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German Pages 59 [116] Year 2022
Melanchloros als
Anhang zu der Reife des
Kdnigl. Preußischen Oberconsistorialraths und
Probstes Zöllner nach
der Insel Rügen und
einem Theile des Herzogchums Mecklenburg von
Balthasar Friedrich Möstenberg, Regiment« • Pastor des Königlichen von Engelbrechtenschen Regiment«.
Berlin und Stralsund, bei Gottlieb August kange. 1798.
So ein Mensch etwa von einem Fehl übereilet würde, so helfet ihm wieder zurecht mit sanftmüthigem Geist, die ihr geistlich seyd, pnultis.
Dem
Herrn
Doktor UNd
Proto - Physikus Weigel, Assessor des Königl. Gesundheits-Collegiums,
zum
Beweise inniger Achtung
gewidmet
von
dem Verfasser.
Bester Freund!
I/lie werde ich die Stunde meines Lebens vergessen,
wo Sie, Bester, an meinem Krankenlager standen, eine Thräne der stillen , Wehmuth und der wärmsten
Theilnahme in Ihren, Auge zitterte, und Sie es nicht daß das hinstiehende Leben zurückkehren
ahndeten,
würde.
Nie werde ich es vergessen, daß Sie, durch
die herabgewürdigte Arzenei, meinen Nerven Festig
keit, meinen Muskeln Kraft, das
Feuer
des
Jünglings
Und meinem Blute
wiedergegeben
haben.
Nächst Gott danke ich Ihnen diese seeligen Stun
den meines Lebens, wo ich im Kreise meiner Gattin und Kinder, nach vollbrachtem Tagewerke, im Ge fühl der
Gesundheit,
glücklich bin,
so
für alle Schahs der Erden
nicht hingeben möchte.
daß ich
diese schönen Freuden
Wenn die Kleinen um mich
spielen, mit inniger Zärtlichkeit die Gattin auf sie hinblickt, denn durchströmt süße Wonne des Lebens
mein Herz.
Der klopfende Schlag meines frohen
Herzens wird Dank gegen den Geber aller Freuden,
A 3
der
der so glücklich mich machte, und unter meinen ver ehrungswürdigen Wohlthätern, (denen ich hier öffent lich für so viele Beweise ihrer Theilnahme Dank sage,) vergesse ich gewiß Sie, Edler, dann nicht. Dies Gefühl des Dankes treibt mich auch jezt an, diese wenigen Bogen, zur Vertheidigung Ihrer Arznei, drucken zu lassen, von welcher ich, ohne schwarblau zu werden, so herrliche Würkungen erfahren habe. Verzeihen Sie cs mir, daß ich den Melanchloros, ohne Ihnen ein Wort davon zu sagen, als Beilage abdrucken lasse, und daß nur ein gedrucktes Exemplar Sie erst mit der ganzen Sache bekannt macht. Lassen Sie hiedurch unser Freund schafts-Band nicht zerrissen werden; sondern bleiben Sie mein Freund auch in Zukunft, wie sie eö bis jezt immer gewesen sind. Stralsund den rösten Febr. 1798-
B- F. Wüstenberg.
öo gehe denn hin, lieber MelanchloroS, du jüngster meiner Buben!
Gehe hin in die Welt, und tnmle dich
wakker auf diesem Schauplatze der Vernunft und der
Thorheit, der Tugend und deS Lasters. Freilich wird man deine Gestalt nicht ganz lieblich
finden, da du so schwarzblau im Gesichte, als ein ge bleichter Neger anftritst. Viele werden den Kopf über dich schütteln, spöttisch lächeln über dich, du armer, gefärbter Junge. Aber zage nicht. Es gibt der ge färbten sehr viel, denn nicht AlleS ist Rose in unser» Zeiten, was als Rose duftet und schimmert. — Tritt du nur kühn und keck einher. Wenn du auf deinem
Wege einen Bekannten findest, so vermelde den Respekt
deines Vaters.
Sey
ja
bescheiden,
lieber Junge.
Suche deine Rede lieblich zu stellen, damit man des drei sten Buben wegen nicht auf den Vater zürue. Wenn dn redest, so lisple ein wenig, eS kleidet nicht übel. Sey verschwiegen. Sprich nicht von deinen altern Ge schwistern, die du in dem Hause deines Vaters znrück-
gelassen hast. Du weißt, daß Schwatzhaftigkeit dem Knabe« nicht ziemt, und daß eS deines Vaters Absicht ist, wenig gekannt, nur in der Stille von wenigen Edlen geschätzt und geliebt zn seyn. Fällst dir einem
Rezensenten in die Hande; so schreie brav, schimpfe auch mit unter, wie es jezt in der Republik der Gelehrten Sitte seyn soll. gen ,
Dies können die Herren selten ertra
und man kann sie dadurch,
wie die Erfahrung
es lehrt, am beßten zum Schweigen bringen. A 4
Kömmst
Kömmst du »ach Berlin, in die Wohnung deS Ver fassers der Reise durch Pommern und die Insel Rügen,
u. s. w.; so erweise ihm die Achtung, die du ihm als einem von ganz Deutschland geschätzten Gelehrten schul
dig bist. Er wird über dich lächeln, dich zu seiner liebenswürdigen Gattin führen, ihr den MelanchloroS zeigen, den er auf seiner Reise, in Stralsund, der
Sage nach, kennen zu lernen Gelegenheit gehabt hat. Ich bin überzeugt, er wird es nicht übel deuten, daß
du, als Fremder, so dreist deine Aufwartung machst, ohne durch Empfehlungs-Briefe seiner Freunde in Stral
sund empfohlen zu seyn.
Es ist ihm vielmehr um Wahr
heit zu thun. Glaube mir mein Sohn, der Mann, der eine Subskription eröfuet, (und selbst vier Friedrichsd'or geben will) um den Ruinen von Dineta nachznspüren,
und hierüber seinen Mitmenschen wichtige Aufklärungen zu verschaffen,
der wird mit Vergnügen dich sehen,
wenn du vor ihm erscheinst, um die Ehre eines achtungs
würdigen Mannes zu vertheidigen, und dadurch der Menschheit einen Dienst zu leisten, Lebe wohl! Meine Wünsche begleiten dich.
versprochene Reisebeschreibung des Herrn Oberconsistorial-Raths Zöllner durch Pommern nach der Insel Rügen, u. s. w., hatte die Erwartung vieler Ein wohner des Landes gespannt, so daß man mit Sehnsucht der Erscheinung derselben entgegen harrete. Denn von einem Manie, der als Denker und Schriftsteller bekannt ist, konnte man nur etwas Trefliches erwarten. Es erschien endlich, eine Ausflucht nach der Insel Rügen, durch Mecklenburg und Pommern. Jeder ver muthete anfangs, daß dies die von dem Herrn Oberconsistorial»Rath Zöllner versprochene Reisebeschreibung seyn würde. Als man aber das Büchelchen zur Hand nahin, so sah man eS gleich, daß der Herr Oberconsistorial-Rath daran keinen Theil hatte, sondern daß dies Kindlein einen andern Vater haben müsse. Es ist jezt meine Sa che nicht, dem tief eindringenden Veobachtungsgeist deS unbekannten Verfassers, vorzüglich wo es auf Gegen stände der Sinne ankommt, ein bischen nachzuhelfen. Manche Nachrichten von ihm, wodurch er theils das hiesige Militair, theils Frauenzimmer der höher» Stände A 5 hie-
( 10 )
hieselbst beleidiget, hatten eine ernstliche Rüge verdient. Er sagt S. 51 : „Die Militairstellen werden hier ver kauft, und für eine Fahndrichsstelle wird nach Umstan den 5 biö 500 Rthlr. bezahlt." Woher hat der Herr Werf, diese Nachricht? Wurde ihm vielleicht eine Fahndrichsstelle von jemanden im Scherz für den Preis ange boten, so ist dies sicher keine Stelle bei dem hiesigen Militair gewesen, sondern vielleicht eine Stelle bei der Nachtwache, die für den Preis, für jeden, der übri gens die verlangten Eigenschaften besitzt, wohl zu haben seyn möchte. Die Damen des Kaufmanns - Standes, obgleich von Adel, sind durch edle Denkungsart schon so sehr geadelt, daß sie sich, wie der Verfasser meint, gewiß auf das Wörtlei» von vor ihrem Namen nichts «iubilden werden. Auch ist die schöne Welt hieselbst weit davon entfernt, durch geistige Getränke vor der Mahl zeit ihren Appetit zu reitzen. Indessen, was kann man von einem Reisende» erwarten, der einen Löwen von einem Hirsch nicht zu unterscheiden vermögend ist/"). Ucberhaupt ist so viel Unwahrheit in dem Büchlein, daß es Herkules Arbeit kosten würde, alle diese Unwahrhei ten aufzuzahlen. Doch von Abwesenden und Todten soll man nichts als Gutes sagen. In der physischen wie in der moralischen Welt hat ja alles seinen Nutze». Dies Büchelcheu hatte auch den Nutzen, — daß es die Sehnsucht »ach der Rfisebeschrcibung des Herrn Oberconpag. 62.
(II) cvnsistorial-Raths,
noch größer machte, und manche
unangenehme Dinge aus dem Wege räumte *).
End
lich erschien die von dem Herrn Oberconsistorial - Rath
langst angekündigte Reisebeschreibnug.
Mit innigem Vergnügen wurde sie von mir gelesen. Ich wandelte mit ihm an den blumenreichen Ufern deS
Ricks, mit ihm in meiner Vaterstadt, wo noch meine vcrehrungswürdigen Lehrer leben, für die mein Herz noch
voll Dank und Achtung schlägt.
O Vaterstadt!
Als
nach einer schweren Krankheit, zum erstenmahl deine
Thürme,
nach
einer Abwesenheit von fünf Jahre»,
mir in der Nahe wieder ins Auge fiele», welche süße
heilige Schauder durchzitterten mich. lich schlug mein Herz,
eilte.
Bange und ängst
als wenn ich der Geliebten zu
Des Ricks blumigte Ufer lächelten mir entgegen,
rind alle rosigten Träume meiner Jugend gaukelten in
lieblichen Bildern
meiner Seele vorüber.
Ich sehnte
mich, meinen Lehrern den Dank zu stammeln, den sie so
sehr verdienen. P--------- !
OM---------- W------------- Br------------
Was wäre ich ohne Sie gewesen, als Krank
heit und innerer Gram die zarteste» Fäden meines Le bens zernagten; was ohne Sie, theurer O--------- , der
Sie jezt in Frankfurts Mauern leben.
kommende Jahre meines
Dankes auslilgen,
Nie werde»
Lebens das Gefühl meines
nie werde ich vergessen,
als Arzt und Freund mir gethan habe».
was Sie
Rosigte Tage der
') Pag- 26.
( 12 ) der Jugend,
ihr seyd verschwunden, wo ich am Arme
meines N--------- und in seinem Umgänge so glücklich
war.
Euer Andenken überströmt noch oft in einsamen
Stunden
mit süßer Wonne die Seele.
Dank Ihne«
also, -daß sie aufs neue diese angenehmen Erinnerungen
durch Ihre Reisebeschreibung in meiner Seele wekten.
Doller Erwartung,
was der Herr Verfasser von
Stralsund und der Insel Rügel sagen würde, folgte ich ihm auf seiner Reise.
Wie schön hat sein Iauberpinsel
die Gegenden von Rügen geschildert, in welchem schöne«
Farbengcmisch sie dargestellt., Nicht so ganz bin ich aber
mit den Bemerkungen zufrieden,
die über Stralsund
von dem Herrn Verfasser niedergeschrieben sind. che kleine Unrichtigkeiten finden sich hier,
Man
von welchen
ich nur die, die das berühmtgewordene Medicament des Herrn Doktor Weigel betrift, anführen und zergliedern
will.
Der Herr Verfasser verzeihe eS mir, daß ich
mit Freimüthigkeit, und von Wahrheit gedrungen, seine Denterkungen, über das genannte Medicament, als un
richtig darzustellen wage, und einem lesenden und den^ kenden Publik» diese Vertheidigung zur Beurtheilung darlege.
Die Arzenei des trenl»erzigen freundlichen Al
ien, den der Herr Verfasser selbst besucht hat, und von dem er die beste Aufklärung hatte erhalten können, soll
zwar dem Menschen daö köstlichste Erdengut, die Ge sundheit wiedcrgeben, aber auch den, berste gebraucht,
schwarz-
( 13 ) schwarzblau färben, wie der Herr Verfasser in' seiner Reisebeschreibung S. 199 fitf) ausdrücki. Ich muß aufrichtig gestehen, daß ich die Stelle, die diese Arznei betriff, nicht ohne Herzklopfen, ob auS Angst, oder aus Unwillen gelesen habe, nm so mehr, da der Herr Verfasser selbst äußert, daß er nicht jedem Gerüchte traue. Diejenigen Personen, die dieß ihm sagten, mußten also Männer von Gewicht seyn. Man» ner, die durch häufige Erfahrungen fich vo» der Wahr heit überzeugt hielten, Männer, denen der Herr Derfas« ser Glauben beizumeffen nicht zweifelte. Warum hat aber der Herr Verfasser diese Manner nicht genannt?— Ich habe selbst diese berühmtgewordene Arzenei ge braucht, aber bei der genauesten Beobachtung meines Gefichtes, auch nicht die allerkleinste Anlage zu einem Mohren gefunden. Dieser Arzenei verdanke ich, nächst Gott, meine Gesundheit, die schon seit vielen Jahren für mich verloren war. Schon in meinen JünglingsJahren hatte durch Kummer und Nachtwachen meine Gesundheit gelitten. Ich mußte aufs Land gehen, um sie wieder herznstellen. Ein Aufenthalt von einem Jahre auf dem Lande stellte die verlorne Gesundheit zwar in etwas wieder her, aber fie blieb doch so zerrüttet, daß ich nur periodenweise dies köstliche Erdengut genoß. Endlich durch anstrengende Amtsarbeiten, durch Besu chen der Lazarethe, durch andere Geschäfte, die ich über nahm, um das zu leisten, wozu hohe Pflichten mich auf-
( 14 ) anfforverten, und was ich ohne diese anstrengenden Ar beiten, als rcchtschafner Mann, als Gatte, als Water nicht hatte leisten können, wurde sie gänzlich zerrüttet.
Hitzige Fieber wechselten mit einander jährlich ab.
Ich war mehr als einmahl in Gefahr, Gattin und Kin
der in der bedamungswürdigsten Lage zurücklasscn zu müffel«, mehr als einmahl in Todesgefahr. wand aber alle diese Krankheiten.
Äh über
Endlich wurde ich
vor zwei Jahren von einem epidemische«« Fieber überfal
len, welches ich mir von dem Krankenbette eines Freun
des geholt hatte.
Acht Tage kämpfte ich mit Leben und
Tod, und erwartete ruhig, im Vertrauen auf Gott, daß
jeder« Augenblick das pvchendb Herz aufhören würde zu schlage».
Alle Hofuung war dahin, je wieder im Um
gänge mit Gattin und Kindern, des ErdenlebenS schön
ste Wonne, häusliche Glückseligkeit genießen zu können.
Aber der Ewige erhörte das Gebet derer, die mich lieb
ten.
Er sah die einsame- Thräne deS
mit Heldenmuth duldenden Gattin.
Er gebot dem En
gel des Todes, und er eilte vorüber. Nervensystem war zerrüttet.
Jammers der
Mein ganzes
Ich konnte nichts mit An
strengung denken,
ohne durch fürchterliche Krampfe ge
quält zu werden.
Fürchterliche Schreckensgestalten um
gaukelten mich, bange Vorstellungen quälten meine See
le.
In dieser traurigen Lage schlug der Herr Doktor
Weigel, nicht aus Eigennutz, mir die
wordene Arzenei vor.
so berühmtge
Neues Leben ergoß sich allmahlich
( 15 )
lich in alle Adern wieder. Wonne durchströmte mein Herz. Die Natur und das häusliche Leben lächelten mich wieder an. Das fürchterliche Ungeheuer, Hypo« choiidrie genannt, floh von hinnen. Ich habe nach die ser Krankheit seit zwei Jahren mit großer Anstrengung gearbeitet, und Arbeiten vollendet, die die festeste Ge sundheit erschüttern. Aber noch bin ich gesund. Ich fühle selten, nach den anstrengendsten Arbeiten, Ermaktnng. Langst glaubte ich jenes Vorurtheil, daß diese Ar zenei schwarzblau färbe, gänzlich auSgetilgt, und nur noch in Spinnstuben herrschend, wo man sich die gräuli che Mähr, vom schwarz gewordenen Pastor, bisweilen noch wohl erzählt. Um so auffallender war es mir, diese Sage in der Reisebeschreibung o) des Hu. Verfassers, mit allen den Anhängseln, die Madame Fa ma ihr geliehen hatte, wieder zu finden. Soweit wie meine Erfahrung reicht, ist nach lange anhaltendem Ge brauch keiner von der genannten Arzenei schwarzblan gefärbt worden. Ich selbst habe diese Arzenei lange gebraucht, aber noch nie habe ich Ursache gehabt, auf den Gedanken zu kommen, daß sie den Grund zu künfti gen Negern oder Negerinnen legen könne. Wenn die Arzenei dies bewürkte, so würden andere Reisende schon längst die Bemerkung gemacht haben: Wir sahen auf unserer Reise durch Pommern viele hun dert *) pag. 169.
( i6 )
6ert Menschen, die schwarzblauen Angesich
tes waren, und einem Mohren glichen, und Alle nicht durch die Natur, sondern durch die
Kunst, von dem Herrn Doktor Weigel, durch
seine Medikamente gefärbt.
Aber nie hat Je
mand irgend einen Menschen gefunden, der schwarzblau gewesen ist, und der Herr Verfasser würde gewiß nicht unterlassen haben, außer dem genannten Mann, noch
mehrere anfzuzählen.
v überzeugt von der Vortreflichkeit dieser Arzenei, habe ich sie vielen empfohlen, und mancher, der an tödli chen Krankheiten darnieder lag, und an dem die Aerzte
schon ihre ganze Kunst erschöpft hatten, ist dadurch dem
Grade entrissen wordeu.
Es würde mir ein Leichtes
seyn, dies, wenn es nicht zweckwidrig wäre, apodiktisch zu beweisen.
Ich halte es aber für unnöthig, da so
viele Hunderte hievon überzeugt find.
Die ganze Sage
von der schwarzblau machenden Kraft der Arzenei, ist aus luftigen Dünsten gewoben, und verfliegt bei genauer Untersuchung wie der Nebel vor der Sonne.
Ich ver
zeihe es dem Herrn Verfasser, daß er hier nicht Behut samkeit genug angewendet hak, das Für und Wieder die
ser Sache zu prüfen.
Auf Reisen bieten so tausend Ge
genstände sich dem forschenden Auge des Reisenden dar.
Manches wird gesagt, was der Reisende wehrt halt in sei nem Tagebuche ausgezeichnet zu werden, ohne immer ge hörige Zeit zu.haben, alles genau prüfen zu können. Der
Herr
( -7 ) Herr Verfasser erlaube es mir daher,
die Sage von der
berühmten Arzenei des Herrn Dokter Weigel etwas ge nauer zu zergliedern.
Wenn ich auch zngeben will, daß Titus und Sem-
Bronius, wahrend dcS Gebrauchs der berühmtgewvrdncir Arzenei, schwarzblau geworden sind, (welches doch erst erwiesen werde» muß,)
so folgt daraus nicht, daß die
Arzenei des Herrn Doktor Weigel den Titus und Sempronius schwarzblau gefärbt habe. ter:
Es folgt nichts wei
als Titus und Sempronins wurden schwarzblau,
wahrend des Gebrauches der genannten Arzenei.
Hatte
die berühmtgewordene Arzenei diese schwarzblaue Farbe be wirkt, so müßte diese Arzenei diese schwarzblau färbende
Kraft an allen den Personen,
und nicht blos an den
Herr» Titus und Sempronius, die dieselbe gebraucht,
bewiesen haben, und noch täglich beweisen. Die genann ten Personen haben diese Arzenei ja nicht allein gebraucht.
Die Erfahrung lehrt aber, daß sonst kein Mensch bei dem Gebrauch dieses Mittels schwarzblau geworden ist,
also kann in der Arzenei des Herrn Doktor Weigel die als wesentlich nicht lie
schwarzblau machende Kraft,
gen,
sondern der individuelle Instand des Kranken ist
die Ursache dieser besondern Farbe.
dies überzeugend ist,
Ich glaube, daß
und die Achtung,
die ich dem
Herrn Verfasser schuldig bin, erlaubt es mir nicht, die
Schließungs - Art derer zu zergliedern, B
die dem Herrn Der-
( 18 ) Ve-fasser diese Sage vvrgetragen haben. Schluß richtig: »end
Den« ist der
T'tus und Semproniuö sind,
des Gebrauchs der Arzenei,
wahr
schwarz geworden,
denn mehr kann nicht erwiesen werden; so kann ich auch
schließen,
dieweil
Thier ist,
zen
Bar
ein
brummend
alle Menschen tan
oder der Stock steht im Winkel,
lernen:
daher regnet e§.
daß,
mich gelehrt,
so
kel stand,
der
müssen
also
Denn die Erfahrung hak
da mein Stock im Win
stieg eine Regen- Wolke auf,
und es regnete sehr stark.
Ferne ist von wir jede Partheilichkeit.
fühl der Ueberzeugung nöthigt mich, vertheidigen,
Das Ge
diese Arzenei zu
da ich die herrlichsten Wü> klingen dieser
Arzenei gesehen habe.
Er,
der redliche, freundliche
Alte bedarf keiner Vertheidigung.
Wenn er anch hie
und da verkannt wird, wenn manche Eigenthümlichkei ten seines Charakters hin und wieder gemisdentet wer
den, wenn man hin und wieder über ihn nicht treffende
Urtheile fallet;
so wird die Zeit kommen, wenn sein
Gebein im Grabe, modert, wo mau seinen Verlust tief
empfinden,
und ihm das Unrecht abbitten wird, was
durch nicht richtige Urtheile ihm oft wiederfahren ist.
Jeder hat Fleisch unb Blut, wie Doktor Luther spricht; wenn man nur in seinen Busen greifen will; so wird
mau dies erfahren. fühl
( J9 ) Verzeihe es mir, lieber Leser, daß ich mit Warme
spreche,
und die Sprache des Sehers rede.
Vom Ge
fühl der Bewunderung hingerissen, kann ich nicht kalt vorübereilen,
ich muß dem Man», dessen tiefe Kennt
nisse in so manchen Fachern der Wissenschaften ich oft in der Einsamkeit bewundert habe,
und der als mein
Freund sich immer mir bewiesen, ein kleines Opfer mei nes dankbaren Herzens darbringen.
Es kommt aus der
Fülle eines Herzens, dem es schmerzt, seinen Freund verkannt, und diesen sich den Achzigeu nähernden Greis bei allem Spötteln so ruhig zu sehen.
Um
nuit die Sache der Wahrheit noch naher zn
bringen, und jenes Urtheil, was in der genannten Reisebeschreibung
über die berühmtgewördene Arzenei ge
fallt wird, ganz zu entkräften, und auch durch Wieder legung der angeführten Beispiele zn beweisen, daß sie nicht schwarzblau färbe, rst noch übrig, die angeführ ten Falle zu zergliedern,
und dem Publico vor Augen
zu legen.
Unter denen noch lebenden Personen, die als Be
weis ausgestellt werden, daß die genannte Arzenei den, der sie gebraucht,
schwarzblau färbe, wird pag. 170
ein Mann angeführt, den der Herr Verfasser nebst sei«
neu Begleitern in der Kirche gesehen haben will.
Die
ser Manu steht in der Kirche gewöhnlich mit dem Rücken
B 2
gegen
( 20 ) Die Lichtstrahlen, die, wenn ich nicht
gegen Mittag.
irre,
die Ursache der Farben sind, konnten das Gesicht
da der Herr Verfasser ihn sah, nicht
dieses Mannes, gehörig
sein Gesicht wurde also von dem
erleuchten;
Herrn Verfasser nur in einem gewisse» Helldunkel gese hen, worinn die Gegenstände uns nie so erscheinen alS
sie wirklich sind.
Mangel an Licht giebt den Dinge»
als sie sonst vermöge ihrer Be»
eine dunklere Farbe,
schaffenhcit bei mehrerem Lichte haben würden.
Die
berühmt gewordene Arzenei des Herrn Doktor Weigel war also
nicht die Ursache,
Manneö
schwarzblau
gel deS Lichts,
der
Herr
daß das Gesicht dieses
schien;
sondern
und der Standpunkt,
Verfasser
ihn
beobachtete.
der
Man
ans welchem Möchten dies
doch diejenigen, die noch an Beschreibungen ihrer Rei
beherzigen,
und sich für ähnliche Täu
schungen der Sinne hüten,
Uebrigens war die Zeit der
sen arbeiten,
Untersuchung zu kurz, um über eine solche Sache ent scheiden zu können.
Sollte auch nicht der Herr Verfas
ser seine» Begleitern vielleicht zu viel zugetrauet haben, da er, wenn ich nicht irre, selbst etwas kurzsichtig ist und auf den Reisen durch die "Insel Rügen sich auf
daö Urtheil seiner Gefährten beruft, die besser als er in die Ferne sehen? Begleitern:
Vielleicht sagte der Eine von seinen
Auch da steht ein Man», de» der Herr Doktor
*) pag. 289.
( 21 ) schwarzblau gefärbt hat.
Doktor Weigcl
sichksfarbe,
die dunkel ist,
Licht noch dunkler.
in seinem Tagebuche,
durch eine
schien ihm aus Mangel an
Der Herr Verfasser bemerkte also welches beobachtende Reisende ge
wöhnlich zu führen pflegen,
Pnblico
Seine Ge-
vorzüglich, wenn sie dem
Rcisebeschreibung
einige — an
genehme Stnnden machet« wollen:
wir sahe» selbst
einen Mann in der Kirche,
der diese Wür-
kung erfahren haben sollte