche Dienstverhältnisse zu beschränken. Dies ergibt sich aus § 565 e, der ebenfalls den Begriff des Dienstverhältnisses verwendet und unter bestimmten Voraussetzungen das Mietrecht auf Werkdienstwohnungen für anwendbar erklärt. Eine solche Anwendbarkeit setzt aber voraus, daß auch das Dienstverhältnis auf privatrechtlicher Grundlage beruht. Auf den ständigen oder erheblichen Einsatz der Arbeitskraft des Dienstverpflichteten kommt es nicht an (so aber S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 635; einschr auch STERNEL R Z IV 164). Das Gesetz verlangt nur ein Dienstverhältnis, ohne insoweit noch besondere Anforderungen zu stellen. Unter dieser Voraussetzung kann auch die Mithilfe im Haushalt des Vermieters zur Annahme einer Werkmietwohnung führen. Zu beachten ist aber, daß vor allem eine gelegentliche Mithilfe allein auf dem Mietvertrag beruhen kann und als Teil des Entgelts für die Raumüberlassung zu beurteilen ist. Es fehlt dann an einem selbständigen Dienstverhältnis. b) Neben dem Dienstverhältnis muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen 9 (Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff; § 564 b Rz 9 f). Dienstverpflichteter und Mieter müssen identisch sein. Weitere Personen können als akzessorische Mitmieter den Mietvertrag abschließen. Sie können auch selbst in einem Dienstverhältnis zu demselben Dienstberechtigten stehen wie etwa ein Arbeitnehmerehepaar (LG Ulm WuM 1979, 244; Rz 25). Andererseits braucht zwischen Dienstberechtigtem und Vermieter keine Personengleichheit zu bestehen, wie sich aus der insoweit neutralen Fassung des § 565 b ergibt (Rz 5). Auf dieser Grundlage lassen sich werkseigene und werksfremde Werkmietwohnungen unterscheiden. Im ersteren Fall ist der Dienstberechtigte zugleich der Vermieter, dem kraft seines Eigentums oder besonderer Nutzungsrechte, wie etwa eines Hauptmietvertrags, die Überlassung des Wohnraums an seine Arbeitnehmer durch Mietvertrag offensteht. Bei werksfremden Werkmietwohnungen hat der Dienstberechtigte gegenüber dem personenverschiedenen Vermieter ein Wohnungsbelegungsrecht, das auf einem Werkförderungsvertrag beruht (Vorbem 67 ff zu §§ 535,536). Die §§ 565 b-565 d sind dann nur auf das Verhältnis zwischen Mieter (Dienstverpflichtetem) und Vermieter anwendbar. c) Kennzeichnend ist die besondere Verknüpfung zwischen Dienstverhältnis und 10 Mietverhältnis. § 565 b bringt dies dadurch zum Ausdruck, daß der Wohnraum „mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet" sein muß. Dies bedeutet nicht, daß Dienstleistung und Vermietung Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäfts sein müssen. Die Parteien brauchen auch keine ausdrücklichen Vereinbarungen darüber zu treffen, daß beide Verträge verknüpft sein sollen. Es genügt, ist aber auch erforderlich, daß das Dienstverhältnis Geschäftsgrundlage für den Abschluß des Mietvertrags ist. Dies setzt voraus, daß der Vermieter bei Abschluß des Vertrags eine entsprechende Mitteilung macht, oder es muß für den Mieter aus den gesamten Umständen erkennbar sein ( R O Q U E T T E § 5 6 5 b Rz 6 ; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 6 3 7 ; STERNEL R Z IV 1 6 3 ; vgl AG Oberhausen WuM 1 9 7 3 , 9 8 Übergabe als Werkwohnung). Eine solche Verknüpfung besteht auch, wenn die (657)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 b - 5 6 5 e 11-14
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Parteien den Mietvertrag unter der auflösenden Bedingung der Beendigung des Dienstverhältnisses abschließen (vgl § 565 a Abs 2). 11 Der auf § 20 MietSchG zurückgehende Wortlaut des § 565 b ist insoweit mißverständlich, als das Dienstverhältnis nicht unbedingt schon bei Abschluß des Mietvertrags bestehen muß. Es genügt, wenn beide Verträge gleichzeitig abgeschlossen werden oder wenn der bevorstehende Abschluß eines Dienstvertrags als Geschäftsgrundlage in den Mietvertrag eingeht ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 6 3 7 ; STERNEL Rz IV163). Wird dagegen zunächst ein normaler Mietvertrag abgeschlossen und geht der Mieter erst später und unvorhergesehen ein Dienstverhältnis zu dem Vermieter ein, so wird die Wohnung allein dadurch nicht zur Werkwohnung. Die Parteien können das Dienstverhältnis später auch nicht mehr durch eine ausdrückliche Vereinbarung zur Geschäftsgrundlage des Mietvertrags machen (so aber B U R K H A R D T WuM 1 9 6 5 , 8 9 ; R O Q U E T T E § 5 6 5 b Rz 5 ) , weil der Mieter dadurch nachträglich seine Rechte entgegen den zwingenden Vorschriften der §§ 565 Abs 2, 556 a verkürzen würde (vgl §§ 5 6 5 Abs 2 S 3 , 5 5 6 a Abs 7 ) . Das gleiche gilt, wenn das Dienstverhältnis schon vor Abschluß des Mietvertrags über normalen Wohnraum begründet worden ist und dem Wohnraum erst später durch besondere Vereinbarungen der Charakter einer Werkmietwohnung gegeben werden soll. Es bleibt den Parteien nur die Möglichkeit, den ursprünglichen Mietvertrag aufzuheben und durch einen neuen Vertrag über eine Werkmietwohnung zu ersetzen. 12 Der Wohnraum braucht nicht nur mit Rücksicht auf ein Dienstverhältnis vermietet zu sein. § 565 b geht insoweit über die Regelung des § 20 MietSchG hinaus. Auch andere Gründe können für den Abschluß des Mietvertrags maßgebend sein, sofern das Dienstverhältnis den letztlich entscheidenden Anlaß bildet ( R O Q U E T T E § 565 b Rz 5; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 637). Es kommt darauf an, daß der Vermieter den Mietvertrag nicht ohne das Dienstverhältnis abgeschlossen hätte. Wird das Dienstverhältnis später beendet, bleibt der Charakter als Werkmietwohnung davon unberührt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 637). Dagegen muß diese Eigenschaft nach der Beendigung des Mietverhältnisses mit jedem weiteren Mieter aufs neue begründet werden, indem das Dienstverhältnis als Geschäftsgrundlage in den Abschluß des Mietvertrags eingeht.
13 3. Werkdienstwohnungen a) Eine weitere Unterart der Werkwohnungen sind die Werkdienstwohnungen. Sie sind in § 565 e geregelt. Nach dieser Vorschrift gehört hierzu Wohnraum, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen ist. Kennzeichnend für die Werkdienstwohnung ist es, daß nicht ein Dienst- und ein Mietvertrag nebeneinander bestehen, sondern daß die Überlassung des Wohnraums ihre Rechtsgrundlage in dem Dienstvertrag findet und Teil der Vergütung für die geleisteten Dienste ist (B AG BB 1975,1159; P A L A N D T - P U T Z O Vorbem v § § 565 b-565 e A n m 2 b; R O Q U E T T E § 565 b Rz 9, § 565 e Rz 1; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 664; dies BB 1976, 1033). Es kommt nicht darauf an, ob insoweit eine offene oder verdeckte Anrechnung stattfindet. Es handelt sich um einen gemischten Vertrag. Solange das Arbeitsverhältnis besteht, sind die §§ 535 ff auf die Rechte und Pflichten hinsichtlich der Raumnutzung entsprechend anwendbar ( P A L A N D T - P U T Z O aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K aaO). Die Beendigung richtet sich jedoch grundsätzlich nach Dienstvertragsrecht, da dieser Vertragstyp im Vordergrund steht. Mietrecht ist nach § 565 e nur unter bestimmten Voraussetzungen anwendbar (Rz 53 ff). 14 b) Der Begriff des Dienstverhältnisses iS des § 565 e ist mit dem des § 565 b identisch (Rz 7 f). Zwischen den Parteien muß ein privatrechtlicher Dienstvertrag über Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(658)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 565 b-565 e 15,16
unselbständige, weisungsgebundene Arbeitsleistungen abgeschlossen werden, dessen Bestandteil die Überlassung des Wohnraums ist. Als Beispiele sind Verträge zu nennen, in deren Rahmen Wohnungen an Hausmeister (Vorbem 6 5 zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 ) , landwirtschaftliche Arbeiter und an Angestellte von Unternehmen, Krankenhäusern oder Heimen überlassen werden (ROQUETTE § 5 6 5 e Rz 4 ; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 6 6 4 ) . Auch Arbeitern und Angestellten im öffentlichen Dienst, die auf privatrechtlicher Grundlage beschäftigt werden, kann eine Werkdienstwohnung überlassen werden (vgl OVG Münster ZMR 1 9 6 9 , 1 3 6 ; WuM 1 9 7 5 , 1 5 4 ) . Beamten, Richtern und Soldaten können wegen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses Dienstwohnungen nur auf der Grundlage des öffentlichen Rechts zugewiesen werden (RGZ 105, 4 6 , 4 8 ; ERMAN-SCHOPP §§ 5 6 5 b - 5 6 5 e Rz 11). Auf solche Rechtsverhältnisse ist § 565 e nicht anwendbar. Behält der Beamte die Wohnung nach Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst, so kann aufgrund schlüssigen Verhaltens beider Parteien ein Mietvertrag zustande kommen, für den die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften gelten (RG Gruchot 68, 62; ERMAN-SCHOPP aaO). c) Da bei Werkdienstwohnungen iS des § 565 e die Überlassung des Wohnraums Teil 15 des Dienstvertrags ist, kommt eine solche Vertragsgestaltung nur bei Identität der Parteien in Betracht (ERMAN-SCHOPP §§ 565 b-565 e Rz 12). Dies bedeutet aber nicht, daß der Dienstberechtigte zugleich Eigentümer der Werkdienstwohnung sein muß (ROQUETTE § 565 e Rz 2). Es lassen sich werkseigene und werksfremde Werkdienstwohnungen unterscheiden (Rz 9). Auf Seiten des Dienstberechtigten kann eine natürliche Person, eine Personenmehrheit oder eine juristische Person stehen. Der Dienstverpflichtete muß eine natürliche Person sein. Zulässig ist es, daß eine Werkdienstwohnung aufgrund verschiedener Dienstverträge an mehrere Personen überlassen wird, wenn diese die Wohnung, wie zB ein Ehepaar, gemeinsam nutzen wollen. Die Nutzungsberechtigung bleibt so lange bestehen, wie mindestens noch ein Dienstverhältnis aufrechterhalten wird. Da der Dienstvertrag die Rechtsgrundlage für die Raumüberlassung bildet, wird er idR vor oder spätestens zusammen mit der Überlassung der Wohnräume abgeschlossen. Es reicht aber aus, wenn der Abschluß des Dienstvertrags unmittelbar bevorsteht, weil die vorgezogene Überlassung der Räume als Vorschuß auf die Vergütung aus dem Dienstvertrag beurteilt werden kann und in dem späteren Vertragsabschluß eine Rechtsgrundlage findet. Kommt der Dienstvertrag nicht zustande, bleibt die Raumüberlassung rechtsgrundlos. Wird der Wohnraum überlassen, ohne daß die Parteien den Abschluß eines Dienstvertrags in Aussicht genommen haben oder ist gleichwohl für die Raumnutzung zunächst ein besonderes Entgelt zu entrichten, so handelt es sich um einen normalen Mietvertrag. Wird der Dienstvertrag später abgeschlossen und vereinbaren die Parteien dabei, der Wohnraum solle nunmehr im Rahmen des Dienstverhältnisses überlassen sein, so heben sie den Mietvertrag auf und begründen zugleich die Eigenschaft des Wohnraums als Werkdienstwohnung (ROQUETTE § 565 e Rz 3).
4. Bergarbeiterwohnungen und Bergmannswohnungen 16 Nach § 7 a des G zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau idF vom 4.5.1957 (BGBl 1418), geändert durch das 3. ÄndG vom 24.8.1965 (BGBl I 909), sind die §§ 565 b-565 e grundsätzlich auf Bergarbeiterwohnungen iS dieses Gesetzes anwendbar (ausführlich HANS § 565 b Anm 5). Es handelt sich um Wohnungen, die nach dem genannten Gesetz gefördert worden sind und einer Zweckbindung zugunsten bestimmter Wohnberechtigter unterliegen (§§ 4, 5 des G; vgl BGH MDR1971,286; AG Oberhausen WuM 1974,32). Sie können rechtlich als Werkmietwohnungen oder Werkdienstwohnungen zu beurteilen sein. Allerdings darf die Vermietung oder Überlassung einer Bergarbeiterwohnung nicht davon (659)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 b-565 e 17-19
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
abhängig gemacht werden, daß ein Arbeitsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber im Kohlenbergbau besteht ( § 5 Abs 3 des G). Der Kündigungsschutz ist gegenüber den §§ 565 b—565 e dadurch verstärkt, daß diese Vorschriften nicht anzuwenden sind, solange die Bergarbeiterwohnung einer in § 5 Abs 1 des Gesetzes bezeichneten Person oder Familie vermietet oder überlassen ist (§ 7 a des G). Auch eine Kündigung nach § 565 Abs 2 ist nicht möglich (AG Wattenscheid WuM 1967, 84; H A N S § 565 b Anm 5 B b). Das gleiche gilt nach § 24 des Gesetzes für Bergmannswohnungen iS des § 3 Abs 1 b) des G über Bergmannssiedlungen vom 10. 3. 1930 (RGBl I 32), zuletzt geändert durch Art III des 2. ÄndG zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues vom 4. 5. 1957 (BGBl I 416).
17 5. öffentlich geförderte Werkmietwohnungen und Werkdienstwohnungen Wenn der Inhaber eines gewerblichen Betriebs zur Unterbringung von Angehörigen des Betriebs Wohnungen errichten will, die mit öffentlichen Mitteln zu fördern sind, so ist die Bewilligung der Mittel nach § 24 WobauG I und § 53 WobauG II mit der Auflage zu verbinden, daß mit den Betriebsangehörigen Mietverhältnisse zu vereinbaren sind, die nach Ablauf von fünf Jahren von dem Bestehen der Dienstoder Arbeitsverhältnisse unabhängig werden. Das gleiche gilt für werksfremde Werkwohnungen (Rz 9). Hieran knüpft Art IV § 4 Abs 1 MietRÄndG II an. Nach dieser Vorschrift sind die §§ 565 b-565 e auf diese öffentlich geförderten Werkwohnungen nur anzuwenden, wenn das Mietverhältnis weniger als fünf Jahre besteht. Bei längerer Mietdauer gelten die allgemeinen Vorschriften. Der Kündigungsschutz wird also zugunsten des Mieters verstärkt. Damit wird den Belangen des sozialen Wohnungsbaus der Vorrang gegenüber den Interessen des Arbeitgebers eingeräumt ( P E R G A N D E § 565 b Anm 5). Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es nur darauf an, daß die für die Bewilligung der öffentlichen Mittel zuständige Stelle die erwähnte Auflage erteilt hat. Unerheblich ist es, ob der Vermieter den Mietvertrag entsprechend der Auflage gestaltet hat ( P E R G A N D E aaO; aM LG Kassel WuM 1966, 201; E H R E N F O R T H BB 1964, 1441, 1443). Da die Vorschrift ausdrücklich auf die Dauer des Mietverhältnisses abstellt, kann es auf die tatsächliche Dauer der Überlassung des Wohnraums nicht ankommen (aM P E R G A N D E aaO). Für Werkdienstwohnungen, denen kein Miet-, sondern ein Dienstvertrag zugrunde liegt, gilt das gleiche, wie sich aus der ausdrücklichen Erwähnung des § 565 e ergibt. 18 Die zeitliche Begrenzung der Zweckbindung erschien dem Gesetzgeber nicht auf die Dauer gerechtfertigt (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 10 [zu Art IV § 3 a]. Nach Art IV § 4 Abs 2 MietRÄndG II treten § 24 WobauG I und § 53 WobauG II mit Ablauf des 31.12.1984 außer Kraft. Zugleich werden die bei der Bewilligung der öffentlichen Mittel erteilten Auflagen unwirksam. Dies wird zur Folge haben, daß die zeitliche Begrenzung der Zweckbindung als Werkwohnung entfällt und damit die §§ 565 b-565 e uneingeschränkt gelten.
19 6. Betriebswohnungen Betriebswohnungen sind ihrer Bestimmung nach nur an Angehörige eines bestimmten Betriebs zu überlassen. Diese Zweckbestimmung besteht im Gegensatz zu den Werkwohnungen unabhängig von dem Nutzungsverhältnis mit einem Betriebsangehörigen. Die frühere Regelung der Betriebswohnungen in den §§ 23,23 b MietSchG ist nicht in das BGB übernommen worden. Insoweit bestehen also keine Sonderregelungen mehr. Betriebswohnungen, die nach dem der Nutzung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis nicht zugleich Werkwohnungen iS der §§ 565 b-565 e sind, Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(660)
§§ 565 b-565 e 3. Titel. Miete. Pacht
20-22
unterliegen deshalb den allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften (HANS § 565 b A n m 2 c ; ROQUETTE § 5 6 5 b R z 1 0 f ; vgl ERMAN-SCHOPP § § 5 6 5 b - 5 6 5 e R z 1 0 u n d ROQUETTE
nungen).
aaO Rz
12
zu Genossenschaftswohnungen als Betriebs- oder Werkwoh-
III. Kündigung von Werkmietwohnungen (§ 565 c) 1. Allgemeines
20
§ 565 c enthält eine Sonderregelung für das auf unbestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis über eine Werkmietwohnung, das nach der Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Vermieter gekündigt werden soll. Will der Vermieter den Mietvertrag vor der Beendigung des Dienstverhältnisses kündigen, gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 564 a, 564 b und 565. Der Vermieter muß die Kündigungsfristen des § 565 einhalten, die insoweit nicht durch die §§ 565 b, 565 c verdrängt werden ( L G Kassel NJW 1971, 2031; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 638; WEIMAR W U M 1967, 73). Im Schrifttum wird im Anschluß an die Begr zum RegE (BT-Drucks IV/806,11) zT angenommen, daß das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters bei Werkmietwohnungen bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses stillschweigend ausgeschlossen sei, falls nicht Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen gegeben seien (BURKHARDT B B 1964, 771, 775; DERLEDER in AK §§ 565 b-565 e Rz 1, 2; EHRENFORTH B B 1964, 1441, 1445; PERGANDE § 5 6 5 b A n m 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 3 8 ; SCHMIDT-FUTTERER
B B 1972, 1058; SOERGEL-KUMMER §§ 565 b-565 e Rz 7; STERNEL Rz IV 167; vgl HOLTGRÄVE Betrieb 1964, 1097, 1101; WEIMAR ZMR 1965, 161, 162; ders WuM 1967, 73; offengelassen von LG Ulm WuM 1979, 244). Zulässig sei eine vorherige Kündigung des Mietvertrags allerdings zu dem Termin, in dem auch das Dienstverhältnis enden werde (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). Den Parteien steht es frei, die ordentliche Kündigung für eine begrenzte Zeit vertraglich auszuschließen (§ 564 Rz 11). Dies ist aber die Ausnahme und bedarf eindeutiger Anhaltspunkte, die nicht allein in dem Abschluß des Vertrags über eine Werkmietwohnung gesehen werden können. Es kann deshalb nicht umgekehrt aus dem Fehlen solcher Anhaltspunkte auf einen stillschweigenden Ausschluß des Kündigungsrechts geschlossen werden (vgl aber B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 b Rz 4; HOLTGRÄVE aaO). Sind die arbeitsrechtlichen Kündigungsmöglichkeiten für den Arbeitgeber eingeschränkt, besteht um so weniger Anlaß, von einem mutmaßlichen Willen des Vermieters auf Ausschluß der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses auszugehen (vgl LG Kassel NJW 1 9 7 1 , 2 0 3 1 ; PAPENHEIM B B 1 9 6 5 , 2 4 6 ; KOENIG W u M 1 9 6 7 , 1 6 0 ,
161).
§ 565 c räumt dem Vermieter nach der Beendigung des Dienstverhältnisses ein 21 Sonderkündigungsrecht ein, bei dem die Kündigungsfristen gegenüber § 565 abgekürzt sind. Die Vorschrift betrifft dagegen nicht die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Mieter. Für ihn gelten die allgemeinen Vorschriften vor und nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in gleicher Weise. Der Mieter muß also in jedem Fall die Kündigungsfristen des § 565 einhalten. 2. Voraussetzungen im allgemeinen (S 1) a) Mietverhältnis über eine Werkmietwohnung Das Sonderkündigungsrecht des § 565 c setzt ein Mietverhältnis über eine Werkmietwohnung voraus. Es muß demnach ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen (Rz 9). Auf die Art des Wohnraums und die in § 565 Abs 2 und 3 getroffenen (661)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
22
§§ 565 b - 5 6 5 e 23-25
2. Buch. 7 . Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Unterscheidungen kommt es nicht an. Neben dem Mietvertrag muß ein Dienstverhältnis vorliegen (Rz 7 f). Dienstvertrag und Mietvertrag müssen nach § 565 b in der Weise miteinander verknüpft sein, daß der Wohnraum mit Rücksicht auf das Bestehen des Dienstverhältnisses vermietet ist (Rz 10 ff). 23 b) Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit aa) Ein Mietverhältnis ist auf unbestimmte Zeit eingegangen, wenn die Dauer der Mietzeit im Vertrag nicht genau bestimmt und aufgrund des Vertragsinhalts nicht hinreichend bestimmbar ist, so daß es idR einer Kündigung bedarf, um das Mietverhältnis zu beenden. Hierzu zählen wegen § 565 a Abs 1 auch Mietverträge mit Verlängerungsklausel (§ 564 Rz 6; § 565 a Rz 6 ff). Dabei kommt es nicht darauf an, daß die Verlängerung aufgrund der Vertragsklausel auf unbestimmte Zeit eintritt (so aber P A L A N D T - P U T Z O § 565 c Anm 1 a; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 640). Auch wenn sich das Mietverhältnis einmalig oder mehrfach um eine bestimmte Zeit verlängern soll (§ 565 a Rz 8), ist die gesamte Mietzeit nicht von Anfang an festgelegt. Um die jeweilige Verlängerung zu verhindern, bedarf es einer Erklärung, für die nach § 565 a Abs 1 generell § 565 maßgebend ist. Sie kann auf Seiten des Vermieters aber auch unter § 565 c fallen. Auf unbestimmte Zeit eingegangen ist wegen § 565 a Abs 2 S 1 ein Mietverhältnis, das unter einer auflösenden Bedingung steht (§ 564 Rz 50; § 565 a Rz
1 4 f f ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 c A n m
1 a ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
B
640). Das gleiche gilt für ein MietVerhältnis, bei dem kein Endtermin vorgesehen ist, sondern bei dem die Parteien nur für eine bestimmte Zeit die ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen haben ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 640; aM L G Dortmund WuM 1965, 151). 24 bb) Ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis (§ 564 Rz 3) fällt nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht unter § 565 c. Insoweit besteht selbst bei einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses kein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung (so aber H A N S § 565 c Anm 1 ) , da die Parteien durch die Vereinbarung einer bestimmten Mietzeit zum Ausdruck bringen, daß der Mietvertrag unabhängig vom Arbeitsvertrag enden soll ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 640). Die Interessenlage ist damit anders, als sie in § 565 c vorausgesetzt wird. Wenn der Vermieter einen Mietvertrag auf bestimmte Zeit abschließt, obwohl er grundsätzlich mit einer früheren Beendigung des Dienstverhältnisses zu rechnen hat, so muß er an diese Entscheidung gebunden bleiben ( P E R G A N D E § 565 c Anm 2; W E I M A R WuM 1967, 73). 25 c) Beendigung des Dienstverhältnisses Das Dienstverhältnis muß beendet sein. Stehen mehrere Mitmieter, wie etwa ein Arbeitnehmerehepaar, in einem Dienstverhältnis zu demselben Dienstberechtigten, reicht es nicht aus, wenn das Dienstverhältnis nur mit einem der Ehegatten beendet ist (LG Ulm WuM 1979, 244). Entscheidend ist die rechtlich wirksame Beendigung, nicht die tatsächliche Aufgabe der Arbeit durch den Arbeitnehmer (MünchKommVOELSKOW § 5 6 5 c R z 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 4 1 ; STERNEL R Z I V 1 6 9 ;
aM
LG Essen ZMR 1966, 148). Die Gegenansicht kann nicht auf § 565 d Abs 3 Nr 2 gestützt werden, da es in dieser Vorschrift nicht darum geht, ob das Dienstverhältnis zu Recht oder zu Unrecht gekündigt worden ist. Entscheidend ist, wer den Anlaß zur wirksamen Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat. Ist die Beendigung des Dienstverhältnisses Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens, so kann der Räumungsrechtsstreit nach § 148 ZPO ausgesetzt werden (LG Mannheim ZMR 1 9 7 8 , 8 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 d R z 3 ; D E R L E D E R I N A K § § 565 b-565 e R z 2; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO; aM LG Essen aaO). Eine Aussetzung kommt allerdings nicht in Betracht, wenn in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren nur eine Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
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§§ 565 b-565 e 3. Titel. Miete. Pacht
26-28
Weiterbeschäftigung an einem anderen Beschäftigungsort verlangt wird und die funktionsgebundene Werkwohnung (Rz 33) auf keinen Fall mehr beansprucht werden kann (LG Mannheim aaO). Im übrigen ist es entscheidend, daß die Kündigungserklärung nach der Beendigung des Dienstverhältnisses zugeht und damit wirksam wird (LG Kiel WuM 1978, 32; s aber JAUERNIG-TEICHMANN Vorbem 1 c zu §§ 565 b-565 e; MünchKomm-VoELSKOw § 565 c Rz 7). Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 565 c S 1, die Kündigung sei spätestens an einem bestimmten Tag „zulässig". Damit ist der Kündigungstag (§ 565 Rz 9) gemeint. Die Erklärung kann also schon vor der Beendigung des Dienstverhältnisses abgegeben werden. Geht sie auch schon vorher zu, so sind die Kündigungsfristen des § 565 maßgebend. Kündigt der Vermieter in diesen Fällen unberechtigt zu einem Kündigungstermin, der sich auf der Grundlage des § 565 c ergeben würde, dann ist die Kündigung nicht unwirksam (so aber LG Kiel aaO; ROQUETTE § 565 c Rz 5). Es bedarf auch keiner Umdeutung in eine ordentliche Kündigung iS des § 565 Abs 2 (so aber SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 642; STERNEL R Z IV169). Im Rahmen des § 565 c handelt es sich um eine ordentliche Kündigung (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 633; anders H A N S § 565 c Anm 1 ) , für die nur andere Fristen gelten. Deshalb wirkt die unberechtigt auf § 565 c gestützte Erklärung wie im Normalfall einer zum angegebenen Zeitpunkt verspäteten und deshalb insoweit unwirksamen Kündigung auf den nächst zulässigen Termin, wenn der Vermieter das Mietverhältnis auf jeden Fall beenden will und dieser Wille dem Mieter genügend erkennbar ist (§ 564 Rz 18). 3. Weitere Voraussetzungen und Rechtsfolgen
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a) Allgemeines § 565 c räumt dem Vermieter einer Werkmietwohnung nach Beendigung des Dienstverhältnisses ein Kündigungsrecht ein, für das kürzere Kündigungsfristen als nach § 565 gelten. Dabei unterscheidet die Vorschrift in den tatbestandlichen Voraussetzungen zwischen gewöhnlichen Werkmietwohnungen (S 1 Nr 1) und funktionsgebundenen Werkmietwohnungen, die in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Stätte der Dienstleistung stehen (S 1 Nr 2). Bei den letzteren ist die Kündigungsfrist wegen der besonders engen Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis noch weiter verkürzt. Die Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und funktionsgebundenen Werkmietwohnungen ist erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens getroffen worden (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 5 5 , 6 0 4 4 [B], Umdruck 4 5 2 Nr 3, 6 0 5 9 [B]). b) Gewöhnliche Werkmietwohnungen (S 1 Nr 1)
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aa) Das auf S 1 Nr 1 gestützte Sonderkündigungsrecht setzt in seinem Tatbestand über die bereits erwähnten allgemeinen Merkmale (Rz 22 ff) hinaus voraus, daß es sich um eine gewöhnliche Werkmietwohnunghandelt. Im Gegensatz zu der besonders engen Verknüpfung, die S 1 Nr 2 verlangt, erschöpft sich die Funktion dieser Wohnung darin, daß der Dienstverpflichtete ganz allgemein mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis darin wohnt ( P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 5 c Anm 2 a). Hierzu gehören alle Werkmietwohnungen, die nicht unter S 1 Nr 2 fallen. a) Der Wohnraum muß weniger als zehn Jahre überlassen sein. Damit ist ein aus der 28 Rspr der Arbeitsgerichte stammender Gedanke aufgegriffen worden (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 5 5 , 6 0 4 4 [B]). Wenn das Mietverhältnis zehn Jahre gedauert hat, soll auf die Verkürzung der Kündigungsfrist verzichtet werden. Dann gelten die Fristen des § 565 (AG Wermelskirchen WuM 1980, 249). Dadurch wird kraft Gesetzes die Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis gelöst ( S C H M I D T (663)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 b-565 e 29-31
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Entscheidend für den Zeitpunkt der Überlassung ist nicht der Abschluß des Mietvertrags, sondern der Tag der Besitzübertragung (§ 565 Rz 33 ff). Das Ende des Überlassungszeitraums wird nicht durch die Abgabe der Kündigungserklärung bestimmt. Maßgebend ist der Tag des Zugangs (§ 565 Rz 43). Auch im übrigen gelten für die Überlassung die gleichen Erwägungen wie zu § 565 Abs 2 S 2 (aaO).
FUTTERER-BLANK B 6 4 5 ) .
29 ß) Der Wohnraum muß für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten dringend benötigt werden. Eine Verwendung zu gewerblichen Zwecken, etwa für eine Betriebserweiterung, ist unzureichend (WEIMAR WuM 1967,73). § 564 b gilt auch für die Kündigung von Werkmietwohnungen (§ 564 b Rz 9). Das Sonderkündigungsrecht des § 565 c wird dadurch eingeschränkt, daß ein dringender Betriebsbedarf bestehen muß. Die abgekürzte Kündigungsfrist wird damit von einem bestimmten Kündigungsgrund abhängig gemacht. Der Kündigungsgrund des Betriebsbedarfs (§ 564 b Rz 107 ff) ist durch das Erfordernis der Dringlichkeit modifiziert, das in § 564 b generell nicht vorausgesetzt wird (§ 564 b Rz 22). Im Ergebnis macht dies jedoch gegenüber dem Betriebsbedarf iS des § 564 b idR keinen Unterschied. Das Merkmal des dringenden Betriebsbedarfs ist aus § 22 MietSchG übernommen worden. Es kann entsprechend dem Wortlaut der früheren Regelung bejaht werden, wenn der Vermieter den Wohnraum für einen Nachfolger des Mieters in dem Dienstverhältnis oder im Betriebsinteresse für einen anderen Betriebsangehörigen benötigt (ROQUETTE § 5 6 5 c Rz 14; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 4 4 ) . Eine ernsthafte Schädigung der betrieblichen Interessen des Dienstberechtigten braucht nicht bevorzustehen (so aber PERGANDE § 5 6 5 c Anm 3 ; WEIMAR WuM 1 9 6 7 , 7 3 ) . Entgegen dem insoweit ungenauen Wortlaut des § 565 c S 1 Nr 1 muß im Zeitpunkt der Kündigung des Mieters der Dienstvertrag mit dem neuen Arbeitnehmer nicht bereits abgeschlossen sein. Dringender Betriebsbedarf kann auch bei der Einstellung neuer Arbeitskräfte gegeben sein (vgl § 22 MietSchG). Erforderlich ist aber auf jeden Fall, daß Bewerbungen um eine frei werdende Werkmietwohnung vorliegen und aus dem Kreis der Bewerber zumindest einer bereit ist, die Wohnung zu übernehmen (LG Karlsruhe WuM 1974, 243). Bei den werksfremden Werkmietwohnungen (Rz 9) ist der Betriebsbedarf des Dritten als Kündigungsgrund für den Vermieter entscheidend. Der Betriebsbedarf besteht nicht, wenn der Betrieb eingestellt ist (vgl STERNEL RZ IV 169). Eine geplante Betriebsstillegung ist unschädlich, wenn die Wohnung in der Zwischenzeit noch für einen Betriebsangehörigen benötigt wird. 30 bb) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des nächsten Monats zulässig (S 1 Nr 1). Damit beträgt die Kündigungsfrist idR zwei Monate, abzüglich der Karenz von drei Werktagen. Sonnabend, Sonntag und ein am Erklärungsort staatlich anerkannter Feiertag werden für die Karenzzeit nicht mitgezählt. Dadurch kann sich die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist weiter verkürzen (aM PALANDT-PUTZO § 565 c Anm 2 c, aber im Widerspruch zu § 565 Anm 2 a cc). Unerheblich ist es dagegen, wenn der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen der genannten Tage fällt. Dies spielt nur für die aus der Beendigung des Mietverhältnisses resultierenden Leistungspflichten der Parteien eine Rolle (§ 565 Rz 9 ff). 31 Da die verkürzte Kündigungsfrist von einem dringenden Betriebsbedarf als Kündigungsgrund abhängt, die materielle Wirksamkeit der Kündigung sich aber im übrigen nach § 564 b richtet, gilt auch Abs 3 dieser Vorschrift über die Angabe von Kündigungsgründen (§ 564 b Rz 121 ff). Der dringende Betriebsbedarf muß also in dem Kündigungsschreiben angegeben sein. Anderenfalls ist die Kündigung unwirksam (AG Oberhausen DWW 1972, 315). Die Ausnahme des § 564 b Abs 3 HS 2 für nachträglich entstandene Kündigungsgründe ist wegen der engeren tatbestandlichen Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(664)
§§ 565 b - 5 6 5 e 3. Titel. Miete. Pacht
32-34
Voraussetzungen des § 565 c, die hinsichtlich des Betriebsbedarfs auf den Zeitpunkt der Kündigung abstellen, insoweit bedeutungslos. Eine Kündigung mit verkürzter Frist ist nicht nur für den ersten möglichen Termin 32 zulässig (so aber AG Oberhausen DWW 1972, 315 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 c Rz 2). Das Sonderkündigungsrecht braucht auch nicht in angemessener Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses ausgeübt zu werden und wird deshalb nicht verwirkt (so aber P E R G A N D E § 565 c Anm 3; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 646; STERNEL R Z IV 169; W E I M A R W U M 1967, 73; vgl auch AG Oberhausen WuM 1973, 164). Diese Einschränkungen finden im Gesetz keine Stütze. § 565 c ermöglicht dem Vermieter eine ordentliche Kündigung, die erst, dann aber so lange statthaft ist, wie ein dringender betrieblicher Bedarf an der Wohnung besteht ( H A N S § 565 c Anm 1). c) Funktionsgebundene Werkmietwohnungen (S 1 Nr 2) 33 aa) Stützt der Vermieter das Sonderkündigungsrecht auf S 1 Nr 2, ist nach dem Tatbestand über die allgemeinen Merkmale (Rz 22 ff) hinaus erforderlich, daß es sich um eine funktionsgebundene Werkmietwohnung handelt. a) Der gesetzlich umschriebene Zusammenhang zwischen Dienstverhältnis und Wohnung muß bestehen. Dies ist der Fall, wenn das Dienstverhältnis seiner Art nach die Überlassung des Wohnraums erfordert, der in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Stätte der Dienstleistung steht. Entscheidend ist die besonders enge Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis (LG Osnabrück WuM 1977, 9). Hierfür sind die besondere Art der geleisteten Dienste und die Lage der Wohnung zur Stätte der Dienstleistung maßgebend. Die Unterscheidung zwischen unmittelbarer Beziehung oder Nähe zu diesem Ort ist materiell bedeutungslos, verdeutlicht aber, daß die Dienste nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Wohnung, also etwa innerhalb der Wohnung bzw von der Wohnung aus, geleistet werden müssen. Anderenfalls muß die Wohnung in unmittelbarer Nähe zur Stätte der Dienstleistung liegen. Eine weitere Entfernung ist unzureichend, da sich das Adjektiv „unmittelbar" auch auf die Nähe zur Arbeitsstelle bezieht. Die räumliche Nähe zwischen Wohnung und Betrieb ist aber nicht allein maßgebend. Vielmehr muß die besondere Art der Tätigkeit ein Wohnen in unmittelbarer Nähe des Betriebs erfordern (LG Osnabrück WuM 1977, 9). Nur so ist der besondere funktionelle Zusammenhang gewahrt. Als Beispiele sind die Wohnungen für Pförtner, Hausmeister, Betriebsfeuerwehr, Klinikarzt, Krankenschwester usw zu nennen. Zu beachten ist aber, daß es sich in diesen Fällen um Werkdienstwohnungen handelt, wenn die Überlassung des Wohnraums nicht auf einem Mietvertrag beruht, sondern Bestandteil des Dienstvertrags ist (Rz 13 ff). ß) Der Wohnraum muß aus dem gleichen Grunde für einen anderen zur Dienstlei- 34 stung Verpflichteten benötigt werden. Es ist erforderlich, daß die Art der Dienstleistungen es notwendig macht, einen anderen Arbeitnehmer in der Wohnung, also in Ortsnähe, unterzubringen (LG Osnabrück WuM 1977, 9). Der neue Mieter braucht nicht der Nachfolger des ausgeschiedenen Mieters am Arbeitsplatz zu sein (so aber P E R G A N D E § 5 6 5 c A n m 4 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 6 4 3 ; STERNEL R Z I V 1 7 2 ) .
Dies ist weder aus der Formulierung der Vorschrift zu schließen noch daraus, daß bei dieser Form des Betriebsbedarfs im Gegensatz zu S 1 Nr 1 das Merkmal der Dringlichkeit nicht ausdrücklich genannt ist. Die Dringlichkeit ergibt sich schon aus dem Funktionszusammenhang zwischen der Wohnung und den zu leistenden Diensten. Dieser Funktionszusammenhang ist gemeint, nicht aber die Identität der Dienstleistungen, wenn das Gesetz voraussetzt, die Wohnung müsse „aus dem gleichen Grund" benötigt werden ( P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 5 c Anm 3 b). (665)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 b - 5 6 5 e 35-39
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
95 y) Im Verhältnis zu anderen Kündigungsvorschriften gilt zunächst, daß die Dauer der Überlassung für die funktionsgebundenen Wohnungen unerheblich ist (vgl S 1 Nr 1, § 565 Abs 2 S 2). Sind die besonderen Voraussetzungen des S 1 Nr 2 nicht erfüllt, kann die Kündigung auf den sich aus S 1 Nr 1 ( P E R G A N D E § 565 c A n m 4 ) oder aus § 565 ergebenden Kündigungstermin wirken, wenn der Vermieter auf jeden Fall kündigen will und dies dem Mieter erkennbar ist (Rz 25). Darüber hinaus ist es zulässig, daß der Vermieter die Kündigung einer funktionsgebundenen Werkmietwohnung von vornherein ausdrücklich auf S 1 Nr 1 stützt, da beide Tatbestände sich insoweit nicht gegenseitig ausschließen. 36 bb) Die Kündigung der funktionsgebundenen Werkmietwohnung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf dieses Monats zulässig (S 1 Nr 2). Damit wird die Kündigungsfrist auf weniger als einen Monat verkürzt (s im übrigen Rz 30 ff).
37 4. Anwendbarkeit des § 565 (S 2) Nach § 565 c S 2 bleibt im übrigen § 565 unberührt. Dies bedeutet, daß der Vermieter an Stelle einer auf § 565 c gestützten Kündigung mit den Fristen des § 565 kündigen kann. Ihm steht ein Wahlrecht zu ( H A N S § 565 c Anm 3; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 639; aM B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 b R Z 4). Er muß deshalb im Kündigungsschreiben hinreichend klar zum Ausdruck bringen, etwa durch Angabe des Gesetzes oder der entsprechenden Termine, daß er von seinem Sonderkündigungsrecht aus § 565 c Gebrauch macht. Anderenfalls ist § 565 maßgebend. Damit müssen idR die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 eingehalten werden. Handelt es sich jedoch bei der „Werkmietwohnung" um Wohnraum iS des § 565 Abs 3, sind die Kündigungsfristen noch kürzer als nach § 565 c.
IV. Anwendung der Sozialklausel bei der Beendigung des Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung (§ 565 d) 38 1. Allgemeines § 565 d betrifft die Anwendung der Sozialklausel bei der Beendigung des Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung (Rz 6 ff). Abs 1 schreibt vor, daß bei der anzustellenden Interessenabwägung auch die Belange des Dienstberechtigten zu berücksichtigen sind. Abs 2 verkürzt bei einer auf § 565 c S 1 Nr 1 gestützten Kündigung des Vermieters die Widerspruchsfrist des § 556 a Abs 6, während die Anwendbarkeit der Sozialklausel in den Fällen des Abs 3 ganz ausgeschlossen wird. Die Ausschlußgründe des Abs 3 Nr 1 und 2 sind nebeneinander anwendbar (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
654).
39 2. Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten (Abs 1) a) Nach Abs 1 sind bei der Anwendung der §§ 556 a, 556 b auch die Belange des Dienstberechtigten zu berücksichtigen. Daraus ist der Geltungsbereich der Vorschrift zu entnehmen. Sie gilt in gleicher Weise bei der Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung seitens des Vermieters (§ 556 a) oder durch Zeitablauf (§ 556 b). Es kommt anders als in Abs 2 und Abs 3 Nr 1 nicht darauf an, ob der Vermieter von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 565 c Gebrauch gemacht hat oder ob er unter Einhaltung der Fristen des § 565 gekündigt hat. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(666)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 565 b-565 e 40-43
Die Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten bedeutet zum einen, daß 40 bei einer Identität von Vermieter und Dienstberechtigtem, also bei den werkseigenen Werkmietwohnungen (Rz 9), die Interessen des Kündigenden nicht nur in seiner Eigenschaft als Vermieter, sondern über § 556 a hinaus auch in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber zu berücksichtigen sind. Zum anderen ist die Vorschrift vor allem für die werksfremden Werkmietwohnungen (Rz 9) bedeutsam, bei denen Vermieter und Dienstberechtigter nicht identisch sind. Dadurch wird es möglich, in die Interessenabwägung zwischen den Parteien des Mietvertrags auf Seiten des Vermieters die Belange Dritter einzubeziehen (BURKHARDT BB 1964, 7 7 1 , 7 7 5 ; HANS § 5 6 5 d Anm 2). Dies kann sich vorteilhaft oder nachteilig für den Vermieter auswirken. b) Die Interessen des Dienstberechtigten bestehen idR darin, daß er die Werkwoh- 41 nung für einen anderen Arbeitnehmer benötigt (AG Mühlheim ZMR 1 9 6 8 , 1 2 ; AG Oberhausen WuM 1973, 1 6 4 ; HANS § 5 6 5 d Anm 2; PERGANDE § 5 6 5 d Anm 2). Diesen Interessen kommt angesichts der vom Mieter akzeptierten Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis besonderes Gewicht zu, wenn das Dienstverhältnis beendet ist. Persönliche Belange des Mieters werden in diesen Fällen häufig zurücktreten müssen (AG Oberhausen aaO). Anders sind die Interessen dagegen zu gewichten, solange das Dienstverhältnis mit dem Mieter noch andauert. Das Interesse des Dienstberechtigten kann ferner darin liegen, einen unverträglichen Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Dienst auch aus dem Wohnbereich seiner früheren Kollegen zu entfernen, um dadurch eine Störung des Betriebsfriedens von außen zu verhindern (HANS aaO). Ein betriebliches Interesse liegt darin, daß der Wohnraum zu gewerblichen Zwecken, etwa zu einer Betriebserweiterung, verwendet werden soll (aM PERGANDE § 5 6 5 d Anm 2; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 5 6 ) . Dies rechtfertigt zwar keine auf § 565 c gestützte Kündigung (Rz 29), kann aber insbesondere dann ein berechtigtes Interesse iS des § 556 a sein, wenn darin zugleich der Kündigungsgrund nach § 564 b Abs 2 Nr 3 liegt (§ 564 b Rz 84). Dagegen handelt es sich nicht um betriebliche Belange, wenn die Wohnung an betriebsfremde Personen vermietet werden soll (PERGANDE aaO; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO).
3. Verkürzung der Widerspruchsfrist bei der Sonderkündigung gewöhnlicher 42 Werkmietwohnungen (Abs 2) a) Wenn der Vermieter unter Einhaltung der Fristen des § 565 eine ordentliche Kündigung erklärt und der Mieter widerspricht, kann der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, falls der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat (§ 556 a Abs 6 S 1 ; s dort Rz 63 f). Dies gilt ohne Unterschied für jede Art von Werkmietwohnung. Stützt der Vermieter die ordentliche Kündigung einer gewöhnlichen Werkmietwohnung (Rz 27) aber auf § 565 c S 1 Nr 1, so muß der Mieter den Widerspruch spätestens einen Monat vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklären. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Zugangs (§ 556 a Rz 64). Die Abkürzung der Widerspruchsfrist entspricht der Verkürzung der regelmäßigen Kündigungsfrist durch § 565 c S 1 Nr 1. b) Im übrigen bleibt § 556 a unberührt. Dies bedeutet vor allem, daß der Mieter den 43 Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären kann, wenn der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist den in § 564 a Abs 2 bezeichneten Hinweis erteilt hat (§ 5 5 6 a Abs 6 S 2 ; s dort Rz 6 5 ; HANS § 5 6 5 d Anm 3; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 5 0 ) . Auch für die Berücksichtigung der Interessen des Vermieters nach § 556 a Abs 1 S 3 gelten keine Besonderheiten. Für den (667)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 b-565 e 44-46
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Widerspruch gegen die Beendigung des befristeten Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung durch Zeitablauf bleibt es auf jeden Fall bei der Zweimonatsfrist, da § 556 b von § 565 d Abs 2 nicht betroffen ist. Auch eine analoge Anwendung scheidet wegen der andersartigen Interessenlage bei befristeten Mietverhältnissen a u s (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
651).
44 4. Ausschluß der Sozialklausel (Abs 3) а) Sonderkündigung funktionsgebundener Werkmietwohnungen (Nr 1) Nach Abs 3 Nr 1 gilt die Sozialklausel des § 556 a nicht, wenn der Vermieter das Mietverhältnis über eine funktionsgebundene Werkmietwohnung (Rz 33) unter Berufung auf § 565 c S 1 Nr 2 gekündigt hat. Der enge Funktionszusammenhang zwischen der Wohnung und den zu leistenden Diensten sowie der darauf beruhende Betriebsbedarf machen es erforderlich, daß die Wohnung nach der Beendigung des Dienstverhältnisses alsbald frei wird. Die Sozialklausel wird nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift aber nur bei einer Kündigung nach § 5 6 5 c S l N r 2 ausgeschlossen. Kündigt der Vermieter die funktionsgebundene Werkmietwohnung unter Einhaltung der Fristen des § 565, bleibt dem Mieter das Widerspruchsrecht erhalten ( D E R L E D E R in AK §§ 565 b-565 e Rz 4; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 647; vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 6; mißverständlich P A L A N D T - P U T Z O § 565 d Anm 2 a bb). Unerheblich ist es dann, ob dem Vermieter ein Sonderkündigungsrecht zustand und er nur aus Entgegenkommen die längere Kündigungsfrist des § 565 eingehalten hat. Die Sozialklausel braucht in diesen Fällen nicht wegen Treuwidrigkeit des Mieters nach § 242 ausgeschlossen zu werden (so aber S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K aaO), weil der besondere betriebliche Bedarf in aller Regel dazu führt, daß der Widerspruch des Mieters nach § 556 a wegen der überwiegenden Interessen des Vermieters unbegründet ist. Endet ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis über eine funktionsgebundene Werkmietwohnung nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf, bleibt § 556 b anwendbar, da dieser Fall von § 565 d Abs 3 Nr 1 nicht erfaßt wird ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 648). 45 b) Auflösung des Dienstverhältnisses auf Veranlassung des Mieters (Nr 2) aa) Nach Abs 3 Nr 2 HS 1 gelten die §§ 556 a, 556 b nicht, wenn der Mieter das Dienstverhältnis gelöst hat, ohne daß ihm von dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeter Anlaß gegeben war. Diese Regelung betrifft jede Art von Werkmietwohnung und wird damit gerechtfertigt, daß dem Vermieter eine längere Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten ist (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, б). Auf die Identität von Dienstberechtigtem und Vermieter kommt es nicht an. 46 a) Der Mieter muß das Dienstverhältnis gelöst haben. Dies wird verbreitet dahin interpretiert, der Mieter müsse das Dienstverhältnis gekündigt haben ( E R M A N S C H O P P §§ 565 b-565 e Rz 21; H A N S § 565 d Anm 4; R O Q U E T T E § 565 d Rz 5; P E R G A N D E § 565 d Anm 2). Diese Auslegung findet im Gesetz keine Stütze. Für die Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Mieter kommen neben der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung insbesondere eine Anfechtung (vgl P A L A N D T P U T Z O § 611 Anm 2 b) und ein Aufhebungsvertrag in Betracht (BAG ZMR 1958, 165,166; P A L A N D T - P U T Z O § 565 d Anm 3 b), wobei es im letzteren Fall unerheblich ist, daß der Dienstberechtigte mitwirken muß. Dies ändert nichts an der Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Mieter, wenn von ihm die Vertragsaufhebung ausgeht. Entscheidend ist, daß die Auflösung des Dienstverhältnisses vollendet ist, weil erst dann die Verknüpfung zwischen Dienst- und Mietvertrag nicht mehr gewahrt ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Abs 3 Nr 2 HS 1. Endet der Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(668)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 565 b - 5 6 5 e 47-50
Mietvertrag, solange noch die Frist für eine bereits ausgesprochene Kündigung des Dienstverhältnisses läuft, bleiben die §§ 556 a, 556 b anwendbar. Die Verknüpfung beider Verträge ist noch nicht gelöst. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund der Sozialklausel kommt aber nur bis zum Ende des Dienstvertrags in Betracht, da § 565 d Abs 3 Nr 2 insoweit zeitlich eine absolute Grenze setzt. ß) Der Dienstberechtigte darf dem Mieter hierzu keinen gesetzlich begründeten 47 Anlaß gegeben haben. Ein gesetzlich begründeter Anlaß zur Auflösung des Dienstverhältnisses liegt vor, wenn der Dienstberechtigte einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstverpflichteten, den Mieter, gesetzt hat ( R O Q U E T T E § 565 d Rz 6; P A L A N D T - P U T Z O § 565 d Anm 3 b). Nach § 626 ist ein wichtiger Grund gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Unerheblich ist es dann, ob der Dienstberechtigte statt der fristlosen Kündigung den Weg der ordentlichen Kündigung wählt. Nach umstrittener Auffassung kann ein gesetzlich begründeter Anlaß zur Auflösung 48 des Dienstverhältnisses auch ohne wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben sein. Das BAG nimmt dies an, wenn der Mieter aufgrund schuldhaften, rechtswidrigen Verhaltens des Vermieters einen gesetzlichen oder wichtigen Kündigungsgrund hatte und dieses Verhalten für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses kausal war. Entscheidend komme es auf ein vorwerfbares Verhalten des Vermieters bzw Arbeitgebers an (BAG ZMR 1958, 165, 166 zu § 20 MietSchG; ebenso LAG Hamm ZMR 1965, 87 zu § 20 MietSchG m Nachw zum Meinungsstreit; vgl BFH BStBl II 1977, 735 zu § 3 Nr 9 EStG; B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 d Rz 3). Dieser Auffassung ist zuzustimmen, weil der Ausschluß der Sozialklausel auf dem Prinzip der Veranlassung durch den Mieter beruht. Der Mieter bleibt hingegen geschützt, wenn die entscheidende Ursache für die Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber gesetzt wird. Hierbei kann es sich etwa um Vertragsverletzungen minder schwerer Art handeln, die zwar keinen Kündigungsgrund iS des § 626 abgeben, weil sie eine weitere Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht unzumutbar machen, die den Arbeitnehmer aber gleichwohl zur ordentlichen Kündigung veranlassen. Ein gesetzlich begründeter Anlaß kann daher in jedem rechtswidrigen und schuldhaften Gesetzesverstoß gesehen werden, der dem Dienstberechtigten vorzuwerfen ist. Nur so ist dem Prinzip gerecht zu werden, daß der Mieter das Dienstverhältnis nicht unbedingt durch fristlose Kündigung aufgelöst zu haben braucht (Rz 46). Wollte sich das Gesetz auf diese Fälle beschränken, hätte es nahegelegen, den wichtigen Grund von vornherein zum Tatbestandsmerkmal des § 565 d Abs 3 Nr 2 zu machen (vgl Rz 51). Y) Die Rechtsfolge besteht in einem Ausschluß der Sozialklausel. Wird das 49 Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung seitens des Vermieters beendet, ist § 556 a nicht anwendbar. Es kommt nicht darauf an, ob die Kündigung auf § 565 oder auf § 565 c gestützt wird. Endet das Mietverhältnis durch Zeitablauf, nachdem das Dienstverhältnis aufgelöst worden ist, gilt § 556 b nicht. Die Sozialklausel ist dagegen zeitlich begrenzt noch anzuwenden, solange bei der Beendigung des Mietverhältnisses die Frist für eine bereits ausgesprochene ordentliche Kündigung des Dienstvertrags läuft (Rz 46). bb) Nach Abs 3 Nr 2 HS 2 gelten die §§ 556 a, 556 b nicht, wenn der Mieter durch 50 sein Verhalten dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeten Anlaß zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat. Die Sozialklausel wird unabhängig von der Art (669)
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§§ 565 b - 5 6 5 e 51-55
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
der Werkmietwohnung ausgeschlossen. Dienstberechtigter und Vermieter brauchen nicht identisch zu sein. 51 a) Der Dienstberechtigte muß das Dienstverhältnis gelöst haben. Eine bestimmte Art der Auflösung ist nicht vorgeschrieben. Es gelten die gleichen Grundsätze wie zu HS 1 (Rz 46). Der Mieter muß hierzu durch sein Verhalten einen gesetzlich begründeten Anlaß gegeben haben. Wie bei HS 1 (Rz 47 f) ist nicht unbedingt ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung iS des § 626 erforderlich. Es genügen minder schwere Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen und die Kündigung deshalb nicht nach § 1 Abs 2 KSchG als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen (ERMAN-SCHOPP § § 565 b-565 e Rz 2 1 ; PERG ANDE § 565 d Anm 2; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 652; aM PALANDT-PUTZO § 565 d Anm 3 c). Zu beachten ist, daß es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung handeln muß. Dabei ist allerdings eine scharfe Trennung gegenüber den in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen wegen der fließenden Grenzen nicht generell möglich. Unzureichend ist auf jeden Fall eine nur betriebsbedingte Kündigung iS des § 1 Abs 2 KSchG (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 653). 52 ß) Die Rechtsfolge besteht in einem Ausschluß der Sozialklausel, wenn das Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung des Vermieters oder durch Zeitablauf beendet wird. Im übrigen gilt das gleiche wie zu HS 1 (Rz 49). V. Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen (§ 565 e) 53 1. Allgemeines Werkdienstwohnungen sind dadurch gekennzeichnet, daß die Überlassung des Wohnraums ihre Rechtsgrundlage in einem Dienstvertrag findet und Teil der Vergütung für die geleisteten Dienste ist (Rz 13 ff). Anders als bei Werkmietwohnungen bestehen nicht ein Dienst- und ein Mietvertrag nebeneinander. Dies hat zur Folge, daß dem Dienstberechtigten der Wohnraum nicht entzogen werden kann, solange das Dienstverhältnis besteht. Die Beendigung richtet sich grundsätzlich nach den für den Dienstvertrag maßgebenden Vorschriften. Unter den Voraussetzungen des § 565 e wird das Rechtsverhältnis über den Wohnraum hinsichtlich der Beendigung jedoch verselbständigt und den Vorschriften über die Miete unterstellt. 54 2. Voraussetzungen a) Es muß sich um eine Werkdienstwohnung handeln. Hierzu gehört jeder Wohnraum, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen ist (Rz 13 ff). Unerheblich ist es, ob die Merkmale einer vollständigen Wohnung gegeben sind (Rz 5). Erfaßt wird auch Wohnraum, der entsprechend dem Dienstverhältnis zu nur vorübergehendem Gebrauch überlassen ist (vgl § 556 a Rz 88 ff). 55 b) Der zur Dienstleistung Verpflichtete muß den Wohnraum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet haben (vgl als Alternative Rz 56). Anders als im Rahmen des § 565 Abs 3 (s dort Rz 44 ff) stellt die Vorschrift nicht darauf ab, daß derjenige, der den Wohnraum überläßt, zur Möblierung verpflichtet ist. Entscheidend ist vielmehr, daß der Dienstverpflichtete selbst seine Wohnung ganz oder überwiegend ausgestattet hat. Zu den Einrichtungsgegenständen gehören die für eine normale Ausstattung erforderlichen Möbel sowie Herd, Spüle, Beleuchtungskörper, Teppiche, Bettzeug, Bilder und dgl. Für den Umfang kommt es allein auf die tatsächlich vorhandene Ausstattung an. Ganz ausgestattet hat der DienstverJürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(670)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 565 b-565 e 56-58
pflichtete den Wohnraum, wenn er sämtliche Einrichtungsgegenstände, die er und die mit ihm zusammen lebenden Personen für eine normale Lebensführung benötigen, selbst gestellt hat. Die Eigentumsverhältnisse sind unerheblich, soweit die Einrichtungsgegenstände nicht vom Dienstberechtigten oder bei werksfremden Werkdienstwohnungen vom Hauseigentümer stammen. Uberwiegend ausgestattet hat der Dienstverpflichtete den Wohnraum, wenn er nach Zahl und wirtschaftlicher Bedeutung mehr als die Hälfte der bei voller Möblierung benötigten Einrichtungsgegenstände gestellt hat. Das Schwergewicht liegt dabei auf der wirtschaftlichen Bedeutung. Fest eingebaute Gegenstände wie sanitäre Einrichtungen und Einbaumöbel sind auf der Seite des einen oder des anderen Vertragsteils zu berücksichtigen (vgl § 565 Rz 48). Wie aus dem Wortlaut des § 565 e zu schließen ist, sind nicht die tatsächlichen Verhältnisse bei der Überlassung des Wohnraums maßgebend (so wohl ROQUETTE § 565 e Rz 15), sondern diejenigen im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses. c) Alternativ setzt § 565 e voraus, daß der zur Dienstleistung Verpflichtete in dem 56 Wohnraum mit seiner Familie einen eigenen Hausstand führt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, wer den Wohnraum mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat. In der Sache entspricht die Regelung den für vermieteten Wohnraum geltenden Vorschriften, der zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (§§ 564 b Abs 7, 565 Abs 3). Ihr liegt der gleiche Zweck zugrunde, den Wohnraum, der den Mittelpunkt der Lebensführung für eine Familie bildet, den Schutzbestimmungen des sozialen Mietrechts zu unterstellen. Der Begriff der Familie umfaßt Ehepaare, auch wenn sie kinderlos sind, Verwandte und Verschwägerte, ohne daß es auf einen bestimmten Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ankommt (ROQUETTE § 565 e Rz 15; s oben § 565 Rz 52 f). Der Dienstverpflichtete führt in dem Wohnraum einen eigenen Hausstand, wenn dort der Mittelpunkt seiner Lebens- und Wirtschaftsführung liegt (§ 569 a Rz 10). d) Nach den §§ 564 b, 565 wird der an Alleinstehende vermietete möblierte 57 Wohnraum vom Schutz des sozialen Mietrechts erfaßt, sofern er nicht Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist. § 565 e enthält insoweit keine Regelung. Nach ERMAN-SCHOPP (§§ 565 b-565 e Rz 23) soll die Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut in derartigen Fällen anzuwenden sein. Hiergegen spricht aber, daß der Gesetzgeber bei der allgemeinen Erweiterung des Kündigungsschutzes für möblierten Wohnraum durch das WKSchG II die Vorschrift des § 565 e nicht geändert hat. Die Interessenlage ist bei derartigen Werkdienstwohnungen wegen des besonders engen funktionellen Zusammenhangs mit dem Dienstvertrag ganz anders als bei Mietverhältnissen über möblierten Wohnraum. Wenn die Ausstattung des Wohnraums durch den Dienstverpflichteten ausdrücklich zur Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 565 e gemacht ist (Rz 55), muß daraus geschlossen werden, daß die Vorschrift für den aufgrund eines Dienstvertrags an Alleinstehende überlassenen möblierten Wohnraum nicht anwendbar ist. Aus diesen Gründen scheidet auch eine entsprechende Anwendung aus. Es gilt ausschließlich Dienstvertragsrecht.
3. Rechtsfolgen
58
Als Rechtsfolge ist bestimmt, daß für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften über die Miete entsprechend gelten. Dies bedeutet, daß das Nutzungsverhältnis über den Wohnraum in gewisser Weise gegenüber dem zugrunde liegenden Dienstvertrag verselbständigt ist. Hiervon sind beide Parteien in gleicher Weise betroffen. (671)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 b-565 e 59-62
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
59 a) Wenn der Dienstvertrag auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist, endet das Rechtsverhältnis über den Wohnraum nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf zusammen mit dem Dienstverhältnis. Die entsprechende Anwendbarkeit der mietrechtlichen Vorschriften hat in diesem Fall zur Folge, daß der Dienstverpflichtete nach § 556 b oder Art 2 WKSchG II die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 667). Da das Dienstverhältnis und das Rechtsverhältnis über den Wohnraum in gleicher Weise durch Zeitablauf enden, kommt ein Ausschluß der Sozialklausel nach § 565 d Abs 3 Nr 1 nicht in Betracht. 60 Das Rechtsverhältnis hinsichtlich des Wohnraums kann sich nach § 568 aufgrund einer Fortsetzung des Gebrauchs durch den Wohnungsinhaber über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus verlängern (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 669). Nach § 565 e ist die entsprechende Anwendung der mietrechtlichen Vorschriften zwar nur für die „Beendigung" des Rechtsverhältnisses über den Wohnraum vorgesehen, während § 568 zu dessen Verlängerung führt. Diese Vorschrift soll jedoch klare Rechtsverhältnisse bei einer Fortsetzung des Gebrauchs schaffen (§ 568 Rz 2) und kann damit im weiteren Sinne zu den Bestimmungen gezählt werden, die Fragen der Beendigung des Mietverhältnisses regeln. Die Anwendung des § 568 ist vor allem geboten, wenn sein Zweck in einem Bestandsschutz für das Mietverhältnis gesehen wird (§ 5 6 8 R z 2; L G B o c h u m Z M R
1971, 56, 57 m A n m SCHOPP; a M
§ 568 Anm 1 a). Nur bei einer derart weiten Auslegung des Begriffs der „für die Beendigung des Mietverhältnisses" maßgebenden Vorschriften ist auch die Anwendung der Sozialklausel zu rechtfertigen, die der „Fortsetzung" des Mietverhältnisses dient. Beim Tod des Dienstverpflichteten kann § 569 a eingreifen (s dort Rz 4). PALANDT-PUTZO
61 b) Bei einem Dienstvertrag auf unbestimmte Zeit endet das Rechtsverhältnis über den Wohnraum nicht automatisch mit der Beendigung des Dienstverhältnisses. Es ist erforderlich, dieses Rechtsverhältnis nach den mietrechtlichen Vorschriften gesondert zu beenden. Hierzu dient idR eine ordentliche oder ggf eine außerordentliche Kündigung (§ 564 Rz 30 ff). Daneben kommen andere Beendigungsgründe wie vor allem ein Aufhebungsvertrag in Betracht (§ 564 Rz 44 ff). Auszuschließen ist aber eine Anfechtung, die nur auf den Eintritt der Rechtswirkungen des § 565 e gestützt wird, da es sich insoweit um einen unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtum handelt. 62 aa) Solange das Rechtsverhältnis über den Wohnraum nicht nach den mietrechtlichen Vorschriften beendet ist, besteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis (ROQUETTE § 565 e Rz 8; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 668). Das Gesetz regelt nicht, wie dieses Schuldverhältnis inhaltlich im einzelnen ausgestaltet ist. Aus dem Zweck der Vorschrift ergibt sich, daß der Wohnungsinhaber über die Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus einen Anspruch auf weitere Überlassung des Wohnraums behält. Dem entspricht eine Pflicht des Wohnungsinhabers, ein Nutzungsentgelt zu entrichten. Dieses Entgelt kann sich nicht nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften richten, da die Nutzung eine Rechtsgrundlage hat. Auch ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis iS der §§ 987 ff scheidet aus, weil der Wohnungsinhaber zum Besitz berechtigt ist (ROQUETTE § 565 e Rz 17). Bei dem gesetzlichen Schuldverhältnis handelt es sich um ein Abwicklungsverhältnis, das im Anschluß an die Beendigung des Dienstvertrags entsteht. Damit liegt es nahe, das Nutzungsentgelt nach dem Teil der früheren Tätigkeitsvergütung zu bestimmen, der für die Überlassung der Werkdienstwohnung angerechnet worden ist, dem nunmehr aber keine Leistungen des ausgeschiedenen Arbeitnehmers gegenüberstehen (SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 671; dies BB 1976, 1033, 1034). Insoweit handelt es sich um Nachwirkungen des Dienstvertrags. Ist in diesem Vertrag kein bestimmter Betrag ausgewiesen, der wegen der Wohnraumüberlassung auf die Tätigkeitsvergütung Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(672)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 565 b - 5 6 5 e 63-67
anzurechnen war, so ist in entsprechender Anwendung des § 557 Abs 1 S 1 HS 2 das ortsübliche Entgelt für vergleichbare Werkdienstwohnungen maßgebend (SCHMIDTFUTTERER-BLANK aaO; s oben § 557 Rz 41 ff; aM ROQUETTE § 565 e Rz 19 Wohnwert, der gegenüber dem sonst erzielbaren Mietzins um die darin enthaltenen Kostenfaktoren niedriger ist). Bis zu dieser Grenze kann der Gläubiger das Entgelt nach den §§ 315, 316 bestimmen (STERNEL Rz IV 173). Auch für die sonstigen Rechte und Pflichten der Parteien gilt Entsprechendes wie im Falle des § 557 (dort Rz 44 ff). bb) Die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums nach den 63 mietrechtlichen Vorschriften setzt idR eine Kündigung voraus (Rz 61). Steht einer Partei kein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu, ist eine ordentliche Kündigung erforderlich. a) Die Kündigungserklärung bedarf nach § 564 a Abs 1 S 1 der schriftlichen Form. 64 Auch die übrigen Bestimmungen des § 564 a einschließlich der Ausnahmeklausel des Abs 3 HS 1 sind anwendbar. Der Ausnahmetatbestand des HS 2 für Mietverhältnisse der in § 565 Abs 3 genannten Art kann bei Werkdienstwohnungen iS des § 565 e nicht vorkommen. . ß) Der Kündigende muß die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 einhalten. Für die 65 verlängerten Fristen kommt es auf die Dauer der Überlassung des Wohnraums an, die sich nicht nach dem Dienstverhältnis richtet, sondern unabhängig vom Rechtsgrund nach der tatsächlichen Besitzdauer (§ 565 Rz 32 ff; ROQUETTE § 565 e Rz 11). § 565 Abs 3 kann nicht eingreifen, da er durch die Tatbestandsmerkmale des § 565 e ausgeschlossen wird. Die auf § 565 gestützte Kündigung kann schon erklärt werden, solange das Dienstverhältnis noch besteht. Dadurch ist es möglich, beide Rechtsverhältnisse zu demselben Zeitpunkt zu beenden (ROQUETTE § 565 e Rz 12; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 669). Handelt es sich um eine einheitliche Kündigungserklärung, muß sie eindeutig ergeben, daß sie sich neben dem Dienstverhältnis auch auf das Rechtsverhältnis hinsichtlich des Wohnraums erstreckt (ROQUETTE aaO). Die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 sind von beiden Parteien einzuhalten. Die entsprechende Anwendbarkeit mietrechtlicher Vorschriften auf Werkdienstwohnungen bedeutet, daß auch die Bestimmungen über Werkmietwohnungen eingreifen können. Der Verfügungsberechtigte über die Werkdienstwohnung kann die Kündigung deshalb nach seiner Wahl auf § 565 c stützen, um die Kündigungsfristen abzukürzen. Diese Sonderkündigung ist allerdings erst nach der Beendigung des Dienstverhältnisses möglich (Rz 25; ROQUETTE § 565 e Rz 13; SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 669). Bei Werkdienstwohnungen kommt wegen des besonders engen Funktionszusammenhangs idR das Sonderkündigungsrecht des § 565 c S 1 Nr 2 in Betracht. Y) Bei entsprechender Gestaltung des Dienstvertrags sind auf die Beendigung des 66 Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften des § 565 a über Verlängerungsklausel und auflösende Bedingung entsprechend anwendbar. 8) Für die Kündigung der Werkdienstwohnung durch den Verfügungsberechtigten ist 67 ein Kündigungsgrund iS des § 564 b erforderlich, soweit nicht der Ausnahmetatbestand des Abs 7 HS 1 für Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vorliegt. Die Ausnahme des HS 2 kann wegen der Tatbestandsmerkmale des § 565 e nicht vorkommen. Als Kündigungsgrund kommt in erster Linie Betriebsbedarf in Betracht (§ 564 b Rz 107). Auch die anderen Gründe des § 564 b Abs 2 und die erleichterte Kündigungsmöglichkeit nach Abs 4 können bei Werkdienstwohnungen gegeben sein. Die Kündigungsgründe sind nach § 564 b Abs 3 grundsätzlich in dem Kündigungsschreiben anzugeben (§ 564 b Rz 121 ff; AG Stuttgart WuM 1974, 126). (673)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 565 b-565 e 6&-72
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
68 e) Zu den entsprechend anwendbaren Vorschriften gehört die Sozialklausel des § 556 a (vgl oben Rz 59). Stützt der über die Werkdienstwohnung Verfügungsberechtigte seine Kündigung auf § 565, gilt die Sozialklausel grundsätzlich ohne Einschränkungen. Da auch § 565 d für Werkdienstwohnungen entsprechend gilt, ist die Sozialklausel nur nach Maßgabe des Abs 2 dieser Bestimmung anwendbar (Rz 42 f) oder in den Fällen des Abs 3 ganz ausgeschlossen (Rz 44 ff). 69 £) Ist das besondere gesetzliche Schuldverhältnis hinsichtlich des Wohnraums nach den Vorschriften des Mietrechts beendet worden, so kann es sich nach § 568 aufgrund einer Fortsetzung des Gebrauchs durch den Wohnungsinhaber verlängern (Rz 60; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
669).
70 cc) Die Parteien können während des Bestehens oder nach dem Ende des Dienstvertrags einen Mietvertrag über die Wohnung abschließen, so daß alle mietrechtlichen Vorschriften unmittelbar anwendbar werden. Der Mietvertrag kann durch konkludentes Verhalten der Parteien zustande kommen. Allerdings genügt es nicht, daß der Verfügungsberechtigte nach Beendigung des Dienstverhältnisses längere Zeit keinen Gebrauch von seinem Kündigungsrecht macht und das Nutzungsentgelt entgegennimmt (so aber S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 6 7 2 ) . Dies ist nichts anderes als Ausdruck des besonderen gesetzlichen Schuldverhältnisses (Rz 62). Beide Parteien müssen vielmehr ein Verhalten an den Tag legen, das von dem Willen getragen wird, ihr Rechtsverhältnis in vollem Umfang den mietrechtlichen Bestimmungen zu unterstellen.
VI. Abweichende Vereinbarungen 71 1. Die §§ 565 b-565 e enthalten keine Vorschriften über abweichende Vereinbarungen. Dies bedeutet nicht, daß die Regelung in vollem Umfang abdingbar ist. Soweit die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften unmittelbar oder wie nach § 565 e entsprechend anwendbar sind, gelten die insoweit maßgebenden Bestimmungen über Zulässigkeit und Grenzen abweichender Vereinbarungen (§ 556 a Rz 97 f; § 556 b Rz 30; § 556 c Rz 35; § 557 Rz 63 ff; § 557 a Rz 27 ff; § 564 a Rz 32 f; § 564 b Rz 157 ff; § 565 Rz 57 ff; § 565 a Rz 23 ff). Im Hinblick auf § 565 Abs 2 S 3 und 4 ergibt sich dies auch aus § 565 c S 2. Die Parteien können die Verknüpfung zwischen Dienstverhältnis und Wohnraumnutzung gegenüber den §§ 565 b-565 e zum Nachteil des Mieters nicht dadurch verstärken, daß sie die Beendigung des Dienstverhältnisses zur auflösenden Bedingung für die Wohnraumnutzung machen (§ 565 a Abs 2) oder dem Vermieter aus diesem Grund ein Recht zur fristlosen Kündigung zugestehen (§ 554 b; H A N S § 565 b Anm 6; R O Q U E T T E § 565 c Rz 25; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 658). Soweit die §§ 565 c, 565 d zum Nachteil des Mieters von den allgemeinen Vorschriften abweichen, können die Parteien die Rechte des Mieters wegen der jeweils maßgebenden Unabdingbarkeitsklauseln nicht noch weiter verkürzen, weil darin zugleich ein Verstoß gegen die einzelne Klausel liegt. Insoweit wird die gesamte Regelung der §§ 565 b-565 e abweichenden Vereinbarungen entzogen, die den Mieter bzw Nutzungsberechtigten noch weiter benachteiligen würden. 72 2. Zulässig ist es dagegen, daß die Parteien die Anwendbarkeit der §§ 565 c, 565 d vertraglich zugunsten des Mieters bzw Nutzungsberechtigten ausschließen, so daß dem Vermieter kein Sonderkündigungsrecht zusteht und die Sozialklausel uneingeschränkt anwendbar bleibt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 657). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(674)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 565 b-565 e, 566 73, 74
VII. Gerichtliche Zuständigkeiten 1. Für den Rechtsstreit über eine Werkmietwohnung ist nach § 23 GVG, § 29 a ZPO 73 ausschließlich das Amtsgericht sachlich und örtlich zuständig. Diese Regelung ist zwingend. Nachdem § 29 a ZPO durch Art II Nr 1 MietRÄndG III vom 21.12.1967 (BGBl 11248) eingefügt worden ist, hat sich der frühere Streit über die Zuständigkeit der Amtsgerichte oder der Arbeitsgerichte erledigt (HANS § 565 b Anm 7 b; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 7 4 ) .
2. Der Rechtsstreit über eine Werkdienstwohnung soll nach zT vertretener Auffas- 74 sung in die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts fallen, weil die Überlassung des Wohnraums nicht auf einem Mietvertrag, sondern auf dem Dienst- oder Arbeitsvertrag beruht (KOENIG WuM 1967, 160, 161; PERGANDE § 565 b Anm 8). Dies kann aber nur gelten, solange der Dienstvertrag noch nicht beendet ist (SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 675) und es in dem Rechtsstreit nicht um die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums geht. Dann nämlich gelten nach § 565 e die Vorschriften über die Miete entsprechend. Daraus folgt, daß ein Rechtsstreit, der im Zusammenhang mit der Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums steht, nach § 23 GVG, § 29 a ZPO in die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gehört (LG Detmold WuM 1969, 28; AG Garmisch ZMR 1972, 117, 118; DERLEDER in AK §§ 565 b-565 e Rz 7; SCHMIDT-FUTTERERBLANK aaO). Dabei sind entgegen der Auffassung von HANS (§ 565 bAnm7 b bb)diese Rechtsstreitigkeiten nicht auszuscheiden, weil § 29 a ZPO von einem „Mietvertrag" oder „Mietverhältnis" spricht. Das gesetzliche Schuldverhältnis über die Werkdienstwohnung ist solchen Mietstreitigkeiten unter den Voraussetzungen des § 565 e in jeder Hinsicht gleichzustellen. Die ausschließliche Zuständigkeit gilt nach § 29 a Abs 2 ZPO nicht, wenn es sich um Wohnraum der in § 556 a Abs 8 genannten Art handelt. Ist der Tatbestand des § 565 e nicht erfüllt, bleibt es bei der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts, soweit es sich nicht um eine Klage auf Räumung des Wohnraums handelt. Hierfür ist nach § 29 a Abs 1 S 2 ZPO in jedem Fall das Amtsgericht unabhängig vom Rechtsgrund der Klage zuständig (Ausschußbericht zum Entw eines MietRÄndG III, zu BT-Drucks V/2317, 5; B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 e R Z 4; THOMAS-PUTZO, ZPO [11. Aufl 1981] § 29 a Anm 1 b; WIECZOREK, ZPO [2. Aufl 1 9 7 6 ] § 2 9 a A n m B I I ; a M GERISCHER Z M R 1 9 6 8 , 1 9 3 ) .
§566 Ein Mietvertrag über ein Grundstück, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, bedarf der schriftlichen Form. Wird die Form nicht beobachtet, so gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen; die Kündigung ist jedoch nicht für eine frühere Zeit als für den Schluß des ersten Jahres zulässig. E II § 507; III § 559; Prot II 147 ff, 178.
Schrifttum BERNARD, Formbedürftige Rechtsgeschäfte, Sehr z Bürgerl R Bd 55 (1979); GANSCHEZIAN-FINCK, Änderung formbedürftiger Mietverträge, Z M R 1973, 129; HÄSEMEYER, Die gesetzliche Form der Rechtsgeschäfte (1971) 34, 110, 221, 287 ff; HELMER, Mangel der schriftlichen Form bei einem Mietvertrag über ein Gebäude, D J Z 1 9 0 4 , 1 0 3 4 ; ders, Mangel bei vereinbarter Schriftform bei § 566, Recht 1905, 266; KELLER, ZU § 566, JW 1912, 104; LIPPMANN, Die Schriftform bei Miet- und Pachtverträgen, Ein Beitrag zu § 566 BGB, Gruchot 70 (1926) 169; MITTELSTEIN, § 566 und die Vereinbarung längerer als die gesetzlichen Kündigungsfristen, JW 1916,1178; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 156 ff; MÜLLER, Zur Anwendung des § 566 BGB (675)
Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§566 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse bei Abänderung eines Mietvertrages, JR 1970, 86; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 68 ff; OSWALD, Kann ein Mietvertrag mit Schriftformklausel später mündlich oder gar stillschweigend geändert werden? ZMR 1960, 198; OTTO, Mündliche Nebenabreden zum Mietvertrag, ZMR 1968, 35; PERGANDE, Wann sind Änderungen und Ergänzungen des Mietvertrages formgültig? FWW 1968, 475; ROQUETTE, Formlose Aufhebung der Schriftformklausel bei Mietverträgen, DR 1940, 961; ders, Die Schriftform von Nachtragmietverträgen, ZMR 1970, 33; SCHEUERMANN, Die Schriftform beim Abschluß und bei Abänderungen von Mietverträgen, JW 1932, 2946; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 27 ff; ders-BLANK, Mietrecht (9. Aufl 1 9 8 0 ) , sv S c h r i f t f o r m , 1 9 6 ff; REICHEL, F o r m n i c h t i g e V e r p f l i c h t u n g s g e s c h ä f t e , A c P 1 0 4 ( 1 9 0 4 ) 1,
62 ff; TAUBER, Wirksamkeit mündlicher Abänderungen eines schriftlichen Mietvertrages über ein Grundstück, Gruchot 49 (1905) 228; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz I 32 ff (S 15); WEIMAR, Bedarf der Vorvertrag zu einem langfristigen Grundstückmietvertrag der Schriftform? MDR 1961, 289 f; ders, Rechtswirksame Nachtragsvereinbarungen trotz der Schriftformklausel? ZMR 1969, 225.
Systematische Ubersicht VI. Insbes Änderungen und Ergänzungen des Vertrages 1. Grundsatz 34 2. Das Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunde 38 3. Ausnahmen 40
I. Entstehungsgeschichte 1 II. Zweck 1. Schutz des Erwerbers 2 2. Schutz der Vertragsparteien 4 III. Anwendungsbereich 5 1. Mietvertrag über ein Grundstück 6 2. Abschluß für längere Zeit als 1 Jahr 11 IV. Schriftform 17 1. Allgemeines 18 2. Insbes die Einheitlichkeit der Urkunde 20 3. Einzelheiten 21 V. Die der Schriftform unterfallenden Abreden im einzelnen 1. Grundsatz 25 2. Ausnahmen 27 3. Einzelheiten 31
VD. Rechtsfolgen 44 1. Allgemeines 45 2. Kündigung 50 3. Treuwidrigkeit der Berufung auf den Formmangel 55 VIII. Die sog Schriftfonnklausel 61 1. Die vereinbarte Schriftform 61a 2. Die Vereinbarung der Schriftform für Änderungen und Ergänzungen 64 IX. Abweichende Vereinbarungen 69 X. Beweislast 70
e Übersicht Abreden mit Dritten 30 Abschluß für längere Zeit als ein Jahr 11 ff abweichende Vereinbarungen 69 Änderungen des Vertrages 34 ff, 64 ff - Ausnahmen von der Formbedürftigkeit 40 ff - Baukostenzuschuß 35 - Bezugnahme auf andere Urkunden 38 ff - Eintritt eines neuen Mieters 37 f, 47 - Erweiterung des Vertrages 35 - Formbedürftigkeit der Änderungen 34, 38 ff - kurzfristige Änderungen 41, 43 - Mietzinserhöhung 35 - Mietzinsminderung 43 a
- Optionen 35 - Rechtsfolgen eines Formverstoßes 34, 46 - Schriftformklausel 64 ff - unwesentliche Änderungen 42 f - Vertragsverlängerung 35 Anwendungsbereich 5 ff - Abschluß auf Lebenszeit 14 - Abschluß für längere Zeit als ein Jahr 11 ff - Automatenaufstellverträge 10 - automatische Verlängerung 13 - Gefälligkeitsmiete 6 - gemischte Verträge 8, 48 - Grundstücksmiete 5 ff - lange Kündigungsfristen 12 - Mietzinsvorauszahlung 15
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(676)
3. Titel. Miete. Pacht - Optionen 12 a, 35 - Verlängerungsklauseln 12 a - Vorkaufsrecht 8 - Vormietrecht 10, 16, 57 - Vorverträge 9, 32, 60 Aufhebung des Vertrages 31, 40, 66 Aufhebung der Schriftformklausel 65 f Auslegung des Vertrages 2 f, 23 f, 28 Automatenaufstellverträge 10 Beginn der Jahresfrist des § 566 Satz 2 53 Beweislast 63, 68, 70 Briefwechsel 18 Bezugnahme auf andere Urkunden 20, 26, 38 f deklaratorische Bedeutung der Schriftform 61 a Einheitlichkeit der Urkunde 20, 38 ff einmalige Leistung des Mieters 29 Eintritt eines neuen Mieters 36 f, 47 Ergänzungen des Vertrages 34 ff, 64 ff formbedürftige Abreden 25 ff - Abreden mit Dritten 30 - Aufhebung des Vertrages 31, 40, 43 a, 66 - Änderungen 34 ff - Dauer des Vertrages 25 - Einmalleistungen des Mieters 29, 40 - Ergänzungen 34 ff - Erlaubnis der Untermiete 31, 41 - Erhöhung des Mietzinses 35 - Gegenstand des Vertrages 25 - gesamter Vertragsinhalt 25, 34 - Mietzins 25, 29 - Rücknahme einer Kündigung 31, 40 - selbständige Nebenabreden 27 - Verweis auf Hausordnung 27 - Vertragsverlängerung 35 - Vorvertrag 9, 32 Formularverträge 63 b, 68 f Gemischte Verträge 8 Geschichte 1 Grundstücksmietvertrag 5 ff Heilung des Formmangels 8 konstitutive Bedeutung der Form 49, 61 a, 63 Kündigung des Vertrages 50 ff Mieterwechsel 36 Mietvorauszahlung 15 Mietzins 25, 29, 35 Nachholung der Beurkundung 19 b, 31, 40, 54, 59, 69 (677)
Optionen 12 a, 35 Rechtsfolgen des Verstoßes 44 ff - abweichende Vereinbarungen 69 - Anspruch auf Nachholung der Form 54, 59 f, 69 - außerordentliche Kündigung 54 a - Beginn der Jahresfrist 53 - Erfüllungsanspruch 54 - Fiktion der Verlängerung 45 - gemischte Verträge 48 - Kündigung bei Geschäftsraummietverträgen 51 - Kündigung bei Wohnraummietverträgen 50 - Kündigung des Vertrages 50 ff - Kündigung durch Klageerhebung 52 - Nichtigkeit bei konstitutiver Bedeutung der Form 49, 63 - Treuwidrigkeit der Berufung auf den Formmangel 55 ff - Treuwidrigkeit der Berufung auf den Formmangel durch den Erwerber 58, 60 - Treuwidrigkeit bei Abschluß eines Vorvertrages 60 - Treuwidrigkeit bei Vereinbarung der Beurkundung des Vertrages 59 - Treuwidrigkeit der Kündigung 59 f - Verstoß bei Änderungen 46 ff Rücknahme der Kündigung 31, 41 Schriftform 17 ff - Beispiele 21 ff - Bezugnahme auf andere Urkunden 20, 26, 38 f - Briefwechsel 18 - Einheit der Urkunde 20, 38 ff - gerichtlicher Vergleich 19 - mehrere Parteien 19 a - Nachholung der Form 19 b, 31, 40, 54, 59 f, 69 - Urteil 19 - Unterschrift beider Parteien 17, 18 a - widersprüchliche Urkunden 23 f - Zugang der unterschriebenen Erklärung 18 a, 22 Schriftformklausel 61 ff - Aufhebung der Klausel 65 f - Aufhebung des Vertrages 66 - Änderung des Vertrages 64 ff - Bedeutung der Klausel 61 a, 63, 67 - Beweislast 63, 68, 70 - Formularverträge 63 b, 68 - Individualvereinbarungen 65 f - mündliche Nebenabreden 67 - nachträgliche Vereinbarung der Klausel 63 a - Überlassung der Sachen ohne Beurkundung 62
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§566 1-3
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
- Vollständigkeitsklausel 67, 68 a - Zweck der Klausel 64, 67 selbständige Nebenabreden 27 Treuwidrigkeit der Berufung auf den Formmangel 55 ff Unterschriften der Parteien 17 unwesentliche Änderungen 42
Vergleich 19 Verlängerungsklauseln 12 a Vorkaufsrecht 8 Vormietrecht 10, 16, 57 Vormietverträge 9, 32, 60 Zweck 2 ff - Schutz des Erwerbers 2 f, 37, 47 a, 57, 60 - Schutz der Parteien 4 f, 44, 53
1 I. Entstehungsgeschichte Das BGB geht unausgesprochen von dem Grundsatz der Formlosigkeit obligatorischer Verträge aus (vgl § 305). Nach dem ersten Entwurf sollte dieser Grundsatz in Übereinstimmung mit dem gemeinen Recht und mit den meisten ausländischen Rechtsordnungen uneingeschränkt auch für den Mietvertrag gelten. Daraus ergaben sich jedoch erhebliche Schwierigkeiten, als die 2. Kommission zu dem Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete" überging (vgl jetzt § 571). Obwohl der Erwerber schon nach § 444 einen Anspruch auf Auskunft über bestehende Mietverträge und auf Aushändigung der darüber errichteten Urkunden besitzt, hielt es die 2. Kommission für nötig, in Anschluß an das ALR (121 § 269) den Grundstückserwerber dadurch zu schützen, daß für langfristige Mietverträge Schriftform vorgeschrieben wurde (Prot II 149 ff, bes 155 f). Im Interesse des Mieters sollte jedoch ein Verstoß gegen das Erfordernis der Schriftform nicht die Nichtigkeit des Vertrages nach sich ziehen. Deshalb wurde bestimmt, daß die nicht in der erforderlichen Form abgeschlossenen Verträge als für unbestimmte Zeit geschlossen gelten sollen; außerdem wurde zum Schutze des Mieters die Kündigungsmöglichkeit in eigenartiger Weise beschränkt (Prot II 178; vgl hierzu insbes sehr kritisch H Ä S E M E Y E R , Form 34 ff, 221 ff, 287 ff). II. Zweck 2 1. Schutz des Erwerbers Aus dieser Entstehungsgeschichte der Vorschrift wird nahezu einhellig gefolgert, Hauptzweck des § 566 sei es, dem Grundstückserwerber, der nach § 571 in die bestehenden Mietverträge eintreten müsse, die Möglichkeit zu verschaffen, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten. Bei der Auslegung des § 566 ist vor allem dieser Hauptzweck der Vorschrift stets im Auge zu behalten.* 3 Hieraus folgt, daß das Formerfordernis für langfristige Mietverträge streng und nicht nachsichtig gehandhabt werden muß, weil andernfalls eine umfassende Information des Erwerbers über bestehende Mietverträge nicht sichergestellt werden kann (BGH LM Nr 6 u 7 zu § 566 BGB).
* R G Z 86, 30, 32; 103, 381, 3 8 3 f; 1 0 4 , 1 3 1 , 132; 1 1 8 , 1 0 5 , 106; R G H R R 1931 N r 4 0 3 ; 1 9 3 3 N r 873; J W 1 9 3 7 , 1 7 0 1 , 1 7 0 2 f N r 2; B G H Z 4 7 , 2 0 2 , 205; 2 5 , 1 , 4 ; 50, 3 9 , 4 3 ; 5 2 , 2 5 , 2 8 ; 5 5 , 7 1 , 7 7 ; 7 2 , 3 9 4 , 3 9 9 = J u S 1 9 7 9 , 3 6 7 N r 4; B G H L M N r 1 , 2 , 6 , 7 , 1 5 u n d 19 zu § 5 6 6 B G B ; N r 1 zu § 5 6 7
BGB; Nr 29 zu § 139 BGB; WM 1970, 1480; OLG Schleswig ZMR 1971, 377; eingehend HÄSEMEYER, F o r m 3 4 f f , 1 1 0 f f , 2 8 9 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 6
Anm 1 a.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(678)
§566 3. Titel. Miete. Pacht
4-8
4
2. Schutz der Vertragsparteien Der Zweck des § 566 erschöpft sich indessen nicht darin, einem Grundstückserwerber zu ermöglichen, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten. Er soll vielmehr darüber hinaus auch die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den Parteien sicherstellen-, außerdem soll der Vermieter vor der unbedachten Eingehung übermäßig langer Bindungen geschützt werden, während zugleich dem Mieter (durch Abänderung des § 125) ein Mindestschutz auch bei formloser Vereinbarung langfristiger Verträge gewährleistet bleiben soll (vgl RG HRR 1933 Nr 873; JW 1937, 1701, 1702 f Nr 2; OLG Schleswig ZMR 1971, 377; ESSER-WEYERS I I 1 § 2 0 I 2 ) .
Im Ergebnis verfolgt damit § 566 völlig disparate Zwecke (vgl die berechtigte Kritik 4a von HÄSEMEYER, Form 3 4 ff, 289 ff). Dies ist nicht nur die Erklärung für die ganz systemwidrige Lösung des § 566 S 2, sondern auch für die zahlreichen Versuche der Praxis, den ihr offenkundig höchst lästigen § 566 nach Möglichkeit einzuschränken (vgl bes unten Rz 27 ff, 3 4 ff, 4 0 ff, 59 f; HÄSEMEYER, Form 221 ff).
III. Anwendungsbereich
5
§ 566 gilt nur für Mietverträge über Grundstücke, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, nicht hingegen für Fahrnismietverträge und auch nicht für kurzfristige Grundstücksmietverträge. Die beiden letzteren können stets auch formlos abgeschlossen werden. 1. Mietvertrag über ein Grundstück
6
a) Der Anwendungsbereich des § 566 beschränkt sich auf Miet- und Pachtverträge (§ 581 Abs 2) über Gründstücke, Teile von Grundstücken, Wohnräume und sonstige Räume (§ 580). Entsprechend seinem Zweck gilt er auch, wenn der Vertrag im Ausland, jedoch über in Deutschland belegene Grundstücke und Räume geschlossen wird ( M I T T E L S T E I N 173). Grundstückspacht ist dabei zB auch die sog Pachtung des Rohrnutzungsrechts an einem See, weil dann eigentlicher Vertragsgegenstand der See selbst und damit ein Grundstück ist (RGZ 56, 83, 84). Keine Rolle spielt die Höhe des vereinbarten Mietzinses. Die Form des § 566 muß 7 auch bei Abschluß sog Gefälligkeitsmieten beobachtet werden, selbst wenn die Miete Gegenstand eines Vergleichs ist (BGH LM Nr 45 zu § 535 BGB = WM 1970, 853, 855). b) Wenn die Miete Teil eines gemischten Vertrages ist, können andere Formvor- 8 Schriften vorgehen. Das gilt namentlich für § 313, wenn mit dem Mietvertrag ein Kaufvertrag über ein Grundstück verbunden ist. Die Form des § 313 muß außerdem beachtet werden, wenn in dem Mietvertrag dem Mieter ein Vorkaufs- oder Ankaufsrecht eingeräumt wird. In solchen Fällen führt zudem der Verstoß gegen § 3 1 3 über § 566 S 2 hinaus häufig zur Nichtigkeit der gesamten Abreden der Parteien einschließlich des Mietvertrages (§ 139; RGZ [GS] 72, 385, 389 ff; 148, 105,108; 97, 219, 220 ff; BGH LM Nr 29 zu § 139 BGB = ZMR 1963, 206, 207; WM 1967, 935, 936; OLG Hamm, Urt v 25. 11. 1980 - 7 U 179/79 m Nachw; LG Stade MDR 1971, 761 Nr 65; MITTELSTEIN 171 ff). Aus der Anwendbarkeit des § 313 folgt dann aber auch, daß durch Auflassung und Eintragung sämtliche Abreden der Parteien einschließlich des Mietvertrags geheilt werden können (RGZ 103, 381, 3 8 2 f; 9 7 , 2 1 9 , 2 2 0 ff; B G H
WM
1 9 6 7 , 9 3 5 , 9 3 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 6
3 a). (679)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
Anm
§566 9-14
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
9 c) § 566 gilt entsprechend seinem Zweck nach ständiger Rechtsprechung nicht für Vormietverträge, weil an solche Verträge der Grundstückserwerber nicht gebunden ist.* 10 d) Aus denselben Gründen bedarf auch die Begründung eines Vormietrechts (s V o r b e m 1 1 8 z u § § 5 3 5 , 5 3 6 ) n i c h t d e r F o r m d e s § 5 6 6 (NIENDORFF 6 9 ; HANS § 5 6 6
Anm B 3 c). Schließlich stellen auch Automatenaufstellverträge (Vorbem 51 ff zu §§ 535, 536) idR keine Grundstücksmietverträge iS des § 566 dar (BGHZ 47, 202 ff; aM DERLEDER, in: AK § 566 Rz 1). Dasselbe gilt für einen Vertrag, durch den sich ein Dritter gegenüber dem Mieter zur Übernahme des Mietvertrages verpflichtet (BGH U r t v 6 . 3. 1 9 6 3 - V I I I Z R 1 8 7 / 6 1 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 2 a E ) .
11 2. Abschluß für längere Zeit als ein Jahr a) § 566 setzt außerdem voraus, daß der Grundstücksmietvertrag für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird. Es bedarf also stets der Prüfung, ob die Parteien für längere Zeit als ein Jahr gebunden sein sollen. Dies ist sicher anzunehmen, wenn der Vertrag zB für 3 oder für 5 Jahre abgeschlossen wird, liegt jedoch auch in einer ganzen Reihe weiterer Fälle vor. Die Jahresfrist rechnet dabei stets vom Beginn des Mietverhältnisses ab, nicht schon ab Vertragsschluß (PALANDT-PUTZO § 566 Anm 2). 12 b) § 566 liegt zunächst vor, wenn die Kündigungsfrist so lange bemessen ist, daß der Vertrag erstmals für einen Zeitpunkt nach Ablauf des ersten Mietjahres gekündigt werden kann. Dasselbe gilt, wenn der Vermieter von vornherein oder nachträglich durch eine Änderung des Vertrages für eine längere Zeit als ein Jahr auf sein Kündigungsrecht verzichtet (BGH LM Nr 5 zu § 566 BGB; Nr 41 zu § 812 BGB = ZMR 1960, 144, 145; 1960, 141). 12a Ebenso behandelt werden alle Verlängerungsklauseln oder Optionen, die dem Mieter die Möglichkeit eröffnen, einseitig den Vertrag über ein Jahr hinaus zu verlängern.** Die Praxis ist jedoch (auch hier) nicht einheitlich, da gelegentlich Ausnahmen für formlose Zusatzabreden zugelassen werden, durch die sich der Vermieter einseitig verpflichtet, auf Verlangen des Mieters den Vertrag zu verlängern oder einen neuen Vertrag abzuschließen (so RG WarnR 1919 Nr 163 S 252,253; KG DR 1942,1370 f Nr 12). Da indessen zwischen beiden Fallgestaltungen kein sachlicher Unterschied zu erkennen ist, sollte auf alle derartigen Abreden einheitlich § 566 angewandt werden. 13 c) § 566 ist auch anwendbar, wenn die Parteien vereinbaren, daß der Vertrag automatisch für bestimmte Zeit weiterlaufen soll, wenn er nicht zum Schluß des ersten Jahres gekündigt wird (RG H R R 1 9 3 3 Nr 873; zust BGB-RGRK-GELHAAR § 566 Rz 4 ; MITTELSTEIN 1 5 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 2 a ) o d e r w e n n d e r V e r t r a g b e i
unbestimmter Dauer erstmals nach Ablauf eines Jahres kündbar ist. § 566 gilt hingegen nicht für Verträge auf unbestimmte Zeit, bei denen erstmals zum Ende eines J a h r e s e i n e K ü n d i g u n g m ö g l i c h ist (PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 2 b ; PERGANDE
§ 566 Anm 2). 14 d) Selbst wenn die Dauer des Vertrages von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängig gemacht wird, muß die Form des § 566 beobachtet werden, jedenfalls wenn * R G Z 8 6 , 3 0 , 3 2 f; 103,381,384; R G JW1929,3226,3227Nr 3; 1938,1247Nr 1 4 ; B G H L M N r 1, 6, 11 u 19 zu § 566 BGB; s im einzelnen Vorbem 117 zu §§ 535, 536, unten Rz 60; HÄSEMEYER, Form 112 ff. ** So BGH WM 1963,172,173 = ZMR 1963, 82, 83; KG OLGE 8,396; OLG Frankfurt OLGE 9, 302; OLG Düsseldorf JR 1968, 145, 147; STERNEL RZ I 33.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(680)
3. Titel. Miete. Pacht
§566 15-18
nach den Vorstellungen der Parteien der Vertrag danach länger als ein Jahr laufen wird; so insbes bei Abschluß eines Mietvertrages auf Lebenszeit des Mieters (BGH LM Nr 1 zu § 567 BGB = NJW 1958, 2062, 2063; OLG München HRR 1942 Nr 852; aM ROQUETTE § 566 Rz 10) oder bei Abschluß eines Mietvertrages für die Dauer des Krieges (RGZ 97, 219, 223) oder bei Vereinbarung einer auflösenden Bedingung. e) Hieraus folgt, daß auch Verträge, in denen sich der Mieter zur Leistung eines 15 Baukostenzuschusses oder einer Mietvorauszahlung verpflichtet, grundsätzlich der Form des § 566 bedürfen, wenn die Zeit, während derer diese Leistungen auf den Mietzins angerechnet werden, ein Jahr übersteigt, weil für dieselbe Zeit dann regelmäßig das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters ausgeschlossen ist. Die Praxis nimmt freilich überwiegend an, daß der Vermieter in diesen Fällen selbst bei einem mündlichen Vertragsschluß nicht vorzeitig kündigen kann (§ 242).* f) § 566 ist hingegen nicht anwendbar, wenn der Grundstückserwerber durch Vertrag 16 mit dem Veräußerer auf sein Kündigungsrecht gegenüber dem Mieter für länger als ein Jahr verzichtet (RGZ 103, 281, 283 f). Auch die Ausübung eines Vormietrechts durch einseitige Erklärung des Mieters unterliegt keiner besonderen Form. Umstritten ist hingegen, ob § 566 auf den durch die Ausübung des Vormietrechts zustande kommenden Mietvertrag anzuwenden ist. Die Frage dürfte zu bejahen sein (BGHZ 55, 71, 76 f).
IV. Schriftform 17 Liegen die genannten Voraussetzungen vor (oben Rz 5 ff), so bedarf der Vertrag der schriftlichen Form (§ 566 S 1). Was dazu im einzelnen erforderlich ist, bestimmt §126 Abs 2. Grundsätzlich müssen also beide Parteien dieselbe Urkunde unterzeichnen, wobei die Unterschriften beider Parteien den gesamten Text decken müssen (RGZ 105, 60, 62). Nur wenn mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden, genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (s im einzelnen MITTELSTEIN 158 ff; NIENDORFF 70 ff; ROQUETTE § 566 Rz 15 ff; B G B - R G R K - G E L H A A R § 566 Rz 11 f; STERNEL RZ I 34-38; HOLZHAUER, Die eigenhändige Unterschrift, 1973).
1. Allgemeines 18 a) Aus der Maßgeblichkeit des § 126 folgt vor allem, daß - anders als bei der gewillkürten Schriftform nach § 127 - ein bloßer Briefwechsel für die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform nicht genügt (RGZ 5 9 , 2 4 5 , 2 4 6 ; 95, 83, 8 4 ; R G J W 1 9 3 1 , 3 5 4 9 , 3 5 5 0 N r 8; L Z 1 9 3 0 , 8 4 0 , 8 4 1 N r 7 ; B G H L M N r 4 5 zu § 5 3 5
BGB; OLG Braunschweig OLGE 22, 270 f). Ein Vertragsschluß durch bloßen Briefwechsel wollte der Gesetzgeber gerade durch den § 126 Abs 2 S 1 verhindern; eine Ausnahme gilt nach § 126 Abs 2 S 2 nur, wenn sich beide Schreiben inhaltlich völlig decken und sich nicht lediglich als Antrag und Annahme darstellen (vgl zB STERNEL R z I 3 7 f; PALANDT-HEINRICHS § 126 A n m 3 a). * OLG Stuttgart ZMR 1959, 325, 327; LG Kassel WuM 1960, 6 = ZMR 1960, 175 Nr 24; AG Dortmund ZMR 1960,263; AG Essen ZMR 1960,263,264; OLG München DWW 1964,158 = ZMR 1964, 237 Nr 7; LG Mannheim ZMR 1967, 271; LG Stuttgart NJW 1960, 1255 f m Anm ROQUETTE; aM OLG Celle NJW 1956, 1281 f; AG Hamburg-Harburg ZMR 1960, 264 f; s im einzelnen Vorbem 126 zu § 535; STERNEL Rz I 33. (681)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§566 18 a-20
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
18a b) Bei Erklärungen unter Abwesenden muß man zwar Abgabe und Zugang der Willenserklärung unterscheiden. Zu Recht wird indessen ganz überwiegend verlangt, daß die Willenserklärung nicht nur in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgegeben werden muß, sondern daß sie auch in dieser Form dem Gegner zugehen muß.* Daher genügt eine getrennte Unterzeichnung von Angebot und Annahme nur in seltenen Ausnahmefällen den Formerfordernissen. Im Regelfall kommt hingegen der Vertrag, wenn eine Partei die von ihr unterschriebene Erklärung der anderen zusendet, nicht schon durch Unterzeichnung seitens der anderen Partei, sondern erst durch Zugang dieser zweiten Erklärung bei der antragenden Partei zustande.** Anders jedoch ausnahmsweise, wenn der Antragende auf den Zugang der Annahme verzichtet hat (§151) oder wenn die Parteien anstelle der Schriftform nach § 126 Abs 3 notarielle Beurkundung wählen (§§ 128, 152). 19 c) Ebenso wie die notarielle Beurkundung ersetzt die Aufnahme des Vertrages in einen gerichtlichen Vergleich jede anderweitig geforderte Form, also auch die durch § 566 geforderte Schriftform (§ 127 a). Dasselbe gilt auch für einen vor einem Schiedsgericht abgeschlossenen Vergleich, sofern er nur ordnungsgemäß protokolliert ist (RG JW 1 9 3 7 , 1701, 1 7 0 2 f Nr 2; BREETZKE NJW 1 9 7 1 , 1 6 8 5 ; PALANDTHEINRICHS § 128 Anm 3 a). Schließlich genügt auch die Verurteilung einer Partei zur Abgabe einer Willenserklärung stets den Erfordernissen des § 566, da ein Urteil ebenfalls jede andere Form ersetzt. Ein Mietvertrag kommt in diesen Fällen jedoch erst zustande, wenn auch die Erklärung des Klägers in der erforderlichen Form abgegeben wird und dem Gegner zugeht (s im einzelnen ROQUETTE § 5 6 6 Rz 2 9 ff). 19a d) Sind an dem Vertrag auf einer Seite mehrere Personen beteiligt, zB als Mitmieter, so müssen alle unterzeichnen, wobei jedoch auch (gern § 167 Abs 2 formlos mögliche) Bevollmächtigung zulässig ist (STERNEL Rz I 34). 19b e) Ist der Vertrag zunächst formlos abgeschlossen worden, so können die Parteien die Beurkundung jederzeit nach Vertragsschluß nachholen; häufig sind die Parteien dazu auch einander verpflichtet, wozu auch formlose Abreden ausreichen (unten Rz 59). Der Vertrag gilt dann von Anfang an als in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgeschlossen ( L G Hildesheim MDR 1 9 5 8 , 1 0 3 Nr 19; STERNEL Rz 1 4 1 ) . Hingegen ist eine formlose Bestätigung selbst während eines Rechtsstreits nicht möglich (RG JW 1 9 3 1 , 3 5 4 9 , 3 5 5 0 Nr 8 = WarnR 1 9 3 1 Nr 1 9 3 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 Rz 11). Nehmen die Parteien in die nachträglich errichtete Urkunde nicht alle zuvor mündlich getroffenen Abreden auf, so ist davon auszugehen, daß diese Abreden nach ihrem Willen nicht mehr gelten sollen; andernfalls entbehrt der Vertrag nach wie vor der Schriftform mit der Folge des § 5 6 6 S 2 (ähnlich STERNEL Rz I 4 1 ; aM L G Mannheim WuM 1975, 72, 73, wo freilich § 566 offenbar nicht anwendbar war). 20 2. Insbes die Einheitlichkeit der Urkunde § 126 Abs 2 verlangt die Unterzeichnung derselben Urkunde durch beide Parteien. Daraus wird allgemein das Erfordernis der Einheit der unterzeichneten Urkunde hergeleitet. Die von den Parteien unterzeichnete Urkunde muß alle wesentliche * PALANDT-HEINRICHS § 126 A n m 3 a; STERNEL RZ I 38; EMMERICH N J W 1980, 1363, 1366; ENNECCERUS-NIPPERDEY § 1 5 5 1 5 ; MiinchKomm-FORSCHLER § 126 R z 16; STAUDINGER-DILCHER
§ 126 Rz 6 f; ebenso auch grdleg RGZ 61,414,415; BGH LM Nr 7 zu § 566 BGB = JuS 1962,402 Nr 3; OLG Karlsruhe NJW 1973, 1001 f. ** RGZ 87, 196, 198 f; 105, 60, 62; BGHZ 40, 255, 261; BGH LM Nr 29 zu § 139 BGB = ZMR 1963, 206, 207; LM Nr 7 zu § 566 BGB; OLG Braunschweig OLGE 22, 270 f.
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(682)
3. Titel. Miete. Pacht
§566 21-24
Abreden, bei einem Mietvertrag also die Abreden über den Gegenstand, die Dauer und den Mietzins enthalten. Eine Bezugnahme auf andere Urkunden genügt nur, wenn sie als Anlagen der unterzeichneten Urkunde beigefügt und mit dieser körperlich fest verbunden werden (grdleg RGZ 105, 2 8 9 , 2 9 2 ; STERNEL RZ I 3 8 ; BERNARD, Formbedürftige Rechtsgeschäfte 84 ff, 129 ff; ERMAN- H WESTERMANN
§ 126 Rz 2 ; PALANDT-HEINRICHS § 126 Anm 2 a). Das gilt uneingeschränkt auch für Mietverträge, so daß im Falle des § 566 die über den Mietvertrag errichtete Urkunde selbst alle wesentlichen Abreden, namentlich die Bestimmung des Gegenstandes, der Dauer und des Mietzinses enthalten und von beiden Parteien unterzeichnet sein muß. Durch die Bezugnahme auf andere Urkunden wird die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nur erfüllt, wenn sie der unterzeichneten Urkunde als Anlage beigefügt und mit dieser im Augenblick der Unterzeichnung entsprechend dem Willen beider Parteien körperlich fest verbunden werden, zB durch Heften, Leimen oder Zusammenbinden (RG JW 1926, 979 Nr 2; insbes BGHZ 40, 255, 262 ff; BGH LM Nr 29 zu § 1 3 9 BGB = ZMR 1 9 6 3 , 2 0 6 , 2 0 7 ; ROQUETTE § 5 6 6 Rz 19). Aus praktischen Gründen wird es jedoch auch als genügend angesehen, wenn die getrennten Urkunden nur wechselseitig aufeinander Bezug nehmen, jedenfalls wenn jede der Urkunden die wesentlichen Bestandteile eines Mietvertrages enthält (RG u ROQUETTE aaO). Nur bei Verlängerungs- und Änderungsverträgen werden heute, um den Rechtsverkehr nicht übermäßig zu erschweren, weitgehende Ausnahmen von diesen strengen Erfordernissen der Einheit der Urkunde anerkannt (s im einzelnen unten Rz 3 8 f).
3. Einzelheiten
21
a) Das Erfordernis der Schriftform ist zB in folgenden Fällen als erfüllt angesehen worden: Bei Unterzeichnung eines Briefes mit der Mitteilung über einen zuvor mündlich abgeschlossenen Vergleich durch die beiden Prozeßbevollmächtigten der Parteien (RGZ 1 3 7 , 2 1 8 , 2 1 9 ) ; bei Austausch zweier Urkunden, von denen eine von beiden Parteien unterschrieben ist (KG JW 1935, 2442 Nr 26); bei nachträglicher Abänderung des schon unterschriebenen Textes ohne erneute Unterzeichnung oder bei Absetzung des Textes nach Blankounterschrift durch eine oder beide Parteien (RG SeuffA 6 4 Nr 1 2 3 ; BGH LM Nr 35 zu § 5 8 1 BGB; eingehend STERNEL RZ 1 3 6 ) sowie bei Verlängerung eines Mietvertrages durch einen Vermerk auf nur einem der beiden von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsexemplare (KG OLGE 22, 271).
b) Die schriftliche Einverständniserklärung des einen Teils auf dem schriftlichen 22 Antrag des anderen Teils erfüllt die Anforderungen des § 566 S 1 nur in dem Ausnahmefall des § 151, idR hingegen nicht, weil dann der Zugang der schriftlichen Annahmeerklärung beim Antragenden fehlt (oben Rz 18 a; RGZ 1 0 5 , 6 0 , 6 2 ; OLG Braunschweig OLGE 22, 270 f; anders für einen Sonderfall RG DWohnA 1936, 218).
c) Wenn der Vertragstext Widersprüche aufweist, muß versucht werden, durch 23 Auslegung zu ermitteln, welche Abrede gelten soll. Führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so liegt Dissens vor mit der Folge, daß der Vertrag nichtig ist. Haben die Parteien verschiedene Urkunden unterzeichnet, die sich widersprechen, so 24 ist ebenfalls durch Auslegung zu ermitteln, welche Abreden gelten sollen; führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so gelten nur die übereinstimmend in den verschiedenen Urkunden enthaltenen Abreden (KG OLGE 27, 159). Dagegen führt ein Widerspruch zwischen dem schriftlich fixierten und dem mündlich (683)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§566 25-28
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
vereinbarten Vertrag stets dazu, daß wegen der ausschließlichen Gültigkeit des mündlich Vereinbarten die Schriftform nicht mehr gewahrt ist, es sei denn, es handele sich um selbständige oder um völlig nebensächliche, zusätzliche Abreden (OLG Frankfurt OLGE 8, 397). V. Die der Schriftform unterfallenden Abreden im einzelnen 25 1. Grundsatz a) Das Erfordernis der Schriftform iS des § 126 Abs 2 gilt grundsätzlich für sämtliche Abreden, aus denen sich nach dem Willen der Parteien der Vertrag zusammensetzen soll, maW für den gesamten Vertragsinhalt einschließlich aller Nebenabreden, die einen Bestandteil des Mietvertrages bilden sollen.* Zu den wesentlichen Abreden, die stets beurkundet sein müssen, gehören namentlich die Vereinbarungen über Gegenstand und Dauer des Vertrages (RG JW 1906, 348, 349 Nr 5), über eine etwaige Zusicherung von Eigenschaften iS des § 537 Abs 2 (RG JW 1937, 675, 676 Nr 2) sowie insbes über die Höhe des Mietzinses, selbst wenn dieser nur in einer einmaligen Leistung besteht oder wenn die Vereinbarung über den Mietzins nur subsidiär für den Fall gelten soll, daß eine andere Vereinbarung behördlich nicht genehmigt wird (BGH LM Nr 2 zu § 566 B G B ; Nr 1 zu § 567 BGB). 26 b) Wird wegen dieser hiernach der Schriftform bedürfenden Abreden auf andere Urkunden Bezug genommen, so gilt das oben (Rz 20) über die Bezugsnahme Gesagte, dh die in Bezug genommenen Urkunden müssen grundsätzlich mit der Haupturkunde fest verbunden sein, wenn sie nicht ihrerseits unterschrieben sind und selbst schon die wesentlichen Bestandteile des Mietvertrages enthalten; dabei muß die Verbindung der Urkunden entsprechend dem Willen beider Parteien schon bei Unterzeichnung der Urkunde erfolgen (BGHZ 40, 255, 262 ff; BGH LM Nr 6 zu § 566 BGB). 27 2. Ausnahmen a) Selbständige Nebenabreden, die nach dem Willen der Parteien keinen Bestandteil des Mietvertrages bilden sollen, bedürfen hingegen nicht der Schriftform (BGH LM Nr 1 zu § 1136 BGB, B 1 2 R ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 566 Rz 5 m Nachw; PALANDT-PUTZO § 566 Anm 3 c). Ein solcher Fall ist zB bei Verkauf des Inventars an den Pächter anzunehmen, schon weil solche Abreden niemals gegen den Grundstückserwerber wirken können (OLG Breslau JW 1932, 1068 Nr 6 m Anm S T E R N ) . Dasselbe gilt für den Verweis auf die Hausordnung (HANS § 566 Anm B 4 b) sowie für den Verzicht auf das Kündigungsrecht wegen Eigenbedarf (LG Mannheim ZMR 1978, 54; fraglich). 28 Mündliche Nebenabreden sind im übrigen grundsätzlich nur zur Auslegung und Erläuterung des Textes möglich (BGH LM Nr 2 zu § 566 BGB). Wenn also die wesentlichen Bestimmungen beurkundet worden sind, ist stets eine Auslegung des Vertrags aufgrund anderer Urkunden oder mündlicher Abreden der Parteien zulässig ( B G H L M N r 7 zu § 1 2 6 B G B =
Z M R 1 9 6 9 , 3 3 9 , 3 4 0 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 6 R z
* RGZ 118,105, 106; 123, 171,173; RG JW 1906, 348, 349 Nr 5; 1937, 675, 676 Nr 2; LZ 1930, 840,841 N r 7 ; B G H WM 1963,172,173; 1966,1335 = ZMR 1963, 82,83; 1967,178,179; BGH
L M Nr 2 zu § 5 6 6 B G B ; Nr 1 zu § 5 6 7 B G B ; Nr 6 zu § 5 6 6 B G B ; B G H Z 4 0 , 2 5 5 , 2 6 2 ff; MITTELSTEIN 179 ff; NIENDORFF 77 ff; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 6 R z 5 ff; PALANDT-PUTZO § 5 6 6 Anm 3 c; STERNEL RZ I 3 5 .
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(684)
§566 3. Titel. Miete. Pacht
29-33
12 f; N I E N D O R F F 77 f). Man wird auch annehmen dürfen, daß mündliche Nebenabreden, die sich inzwischen erledigt haben oder die erfüllt sind, jedenfalls für die Zukunft die Schriftform nicht mehr beeinträchtigen ( N I E N D O R F F 8 1 ; streitig). b) Formlos möglich sind außerdem Abreden über einmalige Leistungen bei 29 Vertragsschluß als bloße Gegenleistung für die Bereitschaft zum Vertragsschluß oder für die spätere Bereitschaft zur Verlängerung des Vertrages, es sei denn, die betreffende Leistung stelle in Wirklichkeit den Mietzins dar (RGZ 123, 171, 173; B G H LM Nr 1 zu § 567 B G B ; R G DWohnA 1934, 182; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 6 a E ; PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 3 c).
c) Schließlich sind auch Abreden mit Dritten aus Anlaß des Vertragsschlusses oder 30 aus Anlaß der Veräußerung des Grundstückes jederzeit formlos möglich, so zB die Abrede mit einem Dritten, der einen Baukostenzuschuß geleistet hat, daß der Vermieter als Gegenleistung hierfür dem Mieter für eine bestimmte Zeit nicht kündigen dürfe, oder der Verzicht des Grundstückserwerbers gegenüber dem ersten Vermieter auf sein Kündigungsrecht gegenüber dem Mieter für eine bestimmte Zeit (BGH LM Nr 3 zu Abbaugesetz = NJW 1966, 250; P A L A N D T - P U T Z O § 566 Anm 3 c).
3. Einzelheiten
31
a) Der Schriftform bedarf zwar die generelle Genehmigung der Untervermietung schon im Mietvertrag selbst, nicht jedoch die Genehmigung im Einzelfall, mag sie schon bei Vertragsschluß oder erst nachträglich erteilt sein (RG SeuffA Bd 77 [1923] Nr 125 S 192, 193; LZ 1930, 840, 841 Nr 7; STERNEL Rz I 35; aM zu Unrecht P A L A N D T - P U T Z O § 566 Anm 3 c). Jederzeit formfrei möglich ist auch die Abrede nachträglicher Beurkundung des zunächst formlos geschlossenen Vertrages; aufgrund einer solchen Abrede kann jede Partei jederzeit die nachträgliche Beurkundung verlangen (RGZ 104,131,132 f; dazu unten Rz 59; HASEMEYER, Form 114 ff). Ebensowenig formbedürftig ist die Minderung des Mietzinses für höchstens ein Jahr (BGH LM Nr 7 zu § 126 BGB = ZMR 1969, 339, 340), ein Vergleich über Mietzinsrückstände (RG HRR 1934 Nr 1014 = G E 1934, 434) oder die nachträgliche Aufhebung des gesamten Mietvertrages (BGHZ 65, 49, 55). Selbst eine schon erfolgte, wirksame Kündigung kann jedenfalls während des Laufs der Kündigungsfrist und nach hM auch noch danach formlos von den Parteien wieder rückgängig gemacht werden mit der Folge, daß der alte in der erforderlichen Form abgeschlossene Vertrag wieder voll in Geltung tritt (BGH LM Nr 22 zu § 566 BGB; RG H R R 1934 Nr 1014; OLG Hamm ZMR 1979, 249, 250; aM H A N S § 566 Anm B 3 j; sehr streitig). Wird jedoch zugleich der alte Vertrag zB hinsichtlich des Mietzinses geändert, so bedarf auch die Rücknahme der wirksamen Kündigung der durch § 566 vorgeschriebenen Schriftform (OLG München NJW 1963, 1619). b) Formbedürftig ist hingegen die Abrede, durch die ein Vorvertrag zum endgültigen 32 Vertrag erhoben wird. Ein Vorvertrag kann nicht durch mündliche Abrede zum endgültigen, schriftlichen Mietvertrag gemacht werden (BGH LM Nr 6 und 19 zu § 5 6 6 B G B ; HANS § 5 6 6 A n m B 3 b).
Besonders umstritten ist die Frage, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen der 33 Eintritt eines neuen Mieters neben oder anstelle des bisherigen Mieters der Schriftform bedarf. Diese Frage ist im Zusammenhang mit dem allgemeinen Problem zu erörtern, wann Änderungen oder Ergänzungen des Mietvertrages dem § 566 unterliegen (s unten Rz 34 ff). (685)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§566 34-36
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
VI. Insbes Änderungen und Ergänzungen des Vertrages* 34 1. Grundsatz a) Das Erfordernis der Schriftform gilt aufgrund der §§ 566 S 1 und 126 Abs 2 für sämtliche Abreden der Parteien, aus denen sich nach ihrem Willen der Vertrag zusammensetzen soll, also für den gesamten Vertragsinhalt (s oben Rz 25 f). Daraus wird allgemein gefolgert, daß auch nachträgliche Ergänzungen oder Änderungen und namentlich eine Verlängerung der Vertragsdauer über ein Jahr hinaus der Schriftform bedürfen. Wird bei der nachträglichen Änderung oder Ergänzung des Vertrages die Schriftform nicht beobachtet, so ist die Änderung oder Ergänzung zwar ohne weiteres wirksam; sie hat jedoch grundsätzlich zur Folge, daß dann für den Vertrag insgesamt die Schriftform nicht mehr beobachtet ist, so daß der Vertrag fortan auf unbestimmte Zeit läuft und nach Ablauf eines Jahres nach der Änderung kündbar ist (RGZ 51,179,181; 105,60,62; 108,105,107 f; 123,171,173; RG JW 1929,3226, 3227 Nr 3; BGH LM Nr 1 zu GRMG/EinfG Berlin = WM 1964, 710, 711; 1970, 1480; 1966,1335; BGHZ 50,39,44; OLG Braunschweig OLGE 20,113,114; stark einschränkend jedoch M Ü L L E R aaO). Es spielt dabei grundsätzlich keine Rolle, ob die Pflichten der Parteien verschärft oder erleichtert werden (RGZ 108, 105, 107 f; aM mit guten Gründen M Ü L L E R aaO). b) Der Schriftform bedürfen deshalb namentlich die folgenden Abreden: Eine Verlängerung des Vertrages über ein Jahr hinaus, namentlich bei Verbindung mit einem Belastungsverbot**; die Erhöhung des Mietzinses, jedenfalls wenn die Erhöhung mehr als 20% beträgt***, die Umstellung der Umsatzpacht auf Festpacht (OLG München NJW 1963, 1619), die nachträgliche Vereinbarung eines Baukostenzuschusses (BGH WM 1966,1335 = ZMR1967,178,179), die Erweiterung der vermieteten Räume um rund ein Viertel (BGH WM 1963,172, 173), die Ersetzung der ursprünglich vermieteten Räume durch andere Räume (OLG Dresden SeuffA Bd 65 [1910] Nr 183 S 346 f) oder bei einem Mietvertrag über mehrere Wohnungen eine nachträgliche Verselbständigung einer Wohnung und der Abschluß eines langfristigen Mietvertrages nur über diese eine Wohnung, wobei dann § 566 S 2 aber nur für den Vertrag über die verselbständigte Wohnung gilt (LG Düsseldorf WuM 1972, 175,176 m Anm WEIMAR,), weiter die nachträgliche Einräumung einer Option (BGH WM 1963, 172, 173) sowie schließlich die Anpassung des Vertrages an veränderte Verhältnisse, die nachträgliche Zusicherung von Eigenschaften, die nachträgliche, generelle Erlaubnis der Untervermietung und die Änderung der Abreden über die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs (s H A N S § 566 Anm B 4 c). 36 c) Eine wesentliche Änderung stellt grundsätzlich auch die Auswechslung der Mietvertragsparteien dar. Daraus müßte an sich folgen, daß der Eintritt eines neuen Mieters neben dem bisherigen Mieter oder die Auswechslung der Mietpartei stets der Form des § 566 bedürfte. Tatsächlich hatte die bisherige Praxis dies jedoch nur für den Fall angenommen, daß sich der Eintritt eines neuen Mieters neben dem bisherigen oder die Auswechslung der Mieter durch einen dreiseitigen Vertrag aller
* Schrifttum: GANSCHEZIAN-FINCK Z M R 1973, 1 2 9 ; MITTELSTEIN 185 ff; MÜLLER J R 1970, 8 6 ; NIENDORFF 82 f f ; PERGANDE F W W 1 9 6 8 , 4 7 5 ; ROQUETTE Z M R 1 9 7 0 , 3 3 ; d e r s § 5 6 6 R z 5 0 ff; SOERGEL-MEZGER § 5 6 6 R z 14 ff; HÄSEMEYER, F o r m 2 8 7 ff; STERNEL RZ I 3 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 5; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 RZ 7 ff. ** R G Z 105, 60, 6 2 ; R G J W 1 9 2 9 , 3 2 2 4 N r 2 ; B G H W M 1 9 6 3 , 172, 1 7 3 = Z M R 1963, 82, 83.
*** RG JW 1929,3226 f Nr 3; BGHZ 50,39,44; BGH LM Nr 1 - 4 zu GRMG EinfG Berlin = WM 1964, 710, 711; WM 1970, 1480; OLG Düsseldorf JR 1968, 145, 147.
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§566 3. Titel. Miete. Pacht
37-39
Beteiligten vollzieht (zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten s § 549 Rz 9 ff m Nachw). Hingegen wurde früher überwiegend auf die Beachtung der Form des § 566 verzichtet, wenn der alte Mieter mit Zustimmung des Vermieters seinen Vertrag auf einen neuen Mieter überträgt; für diesen Fall wurde aus § 182 Abs 2 gefolgert, daß die Zustimmung des Vermieters auch formlos möglich sei, während für den Vertrag zwischen dem alten und dem neuen Mieter mit Rücksicht auf den Zweck des § 566 überwiegend an dem Formerfordernis festgehalten wurde.* Diese Praxis vermochte indessen nicht zu befriedigen, wenn man von dem Zweck des 37 § 566 ausgeht, dem Grundstückserwerber die Möglichkeit zu eröffnen, sich umfassend über die Bindungen zu informieren, in die er eintreten muß. Es dürfte keine wichtigere Frage für den Grundstückserwerber geben als die, mit welchen Mietern er es zu tun hat. Zu Recht fordert der BGH deshalb jetzt für den Eintritt eines neuen Mieters neben dem bisherigen Mieter oder an dessen Stelle in jedem Fall, dh ganz ohne Rücksicht auf die von den Parteien gewählte Konstruktion, stets die Beachtung des Schriftformerfordernisses des § 566, und zwar auch für die Vereinbarungen zwischen den beiden Mietern, durch die der Mietvertrag auf den neuen Mieter „übertragen" wird (BGHZ 65, 49, 52 f; grdleg 72, 394, 397 ff = JuS 1979, 367 Nr 4 m Nachw; OLG Hamm, Urt v 6.4.1976 - 7 U 65/75). Dasselbe gilt für das Ausscheiden eines von mehreren Mietern (LG Frankfurt NJW 1958, 592, 593; fraglich) und für den Wohnungstausch ( R O Q U E T T E Vorbem 45 zu § 571). 2. Das Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunde
38
Wie schon betont (s oben Rz 20), wird aus § 126 Abs 2 überwiegend das Erfordernis der sog Einheitlichkeit der Urkunde gefolgert. Alle Abreden der Parteien müssen mit anderen Worten grundsätzlich in derselben Urkunde niedergelegt werden. Eine Bezugnahme auf andere Urkunden genügt nur, wenn sie der unterschriebenen Urkunde als Anlagen beigefügt und mit dieser körperlich fest verbunden sind. Daraus ergeben sich für Änderungs- und Ergänzungsverträge erhebliche praktische Schwierigkeiten, da eine feste körperliche Verbindung des Änderungs- oder Ergänzungsvertrages mit dem ursprünglichen Vertrag idR vergessen wird (s dazu insbes G A N S C H E Z I A N - F I N C K ZMR 1973, 129; R O Q U E T T E ZMR 1970, 33; LG Hamburg MDR 1967, 496, 497 Nr 67). Trotzdem hatte die Praxis ursprünglich an dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunden auch für Verlängerungs- und Ergänzungsverträge uneingeschränkt festgehalten und eine feste körperliche Verbindung beider Urkunden im Augenblick deren Unterzeichnung in Übereinstimmung mit dem Willen beider Parteien für die Gültigkeit des Verlängerungs- oder Ergänzungsvertrages verlangt (so im Anschluß an BGHZ 40, 255 insbes B G H Z 50, 39, 41 f; BGH WM 1970, 1480; OLG Düsseldorf JR 1968, 145, 147). Eine bloße Bezugnahme des Änderungsvertrages auf den ursprünglichen Vertrag erfüllte daher das Schriftformerfordernis grundsätzlich nicht (aM freilich schon immer LG Hamburg MDR 1967, 496 f Nr 67; STERNEL Rz I 39). Später hat jedoch der BGH die strengen Anforderungen an die Einheitlichkeit der 39 Urkunde für Verlängerungs- und Ergänzungsverträge fortschreitend gelockert, so daß heute idR die Bezugnahme des Änderungs- oder Ergänzungsvertrages auf den Hauptvertrag für die Wahrung der Schriftform genügt (zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 Rz 8; DERLEDER, AK § 556 Rz 4; PALANDT-PUTZO § 556 Anm 5 b). Eine
* Vgl im e i n z e l n e n o b e n § 5 4 9 R z 9 fi; sowie zB R G W a r n R 1 9 0 9 N r 82 S 7 5 ; J W 1 9 2 4 , 7 9 8 N r 5 ; L Z 1 9 3 0 , 8 4 0 , 8 4 2 N r 7 ; H R R 1 9 3 1 N r 4 0 3 ; B G H W M 1 9 6 3 , 172, 1 7 3 ; 1 9 6 7 , 5 1 5 , 5 1 6 ; O L G Breslau J W 1 9 3 0 , 3 2 4 4 N r 7 ; B E T T E R M A N N M D R 1 9 5 8 , 90, 9 1 . (687)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§566 40-42
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Bezugnahme genügt insbes., wenn der Nachtrag, zB eine Abrede über die Verlängerung des Vertrages, selbst schon alle wesentlichen Abreden der Parteien enthält oder wenn aufgrund der Bezugnahme eindeutig feststeht, daß es im übrigen, namentlich hinsichtlich des Mietobjektes und des Mietzinses, bei den ursprünglichen Abreden der Parteien verbleiben soll (BGHZ 42, 333, 338 f; 52, 25, 28 f; 55, 248, 250 f; BGH LM Nr 22 zu § 566 BGB; Nr 7 zu § 126 BGB; LG Heidelberg WuM 1979, 30; LG Hamburg MDR 1967, 496, 497 Nr 67). Voraussetzung für die Wirksamkeit der bloßen Bezugnahme soll jedoch sein, daß auch der alte Vertrag von denselben Parteien oder von deren Rechtsvorgängern unterschrieben worden ist (BGHZ 42, 333, 338 f; 52, 25, 28 f). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so müssen daher nach wie vor Verlängerungs- oder Ergänzungsverträge mit dem Hauptvertrag körperlich fest im Augenblick der Unterzeichnung entsprechend dem Willen beider Parteien verbunden werden; eine nachträgliche Verbindung durch eine Partei ohne Zustimmung der anderen genügt für die Wahrung der Schriftform nicht ( a M GANSCHEZIAN-FINCK Z M R 1973, 129, 131).
40 3. Ausnahmen a) Ebenso wie aus praktischen Gründen für Ergänzungs- und Änderungsverträge das Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunde fortlaufend gelockert worden ist, werden auch von dem Erfordernis der Schriftform für Änderungen und Ergänzungen zunehmend Ausnahmen anerkannt. Schon immer hatte die Praxis die mündliche Aufhebung des ganzen Mietvertrages genügen lassen (RGZ 108, 1 0 5 , 1 0 7 f; BGHZ 65, 49, 55; BGH WM 1981, 121, 122; aM zB AG Hamburg-Harburg WuM 1980, 2 5 4 ; HANS § 5 6 6 Anm B 3 h. Ebenso wurden mündliche Abreden über die Rücknahme einer an sich wirksamen Kündigung sowie ein formloser Vergleich über Mietzinsrückstände als wirksam angesehen (oben Rz 21). Formlos möglich sind außerdem die nachträgliche Änderung des Kaufpreises für das vom Pächter übernommene Inventar (OLG Breslau JW 1932, 1068 Nr 6), die nachträgliche Verpflichtung des Vermieters, nach Ablauf des Vertrages mit dem Mieter einen neuen Mietvertrag abzuschließen (RG WarnR 1919 Nr 163 S 252, 253; zu solchen Vorverträgen s unten Rz 60, zu den Optionen s oben Rz 12 a) und ein Sonderabkommen über die Zahlung einer einmaligen Vergütung für die Bereitschaft des Vermieters zur Verlängerung des Vertrags (RGZ 1 2 3 , 1 7 1 , 1 7 3 f). Dasselbe gilt für eine bloße Klarstellung des Vertragsinhalts gemäß § 242 durch Anpassung des völlig entwerteten Mietzinses an die zwischenzeitliche Inflation (RG JW 1936, 2912 Nr 4) oder für eine nachträgliche Verfügung des Vermieters über den Mietzins, zB für den Verzicht des Vermieters und den Mietzins als Gegenleistung für bestimmte zusätzliche Leistungen des Mieters (RG DWA 1 9 3 4 , 1 8 2 ; BGH LM Nr 1 zu § 5 6 7 BGB = N J W 1958, 2 0 6 2 , 2 0 6 4 ) .
41 b) Darüberhinaus ist mit Rücksicht auf den Zweck des § 566 die Schriftform generell entbehrlich für kurzfristige Vertragsänderungen, dh für sämtliche Änderungen oder Ergänzungen, deren Laufzeit ein Jahr nicht übersteigt, zB für eine Minderung des Mietzinses für wenige Monate während notwendiger Umbauarbeiten (NIENDORFF 83 f; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 Anm 5 a; MÜLLER J R 1 9 7 0 , 8 6 ) . Dasselbe gilt, wenn der Vermieter durch eine Gestattung im Einzelfall die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters erweitert, zB für die einmalige Erlaubnis der Untervermiet u n g (NIENDORFF a a O ) .
42 c) Schließlich wird § 566 häufig auch auf sog. unwesentliche Änderungen des Mietvertrages nicht angewandt, zB bei einer geringfügigen Erweiterung der vermieteten Räume, bei einer geringfügigen Erhöhung des Mietzinses oder bei einer Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§566 43-45
geringfügigen Verlängerung der Vertragsdauer (RG HRR 1931 Nr 403; BGH WM 1963, 172, 173; OLG Schleswig ZMR 1971, 377; OLG Dresden SeuffA Bd 65 [1910] Nr 183 S 346, 348 M Nachw; P A L A N D T - P U T Z O § 566 Anm 5 a; STERNEL R Z I 39). Insoweit ist jedoch Vorsicht geboten, weil in der Praxis alle Maßstäbe für die 43 Unterscheidung wesentlicher und unwesentlicher Änderungen fehlen. Man sollte vielmehr allein darauf abstellen, wie lange die Änderung Gültigkeit haben soll: Alle Vertragsänderungen oder -ergänzungen, deren Dauer höchstens ein Jahr beträgt, sind formfrei möglich. Alle anderen Änderungen oder Ergänzungen unterliegen hingegen entsprechend dem Zweck des § 566 dem Erfordernis der Schriftform. Umstritten ist, ob dies auch für die Aufhebung oder Beschränkung einzelner 43a vertraglicher Pflichten gilt (verneinend M Ü L L E R J R 1 9 7 0 , 86 unter Hinweis darauf, daß auch die Aufhebung des Vertrages insgesamt formlos möglich ist). Geht man jedoch vom Zweck des § 566 aus, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß zB eine Herabsetzung des Mietzinses oder eine Verkürzung der Vertragsdauer und ähnliche Abreden stets ebenfalls formbedürftig sind (ebenso die hM, zB H A N S § 566 Anm B 3 g ; PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 5 a ) .
VII. Rechtsfolgen
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Nach § 566 S 2 hat ein Verstoß gegen das Erfordernis der Schriftform zur Folge, daß der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Daraus folgt jedoch nicht, daß der Vertrag jederzeit unter Beachtung der Fristen des § 565 kündbar ist (§ 564 Abs 2); vielmehr bestimmt § 566 S 2 Hs 2, daß die Kündigung frühestens zum Schluß des ersten Jahres zulässig ist. Der Gesetzgeber wollte damit erreichen, daß der Mieter bei Abschluß eines langfristigen Vertrages wenigstens für ein Jahr gesichert ist (Prot II 178; sehr kritisch zu dieser Regelung HÄSEMEYER, Form 34 ff, 221 ff). In Ausnahmefällen kann darüberhinaus die Berufung namentlich des Vermieters auf die Formwidrigkeit des Vertrages auch gegen Treu und Glauben verstoßen (§ 242). 1. Allgemeines
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a) § 566 S 2 HS 1, nach dem der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt, enthält nach heute allgemeiner Meinung eine gesetzliche Fiktion, die zwingend ist und den §§ 125 S 1 und 139 vorgeht. Ohne Rücksicht auf den Willen der Parteien wird ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Mietvertrag fingiert. Daneben ist für die Anwendung des § 139, etwa mit der Begründung, wenn die Parteien gewußt hätten, daß die Abrede über die Vertragsdauer nichtig ist, hätten sie überhaupt keinen Vertrag geschlossen, kein Raum. Selbst wenn also feststeht, daß die Parteien unter keinen Umständen bei Nichtigkeit der Abrede über die Vertragsdauer einen Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen hätten, greift doch immer die Fiktion des § 566 S 2 ein. Da diese Rechtsfolge nicht auf dem Willen der Parteien beruht, kann sie auch nicht durch Anfechtung beseitigt werden.* * RGZ 86,30,33 f; 118,105,108; RG JW1929, 318 Nr 1 ; 1929,3226,3227 Nr 3; WarnR 1909 Nr 82 S 75; OLG Hamburg SeuffA Bd 61 [1906] Nr 199 II S 355 f; OLG Dresden SeuffA Bd 65 [1910] Nr 183 S 346, 347 f m Nachw; OLG Posen OLGE 20, 113; OLG Hamburg OLGE 33, 3 1 4 f; MITTELSTEIN 165 f f ; NIENDORFF 7 4 ff; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 14; HÄSEMEYER
Form 111 ; PALANDT-PUTZO § 566 Anm 4 e; anders früher für besonders langfristige Verträge unter Berufung auf § 139: OLG Frankfurt OLGE 9,302,303; OLG Hamburg OLGE 10,169 = SeuffA Bd 61 Nr 199 I S 354 f. (689)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§566 46-50
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
46 b) Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der Vertrag nur nachträglich durch mündliche Änderungen oder Nebenabreden die erforderliche Schriftform eingebüßt hat (s oben Rz 34 m zahlr Nachw; zuletzt B G B - R G R K - G E L H A A R § 566 Rz 16; PALANDT-PUTZO § 566 Anm 5 c). In Ausnahmefällen kann man hier jedoch § 139 mit der Folge anwenden, daß nur die Nebenabrede oder Änderung wegen der Nichtbeachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form auf unbestimmte Zeit läuft und spätestens nach einem Jahr kündbar ist, während es für den ursprünglichen Vertrag bei der vereinbarten Vertragsdauer bleibt. Statt dessen kommt bei verhältnismäßig unwichtigen Nebenabreden oder Änderungen auch die Annahme in Betracht, die Parteien hätten die Änderung oder Ergänzung nicht gewollt, wenn sie die Konsequenzen für den Hauptvertrag bedacht hätten (so mit Recht MÜLLER ZMR 1970, 86, 89 ff; zust PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 5 c; DERLEDER, in: A K § 5 6 6 R z 4).
47 Die neueste Praxis tendiert eindeutig in dieselbe Richtung. So führt bei einem reinen Verlängerungsvertrag der Verstoß gegen § 566 nur dazu, daß lediglich die Verlängerung für unbestimmte Zeit gilt, während der ursprüngliche Vertrag auf die zunächst vereinbarte Zeit weiterläuft (BGHZ 5 0 , 39, 4 3 f; STERNEL Rz 1 4 0 ; kritisch HÄSEMEYER, Form 118 f). Dasselbe gilt, wenn durch formlosen Vertrag neben den alten Mieter ein neuer Mieter tritt; auch dann gilt nur der Vertrag mit dem neuen Mieter als für unbestimmte Zeit geschlossen (BGHZ 65, 49, 54). Gelegentlich sind mündliche Zusatzabreden sogar generell zugelassen worden (RG LZ 1916, 1293, 1 2 9 4 Nr 9). 47a Diesen Tendenzen zur Einschränkung des § 566 S 2 jedenfalls hinsichtlich Änderungen und Ergänzungen des Vertrages ist zuzustimmen. Auch unter dem Gesichtspunkt des im Vordergrund stehenden Zwecks des § 571, den Erwerber zu schützen, bestehen keine Bedenken gegen die weitgehende Zulassung formloser Änderungen und Ergänzungen, sofern man nur ihre Wirksamkeit stets streng auf die Vertragsparteien beschränkt und eine Bindung des Erwerbers an solche Zusatzabreden über § 571 ausschließt (s eingehend HÄSEMEYER, Form 289 ff; s auch unten Rz 58). 48 c) Die Anwendbarkeit der §§ 125 und 139 wird durch § 566 S 2 nur bei reinen Mietverträgen ausgeschlossen. Ist hingegen der Mietvertrag zB mit einem Grundstückskaufvertrag kombiniert, so bleibt es bei der Anwendbarkeit der §§ 125 und 139, so daß ein Formverstoß durchaus zur Nichtigkeit der gesamten Abreden führen kann (BGH LM Nr 29 zu § 139 BGB = ZMR 1963, 206, 207). 49 d) Auch sonst kann ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag nur angenommen werden, wenn überhaupt ein mündlich wirksam vereinbarter Vertrag vorliegt. Hieran fehlt es namentlich, wenn die Parteien der Beobachtung der Schriftform konstitutive Bedeutung beigemessen hatten; in einem solchen Fall führt der Verstoß gegen § 566 gern §§ 125 S 2, 154 Abs 2 zur Nichtigkeit des Vertrages.* 50 2. Die Kündigung a) Aufgrund der Fiktion des § 566 S 2 gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen; die Kündigung ist jedoch frühestens zum Schluß des ersten Mietjahres möglich. Nichtig sind maW nur die Abreden über die Vertragsdauer. Dazu gehören * S unten Rz 63; insbes RG JW 1908, 105, 106 Nr 2 = Gruchot 52, 927, 929; JW 1908, 446; WarnR 1909 Nr 82 S 75; JW 1912, 389 Nr 8; LZ 1916,1293,1294 Nr 9; BGH BB 1966,1081 = WM 1966, 979, 980; OLG Dresden SeuffA Bd 65 (1910) Nr 183 S 346, 348 f; BGBR G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 1 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 4 ; STERNEL R Z I 4 0 .
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(690)
3. Titel. Miete. Pacht
§566 51-55
auch alle Kündigungsbeschränkungen, Verlängerungsklauseln und Optionen. An die Stelle der vertraglichen Kündigungsfristen treten die gesetzlichen, jedenfalls wenn die vereinbarten Kündigungsfristen länger als die gesetzlichen sind (BGB-RGRKG E L H A A R § 566 Rz 14). Maßgebend sind mit anderen Worten die Fristen des § 565, so daß vor allem zwischen Wohnraummietverhältnissen und sonstigen Grundstücksmietverhältnissen unterschieden werden muß. Bei Wo/mraHmmietverhältnissen ist nach § 565 Abs 2 die Kündigung frühestens am 3. Werktag des drittletzten Monats vor Ablauf des 1. Mietjahres möglich. Bei Mietverhältnissen über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute 51 Grundstücke muß hingegen beachtet werden, daß nach § 565 Abs 1 Nr 3 die Kündigung immer nur zum Ablauf eines Kalendervierteljahres möglich ist, so daß, wenn das erste Mietjahr während eines Kalendervierteljahres endet, trotzdem die Kündigung erst zum Ablauf dieses Kalendervierteljahres möglich ist (s R G Z 59, 245, 246 f). Die Kündigung liegt dabei stets in der Erhebung der Räumungsklage (BGH LM Nr 2 52 zu § 566 BGB; Nr 35 zu § 581 BGB). b) Umstritten ist, wann die Jahresfrist des § 566 S 2 HS 2 zu laufen beginnt. In 53 Betracht kommen der Abschluß des Mietvertrages und der Beginn des Mietverhältnisses durch Überlassung der Sache. Bedenkt man, daß § 566 S 2 HS 2 den Schutz des Mieters bezweckt, so kann man nur auf die Überlassung der Sache abstellen (ebenso zB P E R G A N D E § 566 Anm 3 ; a M zB E R M A N - S C H O P P § 566 Rz 1 1 ) . Entsprechend muß bei formlosen Änderungsverträgen, wenn hier der Formverstoß zur Folge hat, daß der ganze Vertrag als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt, auf den Abschluß des Änderungsvertrages abgestellt werden ( R O Q U E T T E § 566 Rz 56; P E R G A N D E § 566 Anm 5 b). c) Aus der Tatsache, daß auch ein formloser Mietvertrag für die in § 566 genannte 54 Zeit voll gültig ist, folgt, daß jede Partei Erfüllung verlangen kann ( N I E N D O R F F 75). Hingegen hat grundsätzlich keine Partei einen Anspruch auf Nachholung der Beurkundung durch schriftlichen Abschluß des Mietvertrages (aM HÄSEMEYER, Form 294). Die Form kann zwar jederzeit nachgeholt werden, keine Partei ist jedoch verpflichtet, dabei mitzuwirken. Anders steht es nur, wenn die Parteien zusätzlich die Beurkundung vereinbart hatten. Eine solche Abrede kann jederzeit auch als mündliche Nebenabrede getroffen werden (RGZ 104, 131, 132 f; s unten Rz 59, 68).
d) § 566 S 2 HS 2 bezieht sich nur auf die ordentliche Kündigung. Eine 54a außerordentliche (fristlose oder befristete) Kündigung ist ohne Rücksicht auf § 566 auch bei langfristigen, formlosen Mietverträgen jederzeit möglich.
3. Die Treuwidrigkeit der Berufung auf den Formmangel a) In seltenen Ausnahmefällen kann es einer Partei versagt sein, sich auf den Formmangel, hier auf den Verstoß gegen § 566, zu berufen mit der Folge, daß der Vertrag trotz fehlender Einhaltung der vorgeschriebenen Schriftform für die gesamte vereinbarte Dauer gilt und nicht kündbar ist. Während das RG in der Annahme solcher Ausnahmefälle allgemein und auch bei § 566 zuletzt sehr weit gegangen war (insbes RGZ 153, 60 f), kommt nach dem BGH eine Aufrechterhaltung formloser Verträge nach § 242 nur noch in ganz seltenen Ausnahmefällen in Betracht, vor allem wenn die Nichtanerkennung des Vertrages nicht nur zu einem harten, sondern zu (691)
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§566 56-60
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
einem schlechthin untragbaren Ergebnis führte.* Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch bei § 566, so daß die Berufung auf den Formmangel grundsätzlich zulässig und nur in seltenen Ausnahmefällen treuwidrig ist. 56 b) Dafür genügt noch nicht, daß der Mieter einen normalen Baukostenzuschuß geleistet hat oder daß die Parteien den Vertrag längere Zeit als gültig behandelt haben. Eine Treuwidrigkeit kommt jedoch namentlich dann in Betracht, wenn der Vermieter den Mieter arglistig oder sonst schuldhaft von der Beobachtung der Form abgehalten hat, indem er zB ausdrücklich die Einhaltung der Schriftform für entbehrlich erklärt hatte (BGH LM Nr 1 zu § 242 [Ca] BGB = ZMR 1955, 292 ff; WM 1963, 172, 173; 1964, 710, 711; 1970, 1480; BGH LM Nr 2 zu § 566 BGB; enger BGH LM Nr 72/73 zu § 313 BGB = JuS 1978, 52 Nr 5 m Nachw). 57 Der Einwand der Arglist kommt außerdem in Betracht, wenn der Zweck des § 571, dh die umfassende Information des Grundstückserwerbers über bestehende Mietverträge, auf andere Weise sichergestellt ist, so zB wenn eine Gemeinde als Vermieterin es selbst übernommen hat, für eine genaue Information des Erwerbers zu sorgen (BGH L M Nr 15 zu § 566 BGB; SOERGEL-KUMMER § 566 Rz 2 8 ) . Umgekehrt kann sich auch der Mieter nicht auf den Formmangel berufen, wenn der Mietzins zu seinen Gunsten gesenkt worden ist (BGHZ 65, 49, 55). Entsprechend kann der Vermieter nach Ausübung eines Vormietrechts durch den Mieter selbst bei Nichtbeachtung des § 566 dem Mieter nicht früher kündigen, als er mit dem anderen Mieter vereinbart hatte (BGHZ 55,71,77 f). Auch an einen formlosen Kündigungsverzicht kann der Vermieter nach Treu und Glauben gebunden sein (PERGANDE § 566 Anm 5), sofern auf solche Nebenabreden überhaupt § 566 anwendbar ist. 58 c) Der Einwand der Arglist wirkt aber immer nur zwischen den Vertragsparteien, niemals daher gegenüber dem Grundstückserwerber, der nach § 571 in den Mietvertrag eintritt; der Erwerber kann sich deshalb stets auf den Formmangel berufen ( B G H Z 40, 255, 261; B G H LM Nr 7 zu § 566, B1 3; HÄSEMEYER, Form 1 1 2 f f , 1 1 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 1 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 3 d ) .
Der Sache nach hat die Praxis damit wenigstens für einzelne Fallgruppen akzeptiert, daß die Aufrechterhaltung formloser Mietverträge inter partes solange unbedenklich ist, wie daraus keine Wirksamkeit gegenüber dem Erwerber über § 571 gefolgert wird (s oben Rz 47 a; eingehend HÄSEMEYER 289 ff). 59 d) Aus § 242 folgt vor allem, daß jede Partei bei Vereinbarung der Beurkundung des Vertrages, mag sie auch nur zu Beweiszwecken erfolgt sein, nicht nur jederzeit die Nachholung der Schriftform verlangen, sondern sich auch schon vorher gegen eine auf § 566 S 2 gestützte Kündigung wehren kann. Denn in diesem Fall ist die Kündigung treuwidrig und damit unwirksam. Das ist deshalb so wichtig, weil die Vereinbarung der Beurkundung selbst nicht unter § 566 S 1 fällt und daher auch formlos getroffen werden kann (oben Rz 31). Die Parteien haben es damit jederzeit in der Hand, ohne weiteres auch formlos langfristige Mietverträge abzuschließen und auf diese Weise § 566 zu „umgehen". 60 Dieselbe Möglichkeit eröffnet ihnen auch die Zulässigkeit formloser Vorverträge selbst zu langfristigen Mietverträgen (s oben Rz 9 sowie Vorbem 117 zu §§ 535,536), da sich aus solchen Vorverträgen ebenfalls ein Anspruch auf Nachholung der Form *
B G H Z 45,179; 48,396 = JuS 1966,450 Nr 3; 1968,138 f Nr 4; B G H LMNr 37 zu § 313 B G B = JuS 1969, 490 Nr 4; L M Nr 64/65 und Nr 72/73 zu § 313 B G B = JuS 1978, 52 Nr 5; B G H Z 66, 378, 383; B G H B B 1979, 598, 599; NJW 1980, 117,118; D R E I N I C K E , Rechtsfolgen formwidrig abgeschlossener Verträge; L O R E N Z J U S 1966, 429; H Ä S E M E Y E R , Form 36 ff, 294 ff; B G B R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 1 7 f; PALANDT-PUTZO § 5 6 6 A n m 3 d ; STAUDINGER-WUFKA § 3 1 3
Rz
183 ff.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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3. Titel. Miete. Pacht
§566 61-63
ergibt, der einer auf den formlosen Hauptvertrag gestützten Kündigung entgegengesetzt werden kann*. Auch an dieser Praxis wird deutlich, wie sehr § 566 heute allein unter dem Gesichtspunkt des Erwerberschutzes gesehen wird: Dort, wo eine Wirkung der Abreden der Mietvertragsparteien gegenüber dem Erwerber auf keinen Fall in Betracht kommt, ist es offenbar unbedenklich, auch formlose Abreden zwischen den Parteien aufrechtzuerhalten. Es versteht sich von selbst, daß dann auch das Herausgabeverlangen einer Partei arglistig ist, selbst wenn dem Abschluß des Hauptvertrages (in Vollzug des Vorvertrages) im Augenblick noch Hindernisse im Wege stehen (BGH Urt v 28.1.1958 - VIIIZR 39/57; BGB-RGRK-GELHAAR § 566 Rz 21). VIII. Die sog Schriftformklausel
61
In Mietverträgen findet sich sehr häufig die Abrede, daß der Vertrag nur bei schriftlicher Abfassung wirksam sein soll oder daß Ergänzungen und Änderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen (sog Schriftformklauseln). Solche Klauseln können eine sehr unterschiedliche Bedeutung haben und sind vor allem verschieden zu beurteilen, je nachdem ob sie sich in Individualverträgen oder AGB bzw Formularverträgen befinden. 1. Die vereinbarte Schriftform
61a
a) Wie sich aus den §§ 125 S 2 und 154 Abs 2 ergibt, können die Parteien jederzeit die Beobachtung der Schriftform (über § 566 S 2 hinaus) zur Bedingung der Wirksamkeit des Vertrages insgesamt erheben (s oben Rz 49). In diesem Falle muß stets geprüft werden, ob die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Form konstitutive oder deklaratorische Bedeutung haben soll (RG LZ 1916, 1293, 1294 Nr 9; BGH WM 1966,979,980; LG Mannheim MDR 1971,48 Nr 45; BGB-RGRK-GELHAAR § 566 Rz 19). Im Zweifel wird man dabei bei Mietverträgen mit Rücksicht auf § 566 S 2 (entgegen § 154 Abs 2) das letztere anzunehmen haben (anders die hM; wie hier aber R G JW 1912, 389 Nr 8; 1929, 318, 319 Nr 1). b) Wirksamkeit des Mietvertrages trotz Vereinbarung der Schriftform ist insbes 62 anzunehmen, wenn dem Mieter aufgrund des formlosen Vertrages die Sache überlassen worden ist. Denn dann kommt in diesem Augenblick auf jeden Fall konkludent ein neuer formloser Vertrag mit den Bedingungen des ersten Vertrages, dessen Beurkundung unterblieben ist, zustande (OLG Hamburg OLGE 8,396 f; 33, 312; KG OLGE 33, 313 f). Anders jedoch, wenn der Vermieter bei dem Einzug des Mieters ausdrücklich einen Vorbehalt wegen der noch ausstehenden, schriftlichen Abfassung macht. In einem solchen Fall entsteht ein besonderes Vertragsverhältnis, aufgrund dessen der Mieter solange wohnen bleiben darf, bis das Scheitern der Verhandlungen endgültig feststeht (KG OLGE 33, 313). c) Hat die Vereinbarung der Schriftform (ausnahmsweise) konstitutive Bedeutung, so 63 gelten die §§ 125 S 2 und 154 Abs 2, so daß der Vertrag mangels Beurkundung nichtig ist; für die Anwendung des § 566 S 2 ist also nur Raum, wenn die vereinbarte Schriftform lediglich deklaratorische Bedeutung haben soll (RG JW 1912, 389 Nr 8; * RGZ 86, 30, 35; 97, 219, 223; 104, 131, 132 f; 141, 370, 373; RG JW 1929, 3226 f Nr 3; 1938, 1247 f Nr 14; 1929,318,319Nr 1; BGHLMNr 1 zu § 242 (Ca) BGB = ZMR1955,292 ff;LMNr 1 - 4 GRMG EinfuhrungsG Berlin = WM 1964, 710, 711; Nr 45 zu § 535 BGB; Nr 11 zu § 566 B G B ; zB PERGANDE F W W 1 9 6 8 , 4 7 5 , 4 7 6 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 16, 18 f, 2 1 ;
PALANDT-PUTZO § 566 Anm 3 b; STERNEL Rz I 41; kritisch HXSEMEYER, Form 112 ff; enger auch offenbar BGH WM 1966, 979, 980; aM zB friiher OLG Hamburg OLGE 20, 115 f. (693)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§566 63 a - 6 5
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
BGH WM 1966, 979 = B B 1966, 1081; AG Darmstadt ZMR 1979, 118; L G Mannheim MDR 1971, 48 Nr 45). Nach Überlassung der Mietsache muß aber der Vermieter beweisen, daß die Beobachtung der Schriftform konstitutive Bedeutung haben sollte (HANS § 566 Anm B 6; aM offenbar die ohnehin schwer verständliche Entscheidung BGH WM 1966, 979, 980). 63a d) Auch nachträglich können die Parteien jederzeit Beurkundung des Vertrages vereinbaren. Es hängt dann ebenfalls ganz von den Umständen ab, ob die Einhaltung der Schriftform konstitutive oder deklaratorische Bedeutung haben soll (NIENDORFF 87). 63b e) Schriftformklauseln in A G B und Formularverträgen sind im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung (ebenso PALANDT-HEINRICHS § 9 A G B G Anm 7 f). Das ergibt sich aus § 4 A G B G B , wonach Individualvereinbarungen in jedem Fall den Vorrang vor A G B haben. Folglich ist der Mietvertrag in jedem Fall wirksam, sobald sich die Parteien über dessen Abschluß, wenn auch formlos, geeinigt haben, und zwar ganz ohne Rücksicht auf eine etwa von ihnen anderweitig vereinbarte Schriftformklausel, die die Parteien zudem auch jederzeit konkludent wieder aufheben können (s unten Rz 65). 64 2. Die Vereinbarung der Schriftform für Ergänzungen und Änderungen In zahlreichen Mietverträgen findet sich die Klausel, daß Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen. Soweit der Vertrag dem § 566 unterliegt, soll durch diese Klauseln sichergestellt werden, daß durch nachträgliche, mündliche Änderungen oder Ergänzungen nicht der gesamte Vertrag zu einem mündlich abgeschlossenen Vertrag wird (s oben Rz 34 ff). Daneben tritt der Zweck, die Beweisbarkeit von Änderungen und Ergänzungen zwischen den Parteien sicherzustellen. Bei auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträgen ist dies in aller Regel der einzige Zweck der genannten Klauseln. Bei der Beurteilung dieser Schriftformklauseln ieS muß danach unterschieden werden, ob sich die Klausel in einer Individualvereinbarung oder in A G B bzw Formularverträgen (§ 1 A G B G ) findet. 65 a) aa) Schriftformklauseln in Individualvereinbarungen sind unbedenklich (zB AG Köln WuM 1980, 2), können aber von den Parteien jederzeit auch mündlich wieder a u f g e h o b e n werden ( a M nur OSWALD Z M R 1 9 6 0 , 1 9 8 ff; ROQUETTE D R 1 9 4 0 , 9 6 1 ;
stark einschränkend auch R G D R 1943, 487). Für die Aufhebung genügt es, daß feststeht, daß die Parteien das mündliche Vereinbarte tatsächlich gewollt haben. Die Anforderungen an den Nachweis dieses Willens im einzelnen schwanken. Neuerdings betont die Praxis wieder mehr die Notwendigkeit strenger Anforderungen an den Nachweis einer Abrede über die Aufhebung der Schriftform.* Die Parteien können aber nichts Abweichendes vereinbaren; eine Klausel, daß auch Abreden über die Aufhebung der Schriftformklausel nur schriftlich möglich sein sollen, ist unwirksam, weil rechtlich unmöglich ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 2 0 ; REINICKE B e t r i e b 1 9 7 6 , 2 2 8 9 ; SCHLOSSER-GRABA, A G B G § 9 R z 1 1 6 ; STAUDINGER-SCHLOSSER,
A G B G § 4 Rz 24; aM nur zu Unrecht B G H Z 66, 378, 381 f).
* BGHZ49, 364 ( = JuS 1968,386 Nr 5); 66,378; BGH WM 1976,28, 30 = JuS 1976,186 f Nr 3; B A G AP Nr 1 zu § 127 B G B = JuS 1964,205 f Nr 2 m Nachw; BGH LM Nr 20 zu § 125 B G B = NJW 1965,293; LM Nr 3 zu § 505 BGB, B15; Nr 57 zu § 242 (Ba) B G B = WM 1970,1300,1301; BGH WM 1966, 1335 = ZMR 1967, 178 f; OLG Braunschweig OLGE 20, 113, 114; LG Hamburg ZMR 1980, 86 f; LG Hannover WuM 1978,123; MDR 1979, 937 Nr 68; STAUDINGERSCHLOSSER, AGBG § 4 Rz 24; MITTELSTEIN 173 ff; NIENDORFF 87; O T T O ZMR 1968, 35; PERGANDE F W W 1 9 6 8 , 4 7 5 , 4 7 6 ; WEIMAR Z M R
1969,
225.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(694)
3. Titel. Miete. Pacht
§566 66-69
bb) Selbst wenn für nachträgliche Änderungen und Ergänzungen die Schriftform 66 vereinbart ist, bleibt es doch dabei, daß der Mietvertrag stets von den Parteien auch mündlich, selbst durch konkludente Handlungen aufgehoben werden kann. Die Schriftformklausel hat keine Bedeutung für Mietaufhebungsverträge (BGHZ 66, 378, 381; BGH Urt v. 6.5.1964 - VIIIZR 21/63; WM 1981,121 = BB 1981, 266; AG Friedberg WuM 1980, 112; B G B - R G R K - G E L H A A R § 566 Rz 20; P A L A N D T P U T Z O § 566 Anm 5; aM zu Unrecht nur LG Mannheim MDR 1971, 304 Nr 53 = ZMR 1971, 242). cc) In schriftlichen Mietverträgen finder sich außerdem häufig die Bestimmung, daß 67 mündliche Nebenabreden keine Gültigkeit haben. Sinn dieser Bestimmung ist es, die Vermutung der Vollständigkeit, die jede Urkunde für sich hat, nach Möglichkeit zu verstärken. Auch hier gilt jedoch, daß sich die Parteien jederzeit einverständlich über solche Absprachen hinwegsetzen können, an deren Nachweis dann freilich besonders strenge Anforderungen zu stellen ist (BGH WM 1981, 121, 122). Hingegen ist es nicht möglich, durch solche Klauseln die Gültigkeit formloser Nebenabreden generell auszuschließen, die Vermutung der Vollständigkeit der Urkunde maW unwiderleglich zu gestalten ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 566 Rz 19; S T E R N E L RZ I 41; aM noch Voraufl Rz 67 im Anschluß an LG Hamburg MDR 1967, 594; s auch unten Rz 68 a). b) Ganz anders als in Individualvereinbarungen sind Schriftformklauseln in AGB und 68 Formularverträgen zu behandeln. Maßgebend ist dann nämlich allein § 4 AGBG, nach dem individuelle Vertragsabreden stets den unbedingten Vorrang vor Formularverträgen und AGB haben. Ohne Rücksicht auf eine etwaige Schriftformklausel haben deshalb alle zusätzlichen, formlosen Abreden der Parteien Gültigkeit, sofern ihr Nachweis der Partei, die sich auf sie beruft, gelingt.* Fragen der Inhaltskontrolle ( § 9 Abs 2 AGBG) stellen sich mithin hier - entgegen einer nach wie vor (zu Unrecht) verbreiteten Meinung** - von vornherein überhaupt nicht. Auch eine sog Vollständigkeitsklausel (oben Rz 67) begründet in Formularverträgen 68a allenfalls eine Vermutung dafür, daß keine mündlichen Nebenabreden bestehen. Der Gegenbeweis bleibt immer möglich (LG Mannheim MDR 1977, 231 f Nr 59). IX. Abweichende Vereinbarungen § 566 ist zwingend. Die Parteien können also nicht vereinbaren, daß ein Vertrag trotz des Verstoßes gegen § 566 für längere Zeit als ein Jahr fest abgeschlossen sein soll. Nicht ausgeschlossen ist es jedoch, zusätzlich zu einem formlosen Mietvertrag ebenfalls formlos die Abrede zu treffen, daß der Vertrag noch nachträglich schriftlich abgefaßt werden soll (statt aller RGZ 104, 131, 132 f). Deshalb dürften Abreden über die Gültigkeit des Vertrages für längere Zeit als ein Jahr trotz fehlender Beurkundung idR als Abreden über die nachträgliche, schriftliche Abfassung des Vertrages zu interpretieren sein (so insbes generell H Ä S E M E Y E R , Form 2 9 4 ) . Jede Partei hat dann gegen die andere Anspruch auf Nachholung der Schriftform. Eine vorzeitige Kündigung ist treuwidrig (s oben Rz 54, 59 f). 1972, 361, 366; HELM, in: F S SCHNORR VON CAROLSFELD (1972) 125, 142; 5 ABGB Anm 2 c; LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER A G B G § 4 Rz 29; TRINKNER, in: FS Cohn (1975) 191,194; ders BB 1977, 63 f ; SCHMIDT-SALZER, A G B Tz E 16 ff (S 127 ff); ders NJW 1977, 129,135; KOCH-STÜBING, A G B G § 4 Rz 13 ff; MünchKommKÖTZ § 4 A G B G Rz 7 - 9 ; STAUDINGER-SCHLOSSER, A G B G § 4 Rz 23-28. ** BGH LM Nr 40 zu § 459 BGB = JuS 1977, 338 f Nr 4; BUB DWW 1977, 76, 78; ders -GRAF VON WESTPHALEN, A G B G und seine Auswirkungen auf das Mietvertragsrecht (1978) 6; SCHLOS* EMMERICH J U S
PALANDT-HEINRICHS § § 4 ,
SER-GRABA, A G B G § 9 R z 1 1 4 f f ; ULMER, i n : ULMER-BRANDNER-HENSEN, A G B G § 4 R z 2 6 f f ;
BRANDNER, das § § 9 - 1 1 Anh Rz 627 ff. (695)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
69
§§ 566, 567 70; 1, 2
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
70 X. Beweislast Eine über ein Rechtsgeschäft aufgenommene Vertragsurkunde hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Deshalb trägt derjenige die Beweislast, der behauptet, daß neben den beurkundeten Abreden noch zusätzlich mündliche Abreden getroffen worden sind. Er muß dabei nicht nur beweisen, daß diese Abreden tatsächlich von den Parteien noch gewollt sind, sondern auch darlegen, warum sie nicht beurkundet worden sind. Dies alles gilt uneingeschränkt auch für Mietverträge, die nach § 566 S 1 der Schriftform bedürfen (BGH LM Nr 24 zu § 242 [Be] BGB, B11 R; LG Hamburg MDR 1967, 594; E R M A N - H W E S T E R M A N N Vorbem vor § 125 Rz 9; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 125 Anm 5). Ebenso muß derjenigen, der behauptet, die Urkunde enthalte nicht die wirklichen Vereinbarungen der Parteien, bei eindeutiger Urkunde beweisen, daß der übereinstimmende Wille der Parteien ein anderer war ( P A L A N D T - H E I N R I C H S aaO). Umgekehrt ist die Lage, wenn die Parteien unstreitig mündliche Abreden getroffen haben und eine Partei deren Gültigkeit mit der Behauptung bestreitet, die Parteien hätten Schriftform vereinbart. Dann trägt die Beweislast derjenige, der sich auf die Schriftformklausel beruft. §567 Wird ein Mietvertrag für eine längere Zeit als dreißig Jahre geschlossen, so kann nach dreißig Jahren jeder Teil das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist unzulässig, wenn der Vertrag für die Lebenszeit des Vermieters oder des Mieters geschlossen ist. E I § 523; II § 508; III § 660; Mot II 413; Prot II 217.
Schrifttum KRÜCKMANN, Die rückwirkende Kraft des § 567 BGB, JW 1912, 621; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des Deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 482 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 340 f; ROQUETTE, Die Ausgestaltung langfristiger Mietverträge über gewerbliche Objekte, BB 1967, 509; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK, Mietrecht (9. Aufl 1980) s v Lebenslange Mietverträge; WEIMAR, Langfristige und lebenslange Mietverträge, B1GBW 1974, 43.
1 1. Zweck a) Nach dem preußischen ALR konnte bei Mietverhältnissen das Kündigungsrecht auf Dauer geschlossen werden. Weil die Verfasser des BGB befürchteten, daß durch solche Abreden eine Erbmiete oder ähnliche Verhältnisse eingeführt werden könnten, hielten sie aus volkswirtschaftlichen Gründen eine zeitliche Begrenzung der Miete für unerläßlich (Mot II 413). § 567 soll mithin die vertragliche Schaffung einer Erbmiete oder ähnlicher Verhältnisse verhindern (RGZ 73, 341; 342; 121, 11, 13; 130, 143, 146; RG LZ 1917, 801 Nr 5). 2 b) Aus diesem auch heute noch durchaus billigenswerten Zweck folgt zugleich, daß § 567 zwingend ist*. Ein vertraglicher Ausschluß des durch § 567 zwingend angeordneten Kündigungsrechts hat nicht zur Folge, daß deshalb der Miet- oder Pachtvertrag nichtig ist, sondern bewirkt nur, daß - trotz des vertraglichen Ausschlusses - gemäß § 567 S 1 der Vertrag nach dreißig Jahren kündbar ist (BGH LM Nr 2 zu § 581 BGB, B1 2 f; RG HRR 1931 Nr 584 für einen Mietvertrag auf „ewige" Zeit; s unten Rz 9). * R G Z 66, 216, 217 ff; 121,11,13; 130, 143, 146; BGH LM Nr 2 zu § 581 BGB, B12 f; Nr 31 zu § 5 8 1 B G B , B 1 4 R ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 7 R z 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 7 A n m 1 b ; a M a b e r ROQUETTE § 5 6 7 R z 1, 6 ; d e r s B B 1 9 6 7 , 5 0 9 f ; WEIMAR B 1 G B W 1 9 7 4 , 4 3 , 4 4 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(696)
3. Titel. Miete. Pacht
§567 3-7
2. Anwendungsbereich
3
a) § 567 hat keine rückwirkende Kraft. Nach altem Recht zulässigerweise auf unbegrenzte Dauer abgeschlossene Mietverträge blieben also wirksam und wurden nicht dreißig Jahre nach Inkrafttreten des BGB kündbar (RGZ 66, 216, 217 ff; 95, 108, 111; RG JW 1932, 2983 Nr 10; KRÜCKMANN JW 1912, 621). b) § 567 gilt ohne Einschränkung für sämtliche Miet- und Pachtverträge (§ 581 Abs 4 2). Er wird außerdem mit Rücksicht auf seinen Zweck entsprechend auf sämtliche anderen miet- oder pachtähnlichen Rechtsverhältnisse angewendet (RGZ 121, 11, 1 3 ; B G H L M N r 3 1 z u § 5 8 1 , B1 4 R ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 7 R z 1, 5 ) .
Beispiele sind Verträge über die unentgeltliche Überlassung eines Grundstücks zur Nutzung als Schenkung oder Ausstattung (RG LZ 1917, 801 Nr 5) oder die Gestattung des Ausschanks von Getränken in einer Markthalle (BGH aaO). Entsprechend wird § 567 außerdem auch auf Vorverträge zum Abschluß von Mietverträgen angewandt (RG BayZ 1927, 290 Nr X; ERMAN-SCHOPP § 567 Rz 1).
c) Keine Anwendung findet hingegen § 567 auf das der Bestellung einer Grund- 4a dienstbarkeit zugrunde liegende Kausalgeschäft, selbst wenn es pachtähnlich ausgestaltet ist (BGH LM Nr 22 zu § 1018 BGB, B12 R; PALANDT-PUTZO § 567 Anm 1 a). Dasselbe gilt für Kaufverträge, so daß zB auf einen Wärmelieferungsvertrag § 567 auch nicht entsprechend angewandt werden kann; folglich ist hier der dauernde Ausschluß des (ordentlichen) Kündigungsrechts des Abnehmers möglich (BGHZ 64, 288, 291 f).
3. Abschluß für eine längere Zeit als dreißig Jahre
5
a) § 567 S 1 ordnet zwingend ein Kündigungsrecht für alle Mietverträge an, die für eine längere Zeit als dreißig Jahre abgeschlossen worden sind. Ein solcher Vertragsschluß für mehr als dreißig Jahre liegt auch vor, wenn der Vertrag zwar nur auf dreißig Jahre abgeschlossen ist, dem Mieter jedoch eine Verlängerungsoption für weitere Jahre eingeräumt ist (RGZ 130,143,146). Entsprechend dem Zweck der Vorschrift gilt dasselbe, wenn nur das Kündigungsrecht einer Partei, zB des Vermieters, für mehr als dreißig Jahre oder sogar für immer ausgeschlossen ist; in derartigen Fällen kann jedoch unter Umständen eine sittenwidrige Knebelung (§ 138 Abs 1) vorliegen (u Rz 9).* § 567 wird selbst auf solche Mietverträge angewendet, deren Beendigung an den 6 Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses geknüpft ist, sofern es nur möglich ist, daß der Eintritt dieses Ereignisses länger als dreißig Jahre dauern wird wie zB bei der Gestattung des Ausschanks von Getränken in einer Markthalle für die Zeit des Betriebs dieser Halle (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB, B1 4 R ; MITTELSTEIN 484; R O Q U E T Ì E § 5 6 7 N r 2 ; NIENDORFF 3 4 0 ) .
b) Keine Anwendung findet hingegen § 567, wenn ein Maschinenhersteller seine 7 Produkte immer nur auf zwanzig Jahre vermietet, so daß sämtliche, aufeinanderfolgenden Mietverträge rechtlich selbständig sind, mag der Mieter auch wirtschaftlich gezwungen sein, die Verträge ständig zu erneuern (RGZ 165, 1, 21 f; zust PALANDT-PUTZO § 5 6 7 A n m 2 a ) .
* R G Gruchot Bd 59, 469, 470 = L Z 1915, 518, 519 Nr 7; D J Z 1931, 705; H R R 1931 Nr 584: Mietvertrag auf ewige Zeit; O L G München H R R 1942 Nr 852; BGB-RGRK-GELHAAR § 567 Rz 2; PALANDT-PUTZO § 567 A n m 2 a. (697)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§567 8-11
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
8 Zulässig ist auch die Vereinbarung, daß diejenige Partei, die aufgrund des § 567 S 1 den Vertrag nach dreißig Jahren kündigt, der anderen eine Entschädigung zu zahlen hat ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 567 Rz 3; W E I M A R B 1 G B W 1974, 43 f). Hierin liegt nicht notwendigerweise eine Umgehung des Verbots des § 567 S 1. Anders ist es nur, wenn die Kündigung vertraglich von Bedingungen oder Verpflichtungen abhängig gemacht ist, deren Erfüllung unmöglich ist oder doch eine übermäßige wirtschaftliche Erschwerung der Kündigung darstellt ( R G Z 73, 341, 342 f; 130, 143, 147).
9 4. Rechtsfolge a) Ein Verstoß gegen § 567 S 1 hat nur zur Folge, daß der Vertrag nach dreißig Jahren, dh vorzeitig mit gesetzlicher Frist (§ 565) kündbar ist. Der Verstoß gegen § 567 S 1 führt also auf keinen Fall zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages, sondern nur zu dessen vorzeitiger Kündbarkeit; im übrigen bleibt der Vertrag wirksam, und zwar auch hinsichtlich der Abrede über die Vertragsdauer (oben Rz 2; W E I M A R B 1 G B W 1974, 43). Dies gilt auch dann, wenn die Parteien das Kündigungsrecht aufgrund des § 567 S 1 ausdrücklich ausgeschlossen hatten: immer bleibt der Vertrag wirksam, ist jedoch nach dreißig Jahren, dh vorzeitig, kündbar ( R G Z 130,143,146; B G H LM Nr 2 zu § 581 B G B , B 1 2 f; R G BayZ 1927,290 Nr X; B G B - R G R K - G E L H A A R § 567 Rz 4; P A L A N D T - P U T Z O § 567 Anm 2 b; W E I M A R B 1 G B W 1974, 43 f). Ebenso zu , beurteilen sind Vorverträge zu solchen langfristigen Verträgen: Auch sie sind wirksam, aber spätestens nach dreißig Jahren kündbar (RG BayZ 1927, 290 Nr X). Für die Anwendung des § 139 ist in allen diesen Fällen kein Raum. Dadurch wird es jedoch nicht ausgeschlossen, daß der Vertrag ausnahmsweise wegen der übermäßigen Bindung einer oder beider Parteien gegen § 138 Abs 1 verstößt und deshalb nichtig ist. 10 b) Die Kündigung ist erstmals nach dreißig Jahren möglich. Die Frist beginnt nicht mit Vertragsschluß, sondern mit Überlassung der Sache an den Mieter ( R O Q U E T T E § 567 Rz 4; W E I M A R B1GBW 1974, 43, 44). Eine Frist für die Ausübung des Kündigungsrechts ist nicht vorgeschrieben. Die Kündigung kann zu einem beliebigen Termin, jedoch stets nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 erklärt werden. Die Ausübung dieses Kündigungsrechts ist auch grundsätzlich nicht mißbräuchlich, selbst wenn der Mieter für die lange Bindung des Vermieters besondere, zusätzliche Leistungen erbracht hatte (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB, B1 4 R f). Anders kann es sich jedoch verhalten, wenn der Vermieter zugleich die Verpflichtung übernommen hatte, Wettbewerb von dem Mieter fernzuhalten, und er durch die vorzeitige Kündigung aufgrund des § 567 S 1 auch gegen diese Verpflichtung verstieße (BGH aaO). 10a c) Bei solchen ganz besonders langfristigen Mietverträgen kommt weit eher als bei »normalen« Mietverträgen ein Wegfall der Geschäftsgrundlage durch Verschiebung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung (sog Äquivalenzstörung) in Betracht (BGH Betrieb 1958, 1325; R G H R R 1931 Nr 584; s im übrigen oben Vorbem 33 ff zu § 537).
11 5. Vertragsschluß auf Lebenszeit a) Von dem Verbot einer längeren Bindung als auf dreißig Jahre macht § 567 S 2 eine Ausnahme für Verträge, die für die Lebenszeit des Vermieters oder des Mieters abgeschlossen sind (s M I T T E L S T E I N 483 f; N I E N D O R F F 341 f; W E I M A R B1GBW 1974, 43, 44). § 567 S 2 ist eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift (OLG München H R R 1942 Nr 852). Er kann deshalb zwar auch dann angewendet werden, wenn das Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(698)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 567, 568 12-15
Kündigungsrecht des Vermieters für die Lebenszeit des Mieters ausgeschlossen wird ( N I E N D O R F F aaO), nicht mehr jedoch, wenn das Kündigungsrecht des Vermieters für immer ausgeschlossen sein soll (OLG München H R R 1942 Nr 852). Hingegen wird man § 567 S 2 anwenden können, wenn die Vertragsbeendigung von dem Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses gerade in der Person einer Partei, zB von der Versetzung eines Beamten, abhängig gemacht wird, weil ein solcher Vertrag höchstens - zulässigerweise - für die Lebenszeit dieser Partei abgeschlossen sein kann (NIENDORFF 3 4 1 ) .
b) Auf juristische Personen kann § 567 S 2 nicht, auch nicht entsprechend, 12 angewendet werden, weil sie keine Lebenszeit iS des § 567 S 2 haben. Verträge mit juristischen Personen sind also stets spätestens nach dreißig Jahren kündbar ( W E I M A R B 1 G B W 1974, 43, 44).
Kein Fall des § 567 S 2 ist auch die Zuwendung eines lebenslänglichen Wohnrechts 13 durch Vermächtnis gegen ein bestimmtes Entgelt, weil hierdurch kein Mietverhältnis, sondern ein erbrechtliches Verhältnis zwischen dem Berechtigten und den Erben begründet wird (LG Mannheim DWW 1968, 258). c) Verträge auf Lebenszeit einer Partei sind wirksam, auch wenn sie infolgedessen 14 mehr als dreißig Jahre unkündbar bestehen (BGHZ 64, 288, 290; W E I M A R B1GBW 1974, 43, 44). Die Berufung des Mieters hierauf ist selbst bei dringendem Eigenbedarf des Vermieters nicht treuwidrig (AG Hannover WuM 1965, 99; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 567 Rz 6). Möglich bleibt aber immer eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde bzw nach § 554 a. d) Verträge auf Lebenszeit einer Partei bedürfen nach § 566 S 1 stets der Schriftform 15 (BGH LM Nr 1 zu § 567 BGB). §568 Wird nach dem Ablaufe der Mietzeit der Gebrauch der Sache von dem Mieter fortgesetzt, so gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofem nicht der Vermieter oder der Mieter seinen entgegenstehenden Willen binnen einer Frist von zwei Wochen dem anderen Teile gegenüber erklärt. Die Frist beginnt für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der Fortsetzung Kenntnis erlangt. E I § 524; II § 509; III § 561; Mot II 413 ff; Prot II 217 f.
Schrifttum ALLWEIL, Die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Mietzeit, DWW 1967, 93; BODIE, Die Kündigung bei fortgesetztem Mietverhältnis nach § 568 BGB, NJW 1967, 1068; ders, § 568 BGB und Räumungsklage, WuM 1966, 130; ders, § 568 BGB und die „vorweggenommene" Erklärung, WuM 1968, 43; BULLERT, Die Kündigung bei fortgesetztem Mietverhältnis nach § 568 BGB, NJW 1967, 139 f; BURKHARDT WuM 1965, 25; ESSER, Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen (2. Aufl 1969) bes 52 ff, 74 ff; ders - WEYERS Schuldrecht II 1, § 171 3 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 132 I V ; GANSCHEZIAN-FINCK, Z u r A n w e n d u n g des § 5 6 8 B G B , N J W
1971, 2051; GIEBNER, Ist § 568 BGB noch berechtigt? ZMR 1970, 3; HAASE, Ein Problem des Mietrechts: Die Erklärung des mangelnden Fortsetzungswillens, JR 1972, 58; HANS, Stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 568 BGB, ZMR 1967, 65; MITTELSTEIN, Anm DJZ 1915, 99, 195; ders, Die Miete nach dem Rechte des Deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 499 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 362 ff; SCHEUERMANN, Zum Begriff des „ V o r e n t h a l t e n s der M i e t s a c h e " iS der § § 5 5 7 u n d 5 6 8 B G B , J W
1 9 3 4 , 3 2 5 9 ; SCHMIDT-
FUTTERER-BLANK, Mietrecht (9. Aufl 1980); dies, Wohnraumschutzgesetze B 687 ff (S 317 ff); (699)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§568 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse SCHOPP, Anm ZMR 1971, 57 f; SCHROERS, § 568 BGB-Bedeutung und Anwendung der Vorschrift, WuM 1974, 65; SPILLER, Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Ablauf des Mietvertrages und die vor dem 31. Juli 1914 entstandene Forderung, DJZ 1915,99; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz IV 47 ff (S 486 ff); WEIMAR, Zweifelsfragen zur stillschweigenden Verlängerung eines Mietverhältnisses gemäß § 568 BGB, MDR1966,981; ders, Die Ersatzpflicht des Mieters bei Vorenthaltung der Wohnung im Notstand, ZMR 1963, 65 f; 1965, 3.
! Ubersicht I. Entstehungsgeschichte 1
b) Fristwahrung durch Klageerhebung? 20 3. Einzelfragen 21 a) Widerspruch vor Fristbeginn? 21 b) Verbindung mit der Kündigung? 23 c) Sonstiges 24
n . Zweck 3 III. Bedeutung 4 IV. Anwendungsbereich 1. Miete und Pacht 7 2. Ohne Rücksicht auf Beendigungsart 8 3. Ausnahmen 13 V. Gebrauchsfortsetzung 15
Vn. 1. 2. 3.
Rechtsfolgen 26 Vertragsfortsetzung 27 Sicherheiten 29 Sonstiges 30
V m . Abweichende Vereinbarungen 34
VI. Widerspruch 16 1. Erklärung 17 2. Frist 18 a) Beginn 19
IX. Prozessuales 36 1. Beweislast 36 2. Kosten 37
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 34 f Anfechtung der Verlängerung 5 Anwendungsbereich 7 ff - Aufhebungsvertrag 8, 11, 34 - Ausnahmen 13 f - Bewilligung einer Räumungsfrist 13, 17 a - fristlose Kündigung 9, 23, 32 - gerichtlicher Vergleich 12 - Kündigung 8 ff - Mietvertrag 7 - Pacht 7 - Verlängerungsvertrag 14 - Vertragsablauf 8 - Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung 10 Aufhebungsvertrag 8, 11, 34
- Dauer 15 b - Mehrzahl von Mietern 15 d - tatsächliche Fortsetzung entscheidend 15 - Untervermietung 15 a, 15 c - Vorenthaltung der Sache 15 a Geschäftsfähigkeit 6 Geschichte 1 Kosten 37 Kündigung 8 ff
Fiktion der Verlängerung 4, 27 Formularvertrag 35 Fortsetzung des Gebrauchs 15 ff fristlose Kündigung 9, 23, 32
Räumungsfrist 13 Räumungsklage 17 a f Rechtsfolgen 4 ff, 6 ff - Bürgen 29 - Fiktion der Verlängerung 4, 27 - Identität der beiden Verträge 27 - Kündigungsfristen 27 f - Präklusion von Kündigungsgründen 32 - Rücknahme der Kündigung 32 - Umwandlung des Vertrages 27 - Vermieterhaftung 31 - Vermieterpfandrecht 29 - Werkswohnung 30 - Wirkung des Widerspruchs 33
Gebrauchsfortsetzung 15 ff - Begriff 15 a
Vergleich 12 Verlängerungsvereinbarung 14
Beendigungsart 8 ff Beweislast 36
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(700)
§568 1-4
3. Titel. Miete. Pacht Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung 10 Widerspruch gegen die Fortsetzung 16 ff - Erklärung 17 - Form 17 - Fristbeginn 19 ff - Inhalt 17 - konkludenter Widerspruch 17 ff - Mehrzahl von Mietern und Vermietern 25 - Mietzinserhöhung 17 d, 24 - Mietzinsminderung 17 d - Räumungsklage 17 a f, 20 - Widerspruch vor Fristbeginn 21 f
- Widerspruch durch Kündigung 23 - Widerspruchsfrist 18 ff - Wirkung 33 Widerspruchsfrist 18 ff - Beginn 19 - Berechnung 19 - Mehrzahl von Vermietern 25 - Räumungsfrist 19 - Räumungsklage 20 - Widerspruch vor Fristbeginn 21 f - Zustellung der Klage erforderlich 20 Zweck 3
1 I. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift regelt die Frage, was geschehen soll, wenn der Mieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses den Gebrauch der Sache fortsetzt, namentlich wohnen bleibt. Im Gemeinen Recht wurde in diesem Fall, sofern nicht der Vermieter widersprach, der Abschluß eines neuen Mietvertrages angenommen (sog relocatio tacita; W I N D S C H E I D - K I P P , Lehrbuch des Pandektenrechts [ 9 . Aufl 1 9 0 6 / 1 9 6 3 ] 7 6 5 ) . Dagegen war nach dem preußischen ALR (I 21 § 326) die Verlängerung des Mietverhältnisses zusätzlich davon abhängig, daß der Mieter seinen Verlängerungswillen dem Vermieter erklärt und dieser nicht binnen einer bestimmten Frist widersprochen hatte. Im Anschluß hieran hielten die Verfasser des BGB eine Bestimmung für angebracht, daß das Mietverhältnis bei Fortsetzung des Gebrauchs durch stillschweigende Ubereinkunft als verlängert anzusehen sei (Mot II 413 f). § 568 ist nach wie vor unverändert in Kraft; die zwischenzeitliche Verlängerung der 2 Kündigungsfristen durch § 565 Abs 2 hatte keinen Einfluß auf die Anwendbarkeit des § 568 (aM zu Unrecht nur AG Oberhausen ZMR1967,81 f = DWW1965,18 m a b l A n m KORFF Z M R
1965, 289,
291).
n. Zweck 3 Aus der Entstehungsgeschichte des § 568 (oben Rz 1) folgt, daß der Zweck der Vorschrift in erster Linie in der Verhinderung eines vertragslosen Zustandes durch Sicherung der Anwendung des Mietrechts besteht. Zweck der Vorschrift ist maW im Interesse der Rechtssicherheit vor allem die eindeutige Klarstellung der Rechtsverhältnisse bei Fortsetzung des Mietgebrauchs durch den Mieter trotz Beendigung des Vertrages (s zB S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 688; S C H R O E R S W U M 1974, 65). Ob § 568 daneben auch einen Schutz des Mieters in seinem Mietbesitz bezweckt, ist zweifelhaft, dürfte jedoch zu bejahen sein (LG Bochum ZMR 1971, 56 Nr 23 gegen die
la).
hM,
zB
BGB-RGRK-GELHAAR
§ 568
Rz
1; PALANDT-PUTZO
§ 568
Anm
4 III. Bedeutung Um die Rechtsverhältnisse an der Mietsache bei Fortsetzung des Gebrauchs trotz Beendigung des Mietverhältnisses klarzustellen, enthält § 568 keine bloße Vermutung einer vertraglichen Verlängerung des Mietverhältnisses (so nur L E O N H A R D , Besonderes Schuldrecht [1931] 165), sondern eine echte Fiktion der Verlängerung, (701)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§568 5-9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
so daß es auf den Willen der Parteien für den Eintritt dieser Rechtsfolge nicht ankommt.* 5 Da es für den Eintritt der Verlängerung nicht auf den Willen der Parteien ankommt, ist auch ein Irrtum der Parteien über die durch § 568 an ihr Verhalten geknüpften Rechtsfolgen unerheblich; eine Anfechtung des Verhaltens mit der Folge, daß die Verlängerung des Mietverhältnisses nicht eintritt, ist also nicht möglich (§119 Abs 1; E S S E R Rechtsfiktionen 5 2 ff, 74 ff; L A R E N Z II § 48 VI d; P A L A N D T - P U T Z O § 568 Anm 3 ; S T E R N E L Rz IV 4 8 ; R O Q U E T T E § 568 Rz 5; E N N E C C E R U S - N I P P E R D E Y § 1 5 3 I V B 2 a = 947 ff m Nachw; aM zB E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 132 IV 3; L E O N H A R D Bes SchuldR 165). 6 Da jedoch der Wille der Parteien immerhin insofern beachtlich ist, als beide durch einen Widerspruch die Verlängerung des Mietverhältnisses verhindern können, wird allgemein Geschäftsfähigkeit der Parteien für die Anwendung des § 568 S 1 verlangt (unstreitig). Die Fortsetzung des Gebrauchs durch Geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen führt nicht zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses, sondern zu einem vertragslosen Verhältnis, das nach Bereicherungsrecht abzuwickeln ist.
IV. Anwendungsbereich 7 1. Miete und Pacht § 568 gilt für alle Mietverhältnisse ohne Ausnahme, nicht nur für die Grundstücksoder Wohnraummiete, sondern auch für die Fahrnismiete. Er ist außerdem auf Pachtverhältnisse nach § 581 Abs 2 anwendbar.
8 2. Ohne Rücksicht auf Beendigungsart § 568 wird entsprechend seinem Zweck auf jede Beendigungsart eines Mietverhältnisses angewendet. Er gilt nicht nur, wie man aus der Formulierung des § 568 S 1 folgern könnte, für den Ablauf der vertraglich vereinbarten Mietdauer, sondern auch für eine Beendigung der Mietdauer durch Kündigung oder durch Aufhebungsvertrag.** 9 a) Für die Anwendung des § 568 spielt es keine Rolle, auf welche Gründe die Kündigung gestützt ist und ob es sich um eine fristlose Kündigung oder um eine Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist handelt. Daher gilt § 568 auch, wenn die Kündigung auf das 1. Wohnraumkündigungsschutzgesetz oder jetzt auf § 564 b gestützt ist (AG Bremervörde WuM 1973,99). Auch die fristlose Kündigung ist nicht von dem Anwendungsbereich des § 568 ausgenommen ( BGH NJW 1980, 1577, 1578 f; LG Bochum ZMR 1971, 56 f m Anm S C H O P P ; LG Hamburg WuM 1975, 57 m Nachw; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 690; s unten Rz 23). * R G Z 1 4 0 , 3 1 4 , 3 1 6 f = L Z 1 9 3 3 , 1 0 2 0 , 1 0 2 2 ; L G H a m b u r g W u M 1 9 7 5 , 5 7 ; ESSER, R e c h t s f i k t i o n e n 5 2 ff, 7 4 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 8 R z 1; PALANDT-PUTZO § 5 6 8 A n m 3 ; STERNEL R z I V 4 7 ; LARENZ I I § 4 8 V I d ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 8 R z 2.
** Vgl zB RAGE 15, 281, 283; OLG Frankfurt OLGE 7, 18; LG Mannheim Justiz 1974, 233 f = W u M 1977, 2 2 9 ; L G H a m b u r g M D R 1965, 7 4 9 N r 3; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 8 R z 2; DERLEDER, in: A K § 5 6 8 R z 1; GANSCHEZIAN-FINCK N J W 1 9 7 1 , 2 0 5 1 ; MITTELSTEIN 5 0 0 ; NIENDORFF 3 6 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 8 A n m 1 b ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 8 9 f f ; STERNEL R z I 4 7 ; WEIMAR M D R 1 9 6 6 , 9 8 1 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(702)
§568 10-14
3. Titel. Miete. Pacht
b) Für die Anwendung des § 568 ist auch Raum neben einem Widerspruch des 10 Mieters gegen eine Kündigung aufgrund der §§ 556 a und 556 b. Im einzelnen hat man hier folgende Fallgestaltungen zu unterscheiden: Einigen sich die Parteien aufgrund des Widerspruchs des Mieters über eine Verlängerung des Mietverhältnisses, so kann § 568 nicht angewandt werden (DERLEDER, in: AK § 568 Rz 1). Hingegen ist § 568 anwendbar, wenn der Vermieter auf den Widerspruch des Mieters nicht reagiert oder wenn er den Widerspruch als unbegründet zurückweist, der Mieter aber wohnen bleibt. Das Mietverhältnis gilt dann als auf unbestimmte Zeit verlängert. Kündigt der Vermieter erneut, so kann der Mieter wiederum nach § 556 a w i d e r s p r e c h e n (HANS § 5 6 8 A n m B 5; WEIMAR M D R 1966, 9 8 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 8 A n m 1 e ; STERNEL RZ I V 5 1 ) .
c) § 568 ist auch anzuwenden, wenn die Parteien nachträglich das Mietverhältnis 11 durch einen Aufhebungsvertrag beenden (LG Mannheim Justiz 1974, 233 f; LG Hamburg M D R
1965, 7 4 9 ; GANSCHEZIAN-FINCK N J W
1971, 2051). In
dem
Abschluß eines derartigen Aufhebungsvertrages liegt nicht notwendigerweise zugleich die an sich mögliche, vertragliche Abbedingung des § 568. Dadurch wird es freilich nicht ausgeschlossen, daß der Aufhebungsvertrag zugleich die Bedeutung haben soll, daß mit dem in ihm festgesetzten Endigungstermin das Mietverhältnis unter allen Umständen, also auch dann, wenn der Mieter vertragswidrig den Gebrauch fortsetzt, enden soll. Nur wenn der Vertrag in dieser Weise auszulegen ist, kann § 568 nicht mehr angwendet werden (BGH WM 1965,411,413 = ZMR 1966, 117, 2 4 1 ) .
Daher ist grundsätzlich für die Anwendung des § 568 selbst dann Raum, wenn das 12 Mietverhältnis durch einen gerichtlichen Vergleich beendet worden ist, der Mieter aber trotz Ablaufs des Mietverhältnisses wohnen bleibt (LG Münster WuM 1966, 27 = ZMR 1966, 108 Nr 14); anders jedoch, wenn durch den Vergleich das Mietverhältnis sofort beendet und dem Mieter lediglich eine Räumungsfrist einger ä u m t w o r d e n ist (GANSCHEZIAN-FINCK N J W 1971, 2 0 5 1 , 2 0 5 2 ) .
3. Ausnahmen
13
Die Anwendung des § 568 ist nicht möglich, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses, sei es durch Urteil, sei es durch Vereinbarung der Parteien, feststeht und dem Mieter lediglich durch das Urteil oder durch den Vermieter noch eine Räumungsfrist bewilligt worden ist.* Für die Anwendung der gesetzlichen Fiktion des § 568 ist kein Raum, wenn die 14 Parteien selbst schon durch Vertrag ihre Rechtsverhältnisse geordnet haben. Eine Verlängerungsvereinbarung der Parteien geht dem § 568 stets vor. Eine solche Abrede kann auch konkludent zustande kommen, zB dadurch, daß der Vermieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses den Mieter wohnen läßt und den Mietzins weiterhin entgegennimmt (s MITTELSTEIN 499 f). § 568 ist auch nicht anwendbar, wenn sich die Parteien von vornherein einig sind, daß der alte Vertrag beendet oder geändert werden soll (RAG HRR 1933 Nr 311; s unten Rz 22). * LG Mannheim ZMR 1969,220; LG Hamburg ZMR 1960,46 f; GANSCHEZIAN-FINCK NJW 1971, 2 0 5 1 , 2 0 5 2 f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 8 R z 2; DERLEDER, in: A K § 5 6 8 R z 1; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 6 9 3 ; HANS § 5 6 8 A n m B 5 b ; O L G B r e s l a u J W 1929, 3 2 5 6 f N r 8; a M zu
Unrecht nur AG Köln WuM 1969, 11; 1969, 147 = ZMR 1969, 86 Nr 18; 1969, 284 f Nr 45 = MDR 1969, 147 Nr 65. (703)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§568 15-16
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
V. Gebrauchsfortsetzung 15 1. Die Fiktion der Vertragsverlängerung setzt vor allem voraus, daß der Mieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses den Gebrauch der Sache fortsetzt. Da es auf den Willen der Parteien nicht ankommt, spielt es keine Rolle, aus welchen Gründen der Mieter den Gebrauch fortsetzt. Die Verlängerung des Mietverhältnisses wird selbst dann fingiert, wenn der Mieter zu Unrecht annimmt, das Mietverhältnis bestehe fort. Entscheidend ist allein die tatsächliche Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter. 15a Darunter ist grundsätzlich die Fortsetzung des bisherigen vertragsmäßigen Gebrauchs über den Zeitpunkt der Beendigung hinaus zu verstehen (BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB B1 3 R ; STERNEL R Z I 48). Gebrauchsfortsetzung ist mehr als bloße Vorenthaltung iS des § 557 ( W E I M A R ZMR 1963, 65 f; 1965, 3 f). Sie erfordert idR, daß der Mieter die Sache (selbst oder durch einen Dritten) behält und weiterhin entsprechend dem an sich beendeten Mietvertrag gebraucht. Deshalb muß der Mieter insbes dem Vermieter weiterhin den Besitz vermitteln, so daß § 568 unanwendbar ist, wenn der Mieter selbst nur mittelbaren Besitz hatte und der unmittelbare Besitzer, namentlich der Untermieter, ihm jetzt keinen Besitz mehr vermitteln will (LG Hamburg ZMR 1979, 15; s auch unten Rz 15 c). 15b 2. Die Gebrauchsfortsetzung muß außerdem einige Zeit dauern; die Fortsetzung des Gebrauchs für eine kurze Übergangszeit bis zu der schon für die nächsten Tage ins Auge gefaßten Räumung genügt nicht für die Anwendung des § 5 6 8 ( E R M A N - S C H O P P § 5 6 8 Rz 3 ; W E I M A R MDR 1 9 6 6 , 9 8 1 ) . Keine Rolle spielt es hingegen, ob der Mieter während dieser Zeit von der Sache auch tatsächlich den vorgesehenen Gebrauch macht (§ 5 5 2 ; MITTELSTEIN 5 0 1 ; NIENDORFF 3 6 3 ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 8 Rz 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 6 9 7 ) .
15c Keine Fortsetzung des Gebrauchs liegt daher vor, wenn der Mieter unter Zurücklassung seiner Sachen flüchtig ist oder wenn er nur einzelne Räume untervermietet hatte und der Untermieter trotz Auszugs des Mieters wohnen bleibt. Hatte der Mieter jedoch sämtliche Räume untervermietet, so liegt bei Wohnenbleiben des Untermieters eine Fortsetzung des Gebrauchs iS des § 568 vor (BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB B1 3 R; MITTELSTEIN 501; aM N I E N D O R F F 364). Überhaupt genügt es, wenn der Mieter damit einverstanden ist, daß der Untermieter wohnen bleibt, sofern der Mieter nur weiterhin dem Vermieter den Besitz vermitteln will (oben Rz 15 a; STERNEL R Z I V 4 8 ) .
15d 3. Fortsetzung des Gebrauchs ist auch gegeben, wenn der Mieter zwar auszieht, aber seine Möbel in der Wohnung zurückläßt, weil er sie anderswo nicht unterbringen kann (LG Köln WuM 1975, 85). Da mehrere Mieter Gesamtschuldner sind, genügt jedoch die Fortsetzung des Gebrauchs nur durch einen von ihnen nicht für die Verlängerung des Mietverhältnisses mit allen anderen (§ 4 2 5 ; N I E N D O R F F 3 6 3 f). Und wenn der Mieter nur deshalb wohnen bleibt, weil der Vermieter die Wirksamkeit seiner Kündigung bestritten hat, so haftet der Mieter nicht aus § 568, sondern lediglich aus ungerechtfertigter Bereicherung (RG DWA 1934, 472).
16 VI. Widerspruch Trotz Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses wird eine Verlängerung des Mietverhältnisses nicht fingiert, wenn der Vermieter oder der Mieter ihren entgegenstehenden Willen binnen einer Frist von 2 Wochen dem anderen Teil gegenüber erklären. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(704)
3. Titel. Miete. Pacht
§568 17-19
1. Erklärung
17
a) Der Widerspruch ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Gegner zugehen muß und aus der sich eindeutig ergeben muß, daß der Erklärende unter keinen Umständen mit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen einverstanden ist (zB AG Itzehoe WuM 1966, 98; LG Köln WuM 1976, 185). Eine besondere Form ist für den Widerspruch nicht vorgeschrieben, so daß er auch konkludent erklärt werden kann (aM S C H R O E R S WuM 1965, 66). b) Ein konkludenter Widerspruch liegt namentlich durchweg in der Stundung des 17a Herausgabeanspruchs, in der Gewährung einer bloßen Räumungsfrist, in der Erhebung der Räumungsklage, überhaupt in dem Verlangen nach sofortiger Räumung sowie umgekehrt auch in der Bitte des Mieters nach Gewährung einer Räumungsfrist ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 700; S C H R O E R S WuM 1974, 6 5 ; STERNEL Rz I 49 m Nachw). Hat der Vermieter Räumungsklage erhoben, so ist die Aufrechterhaltung der Klage 17b ebenfalls als (dauernder) Widerspruch zu werten; der Vermieter braucht während des Prozesses den Widerspruch nicht erneut zu wiederholen, selbst wenn er erneut kündigt (STERNEL Rz IV 5 2 m Nachw). Dasselbe gilt, sobald der Vermieter einen Räumungstitel erwirkt hat, insbes wenn er 17c mit der Zwangsvollstreckung beginnt (STERNEL Rz IV 52). Eine ungebührliche Verzögerung der Vollstreckung kann hier freilich je nach den Umständen des Falles auch als konkludenter Abschluß eines neuen Vertrages zu werten sein (LG Hannover ZMR 1979, 248 f); außerdem kommt von Fall zu Fall durchaus auch eine Anwendung des § 568 in Betracht (unten Rz 32). c) Nach hM* reicht in aller Regel auch die Forderung des Vermieters nach 17d Heraufsetzung bzw die des Mieters nach Herabsetzung des Mietzinses für die Annahme eines Widerspruchs. Dieser Meinung kann jedoch für Wohnraummietverhältnisse nur mit erheblichen Einschränkungen zugestimmt werden, da bei diesen das MHRG heute auch die Möglichkeit zu einseitigen Mietzinsänderungen bei Fortbestand des Mietverhältnisses eröffnet; insoweit kommt mithin fortan alles auf die Umstände des Einzelfalles an. 2. Frist
18
Die Widerspruchsfrist beträgt zwei Wochen und beginnt für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, in dem er von der Fortsetzung Kenntnis erlangt. Binnen dieser Frist muß grundsätzlich der Widerspruch dem Gegner zugehen. a) Beginn 19 Für den Mieter beginnt die Frist in dem Augenblick zu laufen, in dem das Mietverhältnis endet. Es ist nicht erforderlich, daß der Mieter von der Beendigung des Mietverhältnisses Kenntnis hat (zB BGH NJW 1980, 1577, 1578 f; L A R E N Z II § 4 8 V I d ; STERNEL R z I V 5 1 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 7 0 3 ; a M E N N E C C E R U S LEHMANN
§ 132 IV 1;
SIBER,
Schuldrecht [1931] 270). Beim Vermieter setzt der
* RGZ140,314,317; OLG Hamburg SeuffA 73(1918)Nr9S15 = OLGE 36,65; BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB B1 3 R f; AG Itzehoe WuM 1966, 98; AG Köln ZMR 1969, 284; BGBRGRK-GELHAAR § 568 Rz 4; Voraufl Rz 17; aMzB LG Köln WuM 1973,247,248; DERLEDER, in: A K § 5 6 8 R z 3; PALANDT-PUTZO § 5 6 8 A n m 2 b ; STERNEL R z I 49. (705)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§568
20, 21
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Fristbeginn hingegen positive Kenntnis von der Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter voraus. Bloßes Kennenmüssen genügt nicht; ebensowenig die Kenntnis davon, daß der Mieter die Sache noch nicht zurückgegeben hat. Dem Vermieter muß vielmehr bekannt sein, daß der Mieter obendrein den vertraglich vorgesehenen Gebrauch fortsetzt. Gewährt der Vermieter dem Mieter freiwillig eine (zusätzliche) Räumungsfrist oder kündigt er ohnehin erst zu einem zukünftigen Zeitpunkt, so beginnt die Frist erst mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem der Mieter hiernach räumen muß. Die Berechnung der Frist richtet sich dabei stets nach den §§187 Abs 1, 188 Abs 2 und 193. 20 b) Fristwahrung durch Klageerhebung? Auch in der Erhebung der Räumungsklage liegt der Widerspruch gegen die Gebrauchsfortsetzung (oben Rz 17 a). Daher stellt sich hier die Frage, ob die Frist des § 568 S 1 nur gewahrt ist, wenn die Klage binnen der Frist dem anderen Teil zugestellt wird* oder ob es zur Fristwahrung (analog den §§ 270 Abs 3 und 495 ZPO) genügt, wenn die Klage fristgerecht eingereicht wird, sofern nur die Zustellung demnächst erfolgt.** Die Entscheidung dieser Frage hängt von Sinn und Zweck der Fristregelung ab (BGHZ 53, 332, 338; insbes BGH WM 1980, 137, 138 f). Durch die Befristung des Widerspruchs soll hier möglichst schnell Klarheit über die Rechtsbeziehungen der Parteien geschaffen werden. Deshalb ist bei § 568 S 1 kein Raum für die entsprechende Anwendung der §§ 270 Abs 3 und 495 ZPO, da der Vermieter zur Fristwahrung nicht auf die Zustellung der Klage angewiesen ist, sondern den Widerspruch jederzeit auch formlos gegenüber dem Mieter erklären kann. Liegt der Widerspruch in der Räumungsklage, so ist die Frist des § 568 S 1 folglich nur gewahrt, wenn die Klage binnen der zweiwöchigen Frist dem Gegner zugestellt wird. 21 3. Einzelfragen a) Widerspruch vor Fristbeginn? Außerordentlich umstritten ist die Frage, ob der Widerspruch namentlich des Vermieters auch schon vor Fristbeginn erklärt werden kann. Die neuere Praxis tendiert eindeutig dahin, auch einen Widerspruch des Vermieters jedenfalls kurze Zeit {wenige Tage) vor Fristbeginn genügen zu lassen, wenn damit der Vermieter eindeutig zu erkennen gegeben hat, daß er eine Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter nach Vertragsbeendigung auf keinen Fall billigen werde:*** Der Mieter handele treuwidrig, wenn er in diesem Falle eine Wiederholung des Widerspruchs verlange, um die Fiktion der Verlängerung des Mietverhältnisses infolge der Fortsetzung des Gebrauchs ausschließen; hingegen soll ein Widerspruch mehrere * LG Wiesbaden WuM 1969, 97 = ZMR 1969, 284 Nr 44; 1971, 181, LG Duisburg WuM 1980, 236; AG Hagen ZMR 1965, 275; LG Hamburg WuM 1975, 57; HambGE 1972, 509; AG Hamburg WuM 1973, 213, 214; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 701; S O E R G E L - K U M M E R § 568 Rz 9; B O D I É WuM 1966,130; H A N S ZMR 1967, 65, 66 f; ALLWEIL DWW 1967, 93; D E R L E D E R , in: AK § 5 6 8 R z 3 ; SCHROERS W u M
1 9 7 4 , 6 5 ; STERNEL R Z I V
52.
** LG Duisburg WuM 1966,190 = ZMR 1967, 20 Nr 21 ; LG Dortmund ZMR 1966,108 Nr 151 ; AG Oberhausen DWW 1965, 18; E R M A N - S C H O P P § 568 Rz 5; P A L A N D T - P U T Z O § 568 Anm 2 c; BGB-RGRK-GELHAAR § 568 Rz 4. *** BGH WM 1965, 411, 413 = ZMR 1966, 117, 241; insbes BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB (B1 4 f); LG Stuttgart ZMR 1967, 340, 341; LG Mannheim DWW 1976, 88, 89; LG Kassel WuM 1966, 203 = ZMR 1967, 812 Nr 15; AG Köln ZMR 1969, 284; LG Aachen WuM 1970, 202 = ZMR 1971, 181 Nr 11; OLG Hamburg OLGE 36, 65; B G B - R G R K - G E L H A A R § 568 Rz 4; ESSER-WEYERS I I 1 § 1 7 I I 3 ; NIENDORFF 3 6 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 7 0 6 f; SOERGELKUMMER § 5 6 8 R z
12.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(706)
3. Titel. Miete. Pacht
§568 22-25
Monate vor Vertragsbeendigung auf keinen Fall ausreichen (LG Mannheim Justiz 1974, 233, 234 = WuM 1977, 229; AG Darmstadt WuM 1970,189 = ZMR 1971, 58 Nr 24; AG Hamburg WuM 1973, 213, 214). Die Gegenmeinung* beruft sich vor allem auf den Wortlaut des § 568 und läßt deshalb nur einen nach Fristbeginn erklärten Widerspruch genügen, um die Fiktion der Verlängerung des Mietverhältnisses auszuschließen. Der Gesetzgeber hat diese Frage nicht gesehen, so daß sich dem Wortlaut des § 568 zu 22 ihr nichts Abschließendes entnehmen läßt; maßgebend sind vielmehr allein Sinn und Zweck des § 568 sowie allgemeine Billigkeitserwägungen (§ 242). Dann aber zeigt sich, daß es in der Tat Fälle gibt, in denen nach § 242 eine Wiederholung des kurz vor Vertragsbeendigung erklärten Widerspruchs entbehrlich ist, so namentlich wenn der Vermieter gegenüber der erklärten Absicht des Mieters zur Fortsetzung des Gebrauchs nach dem bevorstehenden Vertragsende unmißverständlich seine Absicht erklärt hat, das Vertragsverhältnis auf jeden Fall zu beenden, oder wenn eine Partei der anderen kurz vor Vertragsbeendigung mitteilt, daß sie bereits durch erneute Vermietung der Räume bzw durch Anmietung einer Ersatzwohnung endgültige Tatsachen geschaffen hat. Im Einzelfall kann auch eine vertragliche Abbedingung des § 568 angenommen werden, wenn sich die Parteien darüber einig sind, daß das Vertragsverhältnis auf jeden Fall sein Ende finden soll (oben Rz 14). b) Verbindung mit der Kündigung?
23
Da der Widerspruch auch im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung erforderlich ist, kann der Widerspruch grundsätzlich nicht zugleich in der fristlosen Kündigung gesehen werden. Zu der fristlosen Kündigung muß vielmehr noch der Widerspruch hinzutreten, sobald insbes der kündigende Vermieter erkennt, daß der Mieter trotz fristloser Kündigung den Gebrauch unverändert fortsetzen will (LG Bochum ZMR 1971,56 f; LG Hamburg WuM 1975, 57; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 700 und 705). Der Meinung, daß in solchen Fällen bereits in der Kündigung stets zugleich der Widerspruch liege (so G A N S C H E Z I A N F I N C K NJW 1971,2051; S C H O P P ZMR 1971,57), kann nicht zugestimmt werden, da sie § 568 weitgehend gegenstandslos machte (s unten Rz 32). c) Sonstiges
24
Ein Widerspruch kann auch in dem fristgerechten Verlangen nach Zahlung eines höheren Mietzinses liegen. Geht jedoch der Mieter auf diese Forderung wenigstens teilweise ein, so muß der Vermieter noch binnen der Frist des § 568 S 2 widersprechen, wenn er die Fiktion einer Verlängerung des Mietverhältnisses verhindern will (so richtig AG Köln ZMR 1969, 284). Stehen dem Mieter mehrere Vermieter gegenüber, so setzt der Fristbeginn voraus, 25 daß alle Vermieter Kenntnis von der Fortsetzung des Gebrauchs haben, es sei denn, sie hätten einen von ihnen zur Entgegennahme aller auf das Mietverhältnis bezüglichen Willenserklärungen bevollmächtigt (§ 166; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 702). Ohnehin muß der Widerspruch immer von allen Vermietern oder Mietern ausgehen und auch stets allen Vertragspartnern zugehen; eine gegenseitige, formularmäßige Bevollmächtigung der Mitmieter erstreckt sich nicht auf diese Fälle (STERNEL R Z I V 4 9 ) .
* LG Wiesbaden WuM 1969, 97 = ZMR 1969, 284 Nr 44; 1971, 181; LG Hamburg MDR 1971, 1 0 1 3 N r 4 6 ; BURKHARDT W U M 1965, 2 5 ; DERLEDER, in: A K § 5 6 8 R z 3 ; STERNEL RZ I V 5 0 ; ROQUETTE § 5 6 8 R z 9; BODIÉ N J W 1 9 6 7 , 1 0 6 8 , 1 0 6 9 ; d e r s W u M 1 9 6 8 , 4 3 f ; HANS Z M R 1 9 6 7 , 6 5 , 6 7 ; SCHROERS W u M 1 9 6 4 , 65, 6 6 ; v e r m i t t e l n d h i n g e g e n GANSCHEZIAN-FINCK N J W 1971, 2 0 5 1 , 2 0 5 4 ; HAASE J R 1972, 58, 59. (707)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§568 26-30
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
26 VII. Rechtsfolgen Setzt der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses den Gebrauch der Sache fort, ohne daß eine der Parteien rechtzeitig widerspricht, so gilt kraft Gesetzes das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert. 27 1. Vertragsfortsetzung a) § 568 enthält eine Fiktion (oben Rz 4 ff). Sind die Voraussetzungen des § 568 erfüllt, so tritt kraft Gesetzes die Rechtsfolge ein, daß sich der Vertrag auf unbestimmte Zeit verlängert. Ohne Rücksicht auf den Willen der Parteien wird folglich das Mietverhältnis - unter Wahrung seiner Identität - in ein solches auf unbestimmte Dauer umgewandelt, so daß an die Stelle der vertraglichen Kündigungsfristen mangels abweichender Vereinbarung die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 treten. Im übrigen bleibt jedoch der Vertrag unverändert, so daß namentlich die Abreden über die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs und den Mietzins nach wie vor gültig sind*. 28 b) Bei der Wohnraummiete müssen deshalb bei einer erneuten Kündigung die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 berücksichtigt werden, wobei als Überlassungszeitraum nicht etwa nur der Zeitraum der Verlängerung des Mietverhältnisses aufgrund des § 568, sondern der gesamte Zeitraum seit erstmaliger Überlassung der Wohnräume an den Mieter einschließlich des Verlängerungszeitraums anzusehen ist, so daß sich uU sehr lange Kündigungsfristen ergeben (kritisch deshalb A G Oberhausen Z M R 1 9 6 7 , 8 1 f = D WW 65,18; GIEBNER Z M R 1 9 7 0 , 3 ; DERLEDER, in: AK § 568 Rz 4). 29 2. Sicherheiten Aus der Identität des ursprünglichen und des verlängerten Mietverhältnisses folgt, daß ein schon begründetes Vermieterpfandrecht bestehen bleibt und auch die Forderungen des Vermieters aufgrund des verlängerten Vertrages sichert (KG O L G E 4, 42 f). Doch muß hier eine Einschränkung für Bürgen und für fremde Pfänder gemacht werden: Ihnen gegenüber ist das fortgesetzte Mietverhältnis als neues Mietverhältnis anzusehen, so daß sie für die neuen Verbindlichkeiten des Schuldners nur haften, wenn sie mit der Fortsetzung der Miete und ihrer Haftung für die dadurch begründeten Verbindlichkeiten des Mieters einverstanden sind ( N I E N DORF 3 6 5 f ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 8 R z 6 ; SOERGEL-KUMMER MITTELSTEIN 503 m Nachw; STERNEL R Z IV 53).
§ 568
Rz
16;
aM
30 3. Sonstiges a) Da das ursprüngliche und das fortgesetzte Mietverhältnis grundsätzlich als identisch angesehen werden, behält eine Wohnung bei Fortsetzung des Gebrauchs nach § 568 auch ihren Charakter als Werkswohnung, so daß der Mietvertrag ggf unter erleichterten Umständen kündbar bleibt (LG Essen NJW 1961, 1166 Nr 9 = ZMR 1961,360 Nr 12; LG München ZMR 1963,242 f; LG Köln M D R 1957,166 m Anm WEIMAR; s oben § 541 a Rz 37b). * R G Z 1 4 0 , 3 1 4 , 3 1 6 F ; R A G E 1 5 , 2 8 1 , 2 8 3 F; O L G H a m b u r g O L G E 7 , 1 8 , 1 9 ; K G O L G E 1 0 , 2 5 5 ; LG
Stuttgart Z M R
1 9 6 7 , 3 4 0 , 3 4 1 ; MITTELSTEIN 5 0 1 f f ; N I E N D O R F 3 6 5 f f ; B O D I £ N J W
1967,
1 0 6 8 f ; d e r s W u M 1 9 6 6 , 1 3 0 f ; BULLERT N J W 1 9 6 7 , 1 3 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 8 A n m 3 ; STERNEL R z I V 53; HANS Z M R
1 9 6 7 , 6 5 , 6 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 7 0 9 ; WEIMAR M D R
1966,
981 f.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(708)
3. Titel. Miete. Pacht
§568 31-36
b) Die Fiktion der Verlängerung steht nicht dem Abschluß eines neuen Mietvertrages 31 gleich, sondern bedeutet nur eine Verlängerung des alten Mietvertrages; folglich haftet der Vermieter für im Augenblick der Fortsetzung des Gebrauchs vorhandene Mängel nur bei Verschulden; seine Garantiehaftung lebt nicht wieder auf (§ 538 Abs 1 ; MITTELSTEIN 5 0 3 ) .
c) Setzt der Mieter nach einer fristlosen Kündigung des Vermieters den Gebrauch der 32 Sache über eine unvermeidliche Übergangszeit hinaus fort, so muß der Vermieter widersprechen, um eine Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit zu verhindern (s oben Rz 9, 23). Eine weitgehende Wirkung als die Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit hat die Unterlassung des Widerspruchs gegen die Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter jedoch nicht. Namentlich bewirkt sie keine Präklusion des Vermieters mit seinen Kündigungsgründen, so daß er jederzeit die fristlose Kündigung wiederholen kann (so richtig SCHOPP ZMR 1 9 7 1 , 57 f gegen LG Bochum ZMR 1971, 56 f). Ist es hingegen der Mieter, der fristlos gekündigt hatte, so liegt in der Fortsetzung des Gebrauchs durch ihn eine von der Praxis bisher noch stets für möglich erachtete Rücknahme der Kündigung (OLG Karlsruhe OLGE 2 , 4 8 0 , 4 8 1 ; aM jetzt freilich LG Hannover ZMR 1 9 7 9 , 2 4 8 , 2 4 9 ; OLG Hamm ZMR 1979, 249 f). d) Der wirksame Widerspruch hat zur Folge, daß das Mietverhältnis (endgültig) 33 beendet ist, und zwar schon von dem Zeitpunkt ab, zu dem der jeweilige Beendigungsgrund wirkte. Die Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter stellt dann eine Vorenthaltung iS des § 557 dar, so daß sich die Ansprüche des Vermieters nach § 557 und nicht nach § 568 richten. VIII. Abweichende Vereinbarungen 1. § 568 ist nicht zwingend, so daß abweichende /ndmdua/vereinbarungen möglich 34 bleiben (zB B G B - R G R K - G E L H A A R § 568 Rz 5; PALANDT-PUTZO § 568 Anm 1 d; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 715-718; enger STERNEL R Z IV 48; aM zB SCHROERS WuM 1974, 65, 67). Die Parteien können daher zB vereinbaren, daß das Mietverhältnis zu einem bestimmten Termin unter allen Umständen, dh auch wenn der Mieter den Gebrauch fortsetzt, enden soll. Eine solche Abrede kann auch in einem Aufhebungsvertrag liegen; notwendig ist dies jedoch nicht (BGH WM 1965,411,413 = ZMR 1966, 117, 241; LG Mannheim Justiz 1974, 233, 234). Ebensowenig bestehen auch Bedenken dagegen, daß die Parteien nach einer Kündigung ein Zwischenstadium vorsehen, in dem keiner gebunden sein soll, so daß der Mieter ohne Kündigung jederzeit ausziehen kann (LG Berlin DR 1939, 1080, 1081 Nr 24 m abl A n m ROQUETTE).
2. Der Zweck des § 568 (oben Rz 3) verbietet hingegen seine generelle, formular- 35 mäßige Abbedingung zum Nachteil des Mieters (§ 9 Abs 2 AGBG). Abweichungen von § 568 zum Nachteil des Mieters in Mietvertragsformularen sind unwirksam (aM BUB DWW 1977, 78), während eine Abänderung zu Gunsten des Mieters stets möglich ist (LG Hannover ZMR 1979, 248, 249 = MDR 1979, 848 Nr 64). IX. Prozessuales 1. Beweislast
36
Wer sich auf die Verlängerung des Mietverhältnisses beruft, braucht nur die Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter zu beweisen. Demgegenüber muß dann der andere Vertragsteil den Nachweis führen, daß er rechtzeitig widersprochen hat. (709)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 568, 569 37
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Beruft sich dagegen der Mieter darauf, daß der Vermieter schon früher Kenntnis von der Fortsetzung des Gebrauchs erlangt hatte, so trifft dafür wieder den Mieter die Beweislast ( M I T T E L S T E I N 504 f; N I E N D O R F F 364; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 708; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 8 R z 6 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 8 A n m 1 f ; STERNEL R Z I V
53 a; LG Köln WuM 1975, 85 f). 37 2. Kosten Erkennt im Räumungsprozeß der Mieter den Räumungsanspruch des Vermieters an, so muß nach § 93 ZPO dennoch der Vermieter die Kosten tragen, wenn er tatsächlich wegen § 568 keinen Räumungsanspruch hatte (LG Köln WuM 1975,85 f; eingehend SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 7 1 2 f f ) .
§569 Stirbt der Mieter, so ist sowohl der Erbe als der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten nicht, wenn die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 569 a oder 569 b gegeben sind. E I § 526; II § 510; III § 562; Mot II 416; Prot II 218 ff, 251. Art I Nr 21 MietRÄndG II vom 14.7.1964 (BGBl 1457); Begrzum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806,12 (zu Art I Nr 16 u 17); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 6.
Schrifttum BRANDNER, Das Mietverhältnis bei Wechsel der Inhaberschaft eines Unternehmens, NJW1960,127; BUSCHMANN, Das Hausrecht nach dem Tode des Mieters, B1GBW 1972, 125; ERMAN, Zur Kündigung der Miete bei Tod, Versetzung usw., DJZ 1904, 683; FRANCKE, Tod eines Mitmieters, SeuffBl 77, 161; GLASER, Das Kündigungsrecht des Wohnungsvermieters, ZMR 1978, 321; GOLDMANN, Zum Kündigungsrecht des Erben, SächsArch 1910, 454; HABLITZEL, Das Kündigungsrecht nach § 569 BGB, ZMR 1980, 289; HEROLD, Tod des Geschäftsraummieters und Kündigungsrecht, B1GBW 1967, 151; KRESS, Ist das in § 569 BGB dem Erben eingeräumte Kündigungsrecht gegebenenfalls vom Testamentsvollstrecker auszuüben? SeuffBl 74,229; KRETZER-MOSSNER, ZU den Rechtsfolgen beim Tod eines Mieters, GrundE 1975, 374; MITTELSTEIN, Streitfragen aus dem Mietrecht, Recht 1910, 266, 267 ff ; SCHOPP, Die Bedeutung des Wechsels des Inhabers oder der Rechtsform eines Unternehmens für das mit ihm bestehende Geschäftsraummietverhältnis, ZMR 1961, 281; SIEGELMANN, Die Rechtslage nach dem Tode eines Ehegatten im neuen Wohnungsmietrecht, WuM 1965, 199.
Systematische Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeine Kennzeichnung Überblick 1 Entstehung der Vorschrift 2 Zweck der Vorschrift 3
II. Voraussetzungen (Abs 1 S 1) 1. Mietverhältnis 4 2. Tod des Mieters 6
III. 1. 2. 3. 4. 5.
Rechtsfolgen Allgemeines 9 Kündigungsrecht des Erben 11 Kündigungsrecht des Vermieters 15 Kündigungsfrist 17 Kündigungstermin (Abs 1 S 2) 18
IV. Ausnahmetatbestände (Abs 2) 23 V. Abweichende Vereinbarungen 24
Volker Emmerich • Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(710)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 1,2
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 7, 24 f Annahme, Ausschlagung der Erbschaft 20 Ausnahmetatbestände 23 Entstehung der Vorschrift 2 Erbe 11 f
Kündigungsfrist 17, 24 Kündigungsgrund bei Mietverhältnissen über Wohnraum 10 Kündigungstermin 18 ff Mietverhältnis 4 - befristetes, unbefristetes 9
Gesellschaft als Mieter 7 f
- über Wohnraum 10, 16
Juristische Person als Mieter 8
Nachlaßverwaltung 21
Kündigung, außerordentliche befristete - Annahme der Erbschaft 20 - des Ehegatten des Mieters, der weder Erbe noch Mitmieter ist 13 - des Erben 11 ff, 20 ff - der Erbengemeinschaft 14 - Legitimation des Erben 11 f - bei Mietverhältnissen über Wohnraum 10, 16 - bei Minderjährigen 19 - bei Nachlaßverwaltung 21 - Rechtsfolgen 9 ff - des Scheinerben 12 - Schriftform der Kündigungserklärung 10 - bei Testamentsvollstreckung 21 - des Vermieters 15 f, 20 - Voraussetzungen 4 ff Kündigungserklärung 14 f
Pacht 5 Rechtsfolgen 9 ff Scheinerbe 12 Schriftform der Kündigungserklärung 10 Sozialklausel 10 Testamentsvollstreckung 21 Tod - Beendigung einer juristischen Person 8 - eines Gesellschafters einer OHG oder KG 7 - des Mieters 6 f - des Mieters vor Beginn der Mietzeit 22 - eines Mitmieters 7 - des Vermieters 6 Zweck der Vorschrift 3
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick
1
Der Tod des Mieters ist kein Grund, der das Mietverhältnis ohne weiteres beendet. Der Erbe tritt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechte und Pflichten des Mieters ein (§§ 1922 Abs 1,1967 Abs 1). § 569 Abs 1 S 1 räumt dem Erben und dem Vermieter jedoch ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung ein. Diese Kündigung ist nur für den nächst zulässigen Termin möglich (Abs 1 S 2). Eine Ausnahme gilt für den Fall, daß die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 569 a oder 569 b gegeben sind (Abs 2). Diese Vorschriften enthalten unter anderem besondere Bestimmungen über ein außerordentliches Kündigungsrecht.
2. Entstehung der Vorschrift
2
Die Vorschrift bestand zunächst nur aus dem jetzigen Abs 1, der seit dem Inkrafttreten des BGB unverändert geblieben ist. Art I Nr 21 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) hat im Zusammenhang mit der Aufnahme der §§ 569 a, 569 b die Ausnahmeregelung des Abs 2 eingefügt. (711)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§569 3-7
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
3 3. Zweck der Vorschrift Im gemeinen Recht blieb der Tod des Mieters ohne Einfluß auf den Bestand des Mietverhältnisses, während andere Rechtsordnungen des 19. Jahrhunderts der Miete einen mehr persönlichen Charakter beilegten. § 569 trägt diesem persönlichen Element Rechnung. Der Tod des Mieters, dessen Person für den Vermieter häufig von wesentlicher Bedeutung ist, verändert die Verhältnisse idR so einschneidend, daß dadurch das Mietverhältnis nicht unbeeinflußt bleiben kann. Für den Erben des Mieters besteht oft kein Bedürfnis, das Mietverhältnis fortzusetzen, weil die Mietsache für ihn überflüssig ist. Aus diesen Gründen räumt die Vorschrift beiden Seiten ein außerordentliches Kündigungsrecht ein (Mot II 416; Prot II 220). Dieses Recht begünstigt nicht nur den Erben des Mieters, sondern besteht auch im Interesse des Vermieters (OLG Hamburg OLGE 7, 464). Die Ausnahmevorschrift des Abs 2 berücksichtigt die abweichende Regelung der §§ 569 a, 569 b. II. Voraussetzungen (Abs 1 S 1) 4 1. Mietverhältnis Zwischen dem Erblasser als Mieter und dem Vermieter muß ein Mietverhältnis bestanden haben. Erfaßt werden Mietverhältnisse aller Art. Die Vorschrift gilt für die Miete von Grundstücken, Grundstücksteilen, Räumen, Wohnräumen (§ 580), im Schiffsregister eingetragenen Schiffen und von beweglichen Sachen. Bei der Miete von Wohnräumen ist die Sonderregelung der §§ 569 a, 569 b zu beachten. Im übrigen kommt es für das Kündigungsrecht auf die Unterscheidung zwischen Wohnraum- und Geschäftsraummiete nicht an. Unerheblich ist es ferner, ob die Räume möbliert oder unmöbliert vermietet sind und ob die Mietsache auf Dauer oder zu nur vorübergehendem Gebrauch überlassen ist. Schließlich spielt es keine Rolle, ob das Mietverhältnis befristet oder unbefristet ist (Rz 9). 5 Die Vorschrift gilt nach § 581 Abs 2 für die Pacht entsprechend. Für den Verpächter ist das Recht zur außerordentlichen Kündigung allerdings ausgeschlossen (§ 596 Abs 2). Auf andere Verträge ist § 569 nicht anzuwenden. 6 2. Tod des Mieters a) Der Mieter muß gestorben und beerbt worden sein. Gleichbedeutend mit dem natürlichen Tod ist die Todeserklärung eines Verschollenen, da sie nach § 9 Abs 1 VerschG eine Todesvermutung begründet. Die Verschollenheit des Mieters reicht allein nicht aus, da für ihn nach § 10 VerschG eine Lebensvermutung gilt, solange er nicht für tot erklärt worden ist ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 Rz 4; P A L A N D T - P U T Z O § 569 A n m
1; PERGANDE § 5 6 9 A n m
3 ; ROQUETTE § 5 6 9 R z 4). D e r T o d
des
Vermieters begründet kein Recht zur außerordentlichen Kündigung. 7 b) Haben mehrere Mieter den Vertrag abgeschlossen und stirbt nur einer von ihnen, steht nach verbreiteter Auffassung grundsätzlich weder dem Vermieter noch dem Erben ein Kündigungsrecht zu, da das Mietverhältnis unteilbar ist und nur von allen oder gegenüber allen anderen Beteiligten gekündigt werden kann (KG JW 1932, 3 3 6 2 N r 2 ; DERLEDER in A K § 5 6 9 R z 1; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 2 I I I 3 ; H A N S § 5 6 9 A n m 2 ; MITTELSTEIN487 m w N ; NIENDORFF 3 7 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 1;
s oben § 564 Rz 22). Wegen der Unteilbarkeit der Leistungen des Vermieters kann die Kündigung nicht nach § 425 auf das Verhältnis zwischen dem Erben des verstorbenen Mitmieters und dem Vermieter beschränkt werden (so aber F R A N C K E SeuffBl 7 7 , 1 6 1 ) . Der Wortlaut der Vorschrift läßt es auch nicht zu, mit P E R G A N D E ( § 569 Anm 4) danach zu differenzieren, ob dem Vermieter durch die Erbfolge neue Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(712)
§569 8. 9
3. Titel. Miete. Pacht
Benutzer der Wohnung aufgezwungen werden (Kündigungsrecht) oder ob nur der überlebende Mitmieter die Wohnung beibehält (kein Kündigungsrecht). Haben die Parteien jedoch entsprechende Vereinbarungen getroffen, kann die Vorschrift auch beim Tod eines von mehreren Mitmietern anwendbar sein. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Parteien im Mietvertrag vereinbart haben, daß der Erbe eines Mieters mit Wirkung für und gegen den überlebenden Mitmieter eine außerordentliche befristete Kündigung aussprechen kann (RGZ 90, 328, 330 f; OLG Hamburg JW 1938,
3038; BGB-RGRK-GELHAAR
ROQUETTE
§ 569
Rz
§ 569
1 1 ; SOERGEL-KUMMER
R z 4 ; ERMAN-SCHOPP § 569
Rz
§ 569 Rz
3 ; STERNEL R Z I V
5;
365;
weitergehend MünchKomm-VoELSKOW § 569 Rz 7). Zum anderen können die Parteien ein solches Recht auch dem Vermieter für den Fall des Todes eines der Mitmieter vertraglich zugestehen. Zu beachten ist aber, daß es sich in jedem Fall um eine vom Tatbestand des § 569 abweichende Vereinbarung handelt (Rz 24 f), die nicht allein aus den Umständen des Falles geschlossen werden darf oder auf Billigkeitserwägungen zu stützen ist. Es bedarf vielmehr eindeutiger Anhaltspunkte im Vertrag. Die gleichen Grundsätze sind anzuwenden, wenn eine OHG oder KG Mietpartei ist und ein Gesellschafter stirbt, sofern dies zur Auflösung der Gesellschaft führt (vgl § 131 Nr 4 HGB). Für Wohnraum, den Eheleute gemeinschaftlich gemietet haben, gilt beim Tode eines Ehegatten § 569 b. c) Die Beendigung einer juristischen Person im Wege der Auflösung ist dem Tod 8 einer natürlichen Person für § 569 nicht gleichzustellen. Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, die Vorschrift sei entsprechend anwendbar, wenn die juristische Person durch Verschmelzung oder Umwandlung nach dem UmwandlG untergehe, weil in diesen Fällen eine dem § 569 vergleichbare Gesamtrechtsnachfolge stattfinde ( E R M A N - S C H O P P § 569 Rz 5; S C H O P P ZMR 1961, 281, 283; STERNEL Rz I 81; differenzierend R O Q U E T T E § 569 Rz 6 f, der das außerordentliche Kündigungsrecht des Vermieters zusätzlich davon abhängig macht, daß seine Ansprüche gegen die untergegangene Gesellschaft aufgrund der Gläubigerschutzbestimmungen nicht befriedigt oder sichergestellt werden; vgl RG H R R 1942 Nr 257 zur Beendigung eines eingetragenen Vereins; B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 Rz 5). Diese Auffassung ist abzulehnen, weil bei der Miete durch eine juristische Person nicht die gleiche Interessenlage besteht, wie sie § 569 voraussetzt. Hier tritt das persönliche Element in den Hintergrund, das bei der Überlassung der Mietsache an eine natürliche Person für den Vermieter unabhängig von seiner eigenen Rechtsnatur idR von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Wird eine juristische Person durch eine andere ersetzt, werden die Interessen des Vermieters nicht in gleicher Weise betroffen wie beim Tod eines Mieters. Auf der anderen Seite ist es ebensowenig gerechtfertigt, dem Gesamtrechtsnachfolger einer juristischen Person als Mieter ein außerordentliches Kündigungsrecht zuzugestehen. Anders als idR der Tod eines Menschen beruhen Verschmelzung und Umwandlung auf einem Willensakt der Gesellschafter. Der Bedarf an der Mietsache fällt also nicht unfreiwillig fort. Das aber ist wie auch sonst im Mietrecht kein Grund, das Mietverhältnis vorzeitig beenden zu können. § 569 ist deshalb auf juristische Personen als Mieter generell nicht anwendbar (im Ergebnis ebenso B R A N D N E R NJW 1960, 127, 128 mit Fn 12; M ü n c h K o m m - V o E L S K O W § 5 6 9 R z 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 1; PERGANDE §
569 Anm 3). III. Rechtsfolgen 1. Allgemeines
9
a) Dem Erben des Mieters und dem Vermieter wird ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung eingeräumt (§ 564 Rz 32 f). Dieses Kündigungsrecht ist (713)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§569 10-13
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
praktisch wichtig, wenn ein befristetes Mietverhältnis noch längere Zeit über den Tod des Mieters hinaus andauert. Die gleiche Bedeutung ergibt sich, wenn bei einem unbefristeten Mietverhältnis die ordentliche Kündigung nach dem Vertrag für eine gewisse Zeit ausgeschlossen ist oder wenn vertraglich oder gesetzlich (§ 565 Abs 2 S 2) längere als die normalen gesetzlichen Kündigungsfristen bestehen. 10 b) Bei der außerordentlichen befristeten Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum sind die Bestimmungen des § 564 a einzuhalten (§ 564 a Rz 9). Insbesondere ist die Schriftform zu wahren. Der Vermieter kann ein solches Mietverhältnis nur kündigen, wenn ihm ein berechtigtes Interesse iS des § 564 b zur Seite steht (AG Hamburg WuM 1980,256 [LS]; s oben § 564 b Rz 13; aM HABLITZEL ZMR 1980, 289). Nach umstrittener Ansicht kann der Erbe der außerordentlichen befristeten Kündigung durch den Vermieter unter den Voraussetzungen des § 556 a widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen (§ 556 a Rz 15 ff). Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge greift der Bestandsschutz nunmehr für den Erben als Mietpartei ein. Dabei ist eine Härte iS des § 556 a nicht bereits dann auszuschließen, wenn er die Wohnung des Erblassers bisher noch nicht bewohnt hat. Dieses Recht steht ihm als Rechtsnachfolger grundsätzlich zu. Die Härte ist im Hinblick darauf zu beurteilen, ob ihm dieses Recht unter Berücksichtigung seiner bisherigen Wohnverhältnisse und der entgegenstehenden Interessen des Vermieters verwehrt werden kann. 11 2. Kündigungsrecht des Erben a) Das Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung des Mietverhältnisses steht dem Erben des Mieters zu. Wer Erbe ist, richtet sich nach den §§ 1922 ff. Entscheidend ist die materielle Erbberechtigung. Das Mietrecht sieht ganz allgemein nicht vor, daß sich der Erbe bei Rechtsgeschäften mit dem Vermieter als Rechtsnachfolger des Mieters legitimieren muß. Eine solche Legitimation ist auch nicht für einseitige Rechtsgeschäfte wie die Kündigung aus § 569 vorgeschrieben (KG JW 1918, 5 1 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 9 R z 6; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 3; MITTELSTEIN 4 8 6 f; ders Recht 1 9 1 0 , 2 6 6 , 2 6 7 f; MünchKomm-VoELSKOw § 5 6 9 Rz 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 Anm 1; STERNEL RZ IV 3 6 6 ) . Die abweichende Auffassung beruft sich auf die §§ 1 1 1 , 1 7 4 , 182, 4 1 0 , 1 1 6 0 , 1 8 3 1 und will daraus ein Recht des
Vermieters herleiten, eine ohne Legitimation ausgesprochene Kündigung zurückzuweisen (KG OLGE 28, 154). Dies findet im Gesetz jedoch keine Stütze, da die genannten Vorschriften nicht Ausdruck eines das Gesetz allgemein beherrschenden Grundgedankens sind (vgl RGZ 74, 2 6 3 , 2 6 7 ) . Deshalb scheidet eine entsprechende Anwendung aus. 12 Die Legitimation spielt nur insofern eine Rolle, als ein Scheinerbe, für den unrichtigerweise ein Erbschein ausgestellt ist, das Mietverhältnis aufgrund des § 2367 mit Wirkung für und gegen den wahren Erben kündigen kann (BARTHOLOMEYCZIKSCHLÜTER, Erbrecht [11. Aufl 1980] § 3 3 VI 1 c; ERMAN-BARTHOLOMEYCZIKSCHLÜTER § 2 3 6 7 Rz 2; HOFFMANN JuS 1 9 6 8 , 2 2 8 ; KIPP-COING, Erbrecht [13. Bearb 1978] § 103 II 1; LANGE-KUCHINKE, Erbrecht [2. Aufl 1978] § 41 VII 3 b; PALANDT-KEIDEL § 2 3 6 7 Anm 1; WIEGAND JUS 1976, 2 8 3 , 2 8 4 ) . Dabei kommt es nach § 2 3 6 6 nur darauf an, daß der Vermieter hinsichtlich der Unrichtigkeit des Erbscheins nicht bösgläubig ist. Der Erbschein muß ihm aber nicht vorgelegt worden sein. Er braucht dessen Existenz nicht einmal zu kennen. 13 Das Kündigungsrecht des Erben aus § 569 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß er ein geerbtes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt und nach den §§ 25, 27 HGB für die Geschäftsverbindlichkeiten unbeschränkt haftet (RGZ 130, 52; B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 Rz 5). Ist Nachlaßverwaltung oder TestamentsvollJürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(714)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 14-17
Streckung angeordnet, steht das Kündigungsrecht nicht dem Erben, sondern nur dem Nachlaßverwalter oder Testamentsvollstrecker zu. Es handelt sich nicht um ein höchstpersönliches Recht des Erben, sondern fällt in die Zuständigkeit des Verwalters und ist damit der Verfügungsbefugnis des Erben nach den §§ 1984 Abs 1 S 1, 2 2 1 1 Abs 1 entzogen (RGZ 74, 35 zum Testamentsvollstrecker; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 3; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 1; PERGANDE § 5 6 9 A n m 3; a M O L G
Augsburg OLGE 17, 14). Ist der Ehegatte des Mieters nicht Erbe und auch nicht Mitmieter (Rz 7), steht ihm kein Kündigungsrecht aus § 569 zu. b) Hat der Mieter mehrere Erben hinterlassen, kann das Recht zur außerordentlichen 14 Kündigung nach allgemeinen Grundsätzen (§ 564 Rz 22 f) und insbesondere wegen § 2040 nur von allen Erben gemeinsam ausgeübt werden (ERMAN-SCHOPP § 569 Rz 3; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 1; PERGANDE § 5 6 9 A n m 3; ROQUETTE § 5 6 9 R z 10; SOERGEL-KUMMER § 5 6 9 Rz 4). Dies bedeutet aber nicht, daß die Erben gleichzeitig
oder sogar in einem einheitlichen Rechtsakt kündigen müssen. Es genügt, wenn sie einen Miterben bevollmächtigen oder in dessen Kündigung einwilligen. Bei vollmachtlosem Handeln eines Miterben gilt § 180. Im übrigen ist eine rückwirkende Genehmigung nicht möglich, da die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft keinen Schwebezustand verträgt. 3. Kündigungsrecht des Vermieters 15 In gleicher Weise wie dem Erben steht dem Vermieter ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung zu. Handelt es sich um mehrere Vermieter, können sie von ihrem Kündigungsrecht nur einheitlich Gebrauch machen (§ 564 Rz 22 f). Die Kündigung muß grundsätzlich gegenüber dem Erben erklärt werden (Rz 21). Unter den Voraussetzungen der §§ 2 3 6 6 , 2 3 6 7 kann sie auch durch Erklärung gegenüber einem Scheinerben mit Wirkung für und gegen den wahren Erben wirksam werden (Rz 12 zur Kündigung durch den Scheinerben). Handelt es sich um mehrere Erben, muß der Vermieter allen gegenüber kündigen. Dies gilt auch, wenn nur einer der Miterben die Mietsache in Gebrauch genommen hat, zB die Wohnung des Erblassers bezogen hat. Die Kündigung gegenüber sämtlichen Miterben wird nicht dadurch entbehrlich, daß diese sich im Wege der Erbauseinandersetzung geeinigt haben, ein Miterbe solle allein aus dem Mietverhältnis berechtigt sein (so aber OLG München HRR 1 9 4 0 Nr 1 2 9 9 ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 9 Rz 4). Darin liegt eine Vertragsübernahme, die unabhängig von ihrer rechtlichen Qualifizierung nur mit Zustimmung aller Beteiligten wirksam wird (PALANDT-HEINRICHS § 398 Anm 4). Solange der Vermieter nicht zustimmt oder nicht schon im Mietvertrag seine Einwilligung erklärt hat, bleiben die anderen Miterben ihm gegenüber Vertragspartei. Die allen Miterben gegenüber erforderliche Kündigung kann nur bei einer Empfangsvollmacht an den einzelnen Miterben gerichtet werden (§ 164 Abs 3). Allerdings kann eine Erbauseinandersetzung dahin gehend auszulegen sein. Kündigt der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum, gelten die §§ 556 a, 16 564 a, 564 b (Rz 10). 4. Kündigungsfrist 17 Erbe und Vermieter sind berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die gesetzliche Frist ergibt sich aus § 565 Abs 5 (s dort Rz 74 ff). Sie richtet sich nach dem Mietgegenstand und gilt für beide Seiten in gleicher Weise. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum sind die verlängerten Fristen des § 565 Abs 2 S 2 nicht maßgebend, da Abs 5 hierauf nicht verweist (LG Köln WuM 1973, 255). Auch § 565 c ist aus diesem Grund nicht anwendbar. (715)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§569 18-21
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
18 5. Kündigungstermin (Abs 1 S 2) a) Die Kündigung kann nur für den ersten Termin ausgesprochen werden, für den sie zulässig ist. Dieser Termin richtet sich nach den Kündigungsfristen, die gern § 565 Abs 5 bei einem Mietverhältnis der betreffenden Art einzuhalten sind (§ 565 Rz 75). Ausgangspunkt für die Ermittlung des ersten zulässigen Kündigungstermins ist nicht ohne weiteres der Zeitpunkt, in dem der Mieter gestorben ist. Dem Zweck des § 569 wird es nicht gerecht, allein auf die sich nach dem Todeszeitpunkt objektiv ergebende Kündigungsmöglichkeit abzustellen. Entscheidend ist vielmehr, ob es den Parteien subjektiv möglich ist, unter Berufung auf § 569 zu kündigen. Dies setzt auf seiten des Erben voraus, daß er vom Tod des Mieters, von seiner Erbfolge sowie Namen und Adresse des Vermieters Kenntnis erlangt hat. Entsprechendes gilt für den Vermieter (LG Köln WuM 1973, 255). Hiernach ist derjenige Kündigungstermin einzuhalten, für den dem Berechtigten bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die Kündigung erstmalig subjektiv möglich ist (RGZ 74, 35, 38 f; LG Köln MDR 1967, 845; A G Köln WuM 1961, 89; B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 Rz 7; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 2 ; ROQUETTE § 5 6 9 R z 1 7 ; STERNEL R Z I V
366; vgl RGZ 98,273,275 zu § 57 ZVG; RGZ 103,271,274). Daraus kann sich eine Erkundigungspflicht hinsichtlich der weiteren Umstände ergeben, sobald der Tod des Mieters bekannt ist. Dies erstreckt sich auf die Einholung von Rechtsrat, um die Erbberechtigung oder das Kündigungsrecht aus § 569 zu klären. Eine infolge Rechtsunkenntnis verspätete Kündigung ist deshalb unwirksam (LG Leipzig DWohnA 1928, 385). 19 b) Wenn der Kündigungsberechtigte hiernach ohne sein Verschulden daran gehindert sein muß, zum objektiv erstmöglichen Termin nach dem Tod des Mieters zu kündigen, so handelt es sich um eine Form des Verschuldens in eigenen Angelegenheiten. Für den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab gilt § 276 entsprechend ( E R M A N - S I R P § 254 Rz 9). Dabei ist Verschuldensfähigkeit iS der §§ 827,828 erforderlich (LARENZ I § 31 I a). Bei Minderjährigen kommt es in erster Linie auf das Verhalten des gesetzlichen Vertreters an (§ 278 entspr). Im übrigen ist entscheidend, ob der Minderjährige die erforderliche Einsicht hat, daß es nachteilige Folgen für ihn haben kann, wenn er im Zusammenhang mit dem Tod des Mieters keine weiteren Erkundigungen anstellt, um sein außerordentliches Kündigungsrecht wahrzunehmen. Darüber hinaus ist dem Minderjährigen eine Kündigung nur möglich, wenn er einen gesetzlichen Vertreter hat (§ 111 S 1). Das gleiche gilt für die Kündigung gegenüber einem Minderjährigen (§ 131). Hierdurch kann der Kündigungstermin weiter hinausgeschoben werden (OLG Kiel SeuffA 64 Nr 188; ERMAN-SCHOPP § 569 Rz 4; s zum Einfluß des § 569 a dort Rz 46 ff, 50). 20 c) Der Kündigungstermin ist nicht von der Annahme der Erbschaft abhängig. Dies ist für die Erbberechtigung und damit für das Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht entscheidend. Die Annahme hat nur zur Folge, daß das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft verlorengeht und der vorläufige Erbschaftserwerb in einen endgültigen umgewandelt wird (§ 1943). Die Kündigung ist aber schon dem vorläufigen Erben möglich, ohne daß er dadurch ohne weiteres eine Annahme der Erbschaft erklären würde (§ 1959 Abs 2). Ebenso kann der Vermieter gegenüber dem vorläufigen Erben kündigen. Die Wirkung der Kündigung wird durch eine spätere Ausschlagung der Erbschaft nicht in jedem Fall beeinträchtigt (§ 1959 Abs 2 u 3; s aber zur Prozeßführung gegen den vorläufigen Erben § 1958). 21 d) Ist eine Testamentsvollstreckung angeordnet und erstreckt sie sich auf das Mietverhältnis, so kann nur der Testamentsvollstrecker kündigen. Dies ist ihm erst nach der Annahme des Amtes möglich (§ 2202 Abs 1). Auf eine vorherige Testamentseröffnung kommt es insoweit nicht an (RGZ 74, 35, 37). Der Erbe kann Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(716)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 22-24
auch vor der Annahme des Amtes durch den Testamentsvollstrecker nicht kündigen, da seine Verfügungsbefugnis schon vom Erbfall an beschränkt ist (BGHZ 25, 275, 2 8 2 = JZ 1 9 5 8 , 1 6 7 m Anm COING). Die Beschränkungen des Erben aufgrund der Nachlaßverwaitung treten dagegen erst mit deren Anordnung ein (§ 1984 Abs 1 S 1). Soweit dem Erben die Verwaltungsbefugnis durch Testamentsvollstreckung oder Nachlaßverwaltung entzogen ist, kann der Vermieter gegenüber dem Verwalter kündigen (vgl ERMAN-HENSE § 2 2 0 5 Rz 6; PALANDT-KEIDEL § 2 2 0 5 Anm 1 b ii). Dies bedeutet bei Anordnung einer Testamentsvollstreckung aber nicht, daß der Vermieter frühestens erst nach Annahme des Amtes durch den Testamentsvollstrecker zu kündigen braucht. Die Empfangszuständigkeit des Erben für die Entgegennahme einer Kündigung wird durch Nachlaßverwaltung oder Testamentsvollstreckung nicht beeinträchtigt, da der Erbe hierbei keine Verfügung trifft (vgl aber zum Konkurs JAEGER, Konkursordnung [8. Aufl 1958] § 19 Anm 12). Konsequenterweise kann dann aber die Widerspruchsfrist des § 556 a Abs 6 erst zu laufen beginnen, wenn der Testamentsvollstrecker sein Amt angenommen hat (§ 207 analog). e) Stirbt der Mieter nach Abschluß des Mietvertrags, aber noch vor Beginn der 22 Mietzeit, so ist es nach Sinn und Zweck des § 569 geboten, die außerordentliche Kündigung sofort zuzulassen. Deshalb kann auch der erstzulässige Kündigungstermin schon vor Beginn der Mietzeit liegen ( K G OLGE 2 0 , 191; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 9 R z 7 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 4; GOLDMANN S ä c h s A r c h 1910, 4 5 4 ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 9 Rz 8; vgl oben § 5 6 4 Rz 18, unten § 5 7 0 Rz 18; aM MITTELSTEIN 4 8 9 ; NIENDORFF 3 7 6 ) . Entscheidend ist nur, daß die vertragliche
Bindung bereits besteht und deshalb eine Lösung im Wege der außerordentlichen Kündigung notwendig ist.
IV. Ausnahmetatbestände (Abs 2) 23 Die Vorschriften des § 569 Abs 1 gelten nicht, wenn bei einem Mietverhältnis über Wohnraum die Voraussetzungen der §§ 569 a oder 569 b für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Ehegatten oder anderen Familienangehörigen des gestorbenen Mieters gegeben sind. Diese Bestimmungen regeln das Recht zur außerordentlichen Kündigung in besonderer Weise (§ 569 a Rz 38 ff, 48 f; § 569 b Rz 14 f). V. Abweichende Vereinbarungen 24 1. Nach nahezu einhelliger Meinung ist die Regelung des Abs 1 kein zwingendes Recht (RGZ 74, 35, 37; OLG Hamburg OLGE 7, 464; OLGE 11, 314; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 9 R z 2; HANS § 5 6 9 A n m 4 ; MITTELSTEIN 4 8 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 1; PERGANDE § 5 6 9 A n m 6 ; SOERGEL-KUMMER § 5 6 9 R z 2 ; zweifelnd ROQUETTE § 5 6 9 Rz 19 für einen Ausschluß zu Lasten des Erben). Die
Regelung steht im Interesse beider Parteien und ist deshalb abweichenden Vereinbarungen zugänglich. Dies gilt auch zu Lasten des Erben, da hierdurch keine unverzichtbaren Schutzrechte des sozialen Mietrechts betroffen werden und der Erbe in vollem Umfang in die Rechtsstellung des Erblassers eintritt. Er unterliegt damit denselben vertraglichen Bindungen. Die Parteien können das außerordentliche Kündigungsrecht ausschließen oder abweichend von Abs 1 regeln. Dabei können sie die Voraussetzungen für eine oder beide Parteien erleichtern (Rz 7) oder verschärfen. Sie können auch eine andere Kündigungsfrist bestimmen, soweit hierzu im Rahmen des § 565 Raum ist (§ 565 Rz 76). Eine abweichende Vereinbarung muß sich eindeutig aus dem Mietvertrag ergeben (OLG Dresden OLGE 1 7 , 1 3 ; OLG Stuttgart Recht 1 9 0 8 Nr 1 5 3 5 ) . Das Kündigungsrecht kann nach § 9 AGBG wegen der (717)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 569, 569 a 25
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
zugrunde liegenden besonderen Situation nicht formularmäßig eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGB Kommentar [3. Aufl 1978] Anh §§ 9-11 Rz 509; aM MünchKomm-VoELSKOw § 569 Rz 10). Dies gilt nicht nur für befristete Mietverhältnisse und Wohnraummiete (insoweit aM STERNEL Rz II 5 2 , IV 3 6 5 ) . 25 2. Die Ausnahmeregelung des Abs 2 ist insoweit zwingender Natur, als dies nach § 569 a Abs 7 für die dortigen Bestimmungen gilt (§ 569 a Rz 52). Hierdurch wird insbesondere eine vertragliche Erweiterung des Kündigungsrechts bei mehreren Mietern (Rz 7) im Verhältnis zu eintrittsberechtigten Ehegatten oder Familienangehörigen ausgeschlossen. § 569 b enthält eine dem § 569 entsprechende Regelung und ist insoweit selbst abdingbar (§ 569 b Rz 16).
§ 569 a In ein Mietverhältnis über Wohnraum, in dem der Mieter mit seinem Ehegatten den gemeinsamen Hausstand führt, tritt mit dem Tode des Mieters der Ehegatte ein. Erklärt der Ehegatte binnen eines Monats, nachdem er von dem Tode des Mieters Kenntnis erlangt hat, dem Vermieter gegenüber, daß er das Mietverhältnis nicht fortsetzen will, so gilt sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt; § 206 gilt entsprechend. Wird in dem Wohnraum ein gemeinsamer Hausstand mit einem oder mehreren anderen Familienangehörigen geführt, so treten diese mit dem Tode des Mieters in das Mietverhältnis ein. Das gleiche gilt, wenn der Mieter einen gemeinsamen Hausstand mit seinem Ehegatten und einem oder mehreren anderen Familienangehörigen geführt hat und der Ehegatte in das Mietverhältnis nicht eintritt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend; bei mehreren Familienangehörigen kann jeder die Erklärung für sich abgeben. Sind mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis eingetreten, so können sie die Rechte aus dem Mietverhältnis nur gemeinsam ausüben. Für die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis haften sie als Gesamtschuldner. Der Ehegatte oder die Familienangehörigen haften, wenn sie in das Mietverhältnis eingetreten sind, neben dem Erben für die bis zum Tode des Mieters entstandenen Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner; im Verhältnis zu dem Ehegatten oder den Familienangehörigen haftet der Erbe allein. Hat der Mieter den Mietzins für einen nach seinem Tode liegenden Zeitraum im voraus entrichtet und treten sein Ehegatte oder Familienangehörige in das Mietverhältnis ein, so sind sie verpflichtet, dem Erben dasjenige herauszugeben, was sie infolge der Vorausentrichtung des Mietzinses ersparen oder erlangen. Der Vermieter kann das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Ehegatten oder Familienangehörigen, der in das Mietverhältnis eingetreten ist, ein wichtiger Grund vorliegt; die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. § 556 a ist entsprechend anzuwenden. Treten in ein Mietverhältnis über Wohnraum der Ehegatte oder andere Familienangehörige nicht ein, so wird es mit dem Erben fortgesetzt. Sowohl der Erbe als der Vermieter sind berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen; die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. Eine von den Absätzen 1, 2 oder 5 abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(718)
§569 a 3. Titel. Miete. Pacht Art I Nr 22 MietRÄndG II vom 14.7.1964 (BGBl I 457); Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 12 (zu Art 16 u 17); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 6; Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55,6045 (A) ff, Umdruck 445, 6056 (D), Umdruck 452, 6058 (D).
Schrifttum BRÜHL, Neuestes Wohnraum-Mietrecht, FamRZ 1964, 541, 545; BURKHARDT, Die zweite Mietrechtsnovelle, B B 1964, 771, 776; ders, Die Sonderrechtsnachfolge in ein Mietverhältnis über Wohnraum (§§ 569 a, 569 b BGB), WuM 1964, 161; GLASER, Das mietrechtliche Schlußgesetz, MDR 1964,800,803; ders, Tod des verlobten Mieters, B1GBW1966,196; HÄUSLER, Zweites Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, DWW 1964, 214, 218; HOLTGRÄVE, Änderung mietrechtlicher Vorschriften, Betrieb 1964, 1051, 1054; SIEGELMANN, Die Rechtslage nach dem Tode eines Ehegatten im neuen Wohnungsmietrecht, WuM 1965, 199 u B1GBW 1965, 127; H P WESTERMANN, Die Rechtslage der Familienwohnung, in: Deutsche zivil-, kollisions- und wirtschaftsrechtliche Beiträge zum X. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung in Budapest 1978 (1978) 3, 18.
Systematische Ubersicht I. 1. 2. 3.
2. Rechtsfolgen 22 a) Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis (Abs 2 S 1, 4, 5) 22 b) Ablehnungsrecht der Familienangehörigen (Abs 2 S 3) 23
Allgemeine Kennzeichnung Überblick 1 Entstehung der Vorschrift 2 Zweck der Vorschrift 3
II. Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis (Abs 1) 1. Voraussetzungen (Abs 1 S 1) 4 a) Mietverhältnis über Wohnraum 4 b) Tod des Mieters 5 c) Führung eines gemeinsamen Hausstandes mit dem Ehegatten 9 2. Rechtsfolgen 11 a) Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis (Abs 1 S 1) 11 b) Ablehnungsrecht des Ehegatten (Abs 1 S 2) 12 ID. Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis (Abs 2) 1. Voraussetzungen (Abs 2 S 1 u 2) 18
IV. Haltung der eintretenden Personen für Erblasserschulden (Abs 3) 27 V. Ausgleich von Mietvorauszahlungen (Abs 4) 32 VI. Kttndigungsrecht des Vermieters (Abs 5) 38 VII. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben (Abs 6) 46 V m . Unabdingbarkeit (Abs 7) 52
Alphabetische Ubersicht Ablehnungsrecht - des Ehegatten 12 ff - der Familienangehörigen 23 ff - Frist zur Ablehnung 13 ff, 24 ff - Kündigungsrecht 49 - Wirkung der Ablehnung 16, 26 Abweichende Vereinbarungen 1, 50, 52 Ausgleich von Mietvorauszahlungen 1, 32 ff - Haftungsbeschränkungen, erbrechtliche 37 - Mietvorauszahlung 33 - Verpflichtung zur Herausgabe 34 ff Ausschlagung der Erbschaft 12 (719)
Baukostenzuschuß 33 Ehegatte 9 Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis 4 ff, 21 - Rechtsfolgen 11 ff - Voraussetzungen 4 ff Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis 17 ff - Rechtsfolgen 22 ff - Subsidiarität 21
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§569 1
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
- Voraussetzungen 17 ff Entstehung der Vorschrift 2 Familienangehöriger 19 Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben 46 ff - Kündigungsrecht der Mietparteien 1, 12, 46, 48 ff - Rechtsfolgen 47 ff - Voraussetzung 46
Kündigungserklärung 42 Kündigungsfrist 43, 48 f Kündigungsgrund 39, 42, 49 Kündigungstermin 44, 50 Mieterdarlehen 33 Mietverhältnis 1, 4, 17 - gemeinschaftliches, von Eheleuten 1 - über eine Werkwohnung 4 - über Wohnraum 4, 17 Mietvorauszahlungen, s Ausgleich
Gesellschaft als Mieter 8 Pacht 4 Haftung der eintretenden Personen für Erblasserschulden 11, 22, 27 ff - gesamtschuldnerische Haftung neben dem Erben 29 - Rückgriff gegen den Erben 29 f, 37 - Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis 28 Hausstand, gemeinsamer 2, 9 f, 20 - Trennung der Ehegatten 10 Juristische Person 7, 8 Kündigung, außerordentliche befristete - Ausschluß 40 f, 50 - des Ehegatten des Erblassers 12, 15 - bei Eintritt mehrerer Familienangehöriger in das Mietverhältnis 40 - bei Eintritt in ein zwischen mehreren Personen bestehendes Mietverhältnis 41 - des Erben 1, 12, 15, 46, 48 ff - aus wichtigem Grund 39, 49 - der Mietparteien 1, 12, 46, 48 ff - Sozialklausel 39, 45, 51 f - des Vermieters 1, 31, 38 ff, 46, 48 ff
Rückgriff eines Sonderrechtsnachfolgers gegen den Erben 29 f, 37 Sonderrechtsnachfolge - des Ehegatten 1, 11, 16 - der Familienangehörigen 1, 22, 26 Sozialklausel 39, 45, 51 f Tod - des Gesellschafters einer Personengesellschaft 8 - des Mieters 5 ff, 18 - eines Mitmieters 6 f, 18 Unabdingbarkeit 1, 52 Verbindlichkeiten des Mieters aus dem Mietverhältnis 28 Werkwohnung 4 Wohnraum 4 Zweck der Vorschrift 3
I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Nach den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen geht ein Mietverhältnis beim Tode des Mieters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über (§§ 1922 Abs 1, 1967; vgl § 569). Demgegenüber tritt nach § 569 a bei einem Mietverhältnis über Wohnraum eine Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten oder der Familienangehörigen ein, mit denen der Mieter einen gemeinsamen Hausstand geführt hat (Abs 1 u 2). Bei einem gemeinschaftlichen Mietvertrag von Eheleuten greift § 569 b als Sonderregelung ein. Der Ehegatte oder die Familienangehörigen können den Eintritt in das Mietverhältnis innerhalb eines Monats ablehnen (§ 569 a Abs 1S 2, Abs 2 S 3). Andererseits steht dem Vermieter ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu, sofern in der Person des Eintretenden ein wichtiger Grund vorliegt (Abs 5). Tritt keiner der Berechtigten in das Mietverhältnis ein, so wird es mit dem Erben fortgesetzt. In diesem Fall steht beiden Seiten ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu (Abs 6). Die Haftung für die auf dem Mietverhältnis beruhenden Erblasserschulden wird in Abs 3 der Sonderrechtsnachfolge angepaßt. Jürgen Sonnenschein
2. Bearbeitung 1981
(720)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 a 2—4
Abs 4 betrifft den Ausgleich von Mietvorauszahlungen zwischen dem Erben und dem in das Mietverhältnis eintretenden Ehegatten oder Familienangehörigen. Abs 7 erklärt einen Teil der Regelung des § 569 a für unabdingbar. 2. Entstehung der Vorschrift
2
Die Vorschrift geht zurück auf § 19 MietSchG. Sie ist zusammen mit § 569 b durch Art I Nr 22 MietRÄndG II vom 14.7.1964 (BGBl 1457) in das BGB aufgenommen worden und ist seitdem unverändert geblieben. 3. Zweck der Vorschrift
3
Die Vorschrift dient entsprechend den Zielen des sozialen Mietrechts dem Bestandsschutz von Mietverhältnissen. Dieser Bestandsschutz soll dem Ehegatten und den Familienangehörigen des verstorbenen Mieters unabhängig davon zugute kommen, ob sie dessen Erben sind. Entscheidend ist nur, daß der Mieter mit ihnen einen gemeinsamen Hausstand geführt hat. Diese Personen sind in besonderer Weise schutzbedürftig, weil die gemeinsame Wohnung für sie den Mittelpunkt der Lebensführung bildet. Der dadurch bedingte Schutz wirkt sich in doppelter Weise aus. Im Verhältnis zum Vermieter wird ihnen das Recht zugestanden, das Mietverhältnis fortzusetzen und damit den Wohnraum zu behalten, auch wenn sie nicht kraft Erbrechts hierzu berufen sind. Darüber hinaus sind diese Personen wegen der engen persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu dem verstorbenen Mieter einem etwaigen Erben gegenüber bevorrechtigt, in das Mietverhältnis einzutreten (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 77). Innerhalb des berechtigten Personenkreises hat unabhängig von einer Erbberechtigung der Ehegatte den Vorrang vor sonstigen Familienangehörigen (Abs 2 S 2). II. Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis (Abs 1) 1. Voraussetzungen (Abs 1 S 1) a) Mietverhältnis über Wohnraum Es muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen (Vorbem 24 ff zu §§ 535,536; § 5 5 6 a R z 5 f f ; § 5 6 4 b R z 9 f ) . E s kann sich um ein Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit handeln. Die Vereinbarung einer Verlängerungsklausel oder einer auflösenden Bedingung spielt keine Rolle. Dies gilt wegen § 565 a Abs 2 selbst dann, wenn das Mietverhältnis auflösend bedingt durch den Tod des Mieters ist (§ 565 a Rz 14). Die Merkmale einer selbständigen Wohnung (§ 564 b Rz 43) brauchen nicht vorzuliegen. Der Wohnraum kann unmöbliert oder möbliert vermietet sein. Auch Wohnraum iS des § 565 Abs 3 wird erfaßt. Das Mietverhältnis kann auf Dauer oder zu nur vorübergehendem Gebrauch abgeschlossen sein ( P E R G A N D E § 569 a Anm 1). Die weitere Voraussetzung einer gemeinsamen Hausstandsführung ist im letzteren Fall nicht ohne weiteres ausgeschlossen. Die Vorschrift gilt für Werkwohnungen iS der §§ 565 b-565 e, also auch für Werkdienstwohnungen, soweit die Frage der Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums den Bestimmungen des Mietrechts unterliegt (§§ 565 b-565e Rz 58 ff; P E R G A N D E aaO). Auf Pachtverhältnisse ist § 569 a dagegen selbst dann nicht anwendbar, wenn die Pächterwohnung gegenüber dem Anteil der übrigen Pachtgegenstände überwiegt und deshalb die Anwendung mietrechtlicher Vorschriften nach den für Mischmietverhältnisse geltenden Grundsätzen an sich naheliegt (§ 564 b Rz 10). Für das (721)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
4
§ 569 a 5-7
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Pachtverhältnis muß hinsichtlich aller Pachtgegenstände eine einheitliche Rechtsnachfolge eintreten, die sich nach erbrechtlichen Vorschriften richtet (vgl BGBR G R K - G E L H A A R § 5 6 9 a R z 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 a A n m
1).
5 b) Tod des Mieters aa) Der Mieter muß gestorben sein. Gleichbedeutend mit dem natürlichen Tod ist die Todeserklärung eines Verschollenen, da sie nach § 9 Abs 1 VerschG eine Todesvermutung begründet. Die Verschollenheit allein reicht nicht aus, da nach § 10 VerschG eine Lebensvermutung gilt, solange der Mieter nicht für tot erklärt worden ist (§ 569 Rz 6). Dem Tod ist es wegen der abweichenden Interessenlage und Willensrichtung der Parteien nicht gleichzustellen, wenn ein Ehegatte alleiniger Mieter ist und den Mietvertrag ohne Absprache und gegen den Willen des anderen Ehegatten kündigt. Diesem Ehegatten kann nicht im Wege der Analogie zu § 569 a ein Eintrittsrecht eingeräumt werden ( H P W E S T E R M A N N , Die Rechtslage der Familienwohnung 18; aM M ü n c h K o m m - W A C K E [1978] § 1353 Rz 30; vgl H A N I S C H NJW 1963, 1033, 1036). 6 bb) Haben mehrere Mieter den Vertrag abgeschlossen und stirbt einer von ihnen, ist die Anwendung des § 569 a problematisch. Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, die Vorschrift gelte nur, wenn der verstorbene Mieter alleiniger Mieter gewesen sei ( H A N S § 569 a Anm 1; MünchKomm-VOELSKOW § 569a Rz 12; vgl auch SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 77 aE; SOERGEL-KUMMER §§ 569 a-569 b Rz 3). Sei der Ehegatte zusammen mit dem Verstorbenen Mieter gewesen, so gelte § 569 b. Sei ein anderer Familienangehöriger Mitmieter des Verstorbenen, greife keine Sonderregelung ein. Das Mietverhältnis besteht vielmehr mit dem Überlebenden unter den bisherigen Bedingungen fort ( H A N S aaO u § 569 Anm 6). 7 a) Diese Auffassung differenziert nur in unzureichender Weise zwischen den verschiedenen tatsächlichen und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Ist nur der andere Ehegatte Mitmieter, wird das Mietverhältnis nach § 569 b ausschließlich mit ihm fortgesetzt. Daneben ergibt sich aus § 569 a Abs 2 kein Eintrittsrecht anderer Familienangehöriger. Beide Vorschriften schließen sich zwar dem Wortlaut nach nicht ausdrücklich gegenseitig aus. Der Vorrang des Ehegatten gegenüber anderen Familienangehörigen ist jedoch mittelbar aus § 569 a Abs 2 S 2 zu entnehmen. Haben Familienangehörige gegenüber dem Eintrittsrecht des Ehegatten aus § 569 a Abs 1 zurückzutreten, so gilt dies erst recht, wenn das Mietverhältnis nach § 569 b mit dem Ehegatten als früherem Mitmieter fortgesetzt wird. Ist eine beliebige andere Person Mitmieter, steht dem Ehegatten oder den Familienangehörigen des verstorbenen Mitmieters nach § 569 a Abs 1 oder 2 ein Eintrittsrecht zu (vgl zu der ähnlichen Problematik des § 19 MietSchG OLG Braunschweig NJW 1959, 152 m Anm M Ü L L E R ; BETTERMANN, Kommentar zum Mieterschutzgesetz [1950 ff] § 19 Rz 7; K I E F E R S A U E R - G L A S E R , MietSchG § 19 Rz 3; R O Q U E T T E , Mietrecht [5. Aufl 1961] 208). Der Schutz dieser Personen ist unabhängig davon geboten, ob der verstorbene Mieter allein oder neben anderen Personen Mietpartei war. Der Wortlaut des § 569 a Abs 1 S 1, der vom „Tode des Mieters" spricht, schließt nicht aus, daß noch weitere Mieter vorhanden sind. Unerheblich ist es, ob der überlebende Mitmieter zum Hausstand des Verstorbenen gehört hat und ob er zum Kreis der Familienangehörigen zu zählen ist. Selbst wenn dies der Fall ist, wird das Eintrittsrecht des Ehegatten des Verstorbenen oder anderer Familienangehöriger dadurch nicht ausgeschlossen, da der Mitmieter insoweit nicht privilegiert ist (aM H A N S § 569 a Anm 1). Sind der Ehegatte und andere Personen Mitmieter, steht dem Ehegatten ein Eintrittsrecht hinsichtlich des Anteils des verstorbenen Mieters zu. Dies gilt auch, wenn der Mitmieter eine juristische Person ist (vgl aber Rz 8). § 569 b greift nicht ein, da diese Vorschrift davon ausgeht, daß nur die Ehegatten Mietpartei sind. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(722)
§569 a 3. Titel. Miete. Facht
8-10
ß) Aus den gleichen Gründen ist § 569 a anwendbar, wenn der Wohnraum von einer 8 nichtrechtsfähigen Personengesellschaft gemietet und von einem verstorbenen Gesellschafter bewohnt worden ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Mietvertrag von der Personengesellschaft selbst (§ 124 Abs 1 HGB für OHG und KG) oder wie bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts von der Gesamtheit der Gesellschafter abgeschlossen worden ist. In der Sache bestehen hinsichtlich der Berechtigung und Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters keine Abweichungen, da er rechtlich auf jeden Fall Mitmieter ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Personengesellschaft beim Tod des Gesellschafters aufgelöst wird oder nach dem Gesellschaftsvertrag fortbesteht (§ 727 Abs 1; § 131 Nr 4 HGB). Der notwendige Schutz der Familienangehörigen des verstorbenen Gesellschafters ist hiervon unabhängig. Die Vorschrift ist dagegen nicht anwendbar, wenn alleiniger Mieter eine juristische Person ist, die infolge einer Auflösung oder Gesamtrechtsnachfolge untergeht. Insoweit kommt wegen der andersartigen Interessenlage auch keine entsprechende Anwendung in Betracht, selbst wenn der Inhaber der Wohnung, zB ein Gesellschafter der juristischen Person, durch deren Untergang seine Wohnung verliert (§ 569 Rz 8).
c) Führung eines gemeinsamen Hausstandes mit dem Ehegatten
9
aa) Das Eintrittsrecht des § 569 a Abs 1 beschränkt sich auf den Ehegatten des verstorbenen Mieters. Die Vorschrift ist nur relevant, wenn der Ehegatte nicht bereits Mitmieter ist (§ 569 b). Wer Ehegatte ist, richtet sich allein nach den Vorschriften des Eherechts. Diese Eigenschaft beginnt mit der standesamtlichen Eheschließung (§§ 11 ff EheG). Sie endet, wenn die Ehe rechtskräftig für nichtig erklärt ( § 2 3 EheG), aufgehoben (§ 29 EheG) oder geschieden ist (§ 1564). Bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils bleibt § 569 a Abs 1 anwendbar und wird auch durch ein bereits schwebendes Verfahren nicht beeinträchtigt. Im Gegensatz zum Scheidungsund zum Aufhebungsurteil (§619 ZPO) kann ein Nichtigkeitsurteil noch nach dem Tod eines Ehegatten ergehen, wenn der Staatsanwalt die Nichtigkeitsklage zu Lebzeiten beider Ehegatten erhoben hat (§ 24 EheG, § 636 ZPO). Da das Nichtigkeitsurteil die Ehe mit rückwirkender Kraft vernichtet, entfällt mit Rückwirkung der gesetzliche Eintritt in das Mietverhältnis nach § 569 a Abs 1. Nichts anderes ergibt sich aus § 26 EheG, der eine abweichende Regelung nach Scheidungsrecht nur für die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander zuläßt. Der Verlobte ist einem Ehegatten nicht gleichzustellen (Rz 19). Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ist bürgerlich-rechtlich keine Ehe und rechtfertigt deshalb beim Tod eines Partners nicht die Anwendung des § 569 a. bb) Der verstorbene Mieter muß mit dem Ehegatten in dem Wohnraum einen 10 gemeinsamen Hausstand geführt haben. Dies setzt voraus, daß der Wohnraum für den Verstorbenen und den Ehegatten den Mittelpunkt der gemeinsamen Lebensund Wirtschaftsführung gebildet hat ( E R M A N - S C H O P P § 569 a Rz 3; P E R G A N D E § 569 a Anm 3; R O Q U E T T E § 569 a Rz 6). Entsprechend den im Steuerrecht maßgebenden Grundsätzen ist unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der beide Ehegatten berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen (BFHE 109, 363, 365 = BStBl II 1973, 640, 641). Anders als bei der Scheidung einer Ehe nach § 1565 kommt es für § 569 a entscheidend auf die häusliche, nicht auf die persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten an. Ist die Ehe insoweit gescheitert, wird die häusliche Gemeinschaft aber aufrechterhalten, bleibt § 569 a anwendbar, da diese Vorschrift kein nachträgliches Ersatzscheidungsrecht darstellt. Eine gemeinsame Wirtschaftsführung ist auch (723)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 569 a 11
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
gegeben, wenn nur einer der Ehegatten Einkünfte erzielt. Dabei ist es unerheblich, ob der überlebende Ehegatte von dem Verstorbenen Unterhalt bezogen hat ( P E R G A N D E § 569 a Anm 3). Eine vorübergehende Trennung, etwa aus beruflichen Gründen oder infolge Verbüßung einer zeitigen Freiheitsstrafe, hebt den gemeinsamen Hausstand idR nicht auf. Das gleiche gilt, wenn die Ehegatten aufgrund zwingender äußerer Umstände für eine nicht ohne weiteres absehbare Zeit räumlich getrennt leben, sofern sie die Absicht haben, die eheliche Verbindung in dem noch möglichen Rahmen aufrechtzuerhalten und nach dem Fortfall der Hindernisse die volle eheliche Gemeinschaft wiederherzustellen (vgl Abschn 174 Abs 2 EStR 1978 [BStBl 11979 Sondernummer 3]). Deshalb kann selbst bei einer schweren Erkrankung, Verbüßung einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe (aM P E R G A N D E § 569 a Anm 3; SIEGELMANN WuM 1965, 199) oder Verschollenheit eines Ehegatten noch ein gemeinsamer Hausstand anzunehmen sein. Auch in diesen Fällen ist es geboten, dem überlebenden Ehegatten die Wohnung zu erhalten. Die Ehegatten können aber selbst bei einer zunächst nur als vorübergehend beabsichtigten Trennung den gemeinsamen Hausstand dadurch aufgeben, daß sie die gemeinsame Lebens- und Wirtschaftsführung einstellen, wie es etwa bei einer „probeweisen" Trennung nach ehelichen Streitigkeiten der Fall sein kann. Entscheidendes Indiz ist, ob der ausziehende Ehegatte einen neuen, eigenen Hausstand begründet. Durch eine dauernde Trennung wird der gemeinsame Hausstand auf jeden Fall aufgegeben. Nicht erforderlich ist es, daß Scheidungsklage erhoben wird. Auch wenn die Ehegatten räumlich getrennt dieselbe Wohnung beibehalten, kann der gemeinsame Hausstand aufgehoben sein (BGBR G R K - G E L H A A R § 5 6 9 a R z 3 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 a R z 3 ; ROQUETTE § 5 6 9 a R z
7; STERNEL Rz I 78; aM H A N S § 569 a Anm 2 b). Dabei handelt es sich um einen tatsächlichen Zustand, der auch innerhalb einer Wohnung bestehen kann. Dies wird für die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft im Scheidungsrecht durch § 1567 Abs 1 S 2 ausdrücklich anerkannt. Die Ehegatten leben getrennt, wenn kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt wird und ein gelegentliches Zusammentreffen sich nur als räumliches Nebeneinander ohne persönliche Beziehung darstellt (vgl BGH NJW 1978, 1810; NJW 1979, 1360; OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 52; L A N T Z K E NJW 1979,1483,1484; D SCHWAB FamRZ 1979,15). Das Gesetz gibt in § 569 a bei einer dauernden Trennung für einen Schutz des überlebenden Ehegatten ebenso wie im Fall der Scheidung keine Handhabe.
11 2. Rechtsfolgen a) Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis (Abs 1 S 1) Der Ehegatte tritt mit dem Tode des Mieters in das Mietverhältnis über den Wohnraum ein. Es handelt sich um eine Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes (vgl BGHZ 36, 265, 268 = NJW 1962, 487, 488 zu § 19 MietSchG; s zur Haftung Rz 27 ff). Hierdurch entsteht allerdings kein gesetzliches Mietverhältnis. Der Ehegatte tritt in vollem Umfang in die Rechtsstellung des bisherigen Mieters ein. Er wird entweder Alleinmieter oder Mitmieter (Rz 7). Das frühere Mietverhältnis wird im übrigen unverändert fortgesetzt. Der Ehegatte ist Schuldner der Verbindlichkeiten, die nach seinem Eintritt entstehen. Vereinbarungen über die Mietzeit bleiben bestehen. Die Dauer der Überlassung des Wohnraums, die für eine spätere Kündigung nach § 565 Abs 2 S 2 wichtig ist, wird einschließlich der Besitzzeit des Rechtsvorgängers berechnet (§ 565 Rz 36). Die Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten tritt unabhängig von einer etwaigen Stellung als Erbe ein. Sie schließt zugleich die Gesamtrechtsnachfolge eines Erben (vgl Abs 6) und das Eintrittsrecht anderer Familienangehöriger aus (Abs 2 S 2). Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(724)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 a 12-15
b) Ablehnungsrecht des Ehegatten (Abs 1 S 2)
12
aa) Das Gesetz verfolgt das Prinzip, daß niemandem eine Rechtsstellung gegen seinen Willen aufgedrängt wird. Dementsprechend kann der Ehegatte innerhalb eines Monats, nachdem er von dem Tode des Mieters Kenntnis erlangt hat, dem Vermieter gegenüber erklären, daß er das Mietverhältnis nicht fortsetzen will. In diesem Fall gilt sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt. Die Ablehnung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Vermieter zugehen muß (§§ 130 ff). Sie ist nicht nach § 564 a Abs 1 S 1 formbedürftig. Es handelt sich nicht um eine Kündigung, da sie das Mietverhältnis nicht beendet, sondern den Weg frei macht für ein Eintrittsrecht anderer Familienangehöriger (Abs 2 S 2) oder für eine Fortsetzung mit dem Erben (Abs 6). Ist der Ehegatte zugleich Erbe, kann er sich dem Mietverhältnis letztlich nur durch außerordentliche befristete Kündigung (Abs 6 S 2) oder durch Ausschlagung der Erbschaft (§ 1945) entziehen. Dem Vermieter steht nach Abs 5 ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu (Rz 38 ff). bb) Die Ablehnungsfrist beträgt einen Monat. Sie beginnt frühestens in dem 13 Zeitpunkt, in dem der Ehegatte Kenntnis vom Tode des Mieters erlangt hat. Vermutungen oder Gerüchte reichen nicht aus. Eine Erkundigungspflicht besteht nicht, da das Gesetz nicht auf die Möglichkeit einer Kenntnisnahme abstellt. Auf die Kenntnis des Ablehnungsrechts kommt es nicht an. Im Falle der Todeserklärung beginnt die Frist nicht vor der Rechtskraft des entsprechenden Beschlusses, frühestens aber mit der Kenntnisnahme durch den Ehegatten, öffentliche Zustellung des Beschlusses ist hierfür kein Ersatz. Die Frist ist nach den §§ 186 ff zu berechnen. Ist der Ehegatte geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, ohne einen gesetzlichen Vertreter zu haben, gilt § 206 entsprechend (§ 569 a Abs 1 S 2 HS 2). Dadurch wird der Fristablauf gehemmt. Die Frist wird nach § 206 Abs 1 S 2 nicht vor Ablauf eines Monats vollendet, nachdem der Ehegatte unbeschränkt geschäftsfähig geworden ist oder der Mangel der Vertretung aufgehört hat (aM H A N S § 569 a Anm 2 d - sechs Monate). Die im Gesetz vorgesehene entsprechende Anwendung des § 206 ist im Grunde 14 überflüssig. Die Kenntnis vom Tode des Mieters setzt eine Ausschlußfrist für die Abgabe der Ablehnungserklärung in Gang. Es kann deshalb nur auf die Kenntnis desjenigen ankommen, der die Willenserklärung abzugeben hat. Das aber ist nur der Vertreter, solange der Ehegatte nicht selbst unbeschränkt geschäftsfähig ist. Insoweit hat § 166 Abs 1 entsprechend zu gelten. Die Ausschlußfrist beginnt also keineswegs immer in dem Zeitpunkt, in dem der Mangel der Vertretung aufgehört hat, selbst wenn der in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Ehegatte den Tod des Mieters schon vorher erfahren hat. Entscheidend ist die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters. Wird der Ehegatte unbeschränkt geschäftsfähig, so ist dieser spätere Zeitpunkt auch bei vorheriger Kenntnis entscheidend (vgl P A L A N D T - T H O M A S § 819 Anm 2 e mwN zu der im Rahmen des § 819 ähnlichen Problematik). Daß § 206 entsprechend angewendet werden soll, kann schließlich nicht dahin gehend interpretiert werden, der Schwebezustand solle nach Fortfall des Vertretungshindernisses endgültig beendet werden. Denn dieser Schwebezustand besteht generell so lange, wie die zur Ablehnung befugte Person keine Kenntnis vom Tod des Mieters hat. Wird die Ablehnungsfrist versäumt, kann der Ehegatte seinen Eintritt in das Mietverhältnis auch bei Rechtsunkenntnis nicht anfechten, da ein Irrtum hinsichtlich der gesetzlichen Sonderrechtsnachfolge keinen Anfechtungsgrund iS der §§ 119 ff abgibt. Ihm steht auch kein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung nach Abs 6 zu, selbst wenn er zugleich Erbe des Vermieters ist. Dieses Kündigungsrecht setzt voraus, daß nicht schon ein Eintritt als Ehegatte stattgefunden hat. Er kann sich von dem Mietverhältnis nur in der gleichen Weise lösen, wie es dem verstorbenen Mieter möglich gewesen wäre. (725) Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
15
§ 569 a 16-20
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
16 cc) Die fristgerechte Ablehnungserklärung des Ehegatten hat die Wirkung, daß sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt gilt (Abs 1 S 2 HS 1). Damit wird die bereits vollzogene Sonderrechtsnachfolge rückwirkend beseitigt. Die in der Person des Ehegatten aufgrund der Sonderrechtsnachfolge begründeten Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis erlöschen mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt, in dem der Mieter gestorben ist. Damit wird ein Eintrittsrecht anderer Familienangehöriger (Abs 2 S 2) oder eine Gesamtrechtsnachfolge etwaiger Erben möglich (Abs 6). III. Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis (Abs 2) 17 1. Voraussetzungen (Abs 2 S 1 u 2) a) Es muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen. Insoweit gilt das gleiche wie beim Eintrittsrecht des Ehegatten (Rz 4). 18 b) Der Tod des Mieters muß eingetreten sein (Rz 5). Auch wenn einer von mehreren Mitmietern gestorben ist, kommt ein Eintrittsrecht von Familienangehörigen in Betracht, soweit ihnen nicht der Ehegatte des verstorbenen Mieters vorgeht (Rz 7, 21).
19 c) Der verstorbene Mieter muß mit einem oder mehreren anderen Familienangehörigen in dem Wohnraum einen gemeinsamen Hausstand geführt haben. aa) Das BGB enthält keine Begriffsbestimmung der Familienangehörigen. Im allgemeinen wird der Begriff dem Zweck der Vorschrift entsprechend sehr weit interpretiert (vgl Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55,6045 [D]; E R M A N - S C H O P P § 5 6 9 a R z 4 ; H A N S § 5 6 9 a A n m 3 a ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 a A n m 3 ; PERGANDE §
569 a Anm 3; R O Q U E T T E § 569 a Rz 15; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 79). Dies ist gerechtfertigt durch den Zweck der Vorschrift, die Wohnung als Mittelpunkt der Lebens- und Wirtschaftsführung einer in besonderer Weise verbundenen Personengruppe zu erhalten (§ 556 a Rz 23; § 564 b Rz 61; § 565 Rz 52 f; §§ 565 b-565 e Rz 56). Dementsprechend umfaßt der Begriff der anderen Familienangehörigen iS des § 569 a Verwandte und Verschwägerte, ohne daß es auf einen bestimmten Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ankommt. Darüber hinaus werden häufig auch Pflegekinder zu den Familienangehörigen gezählt ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 a Rz
4 ; ERMAN-SCHOPP a a O ;
HANS a a O
MünchKomm-VoELSKOw
§ 569
a Rz
9;
aaO; P E R G A N D E aaO; vgl LG Hannover ZMR 1961, 267 - zu § 19 MietSchG), nicht aber der Verlobte des verstorbenen Mieters (BGB-RGRKG E L H A A R aaO; D E R L E D E R in AK §§ 569 a-569 b Rz 2; G L A S E R B1GBW 1966, 196; H A N S aaO; P A L A N D T - P U T Z O aaO; P E R G A N D E aaO; ebenso zu § 19 MietSchG LG Hamburg MDR 1962,222; LG Wiesbaden ZMR 1956,195; aM LG Lüneburg ZMR 1954, 46; STERNEL R Z I 77). Dieses unterschiedliche Ergebnis für Personen, die mit dem Mieter in gleicher Weise weder verwandt noch verschwägert sind und deren Schutzbedürftigkeit nicht generell entscheidend voneinander abweicht, ist nicht gerechtfertigt. Auch ein eheähnliches Verhältnis und bloße Freundschaft führen bürgerlich-rechtlich nicht zur Familienangehörigkeit (aM STERNEL R Z I 77). Eine klare Grenze ist nur dadurch zu ziehen, daß alle Personen, die mit dem Mieter nicht verwandt oder verschwägert sind, ohne Rücksicht auf etwaige moralische Verpflichtungen vom Anwendungsbereich des § 569 a ausgenommen werden. Sonst verliert das Tatbestandsmerkmal der Familienangehörigen jede eigenständige Funktion, weil der Kreis der Berechtigten nur noch durch die Hausstandszugehörigkeit begrenzt wird. PALANDT-PUTZO
20 bb) Das Eintrittsrecht steht den Familienangehörigen zu, mit denen der Mieter in dem Wohnraum einen gemeinsamen Hausstand geführt hat. Insoweit gelten im Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(726)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 a 21-23
wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für die Hausstandszugehörigkeit des Ehegatten (Rz 10). Demnach kommt es entscheidend auf die gemeinsame Lebensund Wirtschaftsführung an. Heiratet ein Kind des Mieters und bleibt es in der Wohnung, wird dadurch nicht ohne weiteres der gemeinsame Hausstand aufgegeben. Maßgebend ist vielmehr, ob eine gemeinschaftliche Wirtschaftsführung in einem einheitlichen Haushalt beibehalten wird oder ob in Zukunft zwei getrennte Haushaltungen geführt werden (BGB-RGRK-GELHAAR § 569 a Rz 3; ERMAN-SCHOPP § 569 3).
a Rz 3 ; ROQUETTE § 5 6 9 a Rz 18; weitergehend PERGANDE § 5 6 9 a Anm
d) Das Eintrittsrecht der anderen Familienangehörigen besteht nur, wenn nicht der 21 Ehegatte in das Mietverhältnis eintritt (Abs 2 S 2). Der Ehegatte ist gegenüber den anderen Familienangehörigen bevorrechtigt, auch wenn alle einen gemeinsamen Haushalt geführt haben. Das Eintrittsrecht des Abs 2 ist damit subsidiär gegenüber Abs 1. Ist eine beliebige andere Person Mitmieter, wird das Eintrittsrecht der Familienangehörigen nicht ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn ein anderer Familienangehöriger außer dem Ehegatten bereits Mitmieter ist, weil das Gesetz insoweit einzelne Familienangehörige nicht privilegiert. Sind neben dem verstorbenen Mieter noch dessen Ehegatte und andere Personen Mitmieter, greift das Vorrecht des Ehegatten durch, der ein Eintrittsrecht hinsichtlich des dem verstorbenen Mieter zustehenden Anteils hat (Rz 7). Nur wenn der Ehegatte hiervon keinen Gebrauch macht, können andere Familienangehörige eintreten (Abs 2 S 2). Sind Familienangehörige bereits Mitmieter, haben sie unter dieser Voraussetzung noch ein Eintrittsrecht hinsichtlich des dem verstorbenen Mieter zustehenden Anteils an dem Mietverhältnis und verdrängen damit die Erben. Nur so ist der in Abs 6 S 1 zum Ausdruck kommenden Privilegierung der Familienangehörigen gegenüber den Erben gerecht zu werden. § 569 a kann deshalb auf dieselbe Person mehrfach anwendbar sein, wenn verschiedene Mitmieter nacheinander sterben.
2. Rechtsfolgen
22
a) Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis Der berechtigte Familienangehörige tritt mit dem Tode des Mieters in das Mietverhältnis über den Wohnraum ein (Abs 2 S 1). Es handelt sich um eine Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes, die das Mietverhältnis im übrigen unberührt läßt (Rz 11). Sie wirkt auf den Zeitpunkt des Todes zurück, auch wenn zuvor der Ehegatte eingetreten ist und erst später wirksam abgelehnt hat. Treten mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis ein, so werden sie zu gleichen Teilen Gesamtschuldner und Gesamthandgläubiger iS der §§ 4 2 1 , 4 3 2 (HANS § 5 3 5 Anm 4 c, § 5 6 9 a Anm 3 f; ROQUETTE § 5 6 9 a Rz 2 0 ; vgl auch ERMAN-H P WESTERMANN § 4 3 2 Rz 3 ; s oben Vorbem 101 zu §§ 535, 536). Sie können die Rechte aus dem Mietverhältnis nur gemeinsam ausüben (Abs 2 S 4). Für die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis, die nach ihrem Eintritt entstehen (s im übrigen Rz 27 ff), haften sie als Gesamtschuldner (Abs 2 S 5). Diese gesetzlichen Anordnungen sind notwendig, weil mehrere eintretende Familienmitglieder idR insoweit nicht durch besondere Rechtsbeziehungen miteinander verbunden sind und die Voraussetzungen für die Entstehung einer Gesamtschuld nach den §§ 421, 427 an sich nicht erfüllt sind (ROQUETTE aaO). b) Ablehnungsrecht der Familienangehörigen (Abs 2 S 3) aa) Den Familienangehörigen steht wie dem Ehegatten das Recht zu, den Eintritt in das Mietverhältnis abzulehnen. Für die Ablehnung gelten Abs 1 S 2 und die dortigen (727)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
23
§ 569 a 24-26
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Ausführungen entsprechend (Abs 2 S 3 HS 1; R z 12). B e i mehreren Familienangehörigen kann jeder für sich den Eintritt ablehnen (Abs 2 S 3 H S 2). Darin liegt kein Widerspruch zu der Anordnung des Abs 2 S 4, nach der die Rechte aus dem Mietverhältnis nur gemeinsam ausgeübt werden können. Durch die Ablehnungserklärung werden keine Rechte aus dem Mietverhältnis ausgeübt, sondern der Eintritt wird verhindert, wie sich vor allem an der Rückwirkung zeigt ( R z 16). 2 4 bb) Die Ablehnungsfrist beträgt für Familienangehörige grundsätzlich einen Monat, nachdem sie vom Tode des Mieters Kenntnis erlangt haben. Der Fristablauf kann aufgrund der entsprechenden Anwendung des § 2 0 6 wegen eines Mangels in der Geschäftsfähigkeit gehemmt sein (Abs 2 S 3 H S 1 iVm Abs 1 S 2; R z 13 f). D a jeder einzelne Familienangehörige für sich ablehnungsberechtigt ist (Abs 2 S 3 H S 2; R z 23), kann bei mehreren Familienangehörigen ein unterschiedlicher Fristablauf eintreten, wenn sie zu verschiedenen Zeitpunkten Kenntnis vom Tode des Mieters erlangt haben (PERGANDE § 5 6 9 a Anm 3; ROQUETTE § 5 6 9 a R z 2 3 ; s im übrigen oben R z 13 f). 2 5 Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, die Ablehnungsfrist beginne auch dann mit der Kenntnis vom Tode des Mieters zu laufen, wenn zuvor der Ehegatte eintrittsberechtigt sei. Familienangehörige müßten die Ablehnung vorsorglich innerhalb der Monatsfrist für den Fall erklären, daß der Ehegatte seinen Eintritt ablehne (BURKHARDT B B 1 9 6 4 , 7 7 1 , 7 7 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 a A n m 5 ; v g l HANS § 5 6 9 a
Anm 3 d). Dagegen soll nach überwiegender Auffassung die Frist erst beginnen, wenn der Familienangehörige Kenntnis vom Tode des Mieters und von der Ablehnungserklärung des Ehegatten erlangt habe (BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 9 a R z 5 ; D E R L E D E R in A K
§ § 5 6 9 a - 5 6 9 b R z 3 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 a R Z
12;
HOLTGRÄVE, D a s n e u e M i e t r e c h t 1 8 ; PERGANDE § 5 6 9 a A n m 3 m w N ; R O Q U E T T E §
5 6 9 a R z 2 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 7 9 ) . Für die Mindermeinung spricht der Wortlaut des Gesetzes, der hinsichtlich des Fristbeginns bei nachrangig eintrittsberechtigten Familienangehörigen nicht gegenüber der für Ehegatten maßgebenden Regelung differenziert. Auch aus der entsprechenden Anwendung des § 2 0 6 läßt sich kein anderes Ergebnis herleiten (so aber SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO), da die nachrangigen Familienangehörigen nicht daran gehindert sind, den Eintritt vorsorglich abzulehnen. Gleichwohl ist der überwiegenden Auffassung zu folgen, weil dem B G B das Prinzip zugrunde liegt, daß ein Recht spätestens dann auszuschlagen ist, wenn das Recht in der Person des Berechtigten eingetreten ist. So beginnt etwa die Frist für die Ausschlagung der Erbschaft nach § 1 9 4 4 Abs 2 mit dem Zeitpunkt, in dem der E r b e von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat. Diese Vorschrift ist entsprechend anwendbar, da § 5 6 9 a Abs 2 S 2 eine Form der Rechtsnachfolge darstellt, die dem Verhältnis nachrangiger Erben vergleichbar ist. Auf dieser Grundlage ist die überwiegende Auffassung dahin gehend zu präzisieren, daß es für die Familienangehörigen nicht nur auf die Kenntnis der Ablehnungserklärung durch den Ehegatten ankommt. Die Frist beginnt vielmehr frühestens in dem Zeitpunkt, in dem die Ablehnungserklärung des Ehegatten durch Zugang beim Vermieter wirksam geworden ist und damit der Eintritt der Familienangehörigen stattgefunden hat (vgl ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 a R z 12 - Kenntnis vom „Wegfall"). 2 6 cc) Die fristgerechte Ablehnungserklärung des einzelnen Familienangehörigen hat die Wirkung, daß sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt gilt (Abs 2 S 3 iVm Abs 1 S 2). Die bereits vollzogene Sonderrechtsnachfolge wird rückwirkend beseitigt. B e i mehreren Familienangehörigen tritt diese Wirkung jeweils nur in der Person des Ablehnenden ein. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben nach Abs 6 S 1 wird deshalb erst möglich, wenn sämtliche eintrittsberechtigte Familienangehörigen fristgerecht abgelehnt haben. Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(728)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 a 27-30
IV. Haftung der eintretenden Personen für Erblasserschulden (Abs 3) 1. Die gesetzliche Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten oder der Familienangehö- 27 rigen hat nach den allgemeinen Vorschriften zur Folge, daß der Eintretende als Schuldner für die Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis einzustehen hat, die vom Zeitpunkt der Rechtsnachfolge an entstanden sind (Rz 11,22). Abs 3 ordnet darüber hinaus eine gesamtschuldnerische Haftung dieser Personen neben dem Erben für die bis zum Tode des Mieters entstandenen Verbindlichkeiten an. Damit ist die früher zweifelhafte Frage der Haftung für rückständige Verbindlichkeiten gesetzlich geregelt worden (Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 12; vgl PERGANDE § 569 a Anm 6 mwN), obwohl der B G H eine solche Haftung abgelehnt hatte (BGHZ 36,265 = NJW1962,487; vgl zur rechtspolitischen Kritik ROQUETTE § 569 a Rz 26). Zugleich ist hierdurch klargestellt, daß der Erbe aufgrund der Sonderrechtsnachfolge nicht von den früheren Mietverbindlichkeiten befreit ist. 2. Die Haftung erstreckt sich auf die bis zum Tode des Mieters entstandenen 28 Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis. Hierzu gehören nicht nur rückständige Mietzinsen, sondern auch Umlagen, Nebenkosten und Schadensersatzforderungen, die noch nicht beglichen sind. Da die Verbindlichkeit auf dem Mietverhältnis beruhen muß (Begr zum RegE aaO), kommt als Gläubiger idR nur der Vermieter in Betracht. Der Eintretende haftet nicht für Schulden, die sich aus Verträgen des verstorbenen Mieters mit Dritten, zB über Strom- oder Wärmelieferung, Renovierung der Wohnung und dgl, ergeben. Eine Haftung gegenüber Dritten besteht nur, wenn der Vermieter seine Forderung abgetreten hat (§ 398) oder wenn der Dritte nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte selbst unmittelbar aus dem Mietvertrag berechtigt ist. 3. Die gesamtschuldnerische Haftung neben dem Erben führt dazu, daß der 29 Vermieter in dem Ehegatten oder den Familienangehörigen zusätzliche Schuldner gewinnt. a) Der Vermieter kann jeden der Schuldner nach seiner Wahl ganz oder zum Teil in Anspruch nehmen (§ 421). Nach Abs 3 HS 2 haftet allerdings im Innenverhältnis zwischen Ehegatte oder Familienangehörigen einerseits und dem Erben andererseits der letztere allein. Dies beruht auf dem Gesichtspunkt, daß es sich um eine Erblasserschuld handelt, die letztlich den Erben allein treffen soll. Wer als Sonderrechtsnachfolger den Vermieter befriedigt hat, kann deshalb Ausgleich von dem Erben verlangen (§ 426 Abs 2). Dies schließt nicht aus, daß auch zwischen mehreren eingetretenen Familienangehörigen ein Ausgleich stattfinden kann, da sie im Verhältnis zueinander als Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen verpflichtet sind (§ 421 Abs 1). Ein interner Ausgleich unter mehreren Sonderrechtsnachfolgern ist vor allem bedeutsam, wenn der Ausgleichsanspruch gegen den Erben nicht durchzusetzen ist. Bei dem internen Ausgleich zwischen mehreren Sonderrechtsnachfolgern muß der einzelne ausgleichsberechtigte Gesamtschuldner sich aber die auf ihn selbst entfallende Quote anrechnen lassen. b) Der Rückgriff eines Sonderrechtsnachfolgers gegen den Erben hat nicht zur 30 Voraussetzung, daß er selbst kein Erbe ist (so aber ROQUETTE § 569 a Rz 28). Abs 3 stellt nur auf die Eigenschaft als Sonderrechtsnachfolger, nicht aber auf die Erbenqualität ab. Ist von mehreren Miterben nur einer nach Abs 1 oder 2 in das Mietverhältnis eingetreten und wird er von dem Vermieter in Anspruch genommen, so kann er gegen seine Miterben im Regreßwege vorgehen. Dabei ist aber seine Doppelstellung als Sonderrechtsnachfolger und als Miterbe zu berücksichtigen. Er kann deshalb nach § 426 von jedem seiner Miterben die der Erbenhaftung des einzelnen entsprechende Quote oder auch den vollen Betrag abzüglich des auf seinen eigenen Bruchteil entfallenden Betrages verlangen (vgl R G Z 150, 344, 347 f). (729)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§569 a 31-33
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Hierbei handelt es sich um den normalen Ausgleich unter Miterben (§§ 2058 ff). Ist von mehreren eingetretenen Familienangehörigen nur einer zugleich Miterbe, so kann er von den anderen Familienangehörigen sofort voll auf Ausgleich in Anspruch genommen werden, ohne daß diese sich als ausgleichsberechtigte Gesamtschuldner die eigene Haftungsquote anzurechnen lassen brauchen (Abs 3 HS 2; vgl aber Rz 29 aE). Der in Anspruch genommene Erbe kann dann von seinen Miterben wiederum Ausgleich nach den zuvor genannten Grundsätzen verlangen. Entsprechendes gilt, wenn mehrere Miterben neben anderen Familienangehörigen in das Mietverhältnis eingetreten sind. Wenn alle Sonderrechtsnachfolger zugleich Miterben sind, ist der interne Ausgleich, für den an sich gleiche Anteile maßgebend wären, aufgrund der rechtlichen Doppelstellung sofort nur unter Berücksichtigung der erbrechtlichen Haftungsquoten möglich. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gesamtheit der Sonderrechtsnachfolger mit der Miterbengemeinschaft identisch ist oder ob weitere Miterben vorhanden sind. Der Ausgleich kann allerdings durch erbrechtliche Haftungsbeschränkungen beeinträchtigt werden. Will der nur beschränkt haftende Erbe vermeiden, als Sonderrechtsnachfolger uU voll aus § 569 a Abs 3 in Anspruch genommen zu werden, darf er nicht nach Abs 1 oder 2 eintreten, sondern nur als Erbe das Mietverhältnis nach Abs 6 fortsetzen (ROQUETTE § 569 a Rz 28). 31 4. Die Haftung aus Abs 3 ist nur davon abhängig, daß der Eintritt in das Mietverhältnis stattgefunden hat. Der Vermieter kann den Sonderrechtsnachfolger also schon vor Ablauf der Ablehnungsfrist des Abs 1 S 2 in Anspruch nehmen. Im Einzelfall kann dem Eingetretenen aber eine auf § 242 zu stützende Einrede zustehen, wenn die Ablehnung so gut wie sicher bevorsteht und der Vermieter den empfangenen Betrag alsbald nach § 812 Abs 1 zurückzahlen müßte. Auf der anderen Seite wird die Haftung nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Vermieter von seinem Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung nach Abs 5 Gebrauch macht. Diese Kündigung beendet das Mietverhältnis mit dem Eingetretenen nicht rückwirkend. Die Inanspruchnahme kann aber im Einzelfall vor allem nach Ausspruch der Kündigung treuwidrig sein (§ 242).
V. Ausgleich von Mietvorauszahlungen (Abs 4) 32 1. Der Eintritt des Ehegatten oder der Familienangehörigen ändert nichts an der Identität des Mietverhältnisses. Hat der Mieter den Mietzins für einen nach seinem Tod liegenden Zeitpunkt im voraus entrichtet, so ist die Vorauszahlung auf die späteren Mietzinsraten des Eintretenden anzurechnen und vermindert dessen eigene Belastung. Da einerseits Erblasserschulden, die sich aus dem Mietverhältnis ergeben, primär den Eintretenden, letztlich aber den Erben treffen (Abs 3; Rz 27 ff), ist es folgerichtig, daß frühere Mietvorauszahlungen den Eintretenden zwar im Verhältnis zum Vermieter entlasten, im Endergebnis aber dem Erben zugute kommen. Abs 4 schreibt vor, daß der Ehegatte oder die Familienangehörigen dem Erben dasjenige herauszugeben haben, was sie infolge der Vorausentrichtung des Mietzinses ersparen oder erlangen. 33 2. Es muß eine Mietvorauszahlung des verstorbenen Mieters vorliegen, die im Zeitpunkt seines Todes noch nicht abgewohnt ist. Der Begriff der Mietvorauszahlung entspricht dem des § 557 a (s dort Rz 5 ff). Es kommt nicht darauf an, ob die einzelnen Mietzinsraten nach den Parteivereinbarungen schon im voraus oder erst jeweils bei Fälligkeit getilgt sein sollen (s aber Rz 35) und ob sie ganz oder nur teilweise getilgt werden. Auch in einer einmaligen Geldleistung für die gesamte Mietzeit kann eine Mietvorauszahlung liegen (§ 557 a Rz 6). Das gleiche gilt, falls die Parteien die Zahlung laufender Mietzinsraten und die Leistung eines einmaligen Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(730)
§569 a 3. Titel. Miete. Pacht
34-36
Kapitalbetrags vereinbart haben (aM ROQUETTE § 5 6 9 a R z 3 3 ) , sofern sie nur - wenn auch stillschweigend - durch eine Verrechnungsabrede die Abwohnbarkeit des Kapitalbetrags vereinbart und damit die Beziehung zum Mietzins hergestellt haben. Auf dieser Grundlage können Mieterdarlehen, Baukostenzuschüsse und dgl als Mietvorauszahlungen zu beurteilen sein (§ 557 a Rz 7). Die Vorschrift erfaßt nicht nur den reinen Mietzins, sondern das gesamte Entgelt, das der Mieter als Gegenleistung für den Gebrauch der Mietsache im voraus an den Vermieter entrichtet hat. Hierzu gehören zB Umlagen und sonstige Nebenkosten für besondere Leistungen des Vermieters (§ 557 a Rz 7). Verlorene Baukostenzuschüsse und sonstige Zahlungen des verstorbenen Mieters, die in keiner rechtlichen Beziehung zum Mietzins stehen, sind keine Mietvorauszahlungen und müssen unmittelbar zwischen dem Vermieter und dem Erben ausgeglichen werden. Das gleiche gilt für Vorauszahlungen aufgrund von Verträgen mit Dritten, wie zB über Versorgungsleistungen, in die Ehegatten oder Familienangehörige nicht aufgrund des § 569 a eintreten. Für diese Personen kann insoweit eine Ausgleichspflicht nur nach den Bereicherungsvorschriften der §§ 812 ff entstehen ( E R M A N - S C H O P P § 569 a Rz 7). 3. Die Verpflichtung zur Herausgabe trifft denjenigen, der in das Mietverhältnis 34 eingetreten ist. Mehrere Familienangehörige haften entsprechend Abs 2 S 5 als Gesamtschuldner. Treten Familienangehörige erst nach einer Ablehnung durch den Ehegatten in das Mietverhältnis ein, haften sie gleichwohl in vollem Umfang, weil ihr Eintritt auf den Zeitpunkt des Todes des Mieters zurückbezogen wird und auch die Mietvorauszahlung von Anfang an verrechnet wird. Ist der Ehegatte vor seiner Ablehnung schon in Anspruch genommen worden, steht ihm ein Anspruch aus § 812 Abs 1 gegen den Empfänger zu. Gläubiger des Anspruchs aus § 569 a Abs 4 ist der Erbe oder eine Mehrheit von Erben. Ist der Eingetretene zugleich Erbe, besteht die Verpflichtung auch dann, wenn noch weitere Miterben vorhanden sind. Allerdings kann der Eingetretene idR den auf ihn entfallenden Anteil abziehen. Die Herausgabepflicht besteht ferner im Verhältnis mehrerer Familienangehöriger zueinander, wenn nicht alle zugleich Miterben sind oder wenn die Erbquoten gegenüber den grundsätzlich gleichen Anteilen bei der Sonderrechtsnachfolge des Abs 2 unterschiedlich sind. a) Herauszugeben ist zum einen die Ersparnis des Eingetretenen. Sie besteht darin, 35 daß er wegen der Vorauszahlung keine oder nur geringere eigene Mietzinsraten an den jeweiligen Fälligkeitstagen zu entrichten braucht. Daraus folgt, daß die Ersparnis nicht ohne weiteres von Anfang an mit dem vollen Betrag der Mietvorauszahlung gleichzusetzen ist. Der Anspruch des Erben entsteht jeweils erst an dem einzelnen Fälligkeitstag in der Höhe, in der durch Verrechnung der Mietvorauszahlung die Ersparnis des Sonderrechtsnachfolgers eingetreten ist (ROQUETTE § 569 a Rz 31). Nur in dieser Weise wäre die Vorauszahlung dem Erben zugute gekommen, wenn er das Mietverhältnis selbst fortgesetzt hätte. Diese Beurteilung setzt aber voraus, daß nach den Parteivereinbarungen die einzelne Mietzinsrate jeweils erst bei Fälligkeit durch Verrechnung getilgt sein soll. Wenn der Mietzins dagegen sofort in voller Höhe der Vorauszahlung für einen bestimmten Zeitraum getilgt sein soll, erspart der Eintretende als Sonderrechtsnachfolger auch hinsichtlich dieser Vereinbarung sofort den vollen Betrag der noch nicht abgewohnten Vorauszahlung. In diesem Fall hat er den gesamten Restbetrag auf einmal herauszugeben. b) Zum anderen hat der Eingetretene das Erlangte herauszugeben. Aufgrund der 36 Sonderrechtsnachfolge in das Mietverhältnis unter Ausschluß des Erben stehen dem Eingetretenen nach der Beendigung des Mietverhältnisses auch die Ansprüche aus § 557 a hinsichtlich des noch nicht abgewohnten Teils einer Mietvorauszahlung zu. Diese Ansprüche hat er dem Erben abzutreten oder die darauf erbrachten Leistungen (731)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 569 a 37-39
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
des Vermieters herauszugeben ( R O Q U E T T E § 569 a Rz 32). Da der Anspruch aus § 569 a Abs 4 kein Bereicherungsanspruch ist, auch wenn sich der Anspruch gegen den Vermieter nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung richtet (§ 557 a Abs 1 HS 2), kann sich der Eingetretene gegenüber dem Erben nicht auf § 818 Abs 3 berufen. Der Anspruch entsteht wie der zugrunde liegende Anspruch aus § 557 a mit der Beendigung des Mietverhältnisses und ist sofort fällig (§ 557 a Rz 14). 37 c) Die Verpflichtung des Eingetretenen besteht selbst dann, wenn aufgrund erbrechtlicher Haftungsbeschränkungen ein Rückgriff des Eingetretenen für Erblasserschulden aus dem Mietverhältnis nach Abs 3 HS 2 nicht durchzusetzen ist. Haftung und Anspruch des Erben aus Abs 3 und 4 stehen nach dem Gesetz nicht in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Da es sich um Nachlaßschulden und Nachlaßforderungen handelt, kommt allenfalls eine Aufrechnung durch den Eingetretenen gegen den Anspruch aus Abs 4 in Betracht. Dabei sind die Beschränkungen des § 55 KO zu beachten. VI. Kündigungsrecht des Vermieters (Abs 5) 38 1. Dem Vermieter steht ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung unter der Voraussetzung zu, daß in der Person des Ehegatten oder Familienangehörigen, der in das Mietverhältnis eingetreten ist, ein wichtiger Grund vorliegt (Abs 5 S 1 HS 1). Nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs sollte der Vermieter ein solches Kündigungsrecht haben, wenn ihm nicht zugemutet werden könne, das Mietverhältnis mit dem Eingetretenen fortzusetzen (Art I Nr 17 des RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806). Der Rechtsausschuß wollte von dieser Einschränkung ganz absehen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195,6). Erst bei den abschließenden Beratungen wurde der wichtige Grund als Voraussetzung einer außerordentlichen befristeten Kündigung eingefügt (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6045 [B]). 39 a) Der Begriff des wichtigen Grundes ist nicht in jedem Fall mit solchen Umständen gleichzusetzen, die an sich zur fristlosen Kündigung berechtigen würden (so aber E R M A N - S C H O P P § 569 a Rz 15). Damit wäre das Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung für den Vermieter im Grunde überflüssig und hätte nur insofern Bedeutung, als es gegenüber einer ordentlichen Kündigung ggf die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 S 2 abkürzen würde. Im Schrifttum wird das Vorliegen eines wichtigen Grundes dagegen überwiegend nach den zu § 549 für den Fall der Untervermietung entwickelten Grundsätzen beurteilt ( H A N S § 569 a Anm 6 a ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 a A n m 6 ; PERGANDE § 5 6 9 a A n m 5 ; ROQUETTE § 5 6 9 a
Rz 34). Hiernach kommt es entscheidend darauf an, ob es dem Vermieter aufgrund der Umstände des Einzelfalls zugemutet werden kann, das Mietverhältnis mit dem Eintretenden fortzusetzen ( R O Q U E T T E aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 81; vgl B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 a Rz 8; SOERGEL-KUMMER §§ 569 a-569b Rz 12). Die Umstände müssen in der Person des Eintretenden begründet sein. Dies ist zB anzunehmen bei persönlicher Feindschaft gegenüber dem Vermieter oder anderen Mietern, bei der Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Personen durch persönliche Eigenschaften, den Beruf oder die Lebensweise des Eintretenden, insbesondere durch einen unsittlichen Lebenswandel (§ 549 Rz 36,46; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO). Im Gegensatz zur Untervermietung (§ 549 Rz 36) kann im Rahmen des § 569 a Abs 5 auch die Zahlungsunfähigkeit des Eintretenden einen wichtigen Grund darstellen ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K aaO; aM R O Q U E T T E § 569 a Rz 34), da hier nicht ein Hauptmieter vorhanden ist, der für den Mietzins haftet. Es kann sich um Gründe handeln, die von geringerem Gewicht sind, als sie eine fristlose Kündigung Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(732)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 a 40-43
voraussetzt. Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß die Kündigung des § 569 a Abs 5 auf solche Gründe gestützt wird, die an sich eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies ist bedeutsam für die Anwendung der Sozialklausel (Rz 45). b) Treten mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis ein, wird dem Vermieter 40 nach verbreiteter Auffassung ein Kündigungsrecht zugebilligt, auch wenn nur bei einem von ihnen ein wichtiger Grund vorliegt ( B U R K H A R D T WuM 1964, 161, 162; H A N S § 569 a Anm 6 c; MünchKomm-VoELSKOW § 569 a Rz 19; P E R G A N D E § 569 a Anm 5). Zur Begründung wird auf die besondere Gemeinschaft der Eintretenden hingewiesen, die sich gegenseitig die in der Person des anderen begründeten Umstände zurechnen lassen müßten ( B U R K H A R D T aaO; H A N S aaO). Zwar habe der B G H im Falle des Konkurses eines einzelnen Mitmieters ein Kündigungsrecht des Vermieters aus § 19 KO abgelehnt ( B G H Z 26, 102 = NJW 1958, 421), der Unterschied zu § 569 a bestehe aber darin, daß sich der Vermieter hier die eintretenden Mieter nicht ausgesucht habe ( P E R G A N D E aaO). Beide Argumente sind nicht zwingend, da mehrere Familienangehörige zwar Gesamtschuldner hinsichtlich der Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis sind, aber keine „Haftungsgemeinschaft" hinsichtlich der in ihrer Person begründeten Umstände bilden. Darüber hinaus kann sich der Vermieter auch bei einer Erbfolge des verstorbenen Mieters seine neuen Vertragspartner nicht aussuchen. Gleichwohl ist der Auffassung des Schrifttums im Ergebnis zu folgen. Entscheidend hierfür ist aber, daß der Vermieter bei einer Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben nach Abs 6 ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung hat, ohne daß es auf einen wichtigen Grund oder eine Mehrheit von Erben ankommt. Der Vermieter braucht sich in keinem Fall einen unliebsamen Mieter aufdrängen zu lassen. Da dieses Kündigungsrecht durch den vorrangigen Eintritt von Familienangehörigen ausgeschlossen wird (Abs 6 S 1), kann der Vermieter nicht dadurch schlechter gestellt werden, daß nur in der Person eines von mehreren Familienangehörigen ein wichtiger Grund vorliegt (s aber Rz 41). c) Das Kündigungsrecht ist ausgeschlossen, wenn ein Ehegatte oder Familienange- 41 höriger, in dessen Person ein wichtiger Grund gegeben ist, in ein bereits zwischen mehreren Personen bestehendes Mietverhältnis eintritt. Es ist nicht möglich, ein mit mehreren Mietern bestehendes Mietverhältnis nur mit Wirkung gegenüber einem dieser Mieter durch Kündigung zu beenden ( B G H Z 2 6 , 1 0 2 , 1 0 4 = NJW 1958,421, 422). Der frühere Mitmieter des Verstorbenen kann in seinen Rechten nicht durch die Sonderrechtsnachfolge aus § 569 a beeinträchtigt werden. Die Kündigung des gesamten Mietverhältnisses scheidet deshalb aus. 2. Für die Kündigung durch den Vermieter gelten die allgemeinen Vorschriften des 42 Mietrechts. Die Kündigung ist bei mehreren Familienangehörigen jedem Beteiligten gegenüber zu erklären (§ 564 Rz 23). Die Kündigungserklärung hat die Voraussetzungen des § 564 a zu erfüllen. Dem Vermieter muß ein Kündigungsgrund iS des § 564 b zur Seite stehen (§ 564 b Rz 13). Dadurch wird das Kündigungsrecht des § 569 a Abs 5 zwar eingeschränkt. Dies entspricht aber dem Kündigungsschutz eines Mietverhältnisses über Wohnraum, den § 564 b unabhängig von § 569 a herbeiführen soll. a) Der Vermieter kann unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Diese Frist 43 ergibt sich aus § 565 Abs 5 iVm Abs 2 S 1 (s dort Rz 74 ff). Die Kündigung muß spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats wirksam werden. Maßgebend ist also die um drei Werktage verkürzte Dreimonatsfrist. Die Dauer der Überlassung des Wohnraums ist unerheblich, da § 565 Abs 2 S 2 nach dessen Abs 5 nicht anwendbar ist. (733)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 569 a 44-46
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
44 b) Die Kündigung kann nur für den ersten Termin ausgesprochen werden, für den sie zulässig ist (Abs 5 S 1 HS 2). Hierbei kommt es wie bei § 569 nicht rein objektiv auf den Zeitpunkt an, in dem der Mieter gestorben ist. Entscheidend ist vielmehr, wann es dem Vermieter erstmals subjektiv möglich war, von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen (§ 569 Rz 18 ff). Dies setzt voraus, daß der Vermieter den Tod des Mieters erfahren hat und die Person des Sonderrechtsnachfolgers und das Vorliegen eines wichtigen Grundes kennt. Hinsichtlich der letzteren Umstände kann allerdings eine Erkundigungspflicht bestehen (§ 569 Rz 18). Im Schrifttum wird dem Vermieter zT zugestanden, er brauche die Kündigung frühestens nach Ablauf der Ablehnungsfrist des Abs 1 S 2 oder Abs 2 S 3 zu erklären, weil erst dann der Sonderrechtsnachfolger feststehe ( B U R K H A R D T WuM 1964,161, 162; H A N S § 569 a Anm
6 b; MünchKomm-VoELSKOw
§ 5 6 9 a R z 2 0 ; PERGANDE § 5 6 9 a A n m
5;
§ 569 a Rz 35). Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Subjektiv möglich ist die Kündigung dem Vermieter bereits, wenn er vom Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis Kenntnis hat. Lehnt der Ehegatte den Eintritt später ab, geht die Kündigung ins Leere. Der Vermieter hat die Kündigung zum nächst zulässigen Termin gegenüber den nunmehr eintrittsberechtigten Familienangehörigen zu wiederholen. Das ist zumutbar. Es muß dem Vermieter aber möglich sein, alle eintrittsberechtigten Familienangehörigen als Adressaten der Kündigung festzustellen. Hiernach richtet sich der erste zulässige Kündigungstermin. Versäumt der Vermieter diesen Termin, kann er nur noch eine ordentliche Kündigung aussprechen (§ 565 Abs 2 S 1 oder 2). ROQUETTE
45 c) Auf die außerordentliche befristete Kündigung ist nach Abs 5 S 2 die Sozialklausel des § 556 a entsprechend anzuwenden. Für die Auffassung, die eine Anwendung der Sozialklausel auf die außerordentliche befristete Kündigung grundsätzlich ausschließt (§ 556 a Rz 16), liegt hierin ein gesetzlich angeordneter Ausnahmefall. Für die Gegenmeinung (§ 556 a Rz 17) kommt der Vorschrift nur klarstellende Funktion zu. Sie hat aber nicht zur Folge, daß die Sozialklausel entgegen § 556 a Abs 4 Nr 2 auch dann anwendbar ist, wenn ein Grund vorliegt, aus dem der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt ist (so aber E R M A N - S C H O P P § 5 6 9 a R z l 5 ) . Wählt der Vermieter in diesem Fall aus Entgegenkommen den Weg der außerordentlichen befristeten Kündigung, bleibt die Sozialklausel ausgeschlossen (§ 556 a Rz 56 b). Die in § 569 a Abs 5 S 2 angeordnete entsprechende Anwendung des § 556 a bedeutet, daß auch dessen Abs 4 Nr 2 anzuwenden ist (SOERGEL-KUMMER §§ 569 a-569 b Rz 12). Bei der Abwägung der Interessen sind zugunsten des Vermieters alle in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe zu berücksichtigen (§ 556 a Abs 1 S 3), nicht nur die Umstände, die für ihn den wichtigen Grund zur Kündigung nach § 569 a Abs 5 darstellen (so aber BURKHARDT WuM 1964,161,162; PERGANDE § 569 a Anm 5). Diese Einschränkung ist im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 564 b nicht gerechtfertigt (Rz 42).
VII. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben (Abs 6) 46 1. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben hat nach Abs 6 zur Voraussetzung, daß der Ehegatte oder andere Familienangehörige nicht in das Mietverhältnis eintreten. Nach R O Q U E T T E (§ 569 a Rz 37 m Fn 15) soll die Vorschrift in allen Fällen gelten, in denen der Eintritt des Ehegatten oder eines Familienangehörigen nicht in Betracht kommt. Hierzu werden nicht nur die Fälle gezählt, in denen eintrittsberechtigte Personen von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht haben, sondern auch diejenigen, in denen keine eintrittsberechtigten Personen vorhanden sind. Zwar erfaßt der Wortlaut auch den letzteren Fall. Insoweit ist eine Anwendung des § 569 a Abs 6 jedoch überflüssig, da der Erbe ohne weiteres im Wege der Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(734)
3. Titel. Miete. Pacht
§569 a 47-49
Gesamtrechtsnachfolge nach den §§ 1 9 2 2 Abs 1 , 1 9 6 7 in das Mietverhältnis eintritt, soweit der Tatbestand des § 569 a Abs 1 oder 2 nicht erfüllt ist. Das Kündigungsrecht der Parteien richtet sich dann nach § 569 Abs 1. Die Bedeutung des § 569 a Abs 6 liegt demgegenüber darin, daß die Vorschrift den Eintritt der erbrechtlichen Nachfolge klärt, die durch die Sonderrechtsnachfolge nach Abs 1 oder 2 zunächst verdrängt worden ist. Der Anwendungsbereich beschränkt sich daher auf die Fälle, in denen ein eintrittsberechtigter Ehegatte oder Familienangehöriger zwar vorhanden ist, den Eintritt aber abgelehnt hat (HANS § 5 6 9 a Anm 7; PERGANDE § 5 6 9 a Anm 4 ; s zur Ablehnung oben Rz 12 ff, 23 ff). Allerdings hätte es im Grunde nicht einer ausdrücklichen Regelung bedurft, da bei einer Ablehnung der Eintritt in das Mietverhältnis rückwirkend als nicht erfolgt gilt (Abs 1 S 2, Abs 2 S 3). Schon damit ist der Weg frei für eine rückwirkende Gesamtrechtsnachfolge des Erben und für die Anwendbarkeit des § 569 Abs 1. Die Vorschrift hat deshalb nur eine klarstellende Funktion. 2. Die Rechtsfolgen bestehen in einer Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem 47 Erben und in einem außerordentlichen Kündigungsrecht beider Parteien. a) Die Fortsetzung des Mietverhältnisses bedeutet, daß der Erbe oder ggf eine Miterbengemeinschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis eintritt. Die Fortsetzung beginnt mit dem Tode des Mieters, da der vorherige Eintritt von Sonderrechtsnachfolgern durch die Ablehnung rückwirkend beseitigt wird (Abs 1 S 2, Abs 2 S 3). Der Erbe haftet für alle Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis. Die Haftung für die Erblasserschulden kann allerdings nach den erbrechtlichen Vorschriften beschränkt werden, da es sich nicht um eine Form der Sonderrechtsnachfolge handelt. b) Nach Abs 6 S 2 steht sowohl dem Erben als auch dem Vermieter ein Recht zur 48 außerordentlichen befristeten Kündigung zu. Hierbei ist die gesetzliche Frist einzuhalten, die sich aus § 565 Abs 5 iVm Abs 2 S 1 ergibt (s dort Rz 74 ff). Sie beträgt drei Monate abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin ausgesprochen werden, für den sie zulässig ist. Die Vorschrift entspricht der in § 569 Abs 1 getroffenen Regelung. Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend (§ 569 Rz 11 ff). Im übrigen sind die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften über eine Kündigung anzuwenden (Rz 42). aa) Hervorzuheben ist, daß das Kündigungsrecht des Abs 6 S 2 dem Erben auch dann 49 zusteht, wenn er zuvor als Ehegatte oder Familienangehöriger in das Mietverhältnis eingetreten ist, den Eintritt aber fristgerecht abgelehnt hat. Dies braucht nicht mit Billigkeitserwägungen begründet zu werden (so PERGANDE § 5 6 9 a Anm 4), sondern ergibt sich aus der Doppelstellung als Erbe und Eintrittsberechtigter iS des Abs 1 oder 2. Das Kündigungsrecht ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Eintritt nach Abs 1 oder 2 endgültig vollzogen ist. Damit ist der Tatbestand des Abs 6 S 1 nicht erfüllt, der aufgrund des systematischen Zusammenhangs auch in S 2 vorausgesetzt wird. Dies gilt für Erben und Vermieter in gleicher Weise. Eine vor Ablauf der Frist des Abs 1 S 2 auf Abs 6 S 2 gestützte Kündigung des Erben, der zugleich eintrittsberechtigt ist, kann als Ablehnungserklärung und zugleich als Kündigung zum nächst zulässigen Termin gedeutet werden, wenn der Erbe den Wohnraum erkennbar noch eine beschränkte Zeit behalten will. Eine vor Ablauf der Ablehnungsfrist ausgesprochene Kündigung des Vermieters kann nur auf Abs 5 gestützt werden und bedarf eines wichtigen Grundes, solange der Eintritt aufgrund des Abs 1 oder 2 noch fortbesteht. Lehnt der Berechtigte anschließend ab und wird das Mietverhältnis daraufhin mit ihm in seiner Eigenschaft als Erbe fortgesetzt, so kann die Erklärung des Vermieters bei einem entsprechend erkennbaren Willen unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes als Kündigung iS des Abs 6 S 2 aufrechterhalten werden. Sie wirkt zu dem (735)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§§ 569 a, 569 b eftci
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
gleichen Termin, da der Eintritt nach Abs 1 S 2 rückwirkend als nicht erfolgt gilt. Die Kündigungsfrist ist deshalb nicht erst vom Zeitpunkt der Ablehnung an zu berechnen. 50 bb) Der Vermieter ist nicht gezwungen, dem Erben gegenüber schon vor der Ablehnung durch etwaige eintrittsberechtigte Personen vorsorglich zu kündigen, selbst wenn der Erbe zugleich eintrittsberechtigt ist. Grundsätzlich kommt es bei der Frage des ersten zulässigen Termins darauf an, wann es dem Vermieter subjektiv frühestens möglich ist, die Kündigung auszusprechen (§ 569 Rz 18 ff). Das ist erst der Fall, wenn der Erbe durch Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Abs 6 S 1 für die Kündigung empfangszuständig geworden ist und der Vermieter hiervon Kenntnis erlangt hat. Das gleiche gilt umgekehrt für den Erben. Da die Kündigung das Mietverhältnis erst zum Kündigungstermin beendet, bleibt die Haftung des Erben für die bis dahin entstandenen Mietverbindlichkeiten unberührt. Ausgeschlossen ist das außerordentliche Kündigungsrecht für beide Seiten, wenn der Erbe ein bereits mit einem früheren Mitmieter des Erblassers bestehendes Mietverhältnis fortsetzt und keine abweichenden Vereinbarungen getroffen sind (Rz 41; § 569 Rz 7). 51 c) Die Anwendung der Sozialklausel auf die außerordentliche befristete Kündigung durch den Vermieter ist nach umstrittener Ansicht nicht schon wegen der besonderen Kündigungsart ausgeschlossen (§ 5 5 6 a Rz 16 f; aM PERGANDE § 5 6 9 a Anm 4 ; ROQUETTE § 5 6 9 a Rz 3 9 ) . Unabhängig von dieser Streitfrage wird die Sozialklausel zT mit der Begründung ausgeschlossen, der Erbe habe mit dem verstorbenen Mieter keinen gemeinsamen Hausstand geführt (PALANDT-PUTZO § 5 6 9 a Anm 7 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 8 2 ; VON SCHOENEBECK W U M 1 9 8 0 , 2 1 3 ) . Hierbei wird zum einen die uU bestehende Doppelstellung als Erbe und als eintrittsberechtigter Angehöriger, der abgelehnt hat, nicht beachtet. Nach der Ablehnung kann sich für den Erben aufgrund veränderter Umstände durchaus das Bedürfnis ergeben, die Wohnung beizubehalten und von einem Widerspruchsrecht aus § 556 a Gebrauch zu machen. Doch selbst dem nicht hausstandszugehörigen Erben ist das Widerspruchsrecht in seiner Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolger des Mieters nicht ohne weiteres zu versagen, da der Bestandsschutz nunmehr für ihn als Mietpartei eingreift. Entscheidend ist, ob die Beendigung des Mietverhältnisses eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellt (§ 569 Rz 9).
52 v m . Unabdingbarkeit (Abs 7) Die Bestimmungen des § 569 a sind nur zT unabdingbar. Dies gilt für das Eintrittsrecht des Ehegatten und der Familienangehörigen (Abs 1 u 2) sowie für das Recht des Vermieters zur außerordentlichen befristeten Kündigung gegenüber diesen Sonderrechtsnachfolgern (Abs 5). Allerdings kann eine andere Kündigungsfrist vereinbart werden, soweit hierzu im Rahmen des § 565 Raum ist (§ 565 Rz 76). Hinsichtlich der Sozialklausel sind die zwingenden Vorschriften des § 556 a einzuhalten (§ 556 a Rz 97 f). Das gleiche gilt für die §§ 564 a, 564 b. Im übrigen können die Parteien von § 569 a abweichende Vereinbarungen treffen (HANS § 569 a A n m 8; ROQUETTE § 5 6 9 a R z 4 0 f; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 84).
§ 569 b Ein Mietverhältnis über Wohnraum, den Eheleute gemeinschaftlich gemietet haben und in dem sie den gemeinsamen Hausstand führen, wird beim Tode eines Ehegatten mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt. § 569 a Abs. 3,4 gilt entsprechend. Der Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(736)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 569 b 1
überlebende Ehegatte kann das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen; die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. Art I Nr 22 MietRÄndG II vom 14.7.1964 (BGBl I 457); Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks I V/806,12 (zu Art I Nr 16 u 17); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 6.
Schrifttum Vgl zu § 569 a.
Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3 II. Voraussetzungen (S 1) 1. Mietverhältnis über Wohnraum 4 2. Gemeinschaftliches MietVerhältnis von Eheleuten 5 3. Führung eines gemeinsamen Hausstandes 8 4. Tod eines Ehegatten 9
m . Rechtsfolgen 1. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem überlebenden Ehegatten (S 1) 10 2. Haftung für Mietverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten (S 2) 11 3. Ausgleich von Mietvorauszahlungen (S 2) 13 4. Kündigungsrecht des überlebenden Ehegatten (S 3) 14 IV. Abweichende Vereinbarungen 16
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 16 Ausgleich von Mietvotauszahlungen 1, 13
Kündigungsfrist 14 Kündigungstermin 14
Eheleute 5 Entstehung der Vorschrift 5
Mietverhältnis - Fortsetzung mit dem überlebenden Ehegatten 10 - gemeinschaftliches von Eheleuten 5 ff - über Wohnraum 4 Mietvorauszahlungen, Ausgleich 1, 13
Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem überlebenden Ehegatten 10 Haftung für Mietverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten 1, 11 f Hausstand, gemeinsamer 1, 8
Rechtsfolgen 10
Kündigung 1, 10 - außerordentliche befristete des überlebenden Ehegatten 1, 14 - Schriftform 14 - des Vermieters 15
Tod eines Ehegatten 9
Schriftform der Kündigung 14 Sonderrechtsnachfolge des überlebenden Ehegatten 1, 3, 10 ff
Zweck der Vorschrift 3
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick
1
Nach den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen geht ein Mietverhältnis beim Tode des Mieters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über (§§ 1922 (737)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
§ 569 b 2-6
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Abs 1, 1967; vgl § 569). Dies gilt grundsätzlich auch hinsichtlich eines Anteils an einem Mietverhältnis, wenn der Verstorbene neben anderen Personen Mitmieter war. Demgegenüber ergibt sich aus § 569 b eine Sonderrechtsnachfolge des überlebenden Ehegatten in den Anteil des Verstorbenen, wenn Eheleute gemeinschaftlich Wohnraum gemietet und darin einen gemeinsamen Hausstand geführt haben. Aufgrund der entsprechenden Anwendung des § 569 a Abs 3 und 4 treten eine Haftung für Mietverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten und die Verpflichtung zum Ausgleich von Mietvorauszahlungen gegenüber dem Erben ein. Der überlebende Ehegatte hat ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung des ganzen Mietverhältnisses.
2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift geht zurück auf § 19 MietSchG. Sie ist zusammen mit § 5 6 9 a durch Art I Nr 22 MietRÄndG II vom 14.7.1964 ( B G B l 1 4 5 7 ) in das B G B aufgenommen worden und ist seitdem unverändert geblieben.
3 3. Zweck der Vorschrift Die Vorschrift dient entsprechend den Zielen des sozialen Mietrechts dem Bestandsschutz von Mietverhältnissen. Dem Ehegatten des verstorbenen Mitmieters soll die Wohnung allein erhalten bleiben und zwar unabhängig davon, ob er Erbe des Verstorbenen ist. Aufgrund der Sonderrechtsnachfolge werden etwaige Erben verdrängt (vgl § 569 a Rz 3).
II. Voraussetzungen (S 1) 4 1. Mietverhältnis Uber Wohnraum Es muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen. Insoweit gilt das gleiche wie zu § 5 6 9 a (s dort Rz 4).
5 2. Gemeinschaftliches Mietverhältnis von Eheleuten a) Die Eheleute müssen den Wohnraum gemeinschaftlich gemietet haben. Ob es sich bei den Mietern um Eheleute handelt, richtet sich allein nach den Vorschriften des Eherechts. Entscheidend ist, ob die Ehe im Zeitpunkt des Todes eines der Ehegatten rechtlich noch besteht und auch nicht später rückwirkend für nichtig erklärt wird (§ 569 a Rz 9). 6 b) Ein gemeinschaftliches Mietverhältnis der Eheleute liegt vor, wenn beide als Mitmieter desselben Wohnraums berechtigt und verpflichtet sind. Dies setzt voraus, daß beide den Mietvertrag als Partei auf der Mieterseite abgeschlossen haben. Der eine Ehegatte darf nicht nur als Dritter iS des § 328 aus dem Vertrag berechtigt sein (HANS § 569 b Anm 2). Unzureichend ist es auch, wenn ein Ehegatte nur als Bürge oder aus einem sonstigen Verpflichtungsgrund für die Mietverbindlichkeiten haftet, ohne daß ihm zugleich die Rechte aus dem Vertrag zustehen. Allein die Unterschrift unter dem Mietvertrag macht einen Ehegatten nicht ohne weiteres zur Vertragspartei, wenn am Beginn der Vertragsurkunde nur der andere Ehegatte als Mieter genannt ist (PERGANDE § 569 b Anm 3; vgl O L G Celle O L G E 3 3 , 3 1 6 ) . Der Ehegatte braucht den Mietvertrag nicht von Anfang an mit abgeschlossen zu haben, sondern kann auch später im Wege der Vertragsänderung eingetreten sein. Allein durch die Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(738)
3. Titel. Miete. Pacht
§ 569 b 7-10
Aufnahme in die gemieteten Räume wird der Ehegatte allerdings noch nicht Vertragspartei, selbst wenn der Vermieter nicht widerspricht. Nach den Umständen des Einzelfalls kann in dem Verhalten der Parteien ein Beitritt zu dem Mietverhältnis durch stillschweigende Vertragsänderung liegen. Der Eintritt eines Ehegatten als weiterer Mieter in einen bereits bestehenden, schriftlich auf längere Zeit als ein Jahr abgeschlossenen Mietvertrag bedarf der Schriftform. Doch kann insoweit auf der Grundlage des § 566 S 2 durch formlosen Beitritt ein gemeinschaftliches Mietverhältnis begründet werden (vgl BGHZ 65, 49 = NJW 1975, 1353), da § 569 b nicht voraussetzt, daß die Rechte und Pflichten der Eheleute aus dem Mietvertrag identisch sind. Wenn der Ehegatte nicht Partei des Mietvertrags ist, kommt ein Eintrittsrecht aus § 569 a Abs 1 in Betracht. c) § 569 b geht davon aus, daß nur die Eheleute Mitmieter sind. Dies ergibt sich - 7 wenn auch nicht eindeutig - aus der Formulierung des S 1, daß das Mietverhältnis „mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt" wird. Hierfür spricht auch der systematische Zusammenhang zwischen § 569 a und § 569 b. Ist neben den Eheleuten noch eine weitere Person Mitmieter, steht dem überlebenden Ehegatten nach § 569 a Abs 1 ein Eintrittsrecht in den Anteil des Verstorbenen zu (§ 569 a Rz 7). 3. Führung eines gemeinsamen Hausstandes
8
Die Eheleute müssen in dem Wohnraum einen gemeinsamen Hausstand geführt haben. Hierbei handelt es sich um die gleiche Voraussetzung wie in § 569 a Abs 1 (s dort Rz 10). 4. Tod eines Ehegatten
9
Einer der Ehegatten muß gestorben sein. Gleichbedeutend mit dem natürlichen Tod ist die Todeserklärung eines Verschollenen, da sie nach § 9 Abs 1 VerschG eine Todesvermutung begründet. Die Verschollenheit allein reicht nicht aus, da nach § 10 VerschG eine Lebensvermutung gilt, solange der Ehegatte nicht für tot erklärt worden ist (§ 569 Rz 6).
III. Rechtsfolgen 1. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem überlebenden Ehegatten (S 1) Das Mietverhältnis wird mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt. Damit wird einerseits klargestellt, daß dieser Ehegatte in seiner Rechtsstellung als Mitmieter durch den Tod des anderen Ehegatten nicht beeinträchtigt wird. Darüber hinaus führt die Vorschrift materiell zu einer Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes in den Anteil des verstorbenen Ehegatten an dem Mietverhältnis (anders PALANDT-PUTZO § 569 b Anm 1). Hierdurch wird zugunsten des überlebenden Ehegatten eine Gesamtrechtsnachfolge der Erben in diesen Anteil ausgeschlossen. Der Uberlebende wird alleiniger Mieter. Im übrigen wird das Mietverhältnis inhaltlich unverändert fortgesetzt. Dies schließt jedoch nicht aus, weiterhin zwischen den beiden Anteilen zu unterscheiden, wenn hinsichtlich der früheren Mitmieter unterschiedliche Rechte und Pflichten bestanden haben (vgl zum Kündigungsrecht BGHZ 65, 49 = NJW 1975, 1353). Die Dauer der Überlassung des Wohnraums, die für eine spätere Kündigung nach § 565 Abs 2 S 2 wichtig ist, wird nach der längsten Besitzzeit berechnet, so daß dem überlebenden Ehegatten in jedem Fall die Gesamtzeit zugute kommt (§ 565 Rz 36). Die Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten tritt unabhängig von einer etwaigen Stellung als Erbe ein. (739)
Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
10
§ 569 b 11-14
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
11 2. Haftung für Mietverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten (S 2) a) § 569 a Abs 3 gilt entsprechend. Dies hat zur Folge, daß der überlebende Ehegatte neben dem Erben für die bis zum Tode des anderen Ehegatten entstandenen Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis als Gesamtschuldner haftet (§ 569 a Abs 3 HS 1; s dort Rz 27 ff). Diese Regelung ist insofern von Bedeutung, als sie klarstellt, daß der Erbe aufgrund der Sonderrechtsnachfolge nicht von den früheren Mietverbindlichkeiten des Erblassers befreit ist. Im übrigen ergibt sich die gesamtschuldnerische Haftung des überlebenden Ehegatten auch für diese Verbindlichkeiten schon aus seiner Stellung als Mitmieter (§ 427). Haben die Eheleute die gesamtschuldnerische Haftung im Mietvertrag ausgeschlossen, kann sie auch über § 569 a Abs 3 nicht wieder eingreifen, da diese Vorschrift dann ebenfalls abbedungen ist. 12 b) Die entsprechende Geltung des § 569 a Abs 3 HS 2 hat zur Folge, daß im Innenverhältnis zwischen dem überlebenden Ehegatten und dem Erben der letztere allein haftet. Dies bedeutet aber grundsätzlich nicht, daß der Erbe die gesamten Mietverbindlichkeiten aus der Zeit vor dem Erbfall zu begleichen hat. Wegen der Verpflichtung der Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen muß der überlebende Ehegatte den auf ihn entfallenden Teil selbst tragen. Die volle Ausgleichspflicht trifft den Erben nur, wenn der Erblasser im Innenverhältnis der Ehegatten allein für die Mietverbindlichkeiten aufkommen sollte (HANS § 5 6 9 b Anm 3; PERGANDE § 5 6 9 b Anm 6; ROQUETTE § 5 6 9 b Rz 6 unter Hinweis auf die §§ 1360, 1 3 6 0 a). Der Erbe haftet damit im Innenverhältnis nur für die Verbindlichkeiten, die auf den Anteil des Verstorbenen entfallen. Ein Rückgriff gegen den Erben wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der überlebende Ehegatte selbst Miterbe ist. Dabei ist aber seine Doppelstellung als Sonderrechtsnachfolger und als Miterbe zu berücksichtigen (§ 5 6 9 a Rz 30). 13 3. Ausgleich von Mietvorauszahlungen (S 2) § 569 a Abs 4 gilt entsprechend. Der überlebende Ehegatte ist verpflichtet, dem Erben dasjenige herauszugeben, was er infolge einer Mietvorauszahlung des Verstorbenen erspart oder erlangt (§ 569 a Rz 32 ff). Insoweit ist ähnlich wie bei der Schuldenhaftung (Rz 12) idR davon auszugehen, daß Mietvorauszahlungen beiden Mitmietern in gleicher Weise zugute kommen sollen. Der überlebende Ehegatte ist also nur zur Herausgabe des Teils verpflichtet, der auf den Erblasser entfällt und damit in den Nachlaß gehört. Für einen Anspruch des Erben in voller Höhe kommt es dagegen nicht allein darauf an, ob die Mietvorauszahlung ausschließlich aus dem Vermögen des verstorbenen Ehegatten stammt. Damit kann zB eine Schenkung oder die Leistung von Unterhalt beabsichtigt gewesen sein. Entscheidend ist vielmehr, ob die Mietvorauszahlung nach den ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen Abreden im Innenverhältnis nur dem verstorbenen Ehegatten zugute kommen sollte (HANS § 569 b Anm 4; SIEGELMANN B1GBW 1965, 127, 128; vgl aber PERGANDE § 569 b Anm 7). Die Beurteilung der Mietvorauszahlung als vorweggenommene Unterhaltsleistung an den Ehegatten kann nach Wegfall des Unterhaltsanspruchs (§§ 1360 a Abs 3,1615) zur Folge haben, daß die Mietvorauszahlung in voller Höhe in den Nachlaß fällt und damit ganz dem Erben zusteht. Ist der überlebende Ehegatte Miterbe, kann er den auf ihn entfallenden Anteil abziehen. 14 4. Kündigungsrecht des Uberlebenden Ehegatten (S 3) a) Dem überlebenden Ehegatten steht ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu (S 3 HS 1). Dieses Kündigungsrecht ist mit den häufig grundlegenden Umstellungen im Hausstand zu rechtfertigen, die es als notwendig erscheinen lassen Jürgen Sonnenschein 2. Bearbeitung 1981
(740)
§§ 569 b, 570 3. Titel. Miete. Pacht
15,16
können, das Mietverhältnis alsbald zu lösen (ROQUETTE § 569 b Rz 8). Hierbei ist die gesetzliche Kündigungsfrist einzuhalten, die sich aus § 565 Abs 5 iVm Abs 2 S 1 ergibt (s dort Rz 74 ff). Sie beträgt drei Monate abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin ausgesprochen werden, für den sie zulässig ist (S 3 HS 2). Diese Bestimmungen entsprechen der in § 569 Abs I getroffenen Regelung. Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend (§ 569 Rz I I ff). Die Kündigung bedarf nach § 564 a Abs 1 S 1 der Schriftform. Sie beendet das gesamte Mietverhältnis, betrifft also nicht nur den im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangenen Anteil. Da die Kündigung nicht auf den Zeitpunkt des Todes des anderen Ehegatten zurückwirkt, scheidet eine ersatzweise Nachfolge kraft Erbrechts aus. Das Mietverhältnis ist endgültig beendet. b) Dem Vermieter steht im Rahmen des § 569 b kein außerordentliches Kündigungs- 15 recht zu. Ein dahin gehender Antrag wurde in den Gesetzgebungsberatungen abgelehnt, da der Vermieter den überlebenden Ehegatten anders als im Fall des § 569 a Abs 1 schon durch Abschluß des gemeinschaftlichen Vertrags der Eheleute als Mietpartei akzeptiert habe (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 7 f). Das Recht des Vermieters zur außerordentlichen Kündigung aus § 569 ist nach Abs 2 dieser Vorschrift ausgeschlossen. Ihm bleibt grundsätzlich nur der Weg einer ordentlichen Kündigung mit den sich aus § 565 Abs 2 S 1 oder 2 ergebenden Fristen, sofern es sich um ein unbefristetes Mietverhältnis handelt.
IV. Abweichende Vereinbarungen
16
§ 569 b kann durch Parteivereinbarungen abgeändert oder in vollem Umfang abbedungen werden ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 b Rz 3; MünchKomm-VoELSKOW § 569 b Rz 5). Die Vorschrift ist nicht zwingend ausgestaltet worden, weil sowohl der Vermieter als auch der überlebende Ehegatte beim Vertragsabschluß beteiligt sind. Damit kann es ihnen überlassen bleiben, für den Fall des Todes eines Ehegatten eine ihnen geeignet erscheinende Regelung zu treffen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 7). Dies ist nicht nur durch Individualvereinbarungen, sondern in den Schranken des AGBG auch durch Formularklauseln möglich. Der soziale Gehalt des § 569 b steht dem nicht entgegen, solange der überlebende Ehegatte mit seinem eigenen Anteil Vertragspartei bleibt. Wegen der zwingenden Vorschriften über den Bestandsschutz ist es ausgeschlossen, das Mietverhältnis für den Fall des Todes eines Ehegatten insgesamt für beendet zu erklären (vgl § 565 a Abs 2, Art 2 WKSchG). Das außerordentliche Kündigungsrecht des überlebenden Ehegatten ist im Hinblick auf die zugrunde liegende besondere Situation nicht formularmäßig abdingbar (STERNEL Rz IV 368). Weitere Einschränkungen können sich aus anderen zwingenden Vorschriften ergeben (§ 565 Abs 2 S 3).
§570 Militärpersonen, Beamte, Geistliche und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten können im Falle der Versetzung nach einem anderen Orte das Mietverhältnis in Ansehung der Räume, welche sie für sich oder ihre Familie an dem bisherigen Garnison- oder Wohnorte gemietet haben, unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. E I § 527; II § 562; III § 563; Mot II 416 f; Prot II 227 f. (741)
Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§570 1-3
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Schrifttum Was ist in § 570 BGB unter Versetzung eines Beamten zu verstehen? Recht 1903, 146; D E N N L E R , Zum Kündigungsrecht des Beamten, D J Z 1906, 699; E C K S T E I N , Auf wann kann der Beamte kündigen nach § 570 BGB? SeuffBl 75 (1910) 607; E N N E C C E R U S - L E H M A N N (15. Bearb 1958) § 132 III 4; G I E S E , Befristete außerordentliche Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnraum, WuM 1973,197; H A G E N BayZ 1907,380,403; KEYSSNER, Das Mietkündigungsrecht des Beamten, Recht 1903, 224; V O N L I P P M A N N , Zum Kündigungsrecht des Beamten, SeuffBl 71 (1906) 565; M I T T E L S T E I N , Beiträge zum Mietrecht, SeuffBl 76(1911)503; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 490 ff; N E U H A U S , Zum vorzeitigen Kündigungsrecht eines Beamten, D J Z 1910, 363; N I E N D O R F F , Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 377 ff; R O M B E R G , Untersuchungen zur Auslegung des § 570 BGB, Gruchot 53 (1909) 635; S A L I N G E R , Kann der versetzte Beamte auch ein noch nicht begonnenes Mietverhältnis aufgrund des § 570 BGB aufheben? D J Z 1904, 594; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K , Mietrecht (9. Aufl 1980), s v Beamte; S T E R N E L , Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz IV 333 ff (S 632); W E S E N B U R G , Der Personenkreis der nach § 570 BGB zur vorzeitigen Kündigung Berechtigten, DJ 1938, 1154; W I N T E R , Mitunterzeichnung eines Mietvertrages durch die Ehefrau des verstorbenen oder versetzten Mieters (§§ 569,570 BGB), Recht 1907, 817; ders, Das Mietkündigungsrecht des versetzten Beamten und die staatliche Mietzinsvergütung, Recht 1904, 547. DAVID,
1 1. Entstehungsgeschichte § 570 geht zurück auf die Vorschrift des I 21 § 376 ALR, nach der jeder Mieter kündigen konnte, wenn er durch eine unfreiwillige Veränderung der Verhältnisse seiner Person zum Umzug genötigt war. In den Beratungen des BGB wurde das „Privileg" dann unter Anpassung an § 411 auf die dort genannten Personen beschränkt (s bes Prot II 227 f). 2 2. Zweck Der Zweck der Regelung ist umstritten. Nach einer Meinung folgt aus der Entstehungsgeschichte, daß das den Beamten durch § 570 gewährte, außerordentliche Kündigungsrecht ein Privileg darstelle, um ihnen eine Anpassung an veränderte Verhältnisse zu ermöglichen (OLG Dresden OLGE 11, 316, 317; LG Aurich JW 1937, 3227 Nr 22). Andere sehen in § 570 nur die Normierung eines Kündigungsrechtes, von dem die Parteien bei Vermietung an einen Beamten ohnehin idR stillschweigend ausgingen ( N I E N D O R F F 378). Nach heute herrschender und zutreffender Meinung ist § 570 hingegen im öffentlichen Interesse erlassen. Sein Zweck ist es, die freie Versetzbarkeit der Beamten im Interesse des Staates zu fördern, unbehindert durch möglicherweise lange Kündigungsfristen des Beamten (KG OLGE 13, 375, 376; LG Hamburg HansRGZ 1934, B 660; LG Berlin JW 1935, 2659, 2660 Nr 62 m Anm ROQUETTE). Hinzu kommt das Interesse des Staates an einer Verringerung der Umzugskosten (KG OLGE 11, 319 f; aM KG OLGE 13, 375, 376). 3 3. Verfassungsmäßigkeit Der Anwendungsbereich des § 570 beschränkt sich auf ganz bestimmte Angehörige des öffentlichen Dienstes (unten Rz 5 ff). Die Vereinbarkeit der darin liegenden Privilegierung (oben Rz 2) des genannten Personenkreises mit dem Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG wird neuerdings angezweifelt (DERLEDER, in: AK § 5 7 0 Rz 1). Aus demselben Grund wird hingegen von anderen die entsprechende Anwendung des § 5 7 0 auf sämtliche Arbeitnehmer befürwortet (STERNEL Rz IV 3 3 3 f). Der zuletzt genannten Meinung ist zuzustimmen (Vorauf 1 Rz 4), weil sie die sonst in der Tat naheliegende Gefahr eines (partiellen) Verstoßes des § 570 gegen Art 3 Abs 1 GG vermeidet (unten Rz 4). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(742)
3. Titel. Miete. Pacht
§570 4-9
4. Anwendungsbereich
4
a) Nach dem Gesagten (oben Rz 3) kann es keine Billigung finden, wenn § 570 früher vielfach als eng auszulegende Sondervorschrift bezeichnet wurde, die keiner analogen Anwendung zugänglich sei (so OLG Königsberg OLGE 7, 465; OLG Stettin OLGE 11, 315; KG OLGE 17,14,15). Soweit sein Grundgedanke paßt, ist § 570 vielmehr durchaus auch in ähnlichen Fällen entsprechend anwendbar. Es bestehen daher keine Bedenken dagegen - weit über den Wortlaut des § 570 S 1 hinaus - überhaupt allen Arbeitnehmern ein besonderes Kündigungsrecht zuzubilligen, sofern ihr Beruf eine häufige „Versetzung" an einen anderen Ort nach sich zieht. b) Auf die Pacht findet § 570 nach § 596 Abs 3 keine Anwendung.
5
c) Nach seinem Wortlaut gilt § 570 zunächst für Militärpersonen. Das sind sämtliche 6 Soldaten iS des Soldatengesetzes vom 22.4.1969 (BGBl I 314 m späteren Änderungen). Der Rang des Soldaten spielt keine Rolle. Ob hierzu auch die Beamten der Bundeswehr gehören (so R O Q U E T T E § 570 Rz 3), kann offenbleiben, weil sie jedenfalls Beamte iS des § 570 sind. Keine Militärpersonen sind hingegen die Angehörigen des Bundesgrenzschutzes. d) Beamte iS des § 570 sind nach hM nur die Beamten im staatsrechtlichen Sinne (KG 7 OLGE 11, 319), also lediglich die Beamten iS der verschiedenen Beamtengesetze (vgl insbes BundesbeamtenG vom 17.7.1971, BGBl 11181; BeamtenrechtsrahmenG v 17.7.1971, BGBl 1 1025). Keine Rolle spielt, ob es sich um Bundes-, Landes- oder Gemeindebeamte handelt. Auch die Beamten der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören hierher. Immer aber muß es sich um einen deutschen Beamten handeln. Keine Beamten sind zB die sog privaten Beamten großer Unternehmen oder 7a Verbände (KG OLGE 11, 319), die Handelsrichter oder die Rechtsanwälte. Notare sind Beamte nur, wenn sie zur hauptberuflichen Amtsausübung auf Lebenszeit bestellt sind (§§ 3 Abs 1 und 11 BNotO vom 24.2.1961 [BGBl I 98]; S O E R G E L KUMMER § 570 Rz 2). Beamte iS des § 570 sind natürlich außerdem alle Richter. Umstritten ist die Anwendbarkeit des § 570 auf die Angestellten des Staates (dagegen 7b zB OLG Karlsruhe JW 1935, 3400 Nr 37; B G B - R G R K - G E L H A A R § 570 Rz 3). Die Frage ist heute mit Rücksicht auf Art 3 Abs 1 GG unbedenklich zu bejahen (oben Rz 3 f; STERNEL Rz IV 334; ebenso schon früher LG Hamburg HansRGZ 1934, B 660, 661). e) Zu den Geistlichen iS des § 570 wurden früher allgemein nur die Pfarrer und 8 Pastoren der staatlich anerkannten Religionsgesellschaften (vgl Art 140 GG in Verbindung mit Art 137 Abs 5 Weimarer Reichsverfassung) gezählt (vgl zB MITTELSTEIN 4 9 2 ; P E R G A N D E § 5 7 0 Anm 2 ) . Unter Berufung auf die Art 3 und 4 GG überwiegt jedoch heute die Auffassung, daß Geistliche iS des § 570 darüberhinaus sämtliche Personen sind, die in einer Religionsgemeinschaft nach einer vorgeschriebenen Ausbildung aufgrund eines geregelten Berufungsverfahrens hauptberuflich ein geistliches Amt ausüben (ROQUETTE § 5 7 0 Rz 5 ; SOERGEL-KUMMER § 5 7 0 Rz 2 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K , Mietrecht, s v Beamte; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 0 Rz 4 ) . Jedoch darf man hierbei nicht stehenbleiben ( S T E R N E L R Z IV 3 3 4 ) . Auch alle sonstigen Mitarbeiter der Religionsgemeinschaften, deren Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verkündungsauftrag der Religionsgemeinschaft steht, gehören hierher. Beispiele sind Diakone, Küster oder Gemeindeschwestern ( S T E R NEL aaO). f) Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten sind zB Hilfslehrer, auch wenn sie nur 9 angestellt sind. Beamte brauchen sie also nicht zu sein. Auch die Hochschullehrer (743)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§570 10-12
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
gehören hierher, nicht aber Privatlehrer und Lehrer an Privatschulen. Denn öffentliche Unterrichtsanstalten sind nur solche, deren Träger die öffentliche Hand ist ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 0 R z 5 ; STERNEL R Z I V
334).
10 5. Versetzung Das außerordentliche, befristete Kündigungsrecht setzt außerdem voraus, daß die genannten Personen nach einem anderen Ort versetzt werden. a) Was unter einer Versetzung zu verstehen ist, sagt zunächst das Beamtenrecht (§18 BRRG; § 26 BBG). Es fällt darunter also jede Übertragung eines neuen Amtes unter endgültigem Ausscheiden aus dem bisherigen Amt, wobei keine Rolle spielt, ob die Versetzung auf einem Antrag des Beamten beruht oder nicht. Auch wenn der Beamte auf seinen Wunsch hin versetzt wird, ist § 570 anwendbar.* 11 Entsprechend dem Zweck des § 570 beschränkt sich dessen Anwendungsbereich nicht auf Versetzungen innerhalb des Dienstbereiches desselben Dienstherrn. Auch der Wechsel eines Beamten aus dem Bereich eines Dienstherrn in den Bereich eines anderen Dienstherrn, zB aus dem Bundesdienst in den Landesdienst fällt unter § 570. Dies gilt auch, wenn sich der Beamte um das neue Amt beworben hat und daraufhin aufgrund einer Auswahl in das Amt berufen wird. Die Berufung eines Hochschullehrers an eine andere Universität, eines Kommunalbeamten in den Dienst einer anderen Gemeinde oder eines Pfarrers in den Dienst einer anderen Gemeinde sind daher ebenfalls Anwendungsfälle des § 570 (OLG Stettin OLGE 11, 315,316; OLG Dresden OLGE 11, 316 ff; 13, 377; LG Hamburg HansRGZ 1934, B 660, 661). Dasselbe gilt, wenn einem hauptberuflichen Notar ein anderer Dienstsitz zugewiesen wird (SOERGEL-KUMMER § 570 Rz 3). IIa Auch die Zurückberufung des Beamten in sein altes Amt fällt unter § 570 (OLG Hamburg Recht 1912 Nr 992), selbst wenn der Beamte noch gar nicht umgezogen war, aber bereits eine Wohnung an seinem neuen Dienstsitz gemietet hatte (RG JW 1916, 261 Nr 7). Gleichbehandelt wird die nachträgliche Aufhebung des Versetzungsbeschlusses (OLG Hamburg Recht 1912 Nr 992). 12 b) In einer Reihe von Fällen ist die Anwendung des § 570 umstr. Nach hM soll § 570 keine Anwendung finden, wenn eine Person erstmals in ein öffentliches Amt berufen wird und deshalb zum Wechsel des Wohnsitzes gezwungen ist (KG OLGE 11, 319 f; 1 3 , 3 7 5 ; MITTELSTEIN 4 9 4 ; N I E N D O R F F 3 8 1 ; E R M A N - S C H O P P § 5 7 0 R z 2 ; ROQUETTE
§ 570 Rz 9; H A N S § 570 Anm B 3 a). Dieser Meinung kann indessen mit Rücksicht auf den Zweck des § 570, dem Staat jederzeit unbehindert durch lange Kündigungsfristen die Gewinnung der geeigneten Persönlichkeiten zu ermöglichen, nicht zugestimmt werden; § 570 ist deshalb auch bei erstmaliger Berufung in ein öffentliches Amt anwendbar (so richtig OLG Karlsruhe JW 1935, 3400 Nr 37; P A L A N D T - P U T Z O § 5 7 0 A n m 3 a ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 0 R z 8 ; STERNEL R Z I V
335). Folglich gilt § 570 erst recht, wenn der Mieter erst während des Laufs des Mietvertrages in ein öffentliches Amt berufen und sodann versetzt wird.** * R G Z 21,283, 286 f; RG Recht 1916 Nr 16; OLG Hamburg DJZ 1904,1000 Nr 13; OLG Stettin O L G E 11, 315, 316; insbes K G O L G E 17, 14; M I T T E L S T E I N 492 ff; N I E N D O R F 380 ff; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 0 R z 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 0 A n m 3 ; STERNEL R Z I V
** ebenso
KG OLGE
13, 375 ff;
O L G
Karlsruhe JW 1935, 3400 Nr 37;
335.
BGB-RGRK-GELHAAR
§ 5 7 0 R Z 1 ; ERMAN-SCHOPP § 5 7 0 R z 1 ; SOERGEL-KUMMER § 5 7 0 R z 4 , 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 0
Anm 1 c; aM früher
R G
JW 1903, Beilage 147 f;
MITTELSTEIN
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
496;
NIENDORFF
380. (744)
3. Titel. Miete. Pacht
§570 13-16 a
c) Keine Versetzung ist hingegen die bloße Abordnung zur Aushilfe, zur Vertretung 13 oder zur Ausbildung (§ 17 BRRG; § 27 BBG; OLG Stettin OLGE 11, 315, 316; NIENDORFF 3 8 0 ) . Auch der Eintritt in den Ruhestand, die Entlassung oder das freiwillige Ausscheiden aus dem Dienst fallen nicht unter § 5 7 0 ( K G OLGE 1 7 , 1 4 ; OLG Hamburg OLGE 24, 356). Ebensowenig der Übertritt in den Dienst eines ausländischen Staates; ob dasselbe für die Berufung eines deutschen Hochschullehrers an eine ausländische Universität gilt, ist streitig (für Anwendung des § 570 MITTELSTEIN 4 9 5 ; NIENDORFF 3 8 2 ; dagegen B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 0 Rz 1). Zumindest gegen eine entsprechende Anwendung des § 570 in solchen Fällen bestehen jedoch keine Bedenken. d) Die Anwendung des § 570 wurde außerdem in folgenden Sonderfällen abgelehnt: 14 Bei Abkommandierung eines Offiziers auf ein Kriegsschiff, das ins Ausland fährt, oder zu einem auf fremdem Kriegsschauplatze stehenden Generalstab (OLG Königsberg JW 1916, 977 Nr 8), bei Abberufung des Offiziers einer ausländischen Macht, der an einer deutschen Offiziersschule als Offizierslehrer tätig war (LG Berlin III Recht 1915,618 Nr 1175), sowie bei bloßem Wechsel des Wohnorts des Beamten ohne Veränderung des Dienstsitzes (ERMAN-SCHOPP § 570 Rz 2; aM offenbar OLG Stettin OLGE 11, 315 f). e) Voraussetzung ist immer, daß die Versetzung nach einem anderen Orte erfolgt. Ort 15 ist hier iS der politischen Gemeinde zu verstehen. Das besondere Kündigungsrecht namentlich der Beamten greift also nur ein, wenn sich ihr Dienstsitz infolge der Übertragung eines neuen Amtes verändert (ROQUETTE § 570 Rz 10). Die Einzelheiten sind jedoch umstritten, weil sich Dienstsitz und Wohnort nicht notwendigerweise decken (vgl insbes OLG Stettin OLGE 11, 315, 316). Sicher anwendbar ist § 570, wenn die Veränderung des Dienstsitzes eine Veränderung des Wohnortes erzwingt (OLG Stettin aaO; NIENDORFF 382). Keine Anwendung kann § 570 nach seinem Grundgedanken hingegen finden, wenn sich zwar der Dienstsitz des Beamten verändert, der Beamte jedoch am bisherigen Wohnort wohnen bleibt (NIENDORFF 3 82; aM MITTELSTEIN 494 f; zur Rückversetzung s oben Rz 11 a). Hingegen bestehen keine Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung des § 570, wenn ein Beamter von dem einen Ende einer Weltstadt zu dem anderen Ende versetzt wird und deshalb umziehen muß (HANS § 570 Anm B 3 a).
6. Kündigung 16 a) Im Falle der Versetzung an einen anderen Ort können die in § 570 genannten Personen das Mietverhältnis in Ansehung der Räume, die sie für sich oder ihre Familie an dem bisherigen Garnison- oder Wohnorte gemietet haben, unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen; die Kündigung kann jedoch nur für den ersten zulässigen Termin erfolgen. Die Form der Kündigung richtet sich nach § 564 b. Das Kündigungsrecht beschränkt sich nicht auf Wohnräume, sondern erstreckt sich 16a auf alle Räume, die eine der begünstigten Personen für sich oder ihre Familie gemietet hat. Dazu gehören also auch Garagen, Ställe oder Laboratorien eines Hochschullehrers (Prot II 228). Die Räume müssen jedoch für die betreffende Person oder ihre Familie einschließlich der Hausangestellten gemietet sein. Die Räume müssen sich außerdem am bisherigen Garnison- oder Wohnort befinden, so daß die genannten Personen Wohnungen an anderen Orten, zB eine Sommerwohnung an einem dritten Ort, nicht unter Berufung auf § 570 im Falle ihrer Versetzung kündigen können. § 570 gilt außerdem nicht für Räume, die zB ein Beamter für nahe Angehörige, die von ihm unterhalten werden, gemietet hat, sofern diese in den Räumen einen selbständigen Haushalt führen. (745)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§570 17-20
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
17 b) Unter den in § 570 genannten Voraussetzungen steht den hier genannten Personen, namentlich also allen Beamten, ein außerordentliches Kündigungsrecht mit gesetzlicher Frist zu. Die Kündigungsfrist beträgt nach § 565 Abs 5 in Verbindung mit § 565 Abs 2 S 1 grundsätzliche 3 Monate. Die Kündigung ist erst möglich, sobald die Versetzung oder Berufung des Beamten in ein anderes Amt beschlossen und dem Beamten mitgeteilt ist. Es genügt also nicht, wenn dem Beamten lediglich die Absicht mitgeteilt wird, ihn zu versetzen, oder wenn die vorgesetzte Behörde bei dem Beamten anfragt, ob er mit einer Versetzung einverstanden ist, und der Beamte dies bejaht; vielmehr ist erforderlich, daß der Versetzungsbeschluß dem Beamten eröffnet worden ist. Hingegen ist nicht erforderlich, daß dem Beamten auch schon die Versetzungsurkunde überreicht ist; er muß vielmehr nur amtlich von dem feststehenden Beschluß zu seiner Versetzung unterrichtet worden sein (OLG Königsberg OLGE 7,465; OLG Stettin OLGE 11,315,316; OLG Rostock OLGE 28,155,156; OLG Hamburg Recht 1912 Nr 992; OLG Kolmar Recht 1913 Nr 2058; MITTELSTEIN 4 9 6 f; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 0 R z 7).
18 c) Nach § 570 S 2 kann die Kündigung nur für den ersten zulässigen Termin erfolgen. Streitig ist, wann danach das Kündigungsrecht ausgeübt werden muß. Die einzige praktikable Lösung dürfte sein, daß die Kündigung zu dem ersten möglichen Termin nach Eröffnung des Versetzungsbeschlusses ausgesprochen werden muß, wobei jedoch vorauszusetzen ist, daß dieser Termin nach dem Zeitpunkt der Versetzung liegt (ebenso wohl ROQUETTE § 570 Rz 13; SOERGEL-KUMMER § 570 Rz 11; HANS § 570 Anm B 3 b; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK, Mietrecht, s v Beamte; teilweise abweichend MITTELSTEIN 497). Ob der Mieter das Kündigungsrecht überhaupt gekannt hat, spielt hierbei keine Rolle (STERNEL RZ IV 337). Hatte das Mietverhältnis bei Eröffnung des Versetzungsbeschlusses noch nicht begonnen, so wird man es dem Beamten entsprechend dem Zweck des § 570 außerdem gestatten müssen, schon vor Beginn der Mietzeit zu kündigen, jedoch unter Einhaltung der Kündigungsfrist des § 565 Abs 5 (streitig). 19 d) Das Kündigungsrecht setzt voraus, daß es gerade eine der begünstigten Personen war, die die betreffenden Räume gemietet hatte. Deshalb greift das Kündigungsrecht nicht ein, wenn zB nur die Ehefrau des versetzten Beamten die Räume gemietet hatte (MITTELSTEIN 495; aM STERNEL RZ IV 336). Eine Ausnahme wird allgemein zu Gunsten des Ehegatten der begünstigten Person anerkannt, der zusammen mit der letzteren den Mietvertrag abgeschlossen hatte. In einem solchen Falle kann mithin auch der Ehegatte nach § 5 7 0 kündigen (ERMAN-SCHOPP § 5 7 0 Rz 3; GIESE WuM 1 9 7 3 , 1 9 7 ; MITTELSTEIN 4 9 8 ; NIENDORFF 3 8 2 f; ROQUETTE § 5 7 0 R z 14; STERNEL
Rz IV 3 3 6 ) .
20 7. Abweichende Vereinbarungen Nach heute durchaus hM* folgt aus dem Zweck des § 570, daß er nicht durch Vertrag ausgeschlossen werden kann; der Beamte kann lediglich nachträglich auf das einmal entstandene Kündigungsrecht verzichten. Die früher sehr verbreitete, abweichende Meinung ist überholt.**
*
LG
Berlin JW 1935, 2659, 2660; P A L A N D T - P U T Z O § 570 Anm 1 a; P E R G A N D E § 570 Anm 2; § 570 Rz 15; wohl auch schon O L G Dresden DJZ 1903, 131; B G B - R G R K - G E L H A A R
ROQUETTE
§ 5 7 0 R z 1 0 ; GIESE W U M 1 9 7 3 , 1 9 7 ; STERNEL R Z I V
333.
** Prot II 227; K G O L G E 13, 375, 376 f; O L G Karlsruhe JW 1935, 3400 Nr 37; L G Aurich JW 1937, 3227 Nr 22; E R M A N - S C H O P P § 570 Rz 1; M I T T E L S T E I N 498 f; N I E N D O R F F 383 f.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(746)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 570, 570 a 21; 1-4
21 8. Beweislast Die Beweislast für alle Voraussetzungen des Kündigungsrechtes trägt der kündigende Mieter.
§ 570 a Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum gelten, wenn der Wohnraum an den Mieter überlassen ist, für ein vereinbartes Rücktrittsrecht die Vorschriften dieses Titels über die Kündigung und ihre Folgen entsprechend. 1. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29.7.1963 (BGBl I 505), Art I Nr 7.
1. Zweck 1 § 570 a ist 1963 in das Gesetz eingefügt worden, um zu verhindern, daß der neue Kündigungsschutz des Mieters (durch das gleichzeitig eingeführte soziale Mietrecht) durch die Vereinbarung vertraglicher Rücktrittsrechte umgangen werden kann (vgl die Begründung zum RegE des 1. MietänderungsG). Der Wortlaut des Gesetzes geht jedoch weit über seinen Zweck hinaus, da § 570 a auch zugunsten des Mieters vereinbarte Rücktrittsrechte den Kündigungsvorschriften unterwirft. Das hat die groteske Folge, daß zwar zugunsten des Mieters zusätzliche, fristlose Kündigungsrechte (vgl § 554 b Rz 2), nicht jedoch ein ebenso wirkendes Rücktrittsrecht vereinbart werden können (vgl ROQUETTE § 570 a Rz 7). 2. Anwendungsbereich 2 Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich auf WohnraumvcneXverhälXnisse (zur Abgrenzung vgl Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536). Bei allen anderen Mietverhältnissen ist daher an sich die Vereinbarung vertraglicher Rücktrittsrechte unbeschränkt möglich. In aller Regel wird jedoch die Auslegung ergeben, daß die Parteien tatsächlich nur die Vereinbarung eines zusätzlichen, befristeten oder fristlosen Kündigungsrechtes gemeint haben, sofern man nicht ohnehin der Meinung folgt, daß bei der Miete nach Überlassung der Sache die Kündigung generell den R ü c k t r i t t v e r d r ä n g t (so z B HANS § 5 7 0 a A n m B 2; LARENZ I § 2 6 d ; PERGANDE § 5 7 0 a A n m 2 ; ROQUETTE § 5 7 0 a R z 3 f; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK M i e t r e c h t s v
Rücktritt und Anfechtung von Mietverträgen; ders B 87; ebenso weitgehend BGHZ 50, 312, 315 = JuS 1969, 35 Nr 3 m Nachw).
3. Gesetzliche Umdeutung 3 § 570 a besagt, daß bei Wohnraummietverhältnissen nach Überlassung des Wohnraums an den Mieter der vertraglich vorbehaltene Rücktritt wie eine Kündigung zu behandeln ist (dazu insbes HANS § 570 a Anm B 4). a) Man muß in der Entwicklung des Mietverhältnisses zwei Phasen unterscheiden. 4 Vor Überlassung des Wohnraums an den Mieter durch Übertragung des Besitzes (s im einzelnen §§ 535, 536 Rz 17 ff) kann von beiden Parteien ein vertraglich vorbehaltenes Rücktrittsrecht uneingeschränkt ausgeübt werden. Eine solche Vereinbarung kommt zB in Betracht, wenn der Mieter die Leistung eines Baukostenzuschusses oder eine Mietvorauszahlung binnen einer bestimmten Frist versprochen hat. Nach Ablauf der Frist kann der Vermieter dann ohne weiteres zurücktreten. (747)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 570 a, 571 5-8
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
5 b) Nach Überlassung des Wohnraums wird jedoch das vertraglich vorbehaltene Rücktrittsrecht zwingend in ein Kündigungsrecht umgedeutet. Voraussetzungen und Folgen des als Kündigung zu behandelnden Rücktritts beurteilen sich daher uneingeschränkt nach den Kündigungsvorschriften des BGB. Folglich ist eine fristlose Kündigung (durch Rücktritt) aus wichtigem Grunde gemäß § 554 b nur unter den Voraussetzungen der §§ 542, 544 und 553-554 a möglich. Die ordentliche Kündigung (durch Rücktritt) bedarf nach § 564 a der Schriftform und setzt gemäß § 564 b ein berechtigtes Interesse des Vermieters voraus. Außerdem muß der Vermieter bei dieser Kündigung die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 einhalten. Der Mieter hat das Widerspruchsrecht des § 556 a. Steht dem Vermieter das Rücktrittsrecht bei Eintritt einer Bedingung zu, so ist § 565 a Abs 2 anzuwenden. Für die fernere Abwicklung des Mietverhältnisses gelten die § 557 und 557 a. 6 c) § 570 a ist seinem Zweck entsprechend zwingend, so daß abweichende Vereinbarungen nicht möglich sind. Das gilt für beide Parteien, so daß auch Abweichungen zu Gunsten des Mieters nicht möglich sind (oben Rz 1 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 570 a Rz 4). 7 d) Die Beweislast für die Voraussetzungen des als Kündigung zu behandelnden Rücktritts liegen bei demjenigen, der von dem Kündigungsrecht Gebrauch macht. 8 4. Das gesetzliche Rücktrittsrecht § 570 a bezieht sich nur auf ein vertragliches Rücktrittsrecht. Für das gesetzliche Rücktrittsrecht enthält er keine Regelung. Jedoch wird nach Überlassung des Wohnraums auch das gesetzliche Rücktrittsrecht namentlich aufgrund des § 326 weitgehend, wenn nicht völlig, von dem Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde verdrängt (s Vorbem 23 zu § 537; § 542 R z 4 f; § 553 Rz 10 mNachw; s insbes BGHZ 50, 312, 315 = JuS 1969, 35 Nr 3 m Nachw). §571 Wird das vermietete Grundstück nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen ein. Erfüllt der Erwerber die Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergange des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis für den ersten Termin kündigt, für den die Kündigung zulässig ist. E I § 509; II § 563; III 564; Mot II 380 ff; Prot II 134 ff.
Schrifttum CROME, Die juristische Natur der Miete nach dem deutschen BGB, JherJb 37 (1897) 1; DULCKEIT, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, Recht und Staat 158/159 (1951) bes 20 ff; ECKSTEIN, Tritt der Nießbraucher in die Mietverträge des Nießbrauchbestellers ein? SeuffBl 77 (1912) 571; ENNECCERUS-LEHMANN (15. B e a r b 1 9 5 8 ) § 133 (S 5 3 7 f f ) ; ESSER-WEYERS II 1 § 2 2 (S 199 f f ) ;
FINGER, Die Sperrwirkung der Vormerkung (§ 883 Abs 2 BGB) gegenüber nachträglicher Vermietung, JR 1974, 8; FRICKE, Zur Übertragbarkeit des Rechts zur Wohnungskündigung bei einem Grundstückskauf, ZMR 1979, 65; GSCHNITZER, Miete vom Nichtberechtigten, AcP 123
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(748)
§571 3. Titel. Miete. Pacht (1925) 43; HAEGELE, Wohnungsrecht und Mietrecht in ihren Beziehungen zueinander, Rpfleger 1973, 349; HENSELER, Rückgabe und Herausgabe der Mietsache, ZMR 1964, 36; HELLWIG, Die Verträge auf Leistung an Dritte ( 1899) 420 ff ; HESSE, Die rechtliche Natur der Miete (1902); JACOBY, Der Begriff der „Überlassung" eines Mietraumes nach Reichsrecht, SeuffBl 72 (1907) 813 ff, 1034 ff; KOBAN, Die gesetzliche Bürgschaft der §§ 571 und 1251 des Bürgerlichen Gesetzbuches für d a s D e u t s c h e R e i c h ( 1 9 0 5 ) ; KÜRZEL B 1 G B W 1 9 7 4 , 1 5 ; LARENZ I I § 4 8 I V ; LEONHARD, B e s o n d e r e s
Schuldrecht des BGB (1931) 165 ff; LONING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930) bes 158 ff; MEDICUS, Drittbeziehungen im Schuldverhältnis, JuS 1974, 612; MITTELSTEIN, Wirkt das Vormietrecht eines Mieters gegen den Erwerber des Mietgrundstückes? SeuffBl 72 (1907) 144; ders, Das Gesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsen, DJZ 1915, 656; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 647 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 299 ff, 320 ff; PERGANDE, Erschwerung der Wohnungsbaufinanzierung durch die jüngste Rechtsprechung des BGH zur Mietvorauszahlung, NJW 1970,1171 ; RONIMI, Muß der Grundstückserwerber sich Offenbarungspflichtverletzungen des Voreigentümers zurechnen lassen? WuM 1980,1; ROQUETTE, Analoge Anwendung des § 571 BGB, MDR1957,712; ders, Anm NJW 1957, 1440; ders, Grundstückserwerb und Mietverhältnisse, NJW 1962, 1551; SCHMIDTFUTTERER-BLANK, Mietrecht (9. Aufl 1980), s v Verkauf des Mietgrundstückes; von SEELER, Die Rechtsstellung des Jagdpächters bei Veräußerung des Grundstücks, in: FS O v Gierke Bd 2 (1910) 345; SOLLNER, Mietvertragliche Sachmängelhaftung des Grundstückserwerbers gegenüber Dritten, J u S 1 9 7 0 , 1 5 9 ; d e r s , A n m J Z 1 9 6 8 , 1 8 3 ; d e r s , A n m J Z 1 9 6 9 , 6 3 4 ; STERNEL, M i e t r e c h t (2. A u f l 1 9 7 9 ) ,
Rz I 62-75 (S 31 ff); WEBER, Umgehung der Pfändung oder Abtretung von Mieten durch Abschluß neuer Mietverträge, JW 1913, 1131; WEIMAR, Stellt sich die Vermietung eines Grundstücks als Verfügung dar? B1GBW 1960,122; ders, Die Vermietung von Hauswand- und Dachflächen, MDR 1960,195 ; ders, Kann das Wegnahmerecht des Mieters auch gegenüber einem Grundstückserwerber ausgeübt werden? ZMR 1965,198; ders, Kann eine Grundbucheintragung für den Mieter Bedeutung haben? MDR 1966, 817; WINDSCHEID-KIPP, Lehrbuch des Pandektenrechts II (9. Aufl 1906/1963) 725 f, 732 ff; ZIMMERMANN, Rechtswirkungen der Veräußerung und Belastung des vermieteten Grundstücks auf das Mietverhältnis nach deutschem Recht (1901).
Systematische Übersicht I. Entstehungsgeschichte und Zweck 1 II. Grundgedanken 1. Überblick 3 2. Konstruktion 5 3. Keine Verfügung 7 4. Umgehungsgeschäfte 10 5. Rechtsgeschäftlicher Eintritt 11 III. Anwendungsbereich 12 1. Grundstücksmiete 13 2. Wirksamkeit des Vertrages 17 b 3. Entsprechende Anwendung auf Grund Gesetzes 18 a) Belastung des Grundstücks 18 a b) Erbbaurecht und ähnliche Fälle 18 b c) Nießbrauch und ähnliche Fälle 19 d) Wohnungsrecht und ähnliche Fälle 19 c 4. Sonstige Fälle entsprechender Anwendung 21 5. Eigentum des Veräußerers 24 6. Genossenschaften 25 6. Bewegliche Sachen 26 IV. Veräußerung 27 1. Eigentumsübergang erforderlich 28 2. Bestand der Miete bei Eigentumsübergang 29 b (749)
3. Rechtslage vor Eigentumsübergang 30 a) Grundsatz 30 a b) Ausnahmen 30 c 4. Beteiligung mehrerer 31 5. Sonderfälle 34 V. Überlassung 36 1. Zweck 37 2. Begriff 38 3. Annahme Verzug 41 a 4. Einzelfragen 42 VI. Eintritt in die Vermieterrechte 46 1. Eintritt kraft Gesetzes 47 2. Haftung des Veräußerers 48 3. Umfang 49 a) Grundsatz 49 b) Nur Rechte aus einem wirksamen Vertrag 50 c) Nur typische Mietvertragsklauseln 52 d) Sicherheiten 55 e) Ansprüche 57 f) Kündigung 61 g) Vertragsänderungen 63 VII. Eintritt in die Vennieterpflichten 1. Grundsatz 64 2. Einzelne Pflichten 67
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse a) Erfüllung 67 b) Sonstige Ansprüche des Mieters 71 c) Sonstige Pflichten 76
IX. Die Stellung des Vermieters 84 1. Haftung 85 2. Befreiung 89 3. Abweichende Vereinbarungen 96
VIII. Abweichende Vereinbarungen 81
X. Prozessuales 97
Alphabetische Übersicht Abtretung der Mietzinsansprüche 30 a abweichende Vereinbarungen 81 ff, 96 Aneignung des Grundstücks 21 Anfechtung des Mietvertrages 29 a, 51 ff, 72 Anwendungsbereich 12 ff - Aneignung des Grundstücks 21 - Automatenaufstellverträge 15 - Ausbeutung von Bodenschätzen 16, 44 - Belastung des Grundstückes 18 a - Dienstwohnung 17 a - Ehewohnung 22 - Eigentum des Veräußerer 24 f - Erbbaurecht 18 b ff - entsprechende Anwendung 4, 12, 18 ff, 21 ff - Fahrnismiete 26 - Gestattung eines Gewerbes 15 - gemischte Verträge 17 a - Genossenschaften 25 - Grundstücksmiete 13 ff - gutgläubiger Erwerb des Grundstücks 7 - Hauswart vertrag 17 a - Konzerne 24 b - Leihe 22 - Mehrzahl von Vermietern 24 a - Miete von Grundstücksteilen 14, 42 a - Miteigentum 24, 31 - Miterben 24 - möbliertes Zimmer 17 a, 82 f - Nacherbschaft 19 - Nießbrauch 19 ff - Raummiete 13 - Räume in Schiffen 14 a - Rechtspacht 17 - Rückerstattung des Grundstücks 21, 28 - Umgehungsgeschäfte 10, 35 a, 62 c - Untermiete 17, 69, 86 a - Vermächtnis 34 a, 95 - Vorkaufsrecht 9, 28 - Vormerkung 8, 24 a, 28 - Vorvertrag 23, 70 - Werkförderungsvertrag 66 - Wirksamkeit des Mietvertrages 17 b, 29 b f, 41, 43, 50, 60 - Wohnungseigentum 18 d, 34 - Wohnungsrecht 19 c f, 23 Ausbeutung von Bodenschätzen 16, 44 Automatenaufstellvertrag 15
Baukostenzuschuß 77, 82 a Belastung des Grundstücks 8 a Beweislast 98 Bruchteilseigentum 34 Bürgenhaftung des Veräußerer 87 ff Eigentum des Veräußerers 24 f Eigentumsübergang 28, 30 a, 49 Eintritt des Erwerbers kraft Gesetzes 6, 47, 64 Eintritt in die Vermieterpflichten 64 ff - Ansprüche des Mieters 71 ff - Auslegung des Vertrages 64 - Baukostenzuschuß 77, 82 a - Belegungsrecht Dritter 66 - Entschädigungsanspruch des Mieters 78, 83 - Erfüllung des Vertrages 64, 67, 85 - Erlaubnis der Untermiete 69 - Gesetzlicher Eintritt 64 - Gebrauchsgewährung während der ganzen Vertragsdauer 86 - Haftung des Erwerbers 64, 67 - Inventarübernahme 68 - Kenntnis des Erwerbers 64 - Konkurrenzschutz 67 b - Kündigungsbeschränkungen 76 - Nachfolgeklausel 79 - Optionen 76, 94 - Prüfungspflicht 75 - Schadensersatzansprüche des Mieters 71 ff - selbständige Nebenabreden 65 - Umfang 64 ff, 67 ff, 76 ff - Verpflichtungen des Vermieters gegenüber Dritten 66 - Verwendungsersatzanspruch 71 - Vormietrecht 76 - Vorvertrag 70 - Wegnahmerecht 80 - Zusicherung von Eigenschaften 67 a Eintritt in die Vermieterrechte 46 ff - Ansprüche des Vermieters 57 ff - Anfechtbarkeit des Mietvertrages 51 ff - Bürgschaft 55 - Eintritt in ein Abwicklungsverhältnis 29 b, 50 - Einmalmiete 59 - gesetzlicher Eintritt 47, 64 - Herausgabeansprüche 60
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(750)
§571 3. Titel. Miete. Pacht - Haftung des Veräußerers gegenüber dem Erwerber 48 - Kenntnis unerheblich 47, 64 - Kündigungsrecht 61 ff - Mietzinsansprüche 58 f - selbständige Nebenabreden 52 ff, 65 - Sicherheiten 55 f - typische Mietvertragklauseln 52 ff, 78 f - Umfang des Eintritts 49 ff - Vermieterpfandrecht 56 - Vertragsänderungen 63 f, 70 - Wirksamkeit des Mietvertrages 50 - Zeitpunkt 49 Enteignung 28 a Erbbaurecht 18 b ff Formularverträge 83 a, 96 gemischte Verträge 17 a Genossenschaften 25 gesetzlicher Eintritt 6, 47, 64 Gewerbegestattung 15 Geschichte 1 ff Grundgedanken 3 ff Grundgeschäft 29 Grundstücksmiete 13 ff Grundstücksteile 14 Gültigkeit des Mietvertrages 29 b f, 17 b, 41, 43, 50, 60 gutgläubiger Erwerb des Mietrechts 7, 9 gutgläubiger Erwerb des Grundstücks 7 Haftung des Vermieters 84 ff - abweichende Vereinbarungen 96 - Befreiung des Vermieters 89 ff - Bürgenhaftung des Vermieters 87 ff - Erfüllungsanspruch 85 - Fortfall der Haftung 94 ff - Gebrauchsgewährung während der Vertragsdauer 86 f - Kündigung des Erstehers in der Zwangsversteigerung 86 a - Kündigung des Mieters 91 f - Mitteilung des Vermieters 90 - Untervermieter 86 a - Verzicht des Mieters auf die Kündigung 93 - Weiterveräußerung des Grundstücks 88 - Zweck 84 Haftung des Veräußerers gegenüber dem Erwerber 48 Herausgabeansprüche 60 Konkursverwalter 35, 86 a Kündigungsrecht 30 a, 30 d, 61 ff, 66, 83 Kündigung des Mieters 62 d f, 91 Kündigungsbeschränkungen 76 Mietzinsansprüche 58 f Mietzinserhöhung 30 a (751)
Miteigentümer 24, 31 Mitteilung des Vermieters von der Veräußerung 90 möblierte Zimmer 17 a, 82 Nießbrauch 19 ff rechtsgeschäftlicher Eintritt des Erwerbers 11, 26 c, 30 c Rechtskrafterstreckung 97 Rechtspacht 17 Rückerstattung des Grundstücks 21, 28 Rückgabeanspruch 60 Schadensersatzansprüche des Mieters 71 ff, 84 ff selbständige Nebenabreden 52 ff, 65 Sicherheiten 56 Teilung des Grundstücks 32 typische Mietvertragsklauseln 52 ff, 78 f Ubergabe der Sache 39 f Überlassung der Sache 36 ff - Ausbeutung von Bodenschätzen 44 - Annahmeverzug des Mieters 41 a, 42 b - Begriff 38 ff, 42 - Besitzverlust des Mieters 40 - eigenmächtige Besitzergreifung des Mieters 42 b - Miete von Grundstücksteilen 42 a - Periodische Überlassung 42 c - Teilüberlassung 42 c - Übergabe 39 f - Zweck 37 Umgehungsgeschäfte 10, 35 a, 62 c Untermietverträge 17, 69, 86 a Veräußerung des Grundstücks 27 ff - Abtretung der Mietzinsansprüche 30 a - Anfechtung 29 a, 51 ff - Bestand des Mietvertrages 29 b, 17 b, 41, 43, 50, 60 - Bruchteilseigentum 34 - Eigentumsübergang erforderlich 28, 30 a, 49 - Erfüllungsanspruch des Mieters 30 b - Enteignung 28 a - Grundgeschäft 29 - Konkursverwalter 35, 86 a - Kündigung vor Eigentumsübergang 30 a, 30 d, 61 ff - Mehrzahl von Erwerbern 3 1 a - Mehrzahl von Veräußerern 31 - Mietzinserhöhung vor Eigentumsübergang 30 a - Teilung des Grundstücks 32 - Umlegungsbeschluß 28 - Übertragung des Eigenbesitzes 30 a, 30 c
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 1-2 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
- Veräußerung mehrerer Grundstücke 33 - Verhinderung der Veräußerung durch den Mieter 45 - Vermächtnisnehmer 34 a, 95 - Wirksamkeit der Veräußerung 29 a - Wandlung des Grundgeschäftes 29 a - Wohnungseigentum 34 - Zwangsversteigerung 35 f, 86 a Verdinglichung der Miete 4, 5, 7 Vormietrecht 76 Vermieterpfandrecht 56 Vorkaufsrecht 9, 28
Vormerkung 8, 24 a, 28 Vorverträge 23, 70 Wandlung des Grundgeschäfts 29 a Wegnahmerecht des Mieters 80 Weiterveräußerung des Grundstücks 88 Werkförderungsverträge 66 Wohnungseigentum 18 d, 34 Wohnungsrecht 19 c f, 23 Zwangsversteigerung 35 f, 86 a Zweck 2 a, 4, 37, 84
I. Entstehungsgeschichte und Zweck 1 1. In der Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter eines Grundstückes gegen eine Veräußerung des Gründstücks geschützt werden soll, herrschte in Deutschland vor Inkrafttreten des BGB eine heillose Rechtszersplitterung (vgl die Darstellung in Mot II 381 ff; L Ö N I N G 76 ff). Im wesentlichen konnte man drei große Rechtskreise unterscheiden. Im Gebiet des gemeinen Rechts galt die Rechtsparoemie „Kauf bricht Miete", womit gesagt sein sollte, daß der Grundstückserwerber an einen von dem Veräußerer abgeschlossenen Mietvertrag nicht gebunden ist, so daß er von dem Mieter jederzeit sofortige Räumung des Grundstücks verlangen konnte ( W I N D S C H E I D - K I P P 7 2 5 ff m Nachw). Hingegen folgten das französische, badische und preußische Recht dem entgegengesetzten Prinzip „Heuer geht vor Kauf", heute meist mit der Paroemie umschrieben „Kauf bricht nicht Miete" (ALR I 21 §§ 358 ff; C c Art 1743 ff; Badisches Landrecht Satz 1743 ff; R G Z 5 9 , 177, 186 f; L Ö N I N G 88 ff). Einen vermittelnden Standpunkt nahmen schließlich das österreichische, sächsische, schweizerische und bayerische Recht ein. Nach diesen Rechten trat der Erwerber zwar zunächst in einen von dem Veräußerer abgeschlossenen Mietvertrag ein, konnte diesen jedoch sofort mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen. Auf denselben Standpunkt hatte sich der erste Entwurf gestellt, um die unerträglichen Konsequenzen des gemeinrechtlichen Prinzips „Kauf bricht Miete" möglichst zu vermeiden, ohne doch gleichzeitig den Erwerber übermäßig an von Dritten abgeschlossene Verträge binden zu müssen (Mot II 383 ff). 2 In der Öffentlichkeit erhob sich jedoch sofort ein Sturm der Empörung und der Kritik gegen die vom Entwurf vorgesehene Regelung. In der 2. Kommission bestand deshalb von Anfang an Einigkeit darüber, im Anschluß an das preußische und französische Recht zu dem Prinzip „Kauf bricht nicht Miete" überzugehen. Umstritten war nur die rechtstechnische Form der Bindung des Grundstückserwerbers an den von dem Veräußerer abgeschlossenen Mietvertrag (s Prot II 137 ff); bei den eingehenden Beratungen wurde schließlich Einigkeit darüber erzielt, die preußische sog Zessionslösung abzulehnen und an deren Stelle einen gesetzlichen Eintritt des Erwerbers in sämtliche Rechte und Pflichten des Vermieters mit dem Eigentumsübergang vorzusehen (Prot II 139). 2a 2. Aus der Entstehungsgeschichte (oben Rz 1 f) folgt, daß mit der Regelung der §§ 571-579 in erster Linie ein Schutz des Mieters gegen vorzeitige „Austreibung" infolge einer Veräußerung des vermieteten Grundstücks bezweckt ist (Mot II 383 f; Prot II 137 f). Die Vorschriften der §§ 571 ff sind also ausgesprochene Mieterschutzbestimmungen und müssen durchgängig in diesem Lichte gesehen und interpretiert werden (zB RG WarnR 1916 Nr 101 S 155, 157). Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(752)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 3-6
II. Grundgedanken 1. Überblick
3
Nach § 571 Abs 1 tritt der Erwerber eines vermieteten Grundstücks unter bestimmten Voraussetzungen während der Dauer seines Eigentums anstelle des Vermieters in das Mietverhältnis ein. Voraussetzung ist vor allem, daß dem Mieter das Grundstück bereits überlassen ist. Für die Zeit vor Überlassung des Grundstücks an den Mieter gilt nach § 578 dasselbe, wenn der Erwerber dem Vermieter gegenüber die Erfüllung dessen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis übernommen hat. Dieselbe Regelung gilt nach § 577, wenn das vermietete Grundstück nach der Überlassung an den Mieter mit einem Recht belastet wird, durch dessen Ausübung dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch entzogen wird. Zu denken ist hier namentlich an die Belastung des Grundstücks mit einem Nießbrauch, Wohnungsrecht, Erbbaurecht, Teilerbbaurecht und Dauerwohnrecht. Auch die aus diesen Rechten Berechtigten treten daher anstelle des Vermieters und Bestellers in einen von dem Besteller abgeschlossenen Mietvertrag ein. § 571 ist außerdem in einer ganzen Reihe weiterer Fälle für entsprechend anwendbar 4 erklärt; so in § 1056 für den Fall der Beendigung des Nießbrauchs, in § 2135 für den Fall des Eintritts der Nacherbfolge, in §§ 11 und 30 Erbbauverordnung für den Fall der Veräußerung und des Erlöschens des Erbbaurechts (vgl auch § 30 WEG), in § 37 Abs 2 und 3 WEG für den Fall der Veräußerung des Dauerwohnrechts und der Ausübung des Heimfallanspruchs durch den Eigentümer sowie schließlich in den §§ 57 ff ZVG für den Fall der Zwangsversteigerung und in § 21 Abs 4 KO für den Fall der Veräußerung des Grundstücks durch den Konkursverwalter (s insbes BGBR G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 2 - 1 1 ; MITTELSTEIN 7 1 2 f f ; N I E N D O R F F 3 2 7 f f ; ROQUETTE
MDR 1957, 712 ff; ders, Anm NJW 1957, 1440 f). Durch alle diese Vorschriften wird - in freilich sehr unterschiedlichem Ausmaße - bezweckt und erreicht, daß der Mietvertrag auch gegen Dritte wirkt, die nach Überlassung des Grundstücks an den Mieter das Eigentum an dem Grundstück erwerben. Der an sich schuldrechtlichen Miete wird dadurch unbezweifelbar in gewissen Beziehungen dingliche Wirkung beigelegt (ebenso zB BGH LM Nr 7 zu § 571 BGB). 2. Konstruktion
5
a) Daher rührt es, daß die Konstruktion des durch § 571 angeordneten Eintritts des Erwerbers in den Mietvertrag zu den umstrittensten Fragen des Mietrechts überhaupt gehört. Im wesentlichen lassen sich vier Meinungen unterscheiden (s insbes ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 I 2 ; MITTELSTEIN 6 6 4 ff; LONING 1 6 1 ff); abzulehnen ist jedenfalls die Auffassung, durch § 571 und eine Reihe weiterer Vorschriften sei die Miete zu einem dinglichen Recht ausgestaltet (so aber DERLEDER, in: AK Vorbem 5 5 f zu § 5 3 5 , § 5 7 1 Rz 1; DULCKEIT, Verdinglichung 2 0 ff, bes 6 4 ff; LÖNING, Grundstücksmiete 161 ff; s dagegen schon Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536 m Nachw). Statt dessen fand sich früher vielfach auch die Erklärung, durch § 571 sei die Miete als Zustandsobligation nach Art einer Reallast anerkannt. Indessen kennt des BGB derartige Zustandsobligationen offenkundig nicht, so daß diese Konstruktion heute nicht mehr vertreten wird. Auch die Erklärung des § 571 als gesetzlich angeordneter Übergang der Forderungen und Pflichten des Vermieters (sog Zessionslösung, so zB LEONHARD 1 7 0 ff) verbietet sich schon deshalb, weil bei den Beratungen des § 5 7 1 diese Lösung ausdrücklich abgelehnt worden ist (Prot II 139). b) So bleibt in der Tat nur die Erklärung des § 571 als gesetzliche Anordnung des 6 Eintritts des Erwerbers in das gesamte Mietverhältnis für die Dauer seines Eigentums anstelle des Veräußerers. Es liegt keine Rechtsnachfolge des Erwerbers in die Rechte (753)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 6 a-9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
und Pflichten des Veräußerers vor, so daß namentlich kein Raum für die Anwendung etwa des § 404 ist (ebenso BGH LM Nr 7 zu § 566 BGB B1 3; aM zB R O N I M I W U M 1980, 1 f). Der Eintritt erfolgt vielmehr unmittelbar kraft Gesetzes als Folge des Eigentumserwerbs des Erwerbers unabhängig von der Rechtsstellung des Veräußerers. Mit anderen Worten: Im Augenblick des Eigentumsüberganges entsteht in der Person des Erwerbers ein neues Mietverhältnis, freilich mit demselben Inhalt wie mit dem Veräußerer.* 6a Diese Lösung des Gesetzes ist keineswegs so ungewöhnlich, wie es häufig hingestellt wird, sondern findet sich auch noch verschiedentlich an anderen Stellen (s M E D I C U S JuS 1974,612 mNachw). Aus dem Bereich der Miete ist hier namentlich noch § 569 a zu nennen, der im Falle des Todes des Mieters ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen einen Eintritt der Angehörigen des Mieters in das Mietverhältnis anordnet. 7 3. Keine Verfügung a) Aus dem Gesagten folgt, daß § 571 nicht iS einer Verdinglichung der Miete interpretiert werden darf. Der Abschluß eines Mietvertrages stellt also auch nach Überlassung des Grundstücks an den Mieter keine Verfügung dar, so daß ein gutgläubiger Erwerb des Mietrechts vom Nichteigentümer nach § 893 nicht möglich ist; ein solcher Mietvertrag äußert keine Wirkungen gegenüber dem wahren Grundstückseigentümer (RGZ 106, 109, U l f ; 124, 325, 327; KG JW 1929, 2893, 2894 Nr 6; aM früher K Ü H N E A C P 140 [1935] 1, 50 f; RAAPE JherJb 71 [1922] 97, 180 f). Erwirbt jedoch ein Dritter von dem Nichteigentümer wirksam kraft guten Glaubens das Eigentum an dem Grundstück (§ 892), so ist § 571 durchaus anwendbar, so daß der von dem Nichteigentümer abgeschlossene Mietvertrag auch den gutgläubigen Erwerber bindet ( D E R L E D E R , in: AK § 571 Rz 3; R O Q U E T T E § 571 Rz 20). 8 b) Aus denselben Gründen ist auch § 883 Abs 2 auf die Vermietung eines Grundstücks nach Bestellung einer Vormerkung nicht anwendbar; auch hier geht mit anderen Worten entsprechend dem Grundgedanken der ganzen Regelung der Mieterschutz unbedingt vor (BGHZ 13, 1, 3 ff; BGH LM Nr 13 zu § 883 BGB; R O Q U E T T E § 571 R Z 17; F I N G E R JR1974,8 mNachw; aMzB MITTELSTEIN 660; G u D R E I N I C K E NJW 1954, 1236 f; W E I M A R B1GBW 1960, 122 f). Ist der Mieter oder Pächter selbst vormerkungsberechtigt, so schließt freilich die relative Unwirksamkeit der Veräußerung ihm gegenüber den Eintritt des Erwerbers in den Miet- oder Pachtvertrag nicht aus ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 15). Umgekehrt wird der Mieter aber nicht geschützt, wenn er den Vertrag mit einem Grundstücksbesitzer abschließt, zu dessen Gunsten lediglich eine Vormerkung eingetragen ist; denn der Besitzer ist noch nicht Eigentümer (LG München I NJW 1962, 2159; SOERGELKUMMER § 5 7 1 R z 6 ) .
9 c) Auch wenn das Grundstück nach Bestellung eines Vorkaufsrechts an einen Dritten vermietet wird, gilt (allein) § 571, so daß der Vorkaufsberechtigte nach Ausübung seines Rechts in den Vertrag eintritt (§ 1098 Abs 2; R O Q U E T T E § 571 Rz 18).
* RGZ 59, 177, 188; 68, 10,12; 94, 279, 282; 102, 177, 178; 103, 166, 167; 81, 146, 149; RG JW 174,
179;
ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 I ; ESSER-WEYERS I I 1 § 2 2 , 3 ; MEDICUS J U S 1 9 7 4 , 6 1 2 , 6 1 5 ,
1908,
135,
136;
KG
OLGE
617;
BGB-RGRK-GELHAAR
§
571
7, 4 6 6 ; Rz
16;
BGH
LM
N r 7 zu
STERNEL R z
I
§ 566
BGB;
BGHZ
6 2 f ; PALANDT-PUTZO
53, §
571
Anm
4;
MITTELSTEIN 6 5 4 f f .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(754)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 10-14
4. Umgehungsgeschäfte
10
Der auf § 571 beruhende Eintritt in über das erworbene Grundstück abgeschlossene Mietverträge ist naturgemäß für den Erwerber uU äußerst lästig. Deshalb findet sich häufig der Versuch, die Anwendung des § 571 dadurch zu umgehen, daß die Veräußerung des Grundstücks durch den Erwerb in der Zwangsversteigerung ersetzt wird, weil dann der Ersteher aufgrund des § 57 a ZVG ein außerordentliches Kündigungsrecht mit gesetzlicher Frist erlangt. Indessen sind hierauf gerichtete Abreden sittenwidrig, weil sie mit dem vom Gesetz intendierten Mieterschutz unvereinbar sind (RG JW 1927, 1407 Nr 2; KG OLGZ 1973, 1 ff, bes 5; SOERGEL-KUMMER § 5 7 1 R z 1 3 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 19).
5. Rechtsgeschäftlicher Eintritt
11
Der Vermieterwechsel kann sich natürlich auch rechtsgeschäftlich vollziehen. Für den rechtsgeschäftlichen Eintritt eines neuen Vermieters neben oder anstelle des bisherigen Vermieters gilt im Prinzip nichts anderes als für die entsprechenden Vorgänge auf der Seite des Mieters (s deshalb § 549 Rz 9 ff). Erforderlich ist also grundsätzlich ein Zusammenwirken aller Beteiligten durch einen dreiseitigen Vertrag (s ROQUETTE Vorbem v § 571 Rz 6 ff, 28 ff; RG HRR 1931 Nr 495; OLG Kiel SchlHAnz 1931, 26; BGB-RGRK-GELHAAR § 571 Rz 14).
III. Anwendungsbereich
12
§ 571 gilt nur für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Grundstücksteilen, Räumen und eingetragenen Schiffen (§§ 571 Abs 1, 580 u 580 a Abs 1 sowie 581 Abs 2; BGH NJW 1976, 2264 f). Entsprechend anwendbar ist die Vorschrift auf die Veräußerung und Belastung von Luftfahrzeugen (s § 580 a Rz 5) und von Eigenjagdbezirken (§ 14 BJagdG) sowie von Fischereirechten (BGB-RGRKGELHAAR § 5 7 1 R z 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 1 b ) .
1. Grundstücksmiete
13
a) Wie sich aus § 580 ergibt, gilt § 571 nicht nur für die eigentliche Grundstücksmiete, sondern auch und gerade für die Raummiete. Überhaupt dürfte die Wohnraummiete der Hauptanwendungsfall des § 571 sein. b) In einer Reihe von Fällen ist namentlich im Hinblick auf § 571 umstritten, ob eine 14 Grundstücksmiete vorliegt. Gegenstand eines Mietvertrages können auch Sachteile sein, so zB Außenwände oder Dächer von Gebäuden zur Anbringung von Reklameschriften oder Automaten (s §§ 535, 536 Rz 2; § 580 Rz 2). Da es sich hierbei um die Vermietung von Grundstücksteilen handelt, ist § 571 anwendbar. Dagegen kann nicht eingewandt werden, daß die Mieter derartiger Flächen weniger schutzbedürftig als etwa Wohnraummieter seien, weil sich der Anwendungsbereich des § 571 ohnehin nicht auf die Wohnraummiete beschränkt, sondern zB auch die gesamte Geschäftsraummiete umfaßt*. *
München NJW 1972, 1995 f; O L G Hamm MDR 1976, 143 f; W E I M A R MDR 1960, 195; § 571 Rz 1; P A L A N D T - P U T Z O § 571 Anm 1 b; aM jedoch L G Düsseldorf NJW 1965, 160 = ZMR 1965, 116; insbes L G Bochum ZMR 1975, 334 ff; L A R E N Z II § 48 IV. O L G
BGB-RGRK-GELHAAR
(755)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 14 a-17 b
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
14a Um eine Grundstücksmiete handelt es sich auch bei der Vermietung von Räumen in Gebäuden, die lediglich wegen § 95 als bewegliche Sachen behandelt werden, nicht jedoch bei der Vermietung von Räumen in schon ihrer Natur nach beweglichen Sachen wie zB von Kajüten in Schiffen (LG Bochum ZMR 1975, 334; OLG Kiel OLGE 12, 69, 70 = SeuffA Bd 61 [1906] Nr 78 S 136; s unten § 580 Rz 5). 15 Ebensowenig handelt es sich um eine Grundstücksmiete iS der §§571 und 580, wenn der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses in der Gestattung des Betriebs eines Gewerbes in den Räumen eines anderen besteht. § 571 ist daher nicht anwendbar auf die typischen Automatenaufstellverträge (BGHZ 47, 202, 204), auf die Gestattung des Betriebes einer Wechselstube oder einer Buchhandlung in Bahnhofsräumen oder in einer Hotelhalle*, auf die Überlassung eines Platzes in einer Markthalle zum Ausschank von Getränken (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB B1 3) sowie schließlich auch nicht auf die Überlassung einer Fläche zur Aufstellung von Plakatsäulen (BGH LM Nr 1 zu § 36 MietSchG = NJW 1952, 620 f; vgl aber auch OLG Hamm MDR 1976, 143 f u dazu oben Rz 14). 16 Grundstückspacht iS der § § 5 7 1 und 581 liegt hingegen bei Verträgen über die Ausbeutung von Bodenschätzen vor, zB bei einem Vertrag über die Ausbeutung von Kies (RGZ 94, 279, 280; RG JW 1919, 674, 675; BGH LM Nr 2 zu § 581 BGB; R Ö T E L M A N N NJW 1957,1321 f) oder über die Ausbeutung von Kohle (RG JW 1919, 379 Nr 6) oder bei einem Vertrag über die Durchführung von Erdölbohrungen (BayObLGZ 1910, 280, 286). 17 c) § 571 findet keine Anwendung auf Untermietverträge, selbst wenn der Grundstückseigentümer selbst der Untermieter ist, der von dem Mieter das Grundstück wieder abgemietet hat ( E R M A N - S C H O P P § 571 Rz 2; N I E N D O R F F 305 Fn 5); bei einem Wechsel des Hauptmieters und Untervermieters ist mithin kein Raum für die Anwendung des § 571 (LG Berlin I DMietR 1929, 931; LG Göttingen DWW 1952, 23; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 1). Ebensowenig gilt § 571 für die Rechtspacht, selbst wenn sie mit der Benutzung eines Grundstücks verbunden ist ( E R M A N - S C H O P P § 571 Rz 2; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 1 unter Hinweis auf B G H LM Nr 31 zu § 581 BGB; dazu oben Rz 15). 17a d) Bei gemischten Verträgen kommt es darauf an, ob sie überwiegend Grundstücksmiete sind. Nur wenn dies zu bejahen ist, ist Raum für die Anwendung des § 571 ( M I T T E L S T E I N 650; N I E N D O R F F 303). § 571 gilt deshalb idR nicht für sog Dienstwohnungen, weil diese Verträge überwiegend Dienstverträge sind ( M I T T E L S T E I N 650; anders aber für einen Hauswartvertrag A G Schöneberg WuM 1979, 150). Aus ähnlichen Erwägungen wird schließlich häufig auch bei der Vermietung möblierter Zimmer ein Ausschluß des § 571 angenommen (dazu unten Rz 81 f; wegen weiterer Fälle der Unanwendbarkeit des § 571 s unten Rz 22). 17b 2. Wirksamkeit des Vertrages Der Grundstücksmietvertrag (oben Rz 13 ff) muß außerdem wirksam sein (BGBR G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 1 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 3 c; ROQUETTE § 5 7 1 R z
32; ders NJW 1962, 1551, 1552). In einen nichtigen Mietvertrag kann der Grundstückserwerber nicht „eintreten". Hingegen spielt es keine Rolle, ob der Vertrag bei Eigentumsübergang noch in Kraft war, sofern noch ein Abwicklungsverhältnis besteht, in das der Erwerber eintreten kann (s unten Rz 29 b). * RG JW 1924,1962 Nr 2; RGZ 108,369; RG Gruchot 68 [1927] Nr 14 S 310,311 ; LG Oppeln JW 1926, 1056 f Nr 11; LG Leipzig LZ 1921, 277; BGHZ 47, 202, 204; BGH LM Nr 11 zu § 581 BGB.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(756)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 18-19 a
3. Entsprechende Anwendung auf Grund Gesetzes
18
Kraft gesetzlicher Anordnung ist § 571 in zahlreichen anderen Fällen entsprechend anwendbar (s schon oben Rz 4,12 m Nachw). Diese Fälle lassen sich in zwei Gruppen einteilen (ROQUETTE Nach §§ 573-575 Rz 1 ff; ders MDR 1957, 712 ff; ders Anm NJW 1957, 1440 f). a) Belastung des Grundstücks
18a
Die engste Verwandtschaft mit § 571 weisen die §§ 577 und 37 Abs 2 WEG auf: Bei Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht, Nießbrauch, Wohnungsrecht, Dauerwohnrecht oder Dauernutzungsrecht, bei Ausübung des Heimfallanspruchs des Eigentümers gegenüber dem Dauerwohnberechtigten sowie bei Veräußerung des Dauerwohnrechts tritt zum Schutz des Mieters der jeweils Berechtigte anstelle des bisherigen Vermieters in den Mietvertrag ein (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB für die Bestellung eines Erbbaurechts nach Verpachtung des Grundstücks). b) Erbbaurecht und ähnliche Fälle
18b
aa) Die §§ 571 ff gelten außerdem uneingeschränkt, wenn ein Erbbauberechtigter das Grundstück vermietet oder verpachtet und er danach sein Recht veräußert oder dieses erlischt (§§ 11, 30, 38 ErbbauVO; s unten § 577 Rz 21; s BGBRGRK-GELHAAR § 5 7 1 Rz 2); gleichstehen die Fälle des § 30 WEG. Dasselbe gilt für die Versteigerung des Erbbaurechts (§§ 11,24 Erbbau VO; BGH LMNr 31 zu § 581 B G B ; W M 1960, 1125, 1 1 2 6 ) .
§ 571 betrifft jedoch nur das Verhältnis zwischen dem Erbbauberechtigten und dem 18c Mieter, nicht jedoch das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Erbbauberechtigten, so daß ein Grundstückserwerber nicht entsprechend § 571 in obligatorische Abreden zwischen dem Grundstücksveräußerer und dem Erbbauberechtigten eintritt (BGH LM Nr 18 zu § 571 BGB). bb) § 571 ist unmittelbar anwendbar, wenn nachträglich hinsichtlich einer vermie- 18d teten Wohnung Wohnungseigentum gebildet und dieses veräußert wird (LG Mannheim MDR 1964, 1 0 0 7 , 1 0 0 8 = ZMR 1966, 2 4 1 , 2 4 2 ; ERMAN-SCHOPP § 5 7 1 Rz 4; aM LG Düsseldorf ZMR 1970, 269, 270). c) Nießbrauch und ähnliche Fälle
19
aa) In einer anderen Gruppe von Vorschriften geht es um den Schutz des Eigentümers gegen eine übermäßige Belastung durch langfristige Mietverträge, die von dem Nutzungsberechtigten abgeschlossen worden sind. Nach den §§ 1056 und 2135 BGB und 30 Erbbau VO treten zwar bei Erlöschen des Nießbrauchs oder des Erbbaurechts bzw bei Eintritt des Nacherbfalles der Eigentümer bzw der Nacherbe in die Mietverträge ein; sie können diese jedoch vorzeitig kündigen (vgl auch § 30 WEG für das Wohnungserbbaurecht und das Teilerbbaurecht). Die Kündigungsfrist ist dabei die gesetzliche, nicht eine etwaige, längere, vertragliche Kündigungsfrist (RG Urt v 2 2 . 1 2 . 1 9 2 2 - III 5 2 0 / 2 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 Rz 4). Dieses besondere Kündigungsrecht des Eigentümers besteht auch bei befristeten Mietverträgen (AG Stuttgart Z M R 1 9 7 3 , 1 5 2 ) . Bei Mietverhältnissen über Wohnraum gelten jedoch die Beschränkungen des § 564 b und des 2. WKSchG (PALANDT-BASSENGE § 1056 Anm 1 a; STERNEL RZ IV 2 8 6 ) . Auch ist die Kündigung des Eigentümers immer erst nach Erlöschen des Nießbrauchs möglich; eine schon vorher ausgesprochene Kündigung ist unwirksam (RGZ 106, 109, 114). bb) Der Nießbraucher ist berechtigt, das Grundstück zu vermieten oder zu 19a verpachten; aber bei Erlöschen des Nießbrauchs gelten die §§ 1056 und 571 ohne (757)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 19 b-21
2 . B u c h . 7 . A b s c h n i t t . E i n z e l n e Schuldverhältnisse
Rücksicht darauf, ob schon bei Vertragsschluß abzusehen war, daß die Miete oder Pacht länger als der Nießbrauch dauern (OLG Naumburg H R R 1936 Nr 723). Auch § 571 Abs 2 ist dann anwendbar, so daß der Nießbraucher dafür haftet, daß der Eigentümer zB die Verpflichtung zur Übernahme des Inventars zum Schätzwert erfüllt (OLG Naumburg aaO). 19b Voraussetzung der Anwendung der §§ 1056 und 571 ist, daß der Nießbrauch bei Vertragsschluß (noch) wirksam ist. War er von vornherein nichtig oder war er doch schon vor Vertragsschluß wieder erloschen, so wirkt ein gleichwohl vom angeblichen Nießbraucher noch abgeschlossener Miet- oder Pachtvertrag nicht gegen den Eigentümer ( R G Z 106, 109,114). Dasselbe gilt, wenn der Vermieter lediglich einen Anspruch auf Nießbrauchbestellung hat, zB auf Grund eines Vermächtnisses; auch dann wirkt der schon vor Nießbrauchbestellung abgeschlossene Vertrag nicht gegen den Eigentümer (OLG Köln NJW 1968, 2148; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 4; P A L A N D T - B A S S E N G E § 1056 Anm 3; zur Rechtslage bei Vermietung des Grundstücks durch den Eigentümer und nachfolgender Nießbrauchbestellung s eingehend unten § 577 Rz 6 ff). 19c d) Wohnungsrecht und ähnliche Fälle aa) Die Vorschriften der §§ 1056 und 2135 sowie des § 30 ErbbauVO bezwecken, dem Eigentümer nach Erlöschen des Nießbrauchs oder des Erbbaurechts bzw nach Eintritt des Nacherbfalles so schnell wie möglich alle Nutzungen zuzuweisen. Daher können sie nicht auf andere Fälle analog angewandt werden, so daß bei Erlöschen eines Dauerwohnrechts, eines Dauernutzungsrechts, eines Wohnungsrechts oder einer sonstigen Dienstbarkeit auch ein von dem Berechtigten zuvor noch abgeschlossener Mietvertrag erlischt (so ausdrücklich § 37 Abs 1 WEG; § 1093 Abs 1 S 2 B G B , der nicht auf § 1056 verweist; R O Q U E T T E oben Rz 18; E R M A N - S C H O P P § 571 Rz 8; aM nur LG Gießen NJW 1957, 466; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 11). 20 bb) § 571 gilt auch nicht entsprechend für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Inhaber eines Wohnungsrechts (BGH LM Nr 20 zu § 398 B G B , B1 2 f). Folglich tritt der Grundstückserwerber in obligatorische Abreden zwischen dem Veräußerer und dem Wohnungsberechtigten nicht ein, so daß er sich einen etwaigen, obligatorischen Anspruch des Veräußerers gegen den Berechtigten auf ein Entgelt zusätzlich nach § 398 abtreten lassen muß (RG H R R 1929 Nr 907; BGH LM Nr 20 zu § 398 B G B ; WM 1965, 649, 651 f = WarnR 1965 Nr 82 S 153; H Ä G E L E Rpfleger 1 9 7 3 , 3 4 9 , 3 5 2 ; PALANDT-BASSENGE § 1 0 9 3 A n m
1 a).
21 4. Sonstige Fälle entsprechender Anwendung a) § 571 wird trotz der zahlreichen Fälle, in denen er kraft Gesetzes entsprechend anwendbar ist, als Sondervorschrift angesehen, die grundsätzlich keiner analogen Anwendung in anderen, vergleichbaren Fällen zugänglich ist (so insbes BGH LM Nr 7 zu § 571 B G B ) . Eine Ausnahme wird nur für die Fälle der Aufgabe und Aneignung eines Grundstücks nach § 928 sowie für die Fälle der Rückerstattung anerkannt. Im Falle der Aneignung nach § 928 tritt daher der Fiskus in an dem aufgegebenen Grundstück bestehende Mietverträge ein, woraus zugleich folgt, daß der frühere Eigentümer trotz Aufgabe des Eigentums bis zur Aneignung durch den Fiskus Vermieter bleibt ( R G Z 103, 166, 177 f; OLG Hamm SeuffA Bd 76 [1921] Nr 79 S 125 f; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 11, 14; M I T T E L S T E I N 659 f); dasselbe gilt, wenn das Grundstück nach seiner Aufgabe durch den Eigentümer zur Zwangsversteigerung kommt (OLG Rostock O L G E 27, 160 f), sowie schließlich im Falle der Rückerstattung des Grundstücks auf Grund der alliierten Rückerstattungsgesetze; Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(758)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 22-24b
auch hier muß der frühere Eigentümer in der Zwischenzeit abgeschlossene Mietverträge gegen sich gelten lassen (BGHZ 11,27, 34 f; ROQUETTE Nach § 571 Rz 14 ff; s unten Rz 28). b) In allen anderen Fällen kommt jedoch eine entsprechende Anwendung des § 571 22 nicht in Betracht (vgl oben Rz 17). § 571 gilt deshalb zB nicht bei der Leihe (AG München LZ 1925, 387) oder bei der Überlassung einer Wohnung durch einen Ehemann an seine Frau als Teil des Unterhalts (BGH LM Nr 7 zu § 571), selbst wenn sich die Leihe unmittelbar an den Mietvertrag anschließt (RG LZ 1921, 413 Nr 4). Ebenso steht es, wenn während eines Scheidungsverfahrens ein Ehegatte dem anderen in seinem Haus vorübergehend einzelne Räume überläßt; § 571 ist hier erst anwendbar, wenn nach der Scheidung auf Grund der Hausratsverordnung ein Mietverhältnis festgesetzt wird (LG Hildesheim MDR 1958, 166 Nr 26). Unanwendbar ist § 571 schließlich auf obligatorische Abreden zwischen dem 23 Grundstücksveräußerer und einem dinglich Berechtigten (vgl für das Erbbaurecht oben Rz 18 c, für das Wohnungsrecht oben Rz 20) sowie auf die vom Eigentümer übernommene Verpflichtung zur Bestellung eines dinglichen Dauerwohnrechts ( B G H LM Nr 2 zu § 69 K O = WM 1976,510,511; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 R Z 10). Ebensowenig tritt der Erwerber in Vorverträge zu Mietverträgen ein (PALANDTPUTZO § 571 Anm 1 b); dasselbe gilt für die (formlos mögliche) Verpflichtung zur nachträglichen Beurkundung eines zunächst formlos geschlossenen, langfristigen Mietvertrages (s § 566 Rz 58 m Nachw). 5. Eigentum des Veräußerers
24
a) § 571 setzt voraus, daß der Veräußerer zugleich alleiniger Eigentümer ist (ERMAN-SCHOPP § 571 R Z 4). Die Vorschrift kann deshalb nicht angewendet werden, wenn nur einer von mehreren Miteigentümern das Grundstück vermietet hatte, aber alle Miteigentümer zusammen sodann das Grundstück veräußern (u Rz 31; BGH LM Nr 22 zu § 571 BGB). § 571 wird außerdem nicht angewendet, wenn ein Miterbevon den anderen gemietet hatte und dann alle zusammen das Grundstück veräußern oder die Zwangsversteigerung zwecks Aufhebung der Gemeinschaft betreiben (LG Bayreuth NJW1965,2210). Auch wenn der Mieter das Grundstück selbst erwirbt, ist kein Raum für die Anwendung des § 571 (KG OLGE 13, 378). Hat nach Kriegsschluß eine Gemeinde als Treuhänderin des Reichs ein Grundstück vermietet, so tritt später nicht etwa der Bund, sondern höchstens das Land in diesen Mietvertrag ein (BGH LM Nr 14 zu § 535 BGB = NJW 1958, 380, 381). b) Vermieter und veräußernder Grundstückseigentümer müssen grundsätzlich 24a identisch sein. § 571 gilt daher nicht für Mietverträge mit dem Scheineigentümer oder dem vormerkungsberechtigten Grundstücksbesitzer (oben Rz 7 f); ebensowenig für einen Mietvertrag mit dem Grundstückskäufer nach Auflassung, aber vor Eintragung (OLG Dresden SeuffA Bd 77 [1922] Nr 126 S 193, 194; MITTELSTEIN 658; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 12; s unten Rz 28). Daraus folgt, daß bei Vermietung durch mehrere Personen § 571 unanwendbar ist, wenn nur eine von ihnen als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist und diese das Grundstück veräußert (STERNEL Rz 164 m Nachw für die Vermietung durch Eheleute; für die umgekehrten Fälle vgl unten Rz 31). Rechtsnachfolge auf der Seite des Vermieters schließt hingegen (selbstverständlich) 24b die erforderliche Identität nicht aus. Dasselbe sollte bei enger wirtschaftlicher Verflechtung zwischen Vermieter und Eigentümer angenommen werden (DERLEDER, in: AK § 571 Rz 3); jedenfalls bei Vorliegen von Konzernbeziehungen iS des § 18 AktG ist diese Annahme unabweisbar. (759)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 25-28 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
25 6. Genossenschaften Die Überlassung von Wohnungen durch Genossenschaften an ihre Mitglieder beruht idR auf normalen Mietverträgen, so daß auch Raum für die Anwendung des § 572 ist, wenn die Genossenschaft später das Grundstück veräußert. Der Erwerber muß deshalb auch in sämtliche, von der Genossenschaft mit den Genossen vereinbarte Kündigungsbeschränkungen eintreten.* 26 7. Bewegliche Sachen § 571 gilt nicht für die Fahrnismiete. Bei dieser tritt also der Erwerber niemals kraft Gesetzes in bestehende Mietverträge ein. Jedoch führt hier § 986 Abs 2, wenn das Eigentum nach § 931 durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Mieter übertragen worden ist, zu einem jedenfalls im Ergebnis vergleichbaren Schutz des Mieters. Dasselbe muß wegen der in jeder Hinsicht identischen Interessenlage auch bei einer Übereignung nach § 930 gelten ( E M M E R I C H SchuldR Bes Teil § 7 V). Außerdem ist jederzeit eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Mietverhältnisses auf den Erwerber möglich (oben Rz 11). 27 IV. Veräußerung Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 571 ist, daß das Grundstück von dem Vermieter an einen Dritten veräußert worden ist (s insbes MITTELSTEIN 6 5 8 ff; NIENDORFF 3 0 5 f f ) .
28 1. Eigentumsübergang erforderlich a) § 571 knüpft den Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis an den Übergang des Eigentums auf den Erwerber. Eine Veräußerung iS des § 571 liegt maW nur vor, wenn das Eigentum an dem Grundstück durch Eintragung und Auflassung übergegangen ist. Der Abschluß eines Kaufvertrages, die Übertragung des Eigenbesitzes oder die Eintragung einer Vormerkung reichen mithin zum Eintritt in das Mietverhältnis nicht aus. Solange der Erwerber nicht Eigentümer geworden ist, bleibt der Veräußerer auch Vermieter.** Daher führt auch die bloße Ausübung eines Vorkaufsrechts vor Eintragung des Erwerbers nicht zum Eintritt in das Mietverhältnis (BGH LM Nr 3 zu § 505 B1 3R f). Nur in den Rückerstattungsfällen wird eine Ausnahme gemacht. Bei ihnen ist der maßgebende Zeitpunkt nicht der Übergang des Eigentums, sondern die Rechtskraft der Rückerstattungsanordnung (BGHZ 11, 27, 36). 28a b) Aus der Stellung des § 571 im Schuldrecht des BGB folgt, daß sich sein Anwendungsbereich auf Fälle einer freiwilligen, rechtsgeschäftlichen Veräußerung beschränkt. Er gilt nicht für den Eigentumsübergang nach öffentlichem Recht, insbes nicht für die Enteignung ( P A L A N D T - P U T Z O § 571 Anm 2 a) und ebenso wenig für die * L G W i e s b a d e n N J W 1962, 2 3 5 2 , 2 3 5 3 m A n m ROQUETTE; L G H a g e n N J W 1968, 1468, 1 4 6 9 m abl A n m BETTERMANN; L G W a l d s h u t N J W 1 9 5 9 , 1 5 4 m abl A n m BETTERMANN; L G Kassel W u M
1968, 45 = ZMR 1968, 176 Nr 20; aM zB AG Itzehoe WuM 1966, 26; s Vorbem 75 zu §§ 535, 536. ** R G Z 8 4 , 4 0 9 , 4 1 1 ; R G S e u f f A 7 0 ( 1 9 1 5 ) N R 8 1 S 1 4 0 F F ; K G J W 1 9 3 1 , 2 7 4 6 N R 4 ; O L G B a m b e r g
NJW 1970,2108, 2109; B G H LM Nr 3 zu § 505 B1 3 R f; LM Nr 4 zu § 571 BGB; LG Hamburg WuM 1977,260; LG Köln WuM 1978,108 f; A G Lennestadt WuM 1978,175; A G Münster WuM 1980, 4 1 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 1 RZ 14; DERLEDER, in: A K § 5 7 1 R z 2 ; STERNEL RZ I 66.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(760)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 29-30
bloße Besitzeinweisung im Enteignungverfahren (OLG Bamberg NJW 1970, 2108, 2109), wohl aber für den Eigentumsübergang durch Umlegungsbeschluß (LG Münster WuM 1979,221). Im Falle der Enteignung richtet sich folglich das Schicksal von Miet- und Pachtverträgen nach dem jeweils maßgeblichen Enteignungsgesetz, wobei es sich überwiegend um Landesrecht handelt (Art 109 EG; s den Überblick bei PALANDT-BASSENGE A r t 1 0 9 E G A n m 2 ) .
c) Keine Rolle spielt, welches Grundgeschäft der Eigentumsübertragung zugrunde 29 liegt. Es kann dies Kauf, Schenkung, Tausch, Vermächtnis oder Einbringung in eine Gesellschaft sein (MITTELSTEIN 6 5 9 gegen NIENDORFF 3 0 7 ) . Erforderlich ist nur, daß der Erwerb auf einem gültigen Rechtsgeschäft beruht und freiwillig erfolgt (RGZ 55, 247, 259).
Ist der Erwerb des Dritten nichtig, so tritt der Dritte nicht in die Rechte und Pflichten 29a aus dem Mietverhältnis ein (MITTELSTEIN 660 f; NIENDORFF 306 f). Dies gilt mit Rücksicht auf § 142 auch bei wirksamer Anfechtung der Übereignung; doch wird der Mieter analog § 576 hier in der Zwischenzeit den Erwerber als Eigentümer behandeln und deshalb vor allem mit befreiender Wirkung an ihn auch den Mietzins zahlen dürfen (NIENDORFF 307). Hingegen ändert die bloße Anfechtung des Grundgeschäfts nichts an dem Übergang des Eigentums und damit an dem Eintritt des Erwerbers. Dasselbe gilt im Falle der Wandlung des Grundgeschäfts. Bis zur Rückübereignung bleibt der Erwerber Vermieter (ROQUETTE § 571 Rz 42).
2. Bestand der Miete bei Eigentumsübergang
29b
a) Die Anwendung des § 571 setzt einen gültigen Grundstücksmietvertrag voraus, in den der Erwerber mit Eigentumsübergang eintreten kann (oben Rz 17 b). Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Vertrag vorher, zB infolge einer Kündigung des Veräußerers, sein Ende gefunden hat (gegen die Anwendbarkeit des § 571 dann zB PALANDT-PUTZO § 571 Anm 3 c). Aus praktischen Gründen ist hier der Meinung der Gerichte zu folgen, daß der Erwerber dann in das bei Eigentumsübergang bestehende Abwicklungsverhältnis eintritt, so daß er nicht nur die Nutzungsentschädigung (§ 557 Abs 1), sondern bei Verzug des Mieters mit der Räumung auch selbst Schadensersatz verlangen kann (grdleg BGHZ 71, 147, 149 f = JuS 1979, 290 f Nr 4; OLG Königsberg OLGE 23, 40; LG Darmstadt NJW 1963, 909, 910; aM zB HAASE JR 1979, 110). Auch § 568 ist daher hier anwendbar (STERNEL R Z I 67). b) § 571 ist auch anwendbar, wenn der Mietvertrag zwar nach den Abreden zwischen 29c Veräußerer und Mieter erst zu einem Zeitpunkt nach Eigentumsübergang beginnen soll, das Grundstück dem Mieter auf Grund des Vertrages aber schon übergeben ist, so daß er das Grundstück zunächst nur auf Grund eines vorläufigen Rechtsverhältnisses besitzt (BGHZ 42,333,340; 62,297,301). Dasselbe gilt (erst recht), wenn die alten Mietvertragsparteien den Vertrag verlängern und das Grundstück sodann, dh nach Abschluß des Verlängerungsvertrages, aber vor Beginn des Verlängerungszeitraumes veräußert wird (BGHZ 42, 333, 336 f; zust PALANDT-PUTZO § 571 Anm 3 c; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 1 3 ; MITTELSTEIN 6 5 3 ) .
3. Rechtslage vor Eigentumsübergang Die gesetzliche Regelung (oben Rz 28) bringt erhebliche Probleme mit sich, wenn dem Erwerber das Grundstück schon vor seiner Eintragung im Grundbuch zu Eigenbesitz übergeben wird, so daß er auch gegenüber dem Mieter bereits wie der Eigentümer (und damit Vermieter) auftritt. (761)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
30
§571 30 a-31
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
30a a) Grundsatz Solange der Erwerber nicht Eigentümer ist, bleibt der Veräußerer in jeder Hinsicht der Vermieter. Nur der Veräußerer kann daher den Mietzins verlangen, so daß der Mieter nur an ihn mit befreiender Wirkung zahlen kann. Dementsprechend kann auch nur der Veräußerer eine Mietzinserhöhung auf Grund einer Wertsicherungsklausel oder auf Grund des § 2 MHRG fordern (s unten § 2 MHRG Rz 49 m Nachw; LG Köln WuM 1 9 7 8 , 1 0 8 f). Schließlich ist auch nur der Veräußerer zur Kündigung des Vertrags berechtigt, so daß eine vom Erwerber ausgesprochene Kündigung unwirksam ist und auch nicht durch dessen späteren Eigentumserwerb geheilt wird.* Eine analoge Anwendung des § 571 auf diesen Zeitraum vor Eigentumsübergang (dafür FRICKE Z M R 1 9 7 9 , 6 5 , 6 6 ) scheidet offenbar aus. Nur im Einzelfall kann in der Übertragung des Eigenbesitzes auf den Erwerber zugleich eine Abtretung der Mietzinsforderung liegen; doch spricht dafür keine Vermutung. Insbes liegt in dem bloßen Übergang der Nutzungen auf den Erwerber entsprechend dem § 446 keineswegs zugleich eine Abtretung der Mietzinsansprüche.** 30b Ganz entsprechend richten sich während dieses Zwischenstadiums auch die Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche des Mieters grundsätzlich gegen den bisherigen Vermieter. Dieser kann sich nicht darauf berufen, infolge der Übertragung des Besitzes auf den Erwerber sei ihm die Erfüllung unmöglich geworden. Im Verhältnis zu seinem Mieter handelt es sich hierbei allenfalls um einen Fall nachträglichen, zu vertretenden Unvermögens, für das der Vermieter uneingeschränkt einstehen muß (§§ 297 u 325). Der Erwerber kann jedoch uU aus c.i.c. haften (AG Itzehohe WuM 1980, 255). 30c b) Ausnahmen aa) Die Parteien können jederzeit zusätzlich einen vorzeitigen, rechtsgeschäftlichen Übergang des Mietverhältnisses auf den Erwerber vereinbaren; freilich bedarf es dazu stets der Mitwirkung des Mieters (oben Rz 11). Eine solche Vereinbarung kann auch konkludent durch die Übertragung des Eigenbesitzes zustande kommen; die Zustimmung des Mieters kann dann je nach den Umständen des Falles auch in der freiwilligen Zahlung an den Erwerber gesehen werden (RG HRR1931 Nr 495; OLG Kiel SchlHAnz 1931, 25; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 14). 30d bb) Umstritten ist, ob der Veräußerer den Erwerber zur Kündigung bereits vor Eigentumserwerb ermächtigen kann.*** Die Frage ist richtigerweise zu verneinen, weil andernfalls entgegen dem Zweck des § 571 doch die Situation einzutreten drohte, die § 571 im Interesse des Mieters gerade verhindern sollte, daß der Mieter sich nämlich auf einmal mit mehreren „Vermietern" auseinandersetzen muß, deren Innenverhältnis ihm notwendigerweise verborgen bleibt. 31 4. Beteiligung mehrerer a) Die Anwendung des § 571 setzt Identität zwischen Vermieter und veräußerndem Eigentümer voraus (s schon eingehend oben Rz 24 a f) Deshalb ergeben sich * LG Hamburg WuM 1977, 260 f; LG Mannheim MDR 1977, 933 f; AG Lennestadt WuM 1978, 175 ; A G R a t i n g e n M D R 1 9 7 1 , 6 6 7 N r 4 8 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 2 1 ; STERNEL R z 1 7 0 ;
s unten Rz 61. ** KG OLGE 11, 144, 145; JW 1931, 2746 Nr 4; OLG Breslau JW 1930, 75, 76 Nr 3; LG Mannheim MDR 1977, 933 f. *** Dafür Voraufl Rz 48; LG Düsseldorf WuM 1972,96,97; AG Ratingen MDR 1971,667 Nr 48; BGB-RGRK-GELHAAR § 571 Rz 21; FRICKE ZMR 1979,65 f; dagegen LG Hamburg WuM 1977, 260 f; AG Lennestadt WuM 1978, 175.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(762)
3. Ittel. Miete. Pacht
§571 31 a-35
zusätzliche Probleme, wenn an dem Grundstück mehrere Personen beteiligt sind oder das Grundstück an verschiedene Personen veräußert wird. Man muß folgende Fälle unterscheiden ( M I T T E L S T E I N 6 6 2 f; Z I M M E R M A N N , Rechtswirkungen 2 0 ff; STERNEL Rz I 64): § 571 ist unanwendbar, wenn das Grundstück mehreren Miteigentümern gehört und diese das Grundstück veräußern, der Mietvertrag jedoch nur mit einem der Miteigentümer abgeschlossen worden war (o Rz 24; BGH LM Nr 22 zu § 571 BGB; OLG Colmar OLGE 20, 118 f); anders jedoch, wenn die Gemeinschaft den Mietvertrag genehmigt ( S T E R N E L Rz I 6 4 ) . b) Veräußert der bisherige Alleineigentümer und Vermieter einen Miteigentumsan- 31a teil an einen Dritten, so tritt nach § 571 dieser Dritte in den Mietvertrag ein; beide Vermieter werden Gesamtschuldner (Vorbem 99 f zu §§ 535, 536; R O Q U E T T E § 571 Rz 14). Ebenso bei Veräußerung des Grundstücks an mehrere Personen, zB an Eheleute (AG Köln MDR 1972, 954 Nr 50). c) Ebenso ist die Rechtslage im Falle der Realteilung eines Grundstücks. Wird in 32 diesem Fall das Grundstück anschließend an verschiedene Personen veräußert, so tritt nicht etwa eine Aufspaltung des Mietvertrages in zwei selbständige Verträge ein (so die sog Spaltungstheorie); der Mietvertrag bleibt vielmehr im Interesse des Mieters, dessen Schutz § 571 in erster Linie bezweckt, einheitlich, so daß die mehreren Vermieter auch hier Gesamtschuldner und Gesamtgläubiger iS des § 432 werden.* Dasselbe gilt für sog Mischmietverhältnisse, wenn die Wohnung und die gewerblich genutzten Räume an verschiedene Personen veräußert werden (AG Stuttgart WuM 1973, 194, 195). d) Es gibt jedoch auch Fälle, in denen sich eine Aufspaltung des Mietvertrages nicht 33 vermeiden läßt. Hatte etwa der Vermieter zwei rechtlich selbständige Grundstücke durch einen einheitlichen Vertrag vermietet und veräußert er sodann die beiden Grundstücke an verschiedene Personen, so entstehen zwei völlig selbständige Mietverhältnisse mit den beiden Grundstückseigentümern (KG HRR 1932 Nr 110; M I T T E L S T E I N 662 f; streitig). 5. Sonderfälle
34
a) Nach hM ist § 571 auch anwendbar, wenn der Vermieter nur Bruchteils-, Wohnungs- oder Teileigentümer (nach dem WEG) ist und sich der Mietvertrag lediglich auf seinen Bruchteil bzw auf sein Wohnungs- oder Teileigentum bezieht ( S T E R N E L Rz I 64; aM für das Teileigentum LG Hannover WuM 1970, 131; P A L A N D T - P U T Z O § 571 Anm 2). Ebenso zu beurteilen ist die nachträgliche Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum und dessen Veräußerung (s R O Q U E T TE § 571 Rz 15; STERNEL R Z I 64). Unanwendbar ist § 571 hingegen bei der Veräußerung einzelner, beschränkter, dinglicher Rechte, durch die das Mietrecht geschmälert werden kann ( P A L A N D T - P U T Z O § 571 Anm 2). b) Da der Erbe des Vermieters kraft Erbrechts in den Mietvertrag eintritt, gilt § 571 34a auch für den Erwerb des Grundstücks durch einen Vermächtnisnehmer vom Erben. c) Für den Erwerb in der Zwangsversteigerung gelten die Sondervorschriften der §§ 9 35 Nr 2, 21 u 57 ff ZVG. Nur diese Vorschriften sind auch bei einer freiwilligen Veräußerung des Grundstücks durch den Konkursverwalter heranzuziehen (§21 Abs * R G Z 124, 195, 198 f ; B G H L M N r 2 zu § 4 2 7 B G B = W M 1973, 3 3 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 17; ERMAN-SCHOPP § 5 7 1 R z 6; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 2; ROQUETTE § 5 7 1 R z 6 ; STERNEL RZ I 64. (763)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571
35 a-39 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
4 KO). In den beiden zuletzt genannten Fällen tritt mithin der Erwerber zwar auch in das Mietverhältnis ein; er kann es jedoch vorzeitig mit gesetzlicher Frist nach § 57 a Z V G kündigen. Nur bei einer Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft entfällt dieses besondere Kündigungsrecht (§ 183 ZVG). 35a Auch das besondere Kündigungsrecht des Erwerbers in der Zwangsversteigerung auf Grund des § 57 a ZVG ist an die Voraussetzungen des § 564 b und an die Form des § 564 a gebunden (LG Hamburg NJW 1975,1843 = MDR 1975, 582 Nr 63; 1975, 934 Nr 53; STERNEL R Z I 66). Soll auf dem Weg über § 57 a ZVG der von § 571 intendierte Schutz des Mieters unterlaufen werden, so ist die Kündigung unwirksam (oben Rz 10). Außerdem haftet der ursprüngliche Vermieter nach § 325, wenn der Mieter auf Grund der vorzeitigen Kündigung des Erwerbers nach § 57a ZVG ein ihm vertraglich zustehendes, langfristiges Gebrauchsrecht verliert (unten Rz 86 a). 36 V. Überlassung Die Anwendung des § 571 setzt weiterhin voraus, daß das vermietete Grundstück dem Mieter bei Eigentumsübergang (oben Rz 27 ff) bereits überlassen worden ist. Veräußert der Vermieter das Grundstück schon vor dessen Überlassung an einen Dritten, so kommt ein Eintritt des Dritten in den Mietvertrag nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 578 in Betracht. 37 1. Zweck Die Überlassung des vermieteten Grundstücks an den Mieter ist zur Voraussetzung des Eintritts des Erwerbers gemacht worden, damit der Erwerber erkennen kann, ob und ggf in welche Mietverhältnisse er eintreten muß. Hier übernimmt somit ausnahmsweise der Besitz bei Grundstücken die Publizitätsfunktion, die sonst bei Grundstücken nur dem Grundbuch zukommt.
38 2. Begriff a) Was unter Überlassung in § 571 Abs 1 zu verstehen ist, ist seit langem umstr (s im einzelnen B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 13; MITTELSTEIN 651 ff; N I E N D O R F F 304 f ; PALANDT-PUTZO § 571 Anm3; STERNEL R z l 67). Auszugehen ist entsprechend dem Zweck der Regelung (oben Rz 37) von § 536, da auch hiernach der Vermieter dem Mieter die Sache zu „überlassen" hat. Was dazu gehört, richtet sich in erster Linie nach den Abreden der Parteien und ergänzend nach der Verkehrssitte sowie nach der Natur des einzelnen Rechtsverhältnisses (s oben §§ 535, 536 Rz 18 ff). Nichts anderes gilt für § 571 Abs 1, da das Gesetz hier von demselben Begriff der Überlassung ausgeht (grdleg R G Gruchot Bd 67 [1925], 303, 305; insbes B G H Z 65, 137, 139 ff). 39 In aller Regel erfordert die Überlassung somit eine Übergabe der Sache durch Verschaffung des unmittelbaren Besitzes ( R G und BGH oben Rz 38). Ausnahmslos gilt dies jedoch nur für Fälle wie etwa die Verpachtung landwirtschaftlicher Grundstücke, wo eine Überlassung ohne Übergabe nicht denkbar ist (RG Gruchot 67, 303, 305 f); auch hier kann sich freilich der Mieter auch eines Besitzmittlers, zB eines Unterpächters, bedienen, um die Sache zu übernehmen (RG aaO). 39a In allen übrigen Fällen erfordert die Überlassung hingegen nicht notwendig eine Ubergabe der Sache. Soll der Mieter nur vorübergehend eine Sache im Besitz des Vermieters benutzen dürfen, so genügt der Vermieter seiner Überlassungspflicht Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(764)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 40-42c
schon dadurch, daß er dem Mieter die Sache in einer Weise zugänglich macht, daß dieser zu den vereinbarten Zeiten den vereinbarten Gebrauch von der Sache machen kann (grdleg B G H Z 6 5 , 1 3 7 , 1 3 9 ff = JuS 1976, 120 Nr 6; B G H LM Nr 1 zu § 578 B G B ; N r 3 1 z u § 5 8 1 B G B ; MITTELSTEIN 6 5 2 f ) .
b) § 571 erfordert keinen Fortbestand des Mieterbesitzes im Augenblick der 40 Veräußerung. Der Erwerber tritt auch dann in den Mietvertrag ein, wenn der Mieter inzwischen die Sache an einen Dritten, zB an den Untermieter, weitergegeben oder den Besitz unfreiwillig verloren hat. Selbst die Rückgabe der Sache an den Vermieter ist unschädlich, wenn in ihr nicht zugleich eine konkludente Aufhebung des Mietvertrages oder doch ein Verzicht auf den Schutz des § 5 7 1 liegt ( K G O L G E 1 1 , 1 4 4 ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 1 0 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 I 2 c ; MITTELSTEIN 6 5 4 ; NIENDORFF 3 0 4 f; enger PALANDT-PUTZO § 5 7 1 Anm 3 a; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 Rz 1 3 ) .
c) Die Überlassung muß auf einem wirksamen Mietvertrag beruhen (oben Rz 17 b), 41 der jedoch im Augenblick der Veräußerung nicht mehr in Kraft zu sein braucht (oben Rz 29 b). Unschädlich ist auch die vorweggenommene Überlassung auf Grund eines Vertrages, der zwar schon vor Veräußerung geschlossen worden ist, aber erst danach in Kraft treten soll (oben Rz 29 c). 3. Annahmeverzug
41a
Erfordert die Überlassung eine Übertragung des unmittelbaren Besitzes auf den Mieter, so ist offenbar dessen Mitwirkung erforderlich. Lehnt der Mieter die Übernahme der Sache ab, so kann die Überlassung der Sache nicht Zustandekommen (MITTELSTEIN 652). Dies ist deshalb unbedenklich, weil § 571 allein den Schutz des Mieters bezweckt, der Mieter aber nicht schutzwürdig ist, wenn er selbst die Übernahme der Sache ablehnt (ebenso wohl KG O L G E 11, 144).
4. Einzelfragen
42
a) Der Mieter braucht die Besitzerlangung nicht durch besondere Handlungen wie zB Einzäunung des Grundstücks oder Aufstellung von Schildern kenntlich zu machen (PALANDT-PUTZO § 571 Anm 3 a). Bei der Wohnungsmiete genügt stets die Entgegennahme der Schlüssel für die Überlassung; es kommt nicht darauf an, ob der Mieter auch tatsächlich in die Wohnung einzieht (STERNEL R Z I 67). b) Bei der Vermietung von Wand- und Dachflächen (oben Rz 14) reicht es für die 42a Überlassung darüber hinaus sogar schon aus, wenn der Vermieter dem Mieter die Flächen nur zugänglich macht; eine Besitzübertragung ist hier nicht erforderlich und idR auch gar nicht möglich. Ist ein Grundstückstreifen zur Aufstellung einer Reklametafel vermietet, so ist § 571 folglich anwendbar, sobald dem Mieter zeitweilig eine Verfügungsgewalt über den Streifen zur Aufstellung der Tafel eingeräumt ist (OLG Hamm MDR 1976, 143, 144). c) Die Überlassung muß dem Willen beider Parteien entsprechen und der Veräuße- 42b rung vorausgehen (sonst § 578). § 571 ist nicht anwendbar, wenn der Mieter eigenmächtig den Besitz ergreift; ebensowenig kann der Vermieter dem Mieter die Sache idR einseitig aufzwingen (oben Rz 41 a; MITTELSTEIN 652). d) Wird die Sache dem Mieter nur teilweise überlassen, so kommt es darauf an, ob die 42c wesentlichen Teile des vermieteten Grundstücks oder die wesentlichen vermieteten Räume überlassen worden sind; die Zurückbehaltung einzelner Nebenräume ist unschädlich (ROQUETTE § 571 Rz 9; MITTELSTEIN 655). Ist der Vermieter nur (765)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 43-48
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
verpflichtet, die Sache wiederholt zur vorübergehenden Nutzung dem Mieter zu überlassen, so gilt § 571 immer nur für die Zeit der jeweiligen Überlassung, zB bei periodischer Vermietung eines Saales zur Durchführung von Veranstaltungen (NIENDORFF 3 0 4 ) .
43 e) Vereinbaren die Parteien die Fortsetzung eines abgelaufenen Mietvertrages, so ist eine erneute Überlassung, wenn der Mieter noch im Besitz der Sache ist, nicht möglich und auch nicht erforderlich (oben Rz 41; MITTELSTEIN 655). Wenn sich aber der Vermieter von dem Vertrag lossagt, so liegt keine Überlassung mehr vor, selbst wenn nach den Abreden der Parteien die Einräumung des mittelbaren Besitzes genügen sollte (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB). 44 f) Bei Verträgen über die Ausbeutung von Bodenschätzen wie Kohle, ö l oder Kies genügt es für die Überlassung, wenn der Mieter oder Pächter mit den ersten Bohrungen auf dem Grundstück begonnen hat (RGZ 94, 279, 289 f; BayObLGZ 1910, 280, 286, 288; aM RG JW 1919, 379 Nr 6 m abl Anm ISAY; zust aber B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 13; offengelassen für die Verlegung eines Postkabels in BGH WarnR 1972 Nr 284 S 803). Hingegen reicht die bloße Duldung der Verlegung einer Wasserleitung gegen eine bloße Anerkennungsgebühr nicht für die Annahme eines Mietvertrages und erst recht nicht für die einer Überlassung des Grundstücks (OLG Düsseldorf MDR 1976, 142 Nr 39). 45 g) Vor Überlassung der Sache kann der Mieter einen Verkauf der Sache an einen Dritten auf keine Weise, auch nicht durch Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung verhindern (LG Mannheim MDR 1964, 1007 f = ZMR 1966, 241 f). Denn in der Verfügung über sein Eigentum bleibt der Vermieter unbeschränkt, unbeschadet natürlich seiner Ersatzpflicht gegenüber dem Mieter, wenn ihm infolge der Veräußerung die Erfüllung nicht mehr möglich ist (§ 325). 46 VI. Eintritt in die Vermieterrechte Nach § 571 Abs 1 tritt der Erwerber unter den genannten Voraussetzungen anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen ein. Solange er Eigentümer ist, tritt er also anstelle des bisherigen Vermieters dem Mieter als Vertragspartner gegenüber und hat damit für diese Zeit alle Rechte und Pflichten des Vermieters. 47 1. Eintritt kraft Gesetzes § 571 ordnet einen gesetzlichen Eintritt des Grundstückerwerbers in bestehende Mietverhältnisse anstelle des bisherigen Vermieters mit dem Augenblick des Eigentumserwerbs an. Es handelt sich nicht um einen bloßen, gesetzlichen Übergang der Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters auf den Erwerber (so die sog Zessionslösung des ALR), sondern um einen unmittelbaren Eintritt kraft Gesetzes in das bestehende Mietverhältnis infolge des Eigentumserwerbs (so ausdrücklich Prot II 139; s oben Rz 6). Da der Eintritt des Erwerbers vom Gesetz allein an den Übergang des Eigentums auf den Erwerber geknüpft ist, kommt es für seinen Eintritt weder auf seine Kenntnis noch auf die Kenntnis des Mieters an. Der Erwerber ist deshalb auch an Mietverhältnisse gebunden, die er weder kannte noch kennen konnte. 48 2. Haltung des Veräußerers Muß der Erwerber auf Grund des § 571 in Miet- oder Pachtverträge eintreten, die er nicht kannte und die er nach seinen Abreden mit dem Veräußerer auch nicht zu Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(766)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 49-51 a
übernehmen braucht, so haftet der Veräußerer bei allen Veräußerungsverträgen nach § 434, der sich auch auf die Freiheit des Grundstücks von Mietverträgen bezieht.* Beispiele sind die mündliche Übernahme zusätzlicher Ausbesserungen oder die Einräumung eines Verlängerungsrechts durch den Veräußerer (RG Gruchot 58,945, 946; OLG Dresden SeuffA 73 Nr 117). Solange der Veräußerer seinen Pflichten aus § 434 nicht nachgekommen ist, braucht der Erwerber auch nicht die Auflassung entgegenzunehmen (RG LZ 1915, 1147 f). 3. Umfang
49
a) Grundsatz Der Eintritt erfolgt automatisch mit Eigentumserwerb durch Auflassung und Eintragung (§§ 873, 925) und umfaßt ohne Ausnahme alle sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen, jedoch auch nur diese, nicht hingegen Rechte und Verpflichtungen aus sonstigen Abreden der Parteien, mögen sie auch mit dem Mietvertrag wirtschaftlich verbunden sein. Entscheidend ist nur ihre rechtliche Selbständigkeit.** b) Nur Rechte aus einem wirksamen Vertrag
50
aa) Solche Rechte können sich nur aus einem wirksam zustande gekommenen Mietvertrag ergeben, der vor Veräußerung abgeschlossen worden ist und auf Grund dessen der Vermieter dem Mieter das Grundstück noch vor dessen Veräußerung überlassen hatte (sonst § 578; s oben Rz 17 b). Hingegen steht es der Anwendung des § 571 nicht entgegen, wenn der Vertrag schon vor Eigentumsübergang wieder sein Ende gefunden hat (str): Der Erwerber tritt dann in das Abwicklungsverhältnis ein, so daß ihm namentlich auch die Ansprüche aus § 557 zustehen (s oben Rz 29 b; grdleg BGHZ 71, 147, 149 f = JuS 1979, 290 f Nr 4 m Nachw). bb) Probleme ergeben sich aus dieser Rechtslage im Falle der Anfechtbarkeit des 51 Mietvertrages im Augenblick des Eigentumsübergangs. Umstritten ist hier namentlich, ob der Mieter die Anfechtung nach wie vor gegenüber dem Vermieter (so LG F r a n k f u r t W u M 1 9 8 0 , 1 1 f; ENNECCERUS-LEHMANN § 133 1 2 b ; MITTELSTEIN 6 5 6 f;
ROQUETTE NJW 1962,1551,1553) oder gegenüber dem Erwerber erklären muß (so NIENDORFF 3 1 3 ; RONIMI W U M 1980, 1 f), bzw w e r i m Falle z B e i n e r arglistigen
Täuschung dem Mieter ersatzpflichtig ist (s unten Rz 72). Ebenso umstritten ist im umgekehrten Falle die Frage, ob der Vermieter oder der Erwerber oder nur beide zusammen (so MITTELSTEIN 657) gegenüber dem Mieter anfechten können. Da der Erwerber nach der Konzeption des Gesetzes nicht Rechtsnachfolger des 51a Vermieters ist, kann ihm dessen Verhalten, zB eine arglistige Täuschung des Mieters, nicht zugerechnet werden; Anfechtungsgegner und damit ggf ersatzpflichtig bleibt somit der Vermieter (LG Frankfurt WuM 1980,11 f; aM zu Unrecht RONIMI WuM 1980,1 f). Entfällt infolgedessen rückwirkend der Mietvertrag (§§ 119,123,142), so gilt notwendig dasselbe auch für den Eintritt des Erwerbers. * R G Z 8 8 , 1 0 3 , 1 0 7 ; R G G r u c h o t B d 5 8 ( 1 9 1 4 ) 9 4 5 , 9 4 6 f; J W 1 9 1 0 , 1 4 5 ; L Z 1 9 1 5 , 1 1 4 7 , 1 1 4 8 N r 13; O L G D r e s d e n S e u f f A B d 7 3 ( 1 9 1 8 ) N r 1 1 7 S 1 8 8 f; B G H W M 1 9 7 1 , 5 5 6 ; ESSER-WEYERS I I § 4 II 5 ; PALANDT-PUTZO § 4 3 4 A n m 2 b ; STAUDINGER-KÖHLER § 4 3 4 R z 6 M N a c h w . ** R G Z 7 1 , 4 0 4 , 4 0 8 ; R G S e u f f A 6 1 ( 1 9 0 6 ) N r 1 0 4 S 183, 184 f = J W 1 9 0 6 , 5 8 N r 10; 1 9 3 9 , 2 8 6 , 2 8 7 N r 14; O L G B r e s l a u J W 1 9 2 9 , 1 9 9 8 N r 4 ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 2 4 ; MITTELSTEIN 6 7 2 f; NIENDORFF 3 0 9 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 16, 2 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 4 ; STERNEL R z I 6 8 , 7 1 . (767)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 51 b-56
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
51b Konnte umgekehrt der Vermieter anfechten, so ist es nach Eintritt des Erwerbers nicht mehr interessengerecht, ihm allein die Entscheidung über die Beseitigung des Vertrages, an dem er nicht mehr beteiligt ist, zu überlassen. Es kann sich deshalb höchstens fragen, ob fortan Vermieter und Erwerber nur noch zusammen anfechten können (so MITTELSTEIN 657) oder ob das Anfechtungsrecht ganz auf den Erwerber übergeht ( s o R G U r t v 2 9 . 4. 1 9 1 8 - I V 7 9 / 1 8 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz23). Jedenfalls im Regelfall dürfte die letztere Meinung die allein interessengerechte sein, zumal auch alle anderen Gestaltungsrechte auf ihn übergehen (unten Rz 61 f). 52 c) Nur typische Mietvertragsklauseln Nur Rechte aus dem Mietvertrag, nicht aber aus anderen, wenn auch mit dem Mietvertrag wirtschaftlich verbundenen Abreden gehen auf den Erwerber über (oben Rz 49). Die hiernach stets erforderliche Abgrenzung, welche Abreden zu den typischen Mietvertragsklauseln gehören, die auf den Erwerber übergehen, und welche Teile selbständige Nebenabreden darstellen, die nicht übergehen, bereitet häufig erhebliche Schwierigkeiten. Die Praxis rechnet zu den typischen Mietvertragsklauseln in erster Linie die Abreden hinsichtlich des Gegenstandes des Vertrages, hinsichtlich des Mietzinses und hinsichtlich der Überlassung und Rückgabe der Sache (RGZ 71,404,408; RG SeuffA 61 [1906] Nr 104 S 183,184 = JW 1906, 58 Nr 10; P A L A N D T - P U T Z O § 571 Anm 4). Diese Formel vermag jedoch nicht mehr als einen ersten Hinweis auf die bei der Abgrenzung im Einzelfall zu berücksichtigenden Gesichtspunkte zu geben. Allgemeine Formeln lassen sich hier nicht aufstellen. Entscheidend ist vielmehr, welche Abreden nach dem Willen der Parteien jeweils einen untrennbaren Bestandteil des Mietvertrages bilden. 53 aa) Als untrennbare und deshalb auf den Erwerber übergehende Teile des Mietvertrages sind zB anerkannt eine Abrede über die Verrechnung eines Mieterdarlehens mit den Mietzinsraten (RG JW 1939, 286,287 Nr 14), ebenso auch die Abrede, daß der Mieter eine Hypothek nicht kündigen darf, sondern die Hypothekenzinsen mit den Mietzinsen verrechnen muß (RGZ 71,404,409 f), die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen oder sonstigen Reparaturen sowie die Verpflichtung des Mieters zur zusätzlichen Bezahlung der sog Nebenkosten (MITTELSTEIN 6 7 1 f ) .
54 bb) Hingegen sind als selbständige und deshalb nicht übergehende Nebenabreden folgende Klauseln angesehen worden: ein Konkurrenzverbot zu Lasten des Mieters für die Zeit nach Vertragsbeendigung (RG SeuffA 61 [1906] Nr 104 S 183,184 f = JW 1906,58 Nr 10), unter Umständen auch sonstige Konkurrenzverbote ( R O Q U E T T E § 571 Rz 24), die Verpflichtung des Mieters zur Gewährung eines Darlehns an den Vermieter (RG JW 1939,286,287 Nr 14), es sei denn, es handele sich dabei um einen echten Baukostenzuschuß, schließlich ein Provisionsversprechen des Mieters, wenn die Provisionszahlung keinen Teil des Mietzinses bildet (OLG Breslau JW 1929, 1998 Nr 4). Offengelassen wurde die Frage für Gerichtsstandvereinbarungen (KG OLGE 13, 379); jedoch ist der Übergang solcher Abreden unbedenklich zu bejahen. 55 d) Sicherheiten aa) Der Erwerber tritt in die Rechte aus vom Mieter dem Vermieter bestellten Sicherheiten ein (§ 572 S 1); insbes geht eine Bürgschaft auf ihn über (KG OLGE 25, 20, 21). Wegen der Rückgabe der Sicherheiten siehe § 572. 56 bb) Auch das Vermieterpfandrecht (§ 559) geht auf den Erwerber über, soweit nicht der betreffende Gegenstand dem alten Vermieter für schon entstandene Ansprüche Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(768)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 57-60
haftet; in diesem Fall haben beide Vermieterpfandrechte gleichen Rang (MITTELSTEIN 6 7 5 ; NIENDORFF 3 0 9 ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 2 8 ; DERLEDER, in: A K § 5 7 1 R z 7;
BGB-RGRK-GELHAAR § 571 RZ 22). e) Ansprüche
57
aa) Mit dem Eigentumswechsel tritt in dem Mietverhältnis als Dauerschuldverhältnis eine Zäsur ein (ROQUETTE NJW 1 9 6 2 , 1 5 5 1 ) . Alle schon vorher begründeten Rechte bleiben bei dem bisherigen Vermieter, so daß insbes schon begründete Ansprüche auf Mietzinsen oder schon begründete Schadensersatzansprüche des Vermieters gegen den Mieter nicht nach § 571 auf den Erwerber übergehen, sondern nach wie vor von dem bisherigen Vermieter geltend gemacht werden können.* Mithin geht auch ein schon begründeter Schadensersatzanspruch gegen den Mieter, dem wegen Zahlungsverzugs nach § 554 gekündigt worden ist (zB aus § 13 DEMV), nicht auf den Erwerber über, sondern verbleibt dem Vermieter (BGH LM Nr 1 zu DEMV = N J W 1964, 1024).
bb) Die Mietzinsanspriiche müssen mithin zwischen Vermieter und Erwerber 58 aufgeteilt werden; str ist lediglich, wie hierbei zu verfahren ist. Schon aus praktischen Gründen kann hier jedoch allein auf die Fälligkeit der jeweiligen Mietzinsrate abgestellt werden. War der Mietzins auch für eine Zeit nach Eigentumsübertragung schon vor diesem Zeitpunkt fällig, so steht der Anspruch in vollem Umfang dem Veräußerer im Verhältnis zum Mieter zu. Der Ausgleich zwischen Veräußerer und Erwerber richtet sich dann nach dem Innenverhältnis, namentlich nach § 446. Dasselbe gilt im umgekehrten Fall, wenn die nach Eigentumsübertragung fällig gewordene Mietzinsrate auch den Mietzins für einen vor Eigentumsübergang liegenden Zeitraum umfaßt.** Solange jedoch der Mieter von dem Eigentumswechsel noch nichts erfahren hat, kann und muß er zur Vermeidung des Verzugs an den Vermieter zahlen (§ 574; RGZ 98, 88, 89 f; ERMAN-SCHOPP § 571 Rz 11). Da der Erwerber nur diejenigen Mietzinsraten fordern kann, die nach seinem 59 Eigentumserwerb fällig geworden sind (oben Rz 58), steht ihm überhaupt kein Mietzinsanspruch zu, wenn nach dem Mietvertrag der Mietzins auf einmal im voraus zu zahlen war (RGZ 9 4 , 2 7 9 , 2 8 1 ; 1 2 7 , 1 1 6 , 1 1 7 ) . Anders jedoch, wenn der Mietzins nach periodischen Zeitabschnitten bemessen ist, weil dann eine Vorauszahlung eine Vorausverfügung darstellt, die nur in dem engen Rahmen des § 574 gegen den Erwerber wirkt, es sei denn, es handele sich um einen echten Baukostenzuschuß (BGHZ 37, 346, 351 f; BGH LM Nr 2 zu § 574 BGB; Vorbem 130 ff zu § 535, 536; § 5 7 3 Rz 8 ff). cc) Umstritten ist die Rechtslage hinsichtlich schon begründeter Herausgabeansprü- 60 che des Vermieters, da im Falle der Vertragsbeendigung schon vor Eigentumsübertragung der Erwerber auch in das Abwicklungsverhältnis eintritt, so daß er von dem Mieter auch aus diesem Herausgabe sowie bei Verzug des Mieters ggf Schadensersatz verlangen kann (§§ 5 5 6 , 5 5 7 , 2 8 6 ; s oben Rz 2 9 b, 5 0 ; grdlg BGHZ 7 1 , 1 4 7 , 1 4 9 f = JuS 1 9 7 9 , 2 9 0 f Nr 4 ) . Der BGH hat hieraus gefolgert, daß der Herausgabeanspruch des Vermieters erlischt, daß ihn aber der Erwerber jederzeit ermächtigen kann, auch für die Zeit nach Eigentumsübergang den Anspruch aus § 556 im eigenen Namen * K G O L G E 11, 144, 1 4 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 2 0 ; DERLEDER, in: A K § 5 7 1 R z 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 4 a ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 2 6 ; STERNEL RZ 1 6 9 ; a M K G D R 1 9 4 2 , 1 5 5 4 N r 10 = H R R 1 9 4 2 N r 6 3 6 ; MITTELSTEIN 6 7 5 ; z T a b w e i c h e n d B G H Z 7 1 , 147, 1 5 0 f ü r d e n
Herausgabeanspruch; AG Köln WuM 1981, 18 (Anspruch auf Kaution). ** K G O L G E 1 1 , 1 4 4 , 1 4 5 ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 2 6 ; ERMAN-SCHOPP § 5 7 1 R z 11 ; NIENDORFF 3 0 8 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 RZ 2 0 ; DERLEDER, in: A K § 5 7 1 R z 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 4 a ; STERNEL RZ I 6 9 ; a M z B LARENZ I I § 4 8 I V . (769)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571
61-62c
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
geltend zu machen.* Dem ist aus praktischen Gründen zu folgen, weil nur so vermieden werden kann, daß sich der Mieter auf einmal konkurrierenden Herausgabeansprüchen von Vermieter und Erwerber gegenübersieht (vgl auch oben Rz 57). 61 f) Kündigung aa) Bis zum veräußernden ist unwirksam der Erwerber
Übergang des Eigentums steht das Kündigungsrecht allein dem Vermieter zu; eine vorher vom Erwerber ausgesprochene Kündigung (oben Rz 30 a). Hingegen kann nach dem Eigentumswechsel nur noch kündigen (wegen der Anfechtung s oben Rz 51 ff).
62 bb) Hieraus ergeben sich sehr schwierige Abgrenzungsfragen, wenn die Voraussetzungen des Kündigungsrechts ganz oder teilweise schon vor dem Eigentumswechsel erfüllt waren (s im einzelnen MITTELSTEIN 6 7 5 ff; NIENDORFF 3 1 3 ff; STERNEL Rz I 70). Hier ist davon auszugehen, daß ein bereits entstandenes Kündigungsrecht als Gestaltungsrecht nicht auf den Erwerber übergeht; war zB der Mieter schon gegenüber dem bisherigen Vermieter mit zwei Mietzinsraten in Verzug gekommen, so kann jedenfalls nicht der Erwerber das sich hieraus ergebende Kündigungsrecht ( § 5 5 4 ) ausüben (§ 5 5 4 Rz 6 ; KG OLGE 7 , 4 6 6 f). Lebhaft umstritten ist jedoch, ob wenigstens der Veräußerer und Vermieter noch kündigen kann (dafür NIENDORFF 3 1 4 f; dagegen MITTELSTEIN 6 7 6 f). Auch dies dürfte indessen zu verneinen sein, da der aus dem Mietverhältnis ausgeschiedene, frühere Vermieter keinen Einfluß auf dessen Bestand mehr gegen den Willen des Erwerbers nehmen darf. In diesem Fall erlischt folglich für beide das Kündigungsrecht. 62a Der Erwerber kann somit nur dann kündigen, wenn die Voraussetzungen des Kündigungsrechts wenigstens teilweise in seiner Person erfüllt worden sind, so wenn zB der Mieter mit einer Mietzinsrate gegenüber dem Veräußerer und mit einer zweiten Mietzinsrate gegenüber dem Erwerber in Verzug geraten ist; hier zusätzlich eine Abtretung der rückständigen, ersten Mietzinsrate zu verlangen (MITTELSTEIN 676), besteht kein Anlaß. 62b Auch sonstige Rechte zur fristlosen Kündigung gehen nicht auf den Erwerber über, wenn sie schon vorher begründet waren (ROQUETTE § 571 Rz 30). Hat jedoch auf Grund des Mietvertrages der Vermieter ein jederzeitiges Recht zur vorzeitigen Kündigung im Falle der Veräußerung des Grundstücks gegen Entschädigung des Mieters, so geht auch ein solches Recht als Teil des Mietvertrages auf den Erwerber über (OLG Hamburg OLGE 10, 252 f). 62c cc) Hatte der Vermieter und Veräußerer bereits (wirksam) gekündigt, so hat es dabei grundsätzlich sein Bewenden. Der Erwerber tritt in die durch die Kündigung umgestaltete Rechtslage ein. Problematisch ist dies nur, wenn es für die Beurteilung des Kündigungsgrundes wie insbes in den Fällen des § 564 b Abs 2 Nr 2 und 3 auch auf die gegenwärtige Situation des Vermieters ankommen kann (vgl PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 5 c und d; STERNEL R Z IV 62 f). Nach STERNEL ( R Z I 70) soll in diesen Ausnahmefällen - trotz Kündigung durch den Vermieter - auf die Person des Erwerbers abzustellen sein; dem kann jedoch mit Rücksicht auf die Natur der Kündigung als Gestaltungsrecht nicht gefolgt werden. War die Kündigung wirksam, so ist der Vertrag beendet, selbst wenn anschließend das Grundstück veräußert wird, so daß der Kündigungsgrund wieder entfällt. Umgehungsgeschäfte sind freilich auch hier unwirksam (oben Rz 10).
* B G H Z 7 1 , 1 4 7 , 1 5 0 = JuS 1979,290,291 N r 4 mNachw; LG Darmstadt NJW 1 9 6 3 , 9 0 9 , 9 1 0 ; a M Voraufl Rz 56; HENSELER Z M R 1964, 36, 38 f; ROQUETTE NJW 1962, 1551 f.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(770)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 62 d-65
dd) Vor Eigentumsübergang kann der Mieter nur gegenüber dem Vermieter, danach 62d nur gegenüber dem Erwerber kündigen. Ebenso, wenn Vermieter und Erwerber oder auch nur der Vermieter dem Mieter den Eigentumswechsel angezeigt haben. Auf eine solche Anzeige kann sich der Mieter analog § 576 Abs 1 stets verlassen, so daß die Kündigung gegenüber dem Erwerber stets wirksam ist, selbst wenn sich die Anzeige später als unrichtig erweist (s unten § 576 Rz 6 a; MITTELSTEIN 677 f m Nachw; NIENDORFF 319). Teilt hingegen nur der Erwerber dem Mieter den Übergang mit, so wird man dem Mieter zumuten können, vor einer Kündigung bei dem Vermieter rückzufragen, ob das Eigentum tatsächlich übergegangen ist. Anders jedoch, wenn der Mieter nichts von der Veräußerung erfährt. In diesem Falle 62e muß der Erwerber nach Treu und Glauben auch eine gegenüber dem Vermieter ausgesprochene Kündigung gegen sich wirken lassen (§ 242). Seine Berufung auf § 5 7 1 wäre hier arglistig, weil der Mieter dadurch - entgegen dem Zweck der Vorschrift - nicht geschützt, sondern geradezu geschädigt würde (MITTELSTEIN 677 f; e b e n s o i E r g STERNEL R z I 7 0 ) .
g) Vertragsänderungen
63
Der Erwerber muß den Mietvertrag in dem Zustand hinnehmen, in dem er sich im Augenblick des Eigentumswechsels befindet. Alle nachträglichen Änderungen und Ergänzungen wirken für und gegen ihn, selbst wenn sie nur mündlich erfolgt sind. Hat dadurch ein früher schriftlich abgefaßter Mietvertrag die vorgeschriebene Schriftform eingebüßt (§ 566), so kann der Erwerber freilich gemäß § 566 S 2 kündigen (BGH LM Nr 4 zu § 571 BGB). Auf einen formlosen Vorvertrag oder auf eine formlose Abrede der Beurkundung des Vertrags oder der Vertragsänderungen kann sich der Mieter jedoch gegenüber einer auf § 566 S 2 gestützten Kündigung des Erwerbers nicht berufen (s im einzelnen oben § 566 Rz 58 ff; u Rz 70). Nach Eigentumsübergang können Vertragsänderungen und -ergänzungen nur noch 63a mit dem Erwerber vereinbart werden (BGH LM Nr 33 zu § 535 BGB B1 3R). VII. Eintritt in die Vermieterpflichten 1. Grundsatz
64
a) Da der Erwerber anstelle des Veräußerers in den Mietvertrag als neuer Vermieter eintritt, treffen ihn auch sämtliche Pflichten des Vermieters aus dem Mietvertrag (MITTELSTEIN 6 7 3 f f ; NIENDORFF 3 0 9 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 2 4 f f ; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 4 b ; STERNEL RZ 1 7 1 f f ; SOLLNER J Z 1 9 6 8 , 1 8 3 f f ; 1 9 6 9 ,
634 f; JuS 1970, 159, 162). Der Erwerber ist vom Augenblick seines Eigentumserwerbs an verpflichtet, dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch der vermieteten Räume oder Grundstücke zu gewähren (RGZ 119, 353, 355; RG HRR 1933 Nr 1312). Für die Nichterfüllung oder Schlechterfüllung dieser Pflichten haftet er wie jeder Vermieter dem Mieter nach den §§ 325 f und 537 ff. Unerheblich ist, ob der Erwerber die auf ihn übergehenden Pflichten kannte, da sich der Eintritt kraft Gesetzes vollzieht (OLG München NJW 1972, 1995, 1996; STERNEL Rz I 71). Der Erwerber ist lediglich an eine solche Auslegung des Vertrages nicht gebunden, die er beim besten Willen nicht erkennen konnte, weil sie sich nur aus den besonderen Umständen bei Vertragsschluß ergab (BGH WM 1965, 680, 681; 1960, 1125, 1128).
b) Der Eintritt des Erwerbers beschränkt sich auf (wirksam begründete) Pflichten 65 des Vermieters gerade aus dem Mietvertrag gegenüber dem Mieter. Pflichten aus mit dem Mietverhältnis nur wirtschaftlich verbundenen, rechtlich jedoch selbständigen (771)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 66-70
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Nebenabreden gehen nicht auf den Erwerber über (OLG Hamburg OLGE 7, 467, 4 6 8 f; OLG Kassel OLGE 1 7 , 1 6 ; OLG Frankfurt NJW 1 9 6 4 , 4 5 3 ; insbes B G H LM N r 9 zu § 5 7 1 B G B ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 2 6 ; STERNEL RZ I 7 3 ) .
66 Ebensowenig gehen Verpflichtungen des Vermieters gegenüber Dritten auf den Erwerber über, selbst wenn sie sich auf den Mietvertrag beziehen. Der Erwerber tritt deshalb zB nicht in Kündigungsbeschränkungen ein, die in Darlehnsverträgen enthalten sind, die der Vermieter mit Dritten zugunsten des Mieters abgeschlossen hat (BGHZ 48, 244, 246 f; AG Hannover MDR 1967, 308, 309). Deshalb ist der Erwerber auch nicht an ein Belegungsrecht Dritter aufgrund eines Werkförderungsvertrages gebunden, selbst wenn dieses zugleich zum Bestandteil des Mietvertrags gemacht worden ist, weil es sich auch hierbei um Pflichten gegenüber Dritten und nicht gegenüber dem Mieter handelt (BGHZ 48, 244, 246 f m Anm SÖLLNER JZ 1968, 183 ff; zust STERNEL Rz I 73). 67 2. Einzelne Pflichten a) Erfüllung aa) Der Erwerber ist - als neuer Vermieter - zur Erfüllung des Vertrags verpflichtet (oben Rz 64). Er muß dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch gewähren (§ 536; RGZ 119, 353, 355; RG HRR 1933 Nr 1312) und haftet für die Nicht- oder Schlechterfüllung seiner Pflichten wie jeder Vermieter (§§ 325 f, 537 ff). 67a Diese Haftung umfaßt auch das Fehlen zugesicherter Eigenschaften (§§ 537 Abs 2). Denn der Erwerber ist auch an die Zusicherung nicht vorhandener Eigenschaften des Grundstücks seitens des bisherigen Vermieters oder an dessen Versprechen, eine nichtvorhandene Einrichtung herzustellen, gebunden (Prot II 140). 67b Dasselbe gilt zB für die Übernahme eines Teiles der Heizungskosten durch den Vermieter (AG Hamburg WuM 1977,230), für sonstige Vermieterpflichten, die sich aus der Ausübung eines Gestaltungsrechtes des Mieters ergeben (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB), sowie für die Zusage des ursprünglichen Vermieters, dem Mieter Konkurrenz auf demselben Grundstück fernzuhalten; verstößt der Erwerber gegen die zuletztgenannte Zusage, so kann der Mieter folglich zB mindern (RGZ 119, 353, 355 f). 68 bb) Zu den typischen Abreden eines Pachtvertrages gehören die Bestimmungen über das Schicksal des Inventars bei Vertragsbeendigung. Klauseln, nach denen der Verpächter verpflichtet ist, das Inventar bei Vertragsbeendigung zu übernehmen, binden deshalb regelmäßig auch den Erwerber (BGH LM Nr 9 zu § 571 BGB; RG JW 1905,487 Nr 5; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 71 Rz 26; aM OLG Hamburg OLGE 7, 467, 468 f; OLG Kassel OLGE 17, 16). 69 cc) Der Erwerber ist außerdem an eine von dem Veräußerer erklärte Erlaubnis der Untervermietung für den Einzelfall oder generell gebunden (KG OLGE 20, 192, 193). Anders, wenn es sich lediglich um eine Gestattung eines vertragswidrigen Gebrauchs für den Einzelfall handelt. Solche Gestattungen kann der Erwerber stets für die Zukunft widerrufen (MITTELSTEIN 6 7 3 ; NIENDORFF 3 1 1 f; STERNEL RZ I 71).
70 dd) Da nur Pflichten aus gültigen Mietverträgen übergehen, binden bloße Vorverträge zu Mietverträgen den Erwerber nicht, da sie noch keine Mietverträge sind (BGH LM Nr 1,6 u 7 zu § 566 BGB; LG München I NJW 1962,2159). Ebensowenig ist der Erwerber an die Abrede der Beurkundung eines zunächst formlos geschlossenen Mietvertrages gebunden (BGH LM Nr 7 zu § 566 BG B13 = JuS 1962,403 Nr 3). Der Erwerber handelt daher nicht arglistig, wenn er den formlosen Mietvertrag Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(772)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 71-75
nach § 566 S 2 kündigt, obwohl der Veräußerer die Beurkundung verhindert hatte (BGH LM Nr 7 zu § 566 BGB; s eingehend oben Rz 63 sowie § 566 Rz 58 ff). b) Sonstige Ansprüche des Mieters
71
aa) Der Augenblick des Eigentumsübergangs auf den Erwerber bedeutet für die Aufteilung der Vermieterpflichten eine ebensolche Zäsur wie für die Aufteilung der Vermieterrechte zwischen Veräußerer und Erwerber (s oben Rz 57). Folglich richten sich schon entstandene Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter auch nach dem Eigentumsübergang ausschließlich gegen den Veräußerer, so daß der Erwerber nicht zu ihrer Erfüllung verpflichtet ist. Das gilt namentlich für schon entstandene Verwendungser&atzansprüchc
aus § 5 4 7 (ERMAN-SCHOPP V o r b e m 17 f zu § 5 7 3 ) ,
wobei entsprechend § 558 Abs 2 die Verjährung dieser Ansprüche erst mit dem Augenblick beginnt, in dem der Mieter von dem Eigentumsübergang Kenntnis erlangt (§ 558 Rz 25; BGH LM Nr 8 zu § 558 BGB; LG Koblenz WuM 1977, 257; ROQUETTE § 5 7 1 R z 36).
Hatte der Vermieter bei Vertragsschluß arglistig getäuscht, so kann der Mieter mithin 72 auch nach Eigentumsübergang nur vom Veräußerer und nicht vom Erwerber Schadensersatz verlangten (LG Frankfurt WuM 1980, 11 f; MITTELSTEIN 674; aM RONIMI W U M 1980, 1 f; z u r A n f e c h t u n g s o b e n R z 5 1 f).
bb) Schädigt hingegen der Erwerber den Mieter, so kann der Mieter nur von ihm 73 Schadensersatz verlangen; eine Haftung des Vermieters kann sich dann nur aus § 571 Abs 2 S 1 ergeben. Maßgebender Zeitpunkt ist dabei grundsätzlich der des Schadenseintritts. Daraus folgt, daß der Mieter, wenn bei Veräußerung des Grundstücks der Vermieter zB mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug war, nach Eigentumsübergang auch gegen den Erwerber nach § 538 Abs 2 vorgehen kann (ROQUETTE § 5 7 1 R z 34).
cc) Umstritten ist die Rechtslage, wenn zwar die Ursache des Schadens schon vor 74 Eigentumsübergang vorlag, der Schaden jedoch erst danach eingetreten ist. Hier muß man unterscheiden: Handelte es sich um einen anfänglichen Mangel, so daß die Garantiehaftung aus § 538 Abs 1 eingreift, so haftet nach Eintritt des Schadens auch der Erwerber für diesen Schaden ohne Verschulden. Denn der Mieter darf der Vorteile der Garantiehaftungdes Vermieters für anfängliche Mängel nicht durch die Grundstücksveräußerung verlustig gehen.* Der Augenblick des Eigentumswechsels steht hingegen nicht dem Abschluß eines neuen Vertrags gleich, so daß in diesem Augenblick bestehende Mängel nicht erneut die Garantiehaftung des Vermieters auslösen (MITTELSTEIN 6 7 4 ) .
Dasselbe gilt für solche Schäden, die auf Mängeln beruhen, die in der Zeit zwischen 75 Vertragsschluß und Eigentunisübertragung entstanden sind. Ebenso wie für dadurch verursachte Schäden der Vermieter nur bei Verschulden haftet, gilt dasselbe für den Erwerber. Ihn trifft jedoch eine Prüfungs- und Verkehrssicherungspflicht, so daß er sich bei Erwerb des Grundstücks eingehend über dessen Zustand unterrichten muß. Dabei festgestellte Mängel muß der Erwerber beseitigen. Jeder auch nur leicht fahrlässige Verstoß des Erwerbers gegen diese Pflichten begründet somit bereits seine Haftung.** * S oben § 538 Rz 5; BGHZ 49, 350, 352 = JuS 1968, 335 Nr 3; BGH WarnR 1972 Nr 284 S 803, 8 0 4 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 1 R z 2 5 ; MITTELSTEIN 6 7 4 ; STERNEL RZ I 7 2 ; a M zB ENNECCERUS-LEHMANN § 133 II F n 11; LARENZ II 4 8 IV.
** LG Mönchengladbach VersR 1965, 1187; RG JW 1924, 1962 m Anm MITTELSTEIN; OLG Kiel S c h l H A n z 1931, 25; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 1 RZ 2 5 ; STERNEL R z I 7 2 ; SOERGEL-KUMMER
§ 571 Rz 24; nach anderen haftet hingegen auch für solche Schäden der Vermieter, s MITTELSTEM 674 Fn 34 m Nachw; LEONHARD B 167. (773)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 76-81
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
76 c) Sonstige Pflichten aa) Der Erwerber tritt in das konkrete Mietverhältnis in dessen Zustand bei Eigentumserwerb ein. Deshalb muß er auch sämtliche Abreden über die Vertragsbeendigung, namentlich alle vertraglichen Kündigungsbeschränkungen, gegen sich gelten lassen (LG Hagen NJW1960,1468,1469). Weitere Beispiele sind die Abrede, daß sich der Vertrag um eine bestimmte Zeit verlängert, wenn er von keiner Seite gekündigt wird, weiter eine Verlängerungsoption und ebenso ein Vormiet- oder Vorpachtrecht mit dem Zweck der Verlängerung des Vertrages, jedenfalls wenn das Recht noch vor Ablauf des alten Vertrages ausgeübt wird.* 77 bb) Ebenso muß der Erwerber in die Vertragspflicht zur Rückzahlung eines Baukostenzuschusses oder zur Verrechnung von Mietzinsvorausszahlungen eintreten, während der Bereicherungsanspruch, der dem Mieter nach Leistung eines verlorenen Baukostenzuschusses bei vorzeitiger Kündigung zusteht, nicht gegen den Erwerber geltend gemacht werden kann (RG JW 1939, 286, 287 Nr 14; BGH WM 1960, 1125, 1127 f; OLG Frankfurt NJW 1964, 453; B G H Z 53, 35, 38 ff; 16, 31, 36 f; 37,346, 349; Vorbem 130 ff zu §§ 535,536). Bei der Wohnraummiete ist diese Pflicht zur Rückzahlung von Baukostenzuschüssen nach § 557 a zwingend, so daß abweichende Vereinbarungen zu Gunsten des Erwerbers nicht möglich sind (BGHZ 53, 35, 38 ff). 78 cc) Sieht der Mietvertrag von vornherein die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung gegen Entschädigung des Mieters vor, so wird auch hieraus der Erwerber berechtigt und verpflichtet (OLG Dresden DRiZ 1933,737; insbes BGH LM Nr 4 zu § 571 BGB); wird jedoch erst nachträglich, dh nach Vertragsschluß eine Verkürzung der Vertragsdauer gegen die Zusage einer Entschädigung seitens des Vermieters vereinbart, so handelt es sich hierbei nicht mehr um eine typische Mietvertragsabrede, in die der Erwerber eintreten müßte (BGH LM Nr 4 zu § 571 BGB; fraglich). 79 Zu den die Vertragsbeendigung betreffenden Klauseln, die der Erwerber gegen sich gelten lassen muß, gehören außerdem die sog Nachfolgeklauseln (BGHZ 48, 244, 248 m zust Anm S Ö L L N E R JZ 1968, 183, 185) sowie die Vereinbarung, daß der Vermieter bei Vertragsende ein vom Mieter errichtetes Gebäude gegen eine Entschädigung übernehmen muß, weil es sich hierbei um typische, mietrechtliche Abreden handelt ( S Ö L L N E R J Z 1969, 634 f). 80 dd) Umstritten ist schließlich noch die Rechtslage hinsichtlich des Wegnahmerechts. Da aber dieses erst mit Beendigung des Mietvertrages fällig wird, muß man hier annehmen, daß es sich auch gegen den Erwerber richtet, selbst wenn die Einrichtungen noch vor Eigentumsübergang mit dem Grundstück verbunden worden sind (s § 547 a Rz 17, § 558 Rz 26 m Nachw; LG München ZMR 1962, 198 f; aM insbes BGH LM Nr 8 zu § 558 BGB; OLG Hamburg ZMR 1957, 6, 7).
VIII. Abweichende Vereinbarungen 81 1. § 571 ist nicht zwingend, auch nicht bei der Wohnraummiete, so daß abweichende Vereinbarungen an sich möglich sind (RG BayZ 1926,190; RG Urt v 1. 2. 1929 - III 84/25; MITTELSTEIN 650 f, 668 ff; N I E N D O R F F 299 ff; P E R G A N D E N J W 1970, 1171; P A L A N D T - P U T Z O § 571 Anm 1 d; anders für die Wohnraummiete BGB-RGRK* RGZ 103, 349, 351; RG Gruchot Bd 58 (1914) 945, 946; KG OLGE 13, 379 ff; BGHZ 55, 71, 7 3 ff; L G H a g e n N J W 1 9 6 0 , 1 4 6 8 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 1 R z 2 5 ; DERLEDER, in: A K § 5 7 1 R z 8; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 4 b ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 3 4 ; STERNEL RZ I 71.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(774)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 82-85
G E L H A A R § 5 7 1 Rz 1 ) . Aus der Tatsache, daß hier stets nicht nur zwei, sondern drei Personen beteiligt sind, ergeben sich jedoch enge Schranken für solche abweichenden Vereinbarungen.
Sicher ist, daß Vermieter, Erwerber und Mieter zusammen stets etwas anderes 82 vereinbaren können, zB daß der Vermieter möblierter Zimmer auch nach Veräußerung des Grundstücks Vermieter bleibt. Der Mietvertrag dürfte sich dadurch idR in einen Untermietvertrag umwandeln (RG BayZ 1926,190; KG O L G E 45,149 = JW 1925, 2266, 2267 Nr 1 m Anm R U T H ; E R M A N - S C H O P P § 571 Rz 1). Abzulehnen ist jedoch die Meinung, bei der Vermietung möblierter Zimmer sei iZw von einer solchen Abbedingung des § 571 auszugehen (so R G und KG aaO; zust BGBR G R K - G E L H A A R § 571 Rz 1), schon weil es hier stets an der unerläßlichen Mitwirkung des Erwerbers fehlt (wie hier D E R L E D E R , in: AK § 571 Rz 2). Die Parteien können auch vereinbaren, daß der Mietvertrag im Falle der Veräuße- 82a rang enden soll. Der Vertrag ist dann durch die Veräußerung auflösend bedingt. Wegen § 565 a Abs 2 kann jedoch bei Wohnraummietverhältnissen heute durch eine solche Klausel der Eintritt des Erwerbers in den Vertrag nicht mehr verhindert werden. Wegen § 557 a Abs 2 kann der Wohnraummieter auch nicht im Mietvertrag im voraus zugunsten des späteren Erwerbers auf die Rückzahlung eines Baukostenzuschusses verzichten ( B G H Z 53, 35, 39 ff). Ebensowenig ist es möglich, durch zweiseitige Abreden die Rechte Dritter zu 83 beeinträchtigen. So können Vermieter und Mieter nicht durch den Mietvertrag den Eintritt des Erwerbers ausschließen; ebensowenig können Vermieter und Erwerber durch einen Vertrag zwischen ihnen den Übergang des Mietverhältnisses zum Nachteil des Mieters verhindern ( R O Q U E T T E § 571 R Z 43). Möglich ist hingegen bei der reinen Grundstücksmiete und bei der Geschäftsraummiete, dem Vermieter oder dem Erwerber für den Fall der Veräußerung ein zusätzliches, besonderes Kündigungsrecht einzuräumen. In Verbindung mit einer Entschädigung für den Mieter waren gerade diese Abreden früher sehr verbreitet. 2. Alle genannten Einschränkungen oder Abänderungen des § 571 sind jedoch nur 83a durch Individualvereinbarung möglich. Durch Formularverträge kann der mit § 571 intendierte, umfassende Mieterschutz in keiner Weise eingeschränkt werden (§§ 9 Abs 2, 24 A G B G ) .
IX. Die Stellung des Vermieters
84
Durch den Eigentumsübergang scheidet der Vermieter aus dem Mietverhältnis aus. Dadurch wird die Gefahr begründet, daß dem Mieter ohne seine Mitwirkung anstelle eines zahlungsfähigen Vertragspartners ein zahlungsunfähiger Vermieter in Person des Erwerbers aufgedrängt wird. Um den Mieter hiergegen zu schützen, bestimmt § 5 7 1 Abs 2 S 1, daß der Vermieter für Schadensersatzpflichten des Erwerbers wie ein selbstschuldnerischer Bürge haftet (Prot II 143; B G H Z 51, 273, 274). Der Vermieter kann sich jedoch auf dem in § 571 Abs 2 S 2 bezeichneten Weg für die Zukunft von dieser Haftung befreien.
1. Haftung
85
a) Da der Vermieter aus dem Mietverhältnis ausscheidet, kann der Mieter von ihm keine Erfüllung mehr verlangen; der Erfttllungsanspruch richtet sich nach dem Eigentumsübergang vielmehr ausschließlich gegen den Erwerber ( R G Z 102, 177, 178; B G H Z 5 1 , 2 7 3 , 2 7 4 f m Anm S Ö L L N E R J Z 1 9 6 9 , 634 f; B G B - R G R K - G E L H A A R (775)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§571 86-88
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
§ 5 7 1 Rz 2 8 ; DERLEDER, in: AK § 5 7 1 Rz 8; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 Anm 5 b). Aber schon begründete Ersatzansprüche des Mieters gegen den Vermieter bleiben bestehen (s oben Rz 71).
86 Außerdem haftet der Vermieter aufgrund des mit ihm abgeschlossenen Mietvertrages dafür, daß dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch während der gesamten vereinbarten Dauer überlassen wird, sowie dafür, daß eine anrechenbare Mietvorauszahlung tatsächlich während der ganzen Vertragsdauer auf den Mietzins verrechnet werden kann. Denn der Erwerber tritt nach § 571 Abs 1 nur in diejenigen Vermieterpflichten ein, die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Vertrag ergeben; unberührt bleibt maW die Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter das Gebrauchsrecht während der ganzen, vertraglich vorgesehenen Zeitspanne zu verschaffen. Diese Vermieterpflicht geht nicht nach § 571 auf den Erwerber über (grdleg RG WarnR 1916 Nr 101 S 155, 156 f). 86a Der Vermieter ist deshalb dem Mieter nach § 325 zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm die Erfüllung dieser Pflichten dadurch unmöglich wird, daß das Grundstück zur Zwangsversteigerung kommt und der Ersteher den Vertrag nach § 57 a ZVG (§ 21 Abs 4 KO) kündigt. Dies hat nichts mit § 571 Abs 2 zu tun, sondern folgt daraus, daß hier der Vermieter sich selbst nachträglich die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gemacht hat.* Der Vermieter haftet selbst dann, wenn der Mieter oder Pächter das Grundstück in der Zwangsversteigerung selbst ersteht, um Schaden von sich abzuwenden (RG HRR 1933 Nr 1312). Der Vermieter wird hingegen frei, wenn er schon vor der Zwangsversteigerung bzw vor der Veräußerung durch den Konkursverwalter (§ 21 Abs 4 KO) selbst wirksam den Vertrag gekündigt hatte (KG JW 1936, 330 Nr 19). Diese Haftung gilt auch nur für das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter, nicht jedoch für das Verhältnis zwischen Mieter und Untermieter, weil der Mieter (und Untervermieter) nicht für die Leistungsfähigkeit des Vermieters einzustehen braucht (so jedenfalls R G Z 65, 29, 32 f; sehr zweifelhaft). 87 b) Der Vermieter haftet außerdem wie ein selbstschuldnerischer Bürge, dh als Gesamtschuldner neben dem Erwerber (§ 773 Abs 1 Nr 1), wenn der Erwerber die auf ihn übergegangenen Verpflichtungen gegenüber dem Mieter nicht erfüllt und diesem deshalb zum Schadensersatz verpflichtet ist. Dadurch wird verhindert, daß der Mieter auf einmal einem vermögenslosen oder zahlungsunwilligen Vermieter gegenübersteht. Dasselbe gilt entsprechend, wenn der Erwerber schon kraft Gesetzes, zB aufgrund des § 547, oder aufgrund des Vertrages, zB als Entschädigung für eine vorzeitige Kündigung, zu einer Geldleistung verpflichtet ist (BGHZ 51, 273, 274 f), jedenfalls wenn sich der Geldleistungsanspruch durch Fristsetzung in einen Ersatzanspruch verwandelt hat (SÖLLNER Anm JZ 1969, 634, 635). Es muß sich jedoch stets um vertragliche Ersatzansprüche des Mieters gegen den Erwerber handeln. Für Deliktsansprüche des Mieters gegen den Erwerber haftet der Vermieter nicht (ROQUETTE § 571 Rz 37). 88 c) Im Falle der Weiterveräußerung des Grundstücks durch den Erwerber haftet nach § 579 S 2 der Vermieter dem Mieter ebenfalls für die Nichterfüllung der dem zweiten Erwerber obliegenden Pflichten wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Das gilt jedoch nicht, wenn der Vermieter in der Zwischenzeit sich schon nach § 571 Abs 2 S 2 von * S schon oben Vorbem 12 zu § 537 sowie RGZ 63,66,68; RG Gruchot 60 (1916) 583; WarnR 1916 Nr 101 S 155, 156 f; HRR 1933 Nr 1312; KG JW 1936, 330 Nr 19 = HRR 1936 Nr 9; OLG Hamburg OLGE 16,427; BGH WM 1959,120; 1960,1125,1128; LM Nr 33 zu § 535 BGB B12; BGB-RGRK-GELHAAR § 571 Rz 29 F; PALANDT-PUTZO § 571 Anm 2 b und 5 c; aM nur früher KG OLGE 11, 145, 146 f.
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(776)
3. Titel. Miete. Pacht
§571 89-94
der bürgenähnlichen Haftung befreit hatte. In diesem Falle muß man annehmen, daß dann den ersten Erwerber die bürgenähnliche Haftung des Vermieters trifft (§ 579 Rz 7 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 I I 2 ; LEONHARD B 1 6 9 ; WINDSCHEID-KIPP 7 3 7 ; a M MITTELSTEIN 7 1 1 ; NIENDORFF 3 2 6 f ; H A N S § 5 7 9 A n m B 2 b ) .
2. Befreiung
89
Nach § 571 Abs 2 S 2 wird der Vermieter von seiner bürgenähnlichen Haftung befreit, wenn der Mieter von dem Eigentumsübergang durch eine Mitteilung des Vermieters Kenntnis erlangt und daraufhin nicht das Mietverhältnis für den ersten zulässigen Termin kündigt (s MITTELSTEIN 696 ff; NIENDORFF 320 ff; SOLLNER Anm JZ 1969, 634 f). a) Erste Voraussetzung der Haftungsbefreiung ist, daß der Mieter gerade durch eine 90 Mitteilung des Vermieters und nicht auf sonstige Weise Kenntnis von dem Eigentumsübergang erhält. Diese Mitteilung ist eine geschäftsähnliche Handlung, die keinen Rechtsfolgewillen voraussetzt und auch keinen Hinweis auf ihre Rechtsfolgen enthalten muß; die Vorschriften über die Vertretung sind jedoch auf sie entsprechend anwendbar, so daß die Mitteilung auch durch Übersendung eines Schriftsatzes von einem Rechtsanwalt an einen anderen Rechtsanwalt erfolgen kann (BGHZ 45, 11, 12 ff); besondere Anforderungen an Inhalt und Form der Mitteilung dürfen nicht gestellt werden (SÖLLNER JZ 1969, 634 f). Die Mitteilung kann jedoch erst nach Eigentumsübergang erfolgen. Möglich ist natürlich auch, daß der Vermieter den Erwerber damit beauftragt, für ihn dem Mieter den Eigentumswechsel mitzuteilen; eine Frist für die Mitteilung besteht nicht (MITTELSTEIN 697). b) Nach der Mitteilung muß sich der Mieter entscheiden, ob er das Mietverhältnis 91 zum nächsten, zulässigen, ordentlichen Kündigungstermin kündigen will oder nicht. § 5 7 1 Abs 2 S 2 begründet kein zusätzliches Kündigungsrecht des Mieters, sondern geht von der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit mit gesetzlicher Frist aus, so daß eine Haftungsbefreiung des Vermieters ausscheidet, wenn der Mietvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen ist, so daß er nicht ordentlich mit gesetzlicher Frist gekündigt werden kann. Sind die Kündigungsfristen für Mieter und Vermieter unterschiedlich, so ist von den Kündigungsfristen für den Mieter auszugehen. c) Kündigt der Mieter gegenüber dem Erwerber (s WINDSCHEID-KIPP 734), so hat 92 dies nicht etwa die Folge, daß rückwirkend die bürgenähnliche Haftung des Vermieters entfiele; sie bleibt im Gegenteil bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, dh bis zur Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. d) Nicht anders ist im Ergebnis die Rechtslage, wenn der Mieter trotz der Mitteilung 93 von einer Kündigung absieht. Denn auch dann erlischt nach durchaus herrschender und zutreffender Meinung die bürgenähnliche Haftung des Vermieters erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter frühestens ordentlich zu kündigen in der Lage war (MITTELSTEIN 6 9 8 ; SOERGEL-KUMMER § 5 7 1 R z 4 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 1 A n m 5 Abs 2 ; ROQUETTE § 5 7 1 Rz 4 0 ; DERLEDER, in: AK § 5 7 1 Rz 9 ; anders offenbar NIENDORFF 3 2 1 ) . Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde der
Mieter nach Empfang der Mitteilung seitens des Vermieters kündigen sollte: Immer haftet ihm der Vermieter bis zum ersten, möglichen, ordentlichen Kündigungstermin, nicht jedoch über diesen Zeitpunkt hinaus. e) Im Einzelfall kann die Berufung des Vermieters auf § 571 Abs 2 S 2 treuwidrig 94 sein. So namentlich dann, wenn der Mieter durch die Kündigung Entschädigungsansprüche aufgrund des Vertrages verlöre; denn dann kann der Vermieter von ihm nach Treu und Glauben keine Kündigung verlangen (SÖLLNER JZ 1969, 634 f). Der (777)
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§§ 571, 5 7 2 95-98
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältmsse
Vermieter wird auch nicht befreit, wenn der Mieter nach Eigentumsübergang eine Option auf Verlängerung des Vertrages für eine bestimmte Zeit ausübt, weil dann der Vertrag für eine bestimmte Zeit fortläuft und daher nicht ordentlich gekündigt werden kann (NIENDORFF 3 2 1 ) . Die bürgenähnliche Haftung des Vermieters erlischt jedoch stets notwendigerweise, sobald der Mieter mit dem Erwerber einen neuen Mietvertrag abschließt (ERMAN-SCHOPP § 5 7 1 Rz 1 5 ) . 95 f) Beruht der Eigentumsübergang auf einem Vermächtnis, so trifft die bürgenähnliche Haftung anstelle des Vermieters dessen Erben. Und wenn der Vermieter nur einen ideellen Anteil an dem Grundstück veräußert, so kann infolge der dann eintretenden, gesamtschuldnerischen Haftung der verschiedenen Vermieter überhaupt keine Befreiung des Vermieters hinsichtlich des veräußerten Teils eintreten.
96 3. Abweichende Vereinbarungen Auch § 571 Abs 2 ist nicht zwingend, so daß schon im voraus dem Vermieter die bürgenähnliche Haftung im Mietvertrag erlassen werden kann. Die Haftung entfällt auch dann, wenn sie der Erwerber mit Genehmigung des Mieters übernimmt (NIENDORFF 320). Ebenso, wenn der Mieter mit dem Erwerber einen neuen Mietvertrag abschließt. Auch eine Vereinbarung des Mieters mit dem Erwerber über die Verlängerung des Mietverhältnisses dürfte idR die Bedeutung haben, daß damit der Vermieter aus seiner Haftung entlassen wird (MITTELSTEIN 699). In AGB und Formularverträgen kann hingegen nicht zum Nachteil des Mieters von § 571 abgewichen werden (§ 9 Abs 2 Nr 1 AGBG; DERLEDER, in: AK § 571 Rz 2).
X. Prozessuales 97 1. Bei Mietprozessen gilt das vermietete Grundstück als in Streit befangene Sache iS der §§ 265 und 325 ZPO. Eine Veräußerung des vermieteten Grundstücks während des Mietprozesses hat deshalb auf den Prozeß keinen Einfluß (§ 325 ZPO); das rechtskräftige Urteil wirkt auch gegen den Erwerber (§ 325 ZPO; R G Z 55,293,294; 102,177, 179 ff; B G H WM 1965, 680; B G B - R G R K - G E L H A A R § 571 Rz 33; HANS § 571 Anm B 7). Hingegen ist der Ersteher eines Grundstückes, das nach vorausgegangener Zwangsverwaltung zwangsversteigert wird, kein Rechtsnachfolger des früheren Zwangsverwalters (BGH LM Nr 2 zu § 265 ZPO = ZMR 1954, 172). 98 2. Die Voraussetzungen für den Eintritt des Grundstückserwerbers in das Mietverhältnis muß stets derjenige beweisen, der sich auf den Eintritt des Erwerbers beruft.
§572 Hat der Mieter des veräußerten Grundstücks dem Vermieter für die Erfüllung seiner Verpflichtungen Sicherheit geleistet, so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte ein. Zur Rückgewähr der Sicherheit ist er nur verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt wird oder wenn er dem Vermieter gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernimmt. E II § 564; III § 565; Prot II 260 ff.
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(778)
3. Titel. Miete. Pacht
§572 1-4
Schrifttum BRÜNNECK, Wie gestalten sich die Rechte und Verpflichtungen aus der vom Mieter oder Pächter bestellten Sicherheit nach Veräußerung des vermieteten oder verpachteten Grundstücks? Gruchot 47 (1903) 288 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 678 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 312 f; NISSEN, Ein Beitrag zu § 572 BGB, JW 1904, 545; PATZER, Kaution und Mietvorauszahlung bei Zwangsversteigerung und Konkurs des Vermieters, DWW 1975,157; RODDING, Die Barkaution im Miet- und Pachtrecht, BB 1 9 6 8 , 9 3 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK, M i e t r e c h t ( 9 . A u f l 1 9 8 0 ) , s v K a u t i o n ; SCHOPP, D i e K a u t i o n
in der Geschäftsraummiete und -pacht, ZMR 1969,1 ; STERNEL Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz II 121, V 141 ff (S 97,725); STÜCKMANN, Die Barkaution nach Übertragung des Eigentums, ZMR 1972, 328; WEIMAR, Rechtsfragen zur Mietkaution, Betrieb 1976, 1212.
1. Eintritt in den Leistungsanspruch des Vermieters
1
a) Vor allem bei der Pacht, immer häufiger aber auch bei der Miete, kommt es vor, daß sich der Vermieter von dem Mieter eine Sicherheit leisten läßt. Die Sicherheitsleistung kann nach § 232 Abs 1 bewirkt werden durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, durch Verpfändung bestimmter Forderungen gegen den Staat oder von beweglichen Sachen, durch Bestellung von Hypotheken sowie durch die Verpfändung von Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden. Daneben kommt auch die Bürgschaft eines Dritten in Betracht (§ 232 Abs 2; RG WarnR 1913 Nr 286 S 337 f ; KG OLGE 25,20,21). Die weiteste Verbreitung hat jedoch heute in der Praxis die sog Barkaution erlangt, die der Mieter bei Vertragsbeginn an den Vermieter zu dessen freier Verfügung zahlen muß (s dazu im einzelnen Vorbem 137 ff zu §§ 535, 536). Der Anspruch des Vermieters auf Leistung der Sicherheit geht bei Veräußerung des 2 Grundstücks nach § 571 als Teil der Vermieterrechte auf den Erwerber über (AG Köln WuM 1981, 18; MITTELSTEIN 678 f). Hat der Mieter bei Eigentumsübergang die Sicherheit noch nicht geleistet, so kann folglich (nur) der Erwerber jetzt deren Leistung von ihm verlangen, selbst wenn dem Vermieter noch offene Ansprüche gegen den Mieter zustehen (s § 571 Rz 55). Zur Rückgewähr der Sicherheit ist in diesem Fall auch der Erwerber erst nach Beendigung des Vertrags verpflichtet, sobald feststeht, daß er keine Ansprüche gegen den Mieter mehr hat (s Vorbem 138 zu §§ 535,536 m Nachw). Schon während des Vertrags kann jedoch der Erwerber, ohne freilich hierzu verpflichtet zu sein, die vom Mieter geleistete Sicherheit zur Befriedigung offener Ansprüche verwerten. Im Zweifel ist der Mieter dann zur Auffüllung der in Anspruch genommenen Sicherheit verpflichtet (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB). b) Mit § 572 hat dies alles nichts zu tun; er regelt vielmehr aus Klarstellungsgründen 3 allein die Rechtslage hinsichtlich einer schon geleisteten Sicherheit. Diese Regelung war notwendig geworden, nachdem das Gesetz in § 571 die sog preußische Zessionslösung abgelehnt hatte, so daß auch für die Anwendung des § 404 kein Raum mehr war (vgl LG Stuttgart NJW 1977, 1885, 1886). 2. Eintritt in die Vermieterrechte nach Sicherheitsleistung a) Hat der Mieter die Sicherheit schon geleistet, zB die Kaution schon vor Eigentumsübergang an den Vermieter gezahlt, so tritt nach § 572 S 1 der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte des Vermieters ein. Welche Rechte dies sind, richtet sich ganz nach der Art der bestellten Sicherheit. Hat der Mieter einen Bürgen gestellt, so tritt ohne weiteres der Erwerber anstelle des Vermieters in die Rechte gegen den Bürgen aus der Bürgschaft ein (RG WarnR 1913 Nr 286 S 337, 338; KG OLGE 25, 20, 21). Im Falle einer Sichelungsübereignung wird der Erwerber automatisch kraft Gesetzes Eigentümer der zur Sicherheit übereigneten Sache; im Falle der Verpfän(779)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
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§572 5-10
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
dung von Sachen oder Forderungen tritt der Erwerber im Augenblick des Eigentumsübergangs am Grundstück in die Rechte des Pfandgläubigers ein (zB R O Q U E T T E § 5 7 2 R z l 3 f f ; aM nur H A N S § 572 Anm B 3 a). Nur wenn der Mieter dem Vermieter eine Barkaution zur freien Verfügung geleistet hatte, erwirbt der Grundstückserwerber lediglich einen Anspruch auf Auszahlung des vom Mieter geleisteten Betrages (RGZ 53,247,249; RG JW1905, 80 Nr 18 = Gruchot 49,908,909; OLG Hamburg MDR 1970, 1015 Nr 57; ROQUETTE § 572 Rz 16), und zwar nebst Zinsen (AG Pinneberg WuM 1981, 21). Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, ob die Sicherheit vom Mieter oder von einem Dritten geleistet worden ist (OLG Königsberg OLGE 23, 40). 5 b) Soweit der Erwerber Eigentümer wird, kann er nach § 985 Herausgabe der Sicherheit verlangen, wobei für Urkunden wie Sparbücher usw § 952 zu beachten ist. Wird er Pfandgläubiger, so ergibt sich der Herausgabeanspruch aus § 1251 Abs 1. Daneben kommen immer auch vertragliche Ansprüche gegen den Vermieter in Betracht (RGZ 53,247,249; RG Gruchot 49 [1905] 908,909; OLG Hamburg MDR 1970,1015 Nr 57; B G B - R G R K - G E L H A A R § 572 Rz 1). Im einzelnen richtet sich die Art der Herausgabe der Sicherheit stets ganz nach der Art der Sicherheit. Einen Anspruch auf erneute Leistung der Sicherheit gegen den Mieter hat der Erwerber dann jedoch nicht mehr. Anders nur im Ausnahmefall des § 240 sowie dann, wenn der Erwerber selbst die Sicherheit zur Befriedigung wegen eigener, offener Ansprüche gegen den Mieter in Anspruch genommen hat (oben Rz 2). 6 Selbst wenn der Erwerber von dem Vermieter die Sicherheit nicht mehr erlangen kann, weil diesem die Herausgabe unmöglich geworden ist, entsteht kein Anspruch auf erneute Leistung der Sicherheit gegen den Mieter. 7 c) Der Vermieter kann die Herausgabe der Sicherheit nur verweigern, wenn er noch eigene, offene Ansprüche gegen den Mieter hat und sich deretwegen aus der Sicherheit befriedigen will ( M I T T E L S T E I N 680; vgl auch RG Gruchot 49,908,910). In diesem Fall steht dem Erwerber im Zweifel ein Anspruch auf Wiederauffüllung der Sicherheit gegen den Mieter zu ( S T E R N E L R Z V 142). 8 d) Bei einer Barkaution ist der Vermieter im Zweifel zur Verzinsung des geleisteten Betrages verpflichtet (s Vorbem 139 zu §§ 535, 536). In diese Zinspflicht tritt der Erwerber unbedingt aufgrund des § 571 Abs 2 ein (RGZ 53, 247, 252; RG Gruchot 49, 908, 909 = JW 1905, 80 Nr 18). 9 e) Der Mieter hat natürlich ein großes Interesse daran, daß der Vermieter dem Erwerber die Sicherheit aushändigt, da § 572 S 2 hiervon die Verpflichtung des Erwerbers zur Rückgewähr der Sicherheitsleistung abhängig macht. Im Anschluß an die Prot (I 262) folgert die hM hieraus, daß der Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter aufgrund des Mietvertrages auf Aushändigung der geleisteten Sicherheit an den Erwerber hat.* Auch in diesem Fall trifft den Erwerber jedoch keine Pflicht zur Übernahme der Sicherheit, so daß der Mieteranspruch auf Aushändigung der Sicherheit nur bedeutsam ist, wenn der Erwerber Interesse an der Sicherheit hat. 10 3. Rückgewähranspruch des Mieters Ein Anspruch auf Rückgewähr der geleisteten Sicherheit besteht erst nach Vertragsende, wenn sich aufgrund einer vom Vermieter beschleunigt durchzuführenden Abrechnung ergibt, daß der Vermieter keine Ansprüche gegen den Mieter mehr hat * BGB-RGRK-GELHAAR
§
572
Rz
1
Abs
2;
ENNECCERUS-LEHMANN
§
133
II
1
Fn
12;
E R M A N - S C H O P P § 5 7 2 R z 1 ; MITTELSTEIN 6 8 0 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 7 2 A n m 1 c ; R O Q U E T T E § 5 7 2
Rz 20; STERNEL Rz I I 121, V142; SCHOPP Z M R 1969,1,8; offen gelassen in R G Z 53,247,251 ; aM Voraufl Rz 9 im Anschluß an S T Ü C K M A N N Z M R 1972, 328.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(780)
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
§572 10 a - 1 3
(s Vorbem 138 zu §§ 535, 536). Folglich kann der Mieter bei Veräußerung des Grundstücks nicht Rückgewähr der schon geleisteten Sicherheit von dem Vermieter verlangen, da der Mietvertrag mit dem Erwerber fortgesetzt wird (RGZ 53, 247, 248 f). Gleichwohl ist nicht zu verkennen, daß sich durch die Veräußerung des Grundstücks und den Eintritt des Erwerbers die Position des Mieters erheblich verschlechtern kann, da die Gefahr besteht, daß ihm gegen seinen Willen ein neuer Schuldner aufgedrängt wird. Das BGB hat einen Ausgleich dieser widerstreitenden Interessen dadurch versucht, 10a daß es den Erwerber nur dann zur Rückgewähr der Sicherheit verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt wird oder wenn der Erwerber dem Vermieter gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernommen hat (s Prot II 262). Gedacht war dabei in erster Linie an den vor allem bei der Landpacht häufigen Fall, daß die Sicherheit in Geld oder Wertpapieren besteht (RG WarnR 1913 Nr 286 S 337,338). Im einzelnen sind folgende Fälle zu unterscheiden: a) Wenn der Vermieter die Sicherheit behalten hat, trifft den Erwerber keine 11 Rückgewährpflicht. Der Mieter muß sich ausschließlich an den Vermieter halten, es sei denn, der Erwerber habe zusätzlich nach den §§ 414 oder 415 die Rückgewährpflicht des Vermieters übernommen oder sich für deren Erfüllung verbürgt. Besonderheiten gelten insoweit nicht. Hervorzuheben ist nur, daß der Vermieter in diesem Fall die Rückgewähr der Sicherheit auch wegen noch offener Ansprüche des Erwerbers verweigern kann (SOERGEL-KUMMER § 5 7 2 Rz 7 ; OLG Stettin OLGE 2 0 , 119, 120).
b) Nach § 572 S 2 trifft die Rückgewährpflicht hingegen den Erwerber, wenn ihm die 12 vom Mieter geleistete Sicherheit vom Vermieter ausgehändigt worden ist. Die Art der Aushändigung richtet sich hier nach der Art der Sicherheit. Es genügt, wenn der Erwerber in irgendeiner Form über die Sicherheit verfügen kann (STERNEL R Z V142). Geld und Wertpapiere sind daher an den Erwerber herauszugeben (RG WarnR 1913 Nr 286 S 337, 338). Dasselbe gilt für sonstige Sachen, die dem Vermieter verpfändet oder zur Sicherheit übereignet sind. Hingegen ist eine Kaution an den Erwerber auszuzahlen. Gleichstehen muß bei den anderen Formen der Sicherheitsleistung der Eintritt des Erwerbers kraft Gesetzes in die Position des Berechtigten, zB als Gläubiger einer Bürgschaft oder einer verpfändeten Hypothek oder Grundschuld oder als Inhaber einer zur Sicherheit abgetretenen Forderung (so mit Recht ROQUETTE § 572 Rz 19). Eine Aushändigung iS des § 572 S 2 ist darüber hinaus bei einer Barkaution auch anzunehmen, wenn der Erwerber mit seinem Anspruch auf Auszahlung der Kaution gegen den Kaufpreisanspruch des Veräußerers aufrechnet oder wenn vertragsmäßig beide Ansprüche miteinander verrechnet werden (STÜCKMANN Z M R 1 9 7 2 , 3 2 8 ; STERNEL R Z V 1 4 2 ; RODDING B B 1 9 6 8 , 9 3 4 , 9 3 7 ; SCHOPP Z M R 1 9 6 9 , 1, 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 2 A n m 1 b ) .
Lebhaft umstritten ist die Frage, ob nach Aushändigung der geleisteten Sicherheit an 13 den Erwerber der Veräußerer für die Rückgewähr der Sicherheitsleistung forthaftet. Da § 571 Abs 2 auf diesen Fall nicht anwendbar ist, neigt die Praxis dazu, von der generellen Forthaftung des Veräußerers auszugehen (RG JW 1905, 80 Nr 18 = Gruchot 49, 908, 910; OLG Stettin OLGE 20, 119, 120). Im Schrifttum wird hingegen unter im einzelnen umstrittenen Voraussetzungen häufig eine Befreiung des Vermieters von seiner Rückgewährpflicht angenommen, wobei einschränkend teilweise auch § 1251 Abs 2 S 2 in Verbindung mit § 571 Abs 2 angewandt wird, so daß der Vermieter wenigstens für eine Übergangszeit bürgenähnlich forthaftet.* Mit * B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 2 R z 2 ; MITTELSTEIN 6 8 1 f ; N I E N D O R F F 3 1 3 ; PATZER D W W
1975,
1 5 7 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 7 2 A n m 1 c ; R O D D I N G B B 1 9 6 8 , 9 3 4 ; S C H O P P Z M R 1 9 6 9 , 1 ; STUCKMANN ZMR (781)
1972, 328, 330 f.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§572 14-18
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
der Praxis ist jedoch im Interesse eines umfassenden Mieterschutzes von der unbedingten Forthaftung des Vermieters auszugehen (zust DERLEDER, in: AK § 572 Rz 1). Die Haftung des Vermieters entfällt also nur, wenn der Mieter mit dem Erwerber eine erneute Sicherheitsleistung vereinbart sowie wenn der Mieter dem Vermieter die Rückgewährschuld erläßt. 14 c) Nach § 572 S 2 ist der Erwerber außerdem zur Rückgewähr der Sicherheit verpflichtet, wenn er dem Vermieter gegenüber in dem der Veräußerung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft die Verpflichtung zur Rückgewähr der Sicherheitsleistung übernommen hat. Es handelt sich hierbei um einen Fall der Schuldübernahme, der abweichend von § 4 1 5 nicht der Genehmigung des Mieters bedarf (aM NIENDORFF 3 1 3 ; HANS § 5 7 2 Anm B 4 ) . Da der Mieter an dieser Schuldübernahme nicht beteiligt ist, ist hier ebenso wie bei der Aushändigung der Sicherheitsleistung von der Forthaftung des Vermieters auszugehen. 15 d) Im Falle des Konkurses des Vermieters bleibt der Mietvertrag nach § 21 Abs 1KO wirksam. § 572 ist nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar, so daß bei Beendigung des Mietverhältnisses während des Konkurses der Konkursverwalter zur Rückgewähr der schon geleisteten Sicherheit verpflichtet ist. Es handelt sich hierbei um eine Masseschuld (PATZER DWW 1975, 157). Hingegen ist § 572 anwendbar, wenn der Konkursverwalter das Grundstück veräußert (§ 21 Abs 4 KO; § 57 ZVG; PATZER DWW 1975, 157). 16 e) Umstritten ist die Anwendbarkeit des § 572 auf das Verhältnis des Mieters zum Zwangsverwalter (offen gelassen von BGH WM 1978,1326,1327; dafür LG Berlin NJW 1978, 1633; AG Köln WuM 1977, 261; dagegen offenbar LG Stuttgart NJW 1977,1885 f). Jedenfalls kann der Mieter gegen den Anspruch des Zwangsverwalters auf Zahlung rückständiger Mietzinsen auch nach Kündigung mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 392, 1125 aufrechnen (BGH WM 1978, 1326; ebenso im Ergebnis LG Berlin NJW 1978, 1633). Unbeschränkt möglich ist auch danach jedoch die Aufrechnung gegen den Schadensersatzanspruch des Zwangsverwalters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen (LG Stuttgart NJW 1977, 1885 f). Kommt das Grundstück zur Zwangsversteigerung und legt der Erwerber keinen Wert auf die Sicherheit, so ist außerdem auch die Aufrechnung gegen den Anspruch des Vermieters auf Zahlung rückständiger Mietzinsen möglich (AG Köln WuM 1979, 259).
17 4. Abweichende Vereinbarungen § 572 ist nicht zwingend, so daß abweichende Vereinbarungen möglich sind (HANS § 572 Anm B 5). Jedoch versteht es sich von selbst, daß Vermieter und Erwerber nicht durch Abreden untereinander entgegen § 572 S 2 bei Aushändigung der geleisteten Sicherheit an den Erwerber dessen Haftung für den Rückgewähranspruch des Mieters ausschließen können. Ebensowenig wird man eine Abweichung von § 572 zum Nachteil des Mieters in AGB und Formularverträgen zulassen können (§ 9 Abs 2 Nr 1 AGBG).
18 5. Beweislast Wenn der Erwerber vom Mieter Leistung der Sicherheit verlangt, muß er behaupten und ggf beweisen, daß der Mieter aufgrund des Mietvertrages zur Leistung einer Sicherheit verpflichtet ist. Hingegen ist es Sache des Mieters, die bereits erfolgte Leistung der Sicherheit zu beweisen. Gelingt dem Mieter dieser Beweis, so muß der Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(782)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 572, 573 19
Erwerber behaupten und beweisen, daß der Vermieter die schon geleistete Sicherheit für eigene, noch offene Ansprüche in Anspruch genommen hat. Verlangt der Mieter von dem Erwerber Rückgewähr der geleisteten Sicherheit, so 19 trifft ihn die Beweislast für die Voraussetzungen des § 572 S 2. §573 Hat der Vermieter vor dem Übergang des Eigentums über den Mietzins, der auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfällt, verfügt, so ist die Verfügung insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins für den zur Zeit des Übergangs des Eigentums laufenden Kalendermonat bezieht; geht das Eigentum nach dem fünfzehnten Tage des Monats über, so ist die Verfügung auch insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins für den folgenden Kalendermonat bezieht. Eine Verfügung über den Mietzins für eine spätere Zeit muß der Erwerber gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur Zeit des Überganges des Eigentums kennt. E l l § 565; III § 566; Reichsgesetz vom 8. 6. 1915, RGBl 1915,327; Notverordnung vom 8. 12. 1931 (RGBl 1699,710) Teil V § 12; Verordnung vom 26. 5. 1933 (RGBl 1302) mit späteren Änderungen; Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 5. 3. 1953 (BGBl I 33) Teil 1 Art II Nr 2 und 3; Prot II 144 ff.
Schrifttum Das Gesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen vom 8. 6. 1915,SächsArch 1915,381; H A G E L B E R G , Z U A r t 4 d e s Gesetzes zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen (Teil B), JW 1915, 1052; H A L L B A U E R , Die Verfügungsbeschränkung bei Pacht- und Mietzinsen, JW 1915, 880, 1111, 1160; M I T T E L S T E I N , Das Gesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsen, DJZ 1915, 656; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 682 ff; N I E N D O R F F , Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 315 ff; P A T Z E R , Kaution und Mietvorauszahlung bei Zwangsversteigerung und Konkurs des Vermieters, DWW 1975,157; R E I N H A R D , Das Reichsgesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen, ZB1FG 16 (1915/16) 185; S T E I N E R - R I E D E L , Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Bd II (8. Aufl 1975); S T E R N E L , Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz V 113 ff ( S 712); S T I L L S C H W E I G , Das Gesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen, unter bes Berücksichtigung des Übergangsrechtes, JW 1915, 619, 820, 1051, 1052; Z E L L E R , ZVG (10. Aufl 1979). HACKENBERGER,
Systematische Übersicht I. Entstehungsgeschichte und Zweck 1 II. Anwendungsbereich 1. Das Verhältnis der §§ 573-575 zueinander 2 2. Entsprechende Anwendung 3 a) Nießbrauch usw 3 b) Zwangsvollstreckung 4 aa) Zwangsversteigerung 4 a bb) Zwangsverwaltung 5 cc) Konkurs 5 d ee) Teilungsversteigerung 5 f
2. Vertragsänderungen 8 3. Zeitpunkt 12 4. Ausnahmen 13 IV. Wirksamkeit 16 1. Regelfall 17 2. Umgehungsgeschäfte 20 3. Ausnahmen 21 4. Kenntnis des Erwerbers 22 V. Haftung des Vermieters 25 VI. Abweichende Vereinbarungen 27
i n . Vorausfügungen 6 1. Begriff 6 (783)
VII. Beweislast 31
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§573 1
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 27 ff Anwendungsbereich 2 ff - Abtretung 2, 6, 7 - Aufrechnung 2, 7 - einseitige Verfügungen 2, 6, 11 - Konkurs 5 d f - Nacherbfolge 3 - Nießbrauch 3, 14, 18 - Pfändung 4 c, 5 b, 7 a, 14, 18 - Pfändung wegen öffentlicher Lasten 3 a - Rechtsgeschäfte über den Mietzins 6, 7, 8 ff - Teilungsversteigerung 5 f - Verhältnis zu den §§ 574 f, 2, 6, 11 - Verhältnis zu § 1124 Abs. 2 15 - Verpfändung 2, 6, 7 - Vertragsänderungen 6, 7, 8 ff - Vorausverfügungen 6 ff - Zwangsversteigerung 4 a ff, 7 a - Zwangsverwaltung 5 ff - Zwangsvollstreckung 4 ff Baukostenzuschüsse 4 e, 5, 5 e, 10 f, 30 Beweislast 31 Formularverträge 29 Geschichte 1 Haftung des Vermieters gegenüber dem Mieter 25 Haftung des Vermieters gegenüber dem Erwerber 26 Kenntnis des Erwerbers von Vorausverfügungen 22 ff Konkurs 5 d ff Mietvorauszahlungen 8 f
Teilungsversteigerung 5 f Umgehungsgeschäfte 20 Vertragsänderungen 6, 7, 8 ff, 11 Vorausverfügungen 6 ff - Baukostenzuschüsse 4 e, 5, 5 e, 10 f - Beispiele 7 - Begriff 2, 6 - Einmalmiete 8 f - Mietvorauszahlungen 8 f - Nießbrauchsbestellung 14 - periodische Mietzinsberechnung 9 - Pfändung 7 a, 14, 18 - Verfügungen über Nebenrechte 13 - Vertragsänderungen 6, 7, 8 ff, 11 - Vorausverfügungen des Konkursverwalters 5 e, 24 - Vorausverfügungen des Verwalters in der Zwangsverwaltung 5 c - Wirksamkeit 16 ff - Zeitpunkt 12 Wirksamkeit der Vorausverfügungen 16 ff - Grundsatz 17 - Haftung des Vermieters gegenüber dem Erwerber 26 - Haftung des Vermieters gegenüber dem Mieter 25 - Jahresmiete 19 - Kenntnis des Erwerbers 22 ff - Konfusion 21 - Mitteilung der Vorausverfügungen an Erwerber 22 - Quartalsmiete 14 - Umgehungsgeschäfte 20 Zahlung des gutgläubigen Mieters 26 Zwangsversteigerung 4 a ff, 7 a Zwangsverwaltung 5 ff Zweck 1, 4 c, 20, 22
Nießbrauch 3, 14, 18 Pfändung 4 c, 5 b, 7 a, 14, 18
1 I. Entstehungsgeschichte und Zweck Nachdem sich die 2. Kommission für den Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete" entschlossen und dabei zugleich die sog Zessionslösung des preußischen A L R abgelehnt hatte, tauchte die Frage auf, was mit den sog Vorausverfügungen des Vermieters geschehen sollte (s im einzelnen Prot II 144 ff). Da der Erwerber mit dem Übergang des Eigentums kraft eigenen Rechts in den Mietvertrag eintritt, so daß keine Rechtsnachfolge vorliegt, steht ihm vom Eigentumsübergang an an sich der Mietzins unbedingt zu, so daß Verfügungen des Vermieters über den Mietzins für die Zeit nach Eigentumsübergang als Verfügungen eines Nichtberechtigten unwirksam sein müßten (vgl zB PALANDT-PUTZO § 573 Anm 1 b). Bei strenger Durchführung dieses Grundsatzes müßten sich jedoch für alle Beteiligten zum Teil unhaltbare Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(784)
3. Titel. Miete. Pacht
§573 2-3 a
Konsequenzen ergeben. In den §§ 573-575 hat sich deshalb der Gesetzgeber, wie auch an den zahlreichen Änderungen dieser Vorschriften deutlich wird, um einen gerechten Ausgleich der Interessen des Vermieters, des Erwerbers, des Mieters und der Dritten, zugunsten derer Verfügungen über den Mietzins erfolgt sind, bemüht (Prot II 146 f; ERMAN-SCHOPP Vorbem 3 zu § 573). II. Anwendungsbereich 1. Das Verhältnis der §§ 573-575 zueinander
2
§ 573 betrifft Verfügungen des Vermieters über den Mietzins für die Zeit nach Übergang des Eigentums auf den Erwerber. Solche Vorausverfügungen sind nur in engen Grenzen gegenüber dem Erwerber wirksam. Anders steht es nach § 574 mit Rechtsgeschäften zwischen dem Mieter und dem Vermieter in Ansehung der Mietzinsforderung. Analog § 407 hat der Gesetzgeber hier zum Schutze des Mieters solchen Rechtsgeschäften eine wesentlich weitergehende Wirkung als den einseitigen Vorausverfügungen des Vermieters beigelegt. Im selben Umfange ist schließlich nach § 575 (analog § 406) eine Aufrechnung des Mieters gegen die Mietzinsforderung möglich. Aus dem Gesagten ergibt sich deutlich, daß die §§ 574 und 575 für Rechtsgeschäfte zwischen Vermieter und Mieter über die Mietzinsforderung und für die Aufrechnung des Mieters dem § 573 vorgehende Sondervorschriften darstellen. Der Anwendungsbereich des § 573 beschränkt sich damit auf einseitige Verfügungen des Vermieters über die Mietzinsforderung namentlich durch Abtretung, Verpfändung und Aufrechnung.* Bei Verfügungen über den Mietzins durch Vertrag zwischen Vermieter und Mieter wie zB Stundung oder Erlaß sind daher die §§ 573 und 574 nicht nebeneinander anwendbar. Die abweichend hM**, der wiederholt auch die Praxis gefolgt ist, muß zu unlösbaren Abgrenzungsproblemen führen, da die §§ 573 und 574 die Wirksamkeit von Vorausverfügungen an ganz unterschiedliche Voraussetzungen knüpfen. 2. Entsprechende Anwendung
3
a) Nießbrauch usw § 573 ist ebenso wie § 571 in zahlreichen Fällen ganz oder teilweise entsprechend anwendbar (s ROQUETTE Nach § 575 Rz 1 ff). So gilt zunächst § 573 S 1 entsprechend bei Beendigung eines Nießbrauchs, wenn der Nießbraucher das Grundstück vermietet oder verpachtet hatte. Hatte also zB der Nießbraucher das Grundstück vermietet und wird sodann das Grundstück unter gleichzeitiger. Löschung des Nießbrauchs veräußert, so richtet sich die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Nießbrauchers nach § 573 S 1 (BGHZ 53, 174, 179 f; OLG Düsseldorf OLGE 20, 120, 121). Dasselbe gilt nach § 2135 im Falle des Eintritts der Nacherbfolge, wenn der Vorerbe das Grundstück vermietet oder verpachtet hatte. Im Falle der Veräußerung eines Eigenjagdbezirks ist durch § 14 BJG vom 30. 3. 1961 3a (BGBl 1304) ebenfalls die entsprechende Anwendung des § 573 angeordnet. Bei der Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen wegen Ansprüchen aus öffentlichen * Ebenso E R M A N - S C H O P P § 573 Rz 2; H A N S § 573 Anm B 2; N I E N D O R F F 318; PERGANDE § 573 Anm 2 ; SOERGEL-MEZGER § 5 7 3 R z 9 .
** So zB BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 3 R z 4, § 5 7 4 R z 1 m N a c h w ; DERLEDER, in: A K §§ 5 7 3 - 5 7 5 R z 4 ; E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 3 3 I I I 2 ; MITTELSTEIN 6 8 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 3 A n m 2 , § 5 7 4 A n m 2 ; ROQUETTE § 5 7 3 R z 4 ; STERNEL R z V (785)
115.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§573 4—4 e
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Grundstückslasten findet sich schließlich eine entsprechende Regelung in dem Reichsgesetz v 9. 3. 1934 (RGBl I S 181), das jedoch in den Fällen der §§ 113 und 115 LAG unanwendbar ist (s P A L A N D T - P U T Z O § 573 Anm 1 a). 4 b) Zwangsvollstreckung Eine besondere Rolle spielt das Problem der Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vermieters seit jeher in der Zwangsvollstreckung. Daher enthalten ZVG und KO Sonderregelungen, die zwar durchweg an § 573 anknüpfen, davon aber auch in wichtigen Punkten abweichen. 4a aa) Zwangsversteigerung Nach § 56 S 2 ZVG gebühren dem Ersteher in der Zwangsversteigerung von dem Zuschlag an die Nutzungen des Grundstücks, während sie für den vorausgehenden Zeitraum nach wie vor dem Vollstreckungsschuldner zustehen. Dies gilt auch für die Miet- und Pachtzinsen (zB OLG Celle Z M R 1 9 7 8 , 3 4 2 Nr 2 4 ; S T E I N E R - R I E D E L , ZVG § 5 6 Rz 7 ; Z E L L E R , ZVG § 5 6 Rz 3 ) , so daß der Schuldner über sie vor Zuschlag noch verfügen kann. 4b Die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vermieters (und Vollstreckungsschuldners) beurteilt sich dann gemäß § 57 ZVG nach den §§ 573 S 1, 574 und 575 (s hierzu im einzelnen MITTELSTEIN 717 ff, 744 ff; S T E I N E R - R I E D E L ZVG §§ 57 ff Rz 17 ff; ZELLER, ZVG § 57 b Rz 4), jedoch mit dem Unterschied, daß hier an die Stelle des Eigentumsübergangs als des für die Wirksamkeit von Vorausverfügungen maßgeblichen Zeitpunkts der der Beschlagnahme des Grundstücks tritt (§ 57 b Abs 1 S 1 ZVG). Die Beschlagnahme gilt dabei dem Mieter als bekannt, sobald ihm der Anordnungsbeschluß zugestellt ist (§ 57 b Abs 1 S 2 ZVG). Außerdem steht der Zwangsversteigerungsbeschlagnahme eine etwaige, frühere Zwangsverwaltungsbeschlagnahme gleich, sofern sie bis zum Zuschlag fortgedauert hat (§ 57 b Abs 2 S 1 ZVG; zur bloßen Zwangsverwaltung s unten Rz 5 ff). 4c Durch alle diese Vorschriften soll ebenso wie durch die Unanwendbarkeit des § 573 S 2 (vgl § 57 ZVG) der Ersteher - über den Rahmen des BGB hinaus - vor Vorausverfügungen über den Mietzins einschließlich dessen Pfändung durch andere Gläubiger, geschützt werden, um einen angemessenen Erlös der Zwangsversteigerung sicherzustellen (zur Pfändung s unten Rz 7 a). 4d Vorausverfügungen sind daher grundsätzlich nur für den bei der Beschlagnahme laufenden Monat sowie bei Beschlagnahme nach dem 15. Tag eines Monats auch für den folgenden Monat wirksam (MITTELSTEIN 7 1 9 f). Dies bedeutet, daß Vorausverfügungen heute den Ersteher in aller Regel nicht mehr belasten werden, da das Verfahren wohl stets länger als zwei Monate dauert ( S T E I N E R - R I E D E L , ZVG §§ 5 7 ff Rz 1 7 ; ZELLER ZVG § 5 7 b Rz 4 Nr 2 1 ) . Auch die Frage der Umgehungsgeschäfte (unten Rz 20) spielt daher heute keine Rolle mehr. 4e Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unwirksamkeit von Vorausverfügungen gegenüber dem Ersteher gilt für Baukostenzuschüsse und gleichstehende Mieterleistungen, die vereinbarungsgemäß auf den Mietzins zu verrechnen sind. Wenn und soweit infolge dieser Mieterleistungen auch der Ersteher in den Genuß einer Wertsteigerung der Grundstücke kommt, ist die Abrede über die Anrechnung der Mieterleistungen auf den Mietzins auch dem Ersteher gegenüber wirksam.* * S o Vorbem 123 ff zu §§ 535, 536 sowie unten Rz 10; zB BGH LM Nr 3 zu § 57 b ZVG; Nr 3 zu § 5 5 7 a B G B = N J W 1959, 3 8 0 ; 1970, 1124; PALANDT-PUTZO § 5 7 4 A n m 2 a; PATZER D W W
1975,157; STEINER-RIEDEL, ZVG §§ 57 ff Rz 12 f; STERNEL RZ IV 292 ff, V 113 ff; ZELLER, ZVG § 57 b Rz 4 m Nachw; kritisch dazu zB DERLEDER, in: AK §§ 573-575 Rz 2.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(786)
§573 3. Titel. Miete. Pacht
5-5 e
bb) Zwangsverwaltung
5
Anders als die Zwangsversteigerung (oben Rz 4 a) erfaßt die Zwangsverwaltung auch und gerade die Miet- und Pachtzinsen (§§ 148 Abs 1S 1,21 Abs 2 ZVG; MITTELSTEIN 744 ff). Die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vollstreckungsschuldners richtet sich hier deshalb nicht nach den §§ 57, 57 b ZVG, die nur für die Zwangsversteigerung gelten, sondern nach den (sachlich im wesentlichen übereinstimmenden) §§ 1124,1125, jedenfalls wenn, wie in aller Regel, ein Grundpfandgläubiger das Verfahren betreibt (MITTELSTEIN 747 f; ZELLER, ZVG § 148 Rz 2 Nr 7 m Nachw, § 152 Rz 4 Nr 101). Eine Ausnahme gilt freilich auch hier wieder für Baukostenzuschüsse und gleichstehende Mieterleistungen, so daß insbes sämtliche Vereinbarungen über die Anrechnung solcher Leistungen auf den Mietzins auch gegen den Verwalter wirken (oben Rz 4 c; ZELLER, ZVG § 152 Rz 4 Nr 101). Die Verwaltung des Grundstücks ist jetzt Sache des Zwangsverwalters (§§ 148 Abs 2, 5a 150, 152 ZVG). Er ist auch befugt, Mietverträge abzuschließen, an die der Grundstückseigentümer nach Aufhebung der Zwangsverwaltung ebenso wie der Ersteher nach Zuschlag gebunden sind (MITTELSTEIN 749; ZELLER, ZVG § 152 Rz 2 Nr 16, 4 Nr 10 c). Eine Pfändung der Miet- und Pachtzinsen zu Gunsten anderer Gläubiger nach 5b Anordnung der Zwangsverwaltung ist durch § 865 Abs 2 S 2 ZPO ausgeschlossen. Eine gleichwohl vorgenommene Pfändung betrachtet die Praxis überwiegend als nichtig (grdleg RGZ 59, 87,91 f). Diese Meinung trifft jedoch nicht zu; die Pfändung ist vielmehr als wirksam zu behandeln, wenn und solange sich der Verwalter nicht gegen sie wehrt (§ 766 ZPO; B A U M B A C H - L A U T E R B A C H - H A R T M A N N , ZPO [39. Aufl 1981], § 865 Anm 5; T H O M A S - P U T Z O , ZPO [11. Aufl 1980] § 865 Anm 2 d; sehr Str.; anders zB S C H Ö N K E - B A U R , Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht [10. Aufl 1978] § 32 II 5 e; vgl im übrigen auch unten Rz 7 a). Das ZVG beschränkt nicht die Befugnis des Verwalters zu Verfügungen und 5c Rechtsgeschäften über den Miet- und Pachtzins ( § 5 7 Abs 3 ZVG). Die Wirkung solcher Rechtsgeschäfte des Verwalters richtet sich daher ausschließlich nach den §§ 573 und 574 BGB (RGJW1933,1658; OLG Hamburg OLGE 20,193). Das gilt selbst dann, wenn der Mietvertrag ebenfalls erst von dem Verwalter abgeschlossen worden ist (OLG Hamburg aaO). Auch wenn das Grundstück anschließend zur Zwangsversteigerung kommt, sind daher Vorausverfügungen des Verwalters im Rahmen der §§ 573 und 574 dem Ersteher gegenüber wirksam (OLG Hamburg aaO). Maßgebender Zeitpunkt ist dabei nicht der der Beschlagnahme, sondern der des Zuschlags (OLG München BayZ 1907, 22; B G B - R G R K - G E L H A A R § 573 Rz 5d Auch im Konkurs des Vermieters muß das Schicksal etwaiger Vorausverfügungen des Gemeinschuldners geklärt werden. Deshalb bestimmt § 21 Abs 2 KO (in Ubereinstimmung mit § 573 S 1), daß solche Vorausverfügungen grundsätzlich (nur) für den bei Konkurseröffnung laufenden sowie bei Konkurseröffnung nach dem 15. Tag eines Monats auch für den folgenden Kalendermonat wirksam sind (s eingehend M I T T E L STEIN 762 ff); möglich bleibt freilich immer noch eine Anfechtung gerade solcher Vorausverfügungen nach den §§ 29 ff KO. Vorausverfügungen des Gemeinschuldners für einen späteren Zeitraum sind stets ohne Wirkung gegen die Masse, so daß der Mieter ggf nochmals zahlen muß. Sein Bereicherungsanspruch gegen den Vermieter ist dann bloße Konkursforderung (MITTELSTEIN 762). Der Konkursverwalter darf das Grundstück auch selbst vermieten oder verpachten 5e ( § 6 Abs 2 KO). Von ihm abgeschlossene Verträge binden daher nach Beendigung (787)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§573 5 f-7 a
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
des Konkurses auch den Gemeinschuldner (MITTELSTEIN 765). Der Konkursverwalter ist außerdem berechtigt, über die Miet- und Pachtzinsen im voraus zu verfügen. Die Wirksamkeit dieser Vorausverfügungen gegenüber einem etwaigen Grundstückserwerber richtet sich dann (über § 21 Abs 4 S 1KO und § 57 ZVG) nach § 573 S 1, während § 573 S 2 keine Anwendung findet (BGH WM 1962, 901, 903; PATZER DWW 1975, 157, 158; P A L A N D T - P U T Z O § 573 Anm 3). Auch für eine Anwendung des § 21 Abs 2 KO ist neben § 21 Abs 4 KO kein Raum (BGH WM 1962, 901,903). Ebenso wenig gilt hier § 574, so daß nur Baukostenzuschüsse über den Rahmen des § 573 S 1 hinaus gegen den Erwerber wirken. 5f dd) Teilungsversteigerung § 573 S 1 ist schließlich noch im Falle der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft anwendbar. Das folgt aus den §§ 180 Abs 1 und 57 ZVG (MITTELSTEIN 726; Z E L L E R , ZVG § 180 Rz 3 Nr 1). Unanwendbar ist hier lediglich mit Rücksicht auf den ganz anderen Zweck des Verfahrens die den Ersteher in der Vollstreckungsversteigerung zusätzlich begünstigende Vorschrift des § 57 b ZVG (§ 183 ZVG). III. Vorausverfügungen 6 1. Begriff а) Wie sich aus der Gegenüberstellung des § 573 und der §§ 574 und 575 ergibt, betrifft § 573 nur einseitige Verfügungen des Vermieters über den Mietzins vor dem Eigentumsübergang, deren Wirkung wenigstens teilweise in die Zeit nach Eigentumsübergang fällt; gleichstehen Verfügungen durch Vertrag mit Dritten, namentlich also die Abtretung oder Verpfändung, während Verfügungen durch Vertrag mit dem Mieter unter § 574 fallen. Hingegen wendet die hM auch im letzteren Fall idR den § 573 (neben § 574) an (s oben Rz 2; Beispiele unten Rz 7 ff). 7 b) Hauptbeispiele sind die Aufrechnung, die Abtretung und die Verpfändung der Mietzinsforderung, nach hM darüber hinaus auch Stundung, Erlaß und Senkung des Mietzinses während des laufenden Vertrages (vgl zB RGZ 76, 116, 118; BGBR G R K - G E L H A A R § 5 7 3 R z 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 3 A n m 2 ; ROQUETTE § 5 7 3 R z
4 ff). Selbst die einverständliche Aufhebung des Vertrages gegen Zahlung eines Teiles des restlichen Mietzinses wird als Vorausverfügung behandelt, sofern der Vermieter dem Mieter zugleich gestattet, einen Teil der Räume „unentgeltlich" weiter zu benutzen (KG JW 1936,1465 Nr 35 = H R R 1 9 3 6 Nr 799). Richtigerweise ist indessen in den zuletzt genannten Fällen nur § 574 anzuwenden (oben Rz 2, б).
7a c) Den Vorausverfügungen des Vermieters werden allgemein Pfändungen des Mietzinsanspruches durch Gläubiger des Vermieters gleichgestellt.* Folglich ist nach den §§ 57 und 57 b ZVG unter den Voraussetzungen des § 573 die Pfändung auch gegenüber einem Ersteher des Grundstücks in der Zwangsversteigerung wirksam (RGZ 64, 415, 418 ff). Dabei genügt eine Vorpfändung vor Eigentumsübergang, sofern nur die dann nachfolgende Pfändung überhaupt zulässig ist (KG OLGE 7,469, 470; MITTELSTEIN 685). Hieran fehlt es, wenn (ggf zugleich mit der Zwangsverstei-
* RGZ 58,181; 59,177,179 ff; 64,415,418; 76,116,118; KG OLGE 7,469 f; OLG Posen OLGE 10, 170; OLG Dresden OLGE 7, 24 f; AnnSächOLG 36 (1915) 291, 292; OLG Braunschweig OLGE 17, 17; aM nur R O Q U E T T E § 573 Rz 5.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(788)
3. Titel. Miete. Pacht
§573 »-10
gerung) Zwangsverwaltung angeordnet ist, weil die nachfolgende Pfändung dann nach § 865 Abs 2 S 2 ZPO unzulässig wäre (RGZ 59, 88, 91 f; s dazu oben Rz 5 b). 2. Vertragsänderungen
8
a) Nach der hier vertretenen Auffassung stehen die (grundsätzlich einseitigen) Verfügungen des Vermieters im Gegensatz namentlich zu vertraglichen Änderungen des Mietzinsanspruchs. Der Erwerber muß den Mietvertrag immer in der Fassung gegen sich gelten lassen, die er im Augenblick des Eigentumsübergangs hat. Hiermit stimmt es überein, daß die Praxis, jedenfalls ursprünglich, durchweg davon ausgegangen ist, daß sämtliche Verfügungen über den Mietzins gemäß dem ursprünglichen Mietvertrag, namentlich die Vereinbarung der Zahlung des Mietzinses durch eine einmalige Leistung im voraus oder durch mehrere, große Raten schon vor der Veräußerung oder die Abrede der Verrechnung der Mietzinsforderungen gegen die Forderung des Mieters auf Zahlung von Darlehenszinsen, gegen den Erwerber wirksam bleiben.* Hingegen wurden nachträgliche Vertragsänderungen mit Bezug auf den Mietzins meistens als Vorausverfügungen iS des § 573 oder des § 574 behandelt, so zB eine nachträgliche Senkung des Mietzinses (KG DR 1942,1094 Nr 4) oder eine nachträgliche Abrede, nach der der Mietzins insgesamt vorauszuzahlen ist (RG JW 1933, 1658 f Nr 12; KG JW 1936, 1465 Nr 35). b) Hieran hat im Prinzip auch die neuere Praxis festgehalten (OLG Celle ZMR1978, 9 342 Nr 24; LG Berlin WuM 1971,14; zust STERNEL R Z V 113). Jedoch will der BGH neuerdings in erster Linie darauf abstellen, wie der Mietzins berechnet wird. Wird der Mietzins nach periodischen Zeitabschnitten, namentlich nach Monaten berechnet, so soll jede Vereinbarung über eine Vorauszahlung, auch wenn sie schon im ursprünglichen Mietvertrag enthalten ist, eine Vorausverfügung iS des § 574 durch Rechtsgeschäft zwischen Vermieter und Mieter darstellen, die nur in den Grenzen des § 574 gegen den Erwerber wirkt.** Anders werden jedoch diejenigen Mietvorauszahlungen behandelt, die zum Aufbau 10 des Grundstücks verwendet worden sind, namentlich die Baukostenzuschüsse, weil durch sie Werte geschaffen worden sind, die auch dem Erwerber zugute kommen. Sie wirken unabhängig von den §§ 573 und 574 immer gegen den Erwerber, selbst wenn die Verrechnungsabrede erst nachträglich getroffen worden ist. * ** Ebenso auch, wenn die Mietvorauszahlung zur Befriedigung der vorgehenden Realgläubiger verwandt worden ist, weil auch dieser Wert dem Erwerber zugute kommt (OLG Düsseldorf ZMR 1972, 376).
* RGZ 94, 279, 281; 127, 116, 117; 136, 407, 413 ff; bes 144, 194, 196 f; RG JW 1919, 674, 676 Nr 2; 1939,286,287 Nr 14; 1933,1658,1659 Nr 12; HRR 1933 Nr 1321; KG DR 1942,1094 Nr 4; OLG Hamm JW 1929, 3257 Nr 10; OLG Stettin HRR 1935 Nr 1132. ** BGHZ 3 7 , 3 4 6 , 3 5 1 ff; BGH LM Nr 2 zu § 5 7 4 BGB; ebenso schon KG JW 1 9 3 6 , 3 1 3 2 f Nr 1 6 ; 1 9 3 8 , 4 6 , 4 7 Nr 2 4 ; ROQUETTE § 5 7 3 Rz 8 ff; ERMAN-SCHOPP Vorbem 4 zu § 5 7 3 ; SOERGEL-MEZGER § 5 7 3 R z 1 2 f ; PALANDT-PUTZO § 5 7 3 A n m 1 b ; MITTELSTEIN 6 9 1 f f ; NIENDORFF 318.
*** S oben Vorbem 123 ff zu §§535,536 sowie oben Rz 4 e, 5,5 e; zB BGHZ 6,202,206 f ; 15,296, 303 f ; 16,31,35; 37,346,349 f ; BGH LM Nr 1 zu § 57 b ZVG; LM Nr 2 zu § 574 BGB; LM Nr 33 zu § 535 BGB; LMNr 3 zu § 57 bZVG; LM Nr 3 zu § 557 a BGB = NJW 1959,380; 1970,1124; OLG Düsseldorf MDR 1972, 955 Nr 51 ; zust zB PALANDT-PUTZO § 574 Anm 2 a; STERNEL Rz V 113; aM zB früher KG JW 1938,46,47 Nr 24; kritisch dazu auch DERLEDER, in: AK §§ 573-574 Rz 2. (789)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§573 11-16
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
11 c) Diese ganze Praxis ist ebenso widersprüchlich wie unbefriedigend, weil auf ihrer Grundlage eine klare Abgrenzung der §§ 571,573 und 574 offenbar nicht möglich ist (kritisch auch STERNEL R Z V 113 ff). Deshalb ist daran festzuhalten, daß der Erwerber stets in den Mietvertrag in der Fassung eintreten muß, die der Vertrag gerade, und sei es auch auf Grund nachträglicher Vertragsänderungen, bei Eigentumsübergang hat (§ 571 Abs 1). Das gilt auch und gerade für sämtliche Abreden über den Mietzins einschließlich der Verrechnungsabreden bei Baukostenzuschüssen und in ähnlichen Fällen. Davon zu unterscheiden sind sonstige Abreden zwischen den Parteien über den Mietzins, die nicht zugleich eine dauernde Vertragsänderung darstellen. Solche Abreden wirken gegen den Erwerber nur in den engen Grenzen des § 574 (s § 574 Rz 2 ff). Hingegen fallen sämtliche, einseitigen Verfügungen des Vermieters über den Mietzins sowie dessen Abtretung, Verpfändung und Pfändung allein unter § 573. Denn nur bei dieser Auffassung ist eine klare Abgrenzung der verschiedenen Fälle möglich (s auch unten § 574 Rz 2 ff). 12 3. Zeitpunkt § 573 betrifft nur Verfügungen des Vermieters vor Übergang des Eigentums an dem Grundstück durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch. Es spielt keine Rolle, ob die Verfügung vor Abschluß des Grundgeschäftes oder in der Zeit zwischen Abschluß des Grundgeschäftes und Eigentumsübergang getroffen wurde. Keine Anwendung findet hingegen § 573 bei Verfügungen nach Eigentumsübergang. Sie sind als Verfügungen eines Nichtberechtigten grundsätzlich unwirksam, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen des § 574 vor ( M I T T E L S T E I N 685; N I E N D O R F F 317; weitergehend S O E R G E L - M E Z G E R § 573 Rz 15). 13 4. Ausnahmen a) Keine Anwendung findet § 573 bei Verfügungen über Nebenrechte, zB bei einem Verzicht des Vermieters auf eine Bürgschaft. Solche Verfügungen sind immer wirksam gegenüber dem Erwerber (RGZ 151, 379). 14 b) Ebensowenig ist Raum für die Anwendung des § 573 bei Bestellung eines Nießbrauchs an dem Grundstück. Denn dies ist eine Verfügung über das Grundstück, nicht über die einzelnen Mietzinsforderungen, so daß allein § 577 anzuwenden ist (RGZ 68, 10, 12 f; 81, 146, 149; 86, 146, 149; RG JW 1908, 135, 136 Nr 4; KG OLGE 14, 129 f). Diese Frage ist besonders wichtig bei § 1124: Die bloße Nießbrauchbestellung entzieht dem vorgehenden Hypothekengläubiger nicht den Mietzins; pfändet der Hypothekengläubiger die Miet- oder Pachtzinsen, so kann folglich der nachrangige Nießbraucher dieser Beschlagnahme iS der §§ 1124 f nicht nach § 771 ZPO widersprechen, selbst wenn der Miet- oder Pachtvertrag von ihm abgeschlossen worden war (grdleg RGZ 86, 146, 147 ff). 15 c) Treffen die §§ 1124 Abs 2 und 573 zusammen, zB durch Pfändung der Mietzinsen aus einem belasteten Grundstück, so ist allein der speziellere § 1124 Abs 2 anzuwenden. Erst nach Zuschlag des Grundstücks in der Zwangsversteigerung ist dann wieder Raum für die Anwendung des § 573 (OLG Hamburg HansGZ 1915 Beibl 101, 102). 16 IV. Wirksamkeit Vorausverfügungen sind nach § 573 S 1 grundsätzlich nur für den zur Zeit des Eigentumsüberganges laufenden Kalendermonat wirksam. Geht jedoch das EigenVolker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(790)
3. Titel. Miete. Pacht
§573 17-21
tum nach dem 15. Tage des Monats über, so ist die Verfügung auch für den nachfolgenden Kalendermonat wirksam. Verfügungen für einen späteren Zeitraum sind darüber hinaus (ausnahmsweise) auch dann wirksam, wenn der Erwerber bei Eigentumsübergang die Verfügung gekannt hat (§ 573 S 2). 1. Regelfall
17
a) Vorausverfügungen des Vermieters vor Eigentumsübergang sind grundsätzlich nur für den Mietzins für den zur Zeit des Eigentumsübergangs laufenden Kalendermonat wirksam (§ 573 S 1 HS 1). Nur bei Eigentumsübergang in der zweiten Monatshälfte ist die Verfügung auch für den nächsten Kalendermonat wirksam (§ 573 S 1 HS 2). Maßgebend ist dabei immer der Kalendermonat, selbst wenn das Mietverhältnis während eines Monats begonnen hat. Auf die Kenntnis des Erwerbers bzw des Erstehers in der Zwangsversteigerung von der Verfügung kommt es dabei nicht an (OLG Rostock OLGE 27, 160, 161; MITTELSTEIN 686 f). Eine hiernach wirksame Vorausverfügung liegt auch vor, wenn ein Dritter die 18 Mietzinsforderungen des Nießbrauchers pfändet und dann der Nießbrauch noch vor Fälligkeit der Forderungen erlischt (§ 1056 Abs 1; OLG Dresden SächsArch 9 [1914] 156, 157 f). b) In § 573 geht der Gesetzgeber offenkundig von dem Regelfall aus, daß der 19 Mietzins nach Monaten berechnet wird, während in der ursprünglichen Fassung des § 573 noch auf Quartale abgestellt worden war. Durch die heutige Fassung des § 573 entstehen erhebliche Schwierigkeiten, wenn der Mietzins ausnahmsweise nach anderen Zeitabschnitten, zB eben nach Quartalen oder Jahren, berechnet wird. In diesen Fällen muß die Quartals- oder Jahresmiete auf Monate umgerechnet werden, damit auf die dann entstehenden Teilbeträge § 573 entsprechend angewendet werden kann (aM ROQUETTE § 573 Rz 15, der hier § 571 anwenden will). 2. Umgehungsgeschäfte
20
Geschäfte zur Umgehung des § 573 sind unwirksam, wenn damit bezweckt wird, den durch § 573 auch intendierten Schutz des Dritten, zugunsten dessen der Vermieter über die Mietzinsforderung verfügt hat, zu beseitigen. Deshalb ändern an der Wirksamkeit von Vorausverfügungen spätere Verträge zwischen dem Erwerber und den Mietern über eine Neubegründung des Mietverhältnisses oder über eine Änderung der Mietzinsforderung nichts, wenn tatsächlich das Mietverhältnis unverändert fortgesetzt wird.* 3. Ausnahmen
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Die Mietzinsforderung erlischt wie jede Forderung durch Vereinigung von Recht und Pflicht, wenn der Mieter das Grundstück erwirbt oder ersteht. Damit verlieren alle Vorausverfügungen über den Mietzins unabhängig von § 573 ihre Wirkung. Dies gilt auch für ein durch Pfändung begründetes Pfändungspfandrecht, wie sich aus § 804 Abs 2 ZPO in Verbindung mit § 1252 BGB ergibt.** * OLG Dresden AnnSächsOLG 36 (1915) 291, 293 f; OLG München O L G E 20, 194 f; OLG Rostock O L G E 27, 160, 161; KG G E 1936, 986; BGB-RGRK-GELHAAR § 573 Rz 1, 4; MITTELSTEIN 720; SOERGEL-MEZGER § 573 Rz 8; aM früher zB OLG München BayZ 1907, 22 f. ** O L G M ü n c h e n O L G E 3 3 , 3 1 8 F; K G O L G E 1 3 , 3 1 8 ; O L G C e l l e O L G E 1 7 , 2 0 ; ERMAN-SCHOPP
V o r b e m 19 zu § 5 7 3 ; NIENDORFF 317; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 3 R z 4 ; a M f r ü h e r K G O L G E 7 , 4 6 9 , 4 7 0 ; 10, 1 7 0 f.
(791)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§573 22-28
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
22 4. Kenntnis des Erwerbers a) Nach § 573 S 2 sind Vorausverfügungen des Vermieters über den Mietzins ausnahmsweise dann unbeschränkt gegen den Erwerber wirksam, wenn er die Vorausverfügung zur Zeit des Eigentumsüberganges gekannt hat. Sinn dieser Regelung ist es, dem Mieter einen Weg zu eröffnen, seine Rechte aufgrund einer Vorausverfügung über den Mietzins noch nach Abschluß des Grundgeschäftes und vor Eigentumsübergang (durch Eintragung und Auflassung) durch Mitteilung der Vorausverfügungen an den Erwerber zu wahren (Prot II 146). 23 b) Die positive Kenntnis des Erwerbers, die § 573 S 2 voraussetzt, braucht freilich nicht auf einer Mitteilung des Mieters zu beruhen. Die Quelle der Kenntnis spielt keine Rolle. Auch durch eine Mitteilung des Veräußerers bei Abschluß des Grundgeschäftes oder danach kann die Kenntnis des Erwerbers begründet werden. 24 c) § 573 S 2 gilt nicht bei Veräußerung des Grundstücks durch den Konkursverwalter oder in der Zwangsversteigerung (§§ 22 Abs 4 KO; 57 und 57 b ZVG; BGH WM 1962, 901, 903; PATZER DWW 1975, 157, 158; s im einzelnen oben Rz 5 e). V. Haftung des Vermieters 25 1. Soweit infolge der Unwirksamkeit von Vorausverfügungen der Mieter zweimal den Mietzins zahlen muß, kann er hierfür vom Vermieter grundsätzlich aufgrund des Mietvertrages Schadensersatz verlangen, jedenfalls, wenn die Vorausverfügung, zB als Mietvorauszahlung, schon im Mietvertrag vereinbart war (BGH LM Nr 33 zu § 5 3 5 B G B ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 4 R z 5; PATZER D W W 1 9 7 5 , 157, 1 5 9 ; STERNEL RZ V 114). Durch eine Übernahme dieser Ersatzpflicht seitens des
Erwerbers wird der Vermieter nicht notwendigerweise von seiner Haftung befreit ( B G H aaO).
26 2. § 573 betrifft nicht das Verhältnis zwischen Vermieter und Erwerber. Die Verteilung der Mietzinsforderung im Innenverhältnis zwischen Vermieter und Erwerber richtet sich vielmehr ausschließlich nach den Abreden der Parteien und ergänzend nach § 446. Hat der Vermieter über hiernach dem Erwerber zustehende Mietzinsforderungen wirksam im voraus verfügt, so muß er dem Erwerber Schadensersatz leisten (OLG Celle OLGE 7, 25, 27). Hingegen beurteilt sich nach § 407, ob der Mieter, der in Unkenntnis einer wirksamen Vorausverfügung des Vermieters durch Abtretung der Mietzinsforderung an den Grundstückserwerber zahlt, hierdurch frei wird; ist der Mieter gutgläubig, so daß er frei wird, so kann der Zessionar nach § 816 Abs 2 gegen den Erwerber vorgehen (KG OLGE 34, 99; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 3 R z 7).
VI. Abweichende Vereinbarungen 27 1. Es ist umstritten, ob § 573 zwingend ist (dagegen zB Voraufl Rz 27; dafür zB B G B - R G R K - G E L H A A R § 573 Rz 2). Die Frage ist jedoch gegenstandslos, da feststeht, daß in die Rechte Dritter niemals ohne deren Zustimmung eingegriffen werden kann, während bei Zusammenwirken aller Beteiligten keinerlei Bedenken gegen Abweichungen von § 573 erhoben werden können (zur Unwirksamkeit von Umgehungsgeschäften s oben Rz 20). 28 Daher kann Vorausverfügungen jederzeit durch Zustimmung des Erwerbers eine über den engen Rahmen des § 573 S 1 hinausgehende Wirkung verliehen werden, wie schon § 573 S 2 zeigt (OLG Posen OLGE 10, 170). Hingegen reicht eine bloße Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(792)
3. Titel. Miete. Pacht
§§ 573, 574 29-31; 1 - 2
Vereinbarung zwischen Vermieter und Erwerber für eine Abweichung von § 573, insbes für eine über § 573 hinausgehende Einschränkung der Wirkung von Vorausverfügungen nicht aus; vielmehr bedarf es hierzu stets auch noch der Zustimmung des Drittberechtigten, zB des Zessionars sowie des Mieters (HANS § 573 Anm B 5). 2. Abweichungen von § 573 durch Vermieterformularverträge sind nicht möglich 29 (§§ 9 Abs 2, 24 AGBG). 3. Nach § 557 a Abs 2 sind bei Wohnraummietverhältnissen auch die Regeln über 30 die Anrechnung und Zurückzahlung von Baukostenzuschüssen zwingend (s oben § 5 5 7 a R z 27 ff; STERNEL R z V 119).
VII. Beweislast
31
Wer sich auf die Wirksamkeit einer Vorausverfügung beruft, muß diese beweisen. Daher trifft namentlich die Beweislast für die Kenntnis des Erwerbers von den Vorausverfügungen (§ 573 S 2) entweder den Dritten, zugunsten dessen die Vorausverfügung erfolgt ist, oder den Mieter, sofern sich dieser auf die Wirksamkeit d e r V o r a u s v e r f ü g u n g b e r u f t (MITTELSTEIN 6 8 6 ) .
§574 Ein Rechtsgeschäft, das zwischen dem Mieter und dem Vermieter in Ansehung der Mietzinsforderung vorgenommen wird, insbesondere die Entrichtung des Mietzinses, ist dem Erwerber gegenüber wirksam, soweit es sich nicht auf den Mietzins für eine spätere Zeit als den Kalendermonat bezieht, in welchem der Mieter von dem Ubergang des Eigentums Kenntnis erlangt; erlangt der Mieter die Kenntnis nach dem fünfzehnten Tag des Monats, so ist das Rechtsgeschäft auch insoweit wirksam, als es sich auf den Mietzins für den folgenden Kalendermonat bezieht. Ein Rechtsgeschäft, das nach dem Übergange des Eigentums vorgenommen wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Mieter bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Übergange des Eigentums Kenntnis hat. E II § 565; III § 567; s im übrigen bei § 573; Prot II 147.
Schrifttum Siehe bei § 573.
1. Zweck
1
§ 574 ist dem § 407 nachgebildet und bezweckt wie dieser einen umfassenden Schutz des Mieters als des Mietzinsschuldners (Prot II 147). § 574 erfaßt deshalb auch dieselben Rechtsgeschäfte wie § 407, so daß wegen aller Einzelheiten auf die Erläuterungen zu § 407 verwiesen werden kann. 2. Anwendungsbereich
2
a) Die Abgrenzung des § 574 von den §§ 571 und 573 ist unklar und umstritten. Nach der hier vertretenen Auffassung (s oben § 573 Rz 6, 7, 8, 11) fallen alle Vertragsänderungen, auch wenn sie den Mietzins betreffen, nur unter § 571, so daß sie den in den Vertrag eintretenden Erwerber stets binden, und zwar ganz ohne (793)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§574 3-8
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Rücksicht auf die §§ 573 und 574 (ebenso offenbar BGH LM Nr 33 zu § 535 BGB); Hauptbeispiele sind neben der vertraglichen Herabsetzung des Mietzinses alle Verrechnungsvereinbarungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Baukostenzuschüssen und ähnlichen Mieterleistungen. Davon zu unterscheiden sind zunächst die einseitigen Vorausverfügungen des Vermieters, denen die Abtretung, Verpfändung und Pfändung des Mietzinsanspruches gleichstehen: Sie haben ihre Regelung in § 573 gefunden (§ 573 Rz 2, 6, 11). 3 Als Anwendungsbereich des § 574 bleiben somit in der Tat nur alle Rechtsgeschäfte zwischen den Vertragsparteien mit Bezug auf den Mietzinsanspruch, die nicht zugleich eine Vertragsänderung enthalten. Unter § 574 fallen daher zB außer der vom Gesetz selbst hervorgehobenen Vorauszahlung des Mietzinses (BGH LM Nr 33 zu § 535 BGB) der Erlaß der Mietzinsforderung (im Gegensatz zu deren Herabsetzung durch Vertragsänderung [s BGH aaO]), weiter die Stundung der Mietzinsforderung, die Annahme einer anderen Leistung an Erfüllungs Statt, die Umwandlung der Mietzinsforderung sowie der Aufrechnungsvertrag (§ 573 Rz 6 f).* 4 b) Streitig ist, ob die einseitige Aufrechnung des Mieters auch unter § 574 oder nur unter § 575 fällt; die Streitfrage hat jedoch keine praktische Bedeutung, weil § 575 nur den § 574 zugunsten des Mieters erweitert. Hingegen ist die Kündigung kein Rechtsgeschäft zwischen Mieter und Vermieter hinsichtlich der Mietzinsforderung iS d e s § 5 7 4 ( a M n u r MITTELSTEIN 6 8 7 f ) .
5 c) Einen seit jeher umstrittenen Grenzfall bildet schließlich die vertragsmäßige Vorauszahlung des gesamten Mietzinses oder eines erheblichen Teils davon. Die Praxis wendet auf diese Fälle grundsätzlich § 571 an, wenn die Vorauszahlung dem ursprünglichen Vertrag entspricht, nicht hingegen wenn sie auf einer nachträglichen Vertragsänderung beruht (s oben § 5 7 3 R z 8 f m Nachw; zuletzt OLG Celle ZMR 1978, 342). Der BGH will jedoch eine Ausnahme machen, wenn der Mietzins nach periodischen Zeitabschnitten berechnet wird (s oben § 573 Rz 9, insbes BGHZ 37, 346, 351 ff). Eine Gegenausnahme ist freilich für Baukostenzuschüsse anerkannt (§ 573 Rz 10). Demgegenüber bleibt zu betonen, daß es allein darauf ankommt, ob durch die fraglichen Abreden der Parteien der Vertrag geändert worden ist oder nicht, da im Falle einer Vertragsänderung stets ausschließlich § 571 (und nicht die §§ 573 und 574) anzuwenden sind (oben Rz 2 sowie § 573 Rz 6, 7, 8 ff, 11). 6 d) § 574 ist entsprechend anwendbar auf Rechtsgeschäfte zwischen dem Mieter und dem Rechtsnachfolger des Vermieters, zB auf einen Vertrag zwischen dem Mieter und einem Zessionar des Vermieters. Die Folge ist, daß eine nach § 573 unwirksame Vorausverfügung des Vermieters durch ein Rechtsgeschäft zwischen dem Rechtsnachfolger des Vermieters und dem Mieter nach § 574 wirksam werden kann (MITTELSTEIN 6 8 8 ; NIENDORFF
318).
7 e) Wegen der entsprechenden Anwendung des § 574 nach anderen Gesetzen s § 573 Rz 3 ff. 8 3. Wirksamkeit a) In der Frage, welche Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter über die Mietzinsforderung auch gegenüber dem Grundstückserwerber wirksam sein sollen, unterscheidet sich § 574 in wichtigen Beziehungen zum Schutze des Mieters von * B G H L M Nr 3 3 zu § 5 3 5 B G B ; O L G H a m b u r g O L G E 3 4 , 2 0 7 , 2 0 8 ; O L G C e l l e Z M R 1 9 7 8 , 3 4 2 Nr 2 4 ; O L G D ü s s e l d o r f Z M R 1 9 7 2 , 3 7 6 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 4 R z 1 ; MITTELSTEIN 6 8 7 ff; PALANDT-PUTZO § 5 7 4 A n m 2 ; STERNEL RZ V 1 1 6 .
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(794)
§§ 574, 575 3. Titel. Miete. Pacht
8 a-13
§ 573: Während bei § 573 auf den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs abgestellt wird (s § 573 Rz 16 ff), spielt dieser Zeitpunkt bei § 574 nur eine ganz nebensächliche Rolle. Entscheidend ist hier vielmehr in erster Linie der Zeitpunkt, in dem der Mieter von dem Übergang des Eigentums positive Kenntnis erlangt (vgl § 407 Abs 1). Bloßes Kennenmüssen des Eigentumsüberganges genügt nicht. Ebensowenig reichen bloße Zweifel des Mieters an der fortbestehenden Berechtigung seines Vermieters aufgrund einer Mitteilung des Erwerbers zur Annahme der Mieterkenntnis aus; in einem solchen Falle hat der Mieter die erforderliche Kenntnis vielmehr erst erlangt, wenn ihm der Erwerber sein Eigentum nachgewiesen hat (RG JW 1905,641 f Nr 8). Keine Rolle spielt dabei, aus welcher Quelle der Mieter die Kenntnis von dem Eigentumsübergang erlangt hat ( M I T T E L S T E I N 689). Aber eine Informationspflicht trifft den Mieter nicht. Auch genügt nicht die bloße Kenntnis von dem Abschluß des der Veräußerung zugrunde liegenden Kausalgeschäftes, weil daraus nicht ohne weiteres auf den Eigentumsübergang geschlossen werden kann ( R O Q U E T T E § 574 Rz 5). b) Da es keine Rolle spielt, wann das Rechtsgeschäft vorgenommen worden ist, hat 8a man im einzelnen die folgenden Fälle zu unterscheiden: aa) Das Rechtsgeschäft ist vor Eigentumsiibergang vorgenommen worden. Dann ist 9 es gegen den Erwerber bis einschließlich desjenigen Monats wirksam, in dem der Mieter Kenntnis von dem Eigentumsübergang erlangt hat. Erfährt der Mieter hiervon erst in der zweiten Monatshälfte, so bleibt das Rechtsgeschäft auch für den folgenden Kalendermonat wirksam. bb) Dasselbe gilt, wenn das Rechtsgeschäft nach Eigentumsiibergang mit dem 10 Vermieter vorgenommen worden ist. Immer ist es wirksam, bis der Mieter von dem Eigentumsübergang positiv erfährt. c) Nur wenn im zweiten Falle, dh bei Vornahme des Rechtsgeschäfts nach 11 Eigentumsübergang dem Mieter der Eigentumsübergang schon bekannt war, ist das Rechtsgeschäft nach § 574 S 2 von Anfang an unwirksam. 4. Abweichende Vereinbarungen
12
Für eine vertragliche Abänderung des § 574 gilt dasselbe wie bei § 573 (s deshalb oben § 573 Rz 27 ff). Von § 574 abweichende Individualvereinbarungen sind mithin möglich, zum Nachteil Dritter jedoch immer nur mit deren Zustimmung (s H A N S § 573 Anm B 5). Durch Formularverträge und AGB kann hingegen von § 574 auf keinen Fall zum Nachteil des Mieters oder Dritter abgewichen werden (s § 573 Rz 29). 5. Beweislast
13
Wenn der Erwerber mit Rücksicht auf die Kenntnis des Mieters von dem Eigentumsübergang die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts zwischen Mieter und Vermieter behauptet, trifft ihn die Beweislast für die Kenntnis des Mieters von dem Eigentumsübergang ( M I T T E L S T E I N 689 f).
§575 Soweit die Entrichtung des Mietzinses an den Vermieter nach § 574 dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann der Mieter gegen die Mietzinsforderung des Erwerbers eine ihm gegen den Vermieter zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung (795)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§575 1-5
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
ist ausgeschlossen, wenn der Mieter die Gegenforderung erworben hat, nachdem er von dem Übergange des Eigentums Kenntnis erlangt hat, oder wenn die Gegenforderung erst nach Erlangung der Kenntnis und später als der Mietzins fällig geworden ist. E II § 567; III § 568; Prot II 147.
Schrifttum MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 690 f; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 318 f.
1 Anwendungsbereich a) § 575 ist zum Schutze des Mieters dem § 406 nachgebildet worden (s Prot II 147). Sein Zweck ist es, dem Mieter eine einmal erworbene Aufrechnungslage selbst dann zu erhalten, wenn er vor Erklärung der Aufrechnung Kenntnis von dem Eigentumsübergang erlangt. Nach hM fällt die Aufrechnung an sich schon unter § 574 (s § 573 Rz 2, 7; § 574 Rz 4). Danach wäre die Aufrechnung ausgeschlossen, sobald der Mieter von dem Eigentumsübergang Kenntnis erlangt hat (§ 574 S 2). In diesem Falle greift jedoch § 575 ein: Der Mieter kann trotz Kenntniserlangung immer noch gegen die Mietzinsforderungen des Erwerbers bis einschließlich desjenigen Monats aufrechnen, in dem er von dem Eigentumsübergang Kenntnis erlangt hat; hat er die Kenntnis erst in der zweiten Monatshälfte erlangt, so kann er auch noch gegen die Mietzinsforderung des Erwerbers für den folgenden Monat aufrechnen (vgl MITTELSTEIN 6 9 0 f ; NIENDORFF 3 1 8 f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 5 R z 1).
2 b) Die Forderungen, mit denen der Mieter aufrechnet, brauchen nicht auf dem Mietverhältnis zu beruhen. Der Mieter kann vielmehr mit beliebigen Forderungen gegen den Vermieter gegenüber dem Erwerber nach Eigentumsübergang im Rahmen der §§ 574 und 575 die Aufrechnung erklären. Keine Aufrechnung iS des § 575 ist jedoch die Mietzinsminderung nach § 537 oder ein Zurückbehaltungsrecht. Hierfür gilt allein die Regel des § 571 (ERMAN-SCHOPP § 575 Rz 2; MITTELSTEIN 690 Fn 52; PALANDT-PUTZO § 5 7 5 A n m 1).
3 c) § 575 ist entsprechend anwendbar in den Fällen des § 57 ZVG und des § 14 Abs 1 BJG. Nach § 57 b Abs 1 ZVG tritt jedoch in der Zwangsversteigerung in § 575 an die Stelle der Kenntnis des Mieters vom Eigentumsübergang seine Kenntnis von der Beschlagnahme des Grundstücks (s oben § 573 Rz 4 b).
4 2. Ausschluß der Aufrechnung § 575 setzt voraus, daß - abgesehen von der Gegenseitigkeit - alle Voraussetzungen der Aufrechnung vorliegen. Eine Aufrechnung ist daher unmöglich, wenn sie durch den Mietvertrag wirksam ausgeschlossen ist (s § 552 a). Außerdem ist die Aufrechnung durch § 575 S 2 in Anlehnung an § 406 in zwei weiteren Fällen ausgeschlossen worden. Es handelt sich dabei um die folgenden beiden Fälle: 5 a) § 575 S 2 betrifft zunächst den Fall, daß der Mieter nach dem Eigentumsübergang eine Forderung gegen den Vermieter erworben hat, zB durch Abtretung seitens eines Dritten. In diesem Falle kann er mit der neuerworbenen Forderung immer noch gegen den Erwerber aufrechnen, sofern er bei dem Erwerb der Forderung von dem Eigentumsübergang keine positive Kenntnis hatte und wenn außerdem die erworbene Forderung spätestens im selben Augenblick wie die Mietzinsforderung fällig wird. Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(796)
§§ 575, 576 3. Titel. Miete. Pacht
6-8; 1, 2
Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so ist die Aufrechnungslage des Mieters nicht schutzwürdig, so daß die Aufrechnung nicht möglich ist. b) Der zweite in § 575 S 2 geregelte Fall ist der, daß die Gegenforderung des Mieters 6 bei Eigentumsübergang wenigstens dem Grunde nach schon begründet war. Mit solchen Forderungen kann der Mieter ebenfalls immer noch gegenüber dem Erwerber aufrechnen, auch wenn sie erst nach dem Eigentumsübergang endgültig entstehen, sofern sie nur nicht später als die Mietzinsforderung fällig werden (vgl im einzelnen BGHZ 19, 153, 159 f; 56, 111; 58, 327; BGH LM Nr 2 zu § 54 KO; JZ 1962, 92). c) Wegen der Zulässigkeit abweichender Vereinbarungen vgl § 574 Rz 12.
7
3. Beweislast
8
Der Erwerber, der mit Rücksicht auf die Kenntnis des Mieters die Unwirksamkeit der Aufrechnung behauptet, trägt die Beweislast für die Kenntnis des Mieters. §576 Zeigt der Vermieter dem Mieter an, daß er das Eigentum an dem vermieteten Grundstück auf einen Dritten übertragen habe, so muß er in Ansehung der Mietzinsforderung die angezeigte Übertragung dem Mieter gegenüber gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen zurückgenommen werden, welcher als der neue Eigentümer bezeichnet worden ist. E II § 568; III § 569; Prot II 147. Schrifttum CANARIS, D i e V e r t r a u e n s h a f t u n g i m d e u t s c h e n P r i v a t r e c h t ( 1 9 7 1 ) 4 5 1 f f ; ENNECCERUS-LEHMANN ( 1 5 . B e a r b 1 9 5 8 ) § 1 3 3 I I I 4 ; ESSER-E. SCHMIDT 1 2 § 3 7 1 4 . 5 ; LARENZ I ( 1 2 . A u f l 1 9 7 9 ) § 3 4 I V ( S
478 f); MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 693 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 319; WEIMAR, Der Vertrauensschutz des Mieters bei fälschlich angezeigter Veräußerung (§ 576 BGB), ZMR 1963, 2; ders, Kann eine Grundbucheintragung für den Mieter Bedeutung haben? M D R 1966, 817.
1. Zweck
1
Die Vorschrift, die dem § 409 nachgebildet ist (s Prot II 147), soll den Mieter in seinem Vertrauen auf eine Anzeige des Vermieters über den erfolgten Eigentumsübergang schützen. Der Mieter, der idR keinen Einblick in die Beziehungen zwischen dem Vermieter und einem Grundstückserwerber hat, soll sich unbedingt darauf verlassen können, daß ein ihm vom Vermieter angezeigter Eigentumsübergang auch tatsächlich erfolgt ist. 2. Anwendungsbereich
2
a) § 576 betrifft nur solche Anzeigen, die gerade vom Vermieter ausgehen, weil dem Gesetzgeber der Mieter nur dann schutzwürdig erscheint. Inhaltlich muß sich die Anzeige auf die (bereits erfolgte) Übertragung des Eigentums an dem vermieteten Grundstück beziehen; die bloße Mitteilung des Abschlusses eines Kausalgeschäftes (797)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§576 3-6
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
genügt nicht. § 576 ist darüber hinaus entsprechend anwendbar in den Fällen der §§ 1056 und 2135 BGB, 37 WEG, 30 ErbbauVO und 14 BJG. 3 b) Die Anzeige muß, um die Wirkungen des § 576 auszulösen, gerade vom Vermieter ausgegangen sein, so daß die Anzeige eines Dritten nur genügt, wenn er vom Vermieter zur Erstattung der Anzeige bevollmächtigt war. Das gilt auch für den Erwerber. Auch der Vergleich zwischen § 576 und § 409 zeigt, daß der Anzeige bei § 576 grundsätzlich nicht die Vorlage einer Urkunde durch den Erwerber gleichsteht, in der der Eigentumsübergang bestätigt wird. Hingegen wird § 576 idR anwendbar sein, wenn der Eigentümer eines Hauses dem Käufer ein an die Mieter der Wohnungen gerichtetes, die Veräußerung mitteilendes Schreiben ausgehändigt hat und der Erwerber dieses dann den Mietern vorweist. 4 3. Begriff a) Die Anzeige ist nach hM bloße Rechtshandlung und keine Willenserklärung, weil sie keinen Rechtsfolgewillen voraussetzt. Sie wird jedoch in allen wesentlichen Beziehungen ebenso wie eine Willenserklärung behandelt, so daß ihre Wirksamkeit Geschäftsfähigkeit voraussetzt ( W E I M A R ZMR 1963,2, 3). Auch eine Anfechtung der Anzeige ist möglich mit der Folge, daß der zugunsten des Mieters begründete Rechtsschein rückwirkend (§ 142 Abs 1) beseitigt wird; der Mieter ist dann auf die Ersatzpflicht des Vermieters aus § 122 beschränkt.* 4a b) Die Anzeige wird wirksam mit Zugang beim Mieter (§130). Eine besondere Form ist für sie nicht vorgeschrieben; sie kann deshalb auch konkludent erfolgen. Wegen des Inhalts der Anzeige s oben Rz 2. 5 4. Wirkung a) Die Anzeige hat keine konstitutive Wirkung (BGHZ 64,117,119 f gegen RG JW 1926, 2529, 2530 Nr 5); nach § 576 Abs 1 beschränkt sich ihre Wirkung vielmehr darauf, daß der Mieter den Erwerber hinsichtlich der Mietzinszahlung als seinen neuen Gläubiger behandeln darf (nicht muß). Der Mieter kann sich also auf die Anzeige verlassen und mit befreiender Wirkung an den Erwerber zahlen, ihm gegenüber aufrechnen oder mit ihm einen Erlaß vereinbaren ( R O Q U E T T E § 576 Rz 5). Keine Rolle spielt dabei, ob der Eigentumsübergang tatsächlich erfolgt ist oder nicht. Gerade in den Fällen, in denen das Eigentum tatsächlich nicht übergegangen ist, hat § 576 seine eigentliche Bedeutung (BGHZ 56, 339, 349; 64, 117, 119 ff; BGH LM Nr 6 zu MRG Nr 53 = BB 1956, 639). Nach hM gilt dies selbst dann, wenn dem Mieter bekannt ist, daß tatsächlich das Eigentum nicht übergegangen ist; eine Ausnahme wird nur für die Fälle des § 826 anerkannt.** 6 b) § 576 Abs 1 beschränkt die Wirkungen der Anzeige ausdrücklich auf die Mietzinsforderungen. Keine Wirkungen äußert die Anzeige folglich hinsichtlich der sonstigen Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Vertrag. Daraus folgt vor allem, * CANARIS, V e r t r a u e n s h a f t u n g 4 5 1 ff; ENNECCERUS-LEHMANN § 133 III 4; LARENZ I § 34 I V ; MITTELSTEIN 6 9 3 ; WEIMAR Z M R 1963, 2, 3 ; wohl a u c h BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 6 R z 1; a M ROQUETTE § 5 7 6 R z 9. ** R G Z 126, 183, 185; R G J W 1926, 2 5 2 9 , 2 5 3 0 N r 3; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 6 R z 1; MITTELSTEIN 6 9 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 6 A n m 1; ROQUETTE § 5 7 6 R z 6 ; e i n s c h r ä n k e n d j e d o c h B G H W M 1955, 8 3 0 ; offengelassen in B G H Z 56, 339, 3 4 8 ; a M n u r WEIMAR Z M R 1963, 2, 3.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(798)
3. Titel. Miete. Pacht
§576 6 a-11
daß der Mieter sich bei Vertragsänderungen nicht auf die Anzeige verlassen kann. Ist die Anzeige unrichtig, so ist eine mit dem Scheinerwerber vereinbarte Änderung des Vertrags dem Vermieter gegenüber unwirksam. Eine Ausnahme ist jedoch bei einer Kündigung des Erwerbers bzw des Mieters 6a (gegenüber dem Erwerber) zu machen. In solchen Fällen ist § 576 Abs 1 entsprechend anzuwenden, so daß die Kündigung wirksam ist (s oben § 571 Rz 62 d). c) § 576 Abs 1 bezweckt nur den Schutz des Mieters, so daß der Mieter nicht 7 gezwungen ist, sich hierauf zu berufen. Er kann statt dessen auch von dem Erwerber den vollen Nachweis seines Eigentumserwerbes verlangen (MITTELSTEIN 693; N I E N D O R F F 319). Er kann aber auch, wenn ihm bekannt ist, daß tatsächlich das Eigentum nicht übergegangen ist, ganz auf den Schutz des § 576 verzichten und weiterhin mit befreiender Wirkung an den Vermieter als den Berechtigten leisten (KG OLGE 18, 7; insbes BGHZ 64, 117, 118 ff). 5. Rücknahme
8
Nach § 576 Abs 2 kann der Vermieter die Anzeige nur mit Zustimmung desjenigen zurücknehmen, den er in der Anzeige als den neuen Eigentümer bezeichnet hat. Diese Zustimmung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, für die keine besondere Form vorgeschrieben ist, so daß sie auch konkludent erfolgen kann (KG OLGE 18,7). Die Pflicht des in der Anzeige als neuer Eigentümer bezeichneten Dritten zur Zustimmung zur Zurücknahme der Anzeige ergibt sich bei fehlendem Eigentumserwerb aus § 812 ( P A L A N D T - H E I N R I C H S § 409 Anm 2). Solange jedoch dem Mieter vom Vermieter die Zustimmung des Dritten nicht 9 nachgewiesen worden ist, kann der Mieter die Anzeige als wirksam behandeln und weiterhin mit befreiender Wirkung an den als neuen Eigentümer bezeichneten Dritten leisten; dem Nachweis der Zustimmung des Dritten steht dabei der Nachweis von Tatsachen, aus denen sich die Pflicht des Dritten zur Zustimmung ergibt, nicht gleich (RG JW1926,2529,2530 Nr 5). Auch hier gilt jedoch, daß der Schuldner nicht gezwungen ist, sich auf die Wirksamkeit der Anzeige zu berufen. Er kann statt dessen auch mit befreiender Wirkung weiterhin an den Vermieter als den Berechtigten leisten, selbst wenn die Zustimmung des Dritten zur Rücknahme der Anzeige noch nicht vorliegt (BGHZ 64, 117, 120 ff). 6. Schutz des Mieters nach anderen Vorschriften
10
Wenn der Vermieter dem Mieter den Eigentumsübergang nicht angezeigt hat, der (angebliche) Erwerber jedoch einen Grundbuchauszug vorlegt, aus dem sich sein Eigentum ergibt, stellt sich die Frage, ob bei einer Leistung des Mieters an den angeblichen, neuen Eigentümer zum Schutze des Mieters § 893 entsprechend anzuwenden ist. Die Frage ist schon von den Verfassern des BGB mit Recht bejaht worden.* 7. Beweislast
11
Wenn der Mieter trotz der Anzeige des Vermieters den Eigentumserwerb seines angeblichen, neuen Vermieters bestreitet, trifft nicht den Mieter, sondern den dritten * P r o t II 147; e b e n s o im E r g e b n i s DERLEDER, in: A K § 5 7 6 R z 1; ERMAN-SCHOPP § 5 7 6 R z 3; MITTELSTEIN 6 9 4 m N a c h w ; NIENDORFF 3 1 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 6 A n m 1; ROQUETTE § 5 7 6 R z 10; a M z B BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 6 R z 2 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 133 III 4 ; WEIMAR Z M R 1963, 2. (799)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§577 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Erwerber die Beweislast für den Eigentumsübergang (MITTELSTEIN 694 Fn 83; aM NIENDORFF 319 Fn 29). Hingegen trifft den Mieter die Beweislast für das Vorliegen einer wirksamen Anzeige, wenn er sich auf den Schutz des § 576 beruft. Trägt der Vermieter dagegen vor, er habe mit Zustimmung des dritten Erwerbers die Anzeige zurückgenommen, so muß er auch die Zustimmung des Dritten nachweisen (RG JW 1926, 2 5 2 9 , 2 5 3 0 N r 5).
§577 Wird das vermietete Grundstück nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter mit dem Rechte eines Dritten belastet, so finden die Vorschriften der §§ 571 bis 576 entsprechende Anwendung, wenn durch die Ausübung des Rechtes dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch entzogen wird. Hat die Ausübung des Rechtes nur eine Beschränkung des Mieters in dem vertragsmäßigen Gebrauche zur Folge, so ist der Dritte dem Mieter gegenüber verpflichtet, die Ausübung zu unterlassen, soweit sie den vertragsmäßigen Gebrauch beeinträchtigen würde. E I § 510; II § 569; III § 570; Mot II 386 f; Prot II 159 ff.
Schrifttum DAMMERTZ, Wohnungsrecht und Dauerwohnrecht (1970); DULCKEIT, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, Recht und Staat 158/159 (1951) bes 20 ff; ECKSTEIN, Tritt der Nießbraucher in die Mietverträge des Nießbrauchbestellers ein? SeuffBl 77 (1912), 571; FRAEB, Pfändung und Überweisung von Mietforderungen bei grundbuchlich eingetragenem Nießbrauch eines Dritten, JW 1 9 1 6 , 2 4 9 ; GSCHNITZER, M i e t e v o m N i c h t b e r e c h t i g t e n , A c P 1 2 3 ( 1 9 2 5 ) 4 3 ; KOBAN, D i e g e s e t z l i c h e
Bürgschaft der §§ 571 und 1251 des BGB (1905); KOLLHOSSER, Dingliches Wohnrecht und unberechtigte Vermietung, BB 1973, 820; LONING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930) bes 158 ff, 178 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 701 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 322 ff; STILLSCHWEIG, Der Nießbrauch im Widerstreit mit anderen Rechten an der Mietzinsforderung und sein Verhältnis zur Zwangsverwaltung, JW 1921, 201 ff.
Systematische Übersicht I. Zweck 1 II. 1. 2. a) b) c)
Der Eintritt des Berechtigten 3 Wohnungsrecht 4 Nießbrauch 6 Eintritt des Nießbrauchers 7 Vorausverfügungen des Vermieters 15 Erlöschen des Nießbrauchs 17
d) Vorausverfügungen des Nießbrauchers 18 3. Erlöschen der anderen Rechte 20 III. Dienstbarkeiten 23 IV. Abweichende Vereinbarungen 24 V. Beweislast 28
Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 27 Anwendungsbereich 1 f Beweislast 28 Dauernutzungsrecht 22 Dauerwohnrecht 22
Dienstbarkeiten 2, 23 ff - kein Eintritt des Berechtigten 24 - Kündigung des Vertrages 24 - Mehrzahl von Dienstbarkeiten 25 - Mietzinsanspruch 24 - Unterlassungsanspruch des Mieters 23 - Zweck 2
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(800)
§577 3. Titel. Miete. Pacht Erbbaurecht 3, 21 Erlöschen des Rechts 17, 20 ff - Dauernutzungsrecht 22 - Dauerwohnrecht 22 - Erbbaurecht 18 - Nießbrauch 17, 20 - Wohnungserbbaurecht 22 - Wohnungsrecht 22
1,2
-
Mietzinsanspruch 7 Mietzinserhöhung 9 Mietzinsermäßigung 10 Pfändung des Mietzinsanspruchs 15 f, 18 f Sicherheiten des Mieters 15 Sicherungsnießbrauch 7 Vermietung nach Nießbrauchbestellung 13 Vertragsänderung 10 Vorbehalt des Nießbrauchs bei Veräußerung 14 - Vorausverfügungen des Nießbrauchers 17, 18 f
Grundpfandrechte 1 Kündigung 10, 24 Mietzinsanspruch 4, 7, 24 Mietzinserhöhung 9
- Vorausverfügungen des Vermieters 15 f
Nießbrauch 6 ff - Bürgenhaftung des Vermieters 11 - Erfüllungsanspruch des Mieters 12 - Erlöschen des Nießbrauchs 17, 20 - gesetzlicher Eintritt 7 - Kündigung des Vertrages 10 - Mehrzahl von Nießbrauchberechtigten 25
Pfändung des Mietzinsanspruchs 15 f, 18 f Vertragsänderungen 10 Vorausverfügungen des Nießbrauchers 18 f Vorausverfügungen des Vermieters 15 f Wohnungserbbaurecht 22 Wohnungsrecht 4 f, 22
1. Zweck
1
Nachdem sich die 2. Kommission zur Übernahme des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete" entschlossen hatte, mußte auch die Frage geregelt werden, was geschehen soll, wenn der Grundstückseigentümer nach Vermietung des Grundstücks dieses zwar nicht veräußert, aber mit einem dinglichen Recht belastet, da auch durch solche Rechte dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch entzogen werden kann. Besonders deutlich wird dies an der Bestellung eines Nießbrauchs oder eines Erbbaurechts. Die 2. Kommission entschloß sich deshalb, die entsprechende Anwendung der §§ 571 bis 576 auf die Bestellung derjenigen dinglichen Rechte anzuordnen, durch deren Ausübung dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch entzogen würde. Es sind dies aus dem BGB der Nießbrauch und das Wohnungsrecht des § 1093, weiter das Erbbaurecht aufgrund der ErbbaurechtsVO sowie aus dem WEG das Dauerwohnrecht, das Dauernutzungsrecht ( § 3 1 WEG) sowie das Wohnungserbbaurecht des § 30 WEG. Hinzu kommen nach Landesrecht noch die alten Altenteilsrechte (s Prot II 161). Nicht hierher gehört hingegen die Bestellung von Grundpfandrechten. Die Bestellung dieser Rechte ist vielmehr ohne jeden Einfluß auf vom Grundstückseigentümer abgeschlossene Mietverträge. Die Haftung der Mietzinsforderungen für die Grundpfandrechte richtet sich allein nach den §§ 1123 ff (PALANDT-PUTZO § 577 Anm 2). Auch durch Grunddienstbarkeiten (§§ 1018 ff) und durch beschränkte persönliche 2 Dienstbarkeiten (§§ 1090 ff) kann der vertragsmäßige Gebrauch des Mieters beeinträchtigt werden. Deshalb bestimmt § 577 S 2 ergänzend, daß der aus der Dienstbarkeit Berechtigte deren Ausübung insoweit unterlassen muß, als sie den vertragsmäßigen Gebrauch des Mieters beeinträchtigte. Durch diese Regelung, die der Miete unbestreitbar gewisse dingliche Wirkungen beilegt, wollte der Gesetzgeber Schikanen des Vermieters gegenüber dem Mieter verhindern (Prot II 162; DULCKEIT 2 0 ff; LÖNING 1 7 9 ff). (801)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§577 3-7
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
3 II. Der Eintritt des Berechtigten Nach § 577 S 1 gelten bei nachträglicher Belastung des Grundstücks mit einem Nießbrauch, Wohnungsrecht, Erbbaurecht oder Dauerwohnrecht die §§ 571 bis 576 entsprechend. Voraussetzung ist jedoch, daß es gerade der Eigentümer war, der das Grundstück vermietet hatte (KG OLGE 20, 98, 99 f), und daß dem Mieter das Grundstück vor der Bestellung der genannten Rechte bereits überlassen war (s dazu § 571 Rz 36 ff). Keine Probleme wirft dabei die Bestellung eines Erbbaurechts auf. Sie steht der Veräußerung des Grundstücks so nahe, daß die §§ 571 bis 576 uneingeschränkt auf diesen Vorgang angewendet werden können (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB, B1 2 R f; M I T T E L S T E I N 702). Erhebliche Probleme entstehen jedoch bei der Belastung des Grundstücks mit einem Wohnungsrecht oder einem Nießbrauch.
4 1. Wohnungsrecht a) Aus § 577 S 1 in Verbindung mit § 571 Abs 1 ergibt sich, daß bei nachträglicher Bestellung eines Wohnungsrechtes an den dem Mieter vermieteten Räumen der Wohnungsberechtigte in den Mietvertrag kraft Gesetzes aus eigenem Recht eintritt. Dadurch wird zugleich der Eigentümer aus der Vermieterstellung verdrängt, jedenfalls wenn das Wohnungsrecht im wesentlichen dieselben Räume wie der Mietvertrag umfaßt (BGHZ 59, 51, 53 f; B G B - R G R K - G E L H A A R § 577 Rz 2; PALANDT-BASSENGE § 1 0 9 3 A n m
5; ROTHE A n m L M N r 7 zu § 1 0 9 3 B G B ;
aM
1973,820; M I T T E L S T E I N 705; N I E N D O R F F 323). Erfaßthingegen das Wohnungsrecht nur einen Teil der vermieteten Räume, so wird man schwerlich eine Aufspaltung des Mietvertrages auf Vermieter und Wohnungsberechtigten annehmen können; die sachgerechte Lösung ist hier vielmehr die Anwendung des § 577 S 2 ( R O T H E Anm LM Nr 7 zu § 1093 BGB; offengelassen in BGHZ 59,51,54 f). Soweit der Wohnungsberechtigte hiernach in den Mietvertrag eintritt, gebühren ihm auch die Mietzinsen, selbst wenn ihm die Überlassung der Räume an Dritte nicht gestattet KOLLHOSSERBB
w a r ( B G H a a O ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 7 R z 2).
5 b) Vermietet der Eigentümer hingegen die fraglichen Räume erst nach Bestellung des Wohnungsrechtes, so ist der Mietvertrag ohne Wirkung gegenüber dem Wohnungsberechtigten. Dieser kann vielmehr Unterlassung der Störung vom Eigentümer sowie Herausgabe der vom Eigentümer gezogenen Mietzinsen verlangen ( v g l PALANDT-BASSENGE § 1 0 9 3 A n m
1 b ; KOLLHOSSER B B 1 9 7 3 ,
820).
6 2. Nießbrauch Der wohl wichtigste Anwendungsfall des § 577 S 1 ist die Bestellung eines Nießbrauchs an dem vermieteten Grundstück nach dessen Überlassung an den Mieter. In diesem Falle tritt nach § 577 S 1 in Verbindung mit § 571 Abs 1 der Nießbraucher in den Mietvertrag ein, vorausgesetzt, daß der Eigentümer zugleich der Vermieter ist (oben Rz 3; vgl im übrigen schon oben § 5 71 Rz 19 ff zur Rechtslage bei Vermietung durch den Nießbraucher). 7 a) Eintritt des Nießbrauchers Der Eintritt des Nießbrauchers in den Mietvertrag beruht ebenso wie bei § 571 Abs 1 unmittelbar auf Gesetz; eine Rechtsnachfolge liegt nicht vor, so daß kein Raum für die Anwendung etwa des § 404 ist; vielmehr gebühren die Mietzinsen dem Nießbraucher von dem Augenblick der Nießbrauchbestellung ab kraft eigenen Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(802)
§577 3 . Titel. Miete. Pacht
8-13
Rechtes.* Keine Rolle spielt in allen diesen Beziehungen das der Nießbrauchbestellung zugrunde liegende Kausalverhältnis; auch wenn der Nießbrauch nur zu Sicherungszwecken bestellt ist, tritt der Nießbraucher an Stelle des Vermieters in den Vertrag ein (OLG Dresden SächsArch 2 [1907] 563, 564). aa) Voraussetzung des Eintritts ist, daß der Nießbrauch wirksam ist. Im Falle der 8 Nichtigkeit des Nießbrauchs kommt ein Eintritt des vermeintlichen Nießbrauchers nicht in Betracht; ebensowenig, wenn der Berechtigte bisher lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Nießbrauchbestellung hat ( OLG Köln NJW 1968, 2148; vgl auch für die entsprechende Rechtslage bei Vermietung des Grundstücks durch den Nießbraucher oben § 571 Rz 19 b). bb) Umstritten ist, ob durch den Eintritt des Nießbrauchers in den Mietvertrag der 9 Eigentümer ganz verdrängt wird oder doch wenigstens gewisse Mitwirkungsrechte behält (vgl insbes MITTELSTEIN 7 0 4 ff; N I E N D O R F F 3 2 3 m Nachw). Auszugehen ist hier davon, daß die §§ 571 und 577 in erster Linie den Schutz des Mieters und nicht den Schutz des Eigentümers bezwecken. Daraus kann man nur den Schluß ziehen, daß der Eintritt des Nießbrauchers anstelle des Vermieters zu dessen völliger Verdrängung aus dem Mietvertrage führt (ebenso offenbar BGH LM Nr 14 zu § 535 BGB; LG Berlin I GE 1 9 3 1 , 7 3 4 ; MITTELSTEIN 7 0 5 ) . Folglich kann auch nur der Nießbraucher (nach Begründung seines Rechts durch Einigung und Eintragung) eine Erhöhung des Mietzinses nach § 2 MHRG verlangen (s unten § 2 MHRG Rz 49).
Folglich können sowohl der Nießbraucher als auch der Mieter ohne jede Mitwirkung 10 des Vermieters den Mietvertrag kündigen (ebenso zu Recht N I E N D O R F F 323). Beide können auch jederzeit eine Änderung oder Aufhebung des Vertrages vereinbaren (aM MITTELSTEIN 705), und zwar auch mit Wirksamkeit für die Zeit nach Beendigung des Nießbrauchs, so daß der Eigentümer dann nur in den entsprechend abgeänderten Mietvertrag wieder eintreten kann (aM OLG Celle OLGE 33, 320 für die Ermäßigung des Mietzinses durch den Nießbraucher; zust zB B G B - R G R K - G E L H A A R § 577 Rz 3 ; MITTELSTEIN 705; P A L A N D T - P U T Z O § 577 Anm 2). Folglich kann nach Kündigung der Nießbraucher auch allein vom Mieter Räumung verlangen ( S O E R G E L MEZGER § 5 7 7 R z 2 ) .
Die Rechtsstelung des Vermieters beschränkt sich auf seine bürgenähnliche Haftung 11 aufgrund des § 571 Abs 2; jedoch kommt eine Befreiung von dieser Haftung aufgrund des § 571 Abs 2 S 2 hier nicht in Betracht, da nach Erlöschen des Nießbrauchs der Mietvertrag an den Eigentümer zurückfällt (MITTELSTEIN 705). Als neuer Vermieter ist fortan der Nießbraucher zur Erfüllung des Vertrages durch 12 Gebrauchsüberlassung und Erhaltung der Sache verpflichtet (§§ 577 S 1, 535, 536; OLG Hamburg OLGE 33, 304,305; MITTELSTEIN 704 f). Dementsprechend müssen auch die Fristsetzung auf Grund des § 542 und die Anzeige von Mängeln nach § 545 gegenüber dem Nießbraucher (und nicht gegenüber dem Eigentümer und Vermieter) erfolgen. Umgekehrt kann auch allein der Nießbraucher vom Mieter Beseitigung der vom Mieter zu vertretenden Schäden verlangen (OLG Kiel OLGE 39, 239 f). cc) Der Eintritt des Nießbrauchers setzt voraus, daß der Mietvertrag vom Eigentümer 13 vor Bestellung des Nießbrauchs abgeschlossen worden war und daß das Grundstück dem Mieter bereits überlassen war. Ein vom Eigentümer nach Bestellung des Nießbrauchs abgeschlossener Mietvertrag ist ohne Wirkung gegenüber dem Nieß* R G Z 6 8 , 1 0 , 1 3 ; 8 1 , 1 4 6 , 1 4 9 ; 8 0 , 3 1 1 , 316; 9 4 , 2 7 9 , 2 8 1 f; 1 2 4 , 3 2 5 , 3 2 9 ; R G J W 1908,135 f Nr 4 ; W a r n R 1 9 1 1 N r 19 S 2 5 ; O L G H a m b u r g O L G E 3 3 , 3 1 9 , 3 2 0 ; K G O L G E 1 4 , 1 2 9 f; B G H L M N r 14 zu § 5 3 5 B G B = N J W 1 9 5 8 , 3 8 0 f; L G M a n n h e i m Z M R 1 9 7 7 , 2 8 4 f; L G Berlin I G E 1931, 7 3 4 ; MITTELSTEIN 7 0 3 f; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 7 7 R z 2. (803)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§577 14-18
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
braucher, so daß der Nießbraucher von dem Mieter Räumung und nur Räumung verlangen kann (KG LZ 1917, 1011 Nr 15; M I T T E L S T E I N 703). 14 dd) Wenn der Eigentümer nach Vermietung des Grundstücks und nach dessen Überlassung an den Mieter das Grundstück veräußert und sich zugleich den Nießbrauch vorbehält, tritt keine Änderung der Rechtslage ein, da der frühere Eigentümer jetzt als Nießbraucher Vermieter bleibt; erst bei Erlöschen des Nießbrauchs fällt analog § 1056 der Mietvertrag an den Grundstückserwerber (so richtig R O Q U E T T E § 577 Rz 6; teilweise aM LG Bochum ZMR 1952, 38 f m abl Anm SCHOPP).
15 b) Vorausverfügungen des Vermieters Neben § 571 sind auf die nachträgliche Bestellung eines Nießbrauchs durch den Eigentümer und Vermieter auch die §§ 572, 573 bis 575 und 576 entsprechend anwendbar. Nach § 572 kann also der Nießbraucher von dem Eigentümer Aushändigung einer vom Mieter schon geleisteten Sicherheit verlangen und ist dann zu deren Rückgewähr verpflichtet, wenn während des Bestandes seines Rechtes der Mietvertrag endet. Vor allem aber sind Vorausverfügungen des Eigentümers und Vermieters über den Mietzins durch dessen Abtretung oder Verpfändung sowie Pfändungen des Mietzinses durch Gläubiger des Vermieters dem Nießbraucher gegenüber nur im Rahmen des § 573 wirksam. Dasselbe gilt für Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter über die Mietzinsforderung, insbes für Mietzinsvorauszahlungen des Mieters nach § 574 (s oben § 573 Rz 14 m Nachw; RGZ 94, 279, 281 f; RG WarnR 1911 Nr 19 S 25; OLG Hamburg HansGZ 1916 Beibl 268; OLG Dresden OLGE 8, 399 f; K G OLGE 14, 131; B G B - R G R K - G E L H A A R § 577 Rz 3; M I T T E L S T E I N 704 m Nachw). 16 Jenseits der Grenzen des § 573 sind Verfügungen des Eigentümers über die Mietzinsforderungen als Verfügungen eines Nichtberechtigten unwirksam (OLG Hamburg OLGE 33, 319, 320). Werden jetzt noch die Mietzinsforderungen durch Gläubiger des Vermieters gepfändet, so kann der Nießbraucher nach § 771 ZPO intervenieren (OLG Dresden SächsArch 2 [1907] 563, 564; 3 [1908] 168, 169; 3 [1908] 584 f; M I T T E L S T E I N 704). Eine Ausnahme gilt nur bei einer Pfändung der Mietzinsforderungen durch einen vorgehenden Hypothekengläubiger; dieser Pfändung kann der Nießbraucher wegen des Vorrangs der Hypothek niemals widersprechen (RGZ 81, 146, 149 f; M I T T E L S T E I N 704). 17 c) Erlöschen des Nießbrauchs Wenn der Nießbrauch erlöscht, ordnet § 1056 Abs 1 die entsprechende Anwendung der §§ 571 ff nur für den Fall an, daß der Nießbraucher das Grundstück vermietet hatte (dazu eingehend oben § 571 Rz 19 ff). Die §§ 572 und 573 ff sind jedoch darüberhinaus nach allgemeiner Meinung auch dann entsprechend anwendbar, wenn zunächst der Eigentümer das Grundstück vermietet hatte und dann erst der Nießbraucher aufgrund der§§ 577 und 571 Abs 1 in den Mietvertrag eingetreten war. Erlischt im letzteren Falle der Nießbrauch vor Ablauf des Mietvertrages, so fällt der Mietvertrag an den Eigentümer und Vermieter zurück; die §§ 572 bis 576 gelten entsprechend (KG OLGE 39, 240, 241; E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 133 I 2 d Fn 8; H A N S § 5 7 7 A n m B 2 c ; L Ö N I N G 1 7 8 f ; E R M A N - S C H O P P § 5 7 7 R z 2 ; MITTELSTEIN
705). 18 d) Vorausverfügungen des Nießbrauchers Über die Mietzinsforderungen, die auf die Zeit seines Rechtes entfallen, kann der Nießbraucher unbeschränkt durch Abtretung oder Verpfändung verfügen; auch eine Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(804)
3. Titel. Miete. Pacht
§577 19-23
Pfändung der Mietzinsforderungen durch Gläubiger des Nießbrauchers ist während dieser Zeit unbeschränkt möglich (RG JW1912,870 Nr 29). Solche Verfügungen des Nießbrauchers über die Mietzinsforderungen sind im Rahmen des § 1124 auch gegenüber einem vorrangigen Hypothekengläubiger wirksam (OLG Dresden SächsArch 3 [1908] 584 f). Aber da die Mietzinsforderungen ihm ohnehin schon kraft Gesetzes zustehen, kann er sie nicht nochmals pfänden und sich überweisen lassen ( R G Z 8 0 , 3 1 1 , 3 1 6 f; a M z B MITTELSTEIN 7 0 3 f ) .
Soweit sich die Verfügungen des Nießbrauchers über die Mietzinsforderungen auf die 19 Zeit nach Erlöschen seines Rechts erstrecken, beurteilt sich die Wirksamkeit nach §573 ohne Rücksicht darauf, ob der Mietvertrag erst vom Nießbraucher abgeschlossen worden ist (§ 1056) oder ob der Nießbraucher in einen zuvor schon vom Eigentümer abgeschlossenen Mietvertrag aufgrund der §§ 577 und 571 Abs 1 eingetreten ist; dasselbe gilt für Pfändungen der Mietzinsforderungen gegenüber dem Nießbraucher (OLG Dresden SeuffA 65 [1910] Nr 92 S 185, 186 ff). 3. Das Erlöschen der anderen Rechte 20 a) Hatte der Nießbraucher den Mietvertrag abgeschlossen, so tritt nach § 1056 Abs 1 kraft Gesetzes der Eigentümer in den Mietvertrag ein. Dasselbe gilt aufgrund entsprechender Anwendungen der §§ 577 und 571 Abs 1, wenn schon vor Nießbrauchbestellung der Eigentümer den Mietvertrag abgeschlossen hatte und in diesen der Nießbraucher nach den §§ 577 und 571 Abs 1 eingetreten war. In beiden Fällen sind außerdem die §§ 572, 573 bis 575 und 576 zum Schutze des Mieters unmittelbar oder entsprechend anzuwenden (s oben Rz 17 ff). Ähnlich ist die Rechtslage bei den anderen unter § 577 S 1 fallenden dinglichen Rechten. b) Wenn der Erbbauberechtigte den Mietvertrag abgeschlossen hat, gelten bei einer 21 Veräußerung des Erbbaurechts die §§ 571 ff wegen der in jeder Hinsicht vergleichbaren Interessenlage entsprechend; ebenso gemäß § 30 Abs 1 ErbbauVO bei Erlöschen des Erbbaurechts. Nicht anders ist die Rechtslage, wenn der Mietvertrag zuvor schon von dem Eigentümer abgeschlossen war. Aufgrund der §§ 577 und 571 Abs 1 war in diesem Falle zunächst der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers in den Mietvertrag eingetreten. Nach Erlöschen des Erbbaurechts fällt jedoch der Mietvertrag an den Eigentümer zurück. Die §§ 571, 572 und 573 ff gelten entsprechend (s dazu im einzelnen oben § 5 7 1 Rz 18 b; STAUDINGER-RING § 3 0 ErbbVO Rz 1 ff, § 33 ErbbVO Rz 15). c) Für das Wohnungserbbaurecht (§ 30 WEG), das Dauerwohnrecht und das 22 Dauernutzungsrecht (§ 31 WEG) gilt folgendes: Hatte der Berechtigte den Mietvertrag abgeschlossen, so erlischt der Mietvertrag mit Erlöschen des Dauerwohnrechts (§ 37 Abs 1 WEG); hingegen sind die §§ 571 ff BGB anwendbar, wenn das Dauerwohnrecht veräußert wird oder der Eigentümer von seinem Heimfallanspruch Gebrauch macht. Anders jedoch, wenn der Mietvertrag schon vor Bestellung der genannten Rechte vom Eigentümer abgeschlossen worden war: Dann war zunächst nach den §§ 577 S 1 und 571 Abs 1 für die Dauer seines Rechts der Berechtigte in den Mietvertrag eingetreten. Bei Erlöschen des Rechts fällt jedoch in jedem Fall der Mietvertrag an den Eigentümer zurück. Die §§ 571, 572 und 573 ff sind entsprechend anzuwenden. Ebenso ist schließlich die Rechtslage beim Wohnungsrecht des § 1093. DI. Dienstbarkeiten 1. Wird das Grundstück nach seiner Vermietung und Überlassung an den Mieter mit 23 einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten, persönlichen Dienstbarkeit (805)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§§ 577, 578 24-28
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
belastet, so hat nach § 577 S 2 der Mieter den Vorrang, wenn sein Gebrauchsrecht durch die Ausübung der Dienst barkeit beeinträchtigt würde. Beispiele sind Rechte auf Mitbenutzung eines vermieteten Gartens, Wegegerechtigkeiten, Weidegerechtigkeiten an einer verpachteten Wiese oder eine Wassergerechtigkeit an einer verpachteten Mühle (Prot II 162). Im Konfliktsfalle kann also der Mieter von dem Dienstbarkeitsberechtigten Unterlassung der Ausübung seines Rechtes verlangen; gegenüber dem Unterlassungsanspruch des Berechtigten hat er seinerseits eine persönliche Einrede (§§ 1004 Abs 2, 1027, 1090 Abs 2; BGB-RGRK-GELHAAR § 577 Rz 4; MITTELSTEIN 706). Statt dessen kann der Mieter aber auch von dem Vermieter Beseitigung der Störung verlangen (MITTELSTEIN 706; NIENDORFF 323).
24 2. § 577 S 2 bedeutet nicht, daß der aus der Dienstbarkeit Berechtigte in den Mietvertrag eintritt; er muß lediglich das vorgehende Gebrauchsrecht des Mieters respektieren, so daß ihn insoweit gewisse Vermieterpflichten treffen. Da er nicht in den Mietvertrag eintritt, steht ihm auch nicht der Mietzinsanspruch zu (BGBR G R K - G E L H A A R § 5 7 7 R z 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 7 A n m 2 ) . E b e n s o w e n i g k a n n e r
den Mietvertrag kündigen (NIENDORFF 323 f). Soweit infolgedessen die Ausübung des ihm zustehenden Rechts unmöglich wird, muß er sich aufgrund seines Kausalverhältnisses mit dem Vermieter an diesen halten (NIENDORFF aaO). 25 3. § 577 S 2 gilt entsprechend, wenn an die Stelle einer Grunddienstbarkeit eine andere tritt oder wenn der Mieter gleichzeitig durch mehrere Dienstbarkeiten in dem vertragsmäßigen Gebrauch gestört wird (LÖNING 184 ff). Die Vorschrift ist außerdem anwendbar, wenn der Vermieter nacheinander verschiedenen Personen einen Nießbrauch bestellt. Dann tritt nur der erste Nießbraucher in den Mietvertrag ein, während gegen den zweiten Nießbraucher der Mieter durch § 577 S 2 geschützt ist (LÖNING 1 8 4 f ) .
26 4. Keine Anwendung findet hingegen § 577, wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks, das an einen Dritten vermietet war, auf die Dienstbarkeit verzichtet; selbst wenn dadurch das Gebrauchsrecht des Mieters beeinträchtigt wird, tritt der Eigentümer des mit der Dienstbarkeit belasteten Grundstücks nicht in den Mietvert r a g e i n (MITTELSTEIN 7 0 7 ; a M L G G i e ß e n N J W 1 9 5 7 , 4 6 6 m a b l A n m ROQUETTE N J W 1957, 1440).
27 IV. Abweichende Vereinbarungen § 577 ist nicht zwingend. Mit Zustimmung des Mieters kann er also auch bei Bestellung eines dinglichen Rechtes abbedungen werden, jedoch nur durch echte (frei ausgehandelte) Individualvereinbarungen, nicht durch AGB und Formularverträge (§ 9 Abs 2 Nr 1 AGBG).
28 V. Beweislast Die Beweislast ist hier ebenso wie bei § 571 zu verteilen (s deshalb § 571 Rz 98).
§578 Hat vor der Überlassung des vermieteten Grundstücks an den Mieter der Vermieter das Grundstück an einen Dritten veräußert oder mit einem Rechte belastet, durch dessen Ausübung der vertragsmäßige Gebrauch dem Mieter entzogen oder Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(806)
§578 3. Titel. Miete. Pacht
beschränkt wird, so gilt das gleiche wie in den Fällen des § 571 Abs. 1 und des § 577, wenn der Erwerber dem Vermieter gegenüber die Erfüllung der sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen übernommen hat. E I § 512; II § 570; III § 571; Mot II 391 ff; Prot II 162 f.
Schrifttum LÖNING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930) 169 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 707 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 324 ff; TAUBER Gruchot Bd 49 (1905) 228; WEIMAR, Der Mietvertrag zu Gunsten und zu Lasten Dritter, ZMR 1954, 65.
1. Geschichte
1
§ 578 geht zurück auf ALR 121 § 361, nach dem der Mieter in den hier geregelten Fällen ein besonderes Kündigungsrecht hatte. Ein weiterer Vorläufer der Vorschrift ist E I § 512, nach dem der Grundsatz „Kauf bricht Miete" nicht gelten sollte, wenn der Erwerber gegenüber dem Veräußerer die Verpflichtung zur Erfüllung des Mietvertrages übernommen hatte. Die 2. Kommission hat an dieser Regelung trotz des Überganges zu dem entgegengesetzten Prinzip „Kauf bricht nicht Miete" für die von § 571 nicht erfaßten Fälle festgehalten (s Prot II 162 f). 2. Anwendungsbereich
2
§ 578 ist entsprechend anwendbar bei Veräußerung eines Eigenjagdbezirks (§ 14 Abs 1 S 1 B J G ) . Ebenso in der Zwangsversteigerung, wenn der Ersteher die Verpflichtung zur Erfüllung schon abgeschlossener Mietverträge übernommen hat. Aber auch der Nießbraucher kann durch zusätzliche Abrede mit dem Eigentümer die Verpflichtung übernehmen, die Vermieterpflichten zu erfüllen (OLG Celle OLGE 33, 320). Dasselbe gilt für Erbbauberechtigte, Wohnungsberechtigte und Dauerwohnberechtigte. Keine Anwendung findet die Vorschrift hingegen im Konkurs des Vermieters. Ebenso wenig ist sie auf Vorverträge anwendbar. Wegen der Bestellung von Dienstbarkeiten s unten Rz 16. 3. Zweck
3
Die §§ 571 Abs 1 und 577 setzen übereinstimmend voraus, daß das Grundstück dem Mieter schon vor Veräußerung oder Belastung überlassen worden war (s § 571 Rz 36 ff). Bei umgekehrter Reihenfolge, dh bei Überlassung des Grundstücks erst nach dessen Veräußerung oder Belastung scheidet mithin grundsätzlich ein gesetzlicher Eintritt des Erwerbers oder des Berechtigten in den Mietvertrag aufgrund der genannten Vorschriften aus (unten Rz 17). Der Mieter kann sich in diesen Fällen nur an den Vermieter halten, der sich nachträglich durch die Veräußerung oder Belastung des Grundstücks die Erfüllung des Mietvertrages unmöglich gemacht hat, so daß er dem Mieter Schadensersatz leisten muß (§ 325 Abs 1). Der Vermieter hat deshalb in diesen Fällen ein großes Interesse daran, daß der 4 Grundstückserwerber oder sonstige Berechtigte seine Verpflichtungen aus dem Mietvertrag übernimmt (s Mot II 391 ff und Prot II 162 f). Einen Weg hierzu eröffnet ihm § 578: Übernimmt der Erwerber dem Vermieter gegenüber die Erfüllung der Vermieterpflichten, so tritt er im Augenblick seines Eigentumserwerbs in den Mietvertrag ein. Entsprechendes gilt bei Belastung des Grundstücks mit dem Rechte eines Dritten. (807)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§578 5-11
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
5 4. Voraussetzungen a) Voraussetzung des Eintritts des Erwerbers ist zunächst, daß der veräußernde Eigentümer zugleich der Vermieter ist; hieran fehlt es, wenn von mehreren Miteigentümern des Grundstücks nur einer das Grundstück vermietet hatte (BGH LM Nr 22 zu § 571 BGB). Umgekehrt ist § 578 aber auch anwendbar, wenn der bisherige Alleineigentümer einen Miteigentumsanteil an einen Dritten veräußert (OLG Celle SeuffA 56 [1901] Nr 147 S 263, 264). 6 b) Weitere Voraussetzung des Eintritts des Erwerbers oder des sonstigen Berechtigten in den Mietvertrag ist, daß er dem Vermieter gegenüber die Erfüllung der sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen übernommen hat. Diese Erfüllungsübernahme braucht nicht schon in dem der Veräußerung oder Belastung zugrunde liegenden Kausalgeschäft vereinbart zu werden, sondern kann diesem Vertrag auch nachfolgen. 7 Auch eine besondere Form ist für die Erfüllungsübernahme nicht vorgeschrieben, so daß sie auch konkludent, zB durch Übergabe und Entgegennahme der Mieterlisten erfolgen kann. Eine Anzeige der Erfüllungsübernahme an den Mieter ist nicht vorgeschrieben. 8 c) Streitig ist, ob die Erfüllungsübernahme auch noch nach Eigentumsübergang bzw nach Bestellung des dinglichen Rechts bis zum Beginn der Mietzeit vereinbart werden kann.* Da das Gesetz keine zeitliche Beschränkung enthält, ist nicht einzusehen, warum der Erwerber nicht auch noch nach Übergang des Eigentums zusätzlich die Verpflichtung zur Erfüllung schon abgeschlossener Mietverträge übernehmen können soll. 9 d) Inhaltlich muß die Abrede darauf gerichtet sein, daß der Erwerber oder sonstige Berechtigte sämtliche Vermieterpflichten übernimmt. Eine nur partielle Übernahme der Vermieterpflichten löst nicht die Wirkungen des § 578 aus, sondern fällt unter die allgemeinen Vorschriften der §§ 328 f, 415 f. Für die Annahme einer Übernahme genügt aber zB durchaus auch die Abrede in einem Kaufvertrag, daß die Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag übergehen sollen (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB). 10 Ob neben der Erfüllungsübernahme auch noch eine Schuldübernahme möglich ist, ist zweifelhaft, da die Erfüllungsübernahme bereits zum Eintritt in den Mietvertrag mit allen Rechten und Pflichten führt (dafür HANS § 5 7 8 Anm B 2 a; ERMAN-SCHOPP § 578 Rz 2). Die Schuldübernahme kann sich daher wohl nur auf zuvor schon begründete Verpflichtungen des Vermieters beziehen. 11 e) Bis zum Augenblick des Eigentumsübergangs oder der Bestellung des sonstigen dinglichen Rechts kann die Erfüllungsübernahme durch Vertrag zwischen Vermieter und Erwerber jederzeit wieder aufgehoben werden (ROQUETTE § 5 7 8 Rz 9 ; MITTELSTEIN 7 0 9 f). Danach ist jedoch für einen Aufhebungsvertrag stets die Zustimmung des Mieters erforderlich, weil dem Mieter nicht gegen seinen Willen die durch die Erfüllungsübernahme schon erlangte Rechtsstellung wieder genommen werden kann (NIENDORFF 3 2 5 ) .
Dafür zB B G B - R G R K - G E L H A A R
§ 578
Rz
2 ; DERLEDER,
in: AK
§ 578
Rz 1; H A N S
§ 578
Anm
B
2 b ; NIENDORFF 3 2 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 8 A n m 2 ; ROQUETTE § 5 7 8 R z 5 ; a M z B ERMAN-SCHOPP § 5 7 8 R z 1 ; MITTELSTEIN 7 0 9 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 7 8 R z
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
2.
(808)
§578 3. Titel. Miete. Pacht
12-18
5. Rechtsfolgen
12
a) Die Erfüllungsübernahme hat zur Folge, daß der Erwerber im Augenblick des Eigentumsübergangs sowie die sonstigen Berechtigten im Augenblick der Bestellung ihres Rechtes ebenso wie in den Fällen der §§ 571 Abs 1 und 577 S 1 ohne weiteres kraft Gesetzes in die in diesem Augenblick bestehenden Mietverhältnisse eintreten. Die Konstruktion dieses Eintritts ist umstritten (s zB L Ö N I N G 169 ff; W E I M A R ZMR 1954, 65); die Frage hat jedoch keinerlei praktische Bedeutung. b) Der Eintritt bedarf nicht der Zustimmung des Mieters; auch auf seine Kenntnis 13 kommt es nicht an ( D E R L E D E R , in: AK § 578 Rz 1; B G B - R G R K - G E L H A A R § 578 Rz 1 ; N I E N D O R F F 3 2 4 f). Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob der Erwerber oder der sonstige Berechtigte die betreffenden Mietverhältnisse kannten oder nicht (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB). Sie müssen vielmehr alle Mietverhältnisse in dem Zustand hinnehmen, in dem sie sich im Augenblick des Eigentumserwerbes oder der Bestellung des dinglichen Rechts befinden, so daß auch alle schon erfolgten Änderungen des Mietvertrages gegen sie wirken ( T A U B E R Gruchot 4 9 [ 1 9 0 5 ] 2 2 8 , 2 5 9 f). Dasselbe gilt für solche zusätzlichen Verpflichtungen des Vermieters, die sich aus der 13a Ausübung eines vertraglichen Gestaltungsrechtes seitens des Mieters ergeben (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB). Voraussetzung ist nur, daß in diesem Augenblick der Mietvertrag noch wirksam ist (KG OLGE 11, 144 f). Dem Erwerber oder sonstigen Berechtigten stehen von dem genannten Zeitpunkt ab auch die Mietzinsansprüche zu (KG aaO). Der Erfüllungsanspruch des Mieters richtet sich jetzt ebenfalls nur noch gegen den Erwerber oder die sonstigen Berechtigten. Für Voraus Verfügungen des Eigentümers über den Mietzins gelten uneingeschränkt die §§ 573 bis 575. c) Die weitere Folge ist, daß der Vermieter aus dem Mietverhältnis ausscheidet. 14 Unberührt davon bleibt jedoch seine bürgenähnliche Haftung aufgrund des § 571 A b s 2 (ROQUETTE § 5 7 8 R z 6 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 7 8 R z 3).
d) Handelt es sich nur um ein beschränktes dingliches Recht, so fällt nach Erlöschen 15 dieses Rechts der Mietvertrag an den Vermieter zurück (s § 577 Rz 17 ff, 20 ff). e) § 578 verweist auch auf § 577 S 2. Deshalb kommt auch bei der Bestellung von 16 Grunddienstbarkeiten oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten eine Erfüllungsübernahme in Betracht. Sie hat hier die Folge, daß der aus der Dienstbarkeit Berechtigte keinen Unterlassungsanspruch gegen den Mieter hat, sobald dem Mieter das Grundstück überlassen worden ist ( E R M A N - S C H O P P § 578 Rz 4). 6. Rechtslage bei Fehlen der Erfüllungsübernahme
17
Ohne Erfüllungsübernahme iS des § 578 gilt in den von § 578 geregelten Fällen (oben Rz 4) uneingeschränkt der Satz „Kauf bricht Miete". Der Erwerber oder sonstige Berechtigte tritt in keinerlei vertragliche Beziehungen zu dem Mieter und kann von diesem, wenn der Mieter nachträglich auf irgendeine Weise den Besitz des Grundstücks erlangt hat, Räumung verlangen. Zum Schadensersatz ist er dem Mieter nur unter den engen Voraussetzungen des § 826 verpflichtet (OLG Celle SeuffA 56 [1901] Nr 147 S 263, 264). Überläßt jedoch später der Erwerber dem Mieter das Grundstück, so wird hierin in aller Regel der konkludente Abschluß eines neuen Mietvertrages liegen (MITTELSTEIN 707). 7. Beweislast
18
Die Beweislast für die Veräußerung oder Belastung des Grundstücks sowie für die Erfüllungsübernahme trifft stets denjenigen, der Rechte aus § 578 herleiten will. (809)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§579 1-7
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
§579 Wird das vermietete Grundstück von dem Erwerber weiterveräußert oder belastet, so finden die Vorschriften des § 571 Abs. 1 und der §§ 572 bis 578 entsprechende Anwendung. Erfüllt der neue Erwerber die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermieter dem Mieter nach § 571 Abs. 2. E II § 571; III § 572; Prot II 174.
Schrifttum KOBAN, Die gesetzliche Bürgschaft der §§ 571 und 1251 des BGB (1905); MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Auf! 1932) 710 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 326 ff; UHLE, Die Weiterveräußerung eines vermieteten Grundstücks (1910).
1 1. § 579 regelt, vor allem um mögliche Zweifel über die Rechtslage auszuschließen (s Prot II 174), den Fall, daß der Grundstückserwerber das Grundstück weiterveräußert oder belastet. Auch ohne § 579 würde sich dann freilich die Anwendung der §§ 571 Abs 1 und 577 wohl von selbst verstehen. Im Falle der Weiterveräußerung scheidet folglich der erste Erwerber aus dem Mietvertrag wieder aus; an seine Stelle tritt kraft Gesetzes der zweite Erwerber für die Dauer seines Rechts. Dasselbe gilt, wenn zB der erste Erwerber ein Erbbaurecht oder einen Nießbrauch bestellt (§ 577 S 1 mit § 571 Abs 1). Ungeregelt, aber ebenso zu behandeln ist der Fall, daß nachträglich der Erbbauberechtigte oder der Nießbraucher, die in den Mietvertrag eingetreten sind, ihr Recht, soweit möglich, veräußern oder belasten (NIENDORFF 327). Entsprechend anwendbar ist § 579 auf die Jagdpacht nach § 14 BJagdG. 2 2. Die Anwendung der §§ 571 Abs 1 bis 578 bedeutet im einzelnen Folgendes: a) Nach § 572 kann der zweite Erwerber von dem ersten Erwerber Aushändigung einer schon geleisteten Sicherheit verlangen. Nach Aushändigung ist er auch zur Rückgewähr der Sicherheit an den Mieter verpflichtet (NIENDORFF 326). 3 b) In den § § 573 bis 575 muß an die Stelle des Vermieters der erste Erwerber und an die Stelle des Erwerbers nur der zweite Erwerber gesetzt werden. Mit dieser Maßgabe sind die genannten Vorschriften uneingeschränkt anwendbar. 4 c) Bei §576 kommt es auf die Anzeige des ersten Erwerbers von der Weiterveräußerung an. 5 d) Bei §578 muß man unterscheiden: Hatte erst der erste Erwerber den Mietvertrag abgeschlossen, das Grundstück jedoch noch nicht dem Mieter überlassen, so gilt bei Erfüllungsübernahme durch den zweiten Erwerber § 578 unmittelbar. Im übrigen kann § 578 immer nur zum Eintritt desjenigen Grundstückserwerbers führen, der dem Veräußerer gegenüber die Vermieterpflichten übernommen hat, nicht jedoch zum Eintritt späterer Erwerber, die diese Pflichten nicht übernommen haben (MITTELSTEIN 7 1 2 ) .
6 e) Wenn ein späterer Erwerber des Grundstücks dieses belastet, so gilt § 577 uneingeschränkt. 7 3. Bei einer Weiterveräußerung des Grundstücks soll nach § 579 S 2 nicht etwa der Veräußerer, sondern stets der Vermieter dem Mieter nach § 571 Abs 2 haften. War jedoch in der Zwischenzeit der Vermieter schon nach § 571 Abs 2 S 2 von seiner bürgenähnlichen Haftung befreit worden, so lebt diese Haftung nicht etwa im Falle d e r W e i t e r v e r ä u ß e r u n g w i e d e r auf ( a M HANS § 5 7 8 A n m B 2 a ; ROQUETTE § 5 7 9 R z
7); vielmehr ist anzunehmen, daß dann eben - über den Wortlaut des Gesetzes hinaus Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(810)
§580 3. Titel. Miete. Pacht
1,2
- den jeweiligen Veräußerer die bürgenähnliche Haftung des Vermieters trifft (s § 571 Rz 88 m Nachw z Streitstand; zust D E R L E D E R , in: AK § 579 Rz 1). Im übrigen aber gilt der Erwerber (und Zwischenveräußerer) nur dann, wenn er seinerseits mit dem Mieter einen neuen Mietvertrag abgeschlossen hatte, als (neuer) Vermieter mit der Folge, daß auf ihn § 571 Abs 2 anwendbar ist ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 579 Rz 2).
§580 Die Vorschriften über die Miete von Grundstücken gelten, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, auch für die Miete von Wohnräumen und anderen Räumen. E II § 480 Abs 2; III § 573; Prot II 134; 1. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505) Art I Nr 8.
Schrifttum FRIEMEL, Sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Grundstücksmiete auch auf Räume in nicht wesentlichen Grundstücksbestandteilen anzuwenden? MDR 1957,71 ; KIEFE, Wohnräume und andere Räume im Sinne des § 23 Nr 1 GVG, Recht 1906, 1427; MITTELSTEIN, Grundstück, Wohnräume und andere Räume, SeuffBl 72 (1907) 361; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 17 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 1 f; RAISCH, Z u r R e c h t s n a t u r d e s A u t o m a t e n a u f s t e l l v e r t r a g e s , B B 1968, 5 2 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-
BLANK, Mietrecht (9. Aufl 1980) s v Wohnraum; dies B 5 ff (S 42 ff); WEIMAR, Die Vermietung von Hauswand- und Dachflächen, MDR 1960, 195.
1. Grundstücksmiete
1
Das Mietrecht des BGB gilt sowohl für die Miete von beweglichen Sachen (Fahrnismiete) als auch für die Grundstücksmiete (s Vorbem 23 ff zu §§ 535, 536 m Nachw). Jedoch enthält das Gesetz zahlreiche Sondervorschriften nur für die Grundstücksmiete. Deshalb ist die Abgrenzung wichtig. a) Unter einem Grundstück versteht man einen abgegrenzten Teil der Erdoberflä- 2 che, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 305) kann sich jedoch ein Mietvertrag selbstverständlich ebenso auf mehrere Grundstücke wie auch auf bloße Grundstücksteile erstrecken. Grundstücksteile in diesem Sinne sind dabei nicht nur einzelne Räume oder Wohnungen in Gebäuden auf dem Grundstück, sondern auch einzelne Grundstücksflächen, Hauswände und Dachflächen. Grundstücksmiete sind daher nicht nur die Überlassung eines Grundstücks als Spielplatz gegen ein Entgelt (RG JW 1929, 3287 f Nr 1), die Vermietung einer Teilfläche als Campingplatz (LG Verden VersR 1976, 299 m Anm GAISBAUER VersR 1977, 144) oder die entgeltliche Überlassung eines Grundstücks als Lagerplatz (RG JW 1926, 574 Nr 6), sondern vor allem auch die Vermietung von Wand- und Dachflächen zur Anbringung von Automaten oder für Reklamezwecke*, so daß namentlich § 571 auf solche Verträge anwendbar ist (s oben § 571 Rz 14; str). Der wichtigste Fall der Grundstücksmiete ist aber natürlich die Raummiete (dazu unten Rz 4 ff). * S oben Vorbem 53 c zu §§ 535, 536; § 571 Rz 14 m Nachw, sowie zB KG LZ 1917, 691 Nr 10; OLG Dresden OLGE7, 462; LG Berlin JW 1926, 1046 Nr 1; 1934, 1130, 1131 Nr 1; wohl auch B G H L M N r 172 zu § 1 U W G B1 2 R f; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 8 0 R z 5 ; MITTELSTEIN 19; NIENDORFF 1 f; PALANDT-PUTZO Einf 6 a vor § 5 3 5 ; WEIMAR M D R 1 9 6 0 , 1 9 5 ; a M z B L G Düsseldorf N J W 1 9 6 5 , 1 6 0 ; HANS § 5 8 0 A n m B 2 c. (811)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§580 3-9
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
3 b) Keine Grundstücksmiete ist hingegen die sog Platzmiete, wenn Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses die Erlaubnis zum Betrieb eines Gewerbes in bestimmten Räumlichkeiten ist (§ 571 Rz 15; insbes BGHZ 47, 202, 204; BGH LM Nr 31 zu § 581 B1 3 f; G E L H A A R Anm LM Nr 14 zu § 566 BGB m Nachw). 4 2. Raummiete a) § 580 besagt, daß Grundstücksmiete iS des BGB auch die Raummiete ist. Unter einem Raum versteht man allgemein einen allseits umschlossenen Teil eines festen Gebäudes, der so groß ist, daß sich ein Mensch darin aufhalten kann ( M I T T E L S T E I N 18 f). Gebäude in diesem Sinne ist jedes unbewegliche, mit dem Erdboden fest verbundene Bauwerk, das zum Aufenthalt von Menschen bestimmt und geeignet ist (vgl auch unten Rz 6). Voraussetzung ist dabei immer, daß der Mieter die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Räume erlangt (vgl für die Platzmiete BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB). Ein Sonderfall der Raummiete ist die praktisch besonders bedeutsame Wohnraummiete (s unten Rz 8 f). 5 b) Keine Raummiete ist hiernach zunächst die Vermietung von einzelnen Räumen in beweglichen Sachen wie Schiffen (s aber § 580 a), Wohnwagen und Eisenbahnwagen. Deshalb stellt zB die Vermietung von Restaurationsräumen in einem Schiff Fahrnismiete und nicht Grundstücksmiete dar, so daß namentlich die §§ 559,566 und 571 auf einen solchen Vertrag keine Anwendung finden können*. Ebenso handelt es sich um Fahrnismiete, wenn einzelne Felder eines Theatervorhangs oder Außenflächen eines Automaten für Reklamezwecke vermietet werden (OLG Dresden OLGE 7, 462; KG OLGE 22, 201; M I T T E L S T E I N 20; N I E N D O R F F 2). 6 c) Hingegen stellt die Vermietung von Räumen in Gebäuden, die nur nach § 95 als bewegliche Sachen behandelt werden, durchaus Raummiete iS des BGB dar, sofern nur das Gebäude wie idR fest mit dem Erdboden verbunden ist (OLG Kiel OLGE 12, 69, 70; insbes KG JW 1928, 2545 f Nr 8; LG Bochum ZMR 1975, 334, 335; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 8 0 R z 4).
7 d) Keine Raummiete ist die Miete eines Lagerplatzes, selbst wenn auf diesem einzelne Gebäude stehen, die der Mieter ebenfalls als Lagerhallen benutzt (RG JW 1926, 574 Nr 6), oder die Miete eines Grundstücks, selbst wenn die Parteien damit den Zweck verfolgen, daß der Mieter sich darauf ein Haus bauen soll (OLG Königsberg JW 1927, 1950 f Nr 17). 8 3. Wohnraummiete a) Infolge der Einführung des sozialen Mietrechts ab 1960 enthält das BGB neuerdings immer zahlreichere Sondervorschriften für die Wohnraummiete. § 580 hebt deshalb hervor, daß die speziell für die Wohnraummiete erlassenen Vorschriften nicht für die Miete anderer Räume und für die Miete von Grundstücken gelten und daß umgekehrt die Vorschriften über die allgemeine Grundstücks- und Raummiete nur insoweit auf die Wohnraummiete angewendet werden können, als nicht spezielle Vorschriften über die Wohnraummiete vorgehen. All dies versteht sich an sich von selbst und hätte deshalb keiner besonderen Hervorhebung im Gesetz bedurft. 9 b) Den Gegensatz zu Wohnräumen bilden namentlich die sog Geschäftsräume. Die Abgrenzung zwischen Wohnräumen und Geschäftsräumen richtet sich in erster Linie * Soben § 559 Rz7, § 566 Rz6, § 571 Rz 14; OLGKielSeuffAöl (1906) Nr 78 S 136 = OLGE 12, 69, 70; LG Bochum ZMR 1975, 334, 335; B G B - R G R K - G E L H A A R § 580 Rz 4; F R I E M E L MDR 1957, 71; M I T T E L S T E I N 20; aM K I E F E Recht 1906, 1427.
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(812)
3. Titel. Miete. Pacht
§580 a 1-4
nach der Zweckbestimmung der Räume aufgrund der Abreden der Parteien (s im einzelnen Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536). Wohnräume sind hiernach alle Einzelräume und Wohnungen, die zum privaten Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Es muß sich dabei um Innenteile von Gebäuden handeln, so daß die Vermietung von Räumen in beweglichen Sachen nicht unter die Wohnraummiete fällt (ebenso schon Mot II 404). Auch die Vermietung von Außenwänden und Dächern oder die Vermietung einzelner Plätze ist keine Wohnraummiete, wohl aber ggf die Vermietung von Behelfsheimen und Baracken. Werden Wohnräume und andere Räume zusammen vermietet, so liegt ein sog Mischmietverhältnis vor (zu dessen Behandlung s Vorbem 26 f zu §§ 535, 536).
§ 580 a Die Vorschriften der §§ 571, 572, 576 bis 579 gelten im Fall der Veräußerung oder Belastung eines im Schiffsregister eingetragenen Schiffs sinngemäß. Eine Verfügung, die der Vermieter vor dem Übergang des Eigentums über den auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfallenden Mietzins getroffen hat, ist dem Erwerber gegenüber wirksam. Das gleiche gilt von einem Rechtsgeschäft, das zwischen dem Mieter und dem Vermieter über die Mietzinsforderung vorgenommen wird, insbesondere von der Entrichtung des Mietzinses; ein Rechtsgeschäft, das nach dem Ubergang des Eigentums vorgenommen wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Mieter bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Übergang des Eigentums Kenntnis hat. § 575 gilt sinngemäß. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen vom 21. 12. 1940 (RGBl I 1609).
1. Durch das Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken 1 vom 15. 11. 1940 (RGBl 11499), das sog SchiffsRG, sind im See- und Binnenschiffsregister eingetragene Schiffe in vielen Beziehungen Grundstücken gleichgestellt worden. § 580 a zieht daraus die Folgerungen für die Schiffsmiete. a) Auf Mietverträge über im See- oder Binnenschiffsregister eingetragene Schiffe 2 sind nach § 580 a Abs 1 die §§ 571, 572 und 576 bis 579 entsprechend anzuwenden. Zu den eingetragenen Schiffen zählen jedoch nicht Schiffsdocks, die also immer wie bewegliche Sachen zu behandeln sind ( B G H Z 32, 76, 90). Auch stellen die in der Schiffahrt überaus verbreiteten Charterverträge keine Mietverträge, sondern Frachtverträge dar; dies gilt auch für die sog Zeitcharter, so daß in diesen Fällen für die Anwendung des § 580 a ebenfalls kein Raum ist (zB A R G Y R I A D I S MDR1958,728 ff, bes 730 f; zust B G B - R G R K - G E L H A A R § 580 a R Z 2; ebenso für Charterverträge im Luftverkehr S C H W E N K BB 1970, 282). b) Die entsprechende Anwendung des § 571 bedeutet, daß der Erwerber eines 3 Schiffs (s §§ 2 und 3 SchiffsRG) in zuvor über das Schiff abgeschlossene Mietverträge kraft Gesetzes eintritt. Ebenso ist nach § 577 S 1 die Rechtslage, wenn an dem Schiff nach § 82 SchiffsRG ein Nießbrauch bestellt wird. Erlischt der Nießbrauch, so fällt entsprechend § 1056 der Mietvertrag an den Schiffseigentümer zurück. c) Nur für Vorausverfügungen gelten Besonderheiten: Sie sind über die §§ 573 bis 4 575 hinaus stets voll wirksam, wenn sie vor Übergang des Eigentums vorgenommen worden sind. Vorausverfügungen durch Rechtsgeschäfte zwischen Vermieter und Mieter, namentlich also Vorauszahlungen des Mietzinses, sind darüber hinaus auch nach Eigentumsübergang wirksam, sofern nur der Mieter bei Vornahme des (813)
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
§580 a 5
2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
Geschäfts keine Kenntnis von dem Eigentumsübergang hatte. Im selben Rahmen kann der Mieter dann auch noch mit Forderungen gegen den Vermieter selbst nach Kenntniserlangung gegenüber dem Erwerber aufrechnen (§ 575; s im einzelnen
B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 8 0 a R z 3 f).
5 2. § 580 a ist entsprechend anwendbar auf Flugzeuge, die in die Luftfahrzeugrolle eingetragen sind (§ 98 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26. 2. 1959, BGBl I 57; dazu zB SCHWENK BB 1970, 282 m Nachw).
Volker Emmerich 2. Bearbeitung 1981
(814)
Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz 2. WKSchG) vom 18. Dezember 1974 (BGBl I 3603)
Vorbemerkungen zum WKSchG Schrifttum Alternativ-Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (AK), Bd 3, Besonderes Schuldrecht (1979); BARTHELMESS, Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz, (2. Aufl 1980); BRINTZINGER, Perspektiven der Wohnungsbaupolitik der 80er Jahre, FWW 1980,103; BURKHARDT, Die Regelung der Mietzinshöhe nach dem 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JurBüro 1975,561 ; EEKHOFF-WERTH, Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes (2. Aufl 1978); dies, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz bleibt umstritten, DWW 1979, 212; E H R E N FORTH, Zum privat finanzierten Mietwohnungsbau, WuM 1979, 5; ERMAN, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (6. Aufl 1975); FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975,33; GÄRTNER, Soziales Mietrecht? DuR 1977, 364; GATHER, Widersprüchliches Mietrecht: 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz im Spiegel der Rechtsprechung (1979); ders, Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz nicht praktikabel, DWW 1978, 230; GIERTH, Staatliche Wohnungspolitik in der sozialen Marktwirtschaft, DWW 1978,208; GLASER, Überblick über die Wohnungs- und Mietpreisgesetzgebung, B1GBW 1979, 194 = Betrieb 1979, 2311; GRAF, Die Vergleichsmiete in verfassungsrechtlicher Sicht, NJW 1976, 1480; GÜNTER, Die Mieterhöhung nach dem 2. Wohnungskündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 5; GÜNTHER, Mieterschutz als Aufgabe des sozialen Rechtsstaats, WuM 1980, 121; HAACK, Soziales Mietrecht und Investitionsprobleme im freifinanzierten Mietwohnungsbau, WuM 1978,41 ; ders, Schwerpunkte der Wohnungs- und Städtebaupolitik, WuM 1979,205 ; HANS, Das neue Mietrecht in den weißen Kreisen (1965 ff); HERPERS, Wohnraummietrecht (1980); IPSEN, Wohnungen und Mieten. Analysen zur Auswirkung des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes, ArchKommWiss 1976,262; KIMMINICH, Die verfassungsrechtliche Beurteilung des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (1973); LANDFERMANN, Zweifelsfragen im Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1980, 257; LOWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, N J W 1975, 9; LUTZ, D a s n e u e Wohnraumkündigungsschutzgesetz, D W W 1974, 2 7 2 ; MELZER, D i e
Wirkung der Sozialbindungsklausel im Mietrecht, ZMR 1978, 130; Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd 3,1. Halbbd ( 1980) ; NEIDER, Ungerecht und unsozial - Kritisches zu § 3 WKSchG, ZMR 1973, 228; OPPENLÄNDER, Augenblickliche und zukünftige Situation des Wohnungsbaus in der Bundesrepublik, DWW 1980, 54; PALANDT, Bürgerliches Gesetzbuch (40. Aufl 1981); PAUL, Der Entwurf des Zweiten Wohnraum-Kündigungsschutzgesetzes - Inhalt und kritische Anmerkungen, DWW 1974, 56; Reichsgerichtsräte-Kommentar, Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, Bd II, 2. Teil (12. Aufl 1978); ROESCH, Weniger Kündigungsschutz? WuM 1978, 181; SCHLICH, Eigentumsförderung allein verhindert keine neue Wohnungsnot. Mehr Mietwohnungsbau in Großstädten erforderlich, WuM 1979, 229; ders, Das zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz. Eine Notwendigkeit im sozialen Rechtsstaat, WuM 1979, 1; ders-KAMPMANN, Mietwohnungsbau darf nicht länger Stiefkind der Wohnungsbaupolitik sein! WuM 1978,161 ; SCHMIDT, Zweifelsfragen zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1976,41 ; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975,89; ders-BLANK, Das Mieterhöhungsverfahren für nichtpreisgebundenen Wohnraum. Ein Beitrag zur Regelung in den Kündigungsschutzgesetzen und der Entscheidung des BVerfG vom 23. 4. 1974, MDR 1975,1 ; ders-BLANK, Wohnraumschutzgesetze (3. (815)
Jürgen Sonnenschein
Vorbem zum WKSchG 1-3
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
A u f l 1 9 7 9 ) ; SCHOPP, D a s Z w e i t e W o h n r a u m k ü n d i g u n g s s c h u t z g e s e t z , Z M R
1 9 7 5 , 9 7 ; STERNEL,
Mietrecht (2. Aufl 1979); VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ 1975, 73; Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. (Hrsg), Widersprüchliches Mietrecht. Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz im Spiegel der Rechtsprechung (1979).
Systematische Übersicht I. 1. 2. 3.
Entstehungsgeschichte Allgemeines 1 WKSchG I 4 WKSchG II 7
III. Auswirkungen der Regelung in der Praxis 15 a IV. Verfassungsrechtliche Problematik 16
n . Zweck der Regelung im allgemeinen 1. WKSchG I 11 2. WKSchG II 12
I. Entstehungsgeschichte 1 1. Allgemeines Mit dem Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389) hat der Gesetzgeber den Versuch unternommen, das Wohnungswesen in die soziale Marktwirtschaft zu überführen (Begr zum RegE BT-Drucks III/1234,49). Das Grundeigentum sollte im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie (Art 14 GG) und den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 GG) nicht länger einem Sonderrecht unterworfen sein. Vielmehr sollte grundsätzlich die freie Verfügungsbefugnis des Eigentümers wiederhergestellt werden (Begr aaO 47 f). 2 Während die Wohnungszwangswirtschaft schrittweise abgebaut wurde (BGB Vorbem 12 ff zu §§ 535, 536), sind die Vorschriften des BGB über die Wohnungsmiete durch das MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505), das MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGB1I457) und das MietRÄndG III vom 21. 2. 1967 (BGBl 11248) im Sinne eines sozialen Mietrechts umgestaltet worden. Vor allem durch eine Verlängerung der Kündigungsfristen, die Sozialklausel des § 556 a BGB und das Verbot der meisten sog mißbilligten Klauseln ist die Rechtsstellung des Mieters gegenüber dem Vermieter verbessert worden. 3 Gleichwohl blieb die Stellung des Mieters wegen eines in weiten Bereichen des Wohnungsmarktes bestehenden erheblichen Nachfrageüberhangs nach wie vor recht schwach. Steigende Baupreise ließen die Mieten ansteigen, wobei die Änderungskündigung häufig zur Durchsetzung eines höheren Mietzinses eingesetzt wurde. Die entscheidenden Ursachen für die Unausgeglichenheit des Wohnungsmarktes zu Beginn der siebziger Jahre liegen in der weiterhin bestehenden Spaltung, durch die der Bereich des sozialen Wohnungsbaus vom freien Markt abgetrennt ist, und in der inflationären Entwicklung (BGB Vorbem 18 f zu §§ 535,536). Der Gesetzgeber war jedoch der Ansicht, der mißlichen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt nur langfristig durch Schließung der Angebotslücke auf der Grundlage einer verstärkten und zielgerechteren Wohnungsbauförderung, eines den Belangen der Allgemeinheit besser gerecht werdenden Bodenrechts und der Förderung von Rationalisierungsmaßnahmen auf dem Bausektor abhelfen zu können. Bis zur Erreichung dieses Ziels sollte der Mieter durch weitere punktuelle Verbesserungen des Mietrechts vor den Folgen der unausgeglichenen Marktsituation und den dadurch ermöglichten Auswüchsen gesichert werden (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, Jürgen Sonnenschein
(816)
2. Wohnraiimkimdigungsschutzgesetz
Vorbem zum WKSchG 4-7
2. WKSchG I
4
Ende 1970 brachte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs in das Gesetzgebungsverfahren ein (BR-Drucks 605/70; BT-Drucks VI/1549 nebst Stellungnahme des BR und Gegenäußerung der BReg). Dieses sog Artikelgesetz sah ua eine Verbesserung der Sozialklausel des § 556 a BGB, einen verstärkten Kündigungsschutz für Gebiete mit besonderem Wohnungsbedarf, Bestimmungen gegen Mietwucher und Preisüberhöhungen auf dem Gebiet der Wohnraummiete, die Regelung der Wohnungsvermittlung sowie der Ingenieur- und Architektenleistungen vor. Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages legte im Juli 1971 den Schriftlichen 5 Bericht über den Gesetzentwurf vor (BT-Drucks VI/2421). Die Beschlüsse des Rechtsausschusses sahen eine Änderung des Gesetzentwurfs ua insoweit vor, als die regionale Begrenzung des Kündigungsschutzes für Wohnraummietverhältnisse beseitigt und eine besondere Regelung für Mieterhöhungen eingefügt wurden (Art 2 des Entw aaO). Diese Vorschriften sollten mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft treten (Art 7 § 2 Abs 4 des Entw aaO). Nachdem der Deutsche Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des 6 Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieurund Architektenleistungen am 19. 7. 1971 in der vom Rechtsausschuß vorgeschlagenen Fassung in dritter Lesung verabschiedet hatte (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 76, 7776 [D], 7797 [D]), rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuß an (BT-Drucks VI/2564), der neben einer Fortsetzung befristeter Mietverhältnisse ua die Aufnahme eines Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum vorschlug (BT-Drucks VI/2598). Nach Zustimmung durch den Bundestag (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 77,7993 [C], 7996 [B]), weigerte sich der Bundesrat erneut, dem Gesetz zuzustimmen (BT-Drucks VI/2642). Daraufhin rief die Bundesregierung den Vermittlungsausschuß an (BT-Drucks VI/2676), der eine Aufteilung in das Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum und in das Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen beantragte (BT-Drucks VI/ 2708). Der Bundestag verabschiedete beide Gesetzentwürfe entsprechend diesem Vorschlag (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 77, 8223 [B], 8228 [C]). Das MRVerbG mit der Änderung der §§ 556 a, 564 a BGB konnte daraufhin verkündet werden und am 10. 11. 1971 in Kraft treten (BGBl I 1745). Gegen das WKSchG legte der Bundesrat nach Art 77 Abs 3 GG Einspruch ein (BT-Drucks VI/2757). Dieser Einspruch wurde vom Bundestag nach Art 77 Abs 4 GG zurückgewiesen (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 77, 8642 [D], 8645 [B]), so daß das Gesetz verkündet und am 10. 11. 1971 in Kraft treten konnte (BGBl 11745). Es ist nach Art 3 § 2 Abs 3 mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten.
7
3. WKSchG II Das Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. 11. 1971 hatte nach den Feststellungen der Bundesregierung das Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern sowohl hinsichtlich der Mieterhöhungen als auch sonstiger Rechtsstreitigkeiten beruhigt. Der Schutz des Mieters vor willkürlichen Kündigungen und unberechtigten Mieterhöhungen sollte deshalb nicht mit der befristeten Geltungsdauer des Gesetzes entfallen, sondern wegen der überragenden Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt dauerhaft ausgestaltet werden. (817)
Jürgen Sonnenschein
Vorbem zum WKSchG 8-12
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
8 Anfang 1974 legte die Bundesregierung den Entwurf eines Zweiten Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vor (BR-Drucks 161/74; BT-Drucks 7/2011 nebst Stellungnahme des B R und Gegenäußerung der BReg). Dieser Entwurf sah vor allem die dauerhafte Übernahme des in Art 1 § 1 WKSchG I geregelten Kündigungsschutzes als § 564 b in das B G B vor und gestaltete die Vorschrift des Art 1 § 3 WKSchG I in ein besonderes Gesetz zur Regelung der Miethöhe um. Eine Befristung war nicht mehr vorgesehen. 9 Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages legte im Oktober 1974 den Schriftlichen Bericht über den Gesetzentwurf vor (BT-Drucks 7/2629 und 7/2638). Hierbei wurden zahlreiche Änderungsvorschläge gemacht, die zT auf Empfehlungen des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zurückgingen (vgl BT-Drucks 7/2011 Anlage 2). Kontrovers blieben in den Ausschußberatungen die Übernahme der Kündigungsschutzvorschriften in das B G B und die unbefristete Geltungsdauer des Gesetzes (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 1 f). Darüber hinaus brachte die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag zwei Änderungsanträge ein (BT-Drucks 7/2659 und 7/2660). Der Bundestag verabschiedete den Gesetzentwurf entsprechend den Vorschlägen des Rechtsausschusses (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 89, 8308 [A], 8325 [B]). Daraufhin rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuß an, um Studenten- und Jugendwohnheime vom Kündigungsschutz sowie von der Miethöheregelung auszunehmen und um die Geltungsdauer des Gesetzes bis zum 31. 12. 1977 zu befristen (BT-Drucks 7/2775). Der Vermittlungsausschuß bestätigte jedoch die vom Bundestag beschlossene Fassung des Gesetzes (BT-Drucks 7/2812). Da der Bundesrat keinen Einspruch einlegte (Verhandl des BR, Stenogr Ber 1974,435 [B]), konnte das WKSchG II verkündet werden (BGBl I 1974, 3603) und am 1. 1. 1975 in Kraft treten. 10 Das WKSchG II ist durch Art 2 § 2 des ÄndG zum BBauG vom 18. 8. 1976 (BGBl I 2221) geändert worden. Diese Änderungen betreffen Vorschriften über Mieterhöhungen wegen baulicher Veränderungen in Art 3 § 3 WKSchG II. Durch Art 3 des G zur And des WoModG vom 27. 6. 1978 (BGBl 1878) sind Art 3 § 2 Abs 1 und Art 3 § 3 Abs 1 geändert worden. Besonderheiten gelten in Berlin (Art 5 Rz 3 f). II. Zweck der Regelung im allgemeinen 11 1. WKSchG I Das WKSchG I sollte den Mieter durch einen verstärkten Kündigungsschutz und ein besonderes Mieterhöhungsverfahren vor den Folgen eines unausgeglichenen Wohnungsmarktes und den dadurch ermöglichten Auswüchsen sichern (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6). Dabei ging es vor allem um einen Schutz vor willkürlichen Kündigungen und ungerechtfertigten Mieterhöhungen (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 1; s oben Rz 3). Schon im Gesetzgebungsverfahren ist allerdings die Beschränkung des Kündigungsschutzes auf Gebiete mit besonderem Wohnungsbedarf aufgegeben worden (Ausschußbericht aaO 3), wobei insoweit auch die unmittelbare Rechtfertigung der Kündigungsschutzbestimmungen durch die Unausgeglichenheit des Wohnungsmarktes entfallen ist. 12 2. WKSchG II Die gleichen Ziele liegen dem WKSchG II zugrunde. Seine Regelungen sollten aber nicht zeitlich befristet werden, sondern auf Dauer angelegt sein. Die Vorschriften über den Kündigungsschutz sind deshalb als Bestandteil des sozialen Mietrechts in Jürgen Sonnenschein
(818)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Vorbem zum WKSchG 13-15 a
§ 5 6 4 b B G B übernommen und in systematischem Zusammenhang mit den allgemeinen Kündigungsschutzvorschriften verankert worden. Die Regelung der Mieterhöhung ist dagegen in einem besonderen, unbefristeten Gesetz verblieben, da Änderungen erforderlich werden können, nachdem die Praxis Erfahrungen gesammelt hat oder veränderte wohnungswirtschaftliche Verhältnisse eine Anpassung des M H R G erfordern (Begr zum R e g E B T - D r u c k s 7/2011, 7; s aber unten R z 15 a). Das W K S c h G II geht von dem Grundsatz aus, daß es wegen der überragenden 1 3 Bedeutung der Wohnung als Mittelpunkt der Lebensführung durch das Sozialstaatsprinzip des Art 2 0 Abs 1 G G geboten ist, den Vertragstreuen Mieter vor willkürlichen Kündigungen und damit dem Verlust seiner Wohnung zu schützen. Für einen derartigen Kündigungsschutz ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt unerheblich (Begr zum R e g E a a O ) . Dieser Grundsatz darf bei der Anwendung der Vorschriften des W K S c h G allerdings nicht dazu verleiten, die Stellung der Parteien generell nach ihrer Rollenverteilung zu beurteilen und dabei von vornherein ein Machtungleichgewicht zugunsten des Vermieters anzunehmen. B e i Unternehmen und Behörden als Mietern kann es umgekehrt sein. Interessenkonflikte können deshalb nicht durch eine nach den Statusverhältnissen vorgefaßte Interessenbewertung gelöst werden, sondern nur nach der konkreten Situation von Mieter und Vermieter (REUTER, B A G - F S [ 1 9 7 9 ] 4 0 5 , 4 1 5 ) . E s ist mit der verfassungsrechtlichen Vorstellung eines sozialgebundenen Privateigentums nicht in Einklang zu bringen, eine der Parteien einseitig zu bevorzugen oder zu benachteiligen ( B V e r f G E 3 7 , 1 3 2 , 1 4 1 = N J W 1 9 7 4 , 1499, 1 5 0 0 ; B V e r f G E 4 9 , 2 4 4 , 2 5 0 = N J W 1 9 7 9 , 31, 32 f). Mieterhöhungen sollen in angemessenem Rahmen zulässig sein, um die Wirtschaft- 1 4 lichkeit des Hausbesitzes zu erhalten und eine Anpassung an die allgemeine Marktentwicklung zu ermöglichen. Die Kündigung als Druckmittel soll insoweit ausgeschlossen sein (§ 1 M H R G ; B e g r zum R e g E aaO). Die Grenze für Mieterhöhungen legt das Gesetz grundsätzlich durch die ortsübliche 1 5 Vergleichsmiete fest (§ 2 M H R G ) . Dies ermöglicht es, unterschiedliche örtliche Verhältnisse zu berücksichtigen ( B e g r zum R e g E aaO 8). Inzwischen ist das Prinzip der Vergleichsmiete jedoch zunehmender Kritik vor allem von Seiten der Haus- und Grundeigentümer ausgesetzt, weil es die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes beeinträchtige und den Wohnungsbau stagnieren lasse (vgl im einzelnen Vorbem 17 ff zu § 1 M H R G ) . Auch im Deutschen Bundestag werden diese Probleme bereits diskutiert (Verhandl des Dt B T , Stenogr B e r , B d 106, 7 1 8 7 [B] ff). Eine Gesetzesreform sollte von den Ergebnissen des Berichts der Bundesregierung über die Erfahrungen mit dem W K S c h G II abhängig sein (vgl Antrag des Rechtsausschusses B T - D r u c k s 7 / 2 6 2 9 , 2 unter I I I 2; Verhandl des Dt B T , Stenogr B e r , B d 8 9 , 8 3 2 5 [C]). Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im Jahre 1 9 7 9 und der durchweg positiven Beurteilung des W K S c h G II durch die Bundesregierung ist mit einer grundlegenden Reform in absehbarer Zeit nicht mehr zu rechnen ( B T - D r u c k s 8/2610; s unten R z 1 5 a ) . Gewisse Änderungen sind allenfalls insoweit zu erwarten, als die Vereinbarung eines Staffelmietzinses, die nach der jetzigen Rechtslage grundsätzlich unwirksam ist (Art 3 W K S c h G § 10 M H R G R z 12), gesetzlich zugelassen werden soll (vgl F A Z vom 11. 11. 1 9 8 0 , Nr 2 6 3 , 7).
III. Auswirkungen der Regelung in der Praxis 1. In dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes vom 2 . 3 . 1 9 7 9 ( B T - D r u c k s 8/2610; vgl B 1 G B W 1 9 7 9 , 1 2 1 ) wird aufgrund empirischer Untersuchungen zu den wesentlichen Vorschriften des Gesetzes Stellung genommen. D e r Teil des Berichts, der sich mit den (819)
Jürgen Sonnenschein
15a
V o r b e m zum W K S c h G 15 b - 1 7
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Auswirkungen auf die Beendigung von Wohnraummietverhältnissen durch Kündigung beschäftigt, läßt auf eine überwiegend positive Einschätzung dieser Vorschriften in der Praxis schließen (vgl im einzelnen § 564 b BGB Rz 8 a). Der Kündigungsschutz wird in seiner derzeitigen Form von den Organisationen der Mieter grundsätzlich bejaht. Auch nach der Aussage von Mietrichtern hat sich die Regelung im wesentlichen bewährt. Die Einschätzung der Wohnungswirtschaft ist hingegen zwiespältig. So werden grundsätzliche Zustimmung, aber auch die Forderung nach gewissen Einschränkungen des Kündigungsschutzes geäußert. In einer von Inf ratest durchgeführten Befragung von Vermietern findet die Bundesregierung so gut wie keine Hinweise dafür, daß die Regelungen von einem erheblichen Teil der Vermieter als übermäßig belastend, sozial ungerechtfertigt oder unpraktikabel empfunden werden. Allem Anschein nach sehen die Vermieter in den Vorschriften über den Kündigungsschutz weithin keine besonders hohe Hürde, um ihre Interessen durchsetzen zu können (Bericht aaO 8; H A A C K W U M 1979, 205; krit E E K H O F F - W E R T H DWW
1 9 7 9 , 2 1 2 , 2 1 3 ; GATHER D W W
1 9 7 8 , 2 3 0 ; GIERTH D W W
1978,
208).
15b 2. In gleicher Weise werden die Auswirkungen auf Miethöhe und Investitionsverhalten von der Bundesregierung grundsätzlich nicht negativ beurteilt (Bericht aaO 10 ff; s unten Vorbem 69 zu § 1 MHRG). Hier liegt jedoch das Hauptproblem des WKSchG, weil der Kündigungsschutz für den Mieter nicht ohne eine gesetzliche Regelung der Mieterhöhung zu verwirklichen war, die Vorschriften des MHRG aber unter der Widersprüchlichkeit leiden, gleichzeitig den Mieter vor einer überhöhten Steigerung des Mietzinses schützen zu wollen und dem Vermieter einen angemessenen Ertrag zu sichern (s im einzelnen Vorbem 17 ff zu § 1 MHRG). Die Bundesregierung verkennt indessen nicht, daß ein Teil der Vermieter sich durch die geltenden Vorschriften über Kündigungsschutz und Mieterhöhungen beeinträchtigt fühlt und weitere Investitionen davon abhängig macht, daß die mietrechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Sie hält es deshalb für erforderlich, die Auswirkungen des geltenden Mietrechts auf die Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau weiterhin zu beobachten (Bericht aaO 14). 16 IV. Verfassungsrechtliche Problematik Der Kündigungsschutz des § 564 b BGB sowie der Ausschluß der Änderungskündigung und die Begrenzung von Mieterhöhungen durch das Prinzip der Vergleichsmiete schränken die Befugnisse des Vermieters erheblich ein. Es handelt sich um gesetzliche Regelungen, durch die Inhalt und Schranken des verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentums bestimmt werden (Art 14 Abs 1 S 2 GG). Das verfassungsrechtliche Problem besteht darin, ob diese Regelungen den grundlegenden Gehalt der Eigentumsgarantie wahren und auch mit den übrigen Verfassungsnormen im Einklang stehen (vgl BVerfGE 34, 139, 146 = NJW 1973, 505, 506). 17 Das BVerfG hat den Ausschluß der Änderungskündigung sowie die Begrenzung der Mietpreise bei laufenden Mietverhältnissen auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach Art 1 § 1 Abs 4 und § 3 Abs 1 WKSchG I entgegen einer im Schrifttum zT vertretenen Auffassung ( K I M M I N I C H , Die verfassungsrechtliche Beurteilung des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum [1973] 48 ff; N E I D E R ZMR 1973, 228) für verfassungsgemäß gehalten (BVerfGE 37, 132 = NJW 1974, 1499 m Anm F E H L NJW 1974, 1939; vgl LG Frankfurt WuM 1974, 156; AG Köln MDR 1974, 404; AG Wiesbaden WuM 1972, 194; WuM 1973, 12; MELZER ZMR 1978, 130). Dabei stützt sich das BVerfG im wesentlichen auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art 14 Abs 2 GG. Eine vermietete Wohnung steht in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion. Damit unterliegt sie dem Postulat einer am Jürgen Sonnenschein
(820)
Vorbem zum WKSchG, Art 1, 2 WKSchG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 18
Gemeinwohl orientierten Nutzung (Art 14 Abs 2 S 2 GG). Hieraus ergibt sich das Gebot, die Belange des Mieters zu berücksichtigen, der auf die Nutzung der Wohnung als Mittelpunkt der Lebensführung angewiesen ist. Auf der anderen Seite ist die verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsfreiheit zu berücksichtigen. Beiden Seiten muß der Gesetzgeber Rechnung tragen und dabei die schutzwürdigen Interessen aller Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen (BVerfGE 37, 132, 140 = NJW 1974, 1499; vgl BVerfGE 38, 348, 370 = NJW 1975, 727, 730). Die Belange des Vermieters werden aber bei einem korrekt durchgeführten Mieterhöhungsverfahren ausreichend gewahrt. Dabei sind die formalen Anforderungen an ein Mieterhöhungsverlangen nicht zu überspannen (BVerfG E 49, 244 = NJW 1979, 31). Auf dieser Grundlage sind auch gegen das WKSchG II keine generellen verfassungs- 18 rechtlichen Bedenken zu erheben (BVerfGE 53, 352 = NJW 1980, 1617 m Anm N I E D E R B E R G E R WuM 1980, 193; BARTHELMESS Einf vor Art 1 Rz 6 ff; G R A F NJW 1976,
1480;
LOWE N J W
1975,
9 f;
ROESCH W u M
1978,
181,
183;
SCHMIDT-
MDR 1975, 89; ders-BLANK A 24 ff; ders-BLANK MDR 1975,1 f; V O G E L J Z 1975, 73; krit F R I A U F DWW 1977, 124; PAUL DWW 1974, 56, 58; s aber AG Überlingen DWW 1978, 124 - Vorlage nach Art 100 GG hinsichtlich Geltung des MHRG für Ferienwohnungen, die in BVerfGE 50, 108 = NJW 1979, 757 für unzulässig erklärt worden ist). Das BVerfG hatte in seinem ersten Beschluß zwar über ein befristetes Gesetz zu entscheiden. Daraus können jedoch keine durchschlagenden Gegenargumente hergeleitet werden (vgl V O G E L aaO), zumal dem Gericht bei seiner Entscheidung der Entwurf des WKSchG II vorlag (vgl BVerfGE 3 7 , 1 3 2 , 1 3 8 = NJW 1974,1499). Das System der Vergleichsmiete steht selbst als Dauerregelung mit Art 14 G G im Einklang (BVerfGE 53, 352, 357 = NJW 1980, 1617). Auch der Kündigungsschutz des Mieters aus § 564 b B G B kann im Hinblick auf Art 14 GG nicht beanstandet werden, da der Verfügungsbefugnis über das Eigentum durch das Recht zur Kündigung wegen Eigenbedarfs und angemessener wirtschaftlicher Verwertung in ausreichendem Maße Rechnung getragen ist (§ 564 b Abs 2 Nr 2, 3 B G B ) . Die Wirtschaftlichkeit des Grundeigentums wird deshalb nicht beeinträchtigt. Verfassungsrechtlich problematisch ist somit weniger die gesetzliche Regelung als solche, sondern deren Handhabung in der Praxis (BVerfGE 37, 112, 145 = NJW 1974,1499,1501; BVerfGE 49, 244, 250 f = NJW 1974, 31, 32; BVerfGE 53,352, 358 = NJW 1980, 1617; F R I A U F DWW 1977, 124, 127). Dies gilt für Kündigungsschutz und Mieterhöhung in gleicher Weise. Es wird deshalb entscheidend darauf ankommen, daß die Gerichte die gesetzlichen Vorschriften nicht einseitig zugunsten einer Partei auslegen, sondern in einem gerechten Ausgleich die Interessen beider Parteien zu wahren suchen. FUTTERER
Artikel 1 Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs 1. Vgl § 564 b. 2. Vgl § 565 Abs 3.
Artikel 2 Mietverträge auf bestimmte Zeit
Ist nach dem 28. November 1971 ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit eingegangen, so kann der Mieter spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. § 564 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend. (821)
Jürgen Sonnenschein
Art 2 WKSchG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Diese Vorschrift gilt nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse über Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 9; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 3. Vgl Art 1 § 2 WKSchG I vom 25. 11. 1971 (BGBl I 1839); Gründe für die Einberufung des Vermittlungsausschusses durch den BR BT-Drucks VI/2564, 3; Bericht des Vermittlungsausschusses BT-Drucks VI/2598, 2 (zu Art 3 § 1 a).
Schrifttum BARTHELMESS, Zur Frage des Kündigungsschutzes bei befristeten Mietverhältnissen, NJW 1974, 1230; FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 33; GOCH, Kündigungsschutz bei befristeten Mietverhältnissen, ZMR 1978, 134; KURTENBACH, Die Neuregelung des Bestands- und Kündigungsschutzes für Wohnraummietverhältnisse, Betrieb 1971, 2453; LEHMANN, Zur Frage des Kündigungsschutzes bei „alten" befristeten Mietverhältnissen mit Verlängerungsklausel, NJW 1974, 2117; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1975, 9, 12; ROQUETTE, Mieterschutz und Mieterhöhung bei befristeten Mietverhältnissen, ZMR 1972, 133; SCHMIDT, Der Wohnungskündigungsschutz ist Bestandteil unserer sozialen Rechtsordnung. Der neue Kündigungsschutz des § 564 b BGB, WuM 1975,109,112; ders, Zweifelsfragen zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1976, 41, 43; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975, 89, 91; ders, Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters für Wohnraum in Ein- und Zweifamilienhäusern, ZMR 1976, 97, 99; SCHOPP, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97, 100; SCHUBERT, Die „Einliegerwohnungen" im 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 1, 2; VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ1975,73,76; WEIMAR, Der Rechtsschutz des Mieters bei befristeten Wohnraummietverträgen ohne Verlängerungsklausel, B1GBW 1980, 191.
Systematische Übersicht 5. Fehlen eines berechtigten Interesses des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses 20
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 4 II. Voraussetzungen (Abs 1) 1. Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit 5 2. Abschlußzeitpunkt 10 3. Bevorstehende Beendigung des MietVerhältnisses durch Zeitablauf 14 4. Fortsetzungsverlangen des Mieters 15
lli. Rechtsfolgen 1. Allgemeines 27 2. Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter 28 3. Einverständnis des Vermieters 31 4. Gerichtliche Geltendmachung 33 IV. Ausnahmetatbestände (Abs 3) 35 V. Unabdingbarkeit (Abs 2) 36
Alphabetische Übersicht Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter 20 ff, 28 ff - bei Einliegerwohnraum 22 - rechtmäßige 28 f - rechtswidrige 30
- Schutzrechte des Mieters 29 Abschlußzeitpunkt des Mietverhältnisses 10 ff Abweichende Vereinbarungen 36 f Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses 27, 30 Ausnahmetatbestände 35
Jürgen Sonnenschein
(822)
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Art 2 WKSchG 1
Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf 14 Befristung des Mietverhältnisses 6 Berechtigtes Interesse des Vermieters 20 ff - Geltendmachung 24 - Nachschieben von Gründen 26 - Schriftform 24, 30 - Zeitpunkt 25
- mit Verlängerungsklausel 7 - über möblierten Wohnraum 35 - Verlängerung, s dort
Einliegerwohnraum - Bestandsschutz 22 - Ablehnung des Fortsetzungsverlangens 28 f - Verlängerung des Mietverhältnisses 23 Entstehung der Vorschrift 2 f
Rechtsfolgen - Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit 27 - bei Ablehnung des Fortsetzungsverlangens, s dort
Fortsetzungsverlangen des Mieters 15 ff - Ablehnung durch den Vermieter 20 ff, 28 ff - bei Einliegerwohnraum 28 - Einverständnis des Vermieters 31 - Form 17 - Frist 18 - gerichtliche Geltendmachung 33 ff - Inhalt 16 - Rechtsnatur 15 - stillschweigende Annahme durch den Vermieter 30, 32
Rechtsnatur des Fortsetzungsverlangens 15
Geltendmachung des Anspruchs auf Vertragsverlängerung 33 ff Mietverhältnis - Abschlußzeitpunkt 10 ff - Anspruch des Mieters auf Fortsetzung auf unbestimmte Zeit 27 - befristetes 6 - bevorstehende Beendigung durch Zeitablauf 14, 22 - Fortsetzung durch Verlängerungsvertrag 27 - mit auflösender Bedingung 8 - mit Optionsrecht 9
- zu nur vorübergehendem Gebrauch 35 Nachschieben von Gründen 26 Optionsrecht 9
Schriftform - des FortsetzungsVerlangens 17 - der Geltendmachung des berechtigten Interesses 24, 30 Sozialklausel 1, 29 Stillschweigende Annahme des Fortsetzungsverlangens 30, 32 Verlängerung des Mietverhältnisses - Anspruch des Mieters 27, 30 - Dauer 27 - bei Einliegerwohnraum 23 - durch Einverständnis des Vermieters 31 - durch Fortsetzung des Gebrauchs 32 - gerichtliche Geltendmachung 33 ff - unter abweichenden Vereinbarungen 36 f Verlängerungsklausel 7 Unabdingbarkeit 36 f Zeitpunkt der Geltendmachung des berechtigten Interesses 24, 30 Zweck der Vorschrift 4
I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick
1
Die Vorschrift regelt ähnlich wie § 564 b BGB und die Sozialklausel der §§ 556 a und 556 b BGB den Bestandsschutz von Mietverhältnissen über Wohnraum. Dieser Schutz besteht darin, daß der Mieter eines nach dem 28. 11. 1971 auf bestimmte Zeit eingegangenen Mietverhältnisses spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf mit einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Vermieter die Fortsetzung auf unbestimmte Zeit verlangen kann. Während § 564 b BGB für die Kündigung ein berechtigtes Interesse des Vermieters verlangt, setzt Art 2 für den Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses voraus, daß nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Anders als nach der Sozialklausel hängt der Anspruch auf Fortsetzung nicht davon ab, ob sich der Mieter auf eine ungerechtfertigte Härte berufen kann (vgl (823)
Jürgen Sonnenschein
Art 2 WKSchG 2-4
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
BayObLG N J W 1 9 7 3 , 2 9 5 , 2 9 7 F; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 7 2 7 ) . Im übrigen gilt § 564 b BGB entsprechend (Abs 1). Ausnahmen vom Geltungsbereich des Art 2 bestehen für Mietverhältnisse über Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch und für bestimmten Einliegerwohnraum (Abs 3). Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind unwirksam (Abs 2).
2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift geht zurück auf Art 1 §§ 2 und 4 WKSchG I. Die Fortsetzung befristeter Mietverhältnisse ist erst im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundesrats in das WKSchG I aufgenommen worden (BR-Drucks 391/1/71, 2; Gründe für die Einberufung des Vermittlungsausschusses durch den BR BT-Drucks VI/2564, 3; Bericht des Vermittlungsausschusses BT-Drucks VI/2598, 2 [zu Art 3 § 1 a]). Dieses Gesetz ist mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten (Art 3 § 2 Abs 3 WKSchG I). Während bei der Neuregelung der Kündigungsschutz des Art 1 § 1 WKSchG I als § 564 b in das BGB übernommen worden ist, blieb die Fortsetzung befristeter Mietverhältnisse in Art 2 WKSchG II einer Regelung außerhalb des BGB vorbehalten. Dies wird zT mit der abnehmenden Bedeutung der Vorschrift und ihrem Charakter als Übergangsregelung begründet ( L Ö W E NJW 1975, 7, 12), was jedoch mit den Erfordernissen des Bestandsschutzes in einem sozialen Mietrecht nicht in Einklang steht (krit SCHMIDTF U T T E R E R - B L A N K B 720). Wenn die Vorschrift auch auf einem politischen Kompromiß beruht, kann ihre Stellung außerhalb des BGB nur schwerlich damit gerechtfertigt werden, sie habe gesetzestechnisch noch nicht die „Reife" für eine Dauerregelung im BGB erlangt (so aber MünchKomm-VoELSKOW Anh § 564 b BGB, Art 2 WKSchG Rz 2). Auf Vorschriften, die gesetzestechnisch noch nicht reif sind, sollte der Gesetzgeber besser ganz verzichten. 3 Art 2 weicht im wesentlichen hinsichtlich der Stichtagsvoraussetzungen für die erfaßten Mietverhältnisse von der früheren Regelung ab (Rz 10). Die Verweisung auf die Kündigungsschutzvorschriften ist der Übernahme in § 564 b BGB angepaßt worden, während die Verweisung auf die Vorschriften über die Mieterhöhung (Art 1 § 3 WKSchG I, nunmehr Art 3 WKSchG II) entfallen ist. Die früher in Art 1 § 4 WKSchG I gesondert aufgestellten Vorschriften über Unabdingbarkeit und Ausnahmetatbestände sind in die Regelung des Art 2 einbezogen worden, wobei der Bestandsschutz ebenso wie in § 564 b BGB grundsätzlich auf möblierten Wohnraum ausgedehnt worden ist.
4 3. Zweck der Vorschrift Die Vorschrift bezweckt, daß die Regelung des § 564 b BGB über den Kündigungsschutz nicht durch die Vereinbarung befristeter Mietverhältnisse umgangen wird (Gründe für die Einberufung des Vermittlungsausschusses durch den BR BT-Drucks VI/2564,3 [zu Art 3 Nr 3, dem späteren Art 1 § 2 WKSchG I]; BARTHELMESS Art 2 Rz 1; H A N S A r t 2 A n m 1; PALANDT-PUTZO A r t 2 A n m 1 a ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
720). Durch die dem Mieter auferlegte Befristung des Fortsetzungsverlangens soll der Vermieter rechtzeitig Klarheit darüber erlangen, ob das Mietverhältnis vertragsgemäß durch Zeitablauf endet (BT-Drucks aaO). Da die Beendigung von einem berechtigten Interesse des Vermieters abhängt und im übrigen auf § 564 b BGB verwiesen wird, sind befristete und unbefristete Mietverhältnisse im Ergebnis hinsichtlich des Bestandsschutzes gleichgestellt ( H A N S aaO). Die praktische Bedeutung der Vorschrift ist anscheinend gering. Im Bericht der Bundesregierung über die Jürgen Sonnenschein
(824)
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Art 2 WKSchG 5-9
Auswirkungen des WKSchG II vom 2. 3. 1979 (BT-Drucks 8/2610, 9) wird die Vermutung von Verbänden und Mietrichtern wiedergegeben, Art 2 sei wohl weitgehend unbekannt. Der Grund liegt sicher darin, daß die Aufnahme in das BGB unterblieben ist. Von 2706 Rechtsstreitigkeiten über Kündigungsschutz, die aus dem Jahr 1976 ausgewertet wurden, waren drei Klagen von Mietern auf diese Vorschrift gestützt. Von 2686 erfaßten Räumungsklagen der Vermieter waren 96 nach Zeitablauf eines befristeten Mietverhältnisses erhoben worden. In 29 dieser Fälle hatte der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Art 2 verlangt (Bericht der BReg aaO). II. Voraussetzungen (Abs 1) 1. Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit
5
a) Es muß sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handeln (BGB Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff; § 564 b Rz 9). b) Das Mietverhältnis muß auf bestimmte Zeit eingegangen sein. Die Mietzeit ist 6 bestimmt, wenn der Tag der Beendigung des Mietverhältnisses kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar ist (s im einzelnen BGB § 556 b Rz 5 ff; § 564 Rz 3 ff). Hierzu gehören auch Mietverhältnisse, die durch Änderungsvertrag oder richterlichen Gestaltungsakt nach § 556 a Abs 3 BGB oder § 5 HausratVO befristet worden sind ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 722; aM MünchKomm-VoELSKOw Anh § 564 b BGB, Art 2 WKSchG Rz 5; STERNEL Rz IV 149). Dies wird zwar zT für die nach § 5 Abs 2 HausratVO begründeten befristeten Mietverhältnisse abgelehnt (BayObLG NJW1973,2295,2298; BARTHELMESS Art 2 Rz 8; P A L A N D T - D I E D E R I C H S E N Anh zu § 1587 p, HausratVO § 5 Anm 2). Der nunmehr als Dauerregelung in Art 2 enthaltene Bestandsschutz läßt eine solche generelle Einschränkung jedoch nicht zu. Auch aus den nach § 2 HausratVO anzustellenden Billigkeitserwägungen ist kein anderes Ergebnis herzuleiten, da die Gründe für die Ausgestaltung des Mietverhältnisses im Rahmen des Art 2 nicht maßgebend sind. Fraglich kann deshalb nur sein, ob im Einzelfall die Ausnahmetatbestände des Art 2 Abs 3 eingreifen ( S C H M I D T FUTTERER-BLANK a a O ) .
c) Mietverhältnisse über Wohnraum, für die eine Verlängerungsklausel vereinbart 7 ist, unterliegen hinsichtlich der Beendigung nach § 565 a Abs 1 BGB in jedem Fall den Kündigungsvorschriften, so daß die §§ 564 b, 556 a BGB unmittelbar anwendbar sind (BGB § 556 b Rz 7, § 565 a Rz 6 ff). Auch wenn an sich eine bestimmte Mietzeit vereinbart ist, sind derartige Mietverhältnisse rechtlich als unbefristet zu behandeln. Art 2 ist deshalb nicht anzuwenden (AG Pinneberg WuM 1 9 7 9 , 1 9 3 ; BARTHELMESS A r t 2 R z 6 ; HANS A r t 2 A n m 4 b , 5 ; PALANDT-PUTZO A r t 2 A n m FUTTERER-BLANK B
1 b ; SCHMIDT-
723).
d) Aus den gleichen Gründen scheidet Art 2 im Hinblick auf § 565 a Abs 2 BGB für 8 ein Mietverhältnis über Wohnraum aus, das zwar auf eine bestimmte Zeit eingegangen ist, aber unter einer auflösenden Bedingung steht (BGB § 556 b Rz 6; § 565 a Rz 1 4 f f ; BARTHELMESS A r t 2 R z 5 ) .
e) Für Mietverhältnisse mit Optionsrecht wird die Auffassung vertreten, daß Art 2 9 nicht in Betracht komme, weil der Mieter infolge der Option ohnehin das Recht habe, das Mietverhältnis durch einseitige Erklärung fortzusetzen ( H A N S Art 2 Anm 4 c; ebenso BARTHELMESS Art 2 Rz 7). Dieser Auffassung ist nicht generell zuzustimmen. Ist die Ausübung des Optionsrechts für den Mieter an Voraussetzungen gebunden, die vom Tatbestand des Art 2 für ein Fortsetzungsverlangen abweichen, zB hinsichtlich einer längeren Frist, oder soll das Optionsrecht den Vertragsinhalt zum (825)
Jürgen Sonnenschein
Art 2 WKSchG 10-14
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Nachteil des Mieters ändern, so liegt darin ein Verstoß gegen die Unabdingbarkeitsklausel des Art 2 Abs 2 (ebenso MünchKomm-VoELSKOw Anh § 564 b BGB, Art 2 WKSchG Rz 4). Da sich der Anwendungsbereich eines Optionsrechts des Mieters und eines Anspruchs aus Art 2 nicht decken, wird der gesetzliche Anspruch grundsätzlich selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der Mieter von seinem vertraglichen Optionsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Ausnahmen sind allenfalls bei einem widersprüchlichen Verhalten des Mieters nach § 242 BGB möglich (BGB § 556 b Rz 9). Übt der Vermieter ein Optionsrecht nicht aus, greift zugunsten des Mieters ebenfalls Art 2 ein (BGB § 556 b Rz 9; § 564 Rz 5). 10 2. Abschlußzeitpunkt a) Die Vorschrift ist nur auf befristete Mietverhältnisse über Wohnraum anwendbar, die nach dem 28. November 1971, dh dem Tag des Inkrafttretens des WKSchG I, eingegangen sind. Während dieses Gesetz in Art 1 § 2 als Stichtag den 31. Oktober 1970 enthielt, dh den Zeitpunkt, in dem die Einführung eines Kündigungsschutzes bekanntgeworden ist, hat der Gesetzgeber den maßgebenden Stichtag durch Art 2 WKSchG II geändert, um verfassungsrechtlichen Bedenken wegen der Rückwirkung von Gesetzen zu begegnen (Ausschußbericht BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 3 ) . Ein Mietverhältnis ist mit Abschluß des Mietvertrags eingegangen, nicht mit der Überlassung des Wohnraums an den Mieter ( B A R T H E L M E S S Art 2 Rz 9 ; S C H M I D T WuM 1 9 7 5 , 1 0 9 , 1 1 2 ; S C H O P P Z M R 1 9 7 5 , 9 7 , 1 0 1 ) . Ist ein unbefristetes Mietverhältnis nach § 3 0 5 BGB auf bestimmte Zeit umgestellt worden, so ist der Zeitpunkt des Änderungsvertrags maßgebend ( B A R T H E L M E S S aaO; H E R P E R S Rz 7 2 2 ; P A L A N D T - P U T Z O Art 2 Anm 1 b). Das gleiche gilt bei einer Änderung durch richterlichen Gestaltungsakt (Rz 6). 11 b) Damit lassen sich drei Gruppen von Mietverhältnissen unterscheiden: aa) Befristete Mietverträge, die bis zum 31. 10. 1970 abgeschlossen worden sind (Art 1 § 2 WKSchG I), genießen keinen Bestandsschutz nach den WKSchG I und II (LG Mannheim ZMR 1974, 337; AG Hannover WuM 1972, 157). Auch § 564 b BGB greift nicht ein, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 565 a BGB vorliegen (deshalb mißverständlich im LS LG Detmold NJW 1974,242 m Anm L U T Z NJW 1974, 651; BARTHELMESS NJW 1974, 1230; L E H M A N N NJW 1974, 2117). Ansonsten endet das Mietverhältnis durch Zeitablauf, wobei sich die Rechte des Mieters auf § 556 b BGB beschränken (LG Mannheim aaO; B A R T H E L M E S S Art 2 Rz 10). 12 bb) Befristete Mietverträge, die nach dem 31. 10. 1970 und vor dem 29. 11. 1971 (Art 2 WKSchG II) abgeschlossen worden sind, unterlagen nur dem Bestandsschutz des Art 1 § 2 WKSchG I. Nachdem dieses Gesetz mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten ist (Rz 2), besteht kein Bestandsschutz mehr. Der Mieter kann sich nur auf § 556 b BGB berufen ( B A R T H E L M E S S Art 2 Rz 11; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 721). Dadurch ist seine Rechtsstellung verschlechtert, weil der Anspruch auf Fortsetzung Härtegründe auf seiner Seite voraussetzt. 13 cc) Auf befristete Mietverhältnisse, die nach dem 28. 11. 1971 eingegangen sind, ist Art 2 WKSchG II anwendbar. Daneben kann § 556 b BGB eingreifen (Rz 29; krit zu der gesamten Stichtagsregelung H A N S Art 2 Anm 1 ) . 14 3. Bevorstehende Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf Die Vorschrift ist nur anwendbar bei einer Beendigung des befristeten Mietverhältnisses durch Zeitablauf (BGB § 564 Rz 3 ff). Das heißt nicht, daß die Beendigung unmittelbar bevorstehen muß. Diese Voraussetzung greift deshalb nicht ein, wenn Jürgen Sonnenschein
(826)
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Art 2 WKSchG 15-18
das Mietverhältnis durch außerordentliche Kündigung des Vermieters endet (BGB § 564 Rz 31 ff). Ist die Kündigung fristlos, entfällt jeglicher Bestandsschutz für den Mieter (BGB § 556 b Rz 11; § 564 b Rz 18). Gegenüber einer außerordentlichen befristeten Kündigung ist der Mieter jedoch nach § 564 b BGB (s dort Rz 13) und § 556 a BGB (s dort Rz 15 ff) geschützt.
4. Fortsetzungsverlangen des Mieters
15
a) Die Vorschrift räumt dem Mieter einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ein. Das Mietverhältnis wird nicht ohne weiteres kraft Gesetzes fortgesetzt. Die Geltendmachung des Anspruchs ist vielmehr an besondere Voraussetzungen geknüpft. Der Mieter muß durch eine an den Vermieter gerichtete Willenserklärung form- und fristgerecht die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Dogmatisch ist diese Willenserklärung als ein Antrag iS des § 145 BGB zu werten, der auf Abschluß eines Vertrags zur Fortsetzung des Mietverhältnisses gerichtet ist. Hierbei besteht die Besonderheit, daß der Mieter unter den Voraussetzungen des Art 2 einen Anspruch auf den Vertragsabschluß hat. b) Der Inhalt der Willenserklärung des Mieters ist gesetzlich nicht näher vorge- 16 schrieben. Es genügt deshalb, daß sich erkennbar der Wille des Mieters ergibt, das Mietverhältnis über den Endtermin hinaus fortzusetzen. Das Wort Fortsetzung braucht nicht verwendet zu werden. Die Angabe von Gründen ist nicht notwendig (vgl aber § 556 a Abs 5 S 2 BGB). Gibt der Mieter allerdings Härtegründe iS der Sozialklausel an, stellt sich die Frage, ob er Fortsetzung nach § 556 b BGB oder nach Art 2 begehrt. Nach BARTHELMESS (Art 2 Rz 17) soll eine solche Erklärung im Zweifel als Fortsetzungsverlangen nach § 556 b BGB auszulegen sein, während ein Teil des Schrifttums eine Erklärung iS des Art 2 annimmt, da diese Vorschrift das stärkere Recht gewähre ( H A N S Art 2 Anm 6 a; STERNEL R Z IV 179). Die letztere Auffassung ist im Interesse des Mieters vorzuziehen, auch wenn beide Erklärungen dogmatisch nicht ohne weiteres gleichzustellen sind. Die auf § 556 b BGB gestützte Erklärung begründet erst einen Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, der durch Einigung der Parteien oder durch Gerichtsurteil erfüllt wird (BGB § 556 a Rz 68). Die Erklärung nach Art 2 enthält dagegen bereits selbst das Vertragsangebot. Letztlich ist dies aber nur eine Frage der juristischen Wertung einer objektiv vorliegenden, nicht eindeutigen Erklärung. Auf die rein innere Willensrichtung des Mieters kann es dabei nicht ankommen. Eine Grenze findet diese Auslegung iS des Art 2 jedoch am Wortlaut der Erklärung, wenn sich der Mieter ausdrücklich nur auf § 556 b BGB beruft. Auch wenn dies auf einem entsprechenden Hinweis des Vermieters nach § 556 a Abs 6 S 2 BGB beruhen sollte (BGB § 556 b Rz 26), ist die Erklärung nicht im Hinblick auf Art 2 korrigierbar. Falls sich der Mieter mit der Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich einverstanden erklärt und nur Räumungsaufschub begehrt (§§ 721, 794 a ZPO), handelt es sich nicht um eine Erklärung iS des Art 2 ( H A N S Art 2 Anm 6 a; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 728). c) Für die Erklärung des Fortsetzungsverlangens ist gesetzlich Schriftform vorge- 17 schrieben. Die Erklärung muß nach § 126 BGB in einer vom Mieter eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichneten Urkunde enthalten sein. Vertretung ist zulässig (BGB § 556 a Rz 61 f). d) Die Erklärung des Fortsetzungsverlangens ist an eine Frist gebunden. Der Mieter 18 muß spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber dem Vermieter erklären, daß er die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlange. Für (827)
Jürgen Sonnenschein
Art 2 WKSchG 19-22
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
die Rechtzeitigkeit der einseitigen, empfangsbedürftigen Willenserklärung ist der Zugang maßgebend (§§ 130 ff BGB). Die Frist ist nach § 188 Abs 2 HS 2 iVm § 187 Abs 2 BGB zu berechnen. Endet das Mietverhältnis zB mit Ablauf des 30. 6., so muß die Erklärung dem Vermieter spätestens am 30. 4. zugehen (vgl § 188 Abs 3 BGB; BARTHELMESS Art 2 Rz 20). Die Regelung des § 193 BGB ist anders als im Rahmen des § 565 BGB (s dort Rz 10) allgemein anwendbar, da es nicht um die ungeschmälerte Erhaltung einer Kündigungsfrist geht (AG München WuM 1980, 196; BARTHELMESS aaO). Eine Karenzzeit von drei Werktagen ist nicht vorgesehen. 19 Art 2 legt damit eine Ausschlußfrist fest. Wird sie vom Mieter versäumt, verliert er endgültig seine Rechte aus dieser Vorschrift (AG München DWW 1978, 150; MünchKomm-VoELSKOw Anh § 564 b BGB, Art 2 WKSchG Rz 9; STERNEL R Z IV 180). Wegen der entsprechenden Frist in § 556 a Abs 6 S 1 BGB kann er sich auf die Sozialklausel nach § 556 b Abs 1 S 2 iVm § 556 a Abs 6 S 2 BGB nur dann noch berufen, wenn der Vermieter den in § 564 a Abs 2 BGB bezeichneten Hinweis nicht rechtzeitig erteilt hat (BGB § 556 b Rz 26). Art 2 enthält keine entsprechende Hinweispflicht und Sanktion für den Fall der Verletzung durch den Vermieter. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei entschuldbarer Fristversäumnis ist nicht möglich (BARTHELMESS Art 2 Rz 18). Hierdurch wird die Rechtsstellung des Mieters entscheidend verkürzt, weil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 556 b BGB nunmehr davon abhängt, daß tatsächlich Härtegründe auf seiner Seite vorliegen. Dies steht nicht recht im Einklang mit dem Anliegen eines sozialen Mietrechts und den vor allem auf einem Schutz gegenüber Rechtsunkenntnis des Mieters beruhenden Vorschriften der §§ 556 a Abs 6 S 2, 564 a Abs 2 BGB (BGB § 564 a Rz 5). Rechtspolitisch ist für Art 2 eine entsprechende Regelung durch den Gesetzgeber geboten. De lege lata ist eine analoge Anwendung angebracht (aM AG München aaO). Auch wenn der Gesetzgeber bei befristeten Mietverhältnissen die Initiative für eine Fortsetzung in die Hände des Mieters legt, darf er unter sozialen Gesichtspunkten den Schutz der rechtsunkundigen Partei nicht gegenüber § 556 a verkürzen. Auch diese Vorschrift setzt schließlich eine Initiative des Mieters voraus. 20 5. Fehlen eines berechtigten Interesses des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses a) Der Mieter hat nur dann das Recht, die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen, wenn nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (Abs 1 S 1 HS 2).- § 564 b BGB gilt entsprechend (Abs 1 S 2). Es handelt sich um ein Abwehrrecht des Vermieters gegenüber dem Fortsetzungsverlangen des Mieters (BARTHELMESS Art 2 Rz 22). Aus der Verweisung auf § 564 b BGB ergibt sich, daß die bloße Existenz berechtigter Interessen des Vermieters nicht genügt, um das Recht des Mieters abzuwehren. Die berechtigten Interessen müssen vielmehr in besonderer Weise geltend gemacht werden (Rz 24 ff). 21 b) Welche Gründe für die Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf als berechtigte Interessen des Vermieters anzuerkennen sind, ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 564 b BGB (s dort Rz 22 ff). Die berechtigten Interessen müssen im Zeitpunkt der vertraglich vorgesehenen Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. Für ihre Gewichtung ist es unerheblich, daß der Mieter im Gegensatz zu der bei § 564 b BGB bestehenden Situation den Beendigungszeitpunkt von vornherein kennt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 733). 22 c) Wegen der Verweisung auf § 564 b BGB und damit auf dessen Abs 4 gilt bei der Vermietung von Einliegerwohnraum iS dieser Vorschrift (s dort Rz 141 ff) auch für Jürgen Sonnenschein
(828)
Art 2 WKSchG 23, 24
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
befristete Mietverhältnisse ein eingeschränkter Bestandsschutz. Ein solches Mietverhältnis kann durch Zeitablauf zum vorgesehenen Zeitpunkt enden, auch wenn der Vermieter nach § 564 b Abs 1 und 2 BGB kein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat (BARTHELMESS Art 2 Rz 29; H A N S Art 2 Anm 2 b dd; H E R P E R S R Z 7 2 5 ; PALANDT-PUTZO A r t
2 Anm
1 b ; SCHMIDT W U M
1976, 41, 43;
SCHMIDT-
F U T T E R E R - B L A N K B 7 3 6 ; S C H O P P Z M R 1 9 7 5 , 9 7 , 1 0 1 ; SCHUBERT W U M 1 9 7 5 , 1, 2 ;
JZ1975,73,76; aM L O W E NJW1975,9,12). Nur bei dieser Interpretation ist eine rechtliche Gleichbehandlung befristeter Mietverhältnisse im Hinblick auf den Bestandsschutz gewährleistet, wie Art 2 es bezweckt. Der Vermieter muß sich entsprechend § 564 b Abs 4 S 4 BGB (s dort Rz 151) ausdrücklich auf diesen Sondertatbestand berufen, damit für den Mieter die Rechtslage klargestellt ist VOGEL
(BARTHELMESS a a O ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K
aaO).
Problematisch ist es, ob die Berufung des Vermieters auf den Sondertatbestand des § 23 564 b Abs 4 BGB zur Folge hat, daß sich das Mietverhältnis entsprechend S 2 dieser Vorschrift um drei Monate über den vertraglichen Endtermin hinaus verlängert (so BARTHELMESS Art 2 Rz 30; D Ü R R , Verhandl des Dt BT, StenogrBer, Bd 89,8314 [A]; H A N S A r t 2 A n m 2 b d d ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 7 3 6 ; SCHUBERT W u M
1975,
1, 3), oder ob eine solche Verlängerung bei befristeten Mietverhältnissen nicht angebracht ist, weil dem Mieter der Zeitpunkt der vertragsgemäßen Beendigung von vornherein bekannt ist (so MünchKomm-VoELSKOW Anh § 564 b BGB, Art 2 WKSchG Rz 2 2 ; P A L A N D T - P U T Z O Art 2 Anm 3 a; STERNEL R Z IV178). § 564 b Abs 4 S 2 BGB bezweckt, einem Mißbrauch des erleichterten Kündigungsrechts durch den Vermieter vorzubeugen und Härten für den Mieter zu vermeiden (s dort Rz 15 0). Der erstere Grund kommt zwar im Rahmen des Art 2 nicht in Betracht. Doch können sich auch im Rahmen dieser Vorschrift besondere Härten für den Mieter dadurch einstellen, daß er praktisch bis zum letzten Tag vor der Beendigung des Mietverhältnisses nicht sicher ist, ob sich der Vermieter auf § 564 b Abs 4 BGB berufen wird. Dies gilt zwar in ähnlicher Weise bei einer Berufung auf Gründe iS des § 564 b Abs 1 und 2 BGB. Aber insoweit ist noch die Frage zu klären, ob es sich auch um berechtigte Interessen handelt, während im Rahmen des Abs 4 die Beendigung des Mietverhältnisses grundlos möglich ist. Deshalb ist mit der überwiegenden Auffassung eine entsprechende Anwendung des Abs 4 S 2 vorzuziehen. Der Wortlaut der Vorschrift, nach der sich die Kündigungsfrist um drei Monate verlängert, steht dem nicht entgegen, da eine entsprechende Anwendung den Besonderheiten des Art 2 anzupassen ist und dazu führt, daß der vertragliche Endtermin des Mietverhältnisses um drei Monate hinausgeschoben wird. d) Wegen der Verweisung auf § 564 b BGB ist eine schriftliche Geltendmachung der 24 berechtigten Interessen durch den Vermieter erforderlich (s dort Rz 121 ff). Dies folgt aus der von der hM bejahten entsprechenden Anwendung des § 564 b Abs 3 B G B (BARTHELMESS A r t 2 R z 3 1 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b A n h A r t 2 R z 2 ;
ERMAN-SCHOPP A n h z u § 5 6 4 b A r t 2 R z 2 ; M ü n c h K o m m - V o E L S K O W A n h § 5 6 4 b
BGB, Art
2
WKSchG Rz
1 4 ; ROQUETTE
ZMR
1 9 7 6 , 4 1 , 4 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B
(829)
STERNEL R Z
IV
f;
SCHMIDT W U M 1975, 97,
101;
B1GBW 1 9 8 0 , 1 9 1 ; aM KURTENBACH Betrieb 1 9 7 1 , 2 4 5 3 , 2 4 5 7 ; P A L A N D T - P U T Z O Art 2 Anm 2 c). Dem steht nicht entgegen, daß es nicht um eine Kündigung des Vermieters geht (so aber P A L A N D T - P U T Z O aaO). Die entsprechende Anwendung des § 5 6 4 b Abs 3 BGB richtet sich vielmehr nach den Besonderheiten des Art 2. Bei einem befristeten Mietverhältnis ist es in gleicher Weise geboten, dem Mieter noch vor der Beendigung des Mietverhältnisses Klarheit über seine Rechtsstellung und die Erfolgsaussicht von Verteidigungsmöglichkeiten zu verschaffen (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO; s oben BGB § 5 6 4 b Rz 1 2 2 ) . SCHUBERT W U M 1 9 7 5 , 1, 2
f;
1972, 133, 135
7 3 6 ; SCHOPP Z M R 1 8 2 ; WEIMAR
Jürgen Sonnenschein
Art 2 WKSchG 25-27
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
25 aa) Daraus folgt zum einen für den Zeitpunkt der Geltendmachung berechtigter Interessen, daß sich der Vermieter noch vor der vertraglich vorgesehenen Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber einem Fortsetzungsverlangen des Mieters auf seine berechtigten Interessen berufen muß (BARTHELMESS Art 2 Rz 3 4 ; ERMANSCHOPP A n h zu § 5 6 4 b A r t 2 R z 2; SCHMIDT W U M 1 9 7 6 , 4 1 , 4 3 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 7 3 7 ; SCHUBERT WuM 1 9 7 5 , 1 , 2 f; STERNELRZIV 183). Mangels
ausdrücklicher anderweitiger Regelung des Gesetzes muß hierfür der letzte Tag des Mietverhältnisses genügen (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO). Nicht zu folgen ist der einschränkenden Auffassung von ROQUETTE (ZMR 1 9 7 2 , 133, 136), der analog § 147 Abs 2 BGB eine widersprechende Erklärung des Vermieters bis zu dem Zeitpunkt verlangt, in dem der Mieter unter regelmäßigen Umständen eine Antwort auf seinen Verlängerungsantrag erwarten darf. Da es auf berechtigte Interessen im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses ankommt, wäre der Vermieter bei einem frühzeitigen Fortsetzungsverlangen des Mieters häufig noch nicht in der Lage, berechtigte Interessen entgegenzusetzen. Wäre eine frühzeitige Ablehnung des Vermieters völlig unbegründet, könnte er auch keine später entstandenen Gründe nachschieben (BGB § 564 b Rz 125). Rechtspolitisch ist es allerdings angebracht, dem Vermieter durch eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift im Rahmen des Art 2 die Geltendmachung berechtigter Interessen angemessene Zeit vor der Beendigung des Mietverhältnisses aufzuerlegen, damit sich der Mieter rechtzeitig auf seine Verteidigung einstellen kann. Nur so ist eine vollkommene Gleichstellung mit unbefristeten Mietverhältnissen zu erreichen, bei denen sich aus der Kündigungsfrist für den Mieter die Möglichkeit ergibt, die Frage einer Rechtsverteidigung gegenüber den auf § 564 b gestützten Gründen des Vermieters noch vor Ablauf des Mietverhältnisses zu klären. 26 bb) Aus der entsprechenden Anwendbarkeit des § 564 b Abs 3 BGB ergibt sich ferner, daß dem Vermieter ein Nachschieben von Gründen nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen dieser Vorschrift gestattet ist (SCHMIDT-FUTTERERBLANK B 7 3 6 ; s oben B G B § 5 6 4 b Rz 125 ff).
III. Rechtsfolgen 27 1. Allgemeines Die Vorschrift räumt dem Mieter einen materiell-rechtlichen Anspruch gegen den Vermieter ein, das auf bestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis nach dem vertraglich vorgesehenen Endtermin auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Eine Änderung der Vertragsbedingungen kann weder der Mieter noch der Vermieter fordern. In dem form- und fristgerecht erhobenen Fortsetzungsverlangen des Mieters liegt der Antrag auf Abschluß des Verlängerungsvertrags (Rz 15 ff), den der Vermieter unter den Voraussetzungen des Art 2 abzuschließen verpflichtet ist. Für die Annahmefähigkeit des Antrags können die §§ 146 ff BGB deshalb nur mit Einschränkungen gelten. Das fortgesetzte Mietverhältnis ist identisch mit dem bisherigen, unterliegt nunmehr aber den Vorschriften über Mietverhältnisse, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Der Vermieter kann deshalb ein etwaiges Recht auf Mieterhöhung nach den Vorschriften des MHRG durchsetzen. Die Regelung des Art 2 führt damit nicht kraft Gesetzes zu einer Fortsetzung des Mietverhältnisses und fingiert als solche auch nicht eine derartige Fortsetzung ohne Rücksicht auf das Verhalten des Vermieters. Das Mietverhältnis muß vielmehr durch Vertragsabschluß zwischen den Parteien fortgesetzt werden. Jürgen Sonnenschein
(830)
2. Wohnraumkiindiguiigsschutzgesetz
Art 2 WKSchG 28-3«
2. Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter
28
Lehnt der Vermieter das Fortsetzungsverlangen des Mieters form- und fristgemäß ab (Rz 20 ff), kommt es darauf an, ob die Ablehnung berechtigt oder unberechtigt ist. a) Ist die Ablehnung rechtmäßig, weil dem Vermieter ein berechtigtes Interesse an der fristgerechten Beendigung des Mietverhältnisses zur Seite steht, so hat der Mieter keinen Anspruch auf Fortsetzung. Das Mietverhältnis endet nach § 564 Abs 1 BGB durch Zeitablauf. Das gleiche gilt unabhängig vom Vorliegen berechtigter Interessen, wenn der Vermieter von Einliegerwohnraum iS des § 564 b Abs 4 BGB seine Ablehnung auf diesen Sondertatbestand stützt, wobei jedoch die Verlängerung um drei Monate entsprechend § 564 b Abs 4 S 2 BGB zu berücksichtigen ist (Rz 22 f). In beiden Fällen bleiben weitergehende Schutzrechte des Mieters unberührt (Art 2 29 Abs 1 S 2, § 564 b Abs 5 BGB). Dies gilt wegen der Stellung der letzteren Vorschrift auch bei der Vermietung von Einliegerwohnraum. Kann der Vermieter das Fortsetzungsverlangen des Mieters wegen berechtigter Interessen an der Beendigung des Mietverhältnisses abwehren, bleibt dem Mieter noch die Möglichkeit, aufgrund der Sozialklausel nach § 556 b iVm § 556 a BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen. Anders als nach Art 2 hängt dieses Recht entsprechend § 556 a Abs 1 S 1 von einer Abwägung der beiderseitigen Interessen ab (BGB § 556 b Rz 15 ff). Zudem müssen für die Geltendmachung dieses Rechts Frist und Form nach § 556 a Abs 5 und 6 BGB eingehalten werden. Nur wenn der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der zweimonatigen Widerspruchsfrist den Hinweis auf die Sozialklausel erteilt hat, kann die Ausnahme des § 556 a Abs 6 S 2 BGB eingreifen (BGB § 556 b Rz 26). Es empfiehlt sich deshalb für den Mieter, neben dem auf Art 2 gestützten Fortsetzungsverlangen gleichzeitig die Rechte aus der Sozialklausel hilfsweise für den Fall geltend zu machen, daß der erstere Anspruch nicht besteht (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 7 2 7 ) .
b) Ist die Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter rechtswidrig, 30 weil er kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, so ist der Anspruch des Mieters aus Art 2 begründet. Das gleiche gilt, wenn der Vermieter seine Ablehnung nicht form- und fristgemäß erklärt hat (Rz 24 f; vgl aber Rz 32). Nach verbreiteter Auffassung soll der Verlängerungsvertrag durch stillschweigende Annahme seitens des Vermieters schon dann zustande kommen, wenn dieser das Fortsetzungsverlangen des Mieters nicht spätestens bis zum vertraglichen Endtermin des Mietverhältnisses ablehnt (BARTHELMESS Art 2 Rz 37; ERMAN-SCHOPP Anh zu § 5 6 4 b A r t 2 R z 2 ; ROQUETTE Z M R 1 9 7 2 , 1 3 3 , 1 3 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 737; SCHOPP ZMR 1975,97,101; STERNEL Rz IV 184; aM M ü n c h K o m m - V o E L S K O w
Anh § 564 b BGB, Art 2 WKSchG Rz 11). Diese Auffassung steht nicht im Einklang mit den Grundsätzen des Vertragsrechts, nach denen Schweigen in aller Regel nicht als Willenserklärung zu behandeln ist (LARENZ, AT des deutschen Bürgerlichen Rechts [5. Aufl 1980] § 19 IV a). Allein der Anspruch auf Annahme des Fortsetzungsverlangens macht rechtlich die Annahmeerklärung nicht entbehrlich (so aber ROQUETTE aaO). Auch aus der mietvertraglichen Bindung des Vermieters folgt keine Erklärungspflicht, bei deren Verletzung das Schweigen als Annahme zu werten wäre (so aber STERNEL R Z IV 183). Dies würde der vergleichbaren Regelung des § 556 a BGB widersprechen und läßt sich auch nicht mit dem Wortlaut des Art 2 vereinbaren, der nichts weiter als einen noch besonders zu erfüllenden Anspruch des Mieters einräumt. Dieser Anspruch wird durch eine einverständlich abgegebene oder gerichtlich erzwungene Willenserklärung des Vermieters erfüllt (Rz 31 ff). (831)
Jürgen Sonnenschein
Art 2 W K S c h G 31-34
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
31 3. Einverständnis des Vermieters a) Stimmt der Vermieter dem Fortsetzungsverlangen ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zu, so wird das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, im übrigen aber zu den bisherigen Vertragsbedingungen fortgesetzt. Die Zustimmung ist rechtlich als die Annahme des im Fortsetzungsverlangen liegenden Vertragsangebots des Mieters zu werten. Es ist unerheblich, ob der Vermieter das Angebot vor oder nach Ablauf der vertraglich vorgesehenen Mietzeit annimmt. Der Vertrag wird in jedem Fall von dem an sich vorgesehenen Endtermin an fortgesetzt. Ein Schweigen des Vermieters kann jedoch entgegen einer verbreiteten Auffassung nicht ohne weiteres als Vertragsannahme beurteilt werden (Rz 30). 32 b) Von der Vertragsfortsetzung aufgrund schlüssigen Verhaltens ist die Vertragsverlängerung durch Fortsetzung des Gebrauchs nach § 568 BGB zu unterscheiden. Nach dieser Vorschrift gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache nach dem Ablauf der Mietzeit fortsetzt und keine der Parteien ihren entgegenstehenden Willen innerhalb einer Frist von zwei Wochen dem anderen Vertragsteil gegenüber erklärt. Hierbei handelt es sich um eine Fiktion der Vertragsverlängerung, für die es auf einen entsprechenden Parteiwillen nicht ankommt (BGB § 568 Rz 4). Diese Regelung gilt auch im Rahmen des Art 2 und ist insbesondere von Bedeutung, wenn der Vermieter auf das Fortsetzungsverlangen des Mieters schweigt. Die Fiktion des § 568 BGB macht ein ausdrückliches Einverständnis des Vermieters überflüssig. Hat der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses gegenüber einem auf Art 2 gestützten Verlangen des Mieters abgelehnt, so kann diese vor Vertragsbeendigung liegende Ablehnungserklärung zugleich als Widerspruch iS des § 568 BGB beurteilt werden (s zu der im Rahmen des § 568 BGB streitigen Frage dort Rz 21 f). Wegen des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem zwei Monate vor der Vertragsbeendigung zu erklärenden Fortsetzungsverlangen und der Ablehnungserklärung kann es nicht darauf ankommen, ob die letztere Erklärung kürzere oder längere Zeit vor dem Vertragsende abgegeben wird, um noch als Widerspruch iS des § 568 BGB gelten zu können (BARTHELMESS Art 2 Rz 40).
33 4. Gerichtliche Geltendmachung a) Der Mieter hat unter den Voraussetzungen des Art 2 einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, der durch Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung des Vermieters zu erfüllen ist. Die Abgabe dieser Willenserklärung kann der Mieter im Wege der Leistungsklage erzwingen. Die gerichtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 23 Nr 2 a) GVG, § 29 a ZPO. Mit der Rechtskraft eines der Klage stattgebenden Urteils gilt die Willenserklärung als abgegeben (§ 894 ZPO), sie wirkt auf den vertraglich an sich vorgesehenen Endtermin zurück (BARTHELMESS Art 2 Rz 42; P A L A N D T - P U T Z O Art 2 Anm 3 b). Für eine Gestaltungsklage bildet die Vorschrift keine Rechtsgrundlage, da dem Gericht anders als nach § 556 a Abs 3 BGB (s dort Rz 76) keine das Mietverhältnis betreffende Rechtsgestaltung obliegt (BARTHELMESS aaO; H A N S Art 2 Anm 9 b; aM P A L A N D T - P U T Z O aaO; vgl LG München ZMR 1974, 49, 50). Eine Feststellungsklage ist für das Klageziel des Mieters unzureichend und kommt allenfalls in Betracht, wenn er sich auf eine schon beiderseits erklärte Vertragsfortsetzung oder auf eine Vertragsverlängerung nach § 568 BGB beruft (BARTHELMESS Art 2 Rz 44). 34 b) Nach hM muß der Mieter seinen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gegenüber einer Räumungsklage des Vermieters durch Widerklage geltend machen, die unter den Voraussetzungen des § 530 Abs 1 ZPO noch im Berufungsverfahren Jürgen Sonnenschein
(832)
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Art 2 WKSchG 35-37
erhoben werden kann (LG Bonn MDR 1976, 495; LG Kaiserslautern ZMR 1975, 3 0 6 , 3 0 7 ; BARTHELMESS A r t 2 R z 4 3 ; P A L A N D T - P U T Z O A r t 2 A n m
4;
SCHMIDT-
744; vgl LG München ZMR 1974, 49, 50). Eine bloße Einwendung genügt nur, wenn sich der Mieter darauf beruft, eine Einigung über die Vertragsfortsetzung habe bereits stattgefunden. Hiervon abweichend will STERNEL (Rz IV 186) unter Hinweis auf § 556 a BGB sowie auf die zur Wandelung und Minderung im Kaufrecht geübte Praxis in jedem Fall genügen lassen, daß der Mieter seinen Anspruch auf Vertragsfortsetzung im Wege der Einwendung gegenüber dem Räumungsanspruch des Vermieters geltend macht. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen, da § 308 a ZPO eine richterliche Gestaltung des Mietverhältnisses ohne dahin gehenden Klageantrag des Mieters ausdrücklich nur auf der Grundlage der Sozialklausel in einem Räumungsprozeß zuläßt. Auch die Berufung auf die Praxis von Wandelung und Minderung vermag STERNELS Ansicht nicht zu stützen. Begehrt der Käufer im Klagewege Befreiung von der Kaufpreisschuld oder Rückzahlung des Kaufpreises, liegt ein Klageantrag vor, auf den der Vollzug von Wandelung oder Minderung gestützt werden kann (vgl RGZ 58, 423, 425; RGZ 69, 385, 388; R G Z 101, 64, 71; s auch B G H Z 29, 148, 151 ff). Die einredeweise Geltendmachung gegenüber der Kaufpreisklage genügt aber nur dann, wenn der Käufer keine über den Vollzug der Wandelung oder Minderung hinausgehenden Ansprüche stellt. Der Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Art 2 ist damit nicht vergleichbar, weil er zu der über die Abgabe einer Willenserklärung hinausgehenden Pflicht zur weiteren Gebrauchsüberlassung führt. Zu bedenken ist auch, daß S T E R N E L S Auffassung ganz allgemein eine besondere Klage auf Abgabe einer Willenserklärung überflüssig machen würde, wenn sich daran eine weitere Leistungspflicht knüpft. Dies steht nicht im Einklang mit unserer Rechtsordnung. Der Mieter wird durch die Verweisung auf eine Widerklage nicht benachteiligt, wenn das Gericht seiner Aufklärungspflicht aus § 139 ZPO nachkommt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 744). FUTTERER-BLANK
B
IV. Ausnahmetatbestände (Abs 3)
35
Entsprechend der Regelung in § 564 b Abs 7 BGB (s dort Rz 155) werden nach Art 2 Abs 3 bestimmte Mietverhältnisse über Wohnraum vom Bestandsschutz ausgenommen. Hierzu zählen Mietverhältnisse zu nur vorübergehendem Gebrauch (BGB § 556 a Rz 88 ff) sowie Mietverhältnisse über ganz oder überwiegend vom Vermieter zu möblierenden Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Im übrigen fällt möblierter Wohnraum jedoch unter den Schutz des Art 2. V. Unabdingbarkeit (Abs 2)
36
1. Eine zum Nachteil des Mieters von der Regelung des Art 2 abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Der Bestandsschutz ist nur durch eine zwingende Vorschrift zu verwirklichen. Unzulässig ist es deshalb, die gesetzlichen Bestimmungen zugunsten des Vermieters auszuschließen oder abzuändern. Die Unwirksamkeit beschränkt sich allerdings auf die jeweilige Klausel und erfaßt grundsätzlich nicht den ganzen Mietvertrag (BGB § 5 6 4 b Rz 1 5 7 ; B A R T H E L M E S S Art 2 Rz 4 6 ; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K B 7 4 5 ) . Zulässig sind dagegen abweichende Vereinbarungen zugunsten des Mieters (BGB § 564 b Rz 158). 2. Der Zeitpunkt, in dem eine abweichende Vereinbarung getroffen wird, ist 37 unerheblich. Sie kann bei Abschluß des Vertrags aufgenommen sein, um bereits für den zukünftigen Endtermin bestimmte Regelungen vorzusehen. Unzulässig können (833)
Jürgen Sonnenschein
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohjiraumkündigungsschutzgesetz a u c h n a c h t r ä g l i c h e V e r e i n b a r u n g e n z u g u n s t e n d e s M i e t e r s in e i n e m Ä n d e r u n g s v e r trag o d e r in d e m a u f g r u n d d e s A r t 2 a b g e s c h l o s s e n e n V e r l ä n g e r u n g s v e r t r a g sein, wenn der Vermieter gegenüber einem begründeten Anspruch des Mieters nur unter a b w e i c h e n d e n B e d i n g u n g e n zur V e r t r a g s f o r t s e t z u n g b e r e i t w a r . D i e s gilt i n s b e s o n dere für eine M i e t e r h ö h u n g (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK B 746). E i n e Ä n d e r u n g der b i s h e r i g e n V e r t r a g s b e d i n g u n g e n ist n u r zulässig, soweit dies auf d e m f r e i e n E n t s c h l u ß d e s M i e t e r s b e r u h t . W e n n d e m M i e t e r m a t e r i e l l - r e c h t l i c h kein A n s p r u c h auf V e r t r a g s f o r t s e t z u n g n a c h A r t 2 z u s t e h t , greift a u c h d e s s e n A b s 2 nicht ein. In d i e s e m Fall k a n n e i n e V e r t r a g s v e r l ä n g e r u n g u n t e r B e d i n g u n g e n v e r e i n b a r t w e r d e n , die z u m Nachteil des Mieters von d e m bisherigen Vertragsinhalt abweichen (SCHMIDTFUTTERER-BLANK B 7 4 7 f ) .
Artikel 3 G e s e t z zur R e g e l u n g der Miethöhe ( M H R G ) Vorbemerkungen zu § 1 M H R G Schrifttum BReg, Bericht v 10.5.1976 betreffend die Ermöglichung einer vermehrten Aufstellung von Mietspiegeln durch die Gemeinden, BT-Dr 7 (1976)/5160 (abgedruckt unten § 2 MHRG Rz 148); dies, Bericht v 2.3.1979 über die Auswirkungen des 2. WKSchG, BT-Dr 8 (1979)/2610 (Auszug unten Vorbem 69); Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi, Entwicklung der Wohnungsmieten und die geplanten Maßnahmen zur Begrenzung des Mietanstiegs, Gutachten vom 12.12.1970, in: Sammelband der Gutachten von 1948 bis 1972, BMWi (1973) 583; BACHMANN-IPSEN-KURTZSOLOWJEW, Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten in Mannheim (1973 und 1975); H BULWIEN-W SCHULTES, Wirtschaftlichkeit und Mietpreisentwicklung bei frei finanzierten und älteren Mietwohnungen, R BERGER Forschungsinstitut München (1979); DERLEDER-SCHLEMMERMEYER, Sachverstand als Datenersatz? Zur Rolle des Sachverständigen im Mieterhöhungsverfahren, WuM 1978, 225; DERLEDER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistungen und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1975,1677; ders, Inflatorische Impulse des MHRG? WuM 1976, 197, 221; EEKHOFF-WERTH, Auswirkungen des 2. WKSchG, Forschungsbericht des Instituts für empirische Wirtschaftsforschung der Universität des Saarlandes Nr 39, Saarbrücken 1978; dies, Der gegenwärtige Mieterschutz und eine Alternative, Wirtschaftsdienst 1978 H 11; dies, Hat sich das 2. WKSchG bewährt? Bericht Nr 39 des Instituts für empirische Wirtschaftsforschung der Univ des Saarlandes, Saarbrücken 1979; dies, Das 2. WKSchG bleibt umstritten, DWW1979,212; EMMERICH, Die Anforderungen zur Erstellung und zur Anerkennung von Mietpreisspiegeln im Widerstreit der Meinungen, in: EMMERICH ua, Mietpreisermittlung, Bd 3 der Schriftenreihe des Josef-Humar-Instituts Düsseldorf (1980) 46; ders JuS 1979, 514; FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum 2. WKSchG, ZMR 1975, 33; GALLAS, Zur Rechtswirksamkeit einer Mieterhöhungserklärung nach MHRG vor Auslaufen der Mietpreisbindung, WuM 1977,179; ders, Bemessung des Streitwerts einer Mieterhöhungsklage nach § 2 MHRG, ZMR 1979,196; GIERTH, Marktmiete aus der Retorte? DWW 1978, 10; H GÜNTER, Die Mieterhöhung nach dem 2. WKSchG, WuM 1975, 5; HAACK, Soziales Mietrecht und Investitionsprobleme im freifinanzierten Mietwohnungsbau, WuM 1978, 41; HOFFMANN-LANGE, Mannheimer Mietspiegel '77, Beitr zur Statistik der Stadt Mannheim H 77 (Mannheim 1978); D IPSEN, Wohnungen und Mieten, Arch f Kommunalwissenschaften Bd 15 (1976) 262; KIMMINICH, Die verfassungsrechtliche Beurteilung des WKSchG I (1973); LÖWE, Wichtige Neuregelungen im 2. WKSchG, NJW 1975, 9; R MARIENFELD, Mietwerttabelle oder Sachverständiger zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, B1GBW 1977, 211; ders-P MARIENFELD, Grundprobleme und wirtschaftliche Bedeutung des MHRG, ZMR 1976,225,257; RNIEDERBERGER, Mietspiegel, 3. Aufl (1979); ders, Mietspiegel als Instrument zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete (1980); ders-U WULLKOPF, Empirische Erforschung der Auswirkungen des 2. WKSchG (1979); K RUPP, Die ortsübliche Vergleichsmiete, Dauerlösung mietrechtlicher Probleme oder Fiktion mit Ungereimtheiten? DWW 1978, 31; ROEWER-HÜSKEN, Der räumliche Geltungsbereich von Mietspiegeln gemäß § 2 Abs 2 MGH, ZMR 1979, 163; SCHADE-SCHUBART-WIENICKE, Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich
(834)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Wohn- und Mietrecht, WK Reihe Nr 116 (seit 1978) Teil B Anh 2; SCHLICH, Das 2. WKschG - eine Notwendigkeit im sozialen Rechtsstaat, WuM 1979, 1; SCHOPP, Das 2. WKSchG, ZMR 1975, 97; H SCHMIDT, Zweifelsfragen zum 2. WKSchG, WuM 1976, 41; SCHULZ-TRIEGLAFF, Mietspiegel und Vergleichsmiete, WuM 1977, 249; ders, Mietspiegel in der Praxis, BBauBI 1977, 376; STAEHLE, Anwendbarkeit des 2. WKSchG auf Heimvertragsverhältnisse, NJW 1978, 1359; STERNEL, Hamburger Mietenspiegel (1977); ders, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz III 39 ff (S 266 ff); STOBER, Zur Entgelterhöhung bei Heimvertragsverhältnissen, NJW 1979, 97; H-J VOGEL, Das 2. WKSchG, JZ 1975, 73; G WEILANDT-ANNE, Anmerkungen zum Gutachten „ortsübliche Vergleichsmieten in Mannheim 1975", Metroplan (1976); W WEIMAR, Die Erhöhung des Mietzinses bei Mischmietverhältnissen, B1GBW 1978, 31; G WINTER, Der Mietspiegel zwischen Wohnwert und ortsüblicher Vergleichsmiete, WuM 1977, 85; Wohngeldunterlagen und ortsübliche Vergleichsmiete, Statistische Vierteljahresberichte der Landeshauptstadt Hannover 1976 H 1; Widersprüchliches Mietrecht, hrsgeb vom Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer eV (GATHER) (Düsseldorf 1979); ENGELS FAZ Nr 5 b v 7. 3. 1981, S. 13. Weitere Literatur s bei den §§ 2 und 3 MHRG sowie oben Vorbem zu §§ 535, 536.
Systematische Übersicht I. Geschichte 1. Die Entstehung des WKSchG I 1 2. Inhalt und Wirkungen des WKSchG I 4 3. Die Entstehung des MHRG 8
2. 3. 4. 5.
n . Überblick 10
V. Konkurrenzen 57 1. Grundsatz 58 2. Das Verhältnis des § 3 MHRG zu den anderen Tatbeständen 59 3. Die Sondervorschriften der § § 4 und 5 MHRG 62 4. Die Obergrenze 64
III. Kritische Würdigung des MHRG 17 1. Die Konzeption des Gesetzgebers 18 2. Die Haupteinwände 24 a) Die Durchbrechung des Grundsatzes der Vertragstreue 25 b) Die Problematik der ortsüblichen Vergleichsmiete 32 aa) Die Marktverhältnisse 32 a bb) Der Marktpreis - eine unbekannte Größe 33 a cc) Mietspiegel - ein Ausweg? 34 IV. Anwendungsbereich 38 1. Der sachliche Anwendungsbereich 39
Der zeitliche Anwendungsbereich 47 Der räumliche Anwendungsbereich 49 Der Mietzins 50 Sonderregelungen 53
VI. Prozessuales 1. Zuständigkeit 65 2. Streitwert 67 VII. Anhang 69 . Auszug aus dem Bericht der BReg über die Auswirkungen des 2. WKSchG, BTDr 8 (1976)72610.
Alphabetische Übersicht Kaltmiete 52 Kapitalkostensteigerung 30, 62 f Konkurrenzen 57 ff Kostenmiete 23
Altenheim- und Pflegeverträge 45 Anwendungsbereich des MHRG 38 ff - sachlicher 39 ff - zeitlicher 47 ff - räumlicher 49 Betriebskostensteigerungen 3, 5, 29, 62 f Betriebsrat 55 f Dingliche Wohnrechte 46 Einmalmiete 50 Geschichte 1 ff - des MHRG 8 ff (835)
Marktpreis 32 a ff MHRG 8 ff - Anwendungsbereich 38 ff - Einwände 24 ff - Geschichte 8 f - Inhalt 10 ff - Konkurrenzen 57 ff - Konzeption 18 ff, 33 a ff - Praktikabilität 32 e - Widersprüchlichkeit 21 ff
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 1-3 2. Wotanraumkiindigungsschutzgesetz - Wirkung 3 - Würdigung 12 ff - Ziel 19 Mietpreisbildung 32 ff Mietspiegel 32 e, 33 g, 34 ff - Aufstellung 34-34 a, 35 a - Ausreißer 34 e, 34 g - Beteiligung von Verbänden 35 a - Beurteilung 34 b - Einwände 34 c f - Fortschreibung 34 f - Probleme 34 c ff - Teilmärkte 34 g - Vorteile 34 b Mietzins 50 f Mischmietverhältnisse 40 f Modernisierungsmaßnahmen 28, 58 ff
Streitwert 67 f Umsatzmiete 50 Vergleichsmiete 32 - empirische Größe? 35 f - Kalt- und Warmmiete 51-53 - Marktpreis 33 a ff - Mietspiegel 33 g, 34 ff - normativer Begriff 35 f - Spanne 33 c - Wohnwertmerkmale 32 a ff
Preisgebundene Wohnungen 42 f Prozessuales 65 ff
Warmmiete 51 f, 62 Wiedereinführung des Kündigungsschutzes 1 ff WKSchG I 1 ff - II 8 ff Wohnungsmarkt 32 a ff Wohnwert 32, 32 a, 33 d, 34 c, 34 e Wucherverbot 10, 64
Staffelmieten 16
Zuständigkeit 65 f
I. Geschichte 1 1. Die Entstehung des WKSchG I Auf Grund des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht v 23. 6.1960 (BGBl 1389) waren vom 1. 7.1963 ab in den sog Weißen Kreisen die Mieten stufenweise freigegeben worden (sog Lücke-Plan, s Vorbem 12 ff zu §§ 535, 536 BGB; Vorbem 1 ff zu Art 1 2. WKSchG). Trotz wiederholter Hinausschiebung des Schlußtermins der Mietzinsfreigabe war es daraufhin zu teilweise ganz erheblichen Mietzinssteigerungen gekommen, die vor allem nach 1970 im Zuge der sich beschleunigenden, inflatorischen Entwicklung beängstigende Ausmaße annahmen. Besondere Sorge erregte dabei die zunehmende Zahl von Kündigungen mit dem einzigen Zweck einer Mietzinserhöhung, gegen die sich die Mieter angesichts der Situation auf dem Wohnungsmarkt nach wie vor nur ungenügend schützen konnten. 2 Die BReg beschloß deshalb, zum Schutze der Mieter erneut auf dem Wohnungsmarkt zu intervenieren und durch Einschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters und Begrenzung der Mietzinserhöhungen auf das Ausmaß zwischenzeitlicher Kostensteigerungen (vorübergehend) die Wohnungszwangswirtschaft wieder einzufügen (vgl den RegE mit Begr, BT-Dr VI/1549; s Vorbem 16 f zu §§ 535, 536 BGB; Vorbem 4 ff zu Art 1 2. WKSchG). 3 Im Laufe der parlamentarischen Beratungen wurde jedoch der RegE in wesentlichen Punkten verändert (vgl dazu den Bericht des Rechtsausschusses, BT-Dr VI [1971]/2421, 3 f). Die Änderungskündigung zum Zwecke der Mietzinserhöhung wurde jetzt generell ausgeschlossen; an ihre Stelle trat das Recht des Vermieters, vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen. Außerdem wurde erstmals dem Vermieter das Recht eingeräumt, sog Betriebskostensteigerungen in einem stark vereinfachten Verfahren auf den Mieter abzuwälzen. Der Rechtsausschuß ging bei diesen Beschlüssen davon aus, durch die von ihm gewählte Neuregelung bleibe dem Volker Emmerich
(836)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 4-7
Vermieter ein angemessener, marktorientierter Ertrag der Vermietung garantiert, während andererseits der Mieter vor überhöhten Forderungen, die nur aufgrund der Mangellage am Wohnungsmarkt durchsetzbar wären, geschützt werde (aaO 4). 2. Inhalt und Wirkungen des WKSchG I
4
a) Dementsprechend bestimmte das erst nach heftigen, parlamentarischen Kämpfen zustande gekommene WKSchG I vom 25.11.1971 (BGBl 1839) in Art 1 §§ 3 und 4 folgendes: Bei Wohnraummietverhältnissen konnte der Vermieter vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses verlangen, wenn der bisherige Mietzins seit einem Jahr unverändert fortbestand und der angestrebte Mietzins die üblichen Entgelte in der Gemeinde für vergleichbare Räume nicht überstieg, außer wenn eine Erhöhung des Mietzinses vertraglich ausgeschlossen war. Stimmte der Mieter dem Erhöhungsverlangen des Vermieters nicht zu, so konnte der Vermieter innerhalb einer Frist von 3 Monaten auf Erteilung der Zustimmung klagen. Außerdem war der Vermieter berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten iS des § 27 5 der 1. BerechnungsVO v 14. 12. 1970 (BGBl I 1682) durch einseitige, schriftliche Erklärung anteilig auf den Mieter umzulegen (Art 1 § 3). Abweichende Vereinbarungen waren verboten (Art 1 § 4 Abs 1). Jedoch waren bestimmte, weniger schutzwürdige Wohnraummietverhältnisse aus der gesetzlichen Regelung ausgeklammert (Art 1 § 4 Abs 2). Die Geltungsdauer der Regelung war bis zum 31. 12. 1974 befristet (Art 3 § 2 Abs 3). b) Nach Inkrafttreten des Gesetzes stellten die Gerichte durchweg so strenge 6 Anforderungen an das Verlangen des Vermieters nach einer Erhöhung des Mietzinses, daß nach allgemeiner Meinung Mietzinserhöhungen praktisch nicht mehr durchsetzbar waren (vgl BVerfGE 37, 132, 144 m Nachw). Als sich deshalb verschiedene Vermieter an das BVerfG wandten, stellte das Gericht zwar die Verfassungsmäßigkeit des WKSchG I fest (aM zB K I M M I N I C H , Verfassungsrechtliche Beurteilung [1973]), betonte aber auch die Notwendigkeit einer Verfahrensgestaltung, die das legitime Interesse des Vermieters an der Nutzung seines Eigentums ebenso berücksichtigt wie das Interesse des Mieters an einem Schutz gegen überhöhte Mietzinsforderungen. * c) Die wirtschaftspolitische Berechtigung des WKSchG I war von Anfang an lebhaft 7 umstr (vgl Vorbem 18 f zu §§ 535,536 BGB). Vor allem der in den Jahren nach 1971 festzustellende, starke Rückgang des Mietwohnungsbaus wurde in erster Linie auf die einem Mietpreisstopp nahekommende Beschränkung der Mietzinserhöhungen durch das WKSchG I zurückgeführt, da das Gesetz nach einer verbreiteten Meinung zur Folge hatte, daß sich die Mietpreise vielfach auf einem Niveau bewegten, das keine angemessene Verzinsung des in dem Mietwohnungsbau investierten Kapitals mehr erlaubte. Indessen sind diese Zusammenhänge bis heute umstritten geblieben und mangels aussagekräftigen, empirischen Materials im Grunde ungeklärt und auch unaufklärbar.** Pauschale Aussagen auf Grund theoretischer Ableitungen helfen * Zur verfassungsrechtlichen Problematik s eingehend oben Vorbem 16 ff zu Art 1 2. WKSchG s o w i e i n s b e s B V e r f G E 3 7 , 1 3 2 , 1 4 0 ff; 3 8 , 3 4 8 , 3 7 0 ; b e s 4 9 , 2 4 4 = J u S 1 9 7 9 , 5 1 4 f N r 4 m N a c h w ;
BVerfG ZMR 1975, 210; BVerfGE 53, 352 = JuS 1980, 755 Nr 1 AG Überlingen DWW 1978, 1 2 4 ( V o r l a g e b e s c h l u ß ) ; KIMMINICH, V e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e B e u r t e i l u n g ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
A 32 ff; STERNEL RZ III 39; Widersprüchliches Mietrecht 16 ff. ** Vgl einerseits das Gutachten des Wissenschaftl Beirats beim BMWi vom 12. 12. 1970 sowie EEKHOFF-WERTH DWW 1979, 212 m Nachw; Widersprüchliches Mietrecht 12 ff; andererseits BReg, Bericht v 2.3.1979 (BT-Dr 8/2610) S 13 ff (unten Vorbem 69); DERLEDER, in: AK Vor § 1 M H R G R z 1; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK A 4 1 ; STERNEL RZ I V 4 1 . (837)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 8-11 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
hier angesichts der hochkomplexen Natur des Wohnungs- wie des Wohnungsbaumarktes, über dessen Struktur bisher nur ganz wenig bekannt ist, nicht weiter. Zudem ist die Fülle der hier relevanten Faktoren ohnehin völlig unbekannt und unübersehbar, so daß sich monokausale Erklärungen einzelner Marktphänomene wie etwa eines (vorübergehenden) Rückgangs des Mietwohnungsbaues von vornherein verbieten. Im Augenblick haben daher sämtliche Aussagen über Korrelationen oder fehlende Korrelationen zwischen Mieterschutz und Mietwohnungsbau (zB BReg, Bericht v 2. 3. 1979 [unten Vorbem 69] S 13 ff) rein spekulativen Charakter ohne jegliche, tragfähige Basis; sie sind schlicht tendenziös und unwissenschaftlich. 8 3. Die Entstehung des MHRG а) Die BReg hielt trotz der zahlreichen Einwände namentlich der Vermieterverbände gegen die Konzeption des WKSchG I an der gesetzlichen Begrenzung von Mietzinserhöhungen fest und verwandelte sie in dem WKSchG II v 18. 12. 1974 (BGBl I 3603) sogar in ein Dauerrecht. Zur Begründung führte sie aus, die Regelungen des WKSchG I hätten sich bewährt, da die Zahl der Mieträumungsprozesse wie auch die Mieterhöhungen stark zurückgegangen seien. Wegen dieser positiven Auswirkungen sollten die zeitlich befristeten Regelungen des WKSchG I in ein Dauerrecht verwandelt werden (BT-Dr 7/2011, 7 f). Mietzinserhöhungen müßten jedoch in angemessenem Rahmen zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes und zur Anpassung an die allgemeine Marktentwicklung möglich sein, ohne daß deshalb das Mietverhältnis in seinem Bestand in Frage gestellt werde. Die Grenze für Mietzinserhöhungen bleibe deshalb die ortsübliche Vergleichsmiete, weil die in Betracht kommenden Alternativen wie die Einführung der Kostenmiete oder der Tabellenmiete zu große Nachteile aufwiesen (aaO 8; s oben Vorbem 7 ff, 12 ff zu Art 1 WKSchG m Nachw). 9 b) Dementsprechend wurde die Beschränkung der Erhöhung des Mietzinses auf die ortsübliche Vergleichsmiete im Kern unverändert aus dem WKSchG I in das WKSchG II übernommen. Bei der Ausgestaltung im einzelnen wurde die gesetzliche Regelung jedoch in zahlreichen Punkten geändert, um die Möglichkeiten des Vermieters zur Erhöhung des Mietzinses zu verbessern. Die dadurch stark angeschwollene Regelung wurde in einem besonderen Gesetz zur Regelung der Miethöhe (MHRG) zusammengefaßt, das Bestandteil des WKSchG II ist (Art 3). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des WKSchG II bestehen ebensowenig wie gegen die des WKSchG I (grdleg BVerfGE 49, 244; 53, 352 = JuS 1979, 514 Nr 4; 1980, 755 Nr 1; s im einzelnen Vorbem 16 ff zu Art 1 WKSchG sowie oben Vorbem б).
10 n . Überbück 1. Das MHRG hat weder einen Preisstopp für Mietverträge noch eine gesetzliche Stoppmiete eingeführt. Bei Abschluß eines Mietvertrages sind die Parteien mithin in der Vereinbarung der Mietzinshöhe nach wie vor frei. Die einzigen Grenzen ergeben sich hier aus den Wucherverboten des § 5 WiStG und des § 302 a StGB (s dazu Vorbem 154 ff zu §§ 535-536 BGB) sowie selbstverständlich aus § 138 BGB.* 11 Auch für einverständliche Erhöhungen des Mietzinses durch die Vertragsparteien bestehen keinerlei Beschränkungen (§ 10 Abs 1 MHRG). Mit Zustimmung des * S unten § 1 MHRG Rz 2 , 4 f sowie zB LG Hannover WuM 1979,262; D E R L E D E R , in: AK Vor § 1 MHRG Rz 2; zum Folgenden vgl im übrigen oben Vorbem 12 ff zu Art 1 WKSchG; BReg, Bericht v 2. 3. 1979 (unten Vorbem 69) S 4 ff, 10 ff.
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(838)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 12-17
Mieters ist jederzeit eine Mietzinserhöhung in beliebigem Umfang (bis zu den Grenzen der §§ 5 WiStG und 302 a StGB) möglich. 2. (Erheblich) eingeschränkt ist hingegen die Möglichkeit des Vermieters zur 12 einseitigen Erhöhung des Mietzinses nach Vertragsschluß bei den meisten Wohnraummietverhältnissen (Ausnahmen s in § 10 Abs 2 MHRG): Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung ist das generelle Verbot jeder Änderungskündigung nach Vertragsschluß zu dem Zweck der Mietzinserhöhung (§ 1 S 1 MHRG). An die Stelle dieser Änderungskündigung ist die Mietzinserhöhung nach dem MHRG getreten, wobei zwischen dem Grundtatbestand des § 2 und den Sondertatbeständen der §§ 3-7 zu unterscheiden ist. a) Nach dem Grundtatbestand des § 2 MHRG kann der Vermieter, und zwar 13 höchstens einmal im Jahr, von dem Mieter die Zustimmung zu einer Vertragsänderung dahingehend verlangen, daß der Mietzins auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben wird. Voraussetzung sind ua ein sog Erhöhungsverlangen, an dessen Begründung die Gerichte nach wie vor überaus strenge Anforderungen stellen, sowie die Einhaltung bestimmter Uberlegungs-, Klage- und Sperrfristen. b) Anders konstruiert sind die Sondertatbestände der §§ 3-7 MHRG, da diese 14 Vorschriften dem Vermieter durchweg ein Gestaltungsrecht verleihen, so daß er selbst einseitig durch Ausübung des ihm verliehenen Gestaltungsrechts den Mietzins unter bestimmten Voraussetzungen um bestimmte Beträge erhöhen kann. Die einzelnen Tatbestände sind die Vornahme bestimmter baulicher Maßnahmen (§ 3 MHRG), die Erhöhung der Betriebskosten iS des § 27 der 2. BerechnungsVO (§ 4 MHRG), die Erhöhung der dinglich gesicherten Kapitalkosten (§ 5 MHRG) sowie noch die Vereinbarung der Kostenmiete bei öffentlich gefördertem oder steuerbegünstigtem Wohnraum im Saarland (§ 6 MHRG) und bei bestimmten Bergmannswohnungen ( § 7 MHRG). 3. Mietzinserhöhungen auf Grund der genannten Vorschriften können den Mieter 15 schwer treffen. Man denke nur an umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen, deren Kosten der Vermieter nach § 3 MHRG (iVm § 14 ModEnG) nahezu in voller Höhe auf die Mieter abwälzen kann. Zum Ausgleich gibt deshalb das Gesetz in § 9 Abs 1 dem Mieter ein außerordentliches, befristetes Kündigungsrecht nach einer Mietzinserhöhung auf Grund des MHRG; ausgenommen sind lediglich die Fälle des § 4 MHRG. Zugleich ist das Kündigungsrecht des Vermieters wegen Verzugs des Mieters mit der Zahlung des erhöhten Mietzinses (§ 554 BGB) stark eingeschränkt worden, um dem Mieter die Möglichkeit zu geben, sich gegen die Mietzinserhöhung zu wehren, ohne dabei eine Kündigung nach § 554 BGB riskieren zu müssen (§ 9 Abs 2 MHRG). 4. Die Vorschriften des MHRG sind zu Gunsten des Mieters zwingend; zu seinem 16 Nachteil vom MHRG abweichende Vereinbarungen sind unwirksam (§ 10 Abs 1 MHRG). Zu denken ist hier vor allem an (über § 2 hinausgehende) Vereinbarungen von Staffelmieten oder Wertsicherungsklauseln (s Vorbem 157 zu §§ 535, 536 BGB sowie insbes unten § 10 MHRG Rz 7 ff). Hingegen ist es unbeschränkt zulässig, das Recht des Vermieters zu Mietzinserhöhungen noch über den Rahmen des MHRG hinaus einzuschränken oder sogar ganz auszuschließen (§ 1 S 3 MHRG). m . Kritische Würdigung des MHRG Die sachliche Berechtigung und die Praktikabilität des MHRG sind ebenso umstritten wie seine Auswirkungen auf den Wohnungs- und den Wohnungsbaumarkt (s (839)
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17
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 18-20 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
schon oben Vorbem 7). Überaus positiven Stellungnahmen zB der BReg (Bericht vom 2. 3. 1979, unten Vorbem 69) stehen scharfe Kritiken sowohl von Seiten der Betroffenen (zB Widersprüchliches Mietrecht [1979]) als auch von Seiten der Wissenschaft gegenüber (zahlreiche Nachweise bei EMMERICH, in: Mietpreisermittlung 46 ff). Während zB von den Verbänden der Vermieter geltend gemacht wird, das Gesetz behindere die Vermieter übermäßig in der Nutzung ihres Eigentums, so daß sich der Mietwohnungsbau kaum mehr lohne (s oben Rz 7 m Nachw), wenden sich die Mieterverbände vor allem gegen die vielfältigen Möglichkeiten des Vermieters zur Mietzinserhöhung auch während des Bestehens eines Vertrages. Ebenso umstritten sind die Grundkonzeption und die Praktikabilität der ganzen Regelung. Ein Abschluß der Diskussion ist nicht in Sicht. Umfassende, empirische Untersuchungen über die Auswirkungen des Gesetzes fehlen bisher weithin. Die wenigen, bisher vorliegenden Untersuchungen* sind in ihren Aussagen und Folgerungen umstritten geblieben. 18 1. Die Konzeption des Gesetzgebers Viele, wenn nicht die meisten Probleme, die sich bisher unbestreitbar bei der Anwendung des MHRG ergeben haben, erklären sich ohne weiteres daraus, daß bereits die Grundkonzeption des Gesetzgebers an einer ganzen Reihe schwerwiegender Widersprüche leidet, die im Grunde auf dem Boden des geltenden Rechts unauflöslich sind. Die unvermeidliche Folge ist nicht nur die immer wieder beklagte, mangelnde Praktikabilität des Gesetzes (dazu unten Vorbem 32 ff), sondern auch der Umstand, daß es in der Tat höchst zweifelhaft ist, ob die mit dem Gesetz angestrebten Ziele überhaupt erreicht werden können (s im einzelnen EMMERICH aaO). 19 a) Das Hauptziel des Gesetzgebers war angesichts der sich ungefähr ab 1969 abzeichnenden Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt die Wiedereinführung des Kündigungsschutzes für die Mieter (Art 1 § 1 WKSchG I; jetzt § 564 b; s im einzelnen oben Vorbem 1 ff). Dieses Ziel ließ sich jedoch ohne gleichzeitige, gesetzliche Regelung der Mietzinserhöhung nicht verwirklichen (vgl G Ü N T E R WuM 1975, 5, 6; H-J V O G E L JZ 1975, 73). Man kann offenkundig die Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters nur beschränken, wenn man ihm gleichzeitig die Möglichkeit verleiht, auch ohne Kündigung in angemessenen Abständen den Mietzins zu erhöhen. Dazu zwingen sowohl verfassungsrechtliche Überlegungen (Art 14 GG) als auch wohnungsbaupolitische Erwägungen. Andererseits hat aber auch eine Kündigungsbeschränkung zu Gunsten des Mieters keinen Sinn, wenn der Vermieter in der Erhöhung des Mietzinses frei bleibt, weil der Vermieter sonst über eine rücksichtslose Steigerung des Mietzinses jederzeit ohne weiteres dasselbe Ziel wie mit einer beliebigen Kündigung des Mietverhältnisses erreichen könnte. So bedingte notwendigerweise der Eingriff in das Kündigungsrecht des Vermieters zum Schutze des Mieters auch zugleich einen gesetzlichen Eingriff in die freie Mietpreisbildung. 20 Als Auswege aus diesem (nur selten offen eingestandenen) Zielkonflikt boten sich sowohl die Einführung der Kostenmiete oder der Tabellenmiete als auch die Bindung der Mietzinserhöhungen an das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete an. Der * Vgl insbes BReg, Bericht v 2.3.1979 (BT-Dr 8/2610; unten Rz 69); B A C H M A N N - I P S E N K U R T Z - S O L O W J E W , Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten in Mannheim (1973 und 1975); B U L W I E N - S C H U L T E S , Wirtschaftlichkeit und Mietpreisentwicklung bei frei finanzierten und älteren Mietwohnungen (1979); E E K H O F F - W E R T H , Auswirkungen des 2. WKSchG (1978); dies, Hat sich das 2. WKSchG bewährt? (1979); H O F F M A N N - L A N G E , Mannheimer Mietspiegel '77; D IPSEN Arch f KommWiss 1976, 262; N I E D E R B E R G E R - W U L L K O P F , Empirische Erforschung der Auswirkungen des 2. WKSchG (1979).
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(840)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 21-26
Gesetzgeber entschied sich bekanntlich für die zuletzt genannte Alternative, weil er der Meinung war, daß sie immer noch am meisten mit marktwirtschaftlichen Grundsätzen vereinbar sei (s die Begr z RegE, BT-Dr 7/2011, 8; dazu oben Vorbem 8). So kam es zu der Regelung des Art 1 § 3 WKSchG I bzw des § 2 MHRG. 21 b) Aber auch dieses (ohnehin schon problematische) Konzept wurde keineswegs 21 konsequent durchgeführt, sondern schließlich von so zahlreichen und schwerwiegenden Ausnahmen durchbrochen, daß die ganze Regelung an einer nur noch schwer zu überbietenden Widersprüchlichkeit leidet. Die Hauptgründe hierfür sind (wiederum) die Verfolgung gänzlich disparater Ziele sowie die (nahezu unbegreifliche) Vernachlässigung der Eigenarten des Wohnungsmarktes (dazu unten Vorbem 32 a ff). 22 Die Widersprüchlichkeit des MHRG resultiert vor allem daraus, daß der Gesetzgeber 22 mit dessen Regelung gleichzeitig die beiden Ziele verfolgt, die Mieter vor überhöhten Mietzinssteigerungen zu schützen und den Vermietern einen angemessenen Ertrag ihres Eigentums zu sichern. Es liegt aber auf der Hand, daß in einer marktwirtschaftlichen Ordnung der Ausgleich dieser disparaten Ziele immer nur von einem funktionsfähigen Wettbewerb auf offenen Märkten erwartet werden kann. Genau dies aber wollte der Gesetzgeber nicht, weil er der Meinung war, daß die Voraussetzungen für einen solchen Wettbewerb auf dem Wohnungsmarkt nicht (mehr) erfüllt seien. 23 Deshalb verfiel der Gesetzgeber des MHRG auf die Idee, das Konzept der am 23 Marktpreis orientierten Vergleichsmiete (§ 2) in wichtigen Punkten zu Gunsten der Kostenmiete zu durchbrechen, um dem Vermieter „wenigstens" die Möglichkeit zu geben, alle Kosten etwaiger Modernisierungsmaßnahmen (§ 3) sowie Erhöhungen der Betriebskosten (§ 4) und der Kapitalkosten (§ 5) auf den Mieter „abwälzen" zu können. Auf der Strecke blieben dabei nicht nur der Grundsatz der Vertragstreue, sondern auch die Konsistenz und damit die Praktikabilität der ganzen Regelung. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Die nunmehr geplante Änderung des MHRG durch Zulassung der (bisher abgelehnten) Staffelmiete für Neuverträge ab 1982 wird die Problematik der ganzen Regelung nur noch mehr verschärfen. 24 2. Die Haupteinwände Es kann hier nicht darum gehen, in eine eingehende „politökonomische" Analyse des (mißglückten) MHRG einzutreten; vielmehr sollen im Folgenden nur einzelne, prinzipielle Einwände gegen das MHRG vorgebracht werden, die sich gegen die verfehlte, weil widersprüchliche Konzeption des Gesetzgebers richten. Damit wird zugleich eine Erklärung für die vielfältigen, weithin ungelösten Probleme zu geben versucht, mit denen die Anwendung des Gesetzes nach wie vor belastet ist (vgl im übrigen eingehend EMMERICH, in: Mietpreisermittlung [1980] 46 ff mN). 25 a) Die Durchbrechung des Grundsatzes der Vertragstreue
25
aa) Nach der Regelung des BGB umfaßt der einmal vereinbarte Mietzins grundsätzlich sämtliche Leistungen des Vermieters ohne jede Ausnahme (§§ 535 S 2, 546). Eine einseitige Änderung des Mietzinses ist dem Vermieter nicht möglich (§ 305); er ist vielmehr, will er nicht kündigen, darauf angewiesen, sich mit dem Mieter zu einigen. Diese Regelung hat für den Mieter den unschätzbaren Vorteil, daß er seine finanzielle Belastung stets für die ganze Vertragsdauer im voraus abschätzen kann, so daß das Risiko eines Mietvertrages für ihn durchweg kalkulierbar bleibt, namentlich wenn eine feste Vertragsdauer vereinbart wird. 26 Dasselbe gilt (mit gewissen Einschränkungen) auch dann noch, wenn die Parteien - 26 entsprechend der neuen HeizkostenVO v 25. 2. 1981 - eine sog Kaltmiete vereinest)
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 27-31 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
baren. Der Mieter muß dann zwar etwaige Preissteigerungen bei den jeweils gesondert abgerechneten Nebenkosten tragen. Jedoch bleibt auch dieses Risiko für ihn (in Grenzen) überschaubar und steuerbar, weil es sich dabei stets nur um wenige, genau umgrenzte Posten handelt, während im übrigen dem Vermieter eine einseitige Änderung des Mietzinses auch weiterhin untersagt ist. 27 bb) Das Verbot jeder einseitigen Vertragsänderung (§ 305) hat folglich nicht zuletzt auch eine spezifische Mieterschutzfunktion. Es kann deshalb nur als paradox bezeichnet werden, daß der Gesetzgeber - gleichsam als Preis der Mieter für die Wiedereinführung des Kündigungsschutzes (§ 564 b) - ausgerechnet dieses Verbot aufgehoben und den Vermietern in großem Umfang einseitige Mietzinserhöhungen während des Bestehens eines Vertrages gestattet hat. Die unausweichliche Folge ist, daß seitdem das mit dem Abschluß eines jeden Mietvertrages verbundene, finanzielle Risiko für den Mieter schlicht unkalkulierbar geworden ist. Denn das Gesetz hat nicht nur im Ergebnis eine Indexierung der Mietzinsen eingeführt (§2 MHRG), sondern es darüber hinaus auch noch den Vermietern in der denkbar großzügigsten Weise gestattet, etwaige Kostenerhöhungen an ihre Mieter „weiterzugeben" (§§ 3-5 MHRG). Normale Verhältnisse und Verhaltensweisen unterstellt, werden deshalb die Vermieter heute idR darauf ausweichen, bei der Neuvermietung von Wohnungen einen möglichst hohen Mietzins durchzusetzen und die so erreichte Rendite in der Folgezeit durch Abwälzung aller späteren Kostensteigerungen auf die Mieter zu sichern (ESSER-WEYERS II 1 § 20 III 1 b [S 180]). Diese Regelung ist vor allem deshalb so bedenklich, weil sie den Vermietern jeden Anreiz nimmt, ihre Kosten zu senken. In vielen Fällen wird sie darüber hinaus sogar dazu führen, daß es für die Vermieter sinnvoll wird, zusätzliche Kosten zu produzieren. 28 Diese Gefahr besteht vor allem bei Modernisierungs- und sonstigen Verbesserungsmaßnahmen, die vom Gesetzgeber heute durch das Modernisierungs- und EnergieeinsparungsG (ModEnG) besonders gefördert werden. § 3 MHRG iVm § 14 ModEnG gestattet es nämlich den Vermietern nahezu uneingeschränkt, die Kosten aller solchen baulichen Maßnahmen, und zwar ohne Rücksicht auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete (!), auf ihre Mieter „umzulegen". Den Vermietern ist damit nichts anderes als die Möglichkeit zur fast unbegrenzten Vermögensvermehrung auf Kosten ihrer Vertragspartner eröffnet worden, ein wohl einmaliger Vorgang in unserer Rechtsordnung. 29 Nicht weniger problematisch ist die dem Vermieter durch § 4 MHRG eröffnete Möglichkeit, sämtliche Erhöhungen von Betriebskosten iS des § 27 der 2. BerechnungsVO v 21.2.1975 (BGBl I 570) einseitig auf die Mieter umzulegen. Vor allem diese Regelung steht im klaren Widerspruch zu der Grundkonzeption der §§ 535 ff BGB, nach denen der einmal vereinbarte Mietzins grundsätzlich auch alle sog Nebenkosten umfaßt, so daß der Vermieter (und nicht wie nach § 4 MHRG der Mieter) das Risiko etwaiger späterer Kostensteigerungen zu tragen hat (oben Vorbem 25 f, unten Vorbem 51 f, §§ 535, 536 BGB Rz 83 ff, 106 f). Dieselben Einwände sind im übrigen auch gegen die neue HeizkostenVO von 1981 zu erheben (s PERUZZO, Heizkostenabrechnung nach Verbrauch [1981]). 30 Derselbe Einwand ist schließlich gegen § 5 MHRG zu erheben, nach dem der Vermieter sogar unter bestimmten Voraussetzungen Erhöhungen seiner Kapitalkosten an seine Mieter weitergeben darf, während sonst der Vermieter solche Kostensteigerungen (selbstverständlich) selbst tragen muß. Besonders problematisch wird diese Regelung bei einer Kombination mit § 3 MHRG (s unten Vorbem 61). § 5 MHRG ist darüber hinaus auch deshalb bedenklich, weil er zu einer Kumulierung von Preissteigerungen und damit zu einer Verstärkung inflatorischer Tendenzen führen kam* (vgl DERLEDER WuM 1976, 197, 198 ff). 31 cc) Im Ergebnis nimmt damit das MHRG dem Mieter idR die Chance auf einen Volker Emmerich
(842)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 32-32 c
langfristigen, günstigen Vertragsschluß (§2 MHRG); es gestattet darüber hinaus dem Vermieter sogar, sein Vermögen auf Kosten seiner Vertragspartner einseitig beliebig zu vermehren ( § 3 MHRG); und es erlaubt dem Vermieter schließlich auch noch, alle Kostensteigerungen auf die Mieter abzuwälzen - insgesamt wahrlich ein hoher (viel zu hoher) Preis für die Wiedereinführung des Kündigungsschutzes (§ 564 b). b) Die Problematik der ortsüblichen Vergleichsmiete
32
Kern der gesetzlichen Regelung ist die Begrenzung der Entgelte für Mietverhältnisse über Wohnraum durch § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete, ermittelt an Hand der Mietzinsen für hinsichtlich des Wohnwerts vergleichbare Wohnungen. Der Gesetzgeber ist hierbei davon ausgegangen, daß sich der Mietzins am Markt im Spiel von Angebot und Nachfrage nach dem Wohnwert orientiert (Begr z RegE BT-Dr 7/2011, 10). Schon diese Grundvorstellung des Gesetzgebers trifft indessen nicht zu, wie alle empirischen Untersuchungen der letzten Jahre ergeben haben (s EMMERICH, in: Mietpreisermittlung 46 ff mN). aa) Die Marktverhältnisse
32a
Der Wohnungsmarkt hat sich als unendlich viel komplizierter erwiesen, als der Gesetzgeber bei der Verabschiedung der beiden Wohnraumkündigungsschutzgesetze angenommen hatte.* Dies wurde vor allem erkennbar, als sich herausstellte, daß in zahlreichen Fällen Wohnungen, die, gemessen an den Wohnwertmerkmalen des § 2 Abs 1 MHRG, „schlechter" als andere Wohnungen einzustufen sind, tatsächlich doch weit teurer als die anderen, zum Vergleich herangezogenen, „besseren" Wohnungen sind. Zugleich hat sich gezeigt, daß die vom Gesetzgeber in § 2 Abs 1 MHRG in den Mittelpunkt gerückten sog Wohnwertmerkmalen wie namentlich Alter, Lage und Ausstattung tatsächlich nur in einem ganz geringen Ausmaß die vorhandenen Mietpreisdifferenzen erklären (Schätzungen bewegen sich zwischen 10 und 15%), so daß auf dem Markt noch ganz andere Faktoren mit weit größerer Bedeutung für die Mietpreisentwicklung wirksam sein müssen.** Die meisten dieser ebenfalls für die Mietpreisbildung relevanten Faktoren sind nach 32b wie vor unbekannt. Einigkeit besteht inzwischen lediglich darüber, daß neben den Wohnwertmerkmalen des § 2 Abs 1 MHRG namentlich die Eigenschaften der Vertragsparteien wie zB die Nationalität des Mieters und außerdem die Dauer des Mietvertrages ganz erhebliche Bedeutung für die Mietpreisbildung besitzen; dies wird vor allem daran deutlich, daß die Mietzinsen in alten Verträgen regelmäßig weit niedriger als in neuen Verträgen sind (vgl IPSEN Arch f KommWiss 1976, 262, 270 ff). Außerdem hat sich herausgestellt, daß es Teilmärkte für bestimmte sozial unterpri- 32c vilegierte Mieter gibt, denen der Zugang zum allgemeinen Wohnungsmarkt wegen ihrer besonderen Eigenschaften nicht möglich ist, so daß sie auf ihrem Teilmarkt wegen des dort bestehenden Nachfrageüberhangs besonders hohe Mieten zahlen müssen (sog soziale Uberformung des Mietmarktes). Die wichtigsten Beispiele sind die Teilmärkte für Ausländer und hier namentlich für Gastarbeiter, weiter für Studenten, für möblierte Zimmer und überhaupt für alle Personen, die- aus beruflichen Gründen ihre Wohnungen häufig wechseln müssen und dadurch besonders auf dem Wohnungsmarkt benachteiligt sind. * Vgl insbes BACHMANN-IPSEN-KURTZ-SOLOWJEW, Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten in Mannheim ( 1 9 7 3 ) 2 1 ff, 5 2 ff; dies, Gutachten 1 9 7 5 , 1 8 ff; H O F F M A N N LANGE, Mannheimer Mietspiegel ' 7 7 (Mannheim 1 9 7 8 ) 4 6 ff; IPSEN, Arch f KommWiss 1 9 7 6 , 2 6 2 f ; EMMERICH 5 3 f f . * * BACHMANN-IPSEN-KURTZ-SOLOWJEW, IPSEN, (843)
Arch f KommWiss
Gutachten ff.
1973, 51
1976, 262, 268
Volker Emmerich
ff; EMMERICH, Anforderungen
54
ff;
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 32 d-33 b 2. Wohnraumkiindigungsschiitzgesetz 32d Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Teilmärkte für besonders privilegierte Mietergruppen, zu denen ebenfalls die Mehrzahl der Mieter praktisch keinen Zutritt hat. Besonders hervorzuheben sind hier die Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften und überhaupt alle Wohnungen, in denen die Mieter praktisch nie wechseln. 32e Die Vernachlässigung aller dieser und zahlreicher anderer für die Mietpreisbildung relevanter Faktoren durch § 2 MHRG ist der Hauptgrund für die immer wieder beklagte, mangelnde Praktikabilität des Gesetzes. Die unvermeidliche Folge der alleinigen Betonung der sog Wohnwertmerkmale durch den Gesetzgeber ist nämlich, daß namentlich die Mietspiegel Wohnungen als vergleichbar behandeln müssen, die tatsächlich zu völlig verschiedenen Teilmärkten gehören, so daß sich bei ihnen die Mietpreisbildung nach ganz unterschiedlichen Gesetzen vollzieht. In den Mietspiegeln äußert sich dies in den immer wieder festzustellenden, sog paradoxen Sprüngen, dh in dem Umstand, daß nach Wohnwertmerkmalen an sich schlechtere Wohnungen zT weit teurer als die sog besseren Wohnungen sind. 33 Die Vernachlässigung aller dieser zusätzlichen, für die Mietpreisbildung letztlich ausschlaggebenden Faktoren ist zugleich der Hauptgrund für die vielfältigen Probleme, mit denen die Anwendung des Gesetzes belastet ist; sie erklärt auch, warum sich bisher ein Einfluß des MHRG auf die Mietpreisentwicklung praktisch nicht feststellen ließ (BReg, Bericht v 2.3.1979, unten Vorbem 69, S 10 f). Bestätigt wird damit im Grunde lediglich wieder einmal die Erfahrung, die die Wettbewerbstheorie bei der näheren Untersuchung von Märkten stets von neuem macht, daß nämlich die wirklichen Verhältnisse auf den zahllosen Märkten, die unsere Wirtschaft bilden, nach wie vor völlig unbekannt sind (grdl KAUFER, Industrieökonomik [1980]). Nicht nur die Marktgrenzen, sondern auch die Gesetze, nach denen sich auf den unbekannten Märkten die Preisbildung vollzieht, sind und bleiben eine nahezu hoffnungslose Unbekannte. Für den Wohnungsmarkt gilt insoweit nichts anderes als für die meisten anderen Märkte. Im Gegenteil: Gerade der Wohnungsmarkt zeichnet sich durch eine besonders hohe Intransparenz aus, so daß sich niemand darüber wundern sollte, daß es nahezu unmöglich ist, einen genauen Einblick in die Marktverhältnisse und insbes in die Gesetze der Mietpreisbildung zu gewinnen. Aus demselben Grund ist auch die weitere, dem § 2 MHRG zugrunde liegende Vorstellung des Gesetzgebers verfehlt, es gebe auf dem Mietwohnungsmarkt einen Marktpreis, der sich mit zumutbarem Aufwand ermitteln lasse. 33a bb) Der Marktpreis - eine unbekannte Größe § 2 Abs 1 MHRG beruht eindeutig auf der Vorstellung des Gesetzgebers, auf dem Mietwohnungsmarkt gebe es einen Marktpreis, der sich im Spiel von Angebot und Nachfrage für vergleichbare Wohnungen herausbilde und der, wie auch immer, mit zumutbarem Aufwand ermittelt werden könne. Diese Vorstellung muß als schlicht abwegig bezeichnet werden. Sie hat mit der Realität (mehr oder weniger) freier Märkte nichts zu tun und ist letztlich der Hauptgrund für die mangelnde Praktikabilität der gesamten, gesetzlichen Regelung (s im einzelnen EMMERICH, in: Mietpreisermittlung 46 ff). 33b In der Wirklichkeit der Märkte ist der Mietzins stets nichts anderes als eine Resultante der relativen Machtverhältnisse der Parteien und der im einzelnen ausgehandelten Bedingungen. So kann ein auf den ersten Blick sehr niedriger Mietzins durchaus damit zu erklären sein, daß der Mieter sich zu erheblichen, zusätzlichen Leistungen bereit erklärt hat, etwa zu einer langfristigen Bindung oder zur Vornahme erheblicher Aufwendungen. Ebenso muß umgekehrt ein besonders hoher Mietzins keineswegs Ausdruck einer besonderen Überlegenheit des Vermieters sein, sondern kann Volker Emmerich
(844)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 33 c - 3 3 g
einfach auch darauf beruhen, daß der Vermieter auf den Wunsch des Mieters hin nach den Marktverhältnissen unübliche, zusätzliche Leistungen übernommen hat. Dies zeigt, daß es „den" Marktmietzins, auf den das Gesetz in § 2 Abs 1 Nr 2 M H R G 33c abstellt, überhaupt nicht gibt und in einer freien Wirtschaft auch gar nicht geben kann. Feststellen läßt sich vielmehr stets nur eine oft sehr große Spanne, innerhalb derer sich die am Markt jeweils erzielten und durchgesetzten Preise bewegen, wobei die genaue Festlegung im Einzelfall von den relativen Machtverhältnissen der Parteien und von zahlreichen anderen, im voraus völlig unbekannten und nicht zu ermittelnden Faktoren abhängt. Deshalb ist es auch nur um den Preis größter Ungenauigkeit möglich, die zahllosen, sehr unterschiedlichen Mietverträge, wie es das Gesetz in § 2 Abs 1 verlangt, sozusagen über einen Leisten zu schlagen und die auf ihrer Basis gezahlten Mietzinsen miteinander zu vergleichen. Denn tatsächlich sind die Verträge idR überhaupt nicht miteinander vergleichbar. Zumindest ist die Umrechnung der in den einzelnen Verträgen ausgeworfenen, numerischen Werte des Mietzinses auf ein einheitliches Niveau, wie sie an sich Voraussetzung der Anwendung des § 2 M H R G wäre, ein noch völlig ungelöstes und vermutlich auch unlösbares Problem. Erschwerend kommt hinzu, daß ohnehin nahezu keine Wohnung einer anderen völlig 33d gleicht, selbst wenn man (zu Unrecht) allein auf die in § 2 Abs 1 Nr 2 M H R G genannten Wohnwertmerkmale abstellt. Denn die meisten Wohnungen weisen so große Unterschiede in so zahlreichen Punkten auf, daß schon deshalb die für sie gezahlten Preise nicht miteinander verglichen werden können. Schon diese wenigen Andeutungen genügen, um feststellen zu können, daß § 2 33e M H R G auf völlig falschen Vorstellungen des Gesetzgebers von den Marktverhältnissen beruht. Den Marktpreis, auf den das Gesetz abstellt, gibt es überhaupt nicht; außerdem richtet sich seine Bildung nach ganz anderen Gesetzen, als sie der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des M H R G unterstellt hat. Angesichts dessen ist es nicht verwunderlich, daß die Anwendung des M H R G in der Praxis so außerordentlich große Schwierigkeiten aufwirft. Natürlich waren diese Probleme auch dem Gesetzgeber des M H R G nicht völlig 33f unbekannt, zumal nach den Erfahrungen mit dem W K S c h G I. Der Gesetzgeber hat gleichwohl gemeint, die genannten Probleme in Kauf nehmen zu müssen, weil er der Meinung war, daß die allenfalls in Betracht kommenden Alternativen, namentlich die Kosten- und die Staffelmiete, mit noch größeren Mängeln behaftet seien (vgl die Begr z R e g E , B T - D r 7 / 2 0 1 1 , 8). Auch diese Fragestellung war jedoch bereits im Ansatz verfehlt. Es ging und geht nicht um die Wahl zwischen verschiedenen, interventionistischen Alternativen, sondern um die Entscheidung zwischen der Rückkehr zur freien Preisbildung auch auf dem Wohnungsmarkt und der staatlichen Preisregelung. Es ist bezeichnend für den Geist, aus dem heraus das M H R G entstanden ist, daß diese einzige, wirkliche Alternative überhaupt nicht mehr in das Blickfeld des Gesetzgebers geraten ist. Erst in allerjüngster Zeit wird auch dieser Weg wieder ernsthaft, wenn auch wohl vergeblich erwogen. Der Gesetzgeber hat sich immerhin mit Rücksicht auf die angedeuteten Probleme bei 33g der Ermittlung des Marktpreises für Mietwohnungen bemüht, durch eine Reihe von Verbesserungen die Vorschrift des § 2 M H R G praktikabler als ihre Vorläufer zu gestalten. Ganz im Mittelpunkt steht dabei die Zulassung der Bezugnahme auf sog Mietwerttabellen oder Mietspiegel zur Begründung des Erhöhungsverlangens (§ 2 Abs 2 S 2 M H R G ) . Dahinter steht die Überzeugung des Gesetzgebers und namentlich der B R e g , daß derartige Mietspiegel, sofern sie von den Gemeinden, ggf unter Mitwirkung der Verbände der Mietparteien, aufgestellt werden, die bei weitem beste Grundlage zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete abgeben (vgl den Bericht der B R e g betreffend die Ermöglichung einer vermehrten Aufstellung von (845)
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Art 3 WKSchG, Vorbei» zu § 1 MHRG 34-34 b 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Mietspiegeln durch die Gemeinden, BT-Dr 7/5160 [unten § 2 MHRG Rz 148]; den Bericht der BReg v 2.3.1979, BT-Dr 8/2610, S 18 f [unten Vorbem 69]). In der Tat erfreuen sich diese Mietspiegel in der Praxis zunehmender Beliebtheit (vgl die Zusammenstellung der bisher veröffentlichten Mietspiegel u § 2 MHRG Rz 147; vgl im übrigen EMMERICH aaO). Wo immer Mietspiegel vorliegen, ziehen sie die Gerichte* jedem anderen Verfahren zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bei weitem vor. Dies nötigt zu Prüfung der Frage, ob Mietspiegel in der Tat ein geeignetes Erkenntnismittel für die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete, dh für die Höhe des Marktpreises für Mietwohnungen, darstellen. 34 cc) Mietspiegel - ein Ausweg? Mietspiegel gibt es im Augenblick bereits in über 170 Gemeinden (vgl die Zusammenstellung unten § 2 MHRG Rz 1 4 7 ; BReg Bericht v 2 . 3 . 1 9 7 9 , BT-Dr 8 / 2 6 1 0 Anh I I I ; NIEDERBERGER, Mietspiegel Anh). Die überwiegende Zahl dieser Mietspiegel ist durch die Gemeinden aufgestellt worden. Im einzelnen weisen die Mietspiegel jedoch sehr große Unterschiede auf, die ihre Vergleichbarkeit von vornherein erheblich beeinträchtigen. Die Unterschiede beruhen vor allem auf der von Mietspiegel zu Mietspiegel unterschiedlichen Einteilung des Wohnungsbestandes sowie auf der Zugrundelegung sehr verschiedener Begriffe und Kriterien. Nur ganz wenige Mietspiegel beruhen zudem auf der Anwendung gesicherter, empirischstatistischer Verfahren, wobei durchweg das Verfahren der sog Zufallsstichproben zugrundegelegt worden ist. Beispiele sind die Mietspiegel für Mannheim, Marburg und Darmstadt.** 34a Bei den meisten anderen Mietspiegeln ist hingegen kaum erkennbar, auf welchem Datenmaterial und auf welchen Verfahren zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete sie beruhen. Eine große Rolle spielt offenbar die Mitwirkung von Sachverständigen und von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter. Demgegenüber bleibt jedoch zu betonen, daß Mietspiegel in dem Maße, in denen die Angaben in ihnen auf einer bloßen Einigung der Interessenverbände beruhen, an Aussagekraft über das tatsächliche, örtliche Mietzinsniveau einbüßen ganz abgesehen von der Frage nach der Legitimation der Interessenverbände zu einer solchen Einigung über den Mietzins. 34b Gleichwohl überwiegt in der Praxis der Gerichte und in der Literatur die positive Beurteilung der Mietspiegel eindeutig, sofern sie nur auf einigermaßen gesicherten, empirisch-statistischen Verfahren beruhen. Als Vorteile der Mietspiegel gelten vor allem, daß sie zu einer erheblichen Versachlichung der Diskussion zwischen Vermieter und Mieter über den Mietzins geführt hätten. Es wird behauptet, daß auf ihrer Basis schon in der Mehrzahl der Fälle eine außergerichtliche Einigung gelinge. Komme es doch zu einem Prozeß, so könne er sich auf die Frage der Einordnung der Wohnung in die Raster und Felder des Mietspiegels beschränken. Dadurch würden die gerichtlichen Verfahren auch erheblich verbilligt. Außerdem werde die Markt* S insbes LG Mannheim ZMR 1977,282; LG Hamburg WuM 1977, 210; 1978,134; 1978,146 ff; 1979, 63, 64; AG Heilbronn DWW 1977, 84. ** Vgl hierzu insbes eingehend BReg, Bericht vom 10.5.1976, BT-Dr 7/5160 (unten § 2 MHRG Rz 148); BACHMANN-IPSEN-KURTZ-SOLOWJEW, Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten in Mannheim (1973, 1975); HOFFMANN-LANGE, Mannheimer Mietspiegel '77 ( 1 9 7 8 ) ; EMMERICH 5 0 f f ; IPSEN, A r c h f K o m m W i s s 1 9 7 6 , 2 6 2 ; NIEDERBERGER, M i e t s p i e g e l 2 3 f f ;
ders, Mietspiegel als Instrument usw (1980); STERNEL, Hamburger Mietenspiegel (1977); WEILANDT-ANNE, Anmerkungen zum Gutachten „ortsübliche Vergleichsmieten in Mannheim 1975" (1976).
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 34 c - 3 4 g
transparenz gefördert und die Forderung extrem überhöhter Mietzinsen verhindert. Die noch vorhandenen Probleme bei der Aufstellung von Mietspiegeln gelten durchweg als lösbar.* Die Eignung der Mietspiegel zur Aufhellung der tatsächlichen, ortsüblichen Ver- 34c gleichsmiete ist jedoch umstritten geblieben. Die Haupteinwände gegen die Mietspiegel gehen idR dahin, sie beruhten durchweg nicht auf ausreichendem, empirischen Material und erlaubten deshalb keine fundierten Aussagen über die tatsächlichen Marktverhältnisse; ihre Gliederung sei auch idR viel zu grob, um die zahlreichen Unterschiede zwischen den Wohnungen sachgerecht erfassen zu können. Bei vielen, besonderen Wohnungen und bei vielen Teilmärkten sei zudem das Problem ihrer Berücksichtigung im Rahmen des allgemeinen Mietspiegels ungelöst. Ebenso ungelöst sei das Problem der Fortschreibung der Mietspiegel. Insgesamt lösten Mietspiegel die Tendenz zu einer Angleichung der Mietpreise auf dem Höchstniveau aus. Vor allem aber richteten sich die Mietzinsen am Markt tatsächlich nach zahllosen, ganz anderen Faktoren als den sog Wohnwertmerkmalen, die allein Eingang in die Mietspiegel finden, so daß diese von vornherein kein wirkliches Bild von den Marktverhältnissen geben könnten.** Schon aus den bisherigen Ausführungen (oben Vorbem 32 ff) folgt, daß den 34d geschilderten Einwendungen gegen die Eignung von Mietspiegeln (oben Vorbem 34 c) zum großen Teil die Berechtigung nicht abgesprochen werden kann. Das braucht hier im einzelnen nicht wiederholt zu werden. Es genügt der Hinweis, daß § 2 MHRG auf grundfalschen Vorstellungen des Gesetzgebers von den Marktverhältnissen beruht und daß es den Marktpreis, der mittels Mietspiegels ermittelt werden soll, überhaupt nicht gibt. Eine Fülle weiterer Probleme, die immer noch von einer Lösung weit entfernt sind, kommt hinzu (s im einzelnen EMMERICH 53 ff). Die wichtigsten dieser Probleme sind die folgenden: Mietspiegel sind schon aus praktischen Gründen außerstande, wenigstens nach den 34e Wohnwertmerkmalen des § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG in dem gebotenen Ausmaß zu differenzieren. Sie können deshalb stets nur ein ganz grobes Raster und damit nur ein ganz grobes Abbild der Wirklichkeit bieten. Die unvermeidliche Folge ist, daß die ermittelten Mietzinsen immer in einem großen Umfang um den Mittelwert streuen. Dazu trägt natürlich auch der Umstand bei, daß es den Mietzins am Markt ohnehin nicht gibt. Hier entsteht deshalb das Problem, wie dann der Mittelwert ermittelt werden soll und wie sog Ausreißer zu behandeln sind. Mietspiegel können außerdem das Mietzinsniveau immer nur zu einem bei ihrer 34f Herausgabe bereits weit zurückliegenden Zeitpunkt reflektieren. Schon bei ihrer Aufstellung sind sie deshalb meistens hoffnungslos überholt. Bereits nach kurzer Zeit stellt sich daher durchweg das noch immer ungelöste Problem der Aktualisierung der Mietspiegel. Die in der Praxis hierfür übliche Fortschreibung der einzelnen Werte anhand irgendwelcher amtlicher Indizes hat die unvermeidliche Folge, daß alle Mietspiegel sehr schnell jeden Realitätsbezug einbüßen. Bei der Aufstellung von Mietspiegeln können die Gemeinden auf die Dauer auch 34g nicht mehr die Augen davor verschließen, daß sich auf den Märkten die Mietzins* So insbes BReg, Bericht vom 10.5.1976, unten § 2 M H R G Rz 148; NIEDERBERGER, Mietspiegel 15 f f ; SCHLICH W U M 1 9 7 9 , 1 , 4 ; H SCHMIDT W U M 1 9 7 6 , 4 1 f ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 9 1 f , 1 5 1 ff, 1 5 6 a f f ; STERNEL RZ I I I 1 0 9 ff, 1 5 7 ff, b e s 1 6 5 ; SPATZ W U M 1 9 7 6 , 1 5 7 . ** S i m e i n z e l n e n EMMERICH 5 2 f f ; IPSEN A r c h f K o m m W i s s 1 9 7 6 , 2 6 2 f f ; R u P MARIENFELD Z M R 1 9 7 6 , 2 2 5 , 2 5 7 f f ; R MARIENFELD B 1 G B W 1 9 7 7 , 2 1 1 , 2 1 3 ; SCHULZ-TRIEGLAFF W u M 1 9 7 7 2 4 9 f f ;
ders BBauBl 1977, 376; RUPP DWW 1978, 31; WINTER WUM 1977, 85, 86 f; vgl auch NIEDERBERGER Mietspiegel 15 ff. (847)
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 35-36 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
bildung tatsächlich nach ganz anderen Gesetzen richtet, als sie der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des § 2 MHRG zugrunde gelegt hat. Deshalb muß geklärt werden, ob und in welchem Umfang bei der Aufstellung der Mietspiegel Daten aus den Teilmärkten zB für Ausländer oder für gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften berücksichtigt werden sollen. Ebenso ungeklärt ist bisher das Problem, wie die sog Ausreißer zu behandeln sind, in welchem Verhältnis alte und neue Verträge zu kombinieren sind, wie renovierte Altbauwohnungen und Wohnungen von Wohngeldempfängern zu bewerten sind usw, usw. 35 Wegen aller dieser Probleme fassen die Mietspiegel heute Wohnungen zu Gruppen, Rastern und Feldern zusammen, die in Wirklichkeit vom Markt als nicht zusammengehörig behandelt werden. Sie weisen Durchschnittsmieten aus, die es gar nicht gibt. Und sie behandeln Preise als vergleichbar, die tatsächlich überhaupt nicht miteinander vergleichbar sind, weil es die zugrundeliegenden Verträge nicht sind. Angesichts dessen muß die Vorstellung aufgegeben werden, die ortsübliche Vergleichsmiete in § 2 Abs 1 MHRG sei eine empirische Größe, die durch empirisch-statistische Verfahren wenigstens mit annähernder Genauigkeit ermittelt werden könne. Diese Annahme ist angesichts der zahllosen, ungelösten Probleme, die die Anwendung des § 2 MHRG aufwirft und die nur normativ, dh durch Entscheidung der Gerichte gelöst werden können, unhaltbar. Auch der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete erweist sich damit als normativer Begriff, in den unvermeidlich zahlreiche Wertungen des Rechtsanwenders im Einzelfall einfließen. Bei Lichte besehen hat damit der Gesetzgeber in § 2 MHRG den Gerichten die Aufgabe übertragen, im Einzelfall den ihnen angemessen erscheinenden Mietzins, selbstverständlich unter umfassender Berücksichtigung der Marktverhältnisse, festzusetzen (s EMMERICH 6 3 ff; WINTER WuM 1977, 85, 87 f). Es wird höchste Zeit, daß sich die Gerichte dieser Aufgabe endlich bewußt werden und eindeutige Richtlinien entwickeln, nach denen sich die Gemeinden bei der Aufstellung von Mietspiegeln zu richten haben (vgl im einzelnen unten § 2 MHRG Rz 58 ff). 35a Ein anderer Ausweg ist auf dem Boden des geltenden Rechts angesichts der widersprüchlichen und in vieler Hinsicht völlig verfehlten Grundkonzeption des Gesetzgebers nicht erkennbar. Insbes geht es nicht an, die Aufstellung von Mietspiegeln weitgehend Sachverständigen oder gar den Interessenverbänden zu überlassen. Abgesehen davon, daß diesen jegliche Legitimation fehlt, den Marktpreis zu regeln, stehen solchen Versuchen auch durchgreifende, wettbewerbsrechtliche Bedenken entgegen; denn jedenfalls auf der Vermieterseite handelte es sich bei solchen Mietspiegeln eindeutig um verbotene, kollektive Preisempfehlungen (vgl §§ 1 Abs 1, 25 Abs 1 und 38 Abs 1 Nr 11 GWB). Es bleibt daher in der Tat nichts anderes übrig, als die Vorstellung aufzugeben, die ortsübliche Vergleichsmiete in § 2 Abs 1 MHRG sei eine empirische Größe, die durch empirisch-statistische Verfahren ermittelt werden könnte; vielmehr handelt es sich dabei, wie es im Grunde auch gar nicht anders sein kann, um einen normativen Begriff, zu dessen Konkretisierung im Einzelfall in erster Linie die sog Mietspiegel bestimmt sind. Die unausweichliche Folge ist, daß die Anforderungen, die Mietspiegel erfüllen müssen, wenn sie dieser Aufgabe gerecht werden sollen, von Fall zu Fall von den Gerichten festgelegt werden müssen. Erst wenn es auf diese Weise gelungen ist, feste Richtlinien für die Aufstellung von Mietspiegeln zu entwickeln, wird das MHRG überhaupt praktikabel sein. 36 Auch dann bleibt es jedoch dabei, daß das MHRG insgesamt eine verfehlte Regelung darstellt. Nach wie vor gilt, daß die einzige, wirklich vertretbare Lösung darin besteht, die Mietzinsbildung (durch Aufhebung des MHRG) wieder ganz dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage zu überlassen, dafür aber die inflatorischen Tendenzen in unserer Wirtschaft und namentlich auf dem Wohnungsmarkt energisch zu bekämpfen Volker Emmerich
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 37-41
und vor allem alles zu tun, um das Angebot von Mietwohnungen zu vermehren (s schon Vorbem 18 f zu §§ 535, 536). Dabei muß zugleich von der sinnlosen Objektförderung zur Subjektförderung übergegangen werden. Die heute übliche, staatliche Verwaltung des Mangels in Verb mit einer staatlichen Preisregelung hat noch nie dazu geführt, daß auch nur eine einzige Wohnung mehr auf den Markt gekommen ist. Die vom MHRG getroffene Regelung führt statt dessen nur dazu, daß sich die Mieter 37 auf den einmal vereinbarten Mietzins wegen der Indexierung der Mietzinsen nicht mehr verlassen können und daß die Vermieter obendrein auch noch dazu veranlaßt werden, während des Bestehens eines Mietverhältnisses möglichst hohe Kosten zu produzieren, um die einmal erzielte Rendite zu sichern und zugleich ihr Vermögen auf Kosten ihrer Mieter zu vergrößern. Man wird kaum behaupten können, daß dies insgesamt eine sinnvolle Regelung ist, obwohl die BReg für sie sogar in Anspruch nimmt, daß sie der freien Preisbildung am Markt überlegen sei (Vgl den Bericht v 2.3.1979, unten Vorbem 69; HAACK WUM 1978, 41). Gleichwohl plant die BReg neuerdings eine „Auflockerung" des § 2 MHRG durch Zulassung der (bisher abgelehnten) Staffelmieten ab 1982 für Neuverträge. IV. Anwendungsbereich
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Aus § 1 S 1 MHRG folgt, daß sich der Anwendungsbereich des Gesetzes auf die nachträgliche Mietzinserhöhung bei Wohnraummietverhältnissen beschränkt; ausgenommen sind lediglich die in § 10 Abs 2 MHRG aufgeführten, vom Gesetzgeber nicht als schutzwürdig angesehenen, besonderen Mietverhältnisse. 1. Der sachliche Anwendungsbereich
39
a) Das Gesetz gilt nur für Wohnraummietverhältnisse. Keine Anwendung findet das Gesetz mithin auf die Fahrnis- und auf die sonstige Grundstücksmiete, selbst wenn von dem Mieter auf dem Grundstück später ein Gebäude errichtet wird (LG Köln WuM 1977, 10). Vor allem der ganze Bereich der gewerblichen Miete ist damit von der Anwendung des Gesetzes ausgeschlossen. Probleme können sich hieraus nur bei den sog Mischmietverhältnissen ergeben. b) Unter Mischmietverhältnissen vesteht man die Verbindung von Wohnraummiete 40 und gewerblicher Miete, dh die gleichzeitige Vermietung von Wohnräumen und sonstigen Räumen. Hauptbeispiel ist die Vermietung eines Geschäfts oder einer Gaststätte zusammen mit einer dazu gehörigen Wohnung. In solchen Fällen ist häufig zweifelhaft, ob und inwieweit das MHRG auf sie anwendbar ist. Für diese Fälle gibt es keine Einheitslösung; vielmehr muß man unterscheiden 41 (Vorbem 26 f zu §§ 535, 536 BGB m Nachw): Sind die Verträge nur äußerlich miteinander verbunden, so daß sie sich mühelos trennen lassen, so gilt das MHRG nur für den Mietvertrag über die Wohnräume. In den übrigen Fällen muß man darauf abstellen, wo der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses liegt. Ist dies die Wohnraummiete, so kann der Mietzins für das gesamte Mietverhältnis nur einheitlich im Rahmen des MHRG erhöht werden. Gleich zu behandeln sind die Fälle, in denen Wohnraummiete und gewerbliche Miete gleichberechtigt nebeneinander stehen. Für die Anwendung des MHRG ist nur dann kein Raum, wenn nach dem Willen der Parteien und den tatsächlichen Verhältnissen der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses eindeutig bei der gewerblichen Miete liegt.* Deshalb kann zB, wenn zusammen * B G H NJW 1 9 7 7 , 1 3 9 4 = Z M R 1977,244, 245; LG Mannheim NJW 1 9 7 4 , 1 7 1 3 = WuM 1975, 1 5 ; Z M R 1 9 7 5 , 1 5 ; 1 9 7 7 , 2 7 ; DERLEDER, in: A K V o r § 1 M H R G R z 3 ; PALANDT-PUTZO Einf 1 a v o r § 1 M H R G ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 4 ; STERNEL RZ I I I 5 2 . (849)
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 42-46 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz mit einer Wohnung oder einem Haus eine Garage vermietet wird, der Mietzins für Haus und Garage nur einheitlich nach dem MHRG erhöht werden (LG Mannheim NJW 1974, 1713; W E I M A R B1GBW 1978, 31; LG Darmstadt WuM 1981, 111). 42 c) Auch wenn Räume zu Wohnzwecken gemietet werden, ist das MHRG unanwendbar, wenn der Mieter die Räume gewerbsmäßig weitervermieten darf, wenn er zB in den Räumen ein Wohnheim betreiben darf (s S T E R N E L R Z I I I 52 m Nachw). 43 d) Von dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind nach § 10 Abs 2 Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum, Mietverhältnisse über Wohnraum, der nur zu vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, sowie schließlich Mietverhältnisse über Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (dazu eingehend unten § 10 MHRG Rz 31 ff). 44 e) Auf alle anderen Wohnraummietverhältnisse ist das MHRG hingegen anwendbar, selbst wenn sie in irgend einer Weise öffentlich gefördert oder verbilligt sind (s S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 44 f; S T E R N E L Rz I I I 51 ff). Das Gesetz gilt daher insbes auch für befristete oder sonst unkündbare Mietverträge, für Untermietverhältnisse, für möblierte Wohnungen, für Einliegerwohnungen (§ 564 b Abs 4; AG Überlingen DWW 1978,124; V O G E L JZ 1975,73, 76), für Bundesbedienstetenwohnungen (AG Karlsruhe ZMR 1974, 336), für Mietverhältnisse, die nach den §§ 556 a-556 c BGB gerichtlich verlängert worden sind*, für Mietverhältnisse, die nach § 5 HausratsVO v 21.10.1944 (RGBl I 256) begründet worden sind**, für die entgeltliche Überlassung von Zimmern in Jugend- und sonstigen Wohnheimen ( S T E R N E L R Z I I I 70 f), für sog Lastenausgleichswohnungen (STERNEL R Z I I I 62) sowie schließlich für die Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen (s unten § 10 MHRG Rz 32 m Nachw), immer unter der Voraussetzung, daß nicht § 10 Abs 2 MHRG eingreift (OLG Karlsruhe OLGZ 1981, 83, 83). 45 Hingegen soll das Gesetz nach hM keine Anwendung finden auf Altenheim- und Pflegeverträge (Stellungnahme des BR BT-Dr 7/2011,15; LG Kiel WuM 1976, 79; S T A E H L E NJW 1978,1359; V O G E L JZ 1975, 73, 76). Dies trifft jedoch nur zu, wenn die nichtmietvertraglichen Vertragselemente eindeutig überwiegen (s Vorbem 64 zu §§535,536 BGB). Im übrigen besteht kein Anlaß, diese Fälle anders als die sonstigen Mischmietverhältnisse (o Vorbem 40 ff) zu behandeln. Solange nicht Pflege, Verköstigung und Betreuung der Heiminsassen eindeutig im Vordergrund stehen, ist mithin das MHRG anwendbar.*** 46 f) Unanwendbar ist das Gesetz auf dingliche Wohnrechte iS des § 1093 BGB, selbst wenn eine Nutzungsentschädigung vereinbart ist (LG Mannheim WuM 1975, 170, 1 7 1 ; zust P A L A N D T - P U T Z O Einf 1 a vor § 1 MHRG; S T E R N E L R Z I I I 5 4 ) , sowie in ähnlichen Fällen. * Dabei muß aber nur die Obergrenze des § 2 Abs 1 Nr 2 M H R G eingehalten werden, während sich die übrigen Voraussetzungen der Mietzinserhöhung nach § 556 a Abs 2 S 2 richten (s oben § 556 a R z 8 7 m N a c h w , z B L G M a n n h e i m Z M R 1 9 7 7 , 3 0 , 3 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 5 ; STERNEL
Rz III 57; ders WuM 1973, 1, 2). ** SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 17, 45; anders für den Bestandsschutz nach dem WKSchG I sowie für Wohnungen der Ehegatten im gemeinsamen Haus BayObLGZ 1 9 7 3 , 2 2 7 ; 1 9 7 3 , 2 4 0 = N J W 1 9 7 3 , 2 2 9 5 , 2 2 9 7 t ; 1 9 7 3 , 2 2 9 9 f. * * * E b e n s o SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 4 ; STERNEL RZ III 5 3 , 7 0 ; STOBER N J W 1 9 7 9 ,
97;
WEIMAR ZMR 1979, 136; im Ergebnis auch PALANDT-PUTZO Einf 1 a vor § 1 MHRG; für die generelle Anwendung des M H R G DERLEDER, in: A K Vor § 1 M H R G Rz 3; ebenso auch für abgeschlossene Wohnungen in sog Seniorenheimen LG Berlin WuM 1974, 265. Dagegen wie die hM jetzt B G H NJW 1981, 341.
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkimdigungsschutzgesetz 47-51 2. Der zeitliche Anwendungsbereich
47
a) Das MHRG ist am 1.1.1975 in Kraft getreten (Art 8 Abs 1 WKSchG II) und gilt seitdem als Dauerrecht für sämtliche Mietverhältnisse über Wohnraum, die am 1.1.1975 schon begründet waren oder danach begründet worden sind (Art 4 Abs 1 WKSchG). b) Nach § 1 S 1 MHRG setzt die Anwendung des Gesetzes den Bestand eines gültigen 48 Mietvertrages voraus. Folglich kann das Gesetz grundsätzlich keine Anwendung in der Zeit vor Abschluß oder nach Ablauf des Vertrages finden ( S C H M I D T - F U T T E R E R B L A N K C18; S T E R N E L Rz III 55 f). Umstritten ist dies nur für die Fälle des § 557 BGB, da schon nach Abs 1 S 1 HS 2 dieser Vorschrift der Vermieter bei einem Mietverhältnis über Räume anstelle des vereinbarten Mietzinses als Nutzungsentschädigung nach Beendigung des Vertrages auch den Mietzins verlangen kann, der für vergleichbare Räume ortsüblich ist. § 557 BGB stellt deshalb eine Sonderregelung gegenüber dem MHRG und namentlich dessen § 2 dar.* c) Endet bei preisgebundenem Wohnraum (§10 Abs 2 MHRG) die Preisbindung, so 48a findet fortan das MHRG Anwendung (zB LG Berlin WuM 1979, 84). Ein Verlangen nach Mietzinserhöhung auf Grund des § 2 MHRG kann aber mangels abweichender, gesetzlicher Übergangsregelungen erst nach Beendigung der Preisbindung gestellt werden (s unten § 10 MHRG Rz 33 m Nachw). Ein vorher gestelltes Verlangen ist unwirksam (aM OLG Hamm WuM 1980, 262 m abl Anm H E R P E R S ) . 3. Der räumliche Anwendungsbereich
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Räumlich umfaßt der Geltungsbereich des MHRG das gesamte Bundesgebiet einschließlich der Städte München, Berlin und Hamburg, nachdem das MietSchG auch in Berlin endgültig am 31.12.1975 außer Kraft getreten ist (vgl im einzelnen die Art 5-7 WKSchG II; s S T E R N E L Rz III 46 ff). 4. Der Mietzins
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a) Gegenstand der Regelung des MHRG ist nur die Erhöhung des Mietzinses aus bestimmten Gründen. Gemeint ist damit die vom Mieter nach § 535 S 2 BGB geschuldete Gegenleistung (vgl im einzelnen §§ 535, 536 BGB Rz 99 ff). Diese Gegenleistung wird in aller Regel in Geld bestehen und in regelmäßigen Raten zu erbringen sein, wie es auch in dem (auch vom MHRG verwandten) Begriff des „Mietzinses" zum Ausdruck kommt. Notwendig ist dies jedoch nicht. Eine Gegenleistung des Mieters in der Form von Dienst- oder Werkleistungen ist ebenso möglich wie eine sog Einmalmiete oder eine Umsatzmiete (aaO Rz 100 f, 103). Auf solche Sonderfälle ist jedoch das MHRG offenbar nach seiner ganzen Konzeption nicht anwendbar (ebenso BGH LM Nr 23 zu § 18 1. BMG für eine Umsatzmiete). b), aa) Der von den Parteien frei festgelegte Mietzins umfaßt grundsätzlich sämtliche 51 Leistungen des Vermieters einschließlich der sog Nebenleistungen. Die gesetzliche Regel war daher die sog Warmmiete, so daß es stets einer besonderen Vereinbarung bedurfte, wenn der Vermieter neben dem eigentlichen Mietzins die Kosten bestimmter Nebenleistungen wie insbes der Heizung oder der Versorgung mit Wasser auf den Mieter abwälzen will. Solche Vereinbarungen sind auch grundsätzlich eng auszule-
* S o b e n § 5 5 7 R z 3 3 , 3 7 ff; STERNEL RZ III 5 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 8 ; BARTHELMESS § 1
Rz 23 f; aM AG Hildesheim ZMR 1973, 16; AG Kamen WuM 1972, 162; AG Flensburg MDR 1 9 7 4 , 9 5 3 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 5 7 B G B R z 14, § 1 M H R G R z 2. (851)
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 52-56 2. Wohnraumkiindiguiigsschutzgesetz
gen, so daß sie stets nur auf die ausdrücklich erwähnten Nebenleistungen erstreckt werden können, während alle anderen Nebenleistungen mit dem allgemeinen Mietzins abgegolten sind.* 52 bb) Abweichend hiervon geht das MHRG jedoch in § 4 offenbar von der Kaltmiete als Regel aus, da es diese Vorschrift dem Vermieter gestattet, in einem vereinfachten Verfahren eine etwaige Erhöhung seiner Betriebskosten iS des § 27 der 2. BerechnungsVO auf seine Mieter abzuwälzen. Hieraus folgert die hM, daß Mietzins iS des MHRG (abweichend vom BGB) immer nur der sog Grund- oder Kaltmietzins ist (s unten § 2 MHRG Rz 22). Dieser Meinung hat sich auch die BReg angeschlossen (Bericht v 10.5.1976 [unten § 2 MHRG Rz 148] S 5). Die Folge ist, daß bei jeder abweichenden, vertraglichen Mietzinsregelung eine Aufteilung des Mietzinses in Grundmietzins und Betriebskostenanteil erfolgen muß, bevor das MHRG überhaupt anwendbar ist (s unten Vorbem 63 m Nachw; zB AG Köln WuM 1979, 53). Anders natürlich, wenn der Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens von vornherein nur auf den Vergleich mit anderen Warm-(Inklusiv-)mieten abstellt (STERNEL RZ III 103). Doch wird es sich dabei um seltene Ausnahmefälle handeln, da die in der Praxis bevorzugten Mietspiegel heute durchweg nur Kalt- oder Grundmieten ausweisen, so daß eine Aufteilung anderer Mietzinsen unausweichlich wird (vgl auch AG Dortmund WuM 1981, 109 f). 53 Über die Schwierigkeiten einer solchen Aufteilung sollte man sich freilich keinen Illusionen hingeben. Diese Schwierigkeiten hängen unmittelbar mit dem Problem zusammen, die Preise verschiedener Verträge zu vergleichen (s deshalb im einzelnen oben Vorbem 33 a ff). Ohne ganz grobe Schätzungen (§ 287 ZPO) ist daher bereits hier in aller Regel nicht auszukommen. 54 5. Sonderregelungen a) Sondervorschriften zu § 3 MHRG finden sich vor allem in dem ModEnG v 23.8.1976 (BGBl I 2429) idF v 27.6.1978 (BGBl I 878). Denn dieses Gesetz regelt auch im einzelnen unter Bezugnahme auf das MHRG die Mietzinserhöhung nach einer öffentlich geförderten Modernisierung einer Wohnung.** 55 b) Eine weitere Sonderregelung enthält § 87 Abs 1 Nr 9 BetrVerfG. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie bei der allgemeinen Festlegung der Nutzungsbedingungen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich auf alle Werkmietwohnungen iS des § 565 b BGB, daher zB auch auf ein möbliertes, betriebliches Wohnheim mit Zwei-Bett-Zimmern und Nebenräumen ( B A G B B 1975, 1159).
56 Da es sich in diesen Fällen durchweg um Wohnraummietverhältnisse handelt, gilt für Mietzinserhöhungen in erster Linie das MHRG. Hinzutritt jedoch auf Grund des BetrVG das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, woran im Einzelfall durchaus * Vgl im einzelnen §§ 535-536 BGB Rz 83 ff, 105 f m zahlr Nachw; außerdem zB BGH ZMR1970, 47, 48; LG Mannheim ZMR 1974, 380, 381; MDR 1975, 493; WuM 1977, 8, 9; AG Würzburg WuM 1973, 135; AG Aschaffenburg WuM 1972, 156; LG Stuttgart WuM 1974, 256, 257; AG Wesel WuM 1977, 64, 65. Anders jetzt die HeizkostenVO v 25. 2. 1981. ** §§ 14 ff WoModG; s im einzelnen die Erl zu § 3 sowie zB F R E U N D - B A R T H E L M E S S ZMR 1977, 1, 33; dies NJW1976,2191; H A R K E WuM 1977,197; H Ä U S S L E R D W W 1976,277; R U P P ZMR 1977, 323; Kommentare von G U T E K U N S T - F O R S T E R (ModEnG [1979]) und von S C H A D E - S C H U B A R T H W I E N I C K E (Wohn- und Mietrecht, WK-Reihe Nr 116, seit 1978, III. Teil).
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 57-59
auch eine an sich nach dem MHRG mögliche Mietzinserhöhung scheitern kann (BAG BB 1973, 845). Mitbestimmungspflichtig ist jedoch nur die allgemeine Festsetzung der Grundsätze für die Mietzinsbildung, nicht jedoch die Festsetzung des einzelnen Mietzinses auf Grund der zusammen mit dem Betriebsrat festgelegten allgemeinen Grundsätze (s BAG aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K B 676 ff; S T E R N E L Rz III 97). V. Konkurrenzen
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Das Nebeneinander von Markt- und Kostenmiete in den §§ 2-5 MHRG wirft zahlreiche, nur schwer zu lösende Abgrenzungsfragen auf, die ihren Grund letztlich darin haben, daß der Gesetzgeber hier den Versuch gemacht hat, zwei ganz verschiedene, im Grunde einander entgegengesetzte Formen der Mietzinsberechnung in einer prinzipiell gar nicht möglichen Weise miteinander zu verbinden. Deshalb bleibt nichts anderes übrig, als von Fall zu Fall unter Berücksichtigung des Schutzzweckes des Gesetzes nach praktikablen Lösungen zu suchen, mögen diese auch nicht immer völlig konsistent sein. 1. Grundsatz
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Nach § 2 Abs 1 Nr 1 MHRG lösen Mietzinserhöhungen nach den Sondervorschriften der §§ 3-5 nicht die einjährige Wartefrist für eine Anpassung des Mietzinses an das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete aus. Dies deutet darauf hin, daß nach den Vorstellungen des Gesetzgebers Mietzinserhöhungen nach § 2 MHRG und solche wegen Kostensteigerungen nach den §§ 3-5 MHRG unabhängig voneinander und ggf auch gleichzeitig geltend gemacht werden können. Im gleichen Sinne hatte auch schon der Rechtsausschuß zu § 3 MHRG betont, nach Durchführung baulicher Maßnahmen habe der Vermieter die Wahl, ob er nach § 2 oder nach § 3 vorgehen wolle (BT-Dr 7/2368, 4). Hieraus folgt im einzelnen:* 2. Das Verhältnis des § 3 MHRG zu den anderen Tatbeständen a) Nach Vornahme baulicher Maßnahmen iS des § 3 Abs 1 MHRG hat der Vermieter ein Wahlrecht (nicht etwa eine Ersetzungsbefugnis, wie es vielfach zu Unrecht heißt) AG Münster WuM 1981, 44): aa) Er kann (muß aber natürlich nicht) die Kosten der Baumaßnahmen auf seine Mieter nach Maßgabe des § 3 MHRG (iVm § 14 ModEnG) umlegen. An die Obergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 2 Abs 1 Nr 2 MHRG) ist er dabei nicht gebunden (unten Vorbem 64). Führt aber ausnahmsweise diese Mietzinserhöhung (etwa wegen hoher Kürzungsbeträge nach § 3 Abs 1 S 3 bis 7 MHRG iVm § 14 ModEnG) noch nicht bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete, so kann er anschließend immer noch den Mietzins nach § 2 MHRG bis zu diesem Niveau anheben, wobei freilich jetzt auch die genannten Kürzungsbeträge zu berücksichtigen sind (§ 2 MHRG idF v Art 3 Nr 1 ModEnG); als vergleichbar iS des § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG sind dabei durchaus auch entsprechend modernisierte, andere Wohnungen zu berücksichtigen, selbst wenn deren Mietzins zuvor nach § 3 MHRG erhöht worden
* S BARTHELMESS § 1 R z 1 3 f f ; BURKHARDT J u r B ü r o 1 9 7 5 , 5 6 1 , 5 6 6 f ; DERLEDER W U M 1 9 7 6 , 1 9 7 , 2 2 1 ; LÖWE N J W 1 9 7 5 , 9 , 1 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 7 ff, 1 6 0 , 2 4 5 , 3 0 2 ; STERNEL RZ I I I 1 0 3 f, 2 2 8 . (853)
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 60-64 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz ist, weil alle diese Mietzinsen sofort zu den Bestimmungsfaktoren der jeweiligen Marktmiete gehören und weil sich auch aus praktischen Gründen gar nicht zwischen Wohnungen desselben Standards, mögen sie nun modernisiert sein oder nicht und mag ihr Mietzins nach § 2 M H R G oder nach § 3 aaO oder gar nicht erhöht worden sein, unterscheiden läßt.* 6 0 bb) Anders ist die Situation jedoch, wenn der Vermieter von vornherein nach § 2 M H R G vorgeht. Dann hat es dabei sein Bewenden; eine anschließende nochmalige Erhöhung des schon erhöhten Mietzinses durch Umlage der Modernisierungskosten nach § 3 M H R G (iVm § 14 ModEnG) scheidet aus (AG Münster WuM 1981, 44). 6 1 cc) Ungeklärt ist das Verhältnis des § 3 zu § 5 MHRG. Zum Schutze des Mieters muß es jedoch als ausgeschlossen bezeichnet werden, daß der Vermieter nach einer Umlage der Modernisierungskosten auf Grund des § 3 M H R G anschließend nochmals eine etwaige Erhöhung seiner Kapitalkosten nach § 5 M H R G auf die Mieter umlegen könnte. Denn die Finanzierungskosten fallen ohnehin nicht unter die nach § 3 M H R G umlagefähigen Kosten (s § 3 Rz 43). Auch § 5 Abs 1 Nr 1 M H R G weist in diese Richtung ( D E R L E D E R WuM 1976, 221, 222 f; ebenso offenbar O V G Berlin Z M R 1978, 62, 63). 62 3. Die Sondervorschriften der §§ 4 und 5 MHRG Die § § 4 und 5 M H R G enthalten Sondervorschriften zu § 2 M H R G ; Konkurrenzen sind idR schon wegen der ganz unterschiedlichen, tatbestandlichen Voraussetzungen ausgeschlossen. Probleme ergeben sich lediglich, wenn die Parteien eine Warmmiete vereinbart oder die gesondert zu zahlenden Nebenkosten anders als nach § 4 M H R G iVm § 27 der 2. BerechnungsVO abgegrenzt haben (s schon oben Vorbem 52). 63 In diesen Fällen ist in erster Linie zu versuchen, den Gesamtmietzins entsprechend § 27 der 2. BerechnungsVO auf Grundmiete und Betriebskosten aufzuteilen, wobei das Gericht in Zweifelsfällen auch zur Schätzung nach § 287 Abs 2 ZPO befugt ist. Gelingt auf diese Weise eine Aufteilung des Gesamtmietzinses, so steht anschließend einer Anwendung des § 4 M H R G auf die Betriebskosten und des § 2 M H R G auf die Grundmiete (einschließlich der sonstigen Kosten) nichts mehr im Wege. Erweist sich jedoch eine solche Aufteilung des Gesamtmietzinses als unmöglich, so wird § 4 M H R G unanwendbar mit der Folge, daß der Vermieter auf den ihm ohnehin immer offenstehenden Weg des § 2 M H R G verwiesen ist.** 6 4 4. Die Obergrenze Mietzinserhöhungen nach den §§ 3-5 M H R G sind nicht an die Obergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 2 Abs 1 Nr 2) gebunden, sondern können dieses Niveau auch überschreiten, nachdem die ursprünglich bei § 3 M H R G vorgesehene sog Kappungsgrenze von 1 0 % gestrichen worden ist (s die Begr z RegE B T - D r 7/2011, 12; Bericht des Rechtsausschusses B T - D r 7/2638, 4). Eine absolute * S u § 3 R z 1 6 ; BARTHELMESS § 3 R z 4 ; DERLEDER W U M 1 9 7 6 , 1 9 7 , 2 2 1 f; B G B - R G R K - G E L H A A R
§ 3 MHRG Rz 1; LG Kiel WuM 1977, 125; AG Dortmund WuM 1981, 44; Bericht des R e c h t s a u s s c h u s s e s B T - D r V I / 2 4 2 1 , 4 ; PALANDT-PUTZO § 3 M H R G A n m 1 d ; SCHMIDT-FUTTERERBLANK C 5 0 , 1 6 0 ; STERNEL RZ I I I 1 0 4 , 2 2 8 ; a M ZB BURKHARDT J u r B ü r o 1 9 7 5 , 5 6 1 , 5 6 6 ; LÖWE N J W 1 9 7 5 , 9, 14.
** S oben Vorbem 52, sowie zB AG Köln WuM 1979, 53; AG Stuttgart ZMR 1 9 7 4 , 1 5 3 , 1 5 6 ; AG Hamburg ZMR 1977, 28; BARTHELMESS § 1 Rz 2, 17 f, § 4 Rz 6, 23; BURKHARDT JurBüro 1975, 5 6 1 , 5 6 8 ; DERLEDER W U M 1 9 7 6 , 1 9 7 , 1 9 8 ; PALANDT-PUTZO § 4 M H R G A n m 1 d ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK C 4 9 , 5 5 , 2 4 5 .
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohniaumkiindigungsschutzgesetz 65-68
Obergrenze für alle Mietzinserhöhungen auf Grund des MHRG ergibt sich aber in jedem Fall aus den beiden Wucherverboten des § 5 WiStGB und des § 302 a StGB (s Vorbem 154 ff zu §§ 535, 536 BGB). Daneben ist bei Modernisierungsmaßnahmen ergänzend noch § 14 ModEnG zu beachten. VI. Prozessuales 1. Zuständigkeit
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a) Für Klagen aufgrund der §§ 2-7 MHRG ist nach allgemeiner Meinung sachlich und örtlich ausschließlich das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Wohnraum befindet. Die hM folgert das aus einer Analogie zu § 29 a Abs 1 S 1 ZPO. Tatsächlich dürfte diese Vorschrift jedoch schon unmittelbar anwendbar sein, weil es sich sowohl in den Fällen des § 2 als auch in den Fällen der §§ 3-7 MHRG um nichts anderes als um die Geltendmachung von Ansprüchen des Vermieters aus dem Mietvertrag, sei es auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung (§ 2), sei es auf Zahlung des (erhöhten) Mietzinses (§ 3-7), und damit um Erfüllungsansprüche iS des § 29 a Abs 1 S 1 ZPO handelt.* b) Das hat freilich die bedenkliche Folge, daß Prozesse auf Grund des MHRG niemals 66 zu den Obergerichten kommen können. Deshalb ist durch das Gesetz vom 5. 6. 1980 (BGBl 1,657) endlich auch für diese Fälle der Rechtsentscheid der OLGe eingeführt worden. 2. Streitwert 67 a) Der Streitwert für Klagen des Vermieters auf Grund des MHRG richtet sich nach hM nicht nach den §§ 8 oder 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO und § 16 Abs 5 GKG idF v 13. 6. 1 9 8 0 (BGBl I S 6 8 0 ; vgl zB LANDFERMANN W U M 1980, 2 5 7 , 2 5 8 ; OLG Karlsruhe WuM 1 9 7 9 , 1 5 5 ; LG Kaiserslautern ZMR 1979, 82 f; S T E R N E L T Z I I I 2 0 1 , VI 45; str). Er ist hiernach höchstens auf den einjährigen Differenzbetrag zwischen der bisherigen und der begehrten Miete festzusetzen, und zwar ggf mit gewissen Abschlägen in den Regelfällen des § 2 MHRG, weil hier die Klage nicht direkt auf Zahlung, sondern nur auf Zustimmung des Mieters zu einer Vertragsänderung gerichtet ist.** Dies gilt auch für den Berufungswert im Falle des § 2 MHRG (LG Hamburg M D R 1 9 7 7 , 4 9 6 = ZMR 1 9 7 7 , 2 4 6 ; aMzB LG Braunschweig WuM 1979, 250).
b) Die Frage war früher sehr umstr; in der bisherigen Praxis wurde der Streitwert statt 68 auf den einjährigen Differenzbetrag häufig auch generell oder doch zumindest für * L G M a n n h e i m Z M R 1977, 30, 3 1 ; BARTHELMESS § 1 R z 20, § 2 R z 147; BAUMBACHLAUTERBACH-HARTMANN, Z P O ( 3 9 . A u f ] 1981) § 2 9 a A n m 1; FEHL N J W 1974, 924, 9 2 8 ; GALLAS Z M R 1977, 2 6 3 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 2 M H R G R z 2 5 ; PALANDT-PUTZO § 2 M H R G A n m 7 c; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 3 4 ; STERNEL RZ III 2 0 1 ; THOMAS-PUTZO, Z P O ( 1 0 . A u f l 1 9 7 8 )
§ 29 a Anm 1 b. ** OLG Hamburg ZMR 1977, 248 = WuM 1976, 64; LG Berlin ZMR 1980, 152; LG Hamburg M D R 1974,758 = WuM 1974,159; M D R 1977,496 = Z M R 1977,246; M D R 1978,497; WuM 1978,146,147; L G Aachen W u M 1979,63; LG Ansbach W u M 1979,129 f; L G Dortmund Z M R
1979, 176 f; WuM 1979, 198; LG Hannover WuM 1980, 33; LG Stuttgart WuM 1979,155; LG Mannheim MDR 1974,412 = WuM 1974, 56 = ZMR 1974, 340; AG Ravensburg MDR 1974, 1 4 2 ; BARTHELMESS § 1 R z 21, § 2 R z 197 f i ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 5 6 ; STERNEL RZ III
201, VI 45; BAUMBACH-LAUTERBACH-HARTMANN, ZPO, § 3 Anhang s v Mietverhältnis m Nachw; ebenso für § 3 LG Hannover MDR 1981, 232 f. (855)
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 69 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Verträge mit bestimmter Laufzeit auf den dreifachen, vierfachen oder gar zwölffachen Erhöhungs- oder Differenzbetrag bemessen.* Ebenso wird im Falle des § 3 MHRG oft der Streitwert auf den dreifachen Jahresbetrag der begehrten Erhöhung festgesetzt (LG Hamburg MDR 1978,497; zust S T E R N E L R Z VI 45). Eine gesetzliche Regelung war daher hier überfällig.
69 VII. Anhang Bericht der Bundesregierung vom 2.3.1979 über die Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkiindigungsschutzgesetzes, BT-Drucksache 8/2610 (Auszug) Vorbemerkung Am 1. Januar 1975 ist das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz - 2. WKSchG - vom 18. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3603) in Kraft getreten. Bei der Verabschiedung des Gesetzes am 17. Oktober 1974 hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung ersucht, „nach Ablauf von vier Jahren seit dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum über die Auswirkungen dieses Gesetzes zu berichten. Der Bericht soll sich auch mit den Auswirkungen der Neuregelungen auf die Wohnheime befassen." Diesem Auftrag kommt die Bundesregierung mit dem vorliegenden Bericht nach. A. Wesentlicher Inhalt des 2. WKSchG 1 Dauerrecht Das 2. WKSchG hat keine grundlegende Neuregelung des Wohnraummietrechts getroffen. Weitgehend hat es die Regelungen des bis zum 31. Dezember 1974 befristeten (ersten) Wohnraumkündigungsschutzgesetzes vom 25. November 1971 (1. WKSchG, BGBl. IS. 1839) übernommen und diese mit einer Reihe inhaltlicher Modifikationen als Dauerrecht ausgestaltet. 2 Kündigungsschutz 2.1 Grundsatz des berechtigten Interesses Der Vermieter von Wohnraum kann grundsätzlich nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (§ 564 b Abs. 1 BGB). Drei Fälle sind im Gesetz selbst beispielhaft angeführt (§ 564 b Abs. 2 BGB), nämlich - eine schuldhafte Vertragsverletzung des Mieters; - Eigenbedarf des Vermieters; - die Hinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks bei Fortsetzung des Mietverhältnisses. Wenn eine vermietete Wohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt und veräußert wird, ist die Geltendmachung von Eigenbedarf durch den Erwerber auf die Dauer von drei Jahren ausgeschlossen (§ 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB). 2.2 Erleichterte Kündigung von „Einliegerwohnungen" Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen (sog. Einliegerwohnung) kann der Vermieter auch ohne berechtigtes Interesse kündigen, dann allerdings mit einer um drei Monate verlängerten Kündigungsfrist (§ 564 b Abs. 4 BGB). Diese Sonderregelung trägt den besonderen Schwierigkeiten und Umständen Rechnung, die sich durch das nahe Zusammenleben von Mieter und Vermieter ergeben können. * Für dreifachen Betrag zB LG München DWW 1977, 93, 94; WuM 1979, 249 f; für den Erhöhungsbetrag entsprechend der restlichen Laufzeit des Vertrages LG Essen MDR 1975, 582, 583; für den vierfachen Differenzbetrag LG Kaiserslautern ZMR 1979, 82 f; für den zwölffachen Differenzbetrag LG Freiburg WuM 1979, 15.
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 69 2.3 Befristete Mietverträge Artikel 2 des 2. WKSchG soll verhindern, daß der Kündigungsschutz durch den Abschluß befristeter Mietverträge unterlaufen wird: Bei Mietverträgen auf bestimmte Zeit, die nach dem 28. November 1971 abgeschlossen worden sind, kann der Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat. 2.4 Fristlose Kündigung Das 2. WKSchG hat die Vorschriften über die fristlose Kündigung (§§ 553 bis 554 b BGB) unverändert gelassen. Danach können Mieter und Vermieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfristen kündigen, wenn ihnen die Fortsetzung wegen schwerwiegender Vertragsverletzungen des anderen Vertragspartners nicht zugemutet werden kann.
3 Miethöhe 3.1 Geltungsbereich Das in Artikel 3 des 2. WKSchG verankerte Gesetz zur Regelung der Miethöhe (Miethöhegesetz, MHG) regelt die Voraussetzungen, unter denen der Vermieter von Wohnraum während des Mietverhältnisses vom Mieter eine Erhöhung des vereinbarten Mietzinses verlangen kann. Dabei sind inhaltlich weitgehend die Regelungen des 1. WKSchG über Mieterhöhungen übernommen worden. Das Gesetz gilt nicht für preisgebundenen Wohnraum (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 MHG); es erfaßt damit grundsätzlich Altbauwohnungen und freifinanzierte Neubauwohnungen. Die besonderen Regelungen für München und Hamburg in Artikel 6 des 2. WKSchG sind am 1. Januar 1977 außer Kraft getreten. Sondervorschriften gelten noch für Altbauten in Berlin. 3.2 Zulässigkeit freier Vereinbarungen Beim Neuabschluß eines Mietvertrages kann die Höhe des Mietzinses von den Parteien frei vereinbart werden. Auch Vereinbarungen zwischen den Mietparteien über Mieterhöhungen während des Mietverhältnisses sind wirksam (§ 10 Abs. 1 MHG). Eine Grenze bildet in beiden Fällen nur § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes (WiStG), der die Ausnutzung eines geringen Wohnungsangebots durch unangemessen hohe Mieten untersagt. 3.3 Vergleichsmietensystem Kommt eine Einigung der Mietvertragsparteien über eine Erhöhung der Miete nicht zustande, so darf der Vermieter dem Mieter nicht zum Zwecke der Mieterhöhung kündigen (§ 1 Satz 1 MHG). Der Vermieter kann jedoch verlangen, daß der Mieter einer Erhöhung der Miete zustimmt, wenn der verlangte Mietzins nicht die üblichen Entgelte übersteigt, die in der Gemeinde oder in einer vergleichbaren Gemeinde für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage gezahlt werden. Die Erhöhung ist nur zulässig, wenn der Mietzins seit einem Jahr unverändert ist. Das Erhöhungsverlangen muß schriftlich gestellt und begründet werden. Zur Begründung sind alle Beweismittel zugelassen, die dem Mieter eine Nachprüfung ermöglichen; der Vermieter kann insbesondere auf eine Übersicht über die ortsüblichen Entgelte (Mietspiegel) oder auf ein Sachverständigengutachten Bezug nehmen, oder er kann auf entsprechende Entgelte für einzelne, vergleichbare Wohnungen anderer Vermieter hinweisen (§ 2 MHG). 3.4 Erleichterte Mieterhöhungsmöglichkeiten Die Kosten einer Modernisierung der Mietwohnung kann der Vermieter mit 11% - bis zum 1. Juli 1978:14% - auf die jährliche Miete aufschlagen (§ 3 MHG). Vereinfachte Umlegungsmöglichkeiten bestehen auch bei Erhöhungen bestimmter Betriebs- und Kapitalkosten (§§ 4, 5 MHG).
4 Wohnheime Die Kündigungs- und Mieterhöhungsvorschriften des 2. WKSchG gelten - im Gegensatz zur Rechtslage bis 1975 - grundsätzlich auch für möblierten Wohnraum (Ausnahmen in § 564 b Abs. 7 BGB, § 10 Abs. 2 Nr. 3 MHG). Damit werden nunmehr auch bestimmte Arten von Wohnheimen erfaßt. (857)
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 69
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
B. Zielsetzungen des Gesetzgebers Bis zum Inkrafttreten des 1. WKSchG hatte der Vermieter ein grundsätzliches freies und uneingeschränktes Kündigungsrecht. Der Mieter mußte daher stets damit rechnen, seine Wohnung auch ohne einleuchtenden Grund zu verlieren. Die Kündigung konnte vom Vermieter auch als Druckmittel zur Durchsetzung von Mieterhöhungen benutzt werden. Der allgemeine Kündigungsschutz des Mieters beschränkte sich auf die Kündigungsfristen des § 565 BGB. In Härtefällen konnte er sich auf die Sozialklausel des § 556 a BGB berufen, die sich jedoch in der Praxis nicht immer als geeignet erwies, um den Mieter wirksam vor sozial unvertretbarem oder gar willkürlichem Verlust seiner Wohnung zu schützen. Mit dem 2. WKSchG soll der dem Mieter schon durch das 1. WKSchG eingeräumte Schutz vor ungerechtfertigter Kündigung und unangemessener Mieterhöhung auf Dauer gesichert werden, ohne die Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes und das verfassungsmäßige Recht des Vermieters zu gefährden, sein Eigentum in einem am Gemeinwohl ausgerichteten Rahmen zu nutzen und darüber zu verfügen. Der vom Gesetzgeber angestrebte Interessenausgleich beruht auf folgenden Überlegungen: Für den Mieter und seine Familie erfüllt die Mietwohnung eine besondere, soziale Funktion. Sie ist Mittelpunkt der Lebensinteressen und Schwerpunkt ihrer Einbettung in die Umwelt. Mit dem Verlust der Wohnung können Kontakte zu Nachbarn und geselligen, kulturellen oder sportlichen Vereinigungen gefährdet, der Besuch von Schulen und der Anschluß an kirchliche, politische oder andere soziale Zusammenschlüsse beeinträchtigt werden. Hinzu kommen die finanziellen Belastungen eines jeden Wohnungswechsels. Der Mieter muß daher vor Kündigungen geschützt werden, die nicht durch überwiegende Interessen des Vermieters gerechtfertigt sind. Dieser Schutz ist unabhängig von der wirtschaftlich-sozialen Stellung des Mieters und den sich wandelnden Gegebenheiten am Wohnungsmarkt zu gewährleisten. Auch die Kündigung zum Zweck der Mieterhöhung kann nicht zugelassen werden; denn sie würde es dem Vermieter ermöglichen, wegen der dem Mieter bei einem Wohnungswechsel drohenden Nachteile erhöhte, nach den Marktverhältnissen nicht gerechtfertigte Forderungen durchzusetzen. Auf der anderen Seite müssen dem Vermieter zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes und zur Anpassung an die allgemeine Marktentwicklung angemessene Mieterhöhungen möglich sein. Maßstab für die Anpassung des Mietzinses soll in erster Linie die ortsübliche Vergleichsmiete sein, die an den auf dem Markt regelmäßig erzielbaren Mieten orientiert ist. Daneben soll der Vermieter ohne Verzögerung Steigerungen der Betriebskosten weitergeben können. Modernisierungen sollen durch ein kostenorientiertes Mietanpassungsverfahren begünstigt werden.
C. Auswirkungen der gesetzlichen Regelung 1 Tatsächliche Grundlagen des Berichts 1.1 Erkenntnisquellen 1.1.1 Die amtlichen Statistiken
1.1.2 Erfahrungsberichte der Länder und der im Bereich des Wohnungswesens tätigen Spitzenverbände 1.1.3 Eine empirische Untersuchung der Institute Wohnen und Umwelt, Darmstadt (IWU) und Infratest-Wirtschaftsforschung, München. Sie umfaßt eine Umfrage über Erfahrungen und Einstellungen zum 2. WKSchG bei 11 423 Haushalten sowie eine anschließende ausführliche Befragung folgender Sondergruppen repräsentativ ausgesuchter Mieter von nicht preisgebundenen Wohnungen: - Mieter, die seit 1972 Kündigungen erhalten hatten - Mieter, die seit 1972 wegen Maßnahmen des Vermieters selbst gekündigt hatten - Mieter, die seit 1975 mindestens eine Aufforderung zu einer Mieterhöhung erhalten hatten. Volker Emmerich
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 69 Befragt wurden auch die Vermieter der durch die Mieterbefragung ermittelten Wohnungen, und zwar zu denselben Themen und zusätzlich zu ihrer Investitionsbereitschaft. Die durchgeführten Befragungen bei Mietern und Vermietern hatten zum Ziel, aus der amtlichen Statistik nicht ermittelbare Häufigkeiten von Mieterhöhungs- und Kündigungsbegehren und Informationen über die Einschätzung des 2. WKSchG durch Mieter und Vermieter zu gewinnen. Darüber hinaus dienten die Befragungen dazu, Kenntnisse über das bislang noch nicht untersuchte Mieter-Vermieterverhältnis insbesondere im Zusammenhang mit Mieterhöhungen und Kündigungen zu erhalten. Die Untersuchungen gehen daher über die Fragestellungen dieses Berichts hinaus. 1.1.4 Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, die von der Roland-Berger-Forschungsgruppe, München, auf der Grundlage einer Befragung von Experten zu deren Investitionsabsichten, ihren Einschätzungen des Wohnungsmarktes und der Wirtschaftlichkeit von Mietobjekten durchgeführt worden ist. Die Befragung bezog sich zu 60% auf Objekte, die in Düsseldorf liegen, zu 40% auf Objekte in anderen Großstädten der Bundesrepublik. 1.1.5 Folgende weitere empirische Untersuchungen zu Teilaspekten des Wohnungsmarktes: - Eine ökonomische Analyse der Veränderungen im Bestand der Altbauwohnungen in Großstädten durch den GEWOS e.V., Bonn. - Eine Untersuchung zu den Sickereffekten verschiedener Formen der Wohnungsbau- und Bausparförderung durch Infratest-Wirtschaftsforschung, München. - Eine Studie des GEWOS e.V., Bonn, über die sozialen Folgen von Wohnungsabrissen. 1.1.6 Eine Auswertung von Akten über 5007 gerichtliche Verfahren wegen einer Mieterhöhung nach § 2 Abs. 2 MHG oder wegen einer Kündigung, auf die die Wohnraumkündigungsschutz-Vorschriften Anwendung finden. Die Auswertung erfolgte anhand standardisierter Fragebogen durch Richter mit besonderen Erfahrungen im Mietrecht und schloß eine anschließende Anhörung dieser Richter ein. Die Aktenauswertung wurde bei 102 Amtsgerichten aus dem gesamten Bundesgebiet (ohne Berlin) durchgeführt, die repräsentativ aus den insgesamt 565 Amtsgerichten (ohne Berliner Amtsgerichte) ausgewählt waren. Diese 102 Amtsgerichte erledigen etwa 40% der im Bundesgebiet insgesamt bei Amtsgerichten anfallenden Zivilsachen. Sie sind zuständig für etwa 19,5 Millionen Einwohner. Bei den ausgewählten 102 Amtsgerichten wurden alle im Jahre 1976 begonnenen und bis März 1978 abgeschlossenen Verfahren ausgewertet, die Mietstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem 2. WKSchG betrafen. Dies waren 2301 Klagen auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung nach § 2 Abs. 2 MHG und 2706 Klagen wegen einer Kündigung, auf die die WohnraumkündigungsschutzVorschriften Anwendung finden. 1.1.7 Die veröffentlichte Rechtsprechung zum 1. und 2. WKSchG und zu § 5 WiStG sowie die von den Mieter- und Vermieterorganisationen hierzu mitgeteilten unveröffentlichten Urteile. 1.1.8 Zahlreiche Stellungnahmen örtlicher Mieter- oder Vermietervereinigungen, weiterer örtlicher Organisationen und einer Vielzahl einzelner Mieter und Vermieter.
1.2 Aussagewert der Quellen Die laufenden amtlichen Statistiken erheben nur wenige Daten, die unmittelbare Aussagen über die Wirkungen des Mietrechts im freifinanzierten Wohnungsbau zulassen. Nicht erfaßt werden insbesondere Häufigkeit und Art von Kündigungen sowie Häufigkeit, Art und Umfang der einzelnen Mieterhöhungen. Die unter anderem zur Vorbereitung des Berichts hierüber durchgeführten gezielten Erhebungen stellen den Zustand im Erhebungszeitpunkt fest. Da entsprechende Informationen über die vorhergehende Zeit fehlen, läßt sich allein auf Grund dieser Erhebungen die Entwicklung während der Geltung der gesetzlichen Regelung nicht immer eindeutig beurteilen. (859)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 69 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Die Gerichtsaktenauswertung vermittelt ein repräsentatives Bild von den Wirkungen des Gesetzes in der gerichtlichen Praxis. Sie läßt kaum Schlüsse auf das Verhalten von Vermietern und Mietern bei Kündigungen und Mieterhöhungen in Fällen zu, die nicht zu einem Prozeß führen. Die empirischen Untersuchungen der Institute IWU und Infratest ergänzen deshalb die Gerichtsaktenauswertung für den vorgerichtlichen Raum.
2 Bezugspunkt für die Beurteilung der Auswirkungen Da das 2. WKSchG weitgehend die Regelung des 1. WKSchG inhaltlich übernommen hat, ist zur Feststellung der Auswirkungen des 2. WKSchG im Grundsatz der Zustand vor dem Inkrafttreten des 1. WKSchG am 28. November 1971 mit dem heutigen Zustand zu vergleichen. Soweit Abweichungen zwischen den Regelungen der beiden Wohnraumkündigungsschutzgesetze vorliegen, ist der Vergleich mit dem Zustand vor 1975 geboten; auf diese Fälle wird im folgenden jeweils ausdrücklich hingewiesen.
3 Die Auswirkungen im einzelnen 3.1 Auswirkungen auf die Beendigung von Wohnraummietverhältnissen durch Kündigung 3.2 Auswirkungen auf die Miethöhe 3.2.1 Allgemeine Entwicklung der Mieten Die Mieten für preisfreie Wohnungen haben sich nach der laufenden amtlichen Mietenstatistik während des Berichtszeitraums in jedem Jahr erhöht. Bei den dort erfaßten Mieten handelt es sich um sog. Bruttomieten, die die üblichen Nebenkosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Heizung einschließen. Für die Jahre 1971 bis 1975 weist die Mietenstatistik Steigerungsraten zwischen 4,9 und 6,3% gegenüber dem Vorjahr aus. In den Jahren 1976 bis 1978 hat sich der Anstieg deutlich bis auf 3% verringert. Dabei ist die Entwicklung für vor dem 1. April 1924 errichtete Altbauten, für Altbauten aus der Zeit vom 1. April 1924 bis 20. Juni 1948 und für freifinanzierte Neubauwohnungen in den Jahren 1977 und 1978 mit 2,9% und 2,7% ermittelt worden. Die Erhebungen für die laufende Statistik der Mieten preisfreier Wohnungen werden für drei repräsentative Wohnungstypen durchgeführt: Zwei-Zimmer-Altbauwohnungen ohne Bad aus der Zeit vor dem 1. April 1924, Zwei-ZimmerAltbauwohnungen mit Bad aus der Zeit vom 1. April 1924 bis 20. Juni 1948 und DreiZimmer-Neubauwohnungen mit Zentralheizung. Die vorhandenen Daten lassen nur in begrenztem Umfang Schlüsse darauf zu, inwieweit diese allgemeine Mietentwicklung durch die Wohnraumkündigungsschutzgesetze beeinflußt worden ist. Sichere Aussagen hierzu lassen sich weder über die Regelungen machen, die es dem Vermieter gestatten, durch einseitige Erklärung Betriebs- und Kapitalkostenerhöhungen sowie Modernisierungskosten auf den Mieter umzulegen, noch über die Vorschriften zur Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. In den Jahren 1972 bis 1978 haben sich die für die Mietpreisentwicklung maßgebenden Angebots- und Nachfragebedingungen des Wohnungsmarkts gegenüber den vorhergehenden Jahren so erheblich geändert, daß die etwaigen Auswirkungen der im gleichen Zeitraum in Kraft getretenen, rechtlichen Regelungen kaum feststellbar sind. Bis zum Ende der 60er Jahre überstieg die Nachfrage nach Wohnungen deutlich das quantitative und qualitative Wohnungsangebot. Der Wohnungsmarkt ließ daher erhebliche Mieterhöhungen zu. Zu Beginn der 70er Jahre folgte eine Ausweitung des Angebots, die schließlich über die Aufnahmefähigkeit des Wohnungsmarktes hinausging. Zugleich änderten sich die Nachfragebedingungen. Zunehmend wuchs das Interesse an Wohneigentum und an modernisierten Altbauwohnungen, die damit in Konkurrenz zu neueren Mietwohnungen traten. Die Steigerungsraten der Mieten für Neubauwohnungen, die seit 1973 einen weit stärkeren Rückgang aufwiesen als die der Altbaumieten, bestärken den Eindruck, daß zwischen der Angebotsausweitung im Bereich der Neubauten und der Mietpreisentwicklung ein deutlicher Zusammenhang besteht. Der Anteil der Betriebskosten an den - im Niveau niedrigeren Volker Emmerich
(860)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 69 Altbaumieten ist in der Regel höher als bei Neubaumieten. Die vergleichsweise höheren Zuwachsraten bei den Altbaumieten deuten darauf hin, daß Mieterhöhungen nach § 4 M H G insgesamt leichter durchzusetzen waren als solche im Rahmen marktorientierter Mietanpassungen. Der Mietindex vermag indessen keinen Aufschluß über die Entwicklung der Mieten beim Abschluß neuer Mietverträge zu geben. Ferner ist zu bedenken, daß modernisierte Wohnungen im Rahmen der Erstellung des Mietindexes nicht erfaßt werden. Deutlichere Hinweise als der Mietindex ergeben die Erhebungen über die Preisbildung beim Abschluß neuer Verträge und über den Ablauf einzelner Mieterhöhungen in bestehenden Miet Verhältnissen. 3.2.2 Mietpreisbildung beim Abschluß neuer Mietverhältnisse Von den etwa 11 Millionen nicht preisgebundener Mietwohnungen werden jährlich etwa 1 Million wegen eines Mieterwechsels neu vermietet. Bei diesen Wiedervermietungen haben die Vertragsparteien ebenso wie bei Erstvermietungen neu errichteter Wohnungen die Mieten entsprechend den Marktgegebenheiten eigenverantwortlich festsetzen können. Der gegen Mietzinsüberhöhung gerichtete § 5 WiStG hat verhindert, daß zu geringe Angebote an bestimmten Wohnungstypen oder in bestimmten Wohnlagen durch unangemessen hohe Mieten ausgenutzt worden sind. Zur Anwendung dieser Vorschrift durch die Bußgeldbehörden haben die obersten Fachbehörden der Länder Richtlinien erlassen, in denen zunächst solche Mieten als unangemessen hoch bezeichnet waren, die um mehr als 10% über den ortsüblichen Entgelten lagen. Dieser Auslegung hat sich die Mehrzahl der Gerichte nicht angeschlossen. In Straf- wie in Zivilsachen nehmen sie unzulässige Preisüberhöhungen erst bei einer Überschreitung der ortsüblichen Entgelte um mehr als 20% - teilweise um mehr als 25% - an. In Anpassung an diese Rechtsprechung sind die Richtlinien der einzelnen Länder 1978 geändert worden. Nunmehr wird darauf hingewiesen, daß von einer Verfolgung in der Regel abgesehen werden kann, wenn das geforderte Entgelt im Einzelfall die ortsübliche Miete für vergleichbare Wohnungen um nicht mehr als 20% übersteigt. Sofern die Vergleichsmieten in der Form von Bandbreiten ermittelt sind, soll von deren Obergrenze ausgegangen werden. Insgesamt sind in den Jahren 1975 bis 1977 jährlich etwa 2200 ordnungsbehördliche Verfahren eingeleitet worden. Betroffen hierdurch waren 1975 etwa 3500,1976 etwa 5000 und 1977 etwa 4100 Mietverhältnisse, durchschnittlich also etwa 0,5% der insgesamt rund 1 Million neu abgeschlossenen Mietverträge. Über die Hälfte der Verfahren richtete sich gegen die Ausnutzung ausländischer Arbeitnehmer. Zu Bußgeldbescheiden ist es nur sehr selten gekommen, und zwar 1975 in 62,1976 in 52 und 1977 in 41 Fällen. Die Betroffenen haben gegen diese Bescheide meist Einspruch eingelegt. Die Rolle, die § 5 WiStG in Zivilprozessen spielt, in denen die Nichtigkeit einer Vereinbarung über den Mietpreis geltend gemacht wird, ist nach Auskunft der angehörten Mietrichter örtlich unterschiedlich groß; im allgemeinen sind solche Zivilprozesse jedoch selten. Bei der Wiedervermietung von Wohnungen sind die Mieten nach den Ergebnissen der hierzu durchgeführten Untersuchungen häufig angehoben worden. Die Erhöhungen lagen seit 1972 zwischen 8% und 15%. Diese Steigerungsraten machen deutlich, daß der ganz überwiegende Teil der Mieterhöhungen beim Abschluß neuer Vertragsverhältnisse außerhalb des Anwendungsbereichs des § 5 WiStG stattgefunden hat. 3.2.3 Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen Nach den Ergebnissen der IWU-Infratest-Untersuchung haben 36% aller Mieter von nicht preisgebundenen Wohnungen erklärt, in der Zeit von 1975 bis 1978 mindestens eine Aufforderung zu einer Mieterhöhung erhalten zu haben. Begründet waren diese Mieterhöhungen nach den Angaben der Mieter mit „Kostensteigerungen für die Unterhaltung des Hauses" (41%), mit der „Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten" (21%) und mit „Modernisierungen" (19%). Die „Vergleichsmiete" war nach den Angaben der Mieter nur in 10% der Erhöhungen von den Vermietern herangezogen worden. Die Mieter haben den Erhöhungsforderungen ganz überwiegend entsprochen. Nach ihren Angaben haben 82% die verlangte höhere Miete ohne weiteres bezahlt. Lediglich 2 % der Mieter haben der Mieterhöhung nicht zugestimmt und die alte Miete weiterbezahlt. Die übrigen Mieter sind mit dem Vermieter in Verbindung getreten, um über Verhandlungen zu einer Einigung zu kommen. Der Anteil der Mieter, die nach dem Mieterhöhungsverlangen einen Prozeß geführt haben, liegt unter 1 %. Im Ergebnis haben 98% der Mieter, von denen eine Mieterhöhung verlangt wurde, eine erhöhte (861)
V o l k e r Emmerich
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 69 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Miete bezahlt, davon nur 6% nicht in der ursprünglich vom Vermieter geforderten Höhe oder erst zu einem späteren Zeitpunkt. Die in der Infratest-Befragung erfaßten Mieterhöhungen sind ganz überwiegend ohne Berücksichtigung der §§ 2 bis 5 des MHG zustandegekommen. Nur 20% der Mieterhöhungsverlangen erfüllten die Voraussetzungen, unter denen der Mieter nach § 2 MHG verpflichtet ist, einer Mieterhöhung zuzustimmen, oder entsprachen den Anforderungen für einseitige Mieterhöhungen nach den §§ 3 bis 5 MHG. Die Vermieter haben sich durch diese Vorschriften des MHG in aller Regel nicht an Mieterhöhungen gehindert gesehen. 92% erklärten, daß sie die Mieten seit 1975 nicht stärker erhöht hätten, wenn es das 2. WKSchG nicht gegeben hätte.
3.2.4 Mieterhöhungsklagen Gerichtliche Auseinandersetzungen um Mieterhöhungen nach dem MHG waren relativ selten. Im Bundesgebiet - ohne Berlin - sind 1976 etwa 5000 bis 6000 Klagen auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung nach § 2 MHG anhängig geworden. Weitere etwa 1000 bis 1500 Klagen sind 1976 im Zusammenhang mit Mieterhöhungen nach den §§ 3 bis 5 MHG erhoben worden. Das sind zusammen nur etwa 5 bis 6% der angefallenen Mietsachen und nur etwa 0,6% bis 0,8% der insgesamt 1976 bei den Amtsgerichten eingegangenen etwa 1 Million Klagen in Zivilsachen. Zu einem gerichtlichen Verfahren ist es anscheinend häufig dann gekommen, wenn der Vermieter eine besonders hohe prozentuale Steigerung verlangt hatte. Dies zeigt eine Auswertung der Erhöhungsverlangen, die den Klagen vorausgegangen sind. In fast zwei Dritteln dieser Erhöhungsverlangen waren Erhöhungen von mehr als 20% geltend gemacht worden. In fast einem Viertel der Fälle wurden sogar Erhöhungen über 50% verlangt. Ungewöhnlich hohe Mietsteigerungen sind insbesondere dann gefordert worden, wenn die Miete seit längerer Zeit unverändert geblieben war. Auch Erhöhungsverlangen, die erstmalig nach Fortfall der Preisbindung, z. B. wegen Rückzahlung öffentlicher Mittel, erhoben worden waren, enthielten häufig eine überdurchschnittliche Steigerungsrate. Wegen dieser besonderen Gründe konnten die in der Gerichtsaktenauswertung erfaßten Erhöhungsverlangen auch trotz der ungewöhnlich starken Steigerungen überwiegend erfolgreich gerichtlich durchgesetzt werden. Die Klagen auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung hatten mindestens in 54,8% der Fälle ganz oder teilweise Erfolg. Bei 14,8% der Klagen war nicht erkennbar, ob sie zu einer Mieterhöhung geführt haben, weil sie, z. B. auf Grund außergerichtlicher Einigung, nicht weitergeführt worden waren. In mehr als der Hälfte der im Ergebnis ganz oder teilweise erfolgreichen gerichtlichen Verfahren lag die erhöhte Miete mehr als 20% über der bisherigen. In fast einem Sechstel der Fälle konnte eine Erhöhung um mehr als 50% durchgesetzt werden. In den zu den Gerichten gelangten streitigen Erhöhungsverlangen lag die bisherige Grundmiete in 29% der Fälle unter 3 DM und in mehr als der Hälfte der Fälle unter 4 DM. Die prozentualen Steigerungen waren in den Fällen besonders hoch, in denen die bisherigen Grundmieten besonders niedrig waren. Die gerichtlichen Verfahren haben in der ersten Instanz nicht länger gedauert als andere Zivilprozesse. Mehr als die Hälfte konnte innerhalb von 6 Monaten abgeschlossen werden. Gegen 22,8% der erstinstanzlichen Urteile ist Berufung eingelegt worden. Dies entspricht der auch für sonstige Zivilprozesse festgestellten Berufungsquote. Die Verfahren in 2. Instanz sind ebenso wie andere Zivilprozesse in etwa 70% der Fälle innerhalb von 6 Monaten und in über 96% der Fälle innerhalb eines Jahres beendet worden. Bei der Streitwertfestsetzung haben die Gerichte in etwa 90% der Fälle den Jahresbetrag und in etwa 10% der Fälle den dreifachen Jahresbetrag der geforderten Mieterhöhungen zugrunde gelegt.
3.2.5 Formale Anforderungen an Erhöhungsverlangen nach § 2 MHG Schriftliche, auf die ortsübliche Vergleichsmiete gestützte Erhöhungsverlangen, wie sie § 2 Abs. 2 MHG als Prozeßvoraussetzung verlangt, waren fast allen in der Gerichtsaktenauswertung erfaßten Klagen vorangegangen: Vermieter, die ursprünglich formlos eine Mieterhöhung versucht hatten, haben vor Klageerhebung ein Erhöhungsverlangen nach § 2 Abs. 2 MHG nachgeholt. Soweit für die Wohngemeinde ein Mietspiegel bestand, ist in diesen Erhöhungsverlangen ganz überwiegend hierauf Bezug genommen worden. Im übrigen waren die Erhöhungsverlangen etwa je zur Hälfte mit einem Sachverständigengutachten oder mit dem Hinweis auf die Entgelte von Vergleichswohnungen begründet.
Volker Emmerich
(862)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 69 3.2.5.1 Mietspiegel Mietspiegel haben sich als am besten geeignete Mittel zum Nachweis von Mieterhöhungen herausgestellt. Sie geben den Vertragsparteien in der Regel ausreichende Informationen über die ortsüblichen Entgelte für vergleichbaren Wohnraum und erleichtern hierdurch eine Einigung über den Mietpreis. Am 1. Oktober 1978 waren nur in ca. 150 Gemeinden Mietspiegel in Kraft. Wegendes noch relativ geringen Verbreitungsgrades sind nach den Angaben der durch Infratest befragten Mieter Mietspiegel nur für etwa 3% der Erhöhungsforderungen herangezogen worden. Soweit die Erhöhungsverlangen mit der Vergleichsmiete begründet waren, hatten die Vermieter in etwa einem Drittel der Fälle auf Mietspiegel Bezug genommen. Nach dem Urteil der Mietrichter haben Mietspiegel den Prozeßablauf regelmäßig wesentlich vereinfacht. Die in der Aktenauswertung erfaßten Erhöhungsverlangen waren, wenn die Wohnung im Geltungsbereich eines Mietspiegels lag, bereits zu 82,2% auf Mietspiegel gestützt. Zwar haben auch die mit einem Mietspiegel begründeten Erhöhungsverlangen in anschließenden gerichtlichen Verfahren häufig eine Beweiserhebung erforderlich gemacht; überwiegend war dabei jedoch lediglich die Einordnung der Wohnung in ein bestimmtes Feld des Mietspiegels zu klären. Schwierigkeiten haben sich bei der Anwendung von Mietspiegeln ergeben, die Preisspannen enthalten. Hier fordert die Rechtsprechung, daß eine Überschreitung des Mittelwertes der Spanne besonders begründet werden muß. Der Vermieter haben jedoch in etwa einem Drittel ihrer auf entsprechende Mietspiegel gestützten Erhöhungsverlangen eine über den Mittelwert hinausgehende Forderung nicht besonders erläutert. Soweit die Erhöhungsverlangen dagegen auf Mietspiegel mit Festbeträgen Bezug nahmen, waren die dort vorgesehenen und in 40% der Fälle geforderten Zuschläge durchweg besonders begründet. Bei der Aufstellung von Mietspiegeln, zu der die Bundesregierung in ihrem Bericht vom 6. Mai 1976 (BT-Drucksache 7/5160) Hinweise gegeben hat, haben sich in der Praxis weitere dort noch nicht angesprochene Fragen ergeben. Insbesondere ist zweifelhaft, ob und in welchem Umfang die sehr häufigen länger bestehenden Mietverhältnisse in die Mietspiegel eingehen sollen; nach den Ergebnissen der Wohnungsstichprobe 1972 liegen die Mieten für Wohnungen, die bereits länger als siebeneinhalb Jahre an denselben Mieter vermietet sind, um durchschnittlich 14% niedriger als die Mieten, die für vergleichbare Wohnungen in kürzeren Mietverhältnissen erzielt werden. Schwierigkeiten bereiten auch die Einordnung von Ein- und Zwei-Familienhäusern, für die häufig keine Informationen über vergleichbare Objekte zur Verfügung stehen, sowie die Einbeziehung von Wohnungen in an sich schlechterer Wohnlage, für die jedoch von bestimmten Bevölkerungsgruppen, z. B. Ausländern, höhere als sonst übliche Entgelte gezahlt werden. 3.2.5.2 Sachverständigengutachten Sachverständigengutachten sind während der Geltung des 1. WKSchG von der Rechtsprechung zunächst überwiegend nicht als geeignete Mittel zur Begründung von Mieterhöhungen angesehen worden. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch in seiner Entscheidung vom 23. April 1974 (BVerfGE 37, 132) ihre Eignung bejaht. Sie sind in § 2 Abs. 2 Satz 2 MHG nunmehr ausdrücklich zugelassen und haben inzwischen für die gerichtliche Praxis erhebliche Bedeutung erlangt. Nach den Ergebnissen der Gerichtsaktenauswertung waren in Gemeinden, für die kein Mietspiegel bestand, die vorprozessualen Erhöhungsverlangen für dort gelegene Wohnungen etwa zur Hälfte mit einem Sachverständigengutachten begründet. In Gemeinden, für die ein Mietspiegel herausgegeben war, spielten Sachverständigengutachten dagegen eine untergeordnete Rolle. Ein erheblicher Teil der für Mieterhöhungsbegehren verwendeten Sachverständigengutachten hatte Mängel. Die Gerichte haben etwa ein Viertel der durch streitiges Urteil entschiedenen Klagen, denen ein auf Sachverständigengutachten gestütztes Erhöhungsverlangen vorausgegangen war, wegen fehlerhafter Gutachten abgewiesen. Die Mängel beruhten überwiegend darauf, daß Sachverständige mit dem System der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht genügend vertraut waren. Zum Teil haben sie die für richtig erkannten Mietpreise nicht auf der Grundlage der üblichen Entgelte für vergleichbare Wohnungen festgestellt, sondern die Wirtschaftlichkeit im allgemeinen oder auch nur die Kosten oder Renditen berechnet. Schwierigkeiten sind auch aus der Rechtsunsicherheit entstanden, zu der eine unterschiedliche Rechtsprechung über den notwendigen Inhalt von Sachverständigengutachten geführt hat. Einige Gerichte lassen es genügen, wenn der Sachverständige feststellt, welche Eigenschaften die Wohnung hat und welche Miete für vergleichbare Wohnungen gezahlt wird. Für die Schlußfolgerung, daß ein bestimmter Preis ortsüblich ist, genügt nach dieser Rechtsprechung die Berufung des Gutachters auf seine Sachkenntnis. Andere Gerichte verlangen, daß der Sachverständige in seinem Gutachten die (863)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 69 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz einzelnen Mietobjekte, auf die er seine Sachkunde stützt, identifizierbar benennt. Sie sehen im Ergebnis in Sachverständigengutachten nur eine besondere Form der Benennung von Vergleichswohnungen. Aufschlüsse über die Kosten von Sachverständigengutachten, die dem Vermieter entstehen, wenn er zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens dieses Beweismittel heranzieht, ergeben die Entschädigungen, die von den Gerichten für die von ihnen angeforderten Gutachten über die ortsübliche Vergleichsmiete an Sachverständige gezahlt worden sind. Etwa drei Viertel dieser Gutachten haben weniger als DM 500 gekostet. In Einzelfällen haben nach Angaben der Mietrichter Gutachten Kosten von mehr als DM 1000 verursacht. 3.2.5.3 Vergleichswohnungen Während der Geltung des 1. WKSchG hat die Rechtsprechung ganz überwiegend nur solche Mieterhöhungsverlangen als wirksam angesehen, in denen die höhere Miete durch Hinweise auf die Mieten vergleichbarer, im einzelnen benannter Wohnungen begründet war. Seit der Zulassung von Sachverständigengutachten und der Aufstellung von Mietspiegeln hat dieser Weg an Bedeutung verloren. Die bei der Gerichtsaktenauswertung überprüften Erhöhungsverlangen waren nur noch zu 9,6% auf Vergleichswohnungen gestützt, wenn in der Wohngemeinde ein Mietspiegel aufgestellt war. Größere Bedeutung hatte die Benennung von Vergleichswohnungen in Gemeinden ohne Mietspiegel. Hier waren die Mieterhöhungsbegehren zur Hälfte mit Hinweisen auf die Entgelte für Vergleichswohnungen begründet. Dabei haben die Vermieter überwiegend nur drei Wohnungen benannt, wie es § 2 Abs. 2 Satz 2 MHG für den Regelfall vorschreibt. Die Gerichte haben etwa ein Fünftel der mit Hinweisen auf die Entgelte für Vergleichswohnungen begründeten vorprozessualen Erhöhungsbegehren wegen formaler Mängel als unwirksam angesehen und deshalb die Klage als unzulässig abgewiesen. In der Mehrheit dieser Fälle waren die Vergleichswohnungen in dem Erhöhungsverlangen nicht hinreichend genau bezeichnet. Die Rechtsprechung verlangt hierzu überwiegend, daß mindestens der Name des Mieters, die Anschrift der Wohnung und ihr Quadratmeter-Mietzins oder die zu seiner Berechnung notwendigen Daten angegeben werden. Ein Teil der Klagen hatte deshalb keinen Erfolg, weil einzelne Gerichte zusätzlich zu den genannten Mindestangaben die Mitteilung weiterer Details der zum Vergleich herangezogenen Wohnungen verlangt haben, z. B. eine nähere Beschreibung der Ausstattung oder die Angabe des Baualters. Diese unterschiedliche Rechtsprechung hat in der Vergangenheit eine gewisse Unsicherheit hervorgerufen. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 1978 (BVerfGE 49, 244) ist nunmehr klargestellt, daß es genügt, wenn der Vermieter in seiner Erhöhungsforderung Adresse, Geschoß, Quadratmeter-Preis und die Namen der Wohnungsinhaber der Vergleichswohnungen angibt. Schwierigkeiten bereitet in der Praxis die Suche nach geeigneten Vergleichswohnungen. In größeren Städten, in denen kein Mietspiegel gilt, werden aus diesem Grund zunehmend von interessierten Organisationen Listen über Vergleichswohnungen geführt, die - teilweise gegen Entgelt - eingesehen werden können. 3.3 Auswirkungen auf das Investitionsverhalten 3.3.1 Investitionen im Wohnungsbestand Während des Berichtszeitraums haben Investitionen in den Wohnungsbestand erheblich zugenommen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat auf der Grundlage der revidierten Ergebnisse der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt, daß sich die Modernisierungs- und Instandsetzungsleistungen von 26,6 Mrd. DM im Jahre 1974 um 38% auf 36,8 Mrd. DM im Jahre 1977 erhöht haben, während das Gesamtvolumen der Neubauinvestitionen im gleichen Zeitraum nur um 2% von 52,9 auf 54 Mrd. DM gestiegen ist. Diese Leistungen entfallen z. T. auf Eigenheime und Sozialwohnungen. Auch im freifinanzierten Wohnungsbau ist jedoch in erheblichem Umfang modernisiert worden. Nach den Ergebnissen der Infratest-Umfrage haben 31% der befragten Vermieter seit 1972 Modernisierungen durchgeführt. Diese auch im öffentlichen Interesse liegenden und daher teilweise staatlich geförderten Investitionen werden durch das Mieterhöhungsrecht des § 3 MHG wesentlich begünstigt. Die Begrenzung auf den pauschalen Erhöhungsbetrag von 14% der jährlichen Miete hat dabei zumindest nicht hinderlich gewirkt. Vielmehr konnte der rechtliche Rahmen nicht immer ausgenutzt werden, weil der Wohnungsmarkt entsprechende Mieten nicht zugelassen hätte. Daher wird sich aus der Herabsetzung der Erhöhungspauschale auf 11%, die das Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes vom 27. Juni 1978 (BGBl I S. 878)
Volker Emmerich
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Art 3 WKSchG, Vorbera zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 69 zugleich mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs auf heizenergiesparende Maßnahmen auch im Hinblick auf das gesunkene Zinsniveau getroffen hat, voraussichtlich kein Rückgang der Investitionen ergeben. Bei der Durchführung von Mieterhöhungen nach § 3 MHG haben sich in der Praxis kaum Schwierigkeiten ergeben. Die betroffenen Mieter haben - wie die Infratest-Umfrage ergibt - zu 82% die Forderung nach einer höheren Miete ohne weiteres hingenommen. 3% der befragten Mieter sind aus Anlaß der Modernisierung ausgezogen. Einzelne Gerichte haben dem Vermieter das Mieterhöhungsrecht des § 3 MHG nur dann gewährt, wenn der Mieter der baulichen Maßnahme zugestimmt hatte. Diese Einschränkung findet im Wortlaut des Gesetzes keine Grundlage und widerspricht den Absichten des Gesetzgebers (Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 7/2638 Abschnitt III, Nr. 8). 3.3.2 Neubau von Mietwohnungen Der freifinanzierte Wohnungsbau hat während der Geltung der Wohnraumkündigungsschutzgesetze zunächst mit etwa 322 000 fertiggestellten Wohnungen in Zweifamilienhäusern im Jahre 1973 seinen höchsten Stand seit 1948 erreicht. Danach ist die Zahl der jährlich neu erbauten Wohnungen auf nur noch etwa 100 000 Wohnungen im Geschoßbau und etwa 72 000 Wohnungen in Zweifamilienhäusern abgesunken. Der amtlichen Statistik über die Bautätigkeit läßt sich nicht entnehmen, wie sich die fertiggestellten Wohnungen auf Mietwohnungen und eigengenutzte Eigentumswohnungen aufteilen. Exakte Aussagen hierüber sind auch nicht auf Grund anderer Erkenntnisse möglich. Die vorliegenden Erfahrungen deuten darauf hin, daß nicht nur der Bau von freifinanzierten Eigentumswohnungen, sondern auch der Mietwohnungsbau starken Schwankungen unterworfen war. Bei dieser Entwicklung sind eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, die in keinem Zusammenhang mit dem Mietrecht stehen. Der starke Zuwachs an neuen Wohnungen seit Ende der 60er Jahre war zunächst die Folge erheblicher Steigerungen der Realeinkommen, die es erlaubten, den noch vorhandenen Wohnungsbedarf zu decken, und zu entsprechender Nachfrage führten. Die anfänglich der verstärkten Nachfrage entsprechende Produktion ging jedoch ab 1973 darüber hinaus. Ein starker Anstieg der Lebenshaltungskosten, der auch für die Zukunft erwartet wurde, hatte das Sachwertstreben intensiviert und Hoffnungen auf rasch steigende Anfangsrenditen begründet. Sogenannte Bauherren-Modelle versprachen den Investoren überdies hohe Steuervergünstigungen. Tatsächlich verringerten sich jedoch seit 1973 die realen Einkommensverbesserungen und seit 1975 auch der Anstieg der Lebenshaltungskosten. Auch der Zuwachs an Privathaushalten nahm ab. Die Wohnbevölkerung ging insgesamt zurück. Diese Fehleinschätzung führte zu einer bis dahin nie erlebten Überproduktion, die wegen der langen Planungs- und Herstellungsdauer noch nach dem Abklingen der Nachfrage bis 1975 anhielt. Zahlreiche Bauträger, aber auch Kreditinstitute mußten erhebliche Einbußen beim Absatz der Wohnungen hinnehmen. Die Erwartung hoher Anfangsmieten wurde durch den hohen Bestand an neuen Wohnungen deutlich gedämpft. Für mehrere Baujahrgänge lagen die Anfangsverluste bei der Vermietung sehr viel höher als in der Vergangenheit. Erst im Jahre 1978 hat der freifinanzierte Mietwohnungsbau, teilweise begünstigt durch gesunkene Darlehenszinsen und die Wiedereinführung der degressiven Gebäudeabschreibungen nach § 7 Abs. 5 EStG, wieder zugenommen. Die aufgezeigten extremen Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt haben sich genau zu derselben Zeit zugetragen, die für die Beobachtung der Auswirkungen der Wohnraumkündigungsschutzgesetze zur Verfügung stand. Ob daneben auch praktische Schwierigkeiten in der Anlaufphase der gesetzlichen Neuregelung hemmend auf einzelne Investoren gewirkt haben, kann daher nicht festgestellt werden. Sicher haben aber die für jedermann sichtbar gewordenen Überangebote an teilweise jahrelang unvermieteten Neubauwohnungen und die Konkurse von Bauträgern den Rückgang der Investitionsneigung stark beeinflußt. Von den Verbänden der Wohnungswirtschaft wird das MHG auch nicht in erster Linie für den seit 1974 eingetretenen raschen Rückgang der Bautätigkeit im Bereich der freifinanzierten Geschoßwohnungen verantwortlich gemacht. Es soll vor allem für eine derzeitige Zurückhaltung von Investoren ursächlich sein. Es sei nicht zu erwarten, daß die geltende gesetzliche Regelung künftig eine langsame Anhebung der Mieten und damit auf Zeit die Erreichung einer jetzt für Neubauten noch nicht gegebenen Rendite ermögliche. Dies läßt sich aufgrund der bisher vorliegenden Erfahrungen mit dem 2. WKSchG in dieser Form nicht bestätigen. Richtig ist, daß auch in Zukunft Investitionen im freifinanzierten Mietwohnungsbau (865)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 69 2. Wohnraumkiindlgungsschutzgesetz vorwiegend von solchen Investoren erwartet werden können, die Verluste für eine Anfangsphase in Kauf nehmen, aber mit künftigen Mietanpassungen rechnen. Bisher gibt es jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß die gesetzliche Regelung der Vergleichsmiete in solchen Fällen ein allmähliches Hineinwachsen der Wohnungen in eine Renditezone durch gelegentliche Mieterhöhungen nicht erlaube. Insbesondere in städtischen Regionen, die für Investitionen im freifinanzierten Mietwohnungsbau bevorzugt in Frage kommen, sind in der letzten Zeit sowohl die ortsüblichen Entgelte, auf die es bei der Anhebung der Mieten in bestehenden Verträgen ankommt, als auch die Neuvertragsmieten zum Teil deutlich gestiegen. Dies bestätigen Auswertungen aus fortgeschriebenen Mietspiegeln, Angaben von Maklern sowie auch Übersichten des Rings Deutscher Makler über Neuvertragsmieten. Interessanterweise sind die Mieten für Altbauten seit 1975 und im Jahre 1978 auch die Mieten für Neubauten stärker oder zumindest ebenso stark gestiegen wie die Lebenshaltungskosten. Andererseits deuten die Befragungen der Vermieter darauf hin, daß ein Teil von ihnen sich subjektiv durch die geltenden Regelungen des Kündigungsschutzes und des Vergleichsmietenprinzips beeinträchtigt fühlt und weitere Investitionen von Verbesserungen der mietrechtlichen Rahmenbedingungen abhängig macht. Deshalb müssen über die Auswirkungen des geltenden Mietrechts auf die Investitionsbereitschaft weitere Erfahrungen gesammelt werden. 3.3.3 Wirtschaftlichkeit des Mietwohnungsbestandes Die durchgeführten Untersuchungen über Miethäuser verschiedener Eigentümergruppen machen deutlich, daß beim überwiegenden Teil der Miethäuser mindestens die laufenden Ausgaben durch entsprechende Einnahmen gedeckt werden. Eine Deckung der Ausgaben aus laufender Rechnung durch entsprechende Einnahmen erfolgt in der Regel nur dann nicht, wenn - das Miethaus durch hohe fixe Ausgaben vor allem aus dem Fremdkapitaleinsatz bei gleichzeitig überdurchschnittlich hohen Gesamtherstellungskosten wirtschaftlich „vorbelastet" ist, - Mieterhöhungsspielräume nicht stetig ausgeschöpft werden, - die Eigentümer keine ausreichenden Informationen über die tatsächliche wirtschaftliche Situation ihres Miethauses und des örtlichen Wohnungsmarktes haben. Die durchschnittlich höchsten Renditen werden - nach diesen Untersuchungen - bei Häusern mit niedrigen Herstellungskosten erzielt. Dies sind in erster Linie vor 1961 fertiggestellte Häuser. Neuere Miethäuser mit hohen Herstellungskosten und gleichzeitig niedrigem Eigenkapitalanteil sind nur dann rentabel, wenn hohe Fremdkapitalausgaben durch überdurchschnittlich hohe Einnahmen abgedeckt werden können. Nur bei einem relativ kleinen Anteil der analysierten Miethäuser gewährleisteten die seit 1975 durchgesetzten Einnahmeverbesserungen nach den Ergebnissen der empirischen Erhebungen nicht den Ausgleich der tatsächlichen Kostenentwicklung. 3.4 Wohnheime Die Auswirkungen des 2. WKSchG auf Wohnheime sind nach den gewonnenen Erfahrungen unterschiedlich je nach der Art der Wohnheime. Für Studenten- und Jugendwohnheime sind sie anders zu beurteilen als für Altenheime und Altenpflegeheime. 3.4.1 Studenten- und Jugendwohnheime 3.4.1.1 Kündigungsschutz Die Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen hat in der außergerichtlichen und gerichtlichen Praxis nur vereinzelt zu Schwierigkeiten geführt. Nach dem Erfahrungsbericht des Deutschen Studentenwerks wurde dessen Auftrag, kostengünstigen Wohnraum einer möglichst großen Zahl von Studenten zugänglich zu machen, durch die Kündigungsschutzvorschriften regelmäßig nicht beeinträchtigt. Die zeitliche Begrenzung des einzelnen Mietvertrages, die erforderlich ist, um eine große Anzahl von Bewerbern im Wege eines Rotationssystems zu berücksichtigen, ließ sich in der Gerichtspraxis ganz überwiegend durchsetzen. Teilweise haben die Gerichte die befristete Überlassung eines Studentenwohnplatzes - selbst wenn sie für mehrere Jahre erfolgte - als Vermietung nur zu vorübergehendem Gebrauch angesehen; damit unterlag dieser Wohnraum nicht dem Kündigungsschutz (§ 564 b Abs. 7 BGB). Andere Gerichte haben das Interesse der Träger von Studentenwohnheimen an einem regelmäßigen Wechsel als berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne des § 564 b Abs. 1 BGB anerkannt. Die Ständige Konferenz der
Volker Emmerich
(866)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 69 Kultusminister der Länder hat auf einzelne unveröffentlichte Urteile hingewiesen, in denen das berechtigte Interesse der Studentenwerke an einer Begrenzung der Mietzeit verneint worden ist. Diese Rechtsprechung hat sich bisher nicht durchgesetzt. 3.4.1.2 Miethöhe Auch die Anwendung der Vorschriften des Miethöhegesetzes auf Studentenwohnheime wird teilweise von der Rechtsprechung abgelehnt, da es sich um eine Vermietung zu vorübergehendem Gebrauch handele (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 MHG). Nach den Erfahrungen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder und des Deutschen Studentenwerks stellen sich die örtlichen Studentenwerke ebenfalls auf diesen Standpunkt und versuchen, Mieterhöhungen, die sie für aus öffentlichen Mitteln geförderte Wohnheime zur Kostendeckung für notwendig halten, im Wege der Änderungskündigung durchzusetzen. Dabei ist es in mehreren Hochschulorten zu erheblichen Schwierigkeiten gekommen. Zur Zeit sind dem Deutschen Studentenwerk etwa 5300 Fälle bekannt, in denen Studenten die Zahlung der erhöhten Miete verweigert haben; in etwa 800 Fällen ist bereits Klage erhoben worden. Der Ausgang dieser Verfahren bleibt abzuwarten. 3.4.2 Altenheime und Altenpflegeheime 3.4.2.1 Kündigungsschutz Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages hat im Gesetzgebungsverfahren zum 2. WKSchG die Auffassung vertreten, daß die Heime, bei denen Fürsorge oder Betreuung der Heiminsassen überwiegen - insbesondere Altenpflegeheime - , nicht unter die Regelung des Gesetzes fielen (BT-Drucksache 7/2638, S. 3). Wie die Anhörung der Verbände ergab, wird diese Ansicht in der Praxis weitgehend geteilt; die Abgrenzung im Einzelfall ist allerdings nicht immer einfach. Altenheimverträge, bei denen das mietvertragliche Element entscheidend ist, weil der Heimbewohner nicht pflegebedürftig ist und sich selbst versorgt, genießen nach allgemeiner Auffassung denselben Bestandsschutz wie ein reiner Mietvertrag. Schwierigkeiten in diesem Bereich sind nach Mitteilung der Verbände kaum aufgetreten. 3.4.2.2 Miethöhe Bei Heimverträgen, in denen das mietvertragliche Element dominiert, daneben aber auch Dienstleistungen vereinbart sind, setzt eine Mieterhöhung nach Auffassung einiger Gerichte voraus, daß der Mietanteil des Entgelts errechnet und anschließend nach den Vorschriften des MHRG erhöht wird. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege vertritt dazu die Auffassung, daß die Berechnung des Mietanteils eines Pauschalentgelts kaum in überzeugender Weise möglich sei und daß die Ermittlung von Vergleichsmieten für Heimplätze wegen der unterschiedlichen Ausstattung der Gemeinschaftseinrichtungen auf erhebliche Schwierigkeiten stoße. Andere Gerichte wenden das MHRG auf Altenheimverträge generell nicht an, da es den Eigenarten dieses Vertragstyps nicht gerecht werde; ein vereinbartes Pauschalentgelt könne nicht als Mietzins im Sinne dieses Gesetzes angesehen werden. Diese Auffassung hatte auch der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages vertreten (BT-Drucksache 7/2638, S. 5, bei Nr. 14). D. Vorschläge der Verbände und sonstiger Stellen Von den angehörten Verbänden und von sonstigen Stellen sind insbesondere in folgenden Punkten gesetzliche Änderungen im Zusammenhang mit dem 2. WKSchG für erforderlich gehalten worden: 1. Kündigungsschutz 2 Regelung der Miethöhe 2.1 System der ortsüblichen Vergleichsmiete, Anwendungsbereich Mehrere der Vennieterseite zuzurechnende Verbände fordern grundlegende Änderungen des Systems der ortsüblichen Vergleichsmiete. Empfohlen wird z. B. eine Miete, deren Höhe sich nach der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und den Erfordernissen des Objekts richten soll (867)
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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 69 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz (Zentralverband der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer). Andere wollen eine Kostenvergleichsmiete zulassen, die Erhöhungen auf der Grundlage des für Sozialwohnungen geltenden Systems der Kostenmiete ermöglichen soll, wenn diese zu höheren Mieten führen als ein Vergleich mit den ortsüblichen Entgelten (Verband der Lebensversicherungsunternehmen). Gefordert wird auch, den Anwendungsbereich des Gesetzes auf einkommensschwache Bevölkerungsschichten zu beschränken und besonders aufwendige Einzelobjekte von einer bestimmten Größe oder Miete an auszunehmen. Diesen Vorschlägen sollte nicht gefolgt werden. Sie sind durchweg in gleicher oder ähnlicher Form bereits bei den parlamentarischen Beratungen des 2. WKSchG erörtert worden. Der Gesetzgeber hat nach eingehender Information über andere mögliche Systeme die ortsübliche Vergleichsmiete erneut als den nach den gegebenen Verhältnissen geeignetsten Maßstab zur Mietermittlung bestätigt (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 7/2638). Die bisherigen Erfahrungen lassen zwar wegen der ungewöhnlichen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt während des zu kurzen Beobachtungszeitraums keine sicheren Angaben über die Wirkungen im einzelnen zu. Sie haben aber auch keine grundsätzlichen Mängel des Systems der Vergleichsmiete ergeben. Auch die veränderten Verhältnisse des Wohnungsmarkts gestatten nicht die Zulassung von Mieterhöhungen ohne ausreichende Orientierung an den jeweiligen örtlichen Marktbedingungen, denen sich der Mieter praktisch nur durch eine Kündigung entziehen könnte. Der Wohnungsmarkt ist trotz des 1976 eingetretenen statistischen Gleichstandes der Zahl der Wohnungen und der Zahl der Privathaushalte in weiten Bereichen - außer im Sektor der Neubauwohnungen aus den letzten Jahren - nicht ausgeglichen. Auch wegen der bereits dargestellten erheblichen Nachteile eines Wohnungswechsels für den Mieter wären uneingeschränkte Mieterhöhungsmöglichkeiten sachlich kaum vertretbar.
2.2 Formale Anforderungen an das Erhöhungsverlangen Zur Erleichterung der Verpflichtung, schriftliche Erhöhungsverlangen nach § 2 Abs. 2 MHG zu begründen, wird angeregt, die Benennung von Vergleichswohnungen aus dem eigenen Wohnungsbestand zu ermöglichen (Verband der Lebensversicherungsunternehmen) und zuzulassen, daß Sachverständigengutachten auf andere Weise als durch Feststellungen über die ortsübliche Vergleichsmiete begründet werden können (Kölner Haus- und Grundbesitzerverein). Solche Regelungen würden die Informationsmöglichkeiten des Mieters erheblich mindern. Sie würden nicht der Zielsetzung der geltenden Regelung entsprechen, nach der die Begründung des Erhöhungsverlangens den Mieter in die Lage versetzen soll, wenigstens im Ansatz selbst zu beurteilen, ob die erhöhte Miete in der Gemeinde für vergleichbare Wohnungen üblich ist. Unabhängig davon erscheint es jedoch erforderlich, die beteiligten Personenkreise durch Muster oder auch durch Richtlinien noch besser über den notwendigen Inhalt von Mieterhöhungsschreiben und Sachverständigengutachten zu unterrichten. Darüber hinaus sollte die Rechtsprechung auf dem Wege fortschreiten, die formalen Anforderungen in einer Weise auszulegen, die einerseits weiterhin dem Interesse des Mieters an ausreichender Nachprüfbarkeit der Mieterhöhungserklärung Rechnung trägt, andererseits aber auch das Interesse des - manchmal wenig rechtskundigen - Vermieters an einer materiellen Entscheidung über den Mieterhöhungsanspruch auch in den Fällen, in denen Formvorschriften berührt erscheinen, im Ergebnis besser als bisher berücksichtigt.
2.3 Mietspiegel Der Verband der Lebensversicherungs-Unternehmen hat den während der parlamentarischen Beratungen des 2. WKSchG von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Antrag aufgegriffen, die Gemeinden zur Aufstellung, Fortschreibung und Bekanntmachung von Mietspiegeln gesetzlich zu verpflichten. Eine solche Regelung, die nur durchführbar wäre, wenn auch der notwendige Inhalt der Mietspiegel und das Aufstellungs- und Fortschreibungsverfahren verbindlich festgelegt würden, erscheint verfrüht. Die Bundesregierung beabsichtigt jedoch, auf die vermehrte Aufstellung von Mietspiegeln hinzuwirken und die in ihrem Bericht vom 6. Mai 1976 (BT-Drucksache 7/5160) gegebenen Hinweise in Zusammenarbeit mit dem von ihr eingerichteten „Arbeitskreis Mietspiegel" zu vervollständigen. Dabei sollen auch die zahlreichen Vorschläge der Verbände zu den Grundlagen und zum Inhalt der Mietspiegel (so etwa zum Problem der Altverträge [oben C 3.2.5.1] und der Verträge mit ausländischen Mietern) sowie zum Aufstellungsverfahren überprüft werden.
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(868)
Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG, Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 2.4 Fristen In den Fristen, die § 2 Abs. 3 MHG dem Mieter zur Nachprüfung eines Erhöhungsverlangens und dem Vermieter für eine etwaige Klageerhebung einräumt, sowie in der weiteren Frist, die zwischen dem Zugang eines Erhöhungsverlangens und dem Wirksamwerden der Mieterhöhung hegt, sehen die Organisationen der Vermieter übertriebene formale Hindernisse. Sie fordern eine Aufhebung, mindestens aber eine erhebliche Verkürzung, da nach der geltenden Regelung eine marktorientierte Anpassung der Mieten unnötig verzögert werde. Eine Aufhebung oder Änderung der Erklärungsfrist für den Mieter und der Klagefrist für den Vermieter kann nicht empfohlen werden. Eine völlige Aufhebung würde die dem schriftlichen Erhöhungsverlangen und den anschließenden Fristen zugedachte streitschlichtende Wirkung weitgehend mindern. Eine erneute Änderung der bereits durch das 2. WKSchG im Vergleich zum 1. WKSchG abgeänderten Fristen nach kurzer Zeit könnte zu Rechtsunsicherheit führen. Durch eine Verkürzung oder Beseitigung der Frist, die nach § 2 Abs. 4 MHG seit dem Zugang des Erhöhungsverlangens bis zum Wirksamwerden der Mieterhöhung vergeht, könnte eine Beschleunigung von Mietanpassungen erreicht werden. Die bisherigen Erfahrungen mit dem MHG lassen jedoch noch keine Aussage darüber zu, ob zeitliche Verzögerungen bei der Ermittlung von Vergleichsmieten und der Durchführung von Mietanpassungen überhaupt eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Hauseigentums beeinträchtigen und welche Bedeutung dabei der Frist des § 2 Abs. 4 MHG zukommt. Die weitere Entwicklung wird jedoch sorgfältig zu beobachten sein, auch im Hinblick auf die Frage, ob das MHG eine ausreichend rasche Anpassung der Mieten an die Marktentwicklung zuläßt. 2.5 Gleitklauseln, Staffelmieten Um schnellere Anpassungen der Mieten zu ermöglichen, fordern die Organisationen der Vermieter, durch eine Änderung von § 10 Abs. 1 MHG Staffelmieten und Gleitklauseln zuzulassen. Sie führen an, derartige Klauseln böten eine sichere Berechnungsgrundlage für Mieterhöhungen und trügen damit auch zur Wahrung des Rechtsfriedens zwischen Mietern und Vermietern bei. Ihre inhaltliche Angemessenheit könne durch gesetzliche Einschränkungen gewährleistet werden, wie sie in § 9 a Abs. 1 der Verordnung über das Erbbaurecht für Gleitklauseln in Erbbaurechtsverträgen vorgesehen sind. Bei der Beratung des 2. WKSchG in den gesetzgebenden Körperschaften ist ein Antrag des Bundesrates, derartige Gleitklauseln und Staffelmieten für zulässig zu erklären, vom Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages abgelehnt worden (BT-Drucksache 7/2638, S. 5, Nr. 14). Die hierfür maßgebenden Gründe haben weiterhin Gewicht. Durch die in § 2 MHG vorgesehene Möglichkeit, den Mietzins an die ortsüblichen Vergleichsmieten anzupassen, hat sich das Bedürfnis für Gleitklauseln auch stark verringert. . . .
§ 1 MHRG Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen. Der Vermieter kann eine Erhöhung des Mietzinses nach Maßgabe der §§ 2 bis 7 verlangen. Das Recht steht dem Vermieter nicht zu, soweit und solange eine Erhöhung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist oder der Ausschluß sich aus den Umständen, insbesondere der Vereinbarung eines Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit mit festem Mietzins ergibt. Art 1 §§ 1 Abs 4, 3 Abs 1 S 2 WKSchG I; Begr z RegE BT-Dr 7/2011, 9 f; Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr VI/2421, 3.
Schrifttum S vor § 1, sowie FREUND-BARTHELMESS, Das Wohnungsmodernisierungsgesetz, NJW 1976, 2191; dies, Die mietrechtlichen Regelungen des Wohnungsmodernisierungsgesetzes, ZMR 1977, 1, 33; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK, Wohnraumschutzgesetze (4. A u f l 1981) C 12 ff (S 3 4 9 ff); STERNEL,
Zulässigkeit und Grenzen von Mieterhöhungsvereinbarungen nach dem 2. WKSchG, ZMR 1975, 321; ders, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz II 81 ff, 91 ff (S 288 ff); W WEIMAR, Mieterhöhungsvereinbarung bei frei finanzierten Wohnungen, Betrieb 1979, 879; ders, Die Unzulässigkeit von Mietpreisgleitklauseln und Staffelmieten bei nicht preisgebundenem Wohnraum, WuM 1975, 261. (869)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 1,2 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Systematische Übersicht I. Uberblick 1 II. Einverständliche Vertragsänderungen 2 i n . Anwendungsbereich 5
2. 3. 4. 5. 6.
Umfang 13 Aufhebung 15 Einzelfälle 16 Insbes Baukostenzuschüsse 20 Beweislast 23
IV. Verbot der Änderungskündigung 6 VI. Mietzinsennäßigungen 24 V. Vertraglicher Ausschluß der Mietzinserhöhung 10 1. Allgerneines 12
VII. Wegfall der Geschäftsgrundlage 25
e Übersicht Festmiete 16 Form 12a
Anwendungsbereich 5 Änderungskündigung 1, 6 f Aufhebung des Ausschlusses 15 Ausschlußvereinbarung 10 ff - Aufhebung 15 - Baukostenzuschüsse 20 ff - Beweislast 23 - Fälle 16 ff - Form 12a - Umfang 13 ff - Wirkung 10 ff
Kündigung 6 f Mietverhältnis auf Lebenszeit 16 Mietzinsermäßigung 24 Mischmietverhältnisse 5 Ordentliche Kündigung 6 f, 9, 16 Verträge mit Dritten 18
Baukostenzuschuß 20 f Beweislast 8, 23
Werkförderungsverträge 18 Wegfall der Geschäftsgrundlage 25 Wertsicherungsklauseln 3b, 17 Wucherverbot 3a
Einverständliche Mietzinserhöhung 2 ff
1 I.Überblick Kern des MHRG ist die Ersetzung der Änderungskündigung mit dem Zweck der Mietzinserhöhung bei sämtlichen Wohnraummietverhältnissen durch die besonderen Erhöhungsverfahren nach den §§ 2-7 des Gesetzes. Das kommt auch sehr deutlich in den Sätzen 1 und 2 des § 1 MHRG zum Ausdruck: Nach S 1 ist jede Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung bei Mietverhältnissen über Wohnraum ausgeschlossen; an die Stelle der nicht mehr möglichen Änderungskündigung treten nach S 2 die Erhöhungsverfahren nach den §§2-7 des Gesetzes. Ergänzend bestimmt § 10 Abs 1 des Gesetzes, daß Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters vom MHRG abweichen, unwirksam sind. Zu Gunsten des Mieters ist die im MHRG getroffene Regelung mithin zwingend (unabdingbar, s unten § 10 Rz 7 ff). 2 II. Einverständliche Vertragsänderungen Das MHRG wendet sich seiner ganzen Konzeption nach nur gegen einseitige Versuche des Vermieters zur Mietzinserhöhung, namentlich im Wege der sog Änderungskündigung. Einverständliche Vertragsänderungen bleiben hingegen stets möglich (vgl zB LG Hannover WuM 1979, 262). Volker Emmerich
(870)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 3-7
Die Parteien können daher sowohl vertraglich den Mietzins unabhängig vom MHRG 3 erhöhen (§10 Abs 1 MHRG) als auch jede Mietzinserhöhung auf Grund des MHRG von vornherein ausschließen (§ 1 S 3 MHRG im Anschluß an Art 1 § 3 Abs 2 WKSchG I). Für solche vertraglichen Mietzinsänderungen gelten nur die Schranken des § 5 WiStG 3a und des § 302 a StGB (s oben Vorbem 64 zu § 1 und unten § 10 Rz 28). § 2 MHRG ist hingegen auf solche Vereinbarungen nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar (aM STERNEL RZ III 8 4 ) . Das folgt nicht nur aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der § § 1 , 2 und 10 Abs 1 MHRG, sondern vor allem auch aus der uneingeschränkten Geltung des § 305 für sämtliche Mietverhältnisse (s unten 10 Rz 24 ff; ebenso zB PALANDT-PUTZO § 10 MHRG Anm 1 b; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 2 3 , 3 2 4 ) . Aus § 10 MHRG folgt jedoch, daß immer nur im Einzelfall eine Abrede über die 3b Erhöhung des Mietzinses um einen genau bestimmten Betrag zulässig ist. Alle weitergehenden Abreden sind unwirksam; das gilt namentlich für Wertsicherungsklauseln, Leistungsvorbehalte, Gleitklauseln, Staffelmieten und ähnliche zur Umgehung des MHRG bestimmte Vereinbarungen (s oben Vorbem 15 7 ff vor §§ 5 3 5 , 5 3 6 , unten § 10 Rz 10 ff, 23 ff). Auch eine hiernach an sich zulässige Vertragsänderung kann doch im Einzelfall 4 nichtig sein. Namentlich kann der Mieter uU bei einem Irrtum über seine Rechte aus dem MHRG, oder wenn er vom Vermieter darüber getäuscht worden ist, den Änderungsvertrag anfechten ( § § 1 1 9 , 1 2 3 ; s unten § 10 Rz 2 8 ; STERNEL Rz I I I 5 , 9 0 ) . Auch kann der Vermieter ggf aus cic zur Rückgängigmachung der Änderungsvereinbarung verpflichtet sein (§§ 2 4 9 S 1 , 2 7 6 ) , wenn er, und sei es auch nur fahrlässig, den Mieter nicht genügend über seine Rechte aus dem MHRG aufgeklärt hat oder wenn er ihn sonst unter unangemessenen Druck gesetzt hat (LG Hannover WuM 1 9 7 9 , 2 6 2 , 263; STERNEL aaO m Nachw).
III. Anwendungsbereich
5
§ 1 MHRG gilt wie das gesamte Gesetz nur für Mißverhältnisse über Wohnraum. Den Gegensatz bilden namentlich die bloße Grundstücksmiete und die gewerbliche Raummiete. Bei den häufigen Mischmietverhältnissen hängt die Anwendbarkeit des Gesetzes in erster Linie davon ab, wo der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses liegt (s im einzelnen Vorbem 39 ff zu § 1 MHRG). IV. Verbot der Änderungskiindigung 1. § 1 MHRG enthält in S 1 zunächst ein generelles, gesetzliches Verbot (§ 134) jeder 6 Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses zum Zwecke der Mietzinserhöhung. Dieses Verbot jeder Änderungskündigung bezieht sich jedoch nur auf die ordentliche Kündigung nach § 564 b sowie auf die gleichstehenden Fälle des § 565 a BGB (BARTHELMESS RZ 5; PALANDT-PUTZO § 565 a Anm 2 c). Eine außerordentliche Kündigung, namentlich nach den §§ 553, 554 und 554 a BGB, bleibt also jederzeit möglich. 2. a) Auch ordentliche Kündigungen (oben Rz 6) sind durch § 1 S 1 MHRG nur 7 verboten, wenn sie gerade zum Zwecke der Mietzinserhöhung erfolgen. Das Verbot des § 1 S 1 MHRG greift folglich nur ein, wenn das (überwiegende) Motiv der Vermieterkündigung gerade die Erhöhung der Miete ist. Jede ordentliche Kündigung mit einem anderen Zweck bleibt erlaubt (s zB PALANDT-PUTZO § 1 MHRG Anm 2). (871)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 8-12 a
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
8 b) Die Beweislast dafür, daß der Vermieter mit der Kündigung (in erster Linie) eine Mietzinserhöhung erreichen will, trägt der Mieter (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 27). Wenn der Vermieter jedoch zunächst vergeblich, möglicherweise sogar wiederholt, eine Mietzinserhöhung durchzusetzen versucht hatte und erst im Anschluß hieran nach § 564 b BGB kündigt, spricht die Vermutung dafür, daß er in Wirklichkeit eine Änderungskündigung mit dem Zwecke der Mietzinserhöhung aussprechen will; in diesem Fall greift das Verbot des § 1 S 1 MHRG ein. Ebenso steht es idR, wenn der Vermieter im unmittelbaren Anschluß an eine gegen § 1 S 1 MHRG verstoßende Änderungskündigung eine erneute Kündigung unter Berufung auf § 564 b BGB ausspricht.* 9 3. § 1 S 1 MHRG stellt ein gesetzliches Verbot iS des § 134 BGB dar, so daß eine gegen § 1 S 1 MHRG verstoßene, ordentliche Kündigung nichtig ist. Das gilt selbst dann, wenn der Vermieter an sich den Vertrag nach § 564 b BGB kündigen könnte, weil er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, sofern er nur in erster Linie eine Erhöhung des Mietzinses erreichen will (s oben Rz 7f).
10 V. Vertraglicher Ausschluß der Mietzinserhöhung Nach § 1 S 2 MHRG kann der Vermieter keine Erhöhung des Mietzinses nach den §§ 2 bis 7 des Gesetzes verlangen, wenn und solange eine Erhöhung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist oder der Ausschluß sich aus den Umständen, insbes der Vereinbarung eines Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit mit festem Mietzins ergibt. Dasselbe galt schon unter dem WKSchG I auf Grund des Art 1 § 3 Abs 2. Vorläufer dieser Bestimmungen war namentlich § 19 Abs 1 1. BMietG. 11 Das Gesetz will hierbei offenbar zwischen einem ausdrücklichen und einem konkludenten Ausschluß unterscheiden (vgl schon § 19 Abs 1 1. BMietG). Eine solche Unterscheidung ist jedoch ohne Sinn und zeigt nur, wie mangelhaft das MHRG auf das BGB abgestimmt worden ist. Auch im Folgenden soll daher zwischen diesen Fällen, die sich ohnehin nicht trennen lassen, nicht weiter unterschieden werden.
12 1. Allgemeines a) Die Ausschlußvereinbarung kann im Mietvertrag enthalten oder selbständig sein; in beiden Fällen kann sie sowohl bei Abschluß des Mietvertrages als auch noch nachträglich getroffen werden. Sie kann schließlich umfassend oder zeitlich oder sachlich beschränkt sein. Selbst in Verträgen mit Dritten ist sie als Vertrag zu Gunsten des Mieters ohne weiteres möglich (s unten Rz 18). All dies ist ausschließlich eine Frage der Auslegung, die sich nach den allgemeinen Regeln richtet (§§ 133,157,242; s z B SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 3 1 f f ; STERNEL RZ I I I 9 1 f f ) .
L2a b) Eine besondere Form gilt für die Ausschlußvereinbarung nur unter den Voraussetzungen des § 566. Bei lediglich vertraglich vereinbarter Schriftform wird eine zusätzliche, mündliche Ausschlußvereinbarung wohl stets wirksam sein (STERNEL Rz III 91). Für Formularverträge folgt das schon aus § 4 AGBG; für alle anderen Verträge folgt es daraus, daß die Parteien eine Schriftformklausel stets auch formlos ganz oder partiell wieder aufheben können (s oben § 5 6 6 Rz 6 5 ; DERLEDER, in: AK § 1 MHRG Rz 5). * Vgl LG Osnabrück WuM 1973, 63; LG Köln WuM 1974, 9; AG Köln WuM 1974, 126; AG Hamburg WuM 1973, 213, 214; BARTHELMESS § 1 Rz 7; DERLEDER, in: AK § 1 MHRG Rz 1.
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(872)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 W K S c h G , § 1 M H R G 13-16
2. Umfang
13
a) Wieweit das Recht des Vermieters zur einseitigen Mietzinserhöhung nach dem MHRG ausgeschlossen sein soll, richtet sich in jedem Einzelfall ganz nach den (ggf auch auslegungsbedürftigen) Abreden der Parteien. Der Ausschluß kann daher durchaus dem Umfang oder der Zeit nach beschränkt sein (LG Münster DWW 1977, 2 0 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 3 1 ; STERNEL R Z I I I 9 1 ff); namentlich ist es ohne weiteres möglich, daß sich der Ausschluß nur auf den Grundtatbestand des § 2 MHRG, nicht jedoch auf die Sondertatbestände der §§ 3-7 des Gesetzes beziehen soll; irgendeine Vermutung in dieser Richtung besteht j edoch nicht (vgl § 3 Rz 94; LG Hagen WuM 1 9 7 2 , 1 2 6 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 3 8 ; STERNEL Rz I I I 9 2 ) . b) Auch eine zeitliche Begrenzung des Ausschlusses ist möglich. Vor allem bei 14 befristeten oder auflösend bedingten Mietverhältnissen gilt der etwaige Ausschluß (s u Rz 17) nur für die ursprünglich vorgesehene Vertragsdauer, nicht jedoch für den sich anschließenden Verlängerungszeitraum auf Grund der §§ 556 b, 565 a Abs 2 oder des Art 2 WKSchG; anders freilich bei einer Verlängerung auf bestimmte Zeit nach den §§ 556 a und 565 a ( D E R L E D E R , in: AK § 1 MHRG Rz 3; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K C 31; STERNEL R Z III 94). Soweit hiernach § 2 MHRG überhaupt anwendbar ist, kann das Erhöhungsverlangen außerdem stets erst nach Ablauf der vertraglichen Ausschlußfrist, hingegen nicht schon vorher mit Wirkung für die Zeit nach Ablauf der Frist gestellt werden (AG Dortmund WuM 1973, 193; AG Darmstadt WuM 1974, 134). 3. Aufhebung
15
Den Parteien steht es (selbstverständlich) auch jederzeit frei, einen vertraglichen Ausschluß der Mietzinserhöhung nachträglich für die Zukunft wieder aufzuheben; eine solche Abrede kann jedoch nicht allein darin gesehen werden, daß der Mieter in der Vergangenheit, wenn auch wiederholt, einzelnen Mietzinserhöhungen zugestimmt hat (LG Lübeck WuM 1972, 58 = MDR 1972, 612; AG Bielefeld WuM 1 9 8 0 , 1 9 7 f ; BARTHELMESS § 1 R z 3 2 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 4 0 ; STERNEL R Z
III
9 1 ; DERLEDER,
in: AK §
1
MHRG Rz
3).
4. Einzelfälle
16
a) Je nach den Umständen des Einzelfalles kann sich hiernach zB ein vertraglicher Ausschluß des Rechts des Vermieters zur Mietzinserhöhung ergeben: aus der Vereinbarung eines Mietverhältnisses auf Lebenszeit des Mieters (§ 5 6 7 ) * , überhaupt aus dem Ausschluß des ordentlichen Kündigungsrechts des Vermieters, aus der ausdrücklichen Vereinbarung einer Festmiete (vgl aber BGH LM Nr 10 zu § 19 1. BMietG) oder einer Umsatzmiete in Verb mit einer Mindestmiete (BGH LM Nr 23 zu § 18 1. BMietG), aus der Vereinbarung andersartiger Gegenleistungen des Mieters, bei denen offenkundig eine Erhöhung aufgrund des MHRG ausscheidet, oder aus dem Abschluß des Mietvertrages für die Dauer eines Arbeitsverhältnisses (STERNEL R Z III 9 6 ) , aus der Vereinbarung einer besonders niedrigen Miete ( D E R L E D E R , in: AK § 1 MHRG Rz 7 ) , jedenfalls wenn der Grund hierfür in den persönlichen Beziehungen der Parteien liegt ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 3 9 ) , sowie schließlich aus dem Abschluß mit einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, weil diese Unternehmen idR nach dem WohnungsgemeinnützigkeitsG V 2 9 . 2 . 1 9 4 0 (RGBl I 4 3 7 ) nur eine kostendeckende Miete verlangen dürfen. * L G L ü b e c k W u M 1 9 7 2 , 5 8 = M D R 1 9 7 2 , 6 1 2 ; BARTHELMESS § 1 R z 3 0 ff; D E R L E D E R , in: A K § 1 M H R G R z 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 3 7 ; STERNEL R Z I I I 9 4 . (873)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 17-20 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 17 b) Auch bei Vereinbarung eines Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit zu einem festen Mietzins ist somit in aller Regel ein Ausschluß des Mietzinserhöhungsrechts des Vermieters anzunehmen; § 1 S 3 MHRG kann nichts anderes besagen (ebenso zB LG Hannover WuM 1980, 57; AG Hamburg WuM 1980, 64; AG Rastatt und AG Frankfurt WuM 1981,108). Dieser Schluß ist freilich nicht zwingend; namentlich bei Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel ist (trotz § 10 Abs 1 MHRG) davon auszugehen, daß nach dem Willen der Parteien nachträgliche Mietzinserhöhungen möglich bleiben sollen.* 18 c) Der Ausschluß des Vermieterrechts auf Mietzinserhöhung braucht nicht unbedingt in einem Vertrag mit dem Mieter, sondern kann auch in Verträgen mit Dritten (zu Gunsten des Mieters, § 328 Abs 1 BGB) enthalten sein. Besondere Bedeutung hat dies für Werkförderungsverträge mit dem Arbeitgeber des Mieters oder mit der öffentlichen Hand (Vorbem 67 ff zu §§ 535, 536 BGB) sowie für sonstige Darlehensverträge über öffentliche Mittel. Denn in solchen Verträgen werden sehr oft Mietzinserhöhungen zum Schutze der Mieter ganz ausgeschlossen oder doch von der Zustimmung des Darlehensgebers abhängig gemacht. Die Folge ist dann nach § 1 S 3 MHRG, daß der Vermieter, solange der Darlehensgeber nicht zugestimmt hat, nicht den Mietzins auf Grund der §§ 2 bis 7 MHRG gegenüber dem Mieter erhöhen kann. Dies gilt grundsätzlich für die gesamte Zeit, während derer dem Darlehensgeber ein sog Belegungs- oder Besetzungsrecht zusteht, und zwar selbst bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens. Solange hiernach eine Mietzinserhöhung ausgeschlossen ist, ist ein gleichwohl gestelltes Erhöhungsverlangen des Vermieters gegenüber dem Mieter unwirksam.** Wenn jedoch ohne die Mietzinserhöhung die Wirtschaftlichkeit des Wohnraums gefährdet ist, kann der Darlehensgeber uU nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet sein, der Mietzinserhöhung zuzustimmen (BGH LM Nr 9 zu § 19 BMietG I B1 2). 19 d) Hierher gehört außerdem heute auch der Fall des § 14 ModEnG v 23.8.1976 (BGBl 1,2429): Soweit sich der Vermieter nach dieser Vorschrift bei der Bewilligung von Förderungsmitteln verpflichten muß, bestimmte Obergrenzen bei Mietzinserhöhungen einzuhalten, liegt darin zugleich ein Ausschluß weitergehender Mietzinserhöhungen iS des § 1 S 3 MHRG, so daß ein weitergehendes Erhöhungsverlangen des Vermieters unwirksam ist (FREUND-BARTHELMESS NJW 1976, 2191, 2193 f; dies ZMR 1977, 1, 33, 35; DERLEDER, in: AK § 1 MHRG Rz 2). 20 5. Insbes Baukostenzuschüsse a) Schon unter den Vorläufern des § 1 MHRG war umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen aus der Leistung eines Baukostenzuschusses ein Ausschluß des Mietzinserhöhungsrechts des Vermieters zu folgern ist. Besonders unter der Geltung des § 19 Abs 1 1. BMietG war die Praxis ausgesprochen zurückhaltend in der Annahme eines solchen konkludenten Ausschlusses, zumal der BGH ohnehin nur in Ausnahmefällen bereit war, von einem stillschweigenden Verzicht des Vermieters auf sein gesetzliches Recht zur Mietzinserhöhung auszugehen. Der BGH hat wiederholt betont, bei der gebotenen Berücksichtigung der Interessen beider Parteien müsse davon ausgegangen werden, daß sich der Vermieter nur auf Grund ganz besonderer * B e g r z R e g E B T - D r 7/2011 S 10; L G Frankfurt W u M 1976, 31; L G Köln Z M R 1980, 151, 152; DERLEDER, i n :
AK
§
1 MHRG
Rz
4 ; PALANDT-PUTZO §
1 MHRG
Anm
3 c;
SCHMIDT-
FUTTERER-BLANK C 3 3 ; i n s b e s STERNEL R Z III 8 9 , 9 8 f M N a c h w . ** B G H L M N r 1 z u § 1 8 B M i e t G I = N J W 1 9 5 7 , 1 4 3 6 f; B G H N J W 1 9 6 0 , 3 8 2 f; B G H L M N r 2 5 z u
§ 18 B M i e t G I = M D R 1970, 411; L M N r 15 u 18 zu § 19 B M i e t G I = M D R 1968, 402; 1969, 1002; L G
Köln
WuM
1977,
209,
210;
DERLEDER, i n : A K
§
1 MHRG
Rz
2;
SCHMIDT-
FUTTERER-BLANK C 3 6 ; STERNEL R z I I I 9 7 .
Volker Emmerich
(874)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 21-24
Umstände mit einem niedrigeren als dem gesetzlich zulässigen Mietzins begnügen werde; es müßten deshalb zwingende sachliche Gründe vorliegen, die Verluste des Vermieters auf Grund des Verzichts auf an sich mögliche Mietzinserhöhungen (ausnahmsweise) als sinnvoll erscheinen ließen (so BGHZ 26, 310, 315 f; BGH LM Nr 4 zu § 19 BMietG I = NJW 1960, 386 f; LM Nr 10 zu § 19 BMietG I; WM 1978, 274, 275). Die Rspr hat deshalb unter der Geltung des 1. BMietG in der Vereinbarung eines 21 anrechenbaren Baukostenzuschusses oder einer Mietvorauszahlung sowie in ähnlichen Abreden (dazu Vorbem 123 ff zu §§ 535, 536 BGB) stets nicht mehr als ein bloßes Indiz für einen vertraglichen Ausschluß der Mietzinserhöhung gesehen, so daß immer noch weitere Umstände hinzukommen mußten, um einen konkludenten Ausschluß späterer Mietzinserhöhungen annehmen zu können; maßgebend sollten dabei vor allem die Höhe des Baukostenzuschusses, insbes im Verhältnis zu den gesamten Baukosten, die Langfristigkeit eines Darlehens, seine etwaige Unverzinslichkeit und seine niedrige Amortisation sowie ähnliche Umstände sein.* b) Ob an diesen Grundsätzen (oben Rz 21) heute noch uneingeschränkt festgehalten 22 werden kann, ist fraglich (bejahend SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 35; STERNEL RZ III 95), da der Ausgangspunkt der Praxis unter dem BMietG I notwendigerweise ein ganz anderer war als heute. Das liegt angesichts des dem BMietG I vorausgegangenen, ungefähr zwanzigjährigen Mietpreisstopps auf der Hand. Es bestehen deshalb keine Bedenken dagegen, heute bei der konkludenten Annahme eines Ausschlusses des Vermieterrechts auf Mietzinserhöhung weit großzügiger als unter der Geltung des § 19 Abs 1 BMietG I zu verfahren. Für Baukostenzuschüsse und ähnliche Abreden bedeutet dies, daß sie einen Ausschluß jedenfalls von Mietzinserhöhungen nach § 2 MHRG zur Folge haben, wenn und solange während des sog Anrechnungszeitraums eine ordentliche Kündigung des Vermieters ausgeschlossen ist (s Vorbem 126 zu §§ 535, 536 BGB m Nachw; ebenso zu Recht LG Frankfurt WuM 1974, 220; LG Hannover WuM 1979,168,169; 1980, 57, 58; DERLEDER, in: AK § 1 MHRG Rz 3; BARTHELMESS § 1 Rz 39; LG Bonn WuM 1981, 108 f). 6. Beweislast
23
Es besteht grundsätzlich keine Vermutung in irgend einer Richtung. Folglich trägt derjenige die Beweislast, der sich auf eine Ausschlußvereinbarung beruft; in aller Regel wird das der Mieter sein. Stehen jedoch Umstände fest, aus denen im Regelfall der Abschluß einer Ausschlußvereinbarung zu folgern ist (s bes oben Rz 17 f), so trifft ausnahmsweise den Vermieter die Beweislast, wenn er das Gegenteil behauptet (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 3 3 , 3 9 ; STERNEL RZ I I I 1 0 0 ) .
VI. Mietzinsermäßigungen
24
Durch Abreden nach § 1 S 3 MHRG sind nur Erhöhungen des Mietzinses, nicht jedoch Herabsetzungen des Mietzinses auf Grund des Gesetzes ausgeschlossen. Soweit also der Vermieter nach den §§4 Abs 4,5 Abs 3,6 Abs 4 und 7 Abs 4 zu einer Mietzinsermäßigung verpflichtet ist, hat es dabei sein Bewenden, selbst wenn Mietzinserhöhungen vertraglich ausgeschlossen sind (ebenso BARTHELMESS § 1 RZ 29). * Grdleg BGHZ 26,310,317 ff; 31,63,72; BGH LM N r 4 zu § 19 BMietG I = NJW 1960,386 f = ZMR I960,122; LM Nr 5 zu § 22 BMietG I = WM 1970,794 = ZMR 1969,272,275; LMNr 10 zu § 19 1. BMG (B12R); Nr 22 zu § 18 BMietG I = MDR 1969,659; BGH WM 1968,536; 1978, 274, 275; OLG München ZMR 1969, 93 = WuM 1968, 182; LG Hagen ZMR 1968, 324. (875)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, §§ 1, 2 MHRG 25 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
25 VII. Wegfall der Geschäftsgrundlage Das MHRG regelt abschließend die Voraussetzungen, unter denen bei Wohnraummietverhältnissen Mietzinserhöhungen möglich sind. Daneben ist für eine Aufwertung des Mietzinses unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage kein Raum (LG Lübeck WuM 1972, 58; LG Hannover WuM 1980, 57, 58; DERLEDER, in: A K § 1 M H R G R z 8; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 1 ) . O h n e h i n
kommt selbst bei sehr langfristigen Verträgen wegen eines zwischenzeitlichen Geldwertverfalls (sog Äquivalenzstörung) grundsätzlich keine gerichtliche Aufwertung der Gegenleistung des Geldschuldners in Betracht. Eine Ausnahme macht die Praxis heute nur noch bei Ruhegeldvereinbarungen (Vorbem 33 zu § 537 BGB). § 2 MHRG Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses verlangen, wenn 1. der Mietzins, von Erhöhungen nach den §§ 3 bis 5 abgesehen, seit einem Jahr unverändert ist und 2. der verlangte Mietzins die üblichen Entgelte, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage gezahlt werden, nicht übersteigt. Von dem Jahresbetrag des verlangten Mietzinses sind die Kürzungsbeträge nach § 3 Abs 1 Satz 3 bis 7 abzuziehen, im Falle des § 3 Abs 1 Satz 6 mit elf vom Hundert des Zuschusses. Der Anspruch nach Absatz 1 ist dem Mieter gegenüber schriftlich geltend zu machen und zu begründen. Dabei kann insbesondere Bezug genommen werden auf eine Übersicht über die üblichen Entgelte nach Absatz 1 Nr 2 in der Gemeinde oder in einer vergleichbaren Gemeinde, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt und anerkannt worden ist, femer auch auf ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Begründet der Vermieter sein Erhöhungsverlangen mit dem Hinweis auf entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen, so genügt in der Regel die Benennung von drei Wohnungen anderer Vermieter. Stimmt der Mieter dem Erhöhungsverlangen nicht bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats zu, der auf den Zugang des Verlangens folgt, so kann der Vermieter bis zum Ablauf von weiteren zwei Monaten auf Erteilung der Zustimmung klagen. Wird die Klage binnen dieser Frist nicht erhoben, so kann ein neues Erhöhungsverlangen frühestens neun Monate nach Ablauf der Klagefrist gestellt werden, es sei denn, daß das frühere Verlangen nicht wirksam war. Ist die Zustimmung erteilt, so schuldet der Mieter den erhöhten Mietzins von dem Beginn des vierten Kalendermonats ab, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt. Art 1 § 3 WKSchG I v 25.11.1971 (BGBl I 1839); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zum WKSchG I BT-Dr VI/2421, 4; Begr d RegE des WKSchG II BT-Dr 7/2011, 10 ff; Stellungnahme des Bundesrates, aaO 15 f; Gegenäußerung der Bundesregierung, aaO 20 f; Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr 7/2638, 3 f; Gesetz zur Änderung des ModEnG v 27.6.1978 (BGBl I 878) Art 3 Nr 1.
Volker Emmerich
(876)
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Schrifttum S oben vor § 1 MHRG sowie insbes BReg, Bericht, BT-Dr 8/2610 S 12 ff, 18 ff (unten Rz 148,149); BURKHARDT, Die Regelung der Mietzinshöhe nach dem 2. WKSchG, JurBüro 1975, 561; BUSCHMANN, Das Sachverständigengutachten im Mieterhöhungsverfahren, B1GBW 1979, 170; DERLEDER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistungen und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1975,1677; DERLEDER-SCHLEMMERMEYER, Sachverstand als Datenersatz? WuM 1978, 225; EMMERICH, Die Anforderungen zur Erstellung und zur Anerkennung von Mietspiegeln im Widerstreit der Meinungen, in: EMMERICH ua, Mietpreisermittlung, Josef-Humar-Institut Bd 3 (1980) 46 ff; ENGLERT, Die anrechenbare Wohnfläche, ZMR 1980, 132; FRICKE, Die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete bei Verbesserungsmaßnahmen des Mieters, ZMR 1976, 325; GALLAS, Zum Streitwert einer Zustimmungsklage und zur erstinstanzlichen Zuständigkeit für Mieterhöhungsverfahren, ZMR 1977, 263; GANSCHEZIAN-FINK, Ungeklärte Fragen zur Mieterhöhung nach dem 2. WKSchG, M D R 1 9 7 5 , 3 7 3 ; ders NJW 1374,116; GÄRTNER, Darlegungsmängel bei Mieterhöhungserklärungen, NJW 1980,153; GIERTH, Marktmiete aus der Retorte? D W W 1 9 7 8 , 1 0 ; GOCH, Was muß bei den Mietspiegeln beachtet werden, WuM 1980,69; GRAF, Die Vergleichsmiete in verfassungsrechtlicher Sicht, NJW 1976, 1480; HERPERS, Wohnraummietrecht (1979) 141 ff; GRAF VON KEYSERLING», Inhalt des Sachverständigen-Gutachtens bei Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHRG, ZMR 1979, 257; KOHLER, Der Sachverständige im Mieterhöhungsverfahren, NJW 1979, 1535; ders, Möglichkeiten und Grenzen der Mietpreisermittlung durch Sachverständigen-Gutachten (Josef-Humar-Institut 1978); VON KROG, Ungesetzliche Erschwerungen der Zustimmungsklage zur Anhebung des Mietzinses nach § 2 MHRG, ZMR 1977, 260; LANGENBERG, Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens durch Sachverständigengutachten, ZMR 1980, 161; LAU, Das Mieterhöhungsverlangen bei Wohnraum des gemeinnützigen Wohnungsbaues, WuM 1978, 201; LINTHE, Anforderungen an ein Sachverständigen-Gutachten zur Mieterhöhung nach dem MHRG, ZMR 1979, 353; R MARIENFELD, Mietwerttabelle oder Sachverständiger zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, B1GBW 1977, 211; ders - P MARIENFELD, Grundprobleme und wirtschaftliche Bedeutung des MHRG, ZMR 1976, 225, 257; MATSCHE, Das MHRG in der Bewährung, DWW 1977,172,220,249; NIEDERBERGER, Mietspiegel (3. Aufl 1979); ders, Mietspiegel als Instrument zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete (Köln 1980); ders, Normative Anforderungen an die Aufstellung von Mietspiegeln, WuM 1980, 189; OLIVET, Was erwartet das Gericht vom Sachverständigen, insbes bei Mietgutachten? ZMR 1979, 129; ders, Kann der Sachverständige seinem Gutachten Wohnwerterhöhungen des Mieters zugrunde legen? ZMR 1979,321 ; POTZ, Fehler bei der Anwendung des § 2 MHRG, WuM 1978, 101; RISSE, Die Mietdauer beeinflußt die Miethöhe, GemWW 1978, 160; ROEWER-HUSKEN, Der räumliche Geltungsbereich von Mietspiegeln, ZMR 1 9 7 9 , 1 6 3 ; H A SCHMIDT, Zweifelsfragen zum W K S c h G I I , W u M 1 9 7 6 , 4 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-
BLANK C 41-157 (S 367-473); SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht, MDR 1975, 89; ders, Mieterhöhung und Sachverständigenbeweis, FWW 1976, 61; ders - BLANK, Das Mieterhöhungsverfahren für nicht preisgebundenen Wohnraum, MDR 1975, 1; SCHOPP, Gutachten über Mietzinserhöhungen, ZMR 1977, 257; SCHULZ-TRIEGLAFF, Mietspiegel und Vergleichsmiete, WuM 1977, 249; ders, Mietspiegel in der Praxis, BBauBI 1977, 378; SENNEKAMP, Minderung und Einrede des nicht erfüllten Vertrages im Mieterhöhungsverfahren, ZMR 1978,196; SPATZ, Die Stellung des Richters im Zustimmungsprozeß nach § 2 MHRG, ZMR 1977, 226; ders, Das Erhöhungsverlangen und seine Begründung, WuM 1976, 157; SPEISER, Vergleichsmiete oder Marktmiete, DWW 1977, 200; STERNEL, Mietrecht (2. Aufl 1979) Rz III 101-225 (S 298-372); H-J VOGEL, Das 2. WKSchG, J Z 1975, 73; WANGEMANN, Das Erhöhungsverlangen und seine Begründung, WuM 1976, 21; ders, Die Funktion des vorprozessualen Mietzinserhöhungsverlangens, WuM 1977, 1; W WEIMAR, Die Begründung einer Mieterhöhung mit Sachverständigengutachten, WuM 1976, 89; ders, Kann ein Sachverständiger ein gemäß § 2 Abs 2 MHRG zu erstattendes Gutachten mit dem Hinweis auf seine Sachkunde begründen? B1GBW 1977, 158; ders, Die Forderung ortsüblicher Vergleichsmiete unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten, Betrieb 1977, 854; ders, Mieterhöhungen außerhalb des förmlichen Mieterhöhungsverfahrens gern § 2 MHRG, ZMR 1978, 325; WIETHAUP, Das Mieterhöhungsverlangen bei freifinanzierten Wohnungen nach § 2 MHRG, ZMR 1977, 65; WINTER, Der Mietspiegel zwischen Wohnwert- und ortsüblicher Vergleichsmiete, WuM 1977, 85; Widersprüchliches Mietrecht, 2. WKSchG im Spiegel der Rspr, hrsgeb v Zentralverband der Dt Haus-, Wohnungsund G r u n d e i g e n t ü m e r ( 1 9 7 8 ) 3 6 ff; KOHL N J W 1 9 8 1 , 3 2 0 ; LINTHE Z M R 1 9 8 1 , 6 7 . (877)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Aus der Literatur zu dem früheren Art 1 § 3 WKSchG I vgl insbes BARTHELMESS Z M R 1972, 165, 2 0 2 , 3 6 1 ; F E H L N J W 1 9 7 4 , 9 2 4 , 1 9 3 9 ; GANSCHEZIAN-FINK N J W 1 9 7 4 , 1 1 6 ; G L A S E R J R 1 9 7 4 ,
140;
KLIEN N J W 1 9 7 3 , 9 7 4 ; KURTENBACH B e t r i e b 1 9 7 1 , 2 4 5 3 ; LAU Z M R 1 9 7 3 , 3 5 3 ; 1 9 7 4 , 1 9 3 ; LEHMANN N J W 1 9 7 4 , 2 1 1 7 ; LOWE N J W 1 9 7 2 , 2 0 1 7 , 2 1 0 9 ; MARTBERGNJW 1 9 7 3 , 1 3 5 5 ; ROQUETTE
Z M R 1972,133; 1973,97; SASSERATH NJW 1972,711; SCHMIDT-FUTTERER J R 1974,274;dersNJW 1 9 7 2 , 1 1 7 1 ; ders - BUCHER N J W 1 9 7 2 , 8 6 , 6 7 0 ; STERNEL M D R 1 9 7 3 , 2 6 5 ; ders W u M 1 9 7 2 , 1 8 5 ; 1 9 7 3 , 1 ; STOLLENWERK Z M R Ì 9 7 4 , 1; W WEIMAR B e t r i e b 1 9 7 2 , 8 5 9 .
Systematische Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Geschichte Zweck 3 Kritik 6
e) Prozessuales 92 8. Andere Begründungen 94 9. Nachträgliche Begründung 96 a VI. 1. 2. a) b) c) 3.
n . Überblick 7 ID. 1. 2. 3.
Wartefrist 13 Zweck 14 Berechnung 15 Bedeutung 18
IV. 1. 2. 3. a) b) c) d) e) 4.
Ermittlung der Mietzinsdifferenz Umfang 21 Mietzins 22 Vergleichsmiete 23 Grundgedanke 23 a Vergleichbare Wohnungen 26 Wohnwertmerkmale 29 Andere Faktoren 40 Beispiele 43 Kürzungsbeträge 45
V. Erhöhungsverlangen 46 1. Beteiligte 48 2. Form 50 3. Inhalt 52 4. Begründung 54 5. Insbes Mietspiegel 58 a) Bedeutung 59 b) Aufstellung 61 c) Bezugnahme 64 d) Prozessuales 68 6. Insbes Sachverständigengutachten 69 a) Bedeutung 69 b) Auswahl 70 c) Inhalt 71 d) Prozessuales 77 7. Insbes Vergleichsobjekte 80 a) Bedeutung 81 b) Bezeichnung 84 c) Anzahl 88 d) Vergleichbarkeit 90
Zustimmung des Mieters 97 Überblick 97 Annahmeerklärung 99 Frist 99 Form 100 Teilannahme 101 Fälligkeit 102
VII. Zustimmungsklage 103 1. Zuständigkeit 103 a 2. Überlegungsfrist 104 a) Zweck 104 b) Berechnung 105 c) Bedeutung 106 d) Trotz unwirksamen Erhöhungsverlangens? 109 3. Klagefrist 118 4. Antrag 124 5. Beweislast 126 6. Beweis 129 7. Beendigung 133 8. Fälligkeit 138 Vm. 1. 2. 3.
Sperrfrist 141 Zweck 142 Voraussetzungen 143 Wirkungen 146
IX. Anhänge 1. Übersicht über die bisher veröffentlichten Mietspiegel 147 2. Bericht der Bundesregierung vom 10.5.1976 betreffend die Ermöglichung einer vermehrten Aufstellung von Mietspiegeln durch die Gemeinden 148 3. Fortschreibung der Hinweise für die Aufstellung von Mietspiegeln 149 4. Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens nach § 2 Abs 2 MHG durch Sachverständigengutachten 150
Volker Emmerich
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Alphabetische Übersicht Abtretung des Vermieterrechts 49 Alter der Wohnung 41 Anerkenntnis des Mieterhöhungsverlangens 108 Annahme des Mieterhöhungsverlangens 99-102 a Art des Wohnraums 29 a f Aufstellung des Mietspiegels 61 ff Ausstattung des Wohnraums 32 Ausstattung des Mieters 32 a Beendigung des Zustimmungsklageverfahrens 133 ff Begründung des Erhöhungsverlangens 54 ff, 94 ff Benennung von Vergleichsobjekten 80 ff Beteiligte 48 ff, 124 a Beweislast 126 ff Bezugnahme auf den Mietspiegel 64 ff Eigentumswechsel 49 Erhöhungsverlangen 46 ff - Abtretung 49 - Begründung 54 ff - Begründung auf sonstige Weise 94 ff - Begründung durch Bezugnahme auf Vergleichsobjekte 80 ff - Begründung durch Mietspiegel 58 ff - Begründung durch Sachverständigengutachten 69 ff - Beteiligte 48 ff - Ermäßigung 53 - Form 50 ff - Inhalt 52 ff - nachträgliche Begründung 96 a - Rechtsnatur 46 f - Rücknahme 53 a - Sperrfrist 141 ff - Unwirksamkeit 109 ff, 143 - Wirkung 47 - Zeitpunkt 48 b, 49 a Fälligkeit des erhöhten Mietzinses 52, 102 f, 138 ff Form des Erhöhungsverlangens 50 ff Gemeinnützige Wohnungsunternehmen 42 Geschichte 2 Größe des Wohnraums 31 Klagefrist 118 ff Kosten 79 Kritik 6 ff Kürzungsbeträge 45 Lage des Wohnraums 35 (879)
Mängel der Wohnung 34 Mietspiegel 25, 58 ff, 74 - Aufstellung 61 ff - Bedeutung 59 ff - Bedeutung im Prozeß 67, 130 a, 132 - Begründung durch Bezugnahme 58 ff - Beifügung 65 - Beteiligte 61 - Bezugnahme 64 ff - Mängel 64 - Überholung 63 - Wert 25, 60 Mietzins 22-22 e Mietzinsdifferenz 21 ff öffentlich geförderte Wohnungen 43 Rücknahme des Erhöhungsverlangs 53 a Sachverständigengutachten 69 ff - Auseinandersetzung mit Mietspiegeln 74 - Auswahl des Sachverständigen 70 a - Bedeutung 70 - Bedeutung im Prozeß 77 - Begründung 73 ff - Beifügung 71 - gerichtliches Gutachten 78, 130 a - Inhalt 71 ff - Kosten 79 - Neutralität des Sachverständigen 72 - Überholung 76 - zutreffende Begriffsbildung 75 Sperrfrist 97, 141 ff Teilannahme des Mieterhöhungsverlangens 101, 135 Uberlegungsfrist 104 ff Vergleichbare Wohnungen 26 ff Vergleichsmiete 6 a, 23 ff - andere Faktoren 40 ff - Beweis 130 ff - Grundgedanke 23 a ff - normativer Begriff 6 a, 26 a, 89 - Schätzung 130 b, 132 - Teilmärkte 41 - vergleichbare Wohnungen 26 ff - Wohnungen desselben Vermieters 38 - Wohnungen in derselben Gemeinde 36 - Wohnungen in Nachbargemeinden 37 - Wohnwertmerkmale 29-35 Vergleichwohnungen 80 ff - Anzahl 88 f - Bedeutung 82 f - Bedeutung im Prozeß 92 f
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 1-3
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
- Bezeichnung 84 ff - Vergleichbarkeit 90 ff - Zweck 82 Verzug des Mieters 102 a, 140 Wartefrist 13 ff Wohnwertmerkmale 4, 6, 29-35 Zustimmung des Mieters 97 ff - Bedeutung 97 ff - Erklärung 99 - Fälligkeit 102 f - Form 100 f - Frist 99 ff - konkludente Zustimmung 100 - Teilannahme 101 - Vergleich 99 c Zustimmungsklage 103 ff - Anerkenntnisurteil 134 - Antrag 124 ff - Ausforschungsbeweis 131 a - Beendigung 133 ff
-
Beteiligte 124 a Beweis 129 ff Beweislast 126 ff, 143 Beweissicherungsverfahren 131 a Einwendungen des Mieters 127 f Erledigung 116, 133 Fristverlängerung 123 Heilung von Mängeln 108, 115 f, 122 Klageabweisung 145 Klagefrist 118 ff Klagerücknahme 144 Parteien 124 a Prozeßvoraussetzungen 107, 109 ff., 119 Schlüssigkeit 125 Streitwert 103 a Stufenklage 121 Teilanerkenntnis 135 Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens 109 ff, 122 - Überlegungsfrist 104 ff, 113 - Zuständigkeit 103 a Zweck 3 ff
1 I. Allgemeines 1. Geschichte Durch § 2 als der zentralen Vorschrift des ganzen Gesetzes ist an die Stelle der verbotenen Änderungskündigung zwecks Mietzinserhöhung (§ 1 S 1) der Anspruch des Vermieters gegen den Mieter gesetzt worden, unter bestimmten Voraussetzungen einer Vertragsänderung durch Anhebung des Mietzinses auf die Höhe der sog ortsüblichen Vergleichsmiete zuzustimmen. § 2 MHRG begründet somit (anders als die §§ 3-7 des Gesetzes) nicht etwa einen Zahlungsanspruch des Vermieters, sondern lediglich einen Anspruch auf Abgabe einer bestimmten Willenserklärung durch den Mieter. Das WKSchG II knüpft insoweit unmittelbar an Art 1 § 3 WKSchG I an. 2 Entsprechende Regelungen fanden sich schon früher in der VO PR 71/51 v 29. 11. 1951 (BGBl I 920) sowie in § 24 iVm den §§ 18 ff 1. BMG von 1955. Im geltenden Recht enthalten vergleichbare Bestimmungen namentlich § 557 Abs 1 S 1 HS 2 BGB sowie die §§ 5 WiStG und 302 a StGB (vgl auch noch § 556 a Abs 3 S 2 BGB). 3 2. Zweck a) Zweck des § 2 MHRG ist es, dem Vermieter einen angemessenen, marktorientierten Ertrag zu garantieren, zugleich aber den Mieter vor überhöhten Mietzinsforderungen des Vermieters, die nur auf Grund einer Mangellage am Markt durchsetzbar wären, zu schützen (so zu Art 1 § 3 WKSchG I der Rechtsausschuß BT-Dr VI/2421, 4; zust BVerfGE 37, 132; 49, 244 = JuS 1979, 514 f Nr 4 m Nachw; BVerfGE 53, 352 = JuS 1980, 755 Nr 1; BayObLG WuM 1981, 100). Deshalb wurde die Zulässigkeit von Mietzinserhöhungen an die Obergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete gebunden. Dabei war auch die Erwägung maßgebend, daß praktikable Alternativen, will man nicht zur strikten Mietpreisbindung zurückkehren, nicht in Sicht sind (vgl die Begr z RegE BT-Dr 7/2011,8). Volker Emmerich
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2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 4-6 a
b) Bei der Einzelausgestaltung ist der Gesetzgeber von der Grundvorstellung 4 ausgegangen, daß sich der Mietzins am Markt im Spiel von Angebot und Nachfrage nach dem Wohnwert orientiert (Begr z RegE BT-Dr 7 / 2 0 1 1 , 1 0 ) . Deshalb stellt das Gesetz zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete in Abs 1 Nr 2 auf den in der fraglichen Gemeinde für vergleichbare Wohnungen üblichen Mietzins ab. Hauptaufgabe bei der Anwendung des § 2 MHRG ist daher stets die Ermittlung des in der Gemeinde üblichen, dh am Markt tatsächlich durchschnittlich gezahlten Mietzinses für vergleichbaren Wohnraum (so BVerfGE 37, 132, 142; 49, 244, 248; 53, 352, 358).
c) Aus dem Gesagten folgt, daß § 2 MHRG - entgegen der nahezu allgemeinen Praxis 5 - nicht einseitig und ausschließlich unter dem Blickwinkel eines umfassenden Mieterschutzes gesehen werden darf; vielmehr hat die Vorschrift auch die Aufgabe, dem Vermieter einen angemessenen, am Markt orientierten Ertrag zu gewährleisten (oben Rz 3). Auch der Vermieter hat maW einen gesetzlich geschützten Anspruch auf den ortsüblichen Mietzins, dessen Durchsetzung die Gerichte im gleichen Maße wie den gebotenen Mieterschutz gewährleisten müssen (so ausdrücklich BVerfGE 37, 132, 145, 148; 49, 2 4 4 , 2 4 7 f, 2 5 0 f; NJW 1980, 1617). Die Handhabung der Vorschrift darf daher nicht zu einem faktischen Mietpreisstopp führen. Aus diesen Gründen kann die gegenwärtige Praxis, die zunehmend schärfere Anforderungen an ein wirksames Erhöhungsverlangen des Vermieters stellt, nicht in allen Punkten gebilligt werden. 3. Kritik 6 Die Verfassungsmäßigkeit der in § 2 MHRG getroffenen Regelung steht außer Frage (grdleg BVerfGE 37, 132; 49, 244 = JuS 1979, 514 Nr 4; BVerfGE 53, 352 = JuS 1980, 755 Nr 1). Gleichwohl ist ihre sachliche Berechtigung ebenso wie ihre Praktikabilität umstritten geblieben (vgl eingehend oben Vorbem 17 ff zu § 1 MHRG; EMMERICH, Anforderungen [ 1 9 8 0 ] ; DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 1; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 5 5 ff; STERNEL Rz III 106 ff). In der Tat beruht § 2 MHRG auf weithin unzutreffenden Vorstellungen des Gesetzgebers über die Funktionsweise des Mietwohnungsmarktes. Obwohl über die Struktur dieses Marktes nach wie vor nur sehr wenig bekannt ist, steht heute doch schon fest, daß jedenfalls die in § 2 Abs 1 MHRG für allein maßgeblich erklärten sog Wohnwertmerkmale tatsächlich nur zu einem ganz geringen Teil die auf dem Markt festzustellenden Mietzinsdifferenzen erklären. Außerdem bildet der Wohnungsmarkt auch keineswegs eine homogene Größe; er zerfällt vielmehr in zahlreiche Unter- oder Teilmärkte, auf denen die Mietpreisbildung wiederum unterschiedlichen Gesetzen folgt. Aber auch die Vorstellung, auf dem jeweils relevanten Markt gebe es einen bestimmten Marktpreis (als empirische Größe), ist falsch; vielmehr läßt sich stets nur eine sehr große Bandbreite ermitteln, innerhalb derer der Marktpreis (nach weitgehend unbekannten Gesetzen) schwankt. Ebensowenig läßt sich obendrein die Vorstellung halten, Wohnungen seien homogene und deshalb ohne weiteres vergleichbare Güter; denn selbst bei alleiniger Betonung der Wohnwertmerkmale des § 2 Abs 2 MHRG kann immer nur von Fall zu Fall eine mehr oder weniger große Ähnlichkeit bestimmter Wohnungen festgestellt werden (s unten Rz 27 f), so daß namentlich hier für das richterliche Ermessen ein weiter Anwendungsbereich verbleibt. Aus alledem kann man nur den einen Schluß ziehen: Entgegen den Vorstellungen des 6a Gesetzgebers ist der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete in § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG kein rein empirischer, sondern ein normativer Begriff (ebenso zB SCHMIDTFUTTERER-BLANK C 5 3 ; STERNEL RZ III 108). Es ist deshalb angesichts der Mängel der (881)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 7-11 a
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
gesetzlichen Regelung nicht nur unvermeidlich, sondern auch durchaus legitim, in die fallweise Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete in großem Umfang rechtliche Wertungen miteinfließen zu lassen. Es bestehen daher auch keinerlei Bedenken dagegen, das empirisch erhobene Material über die Höhe des Marktpreisniveaus unter den unterschiedlichsten Gesichtspunkten normativ zu korrigieren, um so den dem Gesetz entsprechenden Maßstab herauszuarbeiten, an Hand dessen dann überhaupt erst beurteilt werden kann, ob das Verlangen des Vermieters nach einer Mietzinserhöhung berechtigt ist.
7 II. Überblick § 2 MHRG gibt dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen gegen den Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung durch Anhebung des Mietzinses. Erste Voraussetzung ist, daß der Mietzins seit einem Jahr unverändert geblieben ist (Abs 1 Nr 1). Durch diese sog Wartefrist soll eine gewisse Kontinuität in die Mietzinsentwicklung gebracht werden. 8 Nächste Voraussetzung des Vermieteranspruchs auf Vertragsänderung ist, daß der vereinbarte Mietzins unter dem Niveau der sog ortsüblichen Vergleichsmiete liegt (Abs 1 Nr 2). Entspricht der Mietzins bereits diesem Niveau oder übersteigt er es sogar, so scheidet ein Anspruch auf Vertragsänderung nach § 2 MHRG aus; in Betracht kommen dann statt dessen nur noch Mietzinserhöhungen nach den Sondervorschriften der §§ 3-7 MHRG. 9 Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, braucht der Mieter auf die Änderungswünsche des Vermieters nur einzugehen, wenn der Vermieter ein Vorverfahren durchgeführt hat, das durch ein schriftliches und begründetes Erhöhungsverlangen des Vermieters eingeleitet wird (Abs 2 S 1). Vor allem an die gesetzlich geforderte Begründung dieses Erhöhungsverlangens werden von den Gerichten nach wie vor so übertriebene Anforderungen gestellt, daß die meisten Erhöhungsverlangen schon hieran scheitern (dagegen scharf BVerfG NJW 1980, 1617 ff BVerfGE 53, 352). 10 An das Erhöhungsverlangen des Vermieters muß sich eine Überlegungsfrist von mindestens 2 Monaten anschließen (Abs 3 S 1), damit der Mieter die Angaben des Vermieters über die Höhe der örtlichen Vergleichsmiete nachprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er den Antrag des Vermieters auf Vertragsänderung, der in dem Erhöhungsverlangen liegt, annehmen will oder nicht. Stimmt der Mieter zu, so wird der Vertrag entsprechend geändert, so daß der Mieter fortan den höheren Mietzins schuldet. 11 Stimmt der Mieter hingegen nicht zu, so kann der Vermieter binnen einer weiteren Frist von zwei Monaten Klage auf Zustimmung des Mieters zu der Vertragsänderung erheben (Abs 3 S 1). Die Klage ist nicht etwa auf Zahlung des erhöhten Mietzinses, sondern lediglich auf Zustimmung des Mieters zu der vom Vermieter begehrten Vertragsänderung gerichtet, so daß sich die Vollstreckung des Urteils nach § 894 ZPO richtet. IIa Hat die Klage Erfolg, so schuldet der Mieter den erhöhten Mietzins von dem in Abs 4 bestimmten Zeitpunkt ab. Der Mieter kann sich jedoch der Verpflichtung zur Zahlung dieses Mietzinses durch vorzeitige Kündigung nach § 9 Abs 1 MHRG entziehen; außerdem ist die Möglichkeit des Vermieters, wegen des Zahlungsverzugs des Mieters nach § 554 BGB zu kündigen, durch § 9 Abs 2 MHRG erheblich eingeschränkt worden. Volker Emmerich
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Art 3 W K S c h G , § 2 M H R G 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
12-16
Unterläßt der Vermieter hingegen die Klage auf Zustimmung (oder nimmt er die an 12 sich begründete Klage vor Rechtskraft des Urteils wieder zurück, § 271 ZPO), so geht das Gesetz davon aus, daß der Vermieter seinen Anspruch auf Zustimmung des Mieters zu der gewünschten Vertragsänderung verwirkt hat, so daß gern Abs 3 S 2 ein neues Erhöhungsverlangen des Vermieters erst 9 Monate nach Ablauf der Klagefrist, also mindestens 13 Monate nach dem ersten Erhöhungsverlangen, gestellt werden kann. Dies gilt freilich nicht, wenn das erste Erhöhungsverlangen, etwa mangels ausreichender Begründung, unwirksam war. In diesem Fall kann der Vermieter, weil der Mieter nicht schutzwürdig ist, sofort ein neues Erhöhungsverlangen stellen und dadurch das komplizierte Verfahren nach § 2 MHRG erneut einleiten. III. Wartefrist 13 Nach Abs 1 Nr 1 des § 2 MHRG kann der Vermieter von dem Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses nur verlangen, wenn der Mietzins, von Erhöhungen nach den §§ 3-5 des Gesetzes abgesehen, seit einem Jahr unverändert ist (sog Wartefrist; dazu eingehend insbes S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 7 6 - 8 0 ; STERNEL R Z I I I 1 3 2 - 1 3 6 ; BARTHELMESS § 2 R Z
13-20).
1. Zweck 14 Der Zweck der Wartefrist besteht darin, eine gewisse Kontinuität in die Mietzinsentwicklung zu bringen und den Mieter vor allzu rasch aufeinanderfolgenden Mietzinserhöhungen zu schützen (LG Mannheim WuM 1974, 181). Mietzinserhöhungen nach den §§ 3-5 des Gesetzes lösen freilich nicht die einjährige Wartefrist aus, sondern sind unabhängig davon jederzeit möglich, sofern nur der Tatbestand der §§ 3-5 MHRG erfüllt ist. Folglich kann der Vermieter ggf gleichzeitig oder doch kurz nacheinander Mietzinserhöhungen nach den §§ 2, 3, 4 und 5 des Gesetzes verlangen (vgl im einzelnen Vorbem 57 ff zu § 1 MHRG). Anders freilich, wenn sich der Mieter nach einer auf die §§ 3-5 MHRG gestützten Mietzinserhöhung mit dem Vermieter über einen neuen Mietzins einigt, weil dann eine Vereinbarung vorliegt, die die Wartefrist auslöst ( S T E R N E L R Z III 133; aM P A L A N D T - P U T Z O § 2 MHRG Anm 3 a). 2. Berechnung
15
a) Die Wartefrist von einem Jahr beginnt mit Vertragsschluß oder mit der letzten Mietzinserhöhung, sei es durch Vereinbarung der Parteien, sei es nach § 2 M H R G . Im letzteren Falle richtet sich der Fristbeginn nach § 2 Abs 4 M H R G (BARTHELMESS § 2 R z 1 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 M H R G R z 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 7 7 f ;
III 1 3 2 f). Maßgebend ist mithin der Zeitpunkt der Fälligkeit der letzten Mietzinserhöhung, so daß zB die Wartefrist bei rückwirkender Mietzinserhöhung durch Vereinbarung der Parteien von diesem rückdatierten Fälligkeitszeitpunkt ab läuft ( S T E R N E L R Z III 1 3 2 ) . Die Wartefrist von einem Jahr ist auch einzuhalten, wenn die letzte Mietzinserhöhung noch unter einer gesetzlichen Preisbindung erfolgt ist STERNEL R Z
(STERNEL R z I I I 1 3 3 ; a M S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C
80).
b) Str ist, ob auch Mietzinssenkungen, sei es auf Grund des MHRG, sei es durch 16 Vereinbarungen der Parteien, die Wartefrist auslösen. Dafür spricht zwar der Wortlaut des Gesetzes, nicht jedoch sein Zweck, den Mieter gegen allzu häufige Mietzinserhöhungen zu schützen (ebenso BARTHELMESS § 2 Rz 1 8 ; aM STERNEL R Z III 1 3 4 ; D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 6 ) . (883)
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Art 3 W K S c h G , § 2 M H R G 17-22
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17 c) Die Frist beträgt ein Jahr und wird nach den §§ 187 Abs 1,188 Abs 2 und 193 BGB berechnet. Den Parteien steht es aber frei, die Wartefrist vertraglich zu verlängern, während eine vertragliche Verkürzung unwirksam ist ( § 1 0 Abs 1 M H R G ; LG Hamburg WuM 1976, 187). 18 3. Bedeutung a) Nach hM kann ein Erhöhungsverlangen erst nach Ablauf der Wartefrist gestellt werden; ein vorzeitig gestelltes Erhöhungsverlangen ist hiernach unwirksam und löst daher auch nicht die Überlegungs- und die Klagefrist des Abs 3 aus, so daß eine nachfolgende Klage auf Zustimmung des Mieters abzuweisen ist. Das soll selbst dann gelten, wenn das Erhöhungsverlangen ausdrücklich erst für einen Zeitpunkt nach Ablauf der Wartefrist Gültigkeit haben soll.* 19 Es ist nicht zu verkennen, daß diese Meinung zu einer ganz erheblichen Erschwerung des Vermieterrechts auf Mietzinserhöhung in formeller Hinsicht führt (deshalb aM Voraufl Rz 19). Gleichwohl ist der hM zuzustimmen, weil nur so der Gesetzeszweck, den Mieter vor unaufhörlich aufeinanderfolgenden Mietzinserhöhungsverlangen des Vermieters zu schützen, erreicht werden kann. 20 b) Die gesetzliche Regelung kann nicht zum Nachteil des Mieters abgeändert werden (oben Rz 17). Jedoch braucht in dem Erhöhungsverlangen keine Begründung für den Ablauf der Wartefrist gegeben zu werden (LG Duisburg WuM 1974, 82). IV. Ermittlung der Mietzinsdifferenz 21 1. Umfang Nach § 2 Abs 1 Nr 2 M H R G setzt der Anspruch des Vermieters auf Änderung des Mietvertrages außer der Einhaltung der Wartefrist (s oben Rz 13 ff) vor allem voraus, daß der vereinbarte Mietzins hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt. Die Anwendung des § 2 M H R G setzt mithin stets den Vergleich zweier Größen voraus, des vertraglich vereinbarten Mietzinses und der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Ermittlung beider Größen bereitet häufig ganz außerordentliche Schwierigkeiten und ist durchweg mit so erheblichen Unsicherheiten behaftet, daß nur signifikante Unterschiede den Anspruch des Vermieters auf Mietzinserhöhung auszulösen vermögen. Deshalb ist der Meinung zuzustimmen, daß der Vermieter eine Mietzinserhöhung nur verlangen kann, wenn der vereinbarte Mietzins mindestens um 10% hinter der wie auch immer ermittelten Vergleichsmiete zurückbleibt (DERLEDER, in: AK § 2 M H R G Rz 7 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 5 7 ; STERNEL R Z I I I 1 0 8 ; ebenso LG Mannheim MDR 1976, 316 Nr 43). 22 2. Mietzins a) Unter dem Mietzins versteht die ganz hM** in § 2 M H R G (in Abweichung vom BGB, aber entsprechend der HeizkostenVO v 1981) die sog Grund- oder Kaltmiete, * L G H a m b u r g W u M 1 9 7 6 , 1 8 7 ; A G Köln Z M R 1974, 284; W u M 1 9 7 5 , 4 1 ; Z M R 1 9 7 4 , 1 5 6 , 157; A G I n g o l s t a d t W u M 1 9 7 3 , 1 0 4 , 1 0 5 ; A G D o r t m u n d W u M 1 9 7 3 , 1 9 3 ; BARTHELMESS § 2 R z 1 7 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 6 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 7 7 ; STERNEL RZ I I I 1 3 5 ; a M L G E s s e n N J W 1 9 7 3 , 1 4 6 4 m A n m KLIEN; FEHL N J W 1 9 7 4 , 9 2 4 , 9 2 5 ; z w e i f e l n d a u c h WIETHAUP Z M R 1977, 65. ** B R e g , B e r i c h t ( u n t e n R z 1 4 9 ) S 5 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 2 - 5 ; HOFFMANN-LANGE, M a n n h e i m e r M i e t s p i e g e l ( 1 9 7 7 ) 6 f; NIEDERBERGER, M i e t s p i e g e l 6 5 f f ; PALANDT-PUTZO § 2 M H R G A n m 1 d ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 4 9 , 5 5 ; a M V o r a u f l R z 2 2 .
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 22 a - 2 3
dh den Mietzins ohne Nebenkosten, insbes ohne Heizkostenanteil. Die Folge ist, daß bei allen abweichenden Vereinbarungen der Parteien, namentlich bei Vereinbarung einer sog Warmmiete, stets eine Umrechnung durch Ausscheidung des Nebenkostenanteils im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) erforderlich ist (LG Berlin WuM 1980, 81; aM AG Köln WuM 1980, 201). Tatsächlich liegen die Dinge indessen noch weit komplizierter (s oben Vorbem 5 0 f zu § 1 MHRG; insbes STERNEL RZ III 1 3 7 - 1 4 2 ; AG Dortmund WuM 1981, 109). b) Auszugehen ist stets von der Basis, auf der die Vergleichsmiete ermittelt worden 22a ist. Ist dies - wie in aller Regel bei den Mietspiegeln - die Grundmiete (ohne Nebenoder Betriebskosten), so kann hiermit auch nur die entsprechend definierte, von den Parteien vereinbarte Grundmiete verglichen werden. Folglich ist, wenn die Parteien den Mietzins, zB durch Vereinbarung einer Warmmiete, abweichend bestimmt haben, eine Umrechnung erforderlich, bei der vielfach ohne ganz vage Schätzungen nicht auszukommen sein wird. Eine Erhöhung des Betriebskostenanteils ist hier mithin nur nach § 4 MHRG möglich (s oben Vorbem 52, 63 zu § 1 MHRG). Geht der Vermieter deshalb (zusätzlich) nach § 4 MHRG vor, so muß verhindert 22b werden, daß in diesem Verfahren der Betriebskostenanteil anders als in dem Verfahren des § 2 MHRG abgegrenzt wird. Das Gesetz, das dieses Problem ebenso wie zahlreiche andere Fragen übersehen hat, läßt die Praxis hier im Stich. Nur einen scheinbaren Ausweg bietet die Bindung des Vermieters an seine Erklärungen über die Abgrenzung der beiden Mietzinsanteile (so DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 2), da diese Erklärungen kein Gericht binden. c) In Zeiten steigender Zinsen (und damit auch steigender Mietzinsen) entsteht das 22c weitere Problem, wie die Entstehung kumulativer Effekte durch die Kombination von Mietzinserhöhungen nach den §§ 2 und 5 MHRG verhindert werden kann. Hier wird man deshalb von dem Vermieter verlangen müssen, daß er seine Kapitalkosten im einzelnen offenlegt, sobald sich eine solche Gefahr abzeichnet (DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 4). d) Erhebliche, zusätzliche Probleme ergeben sich weiterhin daraus, daß die Höhe des 22d vom Mieter tatsächlich gezahlten Mietzinses letztlich nur auf dem Hintergrund der gesamten, anderen Abreden der Parteien sachgerecht beurteilt werden kann. Namentlich die Übernahme zusätzlicher Pflichten durch den Mieter bedeutet der Sache nach immer eine Erhöhung des Mietzinses; sie nötigt deshalb dazu, den Wert dieser Leistungen in Geld zu schätzen und den Mietzins entsprechend zu erhöhen (s oben Vorbem 33 a, 50 ff zu § 1 MHRG). Das gilt namentlich für die Übernahme der Schönheitsreparaturen oder der sonstigen Instandhaltungs- oder Instandsetzungspflichten des Vermieters durch den Mieter. Ebenso zu behandeln ist aber auch die Leistung zinsloser Darlehen oder Kautionen (s STERNEL RZ III 140-142). e) Erbringt der Mieter in erster Linie anderstypische Gegenleistungen wie zB Dienst- 22e oder Werkleistungen, so ist kein Raum für die Anwendung des § 2 MHRG (s oben § 1 MHRG Rz 16).
3. Vergleichsmiete 23 Der Vermieter kann von dem Mieter Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses verlangen, wenn der vereinbarte Mietzins (oben Rz 22 ff) mehr als 10% (oben Rz 21) hinter den üblichen Entgelten für nach Wohnwertmerkmalen vergleichbare Wohnungen, dh hinter der sog ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt (§ 2 Abs 1 Nr 2 MHRG). Nach dem Mietzins muß somit stets als nächstes die Höhe der ortsüblichen (885)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 23 a-25 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Vergleichsmiete ermittelt werden. Primäres Erkenntnismittel dafür sind heute in der Praxis ganz allgemein die sich immer mehr durchsetzenden Mietspiegel (s dazu schon oben Vorbem 34 ff zu § 1 MHRG und unten Rz 58 ff). 23a a) Grandgedanke Die gesetzliche Regelung erklärt sich aus der (unzutreffenden) Vorstellung des Gesetzgebers, daß sich die Mietpreisbildung am Markt im freien Spiel von Angebot und Nachfrage - jedenfalls in erster Linie - nach den unterschiedlichen Wohnwerten der Wohnungen richte (s dazu eingehend oben Rz 6 f sowie Vorbem 32 ff zu § 1 MHRG). Deshalb stellt das Gesetz in Abs 1 Nr 2 als Maßstab für die Vergleichsmiete auf den Mietzins für solche Wohnungen in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden ab, die mit der fraglichen Wohnung (nur) hinsichtlich des Wohnwertes vergleichbar sind. Als Merkmale des Wohnwerts werden dabei insbes Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage des Wohnraums hervorgehoben. 24 Hieraus folgt unmittelbar, daß unter den üblichen Entgelten für vergleichbaren Wohnraum iS des Abs 1 Nr 2 des § 2 MHRG primär die am Markt tatsächlich durchschnittlich für vergleichbare Wohnungen gezahlten Mietzinsen zu verstehen sind.* Hiervon ist auch der BGH durchweg in seiner Praxis zu § 24 1. BMG von 1955, dem Vorläufer des § 2 MHRG, ausgegangen.** Maßgebender Zeitpunkt für die Ermittlung dieses Marktpreises ist dabei der des Zugangs des Erhöhungsverlangens (AG Oberhausen WuM 1976, 57; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 74). 25 Es liegt jedoch auf der Hand, daß die Ermittlung solcher tatsächlicher, durchschnittlicher Mietzinsen mittels empirisch-statistischer Verfahren (dazu eingehend S T E R N E L Rz III 109 ff; vgl auch BReg, Bericht [unten Rz 149]), - sofern man sie überhaupt für möglich hält (zu den Bedenken s oben Rz 6 f) - , stets einen ganz außerordentlichen Aufwand erfordert. Wo immer möglich, greift deshalb die Praxis heute als Erkenntnismittel für die ortsübliche Vergleichsmiete auf Mietspiegel der Gemeinden zurück. Doch darf dabei nicht übersehen werden, daß der Erkenntniswert der meisten Mietspiegel nach wie vor ganz gering ist, da bisher nur sehr wenige Mietspiegel auf einer wenigstens einigermaßen gesicherten, empirischen Basis beruhen (s oben Vorbem 34 ff zu § 1 MHRG; E M M E R I C H , Anforderungen 50 ff). Daher bleibt überall dort, wo (noch) keine verwertbaren Mietspiegel existieren, im Grunde nichts anderes übrig, als von Fall zu Fall an Hand einer möglichst großen Zahl vergleichbarer Wohnungen die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu ermitteln. Welche Wohnungen der Gesetzgeber dabei als vergleichbar behandelt wissen will, richtet sich nach den in § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG genannten Wohnwertmerkmalen. Freilich dürften die Gerichte mit dieser Aufgabe in aller Regel überfordert sein. Erschwerend kommt noch hinzu, daß die sehr erheblichen Kosten solcher empirischen Untersuchungen kaum jemals in einem vertretbaren Verhältnis zu dem Streitwert des einzelnen Verfahrens stehen. Notgedrungen begnügen sich daher die Gerichte häufig mit sog Erhebungen über die Mietzinsen für einzelne, vergleichbare Wohnungen. Es liegt jedoch auf der Hand, daß der Aussagewert solcher Erhebungen von vornherein minimal ist, da man auf diese Weise sicher keinen Einblick in die tatsächlichen Marktverhältnisse bekommen kann. * BVerfGE 37, 132, 143: „Erforderlich ist die Ermittlung der tatsächlich und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbare Wohnungen"; BVerfGE 53, 352, 358; BVerfG WuM 1981, 53; BayObLG WuM 1981,100; Begr z RegE aaO 10; OLG Köln WuM 1978,76 m Nachw (zu § 5 WiStG); LG Mannheim NJW 1973,712; AG Hildesheim ZMR1976,153,154; AG Kamen WuM 1 9 7 2 , 1 6 3 ; BARTHELMESS § 2 R z 2 2 f f ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 5 6 f f ; STERNEL RZ I I I 1 0 8 f f ; H - J VOGEL J Z 1 9 7 5 , 7 4 , 7 7 ; G WINTER W u M 1 9 7 7 , 8 5 , 8 6 f. ** B G H Z 2 6 , 3 1 0 , 3 1 3 ; B G H L M N r 2 u 3 z u § 2 4 1 . B M G = N J W 1 9 5 9 , 1 6 3 4 ; 1 9 6 0 , 1 2 8 4 ; L M N r 5 zu § 2 4 1. BMG.
Volker Emmerich
(886)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 26-29 a
b) Vergleichbare Wohnungen
26
aa) Bei der Ermittlung der am Markt üblichen Durchschnittsmiete darf nach § 2 M H R G nur auf den Mietzins für solchen nicht preisgebundenen Wohnraum in derselben Gemeinde abgestellt werden, der gerade hinsichtlich des Wohnwerts mit der fraglichen Wohnung vergleichbar ist. Der Wohnwert ist dabei, jedenfalls in erster Linie, nach den Kriterien Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung zu beurteilen. E s darf maW nicht berücksichtigt werden, daß in Wirklichkeit der Wohnwert nur einer unter vielen anderen Faktoren ist, die die Mietzinsbildung am Markt beeinflussen (vgl statt aller DERLEDER, in: A K § 2 M H R G Rz 1; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 5 9 ) .
Die unvermeidliche Folge ist, daß das Gesetz hier sehr häufig den Vergleich von 26a Wohnungen fordert, die vom Markt tatsächlich nicht als vergleichbar behandelt werden (s im einzelnen oben Vorbem 32 ff zu § 1 M H R G ) . Daraus ergibt sich vor allem die Notwendigkeit, den Begriff der Vergleichsmiete normativ zu „überformen", und zwar namentlich durch die Ausscheidung solcher Wohnungen, die nach unseren heutigen Erkenntnissen eindeutig zu Teilmärkten gehören, auf denen sich die Mietpreisbildung nach eigenen, auf andere Märkte nicht übertragbaren Gesetzen richtet (EMMERICH, Anforderungen 54 ff, 59, 63 ff). bb) Nur wenige Wohnungen stimmen in allen wesentlichen, für den Wohnwert 27 maßgebenden Merkmalen völlig oder auch nur weitgehend überein. Selbst innerhalb desselben Wohnblocks können Umstände wie die Lage, die Geschoßhöhe, die Nachbarschaft usw den Wohnwert einer einzelnen Wohnung und damit auch den Mietzins ganz erheblich beeinflussen. Deshalb steht fest, daß es immer nur darauf ankommen kann, ob die fraglichen 2 8 Wohnungen hinsichtlich der für den Wohnwert maßgebenden Kriterien im wesentlichen oder auch nur annähernd miteinander vergleichbar sind. Unterschiede im einzelnen spielen mithin keine Rolle. Größere Unterschiede sind ggf durch frei zu schätzende Zu- und Abschläge auszugleichen.* c) Wohnwertmerkmale
29
Nach Abs 1 Nr 2 des § 2 M H R G ist die Vergleichbarkeit des Wohnwertes der verschiedenen Wohnungen (in erster Linie) an Hand der Merkmale Art, Größe Ausstattung, Beschaffenheit und Lage zu beurteilen (vgl dazu eingehend BReg, B e r i c h t [ u n t e n R z 1 4 9 ] 3 f f ; NIEDERBERGER, M i e t s p i e g e l 5 9 f f ; SCHMIDT-FUTTERERBLANK C 6 0 f f ; STERNEL R Z I I I 1 1 5 f f ; BARTHELMESS § 2 R z 2 8 f f ) .
aa) Unter der Art des Wohnraums versteht man die Struktur des Hauses und des 29a Wohnraums. Gemeint sind Merkmale wie Altbau oder Neubau, Baujahr (soweit dadurch der Wohnwert beeinflußt wird), die Zahl der Räume, die Art des Hauses als Einfamilienhaus, Reihenhaus oder Mehrfamilienhaus oder die Eigenschaft des Wohnraums als Keller- oder Dachgeschoßwohnung. Hingegen gehören nicht hierher die Kosten der Erbauung oder der Finanzierung eines Hauses, weil durch sie der Wohnwert nicht beeinflußt wird (Begr z R e g E B T - D r 7/2011 S 10; SCHMIDTFUTTERER-BLANK C 61). Die Mietspiegel unterscheiden insoweit idR nur nach weithin willkürlich abgegrenzten Baualtersklassen; im übrigen ist mit Zu- und Abschlägen zu arbeiten.
* O L G Köln WuM
1 9 7 8 , 7 6 ; A G Mainz WuM 1 9 7 2 , 1 9 7 ; B A R T H E L M E S S § 2 Rz 3 7 ; S C H M I D T C 6 8 ; D E R L E D E R , in: A K § 2 M H R G Rz 8 ; S T E R N E L R Z I I I 1 3 0 ; P A L A N D T - P U T Z O § 2 M H R G Anm 3 b, bb; ebenso schon B G H L M Nr 6 zu § 24 1. B M G : „Die Vergleichsobjekte müssen nur annähernd vergleichbar sein".
FUTTERER-BLANK
(887)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 M H R G 30-32 a
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
30 Dementsprechend kann eine umfassend renovierte Altbauwohnung durchaus einer Neubauwohnung gleichstehen, sofern sie ihrem Gesamtzuschnitt, dh ihrem Charakter nach dem Typus von Neubauwohnungen entspricht und vom Markt auch so bewertet wird (s unten Rz 4 4 ; LG Mannheim WuM 1 9 7 5 , 1 7 2 , 1 7 3 ; D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 6 0 ; STERNEL R Z I I I 1 2 2 ) , während lediglich wiederaufgebaute alte Häuser nicht mit Neubauten verglichen werden können (AG Oberhausen WuM 1976, 57). Ebensowenig kann eine Kellerwohnung mit einer Wohnung in normaler Geschoßlage gleichgesetzt werden (AG Dortmund WuM 1972, 234). 31 bb) Mit Größe ist neben der Zimmerzahl vor allem die in Quadratmetern meßbare Wohnfläche der eigentlichen Wohnräume gemeint, die allgemein nach der DIN 283 gemessen wird (abgedruckt bei SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 157; AG Hamburg WuM 1980,182), während die preisrechtlichen Vorschriften der 2. BerechnungsVO hier nicht anwendbar sind ( D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 10; SCHMIDTF U T T E R E R - B L A N K C 62; STERNEL R Z III 117 ff; aM LG München I WuM 1980,183). Folglich werden die mitvermieteten Räume wie Keller und Dachböden bei der Berechnung der Größe überhaupt nicht, Balkone und Terrassen hingegen nur mit einem Bruchteil (1/4) berücksichtigt. In allen Zweifelsfällen ist von der Baugenehmigung auszugehen. Dabei ist stets zu beachten, daß erfahrungsgemäß der Mietzins pro m bei kleinen Wohnungen höher als bei großen Wohnungen ist, so daß von vornherein nur Wohnungen, die im wesentlichen dieselbe Größe und Zimmerzahl aufweisen, in den Vergleich einbezogen werden dürfen. 31a Erhebliche Probleme ergeben sich, wenn die hiernach ermittelte Wohnungsgröße von der im Mietvertrag vereinbarten Größe abweicht (eingehend STERNEL R Z I I I 118). Bleibt die tatsächliche Größe hinter der vereinbarten zurück, so kann für die Ermittlung der Vergleichsmiete wegen § 10 Abs 1 MHRG nur die tatsächliche Größe maßgebend sein. Wenn hingegen die tatsächliche Größe die vereinbarte übersteigt, ist von der vereinbarten Größe auszugehen, weil idR hinsichtlich der zusätzlichen Wohnfläche eine Ausschlußvereinbarung (§ 1 S 3 MHRG) vorliegen dürfte. 32 cc) Unter Ausstattung versteht man alles, was vom Vermieter zur ständigen Benutzung des Mieters ohne besonderes Entgelt eingebaut ist, namentlich Heizung, sanitäre Einrichtungen, besondere Böden, Gemeinschaftsantenne, Kücheneinrichtung, besondere Isolierungen uäm (LG Mannheim WuM 1978, 32; AG Köln WuM 1976, 127, 128 m Anm H E R P E R S ; D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 11; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 64; STERNEL R Z III 120 ff). Die Mietspiegel begnügen sich auch hier idR mit einer groben Einteilung der Wohnungen nach den Merkmalen Sammelheizung, Dusche/Bad und WC; alle anderen Ausstattungsmerkmale müssen daher bei dem Vergleich durch (frei zu schätzende) Zu- und Abschläge berücksichtigt werden. Möblierte Wohnungen bilden hingegen einen eigenen Markt und können daher überhaupt nicht mit anderen Wohnungen verglichen werden (anders OLG Köln WuM 1978, 76). 32a Stammt hingegen die Ausstattung vom Mieter, so ist sie nicht zu Gunsten des Vermieters zu berücksichtigen.* Anders wenn der Mieter nach dem Vertrag zur Vornahme der fraglichen Maßnahmen verpflichtet war oder wenn seine Investitionen vereinbarungsgemäß durch vorübergehende Kürzung des Mietzinses abgewohnt * L G H a m b u r g W u M 1979, 6 0 ; L G M a n n h e i m W u M 1978, 3 2 ; L G M ü n c h e n M D R 1980, 2 3 0 N r 7 5 ; L G H a n n o v e r W u M 1 9 8 0 , 1 3 8 ; L G B o n n W u M 1 9 8 1 , 1 0 8 f; A G D o r t m u n d W u M 1 9 8 0 , 2 5 6 ; A G L u d w i g s h a f e n W u M 1980, 64; D E R L E D E R , in: A K § 2 M H R G R z 11; SCHMIDT-FUTTERERB L A N K C 6 4 a f ; STERNEL R Z I I I 1 2 0 ; BARTHELMESS § 2 R z 5 0 ; a M z B FRICKE Z M R PALANDT-PUTZO
1976,
325;
§ 2 M H R G A n m 3 b.
Volker Emmerich
(888)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 33-36
worden sind (weitergehend zu Unrecht LG München MDR1980,230 Nr 75). Haben sich schließlich die Parteien die Kosten geteilt, so bleibt nichts anderes übrig, als bei dem Vergleich von einem Mittelwert aus Wohnungen mit und ohne die betreffende Ausstattung auszugehen (LG Mannheim WuM 1978, 32). dd) Beschaffenheit meint einmal Zuschnitt, Zustand und Zahl der Räume einschließ- 33 lieh der mitvermieteten Hausteile, zum anderen Art und Gestaltung der ganzen Umgebung im weitesten Sinne ( D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 1 2 ; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K C 6 5 ; STERNEL Rz III 1 2 0 ) . Überschneidungen mit Ausstattungsmerkmalen sind unvermeidlich und unschädlich. In den Mietspiegeln werden die Beschaffenheitsmerkmale idR gar nicht oder doch nur höchst unvollkommen berücksichtigt, so daß sie im Einzelfall durch Zu- und Abschläge auszugleichen sind. Beispiele für Beschaffenheitsmerkmale sind außer der Raumeinteilung das Vorhan- 33a densein und der Zustand von Nebenräumen, Kellern, Bodenräumen und Treppenhäusern, das Vorhandensein einer Garage oder eines Gartens (AG Köln WuM 1976, 127, 128), die Nachbarschaft von Industriebetrieben oder von Grünanlagen, eine schöne Aussicht, der Zustand der Fenster und Böden uäm. Hierbei ist zu beachten, daß die genannten Umstände nach den bisherigen Erfahrungen offenbar zum großen Teil nur einen ganz geringen Einfluß auf die Mietpreisbildung besitzen. ee) Weist die Wohnung Mängel auf, so ist ihr Mietzins unabhängig von § 2 MHRG 34 nach § 537 BGB zu mindern. Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete spielt dieser Umstand folglich zumindest solange keine Rolle, wie die Mängel behebbar sind und der Vermieter zu ihrer Beseitigung verpflichtet ist (§ 536 BGB). Handelt es sich hingegen um unbehebbare Mängel oder um Mängel, zu deren Beseitigung der Vermieter aus anderen Gründen (zB nach § 539 BGB) nicht verpflichtet ist, so bleibt wiederum nichts anderes übrig, als mit freigeschätzten Abschlägen zu arbeiten.* ff) Als letztes Wohnwertmerkmal nennt das Gesetz schließlich noch die Lage; 35 darunter fällt sowohl die Lage in einem bestimmten Ortsteil als auch die in demselben Haus, so daß nur Wohnungen in gleichen oder doch im wesentlichen ähnlichen Wohngebieten vergleichbar sind (vgl AG Aachen WuM 1977, 13; AG Köln WuM 1 9 7 6 , 1 2 7 , 1 2 8 ; LG Hamburg WuM 1 9 7 9 , 6 0 ; D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 1 3 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 6 6 ; STERNEL Rz I I I 1 2 3 , 1 2 6 ) . Die Mietspiegel unterscheiden insofern idR nur zwischen schlechten, einfachen, mittleren und guten Wohnlagen, so daß die Berücksichtigung aller anderen relevanten Umstände wiederum nur auf dem Weg über Zu- oder Abschläge möglich ist. Bei deren Bemessung ist davon auszugehen, daß offenbar die Lage einer Wohnung nur einen sehr geringen Einfluß auf die Mietzinsbildung hat. Wohnungen in sog schlechten Lagen sind keineswegs mit Notwendigkeit billiger als Wohnungen in sog guten Lagen, sondern können von Fall zu Fall durchaus auch teurer sein. Auch hier ist daher idR ohne ganz grobe Schätzungen nicht auszukommen. gg) Wohnungen, die hinsichtlich der genannten Merkmale (oben Rz 29 ff) mitein- 36 ander vergleichbar sind, dürfen grundsätzlich nur berücksichtigt werden, wenn sie in derselben Gemeinde liegen. Der Begriff der Gemeinde dürfte dabei nicht iS der politischen Gemeinde, sondern iS des einheitlichen Wohngebietes zu verstehen sein, so daß hierzu bei Ballungsgebieten durchaus auch mehrere, selbständige Gemeinden * LG Mannheim WuM 1977, 124 = MDR 1977, 140 = DWW 1977, 43; LG Düsseldorf WuM 1 9 7 7 , 2 6 1 , 2 6 2 ; A G Köln W u M 1977, 3 6 ; BARTHELMESS § 2 R z 3 3 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 2 M H R G R z 10; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 14; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 6 5 ; SENNEKAMP Z M R 1978, 196; STERNEL RZ III 125. (889)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 37-41
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
gehören können, sofern sich nur unter ihnen ein einheitlicher Wohnungsmarkt herausgebildet hat ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 6 9 ) . 37 Auf vergleichbare Wohnungen in Nachbargemeinden ist nur abzustellen, wenn in derselben Gemeinde keine vergleichbaren Wohnungen zu finden sind (BARTHELMESS § 2 Rz 26), wobei vorauszusetzen ist, daß die Wohnungsmärkte der beiden Gemeinden im wesentlichen dieselben Merkmale aufweisen; hieran dürfte es jedoch in aller Regel fehlen. In solchen Fällen, in denen keine vergleichbaren Wohnungen ermittelt werden können, bleibt den Gerichten nichts anderes übrig, als den ihrer Meinung nach angemessenen Mietzins - unter umfassender Berücksichtigung der gesamten Marktverhältnisse - frei zu schätzen (§ 287 ZPO). Derartige Fälle dürften keineswegs ganz selten sein. 38 hh) Wie sich aus § 2 Abs 1 Nr 2 i Verb m Abs 2 S 3 MHRG ergibt, dürfen in den Vergleich schließlich nur freifinanzierte, dh nicht preisgebundene Wohnungen anderer Vermieter einbezogen werden. Wohnungen desselben Vermieters scheiden folglich als Vergleichsobjekte aus. Dabei ist der Begriff desselben Vermieters wirtschaftlich zu verstehen, so daß Wohnungen auch dann „demselben" Vermieter iS des § 2 MHRG gehören, wenn es sich zwar formell um verschiedene, natürliche oder juristische Personen handelt, diese aber bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 7 0 ) . Das ist zB angenommen worden bei Wohnungen von Großvermietern, bei Wohnungen, die dem Ehegatten oder nahen Verwandten des Vermieters gehören und von diesem verwaltet werden (AG Bochum WuM 1975, 250), sowie bei Wohnungen minderjähriger Geschwister, die zusammen von ihrem Vater verwaltet werden (AG Wuppertal WuM 1977, 232). 39 Die Art der Finanzierung spielt hingegen grundsätzlich keine Rolle, solange sich nur die Mietpreisbildung nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage richtet ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 6 1 f ; STERNEL R Z I I I 1 2 9 ) . Auszuscheiden haben aber solche öffentlich geförderten Wohnungen, die einer Metpreisbindung (namentlich auf Grund des WoBindG) unterliegen, weil bei ihnen für die Mietpreisbildung in erster Linie Kostengesichtspunkte maßgebend sind, die bei § 2 MHRG gerade keine Rolle spielen sollen. 40 d) Andere Faktoren aa) Nach dem Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG soll sich die Vergleichbarkeit von Wohnungen offenbar nur nach den hier genannten sog Wohnwertmerkmalen richten. Da jedoch feststeht, daß für die Mietpreisbildung auf dem Markt noch zahlreiche, andere Faktoren relevant sind, darf die Aufzählung der für die Vergleichbarkeit maßgebenden Umstände in § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG nicht als abschließend verstanden werden. Auch andere Faktoren wie namentlich die Vertragsgestaltung oder das Alter der Verträge sind daher ggf durch Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen ( D E R L E DER, in: AK § 2 MHRG Rz 1 4 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 67; STERNEL R Z I I I 1 2 7 ; a M BARTHELMESS § 2 R Z 3 5 f ) .
41 bb) Außerdem kann es sich ergeben, daß an sich nach Wohnwertmerkmalen vergleichbare Wohnungen tatsächlich doch zu verschiedenen Teilmärkten gehören. In diesem Fall dürfen sie nicht in den Vergleich miteinbezogen werden, um ein völlig verzerrtes Bild der Marktverhältnisse zu verhindern. Das gilt namentlich für solche Wohnungen, für die auf Grund besonderer, nicht verallgemeinerungsfähiger Umstände besonders hohe oder besonders niedrige Mietzinsen gezahlt werden (vgl AG Hildesheim ZMR 1976,153,154; BARTHELMESS § 2 R Z 25; W I N T E R W U M 1977, 85, 86 ff). Die wichtigsten Beispiele sind Gastarbeiterwohnungen, Studentenzimmer und möblierte Räume, nicht hingegen solche Wohnungen, deren Mietzins seit langem nicht mehr erhöht worden ist (BayObLG WuM 1981, 100 f). Volker Emmerich
(890)
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 42-46
Einen derartigen Sondermarkt bilden außerdem die Wohnungen der gemeinnützigen 42 Wohnungsunternehmen. Obwohl auch für diese Unternehmen das MHRG gilt, darf doch nicht übersehen werden, daß sich bei ihnen die Mietpreisbildung in erster Linie nach Kostengesichtspunkten richtet, so daß die von ihnen geforderten Mietzinsen mit Marktpreisen nicht verglichen werden können.* e) Beispiele
43
Nach dem Gesagten sind nicht miteinander vergleichbar Wohnungen im Zentrum und Wohnungen außerhalb des Ortes in einen Neubaugebiet (AG Mainz WuM 1972, 197), Wohnungen im allgemeinen Wohngebiet und solche an der Grenze zu einem Gewerbegebiet (AG Lübeck WuM 1974, 58), Wohnungen, die hinsichtlich der Zimmerzahl erheblich voneinander abweichen (LG Mannheim NJW 1974, 1253, 1254), Wohnungen, deren Wohnfläche um 40 bis 60% differiert (LG Hamburg ZMR 1976,150 = WuM 1976,208,209; LG Köln WuM 1974,132,133), Wohnungen mit geringwertiger Ausstattung und Luxuswohnungen (AG Brühl WuM 1974, 106), Wohnungen in einwandfreiem Zustand und solche mit erheblichen Schäden (AG Oberhausen WuM 1976, 57) sowie Wohnungen mit und ohne Zentralheizung (BVerfG WuM 1981, 53; LG München I WuM 1981, 52). Auch Wohnungen, für die jahrelang keine Miete gezahlt wurde oder die überhaupt 44 nicht vermietet sind, scheiden von vornherein als Vergleichsobjekte aus (LG Köln WuM 1974,132,133; LG Kiel WuM 1977,136). Hingegen braucht das unterschiedliche Alter der Wohnungen nicht unbedingt ihrer Vergleichbarkeit entgegenzustehen, da es immer entscheidend nur auf den Wohnwert ankommt und da eine modernisierte Altbauwohnung in guter Lage durchaus denselben oder sogar einen höheren Wohnwert als irgendeine Neubauwohnung haben kann (s oben Rz 30; Begr z RegE, BT-Dr 7/2011, 10; OLG Hamburg MDR 1974, 585, 586). 4. Kürzungsbeträge
45
Nach Modernisierungsmaßnahmen hat der Vermieter die Wahl, ob er nach § 2 oder nach § 3 MHRG vorgehen will (s oben Vorbem 59 zu § 1 MHRG). Wählt der Vermieter den Weg über § 2 MHRG, so sind nach Abs 1S 2 von dem Jahresbetrag der ortsüblichen Vergleichsmiete die Kürzungsbeträge des § 3 Abs 1 S 3-7 MHRG abzuziehen, damit auch der Mieter in den Genuß dieser öffentlichen Mittel zur Wohnungsmodernisierung kommt (s im einzelnen dazu § 3 Rz 5 2 ff; DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 14; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 5 0 ; BARTHELMESS § 2 Rz 5 1 ) .
V. Erhöhungsverlangen
46
Sind die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 MHRG erfüllt (Ablauf der Wartefrist und Differenz zwischen der vereinbarten und der ortsüblichen Vergleichsmiete, oben Rz 13 ff, 21 ff), so kann der Vermieter von dem Mieter die Zustimmung zu einer Änderung des Mietvertrages dahingehend verlangen, daß der Mietzins auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben wird. Den Abschluß des hierzu nach § 305 BGB erforderlichen Änderungsvertrages muß der Vermieter, um anschließend seinen Anspruch auch gerichtlich durchsetzen zu können, in einer ganz bestimmten Form dem Mieter antragen, um dem Mieter binnen einer bestimmten * A G Frankfurt WuM 1973, 217; 1974, 35; 1974, 130; LG Mannheim WuM 1980, 181 f; D E R L E D E R , in: A K § 2 MHRG Rz 9; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 72; S T E R N E L R Z I I I 110; aM LG Frankfurt WuM 1974, 184; LG Hagen ZMR 1974, 146, 147; Voraufl Rz 45. (891)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 47—49 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Überlegungsfrist die Nachprüfung zu ermöglichen, ob das Erhöhungsverlangen sachlich berechtigt ist. Der Gesetzgeber strebt damit nach Möglichkeit eine außergerichtliche Einigung der Beteiligten an, zu der es auch in der Tat in aller Regel kommt. Der Anteil der Mieter, der es nach einem Erhöhungsverlangen des Vermieters zu einem Prozeß kommen läßt, soll unter 1% liegen (BReg, Bericht, BT-Dr 8/210 S 11, o Vorbem 69 zu § 1 MHRG). 47 Das Erhöhungsverlangen ist der Sache nach nichts anderes als ein (besonders formalisierter) Antrag iS des § 145 BGB auf Abschluß eines Änderungsvertrages nach § 305 BGB ( F E H L NJW 1974, 924, 925). Durch den Zugang des (wirksamen) Erhöhungsverlangens wird eine Art Vorverfahren eingeleitet, das sich aus einer Überlegungsfrist für den Mieter und einer nachfolgenden Klagefrist für den Vermieter zusammensetzt (§2 Abs 3 MHRG). § 2 MHRG hindert aber natürlich den Vermieter nicht, dem Mieter unabhängig vom MHRG eine (beliebige) Vertragsänderung anzutragen (§ 305 BGB); freilich muß dies dann auch klar zum Ausdruck gelangen, damit nicht die Fristen des § 2 MHRG ausgelöst werden (LG Mannheim WuM 1977, 142; vgl unten Rz 52). 48 1. Beteiligte a) Der Antrag in Form des Erhöhungsverlangens muß vom Vermieter gegenüber dem Mieter gestellt werden. Sind an dem Mietvertrag auf einer oder beiden Seiten mehrere Personen beteiligt, so muß das Erhöhungsverlangen von allen Vermietern ausgehen, namentlich von allen unterschrieben sein, und sämtlichen Mietern zugehen, es sei denn, ein Vermieter oder Mieter sei von den anderen entsprechend bevollmächtigt worden; andernfalls ist das Erhöhungsverlangen unwirksam.* Die §§ 182 ff BGB sind nicht anwendbar, so daß auch eine nachträgliche Genehmigung nicht möglich ist (AG Stuttgart WuM 1 9 7 3 , 1 0 5 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 8 1 ) . Ebenso wenig ist (entgegen der hM) hier § 174 BGB anwendbar. 48a Umstritten ist die Möglichkeit einer formularmäßigen, gegenseitigen Bevollmächtigung der Mieter zur Entgegennahme des Erhöhungsverlangens. Außer bei Eheleuten, bei denen eine gegenseitige Information sichergestellt ist, enthält jedoch eine derartige Klausel eine unangemessene Benachteiligung der vertretenen Mieter, so daß die Klausel unwirksam ist (§ 9 Abs 2 AGBG).** 48b Der Vermieter kann das Erhöhungsverlangen auch noch nach Kündigung des Vertrages für die Kündigungsfrist stellen, sofern nur der Zeitraum, zu dem nach § 2 MHRG die Mietzinserhöhung wirksam werden soll, in die Kündigungsfrist fällt (LG Berlin WuM 1980, 12; STERNEL Rz III 147). 49 b) Eine Abtretung des Anspruchs auf Zustimmung des Mieters zur Vertragsänderung durch Mietzinserhöhung ist nicht möglich, weil es sich dabei um ein unselbständiges Nebenrecht aus dem Vertrag handelt (LG Hamburg WuM 1979, 260; 1980, 59). Auch der Zessionar des Mietzinsanspruchs kann daher das Erhöhungsverlangen nur im Namen des Vermieters bei entsprechender Bevollmächtigung stellen; eine Klage im Wege der Prozeßstandschaft scheitert freilich an der mangelnden Übertragbarkeit des Rechts (BGH LM Nr 4 zu § 1092 BGB; STERNEL R Z III 147). * L G Köln W u M 1 9 7 7 , 1 4 3 ; L G M ü n c h e n I W u M 1 9 8 0 , 1 1 0 m A n m SCHULZ; A G K ö l n W u M 1977,
57; AG Stuttgart WuM 1973,105, 106; AG München WuM 1980, 18; 1980, 58 f; AG Hamburg W u M 1980, 5 8 ; BARTHELMESS § 2 R z 52 f; PÜTZ W u M 1978, 101; STERNEL RZ III 145 f.
** LG Hamburg ZMR 1978, 311; AG Hamburg WuM 1980, 58; AG München WuM 1980, 58 f; HENSEN, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, A G B G § § 9 - 1 1 A n h R z 9 2 0 f ; - a M DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 16; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 8 1 ; STERNEL RZ III 146.
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(892)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 49 a - 5 2
Das Gesagte gilt auch im Falle der Veräußerung des vermieteten Grundstücks. Der 49a Erwerber kann daher ein Erhöhungsverlangen im eigenen Namen erst nach seiner Eintragung im Grundbuch stellen, weil er nach § 571 Abs 1 BGB erst in diesem Augenblick in das Mietverhältnis eintritt.* Unerheblich ist dabei, ob dem Erwerber die Nutzungen des Grundstücks nach den Abreden der Parteien schon früher zustehen sollen (oben Rz 49). Hat der Veräußerer das Erhöhungsverlangen noch vor dem Eigentumsübergang gestellt, so wirkt es freilich auch für den Erwerber (§ 571 Abs 1). Entsprechendes gilt in den Fällen des § 577, namentlich bei Eintritt eines Nießbrauchers in den Vertrag (LG Mannheim ZMR 1977, 284). 2. Form
50
Das Erhöhungsverlangen ist nichts anderes als ein Antrag auf Vertragsänderung iS der §§ 145 ff, 305 BGB. Folglich stellt das Erhöhungsverlangen eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung dar, die erst mit Zugang beim Mieter wirksam wird (§ 130 BGB). Das Erhöhungsverlangen muß nach Abs 2 S 1 des § 2 M H R G schriftlich geltend 51 gemacht werden; maßgebend ist § 126 BGB, so daß grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift unter dem Erhöhungsverlangen erforderlich ist. Eine Ausnahme gilt nur für Erhöhungsverlangen, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen gefertigt werden (§ 8 MHRG). Die Unterschrift des Vermieters muß dabei das gesamte Erhöhungsverlangen decken, so daß eine Bezugnahme auf frühere Erklärungen nur genügt, wenn diese der neuen Erklärung als Anlage beigefügt sind oder wenn schon die neue Erklärung den wesentlichen Inhalt des Mieterhöhungsverlangens enthält (LG Hamburg WuM 1978, 54). Durch das Erhöhungsverlangen wird ein vorprozessuales „Vorverfahren" ausgelöst, 51a um dem Mieter eine angemessene Überlegungsfrist zu sichern. Hieraus wird überwiegend der Schluß gezogen, daß das Erhöhungsverlangen auch tatsächlich nur vorprozessual gestellt werden kann, daß maW prozessuale Schriftsätze hier (ausnahmsweise) dem gesetzlichen Schriftformerfordernis nicht genügen (DERLEDER, in: AK § 2 M H R G Rz 16; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 83; STERNEL RZ III 150). Daraus ergeben sich jedoch erhebliche Probleme im Falle der Klageerhebung nach einem unwirksamen Erhöhungsverlangen (s dazu u Rz 109 ff). 3. Inhalt
52
a) Das Erhöhungsverlangen muß die gewünschte Vertragsänderung und insbes den Erhöhungsbetrag genau bezeichnen und den unbedingten Willen des Vermieters erkennen lassen, eine entsprechende Vertragsänderung zu erreichen (§ 145 BGB; B G H Z 2 6 , 3 1 0 , 3 1 4 ; B G H L M N r 32 zu § 125 BGB; FEHLNJW1974,924,925 f). Je nach den Umständen des Falles kann deshalb ein Erhöhungsverlangen durchaus auch in einem Vergleichsvorschlag oder in der Aufforderung zur Zahlung eines höheren Mietzinses als bisher zu sehen sein (LG Flensburg WuM 1973,46,47; anders für eine bloße Vergleichskorrespondenz von Anwälten B G H LM Nr 32 zu § 125 BGB). Außerdem muß der Erhöhungszeitpunkt angegeben werden (SCHMIDT-FUTTERERBLANK C 86). Nennt der Vermieter freilich entgegen § 2 MHRG einen zu frühen Zeitpunkt, so ist dies unschädlich; es gilt dann einfach der gesetzliche Fälligkeits* LG Mannheim ZMR 1977, 284; LG Wiesbaden ZMR 1979, 145; LG Hannover WuM 1979, 220; AG Regensburg D W W 1977, 44; D E R L E D E R , in: AK § 2 M H R G Rz 16; P Ü T Z WuM 1978, 1 0 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 8 1 ; H A SCHMIDT W U M 1 9 7 6 , 4 1 ; STERNEL R Z I I I (893)
Volker Emmerich
147.
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 53-55
1. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Zeitpunkt (§ 2 Abs 4 MHRG). Nennt der Vermieter hingegen einen späteren Zeitpunkt, so ist er hieran gebunden (STERNEL RZ III 144). Schließlich muß das Erhöhungsverlangen noch begründet werden (dazu unten Rz 54 ff). 53 b) Die Annahmefrist beträgt nach Abs 3 S 1 des § 2 MHRG mindestens 4 Kalendermonate (unten Rz 99). Daraus müßte an sich nach § 145 der Schluß zu ziehen sein, daß der Vermieter auch ebenso lange an seinen Antrag gebunden ist, so daß ein Widerruf bzw eine Rücknahme des Erhöhungsverlangens ausgeschlossen ist. Gleichwohl wird zu Recht überwiegend eine nachträgliche Ermäßigung des Erhöhungsverlangens (ohne Auslösung einer neuen Überlegungsfrist) zugelassen (BARTHELMESS § 2 Rz 122; aM LG Stuttgart NJW1974,1252), während eine nachträgliche Erhöhung ausgeschlossen ist (LG Stuttgart aaO; BARTHELMESS § 2 RZ 121; STERNEL Rz III 148). Möglich ist schließlich auch eine Teilannahme durch den Mieter (unten Rz 101). 53a Ob der Vermieter das Erhöhungsverlangen einseitig zurücknehmen kann (entgegen § 145), ist umstritten. Die Frage hat keine praktische Bedeutung, da der Vermieter ohnehin nicht gezwungen ist, Klage zu erheben, und da feststeht, daß auch bei Rücknahme des Erhöhungsverlangens jedenfalls die Sperrfrist des § 2 Abs 3 S 3 MHRG ausgelöst wird.* 54 4. Begründung a) Das Erhöhungsverlangen muß schriftlich begründet werden (§ 2 Abs 2 S 1 MHRG). Ebenso wie schon bei den § § 1 8 und 24 1. BMG von 1955 verfolgt der Gesetzgeber damit den Zweck, dem Mieter eine Nachprüfung zu ermöglichen, ob das Erhöhungsverlangen des Vermieters berechtigt ist oder nicht, damit er sich während der anschließenden Überlegungsfrist darüber schlüssig werden kann, wie er sich zu dem Verlangen des Vermieters stellen soll.** Zugleich soll der Vermieter durch den Begründungszwang davon abgehalten werden, ein Erhöhungsverlangen „ins Blaue hinein", dh willkürlich und ohne sachliche Rechtfertigung zu stellen (SCHMIDTFUTTERER-BLANK C 8 8 ff; STERNEL RZ I I I 1 5 2 ff). Dadurch sollen die Beziehungen der Parteien versachlicht und die Möglichkeiten zu einer außergerichtlichen Einigung erhöht werden. 54a Das BVerfG (E 49,244, 249 f) hat hieraus den Schluß gezogen, daß die Begründung nicht einen tatbestandlich genau umschriebenen Inhalt haben müsse; der Vermieter brauche insbes nicht die im Gesetz für die Maßgeblichkeit der Vergleichsmiete genannten Merkmale im einzelnen zu belegen; es genüge vielmehr, wenn der Mieter hinreichend präzise Angaben über die Vergleichsobjekte erhalte, um dazu selbst die erforderlichen Erkundigungen anstellen zu können (ebenso BVerfG NJW 1980, 1617 = BVerfGE 53, 352). 55 b) Die Begründung braucht folglich nur soweit zu gehen, daß der Mieter in die Lage versetzt wird, sich ein einigermaßen klares Bild davon zu machen, ob die Forderung des Vermieters berechtigt ist oder nicht. Der Mieter muß maW wenigstens einen gewissen Anhalt dafür haben, daß der Vermieter seine Forderung nicht ins Blaue * Vgl unten Rz 146 sowie AG Stuttgart WuM 1972, 178, 179; AG Flensburg WuM 1973, 62; B A R T H E L M E S S § 2 Rz 110,119; D E R L E D E R , in: AK § 2 M H R G Rz 16; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 8 5 ; STERNEL R z I I I 1 4 3 , 1 9 5 ,
223.
** GrdlegBVerfGE 49,244,249 f = JuS 1979,514 f N r 4 ; BVerfGE 53,352 = JuS 1980,755 Nr 1; LG München I WuM 1981, 52; BReg, Bericht, BT-Dr 8/2610 (Vorbem 69 zu § 1 MHRG) 18; ebenso schon zum 1. BMietG B G H Z 26, 310, 312 f; BGH LM Nr 2, 3 u 6 zu § 24 1. BMG; Nr 26/27 zu § 18 1. BMG; WM 1978, 274, 275.
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2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 56-58
hinein, dh willkürlich gestellt hat, sondern daß die Forderung sachlich fundiert ist, damit er seinerseits die Berechtigung des Vermieterverlangens nachprüfen kann. Eine weitergehende Begründung ist hingegen nicht erforderlich; es ist namentlich nicht statthaft, an die Begründung des Erhöhungsverlangens so hohe Anforderungen zu stellen, wie es nach wie vor häufig in der Praxis geschieht, daß die meisten Erhöhungsverlangen schon hieran scheitern.* c) Das Erhöhungsverlangen ist mithin (nur) unwirksam, wenn der Vermieter ganz auf 56 eine Begründung verzichtet hat oder wenn er lediglich eine solche Begründung gibt, die schon auf den ersten Blick kein Erhöhungsverlangen nach § 2 MHRG zu rechtfertigen vermag, weil sie von ganz falschen Voraussetzungen ausgeht. Beispiele sind bloße Hinweise auf allgemeine Preis- oder Kostensteigerungen, namentlich an Hand der verschiedenen Preisindices (LG Köln WuM 1974, 10; LG Gießen WuM 1975,16; AG Rheine WuM 1974, 84), weiter der Hinweis auf Vermietungsanzeigen in der Tagespresse (LG Köln WuM 1974, 10) oder auf die Höhe der Sozialmieten (AG Lampertheim WuM 1973, 103) sowie schließlich der Hinweis auf den zu erwartenden Finanzbedarf für Hauserneuerungen oder für Instandhaltungsarbeiten (AG Frankfurt WuM 1973, 217). Dasselbe muß gelten, wenn der Vermieter sein Erhöhungsverlangen mit schon auf den ersten Blick unzutreffenden Gutachten oder Mietspiegeln oder mit willkürlich gegriffenen Zahlen und Angaben begründet, weil diese nicht nachprüfbar sind. d) Unter der Geltung des WKSchG I wurden an die Begründung des Erhöhungs- 57 Verlangens von den Gerichten vielfach so hohe Anforderungen gestellt, daß Ansprüche auf Mieterhöhung praktisch nicht mehr durchsetzbar waren. Diese Praxis ist sowohl vom BVerfG (BVerfGE 37,132, bes 142 ff) als auch vom Gesetzgeber des WKSchG II (Begr z RegE, BT-Dr 7/2011,10) mißbilligt worden. Zur „Klarstellung" ist deshalb in den Sätzen 2 und 3 des § 1 Abs 2 MHRG bestimmt worden, daß der Vermieter zur Begründung des Erhöhungsverlangens „insbesondere" Bezug nehmen kann auf eine sog Mietwerttabelle, auf ein begründetes Gutachten eines öffentlich bestellten oder vereidigten Sachverständigen oder auf die Entgelte für idR drei vergleichbare Wohnungen anderer Vermieter. Zu diesen drei vom Gesetzgeber besonders hervorgehobenen Möglichkeiten zur Begründung des Erhöhungsverlangens ist im Folgenden (unten Rz 58 ff) näher Stellung genommen. Zu betonen bleibt jedoch, daß die Aufzählung nicht abschließend ist, so daß auch andere Begründungsmöglichkeiten bestehen (unten Rz 94 ff), sowie daß es hier immer nur um die Begründung des Erhöhungsverlangens geht. Strikt davon zu trennen ist der Beweis der ortsüblichen Vergleichsmiete im Prozeß, der sich ausschließlich nach den allgemeinen Regeln insbes der §§ 286 f ZPO richtet (ebenso BVerfG NJW 1980, 1617). 5. Insbes Mietspiegel* *
58
Nach Abs 2 S 2 des § 2 MHRG kann zur Begründung des Erhöhungsverlangens insbes Bezug genommen werden auf eine Ubersicht über die üblichen Entgelte iS des
B V e r f G N J W 1 9 8 0 , 1 6 1 7 = J u S 1 9 8 0 , 7 5 5 N r 1 ; B G H Z 26, 3 1 0 , 3 1 2 f; B G H L M N r 2 , 3 u 6 zu §
24 1. BGM; Nr 26/27 zu § 18 1. BMG; OLG Hamburg MDR1974,585; LG Hamburg WuM 1973, 169; LG Wuppertal ZMR 1974, 278; AG Stuttgart WuM 1972, 158 = ZMR 1973, 16, 17; BARTHELMESS § 2 Rz 62; GRAF NJW 1976, 1480, 1482. Weitergehende Anforderungen stellen h i n g e g e n o f f e n b a r SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 8 8 ff; STERNEL RZ I I I 153 f.
** S im einzelnen oben Vorbem 34 ff zu § 1 MHRG m Nachw; insbes BReg, Bericht, BT-Dr 7 ( 1 9 7 6 ) 7 5 160 ( u n t e n (895)
Rz
1 4 9 ) ; EMMERICH, in: M i e t p r e i s e r m i t t l u n g
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( 1 9 8 0 ) 4 6 ff; SCHMIDT-
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 59-61
2. Wohnraumkttndiguiigsschutzgesetz
Abs 1 Nr 2 in der Gemeinde oder in einer vergleichbaren Gemeinde, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt ist. Diese Übersichten werden üblicherweise Mietwerttabellen oder Mietspiegel genannt. In letzter Zeit setzen sie sich in der Praxis immer mehr durch (vgl die Übersicht über die bisher veröffentlichten Mietspiegel unten Rz 147). Rund ein Drittel der Bevölkerung soll im Augenblick bereits in Gemeinden mit Mietspiegeln wohnen (vgl aber auch BReg, Bericht, BT-Dr 8/2610, 12). 59 a) Bedeutung Die BReg sieht Mietspiegel als das bei weitem zuverlässigste Erkenntnismittel für die ortsübliche Vergleichsmiete an (Bericht, BT-Dr 7/5160 [unten Rz 149] und Bericht, BT-Dr 8/2610 [Vorbem 59 zu § 1 MHRG] S 12). Dieser Standpunkt der BReg wird von der Praxis nahezu einhellig geteilt (s im einzelnen E M M E R I C H , Anforderungen 51 ff). Insbes die Gerichte ziehen Mietspiegel heute allen anderen Verfahren zur Ermittlung der Vergleichsmiete idR bei weitem vor (LG Mannheim Z M R 1 9 7 7 , 2 8 2 ; LG Hamburg WuM 1977, 210; insbes 1978, 134; 1978, 146 ff; 1979, 63, 64; A G Heilbronn DWW 1977,94). Deshalb wird es teilweise sogar schon als Begründungsmangel angesehen, wenn der Vermieter, der in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 2 Abs 2 M H R G sein Erhöhungsverlangen durch die Beifügung eines Gutachtens oder die Benennung von drei Vergleichsobjekten begründet, dabei nicht gleichzeitig auf einen Mietspiegel jüngsten Datums eingeht (s unten Rz 74 f). 60 Trotz dieser eindeutigen Bevorzugung der Mietspiegel in der Praxis bleibt zu beachten, daß tatsächlich nach wie vor die meisten Mietspiegel mit ganz erheblichen Mängeln behaftet sind (s oben Vorbem 34 ff zu § 1 MHRG). Auch gegenüber der Verwertbarkeit von Mietspiegeln als Erkenntnismitteln für die ortsübliche Vergleichsmiete ist daher jedenfalls dann Zurückhaltung geboten, wenn sie nicht auf gesicherten und nachprüfbaren, empirisch-statistischen Verfahren beruhen, wenn insbes das ausgewertete Datenmaterial nicht repräsentativ oder nicht umfangreich genug ist, um eine Besetzung aller Felder mit mindestens 40 bis 50 wirklich vergleichbaren Wohnungen zu ermöglichen (s BReg, Bericht [unten Rz 149]; LG Wuppertal WuM 1974, 182, 183; LG Mannheim ZMR 1977, 282; A G Stuttgart ZMR 1974, 153, 154). Dabei kann es sich auch durchaus so verhalten, daß der Mietspiegel nur partiell verwertbar, im übrigen jedoch wertlos ist ( S T E R N E L Rz III 160), wenn sich nämlich herausstellt, daß die genannten Anforderungen nur bei einzelnen Feldern erfüllt, bei anderen hingegen nicht erfüllt sind (wie es sehr häufig der Fall ist) (LG Hamburg ZMR 1981, 120). 61 b) Aufstellung aa) Der Mietspiegel muß, um zur Begründung des Erhöhungsverlangens geeignet zu sein, entweder von einer Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam aufgestellt worden sein; gleichsteht der Fall, daß der Mietspiegel zwar nur von einer Seite aufgestellt, sodann aber von der anderen ganz oder teilweise ausdrücklich als richtig anerkannt worden ist, während eine konkludente „Anerkennung", schon aus praktischen Gründen, ausscheiden dürfte (richtig D E R L E D E R , in: AK § 2 M H R G Rz 18). Mietspiegel, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können nicht zur Begründung eines Erhöhungsverlangens verwandt werden. FUTTERER-BLANK C 9 1 f f , 1 5 6 f f ; STERNEL RZ III 1 5 7 f f ; NIEDERBERGER, M i e t s p i e g e l ( 3 . A u f l
1979); ders, Normative Anforderungen an die Aufstellung von Mietspiegeln (1980); ders WuM 1980, 172; BMJustiz, Hinweise, unten Rz 150; BARTHELMESS § 2 Rz 66 ff.
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(896)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 M H R G 62-66
Das gilt zB für „Mietspiegel", die allein von den Interessenvertretern der Vermieter oder der Mieter oder von Maklerverbänden aufgestellt worden sind (LG Essen WuM 1973, 24; A G Oberhausen WuM 1973, 26; A G Stuttgart ZMR 1974, 153, 154). bb) Der Gesetzgeber geht in § 2 Abs 2 S 2 M H R G offenbar von der Vorstellung aus, 62 die Verbände der Vermieter und der Mieter könnten Mietspiegel auch allein, dh ohne Mitwirkung der Gemeinden aufstellen oder besser aushandeln. Demgegenüber bleibt jedoch festzuhalten, daß auch von den Verbänden aufgestellte Tabellen ohne genügende statistische Grundlage wertlos sind (STERNEL Rz III 165; WIETHAUP ZMR 1977, 65 f). Die Interessenvertreter der Mieter und Vermieter haben keine Tarifautonomie, so daß sie insbes keinesfalls befugt sind, das Mietzinsniveau untereinander frei auszuhandeln (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 96; aM offenbar WINTER WUM 1977, 85, 87). Es kommt hinzu, daß auch jedenfalls gegen die ausschlaggebende Mitwirkung der Vermieterverbände an der Aufstellung von Mietspiegeln schwerwiegende, kartellrechtliche Bedenken bestehen (s § 38 Abs 1 Nr 1 1 GWB). cc) Der Mietspiegel muß möglichst aktuell sein. Er darf nicht durch die Entwicklung 63 des Mietzinsniveaus seit seiner Aufstellung überholt sein. Kann diese Entwicklung nicht durch Zu- oder Abschläge ausgeglichen werden, so ist der überaltete Mietspiegel wertlos (BARTHELMESS § 2RZ77; SCHULZ-TRIEGLAFF WuM 1977,249 ff; LG Hamburg WuM 1978, 146 ff). c) Bezugnahme
64
aa) Nach § 2 Abs 2 S 2 M H R G genügt es grundsätzlich zur Begründung des Erhöhungsverlangens, wenn der Vermieter in ihm auf einen von den zuständigen Stellen (oben Rz 61 f) aufgestellten Mietspiegel Bezug nimmt. Unerheblich ist, ob der Mietspiegel Mängel aufweist; hierdurch wird nur seine Eignung als Beweismittel im Prozeß (unten Rz 68), nicht jedoch seine Eignung als Mittel zur Begründung des Erhöhungsverfahrens beeinträchtigt (LG Bonn WuM 1980, 31; DERLEDER, in: AK § 2 M H R G Rz 18; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 93). Anders jedoch, wenn der Mietspiegel von unzuständigen Stellen stammt (oben Rz 61), wenn er schon auf den ersten Blick wertlos ist (oben Rz 56) oder wenn er zu Wohnungen der fraglichen Art gar keine Aussagen enthält; letzteres ist zB der Fall, wenn die entsprechenden Raster im Mietspiegel offen geblieben sind, wenn der Mietspiegel sich selbst nur einen begrenzten Anwendungsbereich zulegt oder wenn die Wohnung zu einem Teilmarkt gehört, über den Mietspiegel ihrer Art nach gar keine Aussagen machen können, wie zB bei möblierten Wohnungen oder bei Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungsb a u u n t e r n e h m e n (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 9 5 ; STERNEL R z I I I 1 6 0 ; L G H a m b u r g ZMR 1 9 8 1 , 1 2 0 ) .
bb) Der in Bezug genommene Mietspiegel muß dem Erhöhungsverlangen grundsätz- 65 lieh beigefügt werden (STERNEL RZ III 163; sehr str). Darauf kann nur in Ausnahmefällen verzichtet werden, wenn der Mietspiegel veröffentlicht und allgemein zugänglich ist (LG Köln ZMR 1976, 215; A G Köln WuM 1977, 85; WIETHAUP ZMR 1977, 65, 66). In diesem Fall muß der Vermieter dem Mieter aber zumindest mitteilen, wo der Mietspiegel für ihn kostenlos zugänglich ist (LG Ravensburg MDR 1 9 7 9 , 2 3 1 Nr 6 2 ) . cc) Aus dem Zweck des Begründungserfordernisses (oben Rz 54) wird darüber 66 hinaus überwiegend zu Recht der Schluß gezogen, daß der Vermieter in dem Erhöhungsverlangen seine Wohnung an Hand der Unterscheidungsmerkmale des Mietspiegels so genau beschreiben muß, daß der Mieter auf Anhieb die betreffende Gruppe und Untergruppe des Mietspiegels finden und daraus ablesen kann, ob das (897)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 67-69 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Verlangen des Vermieters berechtigt ist oder nicht.* Denn nur dann ist der Mieter in der Lage, das Erhöhungsverlangen an Hand des Mietspiegels darauf zu überprüfen, ob es sachlich gerechtfertigt ist. 67 Folglich muß der Vermieter stets zumindest diejenigen Tatsachen angeben, die die von ihm vorgenommene Einordnung der Wohnung in die Felder und Raster des Mietspiegels rechtfertigen, es sei denn, diese Umstände seien dem Mieter ohnehin ohne weiteres bekannt (AG Dortmund WuM 1980, 64); differenziert zB der Mietspiegel nach Baujahren, so muß der Vermieter idR dem Mieter auch das Baujahr seines Hauses mitteilen (LG Köln ZMR 1976, 215 m Anm W WEIMAR). Macht der Vermieter Zu- oder Abschläge, so muß er auch dies ebenso wie etwa die Verwendung von Mietspiegeln von Nachbargemeinden rechtfertigen (AG Siegburg WuM 1978, 241; DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 18 Abs 2). Eine besonders eingehende Begründung wird schließlich idR nötig sein, wenn der Vermieter mit seiner Forderung bis an die obere Grenze der in dem Mietspiegel genannten Spanne geht; ohne eine solche Begründung wird der Vermieter hingegen idR nur den Mittelwert des Mietspiegels verlangen können (LG Mannheim ZMR 1977,284; AG Köln WuM 1977,76; 1980,18; WINTER WuM 1977, 85, 88; zust offenbar BReg, Bericht BT-Dr 8/2610, 12). 68 e) Prozessuales Kommt es im Anschluß an das Erhöhungsverlangen des Vermieters zum Prozeß, so hat der Mietspiegel nur die Funktion eines Parteigutachtens und ist deshalb wie der gesamte Parteivortrag vom Gericht frei zu würdigen. Folglich muß, wenn der Mieter die Richtigkeit des Mietspiegels oder der vom Vermieter vorgenommenen Einstufung der fraglichen Wohnung substantiiert bestreitet, vom Gericht hierüber Beweis erhoben werden. Als Beweismittel wird dabei in aller Regel neben der Augenscheinseinnahme nur die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht kommen, sofern nicht das Gericht zur Schätzung nach § 287 Abs 2 ZPO greifen will.** Haben sich die Gerichte freilich einmal von der Zuverlässigkeit eines Mietspiegels überzeugt, so gehen sie in aller Regel auch substantiierten Einwendungen gegen die Richtigkeit des Mietspiegels nicht mehr nach, sondern beschränken sich auf die Prüfung der Frage, ob die vom Vermieter vorgenommene Einordnung der Wohnung in die Felder, Raster und Spannen des Mietspiegels zutrifft (insbes LG Hamburg WuM 1978, 146 ff). 69 6. Insbes Sachverständigengutachten Nach § 2 Abs 2 S 2 MHRG kann zur Begründung des Erhöhungsverlangens außerdem auch auf ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten oder vereidigten Sachverständigen Bezug genommen werden (vgl insbes m Nachw SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 9 6 f f ; STERNEL RZ I I I 1 6 6 f f ; BARTHELMESS § 2 R z
82 ff). * Vgl im einzelnen LG Bielefeld ZMR 1977, 190; L G Köln WuM 1977, 143; Z M R 1978, 309; LG Düsseldorf WuM 1980,41; LG Wuppertal WuM 1974,182,184; A G Dortmund WuM 1980,64; A G Stuttgart Z M R 1974, 153, 154; A G Köln WuM 1976, 155; Z M R 1976, 284 f; WuM 1977, 212, 213; 1980, 18; AG Hagen WuM 1977, 212; B A R T H E L M E S S § 2 Rz 80; S C H M I D T F U T T E R E R - B L A N K C 94 ff; D E R L E D E R , in: AK § 2 M H R G Rz 18; W A N G E M A N N WuM 1976, 21, 24 f; W I E T H A U P ZMR 1977,65,66; aM A G Siegen ZMR 1976,157,158; B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 M H R G Rz 14; H A S C H M I D T W U M 1976, 41, 42. ** Vgl zB LG Mannheim WuM 1978, 32; A G Aachen WuM 1977, 13; A G Köln WuM 1976, 127, 1 2 8 ; BARTHELMESS § 2 R z 8 1 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 9 6 , 1 3 7 , 1 5 1 f f ; STERNEL R z I I I 1 6 4 f ; H A SCHMIDT W u M
1 9 7 6 , 4 1 , 4 2 ; WANGEMANN W u M
1 9 7 6 , 2 1 , 2 2 f.
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(898)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 70-73
a) Bedeutung
70
In der Praxis spielen Gutachten als Begründungsmittel nur noch dort eine (erhebliche) Rolle, wo noch keine Mietspiegel aufgestellt sind; die Gerichte begegnen jedoch (mit Recht) solchen Gutachten durchweg mit großer Skepsis, weil in der Tat die Sachkunde vieler (angeblicher) Sachverständigen gerade auf dem hier fraglichen Gebiet höchst zweifelhaft ist (s B R e g , Bericht, B T - D r 8 / 2 6 1 0 [Vorbem 6 9 zu § 1 M H R G ] 12 f). Auf der anderen Seite darf man jedoch auch nie aus dem Auge verlieren, daß das Sachverständigengutachten hier (ebenso wie der Mietspiegel) (nur) die Aufgabe hat, das Erhöhungsverlangen zu begründen, dh für den Mieter plausibel zu machen. Mit einem gerichtlichen Sachverständigengutachten darf das Gutachten daher hier nicht verwechselt werden (vgl auch unten R z 77 f). b) Auswahl 70a Zugelassen sind nur Gutachten öffentlich bestellter oder vereidigter Sachverständiger, also nur solcher Personen, die nach § 36 Abs 1 G e w O als Sachverständige bestellt sind (aM für Gutachter der Industrie- und Handelskammern L G Hamburg Z M R 1980, 2 4 8 ) . Erforderlich ist außerdem, daß der Sachverständige gerade für das hier fragliche Gebiet, nämlich für den Wohnungsmarkt bestellt ist. Gutachten anderer Personen und Stellen sowie Gutachten von Sachverständigen für andere Gebiete sind mithin zur Begründung des Erhöhungsverlangens nicht geeignet.* Dies gilt namentlich für die verbreiteten „Gutachten" der Haus- und Grundstücksbesitzervereine oder der Maklerverbände, ebenso aber auch für Gutachten oder Auskünfte amtlicher Stellen. Derartige „Gutachten" und Auskünfte können allenfalls als sog „sonstige" Beweismittel Verwendung finden (s unten R z 9 5 ) .
c) Inhalt
71
aa) Die Bezugnahme auf das Gutachten soll die Begründung des Erhöhungsverlangens ersetzen. Daraus folgt unmittelbar, daß das Gutachten dem Erhöhungsverlangen als Anlage beigefügt werden muß, weil anders dem Mieter die Nachprüfung der Vermieterforderung nicht möglich ist; das bloße Angebot der Einsichtnahme reicht daher nicht aus.** bb) D e r Sachverständige muß bei der Anfertigung des Gutachtens objektiv und 7 2 neutral vorgegangen sein. Gutachten, denen ihre Einseitigkeit auf die Stirn geschrieben ist, sind wertlos und daher zur Begründung eines Erhöhungsverlangens nicht g e e i g n e t (MARIENFELD Z M R 1 9 7 6 , 2 5 7 , 2 5 9 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 7 , 2 5 7 , 2 5 8 f ) .
cc) Das Gutachten muß schließlich mit Gründen versehen sein. Das Ausmaß der 7 3 hiernach erforderlichen Begründung richtet sich nach dem Zweck des Begründungserfordernisses überhaupt ( o b e n R z 5 4 ; s i m übrigen DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 1 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 9 8 ; STERNEL RZ I I I
1 6 8 f ) . F o l g l i c h m u ß die
Begründung in jedem Fall dem Mieter in nachvollziehbarer Weise Aufschluß über die
* S unten Rz 96; ebenso OLG Oldenburg WuM 1981, 55; LG Bückeburg WuM 1980,12, 13; AG Schöneberg W u M 1 9 8 0 , 2 0 7 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 1 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C
97; aM STERNEL RZ III 166 unter Hinweis auf wissenschaftliche Gutachten von Forschungs- oder Universitätsinstituten, die aber ohne weiteres als sonstige Begründungsmittel Verwendung finden können; LG Hamburg ZMR 1980, 248. * * L G Duisburg Z M R 1 9 7 3 , 2 1 6 ; L G B a m b e r g W u M 1 9 7 6 , 1 6 7 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 9 9 ;
STERNEL RZ III 166; W WEIMAR WuM 1976, 89; ders Betrieb 1977, 854; ders B1GBW 1977, 158; WIETHAUP Z M R 1 9 7 7 , 6 5 , 6 6 ; a M z B L G Braunschweig W u M 1 9 7 7 , 10, 11.
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Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 74, 75 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
ortsübliche Vergleichsmiete vermitteln, die hierfür maßgebenden Tatsachen angeben und die Verfahren benennen, auf Grund derer der Sachverständige aus den genannten Tatsachen die Höhe der Vergleichsmiete erschlossen hat (vgl zB zuletzt A G Friedberg WuM 1980, 41; A G Siegburg WuM 1980, 42; LG Darmstadt WuM 1981,111). In aller Regel, wenn auch vielleicht nicht immer notwendig, wird dazu die Benennung von Vergleichswohnungen gehören.* Außerdem muß sich der Sachverständige die Wohnung des Mieters ansehen und dazu Stellung nehmen (LG Hamburg WuM 1980, 64; A G Köln WuM 1980, 201, 202; LG Hannover WuM 1981, 31; BVerfG WuM 1981, 31 f). 74 Wo Mietspiegel existieren, muß der Sachverständige auch dazu Stellung nehmen, da nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Sachverständige über umfangreicheres Datenmaterial als die Aufsteller von Mietspiegeln verfügt (LG Stuttgart NJW 1974, 1252; A G Hamburg ZMR 1977, 28; A G Mainz WuM 1977, 101; PÜTZ WuM 1978,101,103; aM BARTHELMESS § 2 RZ 69; S schon oben Rz 59). Und wo, wie etwa in Hamburg, eine amtliche Wohngeldstatistik existiert, muß der Sachverständige schließlich auch noch auf diese in seinem Gutachten eingehen (LG Hamburg MDR 1976, 934). IdR wird sich deshalb der Sachverständige in diesen Fällen auf die Einordnung der Mietwohnung (nach deren Besichtigung, oben Rz 73) in den Mietspiegel beschränken können. 75 Vor allem aber muß das Gutachten von einem zutreffenden Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete ausgehen. Wegen der bekannten Oberflächlichkeit vieler Parteigutachten sind namentlich insoweit strenge Anforderungen angebracht. Daher können Gutachten, die sich in einer bloßen Beschreibung der Beschaffenheit der fraglichen Wohnung erschöpfen und daraus unter Berufung auf die (angebliche) Sachkunde des Sachverständigen Schlüsse auf die dafür übliche oder gar angemessene Miete ziehen, ebensowenig akzeptiert werden wie Gutachten, die überwiegend oder gar allein auf Kosten- oder Rentabilitätsgesichtspunkte abstellen; dasselbe gilt für Gutachten, die aus dem Anstieg irgendwelcher Preisindices die Notwendigkeit von Mietzinserhöhungen herleiten oder sich auf summarische Schätzungen ohne jede Begründung beschränken. In allen diesen Fällen beruhen die Gutachten auf einer ganz falschen Fragestellung oder machen doch jedenfalls dem Mieter eine Nachprüfung der Angaben des Vermieters über die Höhe der Vergleichsmiete unmöglich. Solche „Gutachten" sind daher wertlos.**
* Vgl im einzelnen LG Mannheim NJW 1973, 712; DWW 1978, 110; WuM 1978, 131 ff; LG Aachen MDR 1973, 411; LG Frankenthal WuM 1977, 75; LG Gießen WuM 1978, 71, 72; LG Krefeld BB 1979, 190, 191 (nur in anonymisierter Form); AG Bremen WuM 1978, 215; AG Staufen WuM 1977,188; AG Hannover WuM 1977,170, 171; LG Stuttgart WuM 1974,83; LG Hannover WuM 1977, 100, 101; 1978, 33; 1978, 144; LG Hamburg WuM 1977, 36, 37; MDR 1976, 934; AG Mannheim WuM 1974, 57; AG Schlüchtern WuM 1976, 209; 1976, 266; AG Lübeck WuM 1980, 109; zahlr weitere Nachw bei POTZ WuM 1978, 101, 102 f; vgl außerdem i n s b e s SCHOPP Z M R 1 9 7 7 , 2 5 7 , 2 5 8 f ; WANGEMANN W u M 1 9 7 6 , 2 1 , 2 4 ; L G K ö l n W u M 1 9 8 0 , 7 8 ;
AG Bonn WuM 1980, 79; aM, insbes was die Notwendigkeit zur Benennung von Vergleichswohnungen angeht, zB LG Hof WuM 1977, 232; LG Lübeck DWW 1977, 92 f; LG Traunstein WuM 1979, 81 f; A G Dortmund WuM 1977, 38; AG Staufen WuM 1977, 188; AG Hamburg-Altona Z M R 1 9 7 7 , 2 4 6 = B e t r i e b 1 9 7 7 , 4 9 4 ; MARIENFELD Z M R 1 9 7 6 , 2 5 7 , 2 5 9 ; W WEIMAR W u M 1 9 7 6 ,
89 f; vgl auch für gerichtliche Sachverständige LG Hannover MDR 1980, 758 f (u Rz 78). ** L G Hof W u M 1 9 7 7 , 2 3 2 ; L G L ü n e b u r g W u M 1 9 7 9 , 1 5 3 ; A G Lübeck W u M 1 9 7 7 , 5 9 ; A G Goslar W u M 1 9 8 0 , 2 0 7 ; A G D a r m s t a d t W u M 1 9 7 6 , 3 2 ; PÜTZ W u M 1 9 7 8 , 1 0 1 , 1 0 2 f ; SCHOPP Z M R
1977, 257, 2 5 8 f; STERNEL RZ III 168 f; WANGEMANN W u M 1976, 21, 24; s auch u n t e n R z
96.
Volker Emmerich
(900)
2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 76-79
Unverwertbar sind schließlich auch zeitlich völlig überholte Gutachten (AG Köln 76 WuM 1 9 7 6 , 1 0 3 ; STERNEL RZ I I I 1 6 7 ) sowie Gutachten, die sich auf andere Wohnungen beziehen, sofern nicht der Vermieter dartut, daß diese anderen Wohnungen mit der Mieterwohnung in jeder Hinsicht völlig vergleichbar sind (LG Hannover WuM 1981, 31). d) Prozessuales
77
aa) Kommt es auf Grund des Erhöhungsverlangens des Vermieters zu einem Prozeß mit dem Mieter, so hat das vom Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens vorgelegte Sachverständigengutachten nur die Bedeutung eines Parteigutachtens, dessen Beweiswert vom Gericht frei zu würdigen ist (§ 286 ZPO).* Folglich muß, wenn der Mieter substantiiert den Vortrag des Vermieters bestreitet, auch über die von dem Sachverständigen in seinem Gutachten aufgestellten Behauptungen in vollem Umfang Beweis erhoben werden, sofern nicht das Gericht zur Schätzung nach § 287 Abs 2 ZPO greifen will, zB weil schon ein Mietspiegel vorliegt, auf den sich das Gericht verlassen kann. Als Beweismittel wird hier idR nur die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens in Betracht kommen (§§ 402 ff ZPO). An ein solches gerichtliches Gutachten über die Höhe der Vergleichsmiete sind 78 wesentlich strengere Anforderungen hinsichtlich Inhalts und Begründung als an das vom Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens vorgelegte Gutachten zu stellen (LG Traunstein WuM 1 9 7 9 , 81, 8 2 ; SCHOPP ZMR 1 9 7 7 , 2 5 7 , 2 5 9 ) ; vor allem muß sich der gerichtliche Sachverständige, wenn er fundierte Aussagen über die ortsübliche Vergleichsmiete machen will, stets auf einen wirklich repräsentativen Querschnitt an vergleichbaren Wohnungen stützen und dies im einzelnen belegen (s dazu eingehend SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 145 ff; STERNEL RZ III 2 1 5 f). Jedoch braucht er die Adressen seiner Vergleichswohnungen nicht unbedingt zu nennen (LG Hannover MDR 1980, 758 f). bb) Die Begründung des Erhöhungsverlangens ist nach § 2 Abs 2 MHRG Sache des 79 Vermieters; damit verbundene Kosten einschließlich der Kosten eines Sachverständigengutachtens muß daher grundsätzlich der Vermieter tragen (aM Voraufl Rz 79). Das kann auch nicht anders sein, wenn es anschließend zum Rechtsstreit kommt und der Vermieter darin gewinnt, so daß an sich der Mieter die Kosten tragen muß (§91 ZPO); denn dazu gehören nur Kosten des Rechtsstreits selbst und dessen unmittelbarer Vorbereitung, nicht hingegen die Kosten des vorgeschalteten Vorverfahrens.** Die Frage ist freilich sehr umstr. Vielfach wird dem Vermieter auch ein Anspruch auf Ersatz der Gutachtenkosten zugebilligt, wobei wiederum str ist, ob dies generell*** oder nur unter den engen Voraussetzungen gelten soll, unter denen auch sonst eine Erstattung der Kosten für vorprozessuale Parteigutachten nach § 91 ZPO in Betracht kommt.**** * L G Braunschweig W u M 1 9 7 7 , 1 0 ; L G Traunstein W u M 1 9 7 9 , 8 1 , 82; L G Mainz W u M 1 9 7 9 , 2 5 0 , 2 5 1 ; BARTHELMESS § 2 R z 8 7 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 9 9 a , 1 4 4 ; STERNEL RZ I I I 1 7 0 .
** LG Bückeburg ZMR 1979, 19 = WuM 1979, 130; LG Hannover WuM 1979, 130 f; LG Mainz WuM 1979, 250 f; LG Berlin MDR 1980,497 Nr 50; AG Bonn WuM 1979,169 f; AG Hamburg W u M 1 9 8 0 , 4 2 ; STERNEL R Z V I 3 6 ; BAUMBACH-LAUTERBACH-HARTMANN, Z P O ( 3 9 . A u f l 1 9 8 1 )
§ 91 Anm 5 „Vorbereitungskosten"; LG Ellwangen MDR 1981, 232. *** LG Hagen ZMR 1978,91; LG München DWW 1978,262; ZMR 1979, 83; MDR 1979,403 Nr 62; LG Dortmund DWW 1978, 262; LG Bremen WuM 1976, 210 = ZMR 1979, 20 Nr 17; LG H a n n o v e r W u M 1 9 8 0 , 1 6 3 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 M H R G R z 16.
**** LG Wiesbaden WuM 1980,13; LG Hannover WuM 1980,13,14; LG Heidelberg WuM 1980, 32 f; LG Baden-Baden ZMR 1980, 152, 153; DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 19; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 0 0 . (901)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 80-84 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz
80 7. Insbes Vergleichsobjekte Der Vermieter kann sein Erhöhungsverlangen schließlich auch noch dadurch begründen, daß er auf entsprechende Entgelte für vergleichbare, andere Wohnungen hinweist, wobei idR die Benennung von drei Wohnungen anderer Vermieter genügt (§ 2 Abs 2 S 3 MHRG). 81 a) Bedeutung aa) Unter der Geltung des Art 1 § 3 WKSchG I hatten die Gerichte durchweg zur Begründung des Erhöhungsverlangens nur die Benennung von Vergleichswohnungen zugelassen und dabei häufig, und zwar namentlich, was die Zahl der zu benennenden Vergleichswohnungen angeht, so hohe Anforderungen gestellt, daß die meisten Erhöhungsverlangen praktisch schon an der Unerfüllbarkeit dieser Anforderungen scheiterten. Diese Praxis hatte indessen weder die Billigung des BVerfG (BVerfGE 37, 132, 142 ff) noch die des Gesetzgebers des WKSchG II gefunden (Begr z RegE, BT-Dr 7/2011 S 10). Deshalb wurde „zur Klarstellung" in S 3 des § 2 Abs 2 MHRG hinzugefügt, daß zur Begründung des Erhöhungsverlangens idR (auch schon) die Benennung dreier vergleichbarer Wohnungen anderer Vermieter ausreicht. 82 bb) Zweck dieser Vorschrift ist es mithin auch, dem Vermieter durch Herabsetzung der Anforderungen an die Begründung des Erhöhungsverlangens die Durchsetzung seines legitimen Anspruchs auf Anpassung des Mietzinses an die ortsübliche Vergleichsmiete gegenüber der Situation unter dem WKSchG I zu erleichtern. Dieser Zweck des Gesetzes ist in der bisherigen Praxis zu § 2 Abs 2 S 3 MHRG noch nicht durchweg in ausreichendem Maße berücksichtigt worden (dagegen grdleg BVerfGE 49, 244, 249 f = JuS 1979, 514 Nr 4; BVerfGE 53, 352 = JuS 1980, 755 Nr 1). In der heutigen Praxis spielt diese Begründungsform freilich nur noch eine untergeordnete Rolle; neben Mietspiegeln kommt ihr naturgemäß überhaupt keine Bedeutung mehr bei (BReg, Bericht, BT-Dr 8/2610 [Vorbem 69 zu § 1 MHRG] 13). 83 cc) Die Möglichkeit zur Begründung des Erhöhungsverlangens mit (nur) drei Vergleichswohnungen ist durchaus problematisch (STERNEL RZ III 171). Zunächst liegt es auf der Hand, daß drei (willkürlich ausgewählte) Vergleichswohnungen keinerlei Aufschluß über das Niveau des Marktmietzinses zu geben vermögen; vor allem aber besteht die große Gefahr, daß der Vermieter das Mietzinsniveau durch die Benennung allein solcher Wohnungen manipuliert, die erheblich überteuert sind. Diese Problematik ist auch der eigentliche Grund dafür, daß die Gerichte trotz der w i e d e r h o l t e n Kritik d e s B V e r f G ( E 3 7 , 1 3 2 ; 4 9 , 2 4 4 ; N J W 1 9 8 0 , 1 6 1 7 ) n a c h wie vor
verbreitet erhebliche, zusätzliche Anforderungen an die Bezeichnung und nähere Beschreibung der Vergleichswohnungen stellen. 84 b) Bezeichnung aa) Nach § 2 Abs 2 S 3 MHRG genügt zur Begründung des Erhöhungsverlangens (ua) idR die Benennung von drei Wohnungen anderer Vermieter. Mit Rücksicht auf die Entstehungsgeschichte dieser Regelung (oben Rz 81) ist umstritten, ob mit der Benennung der anderen Wohnungen dem Mieter lediglich die Möglichkeit eröffnet werden soll, diese Wohnungen selbst auf ihre Vergleichbarkeit zu überprüfen und sich dergestalt ein Bild von der Berechtigung der Vermieterforderung zu verschaffen, oder ob der Mieter (darüber hinaus) auch die Möglichkeit erhalten soll, allein auf Grund der Begründung des Erhöhungsverlangens dessen Berechtigung zu überprüfen. Folgt man der zuerst genannten Ansicht, so genügt es, wenn die Vergleichswohnungen nach Adresse, Geschoß, Quadratmeter-Preis und Namen der VertragsparVolker Emmerich
(902)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 85-86 a
teien oder auch nur des Mieters bezeichnet werden, während nach der weitergehenden Auffassung (zusätzlich) auch die Angabe zumindest der wesentlichen Wohnwertmerkmale erforderlich ist (vgl STERNEL Rz III 173). Es ist unverkennbar, daß der Zweck des Begründungserfordernisses (s oben Rz 54 f) 85 eindeutig für die zuletzt genannte, weitergehende Meinung spricht, die auch die Angabe der Wohnwertmerkmale verlangt. Dennoch hat sich das BVerfG für die andere Meinung entschieden (BVerfGE 49, 244, 249 f; NJW 1980,1617 ff), so daß es genügt, wenn die Vergleichswohnungen so bezeichnet sind, daß der Mieter sie auffinden und auf ihre Vergleichbarkeit überprüfen kann, während zusätzliche Angaben zu den Wohnwertmerkmalen und damit zu der Vergleichbarkeit der Wohnungen entbehrlich sind (zust BReg, Bericht, BT-Dr 8/2610 S 13). Hierbei ist jedoch übersehen, daß der Mieter idR gar nicht in der Lage ist, die vom Vermieter benannten Vergleichsobjekte auf ihre Vergleichbarkeit zu überprüfen, und daß ihm dies idR auch gar nicht zuzumuten sein wird (kritisch deshalb auch D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 20; STERNEL R Z I I I 173 ff; zust hingegen S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 103 f; dies MDR 1975, 1, 2). bb) In der Praxis schwanken die Anforderungen an die Bezeichnung der Vergleichs- 86 Objekte nach wie vor ganz erheblich (vgl die Kritik in BVerfGE 49, 244, 250!). Während verschiedene Gerichte dem BVerfG folgen (zB LG Göttingen WuM 1980, 59) und dabei zT sogar auf die Benennung der Mietvertragsparteien verzichten (zB LG Freiburg WuM 1979,15,16; LG Aachen WuM 1976,168 f; LG Kiel WuM 1979, 128), halten andere daran fest, daß die Wohnwertmerkmale wenigstens im wesentlichen oder doch im Groben angegeben werden müssen.* So wird zB die Angabe verlangt, wann der Vertrag über die Vergleichswohnung abgeschlossen worden ist (AG Achern WuM 1975,41,42; aM LG Düsseldorf MDR 1974, 319), ob es sich bei den angeführten Häusern um Zwei- oder Mehrfamilienhäuser handelt sowie wie groß die Wohnfläche und die Zahl der Zimmer ist (LG Mannheim NJW 1974,1253; WuM 1976, 101). Auch Größe, Lage, Baujahr und Ausstattung des bezeichneten Hauses sollen genannt werden (LG Hagen WuM 1976, 265). Indessen wird sich diese Praxis angesichts der Entscheidungen des BVerfG (E 49, 244; NJW 1980, 1617 ff) wohl nicht mehr halten lassen, soviel auch für sie sachlich sprechen mag. cc) Festzuhalten ist aber daran, daß die Vertragsparteien (AG München ZMR 1976, 86a 284) und bei Mehrfamilienhäusern die Lage der Vergleichswohnungen so genau bezeichnet werden müssen, daß der Mieter sie sofort ohne weiteres zu finden vermag, ohne auf umständliche Rückfragen angewiesen zu sein (LG Hagen WuM 1976, 265; LG Hannover WuM 1976, 235). Auch zählen solche Wohnungen nicht, die der Mieter nicht besichtigen kann, namentlich weil ihr Inhaber dem Mieter den Zutritt verweigert (LG Hannover WuM 1980,79; vgl aber BVerfG NJW 1980,1617 ff). Auf keinen Fall genügt schließlich der bloße Hinweis auf eine beliebige Anzahl von Wohnungen mit Angaben über deren Lage und Quadratmeterpreis (LG Hannover WuM 1977, 231). * Vgl insbes OLG Hamburg MDR 1974, 585, 586; LG Mannheim NJW 1974, 1243; WuM 1976, 101; LG München DWW 1977, 184; LG Hannover WuM 1976, 235; 1977, 231; 1978, 9; LG D o r t m u n d Z M R 1 9 7 4 , 3 3 8 ; L G Düsseldorf M D R 1 9 7 4 , 3 1 9 ; A G D o r t m u n d W u M 1 9 7 4 , 1 0 6 ; A G
Hannover WuM 1974, 55,56; AG Kiel WuM 1973,49; AG Achern WuM 1975,41,42; AG Köln W u M 1975,39,40; L G Bamberg W u M 1976,167,168; L G Hagen W u M 1976,265; L G Frankfurt
WuM 1976, 31, 32; AG Gelsenkirchen WuM 1977, 12 m Anm TIEFENBACHER; AG Trier WuM 1978, 10; A G M ü n c h e n Z M R 1976, 2 8 4 m A n m KRONBERGER Z M R 1977, 8 8 ; BARTHELMESS § 2 R z 9 3 ff; GRAF N J W 1 9 7 6 , 1 4 8 0 , 1 4 8 2 ; POTZ W U M 1 9 7 8 , 101 f; WIETHAUP Z M R 1977, 65, 66. (903)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 97-92
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
87 Ebensowenig kann es als genügende Begründung anerkannt werden, wenn einfach von einer Datenzentrale unter Angabe eines bestimmten Mietpreises nur über diesem Preise liegende Vergleichswohnungen abgerufen werden, weil andernfalls das Vergleichsmietenniveau mittels des Einsatzes elektronischer Datenverarbeitungsanlagen beliebig manipuliert werden könnte (AG Hamburg WuM 1978, 73; LG Hamburg WuM 1978, 146, 149 f; DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 20). 88 c) Anzahl Das Gesetz ( § 2 Abs 2 S 3) verlangt für den Regelfall ohne Rücksicht auf die Größe der Gemeinde die Anführung von (höchstens) drei Vergleichswohnungen anderer Vermieter; mehr Vergleichsobjekte braucht der Vermieter daher selbst in Großstädten nicht zu nennen (STERNEL RZ III 172). Erforderlich ist nur, daß die Wohnungen in derselben Gemeinde liegen und (verschiedenen) anderen Vermietern gehören (s oben Rz 38; AG Wuppertal WuM 1977, 232; AG Jülich WuM 1980, 41). Auf andere, eigene Wohnungen kann sich der Vermieter nie berufen (s aber AG Bergheim WuM 1980, 86; wie hier AG Wolfsburg WuM 1981, 110). 89 Ob sich der Vermieter auch auf weniger als 3 Vergleichsobjekte berufen kann, ist fraglich (dagegen STERNEL Rz III 172). Für Ausnahmefälle wird dies häufig bejaht, so wenn zB vergleichbare Wohnungen in derselben Gemeinde oder in einer Nachbargemeinde nur mit größten Schwierigkeiten oder gar nicht aufzufinden sind, weil es sich etwa um eine einmalige Luxuswohnung in einem Schloß handelt (BARTHELMESS § 2 Rz 9 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 0 1 ; DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 2 0 ) . Indessen paßt für solche Fälle die gesetzliche Regelung ohnehin nicht, da sich in ihnen ein Marktpreis als Durchschnittspreis gar nicht bilden kann und daher auch nicht ermitteln läßt. Hier bleibt daher in der Tat nichts anderes übrig als die freie, richterliche Schätzung des nach den gesamten Marktverhältnissen „angemessenen" Mietzinses (§ 287 ZPO). 90 d) Vergleichbarkeit Schließlich ist noch erforderlich, daß die vom Vermieter benannten, anderen Wohnungen mit der fraglichen Wohnung des Mieters nach Wohnwertmerkmalen vergleichbar sind (s oben Rz 26 ff). Fehlt es hieran, so liegt keine wirksame Begründung des Erhöhungsverlangens vor, so daß eine etwaige, nachfolgende Zustimmungsklage unbegründet ist (LG Lüneburg WuM 1 9 8 0 , 4 1 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK C 104).
91 Das Erhöhungsverlangen ist folglich nicht ordnungsgemäß begründet, wenn die Wohnungen schon auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben, sondern verschiedenen Märkten angehören (eingehend STERNEL RZ III 172), wenn zB die Vergleichswohnungen billiger als die fragliche Wohnung sind (LG Hamburg WuM 1 9 7 8 , 1 9 3 ) , wenn Neubau- mit Altbauwohnungen verglichen werden (AG Hamburg WuM 1 9 8 0 , 1 8 ) oder wenn die angeführten, anderen Wohnungen gar nicht vermietet sind (LG Kiel WuM 1977, 36). Hingegen ist nicht erforderlich, daß die Wohnungen auch hinsichtlich ihrer Größe übereinstimmen (soBVerfGNJW 1 9 8 0 , 1 6 1 7 ff = JuS 1 9 8 0 , 7 5 5 Nr 1 ; aM zB LG Hamburg WuM 1 9 7 6 , 2 0 8 , 2 0 9 ; 1 9 8 0 , 6 4 ; AG Hamburg WuM 1 9 8 0 , 135). 92 e) Prozessuales Bestreitet der Mieter im Prozeß die Vergleichbarkeit der vom Vermieter aufgeführten Vergleichswohnungen oder die Richtigkeit der vom Vermieter über diese Wohnungen gemachten Angaben oder leugnet er, daß der Mietzins für diese Vergleichswohnungen repräsentativ für das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete Volker Emmerich
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2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 93-96 a
ist, so muß über alle diese Fragen in vollem Umfang Beweis erhoben werden. Dem Vermieter steht es dabei frei, seine Angaben zu ergänzen und auch andere Beweismittel anzuführen (s unten Rz 129 ff; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 102). Die Beweiserhebung durch Augenscheinseinnahme setzt freilich stets die Einwilli- 93 gung der Mieter der Vergleichswohnungen voraus (BVerfGE 37, 132, 147). Vermieter oder Mieter können jedoch im Rechtsstreit jederzeit die Vermieter oder die Mieter der Vergleichswohnungen als Zeugen benennen. Im übrigen wird vor allem die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht kommen. 8. Andere Begründungen
94
Die im Gesetz näher geregelten Beweismittel sind nicht die einzigen zulässigen, mit denen der Vermieter sein Erhöhungsverlangen begründen kann; vielmehr sind auch alle anderen Beweismittel zugelassen, sofern nur die Angaben für den Mieter nachprüfbar bleiben (Begr z RegE, BT-Dr 7/2011, 10; vgl auch die Aufzählung in dem Bericht der BReg [unten Rz 149] S 11). Als sog sonstige Beweismittel kommen namentlich Gutachten oder Urteile über 95 v e r g l e i c h b a r e W o h n u n g e n (BARTHELMESS § 2 RZ 1 0 1 ff; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
C 105; dies MDR 1975, 1), die amtliche Wohngeldstatistik (LG Hamburg MDR 1976, 934; WuM 1978, 134; 1978, 146 ff; AG Hamburg WuM 1978, 73 gegen A G Hamburg ZMR 1977, 28, 29), sog Mietgutachten oder Auskünfte der Gemeinden (oben Rz 70) sowie vor allem die Offenkundigkeit der Ortsüblichkeit eines b e s t i m m t e n Mietzinses in B e t r a c h t ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 M H R G R z 17).
Ungeeignet auch als sonstige Beweismittel sind hingegen in aller Regel Gutachten 96 und Auskünfte anderer Stellen und Verbände* sowie vor allem der bloße, allgemeine Hinweis des Vermieters auf den Anstieg seiner Kosten oder der allgemeinen Kosten der Lebenshaltung, auf Rentabilitätsberechnungen und auf sonstige Statistiken und Indices.** Nachträgliche Begründung
96a
Ohne eine Begründung, die den Anforderungen des § 2 Abs 2 MHRG genügt, ist das Erhöhungsverlangen unwirksam. Dieser Mangel kann auch nicht durch eine Nachholung der Begründung geheilt werden, weil andernfalls die Uberlegungsfrist für den Mieter in unzulässiger Weise verkürzt würde (LG Bückeburg WuM 1980, 12, 13; STERNEL RZ III 185 f). Wenn jedoch die nachträgliche Begründung mit dem Erhöhungsverlangen in engem, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht, können beide durchaus als Einheit angesehen werden mit der Folge, daß die Uberlegungsfrist für den Mieter ab Zugang der Begründung läuft (DERLEDER, in: AK § 2 M H R G R z 2 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 108; e n g e r STERNEL R z I I I 187).
Diese Frage darf nicht mit der anderen verwechselt werden, ob der Vermieter im Rechtsstreit Gründe nachschieben kann (dazu unten Rz 129 ff), und auch nicht mit * oben Rz 70; AG Fürth/Odenwald WuM 1973, 102; AG Bensberg WuM 1973, 24, 25; AG Backnang WuM 1973 48; AG München WuM 1977, 212; LG Wuppertal WuM 1974, 182, 183; LG Dortmund ZMR 1974, 338, 339; BARTHELMESS § 2 RZ 100. ** LG Köln WuM 1974, 10; LG Gießen WuM 1975,16; LG Dortmund ZMR 1974, 338, 339; AG Rheine WuM 1974, 84; AG Lampertheim WuM 1973, 103; AG Frankfurt WuM 1973, 217; AG Backnang WuM 1973, 48; AG Holzminden WuM 1973, 171; AG München WuM 1972, 143; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 106; STERNEL RZ III 177; s auch schon oben Rz 73. (905)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 97-99
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
der Frage, ob der Vermieter im Prozeß die Mängel eines unwirksamen Erhöhungsverlangens durch dessen Nachholung in wirksamer Form heilen kann (dazu unten Rz 109 ff). VI. Zustimmung des Mieters 97 1. Überblick § 2 MHRG gibt dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen lediglich einen Anspruch gegen den Mieter auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung durch Erhöhung des Mietzinses, hingegen nicht einen unmittelbaren Zahlungsanspruch (anders freilich § 9 Abs 2 MHRG). Der Antrag des Vermieters liegt in dem begründeten, schriftlichen Erhöhungsverlangen (oben Rz 46 ff). Durch dessen Zugang beim Mieter wird eine Überlegungsfrist für den Mieter und eine anschließende Klagefrist für den Vermieter ausgelöst ( § 2 Abs 3 S 1 MHRG). Während dieser Fristen kann der Mieter jederzeit den Antrag des Vermieters (ganz oder teilweise) annehmen, womit die Vertragsänderung zustande kommt. Die Fälligkeit des neuen, erhöhten Mietzinses richtet sich dann nach § 2 Abs 4 MHRG, sofern die Parteien nicht im Einzelfall etwas anderes vereinbaren ( § 1 0 Abs 1 MHRG). 98 Stimmt der Mieter hingegen dem Erhöhungsverlangen nicht zu, lehnt er maW den Änderungsantrag des Vermieters ab, so erlischt der Anspruch des Vermieters auf Vertragsänderung, wenn der Vermieter jetzt nicht binnen der Klagefrist des § 2 Abs 3 S 1 MHRG Klage auf Zustimmung erhebt. Denn ein neues Erhöhungsverlangen kann der Vermieter, sofern er die Klagefrist versäumt, frühestens wieder neun Monate nach Ablauf der Klagefrist stellen (sog Sperrfrist des § 2 Abs 3 S 2 MHRG); das alte Erhöhungsverlangen ist maW erloschen und kann daher jetzt vom Mieter auch nicht mehr angenommen werden. Möglich bleibt aber natürlich jederzeit eine einverständliche Änderung des Mietzinses außerhalb des MHRG durch Vertrag gemäß § 305 BGB (§ 10 Abs 1 MHRG), nur daß der Vermieter hierauf (anders als nach § 2 MHRG) keinen Anspruch hat. 98a Der Gesetzgeber hat versucht, durch diese überaus komplizierte Regelung gleichermaßen im größtmöglichen Umfang den legitimen Interessen sowohl des Vermieters als auch des Mieters gerecht zu werden, nachdem das BVerfG wiederholt mit Nachdruck die Notwendigkeit betont hat, die Durchsetzung des durch Art 14 GG geschützten Vermieterinteresses an einem angemessenen Mietzins durch die Verfahrensgestaltung nicht übermäßig zu erschweren (BVerfGE 37, 132; 49, 244; NJW 1980, 1617 ff). Die hieraus für die Auslegung des § 2 MHRG zu ziehenden Folgerungen sind jedoch nach wie vor hoffnungslos kontrovers.
99 2. Annahmeerklärung a) Frist Die Zustimmung des Mieters zu dem Erhöhungsverlangen des Vermieters ist wie jede andere Annahme eines Vertragsantrages eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, für die insbes die §§ 145 f f BGB gelten (s D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 3 6 f; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 1 1 4 ff; STERNEL R Z I I I 1 9 4 ff). Die Annahmefrist endet hiernach mit Ablauf der Klagefrist (s oben Rz 53). Bis dahin ist eine Annahme selbst dann möglich, wenn der Mieter den Antrag zunächst abgelehnt hatte (s unten Rz 1 0 7 ; STERNEL R Z I I I 1 9 6 ) . Nach Ablauf der Klagefrist hat die Annahmeerklärung des Mieters hingegen nur noch die Bedeutung eines neuen Volker Emmerich
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2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 99 a-101
Antrags (§ 150 Abs 1 BGB), dem freilich der Vermieter in aller Regel zustimmen dürfte, wobei § 151 BGB zu beachten ist. Der Mieter ist nicht gehindert, den Antrag des Vermieters erst während eines 99a etwaigen Rechtsstreits auf Grund des § 2 MHRG anzunehmen. Irgendwelche Fristen bestehen dann dafür nicht mehr ( P A L A N D T - P U T Z O § 2 MHRG Anm 6 d). Durch die Annahme des Mieters kommt in diesem Fall ebenfalls die vom Vermieter erstrebte Vertragsänderung zustande, so daß sich der Rechtsstreit erledigt hat. Bei der Kostenentscheidung (§ 91 a ZPO) ist hier auch der Gedanke des § 93 ZPO zu beachten, wenn der Vermieter erst im Rechtsstreit seinen Anspruch nachgewiesen hat. Eine wirksame Annahme setzt nicht voraus, daß das Erhöhungsverlangen des 99b Vermieters den Anforderungen des § 2 MHRG entspricht. Auch ein gegen § 2 MHRG verstoßendes und deshalb als solches unwirksames Erhöhungsverlangen enthält doch immer noch in aller Regel einen wirksamen Antrag auf Vertragsänderung, den der Mieter somit ohne weiteres annehmen kann (§§ 145 ff, 305 BGB). Dann kommt schon hierdurch die vom Vermieter gewünschte Vertragsänderung zustande ( D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 3 6 ; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 113).
Ebensowenig sind die Parteien gehindert, innerhalb oder außerhalb eines Zustim- 99c mungsprozesses ihren Streit durch einen Vergleich aus der Welt zu schaffen ( § 1 0 Abs 1 MHRG). Schranken für den Inhalt eines solchen Vergleichs ergeben sich lediglich aus § 5 WiStG und aus § 3 0 2 a StGB (s zB S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 1 5 4 ) . b) Form
100
Eine bestimmte Form ist für die Zustimmung des Mieters nicht vorgeschrieben. Die Zustimmung kann daher ebenso wie jede andere Willenserklärung auch konkludent erklärt werden. Zahlt zB der Mieter über einen längeren Zeitraum hinweg unbeanstandet den geforderten, höheren Mietzins, so kann darin durchaus eine Annahme des Antrags liegen. Die Gerichte sind freilich sehr zurückhaltend in der Bejahung einer solchen konkludenten Annahme; namentlich eine bloße, einmalige Zahlung des geforderten, höheren Mietzinses oder eine Zahlung unter Vorbehalt gilt nicht als konkludente Annahme des Antrags.* Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn die Parteien Schriftform für Vertragsänderungen 100a vereinbart haben oder die Voraussetzungen des § 566 BGB vorliegen und es sich nicht nur um ganz geringfügige Mietzinserhöhungen handelt. Unter diesen Voraussetzungen ergibt sich aus § 2 M H R G ein Anspruch des Vermieters auf Erteilung der Zustimmung gerade in der jeweils erforderlichen Form ( B A R T H E L M E S S § 2 R Z 126; DERLEDER, i n : A K § 2 M H R G R z 3 5 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 1 9 ; STERNEL R Z
III 194). c) Teilannahme
101
Nach § 150 Abs 2 BGB gilt eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag, den der Vermieter dann seinerseits annehmen oder ablehnen kann. Hiervon ist für die * Vgl z B L G A a c h e n W u M 1 9 7 3 , 1 9 0 m A n m W WEIMAR; L G M a n n h e i m N J W 1 9 7 5 , 3 1 6 , 3 1 7 ; L G Hamburg W u M 1978, 193, 194; A G Mannheim W u M 1974, 25, 26; A G Hannover W u M 1974, 55, 56; A G Oberhausen Z M R 1974, 54; A G Köln W u M 1973, 105; 1974, 154; A G Hamburg Z M R 1 9 7 9 , 2 5 0 , 2 5 1 ; 1 9 8 0 , 2 4 8 ; BARTHELMESS § 2 RZ 1 2 3 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 3 5 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 1 5 ; STERNEL R z III 194. (907)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 102-103 a
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Fälle des § 2 MHRG nur die eine Ausnahme zu machen, daß der Mieter berechtigt ist, dem Erhöhungsverlangen auch nur teilweise zuzustimmen.* Ist der Vermieter damit einverstanden, so wird der Vertrag entsprechend geändert; andernfalls bleibt es dem Vermieter unbenommen, (nur) wegen des streitigen Spitzenbetrages eine Zustimmungsklage zu erheben. 102 3. Fälligkeit Die Fälligkeit des erhöhten Mietzinses richtet sich in erster Linie nach den Abreden der Parteien ( § 1 0 Abs 1 MHRG; vgl auch oben Rz 52). Nur wenn die Parteien keine besonderen Abreden über diese Frage getroffen haben, gilt § 2 Abs 4 MHRG. Danach schuldet der Mieter den erhöhten Mietzins von dem Beginn des vierten Kalendermonats ab, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt, so daß zwischen dessen Zugang und der Fälligkeit idR mindestens drei Monate liegen. 102a Auf den Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Antrag des Vermieters durch Zustimmung zu dem Erhöhungsverlangen annimmt, kommt es hierbei nicht an (BARTHELMESS § 2 R z 1 4 0 f f ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 2 0 f; STERNEL RZ I I I 1 9 7 ) . E r f o l g t d i e
Zustimmung nach dem durch § 2 Abs 4 MHRG bestimmten Zeitpunkt, zB erst während des Rechtsstreits, so wird der Mieter mit den bis dahin aufgelaufenen Rückständen idR sofort in Verzug sein (§ 284 Abs 2 BGB). Die deshalb möglicherweise bestehende Kündigungsmöglichkeit des Vermieters (§ 554 BGB) ist jedoch durch § 9 Abs 2 MHRG erheblich beschränkt worden (s im übrigen unten Rz 138 ff; LG Köln WuM 1980, 76). 103 VII. Zustimmungsklage Wenn der Mieter den Antrag des Vermieters auf Vertragsänderung nicht annimmt, sondern ablehnt, kann der Vermieter binnen einer Frist von 2 Monaten nach Ablauf der Überlegungsfrist Klage auf Erteilung der Zustimmung des Mieters erheben ( § 2 Abs 3 MHRG). Wird der Klage stattgegeben, so gilt mit Rechtskraft des Urteils die Erklärung des Mieters als abgegeben (§ 894 ZPO). Der Mieter schuldet dann den erhöhten Mietzins von dem Beginn des vierten Kalendermonats ab, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt ( § 2 Abs 4 MHRG). Unterläßt der Vermieter hingegen die Klageerhebung binnen der vorgeschriebenen Klagefrist, so kann er ein neues Erhöhungsverlangen frühestens neun Monate nach Ablauf der Klagefrist stellen (sog Sperrfrist, § 2 Abs 3 S 2 MHRG). Alle hiermit zusammenhängenden, materiellen und prozessualen Fragen sind außerordentlich umstritten und noch weithin ungeklärt (s bes DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 26; SCHMIDT-FUTTERERBLANK C 1 2 2 ff, 1 2 8 f f ; STERNEL RZ I I I 2 0 0 f f ; BARTHELMESS § 2 R z 1 4 7 ff, a l l e m
zahlr Nachw). 103a 1. Zuständigkeit Die Zustimmungsklage ist eine normale Leistungsklage, gerichtet auf Abgabe einer Willenserklärung, so daß sich die Vollstreckung des Urteils nach § 894 ZPO richtet. Zuständig sind entsprechend § 29 a ZPO ausschließlich die Amtsgerichte (Vorbem
* Ebenso LG Duisburg WuM 1976, 80; LG Kiel WuM 1980, 256; B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 MHRG Rz 23 f; P A L A N D T - P U T Z O § 2 M H R G Anm 6 e; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 118; STERNEL R Z I I I 143, 195; BARTHELMESS § 2 Rz 131 ff; aM A G Stuttgart ZMR 1974, 153, 156.
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(908)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 104-108
65 zu § 1 MHRG). Der Streitwert entspricht dem einjährigen Differenzbetrag zwischen dem bisherigen Mietzins und dem geforderten, neuen, höheren Mietzins (Vorbem 67 f zu § 1 MHRG). 2. Überlegungsfrist
104
a) Zweck Nach § 2 Abs 3 S 1 MHRG steht dem Mieter nach Zugang des Erhöhungsverlangens eine Überlegungsfrist bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats zu, der auf den Zugang des Verlangens folgt. Erst hieran schließt sich die eigentliche Klagefrist von weiteren zwei Monaten an. Dem Mieter soll dadurch ausreichend Zeit gegeben werden, um in Ruhe die Berechtigung der Vermieterforderung überprüfen zu "können und sich über seine Stellungnahme schlüssig zu werden (s BARTHELMESS § 2 Rz 153 ff; D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 23; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 109 ff, 123; STERNEL R Z I I I 1 8 0 f , 2 0 2 f f ) .
b) Berechnung
105
Die Berechnung der Überlegungsfrist richtet sich nach den §§ 187 ff BGB (s im einzelnen BARTHELMESS § 2 R Z 157 ff); auch § 193 BGB findet Anwendung (aM zB D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 23). Im äußersten Fall kann die Überlegungsfrist mithin fast drei Monate betragen, wenn dem Mieter das Erhöhungsverlangen schon am Anfang eines Monats zugegangenen ist ( P A L A N D T - P U T Z O § 2 MHRG Anm 6 a; STERNEL R Z I I I
180).
c) Bedeutung
106
Die Überlegungsfrist hat nicht nur materielle Bedeutung als Teil der Annahmefrist (oben Rz 99 f), sondern auch ganz erhebliche, prozessuale Bedeutung, weil erst nach ihrem Ablauf der Vermieter befugt ist, die Zustimmungsklage (binnen der weiteren Klagefrist) zu erheben; das folgt eindeutig aus dem Wortlaut des § 2 Abs 3 S 1 MHRG. Die Einhaltung der Überlegungsfrist vor Klageerhebung ist somit eine Prozeßvor- 107 aussetzung, so daß eine vorher erhobene Klage grundsätzlich unzulässig ist.* Das gilt auch, wenn der Mieter schon vor Ablauf der Überlegungsfrist das Erhöhungsverlangen des Vermieters ablehnt (aM Vorauf 1 Rz 117), weil der Mieter seine Meinung hier jederzeit ändern und dem Erhöhungsverlangen doch noch zustimmen kann.** § 2 MHRG enthält keine Ausnahme von dem Grundsatz, daß es für die Zulässigkeit 108 einer Klage stets ausreicht, wenn die Prozeßvoraussetzungen (erst) im Augenblick der letzten, mündlichen Verhandlung vorliegen, selbst wenn sie bei Klageerhebung noch nicht erfüllt waren.*** Folglich genügt es auch hier, wenn die Überlegungsfrist * LG Köln WuM 1974, 132,133; LG Hamburg WuM 1973,169; LG Ravensburg MDR 1979, 231 N r 6 3 ; A G K ö l n W u M 1 9 8 0 , 1 8 1 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 2 3 ; SCHMIDTFUTTERER-BLANK C 112, 1 2 3 ; STERNEL RZ III 181, 2 0 2 f; K G W u M 1981, 5 4 . ** S o b e n R z 9 9 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 2 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 2 3 ; STERNEL R z I I I 181; a M BURKHARDT J u r B ü r o 1 9 7 5 , 5 6 1 , 5 6 3 ; HÄUSLER D W W 1971, 3 8 1 ; PALANDT-PUTZO § 2 M H R G A n m 7 b ; K G W u M 1 9 8 1 , 5 4 .
*** BGHZ 18, 98, 106; 37, 279, 283; 53, 332, 334; BGH LM Nr 11 zu § 56 ZPO; WM 1978, 439; BAUMBACH-LAUTERBACH-HARTMANN, Z P O ( 3 9 . A u f l 1 9 8 1 ) § 5 6 A n m 1 B ; insbes ROSENBERG-
SCHWAB, Zivilprozeßrecht (12. Aufl 1977) §§ 97 V 4, 133 III 2 m Nachw; THOMAS-PUTZO, ZPO (11. Aufl 1981) Vorbem III A vor § 253; vgl auch unten Rz 114 f. (909)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 109, 110
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
im Augenblick der letzten, mündlichen Verhandlung abgelaufen ist, so daß eine vorher erhobene Klage durch Fristablauf während des Rechtsstreits (nachträglich) zulässig wird.* Die verbreitete, abweichende Meinung zwingt die Parteien nur zu einer unnötigen Vervielfältigung der Prozesse, ohne dem Mieter einen wirklichen, zusätzlichen Schutz zu verschaffen, da ein solcher nur gewährleistet wäre, wenn man (weitergehend) auch noch die Meinung verträte, selbst bei einer verfrühten und deshalb unzulässigen Klage beginne die Sperrfrist des § 2 Abs 3 S 2 MHRG nach Ablauf der Klagefrist zu laufen. Diese Meinung dürfte jedoch mit BVerfGE 37,132 unvereinbar sein. Der ganze Fragenkreis darf im übrigen nicht mit dem anderen, ebenfalls lebhaft umstrittenen Problem verwechselt werden, ob auch ein unwirksames Erhöhungsverlangen die Uberlegungsfrist auszulösen vermag, wenn auch beide Fragen unbestreitbar gewisse Berührungspunkte aufweisen (s dazu unten Rz 109 ff). 109 d) Trotz unwirksamen Erhöhungsverlangens ? aa) Mit zu den umstrittensten Problemen des gesamten Mietrechts gehört die vom Gesetzgeber nicht gelöste Frage, ob bei Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens mangels Auslösung der Überlegungsfrist eine nachfolgende Zustimmungsklage unheilbar unzulässig ist oder nicht. Nach ganz hM soll das erstere anzunehmen sein, und zwar aus folgenden Gründen: Durch die Überlegungsfrist soll dem Mieter die Möglichkeit gegeben werden, sich in Ruhe ohne den Druck eines Prozesses über die Berechtigung der Vermieterforderung schlüssig zu werden; deshalb ist dem Prozeß vom Gesetzgeber zwingend ein vorprozessuales Vorverfahren vorgeschaltet worden. Der Lauf der Überlegungsfrist wird jedoch nur durch ein wirksames, dh vor allem ordnungsgemäß begründetes Erhöhungsverlangen ausgelöst. Ohne ein solches ist eine nachfolgende Zustimmungsklage unzulässig, da der Ablauf der Überlegungsfrist Prozeßvoraussetzung ist. Der Mangel kann auch nicht durch Nachholung eines wirksamen Erhöhungsverlangens geheilt werden, weil jetzt - während des Laufs eines Prozesses - ein vorprozessuales Vorverfahren nicht mehr möglich ist.** Umstritten ist dabei wieder auch innerhalb der Anhänger der hM, ob das neue, wirksame Erhöhungsverlangen nicht wenigstens im Wege der Klageänderung in den Prozeß eingeführt werden kann (§ 263 ZPO; dafür zB D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 23). 110 bb) Der hM (oben Rz 109) kann nicht zugestimmt werden. Sie widerspricht nicht nur der Rspr des BVerfG, sondern steht auch in unlösbarem Widerspruch mit allgemei* LG Ravensburg MDR 1979, 231 Nr 63; LG Karlsruhe ZMR 1980, 150 f; MDR 1980, 758; LG Köln ZMR 1980, 151 f; STERNEL RZ 181, 203 f; aM zB LG Essen ZMR 1978, 308; LG B ü c k e b u r g W u M 1 9 8 0 , 1 2 , 1 3 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 2 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK
C 112. Wie hier grdleg KG WuM 1981, 54 f. ** LG Hamburg WuM 1973, 169; 1974, 57; 1976, 208; 1978, 54; 1978, 214; 1980, 64; LG Berlin WuM 1980, 18; LG Köln ZMR 1978, 309, 310; LG Bamberg WuM 1976, 167, 168; LG Essen ZMR 1978, 308 f; LG Freiburg WuM 1979, 15, 16; LG Bückeburg WuM 1980, 12, 13; LG Mannheim WuM 1976, 81, 82; 1978, 131, 134; LG Frankenthal WuM 1977, 75, 76; LG Braunschweig NJW 1973, 150, 151; LG Gießen WuM 1978, 71; LG München ZMR 1974, 151; LG Regensburg NJW 1973, 1844; LG Mainz WuM 1973, 142; LG Frankfurt WuM 1973, 101; 1976, 31, 32; LG Verden WuM 1973, 214, 215; LG Aachen MDR 1973, 411; AG Sesen NJW 1973,149; A G Oberhausen W u M 1973,191; A G Wuppertal W u M 1977,232,233; A G München
WuM 1980,18; AG Hamburg WuM 1980, 18; AG Mühlhausen WuM 1980, 64; AG Köln WuM 1 9 7 6 , 1 0 3 ; 1 9 7 6 , 2 1 2 , 2 1 3 ; 1 9 7 7 , 2 4 5 ; A G S c h w e t z i n g e n Z M R 1 9 7 8 , 9 2 ; BARTHELMESS § 2 RZ 1 5 5 , 1 6 3 , 1 7 2 ; BURKHARDT J u r B ü r o 1 9 7 5 , 5 6 1 , 5 6 3 ; H A SCHMIDT W u M 1 9 7 6 , 4 1 , 4 2 f; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 1 2 , 1 2 2 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 2 3 ; WANGEMANN W u M 1 9 7 7 , 1, 3 f ; 1 9 7 6 , 2 1 , 2 3 f ; WIETHAUP Z M R 1 9 7 7 , 6 5 , 6 6 .
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2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 111-115
nen, prozeßrechtlichen Grundsätzen; die hM ist außerdem unvereinbar mit der allseits anerkannten Zulässigkeit einer nachträglichen Begründung des Erhöhungsverlangens (oben Rz 96 a); und sie ist vor allem ganz unpraktisch und ungeeignet, den Mieter effektiv zu schützen. Daher ist anzunehmen, daß ein unwirksames Erhöhungsverlangen zwar in der Tat die Überlegungsfrist nicht auszulösen vermag, daß dieser Mangel aber jederzeit durch Nachholung eines wirksamen Erhöhungsverlangens geheilt werden kann:* Die hM beschwört bei strikter Handhabung angesichts der strengen Anforderungen 111 der Praxis an eine ordnungsgemäße Begründung des Erhöhungsverlangens unausweichlich die große Gefahr zahlreicher, unzulässiger Zustimmungsklagen herauf. Damit führt sie im Ergebnis zu einer mit Art 14 GG unvereinbaren, weil durch keinerlei sachliche Gesichtspunkte zu rechtfertigenden Erschwerung des von den Gerichten ebenfalls zu beachtenden Rechts des Vermieters auf den ortsüblichen Mietzins (vgl BVerfGE 37, 132, 145, 148; 49, 244 = JuS 1979, 514 Nr 4; BVerfG NJW 1980, 1617 ff). Auf der anderen Seite bringt die hM aber auch keinen effektiven Schutz des Mieters. 112 Denn ein unwirksames Erhöhungsverlangen löst gern § 2 Abs 3 S 2 H 2 MHRG die Sperrfrist nicht aus, so daß es jederzeit wiederholt werden kann (zB LG Hannover WuM 1978, 144). Der Vermieter kann daher (unbestrittenermaßen) stets die Voraussetzungen für eine neue, zulässige Klage schaffen. Dann aber ist es beim besten Willen nicht einzusehen, warum der Streitstoff nicht gleich in dem nun einmal schon anhängigen Prozeß aus der Welt geschafft werden soll, warum maW die Parteien zu einer lediglich Kosten produzierenden Prozeßvervielfältigung gezwungen werden sollen (vgl FEHL NJW 1974, 924, 926 f). Auf der anderen Seite muß freilich auch stets strikt darauf geachtet werden, daß dem 113 Mieter die zwingend vorgeschriebene Überlegungsfrist nach jedem Erhöhungsverlangen verbleibt, damit er die Angaben des Vermieters nachprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, wie er auf das Verlangen des Vermieters reagieren soll. Außerdem muß sichergestellt werden, daß die Klagefrist des § 2 Abs 3 S 1 MHRG nicht überschritten wird. Beides kann aber durchaus auch erreicht werden, wenn man die nachträgliche Einführung des neuen, wirksamen Erhöhungsverlangens in dem nun einmal anhängigen Prozeß (im Wege der Klageänderung, § 263 ZPO) zuläßt (ebenso insbes im Ergebnis DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 2 3 ; FEHL NJW 1 9 7 4 , 924, 926 f; STERNEL RZ III 179, 182, 188 ff m Nachw). Das bedeutet im einzelnen: cc) Ein unwirksames Erhöhungsverlangen löst die Überlegungsfrist nicht aus 114 (anders Voraufl Rz 105). Eine gleichwohl erhobene Zustimmungsklage ist mithin als unzulässig abzuweisen, weil eine Prozeßvoraussetzung fehlt, sofern der Mangel nicht bis zur letzten mündlichen Verhandlung (vor dem LG als Berufungsgericht) geheilt wird (vgl oben Rz 108). Eine Heilung ist auch dadurch möglich, daß der Vermieter den Begründungsmangel 115 nachträglich beseitigt (oben Rz 96 a) ödere in neues, wirksames Erhöhungsverlangen stellt, da ein unwirksames Erhöhungsverlangen die Sperrfrist nicht auslöst (§ 2 Abs 3 S 2 HS 2 MHRG). Das kann freilich nur außerprozessual geschehen, weil aus dem
* Ebenso oder ganz ähnlich LG Bielefeld ZMR 1977, 190; LG Bremen WuM 1975, 74; LG Heidelberg NJW 1975, 1974; WuM 1976, 208; F E H L NJW 1974, 924, 926; v K R O G ZMR 1977, 260, 261 f; S P A T Z W U M 1976,157,158 f; ders ZMR 1977, 226, 227 f; insbes eingehend S T E R N E L Tz III 179, 182, 188 ff. (911)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 116-120
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Zweck des Vorverfahrens zu folgern ist, daß Prozeßschriftsätze nicht zugleich als (außerprozessuales) Erhöhungsverlangen interpretiert werden können (oben Rz 51 a; aM Voraufl Rz 106 im Anschluß an BGH LM Nr 32 zu § 125 BGB; Nr 3 zu § 539 BGB). 116 Nach Ablauf der Überlegungsfrist (§ 2 Abs 3 S 1 MHRG) kann der Vermieter unter den Voraussetzungen des § 263 ZPO im Wege der Klageänderung das (nunmehr wirksame) neue Erhöhungsverlangen in den Prozeß einführen und damit den Mangel der Prozeßvoraussetzung heilen. Hält der Mieter das Erhöhungsverlangen jetzt für begründet, so kann er zustimmen oder anerkennen mit der Folge, daß der Vermieter idR die Kosten tragen muß (§§ 91 a, 93 ZPO). Dasselbe gilt ohne weiteres, wenn der Mieter schon außerprozessual dem neuen, wirksamen Erhöhungsverlangen zugestimmt hatte, da dann die schon erhobene Zustimmungsklage unzulässig bleibt, weil der Mangel jetzt nicht mehr geheilt werden kann (§ 91 ZPO).* 117 Aus dem Gesagten darf nicht der Schluß gezogen werden, daß das Gericht im Zustimmungsrechtsstreit verpflichtet wäre, dem Kläger nach dem Hinweis auf die Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens sowie auf die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage (§§ 1 3 9 , 2 7 3 , 2 7 8 ZPO) Gelegenheit zur Nachholung eines wirksamen Erhöhungsverlangens zu geben; vielmehr ist die Klage als unzulässig abzuweisen, wenn der Rechtsstreit entscheidungsreif ist (s STERNEL RZ I I I 181, 190, 2 0 3 ) . Es ist allein Sache des Vermieters, die Voraussetzungen für eine zulässige und begründete Klage zu schaffen. Über seine Hinweispflicht hinaus darf ihm dabei das Gericht nicht behilflich sein. 118 3. Klagefrist a) Nach Ablauf der Überlegungsfrist muß der Vermieter spätestens binnen einer weiteren Frist von 2 Monaten Klage erheben, wenn er nicht seinen Anspruch auf Zustimmung des Mieters zu der gewünschten Vertragsänderung verlieren will (§ 2 Abs 3 S 1 MHRG). Die Frist beginnt am ersten Tag nach Ablauf der Uberlegungsfrist (oben Rz 105) und endet am letzten Tag des folgenden, zweiten Kalendermonats (§188 Abs 2 ZPO). Die Frist wird auch nicht dadurch gehemmt, daß ihr Endtermin in die Gerichtsferien fällt (LG Hamburg WuM 1978, 54). 119 b) Die Klagefrist ist eine Ausschlußfrist, gegen deren Versäumung es keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gibt (§ 233 ZPO). Eine verspätete Klage ist daher stets als unzulässig abzuweisen (s DERLEDER, in: AK § 2 MHRG Rz 24; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 124 ff; STERNEL Rz I I I 1 8 2 , 2 0 5 ) . Denn mit Ablauf der Klagefrist beginnt zwingend die neunmonatige Sperrfrist des § 2 Abs 3 S 2 MHRG zu laufen. 120 c) Die Klage wird erhoben durch Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs 1 ZPO), so daß es grundsätzlich erforderlich ist, daß die Zustellung der Klage binnen der Klagefrist erfolgen muß. Gemäß § 270 Abs 3 ZPO genügt es indessen, daß die Klage lediglich vor Fristablauf noch eingereicht wird, sofern nur die Zustellung „demnächst" erfolgt, vorausgesetzt daß der Vermieter alles getan hat, um eine alsbaldige Zustellung der Klage zu ermöglichen. Daran fehlt es zB, wenn er nicht unverzüglich den angeforderten Gerichtskostenvorschuß einzahlt (§ 65 Abs 1 GKG) oder wenn * LG Bielefeld ZMR 1977, 190; LG Bremen WuM 1975,74; LG Heidelberg NJW 1975,1974; LG Karlsruhe ZMR 1980, 150 f; LG Köln ZMR 1980, 151F; LG Marburg WuM 1980, 186; LG M ü n c h e n I Z M R 1 9 8 0 , 1 4 8 f; FEHL N J W 1 9 7 4 , 9 2 4 , 9 2 6 f; v KROG Z M R 1 9 7 7 , 2 6 0 , 2 6 1 f ; SPATZ
WuM 1976, 157, 158 f; ders ZMR 1977, 226, 227; STERNEL RZ III 223.
Volker Emmerich
(912)
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 121-125
seine Klageschrift so schwere Mängel aufweist, daß sie nicht zugestellt werden kann.* d) Eine Zahlungs- oder Feststellungsklage reicht zur Wahrung der Klagefrist nicht 121 aus. Nach hM kann die Zahlungsklage auch nicht, zB im Wege der Stufenklage, mit der Zustimmungsklage verbunden werden, weil hier keiner der Fälle des § 254 ZPO vorliegt und auch die Voraussetzungen des § 259 ZPO in aller Regel nicht erfüllt sind.** e) Nur ein wirksames Erhöhungsverlangen löst die Überlegungsfrist und damit auch 122 die folgende Klage- und Sperrfrist aus ( § 2 Abs 3 S 2 HS 2 MHRG). War das Erhöhungsverlangen unwirksam, so beginnt mithin weder die Überlegungs- noch die Klagefrist zu laufen, so daß eine gleichwohl erhobene Zustimmungsklage unzulässig ist (oben Rz 105); der Mangel kann indessen durch Nachholung eines wirksamen Erhöhungsverlangens geheilt werden (oben Rz 109 ff, 114 ff). War das Erhöhungsverlangen wirksam, so daß alle drei Fristen des § 2 Abs 3 MHRG 123 ausgelöst wurden, so kann der Vermieter eine Verlängerung der Überlegungs- und der Klagefrist nicht durch Wiederholung des Erhöhungsverlangens erreichen (SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C126; STERNEL RZ III 182 m Nachw). Das folgt aus dem Sinn und Zweck der ganzen Regelung und insbes aus der Funktion der Sperrfrist des § 2 Abs 3 S 2 MHRG (s unten Rz 141 ff), die andernfalls zur Disposition des Vermieters stünde (ebenso insbes LG Hamburg WuM 1976, 59 = MDR 1976, 317 Nr 4 5 = ZMR 1 9 7 6 , 2 1 6 f). 4. Antrag
124
a) Die Klage auf Erteilung der Zustimmung des Mieters ist eine Leistungsklage, so daß der Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung durch den Mieter gerichtet sein muß. Der Antrag muß gern § 253 ZPO bestimmt sein, so daß der Vermieter in der Klage genau angeben muß, um welchen Betrag der Mietzins erhöht werden soll; ein unbezifferter Antrag ist unzulässig. Außerdem muß das Mietverhältnis identifiziert werden; schließlich müssen der Zeitpunkt der Mietzinserhöhung sowie der Grund des Erhöhungsverlangens entsprechend den Merkmalen des § 2 MHRG wenigstens in groben Zügen angegeben werden (LG Freiburg MDR 1975, 60 Nr 59; PALANDTPUTZO § 2 M H R G A n m 7 a ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 2 8 ) .
Sind auf einer oder beiden Seiten mehrere Personen beteiligt, so müssen sie stets 124a gemeinsam klagen oder gemeinsam verklagt werden (oben Rz 48 f; LG Hamburg WuM 1976, 186; AG Stuttgart WuM 1973, 105). Eine Prozeßstandschaft eines Vermieters für die anderen wird idR nicht in Betracht kommen (s oben Rz 49; AG Stuttgart WuM 1973, 105). b) Die Klage ist schlüssig, wenn der Vermieter substantiiert die Erfüllung aller 125 Tatbestandsmerkmale des § 2 MHRG vorträgt (grdl BVerfG NJW 1980, 1617 ff). Dazu gehören die Einhaltung der Wartefrist und der Ablauf der Sperrfrist, die Stellung eines wirksamen Erhöhungsverlangens sowie der Ablauf der Überlegungs* Vgl hierzu im einzelnen LG Mannheim ZMR 1977, 285; LG Hannover WuM 1977,100,101; LG Hagen NJW 1977, 440; AG Waldbröhl WuM 1976, 104, 105; AG Köln WuM 1976, 155; AG D o r t m u n d W u M 1 9 7 7 , 2 3 4 ; DERLEDER, i n : A K § 2 M H R G R z 2 4 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 2 4 a ; STERNEL RZ I I I 1 8 2 , 2 0 5 . ** L G B r a u n s c h w e i g Z M R 1 9 7 3 , 1 5 4 , 1 5 5 ; BARTHELMESS § 2 R z 1 0 , 1 5 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 M H R G R z 2 5 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 5 3 ; STERNEL RZ I I I 2 0 5 ; a M BURKHARDT
JurBüro 1975, 561, 563. (913)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 126-129
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frist und die Wahrung der Klagefrist. Für die Begründung im einzelnen wird der Vermieter im übrigen in aller Regel auf das beigefügte, begründete Erhöhungsverlangen Bezug nehmen können ( D E R L E D E R , in: AK § 2 MHRG Rz 27; SCHMIDTF U T T E R E R - B L A N K C 128; 136; STERNEL Rz III 207). Wieweit er dann im Prozeß seinen Vortrag noch ergänzen und vertiefen muß, hängt in erster Linie von den Einwendungen des beklagten Mieters ab (vgl AG Mannheim DWW 1976, 36).
126 5. Beweislast a) Der Vermieter trägt die Beweislast für alle Voraussetzungen des von ihm behaupteten Anspruchs auf Zustimmung des Mieters zu der gewünschten Vertragsänderung (BARTHELMESS § 2 Rz 2 0 8 f; S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 1 3 7 ; STERNEL Rz III 207 f, 220); dazu gehört auch die Unwirksamkeit des ersten Erhöhungsverlangens, wenn die Klage auf ein neues, noch vor Ablauf der Sperrfrist gestelltes Erhöhungsverlangen gestützt wird ( S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 1 2 7 ) . 127 Das Bestreiten des Mieters ist freilich nur beachtlich, wenn es hinreichend substantiiert ist (vgl schon oben Rz 68, 77, 92 ff). Das ist vor allem wichtig, wenn das Erhöhungsverlangen unter Berufung auf einen von einer Gemeinde aufgestellten Mietspiegel begründet worden ist. Der Mieter darf sich dann nicht darauf beschränken, pauschal die Richtigkeit des Mietspiegels zu bestreiten; er muß vielmehr im einzelnen angeben, aus welchen konkreten Gründen er den Mietspiegel für unzuverlässig hält, wobei die Gerichte, wenn sie sich einmal von der Zuverlässigkeit des Mietspiegels im allgemeinen überzeugt haben, sehr strenge Anforderungen an die Substantiierung des Vortrages des Mieters stellen (s oben Rz 6 8 f; SCHMIDTF U T T E R E R - B L A N K C 151a; STERNEL Rz III 210). IdR wird sich daher hier der Streit der Parteien auf die Vergleichbarkeit und damit auf die Einordnung der Wohnungen in den Mietspiegel beschränken, wofür ebenfalls der Vermieter die volle Beweislast trägt. 127a Weit geringere Anforderungen werden an die Substantiierung des Beklagtenvortrages gestellt, wenn das Erhöhungsverlangen auf andere Weise begründet ist (oben Rz 77 f, 92 f). Hat der Vermieter zB auf ein Sachverständigengutachten Bezug genommen, so genügt es hierfür auf jeden Fall, wenn der Mieter seinerseits drei billigere, vergleichbare Wohnungen benennt (LG Hannover WuM 1979, 220). Überhaupt dürfen die Andorderungen an den Mieter angesichts der außerordentlichen Schwierigkeiten, verläßliche Aussagen über die ortsübliche Vergleichsmiete zu machen, nicht überspannt werden. Von ihm kann daher für ein substantiiertes Bestreiten keinesfalls mehr, sondern nur (weit) weniger als vom Vermieter für eine wirksame Begründung des Erhöhungsverlangens gefordert werden (s SCHMIDTFUTTERER-BLANK C
137).
128 b) Der Mieter trägt ausnahmsweise die Beweislast, wenn er zB die Begründetheit der Klage mit der Behauptung bestreitet, er habe rechtzeitig, dh noch vor Klageerhebung, dem Erhöhungsverlangen des Vermieters zugestimmt; ebenso verhält es sich, wenn er behauptet, die Klage sei unzulässig, weil sie während der Sperrfrist erhoben worden s e i (BARTHELMESS § 2 R Z 2 1 0 ) .
129 6. Beweis a) Der Streit der Parteien wird sich idR um folgende Fragen drehen: 1. Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete, 2. Vergleichbarkeit der von den Parteien benannten Vergleichsobjekte sowie 3. Einordnung der Mieterwohnung in das allgemeine Mietgefüge, insbes in die Felder und Raster eines Mietspiegels. Über alle diese Volker Emmerich
(914)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 130-130 b
Fragen ist in vollem Umfang Beweis zu erheben, wenn der Mieter die Behauptungen des Vermieters substantiiert bestreitet (oben Rz 126 ff). Der Vermieter darf hierbei (selbstverständlich) seinen Vortrag in jeder Richtung ergänzen, vertiefen und berichtigen; er darf sich außerdem zum Beweis für seine Behauptungen auf jedes zulässige Beweismittel stützen, ohne hierbei an das für die Begründung des Erhöhungsverlangens gewählte Mittel (oben Rz 54 ff) gebunden zu sein. Eine Klageänderung liegt hierin nicht.* b) Die Beweisaufnahme stößt naturgemäß auf ganz ungewöhnliche Schwierigkeiten, 130 wenn die Parteien über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete, dh über das Marktpreisniveau streiten. Diese Schwierigkeiten sind einmal darin begründet, daß es „den" Marktpreis als feststehende, empirische Größe gar nicht gibt (s oben Vorbem 33 a ff zu § 1 MHRG), zum anderen darin, daß die Beweismittel der ZPO (Augenschein, Zeugen, Sachverständige, Urkunden, Parteivernehmung und amtliche Auskunft) durchweg zur Ermittlung solcher empirischen Größen ganz ungeeignet sind (s S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 1 4 0 ff). In Betracht kommen als Beweismittel an sich allenfalls Sachverständigengutachten. 130a Indessen sind Sachverständige aus den angedeuteten Gründen in aller Regel mit der Aufgabe, die Höhe des Marktpreisniveaus zu ermitteln, völlig überfordert (s oben Rz 69 ff, 77 ff). Dies erklärt die eindeutige Bevorzugung der Mietspiegel in der Praxis, die freilich nur begründet ist, wenn der Mietspiegel auf einem sehr breiten Datenmaterial beruht und nach gesicherten, empirisch-statistischen Verfahren aufgestellt ist (vgl oben Vorbem 34 ff zu § 1 MHRG; BReg, Bericht [unten Rz 149]). Dann allerdings sind Mietspiegel in der Tat allen anderen Verfahren zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete (weit) überlegen (s E M M E R I C H , Anforderungen 64 f). Die Gerichte sollten deshalb stets sehr sorgfältig prüfen, ob der (als Parteigutachten frei zu würdigende, oben Rz 64 ff) Mietspiegel tatsächlich den genannten Anforderungen genügt. Ist dies der Fall, so werden auch zusätzliche Sachverständigengutachten dem Gericht keine genaueren Einblicke in das ortsübliche Marktpreisniveau verschaffen können, so daß die Einholung solcher Gutachten ganz verfehlt wäre (vgl im einzelnen insbes S C H M I D T - F U T T E R E R - B L A N K C 144 ff, 151 ff). Nahezu unlösbare Probleme ergeben sich jedoch bei der Ermittlung der ortsüblichen 130b Vergleichsmiete, wenn entweder für die betreffende Wohnung kein aussagekräftiger Mietspiegel existiert oder der vorhandene Mietspiegel nicht den daran zu stellenden Anforderungen genügt. Den Gerichten wird in solchen Fällen idR nichts anderes übrig bleiben, als auf anderes, empirisches Material zurückzugreifen (BReg, Bericht [unten Rz 149] Anl 3), amtliche Auskünfte einzuholen und sich im übrigen selbst an Hand einer möglichst großen Zahl von Vergleichswohnungen (die die Parteien oder Sachverständige benennen müssen) einen Eindruck von dem Marktpreisniveau zu verschaffen. Auf diesen Grundlagen ist dann auch eine Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete vertretbar.**
* Vgl dazu insbes BVerfGE 37,132,149; BVerfG NJW 1980,1617 = JuS 1980, 755 Nr 1; Bericht des Rechtsausschusses, BT-Dr 7/2638 S 4; BGH LMNr 3 zu § 241. BMietG; BARTHELMESS § 2 RZ 1 7 5 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 2 9 , 1 3 8 t ; STERNEL RZ
III 211 ff. ** § 287 Abs 2 ZPO; AG Stuttgart ZMR 1974, 153, 156; LG Hamburg WuM 1978, 146 f; BARTHELMESS § 2 R z 4 1 , 1 7 5 a ; KLIEN N J W 1 9 7 3 , 1 9 7 4 , 1 9 7 7 ; MATBERG N J W 1 9 7 3 , 1 3 5 5 ; GRAF N J W 1 9 7 6 , 1 4 8 0 , 1 4 8 2 ; DERLEDER, in: A K § 2 M H R G R z 2 2 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 5 2 ; STERNEL R z I I I 2 1 9 ; BAUMBACH-LAUTERBACH-HARTMANN, Z P O ( 3 9 . A u f l 1 9 8 1 ) § 2 8 7 A n m 4 m
Nachw. (915)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 131-136
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131 c) Beschränkt sich der Streit der Parteien auf die Frage, wie die Mieterwohnung in den Mietspiegel einzuordnen ist, so kommen als Beweismittel Augenscheinseinnahme und Sachverständigengutachten in Betracht (zB LG Hamburg WuM 1 9 7 8 , 1 4 6 f). Dasselbe gilt, wenn die Parteien über die Vergleichbarkeit verschiedener Wohnungen nach Wohnwertmerkmalen streiten; hinzutritt hier noch außerdem die Vernehmung des Vermieters oder des Mieters der Vergleichswohnung als Zeugen. Hingegen kann für die Höhe des Mietzinses der angegebenen Vergleichswohnungen nicht Beweis durch Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten werden, da dies eine reine Tatsachenfrage ist (AG Köln WuM 1973, 171). 131a d) Ein Ausforschungsbeweis ist nicht statthaft. Daher ist der Versuch des Vermieters, sich die für die Vergleichbarkeit von Wohnungen erforderlichen Tatsachen überhaupt erst durch einen vom Gericht beauftragten Sachverständigen verschaffen zu lassen, als unzulässig zurückzuweisen (LG Köln WuM 1974, 245; LG Darmstadt WuM 1 9 8 1 , 1 1 1 ; STERNEL Rz III 2 0 9 ) . Ebenso unzulässig ist der Antrag auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens zwecks Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Vorbereitung einer beabsichtigten Mietzinserhöhung, da die Voraussetzungen des § 485 S 2 ZPO nicht erfüllt sind (LG Mannheim ZMR 1 9 7 6 , 1 5 2 ; STERNEL RZ III 2 2 1 ) . 132 e) In der Beweiswürdigung ist das Gericht in jedem Fall völlig frei (§ 286 ZPO; LG Hamburg WuM 1 9 7 7 , 36, 3 7 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 4 9 ) . Das gilt auch gegenüber Mietspiegeln, die im Prozeß ohnehin nur die Bedeutung von Parteigutachten haben (oben Rz 68 ff). In vielen Fällen wird deshalb das Gericht zur Schätzung nach § 287 ZPO genötigt sein (oben Rz 130 b). Eine Schätzung „ins Blaue hinein" ist freilich auch hier nicht zulässig; vielmehr muß das Gericht stets nachprüfbare Grundlagen für seine Schätzung ermitteln und im Urteil angeben (s BAUMBACHLAUTERBACH-HARTMANN, ZPO § 2 8 7 Anm 2 C f; THOMAS-PUTZO, ZPO [11. Aufl 1 9 8 1 ] § 2 8 7 Anm 3 b). 133 7. Beendigung a) Der Mieter kann dem Antrag des Vermieters auf Änderung des Vertrags in jedem Stadium des Rechtsstreits mit der Folge zustimmen, daß sich der Rechtsstreit erledigt, so daß über die Kosten nach § 91 a ZPO zu entscheiden ist. Dasselbe gilt grundsätzlich, wenn der Mieter den Anspruch des Vermieters anerkennt, weil auch darin in aller Regel nichts anderes als die gewünschte Zustimmung zu der Vertragsänderung liegen wird. 134 Ein Anerkenntnisurteil kommt nur in den seltenen Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Mieter, anstatt den Antrag des Vermieters einfach anzunehmen, dessen prozessualen Anspruch anerkennt (§ 307 ZPO; vgl im einzelnen AG Hildesheim ZMR 1 9 7 6 , 1 9 3 ; BARTHELMESS § 2 RZ 1 8 6 f; gegen diese Möglichkeit überhaupt SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 5 4 ; STERNEL RZ I I I 2 2 3 ) .
135 Auch ein Teilanerkenntnis des Mieters ist möglich (s oben Rz 1 0 1 ; BARTHELMESS § 2 Rz 190). In diesem Falle ist nur noch über den noch offenen Rest durch streitiges Urteil zu entscheiden. Die Kostenentscheidung hat jedoch stets einheitlich zu ergehen. 136 b) Ist die Klage nur teilweise begründet, so ist ihr auch nur teilweise stattzugeben, während sie im übrigen abzuweisen ist; für die Kostenentscheidung gelten dann die §§ 91 und 92 ZPO (vgl AG Stuttgart ZMR 1974, 153, 156; AG Hildesheim ZMR 1976, 153, 154; L G Hamburg WuM 1978, 146, 149; BARTHELMESS § 2 Rz
181 f).
Volker Emmerich
(916)
2. Wohnraumkiindlgungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 137-142
c) Kündigt der Mieter rechtzeitig nach § 9 Abs 1 S 1 MHRG, so muß der Vermieter 137 die Kosten einer zwischenzeitlich schon erhobenen Zustimmungsklage, die sich durch die Kündigung erledigt hat, selbst tragen (§ 91 a ZPO; AG Köln WuM 1977, 60).
8. Fälligkeit 138 a) Nach § 2 Abs 4 MHRG schuldet der Mieter den erhöhten Mietzins nach Erteilung der Zustimmung, sei es freiwillig, sei es durch rechtskräftiges Urteil, von dem Beginn des vierten Kalendermonats ab, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt. Die Fälligkeit tritt mithin einen Monat nach Ablauf der Uberlegungsfrist und einen Monat vor Ablauf der Klagefrist ein, so daß mindestens drei Monate zwischen dem Zugang des Erhöhungsverlangens und der Fälligkeit des erhöhten Mietzinses liegen müssen. Auf den Zeitpunkt, zu dem das Urteil ergeht oder rechtskräftig wird, kommt es dabei nicht an (s oben Rz 1 0 2 ; BARTHELMESS § 2 RZ 1 4 0 ff; SCHMIDTFUTTERER-BLANK C 1 2 0 f; STERNEL RZ I I I 184, 1 9 7 ) .
b) § 2 Abs 4 MHRG ist nicht zwingend (§ 10 Abs 1 MHRG; aM nur STERNEL RZ I I I 139 184). Die Parteien können sich deshalb im Einzelfall jederzeit auf einen beliebigen anderen, und zwar auch auf einen früheren Fälligkeitszeitpunkt einigen (§ 305 BGB). c) Bei längerer Prozeßdauer können sich auf Grund des § 2 Abs 4 MHRG ganz 140 erhebliche Rückstände ergeben, mit denen der Mieter in Verzug ist, so daß er dafür auch Verzugszinsen schuldet (§§ 284 Abs 2, 286 Abs 1, 288, 289 BGB; LG Köln WuM 1979,195,196; 1980,76). Die daraus an sich folgende Kündigungsmöglichkeit (§ 554 BGB) ist jedoch durch § 9 Abs 2 MHRG erheblich eingeschränkt worden, um die Prozeßführung für den Mieter nicht mit einem unerträglichen Risiko zu belasten (s unten § 9 MHRG Rz 22 f). VIII. Sperrfrist 141 Nach einem wirksamen Erhöhungsverlangen muß der Vermieter binnen der Klagefrist (oben Rz 118 f) auch tatsächlich Klage erheben, will er nicht seinen Anspruch auf Mietzinserhöhung für eine Frist von weiteren neun Monaten einbüßen. Denn nach § 2 Abs 3 S 2 MHRG kann im Falle nicht rechtzeitiger Klageerhebung das Erhöhungsverlangen frühestens neun Monate nach Ablauf der Klagefrist wiederholt werden, so daß zwischen zwei Erhöhungsverlangen grundsätzlich mindestens 13 Monate liegen müssen. Dabei ist vorausgesetzt, daß das erste Erhöhungsverlangen keinen Erfolg hatte. Andernfalls tritt an die Stelle der Sperrfrist (mit gleicher Wirkung und Zielsetzung) die einjährige Wartefrist des § 2 Abs 1 Nr 1 MHRG (dazu oben Rz 13 ff). 1. Zweck 142 Der Regelung des § 2 Abs 3 S 2 MHRG liegt der Grundgedanke zugrunde, daß sich der Vermieter mit seinem eigenen Verhalten in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise in Widerspruch setzte, wenn er nach dem ersten, wirksamen Erhöhungsverlangen keine Klage erhebt und damit zum Ausdruck bringt, daß er auf sein Erhöhungsverlangen verzichtet, dann aber gleichwohl kurz darauf ein erneutes Erhöhungsverlangen stellt. Zugleich soll durch die Sperrfrist auch der Mieter vor einer fortlaufenden Belästigung und Beunruhigung durch die ständige Wiederholung eines Erhöhungsverlangens geschützt werden. (917)
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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 143-147
2. Wohnraumkfindigungsschutzgesetz
143 2. Voraussetzungen a) Die Frist beginnt mit Ablauf der Klagefrist, vorausgesetzt, daß das erste Erhöhungsverlangen überhaupt wirksam war (oben Rz 97). Ein unwirksames Erhöhungsverlangen löst also die Sperrfrist nicht aus, so daß es jederzeit in- und außerhalb des Prozesses wiederholt werden kann (ebenso schon früher L G Mannheim NJW 1974, 1252 m Nachw z Streitstand; L G Hannover WuM 1978, 144). Für die F r i s t b e r e c h n u n g g e l t e n die § § 1 8 7 A b s 1 u n d 1 8 8 A b s 2 B G B ( s SCHMIDT-
FUTTERER-BLANK C 125 ff). Die Beweislast für die Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens trifft dabei den Vermieter ( A G Hagen WuM 1980, 181). 144 b) Dem Verzicht auf die Klageerhebung steht die Klagerücknahme gleich (§ 269 A b s 3 S 1 Z P O ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 3 3 ; STERNEL R Z I I I 1 8 3 , 2 0 6 , 2 2 4 ) .
Voraussetzung ist freilich auch hier, daß das der Klage zugrundeliegende Erhöhungsverlangen wirksam war. Folglich löst auch die Klagerücknahme die Sperrfrist nicht aus, wenn der Vermieter nach einem unwirksamen Erhöhungsverlangen zunächst Klage erhoben, dann aber die Klage, anstatt ein wirksames Erhöhungsverlangen nachzuholen (oben Rz 109 ff), wieder zurückgenommen hatte (BARTHELMESS § 2 RZ 108).
145 c) Die Sperrfrist wird hingegen nicht ausgelöst, wenn die Zustimmungsklage als unzulässig oder unbegründet abgewiesen wird; anders nur bei Klageabweisung wegen V e r s ä u m u n g d e r K l a g e f r i s t (DERLEDER, i n : A K § 2 M H R G R z 2 4 ; VON KROG Z M R 1 9 7 7 , 2 6 0 , 2 6 3 ; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 2 7 ; STERNEL R Z I I I 1 8 3 , 2 2 4 ) .
146 3. Wirkungen Ein Erhöhungsverlangen während der Sperrfrist ist unwirksam und löst weder die Überlegungs- noch die Klagefrist aus (LG Hamburg WuM 1976, 59; 1978, 214; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK C 1 2 6 ; STERNEL R Z I I I 1 8 3 , 2 0 6 ) . E i n e w ä h r e n d d e r
Sperrfrist erhobene Zustimmungsklage ist folglich unzulässig. Unwirksam ist auch ein Erhöhungsverlangen, das schon während des Laufs der Sperrfrist für die Zeit nach Fristablauf gestellt wird; das folgt aus dem Zweck der Sperrfrist (oben Rz 142).* 147 IX. Anhänge 1. Übersicht über die bisher veröffentlichten Mietspiegel* * Aachen Amberg Bad Kreuznach Bamberg Beckum Bergheim/Erft Bergisch-Gladbach Bielefeld
ZMR WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM ZMR
1976, 36; 1977, 268 1975, 235 1979, 87 1979,
111
1976,
193
1979,
158
1979,
18
1975,
107;
Bingen Bochum Bremerhaven Brühl Cuxhaven Darmstadt Datteln Dinslaken Dortmund
1977, 103
WuM ZMR WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM
1976, 213 1976, 295 1977, 266 1979, 40 1976, 87 1981,
114
1977, 43 1976, 273 1976, 85;
1980, 139
* Vgl L G Hamburg WuM 1976, 59; 1978, 214; A G Wanne-Eikel WuM 1972, 182; A G Bielefeld WuM 1973, 172; STERNEL RZ III 183, 206; zur Rücknahme des Erhöhungsverlangens s oben Rz 53 a m Nachw. Zulässig ist aber die bloße vorherige Absendung ( O L G Oldenburg WuM 1981, 83).
* * Vgl auch BReg, Bericht, B T - D r 8 (1979)/2610 Anhang (Vorbem 69 zu § 1 M H R G ) . NIEDERBERGER, Mietspiegel, Anhang 155 ff; Zusammenstellungen auch in WuM 1979, 135, 275.
Volker Emmerich
(918)
2. Wohnraumkfindigungsschutzgesetz Duisburg
Düren Düsseldorf Ense Erwitte Eschweiler Essen Esslingen Feibach Oeftingen Frankfurt am Main Fröndenberg Gelsenkirchen Geseke Grevenbroich Gütersloh Hagen Haltern Hamburg Heilbronn Heiligenhaus Herne Herten Hochsauerland und Märkischer Kreis Holzwickede Hürth Ingelheim/Rhein Kamen/Bergkamen Köln Koblenz Krefeld
WuM 1975, 232; ZMR 1976, 76, WuM 1980, 42 WuM 1977, 174 WuM 1975, 130 WuM 1978, 246 WuM 1976, 193 WuM 1978, 38 WuM 1975, 104 WuM 1976, 244 WuM 1978, 17 WuM 1975, 24; ZMR 1975, 107 WuM 1976, 241 WuM 1976, 110 WuM 1976, 193 WuM 1978, 15 WuM 1979, 65 WuM 1976, 243; 1980, 19 WuM 1980, 65 WuM 1977, 81 WuM 1976, 218 WuM 1975, 176; 1976, 240 WuM 1977, 43 WuM 1978, 98 WuM 1977, 216 WuM 1976, 241 WuM 1976, 62 WuM 1978, 55 WuM 1976, 136 WuM 1975, 23; 1980 65; ZMR 1981, 104 WuM 1979, 132 ZMR 1978, 169; 1979, 230 WuM 1980, 89
Landshut Leverkusen und Umge bung WuM 1977, 152 Lippstadt WuM 1976, 193 Ludwigshafen/Rhein WuM 1975, 251; 1979, 271 Lünen WuM 1976, 274 Mannheim WuM 1974, 94 (vgl dazu B A C H M A N N - I B SEN-KURTZ-SOLOW-
JEW, Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten in Mannheim [1973 und 1975]; HOFFMANN-LANGE,
Mainz Marburg Mettmann (919)
Mannheimer Mietspiegel 1977 [1978]) WuM 1975, 219 WuM 1978, 57 WuM 1979, 180
Möhnesee Mönchengladbach Monschau München
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 147
WuM WuM WuM WuM ZMR 1980, WuM Münster/Westf. 1977, Neumünster WuM Neuß WuM Neuwied WuM Nürnberg WuM Oberhausen WuM öttingen WuM Oer-Erkenschwick WuM Offenbach WuM Osnabrück WuM 1980, WuM Peine Recklinghausen WuM Regensburg WuM Remscheid WuM Reutlingen WuM Rosenheim WuM Rottweil WuM Rüthen WuM Schorndorf WuM Schramberg WuM Selm WuM Siegburg und Umgebung WuM Siegen WuM Steinhagen WuM Stolberg WuM Stuttgart und Umgebung WuM Tunningen WuM WuM Ulm Unna ZMR WuM Velbert WuM 1976, Velbert/Heiligenhaus WuM Versmold WuM ZMR Viersen Villingen-Schwenningen WuM WuM Waiblingen WuM Warstein WuM Weingarten WuM Werne WuM Werther WuM Wetter und Herdecke 1980, WuM Wickede WuM Wiesbaden ZMR WuM Witten WuM Wolfsburg WuM Wuppertal 1975,
Volker Emmerich
1978, 179 1975, 131 1978, 80 1977, 237; 1977, 296; 69 1975, 158; 17 1975, 199 1977, 194 1976, 217 1977, 265 1976, 170 1974, 95 1977,217 1977, 175 1980, 87; 208 1980, 187 1976, 271 1978, 13 1977, 39 1974, 95 1979, 178 1977, 16 1976, 193 1974, 95 1974, 95 1976, 241 1977, 150 1974, 94 1977, 104 1976, 275 1974, 95 1977, 15 1975, 134 1976, 201; 1980,115 1975, 176; 240 1979, 252 1977, 104 1981, 107 1976, 39 1974, 95 1979, 90 1974, 95 1976, 242 1977, 104 1976, 243; 20 1978, 160 1976, 215; 1977, 73 1977, 242 1977, 264 1974, 94; 175
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 148, 149
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
148 2. Bericht der Bundesregierung vom 10. 5 . 1 9 7 6 betreffend die Ermöglichung einer vermehrten Aufstellung von Mietspiegeln durch die Gemeinden, BT-Drucksache 7/5160 Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung bei der Verabschiedung des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes am 17. Oktober 1974 ersucht, „baldmöglichst mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen festzustellen, ob und inwieweit eine vermehrte Aufstellung von Mietspiegeln durch die Gemeinden ermöglicht werden kann und sodann über das Ergebnis der Beratungen zu berichten" (Drucksache 7/2629, Nr III, 3 des Entschließungsantrags). Aufgrund dieser Entschließung wurde beim Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ein Arbeitskreis „Mietspiegel" gebildet, dem neben Vertretern der beteiligten Bundesministerien (Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Bundesministerium der Justiz und Bundesministerium für Wirtschaft) Vertreter der Länder und der kommunalen Spitzenverbände sowie Vertreter einzelner Gemeinden, die über Erfahrungen mit der Aufstellung von Mietspiegeln verfügen, angehörten. Der Arbeitskreis hat auf der Grundlage bereits vorliegender Mietspiegel sowie der inzwischen insoweit gesammelten Erfahrungen die in der Beilage zu diesem Bericht enthaltenen „Hinweise für die Aufstellung von Mietspiegeln" erarbeitet. Die kommunalen Spitzenverbände werden diese „Hinweise" den Gemeinden in geeigneter Weise bekanntgeben. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung im Bundesbaublatt vorgesehen. Die Bundesregierung sieht in den „Hinweisen" ein geeignetes Mittel, den Gemeinden sowie den Interessenvertretern von Vermietern und Mietern die erforderliche Hilfe bei der Mietspiegelaufstellung zu gewähren, zu einer vermehrten Aufstellung von Mietspiegeln nach einheitlichen und erprobten Kriterien anzuregen und damit letztlich die Anwendung des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes zu erleichtern. Gesetzliche Regelungen über die Aufstellung von Mietspiegeln hält die Bundesregierung gegenwärtig nicht für erforderlich. Über die Erfahrungen mit der Aufstellung und Anwendung von Mietspiegeln wird sich die Bundesregierung in dem nach der oben angeführten Entschließung des Deutschen Bundestages im Jahre 1979 zu erstattenden Bericht über die Auswirkung des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes (Drucksache 7/2629, Nr III, 2 des Entschließungsantrags) äußern.
Hinweise für die Aulstellung von Mietspiegeln (Vom Abdruck wird abgesehen mit Rücksicht auf die inzwischen veröffentlichten fortgeschriebenen Hinweise; s unten Rz 149)
149 3. Fortschreibung der Hinweise für die Aufstellung von Mietspiegeln Vorbemerkungen des Bundesbauministers I. (nicht abgedruckt) n . Das Vergleichsmietenverfahren soll marktorientierte Mietanpassungen ermöglichen. Die zum Vergleich herangezogenen Mieten sollen für die entsprechenden Wohnungen in einer Gemeinde üblich sein. Für die Vergleichbarkeit sollen objektive, an den Eigenschaften der Wohnung anknüpfende Kriterien, nämlich Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage maßgebend sein. Daraus folgt, daß die in die Mietspiegel eingehenden Mieten sich durch Marktnähe, Vergleichbarkeit und Üblichkeit auszeichnen müssen. Dies bedeutet, daß die Qualität von Mietspiegeln um so stärker beeinträchtigt wird 1. je weniger vergleichbar die erfaßten Wohnungen nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage sind, 2. je mehr subjektive Eigenschaften von Mietern oder Vermietern sowie mietvertraglich vereinbarte Sonderkonditionen Einfluß bei der Mietfestsetzung für die zu vergleichenden Wohnungen hatten, Volker Emmerich
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2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 149
3. je weiter der Zeitpunkt der Erstellung des Mietspiegels zurückliegt. i n . Die vom Arbeitskreis „Mietspiegel" vorgenommene Fortschreibung und Ergänzung seiner Empfehlungen trägt den aufgetretenen Fragen Rechnung: 1. In der Praxis hat sich gezeigt, daß für vergleichbare Wohnungen in schlechten Wohnlagen zum Teil höhere Mieten gezahlt werden als in besseren Wohnlagen. Erfahrungsgemäß ist dies auch darauf zurückzuführen, daß dort bestimmte Bevölkerungsgruppen - zB Ausländer - wohnen, von denen vergleichsweise höhere Mieten verlangt werden. Ähnliches gilt auch für Mieten für Wohnungen schlechterer Ausstattung im Verhältnis zu solchen mit besserer Ausstattung. Um zu gewährleisten, daß derartige, in der Person des Mieters begründete Mietpreisgestaltungen nicht die Mietspiegel beeinflussen, hat der Arbeitskreis „Mietspiegel" die Empfehlung ausgesprochen, daß die in die Mietspiegel eingehenden Mieten für Wohnungen in schlechten Lagen nicht höher sein sollten als die für vergleichbare Wohnungen in besseren Lagen. Entsprechendes wurde für Wohnungen schlechterer und besserer Qualität empfohlen. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß objektive Teilmarktbesonderheiten trotz schlechter Qualität von Wohnung und Wohnumfeld zu einem verhältnismäßig hohem Mietpreisniveau führen können. 2. Der Arbeitskreis „Mietspiegel" hat entgegen anderer Vorschläge an der Empfehlung festgehalten, in Mietspiegel Mietspannen aufzunehmen. Wie schon in den Hinweisen von 1976 ausgeführt, ist aufgrund von Wohnwertunterschieden, die in der Merkmalsgliederung nicht erfaßt sind, sowie wegen der unterschiedlichen subjektiven Bewertung der Wohnungen durch die Mieter in der Praxis eine Streuung der Mieten für vergleichbare Wohnungen festzustellen. Die alleinige Angabe eines Mittelwertes trüge der Üblichkeit solcher Abweichungen nicht Rechnung. Für die Bildung von Mietspannen aus dem Datenmaterial hat der Arbeitskreis empfohlen, zunächst Mieten auszuschalten, die extreme Einzelfälle darstellen („Ausreißer-Mieten"). Derartige Mieten sind Sonderfälle, die somit nicht als üblich bezeichnet werden können. Es handelt sich in diesen Fällen erfahrungsgemäß zB um Gefälligkeits- bzw Diskriminierungsmieten, um sehr lang bestehende Mietverhältnisse ohne oder mit geringen Mietanpassungen. Durch das empfohlene Verfahren zur Spannenbildung und gleichzeitigen Bestimmung des Mittelwertes soll sichergestellt werden, daß einerseits einzelne extreme Mieten das ausgewiesene Mietniveau insgesamt nicht beeinflussen, andererseits eine hohe Repräsentativität für die Bandbreite üblicher Mieten gewährleistet wird. Übliche Mieten unterschiedlicher Vertragsdauer, jüngst vereinbarte wie auch länger bestehende sind durch die Spannen repräsentiert. Von der Setzung einer „Höchstmietvertragsdauer", ab der Mieten bei der Aufstellung von Mietspiegeln unberücksichtigt bleiben sollen, ist abgesehen worden. 3. Die Ermittlung von Vergleichsmieten für Wohnungen jüngsten Baualters hat sich wegen der geringen Zahl an Vergleichsfällen häufig als schwierig erwiesen. Dies hatte zur Folge, daß das Mietpreisniveau der jüngsten Baualtersklasse in Mietspiegeln das tatsächliche Mietniveau für die neuesten Wohnungen nicht immer ausreichend wiedergibt. Hinzu kommt, daß sich für neu auf dem Markt angebotene Wohnungen zunächst ein Marktpreis bilden muß. Aus diesem Grunde wird empfohlen, die jüngsten in den Mietspiegel einzubeziehenden Wohnungen auf den Baujahrgang zu begrenzen, der mindestens seit einem vollen Jahr bezugsfertig ist. Dh anstelle einer üblicherweise offenen, jüngsten Baualtersklasse („ab 1972") wird im Mietspiegel eine geschlossene Baualtersklasse (zB 1972-1978) empfohlen. Durch dieses Vorgehen wird gewährleistet, daß sich für neu auf den Markt kommende Wohnungen zunächst ein Marktpreis bilden kann, und verhindert, daß marktorientierte Mietanpassungen in der kritischen Anfangsphase einer Investition behindert werden. Durch die bisherige Empfehlung einer „offenen" jüngsten Baualtersklasse war das in der Regel niedrigere Niveau der gesamten Gruppe für eine neue Wohnung im ersten möglichen Mietanpassungszeitpunkt Vergleichsbasis. 4. Mietspiegel sind nur dann ein praktikables Instrument zum Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete, wenn sie die Marktverhältnisse zeitnah aufzeichnen. Eine regelmäßige Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung des Mietspiegels an die Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt ist daher erforderlich. Eine Überprüfung der Notwendigkeit einer Anpassung des Mietspiegels wird vom Arbeitskreis „Mietspiegel" für mindestens alle zwei Jahre empfohlen. Um einen sachgerechten Zeitpunkt für die Fortschreibung des Mietspiegels im Rahmen dieses Zeitraums festzulegen, ist jedoch eine laufende Beobachtung der Veränderung der Wohnungsmarktverhältnisse unabdingbar. 5. Hinsichtlich der Frage nach der Aufnahme von Mieten für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern hat es sich als ratsam erwiesen, wegen der häufig vorhandenen individuellen Besonder(921)
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heiten solcher Wohnungen diese Mieten idR nicht in die Mietspiegel aufzunehmen. In Gemeinden, in denen Mietwohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern den Wohnungsmarkt wesentlich bestimmen, wird empfohlen, für diese Wohnungen einen eigenen Mietspiegel aufzustellen. 6. Über diese Empfehlungen hinaus enthalten die Hinweise zur Aufstellung von Mietspiegeln Anhaltspunkte für die Berücksichtigung von besonderen wohnungsgrößen- und ausstattungsbedingten Mietpreisunterschieden sowie die Berücksichtigung von modernisierten Wohnungen.
Hinweise für die Aufstellung von Mietspiegeln I. Gesetzliche Grundlage Das als Bestandteil des 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetzes (2. WKSchG) erlassene „Gesetz zur Regelung der Miethöhe" (MHG) schließt eine Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnraum zum Zwecke der Erhöhung der Miete aus. Zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes sollen jedoch marktorientierte und kostenbedingte Mieterhöhungen möglich sein. Dazu sind im Gesetz besondere Verfahren der Mieterhöhung im Rahmen bestehender Verträge vorgesehen. Danach kann der Vermieter vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete verlangen, wenn die bisherige Miete seit einem Jahr unverändert ist und die jetzt verlangte Miete „die üblichen Entgelte, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für nicht preisgebundenen Wohnraum (also nicht mit Wohnungsbauförderungsmitteln geförderten Wohnraum und in Berlin auch nicht für Altwohnraum) vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage gezahlt werden" (Vergleichsmiete), nicht übersteigt. Außerdem ist der Vermieter berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten und bestimmter Kapitalkosten durch einseitige schriftliche Erklärung anteilig auf die Mieter umzulegen sowie wegen seiner Aufwendungen für eine Modernisierung in bestimmtem Umfang eine Erhöhung des Mietzinses zu verlangen. Während sich bei der Ermittlung und Begründung von Mieterhöhungen wegen Steigerungen der Betriebs- und Kapitalkosten oder wegen Modernisierungsaufwendungen kaum Schwierigkeiten ergeben, stellt sich bei der Bestimmung der Vergleichsmiete für Vermieter, Mieter und Gerichte das Problem der Beschaffung und Bewertung von Informationen. Der Gesetzgeber hat vorgesehen, daß das Verlangen einer Erhöhung des Mietzinses bis zur Höhe des vergleichbaren Entgelts (Vergleichsmiete) insbesondere - anhand von Übersichten über die ortsüblichen Entgelte für vergleichbaren Wohnraum, in der Praxis meist kurz „Mietspiegel" genannt - durch Gutachten oder - durch Benennung von in der Regel 3 Vergleichswohnungen anderer Vermieter begründet werden kann. Der besondere Vorteil der Mietspiegel liegt darin, daß sie nicht nur punktuell Informationen über gezahlte Entgelte einzelner Wohnungen liefern. Sie geben auf wesentlich breiterer Informationsbasis Anhaltspunkte für die Ermittlung der Vergleichsmiete im Einzelfalle. Sie haben überdies den Vorzug, daß sie den bei der Benennung von Vergleichswohnungen notwendigen Eingriff in die Privatsphäre von Mieter und Vermieter dieser Wohnungen erübrigen.
II. Aufgabe der Mietspiegel Die Aufstellung von Mietspiegeln soll dazu dienen, das Mietpreisgefüge im nicht preisgebundenen Wohnungsbestand möglichst transparent zu machen, um a) Streit zwischen Mietvertragsparteien, der sich aus Unkenntnis des Mietpreisgefüges ergeben kann, zu vermeiden, b) Kosten der Beschaffung und Bewertung von Informationen über Vergleichsmieten im Einzelfall möglichst einzusparen, c) den Gerichten die Entscheidung in Streitfällen zu erleichtern. Darüber hinaus sind Mietspiegel als zuverlässige Informationsquellen über das Mietpreisgefüge auch geeignet, Mietpreisüberhöhungen im Sinne des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz vorzubeugen. Volker Emmerich
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III. Anforderungen an Mietspiegel und Folgerungen für die Aufstellung 1. Allgemeine Anforderungen an den Mietspiegel Mietspiegel sollen einen Überblick über die in einer Gemeinde für nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage vergleichbare Wohnungen üblicherweise gezahlten Entgelte geben. Dies bedeutet, daß nur Mieten in den Mietspiegel aufgenommen werden sollen, deren Höhe durch die genannten objektiven Wohnungsmerkmale bestimmt sind und die mit einer gewissen Häufigkeit in der Gemeinde für den entsprechenden Wohnungstyp gezahlt werden. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, daß die Gliederungsmerkmale von Mietspiegeln die im Gesetz genannten mietpreisbildenden Faktoren (Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage) vollständig enthalten müssen. Die Mietspiegel müssen aber grundsätzlich zusammen mit deren textlichen Erläuterungen eine Bestimmung der Vergleichsmiete im Einzelfall mit hinreichender Genauigkeit ermöglichen. 2. Datengrundlage Die Mietspiegeldaten im Mietspiegel können sich auf - statistische Repräsentativerhebungen und - sonstige aus Anlage 2 ersichtliche Datenmaterialien stützen. Es hat sich gezeigt, daß Mietspiegel eine Einigung der Mietvertragsparteien über den Mietpreis erleichtern. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen mit Mietspiegeln wird in Städten mit mehr als 50 000 Einwohnern die Aufstellung eines Mietspiegels empfohlen. In Großstädten empfiehlt es sich, bei der erstmaligen Aufstellung vorrangig auf Repräsentativerhebungen zurückzugreifen. Das gleiche gilt für Fortschreibungen, sofern sie bereits mehrfach nach der Erstaufstellung des Mietspiegels wiederholt wurden (vgl Ziff VII). Verfahren der Aufstellung von Mietspiegeln, die sich auf sonstige Datenquellen stützen, kommen um so mehr zu befriedigenden Ergebnissen, je geringer die Zahl der Einwohner und je weniger differenziert der Wohnungsmarkt ist. In kleineren Städten (mit weniger als 50 000 Einwohner) kann auf die Erstellung von Mietspiegeln verzichtet werden, wenn eine ausreichende Transparenz des Mietgefüges gegeben ist. 3. Ersteller des Mietspiegels Das MHG geht in § 2 Abs 2 davon aus, daß der Mietspiegel „von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt" wird. Aus dieser Formulierung lassen sich folgende mögliche Aufstellungsarten für Mietspiegel ableiten: - Der Mietspiegel wird von der Gemeinde erstellt - der Mietspiegel wird von der Gemeinde zusammen mit den Interessenvertretern erstellt - der Mietspiegel wird von den Interessenvertretern der Mieter und Vermieter gemeinsam erstellt - eine Interessenvertretung erstellt den Mietspiegel allein, den die an der Erstellung nicht beteiligte Interessenvertretung oder die Gemeinde anerkennt - ein Dritter stellt den Mietspiegel auf, und die Interessenvertreter der Mieter und der Vermieter oder die Gemeinde erkennen ihn an. Nach den bisherigen Erfahrungen empfiehlt sich - insbesondere im Falle der Durchführung einer Repräsentativerhebung - die Aufstellung des Mietspiegels durch die Gemeinde. Dabei hat es sich als zweckmäßig erwiesen, daß die Gemeinde mit den beteiligten Verbänden Verfahren und Ergebnis der Aufstellung von Mietspiegeln erörtert, um eine möglichst breite Zustimmung für das gefundene Ergebnis zu erreichen und günstige Voraussetzungen für die Anwendung zu schaffen. Wird die Datengrundlage für den Mietspiegel nicht durch eine Repräsentativerhebung gewonnen, so ist es für die Gemeinde zweckmäßig, sich soweit wie möglich des Sachverstandes der Interessenvertretungen der Mietvertragsparteien und des bei den Interessenvertretern vorhandenen Datenmaterials zu bedienen. Falls die Gemeinde die Aufstellung des Mietspiegels den Verbänden überläßt, wird es auch hierbei zweckmäßig sein, daß Vertreter der Gemeinde bei der Erarbeitung mitwirken; denn auf diese Weise (923)
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kann am besten beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine etwa beabsichtigte Anerkennung des Mietspiegels durch die Gemeinde gegeben sind. Eine Beteiligung weiterer Sachverständiger, die das örtliche Mietpreisgefüge kennen, zB Vertreter der unternehmerischen Wohnungswirtschaft und der Maklerorganisationen und von Mietrichtern hat sich vielfach als nützlich erwiesen. Es empfiehlt sich, das für die Aufstellung des Mietspiegels verwendete Datenmaterial aufbereitet zur Verfügung zu halten. Unter Ausnutzung ihrer durch die Aufstellung des Mietspiegels gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen kann so die den Mietspiegel aufstellende Stelle auf Anfrage durch weitere Erläuterungen und Anhaltspunkte die Anwendung des Mietspiegels im Einzelfalle erleichtern.
IV. Mietbegriff Der Inhalt von Mietpreisvereinbarungen ist sehr unterschiedlich. In der Regel schließen die vereinbarten Mieten einige der umlagefähigen Betriebskosten, manchmal sogar alle ein. In Anbetracht des steigenden Gewichts der Betriebskosten und der Möglichkeit, die Erhöhung der Betriebskosten außerhalb des „Vergleichsmietenverfahrens" auf die Miete umzulegen, besteht eine Tendenz, aus der Kalt-Miete (Miete ohne Heizungs- und Warmwasserkosten) auch die übrigen Betriebskosten auszusondern. Solange dieser Prozeß noch nicht abgeschlossen ist, kann es Schwierigkeiten verursachen, die Kalt-Miete ohne die übrigen Betriebskosten zu ermitteln. Unter diesen Umständen können die Mietspiegel und die entsprechenden Datenerhebungen nur auf Kalt-Mieten einschließlich der Betriebskosten (sog. Brutto-Kalt-Miete), die ortsüblich in der Miete enthalten sind, abstellen.. Das bedeutet für die Anwendung des Mietspiegels, daß von der tatsächlichen Kalt-Miete einschließlich der übrigen Betriebskosten jeweils Erhöhungen der Betriebskosten, die nach dem Stichtag des Mietspiegels umgelegt worden sind, vorweg abzuziehen sind. In Gemeinden, in denen die Vertragsparteien mehr und mehr dazu übergehen, Kalt-Mieten ohne Betriebskosten (sog Netto-Kalt-Miete) zu vereinbaren, ist ein Übergang zu diesem Mietbegriff zu empfehlen. Die Erläuterungen zum Mietspiegel müssen eine genaue Definition des verwendeten Mietbegriffs enthalten. Es muß auch eine Klarstellung erfolgen, auf welchen Fall der Mietvertragsgestaltung hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen bzw kleiner Instandsetzungen abgestellt wurde. In der Regel dürfte der dem Mietspiegel zugrunde liegende Mietbegriff die Übernahme der Schönheitsreparaturen und kleinen Instandsetzungen durch den Mieter beinhalten.
V. Struktur des Mietspiegels Die Grundstruktur der Mietspiegel ist durch § 2 Abs 1 Nr 2 des MHG weitgehend vorgegeben. Danach müssen Mietspiegel einen Überblick über die üblichen Entgelte, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage gezahlt werden, vermitteln. Wegen der unterschiedlichen Größe und Differenziertheit der einzelnen regionalen Wohnungsmärkte lassen sich darüber hinaus keine allgemein gültigen Regeln für die - Struktur der Mietspiegel und die zu berücksichtigenden Kriterien und deren Abstufung sowie für - Art und Umfang des erforderlichen Datenmaterials aufstellen. Die folgenden Ausführungen können nur als Leitlinie gelten, die jeweils auf ihre Anwendbarkeit für bestimmte Gemeinden überprüft werden muß. Zur möglichst einfachen und genauen Bestimmung der „Vergleichsmiete" wäre es erwünscht, die Mietspiegel so stark zu differenzieren, daß für die Feststellung der „Vergleichsmiete" im Einzelfall nur noch ein kleiner Spielraum bleibt. Von einem bestimmten Grad an Differenzierung ab ergeben sich aber bei der Datenerhebung für die Aufstellung des Mietspiegels unverhältnismäßig hohe Kosten. Es ist deshalb notwendig, diejenigen Kriterien für den Mietspiegel auszuwählen, die in entscheidendem Maße die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Mietpreise bedingen. Volker Emmerich
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Bei der Umsetzung der vom Gesetzgeber aufgeführten Kriterien im Mietspiegel ist zweckmäßigerweise von folgendem auszugehen: 1. „Art" Das Vergleichsmerkmal „Art" zielt insbesondere auf die Gebäudeart (Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Hochhäuser, sonstige Mehrfamilienhäuser). Bei Mietwohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sind oft individuelle Besonderheiten zu berücksichtigen. Es liegt daher idR nahe, in die Mietspiegel lediglich Angaben über die Mieten von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern aufzunehmen. Die Einengung auf Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern muß jedoch im Mietspiegel klar zum Ausdruck kommen. In Gemeinden, in denen Mietwohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern den Wohnungsmarkt wesentlich bestimmen, empfiehlt es sich, für diese Wohnungen eine eigene Übersicht aufzustellen. Die Mietspiegel sollten auch Hinweise dafür enthalten, wie Besonderheiten von Hochhäusern zu berücksichtigen sind (zB durch Zu- und Abschläge). 2. „Größe" Für das Vergleichsmerkmal „Größe" ist die Quadratmeterzahl der Wohnfläche einer Wohnung, also die Grundfläche der Räume, die ausschließlich zu der Wohnung gehören, am aussagefähigsten. Im allgemeinen werden für kleinere Wohnungen, insbesondere Appartements, deutlich höhere Quadratmetermieten als für größere Wohnungen gezahlt. Ein Appartement ist die in ihrer baulichen Anlage und Ausstattung auf die besonderen Bedürfnisse in der Regel eines 1-Personen-Haushalts ausgerichtete abgeschlossene Kleinwohnung, die nach örtlicher Üblichkeit genauer definiert werden sollte, um mietpreiswirksame Falschbezeichnungen zu verhindern. Als Definition bietet sich an: „Unter einem Appartement ist eine abgeschlossene, gut ausgestattete Einzimmerwohnung zu verstehen, die Kochnische oder separate Kleinküche nebst separatem Bad oder Dusche sowie WC aufweist." Relativ geringe größenbezogene Preisdifferenzen ergeben sich für die Masse der Wohnungen mittlerer Größe, also für 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen, während signifikante Unterschiede wieder bei Großwohnungen zu beobachten sind. Demgemäß wird eine Aufteilung in etwa 5 Gruppen empfohlen; zB: Wohnungen mit weniger als 25 m2 Wohnungen mit 25 m2—40 m2 Wohnungen mit 40 m 2 -60 m2 Wohnungen mit 60 m 2 -80 m2 Wohnungen mit mehr als 80 m2 Wohnungsgrößenbedingten Mietpreisunterschieden, die durch eine solche Aufteilung nicht ausreichend berücksichtigt werden (dies ist zB denkbar bei Appartements im Vergleich zu anderen Kleinwohnungen), sollten durch entsprechende Hinweise in den Erläuterungen zum Mietspiegel Rechnung getragen werden. 3. „Ausstattung" Das Vergleichsmerkmal „Ausstattung" bezieht sich auf eine Vielzahl von Ausstattungsmöglichkeiten (zB Heizungsart, Bad oder Dusche, Trennung von Bad und Toilette, Aufzug, Balkon, Art der Fußböden und der Verglasung). Zur Wahrung der Übersichtlichkeit der Mietspiegel und zur Vermeidung übermäßiger Erhebungskosten ist eine Beschränkung auf die wichtigsten Ausstattungsmerkmale notwendig. Es wird empfohlen, das Merkmal „Ausstattung" in der Tabelle in mindestens folgender Aufteilung zu berücksichtigen: - Wohnungen mit Bad oder Duschraum und mit Sammelheizung - Wohnungen mit Bad oder Duschraum oder Sammelheizung - Wohnungen ohne Bad, Duschraum und Sammelheizung. Weiteren Ausstattungsmerkmalen und Qualitätsunterschieden sollte durch entsprechende Erläuterungen zum Mietspiegel Rechnung getragen werden. Dies gilt auch für Qualitätsunterschiede durch Modernisierung und deren ortsübliche Bewertung in der Miethöhe: Möglich sind zB Hinweise zur Einordnung innerhalb der Mietspannen oder die Angabe von ortsüblichen Zuschlägen für modernisierte Wohnungen. Bei der Bestimmung der Mieten nach Qualitätsmerkmalen ist darauf zu achten, daß die Mieten für Wohnungen in einer niedrigeren Qualitätsstufe nicht höher sind als die Mieten für ansonsten vergleichbare Wohnungen in einer höheren Qualitätsstufe. Soweit Mieten für schlechtere Wohnun(925)
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gen höher sind als Mieten für bessere Wohnungen kommen nämlich in der Regel subjektive Besonderheiten der Mieterhaushalte zum Tragen, die bei der Bestimmung der Vergleichsmieten außer Betracht gelassen werden müssen. 4. „Beschaffenheit" Das Merkmal „Beschaffenheit" bezieht sich auf Bauweise, Zuschnitt und baulichen Zustand (Instandhaltungsgrad des Gebäudes bzw der Wohnung); die Beschaffenheit wird dabei in aller Regel zu schwierig zu fassen sein, als daß sie voll in die Gliederung des Mietspiegels eingehen könnte. Da Bauweise und Zuschnitt oft vom Baualter abhängig sind, hat sich jedoch im allgemeinen eine Unterteilung nach dem Merkmal „Baualter" aus der Praxis als zweckmäßig erwiesen. Hierzu wird beispielhaft mindestens folgende Altersgruppierung empfohlen: Baujahr (Jahr der Fertigstellung) bis 1948 1949 bis 1960 1961 bis 1971 1972 bis 19 . . (Beispiel 1978). Insbesondere im Bereich der jüngeren Neubauwohnungen kann es sich empfehlen, die Baualtersgruppen enger zu fassen, um zu große Mietspannen zu vermeiden. Die jüngsten durch die letzte Baujahrgangsgruppe einbezogenen Wohnungen sollten am Stichtag der Erhebung der Mieten für den Mietspiegel seit mindestens einem vollen Kalenderjahr bezugsfertig sein. Ist der Stichtag der Mietenerhebung zB der 30. 6. 1979, so wäre der letzte einzubeziehende Baujahrgang 1977; ist der Stichtag zB der 1. 1. 1980, wäre es der Baujahrgang 1978. Anhaltspunkte dafür, in welcher Weise im Einzelfall Besonderheiten der Beschaffenheit Rechnung getragen werden kann, sollten in entsprechenden Erläuterungen zum Mietspiegel gegeben werden. Insbesondere sollten die Erläuterungen Hinweise darauf geben, wie bei Wohnungen, deren Beschaffenheit durch Modernisierung nicht mehr mit der Beschaffenheit von Wohnungen derselben Baualtersgruppe vergleichbar ist, bei Anwendung des Mietspiegels zu verfahren ist. Durch umfassende Modernisierung kann eine Wohnung älteren Baualters durchaus mit Wohnungen jüngerer Baualtersklassen vergleichbar werden. 5. „Lage" Für die Lagequalität sind in erster Linie die Verhältnisse des Wohngebietes, in dem die Wohnung liegt, von Bedeutung (ruhige Lage, verkehrsgünstige Lage, Nähe von Geschäftszentren, geringe Immissionen, starker Verkehr, Beeinträchtigung des Wohnens durch Handwerks- und Gewerbebetriebe, Fehlen von Frei- und Grünflächen). Für die Mietspiegel empfiehlt sich eine grobe Unterteilung nach „guten, mittleren, einfachen" Wohnlagen unter entsprechender Aufteilung des Gemeindegebiets, örtlich enger begrenzten Lagekriterien, die bei den groben Aufteilungen des Gemeindegebiets nach der Wohnlage nicht berücksichtigt werden können, kann durch Zu- oder Abschläge Rechnung getragen werden. Wie bei der Ausstattung kann die sich in der Miete widerspiegelnde Bewertung der Lagemerkmale überlagert sein von subjektiven Merkmalen bestimmter Bewohnergruppen, von denen trotz schlechter Lage höhere Mieten abverlangt werden als in besseren Lagen für sonst vergleichbare Wohnungen. Es sollte daher darauf geachtet werden, daß die in den Mietspiegel aufgenommenen Mieten für Wohnungen gleicher Größe und Qualität in schlechten Lagen nicht höher sind als die vergleichbarer Wohnungen in besseren Lagen. VI. Mietpreisspannen Alle wohnungsstatistischen Erhebungen, bei denen das tatsächliche Ausmaß der Streuung der Quadratmetermieten ermittelt worden ist, zeigen eine große Spannbreite der gezahlten Quadratmetermieten. Selbst bei differenzierter Betrachtung und Bildung von Teilgruppen nach den genannten Kriterien bleibt ein Streuungsbereich der Quadratmetermieten feststellbar. Die Streuung der Mietpreise erklärt sich - aus Wohnwertunterschieden, die durch die Merkmalsgliederung im Mietspiegel nicht erfaßt sind. Solche Wohnwertunterschiede können sich zB aus der Ausstattung, der Beschaffenheit und der Lage der Wohnung im Gebäude ergeben und - aus der Unschärfe des Preisbildungsmechanismus am Wohnungsmarkt, die zu unterschiedlichen Mieten für nahezu identische Wohnungen führen kann. Volker Emmerich
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2. Wohnrauinkiindigungsschutzgesetz
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 149
Die Streuung kann aber auch aus dem Einfluß individueller Besonderheiten resultieren, der den Einfluß objektiver qualitativer Merkmale überlagert. Auch die Mietangaben zu den Merkmalskombinationen (Tabellenfelder des Mietspiegels) müssen entsprechend den tatsächlich gezahlten Mieten gewisse Spannbreiten umfassen. Dies kann durch Angabe - des unteren und oberen Wertes der Spanne - durch Angabe des Mittelwertes und der üblichen Abweichung nach unten und oben - des oberen und unteren Wertes der Spanne und des Mittelwertes geschehen. Um die Bedingung zu erfüllen, daß die Mietspiegel die „üblichen Entgelte" wiedergeben, müssen die Spannbreiten so gewählt werden, daß zumindest zwei Drittel aller - mit Ausnahme der extremen „Ausreißer-Mieten" (vgl unten) - erfaßten Mieten der betreffenden Merkmalskombination innerhalb der Spanne liegen. Je dichter die tatsächlich erfaßten Mieten beieinanderliegen, desto kleiner kann die Spanne sein. Je breiter die Streuung insbesondere der Mieten oberhalb des Mittelwertes tatsächlich ist, desto größer wäre bei zu kleiner Spanne die Zahl der außerhalb der Grenzwerte liegenden Fälle. Es dürfen jedenfalls keine engen Spannen entgegen einer tatsächlich zu beobachtenden breiteren Streuung der üblichen Mieten festgelegt werden. Ein solches Vorgehen würde den gesetzlichen Anforderungen widersprechen. Es könnte unter anderem auch dazu führen, daß durchaus marktübliche Abweichungen einzelner Mieten von einem für bestimmte Wohnungstypen ermittelten Durchschnitt als Mietpreisüberhöhungen im Sinne des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz erscheinen. Es wird folgendes Verfahren für die Spannenbildung empfohlen: 1. Aussonderung von extremen „Ausreißer-Mieten" 2. Bildung des Durchschnittswertes der verbleibenden Mieten 3. Bestimmung des unteren und oberen Wertes der Spanne durch Kappen von je oberen und unteren Ende der Mietenskala.
der Fälle am
Zur leichteren Handhabung des Mietspiegels empfiehlt es sich, sowohl die Mietspannen als auch den Mittelwert der erfaßten Mieten im Mietspiegel anzugeben. Ergeben sich bei der Anwendung dieser Regeln dennoch zu große Spannen der einzelnen Merkmalskombinationen, die eine Anwendbarkeit des Mietspiegels erheblich erschweren, so sind folgende Lösungen möglich: - Schärfere Fassung der Merkmalskombination, um homogenere Teilgruppen zu bilden. - Aufstellung eines Katalogs positiver und negativer Merkmale, denen entsprechende Zu- oder Abschläge zugeordnet werden. Bei einem Zusammentreffen mehrerer positiver (negativer) Merkmale können durch die Anwendung solcher Zuschläge die im Normalfall geltenden Spannen über- bzw unterschritten werden. Um die Anwendung des Mietspiegels zu erleichtern, sollten mindestens in den Erläuterungen zum Mietspiegel Hinweise gegeben werden, in wieweit vom MHG genannte Kriterien (wie etwa Teile der Beschaffenheit), die nicht mit in die Gliederung des Mietspiegels eingehen, bei der Bestimmung der Vergleichsmiete im konkreten Einzelfall innerhalb der Spanne zu berücksichtigen sind.
VII. Anpassung der Mietspiegel an den Markttrend Bei der Verabschiedung des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes ging der Gesetzgeber davon aus, daß zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes marktorientierte Mieterhöhungen möglich sein müssen. Mietspiegel geben die Marktverhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder. Sie veralten um so schneller, je höher die Preissteigerungsraten am Wohnungsmarkt sind, bzw behalten ihre Gültigkeit um so länger, je langsamer das allgemeine Mietniveau steigt. Eine generell gültige Anpassungsfrist für die Mietspiegel kann daher nicht formuliert werden. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen des Wohnungsmarktes wird eine Anpassungsfrist durch Neuaufstellung in größeren Zeitabständen (mehrere Jahre) empfohlen. In der Zwischenzeit sind (927)
Volker Emmerich
Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 149
2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz
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