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German Pages 53 Year 2011
Metaphysik und Ontologie in der abendländischen und buddhistischen Philosophie
Von Paola-Ludovika Coriando
Duncker & Humblot · Berlin
PAOLA-LUDOVIKA CORIANDO Metaphysik und Ontologie in der abendländischen und buddhistischen Philosophie
Metaphysik und Ontologie in der abendländischen und buddhistischen Philosophie
Von Paola-Ludovika Coriando
Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 978-3-428-13758-9 (Print) ISBN 978-3-428-53758-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-83758-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 * ∞ Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die hier erscheinenden Aufsätze bemühen sich um den Versuch, das Eigene der griechisch-europäischen Metaphysik herauszustellen. Der erste Text Metaphysik – Unterschied – Erinnerung geht auf die Antrittsvorlesung zurück, die ich am 6. Mai 2010 an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck gehalten habe. Er verbleibt absichtlich innerhalb des abendländisch-metaphysischen Horizontes und untersucht dessen Grundzüge am Leitfaden des Begriffs des Unterschiedes. Der zweite Text Substanz und Leerheit. Vorbereitende Schritte für ein übersetzendes Gespräch zwischen abendländischer und buddhistischer Philosophie ist entstanden aus dem Bedürfnis, die abendländische Metaphysik für einen Dialog mit dem asiatischen Denken zu öffnen. Grundlegend ist hier das hermeneutische Gespräch mit der „Substanz“Kritik des buddhistischen Denkers Nagarjuna. Beide Wege gehören zusammen. Sie verstehen sich als ein Beitrag zur Aufschließung des Horizontes, aus dem sich ein neues Verständnis von Metaphysik entwickeln könnte. Ich danke Herrn Verleger Dr. Florian R. Simon sehr herzlich für die Aufnahme dieser Schrift in
das Verlagsprogramm. Herrn Prof. Dr. FriedrichWilhelm v. Herrmann (Freiburg i. Br.) danke ich besonders herzlich für die hilfreiche Begleitung der vorliegenden Publikation. Innsbruck, im Herbst 2011 Paola-Ludovika Coriando
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Inhaltsverzeichnis Metaphysik – Unterschied – Erinnerung
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Ende der Metaphysik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Der Selbstunterschied: Platon, Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, Descartes, Kant . . 1. Platon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aristoteles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Augustinus – Thomas von Aquin . . . . . . . . . . . 4. Descartes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I.
III. Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Erschrecken und die Wiederholung der Metaphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hoffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Substanz und Leerheit Vorbereitende Schritte für ein übersetzendes Gespräch zwischen abendländischer und buddhistischer Philosophie 33 I.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Theorien der Substanz in der abendländischen Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aristoteles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Descartes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Buddhistischer Antisubstanzialismus: Nagarjunas Philosophie der Leerheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Ausgangssituation: vorbuddhistische Metaphysik (Atman) und die Debatte zwischen Eternalismus (Sarvatsvadin) und Augenblicklichkeit (Sautrantikas) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nagarjunas „Weg der Mitte“: Destruktion des Begriffs der Substanz und soteriologische Ansetzung der Leerheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Zwei Wahrheiten (satyadvaya) und die Identität von Nirvana und Samsara . . . . . . . . .
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IV. Nagarjuna – und die abendländische Metaphysik
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V. Ausblick: Substanz und Leerheit jenseits der Gegensätzlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Zur Autorin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
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Metaphysik – Unterschied – Erinnerung I. Ende der Metaphysik? Metaphysik gilt spätestens seit Kant als ein fragwürdiger Kampflatz von „endlosen Streitigkeiten“ und „widersprüchlichen Meinungen“. Ihre Grundfragen hat man inzwischen vielfach als „grundlose Anmaßungen“ – gegen Kants eigentliche Intention – für Irrtümer erklärt oder aber in die Historie verbannt. Die Metaphysik, sagt man, sei zu Ende. Auf die „letzten“ Fragen, die die Existenz des Menschen in ihrem Wesenskern betreffen – auf die Frage nach Gott oder nach der Unsterblichkeit der Seele – sei keine philosophische Antwort mehr möglich. Mit dieser Annahme wandelten sich das Selbstverständnis und – vor allem – die Grundstimmung der Philosophie. Wo sonst ein letzter Grund die Richtung des Denkens in sich versammelte, tut sich das Bodenlose auf. Der Sinn entzieht sich. Das Vertrauen weicht dem Zweifel, in diesem melden sich Verzweiflung und Einsamkeit. Die Metaphysik sah in der qewrßa, dem reinen Betrachten, eine „göttliche“ Tätigkeit, die den Menschen für Augenblicke in die Ruhe des letzten Grundes einkehren und ihm die höchste Form des Glücks erfahren lässt. Mit dem „Ende der Metaphysik“ wird das Denken zunehmend zu einem rein diessei9
tigen, immanenten Diskurs, oder aber zu einer „schmerzvollen“, zu einer „heroischen“ Tat, die es auszuhalten gilt. Entzieht sich das Fundament, zeigt sich der sicher geglaubte Grund als Abgrund – wie spätestens seit Nietzsche –, so wird der „Wissende“, der sich dennoch den letzten Fragen stellt, zum tragischen Held. Das „radikale“ Denken wird zur über-menschlichen Aufgabe, an deren Ende nicht mehr Gott, sondern das Nichts steht. Der „Blick hinter die Kulissen“ hat den Menschen für immer getrennt von der Unschuld, die ihn hinter allen Dingen das Sinnvolle vermuten ließ. Verhält es sich aber so, ist die Trennung vom Grund endgültig und die Einsamkeit unumkehrbar – warum sollte der Mensch dann noch denken? Warum Denken, wenn Denken nur heißen kann, sich unentwegt dem Schmerz des Abgründigen und des Sinnlosen auszusetzen? Das Sichabwenden von den „letzten Fragen“, das Nicht-denken-wollen und letztlich ein weit verbreiteter Indifferentismus sind die konsequente Entwicklung einer geschichtlichen Tendenz in der Philosophie, aber auch in der Kunst und in der Literatur, die die Heimatlosigkeit des Menschen zunächst beschrieben, dann aber auch selbst mit unerbittlichem Ernst betrieben hat. Die Versuchung des Sichvergessens, der Reiz der Selbstbetäubung machen sich auch in vielen Phänomenen des alltäglichen Lebens bemerkbar, die nicht weniger als die Philosophie von einer eigenen geschichtlichen Grundstimmung geprägt sind. Mit der Metaphysik ist auch „der 10
Mensch“ „zu Ende gedacht“ worden. Was zurückbleibt, ist oft nur die Beruhigung im „Animalischen“ des grenzenlosen Erlebens als Versuch, allem Beunruhigenden auszuweichen. Die Verdrängung des Todes in der modernen Gesellschaft ist ein deutliches Beispiel dafür. Weil die Frage nach der Unsterblichkeit der Seele (eine Grundfrage der metaphysica specialis) weitgehend vom Horizont des Denkens verdrängt wurde (und oft auch aus dem Horizont einer Religion, die sich zunehmend als diesseitiges, soziales Phänomen versteht), erscheint der Tod nur noch als eine Störung im System, die möglichst verdeckt und verdrängt werden soll. Die Fragen nach dem Menschen und insbesondere die kantische Frage: Was darf ich hoffen? reduzieren sich meist auf den immanenten, individuellen Lebensvollzug, in dem es keinen Raum für die Transzendenz mehr gibt. In seinem Buch Das Ende des Menschen1 skizziert der Politologe Francis Fukuyama unter Bezugnahme auf den Roman Schöne neue Welt 2 eine besondere Konkretion dieses Selbstvergessens, die er allerdings nicht in einer geschichtlichen Grundstimmung, sondern in den neuen Entwicklungen der Gentechnologie präfiguriert sieht. Der Roman von Aldous Huxley beschreibt eine Welt, in der alle Menschen mittels genetischer und pharmako1 Francis Fukuyama, Das Ende des Menschen, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart, 2002. 2 Aldous Huxley, Schöne neue Welt. Dreißig Jahre danach, Piper Verlag, 3. Auflage 1983.
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logischer Manipulation sich in einem Zustand der permanenten Zufriedenheit befinden. Weil sie nur das wünschen, was sie erreichen können, weil die Kluft zwischen Wirklichkeit und Verlangen (Möglichkeit) ontologisch ausgeschaltet ist, gibt es in dieser Gesellschaft kein Leid, keine Einsamkeit, keine ungestillte Sehnsucht, keinen Krieg – aber auch kein Erwarten, keine Hoffnung, keinen Bezug zur Transzendenz und natürlich kein philosophisches Fragen. Das Leben spielt sich in einer beruhigten absoluten Immanenz ab, die alle Fragwürdigkeit abgeschafft hat. Niemand mehr liest die Werke von Shakespeare3, so resümiert Huxley den Zustand des Menschen in der „schönen neuen Welt“. Die Negativität einer solchen Zukunftsvision ist leicht zu fühlen, aber schwer zu fassen und noch schwerer begrifflich zu beschreiben. Was ist „falsch“ an diesem Entwurf? Streng genommen, so Fukuyama, können diese Wesen nicht mehr als menschliche Wesen bezeichnet werden, weil sie die menschliche Natur zugunsten einer künstlichen Befriedung und Selbstbetäubung abgegeben haben. Sie wissen nicht, dass sie „deshumanisiert“ worden sind; aber wenn sie es wüssten, wäre ihnen dieses Wissen gleichgültig. Dennoch: diese Wesen sind gesund und glücklich – und sie sind es nicht auf Kosten anderer. Was spräche also dagegen, wenn eine solche Vision Wirklichkeit werden sollte – sei 3
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Vgl. Francis Fukuyama, op. cit., S. 18.
es durch die Mittel der genetischen Manipulation, sei es – was hier vor allem in Frage steht – als Folge einer zunehmenden Indifferenz, die den Menschen schrittweise in das Selbstvergessen versinken lässt? Fukuyama möchte diese Frage durch eine Neubesinnung auf die „Unantastbarkeit“ des menschlichen Wesens beantworten, versucht allerdings, das Wesen des Menschen empirisch-kontingent an biologischen, kulturellen und historischen Gemeinsamkeiten abzulesen. Die menschliche Natur ist nach Fukuyama „die Summe von Verhaltensformen und Eigenschaften, die für die menschliche Gattung typisch sind, sie ergibt sich eher aus genetischen Faktoren als aus Umweltfaktoren“ 4. Diese Antwort bleibt unzureichend, weil sie nicht in das Wesen des Menschen reicht. Sie vermag weder, den Menschen vor der Gefahr der experimentellen Selbstauslöschung zu bewahren, noch wird sie je ein Fundament bereitstellen, um zu fragen, ob und warum sich der Mensch überhaupt der Versuchung des Selbstvergessens widersetzen sollte. Wenn das Ende der Metaphysik der Grund für die „Versuchung des Selbstvergessens“ ist – oder besser gesagt: wenn beide Phänomene eine gemeinsame geschichtliche Wurzel haben –, dann können wir an das Wesen des Menschen nur erinnert werden, indem wir uns die Metaphysik neu aneignen oder, um Heideggers Wort zu verwenden, 4
Francis Fukuyama, op. cit., S. 185. 13
ursprünglicher wiederholen. Das meint nicht, dass wir uns anstrengen sollten, den verlorenen „Glauben“ an die metaphysischen Antworten wieder zu finden. Es meint vielmehr eine Offenheit gegenüber dem Grundimpuls der Metaphysik, eine Offenheit, die zugleich ein Sichzurücknehmen impliziert, gleichsam eine Epoché gegenüber der geschichtlichen Tendenz des Selbstvergessens – eine Epoché und kein moralisches Urteil, das niemals an die Gründe dieses geschichtlichen Phänomens reichen könnte. Ein Weg zu dieser Offenheit könnte sich in der Besinnung auf einen gemeinsamen Grundzug in der metaphysischen Wesensbestimmung des Menschen zeigen, ein Grundzug, der auf folgende Formulierung gebracht werden kann: der Mensch unterscheidet sich von allen anderen Seienden und – sofern wir wissen – Lebewesen dadurch, dass in seinem Wesen zuvor ein Unterschied zu sich selbst besteht – ein Selbstunterschied. Die Spur dieses Selbstunterschiedes verläuft tiefer als die Grenzen der jeweiligen bestimmten metaphysischen Position und prägt auch Kants metaphysik-kritische Philosophie. Ich möchte nun im Folgenden zunächst fünf Aspekte dieses Grundzugs hervorheben.
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II. Der Selbstunterschied: Platon, Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, Descartes, Kant 1. Platon
Der erste Aspekt, den ich unter das Leitwort der Zwischendimensionalität des Menschen stellen möchte, soll den metaphysischen Grundgedanken einer zweifachen Zugehörigkeit des Menschen zur Sinnen- und zur Vernunftwelt ansprechen, so wie er zum ersten Mal bei Platon ausdrücklich bedacht worden ist. Diese anthropologische Differenz gegenüber allem anderen Seienden hat ihren Wesenssitz im no¯ò bzw. dem logistikün. Das logistikün ist nicht ein Seelenteil neben der „wollenden“ Seele und den Gefühlen, sondern der innere Mensch, der eigentliche Mensch im Menschen (to¯ nqrþpou ntÎò ånqrwpoò5). Der eigentliche Mensch im Menschen verdankt sich der Teilhabe an der wahren Welt der Ideen, und das heißt: mein eigentliches Selbst gründet im Anderen meiner selbst. Sowohl das Gleichnis des Seelenwagens aus dem Phaidros6 wie auch das Bild des Seelentiers aus der Politeia7 zeigen, dass das logistikün als spezifisch menschliches, aber den Menschen übersteigendes Vermögen den Menschen in einen inneren Kampf versetzt, in dem der 5 6 7
Platon, Politeia 589a7. Platon, Phaidros, 246a–256e. Platon, Politeia, 588c–592b. 15
Mensch sich selbst ständig neu gewinnen muss. Erst aufgrund dieser Spannung und je nach der Art und Weise, wie sie gelebt und ausgetragen wird, gewinnt der Mensch seine eigene Identität. Der Besitz des logistikün zeichnet den Menschen ontologisch aus und trägt zugleich einen ethischen Anspruch in sich. Das logistikün offenbart eine Kluft im Sein des Menschen, die ihn vor die Verantwortung für das eigene Sein stellt. 2. Aristoteles
Der zweite Aspekt betrifft die bei Aristoteles problematisierte und unter ganz anderen Voraussetzungen als bei Platon gedachte Abtrennbarkeit der Vernunft. Die anthropologische Differenz macht auch Aristoteles fest am Besitz der Vernunft, des no¯ò, den er in De Anima als jenes Vermögen der Seele bestimmt, mit dem der Mensch „erkennt (ginþskei) und einsichtsvoll ist (frünei)“ 8. Der no¯ò ist für Aristoteles somit gleichursprünglich qewrhtiküò und praktiküò, auf theoretische Erkenntnis und auf praktisches Handeln ausgerichtet; er ist jenes Vermögen, das den Menschen zum zÁµon lügon æxon und zum zÁµon politikün bestimmt, dem rational einsehenden und aufgrund dieser Einsicht gemeinschaftsfähigen Wesen. Im 3. Buch von De Anima untersucht Aristoteles den no¯ò zunächst in erkenntnistheoretischer, dann in 8
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Aristoteles, De Anima, 429a10.
metaphysischer Hinsicht.9 Entscheidend ist in beiden Betrachtungsweisen die Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Vernunft, zwischen dem no¯ò poihtiküò und dem no¯ò paqhtiküò (wie die spätere Terminologie lautet). Erkenntnistheoretisch gesehen kommt dem no¯ò poihtiküò die Funktion der aktiven Abstraktion und Begriffsbildung aus den fantÜsmata zu, den sinnlichen Erscheinungsbildern, die sich in den passiven no¯ò als die aufnehmende, dynamisch-materielle Vernunft einprägen. In metaphysischer Hinsicht ist der no¯ò poihtiküò das energetische, immerwährende, leidensunfähige Prinzip, das abtrennbar vom Körper ist (xwristün) und daher unsterblich und ewig. Der no¯ò poihtiküò stellt in seinem Verhältnis zum no¯ò paqhtiküò einen Riss im Wesen des Menschen dar. Der no¯ò poihtiküò gehört dem Menschen „nicht ganz“, er tritt – so Aristoteles in De generatione animalium10 – „von außen“ in den entstehenden Menschen ein und zeichnet diesen aus, indem er ihn zugleich seinsmäßig übersteigt. Der no¯ò ist ein „göttliches“ Vermögen, kraft dessen der Mensch erst zu seinem vollen erkennenden (theoretischen) und handelnden (praktischen) Wesen gelangt. Auch für Aristoteles verweist das eigentlich Menschliche im Menschen über sich hinaus in ein Fremdes, Höheres, dem sich der Mensch erkennend und handelnd zugehö-
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op. cit., Kapitel 4–8, 429a 10 ff. Aristoteles, De generatione animalium, 736b 27 ff. 17
rig weiß und wovon er dennoch aufgrund seiner Endlichkeit geschieden bleibt. 3. Augustinus – Thomas von Aquin
Einen weiteren Hinweis in den Selbstunterschied möchte ich unter das Leitwort der Selbstdiskursivität stellen. Dieser Begriff soll anzeigen, dass der Mensch sich selber nicht in einer reinen, absoluten Wesensschau erkennt, sondern durch den spezifischen Spalt, der jede menschliche Erkenntnis prägt, den Spalt zwischen Erkennen und zu Erkennendem. Besonders bedeutend sind in diesem Zusammenhang einige Passagen aus Augustins De Trinitate11 sowie die darauf verweisenden Überlegungen Thomas von Aquins in der Summa Theologiae12 und in De veritate.13 Augustinus unterscheidet das se cogitare, die ausdrückliche Reflexion auf sich selbst, vom se nosse, der primären und grundlegenden Ebene des Selbstbezuges, in dem die mens sich vollständig als identisch bleibendes Selbst „hat“. Reflexive Selbsterkenntnis (se cogi11 Aurelius Augustinus, De Trinitate (Bücher VIII bis XI und XIV–XV), übers. und hrsg. von Johann Kreuzer, Meiner Verlag, Hamburg, 2001. 12 Thomas von Aquin, Summa theologica, edito altera romana ad emendatiores editiones impressa et noviter accuratissime recognita, ex Typographia forzani et S., in Romae, 1894. 13 Thomas von Aquin, Quaestiones disputatae de veritate, in: Thomae Aquinatis, opera omnia iussu impensaque Leonis XIII P.M. edita, cura et studio fratrum praedicatorum, Rom, 1882, Band 3.
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tare) ist nur möglich auf dem Grunde dieses ursprünglichen Selbstwissens (se nosse). Kraft dieser in den „versteckten Höhlen“ der memoria, des Gedächtnisses, wohnenden Selbstpräsenz „hat“ sich der Mensch zwar in vollständiger und absoluter Selbstidentität; doch dieses Sichwissen bleibt implizit und gleichsam blind, sofern und solange es nicht durch eine willentliche Selbstbesinnung (se cogitare) aktiviert und aktualisiert wird – durch eine Selbstreflexion, deren Ergebnisse jedoch immer fragmentarisch und partiell bleiben. So gilt für Augustinus der Spruch, dass die mens „seipsam per seipsam novit“ („der Geist erkennt sich selbst durch sich selbst“)14, nur als Ergebnis des Zusammenspiels von zwei Erkenntnisebenen: einer ersten, „ganzen“, aber impliziten, und einer zweiten, expliziten, aber fragmentarischen, weil diskursiv gewonnenen Selbsterkenntnis. Thomas von Aquin diskutiert diese Frage in der Quaestio 87 des Ersten Teils der Summa theologiae15 im Rahmen seiner metaphysischen Anthropologie, die zu einer eigentümlichen Anverwandlung der aristotelischen Unterscheidung zwischen no¯ò paqhtiküò (als intellectus possibilis, aber auch patiens) und no¯ò poihtiküò (intellectus 14 Aurelius Augustinus, De Trinitate, Buch IX, 3.3, S. 54. 15 Thomas von Aquin, Summa theologica, edito altera romana ad emendatiores editiones impressa et noviter accuratissime recognita, ex Typographia forzani et S., in Romae, 1894.
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agens) führt. Es ist die Frage, wie der menschliche Intellekt sich selbst und seine eigenen Inhalte erkennt: „quomodo anima intellectiva cognoscat se ipsam, et ea quae in se sunt“.16 Thomas’ Antwort distanziert sich insofern von der augustinischen, als der platonische Hintergrund Augustins zurückgedrängt wird zugunsten der aristotelischen AktPotenz-Ontologie. Thomas betont, dass der Intellekt sich durch seine Akte (Gedanken, Erlebnisse, Aktionen) und nicht durch sein Wesen erkennt (Non ergo per essentiam suam, sed per actum suum se cognoscit intellectus noster).17 Der Intellekt bedarf des reflexiven Rückblicks auf sich selbst. Zwar reicht für eine erste Erkenntnis – die cognitio habitualis, wie sie in De veritate terminologisch gefasst wird – die Gegenwart des Geistes als Grund der Tätigkeit der Selbsterkenntnis (mentis praesentia, quae est principium actus ex quo mens percipit seipsam);18 doch nur „eine sorgfältige und gründliche Untersuchung“ (diligens et subtilis inquisitio)19 gewährt eine explizite Erkenntnis (cognitio actualis) über die Menschenseele. Die intuitiv erfasste Selbstpräsenz bedarf des Anderen ihrer selbst. Der Anspruch der Selbsterkenntnis kann nur erfüllt werden, indem der Mensch die Unmittelbarkeit des Selbst gleichsam
16 17 18 19
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op. cit. Quaestio LXXXVII, articulus I, S. 673. loc. cit. loc. cit. loc. cit.
verlässt, um aus dem Abstand zu sich selbst sein eigenes Wesen rational-diskursiv zu erfassen. Sowohl für Thomas wie auch für Augustin bedarf das erste fundierende Wissen um sich selbst der explizierenden Diskursivität des Verstandes. Im Unterschied zwischen se nosse und se cogitare, zwischen cognitio habitualis und cognitio actualis zeigt sich eine Kluft, die den Menschen durch seine erkennenden und handelnden Akte hindurch ständig begleitet. 4. Descartes
In der neuzeitlichen Philosophie nimmt der Selbstunterschied die Gestalt der Selbstbegründung des Menschen an, der sich selbst erkennt als unauslöschbares Fundament aller Erkenntnis. In seinen Meditationes de prima philosophia20 gewinnt Descartes das gesuchte fundamentum inconcussum, den unerschütterlichen ersten Grund, in der absoluten Evidenz des cogito ergo sum („ich denke, also bin ich“), das die unmittelbare Gewissheit (certitudo) meiner Existenz als denkendes Wesen einschließt. Weil alle Zweifelsargumente gegen die letzte unbezweifelbare Realität des cogito sum kollidieren, wird das Denken zum unerschütterlichen Grund der Selbst-, Welt- und Gotteserkennt20 René Descartes, Meditationes de Prima Philosophia, Meiner Verlag, Hamburg, 2008; Referenzausgabe: Meditationes de prima Philosophia, in: Œuvres de Descartes, Hrsg. Charles Adam und Paul Tannery, Band VII.
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nis: „Nun, wenn er (der genius malignus) mich täuscht, so ist es also unzweifelhaft, dass ich bin. Er täusche mich, soviel er kann, niemals wird er doch fertigbringen, dass ich nichts bin, solange ich denke, dass ich etwas sei“ (haud dubie igitur ego etiam sum, si me fallit, et fallat quantum potest, numquam tamen efficiet, ut nihil sim quamdiu me aliquid esse cogitabo).21 Das ego cogito erweist sich in der Überprüfung der Realität als unauslöschbares letztes Fundament, das dem methodischen Zweifel in absoluter Bestimmtheit standhält, und somit als eine mich selbst als zweifelndes Ich (ego dubito) übersteigernde Realität, über deren Sein ich selbst als Zweifelnder nicht verfüge. Das zweifelnde ego begegnet sich selbst im ego cogito als ein Anderes seiner selbst. Das ego cogito entzieht sich dem Verfügungsrecht des ego dubito, weil dieses sich als ein Vollzug des cogito erweist, dessen als letzte unverfügbare Grenze mir begegnendes Sein mich dazu auffordert, seine unbezweifelbare Wirklichkeit anzuerkennen. Die Selbstbegründung des ego cogito ist nur möglich aufgrund eines Selbstunterschiedes im Sein des Menschen, der sich hier in der (scheinbar paradoxen) letzten Unverfügbarkeit meines eigenen Seins zeigt, das sich „gegen“ meinen zweifelnden Verstand als dessen unauslöschbare Wirklichkeit behauptet. Die Namen no¯ò, logistikün, mens, intellectus, cogito sprechen nicht nur die spezifische Differenz 21
22
op. cit, S. 48; Referenzausgabe, S. 25.
des Menschen gegenüber anderen Lebewesen an; sie zeigen in eine Kluft im Sein des Menschen, infolge derer der Mensch sich selbst begegnet an einer Grenze und als ein Unterschied, der sich jeglicher Verfügbarkeit entzieht. Die Menschlichkeit des Menschen spielt sich ab in der Kluft zwischen Sinnen- und Ideenwelt, zwischen no¯ò paqhtiküò und no¯ò poihtiküò, zwischen se nosse und se cogitare, zwischen cognitio habitualis und cognitio actualis, zwischen dem dubitare und der certitudo des cogito ergo sum. Diese Kluft, dieses Sich-Nichtvollständig Gehören ist kein Mangel, sondern die Wesensauszeichnung des Menschen. Das Fehlen jener absoluten Identität, die die nichtmenschlichen Lebewesen in der blinden Notwendigkeit ihrer Instinkte aufgehen lässt und in ganz anderer Weise auch Gott auszeichnet, der sich in vollständiger Selbstsicht gehört und erkennt, dieses nach zwei Richtungen hin offene „Fehlen“ stellt den Menschen in den ihm ureigenen Besitz eines individuellen, partikulären und fragmentarischen Selbst. Dieser auf einem Fehlen (dem Fehlen der absoluten, sei es göttlichen, sei es animalischen Selbstimmanenz) gründende Selbstbesitz, dieser Selbstunterschied stellt den Menschen vor die Aufgabe einer ausdrücklichen Selbstreflexion und zugleich vor eine weitere Kluft, die sich nur in seinem Sein öffnet: die Kluft zwischen Sein und Sollen und damit zwischen Gut und Böse. Weil der Mensch kein Wesen der Identität ist, sondern sich als Unterschied begegnet, ist ihm aufgegeben, die Verant23
wortung für das eigene Sein – die Verantwortung für den Unterschied zu übernehmen. 5. Kant
In der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten sagt Kant: „Nun findet der Mensch in sich wirklich ein Vermögen, dadurch er sich von allen anderen Dingen, ja von sich selbst, so fern er durch Gegenstände affiziert wird, unterscheidet, und das ist die Vernunft.“ 22 Weil der Mensch nicht nur der Sinnenwelt gehört, sondern kraft der reinen Spontaneität der Vernunft und ihrer als ethisches Postulat notwendig zu bejahenden, wenn auch theoretisch nicht begründbaren Ideen zugleich Teil der intelligiblen Welt ist, lebt er in einer Kluft, die er selbst durch sein eigenes Sein offen hält und die ihm zugleich überantwortet ist. Die metaphysisch gedachte Kluft zwischen Sein und Sollen, zwischen Sein und Wollen begründet bei Kant – wie anders schon Leibnizens Theorie der prästabilierten Harmonie – die Zusammengehörigkeit von Anthropologie und Ethik. Als bloß der Naturkausalität der Erscheinungen unterworfenes Seiendes bliebe der Mensch mit sich selbst identisch, und mit dieser Identität würden
22 Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Werkausgabe in 12 Bänden, Hrsg. Wilhelm Weischedel, 1956, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M., Band VII, S. 7–102.
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sowohl die Transzendenz wie auch die Endlichkeit des Menschen hinfällig. Weil aber der Mensch zugleich auch dem Reich der Freiheit und der Dinge an sich angehört, unterscheidet er sich von sich selbst als sinnlich bestimmtem Wesen dadurch, dass er eine über die Erscheinungswelt hinausgehende Realität zwar nicht mehr (wie bei Platon) als gegebene Wirklichkeit theoretisch erkennt, aber sie dennoch postuliert, und zwar so, dass er kraft dieser Forderung die moralische Instanz anerkennt, so zu leben, als ob dem Postulierten ein theoretisch absolut begründbares Sein zukäme. Die Autonomie des Willens gegenüber den Naturgesetzen zeigt sich also nicht erst in der ethischen Bejahung des kategorischen Imperativs, sondern schlägt ihre Wurzel weit zurück in den Urgrund des Menschseins als solchen. Mit seinem Sein stiftet der Mensch einen Unterschied im Ganzen des Seienden, der ihn über dieses Ganze hinausgehen lässt und ihn zugleich zu sich selber zurückbringt: „Und so sind kategorische Imperative möglich dadurch, dass die Idee der Freiheit mich zu einem Gliede der intelligiblen Welt macht, wodurch, wenn ich solches allein wäre, alle meine Handlungen der Autonomie des Willens jederzeit gemäß sein würden, da ich mich aber zugleich als Glied der Sinnenwelt anschaue, gemäß sein sollen.“ 23 Die Kluft zwischen Sein und Sollen erfordert vom Menschen, gemäß seinem eigenen Sein als Vernunftwesen „moralisch“ zu leben, ob23
op. cit., S. 88. 25
wohl und gerade weil ihm die letzte theoretische Einsicht in die Notwendigkeit des Moralitätsgesetzes verwehrt bleibt. Die Humanität des Menschen ist nicht mehr als absolute theoretische Gewissheit, sondern als ethische Instanz zu bejahen. Das kantische als-ob bedenkt ausdrücklich die Verantwortung für den Selbstunterschied und fundamentiert sie als universelles moralisches Gesetz. III. Erinnerung 1. Das Erschrecken und die Wiederholung der Metaphysik
Der Selbstunterschied im Wesen des Menschen ist ein Grundzug des metaphysischen Denkens, der über das „Ende“ der Metaphysik hinaus in das Herz der Metaphysik selbst verweist. Das „Ende“ der Metaphysik ist nur solange ein Faktum, bis die Ungeheuerlichkeit dieses Geschehens sich verbirgt. Zeigt sich dieses Ende als progressiver Verlust des Selbstunterschiedes, zeigt sich dieser Verlust erstmals als ein solcher, dann ist das Ende kein „Faktum“ mehr, sondern ein Offenes, das den Menschen zu einer neuen Selbstpositionierung auffordert. Dann kann im „Ende“ ein neuer, ein „anderer“ Anfang sich zeigen, ein Anfang, der eine grundsätzlich neue Stellung gegenüber der Metaphysik, diesseits von naiver Bejahung und zerstörerischer Ablehnung, eröffnen kann.
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Martin Heidegger hat in seinem seinsgeschichtlichen Denken einen „anderen Anfang“ des Denkens angedacht, der keine bloße Verabschiedung des ersten, metaphysischen Anfangs anstrebt, sondern die „ursprüngliche“ Wiederholung der Metaphysik. In den Beiträgen zur Philosophie24, dem Hauptwerk des seinsgeschichtlichen Denkens, heißt es: „Weil jeder Anfang unüberholbar ist, deshalb muss er stets wiederholt, in der Auseinandersetzung in die Einzigkeit seiner Anfänglichkeit und damit seines unumgehbaren Vorgreifens gesetzt werden. Diese Auseinandersetzung ist dann ursprüngliche, wenn sie selbst anfänglich ist, dies aber notwendig als anderer Anfang“.25 Auch das Sich-auseinander-setzen des „Anderen“ im ersten Anfang und durch den ersten hindurch ist eine Gestalt des Unterschiedes, allerdings eine solche, die nicht mehr nur das Selbst des Menschen betrifft. Diese Auseinandersetzung ist ein Sichöffnen des „andersanfänglichen“, weil wiederholenden, „Da“ des Daseins im erstanfänglichen (metaphysischen) Selbst des Menschen. Der erste Anfang, die Metaphysik, öffnet in sich das Andere des andersanfänglichen Denkens. Das „Ende“ wird in der Wiederholung zu einem neuen Anfang. Dieses Auseinandergehen, dieses Sich-un24 Martin Heidegger, Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis), Gesamtausgabe Band 65, 3. unveränderte Auflage, Hrsg. Friedrich-Wilhelm v. Herrmann, Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M., 2003. 25 Martin Heidegger, op. cit., § 20 S. 55.
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terscheiden der Anfänge im geschichtlichen Dasein wird von Heidegger ausdrücklich als Grundstimmung gedacht. Es ist die Grundstimmung, in der der Abgrund sich als Spur zu einem neuen Grund zeigt. Wieder ein Zitat aus den Beiträgen zur Philosophie: „Die Grundstimmung des Denkens im anderen Anfang schwingt in den Stimmungen, die entfernt nur sich nennen lassen als Das Erschrecken / Die Verhaltenheit / Die Scheu. Das Erschrecken: am ehesten ist es zu verdeutlichen im Gegenhalt zur Grundstimmung des ersten Anfangs, zum Erstaunen [dem griechischen aumÜzein] . . . Das Erschrecken ist das Zurückfahren aus der Geläufigkeit des Verhaltens im Vertrauten, zurück in die Offenheit des Andrangs des Sichverbergenden, in welcher Offenheit das bislang Geläufige als das Befremdliche und die Fesselung zugleich sich erweist.“ 26 Das (wieder) Fragwürdigwerden des Selbstverständlichen, das Zurückgeholtwerden aus der Indifferenz des nur immanenten Lebensvollzuges ist ein Sichunterscheiden im Dasein des Menschen, ein Sichunterscheiden, in dem das Geläufige – die „Seinsverlassenheit“, das Versinken in das Selbstvergessen – als Entzug und als Fehlen erfahren werden. Im Erschrecken als geschichtlicher Stimmung zeigt sich die Versuchung des Vergessens und der „Selbstbetäubung“ plötzlich als Hinweis in
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Martin Heidegger, op. cit., § 5 S. 14.
eine andere Möglichkeit, in die Möglichkeit der Erinnerung an den verlorenen (oder verloren geglaubten) Grund. Diese Erinnerung ist keine bloße Rückkehr zum gewesenen Grund, sondern die Eröffnung der Bahn für ein mögliches neues Sichzeigen des Grundes. Das Erschrecken vor der Seinsverlassenheit des Seienden erinnert den Menschen an den Unterschied zu sich selbst, zu einem „Selbst“, das als Da-sein neu begründet werden muss. Diese Grundstimmung ist nichts, was vom Menschen „gemacht“ oder hervorgerufen werden könnte; sie ist vielmehr der Unterschied schlechthin von allem Machbaren und von jeglicher Selbstmanipulation. Als Grundstimmung steht sie in schärfstem Widerspruch zu jeglicher Intellektualisierung der Welt und ist keine Technik oder Strategie, die gegen die Tendenz zur Selbstvergessenheit angewandt werden könnte. Das „Rettende“ erwächst weder aus einer intellektuellen Reflexion noch aus einer Willensentscheidung, sei es die Ent-scheidung, sich für diese Grundstimmung offen zu halten, sich dem Kairós nicht zu verschließen, in dem sie in das Selbstverständliche einbricht. Die „Entscheidung“ für diese Öffnung des Selbst für das Da-sein ist eine vortheoretische, ganzheitliche Selbstpositionierung, in der der Mensch vor sein noch unbestimmtes (zu-künftiges) Wesen zu stehen kommt. Das „zukünftige“ Wesen des Menschen ist aber erst in und durch die Wiederholung der Metaphysik. 29
2. Hoffnung
Der Selbstunterschied ist eine Kluft im Sein des Menschen, die niemals vollständig eingeholt werden kann, sie ist eine Frage, die dem Menschen überantwortet ist. Weil der Mensch sich in sich selbst zur Frage wird, weil in ihm dadurch das Sein-überhaupt fragwürdig wird, trägt der Mensch in sich die Verantwortung für die Humanität als ein ontologisches Prinzip, dessen Ursprung sich ihm selbst entzieht und in das Andere, Fragwürdige verweist. Die Humanität des Menschen gehört dem Menschen nicht. Sie entzieht sich seinem Verfügungsrecht und ist dem Menschen aufgegeben als ein Rätsel, das bewahrt und behütet werden will. Den Wesen aus dem zu Beginn erwähnten Roman von Aldous Huxley ist es gelungen, die Erinnerung an den Selbstunterschied einzuschläfern und somit die Fragwürdigkeit des Seins außer Kraft zu setzen. Sie agieren diesseits des Selbstunterschiedes und daher auch diesseits einer freien, die Verantwortung für das Selbst einschließenden Selbstidentität. Ihr Glückszustand ist so fremdgesteuert – kantisch gesprochen: heteronom, mit Heidegger gedacht: seinsvergessen – wie grenzenlos, weil endgültig blind gegenüber der Fragwürdigkeit jener Grenze, die das Wesen des Menschen durchläuft und sich auch als die Unruhe des Suchens und Scheiterns ankündigt. Die tendenzielle Auslöschung der im Menschen waltenden Differenz ist die Versuchung, das im 30
Menschen allein sich Bahn brechende Rätsel des Sichunterscheidens zu unterbinden zugunsten einer absoluten zuständlichen Beruhigung, die kein Außerhalb ihrer selbst mehr kennt und sich selbst nicht mehr zur Frage werden kann. Im griechischen Staunen wie im „andersanfänglichen“ Erschrecken, in allen Gestalten und in allen Grundstimmungen des Sichunterscheidens bewahrt das Denken – aber auch die Kunst und die Dichtung, aber auch jeder unthematisch erfüllte Lebensvollzug – den Blick für das Andere der Selbstverständlichkeit und somit auch für das Brüchige, Unaufgelöste, Abgründige im Wesen des Menschen. Dieses Denken verbleibt nicht in der flachen, beruhigten Immanenz des „Animalischen“, aber auch nicht beim bloßen Abgrund selbst, sondern erfährt auch das Abgründige und Brüchige als Brücke zur Hoffnung. Hoffnung ist Erinnerung des Unterschiedes. In ihr öffnet sich das Andere der metaphysischen Gewissheit, aber auch der postmetaphysischen Verzweiflung. In dieser Grund-Stimmung zeigt sich ein Grund, der kein fundamentum inconcussum mehr sein kann und vielleicht kein unauslöschbares Licht mit sich bringt, aber das Leichte einer Dämmerung, in der ein Sinn hervorscheinen kann. Das plötzliche Hervorscheinen des Sinnes ist Glück. Es ist nicht mehr, es ist (vielleicht) noch nicht das Glück der griechischen qewrßa. Aber es zeigt in dieses Glück hinein wie ein zu hütendes Symbol. 31
Substanz und Leerheit Vorbereitende Schritte für ein übersetzendes Gespräch zwischen abendländischer und buddhistischer Philosophie I. Einleitung Ist Philosophie als Denken des „Seins“ ausschließlich griechisch-abendländisch? Lassen sich die Denkansätze anderer Traditionen in den abendländischen Erfahrungshorizont über-setzen? Kann ein solches Über-setzen in das Eigene des unüberbrückbar Fremden eingedenk bleiben und dennoch einen Dialog in Gang setzen? In ihrer klassisch-metaphysischen Form ist die abendländische Philosophie rationale Theorie im Sinne einer logisch-diskursiven Erkenntnis, deren Ergebnisse 1. argumentativ gewonnen und widerlegt werden können und 2. erst in zweiter Instanz eine lebenspraktische Relevanz besitzen. Zwar kennt auch die östliche Tradition ein diskursives Denken, eine höchst differenziert ausgearbeitete Logik und eine systematische Ontologie, wie umgekehrt die abendländische Metaphysik immer eine Ethik einschließt; dennoch sind beide Traditionen von grundlegend unterschiedlichen Impulsen gekennzeichnet. Nimmt in der abendländischen 33
Metaphysik die (rationale) Erkenntnis der Wirklichkeit die Stellung einer prima philosophia ein, so dient sie in der östlichen Tradition immer der Auslegung, der Vorbereitung oder der möglichen Herbeiführung eines Zustandes, der selbst vor-rationalen und außersprachlichen Charakter hat. Das Wissen vollendet sich nicht in der rationalen Erkenntnis als solcher, sondern in einer „zuständlichen“ Erfahrung (der „Erleuchtung“), die 1. intuitiv und nicht diskursiv gewonnen wird, 2. unmittelbare Folgen für die Lebenspraxis hat und damit 3. immer soteriologisch ausgerichtet ist. Erkenntnis ist hier synonym mit Erlösung und Verwandlung. Während die Wahrheit eines metaphysischen Satzes mit dem ausgesprochenen Wort zusammenfällt und sich in ihm erschöpft, ist das diskursive Denken in der östlichen Tradition auf eine theoretisch nicht mitteilbare Zuständlichkeit verwiesen (sei es als seine Quelle, sei es als letztes Ziel) und somit auf eine Erfahrungsebene, die aus westlicher Sicht mehr der Psychologie und/oder der religiösen Erfahrung zuzurechnen wäre. Diese gegensätzliche Grundeinstellung hat wesentliche Folgen. Während etwa die metaphysischabendländische Infragestellung der phänomenalen Welt zu einer Wesensbestimmung des Seienden als substanzielle Wirklichkeit führt und zur Ansetzung einer „wahren Welt“ mit ihren Merkmalen der Ewigkeit, Unwandelbarkeit und Absolutheit (sei es einer theoretisch erfassbaren „wahren Welt“, sei es, wie bei Kant, einer in der praktischen Vernunft 34
postulierten), hat die östliche Philosophie einen durchaus offenen Ausgang. Dies zeigt sich besonders deutlich in der indischen Philosophie, in der sich die „metaphysische“ Atman-Lehre vedistischen Ursprungs und der buddhistische Ansatz, der zur Überwindung aller metaphysischen Entwürfe und aller Seinskategorien führt, gegenüberstehen. Ich möchte im Folgenden versuchen, abendländische (metaphysische) und östliche (buddhistische) Gedanken über die „letzte Wirklichkeit“ ins Gespräch zu bringen. Dazu werde ich zunächst den klassich-metaphysischen Substanz-Begriff exemplarisch, am Beispiel von Aristoteles und Descartes, vergegenwärtigen, und mich in einem nächsten Schritt etwas ausführlicher Nagarjuna, der wichtigsten Gestalt des Mahayana-Buddhismus, und seiner Theorie der Leerheit zuwenden. In einem abschließenden Schritt werde ich versuchen, aufzuzeigen, welche Wege das Gespräch mit der buddhistischen Philosophie für ein neues Selbstverständnis der abendländischen Philosophie öffnen kann.
II. Theorien der Substanz in der abendländischen Philosophie 1. Aristoteles
Philosophie als Metaphysik gründet im theoretischen Vorgriff auf das Unbedingte, Unabhängige, Absolute. Theorie heißt bei Aristoteles: Betrach35
tung und Durchdringung des Seienden mit dem Ziel dessen benennender Eingrenzung (rismüò). Gemäß ihrem unterscheidenden Charakter führt die qewrßa zu einer Mehrfältigkeit von Seinsbestimmungen, die in der osßa gründen als dem letzten, logisch-ontologisch nicht weiter reduzierbaren, aber begrifflich vielfältig erschließbaren Wesenskern des Seienden. Der Begriff der osßa ist selber vielfältig und trägt in sich die Spannung zwischen Einzelnem und Allgemeinem: osßa ist das, was nicht von einem anderen prädiziert werden kann und als bleibendes Substrat (pokeßmenon) den wechselnden Eigenschaften untersteht, doch osßa ist kein Allgemeines, sondern – in einer Hinsicht – das tüde ti als sýnolon, das konkrete, durch seine bestimmte Materialität individuierte Seiende; in einer anderen Hinsicht aber ist osßa das tÎ tß ÷n eønai dieses Seienden oder aber sein eødoò, womit sich die Spannung zwischen Einzelnem und Allgemeinem gleichsam vollendet und letztlich zur ersten osßa, dem qe¦on, führt, das als letztes, in sich ruhendes Unbedingtes die teleologische Ausrichtung alles Seienden fundamentiert. Weil der theoretische Vorgriff auf die Realität das Seiend-sein im Vorhinein als den höchsten Wert festlegt, vollenden sich die Grade des Seienden im qe¦on als dem seiendsten und höchsten Sein.
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2. Descartes
Bei Descartes wird die letzte Erkenntnis über das Seiende zum ersten Mal in einer rationalen Meditation erlangt, die im Vorgriff auf die certitudo das ego cogito als das gesuchte fundamentum inconcussum reduktionistisch erschließt. Meditation heißt hier Selbstbesinnung und rationale Selbsterkenntnis am Leitfaden der clara et distincta perceptio. Die cartesische Bestimmung der Substanz als „ita existit, ut nulla alia re indigeat ad existendum“1 bestätigt den Vorblick auf die Absolutheit und Unabhängigkeit, die sich zwar nur bei Gott als causa sui vollendet, jedoch so, dass zunächst res cogitans und res extensa als ein letztes endliches certum angesetzt werden können, das „außer Gottes“ keines weiteren Seienden bedarf, um als bleibendes Substrat zu existieren. Auch hier, wie bei Aristoteles, mündet die Ontologie in eine Theologie, die jedoch – auf dieser Ebene – von den Inhalten der christlichen Soteriologie weitgehend unberührt bleibt; das menschliche Ich gelangt damit unabhängig von Gott zur rationalen Erkenntnis und fundamentiert so die Trennung zwischen Philosophie und Glauben.
1 René Descartes, Principia Philosophiae, VIII, 1. (Deutsche Übersetzung in: René Descartes, Die Prinzipien der Philosophie. Übersetzt v. Christian Wohlers. Philosophische Bibliothek Bd. 566. Felix Meiner, Hamburg 2005.)
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III. Buddhistischer Antisubstanzialismus: Nagarjunas Philosophie der Leerheit 1. Die Ausgangssituation: vorbuddhistische Metaphysik (Atman) und die Debatte zwischen Eternalismus (Sarvatsvadin) und Augenblicklichkeit (Sautrantikas)
Nagarjunas Philosophie weist nicht nur formal manche Parallelen zum kantischen Kritizismus auf. Sein Weg der Mitte wendet sich einerseits gegen die im 2. Jahrhundert nach Christus noch lebendige vorbuddhistische (vedistische / hinduistische) Tradition und ihre Hauptpositionen: das System des Samkhya mit seiner Theorie der Identität von Ursache und Wirkung und der Betonung des potentiellen Enthaltenseins der Wirkung in der Ursache (satkaryavada), und die vom Vaisesika vertretene umgekehrte These, nach der Ursache und Wirkung zwei differente ontologische Faktoren sind (asatkaryavada). Zwei buddhistische Schulen aus der Hinayana-Tradition standen sich auf der anderen Seite mit vergleichbaren Ansichten gegenüber: die Sarvatisvadin (von sarvam asti, „alles existiert“) vertraten die These, dass alle Daseinsfaktoren (dharmata) ewige Substanzialität und Eigenexistenz (svabhava) besitzen, während die Sautrantikas unter Berufung auf Buddhas Lehre des NichtSelbst (anatta) den Daseinsfaktoren nur eine momentane, substanzlose Existenz zusprachen (ksanikavada), die mit dem Entstehen und Vergehen der phänomenalen Zusammenhänge aufblitzt und 38
wieder vernichtet wird. Gegen den ontologischen Ewigkeitsglauben (Eternalismus) der ersten und die Vernichtungslehre der zweiten Schule strebt Nagarjuna nach einer Wiederherstellung des ursprünglichen Wesenskerns der buddhistischen Lehre, den er an den Gedanken des Nicht-Selbst (anatta), der Substanzlosigkeit (asvabhava) und des abhängigen Entstehens (pratityasamutpada) festmacht. 2. Nagarjunas „Weg der Mitte“: Destruktion des Begriffs der Substanz und soteriologische Ansetzung der Leerheit
Ich beziehe mich im Folgenden auf den Mulamadhyamakakarika (MMK)2, Nagarjunas wichtigste Schrift zur Philosophie der Mitte. Nagarjunas antimetaphysische Lehre kreist um die Destruktion des Begriffs der Substanz (svabhava). Um seine Argumentation zu verstehen, muss der ontologische Charakter des Begriffs svabhava genauer geklärt werden. Die indische Philosophie denkt die Substanz bzw. Eigennatur der Dinge im absoluten Sinne der causa sui und der absoluten Unabhän2 Nagarjuna, Målamadhyamakakàrikà-s. Sanskrit in devanàgarã and roman script. For free distribution edited by Douglas Bachman 2001, http://www.nyx.net/~dbachman/ sanskrit/mula.pdf. Deutsche Übersetzung: Bernhard Weber-Brosamer, Dieter M. Back: Die Philosophie der Leere. Na¯ga¯rjunas Mulamadhyamaka-Karika. 2. Auflage. Harassowitz, Wiesbaden 2005; vgl. auch Die Lehre von der Mitte: Mula-madhyamaka-karika. Chinesisch – Deutsch. Übersetzt von Lutz Geldsetzer. Philosophische Bibliothek Bd. 610. Meiner, Hamburg 2010.
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gigkeit. Svabhava heißt wörtlich das, was seine eigene (sva) Existenz (bhavo) in sich trägt, ist also das Selbst-subsistente, von äußeren Bedingungen Unabhängige, das den Grund seines Entstehens und Bestehens in sich trägt. Svabhava ist absolute Selbstidentität, die auf nichts anderes verweist als auf sein eigenes Existieren. Um die Nicht-Existenz von Substanzen aufzuzeigen, rekurriert Nagarjuna auf die empirische Erfahrung, die er mit Hilfe des Urteilvierkants oder buddhistischen Tetralemmas (catuskoti) hinterfragt. Sein Vorgehen ist empirisch-phänomenologischer Natur und beruht auf der Prüfung der Evidenz eines Sachverhalts. Das Ergebnis: Weil nichts dem Kausalnexus und der Bedingtheit entgeht, weil alles vergänglich ist und in stetiger Entwicklung begriffen, findet sich in der Welt nichts, was den Charakter der Eigenexistenz besitzt: svabhava ist eine durch Substantivierung entstehende sprachliche Konvention, der keine reale Größe entspricht (der Weg ist also dem von Aristoteles ähnlich, führt aber zu entgegengesetzten Ergebnissen). Ebenso verworfen wird der Gedanke, dass alles in einer Fremdnatur (parabhava), gleichsam der reinen Andersheit und Differenz, gründen könnte, da Fremdnatur in sich den Verweis auf das „Eigene“ trägt und nur als dessen Negation gedacht werden kann. Weil weder der (absoluten) Selbstidentität noch der (absoluten) Selbstdifferenz, weder dem (absoluten) Sein noch dem (absoluten) Nichtsein eine Existenz zukommt, wird eine ontologische Fundamentierung 40
der Wirklichkeit in einem substanziellen Prinzip hinfällig: alles, was entsteht, entsteht in Abhängigkeit von anderem und ist infolge dessen ohne Selbst (nairatmia), wesenlos (asvabhava), „leer“ (sunya). Abhängiges (bedingtes) Entstehen und Leerheit (sunyata) sind Wechselbegriffe, die anzeigenden Charakter haben. Mit ihnen bezweckt Nagarjuna keine nihilistische Vernichtung des Seinscharakters der Welt, sondern eine Überwindung der Dualität von Sein und Nichtsein, von Existenz und NichtExistenz. Gegen eine Verabsolutierung und Substanzialisierung der Leerheit betont Nagarjuna den methodischen und soteriologischen Charakter des Leerheitsbegriffs. „Leerheit“ ist keine Aussage über das Sein oder Nichtsein des Seienden im Ganzen, sondern wird immer nur partikulär ausgesagt: all dies ist leer (sarvam idam sunyam), und nicht: alles ist leer (sarvam sunyam). Der Gedanke der Leerheit versteht sich als ein methodisches Hilfsmittel, um das unterscheidende, sich in der Dualität von Existenz und Nichtexistenz verfangende Denken (vikalpa) zu überwinden: die Leerheit selbst muss letztlich von allen am Sein oder Nichtsein anhaftenden Vorstellungen entleert werden. Spätestens dieser Schritt führt aber in den Bereich des Nonverbalen: die Sprache begleitet das Denken bis zur Vorstufe der höchsten Einsicht (prajna) und tritt auf deren Schwelle (sigetisch) zurück.
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3. Die Zwei Wahrheiten (satyadvaya) und die Identität von Nirvana und Samsara
Mit dieser starken Betonung des außersprachlichen Charakters der höchsten Einsicht und der scharfen Unterscheidung zwischen einer konventionellen, sich der Sprache bedienenden Wahrheit (samvrtisatya) und einer höchsten Wahrheit (paramarthasatya), die sich selbst allem sprachlichdiskursiven Argumentieren entzieht, radikalisiert Nagarjuna die ursprüngliche Valenz der buddhistischen Unterscheidung zwischen der phänomenalen und der höchsten Wirklichkeit der dharmata: die höchste Wahrheit ist keine ontologische Größe mehr, die sich zwar nicht sprachlich, wohl aber intuitiv in ihrem Sein erfassen lässt – die höchste Wahrheit ist die Leerheit selbst, diese aber die sich selbst überwindende Anzeige in einen Zustand (die Erlösung oder das Nirvana), in welchem die Leerheit selbst dynamisch entleert wird. Auf dieser Ebene der Wahrheit wird nicht nur das diskursive Denken, sondern selbst die Differenzierung von konventioneller und höchster Wahrheit hinfällig. Samsara (die phänomenale Welt mit ihrem Kreis des Leidens und der Wiedergeburt) und nirvana (das vollständige Eingekehrtsein in die Leerheit) erweisen sich als dasselbe. Sie sind keine Realitäten, sondern Zustände, denen keine seinsmäßige Objektivität entspricht: „es gibt nichts, was das Samsara vom Nirvana, und das Nirvana vom Samsara unterscheidet. Die Grenze des Nirvana ist zugleich die Grenze des Samsara. Zwischen diesen 42
beiden wird auch nicht der feinste Unterschied gefunden“.3 Wo läuft also die Grenze zwischen dem Konventionellen und dem Höchsten, zwischen dem Verfangensein im Samsara und der Erlösung im Nirvana? Löst sich die prajna, die höchste Erfahrung mit der „letzten Wirklichkeit“, am Ende auf in einem unbestimmten psychologischen Zustand, der sich jeder Mitteilbarkeit und Überprüfbarkeit entzieht? Die Frage muss aus westlicher Sicht bejaht werden. Bestimmtheit, Mitteilbarkeit und Überprüfbarkeit sind Kriterien des argumentativen Denkens. Weil aus buddhistischer (und überhaupt östlicher) Sicht die Zuständlichkeit, und nicht die rationale Erkenntnis, das letzte Ziel des Wissens ist, entfällt die Frage, ob diese Zuständlichkeit eine wahre Erfahrung sei oder eine Illusion. Denn beides setzt eine an sich existierende Realität als Gegenstand der Erkenntnis voraus, an der die Erfahrung selbst gemessen werden könnte. Weil das höchste Ziel der prajna die Überwindung der „Obsession der Individualität“ (prepanca) und damit des Differenzdenkens ist, muss sie inhaltlich unbestimmt bleiben. An dieser Unbestimmtheit und Unüberprüfbarkeit scheitert letztlich jeder Versuch, dieses „höchste“ Wissen mit rationalen Argumenten zu erfassen. Die Grenzen zwischen Denken, Fühlen 3 MMK 25.19–20; Übersetzung v. Weber-Brosamer/ Back, a. a. O., S. 100.
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und Glauben werden angesichts der letzten Wirklichkeit durchlässig. Doch Nagarjunas Weg bietet auch einem „westlichen“ Zugang entscheidende Einsichten. Sein Denken gleicht einem Balanceakt zwischen zwei Erfahrungsebenen, die sich einander ergänzen und relativieren. Indem er (diskursiv) dazu auffordert, sich von allem (zuständlichen) Anhaften nicht nur an der phänomenalen, sondern auch an der höchsten Wahrheit (dem Nirvana) zu befreien, lässt er die höchste Einsicht nicht in eine asketische Weltflucht einmünden. Weil die Erfahrung der Leerheit alle axiologischen Vorstellungen transzendiert und im reinen Empfangen des (entleerten) Seins verweilt, wird sie zur Verwirklichung der Welt als Welt: „Samsara-wie-es-Ist“, lautet ein häufig zitierter Spruch im Mahayana-Buddhismus, „ist Nirvana“. IV. Nagarjuna – und die abendländische Metaphysik Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, möchte ich hier kurz auf einige Parallelen eingehen, die mir für ein Gespräch beider Traditionen fruchtbar scheinen. David Hume hat den Begriff der Substanz zum ersten Mal in der abendländischen Philosophie einer systematischen Destruktion unterzogen. Er kritisiert den Substanz-Begriff radikaler als den der Kausalität, dem er zwar keine Notwendigkeit, aber 44
eine durch Induktion und Gewohnheit (habit) verbürgte Gültigkeit zubilligt. Die Substanz ist eine bloße Fiktion der Einbildungskraft: „nothing but a collection of simple ideas, that are united by the imagination, and have a particular name assigned them, by which we are able to recall, either to ourselves or others, that collection“ 4. Freilich bleibt Humes Substanz-Kritik lediglich destruktiv bestimmt: sie hat eine Restriktion des Erkennbaren und – ähnlich wie später bei Kant – eine rationale Selbsteinschränkung des diskursiven Denkens zur Folge, und nicht die Eröffnung einer anderen Erfahrungsquelle. Anders bei Nagarjuna: wie das kantische als-ob, überwindet das Schweben zwischen Samsara und Nirvana die letzte Wirklichkeit als ontologische Größe und gewinnt sie gleichzeitig zurück in der Lebenspraxis. „Samsara-wie-es-Ist ist Nirvana“ heißt in metaphysisch-abendländischen Kategorien: das (zuständliche) Erfassen der Wirklichkeit als solche (ïn Âó én, ens qua ens) transzendiert und transfiguriert das Sein der Wirklichkeit und „lebt“ diese als sich selbst entleerende Leerheit. Nagarjunas Postulate bleiben allerdings unbestimmt. Denn die auf der Ebene der sprachlich-konventionellen Wahrheit vorgenommene Unterscheidung einer Welt der Erscheinungen und einer Welt der Leerheit, die an 4 David Hume, A Treatise of Human Nature, 1, sect 6. (Deutsche Übersetzung in: David Hume, Ein Traktat über die menschliche Natur. Band 1, übersetzt und herausgegeben v. Theodor Lipps. Meiner, Hamburg 1989.)
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Kants Unterscheidung von Erscheinung und Ding an sich – auch hier freilich unter umgekehrten Vorzeichen – erinnert, ist in Wahrheit die sich selbst überwindende Anzeige eines jenseits von Sein und Nicht-Sein anzusiedelnden Ungreifbaren. Nagarjunas Ding an sich ist der stetige Prozess der Auflösung jeglichen Ansichseins. Dennoch – auch dieser Prozess enthält eine innere Verpflichtung. Führen die Postulate bei Kant zum als-ob-Prinzip des absoluten moralischen Gesetzes (so leben, als ob Gott, Freiheit, Unsterblichkeit theoretisch erkennbar wären), so schwindet bei Nagarjuna zwar letztlich das Trennende des als-ob in der zu lebenden Identität (bzw. Nicht-Differenz) von Samsara und Nirvana, deren innere Spannung bleibt jedoch in der Lebenspraxis als ethische Instanz präsent und konkretisiert sich in der Aufforderung, das Leben gemäß der Erfahrung der Leerheit (im achtfachen Pfad des Buddhismus) zu gestalten. Auch Nietzsches Entwurf einer antimetaphysischen Anthropologie scheint zu ähnlichen Ergebnissen zu führen. Liest man Nietzsche nicht als den letzten Metaphysiker, sondern als Zeichen eines Risses, den Übermenschen also als Balanceakt zwischen Selbstgewinn und Selbstverlust, zwischen postmetaphysischer Auflösung des Selbst und augenblicklicher Selbstindividuierung in der Bejahung der ewigen Wiederkehr, so erscheint diese als der verwandelnde Blick auf die Welt der Endlichkeit und des Vergehens, der diese Welt transfiguriert, wie der Weg der Mitte Samsara und Nirvana 46
einander zuhält als dasselbe. Auch Nietzsche unterscheidet zwei Ebenen der Wahrheit, die er in einer Notiz aus dem Nachlass unter dem Begriffspaar exoterisch/esoterisch zusammenfasst5: was exoterisch (man könnte mit Nagarjuna sagen: konventionell) als Wille zur Macht („alles ist Wille gegen Willen“) gedacht werden muss, kehrt sich in der esoterischen Sicht (der „erlösten“ Sicht des Übermenschen) in sein Gegenteil: „es gibt gar keinen Willen“. Dennoch bleibt auch Nietzsches „esoterische“ Wahrheit eine – die höchste – Bejahung der ewig wiederkehrenden Wirklichkeit (des Samsara als solchen, nicht dessen Überwindung im Nirvana). Sowohl in der abendländischen wie in der buddhistischen Philosophie zeitigt das Sprechen über die letzte Wirklichkeit oder der Versuch, ihr gemäß zu leben, eine innere Spannung und ein Schweben zwischen zwei Erfahrungsebenen. Diese Figur der doppelten Wahrheit, des als-ob, ist auch religionsphilosophisch von entscheidender Bedeutung. In der frühchristlichen Tradition ist es vor allem das paulinische ò mÞ 6, das in eine ähnliche Richtung weist. Die Aufforderung an den Christen, in der Welt zu leben und an ihr teilzuhaben, als ob er es nicht täte, verbindet – ähnlich wie Nagarjunas dop5 Friedrich Nietzche, Kritische Studienausgabe (KSA), hrsg. v. G. Colli und M. Montinari, München/New York 1980 ff. Bd. XII, Nachgelassene Fragmente 1885–1887, S. 187. 6 1. Korinther-Brief 7, 29–31.
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pelte Wahrheit – zwei Dimensionen, die trotz des ontologischen Ursprungsgefälles aufeinander verwiesen sind. Das ò mÞ „negiert“ zwar „die Welt“ als absolute Realität, gewinnt sie aber gleichzeitig ursprünglicher zurück, indem es sie im Reich Gottes fundamentiert und so in ihrem Sein – es transfigurierend – gerade bestätigt. Ähnlich wie Nagarjuna sucht auch die christliche Mystik und vor allem Meister Eckhart das Anhaften an der Vorstellung des Höchsten (Gott oder das Nirvana) zu überwinden. Zwar münden Eckharts Gedanken über die Leere und Selbstentäußerung in das Erfülltwerden von Gott: das Ablassen vom Selbst und auch von Gott selbst geschieht umwillen einer anderen Gotteserfahrung, die sich nicht mehr am Besitz und der Objektivierung orientiert, sondern an der Geburt Christi in der von allem Seinsmäßigen und Individuellen entleerten Seele. Dennoch ist diese „entleerte“ Fülle der Gotteserfahrung nicht ein Reichtum an Bestimmungen, sondern die Einfachheit des Loslassens von allen Bestimmungen. Ist das, was in dieser Leere begegnet, nicht letztlich der schlichte Urgrund von Selbst und Welt – strebt die Mystik und strebt auch Nagarjunas Weg der Mitte letztlich nicht nach einer zuständlichen Erfahrung dessen, was die Theorie mit dem Namen Substanz argumentativ zu erfassen und zu beschreiben versucht? Substanz und Leerheit – zeigen diese beiden Namen letztlich in zwei verschiedene Erfahrungen mit demselben Phänomen? 48
V. Ausblick: Substanz und Leerheit jenseits der Gegensätzlichkeit Die metaphysisch gedachte Substanz (und auch das vedische svabhata) wird zwar mit der ontologischen Fülle des wahren Seienden in Zusammenhang gebracht. Doch diese Fülle ist keine Fülle an Eigenschaften, keine Vielfalt, sondern vielmehr das schlichte Bestehen, das sub-sistere, das erst aufgrund dieser schlichten Selbstsubsistenz Substrat (sub-stare) für die wechselnden Eigenschaften sein kann. Sunyata, die Leerheit, ist wiederum kein Vakuum, kein Fehlen, sondern das Freie und Befreiende im Unfreien, das Unabhängige im Abhängigen. Erscheint sie dem begrifflichen Denken als die Negation von Positivität, so gibt sie sich als Zustand jenseits aller Gegensätzlichkeit. Sie ist nicht das reine Nichts und auch nicht dessen Negation, sondern – eine Stimmung und ein Ergriffenwerden, das zwar nicht als pathos gedacht werden kann (denn pathos setzt Individualität voraus), aber dennoch die Existenz des Menschen im Ganzen trifft, gerade dadurch, dass er seine individuelle Selbstpositionierung auflöst. Die Substanz wird erschlossen im theoretischen Blick des Denkens und existiert für den Menschen nur als Gegenstand der Theorie. Ist eine über die ratio hinausgehende Erfahrung mit der Substanz möglich? Ist ein zuständliches Erfassen von Substanzialität überhaupt denkbar? Das schlichte Bestehen der ewrßa – und das schlichte Sichauflösen 49
allen Bestehens in der prajna: sind es vielleicht zwei Blickweisen auf dasselbe, das sich theoretisch als Substanz (oder deren Negation) erschließt, zuständlich aber als Leerheit erfahren wird? Kommen abendländische und buddhistische Philosophie vielleicht doch überein in der Erfahrung der schlichten Fülle eines freien Sehens – eines Sehens auf das schlichte Bestehen der Substanz (letztlich: auf die Ruhe des e¦on), auf das Sichauflösen in der Leere (die Ruhe des nirvana)? Ist dieses Sehen die Freiheit, die alles gehen lässt, um es anders – geheilt und einfach – zurückzugewinnen? Ich möchte die Frage offen lassen. Sie möchte keine abschließende Theorie einleiten, sondern ein Hinweis sein in ein offenes Arbeitsfeld. Erkenntnis und Zuständlichkeit sind zwei Möglichkeiten der Selbst- und Welterfahrung des Menschen, die nicht länger als gegensätzlich, sondern als komplementär gesehen werden sollten. Heidegger formulierte sein Selbstverständnis einer Auseinandersetzung mit der Tradition mit den Worten: „Die großen Philosophien sind ragende Berge, unbestiegen und unbesteigbar. Aber sie gewähren dem Land sein Höchstes und weisen in sein Urgestein.“7 Lässt sich diese Heideggers seinsgeschichtliches Denken prägende Erfahrung auf die nicht abendländischen Traditionen übertragen, 7 Martin Heidegger, Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis). Hrsg. v. Friedrich-Wilhelm v. Herrmann. Gesamtausgabe Bd. 65. Klostermann, Frankfurt a. M. 1989, S. 187.
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gesetzt, dass Übertragung im wesentlichen Sinne des übersetzenden Entgrenzens verstanden werden muss? Liegt im seinsgeschichtlichen Begriff der Verhaltenheit und der Haltung (comporting) als Wesenszug des vorbereitenden Denkens diesseits von Erkenntnis und Zuständlichkeit ein noch unbedachter Hinweis auf diese Entgrenzung, in der das Eigene der abendländischen Erfahrung schärfer, und das heißt: freier, ans Licht treten könnte?
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Zur Autorin Paola-Ludovika Coriando wurde 1969 in Genua geboren, studierte Philosophie, Neuere Deutsche Literatur und Germanische Philologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau und promovierte dort 1997 bei Friedrich-Wilhelm v. Herrmann mit der Dissertation „Der letzte Gott als Anfang. Zur ab-gründigen Zeit-Räumlichkeit des Übergangs in Heideggers ,Beiträgen zur Philosophie‘“ (erschienen im Fink-Verlag, München 1998). 2001 habilitierte sie sich in Freiburg mit der Schrift „Affektenlehre und Phänomenologie der Stimmungen. Wege einer Ontologie und Ethik des Emotionalen“, die 2002 im Verlag Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M., publiziert wurde, wo 2003 auch die Monographie „Individuation und Einzelnsein. Nietzsche – Leibniz – Aristoteles“ erschien. Von 2001–2008 hatte sie Lehrstuhlvertretungen, Research Fellowships und Gastprofessuren u. a. in Freiburg i. Br., Eichstätt, Lüneburg, Bologna. Seit Sommersemester 2009 ist Paola-Ludovika Coriando Inhaberin des Lehrstuhls für Metaphysik und Ontologie an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Sie ist Mitherausgeberin der MartinHeidegger-Gesamtausgabe und der bei Duncker & Humblot erscheinenden internationalen Zeitschrift „Heidegger Studies“. Paola-Ludovika Coriando gab 1999 im Verlag Duncker & Humblot die Festschrift „Vom Rätsel des Begriffs“ für Friedrich-Wilhelm v. Herrmann zu dessen 65. Geburtstag heraus. 52