Mein erster Dienst - psychiatrische Notfälle [2., vollst. überarbeitete & aktualisierte Auflage] 3662629925, 9783662629925, 9783662629932

Dieses Büchlein hilft Ihnen, während Ihrer ersten Dienste in der Psychiatrie die Nerven zu behalten. Kurz und knapp bein

126 54 2MB

German Pages 220 Year 2021

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Table of contents :
Vorwort zur 1. Auflage
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
Literatur
2 Allgemeine Fertigkeiten
2.1  Vorbereitung auf den ersten Dienst
2.1.1  Zusammenarbeit mit dem Hintergrund
2.1.2  Einführung
2.1.3  Wann sollten Sie den Hintergrund darüber hinaus immer anrufen?
2.2  Übernahme von Patienten vom Rettungsdienst/Polizei
2.3  Anamnese und Diagnostik in der Notfallpsychiatrie
2.3.1  Allgemeine Tipps zur Gesprächsführung in Notfallsituationen
2.3.2  Strukturierte Erhebung einer psychiatrischen Anamnese
2.3.3  Screening neuropsychologischer Fähigkeiten
2.4  Konfliktdeeskalation und Fixierung
2.4.1  Konfliktdeeskalation ohne Zwangsmaßnahme
2.4.2  Grundhaltung bei drohenden Zwangsmaßnahmen
2.4.3  Ablauf einer Fixierung
Weiterführende Literatur
3 Akute Syndrome und deren Behandlung
3.1  Akute Erregung
3.1.1  Definition
3.1.2  Anamnese
3.1.3  Differenzialdiagnose
3.1.4  Therapie
3.2  Delirantes Syndrom
3.2.1  Definition
3.2.2  Anamnese
3.2.3  Differenzialdiagnose
3.2.4  Therapie
3.3  Suchtmittelintoxikation
3.3.1  Definition
3.3.2  Anamnese
3.3.3  Differenzialdiagnose
3.3.4  Therapie
3.4  Suchtmittelentzug (insbesondere Alkoholentzug)
3.4.1  Definition
3.4.2  Anamnese
3.4.3  Therapie
Verhinderung einer Wernicke-Enzephalopathie und eines Korsakow-Syndrom
Standardisierte Erhebung der Entzugssymptome
Beispiel einer symptomgetriggerten Behandlung
Ausnahmen für symptomgetriggerte Behandlung
Alkoholentzugsdelir
Entzugsbehandlung mit Clomethiazol
z Dosierung
3.4.4  Wissenswertes zum Entzug bei anderen Substanzen
Opiate
Benzodiazepine
3.5  Stupor und Katatonie
3.5.1  Einleitung
3.5.2  Depressiver Stupor
Katatoner Stupor
3.5.3  Dissoziativer Stupor
3.6  Suizidalität
3.6.1  Definition
3.6.2  Anamnese
3.6.3  Therapie
Absprachen treffen/Notfallplan aufstellen
Medikation
3.7  Psychotisches Syndrom
3.7.1  Definition
3.7.2  Anamnese
3.7.3  Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnose immunvermittelte Enzephalitis
3.7.4  Therapie
3.8  Manisches Syndrom
3.8.1  Definition
3.8.2  Anamnese
3.8.3  Differenzialdiagnose
z Einteilung von bipolar affektiven Störungen
z z Verlauf der Erkrankung
3.8.4  Therapie
3.9  Depressives Syndrom
3.9.1  Definition
3.9.2  Anamnese
3.9.3  Differenzialdiagnose
3.9.4  Therapie
3.10  Ängstlichkeit
3.10.1  Definition
3.10.2  Anamnese
3.10.3  Differenzialdiagnose
3.10.4  Therapie
3.10.5  Psychoedukation
3.11  Traumatisierung
3.11.1  Definition
3.12.2  Anamnese
3.12.3  Differenzialdiagnose
3.12.4  Therapie
3.13  Anspannung und Selbstverletzung
3.13.1  Definition
3.13.2  Anamnese
3.13.3  Differenzialdiagnose
3.15.4  Therapie
Literatur
4 Psychopharmakologie in der Notfallpsychiatrie
4.1  Nebenwirkungen in der Notfallpsychiatrie
4.1.1  Rezeptoren und zugehörige Haupt- und Nebenwirkungen
Monoamine: Serotonin, Noradrenalin, Dopamin
z 5-HT-1
z 5-HT-2
z 5-HT-3
4.1.2  Weitere wichtige Nebenwirkungen
Herzrhythmusstörungen (HRST)
Senkung der Krampfschwelle
Hautnebenwirkungen
4.1.3  Psychopharmaka-induzierte Notfälle
Agranulozytose
Frühdyskinesie
Anticholinerges Syndrom
Malignes Neuroleptisches Syndrom
Zentrales Serotoninsyndrom
4.2  Präparate in der Notfallpsychiatrie
4.2.1  Antipsychotika
Chlorprothixen (z. B. Truxal®)
Clozapin (z. B. Leponex®)
Haloperidol (z. B. Haldol®)
Levomepromazin (z. B. Neurocil®)
Melperon (z. B. Eunerpan®)
Olanzapin (z. B. Zyprexa®)
Pipamperon (z. B. Dipiperon®)
Zuclopenthixol (z. B. Ciatyl®)
Antipsychotika-Empfehlungen bei somatischer Komorbidität
Antipsychotika-Empfehlungen bei Schwangerschaft und Stillzeit
4.2.2  Antidepressiva
Selektive Serotonin Wiederaufnahmehemmer (Selective Serotonin Reuptake Inihibitors, SSRI)
Selektive Serotonin und Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer (Selective Serotonin and Noradrenaline Reuptake Inihibitors, SSNRI)
Trizyklische Antidepressiva (TZAs)
Antidepressiva-Empfehlungen bei somatischer Komorbidität
Antidepressiva-Empfehlungen bei Schwangerschaft und Stillzeit
4.2.3  Benzodiazepine
Diazepam (z. B. Valium®)
Lorazepam (z. B. Tavor®)
Äquivalenzdosen
Benzodiazepin-Empfehlungen bei Schwangerschaft und Stillzeit
4.2.4  Phasenprophylaktika
Lithium (z. B. Quilonum® oder Hypnorex®)
Valproat (z. B. Ergenyl® oder Orfiril®)
Phasenprophylaktika-Empfehlungen bei Schwangerschaft und Stillzeit
Literatur
5 Zwangsmaßnahmen in der Notfallpsychiatrie
5.1  Rechtsgebiete
5.1.1  Zivilrechtlich (BGB)
5.1.2  Öffentlich-rechtlich (z. B. PsychKG)
5.2  Übersicht
5.2.1  Einwilligungsfähigkeit
5.2.2  Vorgehen bei Zwangsmaßnahmen
5.3  Unterbringung
5.3.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
5.3.2  PsychKG
5.4  Fixierung
5.4.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
5.4.2  PsychKG
5.5  Zwangsbehandlung
5.5.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
5.5.2  PsychKG
5.6  Ablauf bei Fixierung und Zwangsmedikation
Literatur
Abkürzungen
Mini Mental Status Test
Liste der ICD-Codes
Telefonnummern
Stichwortverzeichnis
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Mein erster Dienst - psychiatrische Notfälle [2., vollst. überarbeitete & aktualisierte Auflage]
 3662629925, 9783662629925, 9783662629932

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Jan Philipp Klein Bastian Willenborg Eva Margaretha Klein

Mein erster Dienst – psychiatrische Notfälle 2. Auflage

Mein erster Dienst – psychiatrische Notfälle

Jan Philipp Klein · Bastian Willenborg · Eva Margaretha Klein

Mein erster Dienst – psychiatrische Notfälle 2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Jan Philipp Klein Klinik für Psychiatrie Universität zu Lübeck Lübeck, Deutschland

Bastian Willenborg Oberbergkliniken BerlinBrandenburg Wendisch Rietz, Deutschland

Eva Margaretha Klein Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Bonn Bonn, Deutschland ISBN 978-3-662-62992-5 ISBN 978-3-662-62993-2  https://doi.org/10.1007/978-3-662-62993-2

(eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über 7 http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2017, 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Katrin Lenhart Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

V

Vorwort zur 1. Auflage Dieses Buch versteht sich als Handbuch für psychiatrische Notfälle. Schritt für Schritt werden alle wichtigen Fertigkeiten für die Diagnostik und Behandlung dieser Notfälle erläutert. Damit richtet sich das Buch vor allem an Berufsanfänger in der Psychiatrie. Es ist aber genauso gut geeignet für alle, die einen gut sortierten und praxisnahen Überblick für die Arbeit mit Patienten in psychischen Krisensituationen brauchen: erfahrene Psychiater, Notfallmediziner, Pflegende und Studierende. Das Buch ist aus einem Kurs entstanden, welchen zwei von uns (Bastian Willenborg und Jan Philipp Klein) auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) gegeben haben. Dieser Kurs wurde im Rahmen des Nachwuchsprogramms der DGPPN angeboten, der Jungen Akademie. Motivation für den Kurs war, unser Wissen aus der Notfallmedizin und der Akutpsychiatrie an junge Kollegen weiterzugeben und sie damit für das Fach Psychiatrie zu begeistern. Diese Begeisterung für das Fach gelang zum Beispiel bei der dritten im Bunde (EMK). Sie nutzte das im Kurs vermittelte Wissen, um damit selbst ihren Berufseinstieg zu meistern. Gemeinsam entwickelten wir die Idee, aus diesem Kurs ein Buch zu machen, um auch anderen Berufsanfängern das für die psychiatrischen Dienste notwendige Wissen in übersichtlicher Form zur Verfügung zu stellen. Somit vereint das Buch die mehrjährige Erfahrung von zwei Fachärzten und den Blick für das Wesentliche einer Berufseinsteigerin, die mit diesem Wissen mittlerweile schon fast zwei Jahre lang Dienste sehr erfolgreich bewältigt hat. Wir danken den Teilnehmern unserer Kurse und den jungen Kollegen für die vielen Fragen, die sie uns gestellt haben. Diese Fragen haben unseren Blick auf das Fach Psychiatrie geschärft. Danken möchten wir auch unseren Patienten, die uns in Krisensituationen ihr Vertrauen geschenkt haben. Vor allem aber danken wir den folgenden Personen für die gründliche Durchsicht des

VI

Vorwort zur 1. Auflage

Manuskriptes und ihre außerordentlich hilfreichen Anmerkungen: Walter Klein, Ana Sofia Moncada Garay, Peter Neu, Marc Petit. Wir wünschen unseren Lesern viel Spaß bei der Lektüre dieses Buchs, Freude bei der Arbeit mit ihren Patienten und viel Erfolg in Ihren psychiatrischen Diensten. Jan Philipp Klein

Lübeck

Bastian Willenborg

Berlin

Eva Margaretha Klein

Bonn Frühjahr 2016

VII

Inhaltsverzeichnis 1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Allgemeine Fertigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . .  Vorbereitung auf den ersten Dienst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1  Zusammenarbeit mit dem Hintergrund. . . . . . . 2.1.2  Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3  Wann sollten Sie den Hintergrund darüber hinaus immer anrufen?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2  Übernahme von Patienten vom Rettungsdienst/Polizei. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3  Anamnese und Diagnostik in der Notfallpsychiatrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1  Allgemeine Tipps zur Gesprächsführung in Notfallsituationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2  Strukturierte Erhebung einer psychiatrischen Anamnese. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3  Screening neuropsychologischer Fähigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4  Konfliktdeeskalation und Fixierung. . . . . . . . . 2.4.1  Konfliktdeeskalation ohne Zwangsmaßnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2  Grundhaltung bei drohenden Zwangsmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3  Ablauf einer Fixierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.1

5 7 9 9 10 12 13 13 14 23 27 27 29 30 32

VIII

3

Inhaltsverzeichnis

Akute Syndrome und deren Behandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.1  Akute Erregung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2  Delirantes Syndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3  Suchtmittelintoxikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4  Suchtmittelentzug (insbesondere Alkoholentzug). . . . . . . . . . . . . . 3.4.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4  Wissenswertes zum Entzug bei anderen Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5  Stupor und Katatonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1  Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2  Depressiver Stupor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3  Dissoziativer Stupor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6  Suizidalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 37 37 39 39 45 45 46 47 48 49 49 49 51 51 55 55 56 57 66 69 69 69 71 71 71 72

Inhaltsverzeichnis

IX

3.6.3  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7  Psychotisches Syndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8  Manisches Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9  Depressives Syndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10  Ängstlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.5  Psychoedukation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.11  Traumatisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.11.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.13  Anspannung und Selbstverletzung. . . . . . . . . . 3.13.1  Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.13.2  Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.13.3  Differenzialdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

 75 77 77 79 79 83 84 84 86 87 88 90 90 91 91 91 97 97 98 99 102 102 105 105 106 106 108 112 112 114 115

X

Inhaltsverzeichnis

3.15.4  Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4

Psychopharmakologie in der Notfallpsychiatrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

4.1

 Nebenwirkungen in der Notfallpsychiatrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1  Rezeptoren und zugehörige Haupt- und Nebenwirkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2  Weitere wichtige Nebenwirkungen. . . . . . . . . . . 4.1.3  Psychopharmaka-induzierte Notfälle . . . . . . . . . 4.2  Präparate in der Notfallpsychiatrie. . . . . . . . . . 4.2.1  Antipsychotika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2  Antidepressiva. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3  Benzodiazepine. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4  Phasenprophylaktika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

126 126 133 139 143 143 155 159 163 167

Zwangsmaßnahmen in der Notfallpsychiatrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

5.1  Rechtsgebiete. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1  Zivilrechtlich (BGB). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2  Öffentlich-rechtlich (z. B. PsychKG) . . . . . . . . . . . 5.2  Übersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1  Einwilligungsfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2  Vorgehen bei Zwangsmaßnahmen. . . . . . . . . . . 5.3  Unterbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2  PsychKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4  Fixierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

171 171 173 173 173 174 176 180 181 184

Inhaltsverzeichnis

XI

5.4.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2  PsychKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5  Zwangsbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2  PsychKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6  Ablauf bei Fixierung und Zwangsmedikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

 184 184 185 185 185 190 192

Serviceteil Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mini Mental Status Test. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liste der ICD-Codes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Telefonnummern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194 196 198 207 209

1

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Einführung

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 J. P. Klein et al., Mein erster Dienst – psychiatrische Notfälle, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62993-2_1

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Kapitel 1 · Einführung

In diesem Buch finden Sie eine Einführung in psychiatrische Notfallsituationen: von der Beratung von Menschen in Krisensituationen bis zum lebensbedrohlichen Notfall. Das Ziel des Buchs ist es, angehenden Psychiatern, Rotanden aus der Neurologie und allen in der Notfallmedizin tätigen Ärzten, Rettungsdienstmitarbeitern und Pflegenden eine Orientierung zu geben für die Akutbehandlung der wichtigsten psychiatrischen Notfälle. Das Buch vermittelt alle Fertigkeiten, die für die Erstbehandlung des akut psychiatrisch erkrankten Patienten notwendig sind. Es ersetzt jedoch kein Lehrbuch der Akutpsychiatrie, weil Behandlungsalgorithmen, die über die Erstbehandlung hinausgehen, in diesem Buch weitestgehend fehlen. Das Buch ist so gestaltet, dass Sie Formulierungen für Notfallsituationen finden, die Sie unmittelbar verwenden können. Scheuen Sie sich nicht, auch in der Notfallsituation in das Buch zu schauen und ggf. auch daraus abzulesen. Erläutern Sie dabei dem Patienten, dass Sie jetzt noch einmal etwas nachschauen, um ihm bestmöglich helfen zu können. Das wirkt professionell und wird von Patienten eher nicht als»Unfähigkeit« gebrandmarkt. Wenn doch, haben Sie es wahrscheinlich mit einem manischen oder narzisstischen Patienten zu tun. Das Buch ist so aufgebaut, dass Sie zunächst einige allgemeine Fertigkeiten vermittelt bekommen, die sie für eine erfolgreiche Arbeit im psychiatrischen Notfalldienst brauchen. Dann werden die wichtigsten im Notfalldienst auftretenden psychiatrischen Syndrome ausführlich vorgestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Vorstellung der differenzialdiagnostischen Strategien und der Erstbehandlung. Abschließend finden Sie wichtige Informationen zur Psychopharmakologie im Notfalldienst und den rechtlichen Grundlagen der psychiatrischen Notfallbehandlung. Im Anhang finden Sie u. a. die wichtigsten ICD-Codes zur Diagnoseverschlüsselung und können alle für Sie wichtigen Telefonnummern eintragen.

1 Einführung

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Die Beschreibung und Diagnostik der psychischen Störungen in diesem Buch richtet sich nach der 5. Auflage des Diagnostic and Statistical Manual der American Psychiatric Association (DSM-5)(American Psychiatric Association 2013). In Deutschland sehr weit verbreitet ist auch die von der Weltgesundheitsorganisation entwickelte International Classification of Diseases (ICD-11). Diese ist für die Kodierung und Abrechnung von großer Bedeutung. Beide Klassifikationen sind sich sehr ähnlich. Im vorliegenden Buch wird – wenn nicht anders angegeben – auf die im DSM-5 beschriebenen diagnostischen Kriterien zurückgegriffen. Teilweise werden diese dabei leicht modifiziert, um die Umsetzung im Kontext der Notfallpsychiatrie zu erleichtern. Die Codes im Anhang richten sich nach dem für die Abrechnung relevanten ICD-10. Die Dosierungen und Therapieschemata in diesem Buch können nur allgemeine Empfehlungen sein. Bei deren Formulierung wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen. Dennoch kann für diese Angaben wie auch für alle anderen klinischen Empfehlungen in diesem Buch keine Gewähr übernommen werden. Die Dosierungen und Therapieschemata müssen immer auf den einzelnen Patienten abgestimmt werden. Es ist, insbesondere als Berufsanfänger, immer wichtig, sich auch nach den Gepflogenheiten im eigenen Haus zu informieren und im Zweifelsfall danach zu handeln. Bei Unsicherheiten kann jederzeit der Facharzt im Hintergrund angerufen werden. Die Literaturangaben in diesem Buch beschränken sich auf wenige Angaben, mit dem Ziel, dem interessierten Leser Anregungen zu geben, an welcher Stelle er die vermittelten Inhalte vertiefen kann. In diesem Buch wird im Sinne der besseren Lesbarkeit von Patienten, Ärzten usw. gesprochen, auch wenn selbstverständlich Patientinnen und Patienten und Ärztinnen und Ärzten gemeint sind. Abschließend noch eine wichtige Bitte: Unser Ziel beim Verfassen dieses Buchs war es, die Inhalte auszuwählen und

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Kapitel 1 · Einführung

zu präsentieren, die für Ihre Arbeit mit psychiatrischen Notfällen wichtig sind. Möglicherweise bleiben dennoch Fragen unbeantwortet oder Sie könnten Dinge finden, die Sie anders machen würden. Wenn das der Fall ist, dann teilen Sie uns das bitte mit. Entweder per Mail ([email protected]) oder auf der Facebook-Seite des Buchs, wo wir auftretende Fragen auch beantworten werden (7 www.facebook.com/ meinersterdienst).

Literatur American Psychiatric Association (2013) Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders: DSM-5. American Psychiatric Association Press, Arlington

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Allgemeine Fertigkeiten Inhaltsverzeichnis

2.1  Vorbereitung auf den ersten Dienst – 7 2.1.1  Zusammenarbeit mit dem Hintergrund – 9 2.1.2  Einführung – 9 2.1.3  Wann sollten Sie den Hintergrund darüber hinaus immer anrufen? – 10

2.2  Übernahme von Patienten vom Rettungsdienst/Polizei – 12 2.3  Anamnese und Diagnostik in der Notfallpsychiatrie – 13 2.3.1  Allgemeine Tipps zur Gesprächsführung in Notfallsituationen – 13

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 J. P. Klein et al., Mein erster Dienst – psychiatrische Notfälle, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62993-2_2

2.3.2  Strukturierte Erhebung einer psychiatrischen Anamnese – 14 2.3.3  Screening neuropsychologischer Fähigkeiten – 23

2.4  Konfliktdeeskalation und Fixierung – 27 2.4.1  Konfliktdeeskalation ohne Zwangsmaßnahme – 27 2.4.2  Grundhaltung bei drohenden Zwangsmaßnahmen – 29 2.4.3  Ablauf einer Fixierung – 30

Weiterführende Literatur – 32

2.1 · Vorbereitung auf den ersten Dienst

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2.1  Vorbereitung auf den ersten Dienst Machen Sie sich vor dem ersten Dienst mit den Gepflogenheiten in Ihrer Klinik vertraut. Am besten Sie gehen einen Dienst mit einem erfahrenen Kollegen mit. Achten Sie darauf, dass er Ihnen folgende Dinge zeigt:

z Abläufe in der Notaufnahme und bei Durchführung von Konsilen auf anderen Stationen Hier sind insbesondere Antworten auf folgende Fragen wichtig: Welche Dokumente im Krankenhausinformati­ onsystem müssen ausgefüllt werden? Wo sind diese zu finden? Haben Sie alle nötigen Berechtigungen?

z Notfalleinrichtungen in Ihrer Klinik Viele Notaufnahmezimmer verfügen über ein Notfallsystem, über das Sie Hilfe anfordern können, wenn Sie sich in einer Situation mit einem Patienten bedroht fühlen. Lassen Sie sich dieses System zeigen und auch erklären, wann und von wem Sie Hilfe erwarten können, wenn Sie dieses System auslösen. z Abläufe der stationären Aufnahme Wer muss informiert werden? Oft ist das der Arzt im Hintergrund. In jedem Fall sollte die aufnehmende Station eine kurze Zusammenfassung (schriftlich und mündlich) zur Erkrankung des Patienten und zum Aufnahmeanlass sowie eventuellen Gefahren bekommen. z Abläufe bei Unterbringung, Fixierung und Zwangs­ behandlung Welche Voraussetzungen müssen für die Unterbringung eines Patienten nach BGB oder PsychKG erfüllt sein (7 Kap. 5)? Wo finde ich die Dokumente zur Einrichtung eines PsychKG? Was

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2

Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

muss ich tun und dokumentieren? Wie läuft eine Fixierung in unserer Klinik ab? Wer unterstützt beispielsweise bei der Durchführung einer Fixierungsmaßnahme (7 Abschn. 2.5.2)? Unter welchen Voraussetzungen kann eine Zwangsbehandlung erfolgen (7 Abschn. 5.3)?

z Telefonnummern Wichtig sind Telefonnummern, u.a. vom Arzt im Hintergrund, den aufnahmeverpflichteten Kliniken in der Region und Kontaktdaten zu somatischen Fachdisziplinien (z. B. Innere Medizin oder Unfallchirurgie) bei somatischen Komplikationen (diese und weitere wichtige Rufnummern können Sie auch in die Liste am Ende des Buchs eintragen).

z Ablauf bei der Suche nach einem ambulanten Psycho­ therapeuten In vielen Städten bleibt nichts anderes übrig, als den Patienten darauf zu verweisen, im Internet nach einem Psychotherapeuten zu suchen. In anderen Städten gibt es aber auch Verbünde von Psychotherapeuten, die bei der Suche nach einem freien Psychotherapieplatz helfen. In jedem Fall sollte man suchenden Patienten empfehlen, sich bei mehreren Psychotherapeuten auf die Warteliste setzen zu lassen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, schnell einen Psychotherapeuten zu finden. Wenn diese Wege nicht zum Erfolg führen, kann der Patient sich auch an die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung wenden (diese sind bundesweit unter der Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 oder im Internet unter 7 www.eterminservice.de erreichbar).

2.1 · Vorbereitung auf den ersten Dienst

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Ausstattung für den Dienst Folgendes gehört in die Kitteltasche eines jeden psychiatrisch tätigen Arztes im Notfalldienst: 5 Auf der Zunge lösliche, sedierende Tabletten, z. B. Tavor expidet® (à 1 mg und 2,5 mg) – Bei stark erregten Patienten kann im Laufe eines Gesprächs gerade genug Vertrauen entstehen, dass die Patienten bereit sind, eine Medikation zu nehmen. Manchmal ist diese Bereitschaft jedoch bereits vorüber, wenn Sie das Zimmer verlassen, um eine Medikation zu holen. Manchmal sind Sie zu Konsilen auf der Station unterwegs, die nicht über schnell wirksame sedierende Medikation verfügen. Aus diesen Gründen kann es sehr hilfreich sein, immer einige wenige auf der Zunge lösliche Tabletten dabei zu haben. 5 Ein Kitteltaschenbuch oder eine Smartphone App (z. B. Arznei aktuell) zum Nachschlagen gängiger psychiatrischer und anderer Medikamente 5 Untersuchungslampe, Stethoskop und Reflexhammer 5 Dieses Buch :)

2.1.1  Zusammenarbeit mit dem Hintergrund 2.1.2  Einführung Sie schulden Ihrem Patienten keinen Erfolg der Behandlung. Wenn mal etwas schiefgeht, ist das also im rechtlichen Sinne

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Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

noch kein Behandlungsfehler. Aber: Auch wenn Sie (noch) kein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sind, müssen Sie in der Versorgung Ihrer Patienten den »Facharztstandard« gewährleisten. Das bedeutet: Sie müssen nach dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft arbeiten und die Behandlung so vornehmen wie ein sorgfältig arbeitender Facharzt. Das bedeutet konkret, dass Sie einen Facharzt hinzuziehen müssen, wenn Ihre Kenntnisse und Fertigkeiten für die Bewältigung einer konkreten Notfallsituation nicht ausreichend sind. In der Regel erfolgt dies durch telefonische Rücksprache mit dem Arzt, der im Hintergrund mit Ihnen zusammenarbeitet. 2.1.3  Wann sollten Sie den Hintergrund

darüber hinaus immer anrufen?

Hier sind die Gepflogenheiten von Klinik zu Klinik unterschiedlich. Erkundigen Sie sich vor dem ersten Dienst, was in Ihrer Klinik üblich ist. In vielen Kliniken wird beispielsweise erwartet, dass der Hintergrund immer angerufen wird bei 5 Beurteilung von suizidalen Patienten 5 Unterbringungen oder Zwangsbehandlungen 5 Neuaufnahmen. Im Folgenden sind in . Tab. 2.1 einige Situationen aufgeführt, in denen die Rücksprache mit dem Hintergrund notwendig sein kann. Sie können sich rechts ein Kreuz machen, wenn es in Ihrer Klinik verpflichtend ist, den Hintergrund in der genannten Situation anzurufen.

2.1 · Vorbereitung auf den ersten Dienst

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. Tab. 2.1  Situationen aufgeführt, in denen die Rücksprache mit dem Hintergrund notwendig sein könnte Situation Bei bereits aufgenommenen Patienten – Wunsch nach Beurlaubung – Patient kehrt nicht aus dem Ausgang zurück oder hat sich unabgesprochen von der Station entfernt – Einschätzung von Suizidalität – Durchführung einer Zwangsbehandlung – Entlassungswunsch (bei Patienten auf offener Station, auf geschützter Station oder bei Privatpatienten) – Gesetzliche Unterbringung von Patienten die zuvor auf freiwilliger Rechtsgrundlage behandelt wurden – Verlegung in eine somatische Klinik Bei Patienten in der Notaufnahme/im Konsil­ dienst – Diagnostische Unsicherheit – Einschätzung von Suizidalität – Empfehlung von Medikamenten – Entlassung aus der Notaufnahme – Stationäre Aufnahme – Einrichtung einer Zwangseinweisung

Pflicht, anzurufen?

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Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

2.2  Übernahme von Patienten vom

Rettungsdienst/Polizei

2

Wenn Sie einen Patienten vom Rettungsdienst oder der Polizei übernehmen, erheben Sie nach Möglichkeit wichtige Informationen bereits vor dem Patientenkontakt. In einigen Situationen sind die Patienten nicht willens oder in der Lage, Ihnen diese wichtigen Fragen zu beantworten. In diesem Fall können Rettungsdienst und Polizei die einzigen Informationsquellen sein.

Wichtige Fragen 5 Wer hat Vorstellung veranlasst? (Patient selbst? Andere?) 5 Warum ist die Vorstellung erfolgt? 5 Gab es Schwierigkeiten auf dem Transport/in der Wartezeit? 5 Gibt es Anhalt für Eigen- oder Fremdgefährdung? 5 Hat der Patient gefährliche Gegenstände bei sich? (Diese sollten dem Patienten von der Polizei abgenommen werden) 5 Gibt es Anhaltspunkte für eine Intoxikation? (z. B. leere Tablettenschachteln beim Auffinden des Patienten) 5 Gibt es Anhaltspunkte für eine Selbstverletzung?

2.3 · Anamnese und Diagnostik in …

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2

2.3  Anamnese und Diagnostik in der

Notfallpsychiatrie

2.3.1  Allgemeine Tipps zur Gesprächsführung

in Notfallsituationen

z 5 5 5 5

Vor dem Patientengespräch Stellen Sie sich immer vor mit Namen und Funktion Freundliche und empathische Haltung Gefährliche Gegenstände sichern Bestimmen Sie ggf. den Atemalkohol

z Patientengespräch 5 Seien Sie immer näher dran an der Tür als der Patient 5 Vergewissern Sie sich, dass Sie wissen, wie Sie zur Not Hilfe holen 5 Führen Sie Gespräche mit angespannten Patienten wenn möglich nicht alleine. Manchmal ist es nicht möglich, dass sie jemand begleitet, aber dadurch dass Sie um Hilfe gebeten haben, sind die anderen Teammitglieder informiert, dass Sie gerade ein schwieriges Gespräch führen und achten eher auf Hinweise, dass Sie Hilfe brauchen (z. B. wenn der Patient laut wird) 5 Bei angespannten und aggressiven Patienten Balance halten aus Grenzen setzen und Raum geben: Manchmal kann es wichtig sein, dem Patienten klare Grenzen zu setzen (»Sie kommen mir zu nahe, gehen Sie jetzt einen Schritt zurück!«), manchmal muss man dem Patienten auch Raum geben (»Ich merke gerade, dass Sie zu aufgebracht sind für ein Gespräch. Ich lasse Sie jetzt für kurze Zeit in Ruhe eine Zigarette rauchen und komme danach wieder zu Ihnen.«) 5 Wenn Sie in Not geraten, rufen Sie laut und deutlich »Hilfe« 5 Ihre Sicherheit geht vor, d.h., lassen Sie im Zweifelsfall einen Patienten auch laufen

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Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

2.3.2  Strukturierte Erhebung einer

psychiatrischen Anamnese

2

Das Entscheidende ist, dass Sie eine Struktur für die Anamneseerhebung haben. So stellen Sie sicher, dass Sie auch in schwierigen Situationen alle wichtigen Dinge erfragen. Bestimmte Fragen sollten Sie jedem Patienten gestellt haben. Andere Fragen werden abhängig von der Situation mal ausführlicher, mal kürzer abgehandelt. Im Folgenden finden Sie ein Beispiel für einen Ablauf der psychiatrischen Anamnese. Er basiert auf dem Prinzip der iterativen Hypothesenbildung. Bei der interativen Hypothesenbildung wird zunächst allgemein erhoben, was der Vorstellungsgrund für den Patienten ist (z. B.: »Ich kann mich zu nichts mehr aufraffen und gehe kaum noch aus dem Haus«). Auf Grundlage dieser Information bilden Sie eine Hypothese, an welcher Störung der Patient leiden könnte (z. B. depressive Episode). Diese Hypothese überprüfen Sie im weiteren Verlauf des Gesprächs, indem Sie systematisch die Kriterien für das Vorliegen dieser bestimmten psychischen Störung überprüfen (in diesem Fall durchgehend niedergedrückte Stimmung, Interessenlosigkeit, Wertlosigkeit etc.). Sollte sich Ihre Hypothese bestätigen, fragen Sie im nächsten Schritt nach wichtigen Komorbiditäten (bei einer Depression beispielsweise nach Angststörungen oder Abhängigkeitserkrankungen). Wenn sich Ihre Hypothese nicht bestätigt, überprüfen Sie im nächsten Schritt die Kriterien für wichtige Differenzialdiagnosen (wenn sich beispielsweise im Laufe des Gesprächs herausstellt, dass der Patient nicht aus dem Haus geht, weil er befürchtet, außerhalb der Wohnung durch »die Geheimdienste« bedroht zu werden, fragen Sie nach psychotischen Symptomen). Beginnen Sie das Gespräch immer mit einer kurzen Einführung: »Guten Tag, … (mit Namen ansprechen, auch um in einer vollen Notaufnahme den Patienten korrekt zu identifizieren). Mein Name ist … Ich bin Psychiater von Beruf und

2.3 · Anamnese und Diagnostik in …

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2

wurde gebeten, mit Ihnen zu sprechen, weil …«. Der Ablauf des Gesprächs gliedert sich dann in eine erste Phase mit kurzen, geschlossenen Fragen, auf die eine präzise Antwort erwartet wird (allgemeine Information zur Lebenssituation und Vorgeschichte). Dann erhält der Patient durch offene Fragen die Möglichkeit, etwas ausführlicher davon zu berichten, was ihn gerade belastet. Nach Stellung der Verdachtsdiagnose gehen Sie wieder zu stärker geschlossenen Fragen über, um Ihre Hypothese zu überprüfen und ggf. zu modifizieren. Diese unterschiedlichen Phasen sollten dem Patienten angekündigt werden: »Ich stelle ihnen zuerst ein paar allgemeine Fragen, mit der Bitte um eine kurze Antwort. Dann können Sie mir ausführlich berichten, was Sie herführt. Anschließend werde ich Ihnen einige konkretere Fragen dazu stellen, warum Sie hergekommen sind. Dabei kann es sein, dass ich Sie immer wieder unterbrechen muss, um Ihre Situation richtig einschätzen zu können. Sind Sie damit einverstanden?« Das im Folgenden dargestellte Interview geht davon aus, dass im Rahmen eines derart strukturierten Gesprächs alle für die Notfallversorgung wichtigen Aspekte des psychopathologischen Befundes erhoben werden. Es kann jedoch über die im Folgenden dargestellten Fragen hinaus wichtig sein, bestimmte Aspekte des psychopathologischen Befundes gezielt abzufragen. Das gilt insbesondere für die grobe Beurteilung von Orientierung, Konzentration und Merkfähigkeit sowie für die grobe Prüfung des formalen Denkens. Diese muss nicht zwingend bei jedem Patienten erhoben werden. Diese Fragen sind beispielsweise wichtig bei der Verdachtsdiagnose eines Delirs oder einer Schizophrenie. Sie finden diese Fragen in . Tab. 2.2. Den ausführlichen Mini Mental Status Test und dessen Auswertung zur Einschätzung des Schweregrades einer Demenz finden Sie im Anhang dieses Buchs. Die Fragen zur strukturierten Erhebung der Anamnese in . Tab. 2.2 dienen der Orientierung. Nicht immer können alle Themenbereiche angesprochen werden. Daher wurden

Mögliche Fragen zur Vertiefung

Hintergrund der Frage

Wie alt sind Sie?

Wie leben Sie?

Alter

Lebensumstände

Sind Sie alleinlebend? In einer festen Partnerschaft? Haben Sie Kinder? Leben Sie in betreuter Wohneinrichtung?

A

C

Herausfinden, in welches soziale Netz der Patient ggf. entlassen werden kann, wer unter Umständen eine Fremdanamnese geben kann oder bei Aufnahme informiert werden muss.

Priorität

Bei älteren oder schwer kranken Patienten bekommt man hier einen ersten Eindruck über deren Orientierung.

Lebensumstände des Patienten (geschlossene Fragen mit der Bitte um eine kurze, knappe Antwort [ca. 2 Minuten])

Formulierungs­ hilfe

2

Erhebungs­ ebene

. Tab. 2.2  Strukturierte Erhebung einer psychiatrischen Anamnese

16 Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

Sind Sie berufstätig?

Beruf/ Beschäftigung

Gelernter Beruf? Zuletzt berufstätig? Arbeitsunfähig? Erwerbsunfähig? Ggf. seit wann. Geschützte Beschäftigung?

Mögliche Fragen zur Vertiefung

Priorität C

Hintergrund der Frage Informationen über mögliche Auswirkungen der Erkrankung auf alltägliche Leistungsfähigkeit.

(Fortsetzung)

Vorerkrankungen des Patienten (geschlossene Fragen mit Bitte um kurze, knappe Antwort, ca. 3 Minuten, ggf. etwas mehr)

Formulierungs­ hilfe

Erhebungs­ ebene

. Tab. 2.2  (Fortsetzung)

2.3 · Anamnese und Diagnostik in …

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2

Ziel ist, bei jedem Patienten unabhängig von der im Vordergrund stehenden Problematik einen Eindruck vom Alkoholkonsum zu bekommen. Auf diese Weise kann man sicherstellen, dass man ggf. auf eine Entzugssymptomatik im Verlauf eines stationären Aufenthalts vorbereitet ist.

Kommt es vor, dass Sie mehr als fünf alkoholische Getränke auf einmal trinken? Waren Sie schon einmal zur Entgiftung? (Gegebenenfalls weiter mit den Fragen aus dem 7 Abschn. 3.3.)

Wie häufig tranken Sie in den letzten Wochen Alkohol? Und wie viel Alkohol trinken Sie dann?

B

B

Wenn bereits psychiatrische Vordiagnosen gestellt sind, ist es sinnvoll, dies von vornherein zu wissen. Dies erleichtert die weitere Anamneseerhebung erheblich. Außerdem ist es hilfreich zu wissen, ob der Patient ggf. in ambulante psychiatrische Behandlung entlassen werden kann.

Welche Diagnose wurde gestellt? Wie oft waren Sie in stationärer psychiatrischer Behandlung? Welche psychiatrische Medikation haben Sie zuletzt erhalten? Haben Sie einen ambulanten Psychiater oder Psychotherapeuten?

Wann waren Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung?

Psychiatrisch

Priorität

Hintergrund der Frage

Mögliche Fragen zur Vertiefung

Formulierungs­ hilfe

2

Erhebungs­ ebene

. Tab. 2.2  (Fortsetzung)

18 Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

A

Wie oft haben Sie versucht, sich das Leben zu nehmen? Wann zuletzt? Haben Sie in den letzten Tagen darüber nachgedacht, sich etwas anzutun? (Gegebenenfalls weiter mit Fragen aus dem 7 Abschn. 3.6.)

Gab es schon einmal eine Phase in Ihrem Leben, in der es Ihnen so schlecht ging, dass Sie nicht mehr leben wollten oder gar versucht haben, sich das Leben zu nehmen?

Zur Verhinderung eines vollendeten Suizides sollten alle Patienten auf mögliche Suizidgedanken angesprochen werden, damit bei bestehender Suizidalität entsprechende Maßnahmen getroffen werden können. Suizidale Patienten empfinden es oft bereits als Entlastung, wenn das Thema Suizidalität offen angesprochen wird.

B

Für jede Droge erheben: Wann haben Sie diese Droge zuletzt genommen? Wenn in den letzten Wochen zuletzt: Wie oft haben Sie diese Droge genommen? Und in welcher Menge?

Priorität

Haben Sie schon einmal Drogen genommen, beispielsweise Cannabis?

Hintergrund der Frage

Psychiatrisch

Mögliche Fragen zur Vertiefung

Formulierungs­ hilfe

Erhebungs­ ebene

. Tab. 2.2  (Fortsetzung)

2.3 · Anamnese und Diagnostik in …

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2

Haben Sie wichtige körperliche Erkrankungen?

Somatisch

Priorität A

Hintergrund der Frage Kurze Orientierung über somatische Erkrankung, um diese in der Stellung der Diagnose und Therapieplanung (z. B. Arzneimittelinteraktionen) ggf. berücksichtigen zu können.

Mögliche Fragen zur Vertiefung Nehmen Sie regelmäßig Medikamente? Haben Sie größere Operationen hinter sich? Leiden Sie an Allergien?

Wie lange geht es Ihnen schon so wie jetzt im Moment gerade? Können Sie einen Auslöser erkennen?

Bei Fremdmotivation: Was glauben Sie: Warum hat derjenige Sie dazu gedrängt, sich hier vorzustellen?

Weshalb haben Sie sich heute bei mir vorgestellt? Was belastet Sie im Moment am meisten?

Wer hat die Vorstellung hier veranlasst? Sie selbst oder jemand anders?

Nachdem Sie kurze Informationen über die Vorerkrankung gesammelt haben, können Sie sich ab jetzt darauf fokussieren, was aktuell am heutigen Tag zu der Vorstellung geführt hat. Versuchen Sie an dieser Stelle so präzise wie möglich herauszufinden, was zu der aktuellen Vorstellung geführt hat. Das ist Ihr Leitsymptom für die weitere Anamnese

B

A

Aktuelle Anamnese (offene Frage, geben Sie dem Patienten Raum, sein Anliegen darzustellen (ca. 5 Minuten)

Formulierungs­ hilfe

2

Erhebungs­ ebene

. Tab. 2.2  (Fortsetzung)

20 Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

Formulierungs­ hilfe

Mögliche Fragen zur Vertiefung

Hintergrund der Frage

Priorität

(Ab jetzt fragen Sie den Patienten nach dem Vorliegen von bestimmten Symptomen)

(Orientieren Sie sich bei den Fragen an den diagnostischen Kriterien, die Sie in 7 Kap. 3 finden.)

Häufig bekommen Sie auf eine erste Frage nach den diagnostischen Kriterien noch keine klare Antwort. Fragen Sie nach, bis Sie verstanden haben, ob das diagnostische Kriterium erfüllt ist. Manchmal ist das in der Notfallsituation aber auch nicht abschließend zu klären. Hier kommt es auf eine Balance zwischen Gründlichkeit und Effizienz an.

(Fortsetzung)

A

Iterative Hypothesenbildung (geschlossene Fragen, mit dem Ziel, die im Rahmen der auf der Grundlage der gerade gestellten Fragen gebildete Hypothese zu überprüfen [ca. 5 Minuten])

Erhebungs­ ebene

. Tab. 2.2  (Fortsetzung)

2.3 · Anamnese und Diagnostik in …

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2

Mögliche Fragen zur Vertiefung

Was erwarten Sie in dieser Situation von uns?

Was war Ihr Ziel, als Sie sich bei uns vorgestellt haben? Halten Sie selbst eine stationäre Aufnahme für nötig? Oder brauchen Sie nur eine Beratung zur Medikation oder Psychotherapie?

Übergang zur Erstellung des Behandlungsplanes (ca. 5 Minuten)

Fremdanamnese

Formulierungs­ hilfe

Im Sinne einer gemeinsamen Entscheidungsfindung (shared decision making) ist es wichtig, zunächst einmal herauszufinden, was der Patient eigentlich von Ihnen in der aktuellen Situation erwartet. Machen Sie ihm dann einen Behandlungsvorschlag.

Unter Umständen bekommen Sie vom Patienten selber nicht die für die Beurteilung der Notfallsituation nötigen Informationen. In diesem Fall kann es hilfreich sein, eine Fremdanamnese zu erheben. Hilfreiche Informationsquellen sind Polizei, Rettungsdienst und Angehörige/Freunde.

Hintergrund der Frage

A

C

Priorität

2

Erhebungs­ ebene

. Tab. 2.2  (Fortsetzung)

22 Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

2.4 · Konfliktdeeskalation und Fixierung

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2

die Fragen in dieser Tabelle nach drei Prioritätsstufen sortiert. Fragen mit der Priorität A sollten wenn möglich immer gestellt werden (d.h., man braucht einen guten Grund, sie nicht zu stellen), Fragen mit der Priorität B sollten meistens gestellt werden (d.h., sie gehören zum Routineablauf), Fragen mit der Priorität C sollten gestellt werden, wenn es die Umstände zulassen (d.h., sie sind hilfreich für ein erfolgreiches Gespräch, jedoch nicht essentiell). Auch die angegebenen Zeiten haben nur Orientierungscharakter. Zusammen gerechnet ergeben diese Zeiten 20 Minuten. Häufig kann eine psychiatrische Beurteilung in der Notfallsituation auch deutlich länger dauern. 2.3.3  Screening neuropsychologischer

Fähigkeiten

Zum Screening neuropsychologischer Fähigkeiten ist die Testung von Merkfähigkeit, Konzentration, Aufmerksamkeit und Abstraktionsfähigkeit sinnvoll (. Tab. 2.3). Eine Checkliste zum diagnostischen Prozess bei einer organisch bedingten psychischen Störung ist in . Tab. 2.4 zu sehen.

24

Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

. Tab. 2.3  Testung von Merkfähigkeit, Konzentration, Aufmerksamkeit und Abstraktionsfähigkeit

2

Neuropsychologische Fähigkeit

Mögliche Fragen

Merkfähigkeit, unmittelbare Wiedergabe (Testung z. B. bei V.a. Demenz)

»Ich möchte Sie bitten, sich jetzt drei Dinge zu merken: Aschenbecher, Oslo und die Zahl 53. Bitte wiederholen Sie jetzt diese der Dinge.« Der Patient sollte mehrere Chancen bekommen, sich alle drei Wörter einzuprägen. Für die Bewertung der unmittelbaren Wiedergabe wird jedoch nur die Anzahl der beim ersten Lerndurchlauf richtig widergegebenen Worte gewertet.

Konzentration (Testung bei verschiedenen psychischen Störungen, u.a. Demenz, Delir oder Psychose)

Serielle Substraktion: »Wir machen jetzt eine Rechenaufgabe. Ich bitte Sie von 100 die Zahl 7 abzuziehen. Bitte sagen Sie mir das Ergebnis laut.« Wenn der Patient das Ergebnis genannt hat, bitten Sie ihn, wieder die Zahl 7 von dem Ergebnis abzuzählen. Halten Sie nach fünf Subtraktionen an und zählen Sie die Anzahl der richtigen Antworten. Alternative: Lassen Sie sich das Wort RADIO rückwärts buchstabieren.

Merkfähigkeit, verzögerte Wiedergabe (Testung z. B. bei V.a. Demenz)

»Bitte nennen Sie jetzt die drei Wörter, die Sie sich vorhin merken sollten.«

2.4 · Konfliktdeeskalation und Fixierung

25

2

. Tab. 2.3  (Fortsetzung) Neuropsychologische Fähigkeit

Mögliche Fragen

Aufmerksamkeit (Testung z. B. bei V.a. Delir)

Eine Aufmerksamkeitsstörung kann man testen, indem man den Patienten bittet, die Hand des Untersuchers zu drücken, wenn er beim Buchstabieren des Wortes ANANASBAUM ein A hört. Als Fehler wird dabei gewertet, wenn der Patient bei einem A die Hand nicht drückt oder bei einem anderen Buchstaben als dem A die Hand drückt. Als auffällig gilt, wenn der Patient drei Fehler oder mehr macht.

Abstraktionsfähigkeit (Testung z. B. bei V.a. Psychose)

Sprichwörter erklären lassen: »Was meint man mit dem Sprichwort: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein?« Oder: »Was ist der Unterschied zwischen einer Lüge und einem Irrtum?« (Diese Frage hat zum Ziel festzustellen, ob der Patient erkennt, dass die Lüge eine absichtliche Falschaussage, der Irrtum aber eine Falschaussage ohne entsprechenden Vorsatz ist.)

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Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

. Tab. 2.4  Checkliste zum diagnostischen Prozess bei einer organisch bedingten psychischen Störung

2

Anamnese und Befund

Hierzu gehören die körperliche, neurologische und psychiatrische Untersuchung mit psychopathologischen Befund. Als Hilfsmittel können der Mini Mental Status Test oder die Confusion Assesment Method (CAM) erfolgen

Körpertemperatur Labor

Metabolische Störungen: Glukose, Ammoniak, Harnstoff, Kreatinin Elektrolytstörungen: vor allem Natrium und Kalium Hypovitaminosen: Vitamin B12, Thiamin Infektionen: Blutbild (Leukozytose?), CRP Toxikologie: Alkohol, Digitalis, Lithium etc. Schilddrüsenfunktion: TSH, ggf. periphere Schilddrüsenhormone

Infektsuche

Blutkulturen Urin: U-Status, Urinkultur Röntgen-Thorax CAVE: Blutkulturen und Urinkultur unbedingt vor Anordnung einer (empirischen) Antibiose abnehmen

EKG cCT EEG Liquoruntersuchung

Ausschluss eines nicht-konvulsiven Status epilepticus

2.4 · Konfliktdeeskalation und Fixierung

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2.4  Konfliktdeeskalation und Fixierung 2.4.1  Konfliktdeeskalation ohne

Zwangsmaßnahme

Wenn Sie gut mit dem Pflegepersonal auf der Akutstation zusammenarbeiten, ist es oft möglich, eine Zwangsmaßnahme (Fixierung oder Zwangsmedikation) zu umgehen. Im Folgenden finden Sie einige Anregungen zur Konfliktdeeskalation: 5 Den Patienten darauf aufmerksam machen, dass sein gegenwärtiges Verhalten bedrohlich wirkt, und ihn bitten, sich weniger bedrohlich zu verhalten (»Sie kommen mir zu nahe, das wirkt auf mich bedrohlich, bitte gehen Sie einen Schritt zurück«). 5 Den Patienten fragen, was er braucht, um die Situation zu deeskalieren (»Was könnte Ihnen helfen, etwas zur Ruhe zu kommen?). Mögliche Maßnahmen: – Das Arztgespräch auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, zu dem der Patient sich etwas beruhigt hat. – Dem Patienten etwas zu trinken anbieten (evtl. sogar etwas zu essen). – Dem Patienten die Möglichkeit geben, eine Zigarette zu rauchen. – Dem Patienten Bewegung ermöglichen, beispielsweise im Garten der Station wenn dieser sicher eingezäunt ist. – Dem Patienten eine Rückzugsmöglichkeit anbieten, z. B. auf dem Zimmer oder im Patientenaufenthaltsraum. – Dem Patienten eine Medikation anbieten. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von weiteren verbalen Strategien zur Konfliktdeeskalation. Diese werden in . Tab. 2.5 übersichtlich zusammengefasst. Nur wenn diese Strategien der Konfliktdeeskalation nicht ausreichend wirksam sind, sollte auf Zwangsmaßnahmen zurückgegriffen werden.

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Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

. Tab. 2.5  Konkretes Vorgehen bei der Konfliktdeeskalation

2

Regel

Formulierungsvorschlag

Halten Sie mindestens zwei Armlängen Abstand zum Patienten Vermeiden Sie provokative Aussagen und Körperhaltungen

„Wir wollen Ihnen helfen, die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen“

Bleiben Sie mit dem Patienten im Gespräch Verwenden Sie einfache Sätze und wiederholen Sie sich wenn nötig Sprechen Sie Gefühle und Bedürfnisse an

„Sie wirken sehr aufgebracht“ oder „Gibt es etwas, was ich für Sie tun kann?“

Hören Sie dem Patienten zu und machen Sie deutlich, dass Sie ihn verstehen

„Ich habe verstanden, dass Sie glauben, von Außerirdischen gefoltert zu werden“

Finden Sie etwas, indem Sie ihrem Patienten zustimmen können

„Ich glaube Ihnen, dass Sie sich extrem gequält fühlen“

Setzen Sie klare Grenzen

„Ihr Verhalten ist sehr bedrohlich und ich werde nicht zulassen, dass hier jemand zu Schaden kommt“

Lassen Sie den Patienten mit entscheiden

„Wollen Sie in den Ruheraum oder eine Medikation einnehmen?“

2.4 · Konfliktdeeskalation und Fixierung

29

2

2.4.2  Grundhaltung bei drohenden

Zwangsmaßnahmen

Zwangsmaßnahmen wie die Zwangsunterbringung und die Zwangsbehandlung von Patienten sollten immer das Mittel der letzten Wahl in der Behandlung psychisch kranker Menschen sein, da sie Eingriffe in die Grundrechte der Patienten darstellen. Aus diesem Grund können Zwangsmaßnahmen nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen durchgeführt werden. Diese finden Sie in 7 Kap. 5 beschrieben. Vor Anwendung von Zwangsmaßnahmen sollten Sie stets versuchen den Patienten zu motivieren, freiwillig in die Behandlung einzuwilligen. Versuchen Sie daher, auch in angespannten Situationen immer die Ruhe zu bewahren und den Patienten die Entscheidung über das Vorgehen zu lassen.

z Medikation Das kann bei einer indizierten medikamentösen Behandlung beispielsweise so aussehen: »Ich sehe, dass Sie sehr angespannt und aggressiv sind. Es ist wirklich wichtig, dass Sie jetzt eine Medikation bekommen, damit es Ihnen bald besser geht und die Menschen in Ihrer Umgebung nicht zu Schaden kommen. Mir ist es gleichzeitig auch wichtig, eine Zwangsmedikation zu vermeiden. Ich bitte Sie daher, diese Medikation jetzt zu nehmen.« Dabei ist es oft hilfreich, nach jedem Satz eine Pause zu machen und zunächst die Reaktion des Patienten abzuwarten. Beim Weitersprechen sollte man versuchen, sich auf die Antwort des Patienten zu beziehen: »Ich habe verstanden, dass Sie wirklich große Angst vor der Medikation haben. Im Moment ist diese jedoch dringend notwendig, damit Sie sich und andere nicht gefährden«. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, den Patienten bei der Auswahl des Medikamentes mit einzubeziehen: „Wollen Sie lieber Medikament X oder Medikament Y? Welches hat Ihnen in der Vergangenheit besser geholfen?“.

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Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

z Unterbringung

2

Bei einer anstehenden Unterbringung könnte man das so formulieren: »Nach meiner Einschätzung sind Sie in großer Gefahr. Es ist mir daher wirklich wichtig, dass Sie in der Klinik bleiben. Ich habe verstanden, dass Sie das nicht möchten. Ich darf mich nicht einfach so über Ihren Willen hinwegsetzen. Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder wir einigen uns darauf, dass Sie freiwillig hierbleiben, oder ich würde veranlassen, dass morgen ein Richter kommt und die Sache entscheidet. Dabei würde ich ihm vortragen, warum ich denke, dass Sie in der Klinik bleiben müssen. Und Sie können vortragen, warum Sie nach Hause gehen wollen. Der Richter wird dann eine Entscheidung treffen, wie es weitergeht.« 2.4.3  Ablauf einer Fixierung

z Vorbereitungsphase Eine Fixierung sollte nur erfolgen, wenn eine akute Gefahr nicht anders als durch eine Fixierung abwendbar ist und ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht (z. B. sehr stark angespannter Patient, der sich bedrohlich vor Mitpatienten aufstellt und verbal nicht mehr zugänglich ist). Vorher sollten Alternativen zur Fixierung erwogen werden (siehe 7 Abschn. 2.4.1) Selbst wenn man sich für eine Fixierung entscheidet, muss nur in den allerwenigsten Situationen unmittelbar gehandelt werden. Meist ist ausreichend Zeit, eine Fixierung kurz vorzubereiten. Diese Vorbereitung erhöht die Sicherheit der Fixierung. Die Klärung der rechtlichen Grundlage der Fixierung (Zwangsunterbringung) kann bei Gefahr im Verzug auch unmittelbar nach der Fixierung erfolgen. Vorbereitung des Fixierbetts und der Medikation Sicherstellung, dass ausreichend Personal für die Fixierung anwesend ist (ggf. Amtshilfe durch die Polizei anfordern): Nach

2.4 · Konfliktdeeskalation und Fixierung

31

2

Möglichkeit sollten sechs Personen bei der Fixierung mitwirken: eine Person für jede Extremität, eine zur Sicherung des Kopfes und eine als Ansprechpartner für den Patienten. – Festlegung der Aufgabenverteilung: Eine Person ist der Ansprechpartner für den Patienten und leitet die Fixierung. Diese Aufgabe sollte jemand mit Fixierungserfahrung übernehmen, das kann ein Arzt sein, kann aber auch ein Pfleger sein. Wenn nicht mit den Abläufen vertraute Menschen an der Fixierung beteiligt sind, sollte der Ablauf einer Fixierung noch einmal kurz erläutert werden. Wenn Amtshilfe durch die Polizei angefordert wurde, ist es besonders wichtig, festzulegen, wer die Fixierung leitet: Mitarbeiter der Klinik oder die Polizei. Schutz unbeteiligter Personen (vor allem Mitpatienten) sicherstellen, diese sollen sich nicht in der Nähe der Fixierung aufhalten.

z Fixierungsphase Auf den Patienten zugehen und ruhig erklären, was passieren soll. – Auch in dieser Phase ist es wichtig, die Autonomie des Patienten so gut wie möglich zu wahren. Viele Patienten sind bereits von dem Aufgebot an Personal sehr beeindruckt und legen sich auf Bitte freiwillig in das Fixierbett. Nur ein Teil der Patienten müssen tatsächlich überwältigt werden. Auf ein Signal des Leiters der Fixierung greifen alle Beteiligten jeweils die vereinbarte Extremität. Der Patient wird zum Bett gebracht und im Bett fixiert. – Bei der Fixierung im Bett kann es hilfreich sein, das eigene Körpergewicht zu nutzen. Beugen Sie sich mit ausgestreckten Armen über das Knie oder die Schulter des Patienten, um diesen auf dem Bett festzuhalten. Zum Schutz desjenigen, der die Schulter festhält, ist es wichtig, dass der Kopf des Patienten seitlich festgehalten wird (sonst kann es passieren, dass der Patient zubeißt). Beim Festhalten des Kopfes muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Atemwege des Patienten zu jedem Zeitpunkt frei bleiben. Denken Sie bitte auch in dieser Phase der Fixierung

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2

Kapitel 2 · Allgemeine Fertigkeiten

daran: Das Ziel der Fixierung ist es, für Sicherheit zu sorgen, nicht den Patienten niederzuringen. Alle Verhaltensweisen des Patienten, die zur Sicherheit beitragen (z. B. freiwilliges InsBett-Legen nach erstem Zugriff), sollten – soweit möglich – unterstützt und ermöglicht werden. Verabreichung der Medikation: Zur Art und Dosierung der Medikation 7 Kap. 3, zu den rechtlichen Grundlagen einer eventuellen Zwangsmedikation 7 Kap. 5.

z Nachbereitungsphase Der Leiter der Fixierung erläutert dem Patienten in Ruhe, was passiert ist und wie es mit ihm weitergehen wird. Sicherstellung der kontinuierlichen Überwachung des Patienten für die Dauer der Fixierung: Dies bedeutet in den meisten Fällen eine Sitzwache (kontinuierliche Beobachtung und regelmäßige Kontrolle der Vitalparameter). Spätestens nach Abschluss der Fixierung muss die rechtliche Grundlage der Fixierung geklärt werden (7 Kap. 5). Idealerweise wird dies schon vor der Fixierung geklärt, das ist bei angespannten Situationen allerdings nicht immer möglich. Bei Fixierung, welche länger als nur wenige Stunden dauert, muss eine Thromboseprophylaxe angeordnet werden. Eine Fixierung muss, auch in der Art ihres Umfangs (z. B. 3-Punkt- oder 5-Punkt-Fixierung), schriftlich ärztlich angeordnet, dokumentiert und überwacht werden. Die Fixierung muss aufgehoben werden, sobald die Voraussetzungen entfallen, die zur Fixierung geführt haben.

Weiterführende Literatur Neu P (2016) Akutpsychiatrie. Das Notfall-Manual, Schattauer, Stuttgart

33

3

Akute Syndrome und deren Behandlung Inhaltsverzeichnis

3.1  Akute Erregung – 37 3.1.1  Definition – 37 3.1.2  Anamnese – 37 3.1.3  Differenzialdiagnose – 39 3.1.4  Therapie – 39

3.2  Delirantes Syndrom – 45 3.2.1  Definition – 45 3.2.2  Anamnese – 46 3.2.3  Differenzialdiagnose – 47 3.2.4  Therapie – 48

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 J. P. Klein et al., Mein erster Dienst – psychiatrische Notfälle, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62993-2_3

3.3  Suchtmittelintoxikation – 49 3.3.1  Definition – 49 3.3.2  Anamnese – 49 3.3.3  Differenzialdiagnose – 51 3.3.4  Therapie – 51

3.4  Suchtmittelentzug (insbesondere Alkoholentzug) – 55 3.4.1  Definition – 55 3.4.2  Anamnese – 56 3.4.3  Therapie – 57 3.4.4  Wissenswertes zum Entzug bei anderen Substanzen – 66

3.5  Stupor und Katatonie – 69 3.5.1  Einleitung – 69 3.5.2  Depressiver Stupor – 69 3.5.3  Dissoziativer Stupor – 71

3.6  Suizidalität – 71 3.6.1  Definition – 71 3.6.2  Anamnese – 72 3.6.3  Therapie – 75

35

3.7  Psychotisches Syndrom – 77 3.7.1  Definition – 77 3.7.2  Anamnese – 79 3.7.3  Differenzialdiagnose – 79 3.7.4  Therapie – 83

3.8  Manisches Syndrom – 84 3.8.1  Definition – 84 3.8.2  Anamnese – 86 3.8.3  Differenzialdiagnose – 87 3.8.4  Therapie – 88

3.9  Depressives Syndrom – 90 3.9.1  Definition – 90 3.9.2  Anamnese – 91 3.9.3  Differenzialdiagnose – 91 3.9.4  Therapie – 91

3.10  Ängstlichkeit – 97 3.10.1  Definition – 97 3.10.2  Anamnese – 98 3.10.3  Differenzialdiagnose – 99 3.10.4  Therapie – 102 3.10.5  Psychoedukation – 102 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 J. P. Klein et al., Mein erster Dienst – psychiatrische Notfälle, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62993-2_3

3.11  Traumatisierung – 105 3.11.1  Definition – 105 3.12.2  Anamnese – 106 3.12.3  Differenzialdiagnose – 106 3.12.4  Therapie – 108

3.13  Anspannung und Selbstverletzung – 112 3.13.1  Definition – 112 3.13.2  Anamnese – 114 3.13.3  Differenzialdiagnose – 115 3.15.4  Therapie – 116

Literatur – 122

3.1 · Akute Erregung

37

3

3.1  Akute Erregung 3.1.1  Definition Akute Erregung kann viele Ursachen und Ausdrucksformen haben. Die Ausdrucksformen reichen von agitiertem Verhalten (Auf- und Ablaufen, heftiges Gestikulieren) über körperliche bzw. verbale Aggression (Ballen der Fäuste, Schlagen der Türen bzw. der Ankündigung»Ich schlag Dich zusammen«) bis hin zu gewalttätigem Verhalten (tatsächlichem Zuschlagen oder Zerstörung von Gegenständen). Diese Phasen können rasch und manchmal auch unvermittelt ineinander übergehen. Das Ziel dieses Kapitels ist es, einen Überblick über die wichtigsten Ursachen und über das akute Management zu geben. 3.1.2  Anamnese Das Wichtigste im Umgang mit akut erregten Patienten ist es, selbst ruhig zu bleiben. Eine geordnete Anamnese ist oft nicht möglich. Aus der Beobachterperspektive ist die Ursache für die Erregung oft nicht oder nur schwer nachvollziehbar. Versuchen Sie, sich in die Situation des Patienten hineinzuversetzen. Das hilft Ihnen, die Situation zu beruhigen und einer Diagnose näher zu kommen (s. a. 7 Abschn. 2.5 „Konfliktdeeskalation“). Wenn der Patient beispielsweise ängstlich erregt wirkt, fragen Sie danach, was ihm Angst macht. Bekommen Sie darauf noch keine klare Antwort, können Sie weiterfragen, z. B.:»Ich kenne Menschen, die wie Sie große Angst haben, weil sie den Eindruck haben, dass andere ihnen übel wollen, wie sieht das bei Ihnen aus?« Wenn Sie einen Grund für die Angst gefunden haben, kann es hilfreich sein, diese zu validieren:»Ich kann gut

38

3

Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

nachvollziehen, dass Sie so erregt sind, wenn Sie glauben, dass das FBI hinter Ihnen her ist.« Wichtige Informationen über die Ursache der Erregung bekommen Sie häufig nicht vom Patienten selbst, sondern im Rahmen der Fremdanamnese, beispielsweise von Angehörigen oder Zeugen der zur Aufnahme führenden Situation (in der Regel Polizei oder Rettungsdienst). Versuchen Sie, entweder vom Patienten selbst oder im Rahmen der Fremdanamnese zu folgenden Punkten Auskunft zu bekommen. Wenn Sie dabei Hinweise auf das Vorliegen einer konkreten psychischen Störung bekommen, stellen Sie gegebenenfalls konkretere Fragen. Diese finden Sie in den folgenden syndromorientierten Kapiteln (z. B. 7 Abschn. 3.7 „Psychotisches Syndrom“).

z Gefahrenabschätzung 5 Hat der Patient sich oder andere gefährdet? 5 Durch welches Verhalten hat der Patient andere gefährdet? 5 Ist jemand zu Schaden gekommen? Oder war jemand unmittelbar gefährdet und konnte nur knapp geschützt werden? 5 Gab es eine Waffe, ein Messer oder einen anderen gefährlichen Gegenstand? Wo ist dieser Gegenstand jetzt?

z 5 5 5

Ätiologische Einordnung Ist bei dem Patienten eine psychische Erkrankung bekannt? Wie lange hält der aktuelle Zustand bereits an? Hat der Patient sich bereits vor der aktuellen Situation verändert? Wenn ja: wie? 5 Gibt es Hinweise darauf, dass der Patient kurz vor Auftreten der akuten Situation Drogen genommen hat? Oder hat er lange Zeit Alkohol getrunken und die Trinkmenge reduziert oder mit dem Trinken aufgehört?

3.1 · Akute Erregung

39

3

3.1.3  Differenzialdiagnose Die folgenden beiden Abbildungen helfen Ihnen in der differenzialdiagnostischen Einordnung häufiger Ursachen akuter Erregung (. Abb. 3.1 und 3.2). Weitere Informationen zu den einzelnen Syndromen finden Sie in den darauffolgenden Kapiteln. 3.1.4  Therapie Zur Konfliktdeeskalation und Fixierung 7 Abschn. 2.5.

z Medikation Nicht immer wird es in der Akutsituation möglich sein, eine genaue Diagnose zu stellen, bevor eine Medikation gegeben wird. Und nicht immer wird der Patient die Medikation freiwillig nehmen. Versuchen Sie nach Möglichkeit jedem Patienten die Chance zu geben, eine Medikation freiwillig einzunehmen (7 Abschn. 2.5.1). Das Vorgehen bei einer eventuell notwendig werdenden Fixierung finden Sie in 7 Abschn. 2.5.2.

z Akutbehandlung Die hier aufgeführten Medikamente können oral oder parenteral verabreicht werden. Ihr Einsatz eignet sich sowohl als Bedarfsmedikation als auch als feste Medikation für die ersten Tage der Behandlung. Bei sehr stark agitierten Patienten (insbesondere bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung) ist eine Kombinationsbehandlung üblich, bestehend aus einem Antipsychotikum (z. B. Haloperidol) und einem Benzodizapin (z. B. Diazepam). Das Ziel dieser Kombinationstherapie ist die möglichst rasche Reduktion der starken Erregung (. Tab. 3.1). Dieses Vorgehen wird auch als „rapid tranquilization“ bezeichnet.

• desorientiert • Suggestibilität • Situationsverkennung • Vegetative Stimulation

Alkoholentzugsdelir

. Abb. 3.1  Akute Erregung beim erwachsenen Patienten

• distanzgemindert • Foetor alcoholicus • affektlabil

Alkoholintoxikation

• impulsiv • angespannt • Dissoziation

Persönlichkeitsstörung

• Rededrang • Größenideen

Manie

Drogenintoxikation • Misstrauen • kurze Anamnese • bizarres Verhalten

Schizophrenie

Psychotisch (Wahn, Halluzination), Desorganisation oder Katatonie

3

Alkohol

Akute Erregung bei erwachsenen Patienten

40 Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

• Desorientierheit längerer Dauer • Gelegentlich wahnhafte Verarbeitung mnestischer Defizite (»bin beklaut worden«)

• Desorientiertheit kurzer Dauer • Nestelnd • Fluktuation im Tagesverlauf Alkohol

Persönlichkeitsstörung

Manie

Eine der oben genannten Erkrankungen

Psychose 41

. Abb. 3.2  Akute Erregung beim älteren Patienten

Demenz

Delir

Akute Erregung bei älteren Patienten

3.1 · Akute Erregung

3

3

oral

i.m

inhalativ

oral (z. B. Zyprexa velotabs®)

i.m

Haloperidol

Loxapin

Olanzapin

Olanzapin

Applikationsform

Haloperidol

Antipsychotika

Wirkstoff

10 mg

5–10 mg

9,1 mg

5–10 mg

5–10 mg

Anfangsdosis

Nach 2 h Wiederholung möglich, max. 3 Injektionen/ Tag und max. an 3 aufeinanderfolgenden Tagen

Nach 2 h

Nach 30 min, ggf. auch Verdopplung der Dosis möglicha

Wiederholung

(Fortsetzung)

20 mg

30–40 mg

18,2 mg

20 mgb

20 mg, ältere Patienten: 5 mg

Höchstdosis/ Tag

. Tab. 3.1  Medikationsempfehlungen in der Behandlung von akut erregten Patienten (s. a. Hirsch und Steinert 2019)

42 Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

4 × 300 mg

1–2,5 mg

5–10 mg

Anfangsdosis

Bei Bedarf 3 × 400 mg

Nach 2 h

Wiederholung

2400 mg

10 mg

40 mg

Höchstdosis/ Tag

Fachinformation ist eine Wiederholung erst nach 12 h möglich, andere Quellen empfehlen die Wiederholung bereits deutlich früher, z. B. nach 15 oder 30 min. bAbhängig von der Quelle werden auch deutlich höhere maximale Tagesdosen von 40 bis 60 mg beschrieben.

aLaut

Valproat

oral oder i.v

oral, ggf. Schmelztablette

Lorazepam

Antikonvulsiva

oral oder i.m

Applikationsform

Diazepam

Benzodiazepine

Wirkstoff

. Tab. 3.1  (Fortsetzung)

3.1 · Akute Erregung

43

3

44

Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

Clozapin und Olanzapin i.m. sollten nur vorsichtig mit Benzodiazepinen kombiniert werden, weil sich deren sedierende Wirkung gegenseitig verstärkt und dann Patienten rasch deutlich vigilanzgemindert sein können. Schlimmstenfalls entsteht dadurch eine Atemdepression (7 Abschn. 4.2.1).

3

z Mittelfristige Behandlung Wenn möglich, sollte eine wiederholte Zwangsmedikation verhindert werden. Wenn also bei Durchführung einer Zwangsmaßnahme bereits erkennbar ist, dass eine Gefahrensituation durch einmalige Applikation einer Medikation nicht abgewendet werden kann, sollte eine i.m.-Medikation mit Zuclopenthixol erwogen werden. Diese wirkt für mehrere Tage sedierend und antipsychotisch: i Zuclopenthixol-Acetat (Ciatyl-Acuphase®): 75–150 mg

i.m.; Eigenschaften: verzögerter Wirkeintritt, Wirkung über drei Tage (Details 7 Abschn. 4.2.1).

z Ältere Patienten Bei der Behandlung älterer Patienten sollten Wirkstoffe gewählt werden, die wenig anticholinerg wirken. Denn anticholinerg wirkende Medikamente können bei älteren Patienten ein Delir (und damit Unruhe und Erregung) auslösen oder verschlimmern. Der im folgenden dargestellte Algorithmus orientiert sich an Empfehlungen für die Behandlung von Agitation und Aggression bei dementen Patienten (Davies et al. 2018). i Rezept

1. Wahl: Risperidon (z. B. Risperdal®: schneller Wirkeintritt, beste Evidenz, kann allerdings zu Parkinsonoid führen): beginnend mit 0,5 mg p.o.

3.2 · Delirantes Syndrom

45

3

(0,25 mg bei schlechtem Allgemeinzustand), sehr langsame Aufdosierung bis 1–1,5 mg. Kann als einmalige abendliche Dosis gegeben werden. 2. Wahl: Quetiapin (z. B. Seroquel®: schneller Wirkeintritt, vorhandene Evidenz, kann zu QT-Verlängerung führen): beginnend mit 25 mg (12,5 mg bei schlechtem AZ), sehr langsame Aufdosierung bis 300 mg. Sollte auf zwei Dosierungen verteilt werden. Alternativen: Melperon (z. B. Eunerpan®): 3 × 25–50 mg p.o. oder Pipamperon (z. B. Dipiperon®): 3 × 20–40 mg p.o.), bzw. Haloperidol (z. B. Haldol): 3 × 0,5–1,5 mg. Achtung: Benzodiazepine sollten nur niedrigdosiert werden (z. B. 0,5–1 mg Lorazepam p.o) und können zu paradoxer Aggression und Disinhibition führen, v. a. bei Patienten mit Frontalhirnveränderungen. Sie sollten daher nur im Ausnahmefall eingesetzt werden.

3.2  Delirantes Syndrom 3.2.1  Definition Bei einem Delir stehen Störungen der Orientierung und Aufmerksamkeit sowie psychomotorische Unruhe im Mittelpunkt. Patienten wissen häufig nicht, wo sie sind, und haben Schwierigkeiten, dem Gespräch mit dem Untersucher zu folgen. Ein Delir entwickelt sich charakteristischerweise innerhalb weniger Tage oder Stunden und verläuft fluktuierend. Das bedeutet, dass es vorkommen kann, dass Sie beispielsweise wegen eines desorientierten Patienten zum Konsil gerufen werden, diesen jedoch voll orientiert antreffen. Bedenken Sie dabei, dass die Symptomatik im Verlauf jederzeit wieder auftreten kann.

46

Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

Weitere Symptome, die im Rahmen eines Delirs auftreten können, sind Halluzinationen (vor allem optische) und Wahnerleben. Hilfreiche Untersuchung zur orientierenden neuropsychologischen Untersuchung im Rahmen eines Delirs finden Sie in . Tab. 2.2.

3

3.2.2  Anamnese Die meisten deliranten Patienten werden wegen eines so genannten hyperaktiven Delirs vorgestellt. Diese Patienten sind agitiert, desorientiert und können dem Gesprächsverlauf nur schwer folgen. Die Grundzüge der Anamnese folgen daher dem bei der akuten Erregung geschilderten Ablauf (7 Abschn. 3.1). Im Mittelpunkt der Fragen zur Feststellung eines Delirs sollten nach Möglichkeit die in . Tab. 2.2 genannten Aspekte stehen. Es gibt jedoch auch so genannte hypoaktive Formen des Delirs. Dabei stehen Störungen der Aufmerksamkeit, der Orientierung und des Bewusstseins im Vordergrund. Neben der Einschätzung der sich aus dem Verhalten des Patienten ergebenden Gefahren (z. B. Weglaufgefahr) ist das wichtigste Ziel der Anamnese, die Ursache des Delirs herauszufinden. Das gilt sowohl für das hyperaktive als auch für das hypoaktive Delir. Dabei sollte mit den Kollegen der somatischen Medizin zusammengearbeitet werden. Ein deliranter Patient sollte daher immer in einer interdisziplinären Notaufnahme behandelt werden, nicht in einer rein psychiatrischen Notaufnahme. Häufige Delirursachen sind – wie in . Tab. 3.2 dargestellt – abhängig vom Alter des Patienten. Grundsätzlich ist natürlich nahezu jede Delirursache bei jeder Altersgruppe denkbar. Die Suche nach der Delirursache ist essenziell, weil die Behandlung sich nach der Ursache richtet (zum diagnostischen Vorgehen . Tab. 2.2).

47

3.2 · Delirantes Syndrom

3

. Tab. 3.2  Delirursachen, sortiert nach Alter des Patienten Alle Altersgruppen

Ältere Patienten

– Entzug von Alkohol (ca. drei Tage nach Beginn der Abstinenz oder deutlicher Dosisreduktion) – Wernicke-Enzephalopathie (muss insbesondere bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit, aber auch mit langanhaltender Fehlernährung beachtet werden) – Entzug von Benzodiazepinen (auf Intensivstationen häufig auch andere GABA-erg wirksame Substanzen [z. B. Propofol], hier ist eine besonders gründliche Untersuchung des Medikationsverlaufs wichtig) – Epileptischer Anfall (häufig schnelle Rückbildung der Desorientiertheit nach Anfallsereignis, Anfall kann jedoch auch in nicht-konvulsiven Status übergehen)

– Exsikkose – Vaskuläre Erkrankungen, insbesondere Schlaganfall und Herzinfarkt – Infektionserkrankungen, insbesondere Pneumonie und Harnwegsinfekt – Medikamente: Antibiotika (v. a. Gyrase-Hemmer), Kortikoide, anticholinerg wirksame Medikamente (eine Übersicht der anticholinerg wirksamen Medikamente finden Sie in den Tabellen des 7 Abschn. 4.1.1)

3.2.3  Differenzialdiagnose Ein Delir bei älteren Patienten muss abgegrenzt werden von einer Demenz. Dafür ist das wichtigste Kriterium der Zeitverlauf: Ein Delir beginnt plötzlich, eine Demenz langsam. Fragen Sie also danach, wie lange die Störung der Aufmerksamkeit,

48

3

Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

der Orientierung und die psychomotorischen Veränderungen bereits anhalten. Eine bereits seit Monaten oder Jahren anhaltende, langsam zunehmende Desorientiertheit und Merkfähigkeitsstörung bei einem älteren Menschen ist im Rahmen einer Demenz erklärbar. Dabei ist es auch möglich, dass sich im Rahmen einer Demenz vor dem Hintergrund einer der in . Tab. 3.2 genannten Ursachen ein Delir entwickelt. Zur Schweregradeinschätzung einer Demenz eignet sich der Mini Mental Status Test (diesen finden Sie im Anhang). Wenn ein jüngerer Patient eine bereits seit langem anhaltende Desorientiertheit und Merkfähigkeitsstörung hat, ist ein Korsakow-Syndrom eine wahrscheinliche Ursache. 3.2.4  Therapie Die Delirbehandlung richtet sich in erster Linie nach der Ursache. Die wichtigste psychiatrische Ursache ist das Alkoholentzugsdelir. Deren Behandlung wird in 7 Abschn. 3.4 beschrieben. Wenn keine psychiatrische Delirursache gefunden wird, sollte der Patient zunächst in einer interdisziplinären Notaufnahme weiterbehandelt werden. Neben der ursächlichen Behandlung ist häufig eine symptomatische Behandlung notwendig. Diese ist bei hyperaktivem Delir vergleichbar mit der Behandlung der akuten Erregung. Ein wichtiger Unterschied ist jedoch: Mit Ausnahme des Alkoholentzugsdelirs sollten zur Delirbehandlung keine Benzodiazepine eingesetzt werden, weil diese den Verlauf des Delirs verlängern. Die wichtigste Alternative sind Antipsychotika (z. B. Haloperidol, zur Dosierung . Tab. 3.1). Darüber hinaus werden Psychiater im Kontext eines Delirs häufig gebeten, eine Zwangsunterbringung zu veranlassen (7 Abschn. 5.2).

3.3 · Suchtmittelintoxikation

49

3

3.3  Suchtmittelintoxikation 3.3.1  Definition Eine Intoxikation ist ein vorübergehender Zustand, der auf die Wirkung eines Suchtmittels zurückzuführen ist. Die Art der Intoxikationssymptome ist abhängig vom verursachenden Suchtmittel. Die Ausprägung der Intoxikationssymptome wird u. a. durch Toleranz für die Suchtmittelwirkung bestimmt, wie sie bei langanhaltendem Gebrauch auftreten kann. So ist es beispielsweise möglich, dass ein sehr schwer alkoholabhängiger Patient noch mit einem Alkoholspiegel gerade gehen kann, bei dem gesunde Menschen bereits tief bewusstlos wären. 3.3.2  Anamnese Bei der Erhebung der Anamnese von akut intoxikierten Patienten steht die Frage im Vordergrund, ob ein schädlicher Gebrauch oder eine Abhängigkeit vorliegt. Für die diagnostische Einschätzung entscheidend sind folgende Kriterien der Abhängigkeit:

Kriterien der Abhängigkeit 5 Toleranzentwicklung: Braucht der Patient immer mehr von der Substanz, um dieselbe Wirkung zu erzielen? Oder lässt die Substanzwirkung trotz fortgesetztem Konsum nach? 5 Entzugssymptome: Bestehen bestimmte Symptome, wenn der Patient aufhört, die Substanz zu konsumieren? Konsumiert der Patient die Substanz, um Entzugssymptome zu lindern?

50

3

Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

5 Kontrollverlust während des Konsums: Konsumiert der Patient immer wieder mehr von der Substanz als beabsichtigt? 5 Kontrollverlust über Konsummuster: Gelingt es ihm nicht, den Substanzkonsum zu reduzieren, auch wenn er sich das vorgenommen hat? 5 Einengung auf Substanzkonsum: Wird viel Zeit damit verbracht, die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von ihrer Wirkung zu erholen? 5 Vernachlässigung anderer Aktivitäten zugunsten des Substanzkonsums: Hat der Patient bestimmte Aktivitäten wegen des Substanzkonsums aufgegeben? 5 Fortgesetzter Substanzkonsum trotz negativer Folgen: Wird Substanz weiter konsumiert, obwohl dadurch eindeutig negative Folgen aufgetreten sind?

Von einer Substanzabhängigkeit wird gesprochen, wenn im Laufe eines Jahres insgesamt mindestens drei der genannten Symptome an irgendeinem Zeitraum aufgetreten sind. Letztlich sind die Grenzen zwischen schädlichem Gebrauch und Abhängigkeit fließend. Im DSM-5 wurde die Diagnose der Substanzabhängigkeit daher ersetzt durch die Diagnose einer Substanzgebrauchsstörung. Zu den Kriterien der Substanzgebrauchsstörung zählen neben den oben genannten auch folgende Symptome:

3.3 · Suchtmittelintoxikation

51

3

5 Craving: Besteht ein starkes Verlangen, die Substanz zu konsumieren? 5 Substanzkonsum mit negativen Folgen: Sind durch den Substanzkonsum Schwierigkeiten im Alltag aufgetreten (beispielsweise Nichtnachkommen von wichtigen Verpflichtungen wegen einer Intoxikation oder den Nachwirkungen der Intoxikation)? 5 Substanzkonsum in gefährlichen Situationen, beispielsweise alkoholisiertes Fahren. 3.3.3  Differenzialdiagnose Entscheidend für die Feststellung der Intoxikation sind objektive Untersuchungen, d. h. eine Bestimmung des Atemalkohols bei Alkoholintoxikation und die Untersuchung des Urins auf Drogen bei Intoxikationen mit anderen Substanzen (. Tab. 3.3). Bitte bedenken Sie, dass ein positiver Drogenurin nicht beweisend ist für eine Suchtmittelintoxikation. Denn es kann zu einer Kreuzreaktion mit Nicht-Suchtmitteln kommen. Beispiele dafür finden Sie in . Tab. 3.4. Genauso ist ein negativer Drogenurin kein Beweis, dass keine Substanzen konsumiert wurden. Bestimmte Suchtmittel lassen sich mit den herkömmlichen Testverfahren nicht nachweisen. Als Ursache für ein falsch negatives Ergebnis kommt auch eine zu kurze Zeit zwischen Substanzkonsum und Urinprobenentnahme oder eine Manipulation der Urinprobe infrage. Gegebenenfalls muss die Urinprobe daher noch einmal wiederholt werden. 3.3.4  Therapie Im Vordergrund der Behandlung steht die Sicherung der Vitalfunktionen bei stark vigilanzgeminderten Patienten, in

3

Intoxikationszeichen

Gangunsicherheit, Gereiztheit, Enthemmtheit, Affektlabilität, Dysarthrie, Vigilanzminderung

Miosis, Obstipation, psychomotorische Verlangsamung

Mydriasis, Verlangsamung, formale Denkstörungen, inadäquater Affekt, IchStörungen

Substanz

Alkohol

Opiate

Cannabis

Gereiztheit, Schlafstörungen, Appetitmangel

(Fortsetzung)

Apnoe, Ileus

Entzugskrampfanfall oder Entzugsdelir

Unruhe, Schwitzen, Tachykardie, Hypertonie Mydriasis, Rhinorrhoe, Erbrechen, Gänsehaut, Muskelschmerzen

Für die Notfallbehandlung bedeutende Komplikationen

Entzugszeichen

. Tab. 3.3  Suchtmittel mit den jeweils zugehörigen Intoxikationszeichen und Entzugszeichen. Die Liste der Substanzen ist unvollständig. Insbesondere synthetische Drogen werden ständig neu entwickelt und sind schwer zu überblicken

52 Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

Intoxikationszeichen

Hypervigilanz, Unruhe, Erregung, Tachykardie, Hypertonie

Hypervigilanz, Unruhe, Erregung, formale Denkstörung, psychotische Symptome

Halluzinationen mit Wahn und fehlender Distanz zum Erleben, Erregung, Unruhe

Substanz

Kokain

Amphetamine

Halluzinogene

. Tab. 3.3  (Fortsetzung)

Herzrhythmusstörungen, zerebrale und kardiale Ischämien in der Intoxikation Herzrhythmusstörungen, hypertone Krisen

Depressives Syndrom, Müdigkeit, vermehrter Appetit

Depressives Syndrom, Müdigkeit, vermehrter Appetit

Flashbacks (»Echopsychosen«)

Für die Notfallbehandlung bedeutende Komplikationen

Entzugszeichen

3.3 · Suchtmittelintoxikation

53

3

54

Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

. Tab. 3.4  Beispiele für Urinschnelltests die über Kreuzreaktionen durch die Einnahme der beispielhaft genannten Medikamente falsch positiv ausfallen können. (Mod. nach Pfäffli et al. 2013)

3

Urinschnelltest auf

Falsch positives Resultat kann verursacht werden durch

Amphetamine

Bupropion, Fluoxetin, Methylphenidat, Promethazin, Ranitidin, Thioridazin, Trazodon, Trimipramin

Benzodiazepine

Sertralin

Buprenorphin

Chloroquin, Dihydrocodein, Tramal

Methadon

Clomipramin, Quetiapin, Thioridazin, Verapamil

Opiate

Doxepin, Flourchinolone, Phenothiazine, Rifampicin

Tetrahydrocannabinol

Dronabinol, Efavirenz, Ibuprofen, Naproxen, Pantoprazol, Tolmetin

Trizyklische Antidepressiva

Carbamazepin, Diphenhydramin, Qutiapin

solchen Fällen kann eine Aufnahme auf einer internistischen Überwachungsstation erforderlich werden. Bei stark erregten Patienten ist die Hauptaufgabe die Verhinderung von selbstoder fremdgefährdenden Handlungen. Eine Intoxikation alleine ist häufig kein Grund für eine stationäre psychiatrische Aufnahme. Intoxikierte Patienten werden vor allem dann aufgenommen, wenn Sie eine Entzugsbehandlung anstreben und die aufnehmende Klinik ein spezialisiertes Entgiftungsangebot vorhält. Entgiftungen von illegalen Suchtmitteln wiederum werden oft in spezialisierten Kliniken durchgeführt. Ein weiterer

3.4 · Suchtmittelentzug ...

55

3

Grund für eine stationäre Aufnahme kann entstehen, wenn ein Patient im Rahmen der Intoxikation sehr stark erregt ist und dieser Erregungszustand in der Notaufnahme nicht bewältigt werden kann (7 Abschn. 3.1). Bei der Behandlung von akut erregten alkoholintoxikierten Patienten sollte beachtet werden, dass die Gabe von Benzodiazepinen auf gut begründete Ausnahmefälle beschränkt bleiben sollte (relative Kontraindikation). Alkohol und Benzodiazepine wirken additiv und können so zu einer deutlichen Vigilanzminderung und Ateminsuffizienz führen. Als Faustregel gilt daher: > Keine Benzodiazepine bei einem Atemalkohol von mehr als

einem Promille. In diesem Fall sollte bei akuter Erregung zunächst ein Behandlungsversuch mit sedierenden Antipsychotika erfolgen.

Wenn diese nicht ausreichend wirken, kann bei sehr stark erregten Patienten auch die Gabe eines Benzodiazepins erwogen werden. Dies erfordert jedoch die anschließende Überwachung des Patienten. Intoxikierte Patienten, die keine Entgiftung anstreben und auch ansonsten sich und andere nicht gefährden, können entlassen werden, wenn sie gang- und standsicher sind und nachvollziehbar beschreiben können, wie sie nach Hause kommen. 3.4  Suchtmittelentzug (insbesondere

Alkoholentzug)

3.4.1  Definition Ein Suchtmittelentzug ist charakterisiert durch eine bestimmte Symptomkonstellation, die bei einem abhängigen Patienten auftreten kann, wenn er aufhört diese Substanz zu konsumieren (s. . Tab. 3.3). Der Beginn des Auftretens der

56

3

Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

Entzugssymptomatik nach Absetzen der Substanz ist abhängig von der Halbwertszeit der Substanz und der Schwere der Abhängigkeitserkrankung. Bei besonders schwer ausgeprägten Abhängigkeitserkrankungen können Entzugssymptome bereits auftreten, wenn der Patient weniger Substanz als üblich konsumiert. In der Notfallbehandlung hat der Alkoholentzug eine besonders große Bedeutung. Deshalb wird im Folgenden das Vorgehen bei Alkoholentzug ausführlich erläutert. 3.4.2  Anamnese Die Anamnese bei einer Aufnahme wegen eines Alkoholentzugs fokussiert auf das Trinkverhalten vor der Aufnahme und den Verlauf zurückliegender Alkoholentzugsbehandlungen.

Anamnese bei der Aufnahme wegen eines Alkoholentzugs Trinkverhalten vor der Aufnahme 5 Wie viel Alkohol haben Sie in den letzten Tagen getrunken? Wie lange trinken Sie bereits diese Menge Alkohol? 5 Wann am Tag haben Sie in den letzten Tagen mit dem Trinken begonnen? Abends? Nachmittags? Vormittags? Haben Sie auch Alkohol getrunken, wenn Sie nachts wach geworden sind? Verlauf zurückliegender Alkoholentzugsbehandlungen 5 Haben Sie schon einmal Entzugssymptome erlebt wie Unruhe, Schwitzen, Zittern? (vegetative Entzugssymptome)

3.4 · Suchtmittelentzug ...

57

3

5 Haben Sie schon einmal einen Entzugskrampfanfall gehabt? Das bedeutet, dass Sie im Entzug das Bewusstsein verloren haben und andere möglicherweise beobachteten, dass Sie sich rhythmisch bewegten. Manchmal nässt man dabei auch ein oder beißt sich auf die Zunge. 5 Haben Sie schon einmal ein Entzugsdelir gehabt? Das bedeutet, dass man nicht mehr weiß, wo man ist, oder Dinge sieht, die andere nicht sehen (z. B. kleine Tierchen).

3.4.3  Therapie Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Entzugsbehandlung zu gestalten. Grob kann zwischen symptomgetriggerter und symptomunabhängiger Behandlung unterschieden werden. Symptomgetriggerte Behandlung bedeutet, dass die Alkoholentzugssymptome regelmäßig standardisiert überwacht werden (meist alle zwei Stunden). Der Beginn und die Dauer einer medikamentösen Behandlung werden dann von der Ausprägung der Entzugssymptome abhängig gemacht. Bei der symptomunabhängigen Behandlung spielt die standardisierte Überwachung der Entzugssymptome eine untergeordnete Rolle. Stattdessen wird nach einem festen Schema eine bestimmte Medikation gegeben. Im Notfalldienst kommt auf Stationen, die Erfahrung im Umgang mit standardisierter Erhebung von Entzugssymptomen haben, eher eine symptomorientierte Behandlung zum Einsatz. Auf anderen Stationen wird bei Auftreten erster Entzugssymptome eine feste Medikation (z. B. 4 × 5  mg Diazepam)

58

Kapitel 3 · Akute Syndrome und deren Behandlung

angesetzt. Allerdings müssen die Patienten auch in diesem Fall zweistündlich überwacht werden, um die Verschlimmerung des Entzugssyndroms und Entwicklung eines Delirs rechtzeitig bemerken zu können.

3

Verhinderung einer WernickeEnzephalopathie und eines KorsakowSyndrom Im Rahmen der Alkoholentzugsbehandlung sollte immer Vitamin B1 (Thiamin) gegeben werden. Dies dient der Verhinderung einer Wernicke-Enzephalopathie und eines Korsakow-Syndroms. Eine Wernicke-Enzephalopathie erkennt man an der Trias aus Desorientiertheit, Ataxie und Augenmuskelstörungen. Das Korsakow-Syndrom ist charakterisiert durch eine ausgeprägte anterograde Amnesie, Desorientiertheit und Konfabulationen.

Standardisierte Erhebung der Entzugssymptome Zwei Skalen sind weit verbreitet: die AlkoholentzugssymptomSkala (AES) und das Clinical Institute Withdrawal Assessment for Alcohol (CIWA). Der im Folgenden dargestellte Ablauf richtet sich nach der AES-Skala (. Tab. 3.5 und 3.6). ! Bitte beachten Sie: Der AES-Wert ist gleich der

Summe aus dem Wert für die vegetative Störung und dem Wert für die psychische Störung. i Rezept

Die Basisbehandlung sieht so aus: 5 Vitamin B1-Gabe: 100 mg/d für drei Tage (idealerweise i.m., alternativ auch 3 × 100 mg oral über 7 bis 14 Tage)

3

59

3.4 · Suchtmittelentzug ...

. Tab. 3.5  AES-Skala, Teil 1: Vegetative Symptome Symptom

Auswertung

Punktwert

Pulsfrequenz

  120

3

Herzrhythmusstörungen

4

  105

3

  Im Folgenden ist durchgängig von»Betreuern« die Rede.

Dabei sind sowohl Betreuer als auch Vorsorgebevoll­ mächtigte gemeint, weil für beide ähnliche gesetzliche Regelungen gelten.

5.2 · Übersicht

173

5

5.1.2  Öffentlich-rechtlich (z. B. PsychKG)

z Merkzettel Dieses Gesetz heißt in vielen Bundesländern »Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychisch Kranken« oder kurz »PsychKG«. In einigen Ländern heißt es aber auch anders, denn die genauen Regelungen sind den einzelnen Bundesländern überlassen. Wir werden im Folgenden vom PsychKG sprechen, auch wenn das Gesetz in einigen Ländern etwas anders heißt.

z Übersicht Das PsychKG dient sowohl dem Schutz der betroffenen Patienten als auch der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Das bedeutet, dass eine Maßnahme nach dem PsychKG sowohl bei einer Gefährdung für Gesundheit und Leben des Patienten ergriffen werden kann als auch bei Gefährdung von Gesundheit und Leben anderer Menschen. Sogar bei einer Gefährdung von Rechtsgütern anderer (z. B. Sachbeschädigung) ist eine Maßnahme nach dem PsychKG möglich. Gleichzeitig ist die Hürde für Maßnahmen nach dem PsychKG höher als beim BGB: Nur bei einem unmittelbar bevorstehenden schadenstiftenden Ereignis ist die Unterbringung nach PsychKG möglich. 5.2  Übersicht 5.2.1  Einwilligungsfähigkeit Bevor es überhaupt zu Zwangsmaßnahmen kommen kann, muss man sich zunächst einmal die Frage stellen, ob ein Patient einwilligungsfähig ist. Denn allein weil ein Patient eine aus Sicht der behandelnden Ärzte sinnvolle Behandlung ablehnt,

174

5

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

ist eine Zwangsmaßnahme noch lange nicht indiziert. So lange der Patient einwilligungsfähig ist, muss seine Entscheidung respektiert werden. Kurz gesagt bedeutet Einwilligungsfähigkeit, dass der Patient in der Lage ist, eine Behandlungsaufklärung zu verstehen und eine freie Entscheidung für oder gegen die Behandlung zu treffen. Dabei bedeutet „freie Entscheidung“, dass der Patient diese Entscheidung unabhängig von Einflüssen der Krankheit trifft. Im Gegensatz zur Geschäftsfähigkeit wird die Einwilligungsfähigkeit nicht generell, sondern immer situationsbezogen auf die durchzuführende Maßnahme geprüft. Im Notdienst taucht die Frage nach der Einwilligungsfähigkeit meistens auf, wenn ein psychisch kranker Patient eine ärztliche Maßnahme ablehnt, welche die behandelnden Ärzte für notwendig halten. Die Einwilligungsfähigkeit ist aber selbstverständlich auch die Voraussetzung für die wirksame Einwilligung in die ärztliche Behandlung (und nicht nur für deren Ablehnung). Auch wenn ein Patient geschäftsunfähig ist, kann Einwilligungsfähigkeit bestehen, wenn er Art, Bedeutung und Risiken einer geplanten ärztlichen Maßnahme erfassen kann (OLG Hamm 15 W 398/96). In . Tab. 5.1 sind die wichtigsten Kriterien für die Feststellung der Einwilligungsfähigkeit zusammengefasst. 5.2.2  Vorgehen bei Zwangsmaßnahmen Wenn der Patient nicht einwilligungsfähig ist, dann kommen unter bestimmten Umständen Zwangsmaßnahmen in Betracht. Das praktische Vorgehen ist dabei abhängig davon, welche konkrete klinische Situation vorliegt. Grundsätzlich muss eine richterliche Genehmigung herbeigeführt werden, wenn eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen gegen den Willen des Patienten durchgeführt werden:

175

5.2 · Übersicht

5

. Tab. 5.1  Kriterien für die Feststellung der Einwilligungsfähigkeit Einwilligungsunfähigkeit Definition

Zeitlich begrenzte Unfähigkeit, die Art, Bedeutung und Tragweite einer bestimmten Entscheidung zu erfassen

Abgrenzung zur Betreuung

Eine betreute Person kann einwilligungsfähig sein. Es kommt also nicht auf die rechtliche Geschäftsfähigkeit, sondern auf die »natürliche« Einsichtsfähigkeit an

Mögliche Ursachen für Einwilligungsunfähigkeit

Minderjährigkeit Psychische Erkrankung Geistige Behinderung

Untersuchung

Verständnis des Eingriffs (Welcher Eingriff ist bei Ihnen geplant?) Verarbeitung der Information (Welche Risiken bringt der Eingriff mit sich? Was passiert, wenn Sie den Eingriff ablehnen?) Bewertung der Information (Wie wichtig ist es Ihnen, dass diese Folgen [nicht] eintreten?) Treffen einer Entscheidung (Was möchten Sie, was gemacht wird?)

5 Unterbringung 5 Fixierung 5 Behandlung Auf welche Art und Weise die richterliche Genehmigung herbeigeführt wird, hängt unter anderem von den folgenden Punkten ab:

176

5

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

5 Bei jeder Zwangsmaßnahme stellen sich zunächst folgende Fragen, um festzustellen, ob die Regelung nach BGB oder nach PsychKG erfolgen wird: – Besteht Eigen- oder Fremdgefährdung? – Bei Eigengefährdung stellen sich wiederum folgende Fragen: – besteht eine rechtliche Betreuung oder eine Vorsorgevollmacht? – ist der Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte gerade erreichbar? 5 Anschließend muss man sich bei jeder Zwangsmaßnahme auch fragen: steht ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevor? Oder anders gefragt: dient die Zwangsmaßnahme der Gefahrenabwehr? 5 Bei einer Zwangsbehandlung stellt sich darüber hinaus die Frage: was ist das Ziel der Behandlung? – Ruhigstellung zur Abwendung einer akuten Gefahr – Behandlung der Erkrankung, welche zur Einrichtung des PsychKG führte? Dann stellt sich wiederum die Frage: Handelt es sich dabei um eineun – körperliche Erkrankung? – psychische Erkrankung? Daraus ergeben sich verschiedene Pfade, welche in . Tab. 5.2 zusammengefasst und im Folgenden näher erläutert werden. 5.3  Unterbringung . Abb. 5.1 bietet einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Unterbringung.

5

177

5.3 · Unterbringung

. Tab. 5.2  Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Herbeiführung einer richterlichen Genehmigung einer Zwangsmaßnahme BGB (nur Eigengefährdung)

PsychKG (Eigen- oder Fremd-gefährdung)

Unterbringung bei unmittelbar bevorstehendem schadenstiftendem Ereignis

✔ (B→R)

✔ (ÖB→R)

Unterbringung ohne unmittelbar bevorstehendes schadenstiftendes Ereignis

✔ (RV)



Fixierung (bei Fixierung ist über die Unterbringung hinaus eine gesonderte richterliche Genehmigung notwendig)

✔ (B→R)

✔ (ÖB→R)

Zwangsbehandlung zur Gefahrenabwehr (Ruhigstellung)

✔ (RV)

✔a

(Fortsetzung)

178

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

. Tab. 5.2  (Fortsetzung)

5

BGB (nur Eigengefährdung)

PsychKG (Eigen- oder Fremd-gefährdung)

Zwangsbehandlung zur Gefahrenabwehr (schwere somatische Erkrankung)

✔ (RV)

✔ (ÖB→R)

Zwangsbehandlung der Grunderkrankung

✔ (RV)

✔ (RV)

Behandlung (z. B. OP) ohne wirksame Einwilligung

✔ (RV)



Eine Zwangsbehandlung zur Gefahrenabwehr ist ohne vorherige richterliche Genehmigung möglich, wenn der Patient bereits nach PsychKG untergebracht ist. Wenn eine Zwangsbehandlung nach Abwendung der akuten Gefahr fortgeführt wird, muss diese ebenfalls beantragt werden. Legende: BGB – Bürgerliches Gesetzbuch, hier ist Betreuung und Vorsorgevollmacht geregelt; Gefahrenabwehr – Abwendung einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr; PsychKG – Psychisch Krankengesetz (Ländersache); B→ R – Betreuer kann zunächst in die Maßnahme einwilligen, dieser beantragt dann die Genehmigung durch Richter; ÖB → R – Maßnahme kann zunächst durch zuständige örtliche Behörde (z. B. Amtsarzt) genehmigt werden, diese beantragt dann Genehmigung durch Richter. RV – Richtervorbehalt, d. h. vor einer richterlichen Entscheidung darf nicht gehandelt werden

durch das Amtsgericht nach BGB

nur hilfsweise (keine Betreuung, Betreuer nicht erreichbar, Betreuer unentschlossen)

. Abb. 5.1  Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Unterbringung

Unterbringungen bedürfen der vorrangigen bzw. nachträglichen (Eilfälle) Genehmigung

durch Betreuer

durch Vorsorgevollmachtnehmer

vorrangig nach den Bestimmungen des BGB

bei Eigengefährdung

durch das Amtsgericht nach PsychKG

bei Fremdgefährdung

Jede Unterbringung bedarf der Prüfung und Genehmigung. Die Anordnung erfolgt

5.3 · Unterbringung

179

5

180

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

5.3.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches

Gesetzbuch (BGB)

z Indikation

5

Die Voraussetzung ist eine rechtliche Betreuung oder Vorsorgevollmacht, und zwar mit folgenden Eigenschaften: 5 Rechtliche Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Unterbringung (oder der Kombination aus Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitssorge) oder 5 Vorsorgevollmacht, welche auf den entsprechenden Paragrafen des BGB (§ 1906) Bezug nimmt. Es muss eine Eigengefährdung des Patienten vorliegen (drohende Selbsttötung oder drohender erheblicher gesundheitlicher Schaden, welcher eine Untersuchung oder Heilbehandlung nötig macht). Eine sofortige Unterbringung (einstweilig Anordnung) geschieht nur bei unmittelbar bevorstehender Gefahr, ansonsten erfolgt eine Unterbringung nach erfolgter richterlicher Anhörung – auch bei mittelfristig drohenden Gefahren. Eine richterliche Genehmigung bei sofortiger Unterbringung ist nachzuholen.

z Ablauf Die erste Frage ist, ob bei dem Patienten eine Eigengefährdung vorliegt. Eine Unterbringung nach BGB kann nur bei Eigengefährdung durchgeführt werden. Liegt Fremdgefährdung vor, muss der Patient nach PsychKG untergebracht werden (7 Abschn. 5.3.2 zum PsychKG). Der Betreuer sollte jedoch auch in diesem Fall informiert werden. Wenn Eigengefährdung vorliegt, muss geklärt werden, ob der Patient einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung hat oder ob eine Vorsorgevollmacht besteht,

5.3 · Unterbringung

181

5

welche explizit den Fall der Unterbringung erwähnt (und sich idealerweise dabei auch auf § 1906 des BGB bezieht). Dann muss entschieden werden, ob eine unmittelbare Gefahr für den Patienten besteht. In diesem Fall darf der Betreuer auch ohne Genehmigung des Gerichts verfügen, dass der Patient im Krankenhaus bleiben muss. Er muss jedoch die Unterbringung unverzüglich vom Gericht genehmigen lassen (die Telefonnummer des zuständigen Betreuungsgerichts sollten Sie sich bei den wichtigen Telefonnummern im Anhang des Buchs eintragen). Wenn keine unmittelbare Gefahr besteht, muss vor der Unterbringung die Genehmigung des Gerichtes eingeholt werden. Hierfür beantragt der Betreuer die Unterbringung auf der geschützten Station beim zuständigen Amtsgericht. Diesem Antrag fügt der Betreuer das Attest eines Arztes bei, der den Patienten kürzlich untersucht hat und aus dem hervorgeht welche Erkrankung bei dem Betreuten vorliegt, welche Eigengefährdungsaspekte sich aktuell aus ihr ergeben und ob eine Unterbringung geeignet ist die Gefahr zu reduzieren. 5.3.2  PsychKG Das PsychKG ist Landesrecht. Eine Darstellung der Regelungen in allen 16 Bundesländern ist an dieser Stelle leider nicht möglich. Bitte erkundigen Sie sich daher bitte, wie die Unterbringung nach PsychKG in Ihrem Bundesland geregelt ist.

z Indikation Es müssen alle folgenden Kriterien erfüllt sein: 1. Eigen- oder Fremdgefährdung, welche … 2. … bedingt ist durch eine psychische Erkrankung, ohne dass …

182

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

3. … die Gefahr auf andere Art und Weise abgewendet werden kann (z. B. freiwilligen Aufenthalt des Patienten im Krankenhaus), wobei… 4. … ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevor steht.

z Frage

5

Bitte tragen Sie hier eventuelle Abweichungen im PsychKG Ihres Landes ein: __________________________________________________ ___________________________________________________ __________________________________________________ ___________________________________________________ __________________________________________________ ___________________________________________________

z Ablauf Bitte klären Sie zunächst, ob tatsächlich eine durch eine psychische Erkrankung bedingte Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt. Diese muss im Zweifelsfall konkret beschrieben werden können. Es genügt beispielsweise nicht, dass der Patient eine ausgeprägte Psychopathologie hat (»Der Patient redet ununterbrochen laut und wirr davon, dass er vom Geheimdienst verfolgt wird«). Er muss sich dadurch auch gefährden, und das schadenstiftende Ereignis muss unmittelbar bevorstehen (»Er kann sich auf nichts anderes mehr konzentrieren, ist daher wiederholt über rote Ampeln gelaufen und hat dabei gar nicht auf den Verkehr geachtet, beinahe wäre er von einem Auto überfahren worden«). Im nächsten Schritt prüfen Sie, ob die Gefahr durch eine andere Maßnahme abgewendet werden kann. Ein wichtiges Beispiel dafür wäre eine freiwillige Aufnahme ins Krankenhaus. Wenn ein Patient eine tragfähige Entscheidung für eine Krankenhausbehandlung

5.3 · Unterbringung

183

5

treffen kann, ist eine Unterbringung nach PsychKG nicht nötig. Das gilt auch für nicht einwilligungsfähige Patienten. Eine nicht tragfähige Einwilligung liegt vor, wenn der Patient beispielsweise im Rahmen ausgeprägter Ambivalenz (z. B. bei einer Schizophrenie) keine Entscheidung treffen kann oder die bereits erfolgte Einwilligungserklärung im Verlauf immer wieder zurückzieht (z. B. bei fluktuierendem psychopathologischen Befund im Rahmen eines Delirs).

z Fragen Bitte erkundigen Sie sich bei erfahrenen Kollegen und tragen Sie die Regelung nach dem PsychKG Ihres Landes hier ein:

Welche örtliche Verwaltungsbehörde muss ich unmittelbar informieren (z. B. diensthabenden Amtsarzt, Polizei oder Feuerwehr), wenn ich eine Unterbringung mit sofortiger Wirkung erreichen will? Wie erreiche ich diese Stelle? In einigen Bundesländern (z. B. Berlin und Brandenburg) kann zunächst die aufnehmende Klinik alleine über die Unterbringung entscheiden. __________________________________________________ ___________________________________________________ ___________________________________________________ Wie lange nach der erfolgten Unterbringung muss die Unterbringung von einem Richter genehmigt werden? Wie erreiche ich den Richter? In vielen Bundesländern muss die Genehmigung spätestens mit Ablauf des Folgetages erfolgt sein. __________________________________________________ ___________________________________________________ ___________________________________________________

184

5

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

Welche Dokumentation muss nach Einrichtung einer Unterbringung nach PsychKG erfolgen? 5 Ärztliches Zeugnis aus dem die psychiatrische Erkrankung und die akute Gefährdung hervorgeht 5 Anamnese samt psychopathologischem Befund, eine körperliche Untersuchung 5 Dokumentation der Maßnahmen, die zur Abwendung der Unterbringung veranlasst worden (z. B. Reizabschirmung, Angebot einer Medikation etc.) 5 Unterbringungsbeschlusses der zuständigen Behörde 5 Behandlungsplan 5 Dokumentation der mündlichen und schriftlichen Aufklärung des Patienten über seine Rechte und Pflichten 5 ggf weitere Dokumentationspflichten 5.4  Fixierung 5.4.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches

Gesetzbuch (BGB)

Auch Fixierungen und andere unterbringungsähnliche Maßnahmen (z. B. Anbringen Bettgittern) bedürfen immer der Einwilligung des Betreuers. Wenn sie über einen längeren Zeitraum (mehrere Stunden bis Tage und nicht nur für kurze Zeit zur Abwendung einer akuten einmaligen Gefahr) oder regelmäßig erfolgen, bedürfen sie zusätzlich einer richterlichen Genehmigung. 5.4.2  PsychKG Ebenfalls richterlich genehmigt werden müssen Fixierungen bei nach PsychKG untergebrachten Patienten. Auch wenn der

5.5 · Zwangsbehandlung

185

5

Patient bereits untergebracht ist, ist eine separate richterliche Genehmigung für die Fixierung notwendig. 5.5  Zwangsbehandlung Die Zwangsbehandlung erfordert meist eine vorherige richterliche Zustimmung. Sie spielt daher in der Notfallpsychiatrie eine untergeordnete Rolle. An dieser Stelle wird daher nur auf die wichtigsten Ausnahmen für diese Regel des»Richtervorbehalt« eingegangen. 5.5.1  Betreuungsrecht/Bürgerliches

Gesetzbuch (BGB)

Eine Zwangsbehandlung nach BGB unterliegt immer dem Richtervorbehalt und kommt daher in der Notfallpsychiatrie nur selten vor. Eine Orientierung finden Sie in . Abb. 5.2. 5.5.2  PsychKG Die PsychKG-Regelungen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. An dieser Stelle kann daher nur auf die grobe Linie eingegangen werden. Bitte erkundigen Sie sich daher nach den Regelungen in Ihrem Bundesland und tragen diese unten ein.

z Indikation Zunächst einmal wird unterschieden nach der Zielrichtung der Zwangsbehandlung. Eine Zwangsbehandlung dient im Wesentlichen einem der beiden folgenden Ziele:

nein

Liegt eine richterliche Zustimmung vor?

Zwangsbehandlung nur möglich nach dem rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) oder gegebenenfalls PsychKG bestimmter Länder

nein

Entscheidung des Patienten muss respektiert werden

. Abb. 5.2  Systematische Darstellung der Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung nach BGB. (Mod. nach Petit und Klein 2013)

Zwangsbehandlung nach § 1906 möglich

ja

ja

nein

nein

Liegt eine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung vor?

ja, diese alleine ist nicht ausreichend!

Liegt die Zustimmung eines rechtlichen Betreuers vor?

ja

ja

Zustimmung des Betreuers genügt, (gegenenenfalls Genehmigung durch Betreuungsgericht: § 1904)

Erfüllt die Behandlung folgende Kriterien: • erforderlich, um drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden • keine andere zumutbare Maßnahme verfügbar • zu erwartender Nutzen muss zu erwartende Beeinträchtigung deutlich überwiegen

nein

Stimmt Patient der Behandlung zu?

ja

5

nein

Patient einwilligungsfähig? Kann Notwendigkeit der Behandlung erkennen und nach dieser Ansicht handeln.

Wann ist eine Zwangsbehandlung möglich?

186 Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

5.5 · Zwangsbehandlung

187

5

z z (1) Ruhigstellung in akuten Gefahrensituationen Ruhigstellung kann erfolgen durch eine alleinige Fixierung. Häufig ist jedoch im Rahmen der Fixierung für eine wirksame Gefahrenabwehr auch eine Zwangsmedikation notwendig. Voraussetzung für eine Ruhigstellung durch Fixierung und/oder Medikamente ist die konkrete Gefahr, dass der Patient gegen Personen gewalttätig wird oder sich selbst tötet oder erheblich verletzt. Das bedeutet, dass eine alleinige Gewalt gegen Sachen im Grunde noch keine Ruhigstellung durch Fixierung und/oder Medikamente rechtfertigt. In der Praxis ist aber oft kaum zwischen Gewalt gegen Sachen (z. B. Zerstörung von Mobiliar) und drohender Gewalt gegen Personen (z. B. Angriff eines Mitpatienten mit einem Tischbein) unterschieden werden. Eine Ruhigstellung durch Fixierung und/oder Medikamente darf nicht erfolgen, wenn diese Gefahr auch anders abgewendet werden kann. Die Ruhigstellung durch Fixierung und/oder Medikamente kann meist bereits ohne Vorliegen einer richterlichen Genehmigung durchgeführt werden.

z z (2) Behandlung der zur Unterbringung führenden Erkrankung (▶ Kriterien bei Unterbringung) Dabei kann es sich sowohl um die Behandlung der psychiatrischen Grunderkrankung handeln als auch um die Behandlung einer somatischen Erkrankung, welche der Patient im Rahmen seiner psychiatrischen Erkrankung ablehnt (z. B. weil er wahnhaft davon überzeugt ist, dass ein Antibiotikum, das er im Rahmen einer lebensbedrohlichen Pneumonie benötigt, ein Gift ist, das ihn unmittelbar nach Verabreichung umbringen wird). Eine Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung sollte normalerweise erst nach richterlicher Genehmigung erfolgen. Es sind jedoch Situationen denkbar, in denen die

188

5

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

Behandlung bereits begonnen werden muss, bevor die richterliche Genehmigung vorliegt (z. B. die eben genannte lebensbedrohliche Pneumonie). Dabei taucht natürlich die Frage auf, welche Form der Behandlung als»Ruhigstellung durch Medikamente« gewertet wird und welche Medikation bereits eine»Behandlung der zur Unterbringung führenden Erkrankung« darstellt. Eine pragmatische Grenze könnte man anhand der Geschwindigkeit des Wirkeintritts und der Dauer der Wirkung ziehen: Wenn die Medikation in kurzem zeitlichen Abstand nach der Applikation zu wirken beginnt und die Wirkung nur so lange anhält, wie eine akute Gefährdung gegeben ist, handelt es sich am ehesten um eine»Ruhigstellung durch Medikamente«. Damit sind beispielsweise die Gabe von Haloperidol und Diazepam in der Notfallsituation gemeint. Aber auch die i.m.Gabe von Zuclopenthixol-Acetat fällt darunter, wenn damit zu rechnen ist, dass unmittelbar nach Abklingen einer kürzer wirkenden Medikation wieder die oben beschriebene Gefahr droht.

z Fragen Bitte klären Sie für Ihr Bundesland: (1) Ruhigstellung durch Medikamente (a) Sieht das PsychKG eine Ruhigstellung durch Medikamente vor? ___________________________________________________ ___________________________________________________

5.5 · Zwangsbehandlung

189

5

(b) Wenn ja: In welchen Fällen? Bei Gewalt gegen Personen (Fremdgefährdung)? Bei drohender erheblicher Selbstverletzung oder Selbsttötung (Eigengefährdung)? ___________________________________________________ ___________________________________________________ (c) Muss vor der Ruhigstellung durch Medikamente eine richterliche Genehmigung oder eine vorläufige Zustimmung der örtlichen Verwaltungsbehörde eingeholt werden? ___________________________________________________ ___________________________________________________ (2) Behandlung der zur Unterbringung führenden Erkrankung (a) Sieht das PsychKG eine Zwangsbehandlung der zur Unterbringung führenden Erkrankung vor? ___________________________________________________ ___________________________________________________ (b) Wenn ja: in welchen Fällen? Bei der psychiatrischen Grunderkrankung? Bei einer lebensbedrohlichen somatischen Erkrankung? ___________________________________________________ ___________________________________________________ (c) Unter welchen Umständen kann mit dieser Behandlung bereits ohne Vorliegen einer richterlichen Genehmigung begonnen werden? Muss in diesem Fall die vorläufige Zustimmung der örtlichen Verwaltungsbehörde eingeholt werden? ___________________________________________________ ___________________________________________________

190

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

5.6  Ablauf bei Fixierung und

Zwangsmedikation

5

Der häufigste Anwendungsfall für die Zwangsbehandlung in der Notfallpsychiatrie ist die Ruhigstellung durch Medikamente zur Abwehr einer akuten Gefahr für andere Personen oder den Patienten selbst. Daher wird im Folgenden nur darauf eingegangen. (1) Wenn eine akute Gefahr vorliegt, ist die Gefahrenabwehr die erste Priorität. Das bedeutet, dass der Patient, wenn nötig, zunächst fixiert wird und dann das weitere Vorgehen geklärt wird (7 Abschn. 2.5.1). (2) Nach der Fixierung lautet die erste Frage: Ist über die Fixierung hinaus eine Zwangsmedikation notwendig, um die Gefahr abzuwenden? 5 Dies ist der Fall, wenn der Patient eine Medikation ablehnt und sich oder andere trotz Fixierung weiter akut gefährdet oder unmittelbar nach Beendigung der Fixierung eine erneute akute Gefahr droht. (3) Die nächste Frage ist: Sieht das PsychKG in Ihrem Bundesland eine Zwangsmedikation mit dem Ziel der Ruhigstellung vor? 5 Wenn ja, kann der Patient bei drohender Gefahr unmittelbar mediziert werden. 5 Wenn nein, halten Sie schnellstmöglich Rücksprache mit Ihrem Hintergrund zum weiteren Vorgehen. Unter Umständen ist eine Medikation im Rahmen des»rechtfertigenden Notstands« möglich. Dieser sieht vor, dass eine strafbare Handlung (die Verletzung des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit des Patienten durch die Zwangsbehandlung) straffrei bleibt, wenn durch diese Handlung ein anderes, höherstehendes Rechtsgut geschützt wird (z. B. das Leben des Patienten).

5.6 · Ablauf bei Fixierung und …

191

5

(4) Wenn die akute Gefahr abgewendet ist, müssen Sie klären, welche Genehmigungen der Zwangsmaßnahmen Sie beantragen. 5 Wenn der Patient bislang nicht untergebracht ist, müssen Sie veranlassen, dass eine Unterbringung beantragt wird. – Wenn Sie nur fixiert aber nicht zwangsmediziert haben, dann ist eine Unterbringung nach BGB möglich, sofern der Patient einen Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigten hat (siehe oben bei Unterbringung nach BGB). – Wenn Sie fixiert und zwangsmediziert haben, dann verlassen Sie die Beantragung der richterlichen Genehmigung von Unterbringung und Fixierung nach PsychKG durch die örtliche Verwaltungsbehörde (z. B. Gesundheitsamt). 5 Wenn der Patient bislang nach BGB untergebracht ist, reicht diese Unterbringung nicht aus, um den Patienten auch ohne vorherige richterliche Genehmigung zur Abwendung einer akuten Gefahr zwangszubehandeln. Selbst bei vorliegender richterlicher Genehmigung zur Ruhigstellung durch Medikamente ist diese nach BGB nur bei Eigengefährdung möglich. Bei Zwangsmedikation wegen Fremdgefährdung müsste, streng genommen, wiederum ein PsychKG beantragt werden. 5 Wenn der Patient bereits nach PsychKG untergebracht ist, müssen Sie überprüfen, ob im Rahmen des Beschlusses auch die Fixierung genehmigt ist. – Wenn nein, dann müssen Sie veranlassen, dass die Genehmigung der Fixierung beantragt wird. Dies geschieht ebenfalls über die örtliche Verwaltungsbehörde (z. B. Gesundheitsamt). – Wenn ja, dann müssen Sie zunächst nichts weiter tun. Dauert die Gefahrensituation an oder ist absehbar, dass sie erneut auftritt und die Fortführung der Zwangsbehandlung als weiterhin notwendig angesehen wird muss diese richterlich genehmigt werden.

192

Kapitel 5 · Zwangsmaß­nahmen in der Notfallpsychiatrie

(5) In jedem Fall müssen Sie am Ende die Indikation zur Zwangsbehandlung, die verabreichte Medikation und die rechtliche Grundlage (BGB, PsychKG, rechtfertigender Notstand) gut dokumentieren.

Literatur

5

Petit M, Klein JP (2013) Psychisch Kranke: Zwangsbehandlung mit richterlicher Genehmigung wieder möglich. Dtsch Arztebl 110(9):A377–A399

193

Serviceteil Abkürzungen – 194 Mini Mental Status Test – 196 Liste der ICD-Codes – 198 Telefonnummern – 207 Stichwortverzeichnis – 209

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 J. Klein et al., Mein erster Dienst - psychiatrische Notfälle, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62993-2

194

Abkürzungen

Abkürzungen Abkürzungsliste Abkürzung

Bedeutung

Erläuterung/ Beispiele

5-HT

5-Hydroxytryptamin

Serotonin

Alpha

Adrenerge AlphaRezeptoren

AES

Alkohol-Entzugssymptom-Skala

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BZD

Benzodiazepine

CBZ

Carbamazepin

d

Tag

DZP

Diazepam

EPS

Extrapyramidalmotorische Symptome

GABA

Gamma-AminoButtersäure

H

Histamin

KI

Kontraindikation

mACh

Muskarinerge Acetylcholinrezeptoren

mg

Milligramm

MNS

Malignes neuroleptisches Syndrom

195

Serviceteil

Abkürzungsliste NW

Nebenwirkung

PsychKG

Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychisch Kranken

PTBS

Posttraumatische Belastungsstörung

QTc

Korrigierte QT-Zeit

► Kardiale NW von Psychopharmaka

Ret

Retard

Verzögerte Freisetzung des Wirkstoffs

SSNRI

Selektiver Noradrenalin und Serotonin Reuptake Inhibitor

Duloxetin, Venlafaxin

SSRI

Selektiver Serotonin Reuptake Inhibitor

Citalopram, Fluoxetin, Sertralin



Halbwertszeit

Tmax

Zeit bis zum Erreichen der maximalen Plasmakonzentration

TZA

Trizyklische Antidepressiva

WW

Wechselwirkung

Heißt in einigen Bundesländern auch anders

Amitriptylin, Doxepin, Trimpramin

196

Mini Mental Status Test

Mini Mental Status Test Mini Mental Status Test Frage nach aktueller Zeit und, wenn nötig, ergänzende Nachfrage bzgl. Jahr, Monat, Wochentag, Tag, Jahreszeit

(für jedes 1 Punkt, maximal 5 Punkte)

Frage nach dem aktuellen Aufenthaltsort (nicht dem Wohnort) und ergänzendes Nachfragen bzgl. Bundesland, Stadt oder Landkreis, Ort oder Stadtteil, Name des Krankenhauses (o.Ä.), Stockwerk oder Station

(für jedes 1 Punkt, maximal 5 Punkte)

Sich drei Begriffe (Apfel, Pfennig, Tisch) zu merken und nachzusprechen

(für jeden 1 Punkt, maximal 3 Punkte)

Von der Zahl 100 die Zahl 7 zu subtrahieren und vom Ergebnis ebenso und sofort, fünfmal (für jedes richtige Zwischenergebnis 1 Punkt, auch wenn vorhergehendes Ergebnis falsch war, aber wiederum richtig sieben subtrahiert wurde) (93, 86, 79, 72, 65)

(für jedes richtige Zwischenergebnis 1 Punkt, maximal 5 Punkte)

Die drei gemerkten Begriffe von Aufgabe 3 zu wiederholen (für jeden 1P)

(für jeden 1 Punkt, maximal 3 Punkte)

Einen Stift und eine Armbanduhr, die gezeigt werden, richtig zu benennen

(für jedes 1 Punkt, maximal 2 Punkte)

Die Phrase»Kein wenn und oder aber« richtig nachzusprechen (1P)

(1 Punkt)

Die drei Anweisungen richtig zu befolgen; ein Blatt Papier zu nehmen, es zu falten, es auf den Boden zu legen

(für jede 1 Punkt, maximal 3 Punkte)

Serviceteil

197

Mini Mental Status Test Die Aufforderung»Augen zu« von einem Blatt zu lesen und zu befolgen

(1 Punkt)

Irgendeinen Satz zu formulieren und aufzuschreiben. Richtige Orthografie und Grammatik sind nicht gefordert, jedoch muss der Satz mindestens ein Subjekt und ein Prädikat enthalten und ohne Vorgabe spontan erdacht werden

(1 Punkt)

Zwei Fünfecke zu zeichnen, die sich überschneiden. Eine Vorlage wird angeboten (► Grafik). (1P)

(1 Punkt)

Auswertung: Werte von 20–26 Punkten im MMST sprechen für eine leichte Demenz, Werte von 10–19 Punkten lassen auf eine moderate bzw. mittelschwere Demenz schließen. Bei einem Wert von 9 Punkten oder weniger wird von dem Vorliegen einer schweren Demenz ausgegangen

SUMME

198

Liste der ICD-Codes

Liste der ICD-Codes In der rechten Spalte der folgenden Tabelle finden Sie die Seite im Buch, auf der Sie die entsprechenden diagnostischen Kriterien nachlesen können bzw. weitere Informationen finden. Bitte beachten Sie, dass in diesem Buch wegen der Fokussierung auf Notfallsituationen nicht die diagnostischen Kriterien für alle im Folgenden genannten psychischen Störungen zu finden sind. Liste der ICD-Codes Code

Bezeichnung

Seite

F00

Demenz bei Alzheimer-Krankheit (G30)

43

F01

Vaskuläre Demenz

F02

Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

F03

Nicht näher bezeichnete Demenz

F04

Organisches amnestisches Syndrom, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt

F05

Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt

F06

Andere psychische Störungen aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit

F07

Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns

42

Serviceteil

199

Liste der ICD-Codes F09

Nicht näher bezeichnete organische oder symptomatische psychische Störung

F10

Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol

F11

Psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide

F12

Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide

F13

Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika

F14

Psychische und Verhaltensstörungen durch Kokain

F15

Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein

F16

Psychische und Verhaltensstörungen durch Halluzinogene

F17

Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak

F18

Psychische und Verhaltensstörungen durch flüchtige Lösungsmittel

F19

Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen

45

Wichtige Nachkommastellen bei substanzbezogenen Störungen .0

Akute Intoxikation [akuter Rausch]

200

Liste der ICD-Codes

Liste der ICD-Codes .1

Schädlicher Gebrauch

.2

Abhängigkeitssyndrom

.3

Entzugssyndrom

.4

Entzugssyndrom mit Delir

.5

Psychotische Störung

.6

Amnestisches Syndrom

.7

Restzustand und verzögert auftretende psychotische Störung

.8

Sonstige psychische und Verhaltensstörungen

.9

Nicht näher bezeichnete psychische und Verhaltensstörung

F20

Schizophrenie

F21

Schizotype Störung

F22

Anhaltende wahnhafte Störungen

F23

Akute vorübergehende psychotische Störungen

F24

Induzierte wahnhafte Störung

F25

Schizoaffektive Störungen

F28

Sonstige nichtorganische psychotische Störungen

F29

Nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychose

F30

Manische Episode

F31

Bipolare affektive Störung

72

79

201

Serviceteil

Liste der ICD-Codes F31.0

Bipolare affektive Störung, gegenwärtig hypomanische Episode

F31.1

Bipolare affektive Störung, gegenwärtig manische Episode ohne psychotische Symptome

F31.2

Bipolare affektive Störung, gegenwärtig manische Episode mit psychotischen Symptomen

F31.3

Bipolare affektive Störung, gegenwärtig leichte oder mittelgradige depressive Episode

F31.4

Bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome

F31.5

Bipolare affektive Psychose, gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen

F31.6

Bipolare affektive Psychose, gegenwärtig gemischte Episode

F31.7

Bipolare affektive Psychose, gegenwärtig remittiert

F31.8

Sonstige bipolare affektive Störungen

F31.9

Bipolare affektive Störung, nicht näher bezeichnet

F32

Depressive Episode

F33

Rezidivierende depressive Störung

83

85

Wichtige Nachkommastellen bei depressiver Episode oder rezidivierender depressiver Störung

202

Liste der ICD-Codes

Liste der ICD-Codes .0

Leichte depressive Episode

.1

Mittelgradige depressive Episode

.2

Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome

.3

Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen

.8

Sonstige depressive Episoden

.9

Depressive Episode, nicht näher bezeichnet

F34.1

Dysthymie

F40

Phobische Störungen

F40.0

Agoraphobie

92 96

F40.1

Soziale Phobien

F40.2

Spezifische (isolierte) Phobien

F40.8

Sonstige phobische Störungen

F40.9

Phobische Störung, nicht näher bezeichnet

F41

Andere Angststörungen

F41.0

Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst)

F41.1

Generalisierte Angststörung

F41.2

Angst und depressive Störung, gemischt

F42

Zwangsstörung

90

203

Serviceteil

Liste der ICD-Codes F43

Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen

F43.0

Akute Belastungsreaktion

F43.1

Posttraumatische Belastungsstörung

F43.2

Anpassungsstörungen

F44

Dissoziative Störungen [Konversionsstörungen]

F45

Somatoforme Störungen

F48

Andere neurotische Störungen

F50

Essstörungen

F51

Nichtorganische Schlafstörungen

F52

Sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht durch eine organische Störung oder Krankheit

F53

Psychische oder Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert

F54

Psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

F55

Schädlicher Gebrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen

F59

Nicht näher bezeichnete Verhaltensauffälligkeiten bei körperlichen Störungen und Faktoren

F60

Spezifische Persönlichkeitsstörungen

100

204

Liste der ICD-Codes

Liste der ICD-Codes F60.0

Paranoide Persönlichkeitsstörung

F60.1

Schizoide Persönlichkeitsstörung

F60.2

Dissoziale Persönlichkeitsstörung

F60.3

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung

F60.31

Borderline-Persönlichkeitsstörung

F60.4

Histrionische Persönlichkeitsstörung

F60.5

Anankastische [zwanghafte] Persönlichkeitsstörung

F60.6

Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung

F60.7

Abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung

F60.8

Sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen

F60.9

Persönlichkeitsstörung, nicht näher bezeichnet

F61

Kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen

F62

Andauernde Persönlichkeitsänderungen, nicht Folge einer Schädigung oder Krankheit des Gehirns

F63

Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle

F64

Störungen der Geschlechtsidentität

F65

Störungen der Sexualpräferenz

105

205

Serviceteil

Liste der ICD-Codes F66

Psychische und Verhaltensstörungen in Verbindung mit der sexuellen Entwicklung und Orientierung

F68

Andere Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen

F69

Nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsund Verhaltensstörung

F70

Leichte Intelligenzminderung

F71

Mittelgradige Intelligenzminderung

F72

Schwere Intelligenzminderung

F73

Schwerste Intelligenzminderung

F78

Andere Intelligenzminderung

F79

Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung

Wichtige Nachkommastellen bei Intelligenzminderung .0

Keine oder geringfügige Verhaltensstörung

.1

Deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert

.8

Sonstige Verhaltensstörung

.9

Ohne Angabe einer Verhaltensstörung

F80

Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache

F81

Umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten

206

Liste der ICD-Codes

Liste der ICD-Codes F82

Umschriebene Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen

F83

Kombinierte umschriebene Entwicklungsstörungen

F84

Tiefgreifende Entwicklungsstörungen

F88

Andere Entwicklungsstörungen

F89

Nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung

F90

Hyperkinetische Störungen

F91

Störungen des Sozialverhaltens

F92

Kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen

F93

Emotionale Störungen des Kindesalters

F94

Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

F95

Ticstörungen

F98

Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

Serviceteil

207

Telefonnummern Telefonnummern Nummern für Patienten Telefonnummer, unter der Patienten in Krisensituationen die örtliche psychiatrische Notaufnahme erreichen können Notunterkunft (in manchen Orten gibt es nach Männern und Frauen getrennte Notunterkünfte) Telefonseelsorge Kontaktdaten für die Planung einer Entgiftungsbehandlung bei Alkohol Kontaktdaten für die Planung einer Entgiftungsbehandlung bei illegalen Drogen Telefonnummer für die Vereinbarung eines ambulanten Vorstellungstermins in der PIA Nummern benachbarter psychiatrischer Kliniken mit Aufahmeverpflichtung oder anderem wichtigen Schwer­ punkt Aufnahmebereich/Spezialgebiet Telefonnummern Nummern für medizinische Notfälle Internistische Notfälle Chirurgische Notfälle Reanimationen Giftnotruf (es gibt verschiedene regionale Gifnotrufzentralen, die vor Ort zuständigen sind im Internet leicht durch eine Suche nach dem Begriff „Giftnotruf“ zu finden, z. B. Giftinformationszentrum Nord in Göttingen: 0551 – 38 31 80)

208

Telefonnummern

Telefonnummern Nummern für Unterbringungen und Zwangs­ behandlungen Polizei (vermisste Person) Für PsychKG-Unterbringungen zuständige örtliche Verwaltungsbehörde (z. B. Gesundheitsamt) Diensthabender Amtsrichter Betreuungsgericht Hintergrundärzte

209

B–H

Stichwortverzeichnis

A

D

Acetylcholin  130 Agoraphobie mit Panikstörung  98 Agranulozytose  146 Alkoholentzugsbehandlung  56 – Clomethiazol  64 – symptomgetriggerte  57, 60 – symptomunabhängige  57 Alkoholkonsum, riskanter  51 Anamnese, Überblick  14 Ängstlichkeit  97 Anpassungsstörung  106 – Differenzialdiagnose depressive Episode  90 Anspannung  112 Antipsychotika – atypische  143 – hochpotente  144 – mittelpotente  144 – niedrigpotente  144 – typische  144

Demenz  47 Depression, agitierte  101 Dopamin  127

B Belastungsreaktion, akute  108 Betreuungsrecht  171 – Unterbringung  171 – Zwangsbehandlung  185 Bipolar-II-Störung  87 Bipolar-I-Störung  87 BorderlinePersönlichkeitsstörung  113

E Einwilligungsfähigkeit  174 Enzephalitis, immunvermittelte  82 Erregung, akute  37 Extrapyramidalmotorische Symptome (EPS)  127

F Fähigkeit, neuropsychologische – Screening  23 Fixierung, Ablauf  30

G Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychisch Kranken  173 Gesprächsführung in Notfallsituationen  13

H Halluzination  79

210

Stichwortverzeichnis

Hautnebenwirkung  134 Herzrhythmusstörung – Beeinlussung durch Psychopharmaka  133 Hyperprolaktinämie  130

I ICD-Code – F43.0 Akute Belastungsreaktion  110 – F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung  110 – F43.2 Anpassungsstörung  107

K Katatonie  69 Konfliktdeeskalation  27 Korsakow-Syndrom  58 Krampfschwelle – Beeinflussung durch Psychopharkama  134

M Malignes Neuroleptisches Syndrom (MNS)  140

N Noradrenalin  127

P Panikstörung  97

Phobie, soziale  101 Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)  108 – Amitriptylin  112 – Betablocker (Propranolol)  111 – Bezodiazepine  108 – debriefing  111 – Doxazosin  112 PsychKG  173 – Unterbringung  181 – Zwangsbehandlung  185 Psychoedukation – Panikstörung  102 – Traumatisierung  108 Psychopharmaka – Alprazolam  161 – Amitriptylin  157 – Bromazepam  161 – Chlordiazepoxid  161 – Chlorprothixen  144 – Citalopram  155 – Clomethiazol  64 – Clonazepam  161 – Clozapin  145 – Diazepam  159 – Doxepin  158 – Duloxetin  157 – Flunitrazepam  161 – Haloperidol  147 – Levomepromazin  149 – Lithium  163 – Lorazepam  160 – Melperon  150 – Midazolam  161 – Milnacipran  157 – Nitrazepam  161 – Olanzapin  151 – Oxazepam  161

211

Stichwortverzeichnis – – – – – –

Pipamperon  152 Sertralin  156 Trimipramin  157 Valproat  165 Venlafaxin  157 Zuclopenthixol  153

R Rapid Cycling  87

S Schizophrenie  80 – Differenzialdiagnose zur Panikstörung  100 Selbstverletzung  112 – nicht-suizidale  115 – suizidale  116 Serotonin  126 Serotoninsyndrom, zentrales  141 Skills  118 Stimmungsstabilisierer  88 Störung – psychotische, vorübergehende  80 – schizoaffektive  80 – substanzbezogene, Kriterien der Abhängigkeit  49 – wahnhafte  80 Stupor  69 Suchtmittelentzug  55 Suchtmittelintoxikation  49 – Differenzialdiagnose zur Schizophrenie  80 Suizidalität  71 Syndrom

R–Z

– anticholinerges  140 – manisches  84 – psychotisches  77 Syndrom, delirantes  45 – Alkoholentzug  63 – Differenzialdiagnose zur Schizophrenie  79 Syndrom, depressives  90 – stationäre Aufnahme  91

T Traumatisierung  105

U Unterbringung – Betreuungsrecht  180 – PsychKG  181

V Validierung  116

W Wahn  77 Wernicke-Enzephalopathie  58

Z Zwangsbehandlung  185 – Betreuungsrecht  185 – PsychKG  185 –