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German Pages 177 [195] Year 1960
Joachim Ufer • Hormontherapie in der Frauenheilkunde
Hormontherapie in der Frauenheilkunde Grundlagen und Praxis von
Dr. med. Joachim Ufer Facharzt für Gynäkologie Mit 72 Abbildungen 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage
Walter de Gruyter & Co. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp. B e r l i n 1960
© Copyright 1959, I960 by Walter de G r u y t e r & Co., vormals G. J . Gösohen'sohe Verlagshandlxmg • J . G u t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung Georg Reimer > Karl J . Trübner Veit & Comp., Berlin W 35 — Alle Rechte» aueh die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanisohen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten Aroliiv-Nr. 51 Hl 60 — Printed in G e r m a n y — S a t z : Walter de G r u y t e r & Co.. Berlin — D r u c k : F r a n z Spiller, Berlin SO 36
Vorwort zur ersten Auflage Die vorliegende Darstellung der gynäkologischen Endokrinologie wendet sich an Fachärzte und Praktiker, soweit sie Frauenheilkunde betreiben. In den ersten Abschnitten wurde versucht, einen kurzen Überblick über Chemie, Biosynthese und Stoffwechsel der Hormone zu geben. Gerade auf diesen Gebieten haben wir dank intensiver biochemischer Forschung sehr erhebliche Fortschritte in den letzten Jahren gemacht, so daß eine fortlaufende Neuorientierung des Arztes ratsam ist. Entsprechend der Thematik des Buches beschäftigen sich diese Einführungskapitel vorwiegend mit den Sexualhormonen und den übergeordneten gonadotropen Hormonen sowie mit Substanzen, deren hormonähnliche Wirkung für den Arzt von Interesse ist. Weitere Kapitel widmen sich der noch recht wenig erforschten Wirkungsweise der Hormone am Erfolgsorgan. Unsere Kenntnisse sind hier noch lückenhaft. Studien über die Eiweiß- und Fermentchemie werden uns vermutlich in naher Zukunft neue Ergebnisse vermitteln. Eine kurze Darstellung der Steuerung endokriner Vorgänge, die für die Erklärung vieler Befunde von fundamentaler Bedeutung sind, wurde ebenfalls vorgenommen. Weiterhin wurden die verschiedenen Anwendungsformen der Hormone als Therapeutika sowie ihre Testierung besprochen und durch tabellarische Zusammenstellungen der Präparate am Schluß des Buches ergänzt. Auf diesem Gebiet sind große Fortschritte für die Gynäkologie zu verzeichnen. Die Schaffung von Depothormonen mit verschiedener Wirkungsdauer und die Entdeckung von Steroiden mit einer bisher nicht gekannten gestagenen Wirkung haben neue therapeutische Möglichkeiten ergeben. Die Hormontherapie ist durch zahlreiche neue Steroidverbindungen zweifellos einfacher und sicherer geworden. Im theoretischen Teil des Buches wird auf die Angabe von Literatur verzichtet. Es wird auf die einschlägigen zahlreichen Spezialwerke verwiesen. Der zweite Teil wird mit einem Kapitel über die Diagnostik eröffnet, wobei die in der Praxis durchführbaren Maßnahmen ausführlicher abgehandelt wurden. Bei der anschließenden Darstellung der hormonalen Störungen wurden nur diejenigen Krankheiten besprochen, bei denen eine Behandlung durch den Gynäkologen in Frage kommt. Erkrankungen der Schilddrüse, der Parathyreoidea, des Pankreas und des Nebennierenmarks wurden nicht abgehandelt. Ferner fehlen Kapitel über Störungen des Hypophysenmittel- und hinterlappens. Von den Erkrankungen der Nebennierenrinde wurden kurz das adreno-genitale Syndrom und hormonbildende Tumoren besprochen, während M. Cushing und M. Addison als „interne Erkrankungen" unberücksichtigt blieben. Die Zahl der Präparate, die für die Hormonbehandlung zur Verfügung stehen, ist groß. Es ist trotzdem ratsam, sich in der Verordnung auf einige wenige Präparate zu beschränken, deren Wirkungsqualität man nach wiederholter Anwendung bald kennenlernt. Unter diesem Aspekt hat Verfasser nur Behandlungsvorschläge aufge-
VI
Vorwort
führt, die er in eigener ärztlicher Praxis und als Mitglied der Abteilung für Klinische Forschung bei der Schering AG, Berlin, selbst prüfen konnte. Mit Hilfe der Präparatetabellen wird es leicht möglich sein, ein entsprechendes anderes Präparat zu wählen. Die Literaturangaben im zweiten Teil des Buches sollen dem interessierten Leser die Auffindung von Spezialarbeiten erleichtern. Die Zitate wurden aus dem schwer zu übersehenden Schrifttum oft willkürlich ausgewählt. Es kann kein Anspruch auf Vollständigkeit oder Originalität erhoben werden. Es ist mir ein besonderes Bedürfnis, mich bei Herrn Professor Junkmann und Herrn Professor Pschyrembel sowie bei Fräulein Dr. Bonacker für die zahlreichen wertvollen Hinweise zu bedanken. Anerkennung gebührt außerdem besonders Herrn Dr. Bergerhoff als Bibliothekar und Frau Born als Sachbearbeiterin bei der Fertigstellung des Buches. Berlin, im Herbst 1958
Joachim Ufer
V o r w o r t zur zweiten A u f l a g e Schon nach kurzer Zeit ist die Herausgabe einer neuen Auflage notwendig geworden. Der Text wurde ergänzt und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen angepaßt. Kapitel, die sich mit den Nebenerscheinungen der Hormontherapie, mit der Kuldoskopie und der Behandlung entzündlicher Adnexerkrankungen befassen, wurden neu aufgenommen. Die Einteilung der Zyklusstörungen nach ihrer Symptomatik wurde beibehalten, weil sie nach Ansicht des Verfassers den Erfordernissen des praktisch tätigen Gynäkologen am besten gerecht wird. B e r l i n , im Frühjahr 1960
Joachim Ufer
VI
Vorwort
führt, die er in eigener ärztlicher Praxis und als Mitglied der Abteilung für Klinische Forschung bei der Schering AG, Berlin, selbst prüfen konnte. Mit Hilfe der Präparatetabellen wird es leicht möglich sein, ein entsprechendes anderes Präparat zu wählen. Die Literaturangaben im zweiten Teil des Buches sollen dem interessierten Leser die Auffindung von Spezialarbeiten erleichtern. Die Zitate wurden aus dem schwer zu übersehenden Schrifttum oft willkürlich ausgewählt. Es kann kein Anspruch auf Vollständigkeit oder Originalität erhoben werden. Es ist mir ein besonderes Bedürfnis, mich bei Herrn Professor Junkmann und Herrn Professor Pschyrembel sowie bei Fräulein Dr. Bonacker für die zahlreichen wertvollen Hinweise zu bedanken. Anerkennung gebührt außerdem besonders Herrn Dr. Bergerhoff als Bibliothekar und Frau Born als Sachbearbeiterin bei der Fertigstellung des Buches. Berlin, im Herbst 1958
Joachim Ufer
V o r w o r t zur zweiten A u f l a g e Schon nach kurzer Zeit ist die Herausgabe einer neuen Auflage notwendig geworden. Der Text wurde ergänzt und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen angepaßt. Kapitel, die sich mit den Nebenerscheinungen der Hormontherapie, mit der Kuldoskopie und der Behandlung entzündlicher Adnexerkrankungen befassen, wurden neu aufgenommen. Die Einteilung der Zyklusstörungen nach ihrer Symptomatik wurde beibehalten, weil sie nach Ansicht des Verfassers den Erfordernissen des praktisch tätigen Gynäkologen am besten gerecht wird. B e r l i n , im Frühjahr 1960
Joachim Ufer
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort
V
A. Einteilung der Hormone
1
I. Einführung I I . Steroidhormone I I I . Proteohormone a) Hypophysenhormone
1 1 2 2
b) gonadotrope Hormone aus der Plazenta
2
IV. Synthetische Stoffe mit hormonartiger Wirkung
3
V. Antihormone B. Chemie der Hormone I. Steroidhormone a) Östrogene b) Gestagene c) Androgene d) Mineralo- und Glukokortikoide I I . Proteohormone I I I . Synthetische Östrogene ohne Steroidcharakter C. Herkunft, Aulbau und Abbau der Hormone I. Steroidhormone a) Bildungsort b) Biosynthese c) Abbau und Ausscheidung II. Gonadotrope Hormone a) Herkunft b) Biosynthese und Abbau D. Steuerung und Regulationsmechanismus E. Wirkung der Hormone I. Allgemeines II. Einfluß der Steroidhormone auf Stoffwechselvorgänge
3 3 3 5 5 6 8 9 10 10 10 10 11 13 15 16 15 16 18 18 19
VIII
Inhaltsverzeichnis Seite
I I I . Hormonwirkungen auf weibliche Genitalorgane a) Allgemeines b) Östrogene c) Gestagene d) Androgene e) Synergistische und antagonistische Wirkung f) Nebennierenrindenhormone g) Gondadotrope Hormone
21 21 22 22 23 24 25 25
IV. Die Wirkung der Sexualhormone auf extragenitale Erfolgsorgane
28
F. Zur Physiologie der Hormone in den verschiedenen Lebensaltern
27
I. Pränatales Stadium
27
II. Kind
28
III. Pubertät
28
IV. Geschlechtsreife
29
V. Schwangerschaft
33
VI. Geburt und Laktation
36
VII. Klimakterium
38
VIII. Postklimakterium und Senium
39
ß. Zur therapeutischen Anwendung der Hormone
41
I. Allgemeine Richtlinien a) Substitutionstherapie b) Stimulationstherapie c) Bremstherapie d) Lokalbehandlung e) Anwendung der Sexualhormone bei extragenitalen Störungen
41 42 42 42 43 .43
II. Biologische Wertigkeit und Testierung der Hormone a) Östrogene b) Gestagene c) Androgene d) Gonadotrope Hormone III. Applikationsformen a) Steroidhormone 1. Implantationstherapie 2. Injektionstherapie 3. Perorale Therapie 4. Lokale Behandlung 5. Vaginale Applikation 6. Rektale Applikation b) Keimdrüsenextrakte c) Gonadotrope Hormone
43 44 46 46 46
'
48 48 48 48 49 50 50 50 50 50
Inhaltsverzeichnis
IX Seite
IV. Nebenerscheinungen der Hormontherapie und ihre Vermeidung a) Östrogene b) Gestagene c) Androgene d) Gonadotropine H. Zur Diagnostik hormonaler Störungen I. Einfache Maßnahmen (ohne Labor) a) Anamnese b) Allgemeine und spezielle gynäkologische Untersuchung c) Morgentemperaturmessung d) Diagnostik mit Hilfe von Hormoninjektionen e) Zervixschleimuntersuchung f) Probebiopsie g) Salpingographie h) Röntgenaufnahme der Sella turcica II. Maßnahmen, die mit kleinem Labor durchführbar sind a) Biologische Schwangerschaftsreaktion (Froschtest) b) Vaginalzytologie c) Diagnostik des Hypophysenzwischenhirnsystems
50 51 52 52 53 53 54 54 55 56 57 58 59 59 60 60 60 61 63
III. Klinische Maßnahmen a) Vollcurettage b) Kuldoskopie c) Probelaparatomie
64 64 65 65
IV. Untersuchungen mit größerem Laboraufwand (Quantitative Hormonbestimmungen) a) Östrogene im Harn b) Pregnandiol im Harn c) 17-Ketosteroide im Harn d) Gonadotrope Hormone im Harn e) Choriongonadotrope Hormone im Harn oder Serum f) Kortikoide im Harn
65 67 67 68 69 70 71
J. Störungen in der Pubertät und ihre Behandlung I. Pubertas praecox II. Pubertas tarda a) Ovarialagenesie und -dysgenesie b) Zwergwuchs c) Pubertätsfettsucht III. Zyklusstörungen in der Pubertät K. Störungen in der Geschlechtsreife und ihre Behandlung I. Zyklusstörungen
72 72 74 74 74 75 75 76 76
X
Inhaltsverzeichnis Seite
a) Einteilung
76
b) Vorbemerkungen zur hormonalen Blutungsauslösung und -Stillung
77
0) Amenorrhoe 1. Übersicht über Amenorrhoeformen] 2. Primäre Amenorrhoe 3. Sekundäre Amenorrhoe 4. Schlußbemerkungen zum Amenorrhoeproblem 5. Amenorrhoe mit Hypoplasia uteri 6. Amenorrhoe bei polyzystischem Ovar 7. Amenorrhoe bei adreno-genitalem Syndrom 8. Amenorrhoe nach Geburten 9. Amenorrhoe mit persistierender Laktation 10. Amenorrhoe mit Zwergwuchs bei Pehlen der Keimdrüsen (Ovarialagenesie bzw. -dysgenesie)
79 79 81 82 87 88 88 89 91 92
d) Funktionelle Blutungen durch Follikelpersistenz (Glandulär-zystische Hyperplasie) e) Anovulatorischer Zyklus f) Tempoanomalien mit vorhandener Ovulation 1. Oligomenorrhoe 2. Polymenorrhoe g) Blutungsanomalien bei erhaltenem regelmäßigen Zyklus 1. Ovulationsblutung ' 2. Prämenstruelle Vorblutung 3. Postmenstruelle Nachblutung 4. Hypermenorrhoe 5. Hypomenorrhoe h) Dysmenorrhoe 1) Prämenstruelles Syndrom II. Hypogenitalismus
92 94 98 98 98 99 101 101 102 102 102 103 103 104 106
III. Intersexualität
107
IV. Sterilität
110
V. Hormone zur Konzeptionsverhütung VI. Frigidität VII. Störungen in der Schwangerschaft und im Wochenbett a) Abort b) Frühgeburt c) Toxikose in der Frühschwangerschaft d) Toxikose in der Spätschwangerschaft e) Schwangerschaftstoxikose bei Diabetes f) Extrauteringravidität g) Blasenmole h) Chorionepitheliom i) Beeinflussung der Wehentätigkeit durch Sexualhormone k) Beeinflussung der Laktation 1) Endometritis post partum und post abortum
117 118 119 119 123 123 124 125 126 126 127 127 128 129
Inhaltsverzeichnis
XI Seite
VIII. Organisehe Erkrankungen a) Myom b) Endometriose c) Mastodynie d) Mastopathia chronica cystica e) Mammahypoplasie und -hyperplasie f) Entzündliche Adnexerkrankungen
129 129 131 131 132 133 133
L. Störungen im Klimakterium sowie durch Kastration und ihre Behandlung
134
I. Störungen vor Eintritt der Menopause
134
II. Störungen nach Eintritt der Menopause
134
III. Kastration AI. Störungen im Postklimakterium sowie in der Involutionsphase und ihre Behandlung I. Scheidenveränderungen bei älteren Frauen II. Pruritus und Kraurosis vulvae
136 136 136 137
III. Pyometra
138
IV. Klimakterische Beizblase
138
V. Funktionelle Harninkontinenz
138
N. Hormontherapie bei Karzinomen
138
I. Mammakarzinom a) Allgemeine Vorbemerkungen b) Kastration c) Adrenalektomie d) Hypophysektomie e) Testosteronbehandlung f) Östrogenbehandlung g) Kortisontherapie . . h) Durchführung der Therapie II. Uteruakarzinom '. a) Hormontherapie bei fortgeschrittenen Fällen b) Vorbehandlung des Zervixkarzinoms III. Ovarialkarzinom 0. Hormonbildende Geschwülste I. Tumoren des Eierstocks II. Nebennierenrindentumoren III. Tumoren des Hypophysenvorderlappens
138 138 141 142 142 142 143 143 143 144 144 145 145 146 146 148 149
XII
Inhaltsverzeichnis Seite
P. Hormontherapie bei gynäkologischen Operationen I . Behandlung von Sehockzuständen nach schweren Operationen I I . Hormonale Vorbehandlung vor schweren Operationen
149 149 150
I I I . Operationen bei Schwangeren
150
IV. östrogentherapie bei Scheidenplastiken
151
Q. Tabellen der gebräuchlichsten Hormonpräparate
151
I. Natürliche Östrogene
151
I I . Künstliche Östrogene
152
I I I . Gestagene
152
IV. Androgene
153
V. Gestagen-Östrogen-Mischungen
153
VI. Östrogen-Androgen-Mischungen
154
V I I . Gestagen-Androgen-Mischungen
154
V I I I . Östrogen-Gestagen-Androgen-Mischungen I X . Serumgonadotropine X . Choriongonadotropine Sachregister
155 155 155 156
A. EINTEILUNG DER HORMONE I. Einführung Der Begriff der inneren Sekretion wurde von Claude Bernard geprägt. Er verstand hierunter die Abgabe bestimmter organischer Stoffe seitens der Zellen in den Saftstrom, die physiologische Wirkungen an anderer Stelle des Organismus auslösen und die Lebensvorgänge unterstützen. Bayliss und Starling nannten später diese Stoffe Hormone. Wir kennen nicht nur die klassischen glandulären Hormone, die als Inkrete aus drüsigen Organen ohne Ausführungsgänge in den Saftstrom ausgeschüttet werden, sondern auch aglanduläre Hormone, die nicht in inkretorischen Drüsen gebildet werden. Von ihnen soll in diesem Buch nicht die Rede sein. Im Prinzip besteht kein Unterschied bezüglich der Wirkungsweise dieser beiden Gruppen. Immer handelt es sich um hochwirksame Substanzen, die in relativ kleiner Menge nach Art von Biokatalysatoren viele physiologische Vorgänge im Organismus regeln.
II. Steroidhormone Unter Steroidhormonen werden Substanzen verstanden, deren Grundskelet Steran ist, und die mehr oder weniger gut fettlöslich sind. Ihre Einteilung erfolgt in: Östrogene, Gestagene, Androgene, Glukokortikoide und Mineralokortikoide. Bei dieser Einteilung ist zu berücksichtigen, daß es Substanzen gibt, die mehreren Gruppen angehören. Beispiel: Desoxykortikosteron ist nicht nur ein typisches Mineralokortikoid, auch in Form des Azetats eine erhebliche gestagene Wirkung.
Ovar
Testes
++ + ++
H- +
—
+
— —
sondern hat
NNR
+ ++ + ++ ++
Östrogene Androgene Gestagene Glukokortikoide Mineralokortikoide
Bildungsstätten für Steroidhormone
Es ist zweckmäßig, die in den letzten Dezennien außerordentlich umfangreich gewordene Gruppe der Steroide einem zweiten Einteilungsprinzip zu unterziehen : 1. natürliche Hormone mit Steroidcharakter, die in Keimdrüsen, NNR und Plazenta gebildet werden, Ufer, Hormontherapie, 2. Auflage
1
Einteilung der Hormone
2
2. Aufbau- und Abbauprodukte dieser Steroide, die in den hormonbildenden Drüsen sowie im Blut, in der Leber oder im Urin gefunden werden, 3. Steroide, die durch chemische Eingriffe verändert worden sind (Veresterung, Einführung einer Methyl- oder Äthylgruppe usw.), und die mit den unter 1 und 2 aufgeführten Hormonen durch ihren Grundaufbau und ihre Wirkungsweise verwandt sind, aber im Organismus selbst nicht vorkommen. Sie finden Anwendung in der Therapie.
III. Proteohormone Proteohormone sind Wirkstoffe eiweißartigen Charakters, die im Gegensatz zu den Steroidhormonen wasserlöslich sind. Die Bausteine dieser Hormongruppe sind zwar bekannt, eine genaue Kenntnis über die chemische Struktur fehlt aber gegenwärtig noch. Synthese und Reindarstellung der Proteohormone sind daher bis auf Ausnahmen nicht möglich. a) Hypophysenhormone I n den drei Abschnitten der Hypophyse werden zehn verschiedene Hormone gebildet, die sich sowohl im chemischen Aufbau als auch in der Wirkung unterscheiden. Hypophysenhormone
Vorderlappen HVL A. Gonadotrope
Hormone
1. Follikelstimulierendes Hormon (FSH) 2. Luteinisierendes Hormon (LH) = interstitielles Hormon (ICSH) 3. Luteotrophes Hormon (LTH) = Prolaktin
B.
Mittellappen HML
Hinterlappen HHL
Melanophorenhormon (Intermedin)
1. Adiuretin 2. Oxytozin 3. Vasopressin
Stoffwechselhormone
4. Kortikotropes Hormon (ACTH) 5. Thyreotropes Hormon (TTH) 6. Wachstumshormon (STH)
Außer diesen Hormonen, deren Vorhandensein gesichert ist, wurden noch einige andere „trope" Inkrete beschrieben, so z. B. ein diabetogenes, kontrainsuläres und erythropoetisches Hormon. Die gegenwärtig vorliegenden Veröffentlichungen, die zum Teil hypothetischen Charakter haben, reichen nicht aus, um ihnen eine allgemeine Anerkennung zu verschaffen. Die für die Gynäkologie besonders wichtigen gonadotropen Hormone erhielten ihren Namen durch die Tatsache, daß sie die Keimdrüsenfunktion steuern. Ihre Gewinnung aus Hypophysen zu therapeutischen Zwecken ist nur in sehr begrenztem Maße möglich. b) Gonadotrope Hormone aus der Plazenta Zu den Proteohormonen gehört weiterhin das im H a r n und Serum der Schwangeren reichlich vorkommende Choriongonadotropin = human chorionic gonadotropine (HCG). Ursprünglich wurde es als Prolan bezeichnet und angenommen, daß der H V L sein Bildungsort wäre.
Steroidhormone
3
Ein zweites, nur bei der schwangeren Stute im Serum gefundenes Hormon, Stutenserumgonadotropin = pregnant mare serum (PMS), ist mit HCG weder chemisch noch biologisch identisch. Die gonadotropen Hormone aus der Plazenta lassen sich im Gegensatz zu den hypophysären Gonadotropinen relativ leicht in größerem Umfange gewinnen. In der Therapie werden sie statt der HVL-Hormone zur Stimulierung der Keimdrüsenfunktion verwandt.
IV. Synthetische Stoffe mit hormonartiger Wirkung Einige Substanzen, die keinerlei Verwandsehaft mit den in der Natur vorkommenden Hormonen haben, sind hormonal wirksam. Als Ersatzstoffe in diesem Sinne sind mehrere für die gynäkologische Hormontherapie wichtige Östrogene zu nennen, von denen zuerst Stilböstrol, später Dienöstrol, Hexöstrol, Benzöstrol und Allenolsäure entdeckt wurden. Auch Paraoxypropiophenon, dem von mehreren Seiten eine Östrogene Wirkung abgesprochen wurde, ist ein schwaches Östrogen mit den entsprechenden peripheren und zentralen Wirkungen.
V. Antihormone Eine Antihormonbildung ist immer dann zu erwarten, wenn Proteohormone, die aus einer bestimmten Tiergattung gewonnen wurden, einer anderen Spezies über längere Zeit injiziert werden. Der Name ,,Antihormone" ist mißverständlich, da es sich vermutlich nicht um Stoffe mit hormonaler Wirkung, sondern um Antikörper handelt, die gegen artfremde Eiweißverbindungen vom Organismus gebildet werden. Beim Menschen ist mit dem Auftreten von Antihormonen besonders nach chronischer Injektion von Stutenserumgonadotropinen (PMS) über mindestens 1 Monat zu rechnen. Sie führt zur Abschwächung oder Aufhebung des hormonalen Effekts. 3 bis 6 Monate nach Absetzen der Behandlung ist ihre Anwesenheit nicht mehr nachweisbar. Choriongonadotropine, gewonnen aus Schwangerenharn (HCG), rufen beim Menschen im Gegensatz zum Tier keine Antihormonbildung hervor.
B. CHEMIE DER HORMONE I. Steroidhormone Alle Steroidhormone besitzen einen Zyklopentanoperhydrophenantren-Ring ran).
Steran l*
(Ste-
Steroidhormone
3
Ein zweites, nur bei der schwangeren Stute im Serum gefundenes Hormon, Stutenserumgonadotropin = pregnant mare serum (PMS), ist mit HCG weder chemisch noch biologisch identisch. Die gonadotropen Hormone aus der Plazenta lassen sich im Gegensatz zu den hypophysären Gonadotropinen relativ leicht in größerem Umfange gewinnen. In der Therapie werden sie statt der HVL-Hormone zur Stimulierung der Keimdrüsenfunktion verwandt.
IV. Synthetische Stoffe mit hormonartiger Wirkung Einige Substanzen, die keinerlei Verwandsehaft mit den in der Natur vorkommenden Hormonen haben, sind hormonal wirksam. Als Ersatzstoffe in diesem Sinne sind mehrere für die gynäkologische Hormontherapie wichtige Östrogene zu nennen, von denen zuerst Stilböstrol, später Dienöstrol, Hexöstrol, Benzöstrol und Allenolsäure entdeckt wurden. Auch Paraoxypropiophenon, dem von mehreren Seiten eine Östrogene Wirkung abgesprochen wurde, ist ein schwaches Östrogen mit den entsprechenden peripheren und zentralen Wirkungen.
V. Antihormone Eine Antihormonbildung ist immer dann zu erwarten, wenn Proteohormone, die aus einer bestimmten Tiergattung gewonnen wurden, einer anderen Spezies über längere Zeit injiziert werden. Der Name ,,Antihormone" ist mißverständlich, da es sich vermutlich nicht um Stoffe mit hormonaler Wirkung, sondern um Antikörper handelt, die gegen artfremde Eiweißverbindungen vom Organismus gebildet werden. Beim Menschen ist mit dem Auftreten von Antihormonen besonders nach chronischer Injektion von Stutenserumgonadotropinen (PMS) über mindestens 1 Monat zu rechnen. Sie führt zur Abschwächung oder Aufhebung des hormonalen Effekts. 3 bis 6 Monate nach Absetzen der Behandlung ist ihre Anwesenheit nicht mehr nachweisbar. Choriongonadotropine, gewonnen aus Schwangerenharn (HCG), rufen beim Menschen im Gegensatz zum Tier keine Antihormonbildung hervor.
B. CHEMIE DER HORMONE I. Steroidhormone Alle Steroidhormone besitzen einen Zyklopentanoperhydrophenantren-Ring ran).
Steran l*
(Ste-
Chemie der Hormone
4
Von den vier miteinander verbundenen Ringen enthalten A, B und C je 6 und D 5 Kohlenstoffatome, die fortlaufend numeriert werden. Aus der abgebildeten Formel für Cholesterin,
Cholesterin
der Muttersubstanz für die Steroidhormone, ist die Numerierung der C-Atome zu ersehen. Charakteristisch sind 2 Methylgruppen (CH3) an den C-Atomen 10 und 13, die bis auf die Östrogene und das Aldosteron alle natürlichen Steroidhormone besitzen. U m die Schreibweise zu vereinfachen, werden die beiden Methylgruppen nicht ausgeschrieben, sondern durch je einen senkrechten Strich angedeutet. Entsprechend ihrer Kohlenstoffatomzahl werden die Steroide in C 18 -Steroide (östranderivate), C 19 -Steroide (Androstan- und Testanderivate) und C 21 -Steroide (Pregnan- und Allopregnanderivate) eingeteilt. CH,
Östran
CHj
H Androstan
CK,
Testan
CHa
Pregnan
Allopregnan
&
Steroidhormone a) Östrogene
Die Östrogene gehören zu den östranderivaten (C18). Sie sind durch das Fehlen der Methylgruppe am C-Atom 10, durch einen aromatischen A-Ring und durch eine Hydroxylgruppe am C3 charakterisiert. OH O I
HO
Östradiol
HO /
I
w
ii I HO
Östron
Östriol
Die aktivste Verbindung dieser drei im Organismus vorkommenden Östrogene ist östradiol. Östron und Östriol, die hauptsächlich im Harn als Aüsscheidungsformen vorkommen, sind weniger wirksam. Für die Therapie sind als Substitutionsverbindungen östradiolbenzoat, östradiolvalerianat (Depotform) und das oral wirksame Äthinylöstradiol von besonderer Bedeutung. 0 OH
o II
\ =
-C-0/
0-C-(CH2)3-CH3
W
HO östradiolvalerianat
östradiol-3-benzoat
Äthinylöstradiol
b) Gestagene
Das natürliche Lutealhormon, Progesteron, gehört zu der großen Gruppe der C21-Steroide, die auch die NNR-Hormone umfaßt. Diese chemische Verwandtschaft ist nicht überraschend, da Progesteron nicht nur im Corpus luteum, sondern als Zwischenprodukt auch in der NNR gebildet wird. CH3
I 0=0
O'
Progesteron
Durch Reduzierung entsteht im Organismus aus Progesteron das biologisch inaktive Pregnandiol, dessen Bestimmung im Harn von klinischem Interesse ist.
Chemie der Hormone
6
CH3
I
CHOH
HO
Pregnandiol
Progesteron ist in öl begrenzt löslich und hat keine nennenswerte Depotwirkung. Es erfüllt daher nicht alle Forderungen einer modernen Hormontherapie. Die Möglichkeit, durch Einführung von Substituenten in Progesteron zu anderen wirksamen Gestagenen zu kommen, ist offenbar gering, so daß man sich nach anderen Steroiden mit gestagener Wirkung umgesehen hat. Pregneninolon (Äthinyltestosteron) war bis vor kurzem als oral wirksamer Stoff die einzige bekannte Verbindung dieser Art. Sehr viel wirksamer sind einige 19-Nor-testosteronderivate, z. B. Äthinylnor-testosteron. Für die Injektionsbehandlung ist das Depotgestagen 17 -a
:3
S g to S S g ® Ö "Ö H TSI H Ö .
•a s i l 0 .. 2 ftî 1 S
M
1 MO 3 5=1 S •s.a § t fi„ .-a -2 •S •Sä a
Steroidhormone
13
weiteren Wege, die nicht alle bewiesen, sondern zum Teil noch hypothetisch sind, werden in Tab. 1 skizziert, wobei zahlreiche Zwischenstufen unberücksichtigt bleiben. Der Aufbau der Steroidhormone verläuft in vivo also wesentlich komplizierter. Von besonderem Interesse ist die zentrale Stellung des Progesterons als intermediäres Steroid, aus dem sowohl die Sexualhormone Testosteron und östradiol als auch die NNR-Hormone entstehen. Bei der Besprechung des adreno-genitalen Syndroms wird zu erwähnen sein, daß als Folge der NNR-Insuffizienz, die auf einer mangelhaften fermentativen Ausstattung beruht, Progesteron nicht weiter umgebaut, sondern von der NNR als Inkret in großen Mengen abgegeben werden kann (S. 89). Sehr auffallend ist die Beobachtung, daß die Östrogene der Keimdrüsen aus androgenen Hormonen aufgebaut werden. Für diesen Prozeß werden aber nicht alle Androgene verbraucht, sondern es wird wahrscheinlich auch ein Teil in die Blutbahn abgegeben. Die wichtige Frage, ob das bisher in den Ovarien als einziges Steroid mit androgener Wirkung nachgewiesene A4-Androstendion als echtes Hormon anzusehen ist oder nur als Zwischenprodukt bei der östrogensynthese auftritt, ist gegenwärtig nicht geklärt. c) Abbau und Ausscheidung Der Abbau und die Ausscheidung der Steroidhormone verlaufen ähnlich wie der Aufbau über verschiedene chemische Zwischenstufen. Der Organismus ist in der Lage, durch ein sehr feines Regulationsprinzip Aufbau und Abbau im Gleichgewicht zu halten und sich vor einem zu hohen oder zu niedrigen „Hormonspiegel" weitgehend zu schützen. Die von den endokrinen Drüsen ins Blut abgegebenen Hormone finden sich dort zum Teil in freier, zum Teil in eiweißgebundener Form, indem eine Anlagerung an Albumine und Globuline erfolgt. Die Menge der im Blut kreisenden Hormone ist relativ gering. Ihr Nachweis ist beim Menschen wegen der begrenzt zur Verfügung stehenden Plasmamengen schwierig. Mit dem Blutstrom gelangen die Hormone zu den Erfolgsorganen, auf die sie in noch größtenteils unbekannter Weise einwirken. Außerdem kann im Fettgewebe auf Grund ihrer Fettlöslichkeit eine Speicherung stattfinden. Der Abbau zu wenig oder nicht hormonal wirksamen Metaboliten erfolgt vorwiegend in der Leber, die mit entsprechenden Enzymsystemen ausgestattet ist. Dort werden die in Wasser sehr begrenzt löslichen Steroide außerdem durch Veresterung mit Glukuronsäure oder Schwefelsäure zu wasserlöslichen Verbindungen verändert. Das Ausmaß des Hormonabbaus in der Leber, der größtenteils in einer Inaktivierung besteht, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Eine durch degenerative Erkrankungen oder Gifte geschädigte Leber baut die Steroidhormone nicht regelrecht oder in geringerem Maße ab. Auch Verarmung an Vitaminen der B-Gruppe führt zu einer Beeinträchtigung dieses Vorganges. Aus klinischen Beobachtungen kann geschlossen werden, daß bei Erkrankung der Leber besonders die Inaktivierung der Östrogene gestört ist. Es kann offenbar zu einem „Follikelhormonrückstau" (hepatogene Hyperfollikulinie) kommen. Beispiele sind die Verweiblichungserscheinungen bei Männern mit Leberzirrhose und Menstruationsstörungen bei leberkranken Frauen. Die Zeit, die der gesunde Organismus zur Inaktivierung der Steroide benötigt, ist sehr kurz. Am Ende der Schwangerschaft ist es z. B. erforderlich, daß die Plazenta etwa alle 3,3 Minuten durch Neuproduktion die gesamte zirkulierende Progesteron-
14
Herkunft, Aufbau und Abbau der Hormone
menge ersetzt, damit der physiologische Hormonspiegel aufrecht erhalten wird. Diese Zeitspanne wird als „turnover time" bezeichnet. In Öl gelöste veresterte Steroide werdenlangsamer ausgeschieden (S. 48). E21 Plasma • Pet ® Fäzes m Urin
Progesteron
-V-C'*
70
-