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German Pages 314 [316] Year 2019
Wiebke Glässer Marktmacht und Politik
Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte
Herausgegeben im Auftrag der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte von Carsten Burhop, Christian Kleinschmidt und Werner Plumpe
Band 32
Wiebke Glässer
Marktmacht und Politik Das internationale Kartell der Ölgesellschaften 1960 – 1975
Zugl.: Bonn, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Diss., 2017
ISBN 978-3-11-063322-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-063735-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-063333-7 Library of Congress Control Number: 2018967853 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: Der Präsident der Occidental Petroleum Corporation, Dr. Armand Hammer (l.), mit Libyens Minister of Petroleum Affairs, Khalifa Musa, bei Ölbohrungen in Zueitina, Libyen, 25. April 1968. Quelle: ullstein bild – TopFoto Lektorat: Jutta Mühlenberg, Hamburg Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Für Ralle
Inhalt Danksagung
IX XI
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
. . .
Der globale Ölmarkt 16 17 Der Rohstoff Öl Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage Die Akteure auf dem Ölmarkt 34
. . . . .
41 Die Sieben Schwestern 43 Fremdbild und Selbstbild Porträts der Konzerne 58 Die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten im Vergleich 83 Die Sieben Schwestern und ihre Heimatregierungen Die Zusammenarbeit der Majors 95
. . . .. .. ..
107 Öl im Kalten Krieg Die sowjetische Öloffensive 109 Das russische Öl als externer Schock Reaktionen und Strategien der Majors 126 Orientierung Konsolidierung 139 Professionalisierung 158
. . . . .. .. .. ..
181 Die Sieben Schwestern und die OPEC Die OPEC: Gründung und erste Jahre 183 194 Die OPEC als externer Schock 196 Die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis 208 208 Die Revolution in Libyen 216 Neue Strategien Die Verhandlungen 229 Die Rolle der Heimatregierungen 240
Fazit
252
1
23
119 126
71
VIII
Inhalt
Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen Anhang
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Quellen- und Literaturverzeichnis Register
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Danksagung Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die ich im Dezember 2017 an der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn verteidigt habe. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat meine Dissertation durch eine dreijährige Sachbeihilfe gefördert. Die Studie wurde mit dem Preis der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte ausgezeichnet. Dies ermöglichte mir die Veröffentlichung meiner Dissertation in der Schriftenreihe für Unternehmensgeschichte. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Carsten Burhop für seine wissenschaftliche Betreuung und Förderung. Seine inhaltlichen Impulse und Ratschläge, nicht zuletzt aber auch seine unkomplizierte Art, waren sehr wertvoll für mich. Danken möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Joachim Scholtyseck, der das Zweitgutachten der Arbeit übernommen hat. Die Studie hat durch das sorgfältige Lektorat von Jutta Mühlenberg sehr gewonnen. Mein Interesse für die Wirtschaftsgeschichte haben Jan-Otmar Hesse und Ingo Köhler geweckt. Ihnen danke ich ebenso wie Laura Rischbieter, Heike Wieters, Juliane Hilßner und Kim Primel. Ihre Ratschläge und Unterstützung, aber auch ihre freundschaftliche Verbundenheit waren wichtig für mich. Ich danke Julia und Till Proeger für die Durchsicht der Arbeit und ihren kritischen ökonomischen Blick. Chiara Grommas stand mir nicht nur bei der Verteidigung bei. Claudio Musotto und Laura Fölmer bereicherten mein Leben in Berlin und damit auch die Dissertation ungemein. Bedanken möchte ich mich bei meiner Familie für die uneingeschränkte Unterstützung und die fulminante Doktorparty. Außerdem danke ich meinem Bruder Malte für die Begleitung nach Austin. Von Herzen danke ich Alexander für seinen immerwährenden Rückenwind und Monte Circeo. Über mehrere Jahre konnte ich mich völlig frei einem Thema widmen, das mich meistens sehr interessierte. Ich konnte arbeiten, wann und wo es mir gefiel, manchmal auch an den tollsten Orten der Welt. Diese große Freiheit hat Spaß gemacht und mich sehr bereichert. Berlin, im November 2018
https://doi.org/10.1515/9783110637359-001
Abkürzungsverzeichnis AID Aramco BP CFP CIA CoCom EEC ENI EWG FCO FTC GATT HMG IEA IOP IPC Jersey KOC LARG LPG NARA NANY NATO NIOC NPC OECD OPEC PRWG Socal Socony Texaco TNA TPC UdSSR UN UNCTAD USG
Agency for International Development Arabian American Oil Company British Petroleum Compagnie Française des Pétroles Central Intelligence Agency Consultative Group Coordination Committee European Economic Community Ente Nazionale Idrocarburi Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Foreign and Commonwealth Office Federal Trade Commission General Agreement on Tariffs and Trade Her Majestyʼs Government Internationale Energieagentur Iranian Oil Participants Irak Petroleum Company Standard Oil Company of New Jersey Kuwait Oil Company Libyan Arab Republic Government London Policy Group The National Archives at College Park, Maryland The National Archives at New York City North Atlantic Treaty Organization National Iranian Oil Company National Petroleum Council Organisation for Economic Co-operation and Development Organization of the Petroleum Exporting Countries Public Relation Working Group Standard Oil Company of California Standard Oil Company of New York Texas Oil Company The National Archives of the UK Turkish Petroleum Company Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken United Nations United Nations Conference on Trade and Development United States Government
https://doi.org/10.1515/9783110637359-002
1 Einleitung Anfang Oktober 1973 erhöhte die Organization of the Petroleum Exporting Countries (OPEC) den Richtpreis für Öl. In der Folge vervierfachte sich auch der Marktpreis für Öl. Die Ölpreiskrise als allumfassendes, einschneidendes Ereignis, das der Zeit anhaltenden Wirtschaftswachstums der westlichen Industrienationen ein Ende setzte, fand als wesentliche Zäsur Eingang in die Geschichtsschreibung der Nachkriegszeit. Die Zeit „nach dem Boom“¹ war erreicht. Das Ausmaß und die potenziellen Folgen des Ölpreisschocks schienen zunächst schwer zu erfassen, denn seit mehr als fünfzig Jahren lagen die Produktion und der Handel mit Erdöl – und damit auch das Informationsmonopol – in den Händen von sieben internationalen Ölkonzernen, den sogenannten Sieben Schwestern oder Majors.² Mit aufwendigen, kapitalintensiven Explorationsverfahren hatten sich die Unternehmen Zugang zu den weltweit größten Ölvorkommen und damit zum „Treibstoff der Weltwirtschaft“³ des 20. Jahrhunderts verschafft. 1971 dominierten die Sieben Schwestern zusammen mehr als 70 % der weltweiten Ölproduktion. Sie organisierten nicht nur die Förderung von Rohöl, sondern auch den Transport, die Weiterverarbeitung, den Vertrieb und die Vermarktung. Jede der Sieben Schwestern verfügte über eine eigene Tankerflotte, eigene Raffinerien sowie ein eigenes Vertriebsnetzwerk. Der Bedeutungsgewinn von Öl als Energieträger in Zeiten von Massenmotorisierung und Wirtschaftswunder führte dazu, dass sich seit den 1950er-Jahren zunehmend politische Interessen auf dem Ölmarkt formierten. Die Sieben Schwestern gerieten dadurch in Konflikte zwischen Konsumenten- und Produzentenländern, da sie für die Balance zwischen Angebot und Nachfrage der regional ungleich verteilten Ressource verantwortlich waren. Sie verkauften Rohöl und Ölprodukte und stellten damit die Energieversorgung der vornehmlich rohstoffarmen westlichen Industrienationen sicher. Damit einhergehend entschieden sie auch über die Höhe der staatlichen Einnahmen aufstrebender, rohstoffreicher Entwicklungsländer im Mittleren und Nahen Osten sowie in Nordafrika, wo sich
Vgl. Doering-Manteuffel/Raphael, Boom. Dazu zählten fünf US-Konzerne: Standard Oil Company of New Jersey (Jersey/Esso, später Exxon, ab 1999 ExxonMobil), im Folgenden Exxon; Standard Oil Company of New York (SoconyVacuum, später Mobil, ab 1999 ExxonMobil), im Folgenden Mobil; Standard Oil Company of California (Socal, später Chevron), im Folgenden Socal; Texas Fuel Company (Texaco), im Folgenden Texaco, und Gulf Oil, im Folgenden Gulf. Außerdem gehörten zwei europäische Ölgesellschaften dazu: Royal Dutch/Shell Group, im Folgenden Shell, und Anglo-Persian Oil Company (ab 1954 British Petroleum [BP]), im Folgenden BP. Tugendhat, Erdöl. https://doi.org/10.1515/9783110637359-003
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ein Großteil der weltweiten Ölreserven befand. Die Firmen verhandelten gleichermaßen mit demokratischen Regierungen, diktatorischen Machthabern und Königen über Lieferverträge, Konzessionen und Produktionszahlen. Mit ihren weitreichenden Funktionen begaben sie sich auf das internationale politische Parkett und agierten in einem hochkomplexen Geflecht wirtschaftlicher und politischer Interessen. Internationale Konflikte wie der Kalte Krieg, die Dekolonisation oder auch der Nahostkonflikt führten zu zahlreichen politischen Interventionen auf dem Ölmarkt und damit zu neuen Herausforderungen für die Sieben Schwestern. Beispielsweise exportierte die Sowjetunion Anfang der 1960er-Jahre große Mengen billiges Rohöl nach Westeuropa – eine politisch motivierte Veränderung des Angebots, die zum Verfall des Marktpreises führte. Die ölexportierenden Länder gründeten 1960 die OPEC – ein staatliches Kartell, das Mitbestimmungsrechte über die eigenen Ressourcen und die damit erzielten Gewinne einforderte. Die arabischen Ölexportstaaten verhängten 1973 ein Ölembargo gegen die USA und die Niederlande, um den politischen Druck im Rahmen des Nahostkonflikts zu erhöhen. Der Zugriff auf Öl geriet zunehmend zu einer politischen Machtfrage. Wer hatte in der Nachkriegszeit die Verfügungsgewalt über den wichtigsten Primärenergieträger? Wer legte Produktionsquoten oder Preise fest und war damit in der Lage, die Entwicklung ganzer Volkswirtschaften zu beeinflussen? Für die Konzerne selbst waren diese machtpolitischen Fragen zweitranging. Als privatwirtschaftliche Akteure auf dem Markt beruhte ihr Interesse vor allem auf einem günstigen Zugang zu Öl und der Steigerung ihrer Gewinne. Dennoch sahen sie sich gezwungen, die wachsende machtpolitische Relevanz des Öls in ihren unternehmerischen Strategien zu berücksichtigen. In der Forschungsliteratur wird in diesem Zusammenhang die These vertreten, dass sich mit dem Ölpreisschock von 1973 ein Souveränitätswechsel auf dem Ölmarkt vollzogen habe.⁴ Die Exportstaaten hätten das Ruder übernommen, während sich die Sieben Schwestern den Forderungen passiv ergaben. Diese Annahme resultiert vor allem aus der politischen Wahrnehmung der Ölpreiskrise, im Rahmen derer sich die vom Öl abhängigen westlichen Industrienationen von rohstoffreichen Entwicklungsländern eine Vervierfachung des Ölpreises diktieren lassen mussten. Die Rolle der Sieben Schwestern bleibt dabei weitgehend unberücksichtigt, vielmehr wird vom Souveränitätsverlust ihrer Heimatstaaten im weltpolitischen Kontext auf den ökonomischen Machtverlust der Konzerne geschlossen. Angesichts der langfristig gewachsenen Unternehmensstrukturen, der internationalen Reichweite und der
Vgl. z. B. Hohensee, Ölpreisschock, S. 40; Merrill, Oil Crisis, S. 31 f.; Priest, Shifting Sands, S. 118; Venn, Oil Diplomacy, S. 136; Yergin, Preis, S. 703 f.
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marktbeherrschenden Stellung der Majors sind allerdings Zweifel an dieser These angebracht. Auch die Rekordgewinne der Konzerne auf dem Höhepunkt der Ölpreiskrise sprechen eher gegen diese Einschätzung. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Frage, wie sich die Unternehmen in der Phase der Transformation zwischen 1960 und 1975 tatsächlich entwickelten. Wie reagierten die Majors auf die vielfältigen externen Schocks? Wie konnten sie in der komplexen Gemengelage wirtschaftlicher und politischer Interessen weiter ihre unternehmerischen Ziele verfolgen? Welche Strategien entwickelten sie, um ihren Erfolg und ihre starke Position auf dem Markt zu sichern? Behinderte die Politisierung des Marktes das Handeln der Majors, oder gelang es ihnen, politische Interessen für ihre Ziele zu nutzen und strategisch einzubinden? Zu fragen ist auch, wie einzelne Ereignisse, etwa die Ölpreiskrise, in die langfristige Perspektive der Konzerne einzuordnen sind. Stellten sie eine Zäsur dar, welche die wirtschaftliche Organisation und Marktstellung der Unternehmen veränderte? Oder konnten sie auf Erfahrungen aus früheren Schocks zurückgreifen, welche eine rasche Anpassung an die neue Situation ermöglichten? Im Folgenden wird der Versuch unternommen, neue Perspektiven auf die Geschichte des Ölmarktes in der dynamischen Phase von 1960 bis 1975 aufzuzeigen. Ziel ist es, die Strukturen und Strategien der internationalen Ölgesellschaften und deren Wandel zu erklären. Märkte stellen dynamische Konglomerate dar, die dem Einfluss zahlreicher Faktoren unterliegen. Ihre Funktionsweisen sind weder durch die Analyse punktueller Ereignisse noch durch eine quantitative Rekonstruktion von Angebot und Nachfrage erklärbar. Auch die Untersuchung eines einzelnen Marktakteurs oder die Betrachtung eines regional oder funktional begrenzten Marktsegments erscheint wenig aussagekräftig. Vielmehr war der Ölmarkt aufgrund seiner Angebots- und Nachfragestruktur seit jeher einer der am stärksten globalisierten Märkte, dessen Komplexität dadurch besonders geprägt wurde. Unternehmen mussten dieser globalen Dimension Rechnung tragen, um erfolgreich auf dem Markt bestehen zu können. Die ungleiche geografische Verteilung der Ölvorkommen erwies sich aber auch für Staaten von erheblicher politischer Relevanz, zumal gerade die westlichen Industrienationen den Energieträger Öl nicht substituieren konnten. Gleichzeitig generierten die ölexportierenden Länder einen Großteil ihrer Staatseinnahmen über die Vergabe von Konzessionen. Diese Umstände führten dazu, dass staatliche Akteure zunehmend auf dem Markt intervenierten – sei es im Rahmen internationaler Konflikte oder in Form von nationalstaatlicher Regulierung. Die Reichweite der politischen Akteure auf dem Ölmarkt erwies sich allerdings meist als begrenzt und Interventionen konnten selten ohne eine Involvierung der Sieben Schwestern durchgesetzt werden. Aus diesem Grund ist es vielversprechend, im Rahmen einer historischen Untersu-
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chung den Fokus auf die führenden Ölkonzerne zu legen. Die Unternehmen agierten an wichtigen Schnittstellen zwischen Angebot und Nachfrage über Landesgrenzen hinweg. Während sich die politischen Bedingungen sowie auch die Akteure auf dem Markt zum Teil sehr stark veränderten, blieben die Konzerne kontinuierlich in zentralen Funktionen aktiv. Sie positionierten sich in einem komplexen Akteursumfeld und stellten sowohl Ansprechpartner für Import- und Exportländer als auch mögliche Kooperationspartner für andere Unternehmen dar. Die enge Zusammenarbeit und die starke Stellung der Majors in der Erdölproduktion führten dazu, dass die Sieben Schwestern in der zeitgenössischen Publizistik und auch in der Forschungsliteratur immer wieder als Kartell bezeichnet wurden.⁵ Populärwissenschaftliche Veröffentlichungen zur Ölindustrie verstärkten die normativen Deutungsmuster, die mit plakativen, zum Teil anklagenden Bewertungen einhergehen. Die vorliegende Arbeit grenzt sich von dieser Betrachtungsweise ab und unternimmt den Versuch, durch eine quellengestützte historische Analyse ein differenzierteres Bild der Sieben Schwestern zu zeichnen. Dabei werden die Begriffe Marktmacht und Kartell anknüpfend an die wirtschaftswissenschaftliche Literatur als analytische Kategorien verwendet. Die Phase zwischen 1960 und 1975 bietet sich besonders als Untersuchungszeitraum für die Analyse des Ölmarktes und der Sieben Schwestern an, da in ihr zahlreiche Veränderungen eintraten. In der direkten Nachkriegszeit gelang es den Majors, ihre internationale Präsenz zu erhöhen. So erlangten sie Mehrheitsanteile in allen zentralen Konsortien der aufstrebenden Ölexportländer des Mittleren und Nahen Ostens sowie Nordafrikas. Seit 1947 teilten sich zum Beispiel vier US-Majors das saudi-arabische Konsortium Arabian American Oil Company (Aramco) und seit 1953 gehörte – gemeinsam mit weiteren kleineren Anteilseignern – sogar allen sieben Konzernen die National Iranian Oil Company (NIOC).⁶ Aber auch in anderen großen Ölexportstaaten wie etwa in Venezuela oder den USA selbst beherrschten die Konzerne die Ölproduktion. Außerdem bauten die Unternehmen ihr weltweites Raffinations- und Vertriebsnetzwerk aus. Die ersten Nachkriegsjahre bis etwa 1960 zeichneten sich durch eine relative Stabilität aus. Ein Großteil der Forschungsliteratur geht sogar von einer längeren Phase aus und terminiert tiefgreifende Veränderungen erst auf den Zeitraum der Ölpreiskrise 1973/74. Dieser Eindruck entsteht dann, wenn der Fokus vordergründig auf die Vgl. z. B. Blair, Control; Luciani, Oil Companies; Frankel, Essentials; Sampson, Schwestern; Archivio Storico di ENI, Busta 19, Collocazione H.II.2, CIA Current Intelligence Weekly, 14.07.1960. Aramco-Anteile: Exxon 30 %, Socal 30 %, Texaco 30 %, Mobil 10 %; NIOC-Anteile: BP 40 %, Royal Dutch/Shell 14 %, Exxon 7 %, Mobil 7 %, Socal 7 %, Gulf 7 %, Texaco 7 %, Total 6 %, einige unabhängige US-Independents 8 %.
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volkswirtschaftlichen und politischen Konsequenzen der Krise in den westlichen Industrienationen gelegt wird. Der Markt unterlag allerdings schon weitaus früher einem Wandel. Das gilt für die politisch-institutionellen Rahmenbedingungen sowie für die Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Der weltweite Konsum von Öl verdoppelte sich zwischen 1960 und 1975 und stieg mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 6,5 % von 1.060 Millionen Tonnen auf 2.192 Millionen Tonnen an.⁷ Insbesondere Japan und die westeuropäischen Länder, die kaum über eigene Ressourcen verfügten, wurden von Ölimporten abhängig. Das Angebot erhöhte sich durch die Entdeckung neuer, großer Erdölaufkommen vor allem in afrikanischen Ländern, etwa in Libyen und Nigeria in den 1960er-Jahren. Darüber hinaus entwickelte sich die Sowjetunion, die außerhalb des Einflussbereichs der Majors lag, Anfang der 1960er-Jahre zu einem zentralen Ölexporteur. Mit der Gründung der OPEC 1960 trat zudem ein gänzlich neuer Akteur auf den Markt. Sowohl die Organisation selbst als auch einzelne Ölexportstaaten drängten bereits in den 1960er-Jahren auf höhere Produktionsquoten und Gewinnbeteiligungen. Außerdem wurden zunehmend neue Unternehmen, die sogenannten Independents, auf dem Markt aktiv. Sie agierten oft nur in einem Bereich des Ölgeschäfts oder einer bestimmten Region, was dazu führte, dass sich die Konkurrenzsituation verschärfte. Auch die Ölimportländer realisierten zunehmend ihre wachsende Abhängigkeit und versuchten, ihre Versorgung zu sichern. Spätestens seit 1971 traf das auch auf die USA zu, die 1970 den sogenannten Peak Oil⁸ erreichten und sich vom Nettoexporteur zum -importeur entwickelten. Auch blieb das weltpolitische Geschehen nicht ohne Folgen für den Ölmarkt. Der Kalte Krieg und das Ringen um Einfluss insbesondere im Mittleren und Nahen Osten waren für die US-Regierung handlungsleitend. Die Dekolonisation und die verstärkten Unabhängigkeitsbestrebungen der Entwicklungsländer hatten ebenfalls Einfluss auf den Ölmarkt.⁹ Dieser kursorische Überblick macht deutlich, dass sich der globale Ölmarkt im ausgewählten Untersuchungszeitraum aufgrund zahlreicher Faktoren tiefgreifend wandelte. Die Phase erscheint daher für eine Analyse der unternehmerischen Anpassungsprozesse als besonders vielversprechend. Die vorliegende Arbeit nimmt diesen Zeitraum in den Blick und unternimmt den Versuch, Stra-
Eigene Berechnungen auf der Basis des Statistical Reviews of the World Oil Industry, BP, 1960 – 1975. Peak Oil bezeichnet das Maximum der Erdölförderung eines Landes. Der Begriff „Peak Oil“ geht auf Marion King Hubbert zurück, der bereits in den 1950er-Jahren das Ölfördermaximum für die USA in den späten 1960er-Jahren oder frühen 1970er-Jahre voraussagte. Vgl. Newton, World Energy, S. 54 f. Vgl. Garavini, Decolonization.
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tegien und strukturelle Anpassungen der Konzerne nicht nur punktuell, sondern in ihrer Entwicklung zu analysieren. Ausgangspunkt bilden dabei zwei zentrale Untersuchungshypothesen: Die erste Hypothese bezieht sich auf die ökonomische Stellung der Konzerne und besagt, dass die Sieben Schwestern – entgegen der gängigen Annahmen – ihre Marktmacht zwischen 1960 und 1975 erhalten haben. Die Argumentation folgt hier zunächst der betriebswirtschaftlichen Entwicklung der Konzerne, die dafür spricht, dass die Unternehmen auch in einer Phase von Krisen und politischen Interventionen in der Lage waren, effizient zu agieren und erfolgreich zu bleiben. Die Gründe dafür lassen sich vor allem in der langfristigen Entwicklung der Unternehmen vermuten. Die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen der Majors lassen auf eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit schließen, die es im Rahmen der Arbeit zu untersuchen gilt. Marktmacht wird in diesem Zusammenhang nicht nur an der betriebswirtschaftlichen Entwicklung gemessen. Vielmehr legt die Arbeit einen mehrdimensionalen Begriff von Marktmacht zugrunde, der neben den im engeren Sinne ökonomischen Indikatoren wie etwa Marktanteilen auch politisch-institutionelle Aspekte berücksichtigt. Letztere beziehen sich vor allem auf den Einfluss der Unternehmen auf die auf dem Markt geltenden Strukturen und Aushandlungsprozesse. Die zweite Hypothese geht davon aus, dass die Majors spezifische Strategien entwickelten, um mit internationalen politischen Veränderungen und Machtverschiebungen umzugehen. Sie passten nicht nur ihre Organisationsstrukturen an, sondern schufen spezifische Instrumente zur Durchsetzung ihrer Interessen im politischen Raum. Zwei Strategien waren dabei besonders erfolgreich: Kooperation und politischer Lobbyismus. Die Zusammenarbeit der Sieben Schwestern basierte auf historisch gewachsenen Erfahrungen. Der Ursprung lässt sich bereits in der Zerschlagung der Standard Oil Company 1911 und in einer fortbestehenden Nähe und Kooperationsbereitschaft der überwiegend regional aufgeteilten Einzelunternehmen finden. 1928, in einer Phase der Überproduktion, einigten sich zudem alle sieben Unternehmen im Rahmen des Achnacarry-Abkommens über feste Marktanteile, Produktionsquoten und die Aufteilung von Fördergebieten. Obwohl das Abkommen in der Nachkriegszeit offiziell nicht mehr existierte, setzten die Unternehmen ihre Kooperationen fort. Es entstanden die unter den Majors aufgeteilten Konsortien und eine Vielzahl weiterer gemeinsamer Projekte etwa im Bereich der Exploration oder im Pipelinebau. Darüber hinaus entwickelten die Unternehmen kooperative Maßnahmen informeller Natur als Reaktion auf die Politisierung des Ölmarktes. So gründeten die Ölgesellschaften 1962 die Oil Group, ein geheimes Austauschforum, um gemeinsame Strategien zur Beschränkung der sowjetischen Ölexporte zu formulieren. Auch auf die Forderungen der OPEC-Staaten reagierten
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die Majors mit Zusammenarbeit, koordinierten ihre Strategien und traten in Verhandlungen als Team auf. Die vorliegende Studie untersucht diese Formen der Kooperation und fragt danach, wie sich das Kartell ohne Vertrag organisierte und wie es gestaltet war. Wann und warum lagen Interessenkoalitionen der Unternehmen vor und wie versuchten sie, diese gemeinsam durchzusetzen? Die Firmen werden hier einerseits als Akteurskollektiv verstanden, andererseits müssen aber auch ihre jeweiligen Interessen, Ausrichtungen und Beziehungen berücksichtigt werden. Daher wird auch danach gefragt, in welchem Verhältnis die individuellen Unternehmensziele der Majors, die sich weiterhin in Konkurrenz zueinander befanden, und die übergeordneten gemeinsamen Interessen standen. Für diese Fragen bietet sich ein Rückgriff auf die Kartelltheorie an. Diese ist vor allem durch wirtschafts- und rechtswissenschaftliche Debatten geprägt und fand selten Eingang in historische Diskussionen.¹⁰ In der vorliegenden Arbeit wird von folgender Definition ausgegangen: Ein Kartell ist eine freiwillige schriftliche oder mündliche Absprache zwischen selbstständig handelnden Akteuren auf einem Markt zur Festlegung oder Beeinflussung bestimmter Aktionsparameter mit dem Ziel der Erfolgssicherung.¹¹ Diese offene Charakterisierung eines Kartells kann auf die Sieben Schwestern angewendet werden. Spezifisch für die Situation auf dem Ölmarkt war, dass es sich um internationale Kooperationen handelte, die nicht nur nationale Märkte, sondern den globalen Ölmarkt betrafen. Es gilt zu untersuchen, wie die Unternehmen ihre Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg organisierten und welche spezifischen Merkmale das Kartell aufgrund seiner internationalen Ausrichtung ausbildete. Die Tendenz zur Kartellierung war bereits frühzeitig auf dem Ölmarkt angelegt und fand später sogar unter staatlicher Ägide statt, wie das Beispiel der OPEC zeigt. Im Folgenden werden die Ursachen der Kartellierung untersucht. Hier stehen sich in der Theorie zwei viel diskutierte Ansätze gegenüber: Die These von Friedrich von Kleinwächter, Kartelle seien Produkte wirtschaftlicher Krisen, und das Gegenargument von Robert Liefmann. Letzterer betont, dass Kartellierung ein strategisches Element unternehmerischen Handelns darstelle, das auch unabhängig von Krisen zur Gewinnmaximierung eingesetzt werde.¹² Einen weiteren
Die Kartelltheorie geht auf die neoklassische Theorie zurück, die die Kartellforschung bis zur Zwischenkriegszeit dominierte. Der österreichische Nationalökonom Friedrich von Kleinwächter verfasste die erste wirtschaftswissenschaftliche Monografie zur Theorie von Kartellen: Die Kartelle. Ein Beitrag zur Frage der Organisation der Volkswirthschaft, Innsbruck 1883. Einen Überblick über die Entwicklung der Kartelltheorie und Forschung geben z. B. Barnikel, Theorie; Enke, Kartelltheorie; Fear, Cartels; Jovovic, Deutschland; Schröter, Kartellierung; ders., Kartellverbot. Vgl. Brems, Cartels, S. 52. Vgl. Liefman, Kartelle; Liefman, Cartels.
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Erklärungsansatz für die Bildung von Kartellen bietet die Institutionenökonomik. Insbesondere die Transaktionskostentheorie kann hier Anwendung finden. Das Kartell bietet seinen Mitgliedern die Möglichkeit, Transaktionen über die Kartellorganisation durchzuführen, auf diesem Weg Transaktionskosten zu sparen und effizienter zu wirtschaften.¹³ Die verschiedenen Ansätze zur Erklärung von Kartellierung können am Beispiel der Ölgesellschaften überprüft werden. Was motivierte die Konzerne zur Zusammenarbeit und welchen Einfluss übten dabei externe Schocks und Krisen auf dem Markt aus? Darüber hinaus wird untersucht, welche Faktoren für den Erfolg des Kartells von Bedeutung waren. Dies betrifft vor allem die Frage der Stabilität. Vorherrschend ist dabei die These, dass Kartelle grundsätzlich instabile Organisationsformen darstellen. Die Mitglieder, so argumentiert etwa George J. Stigler, seien mit Unsicherheiten und unvollständigen Informationen bezüglich der anderen Kartellteilnehmer konfrontiert und es bestehe ein kontinuierliches Risiko, dass einzelne Mitglieder sich nicht an die gemeinsamen Absprachen hielten. Das sogenannte „cheating“ sei deshalb der häufigste Grund für den Zusammenbruch eines Kartells. Stabilität könnten demnach vor allem Kartelle vorweisen, die auf harten vertraglichen Konditionen basierten und über Sanktionsmechanismen verfügten.¹⁴ Am Beispiel der Ölgesellschaften werden diese Erfolgsfaktoren infrage gestellt. So waren die Majors in der Lage, über lange Zeiträume ihre Kooperation ohne formalen Vertrag stabil zu halten und weiterzuentwickeln.¹⁵ Neuere Forschungen gehen davon aus, dass Erfahrungen und Lerneffekte Einfluss auf die Stabilität von Kartellen haben.¹⁶ Die Annahme basiert auf spieltheoretischen Überlegungen, die zeigen, dass sich die Kooperationsbereitschaft erhöht, wenn bereits eine positive Erfahrung mit dem jeweiligen Partner aus der Vergangenheit besteht. Auch hier gibt es Anknüpfungspunkte zu dem Kartell der Ölgesellschaften. Es ist zu fragen, inwieweit gemeinsame Erfahrungen auf neue Zusammenschlüsse angewendet werden konnten und ob dies die Organisation der Zusammenarbeit verbesserte. Überdies gilt es zu analysieren, inwiefern gegenseitige Abhängigkeitsverhältnisse zur Stabilität von Kartellen beitragen. Das komplexe Kooperationsgeflecht der sieben Ölgesellschaften schuf Interdependenzen, die in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Rolle spielten. Der neoklassisch geprägte Kartellbegriff geht von einem vollkommenen Markt aus, auf dem der Wettbewerb durch ein Kartell vollständig ausgeschaltet wird. Externe Einflussfaktoren wie beispielsweise sich wandelnde politische und wirt
Vgl. z. B. Nocken, German Cartels, S. 277 f.; Wells, Antitrust, S. 6 f. Vgl. Stigler, Theory. Siehe zur Stabilität von Kartellen auch Grossman, Cartels; Levenstein/Suslow, Cartel. Vgl. z. B. Storli, Cartel Theory.
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schaftliche Rahmenbedingungen oder neu auftretende Konkurrenzen werden nicht berücksichtigt. Diese Faktoren spielten allerdings auf dem Ölmarkt zwischen 1960 und 1975 eine zentrale Rolle. Es stellt sich die Frage, wie sich das Kartell der Majors in diesem Zeitraum wandelte und wie sich die Ziele, Instrumente und Ergebnisse der Kartellierung veränderten. Dabei wird nicht angestrebt, einen feststehenden Status quo zu beschreiben, sondern vor allem den Wandel des Kartells im Kontext der sich verändernden Rahmenbedingungen herauszuarbeiten. Die Kooperation der Sieben Schwestern diente den Unternehmen als Strategie, um ihre Macht auf dem Ölmarkt zu erhalten. Sie war damit unweigerlich mit dem zweiten Reaktionsmuster, dem politischen Lobbyismus, verbunden. Damit die Zusammenarbeit der Konzerne trotz der Antikartellgesetze stattfinden konnte, mussten die Unternehmen Einfluss auf politische Entscheidungsträger nehmen. Die Machtausübung im politischen Raum gelang den Majors offenbar nicht selten. So erließ das Department of Justice der Vereinigten Staaten mehrere Ausnahmeregelungen hinsichtlich der Antitrust-Gesetze und ermöglichte punktuell die Zusammenarbeit der Konzerne. Bei dieser Art von Entgegenkommen – so ist zu vermuten – handelten die Heimatregierungen der Majors nie uneigennützig, sondern verfolgten ihrerseits ein rationales Handlungskalkül. Im Folgenden wird danach gefragt, an welchen Punkten die politischen Interessen mit denen der Unternehmen übereinstimmten. Dabei wird insbesondere untersucht, ob und welche Versuche die Majors unternommen haben, um Interessenkoalitionen herzustellen, um dadurch Vorteile zu erlangen. Die Interessenkonvergenzen und die spezifischen Bedingungen des Ölmarktes führten zu einer besonderen Form des Lobbyismus, der multinational ausgeprägt war. Das legt insbesondere die globale Struktur des Ölmarktes nahe. So ist anzunehmen, dass die Unternehmen auf nationaler und auch auf internationaler Ebene im politischen Raum aktiv wurden. Dabei gilt es, auch die Rolle von internationalen Organisationen zu untersuchen. Klassische Theorien zum Lobbyismus gehen davon aus, dass die Durchsetzung unternehmerischer Interessen im politischen Kontext vorwiegend indirekt durch Lobbyisten stattfindet. Diese agieren in politischen Kontexten, beschaffen Informationen und formulieren Interessen in politisch relevanten Gremien.¹⁷ In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts betrafen viele Entwicklungen des Ölmarktes politische Fragen höchster Relevanz. Das galt nicht nur für die Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch für zentrale wirtschaftspolitische Entscheidungen. Aus diesem Grund mussten
Einen guten Überblick zur Theorie von Interessengruppen und Lobbyismus bieten: Baumgartner/Leech, Basic Interest; Drutman, Business; Leech, Lobbying; von Winter, Korporatismus.
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auch die Majors ihre Interessen auf höchster politischer Ebene platzieren. Es stellt sich die Frage, wie und ob es den Majors gelang, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen, die eine internationale Reichweite hatten. Die vorliegende Arbeit untersucht in diesem Zusammenhang einerseits direkte Kontakte zwischen Regierungen und der obersten Führungsebene der Sieben Schwestern. Andererseits werden Persönlichkeiten in den Blick genommen, die über die klassische Definition von Lobbyisten hinausgehen. Beispielhaft sei John J. McCloy genannt, der als externer Jurist ab 1962 beratende und vermittelnde Funktionen für alle Sieben Schwestern übernahm. McCloys Grad der Vernetzung und Anerkennung im politischen Raum sowie sein Einfluss lassen eine spezifische Form des Lobbyismus vermuten, die stark von einzelnen Persönlichkeiten abhing. Das wechselseitige Verhältnis zwischen den staatlichen Akteuren und den Unternehmen mit ihren Agenten sowie die Aushandlungsprozesse und deren Ausgang werden nachfolgend untersucht. Die Analyse der Sieben Schwestern und des Ölmarktes ermöglicht es, verschiedene Themenkomplexe miteinander zu verknüpfen. Dazu zählen die Geschichte des Ölmarktes und der internationalen Ölindustrie, ferner die Genese von internationalen Kartellen und multinationalen Konzernen. Gleichzeitig gibt es vielseitige Anknüpfungspunkte an die internationale Politik- und Zeitgeschichte der Nachkriegsjahrzehnte. Mit dem Ölmarkt wird eine Branche in den Blick genommen, die für die wirtschaftliche Entwicklung der westlichen Industrienationen nach dem Zweiten Weltkrieg einen zentralen Faktor darstellte. Trotz der Schlüsselstellung der Majors in diesem Kontext haben Forschungen zur Entwicklung des Ölmarktes nach 1945 die Rolle dieser Unternehmen bislang wenig berücksichtigt.¹⁸ Im Mittelpunkt der meisten Studien stehen die politischen Akteure auf dem Ölmarkt. Dabei geht es um die unmittelbaren Auslöser der Ölpreiskrise sowie deren politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen.¹⁹ Das betrifft sowohl ältere Studien als auch neueste Forschungen. Rüdiger Graf nimmt in seiner Monografie Öl und Souveränität ²⁰ zwar eine längerfristige Perspektive in den Blick und kann nachweisen, dass die Ölpreiskrise kein überraschendes Ereignis war, widmet sich allerdings auch vorwiegend politischen Akteuren und lässt die Konzerne weitgehend unbeachtet. Der kürzlich
Vgl. Adelman, World; ders., Genie; Beltran (Hg.), Oil; Blair, Control; Hartshorn, Oil Trade; Luciani, Oil Companies; Mitchell, Democracy; Odell/Rees (Hg.), Oil Industry; Parra, Oil Politics; Penrose, Structure; Tugendhat, Oil; Turner, Oil; Venn, Oil Diplomacy; Wilkins, Oil Companies; Yergin, Prize. Vgl. Bösch/Graf (Hg.), Energy Crisis; Hohensee, Ölpreisschock; Jacobs, Struggle; Keiser, Energiekrise; Licklider, Power; Lifeset, Understanding; Merrill, Oil Crisis; Venn, Oil Crisis. Vgl. Graf, Öl und Souveränität.
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erschienene Sammelband von Elisabetta Bini, Giuliano Garavini und Federico Romero zum Oil Shock ²¹ beleuchtet die Ölpreiskrise als globales Phänomen. Der Band beinhaltet auch Beiträge, die sich mit der Rolle der Majors auseinandersetzen, an die angeknüpft werden kann.²² Nicht nur Studien über den Ölmarkt schenkten den Konzernen bisher wenig Aufmerksamkeit, auch von unternehmenshistorischer Seite gibt es hierzu wenige Arbeiten. Zwar wurden für einige Firmen die Unternehmensgeschichten erarbeitet, jedoch genügen diese kaum geschichtswissenschaftlichen Ansprüchen. Aufgebaut werden kann allerdings auf James Bambergs Arbeit zu BP und in Ansätzen auch auf Bennett H. Walls Untersuchung über Exxon sowie Joost Dankers Rekonstruktion der Geschichte von Shell, die jeweils einen detaillierten Überblick zur Unternehmensentwicklung der einzelnen Unternehmen liefern.²³ Der Fokus dieser Studien liegt allerdings auf den einzelnen Firmen und ihren Strategien. Die vorliegende Arbeit nimmt demgegenüber eine neue Perspektive ein, indem sie die Ölgesellschaften als Akteursgruppe betrachtet, die bei bestehender Interessenkongruenz kooperierte.²⁴ Dieser Ansatz ist an die wirtschaftshistorische Kartellforschung anschlussfähig, die allerdings große Lücken aufweist. Zwar gibt es einige Studien zu internationalen Eisen- und Stahlkartellen vor 1945, Arbeiten zu internationalen Kartellen in der Nachkriegszeit sind jedoch kaum vorhanden.²⁵ Auch die meisten Fallstudien zu nationalen Kartellen beziehen sich auf den Zeitraum des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.²⁶ Die vorliegende Arbeit legt hingegen bewusst den Schwerpunkt auf die Zeit nach 1945 und fragt nach internationalen Kooperationen. Kartelle bildeten für den Ölmarkt auch nach 1945 eine wichtige Organisationsform, was im Hinblick auf wettbewerbsschützende Wirtschaftspolitiken nach dem Zweiten Weltkrieg erklärungsbedürftig erscheint. Im Folgenden konzentriert sich die Darstellung auf internationale Zusammenhänge und versucht damit, der globalen Dimension des Ölmarktes gerecht zu werden, die in vielen Studien vernachlässigt wird. Es liegen verschiedene Arbei-
Bini/Garavini/Romero (Hg.), Oil Shock. Vgl. Mommer, History; Petrini, Sisters. Vgl. Bamberg, Petroleum; ders., History; Dankers, History; Gibb, History; Greene, Strategies; Pratt, Exxon; Wall, Growth. In Ansätzen hat der britische Journalist Anthony Sampson diese Perspektive eingenommen. Allerdings betont Sampson selbst den journalistischen Charakter seiner Arbeit, weshalb seine Monografie nur bedingt geschichtswissenschaftlichen Ansprüchen genügt; ders., Schwestern. Anknüpfen lässt sich allerdings an die kürzlich erschienene Studie von Petrini, Imperi. Vgl. z. B. Barbezat, Cooperation; Barjot, Cartels; Casson, Monopolies; Nocken, International Cartels; Spar, Edge; Storli, Cartel Theory. Vgl. z. B. Burhop/Lübbers, Cartels; Feldenkirchen, Concentration; Fellman/Shanahan (Hg.), Competition; Roelevink, Intransparenz; Webb, Tariffs.
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ten vor, die sich der jeweils nationalen Mineralölwirtschaft und den dort beteiligten Unternehmen widmen, die Einbindung in den Weltmarkt thematisch aber allenfalls streifen und deshalb nur partiell Aufschluss über die Funktionsweise des internationalen Ölmarktes und der Rolle der Majors geben.²⁷ Die nachfolgende Analyse verspricht auch hier neue Erkenntnisse, indem der Fokus auf die multinational agierenden Unternehmen gelegt und nach wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeitsverhältnissen über Landesgrenzen hinweg gefragt wird. Daraus ergibt sich ein Anknüpfungspunkt an die wirtschaftshistorische Diskussion über Genese und Spezifika multinationaler Unternehmen.²⁸ Es werden allerdings nicht – wie in den meisten Studien²⁹ – die Gründe und Strategien von Unternehmen für die Internationalisierung untersucht, sondern vielmehr die Konsequenzen, die sich daraus für die Konzerne und den Ölmarkt ergaben. Bezüglich der politischen Dimension des Ölmarktes lässt sich auf Studien zurückgreifen, die die Beziehungen der Ölgesellschaften zu ihren Heimatregierungen untersuchen,³⁰ wie etwa Jonathan Kuikens Untersuchung von BP.³¹ Edward W. Chester und David Painter haben die komplexen Verbindungen zwischen der US-Außenpolitik und den Ölgesellschaften untersucht.³² Die vorliegende Arbeit knüpft an diese Forschungen an und analysiert das wechselseitige Verhältnis von nationalstaatlichen und unternehmerischen Interessen. Neue Perspektiven entstehen einerseits dadurch, dass nicht die Ergebnisse, sondern der Prozess, die Instrumente und Kommunikationswege des politischen Lobbyismus im Mittelpunkt stehen. Andererseits werden nicht nur nationale Entwicklungen, sondern internationale Konflikte und das weltpolitische Geschehen im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Staat und Industrie untersucht. In diesem Zusammenhang spielen auch internationale Organisationen wie die North Atlantic Treaty Organization (NATO) oder die Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) eine zentrale Rolle.³³
Vgl. Beltran (Hg.), History; Jones, State; Karlsch/Stokes, Faktor; Kuiken, Transition; Painter, Oil and the American Century; Pozzi, Entrepreneurship; Rambousek, ÖMV. Vgl. z. B. Chandler/Mazlish (Hg.), Leviathans; Dunning, Multinational Enterprises; Glenn/ Kristensen/Whitley (Hg.), Multinational Firm; Hertner, Multinationals; Kindleberger, Multinationals; ders., Business; Jones, Multinationals; Wilkins, Maturing; dies., Emergence. Vgl. z. B. Sluyterman/Wubs, Multinationals. Vgl. z. B. More, Gold. Vgl. Kuiken, Transition. Vgl. Chester, States. Vgl. Beers, OECD.
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Die Studie ist weiterhin anschlussfähig an die zeithistorische Forschung, die sich in den letzten Jahren vermehrt den 1970er-Jahren zugewendet und in diesem Kontext auch die Auswirkungen der Ölpreiskrise von 1973/74 untersucht hat.³⁴ Diese Arbeiten bewerten die Ölpreiskrise als eine markante Zäsur und skizzieren hiervon ausgehend auch die veränderten Rahmenbedingungen auf dem Ölmarkt. Die Ölpreiskrise und die Veränderungen auf dem Ölmarkt werden hierbei oft als Indikator für wirtschaftliche und politische Umbrüche angeführt. Den Fokus auf die Ölgesellschaften zu legen, ermöglicht, neue Erkenntnisse jenseits der bekannten Ereignisgeschichte zu gewinnen. Die vorliegende Arbeit stellt daher nicht das Ereignis der Ölpreiskrise an sich in den Mittelpunkt, sondern nimmt längerfristige Entwicklungen in den Blick. Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen. Eine besondere Herausforderung liegt darin, dass nur zwei Unternehmensarchive der Majors öffentlich zugänglich sind. Um dieses Defizit auszugleichen, wurden im Rahmen der Arbeit nicht nur Überlieferungen der Majors, sondern zahlreiche weitere Quellen verschiedener Provenienz berücksichtigt. Dabei konnten, häufig über inhaltliche Umwege, wichtige Informationen zur Rekonstruktion der Strategien der Majors gewonnen werden. So wurden neben den BP Archives an der University of Warwick, Coventry, und der ExxonMobil Historical Collection an der University of Texas, Austin, auch die Archive von Independents konsultiert. Konkurrenzunternehmen wie die italienische Ente Nazionale Idrocarburi (ENI)³⁵ oder die französische Total³⁶ beobachteten die Majors sehr genau, zum Teil arbeiteten sie auch mit ihnen zusammen. Aus diesem Grund finden sich auch in ihren Unternehmensarchiven relevante Dokumente. Darüber hinaus wurden mehrere Nachlässe konsultiert. Als besonders wichtig erwiesen sich dabei die John McCloy Papers am Amherst College. Auf der Grundlage der Akten von McCloy konnte insbesondere die Zusammenarbeit der Konzerne zwischen 1960 und 1975 rekonstruiert werden. Regierungsamtliche Publikationen des US-Senats und die Aktenüberlieferungen zum Kartellverfahren gegen die Majors in den National Archives at New York City lieferten außerdem
Vgl. Borstelmann, Global History; Doering-Manteuffel/Raphael, Boom; Ferguson u. a. (Hg.), Shock; Jarausch, Ende; Migani/Varsori (Hg.), Europe; Reitmayer/Rosenberger (Hg.), Unternehmen; Rodgers, Age. Die ENI war im Mehrheitsbesitz des italienischen Staates und wurde 1992 privatisiert. Vgl. zur Geschichte der ENI Frankel, Mattei; Pozzi, Gatti; Toninelli, Energy. Die französische Total, ehemals Compagnie Française des Pétroles (CFP) war im Mehrheitsbesitz des französischen Staates und wurde 1991 privatisiert.Vgl. zur Geschichte der Total Beltran (Hg.), History.
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wichtige Informationen über die Strategien der Majors in Bezug auf die erhöhten Forderungen der OPEC Anfang der 1970er-Jahre. Für die betriebswirtschaftliche Analyse der Konzerne dienten vor allem unternehmenseigene Publikationen wie etwa die jährlichen Geschäftsberichte sowie Fachmagazine der Ölindustrie, die Petroleum Intelligence Weekly und das Oil und Gas Journal. Um die Interaktionen zwischen den Heimatregierungen und den Majors zu ergründen, wurden die Nationalarchive der USA und Großbritanniens konsultiert. Als besonders aufschlussreich erwiesen sich dabei die Aktenbestände der beiden Außenministerien, die in engem Austausch mit den Konzernen standen. Der Aufbau der Arbeit gliedert sich in vier Teile. Im ersten Kapitel werden zunächst die allgemeinen Rahmenbedingungen auf dem Markt dargestellt. Dabei geht es um die Charakteristika des Rohstoffes und die spezifischen Bedingungen des Ölgeschäfts. Um die Handlungsbedingungen der Majors einordnen zu können, erfolgt außerdem eine Analyse von Angebot und Nachfrage zwischen 1960 und 1975. Schließlich werden die zentralen Akteure sowie ihre allgemeinen Interessen und Handlungsspielräume auf dem Markt benannt. Das zweite Kapitel widmet sich einer umfassenden Rekonstruktion der Sieben Schwestern und ihrer Rolle auf dem Ölmarkt. Zunächst werden die Diskurse um das Kartell der Sieben Schwestern dargestellt und die einzelnen Unternehmen porträtiert. In einem weiteren Schritt untersucht die Arbeit die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten zwischen 1960 und 1975. Auf der Grundlage dieser Auswertung können erste Aussagen in Bezug auf die Marktmacht der Unternehmen getroffen werden. Abschließend erfolgt eine Analyse der internen und externen Beziehungen der Ölgesellschaften. Dafür werden die Kooperationen der Majors untereinander und ihre Beziehungen zu ihren jeweiligen Heimatregierungen in historischer Perspektive untersucht. Dies ist notwendig, um einordnen zu können, auf welche Strukturen die Konzerne bei ihren Strategien zurückgreifen konnten. Die beiden darauffolgenden Kapitel bilden den Kern der Arbeit und untersuchen die Reaktionen und Strategien der Majors auf die Veränderungen des Marktes. Seit 1960 traten vermehrt neue Akteure auf den Ölmarkt, die die Position dieser Unternehmen infrage stellten. Zum einen gab es neue Konkurrenz, zum anderen fanden zunehmend politische Interventionen auf dem Markt statt: Wie reagierten die Konzerne auf diese Herausforderungen? Welche Strategien entwickelten sie, um weiterhin erfolgreich zu bleiben? Für die Analyse dieser Fragen werden zwei Fallbeispiele herangezogen: die sowjetische Exportkonkurrenz Anfang der 1960er-Jahre und die erhöhten Forderungen der OPEC Anfang der 1970erJahre. Beide Ereignisse bedrohten die Marktmacht der Majors auf unterschiedlichen Ebenen und fanden zudem im Kontext verschiedener internationaler Konflikte statt: dem Kalten Krieg, dem Nahostkonflikt und der Dekolonisation. Die
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billigen Ölexporte aus der Sowjetunion nach Westeuropa führten zu einem Marktpreisverfall und die Konzerne sahen ihre Marktanteile und Gewinne in Gefahr. Die Forderungen der OPEC nach höheren Profitbeteiligungen und Eigentumsrechten stellten nicht nur eine Bedrohung für die Gewinne der Konzerne dar, sondern auch ihr exklusiver Zugang und die Verfügungsgewalt über das Öl standen zur Disposition. Gefragt wird nach der Anpassung der Firmen in Bezug auf diese ausgewählten Ereignisse. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Kartellzusammenarbeit und dem politischen Lobbyismus, die wesentliche Strategien im Kampf um die Marktmacht bildeten.
2 Der globale Ölmarkt Rohstoffmärkte unterliegen spezifischen Bedingungen. Das Angebot auf dem Markt hängt nicht nur von der Nachfrage, sondern von vielfältigen Faktoren ab. Bei nicht erneuerbaren Rohstoffen wie etwa Öl ist eine Erhöhung des Angebots eingeschränkt und das Gesamtangebot begrenzt. Auch wird die Menge der angebotenen Rohstoffe von komplexen Eigentumsverhältnissen beeinflusst.¹ Die Nachfrage ist ebenfalls – im Sinne der neoklassischen Theorie – nicht vollkommen, sondern kann sich kurzfristig durch externe Schocks wie etwa politische Ereignisse verändern. Auch Preise bilden sich nicht frei aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, sondern werden durch Listenpreise oder Import- und Exportkontingentierung beeinflusst. Die Marktstruktur ist einerseits abhängig von den spezifischen Eigenschaften des Rohstoffes wie etwa die Vorkommen der Ressource, die Reserven sowie den Produktions- und Nutzungsmöglichkeiten. Andererseits spielen die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle. Öl stieg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum wichtigsten Primärenergieträger in den westlichen Industrienationen auf. Dadurch kam ihm sowohl wirtschaftlich als auch politisch eine hohe strategische Bedeutung zu. Nicht nur Unternehmen und Endverbraucher hatten ein Interesse an diesem Gut, sondern auch die Regierungen der Konsumentenländer erkannten den strategischen Wert des Rohstoffes. Gleichzeitig hatte Öl für die ölexportierenden Länder eine zentrale Bedeutung im Hinblick auf ihre staatlichen Einnahmequellen. Die unterschiedlichen Interessen der Akteure und ihre Interdependenzen führten zu institutionellen Arrangements, die ebenfalls den Markt prägten. Im Folgenden werden die spezifischen Bedingungen, Strukturen und Akteurskonstellationen auf dem globalen Ölmarkt untersucht. Zunächst erfolgt eine Analyse des Rohstoffes und den sich daraus ergebenden Charakteristika für den Ölmarkt. Anschließend wird die Entwicklung der Angebots- und Nachfragestruktur dargestellt, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dem Zeitraum 1960 – 1975 liegt. In einem weiteren Schritt werden die Akteure, ihre Ziele und Handlungsspielräume auf dem Markt herausgearbeitet.
Vgl. Mommer, History, S. 24 f. https://doi.org/10.1515/9783110637359-004
2.1 Der Rohstoff Öl
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2.1 Der Rohstoff Öl Jeder Rohstoff hat spezifische Eigenschaften bezüglich seiner Stoffbeschaffenheit, der Herstellungspraxis und den Nutzungsmöglichkeiten. Diese Merkmale beeinflussen die Produktionsfaktoren, Wertschöpfungsketten und die Strukturen des Marktes. Darüber hinaus sind die Eigenschaften des Rohstoffes von hoher Bedeutung für den Handlungsrahmen der Akteure auf dem Markt. Rohöle sind eine Mischung aus unterschiedlichen Kohlenwasserstoffverbindungen. Die Mischverhältnisse der verschiedenen Substanzen variieren stark. Es wird zwischen Paraffinen, Cycloalkanen und Aromaten unterschieden. Öle mit einem hohen Gehalt an Paraffinen dienen als Leichtöle, die sich für die Herstellung von Benzin und Leuchtmittel eignen. Ist der Anteil an Aromaten höher, handelt es sich hingegen um Schweröle, die in der Schifffahrt oder Stromerzeugung eingesetzt werden. Zudem bestimmt die Zusammensetzung der Stoffe den jeweiligen Energiegehalt. Der relative Energiegehalt von Rohöl ist nach der Verbrennung mehr als doppelt so hoch wie der von Kohle.² Rohöl befindet sich in flüssiger Form in unterirdischen Lagerstätten aus Gestein. Die Ölvorkommen sind weltweit ungleich verteilt. Die größten Vorkommen liegen zwischen dem afrikanisch-arabischen Schild und dem Mittelmeer bis zum Persischen Golf. 1969 umfassten die Gebiete mit Ölvorkommen etwa 28 % der weltweiten Landfläche und 7,6 % der Meeresgebiete, wobei eine starke Varianz in der Beschaffenheit der Felder und den Erschließungsmöglichkeiten bestand.³ Weit vor der systematischen Suche und Förderung von Öl war die schwarze Flüssigkeit bereits bekannt und vereinzelt genutzt worden – zwar nicht als Energieträger, aber beispielsweise als Schmiermittel.⁴ Dass Öl durch natürlichen Druck in großen Mengen aus dem Boden tritt, ist allerdings selten. Die Förderung bedarf aufwendiger Explorationsverfahren.⁵ Die Ölwirtschaft ist aufgrund der geologischen und technischen Herausforderungen bei der Produktion eine wissenschaftsbasierte Industrie. Geologen und Physiker erprobten bereits im späten 19. Jahrhundert erste Instrumente für ein Upstream-Verfahren.⁶ Diese entwickelten vor allem Unternehmen im Verlauf der Zeit stetig weiter, bis hin zu der aktuell
Vgl. Rühl, Erdöl, S. 96 f. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 25; Hartshorn, Oil Companies, S. 66; Kosinowski, Energievorräte, S. 69. Vgl. Maugeri, Age, S. 3 f.; Yergin, Preis, S. 26. Exploration meint die Suche und Erschließung von Lagerstätten. Die Upstream-Verfahren schließen vor allem die Exploration, Förderung und Produktion von Öl ein. Zum Downstream-Bereich gehören alle Verfahren der Weiterverarbeitung und Vermarktung von Öl und Ölprodukten.
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2 Der globale Ölmarkt
umstrittenen Fracking-Methode.⁷ Zwei zentrale Techniken der Exploration haben sich dauerhaft etabliert: Tiefenbohrungen und seismische Messungen. Letztere Methode beinhaltet künstlich erzeugte Erdbeben und eine Messung der daraus resultierenden Schallwellen. Dieses Verfahren gibt allerdings nur eingeschränkt Auskunft. Ob tatsächlich ein Ölfeld vorhanden ist, kann nur mit einer Tiefenbohrung überprüft werden. Je nach Beschaffenheit der Lagerstätte wird das Öl mithilfe komplexer Verfahren aus dem Boden gepumpt.⁸ Die Dauer der Explorationsphase kann stark variieren. Jack E. Hartshorn geht davon aus, dass eine umfassende Förderung durchschnittlich erst drei Jahre nach der Entdeckung eines Ölfeldes einsetze.⁹ Ölfelder sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Das betrifft ihren Standort, der auf dem Festland oder in Schelfgebieten im Meer liegen kann, die Tiefe und Reichhaltigkeit der Quelle sowie geografische und geologische Bedingungen.¹⁰ In einigen Regionen wie etwa im Mittleren und Nahen Osten besteht ein höherer natürlicher Druck, aufgrund dessen die Förderung technisch einfacher zu bewerkstelligen ist. Auch bezüglich der Produktivität eines Ölfelds existieren große Unterschiede. Günter Keiser führt aus, dass 1979 die gesamte Ölförderung in den USA auf etwa 500.000 Bohrlöchern beruhte, während das saudi-arabische Erdöl aus nur 630 Löchern gefördert wurde.¹¹ Zu diesem Zeitpunkt produzierten die USA und Saudi-Arabien etwa gleich viel Rohöl.¹² Die tatsächliche Größe und der Gehalt eines Ölfeldes sind oft über einen längeren Zeitraum unsicher, da die Lagerstätten schrittweise erschlossen werden. Auch durch technische Weiterentwicklung können sich die ursprünglich angenommenen Reserven erhöhen.¹³ Zumeist fällt bei der Förderung von Öl Erdgas als Begleitprodukt an. Dieses wurde zunächst als nicht brauchbar eingeschätzt und verbrannt. Erst seit den 1920er-Jahren entwickelte sich Erdgas in den USA und später, in den 1960erJahren, auch in Europa zum Energieträger.¹⁴ Rohöl und Erdgas sind in reiner Form kaum nutzbar. Daher folgt der Explorations- und Produktionsphase die Weiterverarbeitung in Raffinerien. Das Öl wird zunächst destilliert, gereinigt und in Bei der Fracking-Methode werden mithilfe von Chemikalien in einem Druckverfahren Erdöl und Erdgas aus tiefen Gesteinsschichten gepresst. Damit können Rohstoffreserven gefördert werden, die bisher nicht erschließbar waren. In den USA ist Fracking bereits eine gängige Methode. Vgl. Kosinowski, Energievorräte, S. 70 f.; Rühl, Erdöl, S. 111 f. Vgl. Hartshorn, Oil Companies, S. 54 f. Vgl. Rühl, Erdöl, S. 113 f. Vgl. Keiser, Energiekrise, S. 6; Bischoff, Vorkommen, S. 17 f. Vgl. BP, Statistical Review, 1979. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 45. Vgl. Bischoff, Vorkommen, S. 26; Kosinowski, Energievorräte, S. 78; Tugendhat, Erdöl, S. 98.
2.1 Der Rohstoff Öl
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seine verschiedenen Bestandteile aufgespalten. In weiteren, sehr komplexen Verarbeitungsschritten erfolgt die Herstellung verkaufsfertiger Produkte. Dabei ist zentral, dass die Zusammensetzung der Wasserstoffverbindungen und Dichte des Rohöls stark variieren. Daher steht nicht jede Raffinerie für alle Öle zur Verfügung, sondern die Verfahren müssen individuell angepasst werden. Zu den wichtigsten Endprodukten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehörten Heizöle, Schmierstoffe und Petrochemikalien als Grundlagen für Gummi, Plastik und Dünger sowie Brennstoffe aller Art. Eine besondere Bedeutung kam dabei Benzin zu. Während bei vielen Ölerzeugnissen die Möglichkeit bestand, diese durch Konkurrenzprodukte auf der Basis anderer Rohstoffe zu ersetzen, gab es neben Dieselöl für Benzin bis in die 1990er-Jahr kein adäquates Substitut. Auch heutzutage sind die Alternativen, etwa der Betrieb von Autos durch Elektromotoren, begrenzt und nicht so verbreitet wie Verbrennungsmotoren.¹⁵ Ein der Raffination vor- und nachgelagerter Produktionsschritt ist der Transport. Das Rohöl wird einerseits zu den Raffinations- und Weiterverarbeitungsstätten transportiert. Andererseits werden die Händler mit Endprodukten beliefert. Für den Transport von Rohöl werden vor allem Pipelines und Tankschiffe genutzt – in der Vergangenheit wurde Öl zum Teil auch mit Eisenbahnen transportiert. Endprodukte wie Benzin werden überwiegend durch Tanklastwagen befördert. Die Kosten dafür liegen meist höher, weil nach Produkt differenziert werden muss und dadurch kleinere Transportmengen entstehen. Bei der Beförderung von Rohöl können die Skaleneffekte hingegen vollständig ausgenutzt werden. Es ist allerdings zu beachten, dass bestimmte Rohölsorten nicht gemischt werden können. Insgesamt ist der Transport von Öl aufgrund seines flüssigen Aggregatzustands deutlich kostengünstiger als der von festen Rohstoffen. Der letzte Schritt in der Wertschöpfungskette von Öl ist der Vertrieb an Endkunden. Hier lassen sich nur einige wenige Unterschiede zum Vertrieb anderer Waren feststellen. So wirkt sich beispielsweise der flüssige Aggregatzustand positiv auf den Arbeitskräftebedarf aus.¹⁶ Die Beschaffenheit und Eigenschaften von Öl hatten nicht nur Auswirkungen auf die einzelnen Produktionsschritte, sondern auch auf das Ölgeschäft und die Marktstrukturen. Einen zentralen Faktor für das Wirtschaften mit Erdöl stellte und stellt die Kapitalintensität dar. Um Öl zu fördern und zu verarbeiten, mussten Unternehmen hohe Investitionen aufbringen. Diese erwiesen sich als bedeutend
Vgl. Hartshorn, Oil Companies, S. 33 f.; Rühl, Erdöl, S. 130 f. Vgl. Hartshorn, Oil Companies, S. 70; Mitchell, Democracy, S. 36; Rühl, Erdöl, S. 129.
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2 Der globale Ölmarkt
höher als bei anderen Mineralien wie zum Beispiel Kohle, weil Öl von der Oberfläche aus nicht nachweisbar ist. So entstehen schon während der Suche hohe Kosten für Explorationstechnik, Fachpersonal und wissenschaftliche Expertise. Nicht selten mussten in weniger entwickelten Gebieten außerdem Infrastrukturen für das eingesetzte Personal aufgebaut werden. Die Entstehung von Ölstädten in Saudi-Arabien und Kuwait in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist dafür exemplarisch.¹⁷ Auch bei der Entdeckung eines Ölfelds bedurfte es zunächst weiterer Investitionen, zum Beispiel dem Bau eines Hafens mit Tankerterminal oder einer Pipeline für den Transport. Von der Suche nach Öl bis zum Handel auf dem Weltmarkt vergingen oft mehrere Jahre. In der Explorationsphase, deren Dauer stark variieren kann, werden keine Einnahmen generiert. Die fehlenden Erträge und der hohe Investitionsbedarf können mit verschiedenen Mitteln ausgeglichen werden. Ein zentrales Element stellt dabei die vertikale Integration weiterer Produktionsstufen etwa aus dem Downstream-Bereich dar, die allerdings auch Investitionen erfordert.¹⁸ Der hohe Kapitalbedarf der Ölindustrie führte daher zu einer Dominanz von großen, vertikal integrierten Unternehmen.¹⁹ Diese Tendenz lässt sich seit Beginn der Ölförderung Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute feststellen. Ein weiterer Grund für die vertikale Integration von Ölunternehmen liegt in den hohen Risikofaktoren: „In any given programme of exploration, the dominating factor is the uncertainty and randomness or reward for this effort.“²⁰ Hartshorn macht deutlich, dass trotz vorhandener Erfahrungswerte und einer ständigen Weiterentwicklung der Technologien nie eine Sicherheit bestehe, wo sich eine Lagerstätte befinde und welche Ausprägungen sie habe. Die Tiefenbohrungen seien aufgrund komplexer Bodenbeschaffenheiten außerdem keine Routineverfahren. Daraus resultierende Misserfolge würden daher häufig auftreten. Es bestehe demnach immer ein Risiko, dass die für die Exploration getätigten Investitionen verloren gingen.²¹ Die Exploration und Produktion hängen insofern nicht nur von Expertise, Kapital und den politischen Gegebenheiten, sondern auch vom Zufall ab. So gibt Walter Rühl an, dass 1970 die durchschnittliche Erfolgsquote bei bekannten Ölfeldern zwar zwischen 70 – 85 %, bei reinen Aufschlussbohrungen allerdings nur bei 10 – 20 % gelegen habe.²² Diese vielfältigen Risiken übernahmen tendenziell eher vertikal integrierte Großunternehmen.²³
Vgl. Greene, Strategies, S. 178. Vgl. Penrose, Middle East Oil, S. 141 f.; Frankel, Essentials, S. 2 f. Vgl. Rühl, Erdöl, S. 143 f. Hartshorn, Oil Companies, S. 43. Vgl. Wilkins, Maturing, S. 206. Vgl. Rühl, Erdöl, S. 114.
2.1 Der Rohstoff Öl
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Ein weiteres Spezifikum im Ölgeschäft sind die abnehmenden Grenzkosten, die die hohen Investitionen bei erfolgreicher Exploration wieder ausgleichen können. Aufgrund des flüssigen Aggregatzustandes wird der Betrieb der Produktion mit jedem zusätzlichen Barrel²⁴ Öl kostengünstiger. Das hängt damit zusammen, dass die Produktion selbst wenig Arbeitskraft benötigt und mechanisch funktioniert.²⁵ Die Tendenz der sinkenden Grenzkosten zeigt sich auch in der Raffination und dem Transportwesen. Zwar müssen auch hier vorab Investitionen getätigt werden – etwa der Bau einer Pipeline –, die Betriebskosten können durch die Ausschöpfung der Kapazitäten und Skaleneffekte allerdings meist gesenkt oder zumindest kontinuierlich auf einem Niveau gehalten werden. Hier besteht ein Unterschied zu anderen Rohstoffen wie etwa der arbeitsintensiven Förderung von Steinkohle. Enno Harks stellt in diesem Zusammenhang heraus, dass die abnehmenden Grenzkosten in der Ölproduktion die Erwirtschaftung außergewöhnlich hoher Renditen ermöglichten. Die Differenz zwischen Herstellungskosten und Verkaufserlös sei beim Öl demnach tendenziell höher als bei anderen Rohstoffen.²⁶ Nicht nur Skaleneffekte können in der Ölproduktion realisiert werden, sondern auch Verbundvorteile. Durch die zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten von Öl nahm die Produktvielfalt im Verlauf der Zeit stark zu.²⁷ Ein weiteres zentrales Merkmal der Ölindustrie, das sich aus den Eigenschaften des Rohstoffes selbst ergibt, ist die internationale Dimension. Da die Ölreserven auf der Welt ungleich verteilt sind, haben sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts globale Interdependenzen entwickelt.²⁸ Der Handel selbst und die einzelnen Produktionsstufen waren aufgrund der asymmetrischen Verteilung von Angebot und Nachfrage international. So fanden die Raffination und der Vertrieb der Produkte zumeist an anderen Standorten als die Förderung des Öls statt. Diese Gegebenheiten führten dazu, dass die auf dem Markt agierenden Unternehmen meist über eine multinationale Struktur verfügten.²⁹ Auf dem Ölmarkt herrschte in Folge der Skalenerträge außerdem eine Tendenz zur Konzentration. Die Anzahl der Anbieter bzw. der Unternehmen, die Öl förderten, war begrenzt. Dies unterstützte wiederum die Oligopolstruktur des
Vgl. Clark, Economy, S. 29; Hartshorn, Oil Trade, S. 55 f., 105 f.; Jonker/van Zanden, Challenger, S. 5. Barrel ist die Maßeinheit für Erdöl. Ein Barrel entspricht 158,99 Litern Öl. Vgl. Frankel, Essentials, S. 17 f. Vgl. Harks, Öl, S. 20 f. Vgl. Chandler, Scale. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 13. Vgl. Wilkins, Maturing.
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2 Der globale Ölmarkt
Marktes. Die Dominanz einiger weniger großer Konzerne kann weitgehend auch mit den Eigenschaften des Rohstoffes erklärt werden. Oligopole bilden sich häufig auf Märkten mit hohen Eintrittshürden. Dies traf auf das Ölgeschäft zu. Der hohe Kapitalaufwand in der Exploration führte dazu, dass nur wenige Firmen den Markteintritt bewerkstelligten oder überhaupt wagten.³⁰ Die Charakteristika von Öl lancieren auch die Bildung von Kartellen. Der Grund dafür liegt laut Timothy Mitchell in der Anfälligkeit des Ölmarktes für Überproduktion und Preisverfall, die weitaus höher sei als bei anderen Rohstoffen. So könne die überraschende Entdeckung einer reichhaltigen Lagerstätte innerhalb kürzester Zeit zu einem Überangebot führen. Außerdem kann die Produktion – einmal in Gang gekommen – kurzfristig und mit wenig Arbeitsaufwand beschleunigt und damit das Angebot erhöht werden. Darüber hinaus ermöglichen die günstigen Transportbedingungen von Erdöl eine schnellere Überschwemmung von lokalen Märkten mit Öl aus anderen Regionen als dies bei anderen, schwieriger zu transportierenden Rohstoffen der Fall ist.³¹ Diese Umstände fördern – zusammen mit einer geringen Anzahl an Marktteilnehmern – eine Kartellierung. Die Tendenz zur Kartellbildung auf dem Ölmarkt schließt das Fortbestehen von Konkurrenz nicht aus. Hartshorn weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Ölmarkt nicht durch Preiskonkurrenz geprägt sei. Denn die Preise auf den verschiedenen Vertriebswegen an Endkunden divergierten kaum. Vielmehr habe eine „Quality Competition“ bestanden, die sich in einer Konkurrenz um beispielsweise Produktentwicklung, Raffinationstechniken oder Verträge mit Händlern oder Ölexportstaaten ausdrückte.³² Ein weiteres Charakteristikum auf dem Ölmarkt, das sich aus den Eigenschaften von Öl ergab, war und ist die Anfälligkeit für politische Intervention: „Of all the world’s major industries, the international petroleum industry seems to get itself into more political hot water than any other.“³³ Diese entstand einerseits aus der regional ungleichen Verteilung der Ressourcen und der komplexen Eigentümerstruktur.³⁴ Andererseits hatte Öl im internationalen wirtschaftspolitischen Gefüge eine zentrale Bedeutung und es gab kurz- bis mittelfristigen keinen alternativen Energieträger im weltweiten Transport- und Verkehrssektor. Diese Umstände führten dazu, dass Regierungen zunehmend auf dem Markt interve-
Vgl. Hartshorn, Oil Companies, S. 155. Vgl. Mitchell, Democracy, S. 39; Sampson, Schwestern, S. 35. Vgl. Hartshorn, Oil Companies, S. 155. Penrose, Monopoly, S. 178. Vgl. Mommer, History, S. 24.
2.2 Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage
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nierten, sei es im Rahmen internationaler Konflikte oder in Form von nationalstaatlicher Regulierung.³⁵
2.2 Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage 1859 entdeckte Edwin L. Drake in Titutsville das erste Ölfeld. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es keine systematische Suche und Förderung gegeben. Der Fund in Pennsylvania kann daher als Ausgangspunkt für den Aufstieg des Öls zu einem der wichtigsten Rohstoffe des 20. Jahrhunderts bezeichnet werden. Öl wurde zunächst als Leuchtmittel genutzt. Mit der Industrialisierung, der Entstehung von Fabriken und einer zunehmenden Verstädterung nahm der Bedarf an künstlichen Lichtquellen zu. Nicht nur in den USA gab es eine steigende Nachfrage, sondern auch in Europa erhöhte sich der Bedarf an Öl für den Betrieb von Lampen. Im Gegensatz zu den schwierigen Transportmöglichkeiten von Kohle erwies sich die Verschiffung von Öl über den Atlantik als erfolgreich und so entwickelte sich Öl zum internationalen Handelsgut. 1870 stellte Erdöl das viertstärkste Exportgut der USA dar. Den Großteil importierten Großbritannien, Frankreich und Deutschland.³⁶ Die steigende Nachfrage und das Exportgeschäft führten dazu, dass innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl von Unternehmern ihr Glück im Ölgeschäft in Pennsylvania versuchte, darunter auch John D. Rockefeller mit der Standard Oil Company.³⁷ Das Unternehmen war zunächst nur im Bereich der Raffination tätig. Durch einen gezielten Verdrängungswettbewerb, der vor allem in dem Zukauf anderer Raffinerien bestand, gelang es Rockefeller, den US-Ölmarkt weitgehend zu kontrollieren. Ende der 1870er-Jahre lagen 90 % der US-Raffineriekapazitäten in den Händen der Standard Oil Company. Zum Ende des 19. Jahrhunderts veränderte sich der Ölmarkt durch verschiedene Entwicklungen. Auf der einen Seite fand eine Diversifizierung der Nutzungsmöglichkeiten statt. Auf der anderen Seite erhöhte sich der Grad der Internationalisierung durch die erweiterte Suche nach Öl auch in anderen Regionen. In den 1890er-Jahren begann Russland mit der Ausfuhr von Öl aus Baku, der Hauptstadt des heutigen Aserbaidschans.³⁸ Gleichzeitig kam es zu Entdeckungen im asiatischen Raum und zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Nahen und Mittleren
Vgl. Harks, Öl, S. 20. Vgl. Karlsch/Stokes, Faktor, S. 21; Mitchell, Democracy, S. 37. Vgl. Tugendhat, Erdöl, S. 32. Vgl. Karlsch/Stokes, Faktor, S. 22; Tugendhat, Erdöl, S. 54 f.
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2 Der globale Ölmarkt
Osten. Auch in den USA selbst intensivierte sich die Suche nach weiteren Quellen. Um 1900 begann der Ölboom in Texas und einige Jahre später gelang auch die Förderung in Louisiana und Oklahoma.³⁹ Durch die neuen Ölvorkommen und „since oil could travel easily between continents“⁴⁰, sanken die Kontrollmöglichkeiten der Standard Oil Company. Gleichzeitig nahm die internationale Konkurrenz zu. Royal Dutch Shell und British Petroleum als europäische Wettbewerber sowie die US-Konzerne Gulf und Texas Fuel Company (Texaco) traten auf den Markt. 1911 kontrollierte die Standard Oil Company daher nur noch 54 % der weltweiten Raffination.⁴¹ Bis zum Anfang des 20. Jahrhundert hatte Öl eine geringe wirtschaftliche und politische Bedeutung und war in seiner Verwendung als Leuchtmittel leicht zu substituieren. Den zentralen Rohstoff des 19. Jahrhunderts und den Beschleuniger der Industrialisierung stellte Kohle dar.⁴² Um die Jahrhundertwende wandelte sich diese Situation. Mit der Entwicklung des Verbrennungsmotors und dem Aufkommen des Automobils in den USA Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden neue Nutzungsmöglichkeiten und Öl stieg zum Energieträger auf. Die Nachfrage nach ölbasierten Leuchtmitteln begann durch die zunehmende Elektrifizierung zu sinken. Gleichzeitig erhöhte sich allerdings die Nachfrage nach Benzin, das bisher nur als ein unbedeutendes Nebenprodukt der Raffination galt.⁴³ Mit der Transformation von der Leuchtölwirtschaft zur Energiewirtschaft begann eine neue Ära fossiler Brennstoffe, die der Politikwissenschaftler Vaclav Smil als besonders prägend für das 20. Jahrhundert einstuft.⁴⁴ – Yergin spricht sogar vom „century of oil“.⁴⁵ Im Ersten Weltkrieg entwickelte sich Öl zum militärischen Machtfaktor. Großbritannien stellte schon vor dem Krieg die Flotte auf Öl um. Weil das Land selbst über keine eigenen Ölreserven verfügte, zeigte die britische Regierung bereits frühzeitig Interesse an Öldepots im Ausland.⁴⁶ Die Motorisierung der Truppen durch treibstoffbetriebene Autos, Panzer und Flugzeuge und die Umstellung
Vgl. Mitchell, Democracy, S. 43 f.; Tugendhat, Erdöl, S. 57 f. Mitchell, Democracy, S. 39. Vgl. Venn, Oil Diplomacy, S. 15; Yergin, Preis, S. 124. Vgl. Venn, Oil Diplomacy, S. 2. Vgl. Karlsch/Stokes, Faktor, S. 50 f.; Smil, Energy, S. 22; ders., World, S. 556 f.; Yergin, Preis, S. 102. Vgl. Smil, Energy, S. 22. Yergin, Prize. Vgl. Maugeri, Age, S. 23.
2.2 Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage
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des Seeverkehrs auf Öl veränderte die Form der Kriegsführung, die nun durch Mobilität und Mechanisierung geprägt war.⁴⁷ In der Zwischenkriegszeit stieg die Nachfrage nach Öl weiter an. In weiterverarbeiteter Form zog es nicht nur als Energieträger in die Industrie ein, sondern revolutionierte auch das Transportwesen an Land und auf der See. Die USA nahmen hier eine Vorreiterposition ein. Mit dem weltweit höchsten Automobilisierungsgrad entwickelte sich der Pkw in Amerika bereits in den 1920er-Jahren zum Merkmal einer modernen Gesellschaft.⁴⁸ Trotz steigender Nachfrage herrschte in den 1920er- und 1930er-Jahren ein Überangebot auf dem Ölmarkt. Das hing vor allem mit der Entdeckung großer Ölquellen im Mittleren und Nahen Osten, in Venezuela und Texas zusammen.⁴⁹ In der Folge fielen die Preise, was wiederum zu staatlicher und unternehmerischer Regulierung des Marktes führte. Beispielhaft seien hier nur das AchnacarryAbkommen der Majors (siehe Kap. 3.5) und die Produktionskontingentierung in den USA durch die Texas Railroad Commission genannt.⁵⁰ 1945 tätigten die USA etwas mehr als zwei Drittel der weltweiten Ölproduktion. Die Dominanz Amerikas in der Ölproduktion erwies sich auch für die Kriegsführung im Zweiten Weltkrieg entscheidend.⁵¹ Die Aussage des britischen Staatsmannes und Foreign Secretary Lord George Nathaniel Curzons zum Ersten Weltkrieg 1918, die „Allies floated to victory on a wave of oil“,⁵² schien sich auch im Zweiten Weltkrieg zu bestätigen. Deutschlands und Japans fehlender Zugang zu Öl werden in der Forschung als strategischer Nachteil bewertet. Der Sieg der Alliierten war von der US-Ölproduktion und dem Öl aus dem Mittleren und Nahen Osten abhängig, auf das die Alliierten durch die US-amerikanischen und britischen Ölkonzerne zugreifen konnten.⁵³ Öl hatte sich innerhalb eines Jahrhunderts von einem recht unbedeutenden Leuchtstoff zu einem zentralen militärischen und wirtschaftlichen Machtfaktor entwickelt. Obwohl die Bedeutung des Öls auch in politischen Kreisen erkannt wurde, lag die Produktion und Verarbeitung überwiegend in den Händen einiger weniger privater Ölfirmen.
Vgl. Clark, Economy, S. 32; Karlsch/Stokes, Faktor, S. 9; Keiser, Energiekrise, S. 4; Yergin, Preis, S. 215. Vgl. Clark, Economy, S. 71; Hesse/Köster/Plumpe, Depression, S. 106. Vgl. Hartshorn, Oil Companies, S. 43; Lifeset, Understanding, S. 25; Yergin, Preis, S. 304 f. Vgl. Maugeri, Age, S. 46. Vgl. Painter, Oil and Geopolitics, S. 188. Zitiert nach Venn, Oil Diplomacy, S. 35. Vgl. Clark, Economy, S. 95 f.; Levy, Oil, S. 47; Tugendhat, Erdöl, S. 131.
26
2 Der globale Ölmarkt
Die eigentliche Expansion und der Aufstieg von Öl zum „Treibstoff der Weltwirtschaft“⁵⁴ erfolgten allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Öl entwickelte sich innerhalb von zwei Jahrzehnten zum wichtigsten Primärenergieträger der industrialisierten Länder. Dieser Entwicklung lagen verschiedene strukturelle Veränderungen zugrunde. Die westeuropäischen Länder, deren Energiehaushalt hauptsächlich von Kohle abhing, stellten diesen zunehmend auf Öl um. Dies unterstützten vor allem die USA. Finanzhilfen des Marshall-Plans verschafften Westeuropa zunächst die nötigen Devisen, um das Öl zu importieren.⁵⁵ Neben den machtpolitischen Interessen der USA und den Strategien der Ölindustrie, die David Painter als entscheidend konstatiert, gab es auch verschiedene ökonomische Gründe für die Transformation.⁵⁶ Steigende Lohnkosten des Kohlebergbaus fielen mit der Verlagerung des Zentrums der Ölproduktion in die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens zusammen. Die dort vorhandenen Ölfelder erwiesen sich als reichhaltig und leicht zu erschließen, weshalb die Produktionskosten relativ niedrig waren. Zudem erwies sich der Transport aufgrund der geografischen Nähe zum europäischen Markt als kostengünstiger. Ende der 1950er-Jahre lag damit der Preis für Öl unter dem Preis von Kohle.⁵⁷ Der Anteil von Öl am Energieverbrauch erhöhte sich daher in nahezu allen Teilen der Welt rasant. In den industrialisierten Ländern löste Öl Mitte der 1960er-Jahre Kohle als Hauptenergieträger ab.⁵⁸ Rüdiger Graf verweist auf die wechselseitigen Wirkungen der Expansion des Öls und dem Konsumverhalten der Nachkriegsgesellschaften. Das beispiellose wirtschaftliche Wachstum in den USA und Westeuropa basierte auf dem Einsatz von günstigem Öl in der industriellen Produktion und in der Elektrizitätsgewinnung. Gleichzeitig stellten Ölprodukte für die gesellschaftliche Ausgestaltung der Wohlstandssteigerungen einen zentralen Faktor dar.⁵⁹ Die Automobilisierung der Gesellschaft entwickelte sich nach 1945 in den USA schnell weiter. Auch in den westeuropäischen Ländern stiegen die Nachfrage nach Autos und damit der Konsum von Treibstoff stark an, die Massenmotorisierung setzte sich fort.⁶⁰ Gleichzeitig erhöhte sich die Nachfrage auch durch die Nutzung von Öl zur Elektrizitätsgewinnung und dem Heizungsbetrieb privater Haushalte. Darüber
Tugendhat, Erdöl. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 22; Hartshorn, Oil Trade, S. 71; Levy, Oil, S. 63. Vgl. Painter, Oil and the Marshall Plan, S. 383. Vgl. Keiser, Energiekrise, S. 4 f.; Sampson, Schwestern, S. 155; Venn, Oil Diplomacy, S. 4. Vgl. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 45; Graf, Öl und Souveränität, S. 20. Vgl. ebd., S. 22 f. Vgl. Maugeri, Age, S. 77 f.
2.2 Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage
27
hinaus gelangten zahlreiche Waren, für deren Produktion Öl benötigt wurde, in die westeuropäische Konsumwelt.⁶¹ In der Industrie entwickelte sich Öl zum wichtigsten Energieträger und ermöglichte die Transformation zur „modern industry“. Diese war durch eine umfassende Mechanisierung der Verfahren geprägt.⁶² Auch in der Landwirtschaft brachte die ölbasierte Motorisierung weitreichende Veränderungen. So konnten beispielsweise größere Felder mit einem geringeren Einsatz von Arbeitskräften bestellt werden.⁶³ Neben der Verwendung von Öl als Energieträger in Form von Treibstoff, Heizöl und Elektrizität entwickelten sich neue Nutzungsmöglichkeiten in der Chemieindustrie. Öl stellte den zentralen Grundstoff für die Herstellung einer Vielzahl von Produkten wie etwa Plastik, Reinigungsmittel und Dünger dar.⁶⁴ Die Diversifizierung der Produktpalette von Öl ging mit einer Reihe technischer Errungenschaften in der Ölwirtschaft einher. Einerseits entwickelten die großen Firmen die Produktions- und Raffinationsverfahren fortlaufend weiter.⁶⁵ Andererseits verbesserten sich auch die Transportbedingungen durch die Konstruktion größerer Schiffe und den Ausbau des Pipelinenetzes. So gingen zwischen 1958 und 1967 allein in Europa sechs Pipelines mit insgesamt 2.870 km Länge in Betrieb.⁶⁶ Die umfassende Nutzung von Öl in nahezu allen Industriezweigen und privaten Haushalten führte in den industrialisierten Ländern zu einer kontinuierlich steigenden Nachfrage. Insgesamt erfuhr die weltweite Ölnachfrage eine knappe Verdreifachung. In Westeuropa stieg der Konsum zwischen 1952 und 1975 von 80 auf 665 Millionen Tonnen, was einem jährlichen Durchschnittswachstum von 4,3 % entspricht. In Nordamerika stieg der Bedarf zwischen 1952 und 1975 von 355 auf 764 Millionen Tonnen an – also um durchschnittlich 4,4 % jährlich. Die USA erhielten damit ihren bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingenommen Status des größten Ölkonsumenten weltweit. Die relativen Wachstumsraten sind allerdings aufgrund der später einsetzenden Nutzung von Öl in Westeuropa und Japan deutlich geringer.⁶⁷ Auch in den Staaten der östlichen Hemisphäre wuchs die Nachfrage – wenn auch etwas später. So erhöhte sich der Ölkonsum in der Sowjetunion zwischen 1965 und 1975 jährlich um durchschnittlich 10 % von 180
Vgl. Hartshorn, Oil Companies, S. 42; Venn, Oil Diplomacy, S. 4. Vgl. Wilkins, Maturing, S. 206. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 24. Vgl. Tugendhat, Erdöl, S. 23; Venn, Oil Diplomacy, S. 4. Vgl. Keiser, Energiekrise, S. 6; Karlsch/Stokes, Faktor Öl, S. 10; Smil, Energy, S. 29. Vgl. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 77 f.; Hartshorn, Oil Companies, S. 64. Vgl. BP, Statistical Review, 1952– 1975.
28
2 Der globale Ölmarkt
900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 USA
Westeuropa
Japan
Mittlerer und Naher Osten
Sowjetunion
Abbildung 1: Der Ölkonsum in den USA, Westeuropa, Japan, dem Mittleren und Nahen Osten sowie der Sowjetunion zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Tonnen) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A1, wiedergegeben.
auf 370 Millionen Tonnen. In den meisten Entwicklungsländern stieg die Nachfrage nach Öl hingegen sehr langsam. Die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens konsumierten 1975 insgesamt nur 70 Millionen Tonnen Öl (Abb. 1). Die Internationalisierung des Marktes setzte sich in den Nachkriegsjahrzehnten fort. Die steigende Nachfrage und die günstigen Transportbedingungen beschleunigten den Handel über Landesgrenzen hinweg. Hartshorn charakterisiert Öl als „a fuel on the move“⁶⁸ und Christopher Tugendhat geht davon aus, dass sich Öl nach dem Zweiten Weltkrieg zur wichtigsten Ware im internationalen Handel entwickelt habe.⁶⁹ Die Prognosen über die verfügbaren Ölreserven unterlagen einem starken Wandel. Dies hing zum einen mit der Entdeckung neuer Ölquellen und zum anderen mit der Entwicklung verbesserter Produktionstechnologien zusammen.⁷⁰ Kontinuität bestand allerdings darin, dass die Ölfunde im Mittleren und Nahen
Hartshorn, Oil Companies, S. 35. Vgl. Tugendhat, Erdöl, S. 23. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 44.
2.2 Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage
29
Osten die Mehrheit der Ölreserven ausmachten. 1960 lag ihr Anteil bei 60 % des weltweit bekannten Vorrats. Dieser ging bis 1975 auf 55 % zurück, was unter anderem mit den Ölfunden in Nordafrika zusammenhing. Die Entdeckung von Öl in Libyen und Nigeria Ende der 1950er-Jahre ließ den Anteil von afrikanischem Öl an den weltweiten Reserven von 2 % auf knapp 10 % im Jahr 1975 ansteigen. Die USÖlreserven machten 1960 noch 12 % aus und schrumpften bis 1975 auf knapp 6 %. Eine ähnliche Entwicklung wies auch Lateinamerika auf. Durch die Entdeckung von Öl in der Nordsee und anderen Regionen stieg die westeuropäische Quote von weniger als 1 % bis 1975 auf 4 % an. Einen durchschnittlichen gleichbleibenden Anteil von etwas mehr als 10 % in diesem Zeitraum verzeichnete die Sowjetunion zusammen mit China (Abb. 2). 100,0
90,0
80,0
70,0
60,0
50,0
40,0
30,0
20,0
10,0
0,0
1960
1965
1970
1975
USA
Lateinamerika
Kanada
Westeuropa
Mittlerer und Naher Osten
Afrika
Sowjetunion und China
andere Länder
Abbildung 2: Anteile an den weltweiten Ölreserven von 1960 bis 1975 nach Ländern und Regionen (in %) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A2, wiedergegeben.
30
2 Der globale Ölmarkt
Ölreserven sind konstruierte Größen. Sie geben keine Auskunft über die absolute Menge der sich im Boden befindlichen Ressource, sondern erfassen bereits entdecktes Öl und dessen voraussichtliche, zukünftige Verfügbarkeit.⁷¹ Werden die Produktionszahlen der einzelnen Länder in den Blick genommen, relativiert sich der reine Blick auf die Reserven. Allerdings wird auch hier die ungleiche regionale Aufteilung und die steigende Dominanz der Produzentenländer aus dem Mittleren und Nahen Osten deutlich. Die USA stellten nach dem Zweiten Weltkrieg den weltweit größten Ölproduzenten dar. 1960 produzierte Nordamerika 381 Millionen Tonnen Rohöl. Die US-Förderung erreichte 1970 mit knapp 540 Millionen ihren Peak Oil.⁷² Danach gab es einen Rückgang. Eine gegenläufige Entwicklung ist in den Staaten des Mittleren und Nahen Ostens zu beobachten. Hier stieg die Produktion von 258 Millionen Tonnen 1960 auf über eine Milliarde Tonnen 1974 an. Spätestens seit den 1960er-Jahren stammte der Großteil der weltweiten Produktion daher aus dem Mittleren und Nahen Osten, wobei SaudiArabien die mit Abstand größten Mengen produzierte. In Afrika wuchs die Ölförderung in diesem Zeitraum ebenfalls exponentiell an. In Europa verdoppelten sich zwischen 1960 und 1975 die Zahlen von 15 auf 30 Millionen Tonnen. Dennoch waren die in Europa produzierten Mengen im Vergleich zum Öl aus dem Nahen Osten und aus Nord- und Südamerika verschwindend gering. Die Sowjetunion erhöhte kontinuierlich ihre Ölproduktion. 1975 überstieg diese mit 485 Millionen Tonnen die der USA. Insgesamt fand von 1960 bis 1975 eine Verdoppelung der weltweiten Ölproduktion statt (Abb. 3). Die Produktion von Rohöl ist standortgebunden und unflexibel. Öl kann nur dort gefördert und produziert werden, wo Lagerstätten vorhanden sind. Anders sieht es mit der Weiterverarbeitung aus. Die Raffination fand ursprünglich zumeist in der Nähe der Exploration statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wandelte sich die Situation und die Raffinerien wurden zunehmend auch in die Verbraucherzentren verlegt, wo keine Produktion stattfand.⁷³ Hartshorn betont, dass der Bau der Raffinerien in Westeuropa zunächst auf die eingeschränkte Importfähigkeit durch die mangelnden Dollardevisen zurückzuführen gewesen sei. Die europäischen Länder, die kaum über eigenes Öl verfügten, mussten Rohöl und Ölprodukte importieren. Mithilfe von Finanzmitteln aus dem Marshall-Plan vollzog sich die Expansion der Raffinerien in Westeuropa und die Importquote für Ölprodukte verringerte sich. Die Gründe für den Bau von Raffinerien außerhalb der Produktionszentren waren demnach vor allem wirtschaftspolitisch bedingt.
Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 44. Vgl. Wyant, States, S. 127. Vgl. Hartshorn, Oil Companies, S. 71 f.
2.2 Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage
31
1200
1000
800
600
400
200
0 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 USA
Lateinamerika
Westeuropa
Saudi-Arabien
Mittlerer und Naher Osten
Afrika
Sowjetunion
Abbildung 3: Die Rohölproduktion in ausgewählten Ländern und Regionen zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Tonnen) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A3, wiedergegeben.
Erhöhte Sicherheitsrisiken etwa durch politische Instabilität in den Förderländern kamen erst später als eine weitere Motivation hinzu.⁷⁴ Die USA, die sowohl über eine eigene Ölproduktion als auch über Raffinerien verfügten, importierten zwischen 1960 und 1975 durchschnittlich 93 Millionen Tonnen Rohöl sowie zusätzlich etwa die gleiche Menge an Ölprodukten. Für beide Güter stieg die Importquote ab 1970 deutlich stärker an (Abb. 4 und 5). Dies hing damit zusammen, dass die USA ihre eigenen Kapazitäten zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig ausgeschöpft hatten. Insgesamt lässt sich für den Zeitraum von 1960 bis 1975 eine knappe Verdreifachung der weltweiten Raffinationsmenge ausmachen, während sich die Produktionszahlen lediglich verdoppelten. Das lässt wiederum Rückschlüsse auf neue Verwendungsmöglichkeiten und verbesserte Technologien der Veredelung zu.⁷⁵
Vgl. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 40 f.; Hatshorn, Oil Companies, S. 71 f. Vgl. BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975.
32
2 Der globale Ölmarkt
800
700
600
500
400
300
200
100
0
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
Rohölimport USA
Ölprodukteimport USA
Rohölimport Westeuropa
Ölprodukteimport Westeuropa
1973
1974
1975
Abbildung 4: Importmengen von Rohöl und Ölprodukten in die USA und Westeuropa zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Tonnen) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A4, wiedergegeben.
Insgesamt wuchs die weltweite Nachfrage nach Rohöl und Ölprodukten zwischen 1961 und 1975 kontinuierlich an. Die Wachstumsraten der Nachfrage lagen in diesem Zeitraum bei durchschnittlich 6,9 % im Jahr. Gleichzeitig stieg das weltweite Angebot, ausgedrückt in der Rohölproduktion, jährlich um durchschnittlich 6,8 % an (Abb. 6). Ein kurzfristiger Rückgang ist sowohl für das Angebot als auch für die Nachfrage infolge des Ölpreisschocks 1973 zu verzeichnen. Abgesehen von dem wachsenden Ungleichgewicht der regionalen Verteilung von Ölreserven und -verbrauch in diesem Zeitraum, stiegen Angebot und Nachfrage etwa in gleichem Maße an. Dieses relative Gleichgewicht zeichnet sich auch in der Preisentwicklung für Öl ab. Bis 1972 stagnierte der Ölpreis, sank sogar in ausgewählten Jahren. Erst 1973 erhöhte sich der Preis um das Vierfache (Abb. 7). Die Entwicklung des Ölpreises erscheint im Hinblick auf jährliche Inflationsraten von durchschnittlich 4,2 % in diesem Zeitraum beispielsweise in den USA aus-
2.2 Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage
33
4000
3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 Ölproduktion
Ölraffination
Abbildung 5: Weltweite Ölproduktion und -raffination zwischen 1961 und 1975 (in Millionen Tonnen) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1961 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A5, wiedergegeben.
gesprochen niedrig.⁷⁶ Der Anstieg des US-Konsumentenpreisindex zwischen 1960 und 1975 von jährlich 4,4 % bestätigt diese Annahme.⁷⁷ Werden andere marktbeeinflussende Faktoren – wie etwa volatile Wechselkurse nach der Aufgabe des Bretton-Woods-Abkommens – unberücksichtigt gelassen, deutet die Preisentwicklung auf ein relatives Überangebot auf dem Ölmarkt hin. Dies lässt sich vor allem für die späten 1950er- und die erste Hälfte der 1960er-Jahre bestätigen. Aus großen Quellen im Mittleren und Nahen Osten sowie in Nordafrika floss zunehmend mehr Öl auf den Markt. Zusätzlich steigerte die Sowjetunion ihre Ölproduktion massiv. Das Überangebot führte dazu, dass der Preis für Öl und Ölprodukte stagnierte, teilweise sogar zurückging.
http://www.usinflationcalculator.com/inflation/historical-inflation-rates/, Zugriff: 20.4. 2017. http://www.usinflationcalculator.com/inflation/consumer-price-index-and-annual-percentchanges-from-1913-to-2008/, Zugriff: 20.4. 2017.
34
2 Der globale Ölmarkt
10 8 6 4 2 0
-2 -4 -6
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
Angebot
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
Nachfrage
Abbildung 6: Jährliche Wachstumsquoten von Angebot (ausgedrückt in weltweiter Rohölproduktion) und Nachfrage (ausgedrückt in weltweitem Ölkonsum) zwischen 1961 und 1975 (in %) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1961 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A6, wiedergegeben.
2.3 Die Akteure auf dem Ölmarkt Die Nachfrage- und Angebotsentwicklung sowie die Verteilung der Ölvorkommen deuten bereits an, dass der Markt durch verschiedene Akteure geprägt war. Diese verfolgten nicht nur unterschiedliche Interessen, sondern verfügten auch über unterschiedliche Einflussmöglichkeiten. Im Folgenden werden die einzelnen Akteursgruppen beschrieben und ihre Motive sowie Handlungsspielräume auf dem Markt untersucht. Nicht alle handelnden Wirtschaftssubjekte können pauschal einer Kategorie oder Unterkategorie zugeordnet werden. Die hier bewusst vorgenommene Simplifizierung dient zunächst einer groben Einordnung und zur Differenzierung der einzelnen Akteursgruppen. Die zentralen Wirtschaftssubjekte auf dem Ölmarkt sind und waren Unternehmen. Sie organisierten jeden Bereich der Wertschöpfungskette – von der Exploration über die Weiterverarbeitung bis hin zum Transport und dem Vertrieb von Öl. Für den Zeitraum von 1960 bis 1975 kann grob zwischen drei Gruppen von
2.3 Die Akteure auf dem Ölmarkt
35
12
10
8
6
4
2
0 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 OPEC-Korb
Abbildung 7: Jahresdurchschnittswerte der Rohölpreise zwischen 1960 und 1975 (ausgewählte OPEC-Rohöle, in $/Barrel) Quelle: Jährliche Rohölpreisentwicklung, http://www.mwv.de/index.php/daten/statistikenprei se/?loc=4, Zugriff: 16. 04. 2017. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A7, wiedergegeben.
Firmen unterschieden werden: vertikal integrierte Multinationals, lokale Unternehmen, die nur in einer Produktionsstufe agierten, und Staatskonzerne. Die großen Multinationals handelten auf allen Produktionsstufen über Ländergrenzen hinweg. Dabei kooperierten sie häufig miteinander – etwa durch die Gründung von Konsortien oder durch gemeinsame Explorations- oder Infrastrukturprojekte. Sie übten damit vielfältigen Einfluss auf das weltweite Angebot und die Nachfrage aus. Dies betraf unter anderem die Exploration: Steigerten die Unternehmen ihre Investitionen für die Suche nach Öl, konnte sich im Erfolgsfall das Angebot kurzfristig verändern. Die Phase des Überangebots Ende der 1950erJahre infolge der intensivierten Explorationen in den Ländern des Mittleren und Nahen Ostens ist ein exemplarisches Beispiel dafür.⁷⁸ Dazu schrieb der Chairman von Socal O. N. Miller 1961 an die Aktionäre: „New oilfields recently discovered abroad by various companies are now coming into production, contributing to oversupply in foreign markets.“⁷⁹ Die Nachfrage konnte von den Multinationals
Vgl. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 50 f. Socal, Annual Report, To the Stockholders, 1961.
36
2 Der globale Ölmarkt
nur indirekt zum Beispiel durch Preissenkungen oder Produktentwicklung und -werbung beeinflusst werden. Unternehmen, die zur zweiten Kategorie gehörten, waren zumeist nur auf einem nationalen Markt und in einer einzelnen Produktionsstufe aktiv. Die sogenannten Independents traten vermehrt seit den 1950er-Jahren auf. Aufgrund des mehrstufigen Wertschöpfungsprozesses von Öl befanden sie sich oft in Abhängigkeiten von den Majors. Unabhängige Raffinationsfirmen oder Ölhändler im Vertrieb waren beispielsweise darauf angewiesen, von den Multinationals beliefert zu werden. Der Einfluss dieser Unternehmen auf die Strukturen des internationalen Marktes erwies sich daher als begrenzt. Mittelbar konnten sie allerdings durch Preisänderungen auf lokalen Märkten oder einzelnen Produktmärkten auf Angebot und Nachfrage einwirken.⁸⁰ Staatskonzerne können sowohl der ersten als auch der zweiten Kategorie von Unternehmen angehören und je nachdem direkten oder indirekten Einfluss auf Angebot und Nachfrage nehmen. Sie unterscheiden sich vor allem in ihrer Zielsetzung von den privaten Firmen. Um das klassische Ziel von Unternehmen, die Gewinnmaximierung, zu erreichen und die Renditen zu steigern, waren für die Ölkonzerne folgende Faktoren zentral: ein gesicherter Zugang zu Öl und Ölprodukten, eine hohe Differenz zwischen Herstellungs- und Verkaufspreis, wenig Einschränkungen durch staatliche Interventionen, technischer Fortschritt und eine Steigerung der Effizienz. Unternehmen, die im mehrheitlichen oder gesamten Besitz von Staaten sind, dienen neben diesen Zielen häufig auch der Durchsetzung politischer Anliegen. Das bedeutet, dass ökonomische den politischen Zielen von Regierungen untergeordnet werden. Dies schließt aber nicht aus, dass sich unternehmerische und politische Interessen decken. So ist die Gewinnmaximierung eines Staatskonzerns auch wirtschaftspolitisch gewünscht. Die Gründung von staatlichen Ölkonzernen hatte primär das Ziel, den Zugang zu Öl zu sichern und eine günstige nationale Versorgung zu gewährleisten. Dies zeigt sich am Beispiel von BP, aber auch anhand der italienischen ENI und der französischen Total.⁸¹ Die Beziehung zu den Heimatregierungen spielte für alle Ölgesellschaften eine entscheidende Rolle. Hier bestanden insbesondere Abhängigkeiten hinsichtlich der staatlichen Regulierung. Multinationale Unternehmen hatten es darüber hinaus mit weiteren Regierungen zu tun, deren Eigenheiten und Politik sie berücksichtigen mussten. Dies galt insbesondere für die Förderstaaten. Letztere stellen die zweite bedeutende Akteursgruppe auf dem Ölmarkt dar. Darunter
Vgl. Hohensee, Ölpreisschock, S. 33; Sampson, Schwestern, S. 146 – 150. Wilkins, Oil Companies, S. 164; Beltran (Hg.), History.
2.3 Die Akteure auf dem Ölmarkt
37
können alle Länder gefasst werden, die Öl in großen Mengen exportierten. Die USA bildeten eine Ausnahme, da sie sich zwischen 1960 und 1975 vom Exporteur zum Importeur entwickelten. Rohstoffreichtum und -export stellte für die meisten Produzentenländer eine zentrale Staatseinnahmequelle dar. Daher kann der RentSeeking-Ansatz zugrunde gelegt werden. Demnach lag das primäre Ziel von politischen Entscheidungsträgern der Produzentenländer in einer möglichst hohen Rendite durch das Rohstoffvorkommen. Die Ölexportstaaten stellten allerdings keine homogene Gruppe dar. Sie müssen hinsichtlich des Regierungssystems, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Höhe der Ölreserven unterschieden werden. Von diesen vielfältigen Faktoren hingen auch ihre Ziele und ihr Einfluss auf die Strukturen des Marktes ab.⁸² Neben wirtschaftspolitischen Zielen konnte auch die außenpolitische Position eines Produzentenlandes die Marktstruktur verändern. So führte SaudiArabien im Verbund mit weiteren arabischen Staaten 1973 Produktionskürzungen und ein Embargo gegen die USA und die Niederlande als außenpolitisches Druckmittel ein. In der Folge ging das Angebot auf dem Weltölmarkt zurück.⁸³ Die Interessen der Produzentenländer in Bezug auf Öl waren zum Teil sehr unterschiedlich ausgeprägt und situationsbezogen. Mal diente das Öl als Einnahmequelle und dazu, die Industrialisierung voranzutreiben, mal als strategische Waffe in einem internationalen Konflikt. Die Einflussmöglichkeiten der Produzentenländer hingen von ihren jeweiligen Beziehungen zu den multinationalen Ölkonzernen ab. Die Produktion von Öl organisierten die Unternehmen. Die Exportstaaten hatten dadurch zunächst wenig Zugang und Verfügungsgewalt über ihre eigenen Ressourcen. Sie waren auf die Zahlungen und Abgaben der Konzerne angewiesen. Eine Abhängigkeit bestand außerdem von den Konsumentenländern. Veränderungen der Nachfrage oder politische Konflikte spielten dabei eine maßgebliche Rolle und hatten wiederum Einfluss auf den Markt. Einflussreiche Akteure auf dem Ölmarkt stellten auch die Importländer selbst dar. Diese Staaten verfügten über wenige eigene Reserven. Zwischen 1960 und 1975 gehörten zu dieser Gruppe vor allem die westeuropäischen Länder und Japan, später auch die USA. Die Ölversorgung hatte eine strategische Bedeutung für die Regierungen der Konsumentenländer. Aufgrund der Ölabhängigkeit der Industrie lagen die Ziele in der Wirtschaftspolitik. Gleichzeitig war die günstige und sichere Versorgung auch von der wachsenden Konsumgesellschaft gewünscht,
Vgl. dazu Harks/Müller (Hg.), Petrostaaten. Vgl. z. B. Graf, ‚Oil Weapon‘.
38
2 Der globale Ölmarkt
sodass neben wirtschaftlichen Interessengruppen auch Wählerstimmen davon abhingen. Darüber hinaus spielten indirekt auch außen- und sicherheitspolitische Faktoren eine Rolle. Ebenso wie bei den Produzentenländern handelte es sich auch bei den Konsumentenstaaten um eine heterogene Gruppe. Als zentral für den Einfluss der Importländer auf den Ölmarkt erwiesen sich ihr Grad der Abhängigkeit vom Öl, die diplomatischen Beziehungen zu den Ölexportländern und die jeweilige Wirtschaftsordnung. Eine direkte Intervention konnte von den Konsumentenländern nur auf dem nationalen Markt vorgenommen werden. Dafür gab es vielfältige Mittel der Regulierung wie etwa Wettbewerbsgesetze, Preiskontrollen, Importquoten sowie die Steuerpolitik. Damit konnte national auf das Angebot und die Nachfrage Einfluss genommen werden.⁸⁴ Auch die Gründung von Staatskonzernen stellte einen Eingriff auf den Ölmarkt dar. Für die Marktregulierung gab es vielfältige Motive. Sie reichten vom Schutz der heimischen Industrie über die Versorgungssicherheit bis zur Erhöhung der Steuereinnahmen. Die Außenpolitik der Konsumentenländer erwies sich ebenfalls als Faktor für den Ölmarkt. So veranlasste die proisraelische Haltung der USA in den Nahostkriegen von 1967 und 1973 die arabischen Staaten zur Verhängung des bereits genannten Embargos, das das Angebot auf dem US-Ölmarkt schwächen sollte.⁸⁵ Seit Ende der 1960er-Jahre hatten nicht mehr nur die Wirtschafts- und Außenpolitik eine Relevanz für den Ölmarkt, sondern auch die Energiepolitik gewann an Bedeutung. Insgesamt konnten die Konsumentenländer mit verschiedenen Mitteln Einfluss auf den Markt nehmen. Ihre Interventionen auf dem heimischen Markt erwiesen sich durch ihre starke Abhängigkeit vom importierten Öl allerdings als limitiert. Spätestens seit den 1970er-Jahren bestand daher ein großes Interesse an Explorationen im eigenen Land bzw. in Ländern der westlichen Allianz.⁸⁶ Weitere Akteure, die auf den Markt einwirkten, waren nationale und internationale Organisationen. Dazu zählten politische Einrichtungen wie die NATO oder die OECD sowie auch Lobbyverbände. Die bedeutendste offizielle Organisation auf dem Ölmarkt stellte spätestens ab Mitte der 1960er-Jahre die OPEC dar, die die Interessen einiger Ölexportstaaten vertrat. Die Wirkungen von Organisationen auf den Markt können als mittelbar bezeichnet werden. Dies hing damit zusammen, dass die definierten Ziele nur durch die Mitglieder selbst oder durch Dritte durchgesetzt werden konnten. Die von der OPEC festgelegten Förderquoten mussten von den einzelnen Mitgliedsländern eingehalten werden. Auch die von
Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 66; Yergin, Preis, S. 689 f. Vgl. Graf, ‚Oil Weapon‘. Vgl. Venn, Oil Crisis, S. 149; Yergin, Preis, S. 769.
2.3 Die Akteure auf dem Ölmarkt
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der Internationalen Energieagentur (IEA)⁸⁷ oder der OECD vorgeschlagenen Ziele einer gemeinsamen Energiepolitik der Konsumentenländer konnten nur von diesen selbst umgesetzt werden.⁸⁸ Interessenkongruenz sowie Legitimation und Anerkennung der Organisation durch die Mitglieder stellten die zentralen Faktoren für den tatsächlichen Einfluss von Organisationen auf Marktstrukturen dar. Auch Einzelpersonen innerhalb von Organisationen, Regierungen oder Unternehmen hatten indirekt Einfluss auf den Ölmarkt, indem sie Akteurshandeln initiierten. Das trifft einerseits auf Mitglieder der jeweiligen Akteursgruppe – etwa Mitarbeiter von Unternehmen –, andererseits aber auch auf externe Berater und Interessenvertreter zu. Der globale Ölmarkt konstituierte sich durch eine Vielzahl von Faktoren, Entwicklungen und Akteure. Diese können nicht isoliert betrachtet werden, da sie oft unmittelbar miteinander verbunden waren und sich gegenseitig beeinflussten. Unabhängig von der historischen Entwicklung des Marktes waren einige Faktoren durch die Beschaffenheit des Rohstoffes Öl gesetzt. Dazu gehörte vor allem die ungleiche regionale Verteilung der Ressource, die zu Abhängigkeiten führte und den Ölmarkt zu einem globalen Markt machte. Darüber hinaus trug auch der flüssige Aggregatzustand von Öl dazu bei, der die weltweiten Handels- und Transportmöglichkeiten erleichterte. Eine weiterhin feste Variable stellten die Ungewissheit und die hohen technischen Anforderungen bei der Suche nach Öl dar. Diese erforderten hohe Kapitalinvestitionen und führten zur Dominanz von vertikal integrierten Unternehmen. Alle Produktionsschritte waren jedoch mit sinkenden Grenzkosten verbunden, was wiederum auch auf die flüssige Form des Öls zurückzuführen ist und das Ölgeschäft sehr profitabel machte. Angebot und Nachfrage erhöhten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in etwa kongruent mit einer leichten Tendenz zum Überangebot. Durch die Entdeckung von großen Ölfeldern stiegen die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens sowie Nordafrika zu den weltweit größten Ölproduzentenländern auf. Aufgrund der Ablösung der Kohle durch Öl als Energieträger entwickelten sich Westeuropa, Japan und später auch die USA zu den zentralen Ölimportländern. Bei der Angebots- und Nachfrageentwicklung ist von besonderer Bedeutung, dass auf beiden Seiten Öl strategisch eine hohe Relevanz beigemessen wurde. In den Konsumentenländern hingen ganze Volkswirtschaften von dem Rohstoff ab, was vor allem mit fehlenden Substitutionsmöglichkeiten zusammenhing. Gleichzeitig bildeten die Ölexporte die Haupteinnahmequelle der Produzentenländer. Politische Interventionen gehörten aufgrund dieser Konstellation zur Marktstruktur.
Die IEA wurde 1974 als Reaktion auf die Ölpreiskrise gegründet. Vgl. Beers, OECD; Graf, Öl und Souveränität, S. 310 f.; Maas, Energieagentur.
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2 Der globale Ölmarkt
Die Produktion und den Handel mit Öl organisierten große multinationale Ölkonzerne. Aufgrund ihrer Funktionen können sie als wichtige Akteure auf dem Markt identifiziert werden.
3 Die Sieben Schwestern 1975 veröffentliche der britische Journalist Anthony Sampson sein Buch The Seven Sisters. The Great Oil Companies and the World They Shaped. Im Kontext der Ölpreiskrise erlangte Sampsons Abhandlung über die großen Ölkonzerne eine hohe Aufmerksamkeit. Der Bestseller wurde binnen kurzer Zeit in 15 Sprachen übersetzt und fand Eingang in die öffentlichen Diskussionen in Westeuropa und den USA.¹ Auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Ölmarkt wurde Sampsons Studie vielfach herangezogen. So bezeichnet Francesco Petrini Sampsons Arbeit sogar als „beste Synthese der Geschichte der Ölindustrie.“² Sampson beschreibt einen Ölmarkt, den ein Kartell von sieben großen, internationalen Konzernen dominierte: „Mit ihrer Reichweite und ihren Mitteln glichen sie der Instanz einer Weltregierung. Ihre Funktionäre flogen zwischen San Francisco und Saudi-Arabien hin und her wie andere Leute über Straßen gehen. Ihre Computer analysierten auf der halben Erde Angebot und Nachfrage. […]. Jede der Sieben Schwestern war älter als fünfzig Jahre, länger am Leben als so mancher Nationalstaat, der bei ihnen Kunde war. […] Ihr Einkommen war größer als das der meisten Staaten, die Tonnage ihrer Tankerflotten übertraf jede Kriegsmarine. Wenn es um Erdöl ging, waren sie wirtschaftlich unabhängig, das Gesetz von Angebot und Nachfrage konnte ihnen nichts anhaben.“³
Seit 1960 hätten sich allerdings die Verhältnisse auf dem Ölmarkt schrittweise gewandelt und die machtvollen Konzerne hätten spätestens seit 1970 stark an Einfluss verloren. Die These der Transformation wurde zeitgenössisch bereits um 1971 vertreten und dominiert bis heute die Forschungsliteratur.⁴ Fiona Venn konstatiert beispielsweise, dass die Majors nicht mehr länger die Hegemonie über den Ölmarkt innehatten.⁵ Jens Hohensee geht sogar noch weiter und spricht von einer „Vernichtung [der Unternehmen; W. G.] auf Raten“⁶. Die vorliegenden Stu-
O. V., OPEC im Bett, in: Der Spiegel, 07.06.1976; o. V., Die Scheide und ihre Sieben Schwestern, in: Die Zeit, 31.10.1975; Anthony Sampson Papers, University of Oxford, Bodlein Libraries, MS. Sampson, Dep. 86, Review by Frank McFadzean, in: The Times, 26.09.1975. „Uno degli esempi più significativi […] è il libro del 1975 die Sampson, forse la miglore tra le sintesi della storia dell’industria petrolifera“; Petrini, Imperi, S. 211. Sampson, Schwestern, S. 19. Vgl. Hirst, David, Oil Producing Nations Flex Muscles in Showdown with West, in: Washington Post, 06.02.1971, S. A11; Odell, Oil, S. 15 f.; Penrose, Structure, S. 15 f.; Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 71, Western Oil Policies. The Challenge of Today’s Stark Realities, in: Foreign Affairs, April 1971. Vgl. Venn, Oil Diplomacy, S. 136. Hohensee, Ölpreisschock, S. 40. https://doi.org/10.1515/9783110637359-005
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3 Die Sieben Schwestern
dien haben vor allem die externen Bedingungen auf dem Ölmarkt in den Blick genommen. So werden Veränderungen in der Angebots- und Nachfragstruktur sowie das Auftreten neuer Akteure wie etwa der OPEC als Gründe für den Machtwechsel angeführt. Der Ölmarkt habe sich, so argumentiert etwa Yergin, von einem Käufer- zu einem Verkäufermarkt gewandelt. Nicht mehr die Importstaaten hätten über die Bedingungen des Ölhandels entschieden, sondern die Förderländer.⁷ Dabei werden die Interessen der Majors mit denen der westlichen Industrienationen gleichgesetzt und ein Machtverlust der Konzerne diagnostiziert. Die interne Entwicklung der Sieben Schwestern bleibt dabei weitgehend unberücksichtigt und der Machtverlust wird empirisch kaum überprüft. Es stellt sich daher die Frage, wie die Aktivitäten und Strukturen der Konzerne tatsächlich aussahen. Wie veränderten sich die Unternehmen zwischen 1960 und 1975? Fand tatsächlich ein tiefgreifender Wandel statt? Das folgende Kapitel widmet sich diesen Fragen und eine umfassende Analyse der Unternehmen, insbesondere in den Jahren der Transformation zwischen 1960 und 1975, steht dabei im Mittelpunkt. Nicht nur die Forschung untersuchte die Majors, sondern sie waren immer wieder auch Thema einer öffentlichen Debatte. Die Grenzen zwischen wissenschaftlichem Diskurs, öffentlicher Wahrnehmung und Selbstdarstellung der Konzerne erscheinen fließend. Einführend werden daher in diesem Kapitel zunächst die Diskurse zu den Sieben Schwestern vorgestellt. Im zweiten Teil des Kapitels erfolgt eine Charakterisierung der sieben Unternehmen. Dabei geht es zunächst darum, allgemeine Entwicklungslinien und Strukturen der einzelnen Konzerne in ihrer Geschichte auszumachen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu identifizieren. In einem weiteren Schritt werden die Unternehmensergebnisse und -aktivitäten zwischen 1960 und 1975 untersucht und verglichen. Anschließend geht es um die äußeren und inneren Beziehungen der Ölgesellschaften. Dabei wird einerseits das Verhältnis der Konzerne zu ihren Heimatregierungen untersucht. Andererseits werden die Beziehungen der Unternehmen untereinander und ihre Kooperationen in den Blick genommen. Auf der Grundlage dieser umfassenden Analyse der Konzerne können erste Aussagen über die Entwicklung der Sieben Schwestern und ihrer Marktmacht getroffen werden.
Vgl. Yergin, Preis, S. 688 f.
3.1 Fremdbild und Selbstbild
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3.1 Fremdbild und Selbstbild Den Begriff „Sieben Schwestern“ (italienisch: sette sorelle) prägte der erste Präsident der italienischen Staatsholding ENI, Enrico Mattei. Mattei hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Dominanz der Majors auf dem Ölmarkt zu brechen.⁸ Neben der gezielten Konkurrenz durch die ENI verbreitete Mattei öffentlich das Bild eines übermächtigen Kartells, das den Wettbewerb einschränkte und sich die Ressourcen benachteiligter Entwicklungsländer aneignete.⁹ Obwohl Matteis Agenda in die spezifischen Bedingungen der Wirtschaftspolitik Italiens und der Strategie der ENI einzuordnen ist,¹⁰ haben sich der Begriff und die damit verbundenen Assoziationen durchgesetzt. Dies gilt nicht nur für die öffentliche, sondern zum Teil auch für die wissenschaftliche Auseinandersetzung. Nicht nur die Bezeichnung „Sieben Schwestern“, sondern viele weitere Deutungsmuster vermischten sich in der öffentlichen Wahrnehmung und wissenschaftlichen Bewertung sowie auch in der Selbstdarstellung der Konzerne. Eine der zentralen Fragen in Bezug auf die Majors bezieht sich auf die Wettbewerbssituation auf dem Ölmarkt. In der Forschung wird eine hohe Konzentration auf dem Ölmarkt sowohl für das 19. als auch das 20. Jahrhundert attestiert.¹¹ So argumentiert etwa Miriam Bader-Gassner, dass bis in die 1970er-Jahre eine Dominanz einiger weniger Großunternehmen geherrscht habe.¹² Es besteht allerdings Uneinigkeit darüber, inwieweit der Wettbewerb dadurch tatsächlich eingeschränkt war. Einige Studien gehen von einem Monopol der Sieben Schwestern aus. Die Gründe, die dafür angegeben werden, variieren stark. Es wird mit durch den Rohstoff bedingten erhöhten Markteintrittsbarrieren argumentiert.¹³ Andere Autoren sehen den Ursprung des eingeschränkten Wettbewerbs im Verhalten der Sieben Schwestern selbst. Die Verdrängungsstrategie Rockefellers sei demnach von den Majors kontinuierlich fortgesetzt worden, so etwa Paul H. Frankel.¹⁴ Insbesondere neuere Studien gehen von einer Oligopolstruktur des Ölmarktes aus.¹⁵ Demnach nahmen die Majors zwar eine dominante Stellung auf dem Markt ein, dies führte allerdings nicht zu einer vollständigen Ausschaltung
Vgl. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 46 f.; Pozzi, Entrepreneurship, S. 267. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 4, Briefing Confidential „ENI and Matteism“, 19.07.1962; Yergin, Preis, S. 662 f. Vgl. Bader-Gasser, Pipelineboom, S. 54 f. Vgl. z. B. Bamberg, History, S. 1 f.; Penrose, Monopoly, S. 181 f. Vgl. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 45 f. Vgl. Hartshorn, Oil Trade, S. 155. Vgl. Frankel, Essentials, S. 77. Vgl. z. B. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 20; Jones, State, S. 6.
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des Wettbewerbs.¹⁶ Denn zum einen habe eine starke Konkurrenz unter den Sieben Schwestern selbst geherrscht, „geprägt durch den Wettlauf nach neuen Ölfeldern und Absatzmärkten“.¹⁷ Zum anderen erhöhte sich die Wettbewerbssituation insbesondere in den 1950er-Jahren durch das Auftreten zahlreicher von den Majors unabhängiger Unternehmen.¹⁸ Es liegen einige Nachweise vor, dass der Wettbewerb je nach Zeitraum, Ort und Wertschöpfungsstufe stark variierte. So erscheint die Dominanz der Majors in der Produktion von Erdöl im Mittleren und Nahen Osten in der Nachkriegszeit sehr konzentriert, während in der nachgelagerten Raffination und im Vertrieb eine deutlich höhere Anzahl an Marktteilnehmern zu verzeichnen war. Leonardo Maugeri betont außerdem die starke Konkurrenz zwischen den Independents und den Majors bei der Ölproduktion in den USA und Neil Jacoby gibt an, dass zwischen 1953 und 1972 circa 350 unabhängige Unternehmen in das Ölgeschäft außerhalb der USA und der Sowjetunion investiert hätten.¹⁹ Die Diskussion über die Dominanz der Sieben Schwestern fiel in der öffentlichen Debatte ambivalent aus: „Some saw them, […] as engines of economic growth, while to others they represented sinisterly powerful concentrations of monopolistic power.“²⁰ Der Ursprung dafür lag in der Standard Oil Company, die Ende des 19. Jahrhunderts auf dem US-amerikanischen Markt eine dominante Stellung einnahm:²¹ „The Standard Oil Company was the first major industrial monopoly in the United States.“²² 1911 ordnete der oberste Gerichtshof der USA die Entflechtung der Standard Oil Company an.²³ Die Zerschlagung betraf 33 Unternehmen, die zuvor von der Standard Oil Company of New Jersey kontrolliert worden waren. Der Grund dafür lag darin, dass das Unternehmen dem Sherman Act und damit den Antitrust-Gesetzen widersprach. Hintergrund war eine in den USA zum Ende des 19. Jahrhunderts eingeführte Wettbewerbspolitik, die darauf abzielte, einen freien Wettbewerb zu garantieren und Monopole zu unterbinden.²⁴ Nicht nur der wirtschaftswissenschaftliche Diskurs und die wirtschaftspolitische Stoßrichtung in den USA zur Jahrhundertwende wendeten sich gegen Monopole,
Vgl. Wilkins, Maturing, S. 206. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 48. Vgl. Luciani, Oil Companies, S. 17 f.; Venn, Oil Diplomacy, S. 135. Vgl. Jacoby, Neill, zitiert nach Wilkins, Oil Companies, S. 162; Maugeri, Age, S. 83. Bamberg, History, S. 1. Vgl. Bringhurst, Antitrust, S. 1; Yergin, Prize, S. 95. Chalmers, Introduction, S. xiii. Vgl. Merrill, Oil Crisis, S. 6. Vgl. Jovocic, Deutschland.
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sondern dies zeigte sich auch im Tenor der öffentlichen Debatte.²⁵ Die Entscheidung des obersten Gerichtshofes erlangte eine hohe Aufmerksamkeit in der nationalen sowie internationalen Berichterstattung und manifestierte langfristig das Bild eines gigantischen Großunternehmens, das auf illegale Weise den Wettbewerb einschränkte und damit den Werten und dem Selbstverständnis Amerikas widersprach. Dieses Bild übertrug sich später auf die Sieben Schwestern, was auch darin begründet lag, dass drei der Majors, Exxon, Mobil und Socal, dem ehemaligen Standard Oil Imperium entstammten. Der Vorwurf lautete, dass die Unternehmen weiterhin in enger Einheit zusammenarbeiten, den Markt dominieren und die Konkurrenz einschränken würden.²⁶ Die Bewertung der Wettbewerbssituation auf dem Ölmarkt war eng mit der Kartellfrage verbunden. Den Hintergrund davon bildete das sogenannte Achnacarry-Abkommen von 1928 im Rahmen dessen sich BP, Shell und Exxon auf eine gemeinsame Förderpolitik einigten, „to stem the rising tide of competition“²⁷. Dies wird in Forschungsarbeiten auch als Kartellabkommen bewertet und reiht sich laut Jeffrey Fear in den Trend internationaler Kartelle in der Zwischenkriegszeit ein.²⁸ Es gibt in der Forschung zahlreiche Hinweise, dass die Kartellstrukturen auch nach 1945 weiter bestanden. So argumentiert Giacomo Luciani etwa, dass die Konsortien den Majors ermöglichten, das Angebot auf dem Ölmarkt zu beeinflussen.²⁹ Bader-Gassner zeigt mit ihrer Studie zum Pipelinebau in den 1950erund 1960er-Jahren weitere Formen der Zusammenarbeit und betont ein insgesamt kooperatives Verhältnis der Konzerne, „das zum Teil regelrecht arbeitsteilig organisiert war, wenn Unternehmen, die sich auf Rohölförderung konzentriert hatten,Verträge mit Konzernen schlossen, die ein starkes Vertriebsnetz aufgebaut hatten“³⁰. Ob die Sieben Schwestern der Definition eines Kartells entsprechen, ist in der Forschung dennoch umstritten. Die bisherigen Studien haben sowohl eine kontinuierliche Zusammenarbeit und Nähe der Unternehmen untereinander als auch eine starke Konkurrenz herausgearbeitet. So stellte schon Edith Penrose fest: „It is clear […] that major [oil] Companies are, and have been, genuine competitor (or rivals) in many fields […]. It is also clear that market-sharing and price agreements were often made.“³¹
Vgl. Tarbell, History. Vgl. Wall, Growth, S. 730. Tugendhat, Oil, S. 101. Vgl. Fear, Cartels, S. 275. Vgl. Luciani, Oil Companies, S. 22; Penrose, Vertical Integration. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 22. Penrose, zitiert nach Wilkins, Maturing, S. 387 f.
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Das Achnacarry-Abkommen bestand nach 1945 zwar offiziell nicht mehr, allerdings blieb der Vorwurf des Kartells auch weiterhin in der öffentlichen Debatte in den USA bestehen. In Europa erwies sich die Haltung den Ölkonzernen gegenüber deutlich weniger kritisch.³² Sampson erklärt dies mit der Mentalität der Geschäftsmänner von BP und Shell, die sich stark von den Attributen, mit denen Rockefeller assoziiert wurde, unterschieden: „Die britischen Ölindustriellen verstanden, den Eindruck zu machen, als gehe es ihnen weniger um Profite als um das Wohl des Empires.“³³ Gleichzeitig war die Wirtschaftspolitik in Europa in Bezug auf Monopole liberaler als in den USA. Dies betraf auch die Bewertung von Kartellen. Während sich die US-amerikanische Wirtschaftspolitik am Ideal von Adam Smith orientierte, der Kartelle als „conspiracies against the public“³⁴ und damit als wohlstandsmindernd einstufte, wurden Kartelle in Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weitgehend positiv bewertet. Dies hing damit zusammen, dass ein großer Teil theoretischer Überlegungen in Europa Kartelle als effizient einstufte und ihnen eine ordnende Wirkung auf Märkte zusprach.³⁵ In der Zwischenkriegszeit, einer Phase der Überproduktion in vielen Industrien, waren Kartelle in Europa daher sogar politisch und gesellschaftlich gewünscht.³⁶ Die Bewertung der Majors als Kartell vollzog sich in Europa erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – zu einer Zeit, als sich die US-amerikanische Wettbewerbspolitik auch dort zunehmend durchsetzen konnte.³⁷ Verschiedene juristische Verfahren, die in den USA gegen die Majors wegen der Verletzung der Wettbewerbsgesetze eingeleitet wurden, hatten einen maßgeblichen Anteil daran. Zentral war dabei der sogenannte Cartel Case aus dem Jahr 1952, in dessen Rahmen den Sieben Schwestern massive Verletzungen der Wettbewerbsgesetze vorgeworfen wurden: „to restrain interests and foreign trade, to monopolize foreign trade, and monopolization of trade of United States petroleum products“³⁸. Das Verfahren wurde zwar letztlich fallengelassen, hinterließ allerdings öffentlich das Bild eines Ölkartells. Dies liegt auch darin begründet, dass das AchnacarryAbkommen im Rahmen des Verfahrens erstmals öffentlich gemacht wurde.³⁹ In den 1960er- und 1970er-Jahren leitete die Antitrust Division des Departments of
Vgl. Greene, Strategies, S. 230. Sampson, Schwestern, S. 55. Zitiert nach Fear, Cartels, S. 268. Vgl. Jovocic, Deutschland, S. 243 f.; Schröter, Versuch, S. 167. Siehe zur Haltung der britischen Regierung zu Kartellen Jones, State, S. 240 f. Vgl. Greene, Strategies, S. 248; Schröter, Kartellverbot, S. 200 f. Vgl. Freyer, Antitrust, S. 1 f.; Schröter, Cartelization, S. 144 f. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 71283, Anti-Trust Oil Cartel Hearing 1952. Vgl. Hohensee, Ölpreisschock, S. 15; Wall, Growth, S. 448 f.
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Justice immer wieder kleinere und größere Kartellverfahren gegen die Majors. Bruce Bringhurst betont, dass die Anklagen zur Aufhetzung der amerikanischen Öffentlichkeit gegen Großunternehmen führten.⁴⁰ Er geht außerdem davon aus, dass den Verfahren strategische politische Ziele zugrunde lagen und sie vornehmlich dazu dienten, „to create the maximus public impression of strong government action“⁴¹. Dies zeigte sich auch als Reaktion auf die Ölpreiskrise. Exemplarisch sei hier nur die öffentliche Debatte im Senat über eine erneute Zerschlagung der Unternehmen Mitte der 1970er-Jahre genannt. Gefordert wurde eine vertikale Entflechtung der Majors, um einen freien Wettbewerb in den einzelnen Produktionsstufen zu etablieren.⁴² Die US-Politik den Ölgesellschaften gegenüber zeichnete sich durch eine relative Ambivalenz aus. So führte die US-Regierung nicht nur zahlreiche Kartellverfahren, sondern erklärte sich auch dazu bereit, als Reaktion auf spezifische Krisen auf dem Ölmarkt die Antitrust-Gesetze zu vernachlässigen. Diese politische Ambivalenz verstärkte den öffentlichen Eindruck eines Kartells der Ölgesellschaften. Die Bezeichnung Kartell ging in das interne politische Vokabular der USRegierung und in die US-Presseberichtserstattung ein.⁴³ Die öffentliche Debatte um das Kartell der Sieben Schwestern erreichte in Europa vorerst nicht dieselbe Aufmerksamkeit wie in den USA. Mit der Ölpreiskrise und einer verstärkten politischen Auseinandersetzung mit Energiefragen änderte sich dies und die allgemeine Skepsis gegenüber den Majors übertrug sich auch auf die europäische Öffentlichkeit. In diesem Zusammenhang spielte auch Sampsons Abhandlung über die Konzerne und deren Reichweite keine unerhebliche Rolle. Graf weist darauf hin, dass die Presseberichterstattung und die populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen das Bild des übermächtigen Kartells, der „temporären Weltregierung“, verbreitet hätten.⁴⁴ Die Bewertung fiel dabei allerdings nicht durchweg negativ aus. So veröffentlichte der Ölexperte Walter J. Levy 1971 einen Artikel in der Foreign Affairs und betonte die Effizienz,
Vgl. Bringhurst, Antitrust, S. 218. Ebd. Vgl. Bayh, Birch, Should Major Oil Companies Be Broken Up, in: Christian Science Monitor, 11.06.1976, S. 16. Vgl. z. B. Archivio Storico di ENI, Busta 19, Collocazione H.II.2, CIA Current Intelligence Weekly,14.07.1960; Blair, Control; Nosslter, Bernard, Oil-Lift Cartel Aid Charged, in: Washington Post, 13.05.1957; Mooney, Richard E., Oil Cartel Rise Seen Possibility, in: New York Times, 13.06. 1957. Graf, Öl und Souveränität, S. 346 f.
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die durch die Größe der Konzerne entstehe, ohne die eine Versorgung des Westens nicht gewährleistet werden könne.⁴⁵ Dies stellte allerdings eher eine Ausnahme dar. Bei der öffentlichen Bewertung der Majors spielte auch die internationale Perspektive eine zentrale Rolle. In der Forschung herrscht Konsens darüber, dass es sich bei den Sieben Schwestern um multinationale Konzerne handelte: „They are truly multinational, with operations widely dispersed throughout the world.“⁴⁶ Fünf der Unternehmen hatten ihren Hauptsitz in den USA, BP in Großbritannien und Shell sowohl in den Niederlanden als auch in Großbritannien. Durch die regional ungleiche Verteilung des Rohstoffes Öl agierten BP und Shell von Anfang an international, da sich in ihren Heimatländern kaum Ölvorkommen befanden. Darüber hinaus lag ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Ölförderung im Ausland durch BP und Shell und den Kolonien ihrer Heimatländer vor.⁴⁷ Spätestens seit den 1920er-Jahren waren auch alle US-Majors im Ausland aktiv. Auch wenn der Grad der Internationalisierung unter den Sieben Schwestern variierte, entsprachen sie alle der Definition von multinationalen Unternehmen, die in einem Land ihren Hauptsitz hatten und in mindestens zwei anderen Ländern Geschäfte betrieben.⁴⁸ Die nationale Zugehörigkeit der Majors und ihre internationalen Tätigkeiten entwickelten sich insbesondere in den 1960er- und 1970er-Jahren zum Thema der öffentlichen Debatten. Dies traf auf die Wahrnehmung in den Produzentenländern und in den Heimat- bzw. Konsumentenstaaten zu. Sampson charakterisiert die Konzerne als „ohne feste Basis, in Wahrheit auf der hohen See zwischen wechselnden Produktionsstätten und Bestimmungshäfen beheimatet, keinem Staat bedingungslos ergeben“⁴⁹. Hartshorn betont, dass allein die Multinationalität zu einer öffentlichen Skepsis führe: „Die Ölindustrie kann kaum dem Mißtrauen der Verbraucher und der Regierungen [der Exportländer; W. G.] entgehen, zumal beide in verschiedenen Ländern leben, während die Ölindustrie immer irgendwo undefinierbar in der Mitte dazwischen zu existieren scheint.“⁵⁰ Spätestens seit der Gründung der OPEC propagierten die Ölexportstaaten öffentlich ihre kritische Haltung gegenüber den Majors. Dabei spielte die natio-
Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 71, Levy, Walter, Western Oil Policies. The Challenge of Today’s Stark Realities, in: Foreign Affairs, 1971. Venn, Oil Diplomacy, S. 7. Vgl. Greene, Strategies, S. 90; Venn, Oil Diplomacy, S. 7. Vgl. Wilkins, Emergence, S. IX. Sampson, Schwestern, S. 63. Hartshorn, Erdöl, S. 170.
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nale Zugehörigkeit der Unternehmen eine zentrale Rolle. So wurden sie überwiegend als „Wurmfortsätze der Konsumentenstaaten und damit als Instrumente der (Neo‐) Kolonialpolitik“⁵¹ wahrgenommen. Mit dem gestiegenen Selbstbewusstsein der Ölexportstaaten insbesondere des Mittleren und Nahen Ostens stieg auch die Unzufriedenheit darüber, dass amerikanische und europäische Ölkonzerne ihre eigenen Ressourcen kontrollierten.⁵² Dabei kamen die teilweise erst neu gewonnene Unabhängigkeit dieser Länder und der Vorwurf eines durch die Majors fortgeführten Imperialismus zum Tragen. Darüber hinaus standen insbesondere die USA wegen ihrer Nahostpolitik in den arabischen Staaten in der öffentlichen Kritik, was sich nicht selten auch auf die Bewertung der US-amerikanischen Konzerne übertrug. Die negative Wahrnehmung der Majors in den Produzentenländern verstärkte sich in den 1960er-Jahren außerdem durch gezielte Stimmungsmache der Sowjetunion und der italienischen ENI. Letztgenannte versuchten, den Exportstaaten zu vermitteln, dass sie Opfer der Ausbeutung durch die Majors und ihrer imperialen Heimatregierungen seien.⁵³ Die nationale Zugehörigkeit der Majors trug demnach maßgeblich zum schlechten öffentlichen Image der Konzerne in den Produzentenländern bei. Dies belegt auch Louis Turner: „It is obvious why the companies have been unpopular. They have been to large, too obviously foreign, to close tied to imperial powers.“⁵⁴ Auch in der öffentlichen Debatte der Konsumentenländer spielte die nationale Zugehörigkeit der Majors eine Rolle, wobei sich ein sehr ambivalentes Bild ergab. Einerseits wurden die Konzerne als amerikanische, britische oder niederländische Unternehmen wahrgenommen, die sehr eng mit ihren jeweiligen Heimatregierungen interagierten. Andererseits kritisierte die Presse die Majors wegen einer fehlenden Loyalität ihrem Heimatland gegenüber, bezeichnete sie zum Teil als staatenlos oder aber als Verbündete der Exportstaaten. Letzteres äußerte sich zum Beispiel in einer öffentlichen Debatte in Großbritannien während der Ölkrise 1973. BP und Shell hatten angekündigt, die Lasten der Verknappung auf alle Konsumenten gleichmäßig zu verteilen und ihren Heimatländern keine Vorteile einzuräumen. Dies kritisierte sowohl die britischen Regierung als auch die Presse im Hinblick auf die nationale Zugehörigkeit der Unternehmen massiv.⁵⁵ Die Debatte, die auch in den USA geführt wurde, ging sogar soweit, dass den Majors
Witte/Goldthau, OPEC, S. 49. Vgl. z. B. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Minutes of OPEC/Gulf Group Meeting, 7.05.1972. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 4, Briefing Confidential „ENI and Matteism“, 19.07.1962. Turner, Oil, S. 88. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 344.
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unterstellt wurde, sie würden im Namen der Ölexportländer handeln und deren Interessen vertreten. Öffentliche und international antizipierte Aussagen wie etwa die von Sampson, dass die Majors „im Bett mit den Produzenten“⁵⁶ seien, befeuerten die Diskussionen und gaben Anlass zu verschiedenen Verschwörungstheorien.⁵⁷ Graf weist außerdem auf die Abhängigkeiten der westlichen Regierungen von den Majors hin.⁵⁸ Dass die westlichen Regierungen auf die Informationen der Majors bezüglich des Ölmarktes angewiesen waren, führte im Nachgang der Krise zu einer breiten öffentlichen Debatte, die in den USA durch Untersuchungsausschüsse des Senats eine hohe Aufmerksamkeit erlangte. Als zentral erwies sich der von Senator Frank geleiteten Untersuchungsausschuss zum Einfluss multinationaler Konzerne auf die US-amerikanische Außenpolitik. Im Rahmen des Ausschusses fanden zahlreiche Befragungen von Vertretern der Majors statt. Die Anhörungen hinterließen den Eindruck, dass die Ölkonzerne Einfluss auf die innen- und außenpolitischen Entscheidungen ihrer Heimatländer nahmen – die Politikgestaltung demnach stark von privatwirtschaftlichen Interessen abhängig war.⁵⁹
„We want you to live“ – Die Selbstdarstellung der Konzerne Das große öffentliche Misstrauen den Majors gegenüber führte dazu, dass die Unternehmen Instrumente entwickelten, die dem negativen Image entgegenwirken sollten. Zwar etablierte jeder der sieben Konzerne eine eigene Presse- und Öffentlichkeitsstrategie, bestimmte Themen und Aussagen lassen sich allerdings bei allen wiederfinden. Ein zentrales Argument gegen alle Kritik, das die Majors in verschiedenen Kontexten immer wieder vorbrachten, bezog sich auf ihre Leistung. Bereits Rockefeller ging davon aus, dass allein die effiziente Produktion gesellschaftlich wichtiger Waren Kritiker verstummen lassen würde.⁶⁰ Der Aufstieg von Öl als Anthony Sampson Papers, University of Oxford, Bodlein Libraries, MS. Sampson, dep. 86, Review by Frank McFadzean, in: The Times, 26.09.1975. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 345 f. Vgl. ebd., S. 139. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1975, Report Together with Individual Views, Report of the Subcommittee; 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony James Akins. Vgl. Pratt, Exxon and the Control, S. 147 f.
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wichtigstem Energieträger der Nachkriegszeit verlieh dem Argument weiteren Auftrieb und die Konzerne kommunizierten verstärkt, dass ihre Arbeit einen essenziellen Beitrag zur Steigerung des Wohlstands in der westlichen Welt leisten würde.⁶¹ So zeigt eine Werbung von BP aus dem Jahr 1972 unter dem Titel „You get such a lot out of oil“ diverse Alltagsgegenstände – von der Zahnpasta bis zum Telefon –, die alle einem großen Bohrturm entspringen.⁶² Mit dieser Art von Werbung vermittelte der Konzern, dass alles, was der Mensch der westlichen Massenkonsumgesellschaft brauchte, entweder aus Öl bestand, mit Öl hergestellt oder zumindest durch Öl transportiert wurde. Graf konstatiert dies als einen allgemeinen Trend in der Werbung der Ölkonzerne in der Nachkriegszeit: „Ohne Öl, so lautete die immer wiederkehrende Botschaft, hätte sich die Welt so, wie man sie in den vergangenen Jahrzehnten kennen- und schätzen gelernt habe, nicht entwickeln können.“⁶³ Dahinter stand auch die Aussage, dass es die Ölkonzerne waren, die diesen Fortschritt durch ihre Arbeit vorantrieben und daher einen zentralen gesellschaftlichen Beitrag leisteten. In diesen Kontext passt auch die Werbekampagne von Mobil aus den 1960er-Jahren mit dem Slogan „We want you to live“.⁶⁴ Dieses Argument nutzten die Unternehmen auch, um Eingriffe ihrer Heimatregierungen in den Ölmarkt zu verhindern. 1965 erließ Großbritannien eine Steuerreform, die eine stärkere Besteuerung von Auslandsaktivitäten vorsah. BP und Shell kritisierten die neue Regelung. BPs Deputy Chairman Drake äußerte sich in diesem Zusammenhang folgendermaßen: „It is easy to forget that, without cheap energy supplied by the oil industry, the pace of economic development might well have been less rapid.“⁶⁵ Er forderte niedrigere Steuern für Unternehmen, die sich aus seiner Sicht volkswirtschaftlich bereits genug für ihr Heimatland einsetzten. Die Konzerne vermittelten öffentlich außerdem ihr großes Interesse an Stabilität und Versorgungssicherheit und betonten damit ihren wichtigen Beitrag für die Gegenwart und Zukunft der westlichen Industrienationen. Beispielhaft sei hier nur das sich jährlich ändernde Titelbild der Geschäftsberichte von Exxon angeführt. Immer wieder waren darauf glückliche Menschen abgebildet, oft eingerahmt in friedliche Naturlandschaften. 1970 zeigte das Titelbild zwei Kinder, die einträchtig und fröhlich Hand in Hand an einem Strand stehen und auf das Meer blicken. Unter der Überschrift „What kind of world …?“ folgten Ausführungen
Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 39. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 217. Graf, Öl und Souveränität, S. 41. Vgl. Mobil, Annual Report, To our Shareholders, 1966. BP, Annual Report, Chairman’s Statement to Stockholders, 1968.
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zum Bild und der Konzern betonte, sein zentrales Anliegen sei, eine sichere Zukunft für die Gesellschaften und auch für die Umwelt zu gewährleisten.⁶⁶ Das Größenwachstum und die vertikale Integration hoben die Konzerne besonders positiv hervor und reagierten damit auf die öffentliche Kritik an Großunternehmen. Ohne diese Charakteristika sei es nicht möglich, eine effiziente und zuverlässige Produktion und Versorgung zu garantieren.⁶⁷ So hieß es im Geschäftsbericht von Gulf 1967, die Größe des Unternehmens und die vertikale Integration seien zwingende Voraussetzungen für das risikobehaftete Geschäft mit Öl und nur so könnten sie „a vital contribution to the strength and wealth of the nation“⁶⁸ leisten. Der Forderung einer vertikalen Entflechtung der Unternehmen im Zuge der Ölkrise in den USA versuchten die Majors gezielt entgegenzuwirken. Auch hier bedienten sie sich einerseits dem Argument ihrer gesellschaftlichen Leistung. Andererseits appellierten die Konzerne an die Werte der amerikanischen Gesellschaft. So hieß es im Geschäftsbericht von Socal 1975, „these proposals obviously threaten the existence of the American petroleum industry […] and all of the personal and economic freedom which has made ours the most advanced nation in the world“⁶⁹. Eine Anzeige von Exxon zeigte das in den 1920er-Jahren eingeführte Exxon Werbemaskottchen, den Tiger, der von einer Schere zerschnitten wurde. Die Körperteile des Tigers waren mit den einzelnen Produktionsstufen beschriftet, so stellten beispielsweise der Kopf die Produktion und die Füße den Transport dar. Die Schere, die den Körper des Tigers zerschnitt, führte eine mit einer US-Flagge gekleidete Hand.⁷⁰ Mit diesem Bild spielte Exxon ganz gezielt darauf an, dass dem Unternehmen durch eine vertikale Zerschlagung alle Kraft – für die der Tiger symbolisch stand –, um die Herausforderungen des Ölgeschäfts zu meistern, genommen würde. Indirekt spielte Exxon auch darauf an, dass sich die USA mit einem derartigen Gesetz selbst beschneiden würden – etwa in Bezug auf ihre Ölversorgung und damit ihren Wohlstand und Lebensstil. So schrieb auch Texacos Chairman Maurice F. Granville 1975 in seinem Brief an die Aktionäre: „If implemented, such action, based on untried erroneous theories, would have serious adverse consequences for you as a share-holder, for oil and gas consumers, and for the nation as a whole.“⁷¹
Vgl. Exxon, Annual Report, Titelbild, 1970. Vgl. BP, Annual Report, Chairman’s Statement to Stockholders, 1961. Gulf, Annual Report, Letter to Shareholders, 1967. Socal, Annual Report, To the Stockholders, 1975. ExxonMobil Historical Collection, The Dolph Briscoe Center for American History, The University of Texas at Austin, Box 2.207/K101B, Folder: Divestiture 1975 – 1977. Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1975.
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Die Konzerne versuchten auch, den Vorwurf der Monopolbildung und Wettbewerbseinschränkung öffentlich zu widerlegen. Einerseits geschah dies durch Werbung, die das Thema direkt ansprach, andererseits hielten die Unternehmen ihre Mitarbeiter an, sich öffentlich entsprechend zu äußern. Ein „Speech Kit“ von Mobil empfahl etwa den Arbeitnehmern, öffentlich einen starken Wettbewerb zu betonen, der sich insbesondere durch das Hinzukommen zahlreicher Independents seit den 1960er-Jahren verschärft habe.⁷² Gleichzeitig ironisierte eine Werbeanzeige von Mobil in der New York Times den Monopolvorwurf: „43,141 companies have a monopoly in the U.S. oil business.“⁷³ Auch die europäischen Konzerne BP und Shell nahmen zu den Monopolvorwürfen öffentlich Stellung. 1963 schrieb beispielsweise der Chairman von BP Sir Maurice Bridgeman an die Aktionäre, dass die Annahme, sieben große Ölkonzerne würden die weltweite Ölproduktion dominieren, schlicht falsch sei und auf einer vereinfachten Sichtweise basiere. Bridgeman verwies auf die steigende Konkurrenz und argumentierte damit, dass zum Beispiel allein in Libyen 25 verschiedene Unternehmen in der Produktion aktiv seien.⁷⁴ Nicht nur die bestehende Konkurrenz durch die Independents diente den Majors als Argument, sondern auch viele erfolglose Kartellverfahren. So betonte Exxons President Howard Kauffman in einer Rede beim National Press Club, wie sehr sich die Vorwürfe aus Gerüchten und Verschwörungstheorien speisten: „If there is sustainable evidence that competition among oil companies is lacking, then corrective steps should be taken. But after more than two decades of government investigations and lawsuits I wonder if such evidence exists. What does exist is the suspicion that something is wrong; with some people there seems to be almost a will to believe so.“⁷⁵
In einer Veröffentlichung des Puplic Relation Departments von Mobil kritisierte das Unternehmen unter dem Titel The New Competition and the Role of Big Business außerdem eine antiquierte Haltung. So würde der Großteil der US-Bürger und -Politiker „viewing big business in the modern world in terms of 18th and 19th
Vgl. ExxonMobil Historical Collection, The Dolph Briscoe Center for American History, The University of Texas at Austin, Box E.2.207/E254, Folder 4, Speech Kit 1974. Ebd. Vgl. BP, Annual Report, Chairman’s Statement to Stockholders, 1963. ExxonMobil Historical Collection, The Dolph Briscoe Center for American History, The University of Texas at Austin, Box E.2.207/K101B, Folder: Divestiture 1975 – 1977, A View of Divestiture, 08.04.1976.
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century economics“⁷⁶ sehen. Dabei würden alte Deutungsmuster übernommen, die nicht den aktuellen Bedingungen auf dem Ölmarkt, die durchaus hochkompetitiv seien, entsprächen. Auch zu ihrer internationalen Ausrichtung positionierten sich die Majors. In der Öffentlichkeit betonten die Konzerne immer wieder ihre internationale Reichweite, ohne die eine sichere Versorgung nicht zu gewährleisten sei: „Exxon was a multinational corporation at least fifty years before that term was commonly used […], most of the oil and gas deposits in the world have been found far from where most of the energy is consumed.“⁷⁷ Das Unternehmen Exxon spielte mit diesen Aussagen auch auf die ausgleichende Funktion der Konzerne zwischen Import- und Exportstaaten an. Aufgrund der regionalen Ungleichverteilung von Angebot und Nachfrage bedurfte es neutraler Akteure, die eine Balance herstellten. Diese Funktion konnten nur private Großunternehmen erfüllen, so die Botschaft der Majors.⁷⁸ BPs Chairman Bridgeman charakterisierte die Rolle der Konzerne 1961 wie folgt: „Companies such as ours have a double function to perform in that it is their business to ensure at the same time a market for the producer and a dependable source of supply for the consumer. If one market becomes blocked for fiscal or political reasons, it is our business to develop another, and to ensure that no producing country is deprived of an outlet for its exports, and that no consuming country is in danger of being left without several alternative source of supply at economic price.“⁷⁹
Die Konzerne argumentierten gezielt mit ihrer multinationalen Ausrichtung. So betonte auch Rawleigh Warner, President von Mobil, im Februar 1965 in einer öffentlichen Rede, dass nur die Majors in der Lage seien, das geografische Ungleichgewicht auf dem Ölmarkt auszugleichen. Ferner machte er deutlich, dass die Konzerne dafür verantwortlich seien, dass die Versorgung trotz politischer Konflikte zwischen Import- und Exportstaaten gesichert werde: „Privately-owned oil companies are able to keep commercial matters within a commercial frame-
ExxonMobil Historical Collection, The Dolph Briscoe Center for American History, The University of Texas at Austin, Box 2.207/G115, Folder: Remarks, Talks, Presentations, 1946 – 1965, The New Competition and the Role of Big Business, 20.07.1964. Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1973. Vgl. Shell, Annual Report, To the Shareholders, 1968. BP, Annual Report, Chairman’s Statement to Stockholders, 1961.
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work. They negotiate with governments but not on behalf of governments.“⁸⁰ Hier spielte Warner gezielt auf die Vorteile von Privatunternehmen an, die unabhängig seien und die von ausländischen Regierungen weniger als „flag companies“ wahrgenommen würden als zum Beispiel Staatsunternehmen. Dieses Argument lässt sich in der Werbung und öffentlichen Aussagen der US-Majors sehr oft finden und ist auch im Zusammenhang mit der Debatte um eine staatliche Teilhabe an den Konzernen zu sehen. 1974 diskutierte etwa der US-Senat die Gründung einer nationalen Ölgesellschaft. Daraufhin erließen alle US-Majors Pressemeldungen, die diesen Vorschlag verhindern sollten. In einem Hintergrundpapier für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Mobil hieß es dazu: „The oil industry is a high risk business – you drill a lot of dry holes before you find one that produces oil. Can you imagine politicians standing for this?“⁸¹ Die Majors proklamierten in der Öffentlichkeit immer wieder ihre Unersetzbarkeit. So seien sie die einzigen, die die Funktion des „shock absorber between the conflicting interests of producing countries and consuming countries“⁸² erfüllen könnten. Das große Erfahrungswissen, das dabei entstanden sei, ermögliche ihnen, den verschiedenen Interessen gerecht zu werden, so die Botschaft der Majors.⁸³ Die Unternehmen betonten gleichzeitig öffentlich immer wieder ihr Verantwortungsgefühl für ihr Heimatland. Nicht selten enthielten diese Solidaritätsbekundungen indirekt bestimmte Forderungen in Bezug auf nationalstaatliche Regulierungen. 1969 hieß es beispielsweise im Geschäftsbericht von Exxon: „your management is convinced that the oil industry in the United States must have adequate incentives to find and develop the domestic oil reserves required for our national security“⁸⁴. Hier forderte der Konzern ein gutes Investitionsklima und argumentierte gleichzeitig mit der nationalen Sicherheit der USA. Anfang der 1970er-Jahre zeigte sich öffentlich verstärkt die Ambivalenz zwischen Multinationalität und Zugehörigkeitsgefühl zum Heimatland. Dies kam insbesondere in Bezug auf das Embargo der OPEC 1973 zum Tragen. Die Majors
ExxonMobil Historical Collection, The Dolph Briscoe Center for American History, The University of Texas at Austin, Box 2.207/G115, The Role of the International Oil Companies, Remarks by Rawleigh Warner, To the American Club Geneva, 18.02.1965. ExxonMobil Historical Collection, The Dolph Briscoe Center for American History, The University of Texas at Austin, Box E.2.207/E254, Folder 5, Interoffice Correspondence, Background Papers, 21.08.1974. BP, Annual Report, Chairman’s Statement to Stockholders, 1962. Vgl. Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1965. Exxon, Annual Report Exxon, To the Shareholders, 1969.
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hatten die US-Regierung im Vorfeld vor einem möglichen Embargo gewarnt.⁸⁵ Ende Mai 1973 fand ein Treffen der Vertreter von Aramco, Exxon, Socal und Texaco mit amerikanischen Regierungsvertretern statt. Die Firmenchefs berichteten, dass König Faisal von Saudi-Arabien mit einem Embargo drohe und forderten eine proarabischere Außenpolitik.⁸⁶ Auch in der Öffentlichkeit bemühten sich die Konzerne, eine proarabischere Haltung der amerikanischen Gesellschaft zu erreichen, um die Situation auf dem Ölmarkt zu entspannen.⁸⁷ Während Mobil mit einer Werbeanzeige in der New York Times im Juni 1973 eine engere Kooperation der USA mit Saudi-Arabien und dem Iran forderte, bat Socal öffentlich alle Aktionäre, bessere Beziehungen mit der arabischen Welt zu unterstützen.⁸⁸ Mit derartigen Äußerungen kritisierten die Majors öffentlich die außenpolitische Linie ihres Heimatlandes und demonstrierten damit ihre Unabhängigkeit. Die Majors bemühten sich demnach auch in anderen Ländern, in denen sie aktiv waren, ein positives Image aufrechtzuerhalten. Dies betraf insbesondere die Produzentenländer des Mittleren und Nahen Ostens. Vor allem die US-Majors wollten die Wahrnehmung Amerikas in den arabischen Staaten und damit ihr eigenes Ansehen verbessern.⁸⁹ Besonders in Krisenzeiten versuchten die Konzerne öffentlich ihre zentrale Rolle auf dem Ölmarkt zu legitimieren. In Zeiten der politischen Embargos von 1967 und 1973 kommunizierten die Majors, dass es ohne ihre weitreichenden Netzwerke nicht möglich gewesen wäre, die Folgen der Lieferstopps so klein wie möglich zu halten.⁹⁰ In Exxons Geschäftsbericht hieß es in Bezug auf das Embargo 1973: „we coped successfully with major disruption of the world’s supply of oil and the political and economic dislocation which accompanied it“.⁹¹ Mobil kommunizierte zum Umgang der Ölkonzerne mit dem Embargo: „It was a classic demonstration of the unique and essential role we play.“⁹² In diesem Zusammenhang wiesen die Unternehmen immer wieder auf ihre wichtige Funktion für die nationale Sicherheit ihrer Heimatländer hin. So schrieb Gulfs Chairman E. D. Brockett 1967 über die Ereignisse des Embargos an die Aktionäre des Unterneh-
Vgl. Wilkins, Oil Companies, S. 171. Vgl. Posner, Secrets, S. 47. Vgl. Yergin, Preis, S. 720. Vgl. Graf, ‚Oil Weapon‘, S. 190; Turner, Oil, S. 143; Wilkins, Oil Companies, S. 172. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8535, Letter from Steel to Drake, Subject: McCloy Meeting on 5th June, 30.05.1968. Vgl. z. B. Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1967; Mobil, Annual Report, To our Shareholders, 1967. Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1973. Mobil, Annual Report, To our Shareholders, 1974.
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mens folgendes: „The maintenance of an oil industry capable of such emergency action is not, as some economists claim, a luxury the United States can afford; it is, rather, a necessity the United States cannot afford to be without.“⁹³ Die Diskurse entwerfen insgesamt ein ambivalentes Bild der Sieben Schwestern. Der öffentliche Vorwurf der Wettbewerbseinschränkung und Kartellzusammenarbeit blieb auch über Rockefeller hinaus bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhundert kontinuierlich bestehen. Durch die Wettbewerbspolitik und die öffentlichen Kartellverfahren trug der US-amerikanische Staat maßgeblich zu dieser Wahrnehmung der Majors auch außerhalb der USA bei. In Forschungsarbeiten werden die Sieben Schwestern ebenfalls häufig als Kartell beschrieben, dies trifft auf ältere Literatur und neuere Forschungen zu.⁹⁴ Die Konzerne reagierten auf den Kartellvorwurf, dementierten die Vorwürfe und argumentierten mit ihrer zentralen Leistung für den Wohlstand der Nationen, die nur durch Größe und vertikale Integration erbracht werden könne. Außerdem betonten die Unternehmen immer wieder den starken Wettbewerb. In Bezug auf die Multinationalität der Ölgesellschaften geht der Großteil der wissenschaftlichen Studien davon aus, dass dieses Charakteristikum zu einer relativen Neutralität der Unternehmen führte, sie also nicht den Interessen eines einzelnen Landes zugeordnet werden könnten. Dieser Eindruck bestätigt sich auch in der öffentlichen Wahrnehmung. So wurde den Firmen teilweise zeitgleich vorgeworfen, mit ihren Heimatregierungen gemeinsame Sache zu machen und mit den Produzentenländern unter einer Decke zu stecken. Die Ölkonzerne selbst betonten ihren vermittelnden Status zwischen den Ländern, in denen sie aktiv waren. Auf der einen Seite zeigten sie sich öffentlich verantwortungsbewusst ihrem jeweiligen Heimatland gegenüber. Auf der anderen Seite scheuten sie keinen Konflikt, wenn sie ihr Image in den Produzentenländern verbessern wollten. Die Transformation des Ölmarktes wird ebenfalls unterschiedlich bewertet. Zeitgenössisch entwickelten sich Debatten um die steigende Macht der Ölexportländer den Industrienationen gegenüber.⁹⁵ Die Rolle der Majors bewerteten diese Diskurse nur bedingt als geschwächt.Vielmehr verfestigte sich in der Ölkrise öffentlich überwiegend das Bild von einflussreichen Konzerne, die aus jeder Situation Gewinne erzielten.⁹⁶ In der Forschung hingegen ist die These des
Gulf, Annual Report, To the Shareholders, 1967. Vgl. Blair, Control; Sampson, Schwestern. Vgl. z. B. Hirst, David, Oil Producing Nations Flex Muscles in Showdown with West, in: Washington Post, 06.02.1971. Vgl. z. B. Cowan, Edward, Oil Crisis – The Perception Gap, in: New York Times, 16.12.1973; Rowen, Hobart, „The Arabian Fantasy“, in: Washington Post, 23.12.1973.
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Machtwechsels vorherrschend und die Ölpreiskrise wird als Höhepunkt bewertet, an dem die Majors endgültig an Einfluss verloren hätten. Die Unternehmen selbst dementierten sowohl, dass sie von der Krise profitiert, als auch, dass sie an Macht eingebüßt hätten. Stattdessen bezeichneten sie sich gleichzeitig als Manager und Opfer einer Krise, nur darum bemüht, allen Interessen gerecht zu werden. Die Analyse der Diskurse offenbart, dass die Annahmen in bestimmten Forschungsarbeiten und auch in zeitgenössischen öffentlichen Debatten häufig pauschaliert und wenig differenziert dargestellt wurden. Die Ölkonzerne haben dieses Bild durch ihre öffentliche Selbstdarstellung zum Teil noch verstärkt. Eine genaue Untersuchung der Strukturen, Aktivitäten und Entwicklungen der Unternehmen erscheint daher besonders lohnenswert.
3.2 Porträts der Konzerne Sowohl in der Forschung als auch in der Öffentlichkeit wurden die sieben Unternehmen häufig in einem Atemzug genannt oder als Gruppe bezeichnet – wie es etwa in der Bezeichnung „Die Sieben Schwestern“ schon angelegt ist. Dabei entsteht der Eindruck einer Homogenität. Es handelt sich bei den sieben Firmen allerdings um unabhängige, eigenständige Wirtschaftssubjekte, die in ihren Charakteristika durchaus Unterschiede aufwiesen. Im Folgenden erfolgt daher eine Darstellung, die den historischen Ursprung, die Eigenheiten und Entwicklungen jedes einzelnen Unternehmens skizziert.
Exxon Exxon,⁹⁷ ehemals Standard Oil Company New Jersey, war das größte übrig gebliebene Relikt aus der Zerschlagung von Standard Oil im Jahr 1911. Das Unternehmen verfügte weiterhin über einen Großteil des Kapitals, der Tochtergesellschaften und der Netzwerke des ehemaligen Rockefeller-Imperiums. Auch nach der Entflechtung behielt Exxon weiterhin den Status der größten Ölgesellschaft der Welt. Daran sollte sich in den nächsten Jahrzehnten nichts ändern. Auch in den 1970er-Jahren überstieg Exxons Größe die der anderen Majors – mit Ausnahme von Shell – bei Weitem.⁹⁸ Exxon durfte nach dem Verkauf den Namen Standard nicht verwenden und darüber hinaus war auch die Handelsmarke Esso in 18 US-Bundesstaaten nicht erlaubt. Erst 1972 löste sich der Konzern namentlich von seiner Standard Oil Vergangenheit und nannte sich von diesem Zeitpunkt an Exxon. Vgl. Wall, Growth, S. 23; Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1972. Vgl. Greene, Strategies, S. 61; Sampson, Schwestern, S. 46; Wall, Growth, S. 1.
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Von Beginn an lag der traditionelle Schwerpunkt von Exxon in der Raffination in den USA. Das Unternehmen investierte aber zunehmend auch in andere Bereiche des Ölgeschäfts. Exxon fungierte seit 1927 als Holdinggesellschaft. Die Größe des Unternehmens verhinderte, dass alle Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaften auf der Ebene der Holding getroffen wurden.⁹⁹ Diese kümmerte sich um die Langzeitstrategie, finanzielle Ressourcen und personelle Angelegenheiten von hohem Rang.¹⁰⁰ Die verschiedenen Divisionen und Tochtergesellschaften verfügten ihrerseits über ein autonomes Management, waren vertikal integriert und international aktiv.¹⁰¹ Seit Ende der 1920er-Jahre versuchte das Unternehmen, seine Rohölproduktion zu erhöhen. Die Erfahrung erfolgloser Explorationen führte dazu, dass Exxon sich auf die ehemalige Strategie von Rockefeller besann, die vor allem darin bestand, Mehrheitsanteile anderer erfolgreicher Firmen zu kaufen. Durch Fusionen und Zukäufe erfolgreicher Produktionsfirmen konnte Exxon seinen Rohöl-Output in Südamerika und in den USA stark erhöhen.¹⁰² Die Produktionsquote stieg außerdem durch die Partizipation in Konsortien im Mittleren und Nahen Osten. Neben einer Konzession im Irak besaß Exxon Beteiligungen an Konsortien in Abu Dhabi, Iran, Katar und Saudi-Arabien. Der Erfolgskurs von Exxon nahm nach dem Zweiten Weltkrieg noch mehr an Fahrt auf. Dabei profitierte das Unternehmen wie auch die anderen Majors von den Bedingungen der Nachkriegszeit: dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, der Massenmotorisierung und einer steigenden Ölnachfrage. Zwischen 1946 und 1973 verzehnfachten sich Exxons Gewinne und die Produktions-, Raffinations-, und Vertriebsmengen stiegen knapp um das Fünffache.¹⁰³ Die Grundlage für dieses stabile Wachstum hatte Exxon bereits in der Zwischenkriegszeit gelegt. Mit dem Aufkauf von Produktionsfirmen, dem Aufbau eines weltweiten Raffinations-, Transport- und Vertriebsnetzwerkes sowie Investitionen in Technologie und Diversifizierung gelang es Exxon, das größte und kapitalstärkste Unternehmen unter den Majors zu werden.¹⁰⁴ Daneben erreichte Exxon ein relatives Gleichgewicht in den verschiedenen Geschäftsfeldern mit einem traditionell leichten
Vgl. zur strukturellen Entwicklung von Großunternehmen z. B. Chandler, Strategy; ders., Hand. Vgl. Wall, Growth, S. 2 f. Vgl. Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1966. Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 71, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1969 – 1970. Vgl. Greene, Strategies, S. 77. Vgl. Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1971.
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3 Die Sieben Schwestern
Übergewicht im Raffinationssegment. Diese Balance in der vertikalen Integration, die keine andere Ölgesellschaft vorwies, stellte in den ersten Nachkriegsjahrzehnten einen wichtigen Faktor für die Stabilität von Exxon dar.¹⁰⁵ Sie führte auch zu einer größeren Unabhängigkeit von den anderen Majors und verhalf Exxon zu einer Führungsrolle unter den Sieben Schwestern.¹⁰⁶ Joseph Pratt nennt Exxon in diesem Zusammenhang den „king of the international petroleum industry“¹⁰⁷.
Mobil Die Mobil Corporation¹⁰⁸ hat in ihrer Geschichte komplexe Veränderungen durchschritten, die sich durch Unternehmensfusionen und -trennungen auszeichneten. Dies schlägt sich auch in diversen Namenswechseln nieder. Die Standard Oil Company of New York (Socony) war ehemals Bestandteil des Rockefeller-Standard-Oil-Imperiums. 1932 fusionierte Socony mit Vacuum unter dem Namen Socony-Vacuum. 1955 erfolgte ein weiterer Namenswechsel in Socony-Mobil Corporation und im Mai 1966 stimmten die Aktionäre dafür, dass das Unternehmen fortan nur noch unter dem Namen Mobil Oil gelistet sein sollte. Damit löste sich der Konzern 55 Jahre nach der Zerschlagung von Standard Oil auch namentlich vom ehemaligen Mutterunternehmen.¹⁰⁹ Die Entwicklung von Mobil war bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts stark durch die ursprüngliche Integration des Unternehmens in die Standard Oil Company und die daraus resultierende Abhängigkeiten von Exxon nach der Entflechtung geprägt. Mobil war zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur in der Raffination und Vermarktung in den USA und nicht in der Ölproduktion aktiv. Zum Zeitpunkt der Zerschlagung von Standard Oil „hatte es keinen Tropfen Rohöl“¹¹⁰ und bezog Öl von ehemaligen Tochtergesellschaften der Standard Oil Holding. Mit der fortschreitenden Motorisierung nach dem Ersten Weltkrieg spezialisierte sich Mobil auf die Vermarktung von Benzin. Auch im Ausland baute Mobil frühzeitig ein Vertriebsnetzwerk für Ölprodukte auf.
Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 72, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1970 – 1971, sowie Box 59, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1960; Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1974. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 189. Pratt, Exxon, S. 15. 1999 fusionierte Mobil mit Exxon, ehemals Standard Oil Company of New Jersey, und ist zurzeit unter dem Namen ExxonMobil gelistet. Vgl. Mobil, Annual Report, Letter to Shareholders, 1965. Greene, Strategies, S. 127.
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Um die Rohölbasis des Unternehmens weiter zu verbessern, kaufte Mobil 1928 25 % (ab 1934 50 %) der Anteile der Near East Development Corporation und verschaffte sich damit Zugang zum Konsortium im Irak, der Iraq Petroleum Company. Dies stellte einen zentralen Meilenstein für Mobil dar, ohne den das Unternehmen, so argumentiert William N. Greene, keine Möglichkeit gehabt hätte, später auch an den anderen Konsortien im Mittleren und Nahen Osten zu partizipieren und damit nicht in die Riege der Majors aufgestiegen wäre.¹¹¹ Trotz Mobils Vorstoß im Produktionsbereich legte das Unternehmen weiterhin seinen Fokus auf Downstream-Aktivitäten. Dies verstärkte sich noch mehr durch die Fusion mit der Vacuum Oil Company 1932. Durch den Zusammenschluss mit der ebenfalls ehemaligen Tochter der Standard Oil Company verschaffte sich Mobil Zugang zu einem weltweiten Vertriebsnetz und verfügte seitdem über die prominentesten Marken im Ölproduktbereich.¹¹² Die Fusion mit Vacuum führte zwar dazu, dass Mobil seine Position als führender Vermarkter von Ölprodukten national und international ausbauen konnte, die Schwächen in der Raffination und vor allem in der Produktion waren allerdings nicht ausgeglichen. Damit stellte sich ein dauerhaftes Ungleichgewicht in der vertikalen Integration des Unternehmens ein.¹¹³ Den Hintergrund dafür bildete unter anderem eine Strategie der Risikovermeidung, die Mobil nachgesagt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhöhte Mobil seinen Zugang zu Rohöl durch Beteiligungen an dem saudischen, dem irakischen, seit 1954 auch dem iranischen Konsortium und weiteren Beteiligungen. Es verfügte außerdem über das größte Vertriebsnetzwerk von allen Majors. Laut dem Ölexperten Walter Levy verzeichnete Mobil 1970 allerdings immer noch eine der niedrigsten Integrationsquoten unter den Majors.¹¹⁴
Socal Die Standard Oil Company of California, kurz Socal, ging ebenfalls aus der Zerschlagung der Standard Oil Company im Jahr 1911 hervor. Das Unternehmen gehörte ursprünglich Demetrius G. Scofield. Seit den 1870er-Jahren betätigte sich das Unternehmen in der Ölexploration in Kalifornien. Im Rahmen der allgemeinen Expansionsstrategie Rockefellers kaufte die Standard Oil Company 1895 die
Vgl. ebd., S. 127 f. Vgl. ebd., S. 132; Sampson, Schwestern, S. 47. Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 59, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1960. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 71, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1969 – 1970.
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Firma auf. Die Entflechtung des Rockefeller Imperiums führte zur erneuten Unabhängigkeit von Socal. Im Ausland startete Socal – früher als die meisten USMajors – bereits 1917 mit Explorationsprogrammen in Mexiko und Zentralamerika, später, zu Beginn der 1920er-Jahre, in Kolumbien, Argentinien, Ecuador und Venezuela, allerdings zunächst ohne Erfolg.¹¹⁵ Der frühe Schwerpunkt im Upstream-Bereich des Unternehmens erwies sich als wegweisend für die nachfolgenden Jahrzehnte und charakteristisch für Socal. In den 1930er-Jahren gelang Socal der größte Erfolg, den Greene als „triumph of strategy over conventional rationality“¹¹⁶ bezeichnet. Während der Weltwirtschaftskrise kämpfte Socal mit der Überproduktion und einem Preisverfall. Nach fast einem Jahrzehnt erfolgloser Explorationen im Ausland investierte der kalifornische Konzern 1932 in die Exploration in Bahrain und Saudi-Arabien. Socal ging damit Risiken ein, vor denen andere Unternehmen zurückschreckten. In langfristiger Perspektive machte sich diese Strategie bezahlt und das Unternehmen entdeckte sowohl in Bahrain als auch in Saudi-Arabien große Ölfelder.¹¹⁷ Aufgrund fehlender Downstream-Aktivitäten entstand allerdings schnell eine Abhängigkeit von den anderen Majors.¹¹⁸ Vor diesem Hintergrund ist die gemeinsame Gründung von Caltex mit Texaco im Jahr 1936 zu sehen.¹¹⁹ Darüber sicherte sich Socal Vertriebswege im Ausland, über die Texaco verfügte. Auch der 40 %ige Anteilsverkauf des Konsortiums Aramco in Saudi-Arabien kann unter anderem mit den fehlenden Weiterverarbeitungs- und Vertriebswegen Socals erklärt werden.¹²⁰ Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb Socal seiner Strategie als klassisches Explorationsunternehmen treu. Der Großteil der getätigten Investitionen floss dauerhaft in die Exploration.¹²¹ Dieses Ungleichgewicht spiegelte sich auch in der vertikalen Integration des Unternehmens wieder. Die Aktivitäten im DownstreamBereich baute Socal zwar weiter aus. So berichtete das Unternehmen 1967 von einem großen Expansionsprogramm im Vertrieb und in der chemischen Industrie. Der Großteil der Gewinne des Unternehmens basierte allerdings weiterhin auf dem Verkauf von Rohöl.¹²²
Vgl. Greene, Strategies, S. 160; Sampson, Schwestern, S. 48. Greene, Strategies, S. 165. Vgl. ebd., S. 170. Vgl. Petrini, Imperi, S. 73. Vgl. Socal, Annual Report, To the Stockholders, 1960. Vgl. Greene, Strategies, S. 168. Vgl. Socal, Annual Report, To the Stockholders, 1962. Vgl. Socal, Annual Report, Letter to Stockholders, 1967; Socal, Annual Report, To the Stockholders, 1972.
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Gulf Die Ölgesellschaft Gulf wurde 1901 unter dem Namen „Gulf Refining Company of Texas“ gegründet. 1907 erfolgte die Umbennung des Unternehmens in „Gulf Oil Corporation“. Der Sitz des Unternehmens befand sich in Pittsburg.¹²³ Die ersten Explorationen fanden in den US-Bundesstaaten Louisiana, Texas und Oklahoma statt. 1903 etablierte das Unternehmen das bis heute weltweit bekannte Markenlogo in der auffälligen Farbe Orange und eröffnete erste Absatzorganisationen in New York, Philadelphia und im Südosten der USA.¹²⁴ Gulf setzte frühzeitig auf eine vertikale Integration mit eigenen Raffinerien und Transportmitteln. Dem lag die Überzeugung von Gulfs Gründer William Larimer Mellon zugrunde: „the only real way to make a business out of petroleum was to develop it from end to end“¹²⁵. Die erste Auslandsinvestition tätigte Gulf 1912 in Mexiko, gefolgt von weiteren Explorationen in Venezuela und dem Mittleren Osten, erstmalig auch auf der arabischen Seite des Golfs, in den 1920er-Jahren. Die Suche nach Öl erwies sich als vielversprechend und fünf von sechs Auslandsexplorationsprogrammen von Gulf verliefen erfolgreich. Im Rahmen einer gemeinsamen Konzession mit BP kam es 1938 zum wichtigsten Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens, der Entdeckung von Öl in Kuwait.¹²⁶ Mit der Ölförderung in Kuwait entwickelte sich Gulf zum größten Ölproduzenten der USA und „was literally more an international producer with U.S. downstream activities than a vertically integrated U.S. company with foreign production“¹²⁷. Mit den steigenden Produktionsmengen stellte sich frühzeitig eine Asymmetrie in der angestrebten vertikalen Integration des Unternehmens ein, die charakteristisch für die nachfolgenden Jahrzehnte blieb. Gulf expandierte zwar auch in den Bereichen Raffination und Vertrieb. Dies fand allerdings nur im nationalen Rahmen statt und die unternehmenseigenen Kapazitäten der Raffination und Vermarktung reichten für das von Gulf produzierte Öl nicht aus. Um diese Schwäche auszugleichen, arbeitete das Unternehmen mit anderen Majors zusammen. Zwischen 1947 und 1960 verstärkte Gulf die Suche nach Öl im Ausland weiter und führte zahlreiche neue Explorationen in insgesamt 21 Ländern durch, unter anderem in Kanada, Europa, Afrika und Lateinamerika. Mit Anteilen am iranischen Konsortium sicherte sich Gulf 1954 außerdem eine weitere zentrale Ölquelle. Ölexperte Levy gibt an, dass Gulf zwischen 1945 und 1960 seine Produk-
Vgl. Odell, Oil, S. 12. Vgl. Greene, Strategies, S. 92 f. Zitiert nach ebd., S. 96. Vgl. Petrini, Imperi, S. 88. Greene, Strategies, S. 103 f.
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tion jährlich um durchschnittlich 12 % steigern konnte und damit auch in der Nachkriegszeit einen der führenden US-Majors im Upstream-Bereich darstellte.¹²⁸ Trotz verstärkter Bemühungen im Downstream-Bereich hatte das Unternehmen weiterhin einen Überschuss an Rohöl. Das hing auch damit zusammen, dass Gulf fortlaufend neue Produktionen in Betrieb nahm, beispielsweise 1963 in Nigeria. Hintergrund dafür war einerseits, dass sich das Unternehmen als „exploring company“¹²⁹ verstand. Andererseits wollte Gulf seine Abhängigkeit von den Ölquellen in Kuwait durch eine geografische Diversifizierung der Produktion verringern. So erklärte der Vorstandsvorsitzende William Whiteford bereits 1963 in seinem Brief an die Aktionäre, oberstes Ziel sei: „[to] continue to search for new oil in many areas so that access to a variety of crudes in a number of countries will provide flexibility to meet unforeseeable shifts in world political or economic alignments“¹³⁰.
Texaco Die Entdeckung von Öl in Spindeltop in Texas zog eine Vielzahl von Unternehmern an, ihr Glück in der Ölförderung vor Ort zu versuchen. Darunter auch Joseph Cullinan, der 1901 die Texas Company, kurz Texaco, gründete.¹³¹ Eine besondere Stärke entwickelte Texaco im Absatzbereich. Das Unternehmen profitierte von der steigenden Nachfrage nach Benzin zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 1912 lagen bereits knapp 6 % des US-Marktes für Benzin in den Händen von Texaco und bis Mitte der 1930er-Jahre war der Konzern zum größten Benzinvermarkter in den USA aufgestiegen. Die Führungsposition im Absatzbereich zeichnete das Unternehmen auch in den folgenden Jahrzehnten aus. So fungierte Texaco bis Ende der 1970er-Jahre als größter Anbieter von Ölprodukten – insbesondere von Benzin – in den USA und die einzige Firma unter den Majors, die in allen 50 Bundestaaten der USA Ölprodukte verkaufte. Texaco vertrieb alle Produkte unter dem gleichen Markennamen, was im Vergleich zu den anderen Majors als besonderes Spezifikum des Unternehmens galt.¹³²
Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 59, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1960. Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 71, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1969 – 1970. Gulf, Annual Report, Letter to Shareholders, 1962. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 53. Vgl. Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1966; Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1969; Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1973.
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Frühzeitig strebte Texaco eine Strategie der Autarkie an und zeigte sich in Bezug auf die Zusammenarbeit mit anderen Firmen skeptisch.¹³³ Nicht zuletzt deshalb hatte das Unternehmen den Ruf eines Einzelgängers, war sogar – wie Sampson konstatierte – von den anderen Majors verhasst.¹³⁴ In den 1930er-Jahren erhöhte Texaco seine Produktion in den USA massiv und lag 1939 auf Platz zwei hinter Exxon in der US-Ölförderung. Zeitgleich intensivierte das Unternehmen die Suche nach Ölquellen im Ausland. Neben Konzessionen in Kolumbien und Venezuela begann Texaco gemeinsam mit Socal mit der Suche nach Öl in Saudi-Arabien und im heutigen Indonesien und sicherte sich damit langfristig Zugang zu den größten Ölreserven der Welt. Auch über die Zusammenarbeit mit Socal – dem einzigen Major, mit dem Texaco eine gewisse Allianz zugeschrieben wird¹³⁵ – konnte Texaco seinen Zugang zum Rohöl verbessern. 1936 gründeten Texaco und Socal daher zusammen das Joint Venture Caltex, das Socals Produktion und Texacos Vermarktung östlich des Suezkanals organisierte.¹³⁶ Darüber hinaus erwarb Texaco 1954 Anteile am iranischen Konsortium und erweiterte die Rohölbasis durch Explorationen in Bahrain und Libyen. Durch diese Maßnahmen erreichte Texaco in den 1950er- und 1960er-Jahren eine relative Balance in der vertikalen Integration in den USA und im Ausland. Ein leichtes Übergewicht lag allerdings weiterhin im Vertrieb von Ölprodukten.¹³⁷
Shell Die Royal Dutch/Shell Group,¹³⁸ bekannt als Shell, hat ihren Ursprung in einem 1907 geschlossenen Joint Venture zwischen der Royal Dutch Petroleum Company und der Shell Trading and Transport Company, Limited. Das Kerngeschäft der britischen Shell lag – wie schon im Namen angelegt – im internationalen Handel. Das Unternehmen begann mit dem Transport und Vertrieb von Muscheln aus fernöstlichen Ländern nach Europa. Dieses Geschäft prägte das noch heute bekannte Markenzeichen des Unternehmens, die Muschel. In den 1890er-Jahren begann Shell mit dem Transport und der Vermarktung von Öl aus Russland.¹³⁹
Vgl. Greene, Strategies, S. 191, 198. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 196. Vgl. Luciani, Oil Companies, S. 46. Vgl. ebd., S. 19. Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 71, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1969 – 1970. Im Folgenden abgekürzt mit Shell. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 59.
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3 Die Sieben Schwestern
Innerhalb kurzer Zeit expandierte das junge Unternehmen, erschloss den Markt in Indien, vermarktete Ölprodukte in ganz Europa und war bereits 1901 die zweitgrößte Ölgesellschaft der Welt. Damit trat Shell in eine direkte Konkurrenz zur Standard Oil Company, die mehrfach erfolglos versuchte, Shell zu kaufen.¹⁴⁰ In der Folge initiierte Standard Oil Preiskriege in Europa, um Shell unter Druck zu setzen. Neben dieser Herausforderung kämpfte Shell mit einer zunehmend fehlenden Rohölbasis und stimmte schließlich 1907 einer Fusion mit der deutlich kleineren niederländischen Royal Dutch Company im Mehrheitsverhältnis 60 % bei der Royal Dutch und 40 % bei Shell zu.¹⁴¹ Die 1890 gegründete niederländische Royal Dutch Company explorierte und raffinierte Öl im heutigen Indonesien. Wie ihre spätere Partnerfirma Shell agierte auch die Royal Dutch von Beginn an international. Dieses Charakteristikum, das ebenfalls auf British Petroleum zutrifft, liegt darin begründet, dass in den Heimatländern dieser Firmen zunächst keine Ölreserven vorhanden waren. Häufig konnten sie aber auf die Reserven in den Kolonien ihrer Heimatländer zugreifen. In diesem Punkt unterschieden sich die europäischen Majors von den amerikanischen Unternehmen. Während die US-Majors allesamt mit ihren Tätigkeiten im Heimatland begannen und erst in einem nächsten Schritt ins Ausland expandierten, agierten die europäischen Konzerne von Beginn an international.¹⁴² Im Zuge der Fusion von Royal Dutch und Shell teilten sich die Firmen gemeinsam alle Tochtergesellschaften im Verhältnis 60:40. In Den Haag richteten sie eine zentrale Produktions- und Raffinationsfirma und in London ein Transport- und Marketingunternehmen ein. Dies spiegelte auch die Schwerpunkte aus der autonomen Zeit der Konzerne wieder.¹⁴³ In den ersten Jahrzehnten expandierte Shell weltweit.¹⁴⁴ Das Unternehmen nutze hier den Vorteil, dass seine Produktionsorte geografisch häufig nicht so weit von den Konsumentenmärkten entfernt lagen, wie im Fall der amerikanischen Konzerne: „To combat price cutting it resolved to deliver on as straight a linse as possible, serving only those markets nearest its production.“¹⁴⁵
Vgl. Greene, Strategies, S. 215; Sampson, Schwestern, S. 59. Vgl. Jonker/van Zanden, Challenger, S. 6. Zur Diskussion über die Internationalisierung von Unternehmen vgl. z. B. Wilkins/Schröter (Hg.), Company. Vgl. Greene, Strategies, S. 218 f. Vgl. Jonker/van Zanden, Challenger, S. 11. Greene, Strategies, S. 218.
3.2 Porträts der Konzerne
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Neben der Produktion expandierte Shell auch im Downstream-Bereich. Mit dem legendären Eintritt auf den US-amerikanischen Markt 1912¹⁴⁶ stieg Shell zum noch größeren Konkurrenten von Exxon empor.¹⁴⁷ Der Erfolgskurs von Shell setzte sich auch nach dem Ersten Weltkrieg fort. Mit Konzessionen in Argentinien, dem Irak und Kanada stieg das Unternehmen zum größten Ölproduzenten neben Exxon auf. Die hohe Internationalisierung sollte langfristig identitätsstiftend für das Unternehmen sein. So beschreibt sich Shell 1960 in seinem Geschäftsbericht als „truely international“¹⁴⁸. Dazu trug auch die dauerhaft bestehende duale Nationalität des Konzerns bei. Diese erhöhte zudem die Komplexität der Organisation. 1960 hatte Shell Anteile an über 100 Tochterund Beteiligungsgesellschaften. Die Organisationsstruktur war vornehmlich dezentral ausgerichtet. So koordinierten die Holdinggesellschaften in London und Den Haag zwar die verschiedenen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, trafen aber keine Entscheidungen auf operationaler Ebene und ließen das Management zumeist in lokalen Händen.¹⁴⁹ Ab den 1930er-Jahren sah sich Shell mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Das größte Problem kristallisierte sich zum Ende des Zweiten Weltkrieges heraus. Shell hatte im Vergleich zu den anderen Schwestern kaum Zugang zum günstigen Öl im Mittleren und Nahen Osten. Damit entstand ein dauerhaftes Ungleichgewicht zwischen Upstream- und Downstream-Aktivitäten. Die Vermarktung von Ölprodukten entwickelte sich damit langfristig zu Shells stärkstem Geschäftsfeld. Um die Balance wiederherzustellen, ging das Unternehmen zunächst eine Kooperation mit Gulf in Kuwait ein und erhielt 1954 Anteile am iranischen Konsortium.¹⁵⁰ Darüber hinaus investierte Shell in Explorationsprogramme auf der ganzen Welt. Trotzdem gelang es dem Konzern nicht, zwischen dem Upstream- und Downstream-Bereich wieder ein Gleichgewicht herzustellen.¹⁵¹ Shell blieb dennoch weiterhin die zweitgrößte Ölgesellschaft hinter Exxon.¹⁵²
Es wird erzählt, zwei Shell-Tanker mit Benzin hätten die Freiheitsstatue passiert und dann sei das Benzin zu Dumpingpreisen vor der Tür von Exxon verkauft worden.Vgl. Greene, Strategies, S. 219. Vgl. Shell, Annual Report, 60 Jahre Royal Dutch/Shell 1907– 1967, 1967; Priest, „Americanization“. Annual Report, Shell, Structure of Royal Dutch/Shell Group of Companies, 1960. Vgl. Annual Report, Shell, Structure of Royal Dutch/Shell Group of Companies, 1961. Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 59, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1960. Vgl. Greene, Strategies, S. 227.
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3 Die Sieben Schwestern
BP Inspiriert von den Ölfunden in Texas handelte der Brite William Knox D’Arcy 1901 eine Ölkonzession mit dem Schah von Persien für den Zeitraum von 60 Jahren aus. Die Explorationen im persischen Konzessionsgebiet, das zweimal die Fläche von Texas maß, erwiesen sich zunächst nicht als erfolgreich. Mit finanzieller Hilfe der schottischen Burmah Oil Company kam es schließlich 1908 zur Entdeckung von Öl im heutigen Iran. Dies nahmen D’Arcy und die Burmah Oil Company zum Anlass, noch im gleichen Jahr die Anglo-Persian Oil Company, heute BP, zu gründen.¹⁵³ Etwa zeitgleich versuchte Shell erfolglos, die britische Regierung davon zu überzeugen, ihre Marine von Kohle auf Öl umzustellen, um den Staat als einen sicheren Abnehmer zu gewinnen.Winston Churchill, der 1911 zum First Lord of the Admiralty ernannt wurde, sah die Vorteile einer ölbetriebenen Flotte, zeigte sich allerdings skeptisch, was die Zusammenarbeit mit Shell betraf. Drei Monate vor dem Ersten Weltkrieg überzeugte Churchill schließlich das Parlament, 50 % der Anteile der Anglo-Persian Oil Company zu kaufen.¹⁵⁴ Diese beiden frühen Ereignisse in der Geschichte von BP, die Entdeckung von Öl in Persien und der Kauf der Mehrheitsanteile durch den britischen Staat, hatten einen zentralen Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens im 20. Jahrhundert. Der Betrieb der britischen Marine wurde schließlich von Kohle auf Öl umgestellt und BP produzierte in den Kriegsjahren zunächst nur für den Eigenbedarf Großbritanniens.¹⁵⁵ Die Teilhabe der Regierung am Unternehmen verschaffte BP allerdings nicht nur einen sicheren Käufer des Öls, sondern durch die koloniale Vorherrschaft auch Sicherheit in anderen Belangen – etwa in den Verhandlungen mit dem Schah. Die britische Regierung sorgte zudem dafür, die Konkurrenz im Mittleren Osten zu begrenzen und BP hier einen nahezu exklusiven Zugang zu sichern. Dies ist vor dem Hintergrund der imperialen Vorherrschaft der Briten in dieser Region zu sehen.¹⁵⁶ In der Zwischenkriegszeit veränderte sich die Situation. Bestand das Geschäft von BP zuvor darin, Öl zu produzieren und an die britische Marine zu günstigen Bedingungen zu verkaufen, bemühte sich das Unternehmen nun zunehmend um
Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 77, Performance and Current Prospects of Seven Major Oil Companies 1974– 1975. Vgl. Luciani, Oil Companies, S. 34. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 64. Vgl. Maugeri, Age, S. 23. Vgl. Greene, Strategies, S. 242 f.
3.2 Porträts der Konzerne
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eine vertikale Integration. Mit Raffinationen in England und Frankreich sowie der Vermarktung in Europa baute BP seinen Downstream-Bereich aus, sodass in den 1920er- und 1930er-Jahren eine relative Balance zwischen Produktion und den nachgelagerten Stufen hergestellt war. Dies lag nicht nur in den veränderten Bedingungen in Friedenszeiten begründet, sondern auch in BPs Wunsch, nicht auf die anderen Majors in der Raffination oder dem Vertrieb angewiesen zu sein.¹⁵⁷ Gleichzeitig investierte das Unternehmen in weltweite Explorationsprogramme innerhalb und außerhalb des britischen Imperiums. Obwohl BP auch in Argentinien, Australien, Kanada, Mexiko und sogar im Heimatland England nach Öl suchte, verzeichnete es seine größten Erfolge weiterhin im Mittleren und Nahen Osten. So entdeckte die britische Firma große Ölfelder im Irak und in Kuwait. Auch hier profitierte BP von der Unterstützung der britischen Regierung, die dafür sorgte, dass das Unternehmen in diesen Regionen zunächst nahezu konkurrenzlos war. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte BP seine Balance in der vertikalen Integration nicht mehr aufrechterhalten. Die eigenen Downstream-Kapazitäten reichten für den nach wie vor größten Ölproduzenten im Mittleren und Nahen Osten nicht mehr aus und BP sah sich gezwungen, Langzeitverträge mit Mobil und Exxon abzuschließen, um sich Märkte zu sichern.¹⁵⁸ Ein weiteres Problem, das sich für BP ergab, lag in den Veränderungen im internationalen politischen Gefüge. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahm die koloniale Vorherrschaft Großbritanniens zunehmend ab. Gleichzeitig entwickelte sich in den Ländern, in denen BP Öl förderte, ein stärkerer Nationalismus. In der Folge stieg die Kritik an den Majors durch die ölexportierenden Staaten. Dies galt insbesondere für BP als halbstaatlichem Konzern Großbritanniens.¹⁵⁹ 1951 verstaatlichte der Iran unter dem neuen Premierminister Mohammad Mossadegh die Anglo-Persian Oil Company vor Ort und BP verlor damit auf einen Schlag drei Viertel seiner gesamten Produktions- und Raffinationskapazitäten.¹⁶⁰ Das Unternehmen reagierte schnell und erhöhte seine Produktion im Irak, in Katar und in Kuwait. Als 1953 der Schah die Regierung wieder übernahm, verhandelte er mit BP und den US-Majors über eine Neuordnung der Konzession. Auf Drängen der US-Regierung, die eine erneute Vormachtstellung des britischen Staatskonzerns verhindern wollte, erhielt BP nur 40 % der Anteile und jährliche Abfindungszahlungen bis 1971.¹⁶¹ Die restlichen Anteile teilten sich die anderen
Vgl. Bamberg, History, S. 3. Vgl. Greene, Strategies, S. 249. Vgl. BP, Annual Report, Statement to Stockholders, 1960. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 9, 20 f. Vgl. BP, Annual Report, Report of the Directors, S. 8.
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3 Die Sieben Schwestern
sechs Majors sowie die französische Total und einige wenige US-Independents. Greene bezeichnet dieses Ereignis als das traumatischste Erlebnis in der Ölindustrie seit der Zerschlagung von Standard Oil.¹⁶² Im Rahmen der Verstaatlichung erfolgte die Umbenennung des Unternehmens in British Petroleum. Der Verlust der Anteile im Iran veranlasste BP dazu, die Explorationstätigkeiten in anderen Regionen zu verstärken. Mit Ölfunden in Ägypten, Nigeria und als eins der ersten Unternehmen in Libyen in einem Joint Venture mit dem USIndependent Bunker Hunt konnte BP seine Ölquellen geografisch diversifizieren, blieb allerdings weiterhin stark von den immer noch größten Fördermengen im Mittleren und Nahen Osten abhängig.¹⁶³ BP setzte damit seinen traditionellen Upstream-Schwerpunkt kontinuierlich fort und entwickelte sich zu einem der größten Verkäufer von Rohöl.¹⁶⁴ Im Downstream-Bereich blieb BP dauerhaft unterversorgt.¹⁶⁵ Die kursorische Betrachtung der Geschichte und Entwicklung der einzelnen Unternehmen hebt große Gemeinsamkeiten hervor. Die Ölgesellschaften wurden alle etwa zeitgleich zum Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhundert gegründet und waren seitdem langfristig am Markt erfolgreich. Kontinuitäten lassen sich auch im Hinblick auf die Geschäftsfelder der Unternehmen feststellen. So hatten BP, Gulf und Socal dauerhaft ihren Schwerpunkt in den Upstream-Aktivitäten, während Mobil, Shell und Texaco dominanter im Downstream-Bereich waren. Obwohl Exxon in seinen Tätigkeiten am ausgewogensten agierte, lässt sich auch hier ein Schwerpunkt im Ursprungsgeschäft des Unternehmens, der Raffination, feststellen. Die Schwerpunktsetzung im Ölgeschäft entstand einerseits durch Zufälle wie etwa in der eher unerwarteten Entdeckung von Öl in Kuwait durch Gulf. Andererseits war sie nicht selten ganz spezifischen Bedingungen geschuldet. Beispielhaft sei hier nur die Stärke in der Exploration von BP im Mittleren und Nahen Osten genannt, die unter anderem der internationalen Politik und Rolle Großbritanniens geschuldet war. Alle sieben Unternehmen nahmen bereits sehr früh eine vertikale Integration vor und investierten in alle Produktionsschritte von Öl. Dabei gelang es einigen Konzernen, für kurzfristige Perioden eine Balance in ihren Tätigkeiten herzustellen, dauerhaft erreichte allerdings nur Exxon ein relatives Gleichgewicht in der vertikalen Integration. Obwohl alle Majors dieses Gleichgewicht anstrebten und betonten, wie wichtig es für ihre Stabilität und Unabhängigkeit sei, lässt sich
Vgl. Greene, Strategies, S. 252 f. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 105 f.; Luciani, Oil Companies, S. 33 f. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 185 f., 195 f. Vgl. ebd., S. 218; Greene, Strategies, S. 255 f.
3.3 Die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten im Vergleich
71
feststellen, dass immer wieder bewusst auch Schwerpunkte gesetzt wurden, die dem eigenen Selbstverständnis und der Identifikation entsprachen. Die Ungleichgewichte in den Aktivitäten führten dazu, dass die Majors auf Kooperationen angewiesen waren. Dies lässt sich mit der Dichte an Joint Ventures, langfristigen Lieferverträgen und der Zusammenarbeit in Konsortien belegen. Selbst der weltweit größte Konzern Exxon, der am ehesten eine Politik der Autarkie hätte betreiben können, ging dauerhafte Verträge mit den anderen Schwestern ein. Die fehlende Ausgewogenheit zwischen Upstream- und Downstream-Bereich führte daher zu einem komplexen Geflecht von Geschäftsbeziehungen und Abhängigkeiten unter den Majors. Eine weitere Gemeinsamkeit der Sieben Schwestern betrifft ihr Wachstum. So lässt sich feststellen, dass alle Unternehmen kontinuierlich wuchsen. Dabei profitierten die Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg von den Bedingungen der Nachkriegszeit und dem Bedeutungsgewinn des Öls als Energieträger. Auf Basis der steigenden Nachfrage nach Rohöl und Ölprodukten konnten die Unternehmen ihre Aktivitäten weiter ausbauen. Sie steigerten ihre Produktions-, Raffinations- und Vertriebsmengen und damit auch ihre Gewinne. Das Wachstum der Unternehmen hatte bereits frühzeitig zur Folge, dass die Majors dezentrale Organisationsstrukturen etablierten und alle als Holdinggesellschaften fungierten. Das Größenwachstum der Majors war darüber hinaus eng mit einer Internationalisierung der Konzerne verbunden. Alle sieben Firmen unternahmen dauerhaft Bemühungen, ihre internationalen Aktivitäten zu steigern. Dabei ging es um die Erschließung neuer Ölquellen und den Ausbau der internationalen Downstream-Aktivitäten. Insbesondere für die Auslandsoperationen lässt sich allerdings feststellen, dass die Firmen sich noch stärker auf ihr Schwerpunktgeschäft fokussierten. Die genannten zentralen Gemeinsamkeiten und Ausgangsbedingungen der sieben Ölgesellschaften legitimieren, dass die Unternehmen sowohl in der zeitgenössischen Darstellung als auch in der Forschung häufig als Gruppe genannt werden. Es wird auch deutlich, dass spezifische Unterschiede zur Formierung der unterschiedlichen Interessen und einer starker Konkurrenz auf der einen und den Kooperationen auf der anderen Seite führten.
3.3 Die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten im Vergleich Der Ölmarkt unterlag in den Jahren zwischen 1960 und 1975 einer starken Dynamik. Dies lag in Veränderungen der Angebots- und Nachfragestruktur sowie in sich wandelnden Akteurskonstellationen begründet. Durch die Massenmotori-
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3 Die Sieben Schwestern
sierung und die Ablösung von Kohle als Brennstoff in der industriellen Produktion und der Elektrizitätserzeugung stieg Öl zum wichtigsten Primärenergieträger auf und war spätestens ab den 1960er-Jahren unabdingbar für die westlichen Industrienationen. Das Zentrum der Ölproduktion verlagerte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend in die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens. Mit dem Peak Oil in den USA verstärkte sich die Abhängigkeit der westlichen Konsumentenländer von dieser Region (siehe Kap. 2). Diese Entwicklungen gingen mit einer Politisierung des Ölmarktes einher. So traten seit den 1960er-Jahren zunehmend politische Akteure auf den Markt und versuchten, ihre Interessen durchzusetzen. Dies galt in Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung des Öls und auch im Hinblick auf den strategischen Wert des Rohstoffes im Kontext internationaler politischer Konflikte. In der Folge ereigneten sich zahlreiche externe Schocks auf dem Ölmarkt, die die bewährten Handelsroutinen der Majors störten und ihre Position auf dem Markt infrage stellten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang vier zentrale Herausforderungen: Erstens die sowjetische Öloffensive, die das Überangebot auf dem Markt verstärkte und damit die Gewinne der Sieben Schwestern in Gefahr brachte. Zweitens die vermehrt auftretenden sogenannten Independents, die aus den politischen Rahmenbedingungen Vorteile ziehen konnten und damit zu den Majors in Konkurrenz traten. Drittens die westlichen Industrieländer, die mit steigender Abhängigkeit nationale Energiepolitiken entwarfen und versuchten, Einfluss auf den Markt zu nehmen. Viertens die Ölexportstaaten, die zunehmend nach Unabhängigkeit von den Majors strebten und selbst über die Verwendung ihrer Ressourcen entscheiden wollten. Der Ölpreisschock 1973 gilt in der Forschung als Höhepunkt dieser Transformation. Damit geht auch die These des Machtverlustes der Sieben Schwestern einher.¹⁶⁶ Um diese These zu überprüfen, wird im Folgenden untersucht, wie sich die Unternehmen in der dynamischen Phase zwischen 1960 und 1975 entwickelten. Als Grundlage für diese Analyse dienen die Geschäftsberichte der Sieben Schwestern. Die jährlichen Berichte sind eine der wenigen Quellen, die Auskunft über die Aktivitäten und Entwicklungen der Unternehmen über einen längeren Zeitraum geben. Sie stellen trotz spezifischer Problematiken in Bezug auf die Berechnungsmethoden eine wichtige Datengrundlage dar, die es ermöglicht, unternehmensspezifische Entwicklungen auf der Mikroebene herauszufiltern.¹⁶⁷ Vgl. z. B. Hohensee, Ölpreisschock, S. 40; Merrill, Oil Crisis, S. 31 f.; Venn, Oil Diplomacy, S. 136; Yergin, Preis, S. 703 f. Die folgenden Ausführungen basieren auf den Geschäftsberichten von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP aus den Jahren 1960 – 1975. Die Unternehmen veränderten zum Teil ihre Berechnungsgrundlagen oder gaben über bestimmte Parameter nur bedingt Auskunft. Aus
3.3 Die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten im Vergleich
73
Die Phase zwischen 1960 und 1975 war in allen sieben Unternehmen durch Wachstumsprozesse geprägt. Diese betrafen verschiedene Bereiche. Zunächst verzeichneten alle Unternehmen ein Größenwachstum in der Organisation. So stieg die Anzahl der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften zwischen 1960 und 1975 kontinuierlich an. Beispielhaft sei hier die Entwicklung von BP genannt. Zählte das Unternehmen 1960 noch 91 Gesellschaften, lag die Zahl 1975 bereits bei 134.¹⁶⁸ Die Expansion der Organisation erwies sich bei den Majors als unterschiedlich stark ausgeprägt. Das größte Wachstum verzeichnete die Firma Texaco, die zwischen 1960 und 1975 die Zahl ihrer Tochter- und Beteiligungsgesellschaften von 41 auf 106 mehr als verdoppelte. Den geringsten Anstieg hatte Socal mit 50 auf 58 Gesellschaften. Dass sich nicht nur die Organisationsstruktur der Majors vergrößerte, wird auch an den Beschäftigungszahlen deutlich.¹⁶⁹ Parallel zur steigenden Zahl der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften erhöhte beispielsweise Texaco seine Mitarbeiterzahl von 56.658 im Jahr 1960 auf 75.000 Mitarbeiter im Jahr 1975.¹⁷⁰ Die Expansion der Unternehmen ging mit einer Internationalisierung der Konzerne einher. So steigerten die Unternehmen ihre Investitionen in neuen Regionen, beispielsweise in Asien und Nordafrika, aber auch in Australien und Neuseeland.¹⁷¹ Gleichzeitig verstärkten die Majors ihre Aktivitäten in den eigenen Heimatländern, was an zahlreichen neuen Joint Ventures für Explorationen in der Nordsee und in Alaska deutlich wird. Die Ölgewinnung an diesen Orten war deutlich kostspieliger als in den traditionellen Förderländern und bedurfte hoher Investitionen in die Entwicklung neuer technischer Verfahren wie etwa die Tiefseebohrungen. Dies spiegelte sich auch in den Investitionen der Majors wieder. Beispielhaft seien hier nur die Investitionen für Explorationen von Exxon genannt (Abb. 8). Zwischen 1960 und 1975 steigerte das Unternehmen die Investitionen für Explorationstätigkeiten von 268 Millionen Dollar jährlich um etwa das Fünffache. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch bei den anderen Schwestern feststellen. So investierte Gulf 1975 dreimal so viel in die Explorationen wie 1960 und BP
diesem Grund sind die aus den Geschäftsberichten extrahierten Statistiken zum Teil unvollständig. Hierzu liegen nicht für alle sieben Unternehmen Daten vor. Es liegen nicht von allen sieben Unternehmen Beschäftigungszahlen vor. Aus den Geschäftsberichten von BP geht hervor, dass das Unternehmen 1968 23.900 und 1974 26.134 Mitarbeiter beschäftigte. Socal hatte 1960 37.987 und 1970 44.610 Mitarbeiter. Vgl. Annual Report, Texaco, 1960 und 1975. Vgl. Ross, Status, S. 68.
74
3 Die Sieben Schwestern
1400
1200
1000
800
600
400
200
0
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
Investitionen in die Produktion
1967
1968 1969* 1970
1971
1972
1973
1974
1975
Exponentiell (Investitionen in die Produktion)
Abbildung 8: Exxons Investitionen in die Exploration zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Dollar) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A8, wiedergegeben.
steigerte in dieser Phase seine Investitionen für Explorationen auf der ganzen Welt sogar um durchschnittlich circa 30 % jährlich.¹⁷² In den Neugründungen der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften spiegelte sich eine Diversifizierung wieder. Zentral war dabei insbesondere die Chemieindustrie, die bei allen Majors seit den frühen 1960er-Jahren eine wichtige Geschäftssparte darstellte und einen steigenden Anteil an den Konzerngewinnen ausmachte.¹⁷³ BP entwickelte sich etwa ab Mitte der 1960er-Jahre zum zweitgrößten Produzenten der Chemiebranche Großbritanniens.¹⁷⁴ Darüber hinaus stiegen die Majors in das Geschäft mit anderen Energiequellen ein, etwa in die Kohle- und Nuklearenergie. Gulf kaufte beispielsweise bereits 1963 einen der größten US-Kohleproduzenten auf. Diesem Trend schlossen sich auch die anderen
Vgl. Annual Reports Exxon, Gulf, BP 1960 – 1975. Vgl. Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1963; Mobil, Annual Report, To our Shareholders, 1960 und 1963; Socal, Annual Report, To the Stockholders, 1964; Gulf, Annual Report, To the Shareholders, 1962; Shell, Annual Report, Financial Results, 1960; Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1965. Vgl. BP, Annual Report, Statement to Stockholders by the Chairman, 1967.
3.3 Die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten im Vergleich
75
Schwestern an. Um 1970 verfügten bereits alle Majors über Anteile an der Exploration und der Weiterverarbeitung von Uran für die Herstellung von Nuklearenergie.¹⁷⁵ Auch im Bereich der Gewinne der Unternehmen lassen sich zwischen 1960 und 1975 Wachstumsprozesse ausmachen (Abb. 9). Bis 1971 stiegen die Gewinne kontinuierlich an. 1971 verzeichneten die Majors einen leichten Rückgang und zwischen 1973 und 1974 – auf dem Höhepunkt der Ölpreiskrise – verdoppelten sie ihre Gewinne. Danach erfolgte eine Anpassung, trotzdem lagen die Gewinne 1975 noch deutlich über dem Niveau von 1972, was ein weiteres kontinuierliches Wachstum bestätigt. 6000
5000
4000
3000
2000
1000
0 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 Exxon
Mobil
Socal
Gulf
Texaco
Shell
BP
Abbildung 9: Die Gewinne der Majors im Vergleich zwischen 1960 und 1980 (in Millionen Dollar) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1980. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A9, wiedergegeben.
Der starke Anstieg der Gewinne zwischen 1973 und 1974 widerspricht auf den ersten Blick der These eines Machtverlustes der Unternehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Majors in der Lage waren, die erhöhten Zahlungen, die sie an die OPEC-Staaten leisten mussten, auf den Marktpreis umzulegen. Die Ölkonzerne entrichteten Steuerzahlungen an die Ölexportländer pro gefördertem
Vgl. Stork, Middle East Oil, S. 139.
76
3 Die Sieben Schwestern
Barrel Öl. Diese Abgaben basierten auf dem sogenannten Posted Price, einem festen Richtpreis. Ab Mitte der 1960er-Jahre stiegen die Abgaben der Konzerne an die OPEC-Mitgliedstaaten kontinuierlich an. Im Oktober 1973 erhöhte die OPEC den Posted Price um 70 % von 3,091 auf 5,119 pro Barrel Öl. Damit stiegen die Kosten für die Majors erheblich. BP gab in seinen Geschäftsberichten an, dass die Abgaben des Unternehmens von 1973 auf 1974 sogar um knapp 80 % gestiegen seien (siehe Abb. 17).¹⁷⁶ Parallel dazu vervierfachte sich von 1973 auf 1974 der Marktpreis für Öl (siehe Abb. 7). Angesichts der hohen Gewinne der Majors ist davon auszugehen, dass sie in der Lage waren, sogar über den erhöhten Richtpreis hinaus, die Kosten an die Konsumenten weiterzugeben und auf diese Weise ihre Gewinne zu erhöhen. Auch nach 1975 zeigt sich ein weiterer Aufwärtstrend in den Gewinnen der Konzerne. Berücksichtigt werden muss dabei allerdings auch, dass einerseits die politischen Unsicherheiten der westlichen Konsumentenländer angesichts des ebenfalls im Oktober 1973 verhängten Embargos und Produktionskürzungen der arabischen OPEC-Staaten zu einem Preisanstieg beitrugen. Andererseits hatten auch die erhöhten Inflationsraten in diesen Jahren einen starken Einfluss auf die Ölpreise und Gewinne.¹⁷⁷ Diese Faktoren relativieren die Gewinnentwicklung der Unternehmen in den Jahren 1973/74. Das starke Wachstum spricht – trotz der hier nicht eingerechneten Inflationsraten – allerdings nicht unbedingt für eine Schwächung der Marktmacht der Konzerne, sondern eher dafür, dass sie diese erhalten konnten. In den Bereichen Produktion und Raffination konnten die Majors – wie die Abbildungen 11 und 12 zeigen – ihre Ergebnisse ebenfalls kontinuierlich verbessern. Auch im Absatz für Rohöl und Ölprodukte verzeichneten die Sieben Schwestern in der Phase von 1960 bis 1972 weitgehend ein Wachstum (Abb. 12). Um 1973 kam es sowohl im Upstream- als auch im Downstream-Bereich zu einem Rückgang. Dieser ist der Ölpreiskrise und der weltweiten Rezession geschuldet. Erklärungsbedürftig erscheint die parallele Entwicklung von rückläufigen Zahlen im operativen Geschäft und steigenden Gewinnen. Bemerkenswert bei der Analyse der Gewinne und des operativen Geschäfts der Majors ist neben dem generellen Wachstumstrend auch die parallele Entwicklung. So weisen die Unternehmensergebnisse aller sieben Majors zwischen 1960 und 1975 einen ähnlichen Verlauf auf. Dies ist vor dem Hintergrund der bereits dargestellten gemeinsamen Ausgangsbedingungen zu sehen. Alle Unternehmen bezogen den Großteil ihres Rohöls aus dem Mittleren Osten und Nordafrika. Die US-Konzerne und Shell hielten zudem große Produktionsanteile in den
Vgl. BP, Annual Reports, 1973 und 1974. Vgl. Adelman, Economics, S. 28 f.
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3.3 Die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten im Vergleich
12 10 8 6 4 2
0 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 Exxon
Mobil
Socal
Gulf
Texaco
Shell
BP
Abbildung 10: Die Rohölproduktion der Majors im Vergleich zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Barrel/Tag) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A10, wiedergegeben.
USA und Südamerika. Für alle Sieben Schwestern lagen außerdem die größten Absatzgebiete in den USA und Westeuropa – ausgenommen BP, das erst spät auf dem US-Markt aktiv wurde. Diese Ausgangsbedingungen lassen darauf schließen, dass die Unternehmen von den externen Schocks in ähnlicher Weise betroffen waren. Beispielhaft seien hier die sowjetischen Exporte nach Westeuropa genannt. Alle Majors hielten hohe Anteile auf dem westeuropäischen Markt und sahen sich daher gleichermaßen mit der sowjetischen Konkurrenz konfrontiert. Das Gleiche galt für die Forderungen der OPEC-Mitglieder, die alle Majors tangierten, da sie einen Großteil des Öls in diesen Staaten produzierten. Die Gewinnentwicklung und die Ergebnisse der Majors im operativen Geschäft sprechen nicht für einen Machtverlust der Sieben Schwestern in der Phase von 1960 bis 1975. Vielmehr zeigt die Analyse der Aktivitäten der Konzerne, dass die Unternehmen auf die Veränderungen auf dem Ölmarkt mit einer Neuausrichtung ihrer Strategien reagierten. Dies betrifft den Trend zur Diversifizierung der Energiequellen, der Produktpalette und die geografische Verlagerung der Rohstoffbasis. Aufgrund der steigenden Unsicherheiten in den OPEC-Mitgliedstaaten begannen die Unternehmen zunehmend damit, ihre Explorationstätigkeiten in andere, politisch stabilere Regionen zu verlegen. So setzte etwa Exxon zu Beginn der 1960er-Jahre ein massives Investitionsprogramm für die Erschließung von Fördergebieten außerhalb der OPEC-
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6
5
4
3
2
1
0 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 Exxon
Mobil
Socal
Gulf
Texaco
Shell
BP
Abbildung 11: Die Raffination der Majors im Vergleich zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Barrel/Tag) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A11, wiedergegeben.
Länder auf.¹⁷⁸ Auch die anderen Majors investierten parallel in neue Regionen. Beispielhaft seien hier nur die Explorationen in Alaska und in der Nordsee seit Mitte der 1960er-Jahre genannt, an denen sich alle Schwestern – außer Texaco¹⁷⁹ – beteiligten. Dass die Majors diese Investitionen auf sich nahmen, bestätigt ihre Unsicherheit in Bezug auf ihre Rohölbasis in den OPEC-Mitgliedstaaten. Im jährlichen Brief an die Aktionäre erklärte Gulf diese Strategie wie folgt: „During the past ten years there have been many events that have threatened, or in some cases have actually exerted, an adverse effect on Gulf’s operations. Among these are the rising tide of nationalism in many areas […]. But your company is not wholly dependent for petroleum supplies on any one area, and can adjust its operations to offset difficulties encountered in one place by intensified effort in another. This is what Gulf’s management meant by flexibility.“¹⁸⁰
Vgl. Sampson, Schwestern, S. 177. Vgl. Greene, Strategies, S. 201. Gulf, Annual Report, To the Shareholders, 1963.
3.3 Die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten im Vergleich
79
2 1,8 1,6
1,4 1,2 1 0,8 0,6
0,4 0,2 0 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975
Abbildung 12: Der Rohöl- und Ölprodukte-Absatz von Gulf zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Barrel/Tag) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage der Geschäftsberichte von Gulf, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A12, wiedergegeben.
Das Unternehmen Mobil bezeichnete diese Strategie auch als „Diversification of Business Risks“.¹⁸¹ Neben der geografischen Verlagerung der Explorationen diversifizierten die Ölgesellschaften auch ihre Produktpalette und investierten frühzeitig in andere Geschäftsbereiche im Downstream-Bereich. Die Unternehmen verstanden sich zunehmend nicht mehr nur als Ölgesellschaften, sondern als Energieunternehmen. So bezeichnete sich das Unternehmen Gulf als „total energy company, one that is helping to supply an ever-increasing energy demand in virtually every way“.¹⁸² Die Diversifizierungswelle in alternative Energien und Branchen sowie die verstärkte Suche nach Öl in Regionen außerhalb der OPEC machen deutlich, dass die Majors nicht nur die laufenden Entwicklungen, sondern auch mögliche Veränderungen des Ölmarktes in der Zukunft antizipierten und auch ihre Unter Mobil, Annual Report, To our Shareholders, 1967. Vgl. Gulf, Annual Report, Letter to Shareholders, 1972.
80
3 Die Sieben Schwestern
nehmensaktivitäten proaktiv darauf ausrichteten. Sie begannen damit nicht – wie in der Forschung mitunter angenommen¹⁸³ – erst in den 1970er-Jahren als Reaktion auf die Ölpreiskrise, sondern bereits lange vorher. Diese Entwicklung spricht ebenfalls gegen die These des Machtverlustes. Vielmehr erscheinen die Sieben Schwestern als handlungsstarke Akteure, die ihre Geschäfte flexibel anpassten. Die Analyse der Aktivitäten der Majors zeigt insgesamt ein Bild der Expansion und Anpassung und nicht das eines Rückzugs der Unternehmen.¹⁸⁴ Die externen Schocks auf dem Markt blieben allerdings nicht gänzlich ohne Folgen für die Majors. Dies zeigt sich besonders an der Entwicklung der Marktanteile (Abb. 13 und 14). Zwischen 1960 und 1971 dominierten die Sieben Schwestern über 70 % der weltweiten Ölproduktion. Dabei blieben die Anteile der einzelnen Konzerne weitgehend gleich. Ab 1972 lässt sich ein Rückgang der Marktanteile an der Rohölproduktion bei allen Unternehmen feststellen. Eine ähnliche Entwicklung wiesen auch die Anteile der Majors bei der weltweiten Raffination auf. Hier war der Anteil der Sieben Schwestern von jeher geringer. Die sinkenden Marktanteile an der Produktion und Raffination deuten darauf hin, dass sich die Konkurrenz auf dem Ölmarkt erhöhte und zunehmend Independents oder Staatskonzerne Marktanteile gewinnen konnten. Die steigende Anzahl der Independents im Mittleren und Nahen Osten bestätigt dies (Tabelle 1). Tabelle 1: Die Anzahl der Unternehmen in der Ölproduktion im Mittleren und Nahen Osten zwischen 1950 und 1974a) Unternehmen
Foreign Independents
Foreign Government Entities
Majors US-Independents
a)
93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings Before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1975, Part 8, Statement Submitted by Socal.
Neben dieser Entwicklung können auch die sinkenden Gewinnmargen in der Ölproduktion als Marktmachtverlust gewertet werden.¹⁸⁵ Zwar konnten die Majors
Vgl. Priest, Shifting Sands. Diese These vertritt auch Ross, Status, S. 74 f. Vgl. Odell, Oil, S. 18.
3.3 Die Unternehmensstrukturen und -aktivitäten im Vergleich
81
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 Exxon
Mobil
Socal
Gulf
Texaco
Shell
BP
Abbildung 13: Die Marktanteile der Majors an der weltweiten Ölproduktion zwischen 1960 und 1975 (exkl. Sowjetunion; in %) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A13, wiedergegeben.
in der Phase von 1960 bis 1975 ihre Gewinne insgesamt steigern, parallel verschlechterten sich allerdings die Gewinnmargen im Ölgeschäft. So gab Shell an, dass die Gewinne pro Barrel Öl sich 1960 auf 56,6 Cent beliefen und 1970 nur noch bei 32,70 Cent lagen.¹⁸⁶ Die sinkenden Gewinnmargen lagen in zwei Faktoren begründet: das Überangebot auf dem Markt, das einen Marktpreisanstieg verhinderte, und die steigenden Abgaben der Unternehmen an die Ölexportländer.¹⁸⁷ Joe Stork kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen ihre Gewinne steigern konnten, indem sie parallel ihre Produktion verdoppelten (siehe
Hierbei handelt es sich um die realen Werte. Inflationsbereinigt lägen sie noch niedriger. Vgl. Petrini, Imperi, S. 167.
82
3 Die Sieben Schwestern
50%
45%
40%
35%
30%
25%
20%
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10%
5%
0%
1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 Exxon
Mobil
Socal
Gulf
Texaco
Shell
BP
Abbildung 14: Die Marktanteile der Majors an der weltweiten Raffination zwischen 1960 und 1975 (exkl. Sowjetunion; in %) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A14, wiedergegeben.
Abb. 10).¹⁸⁸ Diese Entwicklung wurde erst mit der Vervierfachung des Marktpreises 1973/74 korrigiert: Dadurch konnten die Unternehmen ihre Gewinnmargen wieder erhöhen, was die massiv gestiegenen Gesamtgewinne der Konzerne in den betreffenden Jahren belegen. Die Analyse der Unternehmensstrukturen und -aktivitäten zwischen 1960 und 1975 spiegelt zwar die starken Veränderungen auf dem Ölmarkt wieder, zeigt aber dennoch ein Bild relativer Stabilität der Konzerne. Die sinkenden Marktanteile deuten auf den ersten Blick auf einen Machtverlust der Konzerne hin. Faktisch erzielten die Majors allerdings gleichzeitig kontinuierlich weiter hohe Gewinne
Vgl. Stork, Middle East Oil, S. 120.
3.4 Die Sieben Schwestern und ihre Heimatregierungen
83
und expandierten in diversen Bereichen. Auf der Ebene des betriebswirtschaftlichen Erfolgs der Konzerne kann demnach nur begrenzt ein Machtverlust ausgemacht werden. Die deutlich erhöhten Gewinne werden zwar durch die hohen Inflationsraten im betreffenden Zeitraum relativiert; substanzielle betriebswirtschaftliche Verluste erscheinen jedoch trotz der hohen Inflationsraten als unwahrscheinlich. Die Anpassung der Unternehmensaktivitäten stellt nur eins von vielen Reaktionsmustern der Konzerne dar. Die Veränderungen auf dem Ölmarkt veranlassten die Sieben Schwestern auch zu gezielten politischen Strategien und einer verstärkten Zusammenarbeit, um ihre Marktmacht zu erhalten. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die Beziehungen der Unternehmen untereinander und zu ihren jeweiligen Heimatregierungen untersucht.
3.4 Die Sieben Schwestern und ihre Heimatregierungen Die Beziehungen zwischen den Majors und ihren Heimatregierungen waren durch eine Vielzahl formaler und informeller Faktoren geprägt. Die formalen Faktoren betrafen die rechtliche Zuordnung der Ölgesellschaft zum Heimatland und die daraus folgende nationale Identität. Die Majors waren an die im Heimatland geltenden rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen gebunden. Aufgrund ihrer multinationalen Ausrichtung fielen zwar nicht alle Aktivitäten unter diese Bedingungen, dennoch stellten sie ein konstituierendes Element für das Verhältnis zu den Regierungen dar.¹⁸⁹ Gleichzeitig war die Beziehung zwischen Staat und Industrie auch durch informelle Faktoren geprägt. Dazu zählten vor allem persönliche Kontakte und Treffen. Einen indirekten Einfluss auf das Verhältnis zwischen den Majors und ihren Heimatregierungen hatten darüber hinaus auch internationale politische und wirtschaftliche Entwicklungen. Im Folgenden werden unter Berücksichtigung dieser Faktoren die Beziehungen zwischen den Sieben Schwestern und ihren Heimatregierungen untersucht.
Die US-Majors und die US-Regierung Die US-Majors Exxon, Mobil, Socal, Gulf und Texaco hatten von Beginn an ihren Hauptsitz in den USA und galten damit als US-Unternehmen, die sich an die dort geltenden formalen Rahmenbedingungen halten mussten. Für die ersten Nachkriegsjahrzehnte kann eine überwiegend wohlwollende Politik der verschiedenen
Vgl. Penrose, Structure, S. 9.
84
3 Die Sieben Schwestern
US-Regierungen gegenüber den Konzernen ausgemacht werden. Dies äußerte sich in verschiedenen Politikbereichen. In Bezug auf die Steuerpolitik profitierten die Majors von mehreren Regelungen. Darunter fiel die Deduction of Exploration, die es den Majors ermöglichte, alle Kosten bei der Exploration steuerlich abzuschreiben. Die Depletion Rate, die 1926 in den USA eingeführt wurde, erlaubte den Unternehmen außerdem, 27,5 % ihrer Gewinne nicht zu versteuern und diese stattdessen zu reinvestieren.¹⁹⁰ Vorteilhaft für die Aktivitäten der Unternehmen im Ausland erwies sich auch der Foreign Tax Credit. Die US-Regierung schuf durch die 1951 eingeführte Regelung einen Ausgleich in Bezug auf die Abgaben der Konzerne an die Ölexportstaaten. Der Foreign Tax Credit sah vor, dass die Majors die Abgaben, die sie an die Regierungen der Produzentenländer zahlten, auf ihre Einkommenssteuern in den USA anrechnen konnten.¹⁹¹ Eine zentrale Regulierung des US-Ölmarktes im Bereich der Handelspolitik stellten die 1959 von Dwight D. Eisenhower eingeführten Importquoten dar. Diese dienten dazu, die Ölimporte zu begrenzen und die heimische Industrie und USÖlpreise zu schützen.¹⁹² Die US-Majors, insbesondere jene mit einem Schwerpunkt in der Auslandsförderung, protestierten anfangs gegen die Importbeschränkung.¹⁹³ Letztlich arrangierten sie sich allerdings mit dem Importquotensystem und nutzten die Vorteile eines geschützten Marktes aus, erhielten teilweise auch Sondergenehmigungen und punktuell höhere Importquoten.¹⁹⁴ Grundsätzlich vermittelten allerdings alle Majors ihren Heimatregierungen kontinuierlich ihr Credo, dass der Ölmarkt am besten funktionieren würde, wenn die Regierung ihnen freie Hand ließe und so wenig staatliche Regulierung wie möglich stattfände:¹⁹⁵ „Legislation – indeed, the threat of legislation – which casts doubt on the ability of companies to earn adequate rates on their present and future investments will be a deterrent to the vigorous development of energy supplies.“¹⁹⁶ Die US-Regierung entsprach dem Wunsch der Unternehmen und hielt sich überwiegend aus den Geschäften der Majors heraus. Dies hing zum einen mit der
Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 27. Vgl. Kaufman, Arab Middle East, S. 14 f. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 8; Keiser, Energiekrise, S. 9; Yergin, Preis, S. 709 f. Vgl. z. B. Socal, Annual Report, To the Stockholders, 1960; Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 17, Folder: Eisenhower Archives: Oil 1959 – 1961, Letter from Follis (Socal) to Eisenhower, 02.07.1959. Vgl. Mobil, Annual Report, To Our Shareholders, 1968; Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1968. Vgl. Merrill, Oil Crisis, S. 10 f. Exxon, Annual Report, To the Shareholders, 1974.
3.4 Die Sieben Schwestern und ihre Heimatregierungen
85
tendenziell liberalen Wirtschaftspolitik der USA, „die sich essenziell auf private Eigentumsrechte und individuellen Unternehmergeist gründet“¹⁹⁷, zum anderen mit der ständigen Verfügbarkeit von Öl zu günstigen Preisen bis in die 1970erJahre zusammen, die wenig Anlass zur Regulierung gab.¹⁹⁸ Ein strittiges Thema zwischen den US-Majors und dem US-amerikanischen Staat betraf die Wettbewerbspolitik, insbesondere die Antitrust-Gesetze. Ausgangspunkt dafür war die Zerschlagung von Standard Oil im Jahr 1911. Auch weiterhin wurden die amerikanischen Schwestern immer wieder verdächtigt, den Wettbewerb auf dem Ölmarkt einzuschränken. Dies äußerte sich in diversen Gerichtsverfahren und in zahlreichen Anhörungen des US-Senats. Dies hatte allerdings – bis auf die negativen Auswirkungen auf das öffentliche Image der Unternehmen – nur wenige Konsequenzen für die US-Majors.¹⁹⁹ Trotzdem entstanden aufgrund der US-Wettbewerbspolitik immer wieder starke Spannungen zwischen den Unternehmen und der Regierung. Die US-amerikanische Wettbewerbspolitik wies eine große Ambivalenz auf. Trotz der Kartellverfahren – also obwohl nach außen die Antitrust-Gesetze verteidigt wurden –, ermöglichte die US-Regierung regelmäßig Abweichungen von den strikten Wettbewerbsregeln und unterstützte sogar aktiv punktuell Lockerungen der Antitrust-Gesetze.²⁰⁰ Dies traf sowohl auf die Konzentration auf dem Ölmarkt als auch die Zusammenarbeit der Unternehmen zu. Was Letztere anging, lässt sich vor allem eine Laissez-faire-Politik der US-Regierung in Krisenzeiten feststellen. Dies lag einerseits im Wunsch der westlichen Welt nach einer sicheren Ölversorgung begründet, der den Wettbewerbsgesetzen kurzfristig untergeordnet wurde.²⁰¹ Andererseits spielte auch die außenpolitische Maxime im Kontext des Kalten Krieges eine zentrale Rolle. Mit dem Aufstieg von Öl zum wichtigsten Primärenergieträger entwickelte sich der Rohstoff zum zentralen Faktor für die US-Sicherheits- und Außenpolitik. Exemplarisch sei hier zunächst der bereits genannte Cartel Case von 1952 genannt. Seit 1949 untersuchte die Federal Trade Commission (FTC) die Konkurrenzsituation auf dem Ölmarkt. Das Ergebnis wurde 1952 in einem Bericht veröffentlicht und legte dar, dass die Unternehmen sowohl in den USA als auch im Ausland ein Monopol bildeten und ihre Zusammenarbeit aus dem ehemaligen Achnacarry-Abkommen auch nach 1945 fortgesetzt hätten.²⁰² Der Bericht enthielt die eindeutige Empfehlung: „Since petroleum and its prod-
Goldthau/Witte, OPEC, S. 50. Vgl. Wilkins, Oil Companies, S. 166. Vgl. Bringhust, Antitrust, S. 218. Vgl. Kaufman, Trade, S. 80 f. Vgl. Kaufman, Mideast, S. 954; Wilkins, Oil Companies, S. 164 f. Vgl. Kaufman, Oil Cartel Case, S. 29 f.
86
3 Die Sieben Schwestern
ucts are essential to defense and to world economic recovery, it is important that our petroleum resources be freed now from the monopoly of the few and be restored to competitive hands.“²⁰³ In der Folge begannen innerhalb der US-Regierung umfangreiche Diskussionen, wobei verschiedene Ministerien unterschiedliche Ansichten vertraten. Das Department of Justice argumentierte neben der Bedeutung des freien Wettbewerbs auch mit der zentralen sicherheitspolitischen Rolle von Öl. Die beste Allokation der Ressource könne über den freien Wettbewerb generiert werden, weshalb ein Strafverfahren gegen die Majors eingeleitet werden solle. Die Gegenposition dazu nahmen, angeführt vom State Department, das Department of the Interior und das Department of Defense ein.²⁰⁴ Auch hier bildete die zentrale Rolle des Öls für die nationale Sicherheit das Hauptargument, allerdings vor allem im Kontext des Kalten Krieges: „In this struggle of ideas on which our security depends, the oil companies of the United States play a significant role.“²⁰⁵ Gerade in der Region des Mittleren und Nahen Ostens war es ein erklärtes Ziel der US-Außenpolitik, den Einfluss der Sowjetunion zu beschränken. Dabei ging es auch darum, zu verhindern, dass die großen Ölquellen dieser Region unter russische Ägide gerieten.²⁰⁶ Die US-Majors sollten vor Ort als Vertreter des Westens wahrgenommen und das sicherheitspolitische Anliegen der USA so indirekt unterstützt werden: „In many foreign countries, they are the principal contact of the local inhabitants with American enterprise. What such people think of the oil companies, they think of American enterprise and the American system.“²⁰⁷ Aus diesen Gründen entschied sich die US-Regierung schließlich, kein strafrechtliches Verfahren einzuleiten.²⁰⁸ Dass die traditionellen wirtschaftspolitischen Konzepte der USA außen- und sicherheitspolitischen Anliegen untergeordnet wurden, war in Zeiten des Kalten Krieges kein Einzelfall. Dabei ging es nicht – wie bei den Ausnahmeregelungen in Krisenzeiten – um die sichere Ölversorgung, sondern darum, den Einflussbereich der Sowjetunion zu begrenzen und eine vorherrschende Position in den Ölexportländern zu erhalten.²⁰⁹ Um diese Anliegen zu verwirklichen, unterstützte die
Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 17, Folder: Truman Archives: Petroleum Cartel, Letter from Attorney General to President Truman, 06.06.1952. Vgl. Kaufman, Oil Cartel Case, S. 40 f. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 17, Folder: Eisenhower Archives Oil 1953 – 1956, A Report to the National Security Council, 06.01.1953. Vgl. Kaufman, Arab Middle East, S. xvi. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 17, Folder: Eisenhower Archives Oil 1953 – 1956, A Report to the National Security Council, 06.01.1953. Vgl. Kaufman, Oil and Antitrust, S. 43; ders., Trade, S. 85 f. Vgl. Painter, Oil and the American Century, S. 167 f.
3.4 Die Sieben Schwestern und ihre Heimatregierungen
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US-Regierung die Tätigkeiten der Majors im Mittleren und Nahen Osten. Einerseits setzte sie sich auf diplomatischem Weg für die Ölkonzerne ein – insbesondere über die US-Botschafter. Andererseits schuf sie politische und rechtliche Rahmenbedingungen, die es ermöglichten, dass die amerikanischen Ölgesellschaften im Mittleren und Nahen Osten neben BP und Shell nach dem Zweiten Weltkrieg eine dominante Position einnahmen. Beispielhaft sei hier nur genannt, dass das saudi-arabische Konsortium Aramco, das Zugang zu den damals größten Ölreserven der Welt hatte, in den Händen von vier US-Majors lag und sich sogar alle fünf US-Schwestern seit 1954 am iranischen Konsortium beteiligten. Die US-Regierung verzichtete hier auf eine strenge Anwendung der Antitrust-Gesetze.²¹⁰ Die US-Majors profitierten demnach vom internationalen politischen Gefüge des Kalten Krieges, das die Bereitschaft der US-Regierung erhöhte, die Wettbewerbspolitik an bestimmten Stellen zu lockern. Die Unternehmen selbst nahmen die Rolle, die ihnen die US-Außenpolitik zusprach, an und vermittelten der Regierung, dass sie sich mit den Zielen identifizierten. Sie argumentierten mit ihrer vermittelnden Position im internationalen Gefüge: „the hope that companies would continue to play the role of buffer between consuming and producing countries“²¹¹. Oft bezogen sie sich aber auch auf die nationale Sicherheit der USA, um ihren Anliegen der Regierung gegenüber eine höhere Relevanz zu verleihen. Das Verhältnis zwischen den US-Majors und der US-Regierung war neben den formalen Bedingungen der Regulierung durch persönliche Kontakte geprägt. So fanden zahlreiche informelle Treffen zwischen Vertretern der Ölkonzerne und Repräsentanten der Regierung statt.²¹² In den 1960er- und 1970er-Jahren suchte vor allem das State Department den Kontakt zu den Unternehmen und auch andersherum stellte dieses Ministerium für die Majors den zentralen Ansprechpartner dar. Die Unternehmen schickten zumeist ihrerseits hochrangige Vertreter, etwa Präsidenten oder Vorstandsvorsitzende, und auch das State Department empfing die Konzernangehörigen mit politischen Vertretern höchsten Ranges. Eine Regelmäßigkeit der Zusammenkünfte kann nicht ausgemacht werden, so existierten keine festen Termine; allerdings ist festzustellen, dass sich der Austausch zwischen Regierung und Unternehmen in Krisenzeiten erhöhte.²¹³
Vgl. Kaufman, Oil and Antitrust, S. 45; Wells, Antitrust, S. 17. National Archives at College Park, Maryland (im Folgenden NARA), RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/1/71, Memo of Conversation, State Department and George T. Ballou, Socal, 03.02.1971. Vgl. Wilkins, Oil Companies, S. 166. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1518, Folder: PET US 1/1/70, Secret Paper: The US and the Impending Energy Crisis, State Department, 09.03.1972.
88
3 Die Sieben Schwestern
Das Verhältnis der Regierungsvertretern und der Ölindustrie war allerdings durch gegenseitiges Misstrauen geprägt. Dies zeigte sich etwa in der Vorbereitung der Treffen. Im Vorfeld einer Zusammenkunft bezeichnete etwa der Secretary of State Henry Kissinger die Unternehmensvertreter während einer Mitarbeiterbesprechung als „political idiots“ und machte deutlich, dass er ihnen nicht traue.²¹⁴ Die Skepsis einzelner staatlicher Institutionen gegenüber den Majors zeigte sich auch in den verschiedenen Untersuchungsausschüssen des Senats. Die Treffen galten selten nur einem allgemeinen Austausch über Entwicklungen des Ölmarktes. Zumeist lag mindestens von einer Seite ein konkretes Anliegen vor, das häufig mit einer Forderung verbunden wurde. In den 1960erund 1970er-Jahren kam es beispielsweise vermehrt dazu, dass die Unternehmen das State Department um diplomatische Unterstützung in den Produzentenländern baten. Von Seiten der US-Regierung ging es bei den Treffen vor allem um fehlende Informationen über den Ölmarkt: „The thing that is driving me crazy in governmental discussions about the oil situation, […], is we know certain things are going to happen. There are going to be oil negotiations. We know that other countries are going to come to us, asking for cooperative action.We know the companies are going to come to us.We know there is going to be an energy shortage. All these things are absolutely predictable. We know we will have to take a position in these negotiations. There is no way of avoiding it. Yet every time I get a group together, whether it is in the Department, whether it is interdepartmental, people say ‚We don’t know‘. I don’t know what the answer is. I don’t even know what the problem is. When people tell me we are consuming six million barrels a day, they might just as well say fifty thousand Coke bottles worth of oil. I don’t know what that means.“²¹⁵
Auf dem Höhepunkt der Ölpreiskrise offenbarte der Secretary of State Kissinger nicht nur seine eigene Unkenntnis, sondern zeigte das strukturelle Problem der US-Regierung, was die Expertise im Bereich Öl anging. In diesem Punkt war der US-amerikanische Staat immer wieder auf den Austausch und die Informationen der Ölkonzerne angewiesen. Dies bot oft einen Anlass für informelle Treffen.²¹⁶ Die US-Majors suggerierten auf der einen Seite eine transparente Informationspolitik dem Staat gegenüber. Auf der anderen Seite zeigten sich die Unternehmen in Bezug auf die Übermittlung von internen Informationen zurückhaltend. Ins-
Vgl. National Digital Security Archive, Kissinger Transcripts 00856, Secretary’s Staff Meeting, 18.10.1973. National Digital Security Archive, Kissinger Transcripts 00871, Secretary’s Staff Meeting, 26.10.1973. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 139 f.; Wilkins, Oil Companies, S. 166.
3.4 Die Sieben Schwestern und ihre Heimatregierungen
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besondere Anforderungen von Statistiken und internen Daten blieben nicht selten unbeantwortet.²¹⁷
Die europäischen Majors und die britische Regierung Die formale Beziehung zwischen BP und der britischen Regierung konstituierte sich vor allem durch die staatlichen Mehrheitsanteile an der Ölgesellschaft. 1911 kaufte die britische Regierung 50 % der Anteile der ehemaligen Anglo-Persian Oil Company und blieb auch nach dem Zweiten Weltkrieg der größte Anteilseigner des Unternehmens.²¹⁸ Die staatliche Teilhabe beinhaltete die Besetzung von zwei Aufsichtsratsposten mit Regierungsvertretern und die Bedingung, dass die Geschäftsleitung britischer Nationalität sein musste. Institutionell war BP dem britischen Treasury zugeordnet, das finanziell die Verantwortung trug. In Bezug auf die Ölpolitik verhandelte BP allerdings vor allem auch mit dem Ministry of Power und dem Foreign and Commonwealth Office (FCO).²¹⁹ Es galt die Regel, dass die britische Regierung nicht in die Geschäfte eingriff und BP unabhängige unternehmerische Entscheidungen treffen konnte. Diese Politik kommunizierten sowohl der britische Staat als auch BP selbst:²²⁰ „The government, however, pledged itself not to interfere in the company’s commercial affairs, and undertook not to exercise the right of veto expect in regard to certain specific matters of general policy. The right of veto has in fact never been exercised.“²²¹ Die Beziehung zwischen dem britischen Staat und Shell zeichnete sich durch eine deutlich geringere formale Struktur aus, dennoch bestand eine enge Verbindung. Das lag einerseits daran, dass das Unternehmen zu 40 % britisch war und andererseits an der intensiven Kooperation mit dem Treasury. Aufgrund fehlender Auslandsdevisen in den Niederlanden kam es 1946 zum Shell-TreasuryAgreement. Mit dem Abkommen erhielt Shell Zugang zu den Devisen Großbritanniens. Damit stand das Unternehmen in einer Abhängigkeit vom britischen
93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony James Akins. Der Anteil belief sich ursprünglich auf 51 % und wurde 1967 auf 48 % gesenkt; vgl. Kuiken, Transition, S. 276. Vgl. ebd., S. 273 f. Vgl. The National Archives of the UK (im Folgenden TNA), FO 371/187683, International Oil and HMG’S Attitude, Dezember 1966. BP, Annual Report, About BP, 1971.
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3 Die Sieben Schwestern
Staat, da das Treasury die Auslandsdevisen kontrollieren konnte, die Shell zur Verfügung standen. Ebenso wie die US-Regierung schrieb auch der britische Staat den Majors eine vermittelnde Rolle zwischen Import- und Exportstaaten zu und lehnte es überwiegend ab, selbst aktiv zu werden und beispielsweise direkte Verhandlungen mit den Produzentenländern zu führen.²²² Dahinter stand neben außenpolitischen Faktoren auch eine traditionell liberale Wirtschaftspolitik Großbritanniens.²²³ Die Beziehung zwischen der britischen Regierung und den beiden europäischen Majors zeichnete sich durch einen regelmäßigen Austausch aus. Dieser institutionalisierte sich 1959 mit der Einführung der sogenannten Oil Tea Parties. An den informellen Treffen nahmen hochrangige Vertreter von BP und Shell sowie des FCO, des Ministry of Power und des Treasury teil. Je nach thematischem Schwerpunkt der Treffen kamen auch Repräsentanten andere Ministerien oder einzelner Arbeitsgruppen und Komitees dazu. Das FCO initiierte die Treffen und übernahm auch die Leitung der Oil Tea Parties. Vordergründig galten die Zusammenkünfte dem Informations- und Meinungsaustausch. Dabei legte das FCO großen Wert auf den informellen Charakter der Treffen. Dies äußerte sich auch darin, dass das Ministerium die Treffen weder aufzeichnete noch offiziell dokumentierte. Für die Oil Tea Parties existierten keine festen Termine. Die Treffen wurden je nach Bedarf kurzfristig einberufen. In Krisenzeiten fanden teilweise mehrere Treffen innerhalb einer Woche statt. Ohne akuten Bedarf fanden regelmäßige Treffen im Abstand von ungefähr zwei Monaten statt.²²⁴ Thematisch ging es bei den Zusammenkünften mit BP und Shell vor allem um Entwicklungen auf dem internationalen Ölmarkt, häufig stand die Region des Mittleren und Nahen Ostens im Mittelpunkt. Das FCO informierte die Majors über die außenpolitische Position Großbritanniens und die Unternehmen berichteten über ihre Herausforderungen und Ansichten.²²⁵ Auch wenn die britische Regierung nach außen betonte, dass die Treffen mit der Industrie nur dem Informationsaustausch dienten, sah sie darin durchaus Möglichkeiten, Einfluss auf die Konzerne und ihr Verhalten zu nehmen: „These meetings are of value to us because they provide an opportunity of hearing company views at chairman level and because they are probably the best forum for influencing company thinking on oil problems with foreign policy implica-
Vgl. TNA, FO 371/187683, International Oil and HMG’s Attitude, Dezember 1966; TNA, POWE 63/586, Confidential Letter from Bullock (Ministry of Power) to Becket (Foreign Office), Subject: Discussions with Shell and BP, 14.10.1971. Vgl. Kuiken, Transition, S. 275 f. Vgl. TNA, FCO 67/201, Confidential Oil Tea Party (Background Note), 22.01.1968. Vgl. ebd.
3.4 Die Sieben Schwestern und ihre Heimatregierungen
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tions.“²²⁶ So lag auch bei der britischen Regierung ein Defizit in der Expertise in Bezug auf den Ölmarkt vor. Obwohl mehrere Ministerien in den 1960er-Jahren neue Arbeitsgruppen für diesen Bereich einrichteten, blieben BP und Shell wichtige Ansprechpartner und Informanten in Bezug auf Entwicklungen und Daten über den globalen Ölmarkt.²²⁷ Auch die Unternehmen selbst nahmen nicht uneigennützig an den Treffen mit den Regierungsvertretern teil, sondern nutzten diese Zusammenkünfte, um ihrerseits an bestimmten Punkten auf die Politik einzuwirken. In Bezug auf das FCO betraf dies vor allem die diplomatische Unterstützung in den Produzentenländern. Hier zeigte sich, dass die britische Regierung sich bereit erklärte, über ihre Auslandsvertretungen die Interessen der Ölkonzerne zu unterstützen. Das traf insbesondere auf den Iran zu, wo BP auch nach der Neuordnung des Konsortiums am meisten Öl produzierte: „We continue to attach great importance to Iran for general politcal, strategic and commercial reasons and as a relatively ‚safe‘ source of oil.“²²⁸ Dieses Zitat des FCO von 1971 weist auf einen zentralen Punkt in der britischen Ölpolitik hin. Da Großbritannien kaum über eigene Ölreserven verfügte, hing die Versorgung von Beginn an vorwiegend von Ölimporten aus dem Mittleren und Nahen Osten ab.²²⁹ Die Regierung hatte ein Interesse an einer sicheren Versorgung und unterstützte aus diesem Grund BP und Shell in ihren Aktivitäten in den ölexportierenden Staaten. Niklas Jensen-Eriksen und Jonathan Kuiken betonen in diesem Zusammenhang, dass die britische Regierung bis in die späten 1970er-Jahre überwiegend davon ausgegangen sei, dass alles, was gut für BP war, sich auch als positiv für die britische Nation erweisen würde und sich dementsprechend verhalten habe.²³⁰ Dabei wahrte die Regierung allerdings ihre traditionelle Rolle und intervenierte weder direkt auf dem Ölmarkt noch griff sie in die Geschäfte von BP und Shell ein. Die Abstimmung zwischen der Regierung und den Ölgesellschaften erfolgte nicht nur in Bezug auf die Ölexportländer, sondern auch die USA betreffend. Die britische Regierung ging davon aus, dass BP und Shell „often follow the lead of the Americans“²³¹. Aus diesem Grund sah das FCO einen Bedarf, sich auch mit der US-amerikanischen Regierung über die Ölpolitik und die Positionen der Majors auszutauschen und mit ihr abzustimmen. So initiierte das FCO mehrfach Treffen
TNA, POWE 63/187, Briefing for Oil Lunch, Februar 1970. Vgl. Kuiken, Transition, S. 274. TNA, POWE 63/586, Confidential Paper, Subject: Anglo-US Oil Talks, Oktober 1971. Vgl. Marsh, Relations, S. 2 f. Jensen-Eriksen, „Red Oil“, S. 109; Kuiken, Transition, S. 275. Vgl. TNA, POWE 63/187, Confidential Paper A. B. Powell (Ministry of Power), 19.12.1967.
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3 Die Sieben Schwestern
mit Vertreten des State Departments, zum Teil nahmen daran auch Repräsentanten der Majors teil.²³² Die Beziehung zwischen den Ölgesellschaften und der britischen Regierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war maßgeblich durch zwei Faktoren geprägt: Erstens spielte die bereits angesprochene steigende Abhängigkeit vom Öl und der Wunsch nach einer sicheren Versorgung eine zentrale Rolle. Zweitens gewannen die Aktivitäten der Unternehmen zunehmend eine große wirtschaftspolitische Bedeutung für Großbritannien. Nach dem Zweiten Weltkrieg kämpfte das Land mit einer negativen Zahlungsbilanz. Das Auslandsgeschäft von BP und Shell stellte daher einen wichtigen Faktor für den Ausgleich der Zahlungsbilanz dar: „the oil companies’ finances played a big part in the economic life of this country“²³³. Die Erhaltung der Auslandsgeschäfte und der Profitabilität der Ölkonzerne ebenso wie ein stabiler Ölpreis auf dem internationalen Markt stellten in diesem Zusammenhang wichtige Anliegen der britischen Regierung, insbesondere des Treasury, dar. Die Unterstützung von BP und Shell durch die britische Regierung muss demnach auch vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Situation Großbritanniens gesehen werden. Die Majors setzten dies zum Teil strategisch ein. So findet sich nahezu in jedem Geschäftsbericht von BP in den 1960er- und 1970er-Jahren der Hinweis darauf, welchen essenziellen Beitrag das Unternehmen für die wirtschaftliche Situation Großbritanniens, insbesondere die Zahlungsbilanz, leistete. Dies war oft mit einer Kritik an der nationalen Steuerpolitik Großbritanniens verbunden, welche häufig zu Konflikten führte.²³⁴ Dies galt insbesondere für BP, allerdings musste auch Shell 40 % der Gewinne in Großbritannien versteuern.²³⁵ Die europäischen Majors kritisierten die nationale Besteuerung massiv und argumentierten mit ihren wichtigen Funktionen: „We should recognize the extent to which the industry has become a tax collecting agency, and incidentally how poorly rewarded it is for doing so, bearing in mind the enormous risks it has to take.“²³⁶ Insbesondere der Finance Act von 1965, der eine höhere Steuer für Auslandsgewinne vorsah, stieß bei den Unternehmen auf großen Protest. Die europäischen Ölgesellschaften betraf dies in besonderem Maße, da sie den Großteil ihrer Geschäfte außerhalb von Großbritannien tätigten. Hier sahen sie sich im
Vgl. z. B. TNA, POWE 63/586, Confidential Letter from Bullock (Ministry of Power) to Becket (Foreign Office), Subject: Discussions with Shell and BP, 14.10.1971. Stock, zitiert nach Jensen-Eriksen, „Red Oil“, S. 109. Vgl. BP, Annual Report, Statement to Stockholders, 1968. Vgl. Shell, Annual Report, Notes to Financial Statements, 1960. BP, Annual Report, Statement to Stockholders, 1970.
3.4 Die Sieben Schwestern und ihre Heimatregierungen
93
Vergleich mit den amerikanischen Ölgesellschaften benachteiligt und betonten die Einschränkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch das neue Steuergesetz.²³⁷ Die britische Steuerpolitik stand im Widerspruch zu dem Grundsatz, die Ölgesellschaften in allen Belangen zu unterstützen, beweist aber gleichzeitig die Existenz politisch stark divergierender Interessen, die nicht immer zu einem Ergebnis zugunsten der Konzerne führten. Die zentrale Bedeutung von BP und Shell für die wirtschaftliche Situation Großbritanniens zeigte sich auch in einem Vorstoß von BP Mitte der 1960er-Jahre. Dabei ging es um eine engere Zusammenarbeit der Unternehmen. Weil Shell kontinuierlich zu wenig Rohöl für seine Downstream-Aktivitäten hatte und BP hingegen über zu viel Rohöl für die eigene Raffination und Vermarktung verfügte, schlug BP ein langfristiges Handelsabkommen zwischen den beiden Unternehmen vor. Dieses Anliegen diskutierte das Unternehmen unter strenger Vertraulichkeit auch mit dem FCO. Das Ministerium zeigte sich begeistert und betonte, dass insbesondere das Treasury dies im Hinblick auf die britischen Zahlungsbilanzen begrüßen würde: „a deal of this kind would be ‚sweet music to Whitehall’s ears‘ as it would be such a sensible way of strengthening both companies’ positions and forwarding the national interest at the same time“.²³⁸ Obwohl BP die Idee weiterverfolgte, lehnte Shell schließlich das Abkommen ab. Dass die britische Regierung eine engere Zusammenarbeit von BP und Shell unterstützte, zeigt, dass auch Großbritannien die Wettbewerbspolitik zum Teil sehr liberal auslegte, wenn sich andere Ziele als wichtiger erwiesen. Ähnlich wie in anderen europäischen Staaten verfolgte auch Großbritannien die Wettbewerbsgesetze erst ab circa 1980 deutlich strenger.²³⁹ Im Fall der Ölgesellschaften zeigte sich eine großzügige Auslegung des Wettbewerbsrechts und es entstanden dahingehend keine Konflikte zwischen Staat und Industrie.²⁴⁰ Die britische Regierung verzichtete ihrerseits nicht nur auf juristische Verfahren gegen die Konzerne und schütze sie zum Teil davor, sondern unterstützte die Zusammenarbeit der Unternehmen aktiv. Das galt nicht nur für die Kooperationen von BP und Shell, sondern auch in Bezug auf die anderen Majors.²⁴¹ Die Beziehungen zwischen den Majors und ihren Heimatregierungen zeichneten sich vor allem durch Abhängigkeitsverhältnisse aus. Die Unternehmen
Vgl. z. B. BP, Annual Report, Statement to Stockholders, 1964; BP, Annual Report, Statement to Stockholders, 1965. TNA, FO 371/187683, Informal Meeting between J. T. Fearnley (Foreign Office) and W. Fraser (BP), 13.10.1966. Vgl. Schröter, Cartelization, S. 146 f. Vgl. Jones, State, S. 240. Vgl. z. B. TNA, POWE 63/187, Speaking Note, Oil Tea Party, 20.12.1967.
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3 Die Sieben Schwestern
waren von den jeweiligen nationalen Wirtschafts- und Handelspolitiken abhängig. Politische Entscheidungen konnten ihnen ökonomische Vorteile bringen – wie zum Beispiel im Fall der amerikanischen Steuerpolitik, konnten sich aber auch negativ auf die Gewinne der Majors auswirken. Die Heimatregierungen waren einerseits auf die Informationen der Ölkonzerne angewiesen. Andererseits waren sie innen- und außenpolitisch davon abhängig, dass die Majors in ihren Geschäftsbereichen aktiv blieben. Dabei lässt sich feststellen, dass die Regierungen von den Unternehmen erwarteten, dass sie das Ölgeschäft organisierten und als Vermittler zwischen Import- und Exportländern auftraten. Dies galt sowohl für den US-amerikanischen Staat als auch für die britische Regierung, die trotz ihrer Anteile an BP nicht in diese Belange eingreifen wollte. Zwischen den Heimatländern und den Majors scheint es eine stille Übereinkunft gegeben zu haben, den Ölmarkt möglichst frei von Regulierungen zu lassen und staatliche Eingriffe weitgehend zu vermeiden. Kam es doch einmal dazu, wie im Fall der amerikanischen Wettbewerbspolitik oder der britischen Steuerpolitik, reagierten die Unternehmen mit Protest. Dabei nutzten die Unternehmen die jeweiligen Abhängigkeitsverhältnisse der Regierungen aus. So argumentierten etwa BP und Shell immer wieder mit ihrem Beitrag zur Verbesserung der britischen Zahlungsbilanz, der Restriktionen in der Steuerpolitik nicht rechtfertigen würde. Insgesamt zeigt sich, dass die jeweiligen politischen Entscheidungen den Ölmarkt und die Unternehmen betreffend stark von der politischen und wirtschaftlichen Situation des Landes abhängig waren. Für die USA, die sich bis 1971 weitgehend selbst mit Öl versorgen konnten, spielte der außenpolitische Kontext, insbesondere der Kalte Krieg, die handlungsleitende Rolle. Für Großbritannien standen die nationale Versorgung mit Öl und die Handelsbilanz des Landes im Mittelpunkt. Zwischen den Majors und ihren Heimatregierungen fand ein regelmäßiger Austausch statt. Die Treffen zwischen Industrie und Regierung in Großbritannien erfolgten institutionalisiert und hatten daher eine höhere Verbindlichkeit. Zusammenkünfte zwischen der US-Regierung und den Majors ereigneten sich eher kurzfristig durch Ad-hoc-Organisation. In beiden Fällen lässt sich feststellen, dass die Häufigkeit der Treffen in Krisenzeiten zunahm. Der Austausch zwischen Unternehmen und Regierungen spiegelt ebenfalls die Abhängigkeitsverhältnisse wieder. Die staatlichen Vertreter nutzten die Treffen dazu, die Unternehmen in bestimmten Punkten zu beeinflussen. Aufgrund fehlender Expertise in der Ölund Energiepolitik waren sie zudem auf die Informationen der Ölgesellschaften angewiesen. Die Majors sahen in den Zusammenkünften mit den Regierungsvertretern Möglichkeiten, Einfluss auf politische Entscheidungen den Ölmarkt betreffend zu nehmen. Wenn sich die Außenpolitik mit Ölfragen vermischte, wie
3.5 Die Zusammenarbeit der Majors
95
im Fall des Embargos 1973, benötigten sie außerdem Informationen hinsichtlich der politischen Situation und außenpolitischen Strategie. Während das Verhältnis zwischen dem US-Staat und den US-Majors tendenziell durch gegenseitiges Misstrauen geprägt war, zeichnete sich die Beziehung zwischen dem britischen Staat und den europäischen Majors durch ein höheres Maß der Kooperationsbereitschaft und Vertrauen aus. Neben der zentralen Rolle, die die Unternehmen für die Ölversorgung und die Volkswirtschaft Großbritanniens einnahmen, erklärt sich dies nicht zuletzt auch durch die staatliche Teilhabe an BP.
3.5 Die Zusammenarbeit der Majors Die Beziehungen der Ölgesellschaften untereinander waren gleichermaßen durch Konkurrenz und Kooperation geprägt. Beides spiegelte sich in der Struktur des internationalen Ölmarktes wieder. Burton Kaufman stellt fest, dass das Maß an Zusammenarbeit und die daraus resultierende Konzentration auf dem Markt in der Ölindustrie deutlich höher als in anderen Branchen war.²⁴² Es stellt sich die Frage, welche Motive hier zugrunde lagen.Warum erklärten sich die Unternehmen bereit, mit ihren stärksten Konkurrenten zusammenzuarbeiten? Im Folgenden werden die verschiedenen Formen der Zusammenarbeit der Ölkonzerne und ihr historischer Ursprung dargestellt.
Das Achnacarry-Abkommen und die Konsortien Die Sieben Schwestern arbeiteten in vielen verschiedenen Bereichen zusammen. Je nachdem, in welchem Segment sie kooperierten, traten verschiedene Organisationstypen und Dynamiken in Erscheinung. Die Gründe für die Zusammenarbeit zeichnen sich durch eine hohe Vielschichtigkeit aus und können nicht nur dem Ziel der Realisierung von Monopolrenten zugeordnet werden, sondern lagen zum Teil in ganz spezifischen Ursachen oder punktuellen Ereignissen begründet. Den zentralen Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit der Sieben Schwestern bildeten das Red Line Agreement und das Achnacarry-Abkommen im Jahr 1928. Die Kooperation im Rahmen der beiden Verträge stellte den Versuch dar, den Ölmarkt zu regulieren und die Konkurrenz zu reduzieren. Unter den zahlreichen Kooperationsformen der Majors entsprachen diese beiden Abkommen zunächst am ehesten der Definition eines Kartells.
Kaufman, Oil and Antitrust, S. 37.
96
3 Die Sieben Schwestern
Das Zustandekommen der Abkommen lag in spezifischen Entwicklungen auf dem Ölmarkt begründet. Die Majors konkurrierten seit dem Ende des Ersten Weltkrieges zunehmend stärkerer miteinander – dies betraf vor allem die Region im Mittleren und Nahen Osten.²⁴³ Der erhöhte Wettbewerb führte zu einem strukturellen Überangebot auf dem Ölmarkt. Die Zwischenkriegszeit war daher durch einen Preisverfall und Preiskämpfe zwischen den Majors geprägt.²⁴⁴ Der Erste Weltkrieg hatte zudem die strategische Bedeutung von Öl zutage gebracht. Auch nach dem Krieg stieg die Nachfrage weiter an. Dies traf aufgrund einer sehr schnell fortschreitenden Motorisierung insbesondere auf die USA zu. Sowohl die US-Majors als auch die US-Regierung hatten daher ein Interesse daran, auch außerhalb des Landes neue Ressourcen zu erschließen: „American eyes fastened on the Middle East, particularly Mesopotamia, under British Mandate. But the door was manifestly not open there.“²⁴⁵ Da die Briten keine Verschlechterung der britisch-amerikanischen Beziehungen riskieren wollten, ermöglichten sie mit diplomatischer Unterstützung der US-Regierung den US-Majors Zugang zu Ölkonzessionen in dieser Region. Mit der Entdeckung großer Ölvorkommen im Irak kam es zu einer Restrukturierung der Turkish Petroleum Company (TPC), die sich zuvor in der Hand von BP, Shell und der französischen Total befanden hatte. Es folgten lange Verhandlungen zwischen den europäischen Unternehmen und den USMajors. Im Ergebnis stand im Juli 1928 ein Abkommen, das die Aufteilung der Ölproduktion unter den Konkurrenten vorsah. So erhielten BP, Shell, Total und die Near East Development Corporation, dessen Eigentümer Exxon, Mobil und Gulf waren, gleiche Anteile an der TPC. Darüber hinaus einigten sich die Unternehmen darauf, dass sie zukünftig in dieser Region nur noch in Absprache und im Verbund mit den anderen Mitgliedern der TPC nach neuen Ölquellen suchen würden. Die Grenzen innerhalb derer diese Regel gelten sollte, zeichneten die Unternehmensvertreter mit einem roten Stift auf einer Karte ein, was dem Abkommen seinen Namen Red Line Agreement verlieh. Die Region erstreckte sich neben dem Irak, Syrien und der Türkei auch auf Saudi-Arabien, wo einige Jahre später die größten Ölreserven der Welt gefunden wurden. Mit dem Abkommen setzten die Unternehmen zunächst kooperative Rahmenbedingungen für die Ölproduktion im Mittleren und Nahen Osten.²⁴⁶ Vor dem Hintergrund steigender Konkurrenz und dem Überangebot verhandelten außerdem Exxon, Shell und BP über eine Möglichkeit, den Markt zu sta-
Vgl. Yergin, Prize, S. 194 f. Vgl. Wilkins, Oil Companies, S. 160. Yergin, Prize, S. 195. Vgl. Gibb, History, S. 305 f.
3.5 Die Zusammenarbeit der Majors
97
bilisieren. Die USA waren schon lange nicht mehr der einzige große Produzent, Öl aus Venezuela, Rumänien und Russland flutete den Markt.²⁴⁷ Gleichzeitig etablierten sich neue Unternehmen auf dem Markt und initiierten Preiskriege. Um den wachsenden Wettbewerb zu beenden, einigten sich die drei Unternehmen im September 1928 im schottischen Achnacarry auf eine Zusammenarbeit im Rahmen der „Pool Association“, ein nicht unterschriebenes Dokument, das später unter dem Namen Achnacarry-Abkommen oder „As is“-Vereinbarung bekannt wurde. Die Regelungen des 18-seitigen Dokuments sahen eine Quotenaufteilung des internationalen Ölmarktes vor – ausgenommen waren Russland und aufgrund der Antitrust-Gesetze auch der US-amerikanische Ölmarkt.²⁴⁸ Auf Basis der gegenwärtigen Marktanteile im Verkauf in Prozent wurde eine Absatzquote für jedes Unternehmen errechnet. Diese konnte nur erhöht werden, wenn die Nachfrage stieg und musste dabei weiterhin an den fixen Marktanteil – as is – angepasst werden. Gleichzeitig sollte das Abkommen die Effizienz der Unternehmen erhöhen, indem Produktionsanlagen und Raffinerien gemeinsam genutzt werden sollten. Um Kosten zu sparen, legten die Unternehmen außerdem fest, Produktionsort und Verkauf geografisch anzunähern. Zukünftig sollten Märkte mit Öl aus den Quellen versorgt werden, zu denen die geringste räumliche Distanz bestand. Darüber hinaus einigten sich die Unternehmen auf einen einheitlichen, gleichbleibenden Verkaufspreis. Diese Regelungen ermöglichten höhere Gewinne und sollten Preiskriege verhindern. Die Unternehmen weiteten das Abkommen, das zunächst nur für die Vermarktung galt, einige Monate später auch auf die Produktion aus. Eine Erhöhung der Produktion über die entsprechend festgelegten Marktanteilsquoten war möglich, solange der Überschuss nur an Mitglieder der Vereinbarung veräußert wurde.²⁴⁹ Um die Quoten zu ermitteln und die Regelungen durchzusetzen, richteten die Unternehmen eine gemeinsame Koordinationsstelle ein.²⁵⁰ Die Umsetzung der Vereinbarung erwies sich allerdings als problematisch. Zwar beteiligten sich eine Reihe weiterer Unternehmen an dem Abkommen, so
Vgl. Petrini, Imperi, S. 33 f. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1975, Appendix to Part 7, Unites States v. Standard Oil Company (N. J.) et al., Revised Summary of Fact Memorandum. Vgl. Jones, State, S. 238 f.; Yergin, The Prize, S. 260 f. Vgl. Wells, Antitrust, S. 189.
98
3 Die Sieben Schwestern
auch die anderen Schwestern Mobil, Gulf und Texaco,²⁵¹ es gelang allerdings nicht, alle Ölgesellschaften zu assoziieren. Eine umfassende Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Ölmarkt konnte daher nicht erreicht werden.²⁵² So kommt auch der Bericht der Federal Trade Commission von 1952 zum internationalen Petroleumkartell zu dem Ergebnis: „it [das Achnacarry Agreement; W. G.] proved to be more of a statement of things hoped for than a practicable guide for their attainment in particular markets. This limitation stemmed from its failure to cover the entire petroleum industry.“²⁵³ Weitere große Ölfunde in den 1930er-Jahren erhöhten erneut den Wettbewerb auf dem Markt und verstärkten die Instabilität des Abkommens.²⁵⁴ Hinzu kamen Koordinierungsschwierigkeiten und Uneinigkeiten über die Quoten.²⁵⁵ Fehlende Verbindlichkeit und Durchsetzungskraft betrafen nicht nur das Achnacarry-Abkommen, sondern auch das Red Line Agreement, dessen Mitglieder häufig um Produktionsquoten stritten.²⁵⁶ Das erklärte Ziel der TPC, die Ölreserven in der Region zu dominieren, gelang ebenfalls nicht, da auch andere Unternehmen Konzessionen erhielten und Ölfelder entdeckten. Beispielhaft seien hier nur die erfolgreichen Explorationstätigkeiten von Socal und Texaco in Saudi-Arabien genannt.²⁵⁷ Diese Entwicklung zeigt, dass die Kartellabsprachen nicht zwangsläufig zu Beschränkungen des Wettbewerbs führten. Auch wird deutlich, dass Interessenkonflikte der einzelnen Mitglieder des Kartells die Durchsetzungskraft der Absprachen stark beeinflussten. Der US-Senat diskutierte im Nachgang der Ölkrise in den 1970er-Jahren die beiden Abkommen. Insbesondere die Argumentation von Senator Frank Church erweckte den Eindruck, die Vereinbarungen hätten zu einem starkem Kartell der Ölgesellschaften geführt, das bis in die 1970er-Jahre Bestand gehabt habe: „They needed not only a cartel agreement at the source of production but they needed an
Dies war durch den Webb-Pommerance Act möglich. Das Gesetz wurde 1918 erlassen und ermöglichte Unternehmen derselben Branche, auf ausländischen Märkten Kartelle zu bilden.Vgl. Kaufman, Oil and Antitrust, S. 35. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 7, Testimony of David I. Haberman (Attorney at Law), Washington D. C.; Yergin, Prize, S. 265. 94rd Congress, United States Senate, Subcommittee on Monopoly, The International Petroleum Cartel, Washington, 1975 (Reprint), S. 210. Vgl. Wilkins, Oil Companies, S. 160. Vgl. Wells, Antitrust, S. 189. Vgl. Yergin, Prize, S. 205. Vgl. Luciani, Oil Companies, S. 20.
3.5 Die Zusammenarbeit der Majors
99
elaborate cartel arrangement that covered the entire market.“²⁵⁸ Diese Annahme hat sich zum Teil auch in der wissenschaftlichen Forschung durchgesetzt. So bezeichnet etwa Hohensee das Achnacarry-Abkommen als Zäsur auf dem Ölmarkt und konstatiert, dass fortan der Weltölmarkt und die Ölpreise von den Sieben Schwestern bestimmt worden seien.²⁵⁹ Eine umfassende Bewertung der Abkommen insbesondere bezüglich der konkreten Ausgestaltung und Wirkungen ist aufgrund fehlender Daten problematisch. Dennoch können die Vereinbarungen als Versuch der Majors gewertet werden, den Ölmarkt in einer krisenhaften Phase zu regulieren und zu ihren Gunsten zu stabilisieren, was wiederum der von Kleinwächterischen These entspricht, dass Kartelle als Reaktion auf wirtschaftliche Krisen entstehen.²⁶⁰ Die Unternehmen bedienten sich dem Instrument der Wettbewerbsbeschränkung, die sie durch konkrete Marktabsprachen erreichen wollten, aber nicht immer erreichen konnten. Die Abkommen aus dem Jahr 1928 legten den Grundstein für zahlreiche weitere Kooperationen unter den Majors. Dies betraf zunächst vor allem die Auslandsproduktion durch die Konsortien. Die TPC, die sich seit 1929 Irak Petroleum Company (IPC) nannte, gilt als historisch wichtigstes Konsortium, das als Prototyp der Zusammenarbeit diente. Damit hing das Red Line Agreement zusammen, das die Mitglieder der IPC abgeschlossen hatten. Konsortien innerhalb der Grenze des Abkommens wie etwa die Abu Dhabi Petroleum Company und die Qatar Petroleum Company, die in den 1930er-Jahren gegründet wurden, wiesen daher eine ähnliche Struktur und Aufteilung wie die IPC auf. In Kuwait, das außerhalb des Red Line Agreements lag, gründeten BP und Gulf 1934 die Kuwait Oil Company (KOC), ein weiteres wichtiges Konsortium. Das Red Line Agreement konnte nicht verhindern, dass auch andere Unternehmen in der Region Konzessionen erhielten. So gründeten Socal und Texaco 1926 zwei weitere Konsortien: Die Bahrain Petroleum Company in Bahrain und die Aramco in Saudi-Arabien. Im Rahmen einer Umstrukturierung der Eigentumsverhältnisse von Aramco in den 1940er-Jahren brachen Exxon und Mobil schließlich das Abkommen und kauften ohne Absprache mit den IPC-Mitgliedern 40 % der Aramco-Anteile.²⁶¹ Das iranische Konsortium, das sich 1953 neu formierte, stellte den Höhepunkt der Zusammenarbeit der Unternehmen dar. Neben
93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 7, Testimony of David I. Haberman (Attorney at Law), Washington D. C. Hohensee, Ölpreisschock, S. 16. Vgl. von Kleinwächter, Kartelle. Vgl. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 48.
100
3 Die Sieben Schwestern
der französischen Total erhielten alle sieben Majors Anteile. In den 1950er- und 1960er-Jahren vergaben sowohl die bereits produzierenden Ländern als auch die neuen Förderstaaten ihre Konzessionen zumeist entsprechend der bereits bestehenden Konsortien. Zum Teil entstanden allerdings auch neue Kombinationen, wenn zusätzlich auch Independents Anteile erhielten. Dies war insbesondere in Libyen der Fall. Die Anzahl von neuen Markteintritten in die Ölproduktion blieb allerdings insofern limitiert, als dass mindestens ein oder zwei Majors an nahezu allen Konzessionen Anteile besaßen. Noch 1972 lag der Anteil der Ölproduktion der Majors in den OPEC-Mitgliedstaaten bei 77 %.²⁶² Die Dominanz und Kooperation der Majors im Rahmen der Konsortien in diesen Ländern hatte demnach erheblichen Einfluss auf den globalen Ölmarkt. B. P.
⅓%
Abu Dhabi Marine Areas
5%
Abu Dhabi Petroleum Co.
Gulf
23
,
% 75
7%
% 75% 75 11,8 11,8 30%
Iraq Petroleum 11 ,
7%
87 5% 11,8 75%
SoCal.
50%
Aramco 30%
%
7%
Iranian Consortium 14
6%
Kuwait Oil Co.
% 40
5%
23,75%
33
50%
C. F. P.
50%
23,7
%
23,75
,7
23,75%
7%
Mobil
23
% 66⅔
10%
Texaco
Bahrein Petroleum Co.
50%
30% 7%
Exxon Shell
Abbildung 15: Die Anteile der Majors an den Konsortien im Mittleren und Nahen Osten, 1972 Quelle: 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings Before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Chart: Ownership Links between Major International Oil Companies (including Compagnie Française de Pétroles) and Majors Crude-Oil Producing Companies in the Middle East.
Den maßgeblichen Faktor in jedem Konsortium stellte die Produktionsquote dar. Jedes Mitgliedsunternehmen verfügte entsprechend seines Anteils über eine feste Produktionsquote. Wollte ein Unternehmen mehr Öl aus der Konzession erhalten, musste es nach Absprache zusätzliche Abgaben an die anderen Mitglieder zahlen. Die interne Ausgestaltung dieser Regel variierte in den einzelnen Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 4, Chart: Seven Major’s Shares of World Crude Oil Production, 1972.
3.5 Die Zusammenarbeit der Majors
101
Konsortien, wobei das Prinzip in allen Konsortien dasselbe war. Auf diesem Weg konnten die Unternehmen kontrollieren, wie viel Rohöl ihren Konkurrenten zur Verfügung stand. Diese Art von Vereinbarung führte zu einem eingeschränkten Wettbewerb im Upstream-Bereich. Gleichzeitig bot es den Mitgliedern eine Möglichkeit, sich vor Marktungleichgewichten zu schützen und ihre eigenen Asymmetrien auszugleichen. Bestanden etwa Überkapazitäten bei einem Mitglied, konnten diese einem anderen Mitglied, das über zu wenig Rohöl verfügte, gegen einen Aufpreis zugänglich gemacht werden. Dieser Mechanismus hatte nicht nur eine ausgleichende Funktion, sondern verhinderte auch eine ruinöse Preiskonkurrenz, weil die Überschusskapazitäten den Markt nicht zu einem niedrigen Preis fluteten.²⁶³ Das System der Konsortien hatte Einfluss auf die auf dem Ölmarkt verfügbaren Rohölmengen. Die Majors passten das Angebot entsprechend der Nachfrage an und erhöhten es nur dann, wenn die Nachfrage stieg. Dadurch ermöglichte dieses System den Majors nicht nur, Einfluss auf wesentliche Parameter auf dem Markt zu nehmen, sondern die Mitgliedschaft in den Konsortien versetzte die einzelnen Unternehmen auch in eine stärkere Position gegenüber den Ölexportländern. So verhandelten die Regierungen nicht nur mit einem einzelnen Unternehmen, sondern mit allen am Konsortium beteiligten Konzernen. Außerdem verhalf das System der Konsortien den Majors zu mehr Sicherheit. Durch die Teilhabe an vielen verschiedenen Konsortien erfolgte eine Verteilung des Risikos, was sich insbesondere in politisch instabilen Regionen als sinnvoll erwies. Auch dieser Faktor erhöhte die Verhandlungsmacht der Majors. Gemeinsame Investitionen und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen im Rahmen der Konsortien entlasteten die einzelnen Mitglieder auch finanziell und Transaktionskosten konnten eingespart werden. Neben den Konsortien bestanden zwischen den Majors mannigfaltige weitere Kooperationsformen auch außerhalb der Produktion. Das gängige Mittel für gemeinsame Projekte bestand in der Gründung von Joint Ventures. Derartige Zusammenschlüsse dienten dazu, das in der Branche meist hohe Risiko zu verringern und Skaleneffekte zur Vermeidung hoher Kapitalinvestitionen zu nutzen. Beispielhaft sei an dieser Stelle nur auf die verschiedenen Pipelineprojekte in den Nachkriegsjahrzehnten hingewiesen.²⁶⁴ Darüber hinaus entwickelten die Majors auch gezielte Kooperationen zum Ausgleich der Produktionsstufen vor dem Hintergrund der bereits diskutierten
Vgl. Luciani, Oil Companies, S. 22 f. Siehe dazu Bader-Gassner, Pipelineboom.
102
3 Die Sieben Schwestern
Asymmetrien in der vertikalen Integration, die etwa durch langfristige Lieferverträge untereinander gelöst werden konnten (Kap. 3.2). Neben den vielfältigen Funktionen boten die Kooperationen auch immer ein Forum des Austausches für die Unternehmen. Insbesondere die Konsortien galten als Ort informeller Absprachen: „The Iran consortium always had offered the ready means for consultation between all the majors.“²⁶⁵ Die Zusammenarbeit der Unternehmen bot seit den 1920er-Jahren insgesamt vielfältige Möglichkeiten für Marktabsprachen. Zum Teil dienten diese der Risikovermeidung und dem Einsparen von Transaktionskosten, zum Teil nutzten die Unternehmen sie, um den Wettbewerb einzuschränken. Insbesondere das System der Konsortien versetzte die Majors in die Lage, das Angebot und die Preise auf dem Markt zu beeinflussen. Marktabsprachen erhielten auf diesem Weg einen institutionalisierten Charakter ohne dass die Unternehmen offiziell ein Kartell gründeten. Luciani argumentiert in diesem Zusammenhang, dass die Form des Konsortiums für die Majors sogar sinnvoller war als ein klassisches Kartell, weil sich die Stabilität innerhalb der Konsortien durch die bestehenden Verbindlichkeiten und Abhängigkeiten erhöhte. Zudem konnte das Konsortium aufgrund seiner institutionalisierten Form flexibler und schneller reagieren als ein Kartell, so Luciani.²⁶⁶ Dass sich in den Konsortien und auch in anderen Formen der Kooperation immer wieder die gleichen Unternehmen in ähnlichen Konstellationen zusammenfanden, bestätigt die These, dass gemeinsame Erfahrungen und die wiederholte Zusammenarbeit eine zentrale Rolle spielten. Insbesondere die Konsortien deuten darauf hin, dass auch gegenseitige Abhängigkeiten Einfluss auf die Stabilität der Kartellzusammenarbeit hatten.
Neue Formen der Kooperation: die Oil Group So einflussreich die beschriebenen Formen der Zusammenarbeit zwischen den Majors auch waren, so führten sie weder zu einem allumfassenden Kartell, noch dazu, dass die Konkurrenz auf dem Ölmarkt vollständig ausgeschaltet wurde. Insbesondere seit Beginn der 1960er-Jahre traten Entwicklungen und Ereignisse auf, die außerhalb des Einflussbereichs der Majors lagen. Dies lag in der zunehmenden Politisierung des Ölmarktes und einer steigenden Komplexität der Akteursstruktur begründet. Um diese Herausforderungen zu meistern, etablierten die Majors neue Formen der Kooperation. Dazu zählte insbesondere die 1962 von
TNA, POWE 63/187, Letter from A. B. Powell (Ministry of Power) to Beckett (Foreign Office), Subject: The Oil Tea Party, 6.11.1967. Luciani, Oil Companies, S. 21 f.
3.5 Die Zusammenarbeit der Majors
103
allen sieben Majors gegründete Oil Group, auch als McCloy Group bekannt. Diese Gruppe diente einem kontinuierlichen, institutionalisierten Austausch und war auch ein Ort für Strategieentwicklungen der Sieben Schwestern. Die Treffen der Oil Group fanden halbjährlich zwischen den Vertretern der Ölkonzerne unter Aufsicht und Organisation von John McCloy statt. Sie dauerten zumeist zwei Tage und beinhalteten neben den Diskussionsterminen auch gemeinsame Abendessen und andere Programmpunkte informeller Natur. Die Treffen fanden überwiegend in New York City in den Büroräumen von McCloys Kanzlei statt. An den Meetings nahmen ein oder mehrere Vertreter der sieben Ölkonzerne höchsten Ranges teil, dazu zählten die Präsidenten, Vizepräsidenten und Vorstandsvorsitzende. Die Auswahl der Teilnehmer macht deutlich, dass die Unternehmen der Oil Group eine hohe Relevanz beimaßen.²⁶⁷ Die Beziehung zwischen McCloy und den Unternehmen regelte sich über Verträge, die alle zwei Jahre erneuert wurden. Jede der Schwestern schloss einen eigenen Vertrag mit McCloys Kanzlei ab. Dieser beinhaltete – vor dem Hintergrund der Antitrust-Gesetze – auch eine Klausel, dass McCloy die Unternehmen nicht gemeinsam beriet, sondern separat. Zu Beginn zahlte jedes Unternehmen McCloy 1.000 Dollar im Monat für seine Tätigkeit.²⁶⁸ 1966 erhöhte sich die Summe auf 1.250 Dollar. Zusätzlich zu dieser Summe übernahmen die Majors McCloys Reisekosten für alle Reisen, die mit den Anliegen der Oil Group zu tun hatten.²⁶⁹ Die Gruppe hatte einen exklusiven, geheimen Charakter. Über eine Mitgliedschaft der französischen Total diskutierten die Majors zwar, entschieden sich letztlich aber dagegen.²⁷⁰ Auch sonst nahmen weder andere Unternehmen noch Regierungsvertreter an den Treffen der Oil Group teil. In der Öffentlichkeit war die Gruppe nicht bekannt. Die Mitglieder einigten sich von Anfang an darauf, dass die Inhalte der Zusammenkünfte, bestenfalls überhaupt die Existenz der Gruppe, nicht an die Öffentlichkeit geraten sollten.²⁷¹ McCloys Mitarbeiter fertigten in-
Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2– 3, Oil Group Meetings. Vgl. z. B. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 4, Letter from John McCloy to M. J. Rathbone (Exxon), 02.08.1962. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 4, Memorandum for Mr. McCloy from W. E. Jackson (Milbank, Tweed, Hadley & McCloy), 03.06.1966. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79118, Letter from Gregg (BP) to Steel (BP) and Sutcliffe (BP), 22.09.1971; John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Notes for International Oil Meeting, 7.06.1971. Auch noch Mitte der 1970er-Jahre bestritt McCloy bei einem Gerichtsverfahren die Existenz der Oil Group; The National Archives at New York City (im Folgenden NANY), SDNY 75 CV 1160, Box 23, Statutory Declaration, McCloy, 11.02.1976: „Does an organization known as ‚the chief executives‘ ring a bell for you?“ McCloy: „No organization of that character.“
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3 Die Sieben Schwestern
haltliche Zusammenfassungen der Treffen an und stellten sie den Unternehmen zur Verfügung.²⁷² Offiziell war die Oil Group ein reines Austauschforum der Majors. Die verhandelten Themen variierten je nach aktueller Lage und veränderten sich im Laufe der Zeit. Die Gruppe analysierte und diskutierte Entwicklungen und neue Akteure auf dem Ölmarkt. Dabei ging es nicht nur um konkrete Marktereignisse, sondern auch um internationale politische Entwicklungen, die Einfluss auf den Markt hatten. Neben dem Informationsaustausch zu bestimmten Themen dienten die Treffen der Strategieentwicklung. Dabei ging es nicht um kartellübliche Absprachen für den Markt, vielmehr versuchten die Majors, einheitliche Positionen für bestimmte Herausforderungen zu erarbeiten. Dies spielte vor allem für die zunehmende Politisierung des Marktes eine Rolle. McCloy beschrieb die Oil Group im März 1973 selbst so: „The group started out dealing with problems that seem now quite minor, such as the influx of Russian oil to Europe compared to the problems facing us today. The Group is important as never before.“²⁷³ Die zentrale Person für die Oil Group stellte John McCloy dar. Neben der Organisation der Gruppe vermittelte er sowohl zwischen den einzelnen Unternehmen als auch zwischen dem Staat und der Industrie. Der US-amerikanische Jurist war in politischen und wirtschaftlichen Kreisen der USA sehr gut vernetzt und genoss eine hohe Reputation. Er hatte zahlreiche hochrangige Positionen inne. Er bekleidete in Amerika zwar nie ein politisches Amt, erwies sich aber dennoch als einflussreicher als mancher Politiker und fungierte als zentrale Figur in diversen Bereichen. Sein politisches Engagement lag vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik. Dabei zeigte er sich den nationalen Interessen verpflichtet, allerdings mit einem Blick für internationale Entwicklungen und einem hohen Vernetzungsgrad auch in politische Kreise in Europa. McCloy war nach dem Zweiten Weltkrieg als amerikanischer Hochkommissar in Deutschland tätig. Er zählte zu den wichtigen Beratern des State Departments und einiger US-Präsidenten, zum Beispiel von John F. Kennedy. McCloy agierte darüber hinaus auch in internationalen Organisationen, so bekleidete er kurzzeitig, von 1947 bis 1949, auch das Präsidentenamt der Weltbank. Er verkehrte nicht nur in hochrangigen politischen Kreisen, sondern pflegte auch enge Kontakte mit Amerikas Wirtschaftselite. Beispielhaft sei hier nur die enge Verbindung zwischen ihm und der Familie Rockefeller genannt. McCloy fungierte als Vor-
Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 07./08.12.1962. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Memorandum from McCloy to J. K. Jamieson (Exxon), 07.03.1973.
3.5 Die Zusammenarbeit der Majors
105
standsvorsitzender diverser Banken und Unternehmen. Exemplarisch sei hier nur die Chase Manhatten Bank angeführt, die sich überwiegend im Besitz der Rockefellers befand.²⁷⁴ Das Harpers Magazine bezeichnete ihn 1983 als „most influential private citizen in America“²⁷⁵. McCloy selbst identifizierte sich mit den US-amerikanischen Werten und betonte sein nationales Verantwortungsbewusstsein: „I was never a public servant in the professional sense but I look back with considerable satisfaction on the number of times that the country has called on me to assist in the solutions to some of the problems which confronted it.“²⁷⁶ Durch seine Unterstützung der Verhandlungen im Rahmen der Suezkrise 1956 hatte er eine nennenswerte Expertise in Ölfragen im außenpolitischen Kontext erhalten.²⁷⁷ Zudem pflegte er enge Kontakte zu Unternehmen im Ölgeschäft, insbesondere durch seine Bekanntschaft mit der Rockefeller Familie. Einige Majors hatten McCloy Anfang der 1960er-Jahre Posten in ihren Vorständen angeboten, allerdings ohne Erfolg.²⁷⁸ In der Oil Group trat McCloy als rechtlicher Berater auf und sorgte dafür, dass zwischen den Majors ein Austausch stattfinden konnte, ohne dass Probleme wegen der Antitrust-Gesetze auftraten. Außerdem beriet er die Majors in politischen Fragen den Ölmarkt betreffend. McCloys wichtigste Funktion stellte die Vermittlung zwischen den Majors und der US-Regierung dar: „McCloy was the rain maker for the oil companies, vis-a-vis the Washington relationship.“²⁷⁹ Als bemerkenswert erwies sich, dass sowohl die Unternehmen als auch die Politiker McCloy großes Vertrauen entgegenbrachten. Die Majors teilten sensible Informationen mit ihm und die US-Regierung vertraute auf seine Urteile. Die Beziehungen der Ölgesellschaften untereinander wiesen eine große Ambivalenz auf. Einerseits herrschte eine starke Konkurrenz und andererseits arbeiteten die Unternehmen sehr eng zusammen. Mit den beiden Abkommen von 1928 reagierten die Unternehmen auf eine Branchenkrise und versuchten, den Wettbewerb untereinander zu minimieren und die Profitabilität zu erhöhen. Dies gelang ihnen nur zum Teil. Insbesondere das Achnacarry-Abkommen stellte zwar eine Absichtserklärung mit konkreten Kartellabsprachen dar, sein Charakter war allerdings eher unverbindlich und die Durchsetzungsmöglichkeiten im Hinblick
Vgl. Bird, Chairman, S. 16 f. Brinkley, McCloy. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 1, McCloy Memoirs. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 178. Vgl. Archives Historiques Total, 92.36/37, Conversation with David Barran (Shell), 31.05.1962. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 1, Letter from Jerome Levinson to Kai Bird and Max Holland, 16.11.1984.
106
3 Die Sieben Schwestern
auf die Konkurrenz nicht ausreichend. Eine größere Bedeutung kam den Konsortien zu. Diese Form der institutionalisierten Zusammenarbeit ermöglichte den Unternehmen, auf zentrale Marktparameter wie Preise und Produktion Einfluss zu nehmen. Auch die Konkurrenz wurde durch das System der Konsortien limitiert und die Majors konnten sich gegenseitig kontrollieren. Die Konsortien lassen sich daher durchaus auf den Kartellbegriff übertragen. Dass sich in den Konsortien und auch in anderen Formen der Kooperation immer wieder die gleichen Unternehmen in ähnlichen Konstellationen zusammenfanden, bestätigt die These, dass gemeinsame Erfahrungen und die wiederholte Zusammenarbeit eine zentrale Rolle spielten. Die Gründung der Oil Group 1962 macht deutlich, dass sich die Majors zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert sahen, die sie zu neuen Formen der Kooperation veranlassten. Die Wahl von John McCloy als Berater und Organisator der informellen Zusammenarbeit deutet darauf hin, dass die Majors vor allem in politischen Anliegen Unterstützung benötigten.
4 Öl im Kalten Krieg Im April 1962 befragte die Petroleum Intelligence Weekly L. C.Wallach zur Situation auf dem Ölmarkt. Mit Entschiedenheit identifizierte der 90-jährige Unternehmer, der seit Jahrzehnten im Ölgeschäft aktiv war, die sowjetischen Ölexporte als größte Herausforderung: „Meeting Russian competition is the most difficult problem the industry faces. The Soviets have immense reserves.“¹ Mit dieser Einschätzung stand Wallach nicht alleine. Seit Mitte der 1950er-Jahre beobachteten die sieben Majors die Entwicklung der sowjetischen Ölindustrie sehr genau. Die Exporte aus Russland erwiesen sich zunehmend als starke Konkurrenz auf den traditionellen Abnehmermärkten der Sieben Schwestern und bedrohten ihre Gewinne. Als politischer Akteur auf dem Ölmarkt stellte sich die Sowjetunion in ihrem Handeln und ihren Ambitionen für die Majors außerdem als nur schwer einzuschätzen dar. In einer Gemengelage von steigendem Überangebot und dem Erstarken politischer Interessen sahen sich die Unternehmen mit mannigfaltigen Problemen konfrontiert, die zunehmend außerhalb ihres direkten Einflussbereichs lagen. Es stellt sich die Frage, wie die Unternehmen mit den Herausforderungen der sogenannten sowjetischen Öloffensive umgegangen sind. Welche Maßnahmen entwickelten sie, um die neuen Unsicherheiten zu reduzieren und ihre Absatzmärkte und Gewinne zu sichern? Das folgende Kapitel widmet sich diesen Fragen und untersucht die unternehmerischen Reaktionen und Anpassungsprozesse. Die sowjetischen Ölexporte können als externer Schock verstanden werden, der die Handelsroutinen der Konzerne störte und eine Krise auslöste. Krisenmomente, so argumentiert etwa von Kleinwächter, gelten als Ursache für die Bildung von Kartellen.² Aufgrund ähnlicher Ausgangsbedingungen der Majors ist anzunehmen, dass die Sieben Schwestern auf den externen Schock der sowjetischen Öloffensive mit Kartellzusammenarbeit reagiert haben. Das vorliegende Kapitel untersucht den Prozess der unternehmerischen Kooperation und fragt danach, wie die Konzerne gemeinsame Ziele aushandelten, formulierten und durchsetzen konnten. Es gilt, zu analysieren, ob Interessenkongruenz auch zu Maßnahmenkongruenz führte. Die sowjetische Öloffensive stellte einen politischen Eingriff in den Ölmarkt dar. Die Sowjetunion als Marktakteur folgte politischen Maximen und lag damit weitgehend außerhalb der Reichweite der Majors. Es ist daher anzunehmen, dass klassische unternehmerische Maßnahmen gegen die Preiskonkurrenz fehlschlu O. V., Wallach Says Soviet Oil „Biggest Threat“, in: Petroleum Intelligence Weekly, 30.04.1962. Vgl. von Kleinwächter, Kartelle. https://doi.org/10.1515/9783110637359-006
108
4 Öl im Kalten Krieg
gen und die Majors nach anderen Wegen suchten, um ihren Erfolg zu sichern. Da die sowjetischen Ölexporte im Kontext des Kalten Krieges auch in politischen Kreisen der westlichen Industrienationen höchste Relevanz erreichten, liegt es nahe, dass die Ölgesellschaften auch im politischen Raum agierten, um ihre Interessen durchzusetzen. Das vorliegende Kapitel widmet sich daher auch den politischen Strategien der Majors. Bisherige Forschungen untersuchten die sowjetische Öloffensive vor allem im Zusammenhang mit der Geschichte der Ost-West-Handelsbeziehungen. Der politikhistorische Zugang vernachlässigt allerdings die Entwicklung auf dem Ölmarkt und die Rolle der Unternehmen.³ Historische Arbeiten zum Ölmarkt nennen die sowjetischen Exporte insbesondere in Verbindung mit dem Überangebot auf dem Markt und der Gründung der OPEC.⁴ Eine genaue Analyse der Problematik und der Lösungsstrategien der Majors, die im Folgenden angestrebt wird, erfolgt allerdings nicht. Neuere Forschungen thematisieren die Debatten in internationalen Organisationen wie der NATO und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zur sowjetischen Öloffensive.⁵ Roberto Cantoni zeigt die unterschiedlichen Positionen innerhalb der NATO und EWG und vertritt die These, die Regierungen seien durch die Ölkonzerne beeinflusst gewesen, kann dies allerdings wenig belegen. Hier knüpft das vorliegende Kapitel an und untersucht den politischen Lobbyismus der Unternehmen. Im Folgenden wird zunächst die Sowjetunion als Ölexporteuer mit ihren Handlungsmotiven in den Blick genommen. Die Strategie, mit der die UdSSR ihren Ölhandel betrieb, stellte die Sieben Schwestern vor sehr spezifische Probleme, die in einem zweiten Teil erarbeitet werden. Darauf aufbauend erfolgt im Hauptteil des Kapitels die Analyse der Reaktionen und Strategien der Majors. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem politischen Handeln der Ölgesellschaften und ihrer Kooperation in der Oil Group. Die Analyse zeigt einen Entwicklungsprozess, im dem die Unternehmen nach einer Konsolidierungsphase zunehmend eine professionalisierte, einheitliche Strategie verfolgten.
Vgl. z. B. Jentleson, Pipeline; Klinghoffer, Soviet Union; Perović (Hg.), War; Stent (Hg.), Relations; dies., Wandel. Vgl. z. B. Hohensee, Ölpreisschock, S. 17 f.; Keiser, Energiekrise, S. 13 f.; Petrini, Imperi, S. 178 f. Vgl. Cantoni, Debates; Jensen-Eriksen, „Red Oil“.
4.1 Die sowjetische Öloffensive
109
4.1 Die sowjetische Öloffensive In der Geschichte des Erdöls stellte Russland traditionell einen zentralen Player dar. Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts kam es zur Entdeckung großer Ölfelder im Kaukasus.⁶ Bis 1940 konzentrierte sich die Ölproduktion weiter auf die Region rund um Baku und diese machte circa 80 % der russischen Produktion aus. Mit dem Zweiten Weltkrieg fand eine geografische Verschiebung statt und Russland bemühte sich verstärkt um die Weiterentwicklung der Ölförderung in der WolgaUral-Region. In den 1950er-Jahren zahlten sich diese Bemühungen aus und 80 % der gesamten Produktion konnten aus dem sogenannten „Second Baku“ gewonnen werden. Seit Mitte der 1960er-Jahre verschob sich die Produktion erneut, mit zunehmenden Explorationsaktivitäten im Westen Sibiriens.⁷ Eine quantitative Messung der Ölreserven der Sowjetunion war einerseits aufgrund der allgemeinen Probleme in der Prognose und Bestimmung von Ölreserven schwierig. Andererseits veröffentlichte die UdSSR selbst keine zuverlässigen Daten über ihre Ölreserven.⁸ Mitte der 1970er-Jahre ermittelte das statistische Büro der Vereinten Nationen zu erwartende Ölreserven von 8,2 Billionen Tonnen in der Sowjetunion. Damit lag sie auf Platz zwei der weltweiten Ölreserven hinter Saudi-Arabien. Darüber hinaus nahmen Zeitgenossen an, dass das Land über die weltweit größten Erdgasreserven verfügte.⁹ Arthur Jay Klinghoffer stellte fest: „The Soviet Union is obviously rich in oil and gas resources and it’s energy problems are not due to any quantitative deprivation.“¹⁰ Der Ressourcenreichtum machte Russland frühzeitig zum Exporteur von Öl. Bereits in den 1890er-Jahren begann die Ausfuhr von Öl aus Baku. Um die Jahrhundertwende galt Russland neben den USA als größter Produzent von Erdöl.¹¹ Die russische Ölindustrie lag bis 1918 überwiegend in den Händen privater Unternehmen. Ausländische Ölgesellschaften, darunter auch Exxon und Shell, kontrollierten etwa 60 % des russischen Ölhandels.¹² Während der russischen Revolution 1917 wurde die russische Ölindustrie vollständig verstaatlicht. Die Majors akzeptierten die Nationalisierung ihrer Anteile nicht. Sie forderten Kompensationen und riefen zu einem Boykott russischen Öls auf.¹³ Der Unterneh-
Vgl. Karlsch/Stokes, Faktor Öl, S. 22. Vgl. Klinghoffer, Soviet Union, S. 43 f.; Odell, Oil, S. 50. Vgl. Chadwick, Soviet Oil, S. 32. Vgl. Klinghoffer, Soviet Union, S. 41. Ebd., S. 43. Vgl. Semjonow, Erdöl, S. 292. Vgl. Klinghoffer, Soviet Union, S. 38 f. Vgl. Jensen-Eriksen, „Red Oil“, S. 118.
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4 Öl im Kalten Krieg
menshistoriker Bennett Wall konstatiert, dass die spätere aggressive Politik Exxons gegen die sowjetischen Exporte in den 1960er-Jahren zum Teil auch auf dieser Erfahrung beruhte.¹⁴ Bis zum Zweiten Weltkrieg konnte Russland seinen Ölexport kontinuierlich steigern. Öl stellte eins der wichtigsten Exportgüter des Landes dar. Unter den Abnehmern waren vor allem westeuropäische Länder.¹⁵ Zwischen 1926 und 1935 importierte etwa Italien 48 % seines Ölbedarfs aus der Sowjetunion. In Spanien lag der Anteil in dieser Phase bei 39 %, in Belgien bei 27 %, in Frankreich bei 18 %, in Deutschland bei 17 % und in Großbritannien bei 7 %. Das Rohöl aus der UdSSR stellte eins der wenigen Handelsgüter des Landes dar, dem die internationalen Handelspartner eine hochwertige Qualität zusprachen.¹⁶ Ab 1933 sanken die Exportmengen der Sowjetunion – die Produktion stagnierte und der heimische Bedarf stieg im Zuge von Industrialisierungsbestrebungen an. Im Zweiten Weltkrieg entwickelte sich die UdSSR schließlich zum Nettoimporteur und bezog Öl aus anderen Ländern wie etwa dem Iran und Rumänien.¹⁷ In der direkten Nachkriegszeit erholte sich das Exportgeschäft mit Erdöl nur langsam. Die Produktion erhöhte sich zwischen 1945 und 1954 von 19 auf 59 Millionen Tonnen und ab Mitte der 1950er-Jahre stiegen schließlich auch die Exportquoten wieder an. Die sowjetische Öloffensive war Teil eines allgemeinen Strukturprogramms der UdSSR.¹⁸ Ministerpräsident Nikita Sergejewitsch Chruschtschow definierte die wirtschaftlichen Ziele des Landes in seinem Siebenjahresplan 1959 neu und legte ein umfangreiches wirtschaftliches Expansionsprogramm auf. Ein übergeordnetes Interesse galt dabei dem ökonomischen Wachstum im direkten Vergleich mit den USA. In Bezug auf die Ölindustrie sah das Programm eine Modernisierung vor, um die Produktion zu steigern. Bis 1965 sollten jährlich 230 – 240 Millionen Tonnen erreicht werden. Damit verbunden war das Ziel, die bisher kohlebasierte Energieversorgung der Sowjetunion langfristig auf Öl umzustellen. Außerdem galt es, den Ölexport des Landes anzukurbeln.¹⁹ Die neue Stoßrichtung mit erhöhten Investitionen trug Früchte und die Ölproduktion stieg zwischen 1959 und 1963 um weitere 80 % an (Abb. 16). Auf dieser Basis gingen viele zeitgenössische Beob-
Wall, Growth, S. 323 f. Vgl. Jensen-Eriksen, Soviet Oil Offensive, S. 349. Vgl. Odell, Oil, S. 54. Vgl. Klinghoffer, Soviet Union, S. 40. Vgl. Cantoni, Debates, S. 134. Vgl. Högselius, Gas, S. 14 f.; Klinghoffer, Soviet Union, S. 47 f.; Wall, Growth, S. 323.
111
4.1 Die sowjetische Öloffensive
350,0
300,0
250,0
200,0
150,0
100,0
50,0
0,0
1946
1948
1950
1952
1954
1956
sowjetische Rohölproduktion
1958
1960
1962
1964
1966
1968
sowjetische Rohölexporte
Abbildung 16: Die sowjetische Rohölproduktion und -exporte zwischen 1946 und 1968 (in Millionen Tonnen) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage von Ebel, Trade, S. 31 – 40. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A15, wiedergegeben.
achter davon aus, dass das Ziel des Siebenjahresplans in Bezug auf Öl für 1965 sogar übertroffen werden würde.²⁰ Während die Umstellung auf eine ölbasierte Wirtschaft in der Sowjetunion nur langsam voranging und der Anteil des Öls 1965 weiterhin unter 30 % lag, erlebte das Exportgeschäft einen starken Aufschwung.²¹ Die Exporte verlagerten sich dabei zunehmend von den anderen kommunistischen Staaten hin zur „Freien Welt“. Dies betraf vor allem Westeuropa, das den größten Anteil importierte. Italien führte das meiste Öl ein, gefolgt von Westdeutschland, Schweden und Finnland (Tabelle 2). Der Ölhandel mit diesen Ländern war historisch zwar nicht neu,²² mit steigender Abhängigkeit von Öl als Energieträger erreichten die Importe allerdings eine deutlich höhere Relevanz – auch im politischen Raum: Vgl. TNA, FO 371/172535 – 42, Secret Paper by an Economic Intelligence Working Party, Soviet Bloc Oil Export Policy, Januar 1963; o. V., How Three Oil Men Size Up Russia, in: Oil and Gas Journal, 12.09.1960. Vgl. Jensen-Eriksen, „Red Oil“, S. 108; Jentleson, Pipeline, S. 81 f. Vgl. Semjonow, Erdöl, S. 8 f., 292.
112
4 Öl im Kalten Krieg
„Energy is one of many fields in which international trade is not a purely economic phenomenon.“²³ Außerhalb Europas zählten Japan, Kuba und Ägypten zu den größten Importeuren des sowjetischen Öls. Darüber hinaus exportierte die UdSSR in zahlreiche Entwicklungsländer in Afrika, Asien und Lateinamerika.²⁴ Die individuelle Exportmenge etwa nach Afghanistan, Algerien, Guinea oder Uruguay erscheint insgesamt gering, allerdings deckte das sowjetische Öl nicht selten damit den Gesamtbedarf dieser Länder, weshalb auch diesen kleinen Mengen eine signifikante Bedeutung zukam.²⁵ Tabelle 2: Rohölimporte aus der Sowjetunion in ausgewählte CoCom-Mitglieder zwischen 1950 und 1962 (in Tausend Tonnen)a) Rohölimporte aus der Sowjetunion
Italien Westdeutschland Frankreich Großbritannien USA
, – – – –
, – , – –
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, , , – –
, , , – –
a)
Jentleson, Pipeline, S. 91.
Ziele des Exportgeschäfts Die UdSSR verfolgte mit der Öloffensive zwei zentrale ökonomische Ziele. Der Export ermöglichte einerseits Zugang zu ausländischen Devisen. Andererseits brachte er neue Möglichkeiten für den Import benötigter Güter mit sich.²⁶ Die Sowjetunion verzeichnete in diversen Branchen Defizite und hatte daher ein großes Interesse daran, diese durch Importe auszugleichen. Dies betraf vor allem den Technologie- und Industriebereich. Auch in der Ölwirtschaft herrschten mannigfaltige Probleme und Engpässe.²⁷ So fehlte es zum Beispiel an neuen Ex-
Högselius, Gas, S. 2. Vgl. Jensen-Eriksen, Soviet Oil Offensive, S. 349 f.; Klinghoffer, Oil, S. 4 f.; Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy, Walter, Perspectives on Western Policy Towards the Soviet Oil Effort, Januar 1963. Vgl. TNA, FO 371/172535 – 42, Secret Paper by an Economic Intelligence Working Party, Soviet Bloc Oil Export Policy, Januar 1963. Vgl. Klinghoffer, Oil, S. 4. Vgl. Klinhoffer, Soviet, S. 53 f.
4.1 Die sowjetische Öloffensive
113
plorationstechnologien sowie großen Stahlröhren, um die Transportwege von Öl durch den Bau von Pipelines zu modernisieren.²⁸ In der Sowjetunion mangelte es somit an zahlreichen Gütern. Zudem verfügte sie nicht über ausreichend Devisen, um den Import betreffender Waren zu finanzieren.²⁹ Der Export von Öl versprach, in beiden Bereichen Abhilfe zu schaffen. Für ein solches Vorgehen erschien in besonderem Maße Westeuropa als Handelspartner interessant, weil es gleichermaßen über Devisen und fehlende Güter verfügte. Die Verträge zwischen der UdSSR und den europäischen Ländern sahen entweder eine Zahlung der Ölexporte in der jeweiligen westeuropäischen Währung oder die Lieferung von Gütern als Gegenleistung vor. Damit gelangte die Sowjetunion an dringend benötigte Devisen und gleichzeitig an die für Modernisierung und Industrialisierung benötigten Rohstoffe und Güter.³⁰ Die Ölexporte aus der UdSSR lagen preislich unter dem durchschnittlichen Marktpreis und erschienen daher sowohl für die westeuropäischen Länder als auch für die Entwicklungsländer der „Freien Welt“ wirtschaftlich attraktiv. Hinzu kam, dass die sogenannten Barter-Deals, also der Tausch von Öl gegen anderen Güter, Wachstumsmöglichkeiten in der Exportwirtschaft und die Eröffnung neuer Märkte mit sich brachten. In seinem Bericht über die sowjetische Öloffensive resümierte der Ölexperte Walter Levy daher: „Thus, the Soviets have strong economic incentives to expand their oil export, while various governments and business enterprises in the Free World feel that imports of Soviet oil also serve their own individual interests.“³¹ Neben den ökonomischen Vorteilen standen hinter der Öloffensive auch politische Motivationen, die durch den Kalten Krieg zu erklären sind. Die Abhängigkeit der Importländer erhöhte den Einflussbereich der Sowjetunion und schuf neue Möglichkeiten, Öl als politisches Druckmittel einzusetzen. Gleichzeitig entsprach die Öloffensive der allgemeinen außenpolitischen Strategie der Sowjetunion, die Kooperation mit einzelnen Ländern des Westens zu stärken, allerdings bewusst nicht mit allen. Dadurch sollte die Allianz innerhalb der NATO gestört werden, um das westliche Bündnis zu schwächen.³²
Vgl. o.V., An Achilles Heel in Soviet Oil Export Drive, in: Petroleum Intelligence Weekly, 06.04. 1964. Vgl. Stent, Wandel, S. 87. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 84 f.; Klinghoffer, Soviet Union, S. 60 f. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy, Walter, Perspectives on Western Policy Toward the Soviet Oil Effort, Januar 1963. Vgl. Bösch, Diplomacy, S. 167 f.; Jentleson, Pipeline, S. 84.
114
4 Öl im Kalten Krieg
Ein weiteres politisches Ziel der Öloffensive, das insbesondere den Handel mit den Entwicklungsländern betraf, lag in der Expansion des sowjetischen Einflussbereiches. So betont Klinghoffer, dass die Ölexporte in afrikanische, asiatische und südamerikanische Länder für die UdSSR wirtschaftlich wenig lukrativ waren und daher vornehmlich politischen Zielen dienten: „The Soviets see a close correlation between oil and power and generally do not draw distinctions between the roles of privately-owned companies and Western governments.“³³ Die Sowjetunion erhoffte sich demnach, die Majors aus entsprechenden Märkten zu verdrängen und damit gleichzeitig den westlichen Einfluss zu reduzieren. So bewertete es auch der Regional Coordinator for the Western Hemisphere Robert Belgrave von BP in einem Brief im Dezember 1962 an den Deputy Chairman von BP Eric Drake: „The problem in the underdeveloped countries is difficult from Europe. Since they cannot be source of hard currencies or machinery, Soviet motives in offering them oil must be mainly political. […] What mainly seems to attract them [die Entwicklungsländer; W. G.] is the desire to escape from ‚economic colonialism‘.“³⁴
Die Ölexporte wurden auch im ideologischen Kampf um die Vorherrschaft der Systeme genutzt. Die günstigen Preise für das sowjetische Öl sollten den Entwicklungsländern verdeutlichen, dass die „kapitalistischen Ölgesellschaften des westlichen Systems“ Wucher betrieben und ihre Gewinne auf Kosten der Länder steigerten.³⁵ In diesem Zusammenhang betrieb die Sowjetunion auch in den Staaten des Mittleren und Nahen Ostens eine öffentliche Offensive und propagierte einen imperialen Neokolonialismus der Majors, die ihre Gewinne auch auf Kosten der ölexportierenden Länder erhöhen würden.³⁶ Die Sowjetunion nutzte das Ölgeschäft auch dafür, das internationale Prestige sowjetischer Produkte zu erhöhen. So berichteten die nationalen Medien mit Stolz über die Exporte, „pointing to the fact that the West Europeans had turned to the communist world’s reliable suppliers to solve their energy problems“³⁷. Damit ging auch der Wunsch der UdSSR einher, sich nach außen und innen als führende industrielle Wirtschaftsmacht zu präsentieren.³⁸
Klinghoffer, Soviet Union, S. 4. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Letter from Robert Belgrave to Sir Erik Drake, 06.12.1962. Vgl. Greiner, Wirtschaft, S. 16; Klinghoffer, Oil, S. 4. Vgl. ebd., S. 6; Odell, Oil and World Power, S. 66. Högselius, Gas, S. 222. Vgl. Greiner, Wirtschaft, S. 16 f.
4.1 Die sowjetische Öloffensive
115
Die wissenschaftliche Bewertung der sowjetischen Öloffensive fällt unterschiedlich aus. Ältere Studien wie die von Klinghoffer betonen überwiegend die politischen Ambitionen der Sowjetunion und ordnen die Ölexporte in diese Strategie ein. Demnach war die Öloffensive vor allem politisch motiviert – wenn auch mit wünschenswerten ökonomischen Vorteilen verbunden. Neuere Forschungen schließen sich allerdings Walter Levy an. Die Motive der Ölexporte seien mindestens gleichbedeutend, wenn nicht sogar vorherrschend ökonomisch gewesen. So hat Per Högselius in seiner Studie zum Red Gas, den sowjetischen Gasexporten, gezeigt, dass die Sowjetunion die Offensive zwar zum Teil politisch im Kampf um das bessere System nutzte. Es sei der UdSSR allerdings nur untergeordnet darum gegangen, ein politisches Druckmittel zu etablieren. Vielmehr habe der Ausgleich ökonomischer Defizite im Vordergrund gestanden.³⁹
Charakteristika des sowjetischen Exportgeschäfts Die Struktur des sowjetischen Exportgeschäfts prägten zwei zentrale Bedingungen: die Preispolitik und die bilateralen Verträge. Mit der Expansion des sowjetischen Ölhandels seit Mitte der 1950er-Jahre sanken die durchschnittlichen Exportpreise kontinuierlich.⁴⁰ Allerdings wiesen die Preise eine Varianz auf, die sich vor allem am Importland orientierte: Innerhalb der protektionistischen Märkte des sowjetischen Herrschaftsbereichs fielen sie höher aus als in Ländern außerhalb davon. Levy gibt in seiner Studie an, dass der Preis für Japan, welches von allen Ländern am wenigstens für sowjetisches Öl zahlte, im Jahr 1960 bei 1,34 Dollar pro Barrel lag und Italien durchschnittlich 1,41 Dollar pro Barrel Rohöl zahlte. Im gleichen Jahr lag der durchschnittliche Preis für Ungarn bei 3,06 Dollar pro Barrel, China zahlte 2,92 Dollar und der Preis für Ostdeutschland belief sich auf 2,69 Dollar und lag damit deutlich höher als der für die Bundesrepublik. Die nicht kommunistischen Länder zahlten in der Phase der sowjetischen Öloffensive demnach mehr als 50 % weniger für das Öl aus der UdSSR als die Satellitenstaaten (Tabelle 3).⁴¹ Länder wie zum Beispiel Finnland oder Island, die zwar nicht als Satellitenstaaten galten, aber deren Ölversorgung frühzeitig überwiegend von der
Vgl. Högselius, Gas. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 85. Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy, Walter, Perspectives on Western Policy Toward the Soviet Oil Effort, Januar 1963.
116
4 Öl im Kalten Krieg
Sowjetunion abhing, zahlten ebenfalls einen höheren Preis für die Importe als andere westliche Länder.⁴² Tabelle 3: Durchschnittliche Importpreise für sowjetisches Rohöl zwischen 1955 und 1964 (in $/ Barrel)a) Durchschnittspreis für sowjetisches Rohöl
in andere kommunistische Länder in nicht kommunistische Länder
, ,
, ,
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, ,
a)
Ebel, Trade, S. 58 f.
Auch die Preispolitik gegenüber den Entwicklungsländern variierte. Staaten, die der Sowjetunion oder dem Kommunismus näher standen, zahlten in der Regel höhere Preise als Länder, die dem NATO-Bündnis zugewandt oder neutral waren. Dies lässt sich besonders gut anhand von Kuba nachweisen, das nach seiner Annäherung an die Sowjetunion deutlich höhere Preise für Öl aus der UdSSR zahlen musste als zuvor.⁴³ Klinghoffer gibt an, dass die Preise, die Entwicklungsländer für sowjetisches Exportöl zahlen mussten, in den 1960er-Jahren zum Teil um bis zu 73 % je nach Land variierten.⁴⁴ Neben der starken national orientierten Differenzierung der Preispolitik war die sowjetische Öloffensive durch eine Unterbietungstaktik geprägt. So lag der Preis für sowjetisches Öl in Mitgliedstaaten der NATO unterhalb anderer Angebote auf dem jeweiligen Markt. In einem geheimen Bericht des britischen Ministry of Power hieß es dazu: „It is easy to demonstrate that Soviet crude prices are usually well below the lowest prices for non-Bloc oil, and to an extent beyond what could be explained away by the necessity to ‚meet competition‘.“⁴⁵ Die Zahlen von Platts Oilgram vom 7. November 1961 bestätigen diese Annahme. Der Bericht gab an, dass der durchschnittliche Importpreis für sowjetisches Rohöl in Westdeutschland zwischen Januar und September 1961 bei 1,72 Dollar pro Barrel und das nächstniedrigste Angebot bei 2,12 Dollar lag, während der Durchschnittspreis auf dem Markt 2,56 Dollar pro Barrel betrug.⁴⁶ Diese Art
TNA, FO 371/172535 – 42, Secret Paper by an Economic Intelligence Working Party, Soviet Bloc Oil Export Policy, Januar 1963. Vgl. Odell, Oil, S. 66. Vgl. Klinghoffer, Soviet Union, S. 87. TNA, FO 371/172535 – 42, Secret Paper by an Economic Intelligence Working Party, Soviet Bloc Oil Export Policy, Januar 1963. Vgl. ebd.
4.1 Die sowjetische Öloffensive
117
der Preispolitik weist auf politische Ambitionen hin.⁴⁷ Es liegen aber auch systembedingte Gründe vor, die diese Preispolitik überhaupt ermöglichten. Wichtigstes Merkmal war die mächtige Rolle des Staates. Der Ölexport war stark zentralisiert und lag in den Händen der sowjetischen Regierung. Die Handlungsmotive des kommunistischen Wirtschaftssystems der UdSSR können nicht mit denen privater Wirtschaftssubjekte gleichgesetzt werden und waren nicht an die Gesetze eines freien Marktes gebunden. Das Profitstreben und die Gewinn- und Verlustrechnungen folgten anderen Regeln. Die Majors setzten Ressourcen mit dem Ziel der Gewinnmaximierung und gemäß dem Gebot Preis = Grenzkosten ein. Demgegenüber folgte die planwirtschaftlich ausgerichtete Sowjetunion der Regel, dass Ressourcen eingesetzt wurden, bis der Gewinn = 0 war, was einem höheren Einsatz von Ressourcen entspricht.⁴⁸ So konnte die Sowjetunion jeden Preiskrieg gewinnen, während bei privaten Ölkonzernen eine natürlich Grenze für Verlustgeschäfte existierte. Die privatwirtschaftlichen Unternehmen strebten vor allem hohe Gewinne an. Die Sowjetunion bewertete hingegen Transaktionen bereits dann als profitabel, wenn ihre Realisierung einen höheren Wert erbrachte als die marginalen Kosten. Darüber hinaus erhielt die UdSSR zum Teil Bedarfsgüter als Gegenleistung für ihre Exporte, deren Wert nur schwierig zu messen ist.⁴⁹ Die niedrigen Exportpreise für Öl lagen auch darin begründet, dass die Produktionsfaktoren in der Sowjetunion sich als günstig erwiesen: „The oil produced for export apparently involves relatively low real labour and capital cost per dollar of export value, compared with most other commodities the Soviets could offer in world trade.“⁵⁰ Darüber hinaus verfügte die Sowjetunion über eine große Ressourcenbasis mit steigenden Margen, die den Eigenbedarf des Landes überstieg und daher für den Export zur Verfügung stand. Vorteilhaft auf die Kostenstruktur wirkte sich auch aus, dass die UdSSR im Vergleich zu den privaten Ölkonzernen keine Royalties oder andere Steuerzahlungen leisten musste.⁵¹
Vgl. Stent, Wandel, S. 89. Vgl. zum Wirtschaftssystem der Sowjetunion z. B. Allen, Farm to Factory. Vgl. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy, Walter, Perspectives on Western Policy Toward the Soviet Oil Effort, Januar 1963; TNA, POWE 61/15 – 22, Report Soviet Export Practise, 23.02.1961. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy, Walter, Perspectives on Western Policy Toward the Soviet Oil Effort, Januar 1963. Vgl. TNA, FO 371/172535 – 42, Secret Paper by an Economic Intelligence Working Party, Soviet Bloc Oil Export Policy, Januar 1963.
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4 Öl im Kalten Krieg
Den Ölexport regelte die Sowjetunion über bilaterale Handelsverträge. Dabei verhandelte sie mit dem jeweiligen Importland über feste Lieferzeitspannen und Importquoten. Für den Vertrag gab es zwei Möglichkeiten. Einige Staaten importierten das Öl direkt und organisierten selbst die Weitergabe an entsprechende Unternehmen für den Downstream-Bereich. Die andere Variante sah vor, dass die Sowjetunion die entsprechenden Agenten selbstständig koordinierte. Aufgrund der niedrigen Preise erwiesen sich die sowjetischen Ölexporte vor allem für unabhängige Unternehmen der Raffination und Vermarktung als attraktiv. Zum Teil handelte die Sowjetunion auch direkt mit den jeweiligen Staatsunternehmen der Importländer, so zum Beispiel im italienischen Fall mit der ENI.⁵² Die Majors lehnten es ab, mit der Sowjetunion Handel zu betreiben und das sowjetische Öl zu verarbeiten oder zu vertreiben.⁵³ 1961 erfolgten 62 % der Vermarktung des sowjetischen Exportöls über Staatsunternehmen und 34 % über Independents.⁵⁴ In den Importländern, deren Ölgeschäft vorwiegend die Majors organisierten, versuchten die Regierungen daher zum Teil, Druck auf die Sieben Schwestern auszuüben, mit dem sowjetischen Importöl zu handeln. Dies war zum Beispiel in Indien, aber auch in Finnland der Fall.⁵⁵ Die Strategie der niedrigen Preise erleichterte der Sowjetunion den Markteintritt. Levy weist daraufhin, dass restriktive Handelspolitiken im Kontext des Kalten Krieges und die Verweigerung der Majors, sowjetisches Öl zu handeln, die Preispolitik der UdSSR noch begünstigt hätten, denn mit den niedrigen Preisen sei die Attraktivität ihres Öls für Konsumentenstaaten sowie unabhängige Unternehmen gestiegen.⁵⁶ Daneben erwiesen sich die Zahlungsoptionen der bilateralen Verträge für viele Importländer als lukrativ. Die Sowjetunion akzeptierte einen Austausch von Öl gegen Devisen oder Waren. Güter aus Westeuropa hatten dabei einen besonders hohen Wert, da es sich zumeist um verarbeitete Produkte und Halbfertigwaren handelte, die die UdSSR selbst nicht herstellte und deren reale Import-
Vgl. Cantoni, Breach, S. 182 f. Vgl. o. V., Soviet Oil: Not So Many Willing Buyers, in: Financial Times, 01.11.1962. Vgl. Jensen-Eriksen, Soviet Oil Offensive, S. 350; TNA, FO 371/172535 – 42, Secret Paper by an Economic Intelligence Working Party, Soviet Bloc Oil Export Policy, Januar 1963. Vgl. Jensen-Eriksen, Soviet Oil Offensive, S. 350 f.; NARA, RG 59, Entry CFD 1960 – 1963, Box 2637, Memo: Pressures on American Oil Companies to Accept Soviet Petroleum Products, 26.05. 1960. Vgl. Klinghoffer, Soviet Union, S. 87; Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy, Walter, Perspectives on Western Policy Toward the Soviet Oil Effort, Januar 1963.
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kosten sehr hoch waren. Die Möglichkeit, den Ölimport in Gütern zu bezahlen, erwies sich insbesondere auch für Entwicklungsländer als vielversprechend. Diese Staaten verfügten selten über ausländische Währungen, vor allem Dollar, mit denen das Öl normalerweise bezahlt wurde. Zum Teil ermöglichte die Sowjetunion sogar eine Bezahlung des Öls in der lokalen Währung des jeweiligen Landes: „The apparent cheapness of Soviet oil, together with Soviet readiness to buy surplus local production and to accept payment in local unconvertible currencies, make the oil very attractive to many countries.“⁵⁷
4.2 Das russische Öl als externer Schock Die sowjetische Öloffensive traf die Majors in einer Phase vielfältiger Probleme. Durch die starke Expansion ihrer internationalen Explorationstätigkeiten seit Ende des Zweiten Weltkrieges hatten die Unternehmen innerhalb kurzer Zeit große Ölquellen erschlossen und massive Produktionsprogramme initiiert. In Anbetracht der rasant steigenden Nachfrage in den westlichen Industrienationen schienen diese Investitionen aus Sicht der Unternehmen profitabel.⁵⁸ Ende der 1950er-Jahre überstieg die Förderung allerdings die Nachfrage. Das hing unter anderem mit großen Ölfunden in Nordafrika zusammen.⁵⁹ Die sowjetischen Exporte erhöhten die auf dem internationalen Markt verfügbaren Mengen weiter und verstärkten das Überangebot.⁶⁰ Darüber hinaus sahen sich die Majors seit Ende der 1950er-Jahre zunehmend mit der Konkurrenz von unabhängigen Unternehmen konfrontiert. Die steigende Nachfrage führte zu zahlreichen Neugründungen von unabhängigen Vermarktungs-, Raffinations- und Explorationsfirmen. Gleichzeitig forcierten die westlichen Industrienationen mit steigender Abhängigkeit vom Öl den Trend zur Gründung oder Stärkung nationaler Ölkonzerne.⁶¹ Socal beschrieb die aktuelle Situation in seinem Geschäftsbericht 1961 folgendermaßen: „New oil fields recently discovered abroad by various companies are now coming into production, contributing to over-supply in foreign markets. Meanwhile, new international oil
Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy, Walter, Perspectives on Western Policy Toward the Soviet Oil Effort, Januar 1963. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuel and Energy 1953 – 1964, Box 35, Folder: Shell, Paper by Shell International Petroleum Company, 23.10.1961. Vgl. Petrini, Imperi, S. 173 f. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 101. Vgl. Cantoni, Breach, S. 181.
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companies are stepping up their production and pressing for market outlets, further aggravating the supply imbalance.“⁶² Die unabhängigen Unternehmen machten den Ölexportstaaten zum Teil bessere Gewinnbeteiligungsangebote bei der Vergabe von Konzessionen. Beispielhaft sei an dieser Stelle erneut Libyen genannt. Die Konzessionsstruktur in Libyen entwickelte sich weitaus differenzierter als die der traditionellen Produzentenländer wie etwa in Saudi-Arabien. So vergab Libyen von Anfang an Konzessionen auch an die Independents.⁶³ Neben dem Überangebot auf dem Markt und dem Auftreten der Independents entstanden zunehmend Konflikte zwischen den Majors und den ölexportierenden Ländern. Die Verhandlungen zwischen Unternehmen und Produzentenstaaten drehten sich überwiegend um Gewinnbeteiligungen und Produktionserhöhungen. Die meisten Länder drängten auf eine Steigerung der eigenen Produktion, um ihre Einnahmen zu erhöhen. Gleichzeitig forderten sie immer wieder eine Erhöhung des Posted Price auf dessen Grundlage sich die Abgaben der Unternehmen pro Barrel Öl berechneten (siehe Kap. 5.1). In dieser komplexen Gemengelage stellte die sowjetische Öloffensive für die Sieben Schwestern einen externen Schock dar, der im Zusammenspiel mit den anderen Faktoren ganz spezifische Probleme hervorbrachte.
Überangebot und Preise Die sowjetischen Ölexporte führten dazu, dass auf dem Ölmarkt mehr Öl als zuvor von den Sieben Schwestern angenommen zur Verfügung stand. So betonte auch Ölexperte Levy 1963, „the Free World certainly doesn’t need Soviet oil to meet its requirements“⁶⁴. Das bereits bestehende Überangebot verschärfte sich durch das zusätzliche Öl und ein Marktpreisverfall bedrohte die Gewinne der Unternehmen. Um dies zu verhindern, griffen die Majors auf eine kostensenkende Maßnahme zurück, die weitreichende Konsequenzen nach sich zog. Bereits im Februar 1959 reduzierten die Unternehmen gemeinschaftlich den Posted Price um 18 %. Dies bedeutete für die Ölexportländer Einnahmeeinbußen von circa 10 %. Im August 1960 entschied sich Exxon aufgrund des anhaltenden Überangebots dazu, den Posted Price um weitere 10 % zu senken und damit erneut die Abgaben an die Produzentenländer zu verringern (siehe Tabelle 4). Die anderen Majors schlossen Socal, Annual Report, To the Stockholders, 1961. Vgl. Petrini, Imperi, S. 186 f. Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy, Walter, Perspectives on Western Policy Toward the Soviet Oil Effort, Januar 1963.
4.2 Das russische Öl als externer Schock
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sich der Politik Exxons an.⁶⁵ Shell erklärte dies in seinem Geschäftsbericht mit ökonomischen Gründen: „It was intended that sales of crude would normally be at, or near, posted prices […]. However, a situation has been gradually developing in which the prices at which sales of crude oil are made in world markets have increasingly been below the level of posted prices […]. In these circumstandes a decision to change posted prices downwards would be appropriate, on the grounds that they have ceased to conform to the prevailing economic conditions as manifested by the prices at which crude oil business is transacted to world markets between non-affiliated companies and at which oil products are sold to the consumer.“⁶⁶
Die Ölexportstaaten Iran, Irak, Kuwait, Saudi-Arabien und Venezuela reagierten auf die Senkung des Posted Prices im September 1960 mit der Gründung der OPEC.⁶⁷ Die sowjetischen Exporte beeinflussten demnach indirekt die Beziehungen zwischen den Majors und den ölexportierenden Staaten. Dass die Produzentenländer durch die Formierung einer gemeinsamen Organisation höhere Forderungen stellten, war aus Sicht der Unternehmen nicht wünschenswert. Darüber hinaus beschränkte das sowjetische Öl die Möglichkeiten der Sieben Schwestern, den Ölexportländern bei dem Wunsch der Produktionssteigerung entgegenzukommen, sodass sich auch diesbezüglich das Konfliktpotenzial erhöhte. Neben dem sich verstärkenden Überangebot und dessen Folgen erwies sich auch die Preispolitik der Sowjetunion für die Sieben Schwestern als problematisch. Die Preise, zu denen die UdSSR ihr Öl auf dem Markt anbot, lagen deutlich unter dem Durchschnitt. Die Unternehmen selbst begründeten ihre eigenen Preise damit, dass sie im Vergleich zur Sowjetunion deutlich höhere Kosten zu tragen hätten und in alle Bereiche des Ölgeschäfts investierten. In einem Gespräch mit dem State Department erklärte Wolf Greeven von Exxon die Schwierigkeit: „Jersey […] can not compete with $1 per Barrel oil at the Black Sea. This would give a net back of only 69 cent at the Persian Gulf which is approximately the amount the company has to pay host governments.“⁶⁸ Neben den Preisen stellten auch die Handelsbedingungen der Sowjetunion ein Problem für die Majors dar. Das Angebot der Sowjetunion, Öl mit Waren zu bezahlen, verschuf den Unternehmen
Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 150. Shell, Annual Report, The Royal Dutch/Shell Group of Companies in 1961, 1961. Vgl. Garavini, Decolonization, S. 476 f.; Sampson, Schwestern, S. 160. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: NATO Ad Hoc Study Group on Soviet Oil Policy 1961, Confidential Memo of Conversation (State Department and Exxon), 16.03.1961.
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einen Wettbewerbsnachteil, da diese Art des Handels für die privatwirtschaftlichen Konzerne kaum möglich war.⁶⁹
Stärkung der Independents Alle sieben Majors weigerten sich zunächst, mit der Sowjetunion zu kooperieren. Sie lehnten es ab, russisches Öl weiterzuverarbeiten und zu vermarkten.⁷⁰ Hintergrund war einerseits die eigene Rohstoffbasis der Unternehmen. Andererseits wollten die Majors eine weitere Erhöhung des Angebots auf dem Ölmarkt verhindern. Neben diesen situationsbedingten Gründen lag eine weitere Ursache in der Verstaatlichungserfahrung von 1917. Die fehlenden Kompensationen führten etwa bei Exxon zu einer allgemeinen Leitlinie, dass das Unternehmen zukünftig nicht wieder mit einem Land Handel betreiben würde, das ehemals Verstaatlichungen durchgeführt hatte.⁷¹ Als Lenin zu Beginn der 1920er-Jahre erneut in die Ölwirtschaft investierte und im Rahmen dessen eine Kooperation mit ausländischen Firmen anstrebte, initiierte Exxon das sogenannte „London Memo“-Abkommen. Am 4. Juli 1922 vereinbarten 15 Unternehmen, darunter auch die sechs anderen Majors, dauerhaft eine Zusammenarbeit mit Russland abzulehnen.⁷² Diese Politik setzte sich – mit einigen Ausnahmen – auch nach dem Zweiten Weltkrieg fort und hatte für die Majors zum Teil weitreichende Konsequenzen. In Kuba spitzte sich die Situation im Sommer 1960 zu. Die in Kuba aktiven Unternehmen hielten dem Druck der neuen Regierung unter Fidel Castro stand und lehnten die Verarbeitung des russischen Öls ab.⁷³ Texaco wies in seinem Geschäftsbericht auf die Folgen hin: „On June 29, 1960, the Castro government confiscated our Cuban properties when we refused to process Russian crude oil in the Company’s refinery at Santiago de Cuba. This seizure of these assets was a flagrant violation of international law and our rights under contract.“⁷⁴
Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: NATO Ad Hoc Study Group on Soviet Oil Policy 1961, Memo of Conversation (State Department and Socal), 10.02.1961. O.V., Oil Firms Won’t Market Soviet Oil – Voluntarily, in: Petroleum Intelligence Weekly, 11.03. 1963. Vgl. Wall, Growth, S. 325. Vgl. Jensen-Eriksen, „Red Oil“, S. 118; Jentleson, Pipeline, S. 102. Vgl. NARA, RG 59, Central Foreign Policy File 1960 – 1963, Box 2637, Memo: Pressures on American Oil Companies to Accept Soviet Petroleum Products, 26.05.1960; Wall, Exxon, S. 332. Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1960.
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Neben diesen Konsequenzen führte die Politik der Majors gegenüber der Sowjetunion auch zu Vorteilen für die unabhängigen Unternehmen und Staatskonzerne. Da die Sieben Schwestern es ablehnten, das russische Öl zu vertreiben, waren sowohl die Sowjetunion als auch die Importländer auf die Zusammenarbeit mit den Independents angewiesen. Insbesondere nicht vertikal integrierte Unternehmen mit fehlender eigener Rohstoffbasis sahen in den sowjetischen Ölexporten ein attraktives Geschäft.⁷⁵ Rohöl aus Russland konnte zu günstigen Preisen erworben und nach der Weiterverarbeitung zu günstigen Preisen vertrieben werden. Dies erhöhte ebenfalls die Preiskonkurrenz auf dem Markt für Ölprodukte.⁷⁶ Gleichzeitig ermöglichte es einigen Independents die zum Teil langersehnte Unabhängigkeit von den Sieben Schwestern. Viele der Unternehmen waren auf die vertikal integrierten Strukturen der Majors in bestimmten Bereichen des Ölgeschäfts, wie etwa der Versorgung mit Rohöl, angewiesen. Das russische Öl verschuf den Firmen demnach nicht nur die Möglichkeit, Rohöl günstiger zu beschaffen, sondern auch unabhängiger von ihrer Konkurenz, den Majors, zu werden.⁷⁷ Länder, die Handelsverträge mit der UdSSR abschlossen, versuchten zunächst Druck auf die vor Ort tätigen Majors auszuüben. War dies nicht erfolgreich, arbeiteten sie ebenfalls mit Independents oder staatlichen Unternehmen zusammen.⁷⁸ Insgesamt führte die sowjetische Öloffensive daher zu einer Stärkung der Independents. Damit erhöhte sich die Konkurrenz für die Majors auf dem Weltölmarkt, was nicht in ihrem Interesse lag.
Propaganda Die sowjetische Öloffensive umfasste nicht nur die Exporte, sondern diente auch als ein Instrument, um den kommunistischen Einfluss in der Welt zu erhöhen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges konkurrierten die Sowjetunion und die westlichen Verbündeten, insbesondere die USA, um den Einfluss in den Entwicklungsländern.⁷⁹ Dies betraf vor allem auch die Ölexportstaaten des Mittleren und
Vgl. Cantoni, Breach, S. 181 f.; NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy, 1953 – 1964, Box 36, Folder: Energy, Memo of Conversation (State Department and French Embassy), 27.02. 1961. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 102. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 4, Briefing Confidential „ENI and Matteism“, 19.07.1962. Vgl. Jensen-Eriksen, Soviet Oil Offensive, S. 349 f. Vgl. Greiner, Wirtschaft, S. 21 f.
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Nahen Ostens.⁸⁰ Die Sieben Schwestern spielten in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Insbesondere die US-Regierung sah in der Präsenz der US-Majors in den Ölexportstaaten eine wichtige Vertretung des Westens vor Ort und unterstützte die Unternehmen in diesem Zusammenhang aktiv.⁸¹ Die von den Majors dominierte Ölindustrie wurde daher zum Teil als „american invention“⁸² wahrgenommen. Neben der Bedrohung der Majors durch Preispolitik und Barter-Deals propagierte die Sowjetunion in den Entwicklungsländern, die Majors würden einen Neokolonialismus betreiben.⁸³ Insbesondere in den Ölexportstaaten proklamierte die UdSSR, dass mehr als die Hälfte der kapitalistischen Profite, die der Westen in Entwicklungsländern erzielte, aus dem Ölgeschäft gewonnen würde. Der President von Shell Jonkheer J. H. Loudon beschrieb die Situation 1962 bei einem öffentlichen Auftritt in den USA wie folgt: „The Communists in the past two years have been advancing with increasing vigor the theme of neo-colonialism in emerging countries: the argument that while the colonialists may seem to move out politically, they will come back by means of economic penetration.“⁸⁴ Durch diese Art der Propaganda befürchteten die Majors ein erhöhtes Konfliktpotenzial mit den Ölexportstaaten und sahen ihren Einfluss sowie ihre Konzessionen bedroht. Darüber hinaus schürte diese Form der Propaganda auch das Misstrauen der ölimportierenden Entwicklungsländer den Unternehmen gegenüber. Hier mussten sich die Majors für ihre Ölpreise rechtfertigen, die deutlich höher ausfielen als die der Sowjetunion, was dem propagandistischen Bestreben der Sowjetunion in die Hände spielte.⁸⁵
Unsicherheit Die verschiedenen Elemente der sowjetischen Öloffensive bedrohten die unternehmerischen Ziele der Majors in unterschiedlichen Bereichen. Die Konkurrenz aus Russland war für die Konzerne nicht unbedingt vorhersehbar gewesen. Sie störte die Handelsroutinen der Sieben Schwestern in einer Phase, die bereits
Vgl. Klinghoffer, Soviet Union, S. 238; Odell, Oil, S. 65. Vgl. Kaufman, Arab Middle East, S. xvi. Odell, Oil, S. 23; siehe auch Klinghoffer, Oil, S. 4 f.; Wall, Growth, S. 347; Walter J. Levy Papers, American Heritage Center, University of Wyoming, Collection Number 08428, Box 61, Levy,Walter, Perspectives on Western Policy Toward the Soviet Oil Effort, Januar 1963. Vgl. Ebel, Trade, S. 53 f. Zitiert nach Jablonski,Wanda M., Fighting with One Hand Tied Behind the Back, in: Petroleum Intelligence Weekly, 12.03.1962. Vgl. Odell, Oil, S. 57.
4.2 Das russische Öl als externer Schock
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durch mannigfaltige andere Herausforderungen geprägt war. Die Exporte aus Russland beeinflussten die Preise und damit auch die Gewinne der Unternehmen. Gleichzeitig sahen die Sieben Schwestern ihre Position in den Import- und Exportländern in Gefahr. Neben diesen konkreten Problemen war für die Firmen allerdings vor allem die Unsicherheit, die der Eintritt der UdSSR in den Weltölmarkt mit sich brachte, ein zentraler Faktor. Die Majors verfügten zunächst weder über zuverlässige Informationen über die Höhe der Ölreserven der UdSSR, noch schienen sie in der Lage, das Verhalten der sowjetischen Regierung vollständig ein- und abschätzen zu können. Gleichzeitig fehlten ihnen Einflussmöglichkeiten auf das Handeln der UdSSR. Diese Situation führte bei den Konzernen zu einem hohen Maß an Unsicherheit. Wall spricht sogar von einer nervösen Angst: „Quite properly, Western oil companies and their leaders were alarmed; they had made tremendous investments in Europe and the Middle East after World War II, and now they saw all earlier plans and prospects put in jeopardy by the unsuspected moves of Russia.“⁸⁶ Die Majors erkannten einen direkten Zusammenhang zwischen dem Kalten Krieg und der sowjetischen Öloffensive und mussten damit rechnen, dass eine politische Zuspitzung oder Radikalisierung indirekt auch auf ihr Geschäft Einfluss haben könnte. Geichzeitig machten sie die Erfahrung, dass nicht alle Länder des NATO-Bündnisses die Agenda des Kalten Krieges strikt verfolgten, sondern mit steigendem Ölbedarf sich auch die Bereitschaft erhöhte, mit dem eigentlichen „Feind“ Handel zu betreiben. Die Ölgesellschaften konnten nicht abschätzen, welches Ausmaß die Exporte aus Russland annehmen würden. Diese Unsicherheit verstärkte sich dadurch, dass die Majors davon ausgingen, dass die Sowjetunion gegebenenfalls bereit sei, den heimischen Konsum zu drosseln, um dem Westen zu schaden. So hieß es etwa im jährlichen Geschäftsbericht von Texaco im Jahr 1962: „But Soviet oil is not being marketed in a normal competitive way. The Soviet has been selling its oil at low prices in selected countries while restricting consumption in its own land and exacting exorbitant prices from it’s satellite countries.“⁸⁷ Die Unsicherheit der Majors potenzierte sich, als die Sowjetunion ankündigte, ihr Transportwesen für Öl durch den Bau von Pipelines zu modernisieren. Das Rohöl der UdSSR wurde bis dahin überwiegend mit Eisenbahnen transportiert. Bruce Jentleson gibt an, dass eine vollständige Umstellung auf Pipelines die Transportkosten um bis zu 70 % gesenkt hätte.⁸⁸ Die Majors mussten daher damit
Wall, Growth, S. 342. Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1962. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 86.
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rechnen, dass die Sowjetunion ihre ohnehin schon günstigen Produktionskosten durch die Modernisierung des Transportsystems weiter reduzieren konnte und sich damit in die Lage versetzte, Exportöl zukünftig zu noch günstigeren Preisen anzubieten. Darüber hinaus betrafen die Pläne der Sowjetunion vor allem die Belieferung Europas, das durch die Pipelines deutlich schneller mit Öl aus Russland überschwemmt werden könnte, so die Angst der Majors.⁸⁹
4.3 Reaktionen und Strategien der Majors Die sowjetische Öloffensive stellte aus den beschriebenden Gründen einen externen Schock für die Sieben Schwestern dar. Es ist zu fragen, wie die Unternehmen darauf reagierten und wie sie mit den neuen Herausforderungen umgingen. Im Folgenden wird daher untersucht, welche Strategien die Majors entwickelten, um ihre Position auf dem Markt im Kontext der sowjetischen Ölexporte zu sichern.
4.3.1 Orientierung Die US-Konzerne und Exxons Kampagne Exxon lernte frühzeitig, mit der Schnelllebigkeit des Ölmarktes und politischen Eingriffen umzugehen und war sich bewusst, dass einzelne lokale Ereignisse wie zum Beispiel die Entdeckung von Ölfeldern kurzfristig die internationalen Marktkonstellationen verändern konnten. Dies betonte auch President Monroe Jackson Rathbone 1961 auf einer Pressekonferenz: „I think we are in a period of changes, yes, but the history of our industry is one of change.“⁹⁰ Die Erfahrung, dass Russland mit seinen immensen Ölreserven eine große Konkurrenz sein konnte, machte das Unternehmen bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts.⁹¹ Durch die Verstaatlichung hatte Exxon außerdem bereits 1917 die politische Maxime des kommunistischen Systems zu spüren bekommen. Beide Faktoren führten dazu, dass der US-Konzern besonders empfindlich auf die Sowjetunion reagierte und die dortigen Entwicklungen genau verfolgte. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verstärkte Exxon seine Beobachtungen und fertigte in regelmäßigen Ab-
Vgl. Wall, Growth, S. 340. O.V., Rathbone Says Government Action against Russia Needed, in: Oil and Gas Journal, 20.11. 1961. Vgl. Tugendhat, Erdöl, S. 54 f.; Karlsch/Stokes, Faktor, S. 22.
4.3 Reaktionen und Strategien der Majors
127
ständen Studien zu den Ölreserven und dem Verbrauch der Sowjetunion an.⁹² Diese frühen Analysen des Unternehmens deuten an, dass Exxon bereits vor der tatsächlichen Öloffensive mögliche Gefahren, die von der Sowjetunion ausgingen, antizipierte. Exxons Bemühungen dienten vornehmlich dazu, die Situation des Landes in Bezug auf Erdöl abschätzen zu können und auf mögliche Aktionen vorbereitet zu sein. Mit der Transformation der Sowjetunion zum Nettoexporteur Ende der 1950er-Jahre und der Verstaatlichung der Unternehmensanlagen in Kuba 1960 erhöhte sich Exxons Alarmbereitschaft und die von Wall konstatierte nervöse Angst setzte ein. Weiterhin galt es, möglichst viele Informationen über die Ölpolitik der Sowjetunion zu sammeln. Im Juli 1960 etablierte Exxon ein Komitee unter der Leitung des späteren Vice President George T. Piercy, das eigens für die Analysen und Bewertungen der sowjetischen Exporte zuständig war.⁹³ Allerdings beschränkte sich Exxon nun nicht mehr nur auf die Sammlung von Daten, sondern agierte zunehmend aktiver. Im August 1960 reisten Vertreter des Unternehmens in die Sowjetunion, um sich vor Ort einen Eindruck zu verschaffen. An der einmonatigen Exkursion einer achtköpfigen Delegation, die Piercy leitete, nahmen auch Vertreter von Mobil, Socal und Shell teil. Im Rahmen der Reise besuchte die Delegation Ölfelder, Produktionsstätten, Raffinerien und Forschungseinrichtungen in der UdSSR. Im September berichteten die Vertreter der Konzerne über die Ergebnisse ihres Aufenthalts. Die Sowjetunion liege in den Bereichen Technologie, Raffination und Marketing weit hinter den USA und Westeuropa zurück. Weiterhin stellte die Delegation Engpässe im Bereich von Pipeline-Equipment, insbesondere von Großröhren, fest.⁹⁴ Allerdings sei auch eine starke Expansion in allen Geschäftsfeldern zu beobachten. Neben der forschrittlichen Ausbildung von Ingenieuren beobachtete die Delegation auch kopierte Technologien aus dem Westen.⁹⁵ Ein Artikel im Oil and Gas Journal wies darauf hin, was die Delegation alles nicht hatte herausfinden können. Die Reise hatte weder Aufschluss über Russlands Intentionen der Export- und Preispolitik noch über die nötigen Zahlen, um zukünftige Entwicklungen abzuschätzen, gegeben. In Bezug auf die Ölreserven schrieb das Oil and Gas Journal: „No one of the group was able to make even an educated guess.“⁹⁶ Auch über die Kostenstruktur der sowjetischen Produktion gewann die Delegation keine Erkenntnisse. Dies galt auch für die heimische Nachfrage: „Keeler [William W. Keeler, President der Philipps Petroleum Com-
Vgl. Wall, Growth, S. 329 f. Vgl. ebd., S. 335 f. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, Memo (McCloy), November 1960. Vgl. o. V., How Three Oil Men Size Up Russia, in: Oil and Gas Journal, 12.09.1960. Ebd.
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pany; W. G.] observed that Russia’s domestic demand is a question mark.“⁹⁷ Die Expedition bestätigte erneut das Problem, das für Exxon und die anderen Majors vorherrschend war: Es lagen keine zuverlässigen Daten über die Ölsituation der Sowjetunion, sondern nur Schätzungen vor. Die fehlenden Informationen erhöhte die Unsicherheit der Unternehmen. Im Rahmen des von Piercy geleiteten Komitees entwickelte Exxon zunehmend auch konkrete Lösungsvorschläge, um die sowjetischen Exporte einzudämmen. Da es keine Einflussmöglichkeiten auf die Angebotsseite, also die Sowjetunion, gab, konzentrierten sich die Strategien vornehmlich auf die Nachfrageseite und damit insbesondere auf Westeuropa. Im März 1961 fanden daher verschiedene Treffen zwischen dem Vorstand von Exxon und den europäischen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften statt. Die Zusammenkünfte dienten einerseits dem Informationsaustausch. Andererseits vermittelte der Vorstand den Tochtergesellschaften die strategische Linie des Unternehmens und animierte sie, eine politische Aufklärungskampagne zu unterstützen: „The company recommended that each affiliate approach the Foreign, Defense, and Economic Ministers of their respective governments urging that Soviet oil imports be kept down to the present percentage.“⁹⁸ Exxon erhoffte sich durch die Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger eine Mäßigung der westlichen Importpolitiken. Dabei betonte das Unternehmen immer wieder, dass bereits ein Einfrieren der gegenwärtigen Importzahlen ausreichen würde, um negative Auswirkungen für die Majors zu verhindern. So erklärte auch Wolf Greeven von Exxon in einem Gespräch mit dem State Department: „The Western companies might be able to perserve their position in the Western European market if Soviet imports were contained at current levels.“⁹⁹ Dass Exxon seine Tochtergesellschaften dazu aufforderte, nicht nur mit politischen Vertretern der Wirtschaftsministerien in Kontakt zu treten, sondern auch mit den Außen- und Verteidigungsministerien zu sprechen, deutet bereits an, dass Exxon seine Argumentationsmuster nicht rein wirtschaftspolitisch ausrichtete. Vielmehr versuchte das Unternehmen, den Zusammenhang zwischen den sowjetischen Exporten und den politischen Konstellationen des Kalten Krieges hervorzuheben und damit die Vertreter der Außen- und Sicherheitspolitik zu erreichen. Dieses äußerte sich auch in Gesprächen von Unternehmensvertre-
Ebd. NARA, RG 59, Record Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, Memorandum of Conversation (State Department and Exxon), 16.03.1961. NARA, RG 59, Record Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, State Department, Memorandum of Conversation (State Department and Exxon), 14.03.1961.
4.3 Reaktionen und Strategien der Majors
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tern mit US-amerikanischen Politikern. Exxon initiierte seit Mitte des Jahres 1960 diverse Treffen mit dem State Department. Bei einem Treffen im November 1960, an dem auch der Undersecretary of State for Political Affairs, Livingston Tallmadge Merchant, teilnahm, ging es vor allem um die russichen Exporte nach Italien. Die Unternehmensvertreter betonten, dass die Öloffensive der UdSSR Herausforderungen verschiedener Natur hervorbringe: „The first were those which related to commerical competition which the company could and would deal with in the normal course of business operations. There were, however, other problems which appearded to the company to be of a purely political nature.“¹⁰⁰ Exxon betonte einerseits, die Handlungsfähigkeit des Unternehmens in Bezug auf die aktuellen Entwicklungen. Andererseits machten die Unternehmensvertreter deutlich, dass durch die Öloffensive politische Probleme entstünden, die staatliches Eingreifen erforderten. Exxon versuchte so, den Fokus auf die politischen Herausforderungen zu lenken, die unabhängig von den Marktbedingungen seien. In Bezug auf Italiens Importe könne Exxon wenig Einfluss nehmen, es wäre jedoch sinnvoll, wenn das State Department mit der italienischen Regierung in Kontakt träte, „to convey the Italian government the view that the Italians had already gone as far as they should with the Soviets“¹⁰¹. Die Unternehmensvertreter signalisierten, dass sie gerne bereit seien, dem State Department in allen Fragen, die die sowjetische Öloffensive betrafen, beratend zur Seite zu stehen und spielten damit auf ein nationales Verantwortungsbewusstsein an. Merchant nahm dankend an und stellte weitere Treffen in Aussicht: „We were, of course, disturbed over the Soviet oil drive and we would need the benefit of the experience and ideas of our international oil companies in deciding what action we, as a government might properly take.“¹⁰² In den folgenden Monaten erreichte Exxons Aufklärungskampagne eine neue Ebene. Zunehmend beteiligten sich die höchsten Vertreter des Unternehmens und der politischen Kreise an den Gesprächen. Zentral waren hierbei die Treffen von Exxons President Rathbone mit der US-Regierung. Als Grundlage für die ersten Gespräche diente ein Bericht, den das von Piercy geleitete Komitee erarbeitet hatte. Der Bericht beschäftigte sich vor allem mit den Problemen, die sich durch die sowjetischen Exporte ergaben. Im Mittelpunkt stand das Argument, dass eine westeuropäische Abhängigkeit von russischen Ressourcen im Kontext des Kalten Krieges politisch riskant sei.¹⁰³ Im März 1961 präsentierte Rathbone den Bericht NARA, RG 59, Central Decimal File, 1960 – 1963, Box 2694, Memorandum of Conversation (State Department and Exxon), Subject: Italian Imports of Soviet Oil, 03.11.1960. Ebd. Ebd. Vgl. Wall, Growth, S. 336 f.
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des Komitees Allen Welsh Dulles, dem Direktor der CIA, und wies daraufhin, dass nur die westlichen Regierungen in der Lage seien, die Gefahr der sowjetischen Exporte einzudämmen.¹⁰⁴ Auch mit Vertretern des State Departments fanden diverse Treffen statt. Im Juli 1961 legte Rathbone den Bericht über die sowjetischen Exporte Dean Rusk vor. Im Gespräch mit dem Secretary of State betonte Rathbone immer wieder, welch zentrale Rolle die USA im Kontext der sicherheitspolitischen Gefahren der sowjetischen Exporte einnehme und wie wichtig es wäre, dass sie die Führung bei der Etablierung einer gemeinsamen Politik des Westens übernehmen würden. Rathbone beschränkte sich allerdings auf diese allgemeinen Vorstellungen und unterbreitete keine konkreten Handlungsvorschläge für die Regierung.¹⁰⁵ Dass an diesen Gesprächen sowohl von Seiten des Unternehmens als auch des Staates die höchsten Vertreter teinahmen, macht deutlich, dass die sowjetischen Ölexporte nicht nur für Exxon eine hohe Priorität besaßen, sondern zunehmend auch politische Aufmerksamkeit erregten. Der President von Exxon beschränkte seine Aufklärungskampagne nicht nur auf die USA, sondern reiste auch nach Europa und suchte das Gespräch mit einigen westeuropäischen Regierungen.¹⁰⁶ Besonders zentral war der Austausch mit Vertretern der britischen Regierung. Im Juni 1961 traf sich Rathbone mit dem Minister of Defence, dem President of the Board of Trade und dem Chancellor of the Exchequer.¹⁰⁷ In den Gesprächen zeigte sich Rathbone verärgert darüber, dass der Westen keine stringente politische Linie in Bezug auf das sowjetische Öl entwickelt und durchgesetzt habe. Exxons President lobte die Politik Großbritanniens, die ein striktes Verbot von sowjetischen Ölimporten vorsah. Rathbone machte überdies deutlich, dass er es für sinnvoll halte, wenn sich die US-Regierung und die britische Regierung austauschten, einen einheitlichen politischen Kurs entwickeln würden und gemeinsam eine führende Position in der Ost-WestHandelspolitk einnähmen. Ähnlich wie in seinen Gesprächen mit der US-Regierung betonte Rathbone die politischen Probleme der sowjetischen Öloffensive. Er machte allerdings auch hier keine konkreten Vorschläge für politische Strategien, sondern empfahl lediglich, die Exporte im gegenwärtigen Rahmen zu halten: „He
Vgl. ebd., S. 339. Vgl. NARA, RG 59, Record Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, Confidential Memorandum from William R. Tyler, State Department to the Secretary, 13.07.1961. Vgl. Wall, Growth, S. 340. Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Memorandum of Conversation, 13.06.1961; TNA, POWE 61/15 – 22, Confidential Notes of Conversation between the Chancellor and the President of the Standard Oil Company (New Jersey), 14.06.1961.
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did not specify, however, what policy he thought ought to be adopted.“¹⁰⁸ Seine Zurückhaltung, konkrete Vorschläge zu formulieren weist auf eine Strategie der indirekten politischen Beeinflussung hin. Rathbone war sich des Misstrauens bewusst, welches insbesondere die US-Regierung den Ölkonzernen entgegenbrachte. Konkrete Handlungsvorschläge hätten nahegelegt, dass diese vor allem den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens dienen sollten. Hier lag er durchaus richtig: Im Vorfeld der Gespräche mit Rathbone warnten britische Regierungsvertreter das Board of Trade und das Ministry of Defence davor, sich auf konkrete Zu- oder Aussagen im Gespräch mit President Rathbone einzulassen: „We know that Standard of New Jersey are engaged in a deliberate campaign to persuade Governments in Europe that Russian oil constitutes a very serious threat against which these governments should take more notion.“¹⁰⁹ Neben den offiziellen Treffen mit Regierungsvertretern fand auch ein informeller Austausch statt. So richtete Rathbone etwa während seines Aufenthalts in London eine Abendveranstaltung mit Politikvertretern und Vertretern der Industrie aus. Auch in diesem Rahmen thematisierte der President immer wieder die sowjetische Öloffensive: „Mr. Rathbone then gave a dissertation on Russian oil, wholly terms of emphasising the dangers and risks and the impossibility of the private companies meeting competition.“¹¹⁰ Darüber hinaus kontaktierte Exxon auch Vertreter internationaler Organisationen wie etwa der NATO, der EWG und der OECD und klärte über die Gefahren der sowjetischen Öloffensive auf. Die regelmäßigen Präsentationen einzelner Ölgesellschaften vor dem Special Committee on Oil der OECD nutzte Exxon beispielsweise auch für dieses Anliegen. Im Juni 1961 präsentierten Unternehmensvertreter neben Nachfrage- und Angebotsentwicklungen die Probleme der sowjetischen Exporte und warnten vor einer steigenden Abhängigkeit der westlichen Welt.¹¹¹ Auch bei den anderen US-Majors lassen sich ähnliche Tendenzen wie bei Exxon nachweisen – wenn auch kein ähnlich systematisches Vorgehen. Bereits im November 1960 initiierte etwa Mobil mehrere Gespräche mit dem State Department. An diesen Treffen nahmen unter anderen der President und Chairman von
TNA, POWE 61/15 – 22, Memorandum of Conversation, 13.06.1961. TNA, POWE 61/15 – 22, Memorandum, Subject: Russian Oil and Mr. Rathbone, 13.06.1961. TNA, POWE 61/15 – 22, Note for the File, A. B. Powell, 14.06.1961. Vgl. Archives Historiques Total, 82.2/1, OECD, Presentations des Groupes Petroliers, Exposé de la Standard Oil Company (New Jersey), 22.06.1961.
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Mobil Albert L. Nickerson und vom State Department Earl Beckner teil.¹¹² Während Exxon der US-Regierung nahelegte, in Bezug auf die Ost-West-Handelspolitik zu reagieren, thematisierte Mobil die steigenden Ölexporte der Sowjetunion in die Entwicklungsländer. Hier sei die Gefahr einer Abhängigkeit von der UdSSR besonders akut. Konkrete politische Handlungsvorschläge gab auch Mobil in diesen Gesprächen nicht, allerdings betonte das Unternehmen, dass in Bezug auf die Entwicklungsländer diplomatischer Druck der US-Regierung hilfreich sein könnte, um eine steigende Abhängigkeit der Entwicklungsländer von sowjetischen Ressourcen und damit vom kommunistischen System zu verhindern.¹¹³ Einige Monate später fand erneut ein Treffen zwischen Mobil und dem State Department statt, indem es um die OPEC und die Interessen der ölproduzierenden Länder des Mittleren und Nahen Ostens ging. William Lindenmuth, Regional Vice President von Mobil, wies daraufhin, dass diese Staaten nur sehr langsam realisieren würden, inwieweit das sowjetische Öl eine Gefahr für ihre Staatseinnahmen darstelle. Durch das vom russischen Öl verursachte Überangebot auf dem Markt könnten die Majors den Forderungen der OPEC-Länder nach Produktionsund Steuererhöhungen nur noch begrenzt nachkommen: „As long as prices had been going up, the oil-producing countries were happy. Then the honeymoon ended. […] It is extremely difficult for the oil-producing countries when one minute to midnight they are told that one minute after midnight posted prices will change.“¹¹⁴ Gleichzeitig ziele die Propaganda der Sowjetunion darauf ab, die Ölkonzerne in den Entwicklungsländern und den Ölexportstaaten als Ebenbild des imperialistischen Kolonialherren darzustellen und ihren Einfluss zu schmälern.¹¹⁵ Bei beiden Treffen lenkten die jeweiligen Vertreter von Mobil das Gespräch auf einen zentralen Punkt der US-Außenpolitik. Im Kontext des Kalten Krieges war es erklärtes Ziel der USA, den Einflussbereich der Sowjetunion in anderen Ländern möglichst weit zu begrenzen. Die Präsenz der US-Majors in den ölexportie-
Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 35, Folder: Mobil International Oil Company, Confidential Memorandum, Subject: Your Appointment with Mr. A. L. Nickerson (Mobil), 03.11.1960. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 35, Folder: Mobil International Oil Company, Memorandum of Conversation (State Department and Mobil), 22.11. 1960. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, Confidential Memorandum of Conversation II (State Department and Mobil), Subject: Middle East General, 17.02.1961. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, Confidential Memorandum of Conversation I (State Department and Mobil, Subject: Middle East Oil Revenues and Related Problems, 17.02.1961.
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renden Staaten des Mittleren und Nahen Ostens bildete dabei ein zentrales Element (siehe Kap. 3.4). Die Schilderung von Mobils Vertretern sollten beim State Department den Eindruck hinterlassen, dass diese Präsenz durch die sowjetische Öloffensive infrage stand. Mobil stellte also bewusst nicht die ökonomischen Probleme des Konzerns selbst in den Mittelpunkt, sondern hob die politischen Folgen in der Hoffnung auf politisches Handeln zugunsten der Konzerne hervor. Eine ähnliche Argumentationsstruktur lässt sich auch bei einem Treffen zwischen Vertretern von Socal und dem State Department im Februar 1961 feststellen. Wenn auch etwas zurückhaltender als Mobil wies George T. Ballou, Vice President von Socal, auf den Zusammenhang zwischen der OPEC und den sowjetischen Exporten hin. Die Majors seien nicht in der Lage, mit den sowjetischen Preisen für Öl zu konkurrieren. Eine weitere Expansion der Exporte würde dazu führen, dass die Unternehmen erneut den Posted Price senken müssten, um das Öl billiger anzubieten. Dies führe dann sicherlich zu massiven Spannungen mit den ölexportierenden Staaten der OPEC. Auch Ballou argumentierte mit dem sinkenden Einfluss des Westens auf die Länder des Mittleren und Nahen Ostens. Dass Ballou damit auf eine tatsächliche Angst des State Departments anspielte, zeigt sich durch die Nachfrage von Beckner, ob die Möglichkeit bestehe, dass die UdSSR in die OPEC eintreten werde. Ballou ließ diese Frage halbwegs unbeantwortet und verwies darauf, dass dies mit zukünftigen Entwicklungen zusammenhinge, aber nicht auszuschließen sei. Indirekt vermittelte der Unternehmensvertreter dem State Department damit einen dringenden politischen Handlungsbedarf.¹¹⁶ Etwa zeitgleich zu den Gesprächen zwischen dem State Department und den ehemaligen Standard Oil Schwestern fand im Februar 1961 auch ein Treffen mit Texaco statt. Im Vergleich zu den anderen US-Majors fiel allerdings Texacos Bewertung der sowjetischen Öloffensive deutlich weniger dramatisch aus. Vice President Harvey Cash betonte zwar, auch sein Unternehmen gehe davon aus, dass die sowjetischen Exporte steigen würden, allerdings wäre nur mit einem graduellen Anstieg zu rechnen, der voraussichtlich durch eine ebenfalls zu erwartende steigende Nachfrage ausgeglichen werden könne. Die sowjetischen Ölexporte seien aufgrund ihrer spezifischen Bedingungen wie der Preispolitik und der bilateralen Deals zwar eine starke Konkurrenz, allerdings wäre aus seiner Sicht die Industrie in der Lage, diese Situation zu bewältigen: „We have to meet
Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 35, Folder: NATO Ad Hoc Study Group on Soviet Oil Policy 1961, Memorandum of Conversation (State Department and Socal), Subject: Soviet Oil and Other Matters, 10.02.1961.
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competition, but there will be no real disruption of the oil industry.“¹¹⁷ Ein gravierendes Problem träte nur dann ein, wenn es der Sowjetunion gelänge, eines der anderen ölexportierenden Länder einzunehmen und einen unbegrenzten Zugang zu deren Ölreserven bekäme: „It did not mean that he was not concerned, but he was convinced that unless Russia can obtain a hold on a constant supply somewhere, the international petroleum industry can live with Russian competition.“¹¹⁸ Damit nahm Texaco als einzige US-Major eine relativ optimistische Perspektive ein. Im Unterschied zu der Argumentationsstruktur der anderen US-Konzerne fällt auf, dass die Unternehemsvertreter wenig auf politische Apsekte der sowjetischen Exporte eingingen. Während die anderen US-Schwestern die politischen Gefahren neuer Abhängigkeitsverhältnisse von der Sowjetunion als zentralen Punkt vorbrachten, repräsentierten die Vertreter von Texaco ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das Politik nicht zu seinen Aufgabenbereichen zählte. Dies entsprach der allgemeinen Linie des Unternehmens, die sich in vielen Bereichen von den anderen Majors unterschied (siehe Kap. 3.2). Die Haltung, die Texaco in der frühen Phase der sowjetischen Öloffensive gegenüber der US-Regierung einnahm, bestätigt außerdem das Einzelgängertum des Unternehmens und betraf auch die Einschätzung zur OPEC. Während Mobil und Socal vor möglichen Auseinandersetzungen mit den ölexportierenden Ländern warnten, zeigte sich Texaco entspannt. Cash teilte den Vertretern des State Departments mit, dass zwar davon auszugehen sei, dass die OPEC dauerhaft Bestand habe, „but it can be handled currently there should be enough disagreement among themselves to keep them occupied“¹¹⁹.
Die Spaltung der europäischen Majors Ebenso wie in den USA fand auch in Großbritannien ein Austausch zwischen den Ölgsesellschaften und dem britischen Staat bezüglich der sowjetischen Öloffensive statt.¹²⁰ Die Gespräche intiierte vor allem die britische Regierung selbst. Vordergründig ging es dabei um die Informationsbeschaffung. So legten BP und Shell der britischen Regierung zahlreiche Statistiken über die sowjetischen Ex-
NARA, RG 59, Record Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, Memorandum of Conversation (State Department and Texaco), 28.02.1961. Ebd. Ebd. Vgl. z. B. TNA, POWE 61/15 – 22, Note of a Meeting Held in the Ministry of Power, Subject: NATO Study of Soviet Oil Export Policy, 24.01.1961.
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porte vor und gaben ihre Einschätzungen ab.¹²¹ BP und Shell beurteilten die Situation allerdings sehr unterschiedlich. Bei einem Treffen zwischen BP und dem Ministry of Power hoben die Vertreter des Unternehmens die weitreichenden Probleme, die die sowjetischen Exporte mit sich brachten, besonders hervor. Ähnlich wie auch Socal argumentierte das Unternehmen mit den Folgen für die ölexportierenden Staaten und die Beziehungen der Unternehmen zu den OPEC-Mitgliedern: „Russian oil was a considerable commercial embarrassment to them [BP; W. G.] and their landlords in the Middle East, whose output and income were lower than they otherwise might be.“¹²² Dass BP und Socal diese Konsequenzen thematisierten, lag in ihrem Schwerpunkt im Upstream-Bereich begründet und dem daraus resultierenden Überschuss an Rohöl, das mit dem sowjetischen Rohöl direkt konkurrierte. Die Vertreter von BP stellten allerdings weniger die politischen Folgen in den Vordergrund, sondern vielmehr die ökonomischen Nachteile für den Konzern. Mehr als dies bei den US-Majors der Fall war, stellte der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens ein zentrales Anliegen der Heimatregierung dar. Dies lag einerseits darin begründet, dass die britische Regierung im Mehrheitsbesitz von BP war und andererseits an dem Beitrag von BP zur britischen Zahlungsbilanz. Gleichzeitig galt die Maxime des Kalten Krieges zwar auch in Großbritannien, allerdings war die britische Regierung diesbezüglich deutlich liberaler als die US-amerikanische. Strategisch erschien es demnach für BP weniger sinnvoll, die Gefahren einer westeuropäischen Abhängigkeit von sowjetischen Ressourcen zu thematisieren, als vielmehr die wirtschaftlichen Probleme, die sich dadurch für BP ergaben. Die Unternehmensvertreter empfahlen politisches Handeln und betonten: „anything that could be contrived to hold the line, even a little, would be most welcome“¹²³. Ähnlich wie Exxon schlug auch BP allerdings zunächst keine konkreten politischen Lösungen vor. BP trat auch mit der US-Regierung in Kontakt. Im Februar 1961 fand ein Treffen zwischen dem State Department und Unternehmensvertretern, darunter Chairman Bridgeman, statt.¹²⁴ Bridgeman erklärte den US-Politikern, dass sich die sowjetischen Exporte maßgeblich auf die Gewinne der Ölgesellschaften auswirkten. Die Majors seien nicht in der Lage, mit den Preisen für russisches Öl zu
Vgl. z. B. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from Shell to Ministry of Power, Subject: Make-Up of Soviet Bloc Oil Reports to the Free World 1959 and 1960, 26.01.1961. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from McNeill to A. B. Powell, Subject: Russian Oil, 06.02.1961. Ebd. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, Memorandum of Conversation (State Department and BP), Subject: World oil problems as viewed by British Petroleum, 13.02.1961.
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konkurrieren, da sie hohe Abgaben an die Ölexportländer zahlen müssten. So habe BP 1959 65 % seiner Einnahmen an die Regierungen der Staaten des Mittleren und Nahen Ostens gezahlt. Ebenso wie einige US-Majors deutete auch der Chairman von BP an, dass die Möglichkeit bestehe, dass die Sowjetunion in die OPEC eintrete, was den Einfluss der UdSSR auf die anderen Ländern erhöhen würde. Diese Gefahr schien für die US-Regierung gegenwärtig. Bereits kurz nach der Gründung der Organisation im Herbst 1960 erkundigte sich das State Department bei mehreren Ölkonzernen nach ihrer Einschätzung zu dieser Frage.¹²⁵ Dass Bridgeman auf diese Gefahr beim Treffen mit dem State Department direkt anspielte, diente offenbar dazu, den Druck auf die US-Regierung zu erhöhen. In der frühen Phase der sowjetischen Öloffensive stellte Shell unter den Majors einen Sonderfall dar. Ähnlich wie Texaco entdramatisierten die Vertreter von Shell die Gefahr des russischen Öls in Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern, sprachen sich sogar gegen konkrete Handelsrestriktionen aus. Gleichzeitig liebäugelte das Unternehmen mit einem möglichen Deal mit der Sowjetunion. Im Februar 1961 fand ein Treffen zwischen Unternehmensvertretern von BP und Shell sowie dem britischen Ministry of Power statt. Die Position von Shell differierte dabei deutlich mit der von BP. Shell betonte zwar, dass die sowjetischen Ölexporte ein Problem seien, „the dangers of supping with the devil should be made plain“¹²⁶. Allerdings wäre dies nicht der einzige Grund für das bestehende Überangebot, das es auch ohne die sowjetischen Exporte gäbe. Shell hätte zwar nichts dagegen, wenn etwa Italien weniger importieren würde, allerdings sprach das Unternehmen sich klar gegen eine einheitliche Regulierung des Handels Westeuropas aus. Shell wollte demnach ein staatliches Eingreifen in den Markt verhindern. Diese Position lenkte das Ziel des Unternehmen, einen Handelsvertrag mit der Sowjetunion abzuschließen. Bereits im Oktober 1959 hatten geheime Gespräche zwischen Shell und Evgeniy Gurov, dem Präsidenten der sowjetischen Exportorganisation, stattgefunden. Zunächst zeigte sich das Unternehmen eher passiv. Im Winter 1959 konkretisierten sich allerdings die Verhandlungen zwischen der Sowjetunion und Shell. Gurov schlug vor, dass Shell das gesamte Rohöl für den westeuropäischen Raum – etwa fünf bis sechs Millionen Tonnen – aus Russland kaufen könne. Dieses Angebot war für das Unternehmen reizvoll, weil Shell Defizite in seiner Rohölbasis aufwies. So bewertete auch das britische Ministry of Vgl. z. B. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 35, Folder: Royal Dutch Petroleum Company, Memorandum, Subject: Meeting today with Mr. Wilkenson, Managing Director Shell Petroleum Company and Mr. Loudon, President and Managing Director, Royal Dutch Petroleum, 03.11.1960. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from McNeill to A. B. Powell, Subject: Russian Oil, 06.02.1961.
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Power die Situation: „Shell’s intention arises from the fact that they are now relatively badly off for low cost oil of their own.“¹²⁷ Allerdings eröffneten sich zwei zentrale Hürden für das Unternehmen. Einerseits widersprach Shell damit der allgemeinen Leitlinie der Majors, nicht mit der Sowjetunion zu handeln, und musste daher mit großen Konflikten mit den anderen Schwestern rechnen. Andererseits bedurfte ein derartiger Deal einer Absprache mit den Heimatregierungen und gerade Großbritannien hatte durch das 1959 eingeführte Importverbot für sowjetisches Öl eine eher restriktive Haltung eingenommen.¹²⁸ Aus diesem Grund kontaktierte das Unternehmen sowohl die britische Regierung als auch die anderen Majors. BP und Exxon „stated that they were not sympathetic toward such a deal“¹²⁹ und Exxon lehnte eine von Shell vorgeschlagene Kooperation in dieser Sache sofort ab: „Esso turned the deal down cold.“¹³⁰ Auch die britische Regierung, insbesondere das Ministry of Power, zeigte sich skeptisch. Daraufhin verkündete Shell öffentlich, dass das Unternehmen das Angebot der Sowjetunion ablehne.¹³¹ Das britische Ministry of Power bezweifelte schon zu diesem Zeitpunkt, dass Shell an dieser Position festhalten werde. Die Zweifel bewahrheiteten sich im Frühjahr 1961.¹³² In einem Gespräch mit Vertretern des Ministry of Power erklärte der Vertreter von Shell, dass er davon ausgehe, dass Gurov dem Unternehmen demnächst ein weiteres Angebot machen werde und Shell sei gesprächsbereit: „Mr. Wilkison thought that the Company would probably be in favour of responding to the extent of listening to what M. Gurov had to say and deciding whether they thought it was in their own intrests and those of the industry.“¹³³ Die individuelle Situation des Unternehmens führte dazu, dass Shell eine konträre Meinung zu den anderen Majors einnahm. Ein Deal mit der Sowjetunion würde dem Unternehmen ermöglichen, günstig Rohöl zu erhalten. In Gesprächen mit Vertretern der britischen Regierung kritisierte Shell daher die Position der US-
TNA, POWE 61/15 – 22, Memorandum, Subject: Secret Russian Oil (Stock), 15.05.1961. Vgl. Jensen-Erikson, „Red Oil“, S. 106. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 42, Folder: PET Petroleum UK 1962, Memorandum, Subject: Further Information on a Proposed Marketing Deal between the Soviet Oil Export Agency and a British Oil Company, 06.10.1960. NARA, RG 59, Central Foreign Policy File 1960 – 1963, Box 2637, Telegram from State Department to American Embassy London, 19.12.1960. Vgl. ebd. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 42, Folder: PET Petroleum UK 1962, Memorandum, Subject: Further Information on a Proposed Marketing Deal between the Soviet Oil Export Agency and a British Oil Company, 06.10.1960. TNA, POWE 61/15 – 22, Memorandum, Subject: Russian Oil (Stock), 09.05.1961.
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Majors.¹³⁴ Die Vertreter von Shell warnten davor, die sicherheitspolitischen Aspekte, auf die insbesondere Exxon immer wieder anspielte, zu ernst zu nehmen: „In current circumstances, there was a risk of the security aspects being overplayed. The present oil over-supply position looked as if it would last for at least six years and in view of this, the possibility of Bloc supplies being out was not a serious ‚bogey‘.“¹³⁵ Insgesamt zeigt sich in der frühen Phase der sowjetischen Öloffensive bis zum Sommer 1961 ein ambivalentes Bild in den Positionen der Majors. Die Unternehmen orientierten sich und wägten ab, welche Vor- und Nachteile sich mit der sowjetischen Öloffensive verbinden könnten. Die ehemaligen Standard-Schwestern sowie BP nahmen unter der Führung von Exxon eine klare Opposition gegen die sowjetischen Exporte ein und äußerten dies auch in politischen Kreisen. Dabei lässt sich feststellen, dass die Majors verschiedene Aspekte hervorhoben, die entweder inviduell für die Unternehmen zentral waren oder auf bestimmte politische Ziele anspielten. So thematisierten die US-Konzerne vor allem den Kalten Krieg und die Sicherheits- und Außenpolitik der USA, während BPs Argumentation sich häufig auf die nationale Wirtschaft Großbritanniens und die Gewinne des Unternehmens bezogen. Konkrete Handlungsvorschläge machten die Unternehmen in dieser Phase nicht, um den Anschein zu wahren, es ginge auch ihnen um nationale Interessen und nicht nur um die eigenen Gewinne. Hier kann von einer indirekten politischen Einflussnahme ausgegangen werden. Die Unternehmen versuchten, ein politisches Problembewusstsein für die sowjetischen Ölexporte zu schüren. Dabei erhofften sie sich einerseits politische Unterstützung für weitere Maßnahmen und andererseits politisches Handeln zur Eindämmung der Exporte. Texaco und Shell nahmen eine andere Haltung als die von Exxon angeführte Gruppe ein. Beide Firmen problematisierten zwar die sowjetischen Exporte, betonten allerdings im Kontakt mit Regierungsvertretern, dass nicht unbedingt politischer Handlungsbedarf bestehe, die Majors vielmehr in der Lage seien, mit der Konkurrenz umzugehen.Während Texacos Motivation zu dieser Haltung darin bestand, sich von den anderen US-Majors, insbesondere von Exxon, abzugrenzen und sich aus dem politischen Geschehen herauszuhalten, lag Shells Haltung in konkreten Überlegungen zu einem Handel mit der Sowjetunion begründet. Trotz der unterschiedlichen Positionen der Majors lassen sich auch Gemeinsamkeiten in ihrer Strategie ausmachen. Erstens: Sie agierten auf der interna-
Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Note of a Meeting Held in the Ministry of Power, Subject: NATO Study of Soviet Oil Export Policy, 24.01.1961. Ebd.
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tionalen Ebene. Sowohl die europäischen Majors als auch die US-Konzerne führten nicht nur Gespräche mit ihren eigenen Heimatregierungen, sondern initiierten auch den Austausch mit anderen Regierungen, zum Teil auch mit Vertretern internationaler Organisationen. Die sowjetische Öloffensive offenbarte die Ungleichverteilung der Ressoruce Öl und die daraus entstehenden Abhängigkeitsverhältnisse und unterschiedlichen Interessen der Länder. Die Unternehmen erkannten diese globale Herausforderung. Zweitens: Alle Unternehmen versuchten, ein politisches Problembewusstsein zu schüren. Dies ist ein Indiz dafür, dass die zunehmende Politisierung des Marktes durch das Auftreten politischer Akteure auf den Markt – wie etwa die Sowjetunion – dazu führte, dass die Unternehmen ihr Terrain des Marktes verließen und das politische Parkett betraten. In dieser frühen Phase zeigte sich allerdings noch eine Zurückhaltung mit konkreten Vorschlägen seitens der Unternehmen, vielmehr beschränkten sie sich auf allgemeine Aussagen. Dies kann auch dahingehend gedeutet werden, dass die Strategie der Konzerne noch nicht vollständig ausgereift war bzw. sie weiterhin Handlungsoptionen prüften.
4.3.2 Konsolidierung Die Ost-West-Handelspolitik Die sowjetische Öloffensive führte zu einer Sondierung der Ost-West-Handelspolitik. Die Strategien der Majors sind daher nicht nur im Zusammenhang mit den nationalen Handelspolitiken ihrer Heimatregierungen zu sehen, sondern spielten auch im Rahmen der Debatten um eine international abgestimmte Handelspolitik der westlichen Allianz eine Rolle. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges galt es als wesentliches sicherheitspolitisches Ziel der westlichen Siegermächte, eine Moderniesierung des sowjetischen Rüstungsapparates zu verhindern.¹³⁶ Darunter fiel auch der Wiederaufbau der sowjetischen Wirtschaft und Industrie, die die für die Militarisierung benötigten Ressourcen und Güter herstellten. Die Sowjetunion war in beiden Bereichen auf den Import zahlreicher Rohstoffe und Halbfertigwaren angewiesen. Daher spielte die Handelspolitik eine zentrale Rolle im Kontext des Kalten Krieges.¹³⁷ Die USA nahmen bei der Einführung von Handelsrestriktionen eine Führungsrolle ein. Angela Stent konstatiert, dass sich dadurch zunehmend wirtschaftliche
Vgl. Benson, States, S. 99 f. Vgl. z. B. Jackson, War.
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Fragen politisierten.¹³⁸ Zunächst schufen die USA nationale Vorkehrungen. Mit dem Argument der Sicherheitspolitik wurde 1949 der Export Control Act erlassen und die Exporte in die Sowjetunion einer strengen Kontrolle unterzogen. Erstmalig war es in den USA möglich, den Export anderer Güter als konkreter militärischer Waren wie Waffen und Munition zu verbieten. Infolge des Korea Krieges erließen die USA 1951 den Mutual Defense Assistance Control Act, auch Battle Act genannt, um damit die Exportkontrollen auf die Satellitenstaaten und befreundete Länder der Sowjetunion auszuweiten.¹³⁹ Die amerikanische Industrie war zu diesem Zeiptunkt nicht auf Abnehmer aus der UdSSR angewiesen, weshalb die beiden Gesetze wenig Proteste auslösten. Anders stellte sich die Lage in den westeuropäischen Ländern dar, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg zu den traditionelle Handelspartner der UdSSR zählten und sogar deutlich mehr Handel mit Russland als mit den USA betrieben.¹⁴⁰ Die Abhängigkeitsverhältnisse und Bedingungen der direkten Nachkriegszeit führten allerdings dazu, dass die westeuropäischen Ländern sich auf Drängen der USA dem System strategischer Handelskontrollen anschlossen.¹⁴¹ Dies geschah im Rahmen des von den USA initiierten Consultative Group Coordination Committee, kurz CoCom. Das Komitee wurde etwa zeitgleich zur Gründung der NATO 1950 in Paris eingerichtet und vereinte innerhalb weniger Jahre alle Mitglieder der NATO. Im Vergleich zur NATO handelte es sich beim CoCom allerdings nicht um eine Organisation, die auf Grundlage eines Vertrag Entscheidungen treffen konnte. Das CoCom stellte vielmehr ein informelles Komitee dar, das weder Entscheidungen durchsetzte, noch öffentliche Stellungnahmen abgab.¹⁴² Wesentlicher Bestandteil des CoComs war eine Liste zu kontrollierenden Exportgüter. 1950 lag die Anzahl der Güter, die einem Embargo unterlagen, noch bei 250 und erhöhte sich bis 1954 auf 320. Danach erfolgten eine relative Liberalisierung des Handels und Revisionen der CoCom-Liste. Auf Drängen der westeurpäischen Staaten reduzierte sich die Anzahl der Güter auf der CoCom-Liste.¹⁴³ Dabei kam es häufig zu Unstimmigkeiten zwischen den USA und Westeuropa. Vor allem die Frage des strategischen Wertes eines Gutes erwies sich als umstritten.¹⁴⁴ Die USA befürworteten eine sehr restriktive Handelspolitik und legten eine weite Definition für miliärisch-strategische Güter an: „Controls should encompass all those industrial fields which serve
Stent, Wandel, S. 85. Vgl. Benson, States, S. 101 f. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 61, 63; Müller, Erdgas-Röhren-Konflikt, S. 502 f. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 69. Vgl. Benson, States, S. 101; Cain, Statecraft, S. 25 f. Vgl. Stent, Wandel, S. 86 f. Vgl. Cain, Statecraft, S. 184 f.
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to support basic economy of a country and which therefore support either a peacetime or a wartime economy.“¹⁴⁵ Die europäischen Regierungen hegten zunehmend den Wunsch, den Handel mit der Sowjetunion zu intensivieren. Dies hing einerseits mit einem leichten Rückgang der Wachstums- und Exportraten zusammen, den es auszugleichen galt. Andererseits zählten auch politische Gründe: So betonte etwa Winston Churchill immer wieder, dass eine Expansion des Ost-West-Handels den Wohlstand im Westen und auch in der Sowjetunion erhöhe, was sich widerum positiv auf die Stabilität des Friedens auswirken könne.¹⁴⁶ Ähnlich äußerte sich auch der Chancellor of the Exchequer des Treasury Selwyn Lloyd: „The best way to deal with the Russians was to give them the maximum of consumer goods and the maximum of contacts with the West in order to make them feel rich and ‚middleclass‘.“¹⁴⁷ Die westeuropäischen Länder akzeptierten zwar grundsätzlich die richtungsentscheidende Rolle der USA im CoCom und befürworteten ebenfalls Exportverbote für Güter mit direkter militärischer Bedeutung im Kontext des Kalten Krieges. Dennoch waren sie in der Lage, seit Mitte der 1950er-Jahre unter der Führung Großbritanniens eine voranschreitende Liberalisierung der Ost-WestHandelspolitik für eine Vielzahl von Gütern durchzusetzen.¹⁴⁸ Bruce Jentleson beschreibt die Motivation Westeuropas folgendermaßen: „Thus the driving force for this initial growth in European-Soviet trade was economic in nature. While American prestige remained high, it did not counter Europe’s economic motivations for increasing its trade with the Soviet Union.“¹⁴⁹ Die Nachfrage nach sowjetischen Gütern und Produkten in den USA und Westeuropa war vergleichweise gering. In Bezug auf Erdöl lag sowohl in den USA als auch in den europäischen Ländern eine sichere und günstige Versorgung durch die Majors vor. Die USA verfügten über eigene große Ölreserven und konnten sich selbst versorgen, zudem war eine Abhängigkeit von sowjetischen Ressourcen im Kontext des Kalten Krieges nicht denkbar. Außerdem unterlag der US-Ölmarkt ab 1959 den unter Eisenhower eingeführten Importquoten.¹⁵⁰ Die steigenden Rohölimporte aus der Sowjetunion in einige westeuropäische Staaten zum Ende der 1950er-Jahre erklären sich weniger mit dem Bedarf in der
Zitiert nach Jentleson, Pipeline, S. 77. Vgl. ebd., S. 79. TNA, POWE 61/15 – 22, Note of Conversation (Ministry of Power, Treasury and Exxon), 18.10. 1961. Vgl. Benson, States, S. 103 f.; Jackson, War, S. 187. Jentleson, Pipeline, S. 80. Vgl. Chick, Risks.
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Versorgung als vielmehr mit den günstigen Preisen und Handelsbedingungen, die die UdSSR anboten.¹⁵¹ Jentleson kategorisiert die westlichen Staaten in diesem Zusammenhang in „Energy Producer“ und „Energy Consumer“. Zu letzteren zählte zum Beispiel Italien, das aufgrund fehlender eigener Ölreserven und einer hohen Importabhängigkeit gewillt war, sowjetisches Öl in großen Mengen zu kaufen. Die USA stellten hingegen mit ihren eigenen Ölreserven den größten Energieproduzenten im Westen dar. Jede Konkurrenz um Marktanteile auf dem globalen Ölmarkt tangierte daher die Interessen der US-Wirtschaft. Zur Kategorie der Produzenten zählten auch Großbritannien, Frankreich und die Niederlande, die durch ihre nationalen Ölkonzerne Zugriff auf das Öl im Mittleren und Nahen Osten hatten.¹⁵² In einem Bericht des Ministry of Power hieß es dazu: „The UK shares all these fears and in addition has a special interests through its big stake in the Western oil industry. […] This special interest is shared to a great extent by the Dutch and the Americans (our partners in oil) and, with their Algerian oil, by the French also.“¹⁵³ Großbritannien erließ bereits 1959 ein Totalembargo gegen die sowjetischen Exporte. Dies kann als protektionistische Maßnahme für BP und Shell interpretiert werden. Außerdem wollte die britische Regierung keinen Konflikt mit den USA, „our partners in oil“, eingehen, die sich in der NATO und im CoCom strikt als Opponenten der sowjetischen Ölimporte positioniert hatten.¹⁵⁴ Die steigenden Ölexporte seit Ende der 1950er-Jahre führten allerdings zu neuen Auseinandersetzungen über die Ost-West-Handelspolitik. Zunehmend verlagerte sich die Debatte auch in internationale Organisationen. Bereits zum Ende des Jahres 1959 plädierte Frankreich für eine gemeinsame Politik der Mitgliedsländer der EWG. Das Land sah durch das sowjetische Öl die Gewinne der staatlichen Ölgesellschaft Total bedroht, die vorwiegend Öl in Afrika produzierte. Neben einer Arbeitsgruppe der EWG, die Robert Marjolin, Generalsekretär der OECD und Verantwortlicher der EWG-Kommission für Wirtschaft und Finanzen, seit April 1960 leitete, beschäftigte sich auch das Europäische Parlament mit den sowjetischen Exporten nach Europa.¹⁵⁵ Die Postionen entsprachen den bereits Vgl. Cantoni, Breach, S. 181 f. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 39. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from Ministry of Power to Foreign Office, Subject: NATO and Russian Oil, 01.06.1961. Vgl. TNA, FO 371/172534, Note by Petroleum Division on Imports of Oil from Soviet Bloc, Februar 1963. NARA, RG 59, Record Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, State Department, Memorandum of Conversation (State Department and Exxon), 14.03.1961; NARA, RG 59, Record Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: General 1961 Energy, Memorandum of Conversation (State Department and French Embassy), Subject: Energy, 27.02.1961.
4.3 Reaktionen und Strategien der Majors
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genannten Kategorien von Jentleson. Während Frankreich auf Importquoten drängte, stand insbesondere Italien in starker Opposition dazu.¹⁵⁶ Im April 1961 beklagte die eingerichtete Arbeitsgruppe die fehlende gemeinsame Energiepolitik der EWG öffentlich. Die Arbeitsgruppe ermittelte auf Basis von Fragebögen der einzelnen Mitgliedstaaten, dass vor allem die Reexporte des sowjetischen Öls problematisch seien: „In addition relabelling and re-exporting problems, a country member could have Soviet oil refinded on it’s behalf in refineries located in another member country. The situation was further complicated by the lack of precise data on re-exports, which made it impossible to determine to what extent supply security was at risk.“¹⁵⁷
Trotz der verstärkten Diskussion entwickelte die EWG bis 1962 keine konkreten Lösungsvorschläge.¹⁵⁸ Erst Mitte 1962 legte Marjolins Arbeitsgruppe das „Memorandum on Energy Policy“ und damit konkrete Vorschläge eines Importquotensystems dem EWG Council zur Entscheidung vor.¹⁵⁹ Auch die NATO thematisierte die sowjetischen Ölexporte – vor allem auf Drängen der USA. Die zunehmenden Barter-Deals der europäischen Länder mit der Sowjeunion missfielen den Vereinigten Staaten. Da die US-Regierung über das CoCom nur Einfluss auf die Exportpolitik, aber nicht auf die Importpolitik der Mitgliedstaaten nehmen konnte, initiierten sie eine Diskussion innerhalb der NATO. Damit entwickelte sich der Ölhandel mit der Sowjetunion zu einer geopolitischen Angelegenheit: „Drawing in NATO would accent the politico-strategic dimension of the oil trade issue.“¹⁶⁰ Im November 1960 ordnete das NATO Council auf Anfrage des Committee of Economic Advisers die Einrichtung einer Ad Hoc Study Group an. Neben den sicherheitspolitischen und ökonomischen Problemen durch die sowjetische Öloffensive sahen insbesondere die US- und die britische Regierung Handlungsbedarf aufgrund der kurz zuvor erfolgten Gründung der OPEC und einem möglichen Beitritt der Sowjetunion. Dies beschleunigte die Prozesse in der NATO zusätzlich.¹⁶¹
Vgl. Cantoni, Debates, S. 137 f.; ders., Breach, S. 195 f.; Graf, Öl und Souveränität, S. 20. Cantoni, Debates, S. 139. Vgl. Harthorn, J. E., Inside the Common Market, Policy on Soviet Oil: Hopes Exceed Prospects, in: Petroleum Intelligence Weekly, 20.08.1962. Vgl. o. V., Marjolin urges Limit on E.E.C. Soviet Oil Imports, in: Financial Times, 03.08.1962. Jentleson, Pipeline, S. 107. Vgl. NARA, RG 59, Central Foreign Policy File 1960 – 1963, Box 2637, Memorandum (Beckner), 05.12.1960; TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from Ministry of Power to Foreign Office, Subject: NATO and Russian Oil, 01.06.1961.
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Die Leitung der NATO Study Group übertrug das Council an Großbritannien und Keith Stock, Undersecretary to the Ministry of Power, fungierte als Vorsitzender. Die Gruppe sollte folgende Themen bearbeiten: aktuelle und zukünftige Entwicklungen der sowjetischen Ölexporte, Produktion und Konsum in der Sowjetunion, Effekte auf den Weltölmarkt und Auswirkungen auf die einzelnen Mitgliedstaaten der NATO. Auf der Grundlage der Untersuchungen sollte die Gruppe außerdem Empfehlungen für die Handelspolitik des Westens erarbeiten. Die Ergebnisse der NATO Study Group sollten in Form einer Studie auf Drängen der USA bis Mitte März 1961 an das Council übergeben und veröffentlicht werden. Allerdings verzögerte sich die Fertigstellung des Berichts, und dieser wurde erst im Juni 1961 veröffentlicht. In der Zwischenzeit fanden zahlreiche offizielle Treffen der Study Group statt. Die jeweiligen Delegierten wurden dazu aufgefordert, Daten und Statistiken über die Handelsvolumina bereitzustellen sowie Angaben über die Destinationen des importierte Öl.¹⁶² Die Positionen der Delegierten in der NATO Study Group spiegelten die Kategorien der „Energy Producer“ und „Energy Consumer“ wieder. Die USA, Großbritannien und Frankreich betonten die große Gefahr, die von den sowjetischen Ölexporten ausging – sowohl wirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch. Insbesondere die USA sprachen sich für eine Handelsregulierung aus und sahen sich in der verantwortungsvollen Führerrolle innerhalb der NATO: „The position taken by the U.S. as leader of the West will be influential in determining whether the Soviets’ oil export drive will expand and whether the West will be weakend by increased dependence on an unrelaible source of oil.“¹⁶³ Frankreich und insbesondere Großbritannien stimmten zwar grundsätzlich auch gegen eine Expansion des Ölhandels mit der Sowjetunion, zeigten sich allerdings skeptisch in Bezug auf konkrete Handelsrestriktionen. In einem Gespräch mit dem US-Botschafter John Hay Whitney in London äußerte Richard Powell, Permanent Secretary of the Board of Trade, seine Zweifel. Die Gefahr bei der Limitierung der sowjetischen Ölexporte nach Europa bestehe darin, dass die UdSSR ihren Export in die Entwicklungsländer noch mehr verstärke, was sicherheitspolitisch noch größeren Schaden anrichten könne. Daher müsse eine Handelsregulierung innerhalb der NATO umfassend abgewogen werden.¹⁶⁴
Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from Stock to Flett, 27.02.1961. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 42, Folder: PET USSR 1962, Confidential Report (Beckner), Subject: U.S. Position on Oil Trade with the Soviet Union, 03.04. 1961. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 31, Folder: NATO Ad Hoc Study Group on Soviet Oil Policy, Confidential Letter from American Embassy to State Department, 07.11.1960.
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Die Deligierten der Importländer, etwa die der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere Italiens, zeigten sich in der NATO Study Group noch zögerlicher was die Einführung von Handelsrestriktionen anging. Vor allem Italien stand, ähnlich wie in den Debatten der EWG, dazu in Oppostion.¹⁶⁵ Neben den offiziellen Treffen der NATO Study Group fanden auch informelle Zusammenkünfte zwischen verschiedenen Regierungsvertretern der Mitgliedstaaten der NATO statt, die sich über die sowjetischen Ölexporte und die Study Group austauschten. Die zentrale Person war dabei Keith Stock, der zahlreiche Treffen initiierte und auch die jeweiligen Botschaften in den Prozess involvierte. Ein besonders intensiver Austausch fand zwischen der US-Regierung und Großbritannien statt. Diese informellen Treffen verdeutlichten die Abhängigkeit der britischen Regierung von der Position der USA. So betonten britische Regierungsvertreter immer wieder, dass es vor offiziellen Stellungnahmen eine Absprache mit der US-Regierung geben müsse.¹⁶⁶ Außerdem versuchte die US-Regierung, Einfluss auf die deutlich liberalere Haltung der Briten zu nehmen. Dies zeigte sich zum Beispiel während eines privaten Gesprächs zwischen dem britischen US-Botschafter Harold Caccia und dem Vertreter des State Departments Clarence Nichols. Die britische Botschaft berichtete anschließend vertraulich an Keith Stock: „He [Clarence Nichols; W. G.] did wonder, however, how far you thought the British Government might be prepared to go in the way of economic sanctions if this ever became a realistic issue within NATO. […] As the U.S. is clearly giving serious consideration to meeting the threat of Soviet oil on the NATO front, Clarence would be greatful for any additional thoughts.“¹⁶⁷
Die Diskussionen in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der NATO offenbarten die vorherrschenden Unstimmigkeiten in Bezug auf die allgemeine Ost-West-Handelspolitik: „On the remainder – and really the bulk – of economic relations there is a fundamental disagreement on acceptable policies regarding both the proper level and composition of trade with the Sovie Union.“¹⁶⁸ Die Majors erkannten, dass aufgrund der bereits beschriebenen internationalen Verflechtungen eine Eindämmumg der sowjetischen Exporte nicht nur
Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Confidential Personal Record of the Meeting of the NATO Study Group on Soviet Oil, 30./31.01.1961. Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Confidential Letter from Eagers to Powell, Subject: Russian Oil Export, 08.06.1961. TNA, POWE 61/15 – 22, Secret Letter from Rose (British Embassy, Washington) to Stock (Ministry of Power), Subject: UK/US Oil Talks – NATO and Russian Oil, 14.02.1961. Hewett, Issues, S. 91.
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durch einzelne nationale Politiken möglich wäre, sondern vielmehr eine gemeinsame Handelspolitik des Westens den gewünschten Effekt haben könnte. Die bereits untersuchten Treffen zwischen den Vertretern der Majors und ihren Heimatregierungen zwischen 1960 und der Mitte des Jahres 1961 sind daher auch vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen in der EWG und in der NATO zu sehen. Eine Diskussion der sowjetischen Exporte in internationalen Organisationen mit dem Ergebnis möglicher Handelsrestriktionen war aus Sicht der meisten Majors wünschenswert. Im Gespräch mit Vertretern des State Departments im November 1960 äußerten sich die Vertreter von Mobil daher euphorisch in Bezug auf die Einrichtung der NATO Study Group.¹⁶⁹ An den Treffen der NATO Study Group nahmen keine Verterter der Majors teil, allerdings traten sie in einer zentralen beratenden Rolle auf. Dies war sowohl von der britischen Regierung als auch von der US-Regierung gewünscht. Ein Bericht des State Departments zum Zeitpunkt der Einrichtung der Gruppe bestätigt dies: „The Department has taken the position that the Study Group be comparised of government experts, and that advice or information solicited from industry should be submitted through these experts.“¹⁷⁰ Die US-Regierung und die britische Regierung standen mit den Majors in dauerhaftem Kontakt: „[…] they [State Department; W. G.] assured us that they were continually in touch with their oil companies.“¹⁷¹ Auch die Delegierten weiterer NATO-Mitglieder ließen sich von ihren nationalen Ölkonzernen beraten. Dies galt insbesondere für die italienische ENI und die französische Total.¹⁷² Der französische Konzern wendete ebenso wie die Majors eine multinationale Strategie an. Parallel zu den Verhandlungen der NATO Study Group suchten Vertreter der Total weitere Regierungen auf und vermittelten ihre Sicht auf die sowjetischen Exporte, die es einzuschränken galt. So fand zum Beispiel im März 1961 ein Treffen zwischen dem Präsidenten von Total Victor de Metz und dem US Undersecretary of State George Ball statt.¹⁷³
Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 35, Folder: Mobil International Oil Company, Memorandum of Conversation (State Department and Mobil), 22.11. 1960. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Papers Prepared in U.S. Govt. File I, Confidential Report, Subject: Inquiry in Regard to the NATO Study Group on Soviet Oil Policy, 09.11.1960. TNA, POWE 61/15 – 22, Secret Letter from Rose (British Embassy, Washington) to Stock (Ministry of Power), Subject: UK/US Oil Talks – NATO and Russian Oil, 14.02.1961. Vgl. Cantoni, Debates. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, Memorandum of Conversation (State Department and Total), Subject: Mr. De Metz’ Interest in Talking to Undersecretary Ball on March 23, 17.03.1961.
4.3 Reaktionen und Strategien der Majors
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Dass die Regierungen sich von den Majors beraten ließen, erklärt sich durch die bestehenden Informationsasymmetrien. So forderte insbesondere die britische Regierung immer wieder Daten und Einschätzungen von BP und Shell sowie zum Teil auch von Exxon an. In einem Brief im Februar 1961 unterrichtete ein Mitarbeiter der britischen NATO-Delegation das Ministry of Power darüber, dass er BP und Shell um eine Einschätzung einer in der NATO Study Group diskutierten Maßnahme gebeten habe: „The week before last at a meeting with Shell and B.P. on certain aspects of the NATO Study, I asked for their views on positive recommendation by the Study Group such as consultation between member countries before doing any new deal.“¹⁷⁴ Die US-Regierung forderte zwar auch Einschätzungen der Majors ein, zeigte sich allerdings hinsichtlich der Weitergabe von Daten aus der NATO Study Group an die Ölgesellschaften eher zurückhaltend. Die britische Regierung agierte diesbezüglich großzügiger.¹⁷⁵ So gab die britische Delegation Dokumente, die andere Regierungen im Rahmen der Study Group eingereicht hatten, an die Unternehmen weiter und forderten im Rahmen dessen ihre Bewertung dazu ein: „[…] we have consulted our two majors on various points: they were given the U.S. paper on supply estimates in 1965 and I gave Buter of Shell and Hibbert of B.P. a translation of the last Italian paper (on strict security conditions) in order to get help from them on some of the points.“¹⁷⁶ Diese Haltung und die enge Kooperation mit den Ölkonzernen legte die britische Regierung in Bezug auf BP und Shell sowie gegenüber einigen US-Majors an den Tag. Als im Mai 1961 bereits erste Entwürfe des Berichts der NATO Study Group kursierten, traten Vertreter von Exxon an Keith Stock heran und baten ihn um die Herausgabe des vorläufigen Berichts.¹⁷⁷ Dass Exxon nicht die US-Delegation in diesem Anliegen konsultierte, bestätigt den Eindruck, dass diese nicht alle Informationen mit den Konzernen teilte. Vielmehr zeigt sich die Zusammenarbeit und der Einfluss von Exxon auf die britische Delegation. So schrieb Keith Stock zu der Anfrage von Exxon folgendes: „Esso have been particularly helpful in leaking documents to us, and I would like to help them over this if we can.“¹⁷⁸ Die beschriebenen Kontakte zwischen den Majors und den NATO-Delegationen ihrer Heimatländer machen die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Regie-
TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from McNeill to A. B. Powell, Subject: Russian Oil, 06.02.1961. Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from Stock to Powell, Subject: NATO and Russian Oil, 22.02. 1961. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from Keith Stock to Powell, 04.05.1961. Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from Stock to Eagers, Subject: NATO Soviet Oil Group, 01.05.1961. Ebd.
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rung und Industrie deutlich. Auf der einen Seite benötigten die Delegationen aufgrund der Informationsasymmetrie Daten und Einschätzungen zum Ölmarkt von den Majors. Auf der anderen Seite wünschten die Majors wirtschaftspolitische Entscheidungen, um ihre Position zu sichern, die sie selbst nicht durchsetzen konnten. Dass die Unternehmen laufend über den Stand der Verhandlungen und die einzelnen Positionen in der NATO informiert waren, erhöhte ihre Möglichkeit, dies strategisch zu nutzen. Die Vertreter spielten etwa in ihren Gesprächen mit Regierungsvertretern auf spezifische Themen und Argumente an, von denen sie wussten, dass die jeweilige Heimatregierung diese für relevant erachteten. Der unternehmerische Einfluss auf die Regierungsvertreter spiegelte sich in den Positionen der US-Delegation in der NATO Study Group wieder. So finden sich häufig dieselben Argumente, die auch die Majors vorbrachten, in der Haltung der USDelegation in der NATO. Zweifelsohne unterlag die Position der US-Delegation auch anderen Einflüssen und die Kalte-Krieg-Dogmatik spielte den Majors dabei in die Hände, dennoch hatten die Argumente der Unternehmen ein Gewicht. Die Position der Briten in der NATO Study Group spiegelte letztlich die Ambivalenz zwischen den unterschiedlichen Meinungen von BP und Shell wieder. So erachteten die Briten eine Diskussion um die sowjetischen Exporte zwar als sinnvoll, schreckten aber vor konkreter Handelsregulierung zurück. Auch hier speiste sich die Haltung nicht nur aus den Argumenten der Majors, sondern auch aus einer Vielzahl anderer nationaler Anliegen. Ende Mai 1961 hatte die NATO Study Group ihren Bericht fertiggestellt und gab ihn zur Diskussion an das NATO Council und das Committee of Economic Advisers weiter. Der Bericht stellte zunächst fest, dass die Sowjetunion als bedeutender Ölproduzent ernst zu nehmen und von einer weiteren Expansion der Exporte auszugehen sei. Auf Märkten, die bereits durch ein Überangebot geschwächt wären, würde das russische Öl zusätzlichen Schaden anrichten und die Majors seien nicht in der Lage, mit der UdSSR zu konkurrieren, so der Bericht. Die Gefahren, die von der Öloffensive ausgingen, seien sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Der Bericht stellte heraus, dass es durch die Abhängigkeit von sowjetischen Ressourcen zu möglichen Unsicherheiten in der Versorgung kommen könne, falls Öl als politische Waffe eingesetzt werde. Gleichzeitig schwäche die sowjetische Preispolitik die westliche Ölindustrie.¹⁷⁹ Diese Ausführungen des Berichts entsprachen den Argumenten der Majors. Allerdings erwies sich das Ergebnis als wenig befriedigend für die Konzerne. Nach verschiedenen Diskus-
Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Confidential Report of Ministry of Power, Subject: Russian Oil: NATO Report, 31.05.1961.
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sionen empfahl das NATO Council auf Basis des Berichts im Juni ihren Mitgliedstaaten: „On their own responsibility, exercise caution and restraint in determining the level of their imports of Soviet Bloc oil, the general aim being keep the future total exports of Soviet oil to the Alliance well below the level which they threaten to reach in order not to exceed the limits compatible with the security of the Alliance.“¹⁸⁰
Konkrete Handelsregulierung formulierte sie dabei nicht und beließ es bei einer allgemeinen Vorgabe, die jedes Mitgliedsland eigenverantwortlich umsetzen konnte. Die Empfehlung der NATO spiegelte die ambivalente Situation zur Mitte des Jahres 1961 wieder. Für die Majors ergab sich folgendes Bild: In der EWG debattierten sie zwar über eine gemeinsame Energie- und Handelspolitik, verhandelten allerdings nicht über konkreten Vorschläge. Gleichzeitig traten die unterschiedlichen Interessen zutage, die eine kurzfristige Einigung unrealistisch erscheinen ließen. Die NATO hatte die sowjetischen Exporte zwar thematisiert, aber nicht mehr als eine sehr allgemeine, moderate Empfehlung formuliert, von der nicht unbedingt eine Änderung der Handelspolitik der Importländer des russischen Öls zu erwarten war. Auch die Heimatregierungen der Majors schienen keine einheitliche Position zu vertreten. Die USA wehrten sich am stärksten gegen die sowjetischen Exporte und planten bereits die nächste Initiative in der NATO. Sie initiierten die Diskussion um ein Embargo für den Export von Pipeline-Equipment in die Sowjetunion: „They think that something could and should be done as regards large diameter pipe.“¹⁸¹ Großbritannien verhielt sich zunehmend widersprüchlich. Einerseits signalisierten die Briten, eine ähnliche Alarmbereitschaft wie die USA. Andererseits scheuten sie sich vor konkreten international durchgesetzten Handelsrestriktionen und im Sommer 1961 kamen erste Gerüchte über einen möglichen Öldeal zwischen Großbritannien und Russland auf.¹⁸² Auch unter den Sieben Schwestern herrschte kein einheitliches Meinungsbild darüber, wie mit den sowjetischen Exporten umgegangen werden sollte, wobei tendenziell alle Unternehmen das russische Öl als Problem bewerteten – ohne dass eine gemeinsame Strategie bestand. Darüber hinaus verfügten die Unter-
TNA, FO 371/172535 – 42, Secret Report by an Economic Intelligence Working Group, Subject: Soviet Bloc Oil Export Policies, 22.01.1963. TNA, POWE 61/15 – 22, Confidential Letter from Roceveare (British Embassy in Washington D. C.) to Powell, 29.06.1961. Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Letter from Powell to Stock, Subject: Russian Oil, 07.07.1961.
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nehmen weiterhin nicht über ausreichend Informationen über die Volumina der sowjetischen Ressourcen. Die bestehenden Unsicherheiten auf allen Ebenen führten dazu, dass die Majors zum einen bestehende Strategien weiterentwickelten und zum anderen neue Maßnahmen einleiteten, um ihre Gewinne und ihre Position auf dem Markt zu sichern.
Vereinheitlichung und Konkretisierung Als Reaktion auf die für die Majors zum Teil unbefriedigenden Ergebnisse in der EWG und der NATO setzten sie ihre politische Lobbyarbeit weiter fort. So fanden auch nach der Veröffentlichung des Berichts der NATO Study Group zahlreiche Treffen zwischen Vertretern der Ölkonzerne und den Heimatregierungen statt. Zunächst intensivierten BP und Shell ihre Gespräche mit der britischen Regierung aufgrund eines möglichen Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der Sowjetunion. Bereits im Mai 1960 machte Anastas Mikojan, stellvertretender Ministerpräsident der UdSSR, den Briten ein Angebot. Insbesondere das Board of Trade sowie das Treasury liebäugelten mit dem Import des sowjetischen Öls. Intern diskutiere man eine sogenannte „accomodation“ mit der UdSSR, bei der die Majors aktiv mit in den Deal einbezogen werden sollten: „Mr. Mikoyan had […] suggested that if we would take some Russian oil, they would allow us to fix the price. He had also revived the idea of exchange oil: that British companies should supply certain territories of Russia, while Soviet oil should come to the United Kingdom.“¹⁸³ Bei einem Treffen zwischen dem Minister des Ministry of Power und den Präsidenten von BP und Shell lehnten die Unternehmensvertreter ein derartiges Abkommen mit Entschiedenheit ab. Zunächst argumentierten sie mit dem nationalen Markt, der sowieso schon unter Überkapazitäten leide. Zusätzliches Öl würde den Markt weiter destabilisieren und die Preisstruktur würde zusammenbrechen. Insbesondere Loudon von Shell betonte, dass, wenn dieser Fall einträte, auch die hohen Investitionen, die das Unternehmen jährlich in Großbritannien tätigte, infrage stehen würden. Gleichzeitig führe ein derartiges Arrangement dazu, dass die Majors den Posted Price für Öl aus dem Mittleren und Nahen Osten senken müssten und dies hätte, wie bereits die Gründung der OPEC verdeutliche, „serious political consequences and a disruption of supplies“¹⁸⁴. Darüber hinaus thematisierten die Unternehmensvertreter die Rolle Großbritanniens in der NATO.
TNA, POWE 61/15 – 22, Confidential Note of a Meeting with the Minister of Power and Representatives of Shell and British Petroleum, 06.07.1961. Ebd.
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So seien die Briten hier führend in der Opposition gegen die russischen Ölimporte. Ein Abkommen mit der Sowjetunion veranlasse weitere Länder auch außerhalb der NATO und der EWG, Großbritannien zu folgen: „The Russians would then find themselves able to achieve what they wanted by threatening Governments.“¹⁸⁵ Außerdem führe ein derartiger Deal sowohl zu Konflikten mit der US-Regierung als auch zwischen BP und Shell und den US-Majors. Zunächst erscheint die Argumentation der Unternehmen ähnlich wie die von BP vor der Mitte des Jahres 1961. Allerdings lassen sich zwei wesentliche Unterschiede erkennen. Zum einen nahmen die Unternehmen eine einheitliche Position ein und auch Shell sprach sich energisch gegen den Import von sowjetischem Öl aus. Dies lässt auf einen Sinneswandel des Unternehmens schließen, der sich in den kommenden Monaten weiter verfestigen sollte. Zum anderen spielten die Unternehmensvertreter konkret auf die Diskussionen in der NATO an und betonten die wegweisende Rolle Großbritanniens. Ohne die Zusammenarbeit von BP und Shell sah sich die britische Regierung nicht in der Lage, einen bilateralen Deal mit der Sowjetunion zu schließen und nahm schließlich Abstand davon. Neben der Ablehnung der Konzerne herrschten auch innerhalb der Regierung starke Meinungsverschiedenheiten, die ebenfalls den Abschluss eines Abkommens verhinderten – auch die Beziehungen zu den USA und den US-Majors spielten dabei eine wesentliche Rolle.¹⁸⁶ Im Oktober lobte daher in einem Gespräch mit dem Chancellor of the Exchequer Selwyn Lloyd auch Leo Welch, Chairman von Exxon, die Rolle Großbritanniens in der NATO und Europa und spielte damit auf dieselben Argumente wie die europäischen Majors an: „He [Welch; W. G.] had left his visit to the U.K. to the end of his tour because he thought that the U.K. had given an example to other countries and that the measures so far taken had been farsighted and good.“¹⁸⁷ Ein andauernder Verzicht Großbritanniens auf sowjetische Ölimporte wäre von großer Bedeutung und das Land könne sich der Unterstützung Exxons weiterhin sicher sein, so der Unternehmensvertreter. An dieser Stelle spielte Welch bewusst auf die Abhängigkeit Großbritanniens von Exxon in Bezug auf fehlende Dollardevisen an. In einem internen Hintergrundpapier als Vorbereitung auf das Treffen hieß es dazu: „Relations between Jersey Standard and H.M.G., have always been close, and […] Jersey was after the war a party to complicated arrangements to reduce the dollar cost of oil supplied to the Kingdom and the sterling area. These arrangements not longer operate but Jersey
Ebd. Vgl. Jensen-Eriksen, „Red Oil“, S. 122 f. TNA, POWE 61/15 – 22, Note of Conversation between the Chancellor and Mr. Welch (Exxon), 18.10.1961.
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Standard has undertaken to do what it can to keep down the foreign exchange cost to the United Kingdom of its operations in and through the sterling area, particularly by the purchase wherever possible of United Kingdom equipment.“¹⁸⁸
Nicht zuletzt diese Abhängigkeit, auf die Welch im Gespräch gezielt anspielte, führte dazu, dass die britische Regierung zunächst vor einem Vertrag mit der Sowjetunion zurückschreckte.¹⁸⁹ Neben dem aktiven Einsatz der Unternehmen gegen einen Handelsvertrag zwischen Großbritannien und der Sowjetunion nutzen die Majors weiterhin jede Gelegenheit, um in politischen Kreisen ihre Einschätzung zu den sowjetischen Exporten kundzutun.¹⁹⁰ Federführend erscheint dabei nach wie vor Exxon. Weiterhin brachten sich BP und zunehmend auch Shell ein. Die europäischen Schwestern, die vor allem auf dem nicht geschützten europäischen Markt aktiv waren, sahen ihre Gewinne insbesondere durch neue Verträge zwischen Italien und der Sowjetunion in Gefahr.¹⁹¹ Noch deutlicher als zuvor betonten die Unternehmensvertreter daher den politischen Handlungsbedarf, da die Majors nicht in der Lage seien, die Situation alleine zu bewältigen. Die Initiative in der NATO bewerteten sie zwar als positiv, kritisierten allerdings die Unverbindlichkeit der Empfehlung. Die Unternehmensvertreter forderten eine größere Unterstützung der Heimatregierungen ein und verwiesen dabei auf ihre zentralen Funktionen für die Volkwirtschaften aber auch im internationalen Gefüge, die es zu schützen gelte. ¹⁹² Insbesondere Exxon hielt daran fest, die Feindbilder des Kalten Krieges wachzuhalten. So betonte Welch im Oktober 1961 in einem Gespräch mit dem Chancellor in Bezug auf weitere sowjetische Ölimporte: „The danger was that in the short term a policy of this kind would give so much moral and material uplift to the Russians that it would encourage them in their attempt to dominate the world.“¹⁹³ Die Majors beschränkten ihre Strategie nun nicht mehr nur auf die Warnung politischer Entscheidungsträger, sondern äußerten sich zunehmend auch öf-
TNA, POWE 61/15 – 22, Background Note in Connection with the Chancellor’s Meeting with Mr. Welch from J. E. Lucas, 16.10.1961. Vgl. zur Sterlingproblematik z. B. Schenk, Decline; dies., Britain. Vgl. z. B. TNA, POWE 61/15 – 22, Note of Conversation between the Chancellor and Mr. Welch (Exxon), 18.10.1961. Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Secret Letter from Rosevers (Embassy Washington D. C.) to Powell, Subject: Visit to the Embassy of Mr. Loudon, 01.11.1961. Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Note of a Meeting between H. E. Ambassador Embassy Washington D. C. and Mr. Maurice Bridgeman (BP), 01.11.1961. TNA, POWE 61/15 – 22, Note of Conversation between the Chancellor and Mr. Welch (Exxon), 18.10.1961.
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fentlich zu den sowjetischen Ölexporten. Dies zeigte sich besonders deutlich in ihren Geschäftsberichten. In seinem jährlichen Brief an die Aktionäre betonte nun auch Texaco die steigende Gefahr, dass die Sowjets Öl als politische und ökonomische Waffe einsetzten.¹⁹⁴ Das Unternehmen führte weiter aus, dass die Art, in der die UdSSR Ölhandel betriebe, keiner normalen Konkurrenz entspräche und dazu diene „to lure people toward Communism, discredit the free enterprise system, and seriously injure, or obtain control of, the Free World oil industry“¹⁹⁵. In dem Brief lobte das Unternehmen zudem die US-Regierung, die langsam damit begonnen hätte, wünschenswerte Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ähnliche Äußerungen lassen sich auch in den Geschäftsberichten der anderen Majors finden.¹⁹⁶ Bemerkenswert ist, dass sich hier zunehmend ein einheitliches Meinungsbild der Majors etablierte. So nahm auch Texaco – zumindest in der Öffentlichkeit – eine Haltung ein, die der der anderen Schwestern entsprach. In den USA konnten die Unternehmen an die bereits vorherrschende negative Berichterstattung der Presse anknüpfen, die die Öloffensive als eine der größten Waffe der Sowjetunion deklarierte.¹⁹⁷ Bei einer Pressekonferenz im November 1961 äußerte sich Exxons President wie folgt: „Regarding the soviet oil move, […] action at government level is necessary because an individual company, acting alone, can not parry the thrusts of soviets.“¹⁹⁸ Rathbone betonte, dass ein unter den westlichen Ländern abgestimmtes und einheitliches politisches Handeln notwendig sei. Ähnliche öffentliche Äußerungen lassen sich zunehmend auch von den anderen Majors finden. So forderte auch Shells President bei einem öffentlichen Auftritt in den USA eine Koordination und Abstimmung des Westens im Kampf gegen den kommunistischen Angriff durch die sowjetische Öloffensive und übernahm dabei offenbar Rathbones Kalte-Krieg-Rhetorik.¹⁹⁹ Mit den öffentlichen Warnungen und Aufrufen zum politischen Handeln erhöhten die Konzerne den Druck auf die Regierungen. Dies traf insbesondere auf die US-Regierung zu. Diese war zwar skeptisch, was die direkte Beratung der Majors anging. So berichtete das Oil and Gas Journal, dass sich etwa John Kelly, Assistant Secretary of Interior, in Bezug auf Rathbones Forderungen während der
Vgl. Texaco, Annual Report, To the Stockholders, 1962. Ebd. Vgl. z. B. Mobil, Annual Report, To our Shareholders, 1961; Shell, Annual Report, The Royal Dutch/Shell Group of Companies in 1961, 1961. Vgl. Wall, Growth, S. 340. O. V., Rathbone Says Government Action against Russia Needed, in: Oil and Gas Journal, 20.11.1961. Vgl. Jablonski, Wanda M., Fighting with One Hand Tied Behind the Back, in: Petroleum Intelligence Weekly, 12.03.1962.
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Pressekonferenz sehr ablehnend geäußert habe: „Kelly told the oil men bluntly they should quit running to Washington for help in solving their problems. It’s hardly proper, he suggested, to welcome governmental interference when it furthers your personal interests but to complain about it when it doesn’t.“²⁰⁰ Gleichzeitig war sowohl in der Öffentlichkeit als auch im US-Kongress und im State Department eine antikommunistische Stimmung auszumachen, die mit den Einschätzungen der Majors korrespondierte.²⁰¹ Dies bestätigt sich auch darin, dass die US-Regierung etwa zeitgleich ihren Vorschlag für ein Embargo von Pipeline-Equipment gegen die Sowjetunion in der NATO vorantrieb.²⁰² Seit Ende der 1950er-Jahre plante die UdSSR ein großes Pipelineprojekt. Mit der sogenannten „pipeline of friendship“ sollte Öl aus der Ural-Wolga-Region zukünftig schneller über Polen nach Ostdeutschland und schließlich auch nach Westeuropa gelangen können. Die Information, dass es der Sowjetunion an bestimmten Halbfertigwaren für den Pipelinebau mangele, hatten einige US-Majors der US-Regierung bereits nach ihrer Sowjetunion-Mission im Sommer 1960 zugespielt.²⁰³ Allerdings standen insbesondere Großrohre seit der Liberalisierungswelle 1958 nicht mehr auf der CoCom-Liste.²⁰⁴ Mit dem Argument, die geplante Pipeline diene insbesondere der Treibstoffversorgung der Roten Armee in der DDR und verbessere damit deren militärische Position, erreichte die US-Regierung, dass die NATO im Frühjahr 1962 über den Export von Pipeline-Equipment verhandelte.²⁰⁵ Auch wenn die US-Regierung offiziell sicherheitspolitische Gründe für diese Initiative vorbrachte, lässt sich ein direkter Zusammenhang mit den Ölkonzernen ausmachen.²⁰⁶ So verstärkten die Unternehmen ihre politischen Aktivitäten nach dem Ergebnis der NATO Study Group und insbesondere Exxon sprach zunehmend auch konkrete politische Handlungsempfehlungen aus. Besonders zentral erscheint dabei Exxons Initiative im Januar 1962. Zusammen mit einem Brief von
O. V., Rathbone Says Government Action against Russia Needed, in: Oil and Gas Journal, 20.11.1961. Vgl. 87rd Congress, United States Senate, Committee on the Judiciary, Hearings before the Subcommittee to Investigate the Administration of the Internal Security Act and other Internal Security Laws,Washington 1962; Jentleson, Pipeline, S. 99, 105; Stent,Wandel, S. 89; Wall, Growth, S. 325. Vgl. TNA, POWE 61/15 – 22, Secret Paper Eagers to Powell, Subject: Export of Pipe and Pipline Equipment to the Soviet Bloc, 30.10.1961 Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, Memo (McCloy), November 1960. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 86 f. Vgl. Müller, Erdgas-Röhren-Konflikt, S. 505. Vgl. Stent, Wandel, S. 91 f.
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President Rathbone ließ das Unternehmen den Secretaries of State, Commerce, Defense, Treasury und Interior eine Studie mit dem Titel Statement of Position on the Threat of Communist Trade zukommen. Exxon führte darin zunächst einige Punkte in Bezug auf den Ost-West-Handel im Allgemeinen aus und machte dann konkrete Vorschläge zur Regulierung der Handelspolitik für sowjetisches Öl. Dazu zählten folgende Maßnahmen: 1. Alle westlichen Konsumentenländer sollten sich darauf einigen, nur maximal 5 % ihrer gesamten Ölimporte aus der Sowjetunion zu beziehen. 2. Die Anti-Dumping-Klausel des General Agreements on Tariffs and Trade (GATT) sollte auf die sowjetischen Ölexporte angewendet werden. 3. Die NATO-Mitglieder sowie Japan sollten ein Embargo für jegliches Material, das die Sowjetunion für den Bau der Pipeline benötigte, verhängen. Das Embargo sollte auch für Material zum Bau von Raffinerien in den Satellitenstaaten gelten, da auch diese das „Potenzial der sowjetischen Aggressionen“ verstärken würden. 4. Technische Daten für den Bau von Pipelines und Raffinerien sollten dem Embargo unterliegen. 5. Die US-Regierung sollte Entwicklungsländer dazu ermutigen, ihren Ölbedarf mit Ressourcen aus der „Freien Welt“ zu decken.²⁰⁷ Die verschiedenen Ministerien koordinierten ihre Reaktion auf Exxons Bericht und antworteten alle mit einem Angebot zum mündlichen Austausch. Dieser Vorschlag deutet an, dass die US-Regierung sich durchaus bereit erklärte, mit dem Unternehmen die politischen Handlungsempfehlungen zu eruieren.²⁰⁸ Interne Dokumente des State Departments zeigen außerdem, dass die empfohlenen Maßnahmen durchaus auf Zustimmung stießen. Insbesondere der dritte und vierte Vorschlag hinsichtlich des Embargos sollten weiter vorangetrieben werden. Auch der letzte Punkt wäre denkbar und könnte in Bezug auf die Entwicklungshilfe der USA diskutiert werden.²⁰⁹ Da vor allem das State Department die Empfehlungen des Unternehmens registrierte und intensiv diskutierte, ist davon auszugehen, dass sie für das Ministerium von Bedeutung waren und Exxon insbesondere hier Einfluss ausübte.²¹⁰
Vgl. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 43, Folder: PET Petroleum USSR 1962, Confidential Letter from Martin to Mr. Ball (Undersecretary of State), 23.02. 1962. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 43, Folder: PET Petroleum USSR 1962, Letter from Ball (Undersecretary of State) to Rathbone (Exxon), 05.03.1962. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 43, Folder: PET Petroleum USSR 1962, Confidential Letter from Martin to Mr. Ball (Undersecretary of State), 23.02. 1962. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 43, Folder: PET Petroleum USSR 1962, Revised Answers to the Fulbright Questions from Nelson to Frank, 15.06.1962.
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Im Februar 1962 veröffentlichte das Oil Daily Exxons Bericht. Der dazugehörigen Artikel wies daraufhin, dass das Unternehmen seine Empfehlungen auch einigen europäischen Regierungen präsentiert habe, was die multinationale Strategie bestätigt.²¹¹ Nach längeren Verhandlungen in der NATO setzten die USA schließlich das Embargo für den Export von Pipeline-Equipment im Mai 1962 durch. Auch Italien und die Bundesrepublik Deutschland, die zu den größten Exporteuren dieser Güter in die Sowjetunion zählten, stimmten unter der Bedingung, dass bestehende Verträge unangetastet blieben, zu.²¹² Das Embargo erreichte in der NATO eine ausreichende Mehrheit. Bemerkenswert ist, dass neben Norwegen auch Großbritannien gegen die Maßnahme stimmte. Das Land begründete diese Position mit der nationalen Wirtschaft, die dringend auf Exporte angewiesen sei, so hieß es in einem Bericht des Ministry of Power: „Our departmental interest is divided. From an oil standpoint there is little doubt we should support the U.S. Proposal. But from an iron and steel standpoint an embargo would be thoroughly objectionable.“²¹³ Viele britische Unternehmen betrieben Handel mit der Sowjetunion, der bedeutend für die Zahlungsbilanz des Landes war. Obwohl BP und Shell in Gesprächen mit britischen Regierungsvertretern auf das Embargo drängten, setzte sich das Treasury durch.²¹⁴ Die Position Großbritannien unterlag in der Debatte in der NATO eher ökonomischen Argumenten, während die Position der US-Delegation vielmehr einer sicherheitspolitischen Handlungslogik folgte.²¹⁵ Mit dem NATO-Embargo entsprach insbesondere die US-Regierung dem Wunsch von Exxon.²¹⁶ Auch in anderen Bereichen schienen die USA die Vorschläge des Unternehmens umzusetzen.²¹⁷ So berichtete etwa die Petroleum Intelligence Weekly im Juni 1962, dass die staatliche Entwicklungshilfeorganisation AID (Agency for International Development) künftig die Ölversorgung in die In-
Vgl. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 43, Folder: PET Petroleum USSR 1962, Confidential Letter from Martin to Mr. Ball (Undersecretary of State), 23.02. 1962. Vgl. TNA, T317/132, Secret Note Board of Trade, Subject: Pipelines for Russia, 16.03.1962. TNA, POWE 61/15 – 22, Secret Paper Eagers to Powell, Subject: Export of Pipe and Pipline Equipment to the Soviet Bloc, 30.10.1961. Vgl. Cantoni, Debates, S. 145. Vgl. ebd., S. 149. Vgl. Wall, Growth, S. 348. Vgl. Garavini, Decolonization, S. 474.
4.3 Reaktionen und Strategien der Majors
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dustrialisierungsprogramme mit aufnähme: „Significance of the move: AID intends to press for reliance on ‚secure‘ Free World fuel supplies.“²¹⁸ Trotz dieser ersten staatlichen Maßnahmen und Erfolge der Majors stiegen die sowjetischen Exporte nach Europa weiter an und bis Mitte des Jahres 1962 hatte sich immer noch keine einheitliche Handelspolitik des Westens formiert – weder in der NATO noch in der EWG. Insbesondere das widersprüchliche Verhalten Großbritanniens verschärfte die Unsicherheit der Majors zusätzlich. Auch in Bezug auf die OPEC-Staaten erreichten die Unternehmen nicht die gewünschten Positionen. Die Propaganda der Sowjetunion in den Staaten des Mittleren und Nahen Ostens gegen die Majors, die sich insbesondere durch die Politik der ENI verstärkte, setzte sich weiter fort.²¹⁹ Die Majors versuchten zwar, den Ölexportstaaten deutlich zu machen, dass die sowjetischen Exporte letztlich eine Konkurrenz für ihr eigenes Öl darstellten und ihre Einnahmen darunter leiden könnten, allerdings nahmen die Staaten dies nur bedingt ernst. So bezeichnete Venezuelas Ölminister Juan Pablo Pérez Alfonzo die Warnungen im März 1962 als übertrieben.²²⁰ Der Premierminister des Libanons, Emile Bustani, hingegen betonte in einem offenen Brief an die Arabische Liga die Gefahren der sowjetischen Exporte für die Ölexportländer: „Whether we like it or not, we are partners with the Western oil companies, and, if they go bankrupt, we go bankrupt with them. We cannot afford to desert the companies in the battle simply because we cannot afford to be left with abundant supplies of oil with nowhere to market it.“²²¹ Trotz dieser Stimmen, die im Interesse der Majors lagen, schlossen sich die anderen OPEC-Länder der Einschätzung Pérez Alfonzos an, so auch Saudi-Arabien und Kuwait.²²² Die Unternehmen versuchten im Sinne eines multinationalen Lobbyismus nicht nur bei den Konsumentenregierungen ein Problembewusstsein zu schaffen, sondern auch in den Exportländern, in denen sie agierten. Dies gelang ihnen allerdings nur begrenzt. Offenbar lag auch bei den Regierungen der OPEC-Länder eine Skepsis gegenüber den Konzernen vor.
O. V., U.S. Moves against Soviet Oil on Two Fronts, in: Petroleum Intelligence Weekly, 25.06. 1962. Jablonski, Wanda M., Fighting with One Hand Tied Behind the Back, in: Petroleum Intelligence Weekly, 12.03.1962; Ebel, Trade, S. 75 f. Vgl. o. V., Soviet Menace ‚Over-emphasized‘ – Perez Alfonzo, in: Petroleum Intelligence Weekly, 26.03.1962. O. V., Arab League and Iran Warned on Soviet Oil, in: Petroleum Intelligence Weekly, 26.03. 1962. Vgl. ebd.
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4 Öl im Kalten Krieg
4.3.3 Professionalisierung Mitte des Jahres 1962 zeichneten sich durch die Strategien der Majors gegen die sowjetischen Ölexporte erste Erfolge ab. Dies betraf vor allem die Einführung des Embargos in der NATO und die Maßnahmen der USA, aber auch die vorläufige Entscheidung der Briten gegen einen Handelsvertrag mit der Sowjetunion. Gleichzeitig nahmen die Sieben Schwestern verstärkt eine einheitliche Position ein. Die Majors entwickelten auf dieser Basis koordinierte Strategien, in deren Mittelpunkt eine Zusammenarbeit der Unternehmen stand. Dabei zeigten sie sich in der Lage, eine enge Kooperation abseits der Antitrust-Gesetze zu organisieren und ihre Vorgehensweise zu professionalisieren.
Die Oil Group Bereits in der frühen Phase der sowjetischen Öloffensive formierten sich erste Vorstöße einzelner Majors, eine Zusammenarbeit der Sieben Schwestern zu initiieren. In diesem Zusammenhang diskutierte BP bereits 1960 über die Einrichtung einer „Clearing Stelle“, die dazu dienen sollte, den Informationsaustausch zwischen den Majors zu organisieren. Auf diese Weise könnten die Unternehmen ihr Wissen über die sowjetische Konkurrenz teilen. Damit könnten die Exporte zwar nicht unbedingt reduziert werden, allerdings seien die Entwicklungen und Auswirkungen durch eine Bündelung der Informationen unter Umständen besser abschätzbar, so Belgrave von BP. Mit der Organisation des Informationspools sollte eine externe Person beauftragt werden: „If the job were done properly, such a service might form a useful means of pooling intelligence, since oil companies are often more prepared to give information to a trusted third party, knowing that it well be handed on, than they are to give it to one another.“²²³ BP fragte bei den anderen Majors wegen dieser Art der Zusammenarbeit an. Im Mai 1960 erklärte Belgrave die Mission allerdings zunächst als gescheitert, da nicht alle Schwestern zugesagt hätten. Hier zeigte sich einerseits, dass die Unternehmen einander misstrauten. Andererseits bestätigt sich, dass sich die Unternehmen zu diesem Zeitpunkt in einer Findungsphase befanden und es ihnen nicht gelang, einheitliche Positionen zu vertreten.²²⁴ BP schien nur einen Mehrwert in einem gemeinsamen Austausch zu sehen, wenn alle Majors sich betei-
BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 50285, Memo Belgrave (BP), 31.01.1960. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 50285, Letter from Jamieson (Exxon) to Belgrave (BP), 03.05.1960.
4.3 Reaktionen und Strategien der Majors
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ligten und setzte die Initiative daher zunächst nicht fort.²²⁵ Der Grund für die Zurückhaltung der US-amerikanischen Konzerne in Bezug auf die Zusammenarbeit lag neben der Skepsis, Informationen mit der Konkurrenz zu teilen, auch in den US-Wettbewerbsgesetzen. Die Vertreter der Majors wiesen in den Gesprächen mit der britischen und der US-Regierung immer wieder darauf hin, dass die Antitrust-Gesetze sie daran hinderten, in Bezug auf die sowjetische Öloffensive gemeinsam Lösungen zu finden.²²⁶ Insbesondere die US-Unternehmen bemühten sich, eine Ausnahmeregelung zu erwirken. Dabei sahen sie in der britischen Regierung, die grundsätzlich eine liberalere Einstellung zur Zusammenarbeit der Konzerne vertrat, eine Verbündete. In einem Gespräch mit Vertretern des Ministry of Power gab sich S. T. Crossland, der Vice President von Texaco, verzweifelt: „His main concern however, was to tell me how hopeless the American companies felt in attempting to build up any common front against Russian oil under the shadow of Anti-Trust Laws and lack of sympathy which they encountered from the U.S. Administration.“²²⁷ Er führte weiter aus, dass eine Ausnahmeregelung nur dann möglich sei, wenn der Präsident der USA selbst über die Gefahren aufgeklärt werde und bat darum, dass die britische Regierung sich dafür einsetze.²²⁸ Auch öffentlich thematisierten die US-Unternehmen das Problem. Im Juni 1961 veröffentliche das Journal of Commerce einen Artikel mit dem Titel Free World Oil Unity to Block Soviet Urged. Eine selektive Befreiung von den Wettbewerbsgesetzen sei laut den Konzernen nötig, um gemeinsam etwas gegen „the red oil drive which is striking directly at the heart of free world economies“²²⁹ zu unternehmen. Auch Shell plädierte zunehmend für eine Zusammenarbeit der Majors. Bei einem öffentlichen Auftritt in den USA kritisierte President Loudon die Wettbewerbsgesetze der Vereinigten Staaten als Hindernis „to the Free World’s counter-offensive to Communist penetration“²³⁰ und betonte, dass eine Koordination innerhalb der Industrie dringend notwendig sei.²³¹
Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 50285, Letter from Belgrave (BP) to Jamieson (Exxon), 12.05.1960. Vgl. z. B. TNA, POWE 61/15 – 22, Confidential Notes Of Conversation between the Chancellor and the President of the Standard Oil Company (New Jersey), 14.06.1961; NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: PET Petroleum UK 1961, Confidential Letter from Barr (American Embassy London) to Goodman (Department of the Interior, Office of Oil and Gas), 26.09.1961. TNA, POWE 61/15 – 22, Ministry of Power, Note for the Record, ohne Datum. Ebd. Brigham, World. Jablonski, Wanda M., Fighting with One Hand Tied Behind the Back, in: Petroleum Intelligence Weekly, 12.03.1962. Ebd.
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Mitte des Jahres 1962 schienen die Aufrufe der Majors langsam Erfolg zu haben. Zum einen lässt sich eine leichte Entspannung in der US-Wettbewerbspolitik ausmachen. So berichtete die Petroleum Intelligence Weekly, dass die Vertreter der Unternehmen auf Initiative der US-Regierung eine offizielle Einladung für ein von den United Nations (UN) organisiertes Ölsymposion erhalten hätten und alle daran teilnehmen konnten. Laut der Zeitung werde dieses in industriellen Kreisen als Zeichen gewertet, dass „joint industry action in areas such as Soviet oil may yet be possible – despite antitrust regulations“²³². Im Dezember 1962 hob das Department of Justice außerdem die bisher geltende Regelung, dass die US-Unternehmen nicht gemeinsam an Treffen internationaler Organisationen und deren Energieabteilungen wie etwa der OECD teilnehmen durften, auf.²³³ Zum anderen verstärkte sich der Austausch der Majors untereinander und auch das State Department traf sich nun nicht mehr nur mit einzelnen Unternehmensvertretern, sondern häufiger auch mit Vertretern mehrerer Firmen gleichzeitig.²³⁴ Die Majors beauftragten schließlich gemeinschaftlich John McCloy, der sie in Bezug auf die sowjetischen Exporte beraten sollte.²³⁵ Zuvor unterbreiteten einzelne Majors dem Juristen verschiedene Angebote für Direktorenposten, um ihn für sich zu gewinnen.²³⁶ Unter anderem hatte Socal ihm die Präsidentschaft des Unternehmens offeriert.²³⁷ McCloy lehnte alle Angebote ab und insbesondere Shell drängte bei den anderen Majors darauf, „not to restrict McCloy’s of activities but to leave him free to act in a broad field on behalf of the oil industry“²³⁸. Shell sah offenbar einen Mehrwert in einem gemeinsamen Berater. Die Initiative zur Gründung der Oil Group ging demnach neben BP vor allem von Shell aus. Loudons öffentliche Kritik an den Antitrust-Gesetzen in den USA im selben Zeitraum sind ebenfalls in diesem Zusammenhang zu sehen: „he [Loudon; W. G.] expressed
O. V., U.S. Moves against Soviet Oil on Two Fronts, in: Petroleum Intelligence Weekly, 25.06. 1962. O. V., Legal Clearance for U.S. Oilmen on International Units? in: Petroleum Intelligence Weekly, 03.12.1962. Vgl. z. B. NARA, RG 59, Records Relating Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 42, Folder: PET Petroleum UK 1962, Draft Summary Discussion with Company and Government Officials, 30./ 31.10.1962. Archives Historiques Total, 92.36/37, Letter from Laboulaye (Total) to Ball (Undersecretary of State), 21.05.1962. Vgl. Archives Historiques Total, 92.36/37, Conversation with Barran (Shell), 31.05.1962. Vgl. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 1, Folder: McCloy Interviews, Interview John McCloy, 14.09.1984. Archives Historiques Total, 92.36/37, Conversation with David Barran (Shell), 31.05.1962.
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the belief that the Justice Department might be accused of helping the international communist economic war against the free world“²³⁹. Bereits im Frühjahr 1962 existierte ein inoffizielles Gremium, im Rahmen dessen die Majors sich mit McCloy trafen und austauschten. So berichtete David Barran von Shell von einer „Russian oil platform“.²⁴⁰ Im März 1962 legte McCloy eine Kundenakte für jedes der sieben Unternehmen an. Die Auftragsbeschreibung führte er wie folgt aus: „We are being retained by this company generally to advise and consult in regard to problems created by Soviet oil offensive and methods of dealing with the same.“ Um sich in Bezug auf die Antitrust-Gesetze abzusichern, findet sich außerdem der Hinweis, dass auch die anderen Majors dahingehend beraten werden, aber mit der Einschränkung: „we are acting separately for each company“²⁴¹. McCloy verlagerte die Problematik der sowjetischen Öloffensive – wie von den Majors gewünscht – schließlich auf die höchste politische Ebene und führte diesbezüglich im März 1962 ein Gespräch mit dem US-Präsidenten. Kennedy schien der vorgeschlagenen Kooperation der Unternehmen nicht abgeneigt und vermittelte ein Treffen mit seinem Bruder, Attorney General Robert Kennedy. Dieser und auch der Deputy Attorney General Byron White und später sein Nachfolger Nicholas Katzenbach versicherten McCloy, dass es nicht unter die Verletzung der Antitrust-Gesetze fiele, wenn die Majors ihn als „common agent“ unter Vertrag nehmen würden. McCloy betonte bei den Treffen mit den Regierungsvertretern, dass auch die Auswirkungen der sowjetischen Öloffensive auf die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens problematisch seien und sicherte sich damit die Zustimmung, die Ölkonzerne auch dahingehend zu beraten.²⁴² Hier deutet sich bereits an, dass die Majors und McCloy eine langfristige Zusammenarbeit anstrebten, die nicht nur auf das sowjetische Öl ausgerichtet war, sondern auch andere Themen wie etwa die OPEC behandelte. In der Folge schloss McCloy zum 1. Juli 1962 mit allen Sieben Schwestern einen Beratervertrag über 24 Monate ab.²⁴³ Der Vertrag beinhaltete für alle Unternehmen dieselben Konditionen. Die Majors umgingen durch ihre Verträge mit
O.V., Justice Department’s Antitrust Policy May „help“ to Reds, Says Loudon, in: Oil and Gas Journal, 12.03.1964. Archives Historiques Total, 92.36/37, Conversation with David Barran (Shell), 31.05.1962. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, New Case Memorandum (Shell), 20.03.1962. Vgl. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 29, Folder: John McCloy Papers 1949/1970s, Memorandum – Revisit with Robert Kennedy, Attorney General, 19.03.1962. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, Letter from McCloy to Rathbone (Exxon), 02.08.1962.
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McCloy die Antitrust-Gesetze, indem sie keinen offiziellen Vertrag untereinander abschlossen, sondern diesen an eine externe Mittlerperson ausgelagerten und damit ihre Zusammenarbeit verschleierten. Die Verträge mit McCloy können zwar nicht als Kartellvertrag im klassischen Sinne bezeichnet werden, dennoch zeigen sie neue, flexible Formen der Kartellzusammenarbeit auch auf vertraglicher Basis, die die Unternehmen vor dem Hintergrund strenger Wettbewerbspolitiken anwendeten. Um ihre Glaubwürdigkeit im politischen Raum zu erhöhen, beauftragten die Majors McCloy, ihre Anliegen bei der US-Regierung vorzutragen. Zwar deckte sich der Wunsch der Konzerne, die sowjetischen Exporte einzudämmen, mit dem der US-Sicherheitspolitik im Kalten Krieg, dennoch existierte innerhalb von Regierungskreisen weiterhin eine große Skepsis gegenüber den Unternehmen. Der Chairman von BP beschrieb die Haltung des State Departments im November 1961 folgendermaßen: „The State Department made it clear that they did not welcome being called upon by the American companies to take any initiative, partly of course because of the anti-trust legislation, but also because it was not the American custom for Governments to attempt to interfere with industry unless it was really essential, or a matter of national security.“²⁴⁴
Mit McCloy beauftragten die Majors einen Vermittler, der in Regierungskreisen höchstes Ansehen und Vertrauen genoss. Durch seine langjährige Beratertätigkeit und verschiedene Ämter hatte McCloy sein nationales Verantwortungsbewusstsein bereits bewiesen²⁴⁵ und so ging die US-Regierung offenbar davon aus, dass seine Initiative bezüglich der sowjetischen Exporte im nationalen Interesse lag. „A matter of national security“ war damit erreicht und mit der Erlaubnis der Oil Group ordnete die US-Regierung die Wettbewerbspolitik der Sicherheits- und Außenpolitik unter. In den kommenden Jahren stimmten die sieben Majors ihre Strategien in Bezug auf die sowjetischen Ölexporte im Rahmen der Oil Group ab. In einem Hintergrundpapier beschrieb McCloy das allgemeine Anliegen der Gruppe wie folgt: „A mechanism is needed for the international oil companies to be able to communicate with each other to develop and follow common policies which will be in the best strategic
TNA, POWE 61/15 – 22, Memorandum of Conversation British Ambassador (USA) and Bridgeman, 01.11.1961. Vgl. z. B. Bird, Chairman, S. 16 f.; Schwabe, Fürsprecher, S. 518 f.
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interests of the free world and which will be equitable to both producer and consumer countries without affecting the vigorously competitive nature of the industry.“²⁴⁶
McCloy setzte die Interessen des westlichen Bündnisses offensichtlich mit denen der Konzerne gleich. Das erste Treffen fand am 7. und 8. Dezember 1962 in McCloys Kanzlei Milbank and Tweed in New York statt. Auf Einladung von McCloy trafen sich dort von nun an halbjährlich die Vorstandsvorsitzenden und Präsidenten der sieben Unternehmen.²⁴⁷ Seine Mitarbeiter protokollierten die Zusammenkünfte und versandten die Protokolle später an die Majors. Auch außerhalb der offiziellen Treffen der Gruppe bestanden Kontakte zwischen den Konzernen und auch mit McCloy. Darüber hinaus fand meistens ein entsprechendes Rahmenprogramm bei den Oil Group Treffen statt – wie etwa gemeinsame Abend- und Mittagessen sowie zum Teil auch Cocktailpartys, die dem informellen Austausch dienten.²⁴⁸ Bereits vor dem ersten Treffen der Oil Group im Dezember 1962 reiste McCloy im Oktober nach Europa und traf sich sowohl mit Vertretern von Shell und BP als auch mit Marjolin in Brüssel sowie mit Vertretern der NATO in Paris.²⁴⁹ Diese Treffen dienten der Vorbereitung der Oil Group, indem McCloy die Positionen der europäischen Majors und auch die der westeuropäischen Regierungen sowie der EWG und der NATO eruierte.²⁵⁰
Gemeinsame Strategien Das erste Treffen der Oil Group im Dezember 1962 begann mit einem Bericht von McCloy über die Positionen der europäischen Länder und der USA in Bezug auf die sowjetischen Exporte. Laut McCloy gäbe es keine einheitliche Handelspolitik und auch die einzelnen US-Ministerien seien zum Teil sehr gespalten. Daraufhin diskutierte die Gruppe verschiedene Maßnahmen. Den Vorschlag, auf Import-
John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, Strategic Threats to the Free World Petroleum (Paper McCloy), 29.08.1962. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Letter from McCloy to Rathbone (Exxon), 20.11.1962. Vgl. z. B. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Middle East Public Relation Working Group (Report Steel), 25.05.1967. Vgl. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 29, Folder: John McCloy Papers 1949/1970s, Letter from McCloy to Thomas K. Finletter (U.S. Permanent Representative to NATO), 14.09.1962. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, Memorandum McCloy: European Trip October, 6th–20th, 1962.
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quoten zu drängen, lehnten die Unternehmen mit dem Argument ab, dass von der Regulierung auch Ölimporte aus anderen Ländern betroffen sein könnten. Hier kündigt sich ein Kompromiss an. Einige Majors, beispielsweise Exxon, plädierten für Importquoten, während andere – wie Shell – diese ablehnten. Innerhalb der Oil Group fanden die Unternehmen offenbar einen Konsens. Die Majors einigten sich bei dem Treffen auf zwei Maßnahmen. Erstens galt es, die politische Aufklärung fortzuführen: „Further efforts should be made to impress upon foreign governments the dangers of growing dependence on Soviet oil imports.“²⁵¹ Dabei sollte die US-Regierung eine entscheidende Rolle einnehmen und Einfluss auf ihre westlichen Verbündeten ausüben. Damit knüpften die Majors an ihre bisherige Strategie an. Allerdings lag ein qualitativer Unterschied vor, denn die Gruppe einigte sich darauf, dass Exxon mit der Unterstützung von BP und Shell die Argumentation der Industrie in Form von Präsentationen erarbeiten und für alle Unternehmen zur Verfügung stellen sollte.²⁵² Offenbar wollten die Majors zukünftig sicher sein, einheitliche Positionen zu vertreten und widersprüchlichen Statements – wie etwa zuvor von Texaco oder Shell – zu vermeiden, um die Glaubwürdigkeit der Konzerne zu erhöhen. Die Vertreter der Unternehmen einigten sich darauf, nicht nur den Kontakt mit Regierungsvertretern Westeuropas und den USA zu suchen, sondern weiterhin auch mit Delegierten internationaler Organisationen wie etwa der NATO, der OECD und der EWG. Die zweite Maßnahme, auf die sich die Gruppe einigte, betraf die Entwicklungsländer: „The crucial problem in the underdeveloped countries was thought to be the encouragement through Soviet propaganda of the formation of government-owned oil companies and the nationalization of the oil industry.“²⁵³ Hier knüpften McCloys Vorschläge daran an, was Exxon bereits im Januar empfohlen hatte. Die Unternehmen einigten sich, die US-Regierung weiter dazu zu animieren, ihre Entwicklungshilfeprogramme an bestimmte Bedingungen bezüglich der sowjetischen Öloffensive zu binden. Insbesondere das dort tätige Personal sollte über die sowjetische Propaganda und die Gefahren aufklären und die Entwicklungsländer zu einer engeren Zusammenarbeit mit den privaten Firmen der „Freien Welt“ ermuntern.²⁵⁴ Im Rahmen des ersten Treffens entschied sich die Gruppe außerdem dafür, dass McCloy im Auftrag der Unternehmen eine Reise nach Europa und in die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens unternehmen sollte, um vor Ort im Gespräch mit Regierungsvertretern ebenfalls poli John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 7.–8.12.1962. Vgl. ebd. Ebd. Vgl. ebd.
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tische Aufklärungsarbeit zu leisten.²⁵⁵ Hier zeigt sich einerseits erneut der multinationale Lobbyismus der Konzerne. Andererseits wird McCloys hohe Reputation und sein Einfluss auch außerhalb der USA deutlich, worauf die Konzerne setzten konnten. Die im Dezember 1962 von den Sieben Schwestern festgelegte Strategie, verstärkt den Kontakt zu Regierungskreisen zu suchen und mit einer einheitlichen Position aufzutreten, zeigte bereits im Frühjahr 1963 erste Erfolge. So berichtete McCloy beim zweiten Treffen der Oil Group, dass die verschiedenen US-Ministerien sich zunehmend alarmiert zeigten und die Gefahr der sowjetischen Öloffensive eine erhöhte Aufmerksamkeit erhalte. Auch das Department of Justice habe seine Haltung verändert: „The Justice Department now seems to be taking a more active interest in the Soviet oil problem and in general, is more inclined to take policy considerations into account.“²⁵⁶ Darüber hinaus berichtete McCloy, dass das State Department kurzfristig ein Komitee einrichten wolle, das sich damit beschäftigen solle, wie Entwicklungshilfe und anderen Regierungsprogramme im Interesse der privaten US-Industrie eingesetzt werden könnten. Damit zeigte sich auch in der zweiten Strategie eine Entwicklung zugunsten der Konzerne.²⁵⁷ McCloy berichtete auch über seine dreiwöchige Reise in die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens, die er zusammen mit dem Vice President von Socal, George T. Ballou, unternommen hatte.²⁵⁸ Obwohl sowohl McCoy als auch Ballou in den Gesprächen mit den Regierenden des Mittleren und Nahen Ostens die Gefahren der sowjetischen Exporte für die Exportstaaten ausführlich schilderten, hatte dies nicht den gewünschten Erfolg. So berichtete McCloy, die Produzentenländer seien skeptisch und nur der Schah von Persien sei tatsächlich alarmiert.²⁵⁹ Die Majors erkannten, dass eine einheitliche Ost-West-Handelspolitik der NATO-Mitglieder nicht durchsetzbar war, glaubten allerdings weiterhin daran, mit ihrem Einwirken zumindest die Haltung einzelner Länder verändern zu können: „It was therefore suggested that there should be no relaxation in efforts to keep high Government officials fully informed of developments and continually
Vgl. ebd. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 29.04.1963. Vgl. ebd. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, Memorandum to Mr. McCloy, Middle East Trip, 1.–25.03.1963 (Travel Plan). Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 29.04.1963.
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conscious of the Soviet threat.“²⁶⁰ Die Unternehmen gingen offenbar davon aus, die westlichen Regierungen hätten die aktuellen Entwicklungen auf dem Ölmarkt nicht unbedingt im Blick. Der Ausgleich dieser Informationsasymmetrie durch die Konzerne konnte daher strategisch eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist auch der Bericht des National Petroleum Councils (NPC) zu nennen. Das NPC war eine unter der Administration von Harry S. Truman eingerichtete Organisation, die eine beratende Funktion einnahm und dem Austausch zwischen Ölindustrie und Politik diente.²⁶¹ Bereits im November 1961 forderte das Department of the Interior bei dem NPC eine Studie zu den Auswirkungen der sowjetischen Exporte an. Zur Bearbeitung dieses Anliegens setzte das NPC ein Komitee zusammen, das vor allem aus Vertretern der Ölindustrie bestand,²⁶² darunter auch die Präsidenten von Gulf und Exxon sowie die Chairmen von Mobil, Socal und Texaco.²⁶³ Der zweiteilige Bericht wurde Ende 1962 veröffentlicht und wie Belgrave von BP betonte, „starts from the premise that East-West trade is a bad thing“²⁶⁴. Der Bericht enthielt die bis dato größte Datensammlung über die sowjetische Ölindustrie.²⁶⁵ Laut der Studie zeige die Sowjetunion in allen Bereichen der Ölproduktion ein schnelles Wachstum. Ohne Zweifel sei Öl das wichtigste Element in der politischen und ökonomischen Offensive der UdSSR. Das Ziel dabei sei, „to extend its political control, destroy freedom, and communize the world“²⁶⁶. Damit stelle der Handel mit der Sowjetunion eine Gefahr für die Länder des NATO-Bündnisses dar. Der Bericht des NPC gab zwar keine konkreten Lösungsvorschläge vor, allerdings beinhaltete er die allgemeine Empfehlung, eine einheitliche Handelspolitik der westlichen Welt anzustreben im Rahmen dessen der Handel mit der Sowjetunion zu restriktiveren sei. Die NPC-Studie fand Eingang in die öffentliche Diskussion und wurde auch in Regierungskreisen anderer Länder wie etwa in Großbritannien registriert.²⁶⁷ Der Bericht ermöglichte den USMajors, das Informationsdefizit der US-Regierung zu nutzen und indirekt Einfluss auf staatliches Handeln und die öffentliche Meinung zu nehmen.
Ebd. Vgl. Petrini, Imperi, S. 178. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Engery 1953 – 1964, Box 43, Folder: PET Petroleum USSR (2) 1962, Comments on NPC Study of Soviet Oil, 16.11.1962. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, N.P.C. Committee on Impact of Oil Exports from the Soviet Bloc, ohne Datum. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Letter from Belgrave (BP) to Chairman of BP, Subject: Soviet Oil, 07.11.1962. Vgl. Jentleson, Pipeline, S. 104. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, N.P.C. Committee on Impact of Oil Exports from the Soviet Bloc, ohne Datum. Vgl. o. V., NPC Underscores Threat of Soviet Oil, in: Oil and Gas Journal, 08.10.1962.
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Als es in der US-Regierung ab Mitte der 1960er-Jahre Stimmen für eine allgemeine Entspannung und eine Liberalisierung des Handels mit der Sowjetunion gab, wurde dies ebenfalls von den Majors in der Oil Group diskutiert und nochmals zur Einflussnahme aufgerufen: „It was recognized that the industry could not take a resolutely negative view of expanded East-West trade but should stress the point that any liberalization should not be at the cost of increasing exports of Soviet oil to the Free World in order to pay for goods exported to the Soviet Bloc.“²⁶⁸ Hier zeigt sich die schnelle Anpassung der Unternehmen an aktuelle politische Stimmungen, die ihnen vor allem von McCloy vermittelt wurden. Der Austausch mit McCloy versetzte die Majors in die Lage, über politische Veränderungen zuverlässig und zeitnah informiert zu sein und entsprechend kurzfristig darauf zu reagieren. Stellte der NPC-Bericht den Ost-West-Handel allgemein als Bedrohung dar, sollte die politische Aufklärung nun moderatere Töne anschlagen. McCloy erklärte sich weiterhin immer wieder bereit, Gespräche mit Regierungsvertretern zu führen. Im Zusammenhang mit einer allgemeinen Expansion des Handels mit der Sowjetunion kontaktierte er beispielsweise den Secretary of Commerce, „urging to take a cautious approach to the question of expanded EastWest trade“²⁶⁹. Für die Beeinflussung der Handelspolitik der westeuropäischen Länder suchten die Majors weiterhin den Kontakt zu einzelnen Regierungsvertretern, allerdings versuchten sie auch auf internationale Organisationen Einfluss zu nehmen. Auch diese Strategien diskutierte die Oil Group. Eine zentrale Rolle nahm dabei Robert Marjolin ein, mit dem McCloy in engem Kontakt stand. Sowohl die EWG als auch die OECD setzte sich mit steigender Abhängigkeit Europas von Ölimporten zunehmend mit der Versorgungssicherheit von Öl auseinander. In diesem Zusammenhang initiierte McCloy Treffen zwischen den Majors und Marjolin, die das Department of Justice befürwortete. In einem Gespräch mit dem Attorney General Nicholas Katzenbach erklärte McCloy die Notwendigkeit des Austausches und die Vorteile gemeinsamer Positionen der Industrie im Vorfeld der Treffen wie folgt: „Estimates could be made by individual companies but if an overall estimate was to be given which was desirable it would be necessary to have oil companies compare notes in regard to such matters as alternate routes of supply, size of existing stockpiles, time factors, and so
BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 15.01.1965. Ebd.
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forth. To be confident that they were in generally the same ‚ball park‘ in their estimates, some interchange of information and thought would be desirable between the companies.“²⁷⁰
Die Gespräche mit Marjolin gaben den Konzernen die Möglichkeit, ihre Einschätzungen zu Angebot und Nachfrage auf dem Ölmarkt mitzuteilen.²⁷¹ Um den Einfluss zu erhöhen, legten die Majors ebenso wie McCloy Wert auf die Einheitlichkeit der Aussagen. Die Absprache in der Oil Group lautete daher vorab, dass die zentrale Bedeutung der privaten Unternehmen für eine sichere Versorgung und die Unsicherheit der sowjetischen Importe im Mittelpunkt der Argumentation stehen sollten.²⁷² Auch die Aufklärung der Produzentenländer des Mittleren und Nahen Ostens über die Gefahren des russischen Öls erklärte die Oil Group immer wieder als ihr zentrales Ziel.²⁷³
Informationsmanagement Die Oil Group diente neben der Entwicklung von gemeinsamen Strategien auch dem Informationsaustausch der Unternehmen. Bereits im Rahmen der NPC-Studie hatten die US-Majors die Möglichkeit, ihre Informationen zu den russischen Exporten mit den anderen Konzernen zu teilen. Diese Möglichkeit bestand allerdings nur punktuell. Die Sieben Schwestern gründeten die Oil Group, um einen kontinuierlichen Austausch zu ermöglichen. Da die höchsten Vertreter der Ölgesellschaften an den Treffen teilnahmen, waren die Majors über die zentralen Leitlinien und Positionen der anderen informiert. Eine große Unsicherheit herrschte in Bezug auf die Reserven der Sowjetunion sowie deren zukünftige Handelspolitik. Im Rahmen der Oil Group versuchten die Unternehmen, diese Unsicherheit zu reduzieren, indem sie die verfügbaren Informationen miteinander teilten. Bei jedem Treffen diskutierten sie aktuelle Statistiken über Exportvolumen, Produktions-, Raffinations- und Transportkapazitäten der Sowjetunion. Einzelne Unternehmen reichten immer wieder eigene
John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Memorandum of Conversation with Attorney General, 23.03.1965. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Letter from Nickerson (Mobil) to McCloy, 31.01.1964; John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Notes Concerning Meeting between Nickerson (Mobil) and McCloy, 20.04.1964. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 15.01.1965. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964.
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Studien ein und stellten sie den anderen zur Verfügung: „Comparative statistics on Soviet oil exports for the first half of 1964 and 1965 were then circulated and commented upon by Mr. Ballou.“²⁷⁴ Die Unternehmensvertreter teilten McCloy im Vorfeld der Treffen mit, in welchen Bereichen Informationsdefizite vorlagen, die im Rahmen des jeweils nächsten Treffens durch einen Austausch geklärt werden könnten. So fragte beispielsweise Loudon von Shell 1963 nach einer gemeinsamen Evaluation der zu erwartenden Exportpolitik der Sowjetunion in den nächsten zwei Jahren²⁷⁵ und Texaco forderte Zahlen über die Gold- und Devisenreserven der UdSSR an.²⁷⁶ Neben dem Informationsaustausch über die sowjetische Ölindustrie nutzten die Majors die Oil Group auch, um politisch auf dem aktuellen Stand zu sein. Hierfür erwiesen sich die Informationen von McCloy von hoher Bedeutung. McCloy stand in engem Kontakt mit hochrangingen US-Politikern, insbesondere auch dem State Department. Durch ihn kamen die Majors an zuverlässige Informationen zur Haltung der US-Regierung in bestimmten Fragen. Im Januar 1964 informierte McCloy die Konzerne bei einem Oil Group Treffen beispielweise über die langsame Transformation der Position des State Departments den Ost-WestHandel betreffend: „From talking with people in State Department, Mr. McCloy said he had the impression that they are tired of continuing to resist liberalization of East-West trade and are somewhat frustrated with the irrationality of United States Policy. Secretary Rusk himself has evidenced a certain malaise of spirit in his attempts to combat East-West trade on the part of American allies in Europe.“²⁷⁷
Auch über seinen Austausch mit Regierungsvertretern anderer Länder – etwa Westeuropas oder des Mittleren und Nahen Ostens – sowie mit Delegierten internationaler Organisationen informierte McCloy die Majors. Dadurch realisierten die Sieben Schwestern einen erhöhten Informationenfluss aus politischen Kreisen, der nur durch die eigene Kontaktaufnahme der Unternehmen aufgrund der bestehenden Skepsis der Industrie gegenüber nicht unbedingt gewährleistet gewesen wäre. Dadurch, dass McCloy in seinen Tätigkeiten für die Ölkonzerne im-
John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 11.01.1966. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Letter from Loudon (Shell) to McCloy, 31.12.1963. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Letter from Long (Texaco) to McCloy, 05.05.1964. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964.
Collections, Series 20, Box 2, Collections, Series 20, Box 2, Collections, Series 20, Box 2, Collections, Series 20, Box 2,
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mer rotierend von einem Vertreter der Schwestern dauerhaft begleitet und unterstützt wurde, fügten sich Informationen aus Politik und Industrie zusammen und konnten permanent miteinander abgeglichen werden. In Bezug auf die sowjetische Öloffensive brachte sich vor allem der Vice President von Socal, Ballou, ein: „Mr. McCloy stated that he was greatly indebted to Mr. Follis [Chairman von Socal; W. G.] for letting him have the services of Mr. Ballou.“²⁷⁸ Durch diese unterschiedlichen Formen des Austausches im Rahmen der Oil Group professionalisierten die Majors ihr Informationsmanagement und konnten Unsicherheiten reduzieren. Zudem versetzten sie die zusätzlichen Informationen in die Lage, flexibler zu reagieren und ihre Strategien entsprechend den Informationen kurzfristig anzupassen.
Öffentlichkeitsarbeit Im Rahmen der Oil Group stimmten die Majors nicht nur einheitliche Positionen zur sowjetischen Öloffensive ab, sondern koordinierten auch eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit. Dabei wird eine starke Zurückhaltung der Konzerne deutlich. Diese ist auf ihr negatives Image und den ständigen Kartellvorwurf in der USamerikanischen Öffentlichkeit zurückzuführen (siehe Kap. 3.1). Bereits beim ersten Treffen der Gruppe einigten sich die Unternehmen auf Vorschlag von McCloy darauf, dass sowohl über die Existenz der Gruppe als auch über die Inhalte der Treffen so wenig wie möglich nach außen dringen solle.²⁷⁹ Trotz der offiziellen Erlaubnis des Departments of Justice wollten die Unternehmen den Vorwurf der Verletzung der Antitrust-Gesetze um jeden Preis verhindern. Die öffentliche Berichterstattung über die Oil Group hätte den Druck auf das Department of Justice erhöht, was unter Umständen in einem Verbot der Gruppe resultiert hätte. Gleichzeitig wollten die Majors ihre Strategien nicht bekannt werden lassen. Es ist in der Tat keine Presseberichterstattung über die Oil Group auffindbar. Auch bei einem Gerichtsverfahren gegen die sieben Majors 1976 stritt McCloy die Existenz der Oil Group ab: „Does an organization known as ‚the chief executives‘ ring a bell for you?“ McCloy: „No organization of that character.“²⁸⁰ In Bezug auf die sowjetische Öloffensive stellte die Oil Group Defizite in der Aufklärung der US-amerikanischen Gesellschaft fest. Ziel müsse es daher sein, die öffentliche Wahrnehmung zu konditionieren, um den Druck auf die Politiker zu John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 29.04.1963. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 7.–8.12.1962. NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 23, Interrogation of John McCloy, 1976.
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erhöhen.²⁸¹ Insbesondere Texaco bemängelte ein fehlendes öffentliches Bewusstsein über die Gefahren eines stärkeren Ost-West-Handels und schlug daher im Dezember 1964 folgendes vor: „An educational campaign in approriate publications in the United States to inform the public of the lack of real economic basis for expanded trade with the U.S.S.R.“²⁸² Die Oil Group diskutierte Texacos Vorschlag und befand ihn für sinnvoll. Auch die anderen Majors sahen einen Mehrwert darin, den Druck auf die westlichen Regierungen bezüglich der OstWest-Handelspolitik durch eine öffentliche Aufklärung zu erhöhen. Allerdings zeigte sich erneut eine große Zurückhaltung bezüglich eigener öffentlicher Stellungnahmen der Unternehmen: „it was felt that to be effective, such educational material should emanate from a source other than the oil industry“²⁸³. Schließlich wurde auf Vorschlag von McCloy der Bericht des Committee on Economic Development über Ost-West-Handel für dieses Anliegen genutzt und verbreitet.²⁸⁴ 1964 entschied sich die Oil Group außerdem dazu, die Abstimmung der gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit weiter zu professionalisieren. David Steel von BP arbeitete zusammen mit Howard Page von Exxon und George L. Parkhust von Socal den Vorschlag zur Einrichtung eines Informationsbüros in London aus.²⁸⁵ Im Sommer 1964 entsendete Exxon den Mitarbeiter Duff Dahl, der das Büro als Informationskoordinator leitete.²⁸⁶ Dahl war dafür zuständig, die öffentliche Meinung in den Produzentenländern zu beobachten und Empfehlungen abzugeben. Exxon zahlte offiziell seine Tätigkeit, allerdings entwickelte McCloy ein Abrechnungssystem, das die gleichberechtigte Beteiligung aller sieben Majors an den Kosten für Dahls Tätigkeiten ermöglichte. Dies ist vor dem Hintergrund der Antitrust-Gesetze zu sehen.²⁸⁷ Auch hier entwickelten die Majors eine Form der Vertragsgestaltung, bei der formal keine Kartellzusammenarbeit nachweisbar war.
Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Letter from Rambien (Texaco) to McCloy, 17.12.1964. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 15.01.1965. Vgl. ebd. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964; BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Telegram from Steel to Chairman (BP), 10.09.1965. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, Series 20, Box 2, 21.06.1965. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, Memorandum for Mr. Coloan from W. E. Jackson (Mitarbeiter McCloy), 28.10.1965.
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Mit der zentralen Stelle in London schufen sich die Majors ein weiteres Forum des Informationsaustausches neben der Oil Group, das kontinuierlich für sie alle arbeitete. Damit zeichnete sich eine weitere Professionalisierung des Informationsmanagements ab. Der Vorschlag, eine derartige Administration innerhalb des iranischen Konsortiums einzurichten, lehnten die Konzerne insbesondere aufgrund der Anteile der Total am Konsortium ab. Die französische Ölgesellschaft war kein Mitglied der Oil Group und die Majors schlossen sie von derlei Informationen aus. Hier bestätigen sich die Exklusivität und Geschlossenheit der Gruppe.²⁸⁸ Im Rahmen der Oil Group entwickelten die Sieben Schwestern 1965 eine weitere Untergruppe, die sogenannte Public Relation Working Group (PRWG), die mit Dahl zusammenarbeitete. Allgemeines Ziel dieser Gruppe war es, „to seek to achieve coordination among the companies in the fields of public information without interfering with their individual efforts“²⁸⁹. Unter der Leitung von Ballou entwickelte die PRWG verschiedene Maßnahmen wie etwa Filme und Radioprogramme, um das Image der Majors zu verbessern. Dabei lag der Schwerpunkt auf der öffentlichen Meinung in den Produzentenländern der OPEC. Hintergrund davon war unter anderem die Propaganda der Sowjetunion gegen die privaten Unternehmen in diesen Ländern.²⁹⁰ McCloy setzte auch das Department of Justice über die PRWG in Kenntnis. In seinem Bericht an den Attorney General Katzenbach wies er darauf hin, dass die Gruppe vor allem dem Austausch und der Abstimmung der Öffentlichkeitsarbeit der Ölgesellschaften diene: „The Working Committee has held three meetings and has engaged the services of a full time consultant, whose function it is to collect data and make it available to the individual companies for their individual use in connection with various public information programs.“²⁹¹
Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 11.01.1966. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8535, Letter from Edwardes to Drake and Steel, Subject: „McCloy Meetings“, 09.01.1969. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Memorandum for McCloy: Your Report to Attorney General Katzenbach, Regarding Oil Meeting of January 11, 1966, 20.01.1966.
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McCloy: Vermittler und Berater Besonders zentral für die Strategie der Konzerne war John McCloy selbst. Er nahm innerhalb der Oil Group eine Vielzahl von Funktionen ein, die einen hohen Mehrwert für die Majors darstellten. Zunächst schuf er die nötigen Rahmenbedingungen für die von den Unternehmen schon länger geforderte Zusammenarbeit. Durch sein Engagement konnten die Ölgesellschaften kooperieren, ohne dass sie seitens des Departments of Justice etwas zu befürchten hatten. Durch den ständigen Austausch mit dem Department of Justice erhielt McCloy diesen Status dauerhaft, was ebenfalls den Interessen der Sieben Schwestern entsprach. McCloy fungierte gleichzeitig als Berater und Vermittler. Durch seine Vernetzung in hochrangige politische Kreise lieferte er den Majors Informationen, die ihnen bei ihrer strategischen Ausrichtung halfen. Dies betraf insbesondere die Ost-West-Handelspolitik. Veränderungen und Entwicklungen in den einzelnen Positionen der westlichen Allianz teilte McCloy den Unternehmen unverzüglich mit. Wurden politische Kommissionen oder Arbeitsgruppen eingerichtet, sorgte McCloy außerdem dafür, dass die Industrie darüber informiert war und zum Teil auch partizipieren konnte. Beispielhaft sei hier nur die Einrichtung eines Komitees „to study the question of possible expanson of East West Trade“ durch den US-Präsidenten genannt. McCloy war frühzeitig über diese Pläne informiert und setzte sich dafür ein, dass das Komitee auch die Sicht der Ölindustrie berücksichtigte. Die Positionen, die die Konzerne im Rahmen dessen jeweils einnehmen sollten, legte die Oil Group vorab gemeinsam fest.²⁹² Allerdings beschränkte sich McCloy nicht allein darauf, Informationen weiterzugeben, sondern gab auf Basis seiner politischen Expertise auch klare Handlungsempfehlungen für die Unternehmen ab, machte Vorschläge und entwickelte selbst neue Strategien. Dabei ging es auch um politische Prozesse und Entscheidungen, die er den Majors vermittelte: „McCloy is the formulator of foreign policy for the oil companies. Oil company presidents were just grown-up engineers. He’ taken their views and giving putting them into profound foreign policy terms.“²⁹³ Diese Beschreibung von US-Senatsanwalt Jack Blum macht deutlich, dass die Majors mit der zunehmenden Politisierung des Marktes auch ihre eigene Expertise in diesem Bereich professionalisierten. Mit McCloy hatten sie einen Berater, der genau diesem Interesse entsprach.
Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 15.01.1965. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 1, Folder: MOC G–L, Interview Jack Blum, 03.10.1984.
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McCloy vermittelte zwischen den Firmen und politischen Entscheidungsträgern: „McCloy was the rain maker for the oil companies, via-a-vis the Washington relationship.“²⁹⁴ So wurde McCloy zum Aushängeschild einer Strategie der politischen Aufklärung durch die Majors. Neben den Gesprächen mit hochrangingen US-Regierungsvertretern reiste McCloy mehrfach nach Europa sowie auch in die Ölexportländer des Mittleren und Nahen Osten und klärte im Rahmen dessen über die Gefahren der sowjetischen Ölexporte auf. Dabei profitierten die Majors von seiner Reputation. Insbesondere durch seine Vielzahl an Tätigkeiten im politischen Raum und seine vielfältigen Funktionen in der Wirtschaft erkannten ihn Industrie und Politik gleichermaßen als Experten an. Diese Anerkennung verschaffte ihm Vertrauen auf beiden Seiten. Die Majors erreichten damit, dass die Regierungen, auf die sie Einfluss nehmen wollten, zugänglicher für ihre Argumente waren, da sie davon ausgingen, dass McCloy auch die nationalen Interessen bzw. die des westlichen Bündnisses vertrat und nicht nur ein Abgesandter der Majors war. Insbesondere aufgrund der in den USA herrschenden Skepsis den Ölkonzernen gegenüber zahlte sich dies aus. McCloy selbst war davon überzeugt, dass er die nationalen Interessen des Westens bzw. der USA und die der Majors parallel im Blick hatte. In seiner Unterstützung der Konzerne sah er durchaus auch einen politischen Auftrag: „McCloy would deeply regret an adversarial role between business and government, believing they should be partners.“²⁹⁵ Diese öffentlich vertretene Einstellung erhöhte seine Authentizität und Glaubwürdigkeit sowohl in politischen Kreisen als auch bei den Majors.
Ships-for-Oil-Deal Die Oil Group diente nicht nur der Absprache langfristiger, allgemeiner Strategien in Bezug auf die sowjetischen Exporte, sondern wurde auch für ganz konkrete Anliegen eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist Großbritanniens „Schiffe-gegen-ÖlDeal“, an dem die Funktionsweisen der Oil Group besonders eindrücklich gezeigt werden kann. Trotz des gescheiterten Mikojan-Deals kamen in Großbritannien weiterhin kontinuierlich diverse Vorschläge für den Handel mit der Sowjetunion auf. Ende des Jahres 1962 tat sich eine neue Option auf: russisches Öl gegen britische Schiffe. Die Schiffbauindustrie Großbritanniens war zu diesem Zeitpunkt in einer Strukturkrise mit gravierend steigenden Arbeitslosenzahlen, die zuneh Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 1, Folder: McCloy Correspondence, Letter from Jerome L. Levinson to Kai Bird, 16.11.1984. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 1, Folder: MOC G–L, Interview Jerome Levinson, 11.10.1980.
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mend ein politisches Problem darstellten. Der von der Sowjetunion offerierte Vertrag sah Aufträge für die Schiffsbauindustrie im Wert von 30 Millionen Pfund vor, wenn die Briten im Gegenzug bereit wären, bis zu einer Million Tonnen russisches Öl im Wert von etwa vier Millionen Pfund für den britischen Markt zu importieren. Insbesondere das Board of Trade wollte den Handelsvertrag trotz des Importverbots für russisches Öl durchsetzen und argumentierte damit, dass die britische Nachfrage weiterhin stark anstieg und damit der Import einer kleinen Menge sowjetischen Öls unproblematisch sei.²⁹⁶ Die Ambitionen des Board of Trade diskutierte auch die Oil Group. Die Unternehmen einigten sich darauf, dass BP und Shell in diesem Zusammenhang verstärkt auf politische Aufklärung setzen sollten. Dazu finden sich zahlreiche Konsultationen zwischen den Unternehmen und Vertretern der britischen Regierung.²⁹⁷ McCloy berichtete in diesem Zusammenhang, „that the British oil companies had protested to the UK Government and that the Cabinet had been shaken by the force of these views“²⁹⁸. Im Februar 1963 traf sich etwa BPs Chairman Bridgeman mit dem Foreign Secretary Alec Douglas-Home, um die Sicht der Industrie auf den Ships-for-Oil-Deal zu präsentieren. Dabei argumentierte der Vertreter von BP damit, dass der Import sowjetischen Öls nach Großbritannien vor allem negative psychologische Effekte haben würde: „The loss of profit on a small matter of half a million tons of fuel oil was negligible and it was not the profit aspect which concerned him. He thought of this […] as the thin end of wedge mainly in its psychological effect in the Middle East.“²⁹⁹ Bewusst betonte Bridgeman, dass es nicht um die unternehmerischen Interessen gehe, sondern führte ferner aus, dass die Sicherheitspolitik des Westens durch einen derartigen Deal infrage stehe. Insbesondere gäbe es keine Grundlage mehr für die Majors und auch die britische Regierung, Einfluss auf andere Länder auszuüben, um deren Import sowjetischen Öls in moderaten Mengen zu halten, wenn auch Großbritannien von seinem Importverbot Abstand nehme. Nicht zuletzt aus diesen Gründen seien BP und Shell nicht bereit, sowjetisches Öl über ihre Vertriebswege
Vgl. TNA, CAB 21/5883, Sales of British Ships in Exchange for Imports of Russian Oil (Note by the Officials), 1963. Vgl. z. B. TNA, CAB 21/5883, Note of a Meeting between the Lord President and Bridgeman (BP), 26.02.1963. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 47, Folder: PET Petroleum UK 1963, Memorandum for Bundy, Subject: Mr. John McCloy’s Views on Proposed British Purchase of Soviet Oil for Sale of British Ships to the USSR, 18.02.1963. TNA, CAB 21/5883, Record of Conversation between Secretary of State and Bridgeman (BP), 22.02.1963.
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auf dem britischen Markt zu verkaufen.³⁰⁰ Parallel zu den Bemühungen von Shell und BP setzte sich auch John McCloy dafür ein, die britische Regierung aufzuklären.³⁰¹ Dabei sind dieselben Argumente wie bei den europäischen Majors wiederzufinden, was dafür spricht, dass zuvor einheitliche Positionen in der Oil Group abgestimmt wurden: „The psychological impact of the British decision to import Soviet oil would be very significant, particularly among NATO countries already taking Soviet oil […], which would interpret this a lessening their need for a policy of restraint and moderation in imports of Soviet oil.“³⁰² McCloy berichtete dem britischen Botschafter, die Reaktion der USA auf einen derartigen Deal sei sehr kritisch und insbesondere der Kongress würde protestieren. Die Beziehungen zwischen den USA und Großbritannien hatten bereits unter dem Veto der Briten in der NATO-Abstimmung über das Großröhren-Embargo gegen die Sowjetunion gelitten. McCloy argumentierte hier mit der Abhängigkeit Großbritanniens von den USA und deutete an, dass der Ships-for-OilDeal weitreichende diplomatische Konsequenzen haben könnte. Die Majors positionierten sich zusätzlich auch öffentlich zu den Absichten Großbritanniens. So teilten sie der Petroleum Intelligence Weekly mit: „If Soviet oil eventually moves into Britain through a ships-for-oil-deal, it won’t be marketed voluntarily by the major oil companies.“³⁰³ Auch in der britischen Presse tauchten die Argumente der Majors auf. So zum Beispiel in der Financial Times, die berichtete, dass die Bedenken der Unternehmen in Bezug auf die psychologischen Auswirkungen des Deals bei den anderen Konsumentenländern sowie den traditionellen Versorgern der OPEC durchaus ernst zu nehmen seien.³⁰⁴ Die britische Regierung schien die Warnungen der Majors und McCloys durchaus ernst zu nehmen und erklärte sich sowohl gegenüber der US-Regierung als auch einigen OPEC-Mitglieder, zum Beispiel dem Iran. Die von der NATO empfohlene Politik des „caution and restraint“ in Bezug auf die sowjetischen Exporte werde von Großbritannien weiter umgesetzt. Allerdings verfolge das Land von jeher eine liberale Handelspolitik, die vor allem den volkwirtschaftlichen Vgl. ebd. Vgl. TNA, CAB 21/5883, Record of Conversation between the Chancellor of the Exchequer and Mr. McCLoy, 04.03.1963; TNA, CAB 21/5883, Secret Report to Prime Minister, Subject: Russian Oil and British Ships, 05.03.1963. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 47, Folder: PET Petroleum United Kingdom 1963, Memorandum for the White House, Subject: Mr. John McCloy’s Views on Proposed British Purchase of Soviet Oil for Sale of British Ships to the USSR, 17.02.1963. O. V., Oil Firms Won’t Market Soviet Oil in U.K. – Voluntarily, in: Petroleum Intelligence Weekly, 11.03.1963. Vgl. o. V., Cabinet Considers Soviet Oil Import Plan as Means to Secure Shipyard Orders, in: Financial Times, 06.02.1963.
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Interessen und dem Wohlstand Großbritanniens diene. Dieser Anspruch gelte auch für den Handel mit der Sowjetunion, schließe aber eine gewisse Zurückhaltung in Bezug auf Öl nicht aus.³⁰⁵ Neben der Strategie der politischen Aufklärung entwickelten die Majors im Rahmen der Oil Group allerdings auch konkrete Maßnahmen, um den Deal zu verhindern. Der Vorschlag lautete, dass die Unternehmen selbst Aufträge an die britischen Schiffsbauer vergaben.³⁰⁶ In seinem Gespräch mit dem Foreign Secretary berichtete Bridgeman von BP, „several of the oil companies had referred to the possibility of their placing orders for tankers in the United Kingdom“³⁰⁷. Er betonte die einheitliche Meinung der Majors, dass sie die US-Regierung nicht zu einem formalen Eingreifen bewegen wollten, sondern vielmehr durch eigenes Handeln Einfluss nehmen konnten: „He did think that the American interest in placing orders for tankers, perhaps twelve at a cost of between 15 and 25 million pound would help H.M.G. with the problem in areas of high unemployment.“³⁰⁸ In dieser Argumentationsweise zeigt sich eine zweistufige Strategie der Majors. So drohte Bridgeman indirekt, dass – sollten die britische Regierung nicht auf das Angebot eingehen und auf Aufträge aus der Sowjetunion verzichten, sie versuchen würden, den Druck durch die US-amerikanische Regierung zu erhöhen. In der Tat einigten sich die Unternehmen zuvor darauf, die US-Regierung außen vor zu lassen und selbst zu handeln.³⁰⁹ So hatte Texaco kurzfristig bei der britischen Vickers einen 61.000 Tonnen Tanker in Auftrag gegeben.³¹⁰ Sollten die Briten trotzdem den Vertrag eingehen, wollten die Ölgesellschaften die US-Regierung in einer zweiten Stufe dazu bewegen, Druck auf Großbritannien auszuüben. Auch in dieser Angelegenheit trat McCloy als Vermittler auf und führte mit verschiedenen britischen Regierungsvertretern Gespräche. Bei einem Treffen mit dem Chancellor of the Exchequer Reginald Maudling führte McCloy zunächst aus, dass die Majors sowie auch das State Department und der Kongress aufgrund der Gerüchte um den Ships-for-Oil-Deal sehr beunruhigt seien. Dabei griff er wieder
Vgl. TNA, FO 371/172535 – 42, Secret Letter from Foreign Office to Teheran, Februar 1963. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 29.04.1963. TNA, CAB 21/5883, Record of Converstation between Secretary of State and Bridgeman (BP), 22.02.1963. Ebd. Vgl. NARA, RG 59, Records Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 47, Folder: PET Petroleum UK 1963, Memorandum for Bundy, Subject: Mr. John McCloy’s Views on Proposed British Purchase of Soviet Oil for Sale of British Ships to the USSR, 18.02.1963. Vgl. TNA, CAB 21/5883, Record of Conversation between the Chancellor of the Exchequer and McCloy, 04.03.1963.
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auf die gemeinsam erarbeiteten Argumente zurück und betonte die psychologischen Auswirkungen. Gleichzeitig gäbe es auch großes Verständnis für die britische Situation und die steigende Arbeitslosigkeit, die der Anlass sei, überhaupt über einen Handel mit der Sowjetunion nachzudenken. Die Ölkonzerne wären, so McCloy, aus diesem Grund bereit, auszuhelfen: „They decided that, although they had no need of tankers just yet, […] they would now make enquiries of British yards building nine tankers as a taken of goodwill and their appreciation of our problem.“³¹¹ Die Briten sollten im Gegenzug davon Abstand nehmen, sowjetisches Öl zu importieren. Ende März berichtete der Minister des Ministry of Transport dem Premierminister Harold Macmillan in einem geheimen Schreiben, dass es seit McCloys Besuch keine sicheren Zusagen für Aufträge der Majors gäbe.³¹² Tatsächlich kann bis auf Texacos Käufe nicht nachgewiesen werden, ob es zu weiteren Verträgen zwischen britischen Werften und den Sieben Schwestern kam. Dies kann aber auch damit begründet werden, dass diese, wie Bridgeman von BP betonte, „should be kept out of Government channels, and should be negotiated as a straight business deal“³¹³. Der Ships-for-Oil-Deal kam schließlich nicht zu Stande. Die Einflussnahme der Majors schien erfolgreich. Die Ablehnung von BP und Shell sowjetisches Öl zu vermarkten, der öffentliche Druck, die Beziehung zu den USA sowie das Angebot der Majors, Aufträge an britische Schiffsbauer zu vergeben, waren dabei von zentraler Bedeutung. Zudem hat Jensen-Eriksen nachgewiesen, dass die Unstimmigkeiten zwischen dem Board of Trade und dem Ministry of Transport, die sich für den Deal aussprachen, und der Zurückhaltung des Foreign Office und auch Macmillans selbst ebenfalls dazu beitrugen, dass kein Vertrag mit der Sowjetunion abgeschlossen wurde.³¹⁴ Die Reaktionen der Sieben Schwestern auf die sowjetische Öloffensive sind durch drei Phasen gekennzeichnet. Diese sind allerdings nicht als abgeschlossene, separate Einheiten zu verstehen, sondern vielmehr verliefen Prozesse parallel und verschiedene Entwicklungen gingen ineinander über. Zunächst sondierte jedes Unternehmen die Situation für sich. Die Informationsbeschaffung erwies sich dabei angesichts der durch die Sowjetunion ausgelösten Unsicherheiten für alle Majors als besonders wichtig, stellte allerdings
TNA, CAB 21/5883, Record of Conversation between the Chancellor of the Exchequer and Mr. McCloy, 04.03.1963. TNA, CAB 21/5883, Secret Letter from Minister of Transport to Prime Minister, 25.03.1963. TNA, CAB 21/5883, Note of a Meeting between the Lord President and Bridgeman (BP), 26.02. 1963. Jensen-Eriksen, „Red Oil“.
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auch ein schwieriges Unterfangen dar und forderte einen erheblichen Kostenaufwand. Aufgrund des bereits bestehenden Überangebots auf dem Ölmarkt und der Preispolitik der UdSSR identifizierten die Unternehmen die sowjetischen Ölexporte als massives Problem, allerdings existierten zunächst unterschiedliche Ansätze, damit umzugehen. Exxon, Mobil, Socal und BP versuchten durch politische Aufklärungsarbeit, die Konsumentenländer zur Drosselung der sowjetischen Importe zu bewegen. Dabei nahm Exxon eine Führungsrolle ein. Diese Strategie unterliefen wiederum Texaco und Shell. Insbesondere Shell zog eine Zusammenarbeit mit der Sowjetunion in Betracht und erhoffte sich dadurch individuelle Vorteile. In der zweiten Phase näherten sich die Positionen der Majors zunehmend an. Die Firmen realisierten, dass unternehmerische Maßnahmen fehlschlugen, um mit den sowjetischen Exporten zu konkurrieren. Sie erkannten, dass der Sowjetunion als staatlichem Akteur auf dem Ölmarkt nur mit politischen Maßnahmen beizukommen war und verstärkten ihre öffentliche Aufklärungskampagne. Dabei entwickelten sie eine Art multinationalen Lobbyismus. Sie führten nicht nur Gespräche mit ihren Heimatregierungen und anderen westlichen Staaten, sondern bemühten sich auch aktiv darum, dass ihre Positionen in den internationalen Debatten der NATO und der EWG Gehör fanden. Insbesondere Exxon ging dazu über, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, wie etwa ein Exportverbot für Pipeline-Equipment, um den Pipelinebau in der Sowjetunion zu verlangsamen. Ein entsprechendes Embargo setzte schließlich die NATO auf Drängen der USA durch. Die letzte Phase war durch eine Professionalisierung in allen Bereichen geprägt. Die Unternehmen erkannten, dass eine einheitliche Lobbystrategie und die Koordination gemeinsamer Maßnahmen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ihnen einen erheblichen Mehrwert einbrachte. Ihre Glaubwürdigkeit und Expertise im politischen Raum erhöhten sie außerdem durch die Anstellung von McCloy als Vermittler. Angesichts der Unsicherheiten und Informationsdefizite, die in Bezug auf das sowjetische Öl bestanden, verschafften die Majors sich durch die Oil Group ein Forum für einen institutionalisierten Austausch. Mit McCloy gewannen die Unternehmen einen der einflussreichsten politischen Berater, der sowohl in der internationalen Politik als auch in der Wirtschaft vernetzt und anerkannt war. Auf dieser Basis versetzten sich die Unternehmen in die Lage, Unsicherheiten zu reduzieren und ihre Strategien kurzfristig anzupassen, wie der Ships-for-Oil-Deal zeigt. Gleichzeitig bot die Kooperation ihnen auch die Möglichkeit, ihre Konkurrenten zu kontrollieren. Mit einem wachsenden Eigenbedarf der Sowjetunion zeichnete sich bereits Mitte der 1960er-Jahre ein Rückgang der russischen Ölexporte ab. Die Unternehmen beobachteten diese Entwicklung allerdings weiterhin genau und diskutierten
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4 Öl im Kalten Krieg
sie in der Oil Group. Auch die Strategie der politischen Aufklärung blieb als formuliertes Ziel bestehen. Bestimmte Reaktionen und Maßnahmen bewerteten sie als eigene Erfolge. Dazu gehört insbesondere das Embargo in der NATO, das aus Sicht der Majors den notwendigen Verzögerungseffekt im sowjetischen Pipelinebau gebracht hatte.³¹⁵ Die Gründung der Oil Group war eine Reaktion auf die zunehmende Politisierung des Ölmarktes, die sich in der Phase der sowjetischen Öloffensive bereits ankündigte. Weit vor der Ölpreiskrise schufen die Majors damit eine zentrale Organisation, um den neuen Herausforderungen gemeinsam zu begegnen. Aus der bereits bestehenden langfristig gewachsenen Zusammenarbeit auf dem Markt entstand eine neue Form der Kooperation. Auch wenn hier nicht die herkömmlichen Parameter eines Kartells wie etwa Preisabsprachen im Mittelpunkt standen, so sind doch ähnliche Motive auszumachen. Die sowjetischen Exporte lösten einen Krisenmoment bei den Majors aus. Die Absprachen in der Oil Group dienten dazu, die Krise zu überwinden und den Geschäftserfolg zu sichern. Damit lässt sich an von Kleinwächters Ursachenbeschreibung für die Kartellbildung anknüpfen.³¹⁶ Gleichzeitig diente die Krise als Legitimation für die Zusammenarbeit. Insbesondere die politische Dimension der sowjetischen Öloffensive im Kontext des Kalten Krieges führte dazu, dass die Kooperation der Konzerne – trotz der Antitrust-Gesetze – auch politisch erwünscht war. Dass die Oil Group auch mit dem Rückgang der russischen Exporte erhalten blieb, bestätigt zudem, dass Unternehmen Kartellzusammenarbeit auch über eine Krise hinaus als strategisches unternehmerisches Element nutzen. Ein wichtiger Grund dafür waren die durch die Kooperation gesenkten Transaktionskosten, die sich auch nach der Krise als vorteilhaft erwiesen. Insbesondere die Informationsbeschaffung gestaltete sich deutlich effizienter und auch die Beauftragung eines gemeinsamen Beraters brachte den Majors einen erheblichen Mehrwert. Obwohl die Sieben Schwestern den Vertrag nicht untereinander, sondern mit McCloy abschlossen und damit die klassischen Sanktionsmechanismen für Kartelle fehlten, erwies sich die Oil Group als eine stabile Organisation. Maßgeblich dafür war die Interessenkongruenz der Majors, die auch andere Studien als ein ausschlaggebender Faktor für den Erfolg von Kartellen bewerten.³¹⁷ Gleichzeitig wirkte die langfristige Zusammenarbeit und gemeinsame Erfahrung trotz der bestehenden Konkurrenz als stabilisierendes Element.
Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 18.01.1967. Vgl. von Kleinwächter, Kartelle. Vgl. Levenstein/Suslow, Cartel.
5 Die Sieben Schwestern und die OPEC Mit der Gründung der OPEC im Jahr 1960 trat ein neuer politischer Akteur auf den Ölmarkt. Die ölexportierenden Länder schufen ein staatliches Gegenkartell, dessen Aufgabe darin lag, die Mitbestimmungsrechte und Kontrolle der Mitgliedsländer über ihre Ressourcen zu sichern. Im Rahmen der OPEC versuchten die Förderstaaten, eine koordinierte Ölpolitik zu entwickeln und ihre Verhandlungsmacht gegenüber den Konzernen zu stärken. Die OPEC forderte höhere Gewinnbeteiligungen und Produktionsmengen. Damit versuchte sie, auf wesentliche Marktparameter Einfluss zu nehmen, die zuvor überwiegend die Sieben Schwestern bestimmt hatten. Dies stellte die Position der Majors, ihren Zugang zu den Ölreserven sowie ihre Gewinne infrage. Die Vervierfachung des Ölpreises im Jahr 1973 infolge der eigenmächtigen Erhöhung des Posted Price durch die OPEC gilt als Höhepunkt dieser Entwicklung. Die Ölpreiskrise nahmen die westlichen Industrienationen als einschneidendes Ereignis im wirtschaftlichen und politischen Gefüge wahr. Dies gilt auch für den überwiegenden Teil der Forschungsliteratur, die den Ölpreisschock als wesentliche Zäsur der Nachkriegszeit bezeichnet.¹ Die OPEC erscheint in diesem Zusammenhang als machtvoller Akteur, der den Ölgesellschaften und den westlichen Konsumentenländern von nun an die Preise diktierte.² Neuere Forschungen betonen zu Recht die Notwendigkeit, die Ereignisse aus dem Jahr 1973 als das Ergebnis langfristiger Entwicklungen zu verstehen, die sowohl politische als auch wirtschaftliche Akteure frühzeitig registrierten.³ Die vorliegende Arbeit meldet zudem Zweifel an, ob das Aufbegehren der OPEC für die Majors tatsächlich mit einem Machtverlust einherging. Zur Rolle der Konzerne in der Krise liegen sowohl zeitgenössische als auch in der Forschungsliteratur unterschiedliche Interpretationen vor. So bezeichnet Hohensee die sieben Gesellschaften als wahre Krisenmanager, bezieht sich dabei allerdings mehr auf das Ölembargo als auf die Veränderungen durch die OPEC.⁴ Einige Autoren interpretieren die Ölpreiskrise als Verschwörung zwischen der US-Regierung und den Majors,⁵ andere zeichnen das Bild schwacher Konzerne, die wenig Handlungsspielraum besaßen.⁶ Keine dieser Vgl. Doering-Manteuffel/Raphael, Boom. Z. B. Hohensee, Ölpreisschock, S. 40; Merrill, Oil Crisis, S. 31 f.; Venn, Oil Diplomacy, S. 136; Yergin, Preis, S. 703 f. Vgl. Bini/Garavini/Romero (Hg.), Oil Shock; Garavini/Petrini, Continuity; Graf, Öl und Souveränität. Vgl. Hohensee, Ölpreisschock, S. 161 f. Vgl. Engdahl, Century. Vgl. Bamberg, Petroleum; Wall, Growth; Yergin, Preis. https://doi.org/10.1515/9783110637359-007
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Studien hat allerdings das Verhalten und die Reaktionen der Sieben Schwestern umfassend und in langfristiger Perspektive untersucht. Vielmehr wird der Krisenmoment in den Mittelpunkt gestellt. Bereits die Gründung der OPEC kann allerdings als externer Schock bezeichnet werden, auf den die Majors reagieren mussten. Da die Sieben Schwestern gleichermaßen in den Mitgliedstaaten der OPEC agierten, waren sie – insbesondere durch die Konsortien – in ähnlicher Weise von der Entwicklung betroffen. Es ist daher anzunehmen, dass die Unternehmen auch hier gemeinsame Lösungsstrategien entwickelten. Das vorliegende Kapitel fragt daher nach der Kooperation der Unternehmen als Instrument der Machterhaltung. Da sich die Majors durch die OPEC mit einem weiteren politischen Akteur auf dem Ölmarkt konfrontiert sahen, gilt es außerdem zu analysieren, welche politischen Maßnahmen sie entwickelten, um ihre unternehmerischen Ziele durchzusetzen. Die Ölpreiskrise stand am Ende eines Prozesses langfristiger Entwicklungen. Daher erscheint es sinnvoll, nicht die Krise von 1973 in den Blick zu nehmen, sondern die Beziehungen zwischen den Majors und den Förderstaaten in längerfristiger Perspektive zu untersuchen. Im Folgenden liegt daher der Fokus auf den 1960er- und den frühen 1970er-Jahren – kurz vor der Ölpreiskrise. Der langfristige Blick ermöglicht, den Wandel und die Strategieentwicklung der Unternehmen festzustellen und auf dieser Basis eine differenzierte Bewertung über die Macht der Konzerne vorzunehmen. Das Kapitel gliedert sich in vier Teile. In den ersten beiden Teilen wird die OPEC als Organisation mit ihren Charakteristika dargestellt und analysiert, welche konkreten Herausforderungen sich durch die neue Organisation für die Sieben Schwestern ergaben. Im dritten Schritt werden die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren untersucht. Dabei gilt es nicht, umfassende Verhandlungen zu rekonstruieren, sondern vielmehr allgemeine Tendenzen in den Beziehungen zwischen den Majors und den Förderländern in der frühen Phase der OPEC abzubilden. 1971 spitzten sich aufgrund veränderter Rahmenbedingungen auf dem Ölmarkt die Forderungen der OPEC zu und es kam zu den Verhandlungen von Teheran und Tripolis, die als Vorboten der Ölkrise bezeichnet werden können. Im vierten Teil des vorliegenden Kapitels werden das Verhalten und die Strategien der Majors im Rahmen dieser Verhandlungen analysiert. Im Mittelpunkt stehen dabei die verschiedenen Kooperationsformen und der politische Lobbyismus der Unternehmen.
5.1 Die OPEC: Gründung und erste Jahre
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5.1 Die OPEC: Gründung und erste Jahre Die Gründung der OPEC im Jahr 1960 ist nur vor dem Hintergrund langfristiger Entwicklungen zu verstehen. Von besonderer Bedeutung erwies sich dabei einerseits die politische Entwicklung der Ölexportländer im Rahmen der Dekolonisation. Andererseits spielten die Verhältnisse auf dem globalen Ölmarkt sowie die Beziehungen zwischen der Industrie und den Produzentenstaaten eine zentrale Rolle. Da die Gründungsmitglieder der OPEC – der Irak, Iran, Kuwait, SaudiArabien und Venezuela – mit Ausnahme von Venezuela allesamt zum Mittleren und Nahen Osten gehörten, liegt der Fokus im Weiteren auf diesen Staaten. Die Ölproduktion in Persien und Mesopotamien begann bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts insbesondere durch BP, unterstützt von der britischen Regierung. Nachdem sich Erdöl im Ersten Weltkrieg als strategischer Faktor herausstellte, gewann die Region für die westlichen Industrienationen zunehmend an Bedeutung: „Control of petroleum resources became the overriding focus of Western rivalry in the area and the main impetus for the Western powers to establish and maintain political and economic control over the region.“⁷ Vor allem Großbritannien und die USA konkurrierten miteinander. Die Briten setzten ihre koloniale Vormachtstellung im Irak und Iran strategisch für die Kontrolle über die dortigen Ölreserven ein. Mit dem Aufstieg der USA zur dominierenden Weltmacht verschafften sich auch die Amerikaner Zugang zum Öl des Mittleren und Nahen Ostens, insbesondere zu den neu entdeckten Ölreserven der arabischen Halbinsel. Andreas Goldthau und Jan-Martin Witte sprechen in diesem Zusammenhang von einem Ressourcenimperialismus.⁸ Die Kontrolle über den Rohstoff übten allerdings nicht die Regierungen der westlichen Industrienationen aus, sondern die sieben Majors. Sowohl die britischen als auch die US-Regierungen unterstützten die Unternehmen zwar diplomatisch, überließen den Konzernen allerdings das Ölgeschäft und die Verhandlungen mit den Regierungen in der Region. Die Beziehungen zwischen den Unternehmen und den Ölexportstaaten des Mittleren und Nahen Ostens wurden über ein Konzessionssystem organisiert. Die Konzerne handelten mit der jeweiligen Regierung einen Konzessionsvertrag aus. Mit der Konzession erlangten sie das exklusive Recht für einen bestimmten Zeitraum in einer bestimmten Region Explorationen durchzuführen. Gleichzeitig wurden die Abgaben der Unternehmen an die Regierung vertraglich festgelegt. Dies beinhaltete zumeist eine direkte, einmalige Zahlung für die Konzession sowie
Stork, Middle East Oil, S. 8. Goldthau/Witte, OPEC, S. 47.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
kontinuierliche Abgaben, die sogenannten Royalties, pro Barrel Öl. Zumeist schlossen sich mehrere Ölgesellschaften zusammen und gründeten ein Konsortium vor Ort, das sowohl das operative Geschäft als auch – unterstützt durch die Mutterkonzerne – die Kontakte mit den jeweiligen Regierungen regelte (siehe Kap. 3.5). Dieses System existierte bis auf kleinere Anpassungen bis in die 1970erJahre.⁹ Die wichtigsten Konsortien stellten die IPC im Irak, das iranische Konsortium sowie Aramco in Saudi-Arabien dar. Die frühen Konzessionen wurden über sehr lange Zeiträume, zwischen 60 und 80 Jahren, festgelegt. Die Abgaben der Gesellschaften an die Regierungen der Exportländer machten in der Regel zwischen 12 % und 20 % der Konsortialgewinne aus.¹⁰ Mit der Vergabe der Konzession gaben die Produzentenländer weitgehend alle Rechte über ihre Ressource aus der Hand. Die Unternehmen stellten sämtliche Infrastruktur für die Ölproduktion. Sie investierten in risikoreiche Explorationsprogramme, Raffinerien und den Transport. Schließlich organisierten sie auch den Absatz und die Vermarktung des Öls in den Konsumentenländern. Sie entschieden autonom über Fördermengen und Preise und damit auch über die Einnahmen der Ölexportstaaten.¹¹ Die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens stellten überwiegend Entwicklungsländer dar. Sie verfügten selbst weder über die nötigen Fachkenntnisse noch über das Kapital für die Produktion. Zudem fehlten wirtschaftliche Infrastrukturen und häufig auch eine politische Stabilität. Die bestehenden Asymmetrien führten zu starken Abhängigkeiten der Produzentenländer von den Sieben Schwestern. Die Beziehungen waren aufgrund dessen von jeher kompliziert. Dabei erwiesen sich die Produktionsquoten und die Aufteilung der Gewinne als besonders konfliktreich.¹² Seit dem Zweiten Weltkrieg verdichteten sich diese Konflikte zunehmend. Die Ölexportstaaten forderten höhere Gewinnbeteiligungen. Angeführt von Venezuela setzten sie schließlich die 50:50-Formel durch.¹³ Demnach erhielten die Förderländer als Royalty 50 % der Differenz zwischen dem Listenpreis für Rohöl und den Kosten der Ölförderung. Der Listenpreis, der sogenannte Posted Price, war eine starr festgelegte Größe, die je nach Angebot und Nachfrage vom tatsächlichen Marktpreis abwich. Mit der neu eingeführten Profitteilungsformel begannen die Förderländer die Informationspolitik der Konzerne über Kosten und
Vgl. Stork, Middle East Oil, S. 7 f.; Tugendhat, Erdöl, S. 92 f. Vgl. Goldthau/Witte, OPEC, S. 47. Vgl. Luciani, Oil Companies, S. 27. Vgl. Goldthau/Witte, OPEC, S. 49. Vgl. Hohensee, Ölpreisschock, S. 17 f.
5.1 Die OPEC: Gründung und erste Jahre
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Preise infrage zu stellen. Zuvor waren diese Informationen nebensächlich, da sich die Abgabe nur nach der geförderten Menge richtete.¹⁴ Allerdings lag hier eine Informationsasymmetrie vor. So verfügten die Regierungen der Ölproduzentenländer nicht über das nötige Wissen der Kostenkalkulationen der Produktion.¹⁵ Die Majors beschäftigten zwar lokales Personal in den Konsortien, verzichteten allerdings überwiegend auf Investitionen für eine Aus- und Weiterbildung dieser Mitarbeiter. Vielmehr lagen die zentralen Funktionen in den Konsortien in der Hand von britischen oder amerikanischen Managern.¹⁶ Die Förderländer meldeten in diesem Zusammenhang zunehmend Zweifel an, ob die Majors ihnen vollständige Informationen lieferten. So warf etwa der saudi-arabische Ölminister Abdullah Tariki den Konzernen 1960 beim arabischen Ölkongress folgendes vor: „You hide things from us, you tell two different governments two different things. […]. We cannot accept anything you tell us without investigating it carefully.“¹⁷ Die Einkommen der Ölexportländer stiegen durch die neue Formal zwar an, allerdings wuchsen die Gewinne der Majors zeitgleich stärker. Stork gibt an, dass Saudi-Arabien 1944 1,7 Millionen Dollar durch die Ölproduktion erhielt und 1949 bereits 50 Millionen. Das Konsortium konnte allerdings im selben Zeitraum seine Gewinne von 2,8 Millionen auf 115 Millionen steigern. Dieses Ungleichgewicht, das nicht nur Saudi-Arabien betraf, erhöhte die Unzufriedenheit der Förderstaaten.¹⁸ Neben der Gewinnbeteiligungsproblematik entwickelten sich zunehmend auch Interessenkonflikte in Bezug auf die Produktionsquoten. Die günstigen Produktionsbedingungen im Mittleren und Nahen Osten führten seit den 1950erJahren zur kontinuierlichen Suche und Entdeckung neuer Ölfelder. Das dadurch entstehende Überangebot auf dem Markt veranlasste die Majors, innerhalb ihrer Konsortien in enger Abstimmung zu agieren. Solange die Nachfrage nicht im Gleichgewicht mit dem Angebot stieg, galt es, die Produktion möglichst niedrig zu halten, um einen Preisverfall zu verhindern und damit die Gewinne zu sichern. In diesem Prozedere kollidierten die Interessen der Unternehmen mit denen der Ölexportländer, die eine Erhöhung der Produktion forderten, um ihre staatlichen Einnahmen zu steigern. In den 1950er-Jahren kündigten verschiedene Entwicklungen Veränderungen auf dem Ölmarkt an. Mit dem Zusammenbruch der Kolonialreiche und nationalen Unabhängigkeitsbestrebungen erstarkte das Selbstbewusstsein der Förderstaaten. Die Durchsetzung der 50:50-Profitteilungsformel stellte bereits einen Vor
Vgl. Bader-Gassner, Pipelineboom, S. 49; Danielsen, Evolution, S. 140 f. Vgl. Stork, Middle East Oil, S. 89. Vgl. Goldthau/Witte, OPEC, S. 49. Zititert nach Adams, Oil. Stork, Middle East Oil, S. 46 f.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
boten des Machtkampfes zwischen den Unternehmen und den Ölexportländern dar. Letztgenannte forderten weiterhin höhere Abgaben und Produktionssteigerungen. Darüber hinaus entwickelten sie zunehmend Ambitionen, die Kontrolle über den eigenen Rohstoff zu übernehmen. Dies zeigte sich beispielsweise an der – wenn auch wenig erfolgreichen – Verstaatlichung des iranischen Konsortiums 1951.¹⁹ Hintergrund dieser Bestrebungen war nicht nur der steigende Nationalismus der ehemaligen Kolonialstaaten, sondern auch der erstarkte Wunsch der Entwicklungsländer sich den Industrienationen wirtschaftlich anzunähern und langfristig gleichzuziehen.²⁰ Hier lässt sich auch an die Bestrebungen der Entwicklungsländer im Rahmen verschiedener Institutionen wie etwa der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) anknüpfen.²¹ Die Einnahmen durch die Ölproduktion stellten für die meisten der Förderländer einen wichtigen Faktor für die wirtschaftliche Modernisierung, die sozialen Reformprogramme sowie die Verteidigung dar.²² Um ihren Einfluss zu erhöhen, bemühten sich die Ölexportländer auch darum, weiteres Fachwissen zu erwerben. Angeführt von Venezuela steigerten die Förderländer ihren Informationsstand im Ölgeschäft. Bemerkenswerterweise profitierten sie diesbezüglich einerseits von den Ölkonzerne selbst, die schwer zugängliche Informationen zur Öllandschaft zur Verfügung stellten – etwa durch ihre Geschäftsberichte oder andere Publikationen.²³ Andererseits sorgten auch die Heimatregierungen der Majors für Aufklärung. So lieferte etwa die 1952 von der US-Federal of Trade Commission veröffentlichte Studie umfangreiche Informationen zur Funktionsweise des Ölgeschäfts und der zentralen Rolle der Sieben Schwestern.²⁴ Darüber hinaus investierten die Förderstaaten zunehmend auch in die Ausbildung von Fachpersonal im Ausland. Infolgedessen kündigte ab Mitte der 1950er-Jahre ein Kader westlich-gebildeter Nationalisten eine neue Generation in der Ölpolitik an.²⁵ Beispielhaft sei hier nur Tariki genannt, der 1954 zum Ölminister in Saudi-Arabien ernannt wurde. Tariki studierte zuvor an der University of Texas Chemie und Geologie und arbeitete für einen kurzen Zeitraum bei Texaco. Er formulierte klare Ziele, die vor allem das Ziel der Selbstständigkeit Saudi-
Vgl. Petrini, Imperi, S. 141 f. Vgl. Garavini/Petrini, Continuity, S. 217. Vgl. Garavini, Decolonization, S. 474 f. Vgl. Venn, Oil Diplomacy, S. 128. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 40. Vgl. Stork, Middle East Oil, S. 89. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 163.
5.1 Die OPEC: Gründung und erste Jahre
187
Arabiens im Ölgeschäft wiederspiegelten. Auch in der Öffentlichkeit präsentierte sich der Ölminister und demonstrierte die neue Stoßrichtung.²⁶ Parallel zu den Bemühungen um Emanzipation in Bezug auf die eigenen Ressourcen erstarkte der arabische Nationalismus, der zunehmend Einfluss auf das Verhalten der arabischen Ölexportstaaten und damit auch auf den Ölmarkt hatte. Die zentrale Figur in diesem Zusammenhang war der ägyptische Regierungschef Gamal Abdel Nasser. Nasser initiierte 1956 die Suezkrise.²⁷ Mit der Schließung des Suezkanals boten die arabischen Staaten dem Westen erstmals geschlossen die Stirn. Im Hinblick auf Lieferengpässe erwies sich die Schließung des Kanals als nicht sehr erfolgreich, dennoch zeigte sie die Abhängigkeit der Industrienationen vom Öl aus dem Mittleren Osten. Der arabische Nationalismus als Bewegung war zwar dauerhaft durch die Differenzen zwischen den einzelnen Ländern beeinträchtigt, erzeugte aber an bestimmten Punkten eine kollektive Bindungskraft.²⁸ Neben den politischen Entwicklungen in den Ölexportstaaten veränderten sich in den 1950er-Jahren weitere Konstellationen auf dem Ölmarkt. Die günstigen Produktionsbedingungen in den Förderländern des Mittleren Ostens zogen neue Unternehmen, die Independents, an. Dazu zählten staatliche Unternehmen wie die italienische ENI oder die japanische Arabian Oil Company sowie private Firmen wie etwa Bunker Hunt, Continental oder die Marathon Oil Company. Die Independents konkurrierten mit den Majors um die Konzessionen und erhielten zunehmend Zuschläge (siehe Tabelle 1). Erfolgreich erwiesen sich dabei vor allem die besseren Gewinnbeteiligungen, die die Independents den Förderländern anboten. Federführend trat hier die ENI auf, die die 50:50-Profitregelung durchbrach.²⁹ Das Aufkommen der Independents und die zahlreichen neu entdeckten Ölquellen etwa in Nordafrika erhöhten das Angebot auf dem Ölmarkt. Hinzu kamen die steigenden sowjetischen Exporte (siehe Kap. 4).³⁰ Das bestehende Überangebot veranlasste die Majors dazu, den Posted Price im Februar 1959 zu senken. Aus der Erfahrung des geringen Widerstands der Förderländer entschieden sich die Unternehmen im Herbst 1960 zu einer weiteren Senkung des Listenpreises.
Vgl. Goldthau/Witte OPEC, S. 73 f.; Stork, Middle East Oil, S. 89 f.; Venn, Oil Diplomacy, S. 130. Vgl. zur Suezkrise z. B. Freiberger, Allianzpolitik. Vgl. Goldthau/Witte, OPEC, S. 65 f.; Karlsch/Stokes, Faktor, S. 297 f. Vgl. Stork, Middle East Oil, S. 84 f. Vgl. Petrini, Sisters, S. 92.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Tabelle 4: Posted Price ausgewählter OPEC-Rohöle zwischen 1956 und 1960 (in $/Barrel)a) Ausgewählte OPEC-Rohöle
Arabian Light Iranian Light Kuwait
, , ,
, , ,
, , ,
, , ,
a)
Eigene Darstellung nach Skeet, OPEC, S. 12.
Dies löste schließlich die Gründung der OPEC aus.³¹ Tariki äußerte sich öffentilch dazu wie folgt: „[…] the price cuts gave the Arab countries a unique opportunity to get together and show the companies that they cannot surprise the producers with price cuts which ruin their economies“³². Das Forum für die Entwicklung der Idee einer gemeinsamen Organisation bot die Arabische Liga, die 1959 in Kairo erstmals auf Initiative von Tariki einen Arab Oil Congress veranstaltete, an dem auch Vertreter aus dem Iran, Kuwait und Venezuela teilnahmen. Hier sah der venezolanische Ölminister Juan Pablo Pérez Alfonzo seine Chance gekommen.Venezuela stellte in den 1950er-Jahren einen der größten Ölproduzenten der Welt dar, konkurrierte allerdings zunehmend mit dem billigen Öl aus dem Mittleren Osten. Pérez Alfonzos erkannte frühzeitig, dass die Zusammenarbeit mit den Förderländern aus dieser Region möglicherweise die Einnahmen Venezuelas sichern könnte.³³ Bei dem reformatorischen Tariki stieß Pérez Alfonzos mit seiner Idee auf offene Ohren. Die Presse vermutete daher bereits nach dem Arab Oil Congress einen gemeinsamen Vorstoß der Förderstaaten.³⁴ In einem geheimen Schreiben des State Departments hieß es: „Perez Alfonzo could be called the strategist of this maneuver and Tariki the Arab tactician.“³⁵ Als Reaktion auf die zweite Senkung des Listenpreises trafen sich im Herbst 1960 die Ölminister der Förderländer in Bagdad und gründeten die OPEC. Die Delegierten definierten dabei drei wesentliche Ziele der neuen Organisation: Die Wiederherstellung des Listenpreises, die Entwicklung eines Produktionsquoten-
Vgl. Hohensee, Ölpreisschock, S. 19. Zitiert nach o. V., Tariki Sees Price Cuts as Aid to Arab Unity, in: Oil and Gas Journal, 29.08. 1960. Vgl. Garavini, Decolonization, S. 476; Skeet, OPEC, S. 5. Vgl. o. V., Second Arab Oil Congress Opens in Beirut, in: Oil and Gas Journal, 07.11.1960; Carmical, J. H., World Oil Cartel May Take Shape, in: New York Times, 25.09.1960; Skeet, OPEC, S. 16. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 1, Memo State Department, November 1960.
5.1 Die OPEC: Gründung und erste Jahre
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systems und die Solidarität unter den Förderländern.³⁶ Pérez Alfonzos äußerte sich zur Gründung der OPEC wie folgt: „We have formed a very exclusive club. Between us we control ninety percent of crude exports to world markets, and we are now united. We are making history.“³⁷ Bemerkenswert erscheint, dass die Förderländer zu diesem Zeitpunkt divergierende Interessen zurückstellten und auch politische Konflikte kurzfristig überwanden, um gemeinsam zu wirken. So erklärte sich etwa der moderate Schah von Persien trotz großer Abneigungen gegen den irakischen Machthaber Abdel Karim Kassem dazu bereit, im Rahmen der Organisation mit dem Irak zu kooperieren.³⁸ Die Majors reduzierten durch die Senkung des Posted Price erneut eigenmächtig und ohne Absprache die Einkommen der Förderländer. Die Exportstaaten waren sich darüber einig, dieses Verhalten zukünftig nicht mehr zu akzeptieren. Sie erkannten, dass sie durch Kooperation und kollektives Handeln ihre Macht gegenüber den Konzernen erhöhen könnten. Dabei erwies sich die Erfahrung mit dem Kartell der Sieben Schwestern, die gemeinschaftlich die Listenpreise diktierten, als nicht unerheblich. Das Kartell der Majors diente demnach als Vorbild für die Förderländer: „Das Opfer hatte seine Lektion gelernt.“³⁹ So schätzten auch die Majors die Gründung der OPEC selbst ein: „[…] the producing countries had formed OPEC as a cartel to face a cartel“⁴⁰. Mit der Gründung der OPEC trat ein neuer Akteur auf den Ölmarkt, ein staatliches Kartell, auf das die Majors reagieren mussten. Die Organisation hatte ihre Ursprünge in internationalen politischen Entwicklungen, die auch weiterhin von zentraler Bedeutung waren. Dazu zählten der steigende Nationalismus in den Förderländern und damit verbundene Revolutionen im Mittleren Osten, der sinkende Einfluss der ehemaligen Kolonialmächte, der Kalte Krieg und der Nahostkonflikt. So argumentiert Ian Skeet in seiner Geschichte zur OPEC: „OPEC was not created out of nothing one September day. It emerged out of the environment and the attitudes of those around it. It’s creation was an expression of nationalism.“⁴¹ Neben den globalen politischen Entwicklungen spielten außerdem auch die Angebots- und Nachfragstruktur auf dem Ölmarkt eine entscheidende Rolle.
Vgl. ebd. Zitiert nach Hohensee, Ölpreisschock, S. 20. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 162; Venn, Oil Diplomacy, S. 130. Sampson, Schwestern, S. 163. Ein Mitarbeiter von Shell, zitiert nach Bamberg, Petroleum, S. 151. Skeet, OPEC, S. 1.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Probleme und Erfolge in der frühen Phase Die Bewertung der OPEC in der Phase der 1960er-Jahre fällt unterschiedlich aus. In bestimmten Bereichen erzielte die Organisation Erfolge, allerdings schlugen gleichzeitig diverse Ziele fehl.Was die Organisationsstruktur betraf, ist eine stetige Weiterentwicklung zu verzeichnen. Bereits beim zweiten Treffen etablierten die Gründungsmitglieder eine feste Struktur mit verschiedenen Abteilungen und einem Sekretariat. Die Position des Generalsekretärs rotierte innerhalb der Mitgliedsländer.⁴² Zum ersten Generalsekretär ernannte die OPEC den stellvertretenden Vorstandsvorsitzende der iranischen Ölgesellschaft NIOC, Fouad Rouhani. Sampson konstatiert, dass Rouhani wie kein anderer seiner Nachfolger den Gründungsgeist der OPEC verkörperte und sich aktiv für die Belange der Organisation eingesetzt habe.⁴³ Die OPEC registrierte sich 1962 bei der UN und das UN Economic and Social Council erkannte sie 1965 offiziell als internationale Organisation an und stattete sie mit den entsprechenden Rechten aus. Ihren Sitz richtete die OPEC zunächst in Genf ein, verlegte diesen allerdings mit der Entscheidung des UN Economic and Social Councils nach Wien. Die Delegierten der Mitgliedstaaten trafen sich zweibis dreimal im Jahr.⁴⁴ Die Zahl der Mitgliedsländer stieg stetig an, was als einer der zentralen Erfolge der frühen Phase der Organisation gilt. Nachdem sich 1961 Katar angeschlossen hatte, kamen 1962 Libyen und Indonesien hierzu. 1967 wurde Abu Dhabi Mitglied, 1969 trat Algerien und 1971 Nigeria der Organisation bei. Die Beitritte weiterer Länder stellten aus machtpolitischer Sicht einen Gewinn dar, allerdings verstärkten sich damit auch die divergierenden Interessen. Die Mitgliedstaaten der OPEC waren in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlich geprägt. Dies betraf nicht nur die geografische Zuordnung, die von Südamerika über den Mittleren Osten bis Fernost reichte, sondern auch den sozioökonomischen Entwicklungstand und die politische Ausrichtung. Hohensee definiert zwei Kategorien von Förderländern. Erstens Produzentenstaaten mit einer geringer Bevölkerungszahl und hohen Einnahmen durch das Öl, die den Hauptteil des Staatshaushalts bildeten. Dazu zählten etwa Katar, Kuwait und Saudi-Arabien. Zur zweiten Kategorie gehörten beispielsweise der Irak und Iran. Diese Förderländer hatten eine hohe Einwohnerzahl und die Einkommen durch die Ölproduktion machten zwar einen bedeutenden Teil, allerdings nicht die gesamten Staatseinnahmen aus. Staaten, deren Ölförderung nur einen
Vgl. ebd., S. 23. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 164. Vgl. Evans, OPEC, S. 130.
5.1 Die OPEC: Gründung und erste Jahre
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kleinen Teil des Haushalts ausmachte, etwa Ägypten oder Syrien, konnten laut Statut nicht in die OPEC eintreten.⁴⁵ Die sozioökonomische Situation des jeweiligen Förderlandes beeinflusste die Prämissen in der Ölpolitik. Hier herrschten unter den Mitgliedern von Beginn an große Differenzen. Während etwa Venezuela gemeinsame Produktionsquoten einführen wollte, um die Konkurrenz aus dem Mittleren Osten einzudämmen, interessierte sich der Iran vordergründig dafür, die Produktion und damit die Staatseinnahmen zu erhöhen. Die verschiedenen ölpolitischen Interessen innerhalb der OPEC führten im Laufe der 1960er-Jahre vermehrt dazu, dass ein oder mehrere Mitglieder die gemeinsam definierten Ziele unterliefen. Insbesondere der Iran, der sich seit Mitte der 1960er-Jahre in massiven finanziellen Schwierigkeiten befand und daher auf die Abgaben der Unternehmen angewiesen war, schreckte davor zurück, den Majors die Stirn zu bieten.⁴⁶ Das Gruppeninteresse des Kartells ordneten die Länder unter ihre nationalen Interessen. Dies schwächte die Organisation und ließ nach außen Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit und Durchsetzungskraft zu. Hier lässt sich an die Diskussion zur Stabilität von Kartellen anknüpfen. Die Situation in der OPEC bestätigt die These von Stigler, dass es in Kartellen immer wieder dazu kommt, dass einzelne Mitglieder die Regeln brechen.⁴⁷ Trotz dieses destabilisierenden Faktors bestand die OPEC allerdings weiter, was wiederum dafür spricht, dass es übergeordnete gemeinsame Interessen gab, die stabilitätsfördernd wirkten. Die Interessendivergenzen erschwerten die Definition einer gemeinsamen Strategie per se und der Organisation gelang es in den 1960er-Jahren nur selten, eine einheitliche Position zu vertreten.⁴⁸ Dies wirkte sich auch auf die Verhandlungen mit den Ölkonzernen aus, die weiterhin separat geführt wurden. Die OPEC erließ zwar einige Resolutionen und insbesondere Rouhani bemühte sich, bei den jeweiligen Verhandlungen als Vertreter der OPEC anwesend zu sein, letztlich ruderten allerdings einzelne Staaten mit ihren Forderungen in den Verhandlungen immer wieder zurück. Stork spricht in diesem Zusammenhang von einer Politik der Kapitulation: „OPEC repeatedly went along with company ultimatums and deadlines, and just as readily waived its own deadlines whenever the companies made some last-minute token gesture of accomodation.“⁴⁹ Bei einer OPEC-Konferenz im November 1964 legten die Delegierten per Beschluss fest, dass die finale Ausgestaltung der Verträge zwischen den Majors und
Hohensee, Ölpreisschock, S. 20. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 152; Skeet, OPEC, S. 25 f. Vgl. Stigler, Theory. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 164; Stork, Middle East Oil, S. 96 f. Ebd., S. 97.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
den Förderländern bei dem einzelnen Exportstaat liegen solle.⁵⁰ Diese Vereinbarung bestätigt die Inkompetenz der OPEC, sich auf gemeinsame Ziele zu einigen und diese durchzusetzen. Den Majors spielte dieser Beschluss in die Hände, da die Unternehmen seit Gründung der OPEC Verhandlungen mit der Organisation ablehnten und darauf bestanden, diese jeweils separat mit den einzelnen Förderländern zu führen. Die Exportstaaten sahen in der Kartellzusammenarbeit nur bedingt einen Mehrwert und versuchten vor allem, ihre individuellen Interessen durchzusetzen. Dies wird auch am Scheitern der Einführung von Produktionsquoten 1965 deutlich. Die Unfähigkeit der Mitgliedsländer, gemeinsame Strategien zu definieren und auch zu verfolgen, lag in den verschiedenen Ölpolitiken und den ökonomischen Interessen sowie in politischen Konflikten begründet. Im Zusammenhang mit dem arabischen Nationalismus teilten sich die Mitglieder in zwei Lager, die sich auch in den Forderungen an die Ölkonzerne wiederspiegeln. Kuwait und Saudi-Arabien gehörten zu den moderateren Staaten, die sich eher dem Westen zugewandt zeigten. Zu den radikaleren Staaten, die sich den USA und Israel gegenüber feindlich positionierten, zählten etwa der Irak und Libyen.⁵¹ Unter den Mitgliedern der OPEC kam es daher auch unabhängig von der Ölpolitik häufig zu Konflikten. So zog sich etwa der Irak 1962 kurzfristig aufgrund von politischen Auseinandersetzungen mit Kuwait aus der OPEC zurück.⁵² Die unterschiedlichen politischen Gesinnungen und die politische Instabilität in der Region des Mittleren und Nahen Ostens führten zu Misstrauen unter den Mitgliedstaaten der OPEC. Dies wirkte sich wiederum destabilisierend auf das Kartell aus und verhinderte die Definition und Durchsetzung gemeinsamer Absprachen. Die Forschungsliteratur charakterisiert die 1960er-Jahre aus den genannten Gründen häufig als passive, ineffektive Phase der OPEC. Hohensee spricht etwa von einem Scheinkrieg.⁵³ Es sind allerdings trotz der bestehenden Defizite gewisse Entwicklungen und Strukturen erkennbar, die über die 1960er-Jahre hinaus prägend und durchaus erfolgreich waren. Dass sich Rohstoffproduzenten – überwiegend Entwicklungsländer – koordinierten und versuchten, eine gemeinsame auf ihre Interessen ausgerichtete Rohstoffpolitik zu entwickeln, erschien durchaus als neuartiges Phänomen. Die steigende Mitgliederzahl der OPEC zeugt von einer zunehmenden Signifikanz der Organisation. Auch die Anerkennung als
Vgl. ebd., S. 95 f. Vgl. Venn, Oil Diplomacy, S. 134. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 152. Hohensee, Ölpreisschock, S. 25.
5.1 Die OPEC: Gründung und erste Jahre
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internationale Organisation durch die UN kann als Bedeutungsgewinn der OPEC gelten. Mit der OPEC schufen die Förderländer eine gemeinsame Organisation, im Rahmen derer sie Informationen austauschen konnten. Dies erhöhte ihren Kenntnisstand über das Ölgeschäft. Da in diesem Bereich zum Teil große Defizite bestanden, konnten die einzelnen Förderländer durchaus einen großen Mehrwert durch ihre Mitgliedschaft erzielen.⁵⁴ Auch ein Erfahrungsaustausch war möglich, da einerseits historisch traditionelle Fördererstaaten wie der Iran und Venezuela und andererseits „Newcomer“ des Ölgeschäfts wie etwa Libyen Mitglied der OPEC waren. Die Ölexportstaaten konnten innerhalb der OPEC wegweisende Erfahrungen machen und Lerneffekte erzielen, die nicht unbedingt in direktem Zusammenhang mit dem Einfluss auf die Majors standen, aber dennoch von zentraler Bedeutung waren.⁵⁵ Ferner bewertet Bamberg bereits das Bestehen der OPEC trotz der kontinuierlichen Divergenzen der Mitgliedstaaten als einen Erfolg.⁵⁶ Nicht nur die politische Revolutionen, Machtwechsel und Konflikte zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten wirkten sich destabilisierend auf die Beziehungen innerhalb der OPEC aus, sondern auch der allgemeine weltpolitische Kontext. So mussten auch die Mitgliedsländer der OPEC in der Gemengelage des Kalten Krieges und des Nahostkonflikts ihre Positionen finden und verteidigen. Auch hierbei kam es immer wieder zu Differenzen. Dass sie trotzdem konsequent an der Idee der OPEC festhielten und versuchten, hier die politischen Konflikte zu überwinden und gemeinsam eine Ölpolitik zu entwerfen, zeugt von den Hoffnungen, die die Länder mit einer Kartellzusammenarbeit verbanden und im Rahmen derer sie zum Teil bereit waren, unabhängig von ihren politischen Verwerfungen Prioritäten zu setzen. Neben diesen allgemeinen Errungenschaften verbuchte die Organisation in den 1960er-Jahren auch ganz konkrete Erfolge. So erreichten die Förderländer, dass der Posted Price nicht weiter gesenkt wurde und sie konnten ihren Anteil an den Gewinnen leicht erhöhen.⁵⁷
Vgl. Penrose, Structure, S. 12. Vgl. ebd.; Skeet, OPEC, S. 34. Bamberg, Petroleum, S. 152. Vgl. Garavini, Decolonization, S. 477; o. V., Middle East Payoff, in: The Economist, 23.01.1965.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
5.2 Die OPEC als externer Schock Die Gründung der OPEC und die damit verbundenen erhöhten Forderungen der Ölexportstaaten stellten für die Majors eine große Herausforderung dar. Dabei ist zentral, dass es sich nicht um ein einzelnes, unabhängiges Problem handelte, sondern das Auftreten der Organisation reihte sich in vielfältige Entwicklungen auf dem Ölmarkt in den 1960er-Jahren ein, die sich wechselseitig beeinflussten (siehe Kap. 4.2). Die bestehenden Konzessionsstrukturen ermöglichten den Unternehmen über mehrere Jahrzehnte einen unproblematischen Zugriff auf die Ressourcen der Förderländer. Insbesondere in den Staaten des Mittleren Ostens profitierten sie von den günstigen Produktionsbedingungen und den geringen Abgaben an die Regierungen. Mit dem Aufkommen der OPEC standen die traditionell sehr hohen Gewinne der Ölindustrie zunehmend infrage.⁵⁸ Das Unternehmen BP gab in seinen jährlichen Geschäftsberichten die Zahlungen an die OPEC-Mitglieder an. Dabei lässt sich feststellen, dass die Abgaben zwischen 1961 und 1970 durchschnittlich um 11,7 % im Jahr stiegen (Abb. 17). Die Erhöhung des Posted Price und der Steuern reduzierte die Gewinne der Konzerne, weshalb sie versuchen mussten, diese gering zu halten. Im Laufe der 1960er-Jahre erhob die OPEC immer wieder neue Forderungen. Die Majors mussten daher an mehreren Fronten gleichzeitig agieren. Bamberg spricht in diesem Zusammenhang von einem „political balancing act“.⁵⁹ Die Forderungen nach höheren Abgaben und der Wunsch einzelner OPEC-Mitglieder, die Produktion zu erhöhen, stellten die Majors vor ein Problem. Angesichts des bestehenden Überangebots Anfang der 1960er-Jahre und der sowjetischen Exporte gingen die Unternehmen davon aus, dass weitere Produktionserhöhungen zu einem Verfall des Marktpreises führen und sich damit ihre Gewinne verringern würden. Die Majors sahen allerdings nicht nur eine Gefahr in steigenden Abgaben und Produktionserhöhungen, sondern auch in anderen Ambitionen der Förderländer, die mit dem erstarkten Selbstbewusstsein einhergingen. Dazu zählte der Wunsch nach mehr Kontrolle über die eigenen Ressourcen, den die OPEC im Laufe der 1960er-Jahre immer häufiger formulierte. Die radikaleren Mitgliedstaaten wie etwa der Irak drohten zum Teil mit Verstaatlichungen. Die Majors produzierten allesamt einen Großteil ihres Öls in den Mitgliedsländern der OPEC, weshalb eine Übernahme der Produktion durch die Förderländer ein problematisches Szenario darstellte. Die Unternehmen befürchteten aus diesem Grund den Austritt von
Vgl. Stork, Middle East Oil, S. 56 f. Bamberg, Petroleum, S. 162.
5.2 Die OPEC als externer Schock
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6000
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4000
3000
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1000
0 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 BP
Abbildung 17: Zahlungen von British Petroleum an die OPEC-Staaten (inkl. Nigeria), 1960 – 1975 (in Millionen Pfund) Quellen: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Grundlage der Geschäftsberichte von BP, 1960 – 1975. Die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen sind im Anhang, in Tabelle A16, wiedergegeben.
moderateren Staaten aus der OPEC. Dies zeigte sich beispielsweise 1962, als Gerüchte aufkamen, der Iran wolle die OPEC verlassen.⁶⁰ Darüber hinaus bereitete den Majors das Aufstreben der Independents Sorge. Einerseits erhöhte sich durch neue Verträge zwischen den unabhängigen Unternehmen und einzelnen OPEC-Staaten die Konkurrenz auf dem Markt. Andererseits stärkte es die Bereitschaft der Independents, höhere Abgaben zu zahlen, was die OPEC-Mitglieder wiederum als Druckmittel gegen die Majors einsetzen konnten.⁶¹ Mit der Gründung der OPEC nahm zudem die Politisierung des Ölmarktes zu. Das staatliche Kartell folgte anderen Regeln als die privatwirtschaftlichen Akteure. Das Verhalten der Organisation und der einzelnen Staaten konnten die
Vgl. ebd., S. 155. Vgl. o. V., National Oil Companies Challenge the Transnational Giants, in: Financial Times, 03.12.1969.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Majors nicht unbedingt vorhersehen, was die Unsicherheit erhöhte. Auch die politische Instabilität in der Region des Mittleren und Nahen Ostens machte die Situation für die Sieben Schwestern komplexer. Zunehmend kam es zu politisch motivierten Eingriffen auf dem Ölmarkt. 1967 etwa verhängten die arabischen Förderländer im Kontext des Sechs-Tage-Krieges ein Embargo gegen die USA und Großbritannien. Das Embargo hatte nicht den gewünschten politischen Effekt und die fehlenden Lieferungen konnten durch Öl aus nicht arabischen Staaten ausgeglichen werden. Trotzdem störte das Exportverbot die Handelsroutinen der Konzerne und führte dazu, dass sie zunehmend in Ausnahmezuständen agieren mussten.⁶² Der arabische Nationalismus, den die OPEC verstärkte, stellte daher auch für die Majors ein zentrales Problem dar. Eine weitere Herausforderung lag in der Intensivierung der Beziehungen zwischen den Exportstaaten und den Konsumentenländern. Mit steigender Nachfrage schickten sich insbesondere die westeuropäischen Staaten an, eigene Energiepolitiken zu entwickeln und selbst auf dem Markt aktiv zu werden.⁶³ Die Ölgesellschaften befürchteten eine Annährung der westlichen Regierungen an die OPEC, was zu bilateralen Verträgen führen konnte. Bei diesem Szenario würden die Konzerne zentrale Funktionen und ihre machtvolle Position als Vermittler und Puffer zwischen Produzenten- und Konsumentenländern verlieren – dies galt es zu verhindern.⁶⁴ Eine weitere Gefahr, die von der OPEC ausging, stellte die Institutionalisierung dar. Mit der OPEC schufen die Förderstaaten eine Organisation, die es ihnen ermöglichte, gemeinsame Strategien zu entwickeln und dadurch ihre Macht zu erhöhen. Gleichzeitig konnten sie innerhalb der OPEC Informationen austauschen, die ihnen in Verhandlungen sowie im Ölgeschäft nützlich sein konnten. Die Majors hatten kein Interesse daran, dass die Ölexportländer ihre Fachkenntnisse diesbezüglich ausbauten und gemeinsam handelten.
5.3 Die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren Erste Reaktionen: Zwischen Hysterie und wohlüberlegter Neutralität In der Forschungsliteratur herrscht die Meinung vor, dass die Ölkonzerne in der Gründung der OPEC lange keine ernsthafte Bedrohung sahen. So schreibt
Vgl. Sampson, Schwestern, S. 175; Skeet, OPEC, S. 44; Venn, Oil Diplomacy, S. 131 f. Vgl. Graf, Öl und Souveränität. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Letter from A. L. Nickerson (Mobil) to McCloy, 16.01.1964.
5.3 Die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren
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Sampson: „Die Ölgesellschaften fürchteten die OPEC um diese Zeit [1960er-Jahre; W. G.] nicht. Immer noch verhandelten sie mit jeder Regierung getrennt und spielten eine gegen die andere aus.“⁶⁵ Penrose argumentiert, die Majors hätten sich sicher gefühlt, weil ihnen bekannt gewesen sei, dass die OPEC-Mitglieder ohne Absatzmärkte machtlos wären. Ihnen würden die Infrastrukturen, Raffinerien und Absatzorganisationen fehlen, um ihr Öl gewinnbringend zu verkaufen. Daher sei die OPEC auf die Majors angewiesen, weshalb die Konzerne nichts zu befürchten hätten.⁶⁶ Die Majors seien selbst außerdem zunächst davon ausgegangen, dass die OPEC aufgrund der starken politischen Differenzen der Mitgliedsländer sowieso nicht handlungsfähig sei.⁶⁷ Die angeführten Argumente sind durchaus zutreffend, wenn die öffentliche Positionierung der Unternehmen in den Blick genommen wird. Der Presse gegenüber gaben sich die Vertreter der Majors gelassen. Im Bericht zur Gründung der OPEC im Christian Science Monitor hieß es, die Ölindustrie habe bereits seit Längerem mit der Einrichtung einer derartigen Organisation gerechnet. Die westlichen Ölkonzerne würden die OPEC zwar ernst nehmen, warnten aber gleichzeitig davor, die Organisation in ihrer Bedeutung zu überschätzen.⁶⁸ Die Majors betonten öffentlich, die Förderländer würden sich mit einem starken Kartell, das ihre Produktion und die Vermarktung des eigenen Öls reguliere, selbst schaden. In der Folge zu hoher Forderungen würde ihr Öl entweder durch Öl aus anderen Regionen oder durch alternative Energieträger ersetzt: „There might be some short gain for a year or two, but this is debatable.“⁶⁹ Fachzeitungen der Industrie wie das Oil and Gas Journal und die Petroleum Intelligence Weekly berichteten in den ersten Jahren kaum über die OPEC. Auch in den Geschäftsberichten der Sieben Schwestern ist diese Tendenz zu beobachten. Das Oil und Gas Journal führte Ende 1960 Interviews mit zwölf führenden Ölmanagern und befragte sie nach den Herausforderungen für das Jahr 1961, darunter auch die Präsidenten von Mobil und Texaco. Während sie das sowjetische Öl und das Überangebot auf dem Markt problematisierten, sprach keiner der Industrievertreter das Thema OPEC an.⁷⁰ Hier bestätigt sich, dass die Unter-
Sampson, Schwestern, S. 166. Penrose, Structure, S. 13. Vgl. NARA, RG 59, Record Relating to Fuels and Energy 1953 – 1964, Box 36, Folder: Soviet Oil Company Views 1961, Memorandum of Conversation between State Department and Texaco, 28.02.1961. Vgl. Ellis, Harry B., Arab Oil ‚Haves‘ Form Own Group, in: The Christian Science Monitor, 29.10. 1960. Charmical, J. H., World Oil Cartel May Take Shape, in: New York Times, 25.09.1960. O. V., How Oil’s Leaders Look at 1961, in: Oil and Gas Journal, 26.12.1960.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
nehmen der OPEC nach außen nicht zu viel Raum und öffentliche Aufmerksamkeit einräumten. Sie selbst wollten offenbar weiterhin als die zentralen Akteure des Ölmarktes wahrgenommen werden. Gerade in Westeuropa, das besonders abhängig von den Ressourcen aus der Region des Mittleren Ostens war, rief die Gründung der OPEC Besorgnis hervor.⁷¹ Die Majors signalisierten, dass sie als privatwirtschaftliche Unternehmen weiterhin die Lage im Griff hätten und ihre zentralen Funktionen in der Energieversorgung trotz der OPEC wahrnehmen würden: „No one, of course, expects that any very startling changes in the pattern of oil company – producer government relations are at all imminent.“⁷² Intern zeigte sich allerdings ein anderes Bild. Die Majors beobachteten die Gründung der OPEC genau. Exxon reagierte hysterisch und forderte im Austausch mit BP eine eindeutige Positionierung der Industrie. Dabei standen für das Unternehmen nur zwei Optionen zu Wahl: „They must either murder it [OPEC; W. G.] or make love to it.“⁷³ BP zeigte sich zwar auch beunruhigt, plädierte allerdings für mehr Zurückhaltung. In der Hoffnung, die OPEC werde aufgrund der internen Differenzen ohne das Zutun der Majors zeitnah zerbrechen, einigten sich die Unternehmen zunächst auf eine Strategie, die Bamberg als „studied neutrality“ bezeichnet.⁷⁴ Auch vor diesem Hintergrund ist die öffentliche Haltung der Majors in Bezug auf die OPEC zu sehen. Es galt, die OPEC genau zu beobachten, sich öffentlich allerdings möglichst wenig über sie zu äußern. Die Majors sahen von Beginn an durchaus eine Gefahr in der OPEC. Dies zeigt sich auch daran, dass sie mit ihren Heimatregierungen diesbezüglich in Kontakt traten. Kurz nach der Gründung sprach Leo Welch, Chairman von Exxon, beim State Department vor. Anders als in der Öffentlichkeit drückte Welch die große Besorgnis der Industrie aufgrund der neuen Organisation auf dem Ölmarkt aus. Es sei nicht klar, welche Auswirkungen die Ambitionen der Förderländer, die durch die OPEC gestärkt würden, auf die westlichen Ölkonzerne hätten. Damit sei durchaus auch die Sicherheit der westlichen Länder infrage gestellt. Mit letzterem Hinweis bespielte Welch ein bekanntes Muster. Um die US-Regierung zum Handeln zu bewegen, argumentierte er mit den sicherheitspolitischen Risiken durch die OPEC.⁷⁵ Zum Ende des Gesprächs bat der Unternehmensvertreter um die
Vgl. Ellis, Harry B., Arab Oil ‚Haves‘ Form Own Group, in: The Christian Science Monitor, 29.10. 1960. O. V., Oil Companies and OPEC, in: Financial Times, 06.07.1962. Bamberg, Petroleum, S. 151. Ebd., S. 153. Vgl. Memorandum of Conversation, 19.10.1960, in: Foreign Relations of the United States, 1958 – 1960, Vol. XII: Near East Region, Iraq, Iran, Arabian Penisula, Washington, D. C. 1993, S. 277– 279.
5.3 Die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren
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Unterstützung der US-Regierung: „Mr. Welch stated that he hoped the U.S. Government would use its influence in urging the OPEC countries to go slow in completing the OPEC organization and implementing its program.“⁷⁶ Auch die anderen Majors kontaktierten verschiedene US-Ministerien mit demselben Anliegen. Dabei wiesen sie daraufhin, dass zukünftig eine Zusammenarbeit der Konzerne in den Verhandlungen mit den OPEC-Staaten notwendig sein könnte. So hieß es in einem Bericht des State Departments: „It probably would be necessary for the Attorney General to eventually allow our companies to combine their negotiating forces overseas in order to meet this threat.“⁷⁷ Diese Reaktionen auf die Gründung der OPEC sprechen dafür, dass die Majors intern von Beginn an durchaus einen Handlungsbedarf in Bezug auf die Organisation sahen und sich durch sie bedroht fühlten. So versuchten sie, die US-Regierung dazu zu bewegen, auf diplomatischen Weg die Entwicklung der Organisation zu verlangsamen. Gleichzeitig standen auch bereits von Beginn an mögliche Formen der Zusammenarbeit zur Debatte. Die Konzerne antizipierten sehr schnell – sollte die OPEC einheitliche Positionen entwickeln, wäre es auch für sie notwendig, als geschlossene Front zu verhandeln. Die Etablierung der Oil Group 1962, die vornehmlich dem Ziel galt, die sowjetische Öloffensive zu bekämpfen, spielte auch vor dem Hintergrund der Gründung der OPEC eine Rolle.
Divide and Conquer Im Verlauf der 1960er-Jahre entwickelten die Unternehmen Strategien, um mit der OPEC und den erhöhten Forderungen der Förderländer umzugehen. Insbesondere bei den Verhandlungen setzten sie darauf, die Mitgliedstaaten gegeneinander auszuspielen. Die zunächst wichtigste Entscheidung in diesem Zusammenhang lag darin, die OPEC nicht als Verhandlungspartner anzuerkennen, sondern weiterhin auf Verhandlungen mit den einzelnen Regierungen zu bestehen. Hierbei nahmen die Sieben Schwestern eine einheitliche Position ein, was dafür spricht, dass sich die Unternehmen diesbezüglich im Vorfeld abgesprochen hatten. Als beispielsweise Rouhani als erster Generalsekretär der OPEC ankündigte, dass er für die gesamte Organisation und deren Mitglieder die Verhandlungen führe, lehnten die Konzerne geschlossen ab und erklärten, mit Rouhani nur als Vertreter des Irans zu verhandeln.⁷⁸ Die Firmen erkannten die Vorteile einer einheitlichen Position, denn hätte nur eine der Schwestern direkt mit der OPEC verhandelt, Ebd. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 4, Memo State Department, November 1960. Vgl. Bamberg, Petroleum, S. 156.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
hätte dies die Macht der Organisation erhöht und die anderen Majors unter Druck gesetzt. In seinem Brief an die Aktionäre erklärt BPs Chairman Bridgeman die Haltung der Majors allerdings mit formalen Gründen: „The first [point; W. G.] relates to statements to the effect that the oil companies have hitherto refused to ‚recognise‘ O.P.E.C., and which have given an entirely misleading impression of the true position. O.P.E.C is an intergovernmental body which exists or not irrespective of any action on the part of commercial concerns, and the question of its recognition or nonrecognition by the oil companies does not therefore arise. The various agreements which are at present under review are between individual governments on the one hand and one or more companies (either individually or through a jointly owned operating company) on the other.“⁷⁹
Gerade zu Beginn der 1960er-Jahre hatten die Ölexportländer – wollten sie überhaupt etwas erreichen – zunächst keine andere Wahl als weiterhin separat mit den Unternehmen zu verhandeln. Hier bestätigt sich das Argument von Penrose, dass die Abhängigkeit der Förderländer von den Majors dazu führte, dass die Ölexportstaaten häufig nachgaben. Dies ist auch im Zusammenhang mit dem Überangebot auf dem Markt zu sehen. Um die Förderländer nicht zu sehr zu erzürnen, signalisierten die Sieben Schwestern allerdings großes Verständnis für die Situation dieser Staaten. Immer wieder räumten die Unternehmensvertreter in Verhandlungen oder in der Öffentlichkeit ein, die Situation für die OPEC-Mitglieder wäre problematisch und sie könnten ihre Forderungen durchaus nachvollziehen. Allerdings hatten sie auch immer genug Gründe, warum sie trotzdem den Forderungen nicht nachkommen konnten: „The companies had declared themselves incapable of restoring crude oil postings to the 1960 levels, but recognized that member countries had legitimate cause for concern as to the future of their per-unit income.“⁸⁰ Ein Argument, das die Majors insbesondere in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre anführten, lag in dem Überangebot und in den Preisen auf dem Ölmarkt.⁸¹ Insbesondere die sowjetischen Exporte würden auf den Marktpreis drücken und es daher unmöglich machen, die Abgaben an die Förderländer zu erhöhen, da die Unternehmen unter diesen Bedingungen selbst geringe Gewinne hätten, die sie auch für weitere Investitionen in den Ausbau der Ölproduktion in den Förderländern bräuchten, so
BP, Annual Report, Statement to Stockholders by Chairman, 1963. O. V., OPEC Shifting Sights to Revenue Gurantees, in: Petroleum Intelligence Weekly, 25.03. 1963. Vgl. Wall, Exxon, S. 607.
5.3 Die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren
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lautete ihre Position.⁸² Die OPEC bemühte sich in diesem Zusammenhang darum, die nötigen Informationen über Marktdaten, insbesondere Preise, zu erhalten, um die Aussagen der Majors überprüfen zu können. Innerhalb der Oil Group einigten sich die Unternehmen allerdings darauf, einzelnen Mitgliedstaaten und der OPEC keinerlei Informationen zur Verfügung zu stellen: „There was a general feeling that the companies should resist the demands made by OPEC for price information“⁸³. Hier argumentierten die Majors zum Teil auch mit den Antitrust-Gesetzen. Auf die Forderung der venezolanischen Regierung, mehr Informationen über die Preispolitik der Firmen zu erhalten und diesbezüglich mit einbezogen zu werden, reagierten die Unternehmen folgendermaßen: „The companies have told the Minister that it is not possible for them to sit down as a joint industry group and discuss the subject on which discussion is being sought.“⁸⁴ Die Konzerne erhielten die bestehenden Informationsasymmetrien weiterhin aufrecht, um die Abhängigkeit der Förderländer und ihre eigene Position auf dem Markt zu stärken. Insbesondere galt es, eine Zirkulation von sensiblen Daten durch die OPEC zu verhindern. Das Informationsdefizit der Förderstaaten erwies sich für die Majors auch in den Verhandlungen als wichtig, um die einzelnen OPEC-Mitglieder gegeneinander ausspielen zu können. So nutzen die Unternehmen insbesondere die Konkurrenz zwischen dem Iran und Saudi-Arabien aus. Durch die Konsortialzusammenhänge konnten sie die Produktion der beiden Länder aufeinander abstimmen, ohne dass die Länder selbst Informationen darüber hatten.⁸⁵ Als der Iran etwa Mitte der 1960er-Jahre Produktionserhöhungen forderte, äußerten sich der iranische Finanzminister Dschamschid Amusegar während der Verhandlungen mit den Vertretern der Majors kritisch zur saudischen Konkurrenz: „Could we not have an assurance of higher production? Saudi Arabia had a larger growth than Iran – why?“⁸⁶ Die Vertreter der Majors entgegneten ihm, sie hätten die Produktion im Iran in den letzten Jahren bereits überdurchschnittlich gesteigert und andere
Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 11.01.1966. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 18.01.1967. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 172. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Confidential Report on the Meeting with H. E. Amir Abbas Hoveida, the Prime Minister, at his Office, 06.07.1966.
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OPEC-Mitgliedstaaten hätten sich bereits darüber beschwert. Eine Erhöhung der iranischen Produktion würde zu erheblichen Problemen mit den anderen Förderländern – insbesondere mit Saudi-Arabien – führen.⁸⁷ Auch gegenüber dem Schah argumentierten die Unternehmensvertreter in dieser Form und stellten eine Produktionssteigerung nur dann in Aussicht, wenn die Nachfrage entsprechend steigen würde.⁸⁸ Die Produktions- und Preispolitik der Majors war für die Förderstaaten nicht transparent. Dies verstärkte sich zusätzlich durch die komplexen Zusammenhänge der Konsortien. Aus diesem Grund gelang es den Gesellschaften durchaus, die Ölexportstaaten gegeneinander auszuspielen, wie das Beispiel vom Iran zeigt. Bamberg betont in diesem Zusammenhang, dass es den Firmen dabei auch darum gegangen sei, die Einigkeit in der OPEC zu unterlaufen und für Missstimmung zu sorgen. Gleichzeitig signalisierten sie den einzelnen Mitgliedstaaten, sie könnten mehr durch die Kooperation mit dem jeweiligen Konsortium erreichen, als durch die Zusammenarbeit mit den anderen Produzentenländern in der OPEC.⁸⁹ Diese Strategie konnte allerdings nur erfolgreich sein, wenn die Majors einheitliche Positionen in den Verhandlungen einnahmen. Dies betonte etwa auch Shells Chairman David Barran in einer Vorbesprechung der Konsortialmitglieder vor der Verhandlung mit der iranischen Regierung: „During our meeting, it was stressed in particular by Barran [Shell; W. G.] that we are here as a Consortium and that we should maintain a solid front. We must bear responsibilities together and it would be dangerous to go into individual company offtake comparisons.“⁹⁰ Die Partizipation der Sieben Schwestern an den entscheidenden Konsortien ermöglichte derartige Abstimmungen. Die Präsenz von Exxon in allen Konsortien erwies sich dabei als zentral. Das Unternehmen nahm daher auch in den Verhandlungen mit den OPEC-Mitgliedern häufig eine Führungsrolle ein.⁹¹ Die Majors versuchten, ihre Position in den Verhandlungen mit den Förderländern zu stärken, indem sie ihre Heimatregierungen zu diplomatischer Unterstützung animierten. In diesem Zusammenhang ging es darum, die Regierungsvertreter dazu zu bringen, die diplomatischen Beziehungen zwischen den
Ebd. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Additional Items of Information and General Observation, L. C. Bergquist, 12.07.1966. Bamberg, Petroleum, S. 154 f. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Meeting by the Executive Group with Warder, 06.07.1966. Vgl. z. B. die Kommunikation zwischen Exxon und BP in Bezug auf die Verhandlungen mit dem Iran, BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Soviet Oil (McCloy Meetings), 01.10. 1962– 30.10.1967; Wall, Growth, S. 609 f.
5.3 Die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren
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Heimatregierungen und den Förderländern im Sinne der Konzerne zu nutzen. Dabei setzten die Majors auf einen möglichen Einfluss der westlichen Regierungen auf die moderateren OPEC-Mitglieder wie etwa Iran und Saudi-Arabien, die zum Teil in Abhängigkeiten von den westlichen Staaten, insbesondere den USA, standen. Als Forum für diese Strategie diente die Oil Group. Im Hinblick auf die Forderungen der OPEC-Mitglieder schrieb der President und Chairman von Mobil Albert L. Nickerson 1964 an McCloy: „It would seem desirable […] to discuss whether our liasison with the United States and British, and possibly other Governments on these matters is satisfactory.“⁹² Im Laufe der 1960er-Jahre einigten sich die Majors innerhalb der Oil Group immer wieder auf diverse Maßnahmen des Lobbyings die OPEC und einzelne Mitgliedstaaten betreffend. Ähnlich wie bei der sowjetischen Öloffensive galt es vor allem, Aufklärungsarbeit zu leisten und die Situation und Probleme der Gesellschaften – gespickt mit Argumenten der Sicherheitspolitik – zu vermitteln, „to secure maximum support from their own governments“⁹³. BP und Shell nutzten für dieses Anliegen vor allem die Treffen mit den britischen Regierungsvertretern im Rahmen der Oil Tea Parties (siehe Kap. 3.4).⁹⁴ Die Unternehmen informierten die Vertreter der britischen Regierungen über aktuelle Verhandlungen und die Positionen der Industrie. Die britische Regierung erklärte sich aufgrund der bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse bereit, sie in ihren Verhandlungen mit den OPEC-Mitgliedern diplomatisch zu unterstützen. Insbesondere im Iran setzte sich das Foreign Office für die Majors ein. Die Aufklärungsarbeit der Unternehmen wirkte und die britischen Regierungsvertreter übernahmen nicht selten die Strategie und Argumente der Konzerne. In Gesprächen mit Vertretern der iranischen Regierung und der National Iranian Oil Company 1966 zeigte etwa das Foreign Office volles Verständnis für die Forderungen des Förderlandes, machte aber gleichzeitig deutlich, dass „our impression was that members of the Consortium had done their best to maintain a good level of production growth, but they could not achieve the impossible“⁹⁵. Die einzelnen US-Majors suchten auch immer wieder den Kontakt mit der USRegierung, um sie um Unterstützung in den Verhandlungen zu bitten. Letztere zeigte sich diesbezüglich allerdings zurückhaltender. Aus diesem Grund setzten
John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Letter from A. L. Nickerson (Mobil) to McCloy, 16.01.1964. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 04.06.1969. Vgl. z. B. TNA, FO 371/187682– 3, Agenda Oil Tea Party, 12.10.1966. Siehe z. B. TNA, FO 371/187682– 3, Foreign Office Confidential Item II Iran: Consortium/NIOC Talks, 7.10.1966.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
die Unternehmen McCloy als Vermittler ein. McCloy tauschte sich mit dem State Department aus, berichtete dort über den Stand bestimmter Verhandlungen zwischen den Majors und den Förderstaaten und gab Handlungsempfehlungen ab. Letztere bezogen sich darauf, dass die US-Regierung ihre diplomatischen Kanäle im Sinne der Konzerne nutzen sollte. Beispielhaft sei hier nur genannt, dass im Vorfeld eines Besuchs des Schahs in den USA hohe Regierungsvertreter „should be urged to point out to the Shah that impossible demands on the oil companies would prejudice the prospects for American investments in Iran by non-oil companies“⁹⁶. Die Majors nahmen nicht nur Einfluss auf ihre Heimatregierungen, um mithilfe diplomatischer Unterstützung ihre Verhandlungsposition zu verbessern. Sie versuchten auch, den internationalen Einfluss der OPEC durch politische Intervention zu reduzieren. Dies betraf vor allem die Beziehungen zwischen der OPEC bzw. einzelnen Mitgliedsländern und den westlichen Konsumentenstaaten. So versuchte die Organisation Mitte der 1960er-Jahre, formale Beziehungen zur OECD und EWG aufzubauen. In diesem Zusammenhang tauchten Gerüchte auf, einige EWG-Länder würden in Erwägung ziehen, bilaterale Verträge abzuschließen. Die Unternehmen diskutierten diese Entwicklung in der Oil Group und es herrschte Einigkeit darüber, „[…] that such direct contact should be discouraged, because the producing countries have nothing to sell directly to the EEC [European Economic Community] members so long as they respect their agreements with the oil companies.“⁹⁷ Die Gruppe einigte sich darauf, dass McCloy diesbezüglich mit Marjolin in Kontakt treten sollte, um über die Gefahren einer möglichen Annäherung zwischen der OPEC und den westlichen Konsumentenstaaten aufzuklären.⁹⁸ Gleiches galt für die US-Regierung, die die OPEC ebenfalls kontaktierte. Die Oil Group entschied daraufhin, dass McCloy auch das State Department über „the potential dangers which might be involved in any attempt to engage in governement-to-government negotiations in the oil question“⁹⁹ informieren sollte. BP und Shell nutzen überdies die Oil Tea Parties, um die britische Regierung dazu zu bewegen, sich in der EWG und der OECD dafür einzusetzen, eine gewisse Distanz zur OPEC zu halten.¹⁰⁰
John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Meeting by the Executive Group with Warder, 15.01.1965. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964. Vgl. ebd. Ebd. Vgl. TNA, FO 371/187682– 3, Record of the Oil Tea Party, 12.05.1966.
5.3 Die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren
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Im Zuge der steigenden Forderungen der OPEC intensivierten die Majors auch ihren Austausch an Informationen. Dabei diente die Oil Group als zentrales Forum. Spätestens seit 1964 lag der Schwerpunkt der Treffen auf den Problemen mit der OPEC bzw. den einzelnen Förderstaaten. McCloy kontaktierte in diesem Zusammenhang den Deputy Attorney General Katzenbach, der ihm versicherte, das Department of Justice habe keine Einwände gegen einen Austausch der Konzerne in Bezug auf die Probleme mit den Förderländern. Das State Department verfolge die Entwicklung der OPEC ebenfalls kritisch, so Katzenbach.¹⁰¹ Hier bestätigt sich, dass auch die US-Regierung zunehmend eine Gefahr in der Organisation der Förderländer sah und daher die Zusammenarbeit der Konzerne – trotz der Antitrust-Gesetze – unterstützte. Dieser Eindruck verstärkte sich im Laufe der 1960erJahre. 1968 berichtete McCloy, dass der Attorney General Ramsey Clark „expressed great interest in the political and strategic problems relating to the Middle East and said that in his opinion the concerted activities of the government of the petroleum exporting countries justified the oil companies in mutual discussion of problems raised by those activities“¹⁰². Die Unternehmen innerhalb der Oil Group sahen zunehmend einen Handlungsbedarf und ihre Vorschläge für die inhaltlichen Schwerpunkte der Treffen betrafen verstärkt die OPEC.¹⁰³ So schlug etwa Maurice Bridgeman in einem Brief an McCloy im Dezember 1963 für die nächste Zusammenkunft der Gruppe als einziges Thema die OPEC vor.¹⁰⁴ In der Diskussion in der Oil Group im Januar 1964 herrschte Einigkeit darüber, dass die OPEC nun „a fact of life“ sei, weshalb die Konzerne ihren Informationsaustausch über die Organisation verstärken sollten.¹⁰⁵ Neben dem Informationsaustausch arbeiteten die Sieben Schwestern auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit die OPEC betreffend zusammen. Die Unternehmen identifizierten den zunehmenden Nationalismus in den Förderländern als große Bedrohung. Seit Gründung der Organisation propagierten die Ölexportstaaten öffentlich verstärkt ihre kritische Haltung den Majors gegenüber. Dies galt
John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8545, Title: Soviet Oil (McCloy Meetings), Minutes of Meeting of International Oil Companies with Counsel, 16.01.1969. Vgl. z. B. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Letter from William K. Whiteford (Gulf) to McCloy, 06.01.1964. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Letter from Bridgeman (BP) to McCloy, 30.12.1963. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 31.01.1964.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
insbesondere für die Staaten des Mittleren Ostens, deren Unzufriedenheit darüber stieg, dass europäische und US-amerikanische Ölkonzerne ihre Ressourcen kontrollierten: „You are so big. Do you really feel that such a huge foreign entity which controls our resources can stay in our country and continue to control our natural resources?“¹⁰⁶ Dabei kamen einerseits die teilweise erst neu gewonnene Unabhängigkeit dieser Länder und der Vorwurf eines durch die Majors fortgeführten Imperialismus zum Tragen. Andererseits standen insbesondere die USA wegen ihrer Nahostpolitik in den arabischen Staaten in der öffentlichen Kritik, was sich nicht selten auch auf die Bewertung der US-amerikanischen Konzerne übertrug. Die negative Wahrnehmung der Majors in den Produzentenländern verstärkte sich noch durch die Stimmungsmache der Sowjetunion und eine gezielte Propaganda der italienischen ENI. Beide Akteure versuchten, den Förderstaaten zu vermitteln, sie seien Opfer der Ausbeutung durch die Gesellschaften und ihrer imperialen Heimatregierungen (siehe Kap. 4.2).¹⁰⁷ Innerhalb der Oil Group herrschte daher Einigkeit darüber, das größte Problem der Majors in der Region des Mittleren und Nahen Ostens sei das öffentliche Image der Konzerne. Die Ursache dafür sahen die Firmen in einem Generationswechsel: „[…] the older people with whom the companies have dealt over the years are being pressed by the so-called ‚Young Turks‘, who are radical and nationalistic.“¹⁰⁸ Um dem negativen Image entgegenzuwirken, gründeten die Majors schließlich die PRWG.¹⁰⁹ Exxon regte diese Idee an. Bereits im Dezember 1964 schlug President Rathbone McCloy vor, die Oil Group dafür zu nutzen, die Öffentlichkeitsarbeit der Majors in Bezug auf die OPEC zu koordinieren.¹¹⁰ Ziel der neuen Arbeitsgruppe, die unter der Ägide der Oil Group stand, war es, eine gemeinsame PR-Strategie zu entwickeln, „to reach the politicians and people of the Middle East and possibly counteract the propaganda which is now being issued through various media in the Arab countries“¹¹¹. Unter der Leitung von Ballou, dem Vice President von Socal, traf sich die Arbeitsgruppe separat von der Oil Group und entwickelte di-
John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of OPEC/Gulf Group Meeting Held in Riyadh, 07.05.1972. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 4, Briefing Confidential „ENI and Matteism“, 19.07.1962 John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 21.06.1965. Vgl. ebd. Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Letter from Rathbone to McCloy, 16.12.1964. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 21.06.1965.
5.3 Die Strategien der Majors in den 1960er-Jahren
207
verse PR-Maßnahmen.¹¹² Unter anderem produzierte das Komitee Filme zur Ölproduktion, die das risikoreiche Geschäft der Majors darstellten, sowie Publikationen und Beiträge für Radio- und Fernsehprogramme auf Arabisch.¹¹³ Daneben präsentierte die PRWG innerhalb der Oil Group Maßnahmen, die die einzelnen Tochtergesellschaften der Firmen in der Region nutzen konnten. So erstellte das Komitee verschiedene Ratgeber, wie sich die Vertreter der Unternehmen im Kontakt mit den lokalen Eliten und in der Öffentlichkeit im Mittleren Osten positionieren sollten.¹¹⁴ BP und Shell koordinierten ihre PR-Strategien außerdem mit der britischen Regierung. In diesem Zusammenhang gründeten sie die Information Liasion Group. Die Gruppe diente dazu, öffentliche Positionen der Unternehmen und der britischen Regierungen aufeinander abzustimmen und einheitliche Positionen in den Förderländern zu vertreten. Dies stärkte die Position der Majors. Auch die Regierung unterstützte die Aktivitäten von BP und Shell nicht uneigennützig, sondern im Hinblick auf eigene Interessen wie etwa die Zahlungsbilanz. Die Information Liaison Group organisierte den Informationsfluss zwischen den Firmen und dem Foreign Office. So war das Ministerium über den aktuellen Stand von Verhandlungen und die Position der Majors informiert und konnte diese Informationen an ihre Vertretungen im Ausland weitergeben. BP und Shell konnten so Einfluss auf die außenpolitischen Positionen, insbesondere den Kurs der britischen Botschaften in den Produzentenländern, nehmen.¹¹⁵ Im Rahmen dessen fanden punktuell auch immer wieder informelle Treffen zwischen den jeweiligen Botschaften und den Vertretern der Unternehmen statt. Neben den gemeinsamen Strategien der Majors, die vor allem die Oil Group initiierte, lassen sich bei den einzelnen Ölgesellschaften strategische Anpassungen und Neuausrichtungen in den Aktivitäten feststellen, die auch in der OPEC begründet liegen. Dies betrifft den Trend zur Diversifizierung der Energiequellen, der Produktpalette und die geografische Verlagerung der Rohstoffbasis (siehe Kap. 3.3).
Vgl. z. B. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Soviet Oil (McCloy Meetings), Agenda Meeting of Public Relation Working Grop with Counsel, 23.05.1967. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Soviet Oil (McCloy Meetings), Letter from J. B. Edwardes to Drake and Steel, 09.01.1969. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 8536, Soviet Oil (McCloy Meetings), Minutes of Meetings of Counsel with Oil Company Representatives, 19./20.06.1966. Vgl. TNA, FO 371/187682/3, Confidential Report of Information Liasion Group, 30.09.1966.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis 5.4.1 Die Revolution in Libyen Die Beziehungen zwischen den Majors und der OPEC bzw. deren Mitgliedstaaten zeichnete sich in den 1960er-Jahren durch eine relative Stabilität aus. Auf der einen Seite hielten die Majors auf der Basis der genannten Strategien die Forderungen der OPEC moderat und machten nur kleinere Zugeständnisse. Auf der anderen Seite gelang den Förderländern – trotz der bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse von den Majors – eine Weiterentwicklung der OPEC und damit eine Stärkung ihrer Position auf dem Ölmarkt. Zum Ende der 1960er-Jahre kündigten sich Veränderungen an, die die bestehende Stabilitäten und die Handelsroutinen der Sieben Schwestern aufheben sollten. Wegweisend dafür war die Entwicklung Libyens. Libyen stellte einen Newcomer unter den Förderländern dar. Die Produktion begann dort erst in den 1950er-Jahren, entwickelte sich dann allerdings sehr schnell zu einem erfolgreichen Geschäft. So bezeichnet Petrini Libyen als ein Eldorado der weltweiten Ölproduktion.¹¹⁶ Die Eigenschaften des libyschen Öls galten als besonders attraktiv, da die Produktionskosten sehr niedrig und gleichzeitig die Qualität des Öls hoch war. Für Europa erwies sich der Import von Öl aus Libyen außerdem aufgrund der geografischen Nähe als reizvoll. Der junge Ölstaat deckte infolgedessen bereits 1969 ein Viertel des westeuropäischen Ölbedarfs.¹¹⁷ Libyen trat 1962 in die OPEC ein und erreichte 1964 ähnliche Bedingungen für die Steuerzahlungen der Majors wie die Staaten des Mittleren Ostens.¹¹⁸ Im Unterschied zu den anderen Mitgliedsländern der OPEC etablierte Libyen allerdings eine komplexere Konzessionsstruktur. Zentrales Merkmal davon war, dass Libyen Konzessionen vor allem an unabhängige Unternehmen vergab. Diese förderten etwa 70 % des libyschen Öls. Es agierte kein zentrales Konsortium wie im Mittleren und Nahen Osten, sondern etwa 20 Ölgesellschaften produzierten in Libyen in verschiedenen konsortialen Zusammenhängen Öl.¹¹⁹ Sampson spricht von einem „Schlachtfeld zwischen Großkonzernen und den Unabhängigen“¹²⁰: So erhielten einzelne US-Independents alleine Konzessionen wie etwa Occidental. Daneben gab es aber auch Kooperationen zwischen einzelnen Majors und Independents, wie die Beispiele von BP und Bunker Hunt
Vgl. Petrini, Imperi, S. 186. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 208 f. Vgl. Petrini, Imperi, S. 188. Vgl. Venn, Oil Diplomacy, S. 136. Sampson, Schwestern, S. 209.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
209
sowie von Mobil und Gelsenberg zeigen. Fast alle Sieben Schwestern, mit Ausnahme von Gulf, besaßen zwar Beteiligungen in Libyen, allerdings dominierten sie dort nicht annähernd so stark die Ölproduktion wie etwa in Saudi-Arabien oder dem Iran. Exxon förderte von den Majors am meisten Öl in Libyen, lag damit aber hinter Oasis, einem Konsortium von drei US-amerikanischen Independents und Shell.¹²¹ Occidental stellte, gefolgt von Exxon, den größten Einzelproduzent dar.¹²² Im Unterschied zu den sieben Ölgesellschaften lag der Schwerpunkt der Tätigkeit einiger der unabhängigen Firmen ausschließlich auf dem libyschen Öl. Der Vertreter des US-Independents Bunker Hunt, Henry Schuler, stellte die Situation wie folgt dar: „Many of these companies had built refineries in Europe. They were built to run a particular kind of Libyan crude oil, and to cut off that oil was to cut off their life blood.“¹²³ Damit bestand eine große Abhängigkeit der Independents von Libyen. Die Konzessionsstruktur der Ölproduktion in Libyen, die Venn als eine „multicompany situation“ bezeichnet,¹²⁴ stellte sich mit dem Wechsel in das neue Jahrzehnt als neue Herausforderung für die Majors heraus. Inspiriert vom arabischen Nationalismus löste Oberst Muammar al-Gaddafi im Herbst 1969 mit einem Militärputsch König Idris ab. Damit kündigte sich nicht nur eine revolutionäre politische Agenda, sondern auch eine neue Ölpolitik Libyens an.¹²⁵ Die Beziehungen zwischen König Idris und den Ölfirmen waren überwiegend friedlich, zum Teil sogar freundschaftlich gewesen.¹²⁶ So berichtete der Chairman of Occidental Armand Hammer, „that he and his wife had been close friends of the former King and Queen and had been entertained in the King’s home on several occasions“¹²⁷. Gaddafi radikalisierte die Ölpolitik Libyens binnen kürzester Zeit. Sein zunächst wichtigstes Ziel war die Erhöhung der Staatseinnahmen. Im Januar forderte Libyens Ölminister Izz-al Din al-Marbruk eine sofortige Steigerung des Posted Price und rückwirkende Zahlungen auf der Basis des neuen Listenpreises bis 1965. Marbruks Argumentation folgte den qualitativen Vorteilen des libyschen Öls und den günstigeren Transportkosten im Vergleich
Vgl. Petrini, Imperi, S. 225. Vgl. o. V., Occidental is Now Libya’s Biggest Single Oil Producer, in: Petroleum Intelligence Weekly, 02.02.1970. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of Henry Mayer Schuler. Vgl. Venn, Oil Diplomacy, S. 136. Vgl. Hohensee, Ölpreisschock, S. 37. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 210; Yergin, Preis, S. 701. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 10/1/70, Memorandum of Conversation, Subject: Occidental Petroleum Corporation’s Settlement with Libyan Arab Republic Government (LARG), 08.10.1970.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
zum Öl aus dem persischen Golf. Dies müsse sich auch in den Zahlungen an Libyen wiederspiegeln. Um die Ernsthaftigkeit der Forderungen deutlich zu machen, drohte Gaddafi damit, die Ölproduktion stillzulegen und zukünftig mit der Sowjetunion als Handelspartner zusammenzuarbeiten.¹²⁸ Sowohl die Ölindustrie als auch politischen Kreise nahmen diese Drohungen durchaus ernst. So hieß es in einem Bericht des Bureau of African Affairs des US-State Department: „Libya appears to have significant important economic cards in the present situation. Western Europe obtains 25 per cent of its crude oil imports from Libya and would be unable to dispense with Libyan oil without rationing; hence, we believe Libya would be able to find a market for its oil export even if it nationalized all or part of the industry.“¹²⁹
Seit Frühjahr 1970 verhandelte die libysche Regierung mit den einzelnen Ölgesellschaften separat. Zunächst fanden Verhandlungen mit Exxon sowie Occidental statt. Dabei zeigte sich die neue Radikalität: „The negotiations were conducted over rolls and a revolver – after the Libyan representative offered American oil executives coffee and rolls, he set his revolver on the table in front of them as a reminder of just how much the market in petroleum has changed in recent years.“¹³⁰ Exxon lehnte dennoch die Forderung nach einer Erhöhung des Posted Price um 40 % entschieden ab. Die Begründung lautete, derartige Steigerungen „would place intolerable pressure on posted prices in Persian Gulf where it says net profit per barrel now stands at minimum“¹³¹. Auch Occidental hielt zunächst den Forderungen Libyens stand. Als Reaktion verhängte Libyen im Sommer 1970 massive Produktionskürzungen für Occidental. Mit dem Argument, die Ölreserven schonen zu wollen, setzte Marbruk durch, dass Occidental die Ölproduktion im Mai und Juni von 680.000 auf 500.000 Barrel täglich drosseln musste.¹³² Damit traf die libysche Regierung den schwächsten Verhandlungspartner. Libyen stellte Occidentals einzige Rohstoffbasis dar und die Produktionskürzungen setzten das Unternehmen extrem unter Druck. ¹³³ In der Folge suchte Chairman Hammer
Vgl. Sampson, Schwestern, S. 211. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 1/1/70, Memorandum for Henry Kissinger, Subject: Possible Libyan Oil Crisis, 13.05.1970. Cooper, Oil, S. 109. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 1/1/70, Telegram from State Department to Embassy Tripoli, 27.05.1970. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony James Akins. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 10/1/70, Memorandum of Conversation, Subject: Occidental Petroleum Corporation’s Settlement with LARG, 08.10.1970.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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Unterstützung bei Exxon und bat darum, dem Unternehmen das fehlende Rohöl zu günstigen Konditionen abnehmen zu können. Für die Konsultation erhielt Hammer eine informelle Freigabe des Departments of Justice. Der Grund dafür lag in außenpolitischen Faktoren. Die US-Regierung beobachtete die Entwicklung in Libyen mit Sorge. Problematisch erschienen die Abhängigkeit Europas vom libyschen Öl, der steigende Einfluss der Sowjetunion in den arabischen Ländern sowie ein schwindender Einfluss der USA in Libyen durch eine mögliche Verstaatlichungen der Ölindustrie. Vor diesem Hintergrund versuchte der Director Office of Fuels and Energy of the State Department und spätere US-Botschafter in Saudi-Arabien, James Akins, die USMajors davon zu überzeugen, sich mit Libyen zu einigen und zumindest kleine Eingeständnisse zu machen.¹³⁴ Auch der Freifahrtschein des Departments of Justice für eine Zusammenarbeit von Occidental und Exxon ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Exxon lehnte es allerdings ab, Occidental zu unterstützen und mit dem Independent zusammenzuarbeiten.¹³⁵ Kai Bird begründet dies mit der allgemein bestehenden Feindschaft zwischen den Majors und den unabhängigen Unternehmen: „There had always been bad blood between the Seven Sisters and the Independents.“¹³⁶ Gleichzeitig bestätigt sich Exxons harte Linie in den Verhandlungen mit Libyen. Das Unternehmen war weder darauf angewiesen, mit Occidental zusammenzuarbeiten, noch musste es Produktionskürzungen so sehr fürchten wie der Independent. Eine gedrosselte Ölförderung in Libyen hätte Exxon durchaus mit seinen anderen Dependancen ausgleichen können. Vielmehr fürchtete der Konzern, Eingeständnisse in Libyen könnten dazu führen, dass die anderen OPEC-Mitglieder dieselben Bedingungen forderten. Stärke und Unabhängigkeit zu signalisieren stand damit für Exxon an erster Stelle. Dies entsprach auch der Haltung der anderen Majors, insbesondere der von BP und Shell, die den Forderungen Libyens nicht nachgeben wollten. Die Unternehmen wollten einen Dominoeffekt unter den OPEC-Staaten verhindern. Aus ihrer dominanten Position auf dem Ölmarkt heraus versuchten sie, ihre bisherige Strategie fortzusetzen und vertraten einheitliche Positionen. Dabei missachteten sie allerdings die differenzierte Konzessionsstruktur in Libyen. Als Exxon die Zusammenarbeit mit Occidental ablehnte, geriet Hammer immer weiter unter Druck. Nachdem Libyen die
Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony James Akins. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 1/1/70, Telegram from State Department to Embassy Tripolis, 02.06.1970. Bird, Chairman, S. 626.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Produktion des Unternehmens im August um weitere 60.000 Barrel am Tag drosselte, wurden die Verhandlungen schließlich wieder aufgenommen.¹³⁷ Der President von Occidental Hammer beschrieb diese als sehr zermürbend: „Hammer immediately went on 10 hours of non-stop negotiations with Libyan oil officials after which he returned to Paris to remain over night. He said he returned to Paris for four nights in succession as negotiations continued.“¹³⁸ Am Ende seien die Verhandlungen allerdings ein „losing game with the Libyans holding the stronger cards“ gewesen und Occidental stimmte einem Anstieg des Posted Price von 29 Cent und einer Erhöhung der Gewinnbesteuerungsquote von 50 % auf 58 % zu. In der Folge nahm die libysche Regierung auch mit den anderen Unternehmen Verhandlungen auf und forderte eine Anpassung an die Zugeständnisse von Occidental. Die Independents der Oasis Gruppe ließen sich nahezu widerstandslos auf die Erhöhung der Abgaben ein, während Shell dagegenhielt.¹³⁹ Dies lag in den unterschiedlichen Abhängigkeitsverhältnissen vom libyischen Öl begründet. Unter den Majors, die zuvor als eine einheitliche Opposition auftraten, kam es mit dem Einknicken der Independents zunehmend zu Unstimmigkeiten. Die europäischen Konzerne BP und Shell drängten weiterhin darauf, den Forderungen auch mit dem Risiko einer Produktionsstilllegung standzuhalten und versuchten bei einem Treffen mit den anderen Gesellschaften in New York, die einheitliche Position der Majors zu stärken.¹⁴⁰ Brian Carlisle, Regional Coordinator for the Middle East of Shell, äußerte sich dazu wie folgt: „To answer yes would be to demonstrate to the world that governments could not only dictate present and future tax reference prices, which in itself is bad enough, but could also dictate what they should have been in the past and this cannot be anything but disastrous.“¹⁴¹ BP und Shell lehnten demnach vor allem die geforderte rückwirkende Erhöhung des Posted Price ab. Die US-Majors Socal und Texaco stimmten allerdings Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations,Washington, 1974, Part 4, Chronology of the Libyan Oil Negotiations 1970 – 71. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 10/1/70, Memorandum of Conversation, Subject: Occidental Petroleum Corporation’s Settlement with LARG, 08.10.1970. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 213. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613 Box 1507, Folder: PET 6 LIBYA 9/1/70, Telegram from State Department to Embassy Tripoli, Subject: Oil Negotiations, 23.09.1970; Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 22, Folder: FOIA, DOS, Oil 1970s, Telegram from Embassy Tripoli to State Department, 26.09.1970. TNA, FCO67– 435, Letter from Carlisle (Shell) to Bell (Shell), 21.09.1970.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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kurz darauf – ohne Konsultation der anderen Schwestern – am 30. September 1970 der Erhöhung des Listenpreises zu und bestätigten damit ihren Außenseiterstatus.¹⁴² Mit den Zugeständnissen der beiden Konzerne brach die einheitliche Front der Sieben Schwestern zusammen. In der Folge sahen sich auch BP, Exxon und Mobil dazu genötigt, den neuen Listenpreis zu akzeptieren. Anstelle der rückwirkenden Zahlungen einigten sich die Verhandlungspartner wie bereits in Occidentals Fall auf eine Erhöhung der Gewinnbesteuerung, die zukünftig je nach Unternehmen bei 54– 58 % lag.¹⁴³ Shell, dessen Produktion die libysche Regierung bereits Ende September vollständig stilllegte, hielt weiter an der ursprünglichen Linie der Majors fest, stimmte aber schließlich Mitte Oktober auch den neuen Bedingungen zu.¹⁴⁴ Der Richtungswechsel der US-Majors erklärt sich durch verschiedene Ursachen. Erstens setzten die Eingeständnisse der Independents die Schwestern unter Druck. Angesichts der steigenden Konkurrenz durch unabhängige Konzerne konnten sie nicht riskieren, aus den wichtigsten Förderländern verdrängt zu werden. Der Chairman von BP Eric Drake äußerte sich diesbezüglich wie folgt: „[…] the independent companies, […], were not only solely responsible for the increased production in Libya, which gave Libya its strangle hold over Europe, but created the current disastrous situation by yielding to Libyan pressures for higher prices and taxes.“¹⁴⁵ Ein weiterer Grund für das Nachgeben der Ölgesellschaften lag in der Haltung der US-Regierung begründet. Das State Department brachte sich zwar nicht aktiv in die Verhandlungen ein, aber indirekt drängte es die US-Majors dazu, eine für Libyen befriedigende Einigung zu erzielen und eine Stilllegung zu vermeiden. Das Ministerium argumentierte damit, dass ein Produktionsstopp in Libyen dazu führen könne, dass die europäischen Länder aufgrund ihrer Abhängigkeit dazu übergehen würden, bilaterale Verträge mit Libyen abzuschließen. Sollte es dazu kommen, würde das Risiko der Verstaatlichung nicht nur in Libyen, sondern auch in Europa steigen.¹⁴⁶ Das Szenario schien nicht unrealistisch. Zum Ende der Vgl. Benedict, Roger W., Some Oil Firms Balk at Libya’s Demands for Higher Taxes, Fearing Global Impact, in: Wall Street Journal, 1.10.1970; Turner, Oil, S. 154. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 1/1/70 Libya, Telegram from Embassy Tripoli to State Department, Subject: Libyan Oil Situation, 08.10.1970. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations,Washington, 1974, Part 4, Chronology of the Libyan Oil Negotiations 1970 – 71. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 10/1/70, Memorandum of Conversation, Subject: Middle East, 13.10.1970. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 LIBYA 1/1/70, Confidential Letter from Akins to Katz, 28.09.1970.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
1960er-Jahre hatte das Angebot auf dem Ölmarkt die Nachfrage eingeholt. Die zuvor bestehenden Überschusskapazitäten wurden zunehmend von ersten Engpässen abgelöst. 1970 erreichte die US-Ölförderung außerdem den sogenannten Peak Oil und die US-Regierung kündigte in der NATO offiziell an, dass die USReserven im Krisenfall nicht reichen würden, um Europa mit zu versorgen.¹⁴⁷ Diese Entwicklungen beunruhigten die europäischen Länder, die weitaus abhängiger vom Öl aus den OPEC-Mitgliedstaaten waren als die USA. Mit den Produktionskürzungen in Libyen kündigten sich Engpässe in Europa an.¹⁴⁸ Zukünftige energiepolitische Maßnahmen, die mit staatlichen Eingriffen in den nationalen Ölmarkt einhergingen, schienen daher möglich. Neben den Empfehlungen des State Departments spielten für die Konzerne bei ihrer Entscheidung, die Abgaben in Libyen zu erhöhen, auch die Marktpreise eine entscheidende Rolle. Die US-Majors gingen davon aus, die europäischen Länder wären aufgrund der bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse bereit, einen höheren Preis für Öl zu zahlen – die Unternehmen konnten die erhöhten Kosten demnach an die Konsumenten weitergeben. So hieß es in dem französischen Ölmagazin Orient-Petrole: „American companies have no reason to resist higher posted prices for Arab crude because they feel they can pass the additional cost on to the European customer. This can be seen, it is said, by the speed in which the companies caved in Libya“¹⁴⁹. Auch die US-Regierung hatte durchaus ein Interesse an steigenden Preisen in Europa. Der von Importquoten geschützte US-Markt würde kaum davon betroffen sein, vielmehr standen Wettbewerbsvorteile in Aussicht, die die Zahlungsbilanz der USA verbessern könnten.¹⁵⁰ Die europäischen Majors BP und Shell kritisierten die amerikanischen Schwestern und warfen ihnen eine fehlende Weitsicht vor. Drake ging von einem Dominoeffekt infolge der Zugeständnisse in Libyen aus, der die Majors in größte Schwierigkeit bringen würde: „He could see only a black future for the international oil companies.“¹⁵¹ In Gesprächen mit Vertretern des State Departments machte Drake keinen Hehl daraus, dass er auch bei der US-Regierung eine Schuld Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 59 f.; Hohensee, Ölpreisschock, S. 37;Yergin, Preis, S. 688 f.; siehe auch die Dokumente in: NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 OECD 1/7/70. Vgl. o. V., Libyan Oil Supply Shortage Begins to Be Felt in Europe, in: Petroleum Intelligence Weekly, 15.06.1970; o. V., Oil Supply Security on EEC Agenda as Crises Worsens, in: Petroleum Intelligence Weekly, 07.09.1970. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 10/1/70, Telegram from Embassy Paris to State Department, Subject: Petroleum-Press Attacks on US Oil Companies and USG Regarding Recent Oil Settlements, 16.10.1970. Vgl. Petrini, Imperi, S. 97. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 10/1/70, Memorandum of Conversation, Subject: Middle East, 13.10.1970.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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sehe: „Drake said with ill-concealed hostility that it was really the fault of the US government that oil companies had felt forced to give in to the Libyans.“¹⁵² Als Konsequenz forderte der Vertreter von BP, die britische und die US-Regierung sollten zukünftig in gemeinsamer Abstimmung die Ölkonzerne unterstützen, „to insure 1) that the Arabs not be turned into enemies, 2) that oil remains in friendly hands and (again) 3) that this oil always be available to consumers on ‚fair‘ terms“¹⁵³. Damit nahm BP die Heimatregierungen in die Verantwortung. Das Unternehmen signalisierte, dass die Majors diplomatische Unterstützung benötigten, um den Ölmarkt stabil zu halten. Diese Forderung sollte sich in den nächsten Monaten noch verstärken. Die Ereignisse in Libyen veränderten die Situation auf dem Ölmarkt. Die zuvor funktionierende Strategie der Sieben Schwestern durch eine einheitliche Position ihre Macht zu stärken und die Forderungen der Förderländer moderat zu halten, ging nicht mehr auf. Dies lag in der spezifischen Situation in Libyen begründet: „They [Libyen; W. G.] adopted new tactics really the rest of OPEC hadn’t adopted before.“¹⁵⁴ In Libyen standen die Majors in direkter Konkurrenz zu zahlreichen Independents auf deren Verhalten sie keinen Einfluss hatten. Die klassischen Funktionsweisen der Kartellzusammenarbeit wie in den Konsortien im Mittleren Osten funktionierten hier nicht. Der in Libyen bestehende Wettbewerb im Zusammenspiel mit dem politischen Machtwechsel hebelte das Kartell der Konzerne kurzfristig aus und schwächte es. Dies führte zu kurzfristigen Entscheidungen der Unternehmen. Die Firmen verließen die bewährten Handelsroutinen. Trotz der bestehenden Absprachen unter den Schwestern, den Forderungen Libyens standzuhalten, agierten die Majors unter dem Druck der Eingeständnisse der Independents mehr oder weniger im Alleingang. Dabei ließen sie sich von politischen Entscheidungsträgern wie der US-Regierung beeinflussen, was dafür spricht, dass sie auf die kritische Phase in Libyen nicht unbedingt eingestellt waren. Ein wesentlicher Einflussfaktor war außerdem, dass sich der Markt etwa zeitglich von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt mit ersten Ölengpässen entwickelte. Dies hatte zur Folge, dass sich die Konsumentenländer zunehmend um ihre Versorgung sorgten und selbst auf dem Ölmarkt aktiv wurden. Dies wiederum stärkte die Position der Ölexportländer und musste von den Majors in ihrer Strategie berücksichtigt werden.
NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 10/1/70, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: Middle East Oil, 14.10.1970. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1506, Folder: PET 6 LIBYA 10/1/70, Memorandum of Conversation, Subject: Middle East, 13.10.1970. NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 26, Stenographer Minutes Carlisle, 12.04.1978.
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5.4.2 Neue Strategien In der Folge des neuen Arrangements in Libyen setzte der bereits befürchtete Dominoeffekt, das sogenannte Leapfrogging, ein.¹⁵⁵ Mit dem Schah von Persien stand das Konsortium schon seit Juni 1970 in Verhandlungen. Nachdem die Unternehmen in Libyen Zugeständnisse gemacht hatten, konnten sie ihre Argumentation, eine Erhöhung der Abgaben wäre nicht möglich, nicht länger aufrechterhalten.¹⁵⁶ Innerhalb kürzester Zeit erreichten die Produzentenstaaten des persischen Golfs angeführt vom Iran eine Erhöhung der Gewinnbesteuerungsrate auf 55 % und eine leichte Steigerung des Posted Price. Die Unternehmen mussten durch die Zugeständnisse höhere Summen für die Abgaben an die Förderländer aufwenden. Aus BPs Geschäftsberichten geht hervor, dass die Zahlungen an die OPEC-Mitglieder zwischen 1970 und 1971 um 36 % stiegen (siehe Abb. 17). In der Gewinnentwicklung der Majors spiegeln sich diese erhöhten Kosten nicht wieder. So verzeichnen alle Unternehmen zwischen 1970 und 1971 einen deutlichen Anstieg der Gewinne (siehe Abb. 9). Die Gewinne aus den Aktivitäten der Majors in der östlichen Hemisphäre stiegen auch weiterhin an, allerdings lässt sich dabei eine sinkende Wachstumsrate feststellen, was durchaus auf die erhöhten Abgaben zurückzuführen ist.¹⁵⁷ Die steigenden Gewinnbeteiligungen der Förderländer spiegelten sich außerdem in den Marktpreisen wieder. So wuchs der Preis für Rohöl aus den OPECMitgliedstaaten zwischen 1970 und 1971 von durchschnittlich 1,21 Dollar auf 1,7 Dollar pro Barrel an. Hier zeigt sich, dass die Unternehmen die erhöhten Abgaben an die Konsumenten weitergeben konnten (siehe Abb. 7). Problematisch erwies sich für die Majors allerdings, dass die Forderungen mit dem Entgegenkommen der Firmen kein Ende nahmen, sondern vielmehr zu einer unkontrollierten Verselbstständigung neuer Forderungen führten. So erließ beispielsweise Venezuela im Dezember 1970 ein Steuergesetz, das die Gewinnbeteiligungssteuer der Unternehmen auf 60 % erhöhte.¹⁵⁸ Auch Libyen äußerte sich dazu und argumentierte, durch die Zugeständnisse der Majors den anderen För-
Vgl. o. V., Libyan Price ‚Fallout‘ Spreading Fast to Iran, Iraq, Kuwait, in: Petroleum Intelligence Weekly, 30.11.1970. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1502, Folder: PET 5 IRAN 10/1/70, Secret Letter, Subject: Iranian Settlement with Consortium, 25.11.1970. Vgl. o. V., Oil Firms’ Earnings at 10-Year Low in Eastern Hemisphere, in: Petroleum Intelligence Weekly, 19.10.1970. Vgl. o. V., Venezuela Stuns Oil Industry with Sudden Retrocative Tax Hike, in: Petroleum Intelligence Weekly, 14.12.1970.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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derländern gegenüber sei der Ausgleich, den Libyen im Herbst 1970 durchgesetzt hatte, nichts mehr wert und forderte Neuverhandlungen. Diese Entwicklung stärkte auch die OPEC als Organisation und die Förderländer gingen dazu über, gemeinschaftlich Forderungen zu stellen. So berichtete die Petroleum Intelligence Weekly: „Fortified by the tax-price gains spearheaded by Libya, the revitalized OPEC organization is flexing its collective muscle.“¹⁵⁹ Bei der OPEC-Konferenz in Caracas im Dezember 1970 erließen die Mitgliedstaaten neue Resolutionen.¹⁶⁰ Die zentrale Forderung beinhaltete die Erhöhung des Posted Price für alle Mitgliedstaaten, die den individuellen Bedingungen der Ölqualität und des Transports Rechnung tragen sollte. Die OPEC bestimmte ein Komitee, dem die Ölminister des Iraks, Irans und Saudi-Arabien angehörten, das die Verhandlungen stellvertretend für die sechs Förderländer des persischen Golfs führen sollte. Sie bestanden darauf, bereits am 12. Januar 1970 mit den Verhandlungen zu beginnen.¹⁶¹ Gleichzeitig forderte Libyen im Alleingang Neuverhandlungen mit Occidental und Bunker Hunt: „[…] it looks as though they are trying to repeat their successful tactics of last autumn i. e. putting pressure first on the smaller companies who are most dependent on Libyan oil.“¹⁶² Die Welle der Forderungen schuf neue Unsicherheiten für die Majors. Die bisherigen Strategien schienen nicht mehr zu funktionieren. Das erstarkte Selbstbewusstsein der Förderländer zeigte sich nicht mehr nur in den Forderungen einzelner Länder wie etwa in Libyen, sondern die Exportstaaten traten zunehmend als Kartell auf und verstärkten dadurch ihre Verhandlungsposition. Auch wenn die Unternehmen bereits seit den 1960er-Jahren ihre Rohölbasis geografisch weiter ausdifferenzierten, bestand weiter eine starke Abhängigkeit vom Öl aus den OPEC-Staaten. So generierten die Majors Anfang der 1970er-Jahre immer noch etwa zwei Drittel des Rohöls aus den Staaten des Mittleren und Nahen Ostens. Produktionskürzungen oder Verstaatlichungen wie etwa in Libyen schienen für sie daher ein problematisches Szenario. Die neuen Forderungen der Förderländer setzten die Konzerne daher unter Druck. Die Erfahrung in Libyen im Herbst 1970 hatte gezeigt, dass die Produzentenländer zu drastischen Maßnahmen griffen, um ihre Ziele zu erreichen. Es galt daher neue Strategien zu entwickeln, um mit den Herausforderungen umzugehen. Der Zeitfaktor spielte dabei
O. V., Massive New Price Hikes Demanded by 10-Nation OPEC, in: Petroleum Intelligence Weekly, 04.01.1971. Vgl. Text of Resolutions XXI OPEC Conference, in: Middle East Economic Survey, Vol. XIV, No. 10, 01.01.1970. Vgl. Petrini, Sisters, S. 99 f. TNA, FCO 67/553 – 62, Confidential Telegram from Douglas Home, Subject: OPEC, 14.01.1970.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
eine wesentliche Rolle, da insbesondere Libyen mit weiteren Produktionskürzungen drohte.
A Message to OPEC Kurz nach der Verabschiedung der OPEC-Resolutionen in Caracas verstärkte sich der Austausch unter den Majors. Insbesondere BP und Shell, die die Ereignisse in Libyen im Herbst 1970 als großen Misserfolg bewerteten, drängten auf neue Strategien: „The situation created by the new demands is so critical in Shell’s view that some new modus vivendi between companies and producing countries should be urgently developed.“¹⁶³ Der Vorschlag lautete, eine vereinte Verhandlungsgruppe der Ölgesellschaften zu schaffen und dem Kartell der OPEC als Industriefront zu begegnen. Die Initiative dafür ging von Shell aus. Hier zeigt sich die politische Weitsicht des Unternehmens in internationalen Zusammenhängen, die sowohl Greene als auch Sampson konstatieren.¹⁶⁴ Diese registrierten auch die anderen Ölgesellschaften. So erklärte Schuler von Bunker Hunt vor dem Subcommittee on Multinational Corporations: „[…] the genesis of this solidarity movement was Shell. Shell had some very forward thinking people in an office that followed OPEC affairs, a quasi-political office.“¹⁶⁵ Bereits im Dezember 1970 kommunizierte Shell die Idee unter den Majors. Gleichzeitig verkündete das Unternehmen die Strategie auch frühzeitig in politischen Kreisen. So erklärte Chairman David Barran dem US-Botschafter in Den Haag „his strong belief that major oil companies must make strong and united stand against further demands by oil-producing countries“¹⁶⁶. Er machte deutlich, die Antitrust-Gesetze in den USA seien ein Handicap dieser Strategie. So würde die OPEC als Monopol der Förderländer verhandeln, während die Ölgesellschaften nur separat und unabhängig voneinander agieren könnten. Dies schwäche ihre Position, argumentierte Barran, „thus forcing oil companies to fight with one hand behind their backs“¹⁶⁷.
Archives Historiques Total, 82– 8 – 409 – 4012, 409 Negociations de Teheran Jan-Feb 1971, Urgent Telegram Notes on the Participant Meeting of 6th January 1971. Greene, Strategies, S. 211; Sampson, Schwestern, S. 199. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of Henry Mayer Schuler. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1482, Folder: PET OPEC 1/1/70, Telegram from Embassy The Hague to State Department, 24.12.1970. Ebd.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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Anfang Januar konkretisierte Shell seinen Plan. Während eines Treffens des iranischen Konsortiums präsentierte das Unternehmen die Ideen den anderen Schwestern und der französischen Total. Die wichtigsten zwei Prämissen umfassten dabei: „1. That the companies should no more talk with individual countries but only with OPEC as a whole. 2. Any deal with OPEC as a whole should be binding on all members.“¹⁶⁸ Wenn sich die Unternehmen über diese Forderung einig wären, sollten sie den OPEC-Mitgliedstaaten ein attraktives Angebot machen, um mit ihnen unter den genannten Bedingungen zu verhandeln. Shell schlug unter anderem eine einheitliche Anhebung des Posted Price um 15 Cent pro Barrel vor und „in order to buy, say five years of peace, the companies would offer an annual escalation of the posted prices inline with some inflation index“¹⁶⁹. Entscheidend an Shells Vorschlag war, dass es nicht nur darum ging, eine gemeinsame Verhandlungsposition unter den Sieben Schwestern herzustellen, sondern auch die Independents in diese Strategie mit einzubeziehen. Die Erfahrung in Libyen hatte gezeigt, dass die unabhängigen Unternehmen aus ihrer schwachen Position heraus den Forderungen der Förderländer nur schwer standhalten konnten. Um ein erneutes Nachgeben der Independents und ein weiteres Leapfrogging zu verhindern, mussten die Majors mit den Indepenents zusammenarbeiten, so Shells Argumentation. In einem geheimen Schreiben von Brian Carlisle an den Vice President von Mobil Henry Moses hieß es dazu: „We feel that the only possibility of halting the Libyans in their track before they roll over the independents is for the industry to come out this friday with its plan to negotiate a new deal with OPEC and its members as a whole.“¹⁷⁰ Dieser Vorschlag von Shell bedeutete neben einer neuen Verhandlungsstrategie auch eine Öffnung des Kartells der Sieben Schwestern für die unabhängigen Unternehmen. In einem Bericht der französischen Total über das Treffen des Konsortiums hieß es, BP sowie drei der US-Majors hätten dem Vorschlag von Shell sofort zugestimmt, während sich zwei US-Unternehmen zunächst skeptisch zeigten.¹⁷¹ Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um Socal und Texaco handelte, die zuvor in Libyen vor einem Alleingang nicht zurückgeschreckt hatten. Vor dem Hintergrund der anstehenden Verhandlungen zwischen Libyen und den Independents erreichten die
Archives Historiques Total, 82– 8 – 409 – 4012, 409 Negociations de Teheran Jan-Feb 1971, Urgent Telegram Notes on the Participant Meeting of 6th January 1971. Ebd. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Telegram from Carlisle (Shell) to Moses (Mobil), 06.01.1971. Vgl. Archives Historiques Total, 82– 8 – 409 – 4012, 409 Negociations de Teheran Jan-Feb 1971, Urgent Telegram Notes on the Participant Meeting of 6th January 1971.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Majors allerdings schnell eine Einigung. Exxon nahm hier erneut eine Führungsrolle ein und wirkte erfolgreich auf die ablehnenden US-Konzerne ein.¹⁷² Nachdem die Sieben Schwestern eine einheitliche Position eingenommen hatten, galt es, die unabhängigen Unternehmen für ihre Strategie zu gewinnen. Dies erwies sich als problematisch. Insbesondere Hammer von Occidental zeigte sich, nachdem Exxon kurz zuvor noch die Zusammenarbeit abgelehnt hatte, stur. Die Majors konnten schließlich den US-Independent Bunker Hunt überzeugen und setzten dessen Präsidenten als Vermittler ein: „Bunker go on the phone and urged me to sign, pleaded with me, said it would be a good thing for all of us if I were going along.“¹⁷³ Hammer von Occidental zeigte sich erbost darüber, dass die Majors – jetzt wo sie selbst unter Druck standen – mit den Independents zusammenarbeiten wollten: „What do they think I am, a ten-cent prostitute?“¹⁷⁴ Schließlich schlossen sich allerdings auch Occidental sowie weitere Independents der Industriefront an. Die unabhängigen Unternehmen erhofften sich durch die Zusammenarbeit mit den großen Konzernen eine Stärkung ihrer Position in den Verhandlungen. Am 16. Januar 1971 verschickten die Majors schließlich die sogenannte „Message to OPEC“ an die Mitgliedsländer. Die Message repräsentierte die Einigkeit der Industrie in dieser Angelegenheit. So unterschrieben neben den Sieben Schwestern sechs weitere Ölgesellschaften (Amerade Hess, Continental Oil Company, Marathon Oil Company, Bunker Hunt, Occidental und Total). Bis zum 7. Februar schlossen sich außerdem weitere zehn Ölfirmen offiziell der Message an (American Independent Oil Company of Iran, Arabian Oil Company, Ashland Oil & Refining Company, Atlantic Richfield Company, Gelsenberg AG, Grace Petroleum Company, Hispanica de Petroleos S.A., Petrofina S.A., Signal Petroleum Company und Standard Oil Company Ohio).¹⁷⁵ Die Inhalte der Message basierten weitgehend auf den Vorschlägen von Shell. Die Unternehmen erklärten, sie seien angesichts der steigenden Forderungen nicht mehr in der Lage, mit den einzelnen Förderländern parallel zu verhandeln. Stattdessen schlugen sie vor, dass eine Gruppe von Unternehmensvertretern mit der OPEC als Vertreter der Ölexportländer verhandeln und die Ergebnisse sowohl für die Industrie als Ganzes als auch für die OPEC-Staaten gelten solle. Dies sei im Sinne der Stabilität nicht nur
Vgl. Archives Historiques Total, 82– 8 – 409 – 4012, 409 Negociations de Teheran Jan-Feb 1971, Urgent Telegram Notes on the Participant Meeting of 7th January 1971. NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 17, Interrogation of Armand Hammer (Occidental Petroleum Corporation) 1975. NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 17, Interrogation of Nelson Bunker Hunt (Bunker Hunt) 1975. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
221
für die Förderländer selbst, sondern auch für die westlichen Konsumentenländer vorteilhaft, so die Argumentation. Um Anreize für die OPEC-Mitglieder zu bieten, sich auf das vorgeschlagene Prozedere einzulassen, enthielt die Message auch einige konkrete Angebote. Dazu zählten eine Anpassung des Posted Price für alle Mitgliedstaaten und eine jährliche Erhöhung, angepasst an die Inflationsrate, sowie eine Anpassung der Abgaben an Libyen unter Berücksichtung der günstigen Transportbedingungen. Die Message enthielt allerdings auch klare Grenzen. So forderten die Unternehmen im Zuge des Entgegenkommens bezüglich des Posted Price keine weiteren Erhöhungen der Steuerrate und keine rückwirkenden Zahlungen. Außerdem dürften zukünftigen Bedingungen erst nach Ablauf von fünf Jahren neu verhandelt werden, so der Vorschlag.¹⁷⁶ Mit der Message to OPEC hatten die Majors innerhalb kürzester Zeit eine neue Strategie entwickelt. Sie lernten aus der negativen Erfahrung mit Libyen im Herbst 1970 und reagierten flexibel auf die neuen Forderungen, indem sie ihr Kartell punktuell für die Independents öffneten. Es gelang ihnen, die traditionell misstrauischen Beziehungen zu den Independents zu überwinden und diese für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Dieser Vorgehensweise lag keinesfalls ein Solidaritätsgedanke zugrunde, vielmehr galt es, die eigene Position in den Verhandlungen zu stärken. Bemerkenswert erscheint, dass die Message to OPEC konkrete Vorschläge und Angebote für die OPEC-Mitglieder beinhaltete. Die Unternehmen versuchten auf diese Weise, schon vorab proaktiv den Verhandlungsrahmen abzustecken und nicht nur passiv auf Forderungen zu reagieren.
Das Libyan Safety Net Agreement Die reine Absichtserklärung der Independents, sich der Verhandlungsfront der Majors anzuschließen, reichte den Sieben Schwestern nicht aus. Insbesondere die in Libyen tätigen Unternehmen standen unter großem Druck und die Majors befürchteten, sie würden unter der Drohung der Verstaatlichung nachgeben. Die Kartellabsprache der gemeinsamen Verhandlungen stand damit auf dünnem Eis, da durch Libyens Radikalität kurzfristig einzelne Unternehmen die Absprache brechen könnten. Zusätzlich zu diesem Misstrauen galt es, schnelle Lösungen zu finden, da Gaddafi bereits Anfang Januar 1971 die beiden US-Unternehmen Occidental und Bunker Hunt erneut zu Verhandlungen vorgeladen hatte. Bei einem Akzeptieren der Forderungen durch die beiden würde sich das Leapfrogging wiederholen und sich die Message to OPEC als unglaubwürdig und wirkungslos
Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1482, Folder: PET 3 OPEC 1/2/71, Telegram from State Department to all US-Embassies, 14.01.1971.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
erweisen. Es galt, Anreize zu schaffen, damit die Independents sich an die Absprachen hielten. In einem Gespräch zwischen Carlisle von Shell und Schuler von Bunker Hunt betonte letzterer, sein Unternehmen sei dafür, den Forderungen von Libyen nicht nachzugeben und machte Carlisle Komplimente für Shells Durchhaltevermögen im Herbst 1970. Bunker Hunt erklärte, das Unternehmen wolle sich gerne der Strategie der Majors anschließen, allerdings bräuchte es dafür eine Absicherung: „He said this was the way to deal with the Libyans and this would be the way that Bunker Hunt would like to do it if they could get only some mutual insurance scheme going.“¹⁷⁷ Genau an diesem Punkt setzten die Majors an und diskutierten bereits seit Anfang Januar parallel zur Ausgestaltung der Message to OPEC über einen möglichen Rettungsschirm im Rahmen der gemeinsamen Verhandlungsstrategie. Während des Treffens der iranischen Konsortiumsmitglieder am 8. Januar 1971 stellte Exxon drei verschiedene Absicherungsmodelle für verschiedene Regionen der OPEC vor, betonte allerdings „at this stage Jersey would prefer to limit the arrangements to the Libyan club“¹⁷⁸. Am 11. und 12. Januar trafen sich die Majors im Rahmen der Oil Group in New York und diskutierten die Ausgestaltung der Absicherungsvereinbarung für die Unternehmen in Libyen. Am Abend des ersten Tages luden sie die Independents in Exxons Waldorf Tower ein. McCloy präsentierte die Idee des sogenannten Libyan Safety Net Agreement und die Unternehmen tauschten sich diesbezüglich aus. Die unabhängigen Firmen schilderten ihre Situation und signalisierten ihr Interesse an der vorgeschlagenen Kooperation.¹⁷⁹ In den folgenden Tagen fanden zahlreiche Treffen der Majors und Independents zur Ausgestaltung des Safety Net Agreements statt.¹⁸⁰ Die Zusammenkünfte fanden vor allem in den Büros von Mobil in New York unter der Leitung von President William Tavoulareas statt, der eine führende Rolle einnahm. Die Ausarbeitung der Vereinbarung gestaltete sich konfliktreich. Uneinigkeit herrschte darüber, ob und wie viel Öl aus dem Mittleren Osten die Unternehmen im Falle von Produktionskürzungen oder Verstaatlichungen in Libyen den betroffenen Firmen zur Verfügung stellen sollten. Auch der Verteilungsschlüssel stand zur Diskussion. In seinem Bericht gibt Carlisle an, dass der Vice President von Exxon, George T. Piercy, „spending most of the time not trying to be constructive but concentrating
NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 26, Stenographer Minutes Carlisle, 12.04.1978. Archives Historiques Total, 82– 8 – 409 – 4012, 409 Negociations de Teheran Jan-Feb 1971, Urgent Telegram Notes on the Participant Meeting of 8th January 1971. Vgl. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 22, Folder: FOIA: DOJ, Oil, 1970s, Letter from Dudley Chapman to Richard McLaren, 01.02.1971. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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solely on drawing up a net that took into account companies’ current production in Libya rather than over a past period since they kept stressing that their production was on decline“¹⁸¹. Nicht nur unter den Majors herrschten Unstimmigkeiten über die Ausgestaltung der Vereinbarung, sondern auch die Independents meldeten sich immer wieder kritisch zu Wort. Zum Teil machten die Majors Vorschläge, die primär ihrer eigenen Sicherheit dienten: „We had to vet these, stressing that the main purpose of the net was to protect the Libyan independents.“¹⁸² Differenzen herrschten auch darüber, wie lange der Rettungsschirm Bestand haben sollte. So forderte Occidental eine Absicherung für drei Jahre, während die Schwestern nur ein Jahr in Aussicht stellten.¹⁸³ Carlisle von Shell berichtete, dass die Tage der Ausgestaltung der Vereinbarung sehr hektisch verlaufen seien. Vor dem Hintergrund, dass Libyen die Deadline für den 16. Januar als ersten Verhandlungstag mit Occidental und Bunker Hunt nicht verschieben wollte, sahen sich die Majors gezwungen, schnell Lösungen zu finden. Schließlich stellten die Unternehmen nach drei arbeitsreichen Tagen und Nächten die finale Version des Libyan Safety Net Agreement fertig. Die Vereinbarung enthielt folgende Regelungen: Erstens erklärten sich die Teilnehmer bereit, bei Produktionskürzungen in Libyen den betroffenen Unternehmen die Kürzungen im Jahr 1971 zu 100 %, 1972 zu 80 % und 1973 zu 60 % auszugleichen. Der Aufteilungsschlüssel dafür orientierte sich an dem Produktionsanteil in Libyen. Zweitens erklärten sich die Firmen, die im persischen Golf mehr als 150.000 Barrel Öl am Tag produzierten – dies betraf vor allem die Majors –, bereit, Rohöl zu günstigen Konditionen an die betroffenen Unternehmen zu verkaufen, um die Versorgung zu sichern. Alternativ zum Verkauf von Rohöl könnten sie auch Zahlungen von 10 Cent pro Barrel leisten. Als Gegenleistung durften die Firmen keine Vereinbarung mit Libyen ohne eine vorherige Konsultation mit den Mitgliedern des Libyan Safety Net Agreements treffen. Der Rettungsschirm war laut Vertrag offen für alle Unternehmen, die Konzessionen in Libyen besaßen. Schließlich unterschrieben alle Sieben Schwestern und mit Ausnahme der ENI auch alle wesentlichen Independents: American Petroleum Corporation, Atlantic Richfield Company, Continental Oil Company, Gelsenberg AG, Marathon Oil Company, Bunker Hunt und Occidental. Mit dem Vertragsabschluss vom 15. Januar 1971 konnte das Libyan Safety Net Agreement gerade noch rechtzeitig in Kraft treten und die Independents Occidental und
NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 19, Memorandum Brian Carlisle, 15.01.1975. Ebd. Vgl. TNA, FCO 67/553 – 62, Confidential Telegram from Embassy in Washington to Foreign Office, 13.01.1971.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Bunker Hunt erklärten sich einen Tag vor Verhandlungsbeginn bereit, auf Grundlage der gemeinsamen Vereinbarungen die Forderungen Libyens abzulehnen.¹⁸⁴ Mit dem Libyan Safety Net Agreement schufen die Majors einen Mechanismus, der es ihnen erlaubte, auf die anderen Marktteilnehmer – in diesem Fall die Independents – Einfluss zu nehmen. Dies gelang ihnen, indem sie entsprechende Anreize für die Kooperation schufen. Aufgrund ihrer Ölproduktion in anderen Regionen konnten sie den Independents einen Ausgleich bei Produktionskürzungen in Libyen in Aussicht stellen und auf diesem Weg erreichen, dass sich die Firmen ihren Vorgaben entsprechend verhielten. Dies verschaffte ihnen zunächst Zeit, eine neue Verhandlungsstrategie zu entwickeln und verhinderte einen Dominoeffekt in den Verhandlungen, wie sie ihn im Herbst 1970 erlebt hatten. Auch den Ölexportstaaten, insbesondere Libyen gegenüber, stärkte das Safety Net Agreement die Position der Majors. Da die Sieben Schwestern nun über das Verhalten der Independents in den Verhandlungen mit Libyen herrschten, konnte das Land die schwache Position der unabhängigen Unternehmen nicht mehr ausnutzen. Die Kartellvereinbarungen des Safety Net Agreements hielten die Unternehmen streng geheim. Die Presse berichtete zwar, die Industrie verfolge einen gemeinsamen Plan, „a major insurance policy on the basis of one for all and all for one“¹⁸⁵, allerdings achteten die Konzerne darauf, keine Details bekannt zu geben. Im Sommer 1971 forderte der US-Kongress, das Libyan Safety Net Agreement zu veröffentlichen. Die Majors verhinderten dies in Absprache mit dem State Department und begründeten es mit der Sicherheitspolitik. Sie argumentierten, der Mechanismus der Vereinbarung könne nur dann funktionieren, wenn den anderen Markteilnehmern – in diesem Fall den Ölexportstaaten – die Funktionsweise nicht bekannt sei.¹⁸⁶ Auch noch einige Jahre später lehnten die Unternehmen eine Veröffentlichung der Details des Agreements ab. Piercy von Exxon äußerte sich wie folgt dazu: „Now, if this comes out that there was a formal agreement, I think it could touch off some action against any company up there, any American company, any of them, not just us, but anyone.“¹⁸⁷
Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Implementing Agreement, 15.01.1971. Johns, Richard, Mutual Aid Pact by Oil Companies, in: Financial Times, 19.01.1971. Vgl. TNA, FCO 67/553 – 62, Telegram from Embassy Washington to Foreign Office, 25.08.1971. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of John McCloy, Accompanied by George T. Piercy, 24.01.1974.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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Die Vereinbarung könnte als neue Solidarität zwischen den Majors und Independents gewertet werden. Vor dem Hintergrund der hier vorgenommenen Analyse wird allerdings deutlich, dass für die Sieben Schwestern vor allem ihre eigenen Interessen im Vordergrund standen. So ging es den Unternehmen nicht darum, den unabhängigen Firmen in einer Notlage auszuhelfen, sondern sie wollten deren Verhalten während der Verhandlungen mit den Förderländern steuern. Dafür schufen sie attraktive Anreize. Sie zeigten sich solidarisch, um die Independents zu überzeugen. Sogar das Unternehmen Gulf, das gar keine Konzession in Libyen besaß, beteiligte sich an dem Safety Net Agreement – „certainly a statesman-like gesture“¹⁸⁸. Die Absprachen dienten daher auch zur Kontrolle der anderen Kartellmitglieder. Als es schließlich infolge der Unnachgiebigkeit der Unternehmen in Libyen zu Produktionskürzungen kam, fühlten sich die Majors nur noch zum Teil an ihre Versprechungen gebunden. Im Nachhinein kritisierten einige unabhängige Firmen, das Abkommen sei vor allem eine Absprache unter den Majors gewesen und die Independents hätten nur solange partizipieren können, wie es den Sieben Schwestern Vorteile gebracht habe. Besonders eindrücklich ist dies durch die Anklage von Bunker Hunt gegen die Sieben Schwestern im Jahr 1975 belegt. Nelson Bunker Hunt, dessen Konzession Libyen verstaatlichte, schrieb, bevor er das Gerichtsverfahren einleitete, folgende Zeilen an die Sieben Schwestern: „Prior to the above stated events, I had always believed the oil industry to be an honorable one where people dealt with each other on reasonable and honorable terms. However, most of the companies have failed to meet their obligations under the agreement, causing me to flu short of deliveries under my international contracts on top of the loss of the oil concessions in Libya.“¹⁸⁹
Auch wenn das Verfahren kein eindeutiges Ergebnis gegen die Majors brachte, ist es ein weiteres Indiz dafür, dass die Kooperation mit den Independents im Rahmen des Safety Net Agreements für die Sieben Schwestern zum Teil von unverbindlicher Natur war und dazu diente, kurzfristig die eigene Ziele durchzusetzen. Einige Independents verhielten sich ähnlich. Es handelte sich sowohl bei den Majors als auch bei den Independents, die sich nicht an die Absprachen des Safety Net Agreements hielten, um Unternehmen, bei denen selbst Engpässe im Upstream-Bereich auftraten, die also über zu wenig Rohöl verfügten.¹⁹⁰ Hier zeigt NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 19, Memorandum Brian Carlisle, 15.01.1975. NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 23, Letter from Nelson Bunker Hunt to Shell, 12.02.1974. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of Henry Mayer Schuler.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
sich der Einfluss von individuellen Voraussetzungen auf die Stabilität der Kartellabsprachen. Die Majors folgten den Absprachen nur dann, wenn diese nicht mit anderen eigenen unternehmerischen Interessen in Konflikt standen.
Die Oil Group und John McCloy Als Forum für die Ausarbeitung der neuen Strategien diente den Majors die Oil Group. Damit griffen sie auf eine Organisation zurück, die sich bereits zuvor bewährt hatte. Dies erwies sich angesichts der Dringlichkeit der Maßnahmen als vorteilhaft. Die Treffen der Gruppe am 11. und 12. Januar 1971 dienten im Wesentlichen der Ausgestaltung der Message to OPEC und des Libyen Safety Net Abkommens.¹⁹¹ Dass an diesen Treffen keine Vertreter der Independents teilnahmen, verdeutlicht, dass die Konzerne weiterhin an der Exklusivität der Gruppe festhielten. Es galt, in der Oil Group die Strategien und den Handlungsrahmen abzustecken und dann erst die anderen Unternehmen ins Boot zu holen. In diesem Zusammenhang lässt sich von einem Kartell im Kartell sprechen. McCloy nahm dabei eine zentrale Rolle ein. In seinen Kanzleiakten richtete er am 6. Januar einen neuen Fall unter dem Titel „International Oil Industry – Negotiations with OPEC“ an. Als Klienten gab er die sieben Majors sowie „certain independent international oil companies associated with them“¹⁹² an. Die Majors stellten in Bezug auf ihre neue Strategie zwei Herausforderungen fest: Erstens galt es, die Independents zu überzeugen. Zweitens mussten die rechtlichen Rahmenbedingungen in den USA in Bezug auf die Antitrust-Gesetze abgeklärt werden. In beiden Anliegen trat McCloy als Vermittler auf. Am 11. Januar 1971 präsentierten nicht etwa die Majors den Independents die Vorschläge einer Zusammenarbeit, sondern McCloy. Dies war eine bewusste Entscheidung, da die Majors davon ausgingen, die unabhängigen Unternehmen hätten größeres Vertrauen in McCloy als in die Sieben Schwestern. Levit Newton, Mitarbeiter des Bureau of African Affairs des State Departments, der an einer Diskussion über das Safety Net Agreement zwischen den Independents und den Majors teilnahm, beschrieb die Situation wie folgt: „There was some tension in the room in that we at least were always conscious of the fact that McCloy had brought together competitors who were not sure just how freely they wanted to talk about
Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives,11./12.01.1971. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 2, New Case Memorandum, 06.01.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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their businesses, their reserves figures, pricing questions etc.“¹⁹³ McCloy wusste mit diesen Spannungen umzugehen und leitete die Diskussionen konstruktiv, „McCloy’s role was that of the catalyzer“¹⁹⁴, so Newton. Der Anwalt vermittelte allerdings nicht nur zwischen den Majors und den Independents, sondern er bezog auch die US-Regierung in die Entwicklungen mit ein. Sowohl die Message to OPEC als auch das Libyan Safety Net Agreement bedurften der Freigabe des Departments of Justice, da diese Form der Zusammenarbeit im Konflikt mit den Wettbewerbsgesetzen stand. Um die Unterstützung der US-Regierung für die beiden Maßnahmen zu erhalten, informierte McCloy das State Department und das Department of Justice über die Pläne der Schwestern. In der Folge reisten James Akins, Director Office of Fuels and Energy des State Departments, und Dudley Chapman, Assistant Chief Foreign Commerce Section der Antitrust Division des Departments of Justice, zum Treffen der Oil Group am 11. Januar nach New York. Die beiden Regierungsvertreter nahmen allerdings nicht direkt an den Diskussionen der Majors teil, sondern hielten sich in einem anderen Raum in McCloys Kanzlei auf.¹⁹⁵ McCloy legte den Regierungsvertretern verschiedene Entwürfe der Maßnahmen vor und fragte sie nach ihrer Einschätzung, um diese dann wieder an die Konzerne zurückzugeben. Die Regierungsvertreter hatten allerdings wenig einzuwenden. Akins und Chapman nahmen ebenfalls an dem Treffen mit den Independents am Nachmittag teil, verhielten sich allerdings auch hier eher passiv. Bei den Diskussionen zur weiteren Ausgestaltung des Safety Net Agreements waren die Regierungsvertreter nicht anwesend, McCloy informierte sie lediglich über die Entwicklungen.¹⁹⁶ Das Department of Justice stimmte schließlich beidem zu – der Message to OPEC und dem Safety Net Agreement. Rechtliche Grundlage bildeten die sogenannten Business Review Letters. Diese bedeuteten keine allgemeine Befreiung von den Antitrust-Gesetzen, sondern stellten sicher, dass das Department of Justice „had no present intention of initiating any proceedings under the anti-trust laws with respect to it or to its implementation [des Safety Net Agreements;
Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 1, Folder: Interviews M–R, Interview David Newton, 15.02.1984. Ebd. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony James Akins. Vgl. Kai Bird Collection, The National Security Archives, Box 22, Folder: FOIA: DOJ, Oil, 1970s, Letter from Dudley Chapman to Richard McLaren, 01.02.1971.
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W. G.]“¹⁹⁷. Dass das Department of Justice einer Zusammenarbeit von knapp zwanzig Ölgesellschaften zustimmte, ist vor dem Hintergrund der strengen Wettbewerbsgesetze in den USA beachtlich. Die Erklärung dafür liegt vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik begründet. Einerseits hatte die Präsenz der westlichen Ölgesellschaften in den Ölexportstaaten im Kontext des Kalten Krieges für die USA eine zentrale Bedeutung. Andererseits waren Ölengpässe in Europa und Japan aus sicherheitspolitischen Gründen aus Sicht der USA problematisch. McCloy stand vor allem mit Vertretern des State Departments in Kontakt und führte genau diese Argumente an. Dabei betonte er immer wieder, die Interessen der Unternehmen und der US-Regierung seien in dieser Situation die gleichen. Offenbar übte das State Department in diesem Zusammenhang im Sinne der Konzerne Druck auf das Department of Justice aus. So hatte McCloy mehrfach um die Unterstützung des State Departments in dieser Sache gebeten.¹⁹⁸ Dies erwies sich als erfolgreich: „[…] Department would be willing to consult with Justice on problem which clearly involves our vital interests and our relations with Europe and Japan.“¹⁹⁹ Erneut zeigte sich das große Vertrauen der US-Regierung in McCloy. Sie überließ ihm die Verantwortung in den Treffen der Majors und zog sich, nachdem Akins und Chapman sich ein Bild gemacht hatten, aus den Verhandlungen um die gemeinsame Strategie der Unternehmen zurück. Neben den Vermittlertätigkeiten wirkte McCloy auch aktiv an der Ausgestaltung der neuen Strategien mit. Er unterstützte die Unternehmen mit seiner juristischen Expertise, aber auch mit seinen diplomatischen und außenpolitischen Kenntnissen. Die Majors selbst nahmen McCloy als sehr hilfreich wahr. So betonte Carlisle von Shell in Bezug auf das Safety Net Agreement: „Mr. McCloy played an extremely constructive and helpful role in putting together the agreement, and I’m sure that we presumably asked him for his good offices to help us in reaching an agreement.“²⁰⁰
BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1482, Folder: PET 3 OPEC 1/2/71, Telegram from State Department to US-Embassies, Subject: Talks with US Oil Companies on OPEC Demands, 08.01. 1971. Ebd. NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 26, Stenographer Minutes Carlisle, 12.04.1978.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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5.4.3 Die Verhandlungen Die London Policy Group Für die Koordination der gemeinsamen Verhandlungen richteten die Ölgesellschaften mit Unterstützung von John McCloy am 20. Januar 1971 die London Policy Group (LPG) ein. Obwohl die meisten der partizipierenden Firmen ihren Hauptsitz in New York hatten, stationierten die Majors die Gruppe in London. So konnten die Unternehmen Verzögerungen durch die Zeitverschiebung zwischen Verhandlungsorten und Strategieentwicklung verhindern. BP stellte für die Einrichtung der Gruppe seinen Hauptsitz, das Britannic House in London, zur Verfügung. Die Leitung der LPG übernahm Joseph Addison, zuvor General Manager des Iranischen Ölkonsortiums. Gleichzeitig entsandte jedes der beteiligten Unternehmen Repräsentanten zur Teilnahme an den Treffen der Gruppe nach London.²⁰¹ McCloy beschrieb die zentrale Aufgabe der LPG wie folgt: „The principal function of the London Policy Group was to establish the terms of reference for the negotiating teams in Teheran and Libya and to assist chief executives in selecting the team members as well as the members of the groups of technical experts to accompany the teams to Teheran and Tripoli and thereafter to consider and agree upon modifications to the terms of reference and authorities, and to decide on questions put to them by the teams in Teheran and Tripoli.“²⁰²
Parallel zur LPG richteten die Unternehmen eine weitere Gruppe in New York ein. Diese stand zunächst unter der Leitung von William Lindenmuth, Regional Vice President, und später von William Greenwald, Executive Vice President of Exxon Middle East. Die Treffen fanden zunächst in Mobils und später in Exxons Headquarter statt. Die New Yorker Gruppe diente als Unterstützung der LPG, stellte Informationen bereit und sprach Empfehlungen aus; sie war allerdings nicht befugt, Entscheidungen zu treffen. Sowohl in London als auch in New York richteten die Majors verschiedene Arbeitsgruppen ein, die sich mit spezifischen Themen der Verhandlungen befassten. Zunächst bestanden vier Gruppen: Erstens ein Transportation Committee, das Analysen zu den Transportkosten durchführte, insbesondere um zu ermitteln, in welcher Höhe der finanzielle Unterschied zwischen dem persischen Golf und Libyen tatsächlich lag. Zweitens wurde ein Economic Evaluation Committee eingerichtet. Diese Arbeitsgruppe untersuchte den Weltölhandel. Das Komitee
Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971. Ebd.
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wertete Export- und Importquoten, Preise sowie Inflationsraten aus, um Aussagen über einen zukünftig realistischen Posted Price machen zu können. Drittens kümmerte sich das Supply Committee um die Umsetzung des Libyan Safety Net Agreement und die Verteilung von Produktionskürzungen. Außerdem richteten die Majors viertens eine PR-Arbeitsgruppe ein, die die Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf die Verhandlungen und die Positionen der Industrie koordinierte. Darüber hinaus stellten einige Unternehmen ihre Anwälte zur Verfügung, die rechtliche Aspekte der Verhandlungen überprüften.²⁰³ Im Verlauf der Zeit richteten die Unternehmen weitere neue Arbeitsgruppen und Ad-hoc-Komitees ein.²⁰⁴ Die LPG unterlag damit einer dauerhaften Entwicklung und wurde jeweils an den Verhandlungsverlauf angepasst. Die Verhandlungsteams standen in kontinuierlichem Kontakt mit der London Policy Group. Sie berichteten der Gruppe über den Stand der Verhandlungen. Die LPG entschied auf Grundlage der Berichte der Verhandlungsteams sowie der Arbeitsgruppen über die Verhandlungsposition und -taktik. Darüber hinaus versorgte sie die Verhandlungsteams mit den nötigen Hintergrundinformationen wie etwa Statistiken und Auswertungen, die den Unternehmen für ihre Argumentation nützlich sein konnten. Die LPG stand in einem ständigen Austausch mit der Gruppe in New York und berücksichtigte deren Empfehlungen. Dieses System führte dazu, dass alle beteiligten Ölkonzerne kontinuierlich über aktuelle Entwicklungen und Entscheidungen der Verhandlungen informiert waren und keine Informationen verlorengingen.²⁰⁵ An den Treffen der LPG und der New Yorker Gruppe nahmen entweder McCloy oder einer seiner Mitarbeiter teil. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der Antitrust-Gesetze zu sehen. Die Anwälte sollten gewährleisteten, dass die Unternehmen keine andere Themen verhandelten als die, für die das Department of Justice die Business Review Letters ausstellte: „My job was to keep them out of jail.“²⁰⁶ Da McCloy und seine Mitarbeiter diesen Auftrag allerdings nicht vom Department of Justice, sondern von den Ölkonzernen erhielten, ging es dabei vorwiegend um die Repräsentation nach außen.²⁰⁷
Vgl. RG 59, Entry 1613, Box 1518, Folder: PET 1/1/70 UK, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: London Policy Group, 17.11.1972. Zu den verschiedenen Arbeitsgruppen und Komitees siehe BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 11362; 34678; 114542; 34679; 34680. Vgl. dazu den Faxverkehr: Archives Historiques Total, 82– 8 – 409 – 4012, 409 Negociations de Teheran Jan-Feb 1971. McCloy, zitiert nach Bird, Chairman, S. 517. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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Mit der LPG und der korrespondierenden Gruppe in New York schufen die Unternehmen innerhalb kürzester Zeit eine handlungsfähige Organisation, die die neuen Strategien koordinierte. BP gab an, dass insgesamt über 100 Treffen der Gruppe stattgefunden hätten und alle partizipierenden Unternehmen auf die Protokolle der LPG zugreifen konnten. Die Administration und Zirkulation dieser Dokumente lag bei McCloys Büro.²⁰⁸ Die Kosten für McCloys Dienstleistungen im Rahmen der LPG stellte der Anwalt BP in Rechnung. Das Unternehmen verteilte dann die Kosten nach einem speziellen Schlüssel auf die einzelnen Unternehmen.²⁰⁹ Hier zeigt sich, dass die Unternehmen sich die Organisationskosten der Kartellzusammenarbeit teilten, offiziell allerdings nur ein Unternehmen dafür zahlte. Die LPG kann als Antwort auf das Erstarken der OPEC bewertet werden. Bemerkenswert erscheint, dass sowohl die Förderländer als auch die Ölgesellschaften Kooperation als zentrales Mittel identifizierten und einsetzten, um ihre Macht auf dem Markt zu erhalten bzw. zu erhöhen. Ähnlich wie bei der OPEC ging es bei der LPG neben einer starken Verhandlungsposition als Industriefront auch darum, Transaktionskosten zu sparen. In den verschiedenen Arbeitsgruppen der LPG tauschten die Unternehmen Informationen aus und bündelten ihre Kompetenzen. Dabei konnten sie voneinander profitieren. Ein derartiger Arbeitsapparat wäre für eine einzelne Ölgesellschaft mit enormen Kosten verbunden gewesen. Durch die Institutionalisierung der Kooperation erzielten die Unternehmen daher nicht nur einen Mehrwert in Bezug auf ihre Position in den anstehenden Verhandlungen, sondern auch einen finanziellen Vorteil.
Separate Verhandlungen Die von den Majors entworfenen Strategien waren zunächst nicht nur von Erfolg gekrönt. Die Förderländer weigerten sich, der Forderung nach gemeinsamen Verhandlungen, der Message to OPEC, nachzukommen. Hier spiegelten sich die Differenzen und unterschiedlichen Interessen innerhalb der OPEC wieder. Bei einem Treffen zwischen Lord Strathalmond von BP und Piercy von Exxon mit den Vertretern von Saudi-Arabien, dem Iran und Irak zeigte sich, ein Abkommen, das für alle OPEC-Mitglieder gelten sollte, war nahezu unmöglich: „We argued for around two hours that the negotiations must be global […]. Frankly, I think with
Vgl. NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 21, Answers BP Initials Set of Plaintiff’s Interrogatories, Juli 1975. Vgl. NANY, SDNY 75 CV 1160, Box 23, Statutory Declaration, McCloy, 11.02.1976.
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some justice they argued that this was impossible and that surely the thing to do was to finalise here and then to make a stand in the Mediterranean.“²¹⁰ Der Schah argumentierte, die moderateren OPEC-Staaten wie der Iran hätten keinen Einfluss auf die radikaleren Länder wie Libyen. Verhandlungen mit der OPEC als gesamte Gruppe würden nach seiner Einschätzung dazu führen, dass die radikaleren Forderungen sich insgesamt durchsetzen konnten. Der Iran schlug daher vor, separate Verhandlungen mit den Golfproduzenten und der Mittelmeergruppe durchzuführen. Dabei versicherte der Schah, der Iran würde bei Abschluss einer Vereinbarung für fünf Jahre Stabilität gewährleisten, auch wenn die radikaleren OPEC-Staaten bei ihren Verhandlungen höhere Abgaben durchsetzen würden. Zudem teilten Kuwait und Saudi-Arabien mit, sie würden sich dem Iran anschließen.²¹¹ Die Reaktionen der Förderländer auf die Message to OPEC und das Angebot vom Iran führten zu Konflikten unter den Ölgesellschaften: „Several Company Reps agreed that rulers assurances were indeed an important new factor. Others, particularly Moses of Mobil, continued doubt value of any assurances, particularly from Iranians. Moses said reports already indicate Iranians thinking of asking for more if Libyans get more then agreed to in Gulf.“²¹²
Exxon und BP hatten ähnliche Bedenken und betonten, dass bei separaten Verhandlungen eine klare Absicherung in Bezug auf die Stabilitätszusagen der Golfproduzenten bestehen müsse. Sie sahen aber kaum noch einen Ausweg, als dem Vorschlag des Irans zuzustimmen: „If we stick firm on the global approach we cannot help but think, in view of the meetings reported separately, that there will be a complete muddle for many month to come. Somehow we felt the former will in the end be inevitable.“²¹³ Dies lag auch darin begründet, dass sich der Druck der Förderländer zunehmend verstärkte. So drohten Libyen und die Golfstaaten mit Produktionskürzungen, sollten die Verhandlungen um die neuen Resolutionen nicht zeitnah beginnen. Für die Majors waren die Exportstaaten des
TNA, FCO 67/553 – 62, Telegram from Foreign Office to State Department, Subject: For Addison from Stathalmond and Piercy, 19.01.1971. Vgl. TNA, FCO 67/553 – 62, Telegram from Teheran to Foreign Office, Subject: OPEC, 19.01. 1971. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/21/71, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: Oil Situation, 26.01.1971. TNA, FCO 67/553 – 62, Telegram from Foreign Office to State Department, Subject: For Addison from Stathalmond and Piercy, 19.01.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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Mittleren und Nahen Ostens von größerer Bedeutung als Libyen.²¹⁴ Nicht zuletzt deshalb ließen sie sich schließlich auf separate Verhandlungen ein. Dies lag auch in dem Druck durch die US-Regierung begründet. Die USA befürchteten, gemeinsame Verhandlungen könnten dazu führen, dass die moderateren Staaten unter den radikalen Einfluss von Libyen gerieten und ebenfalls Produktionskürzungen durchsetzten.²¹⁵ In einem Bericht von Undersecretary John N. Irwin an den US-Präsidenten hieß es dazu: „Saudis now join Iranians in assurance to effect that gulf countries would be willing to enter firm 5-year agreement expressly negating any negotiating based on intervening increases other areas […] we believe companies should now be urged to negotiate with Persian Gulf Group separately.“²¹⁶ Die späteren Stellungnahmen der Vertreter von Bunker Hunt im Rahmen der Anhörungen des Subcommittees on Multinational Corporations machen deutlich, dass die Entscheidung, separate Verhandlungen zu führen, vor allem die Sieben Schwestern trafen. Einige unabhängige Unternehmen der LPG kritisierten dies massiv: „You are selling us down the river.“²¹⁷ Hier zeigt sich, dass die Ölindustrie nur bedingt eine solidarische Front realisiert hatte. Unter dem Eindruck der Drohungen der Golfstaaten und dem Einfluss der US-Regierung nahmen die Majors Abstand von dem ursprünglichen Plan, mit der OPEC als Gruppe zu verhandeln. Sie erhofften sich eine schnelle Vereinbarung mit den Golfstaaten und nahmen dabei in Kauf, dass dies die Position der Unternehmen in Libyen schwächte. Die Bewertung der Entscheidung für separate Verhandlungen fällt zeitgenössisch und in der wissenschaftlichen Forschung unterschiedlich aus. Einerseits wird davon ausgegangen, die Unternehmen hätten keine andere Wahl gehabt, da Verhandlungen mit der OPEC als Gruppe rein praktisch aufgrund der unterschiedlichen Positionen der Produzentenländer schier unmöglich schienen. Andererseits kritisierten einige Kongressmitglieder, die Unternehmen hätten zu
Vgl. zu der Entscheidung der seperaten Verhandlungen: 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/16/71, Telegram State Department to OECD, Subject: Talks with Europeans re OPEC, 19.01.1971. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/16/71, Telegram from State Department to the White House, 21.01.1971. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of Norman Rooney.
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schnell nachgegeben, in dem Wissen, die erhöhten Kosten auf die Konsumenten abwälzen zu können.²¹⁸ Diese Diskussion ist anschlussfähig an die Debatten um die Rolle der Majors in der Ölkrise 1973, die vor allem zwei konträre Positionen prägten. Auf der einen Seite wurde von einer Verschwörung der Majors ausgegangen, die es auf höhere Preise abgesehen hätten. Auf der anderen Seite wurde angenommen, dass die Konzerne keine andere Wahl hatten, als die Forderungen zu akzeptieren.²¹⁹ Beide Interpretationen greifen deutlich zu kurz und spiegeln nicht die komplexe Situation auf dem Ölmarkt wieder. Zudem wird nicht berücksichtigt, dass die Konzerne oft sehr kurzfristig reagieren mussten und massive Unsicherheiten darüber herrschten, wie sich die Reaktionen auswirken würden. Unter dieser Perspektive ist auch die Entscheidung separater Verhandlungen zu bewerten. Die Reaktionen der Förderländer auf die Message to OPEC fielen nicht wie gewünscht aus. Die Majors standen extrem unter Druck und mussten eine Entscheidung treffen. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie sich passiv ergaben. Sie behielten sehr wohl ihre Interessen im Blick und orientierten sich weiter an den Strukturen und Mechanismen, die sie zuvor organisiert hatten. Es fanden zwar separate Verhandlungen statt und die Gefahr des Leapfrogging blieb damit bestehen, trotzdem kooperierten die Unternehmen im Rahmen der LPG weiterhin und präsentierten sich durch ihre Verhandlungsteams in den Verhandlungen wie geplant als geschlossene Industriefront.
Die Verhandlungen von Teheran Die Verhandlungen mit den Golfstaaten begannen Ende Januar 1971 und fanden in Teheran statt. Das Verhandlungsteam der Förderländer, das Golfkomitee, bestand aus Vertretern des Iraks, Irans und Saudi-Arabiens, verhandelte allerdings für alle sechs Golfstaaten.²²⁰ Der iranische Finanzminister Amusegar fungierte als Sprecher der Gruppe. Das Verhandlungsteam der Ölgesellschaften bestand aus fünf Unternehmensvertretern von BP, Exxon, Mobil, Texaco und Continental. Lord Strathalmond von BP leitete die Gruppe. Vor Ort standen außerdem weitere Vertreter von Exxon, Socal, Texaco und Gulf sowie Continental zur Unterstützung bereit. Die Einteilung des Verhandlungsteams spiegelte die Konzessionsstruktur
Siehe dazu allgemein: 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5. Vgl. Petrini, Imperi, S. 208 f. Abu Dhabi, Irak, Iran, Katar, Kuwait und Saudi-Arabien.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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der Golfstaaten wieder, die vor allem die Sieben Schwestern prägten.²²¹ Das Verhandlungsteam stand in engem Austausch mit der London Policy Group und durfte keine eigenmächtigen Entscheidungen treffen: „All final decisions this matter will be made in London. Companies say this is also particularly sensitive information as they may wish, for tactical reasons, to inform OPEC they must refer demands back to home offices.“²²² Die Verhandlungen kamen bereits frühzeitig ins Stocken. Schnell realisierten die Unternehmen, dass ihre Angebote und die Forderungen der Golfstaaten weit auseinanderklafften. Die Ölgesellschaften schlugen eine Steigerung des Posted Price von 15 Cent pro Barrel vor, während die Förderländer mehr als das Dreifache, nämlich 54 Cent forderten. Daraufhin drohte das Golf-Verhandlungsteam mit einer totalen Stilllegung der Produktion, sollte es keine Einigung geben, und einem Abbruch der Verhandlungen. Das Verhandlungsteam der Industrie reagierte in Absprache mit der LPG mit einer Anpassung des Angebots und erhöhte auf 20 Cent Steigerung des Listenpreises und machte weitere Eingeständnisse. Auch dies erschien den Förderländern als zu wenig.²²³ Als Reaktion auf die stockenden Verhandlungen rief die OPEC Anfang Februar kurzfristig eine außerplanmäßige Konferenz in Teheran ein. Die OPEC erließ eine Resolution, die eine Deadline auf den 15. Februar terminierte. Bis dahin sollte eine Einigung der Verhandlungsparteien vorliegen und die neuen Vereinbarungen von den Konzernen in sieben Tagen umgesetzt werden. Die OPEC drohte den Konzernen in diesem Zusammenhang mit einer Verstaatlichung und den Konsumentenländern mit einem Embargo: „Thus, the industry faced the alternative of a 15th deadline for reaching a settlement in the Gulf or legislation, possible nationalisation of their interests and an eventual embargo if they failed to comply with the measures taken.“²²⁴ Auch die bisher moderateren Mitgliedstaaten der OPEC zeigten sich zunehmend radikaler als je zuvor. Während eines privaten Gesprächs zwischen dem saudi-arabischen Ölminister Ahmed Zaki Yamani und Piercy von Exxon auf dem Weg zum Flughafen machte Yamani deutlich, dass die Ölexportländer bereit seien, zu drastischen Maßnahmen zu greifen. Der Ölminister argumentierte, auch Länder wie der Iran, Saudi-Arabien und Venezuela hätten sich positiv zu einem
Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, Attachment F, 31.08.1971. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/26/71, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: Oil Situation, 26.01.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/1/71, Oil Industry’s Background Note, 05.02.1971. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971.
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Embargo geäußert, sollten die Ölgesellschaften nicht einlenken. Diese Entwicklung beunruhigte die Konzerne: „Piercy said we were astounded at this, because this was something that Saudi Arabia had never done. He urged Yamani not to take this step. Yamani replied to Piercy: I don’t think you realise the problem in OPEC I must go along. Piercy replied: I don’t think you realise the impact to the rest of the world, and what it will do to the prestige of these producing countries.“²²⁵
Die neue Resolution der OPEC veranlasste die Unternehmen, ihre Strategie neu zu diskutieren und das Teheraner Verhandlungsteam flog zurück nach London, um sich mit der LPG zu beraten. Es herrschten Unstimmigkeiten darüber, ob die Unternehmen erneut verhandeln oder es auf einen Eklat ankommen lassen sollten. Es gab Stimmen von Exxon, Socal und Shell, die davon ausgingen, dass von den OPEC-Staaten durch Produktionsstilllegung und Embargo erzwungene höhere Preise eher von den westlichen Konsumenten akzeptiert werden würden als wenn es eine gemeinsame Vereinbarung zwischen Förderländern und Ölgesellschaften über erhöhte Abgaben gäbe. Dies ist vor dem Hintergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit der westlichen Konsumentenländer zu sehen. Die Presse beobachtete die Ereignisse in Teheran genau. Viele Berichte stellten die Verhandlungen als einen Kampf zwischen Produzenten- und Konsumentenländer dar und thematisierten vor allem die Konsequenzen für die Importstaaten.²²⁶ Die Ölkonzerne mussten in ihrer Strategie berücksichtigen, wie die Konsumentenländer auf einen erhöhten Ölpreis reagieren würden. Dabei galt es, nicht den Eindruck zu erwecken, die Ölgesellschaften würden die gleichen Ziele wie die Produzentenstaaten verfolgen, um ein Eingreifen der Konsumentenländer auf den Ölmarkt zu verhindern. Die Unternehmen einigten sich schließlich dennoch in der London Policy Group darauf, das Angebot an die Förderländer zu erhöhen, allerdings mit der Bedingung, dass die Golfstaaten eine gewisse Stabilität und Sicherheit der Vereinbarung gewährleisteten, wie auch schon ursprünglich in der Message to OPEC vorgesehen.²²⁷
NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1482, Folder: PET 3 OPEC 1/16/71, Telegram from Embassy Teheran to State Department, Subject: Oil Situation Piercy Meeting Yamani, 20.01.1971. Vgl. z. B. Hirst, David, Oil Producing Nations Flex Muscle in Showdown with West, in: Washington Post, 06.02.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1502, Folder: PET 6 IRAN 1/1/71, Telegram from State Department to US-Embassies, Subject: Oil Situation, Company Negotiating Positions, 09.02.1971; NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/1/71, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: Oil Situation, 04.02.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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Bevor die finalen Verhandlungen am 11. Februar in Teheran begannen, trafen Strathalmond von BP, Piercy von Exxon und Tavoulareas von Mobil sich mit Amusegar in Paris und einigten sich bereits vorab auf zentrale Punkte des neuen Abkommens. Amusegar zeigte hier die Bereitschaft, auf die anderen Golfstaaten Einfluss zu nehmen, da der Iran kein Interesse an einer Stilllegung der Produktion hatte. Die iranischen Zusagen sollten sich während der neuen Verhandlungen bewahrheiten. Die Unternehmen zeigten sich in den Verhandlungen bereit, höhere Abgaben zu leisten. Oberste Priorität hatte nun nicht mehr der Preis, sondern die Stabilität und Sicherheit auf lange Sicht: „The impression here is that the oil companies have by and large conceded the financial demands of the producers but are insisting on various assurances to stabilize the volatile international oil situation.“²²⁸ Am 14. Februar 1971 kam es schließlich zur Einigung zwischen den Förderländern und den Unternehmen. Die neue Vereinbarung sah große Eingeständnisse der Ölkonzerne vor, beinhaltete aber auch die geforderten Sicherheiten. Die Unternehmen erklärten sich bereit, den Posted Price zunächst um 30 Cent und bis 1975 auf 50 Cent zu erhöhen. Dies bedeutete zukünftig deutlich höhere Kosten als die Unternehmen ursprünglich zahlen wollten. Gleichzeitig konnte das Verhandlungsteam erreichen, dass der Posted Price nicht direkt um 50 Cent erhöht wurde, wie es das Golfkomitee anfangs gefordert hatte. Als weitaus zentraler erwies sich allerdings, dass die Unternehmen ihre Forderungen nach Stabilität und Sicherheit durchsetzen konnten. So sah der Vertrag von Teheran eine rechtliche Verbindlichkeit für fünf Jahre, bis zum 31. Dezember 1975, vor.²²⁹ Den Vertrag von Teheran unterzeichneten schließlich die sechs Golfstaaten Abu Dhabi, Irak, Iran, Katar, Kuwait und Saudi-Arabien sowie das Verhandlungsteam der Ölkonzerne stellvertretend für 13 Unternehmen²³⁰, alle sieben Majors und sechs Independents.
Die Verhandlungen von Tripolis Die in Libyen tätigen Unternehmen hielten aufgrund der Absicherung des Safety Net Agreements den Forderungen Libyens zunächst stand. Die libysche Regierung
Mee, John M., Oilmen Fight for Guarantees as Deadline on Price Nears, in: New York Times, 13.02.1971. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971. Exxon, Mobil, Socal, Texaco, Gulf, Shell, BP, American Independent Oil Company of Iran, Continental, Hispanica de Petroles S.A., Signal (Iran) Petroleum Company, Standard Oil Company Ohio und Total.
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setzte daraufhin ihre bisherige Strategie fort und versuchte, einzelne Independents unter Druck zu setzen: „Independents should realize that their interests would be harmed if they persisted in following majors’ lead.“²³¹ Als die Verhandlungen in Teheran begannen, zog die libysche Regierung allerdings die Forderungen vorläufig zurück, da sie das Ergebnis der Golfproduzenten abwarten wollte. Ende Februar 1971 formulierte Libyen schließlich neue Forderungen. Die Regierung weigerte sich mit den Unternehmen als Gruppe zu verhandeln und hielt an der Strategie individueller Verhandlungen fest. Sie stimmte allerdings schließlich parallelen Verhandlungen mit mehreren Firmen zu.²³² Das von der London Policy Group bestimmte Verhandlungsteam agierte daher im Hintergrund und gab den einzelnen Ölgesellschaften die Verhandlungsstrategie vor.²³³ Das Team bestand aus Vertretern von Exxon, Shell, Bunker Hunt, Continental, Gelsenberg und Occidental. George Piercy von Exxon übernahm die Leitung der Gruppe. Zusätzlich flogen weitere Vertreter von Exxon, Mobil, Socal, Texaco, BP, Amerade Hess, Arco, Bunker Hunt, Conoco, Gelsenberg AG, Grace Petroleum Company, Iranian Oil Participants (IOP), Marathon Oil Company, Murphy und Total nach Tripolis, um das Verhandlungsteam zu unterstützen.²³⁴ Bei den Verhandlungen in Tripolis gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen den Majors und den Independents noch deutlich enger als in Teheran, was auf die Konzessionsstruktur in Libyen zurückzuführen ist. Die Verhandlungen führten zum Teil Mitglieder des offiziellen Verhandlungsteams und teilweise andere Unternehmensvertreter. Es fand allerdings ein kontinuierlicher Austausch untereinander statt und die LPG koordinierte die Verhandlungsstrategie zentral. Die Voraussetzungen für die Verhandlungen erwiesen sich als problematisch, mehr noch als zuvor in Teheran. In einem geheimen Hintergrundpapier des State Departments hieß es dazu: „The companies enter the Libyan negotiations under several handicaps. The most serious is the rough treatment they received at the hands of the Shah and of the other moderates in the Gulf. The Libyans can hardly be expected to be more gentle. Another handicap is that the companies will no longer be able to argue, as they once did, that they cannot accept increases in tax rates and posted prices for financial reasons; they have already begun in
NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1507, Folder: PET 6 LIBYA 1/1/70, Telegram from Embassy Tripoli to State Department, Subject: Oil Game Current Status of Play in Libya, 16.01.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1507, Folder: PET 6 LIBYA 1/1/70, Telegram from State Department to US-Embassies, Subject: Oil Situation Libyan Developments, 30.01.1971. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971. Vgl. ebd.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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France, Italy, Germany and Japan to pass along to the consumer the added cost of the Gulf settlement. The Libyans will have noticed this.“²³⁵
Die Verhandlungen stellten tatsächlich ein schwieriges Unterfangen dar, da die Forderungen Libyens und die Eingeständnisse der Unternehmen disparat auseinanderklafften. Insbesondere die Forderung der Unternehmen auf eine fünfjährige Garantie, die sie in Teheran durchgesetzt hatten, wollte Libyen nicht akzeptieren. Wie auch die Golfstaaten drohte die libysche Regierung während der Verhandlungen immer wieder mit Produktionsstilllegungen und Verstaatlichungen.²³⁶ Dabei versuchte sie, die Front zwischen den Majors und den Independents zu brechen, indem sie einzelne unabhängige Unternehmen in den Verhandlungen unter Druck setzte. So berichtete Mobils Vice President Henry Moses dem USBotschafter in London, es bestünde während der Verhandlungen permanent die Gefahr, dass einer der Independents kapitulieren und damit die gemeinsame Front der Konzerne zerstört werden könne.²³⁷ Schließlich hatte die Kooperation der Unternehmen allerdings Bestand, was auch vor dem Hintergrund des Safety Net Agreements zu sehen ist. Nach langen Verhandlungen kam es Ende März 1971 zu einer Einigung zwischen den Verhandlungsparteien. Alle in Libyen tätigen Mitglieder der LPG unterschrieben einzelne Verträge mit der libyschen Regierung. Die Verträge enthielten allerdings – bis auf kleine Einzelheiten – alle dieselben Bedingungen. Die Strategie der Unternehmen als Industriefront zu verhandeln, ging damit, trotz des libyschen Widerstands, indirekt auf. Die wesentlichen Inhalte der neuen Vereinbarung bestanden in einer Erhöhung des Posted Price um 90 Cent und weiterer Ausgleichszahlungen wegen der Transportvorteile und der Qualität des libyschen Öls. Diese Anpassungen kosteten die Unternehmen zukünftig insgesamt 63 Cent extra pro Barrel Öl. Darüber hinaus setzte die libysche Regierung durch, dass die Unternehmen als Ausgleich für die hohe Qualität des libyschen Öls einen bestimmten Teil der Einnahmen in die Weiterentwicklung der Exploration in Libyen reinvestieren mussten. Durch diese Eingeständnisse verhinderten die Ölgesellschaften weitere Produktionskürzungen oder Verstaatlichungen. Darüber hinaus verpflichtete sich die libysche Regierung – wie bereits die Golfstaaten – darauf,
NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1507, Folder: PET 6 LIBYA 1/1/70, Secret Memorandum for Henry A. Kissinger, Subject: Libya Forthcoming Negotiations on Oil, 23.02.1971. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1507, Folder: PET 6 LIBYA 3/1/71, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: Libyan Oil, 31.03.1971.
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dass der Vertrag fünf Jahre lang Bestand haben werde und versicherte, keine weiteren Forderungen zu stellen.²³⁸
5.4.4 Die Rolle der Heimatregierungen Die Majors reagierten auf die steigenden Forderungen der OPEC-Mitglieder einerseits mit der Entwicklung neuer kooperativer Maßnahmen wie etwa der LPG. Andererseits setzten sie auf die Unterstützung der westlichen Konsumentenländer und suchten vermehrt den Kontakt zu politischen Entscheidungsträgern. Insbesondere die Heimatregierungen bezogen die sieben Ölgesellschaften in ihre Strategie mit ein. Hatten sie bereits zuvor häufig punktuell um diplomatische Unterstützung in den Produzentenländern gebeten und diese erhalten, so entwickelten sich nun ein kontinuierlicher Austausch und eine Zusammenarbeit zwischen den Majors und ihren Heimatregierungen. Letztere zeigten zunehmend eine höhere Bereitschaft, die Unternehmen bei ihren Strategien zu unterstützen. Dies lag vor allem in der steigenden Abhängigkeit von Ölimporten aus den OPECStaaten und den ersten Engpässen Anfang der 1970er-Jahre begründet.²³⁹ Die Message to OPEC und die damit verbundene Strategie stießen bei den Heimatregierungen der Sieben Schwestern sofort auf Zustimmung. Am 7. Januar 1971 trafen sich diesbezüglich die Vertreter aller Heimatregierungen und Vertreter der französischen Regierung in Washington. James Akins machte deutlich, auch die USA seien aufgrund der Entwicklungen sehr beunruhigt: „We are deeply concerned with developments not only because of the effect of our companies and consuming countries elsewhere but also because of the direct effect on the US which now imports more oil than any other single country in the world except Japan.“²⁴⁰ Die Vertreter der britischen, französischen und niederländischen Regierung betonten bei dem Treffen, sie hielten den Plan von Shell für optimal. Diese Haltung nahmen auch die Vertreter des State Departments ein, allerdings hielten sie sich noch etwas bedeckt, da zu diesem Zeitpunkt noch keine Freigabe aus dem Department of Justice vorlag. Am selben Tag fand ein Treffen zwischen denselben
Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1507, Folder: PET 6 LIBYA 4/1/71, Telegram from State Department to Embassies, Subject: Oil Agreement in Libya, 22.04.1971. Vgl. Graf, Öl und Souveränität, S. 59 f.; Hohensee, Ölpreisschock, S. 37;Yergin, Preis, S. 688 f.; siehe auch die Dokumente in: NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 OECD 1/7/70. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 OPEC 1/2/71, Telegram from State Department to US-Embassies, Subject: Washington Oil Talks, 08.01.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
241
Vertretern des State Departments, den fünf US-Majors und McCloy statt. Die Unternehmen argumentierten, gemeinsame Verhandlungen als Industriefront seien nur mit Unterstützung der Konsumentenländer sinnvoll. Dies bezog sich auf die Erlaubnis des Departments of Justice. Des Weiteren erwarteten die Majors, dass die Konsumentenregierungen sich hinter ihre Vorschläge stellten, um den Unternehmen in den Förderländern Rückendeckung zu geben.²⁴¹ Die europäischen Schwestern führten parallel Gespräche mit der britischen Regierung und forderten ebenfalls Unterstützung in den Förderländern. Darüber hinaus baten sie darum, dass die britische Regierung Einfluss auf die USA in Bezug auf die Freigabe der Zusammenarbeit des Departments of Justice nehmen solle. Die Vertreter des Foreign Office sagten zu, sich dafür einzusetzen.²⁴² Nachdem das Department of Justice den Business Review Letter ausstellte, folgten die Heimatregierungen der Forderung der Majors nach diplomatischer Unterstützung. So sprach das State Department in einem Telegramm an sämtliche US-Botschaften die Handlungsanweisung aus, die US-Vertreter in den entsprechenden Förderländern sollten öffentlich die Message to OPEC als adäquates Verhandlungsangebot deklarieren. Zudem enthielt das Telegramm den Hinweis, die Botschafter sollten in den anderen Konsumentenländern die dortigen Regierungen zu einer ähnlichen Unterstützung animieren.²⁴³ Auch die britische Regierung unterstützte öffentlich die Message to OPEC und bemühte sich darum, andere Konsumentenländer dafür zu gewinnen, sich dem anzuschließen. In einem Telegramm des Foreign Office an die schwedische und dänische Regierung hieß es dazu: „We are instructing posts in OPEC countries to take supporting diplomatic action. […] We are doing this because we regard the proposals as a reasonable basis for negotiation and hope that your government will regard them in the same light. Any supporting action which they felt able to take with OPEC governments would be most valuable.“²⁴⁴
Die britische Regierung ging davon aus, dass die diplomatische Unterstützung der Konsumentenländer dazu beitragen könnte, die Verhandlungen mit den OPEC-
Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1482, Folder: PET 3 OPEC 1/2/71, Telegram from State Department to US-Embassies, Subject: Talks with US Oil Companies on OPEC Demands, 08.01. 1971. Vgl. TNA, FCO 67/553 – 62, Telegram from Foreign Office to Embassy Washington, Subject: OPEC, 15.01.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1482, Folder: PET 3 OPEC 1/2/71, Telegram from State Department to US-Embassies, Subject: Text of Oil Industry Statement to OPEC, 14.01.1971. TNA, FCO 67/553 – 62, Telegram from Foreign Office to Stockholm and Copenhagen, Subject: OPEC, 15.01.1971.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Staaten tatsächlich auf der Basis der Message to OPEC zu realisieren.²⁴⁵ Dafür nutzte Großbritannien auch internationale Organisationen. Bei einem Treffen der OECD Oil Committee’s High Level Group am 20. Januar 1971 versuchten vor allem die britischen und US-Vertreter die anderen Konsumentenländer davon zu überzeugen, sich der Empfehlung der Konzerne anzuschließen.²⁴⁶ Neben den Vertretern der Heimatregierungen bemühten sich infolgedessen auch Botschafter anderer Konsumentenländer um Gespräche mit Regierungsvertretern der Förderländer, um Werbung für die Vorschläge der Majors zu machen. Das State Department beschränkte sich nicht nur auf diplomatische Maßnahmen über die US-Botschaften, sondern entsandte kurzfristig den Undersecretary of State Irwin auf eine Reise in die Förderländer des Mittleren und Nahen Ostens. In den Dokumenten des State Departments wurde diese Operation „Oil Task Force“ genannt. Die Konzerne und insbesondere McCloy ermutigten das State Department zu dieser Mission.²⁴⁷ Irwin traf sich mit Amusegar, dem Schah des Irans und weiteren iranischen Regierungsvertretern, König Faisal von SaudiArabien und dem saudi-arabischen Ölminister Yamani sowie Regierungsvertretern von Kuwait. Dabei trat er zwar indirekt für die Interessen der Majors ein, stellte aber die Beziehungen zwischen den Produzenten- und Konsumentenländern in den Vordergrund: „My stress was on the president’s concern about the free world’s economies and strategy and the effect on our countries as well as on friends of both countries. I conveyed our conviction that a solution reasonable to the interests of both producing and consuming countries, as well as to the companies could be found.“²⁴⁸
Irwin betonte, die Konsumentenstaaten fürchteten nicht nur um ihre Versorgung, sondern gingen auch davon aus, dass es zu konstanten Preiserhöhungen kommen würde, wenn alle Produzentenländer mit den Ölgesellschaften separat verhandelten, da dann der Dominoeffekt nicht zu vermeiden sei. Dies gefährde auch die Beziehungen zwischen den USA und den Produzentenländern, was nicht wünschenswert sei.²⁴⁹ Die Vertreter der Förderländer zeigten zwar Verständnis,
TNA, FCO 67/553 – 62, Telegram from Foreign Office to State Department 14.01.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 OECD, Telegram from US Mission OECD Paris to Embassies, 21.01.1971. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of John N. Irwin. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1482, Folder: PET 3 OPEC 1/16/71, Telegram from Irwin to State Department, 20.01.1971. Vgl. ebd.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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machten aber gleichzeitig deutlich, dass es aus ihrer Sicht nicht möglich sei, OPEC-weit zu verhandeln. Dies würde nur dazu führen, dass die radikalsten Forderungen sich durchsetzten. Insbesondere der Schah überzeugte Irwin mit seinem Versprechen, bei einer adäquaten Vereinbarung in den nächsten fünf Jahren Stabilität zu gewährleisten, unabhängig davon, ob die radikaleren Staaten andere Bedingungen durchsetzen konnten. Auf Grundlage dieses Versprechens sprach Irwin schließlich die Empfehlung aus, dass es separate Verhandlungen mit den Golfstaaten und Libyen geben sollte. Das State Department schloss sich dieser Position an.²⁵⁰ Irwins Mission sollte ursprünglich der diplomatischen Unterstützung der Unternehmen dienen und die Förderländer von der Message to OPEC überzeugen, um große Preissteigerungen oder Produktionsstilllegungen zu verhindern. Im Ergebnis ließ sich das State Department allerdings vom Schah überzeugen und stellte damit die Strategie der Unternehmen infrage. Dies kritisierten zunächst sowohl die Ölgesellschaften als auch die britischen Regierung.²⁵¹ Trotzdem folgten die Konzerne relativ kurzfristig der Empfehlung des State Departments. In einigen nachträglichen Bewertungen wurde diese Entscheidung als großer Fehler deklariert. Der Lobbyismus und die Einbeziehung der Heimatregierungen seien fehlgeschlagen und hätte den Konzernen letztlich mehr geschadet als genützt, so argumentiert etwa Sampson.²⁵² Die Aussagen der Unternehmensvertreter und McCloys vor dem US-Senatsausschuss on Multinational Corporations zeigen allerdings, dass unabhängig von Irwins Empfehlung die Chancen auf Verhandlungen mit allen OPEC-Staaten schlecht gestanden und die Unternehmen kaum eine andere Wahl gehabt hatten.²⁵³ Die Gefahr von Produktionsstilllegungen, Verstaatlichungen und Embargos stand unmittelbar im Raum und es lag daher akuter Handlungsbedarf vor, schnell zu einer Einigung mit den Förderländern zu
Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of John N. Irwin. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of George Piercy; TNA, FCO 67/553 – 62, Telegram No. 229 from Embassy Washington to Foreign Office, 19.01.971. Vgl. Sampson, Schwestern, S. 219 f.; Venn, Oil Diplomacy, S. 139. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of George Piercy; 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of John McCloy.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
kommen. Dies lag im Interesse der Majors und auch in dem der Konsumentenstaaten. Die Mission von Irwin bedarf daher einer Neubewertung. Sie zeigt nicht etwa die divergierenden Interessen von Regierung und Industrie, sondern vielmehr die Konvergenz. Die Oil Task Force machte außerdem den Wandel in der US-Öldiplomatie deutlich. Die US-Regierung hielt zwar weiterhin daran fest, dass die Unternehmen die Verhandlungen alleine führen sollten, setzte sich allerdings aktiv auf diplomatischem Weg für die Unternehmen ein, was ebenfalls auf die Interessenkonvergenz zurückzuführen ist. Auch während der Verhandlungen von Teheran und Tripolis unterstützten die Heimatregierungen die Majors diplomatisch. Die Konsumentenländer wollten zwar weiterhin nicht direkt in die Verhandlungen involviert sein, hatten allerdings ein großes Interesse an ihrem Ausgang und versuchten daher über andere Wege, Einfluss zu nehmen. So hieß es in einem Bericht über das OECD-Treffen am 20. Januar 1971: „The feeling of the meeting appeared to be that the right course would be to leave the oil companies to make the running with diplomatic support well behind. The whole affair should as far as possible be kept on a commercial basis.“²⁵⁴ Die Majors erkannten diese Entwicklung und versuchten, sie für sich zu nutzen, indem sie die Unterstützung direkt einforderten: „We realized that we were dealing with sovereign states and needed some sovereign state help on our side.“²⁵⁵ Die diplomatische Hilfe der Heimatregierungen erfolgte überwiegend über die jeweiligen Botschaften, die eine zentrale Rolle einnahmen. Sie tauschten sich mit Vertretern der jeweiligen Verhandlungsteams der Unternehmen aus und bemühten sich darum, zwischen den Förderstaaten und den Konzernen zu vermitteln. Zum Teil versuchten sie dabei auch, auf die Produzentenländer im Sinne der Ölgesellschaften bzw. ihrer Heimatregierungen Einfluss zu nehmen.²⁵⁶ All dies geschah allerdings auf informeller Basis. Mit offiziellen Statements zeigte sich insbesondere die US-Regierung eher zurückhaltend. Als die Verhandlungen in Teheran ins Stocken gerieten und es kurz vor dem Showdown stand, schlug das britische Foreign Office vor, alle Konsumenten-
TNA, FCO 67/553 – 62, Letter from P. R. Gordon to Foreign Office, 22.01.1971. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Hearings before the Subcommittee on Multinational Corporations, Washington, 1974, Part 5, Testimony of Henry Mayer Schuler. Vgl. z. B. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 2/5/71, Telgram from Embassy Teheran to State Department, Subject: Oil Situation, 14.02.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
245
regierungen sollten offizielle Mitteilungen an den Schah verschicken.²⁵⁷ Die USRegierung zeigte sich skeptisch. Secretary of State William P. Rogers betonte in diesem Zusammenhang die Kritik des Schahs, „that USG [United States Government] always says it is not involved in oil negotiations but when oil companies get in conflict with oil producing states they run to their governments like children running to their nurse asking governments to protect their interests“²⁵⁸. Aus diesem Grund seien die offiziellen Mitteilungen in Bezug auf die Verhandlungen kritisch zu sehen. Zudem habe die US-Regierung bereits durch die Mission von Irwin ihre Position deutlich gemacht, so der Secretary of State.²⁵⁹ Hier zeigten sich auch Differenzen zwischen den Heimatregierungen, wobei sich häufig die USA durchsetzen konnten und im Alleingang agierten. Dies wird etwa durch die Kritik der niederländischen Regierung an der Oil Task Force deutlich: „Main point was that his [Tieleman, Economic Ministry; W. G.] government was surprised by unilateral step taken on common oil problem without any notification.“²⁶⁰ Unter den westlichen Konsumentenstaaten herrschte zunehmend der Wunsch nach einer gemeinsamen Energiepolitik.²⁶¹ Dies zeigt sich auch am Bedeutungsgewinn des Oil Committee der OECD. Neben der Versorgungssituation und den Reserveplanungen thematisierte das Komitee auch die Position der Industrieländer im Rahmen der Verhandlungen zwischen den Ölgesellschaften und der OPEC. Die meisten Industrieländer befürworteten einen engen Austausch untereinander. Für die Majors erwies sich auch diese Entwicklung als positiv und nutzbar, auch weil die diplomatische Unterstützung der Konsumentenländer mehr Einfluss ausüben konnte, wenn sie auf einheitlichen Positionen basierte.²⁶² Die britische und die US-Regierung wurden permanent über den Verlauf der Verhandlungen informiert und es fand ein kontinuierlicher Austausch statt. Dies geschah überwiegend über die Botschaften in den entsprechenden Ländern und
Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/26/71, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: Oil Situation, 29.01.1971. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/26/71, Telegram from State Department to Embassy Tripoli, Subject: Oil Situation (Possible Message to Shah), 29.01.1971. Vgl. ebd. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/26/71, Telegram from Embassy The Hague to State Department Subject: Oil Situation, Need for Prompt Information, 27.01.1971. Siehe dazu auch Graf, Öl und Souveränität. Vgl. z. B. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/26/71, Telegram from Embassy The Hague to State Department, Subject: Oil Situation, Need for Prompt Information, 27.01.1971.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
McCloy.²⁶³ Durch die Vermittlung von Informationen und Wünschen über John McCloy erhöhten die Unternehmen ihre Glaubwürdigkeit. Der Austausch und die Abstimmung lagen sowohl im Interesse der Regierungen als auch in dem der Majors. Auf der einen Seite wollten die Konsumentenländer mit steigender Abhängigkeit ihre Fachkenntnis in Bezug auf den Ölmarkt verbessern, um auf bevorstehende Engpässe vorbereitet zu sein. Aus diesen Gründen wollten sie über die Verhandlungen informiert sein – auch um im Zweifel politisch reagieren zu können. Die Majors gingen auf der anderen Seite davon aus, dass eine diplomatische Unterstützung ihrer Heimatregierungen strategisch wertvoll sein könnte, wenn diesen alle Informationen rund um die Verhandlungen zur Verfügung standen. Aus diesem Grund setzten sie sich verstärkt dafür ein, Informationsasymmetrien abzubauen. Sie informierten ihre Heimatregierungen über den aktuellen Stand der Verhandlungen und formulierten gleichzeitig den Wunsch nach Unterstützung. Dies zeigte sich zum Beispiel Anfang Februar 1971 als die Verhandlungen mit dem Iran kurz vor dem Abbruch standen: „Barran (Shell) and Drake (BP) are reporting to Secretary of State, Trade and Industry requesting British government to intervene at highest appropriate level with Shah in an effort to forestall unilateral action by shah tomorrow. American companies hope as many other governments will join in such a demarche.“²⁶⁴
Die diplomatische Unterstützung der Konsumentenländer setzte sich auch nach Abschluss der Verträge fort. Die Konzerne und auch die Importstaaten bewerteten die Stabilitätszusage der Förderländer als einen Erfolg. Einen Tag bevor die Unternehmen den Vertrag von Teheran unterzeichneten, wandten sich daher Piercy von Exxon, der Chairman von Texaco Alfred Decrane und der President von Continental E. Kirchner an den US-Botschafter im Iran. Die Unternehmensvertreter betonten, es sei nötig, dass die US-Regierung und bestenfalls auch andere westliche Staaten sich offiziell zur Vereinbarung positionierten: „They felt that non-controversial statements by governments welcoming the fact that agreement was for five years to provide stable petroleum price would help reinforce what they had been able to obtain from OPEC Gulf group.“²⁶⁵
Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79127, London Policy Group, Record of the Recent Negotiations between Oil Industry and the OPEC Countries, 31.08.1971. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1502, Folder: PET 6 IRAN 1/1/71, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: Oil Situation, 02.02.1971. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, PET 3 OPEC 2/5/71, Telegram from Embassy Teheran to State Department, Subject: Oil Situation, 14.02.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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Die US-Regierung leistete dieser Bitte Folge. In einem offiziellen Brief bedankte sich der Secretary of State Rogers beim Schah für die konstruktiven Verhandlungen und betonte die Wichtigkeit der Fünf-Jahres-Klausel des Vertrags: „The settlement just reached with the companies is of great importance to us and other consumers as well as to producer governments in assuring stable market arrangements during the five-year period of the agreement.“²⁶⁶ Auch in der amerikanischen Öffentlichkeit äußerten sich Vertreter des State Departments positiv über das Abkommen. Der Vertrag von Teheran sei das Beste, was die Unternehmen unter den gegebenen Umständen hätten erreichen können und es bestünde eine Hoffnung auf zukünftige Preisstabilität.²⁶⁷ Neben der diplomatischen Unterstützung in den OPEC-Staaten benötigten die Majors zunehmend auch die Hilfe ihrer Heimatregierungen in den Konsumentenländern selbst. Dies betraf vor allem die Folgen der Verträge von Teheran und Tripolis. Die Majors argumentierten, sie könnten nicht allein für die erhöhten Abgaben aufkommen, da sich ihre Gewinne bereits stark reduziert hätten. Daher müssten die Konsumenten einen Teil der Kosten übernehmen.²⁶⁸ In einem Gespräch mit dem Prime Minister Edward Heath äußerte sich Eric Drake von BP dazu: „[…] the question of oil supplies and prices for Europe had now become a political problem for Governments, not a commercial problem for companies. The companies had exhausted their capacity to finance higher prices out of profits.“²⁶⁹ Gleichzeitig könne sich die Unsicherheit in der Versorgung durch die Suche nach neuen Ölquellen reduzieren. Aber auch dafür würden die Unternehmen Kapital benötigen, das ihnen nicht zur Verfügung stünde, wenn sie die erhöhten Abgaben an die OPEC-Staaten alleine übernehmen müssten. Daher bräuchten die Majors in diesem Anliegen die volle Unterstützung der britischen Regierung, so Drake.²⁷⁰ Ähnliche Gespräche führten auch die US-Majors mit der US-Regierung. Bei einem Treffen mit Vertretern des State Departments wies der Vice President von Socal Ballou darauf hin, zukünftig wären mehr Explorationen außerhalb der traditionellen Förderstaaten nötig, „to prevent the formation of a monolithic OPEC which NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 2/16/71, Telegram from State Department to Embassy Teheran, 19.02.1971. Vgl. o. V., U.S. Approves Oil Accord in Hope of Price Stability, in: New York Times, 17.02.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 OECD, Telegram from Embassy Bonn to State Department, 17.02.1971. TNA, FCO 67/553 – 62, For the Record, The Private Secretary to the Foreign and Commonwealth Secretary, Chancellor of Exchequer, Secretary of State for Trade and Industry, 15.02. 1971. Vgl. TNA, FCO 67/553 – 62, For the Record, The Private Secretary to the Foreign and Commonwealth Secretary, Chancellor of Exchequer, Secretary of State for Trade and Industry, 15.02. 1971.
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
if realized during the afore mentioned period would be contrary to the interests of the consuming countries“²⁷¹. Die Kapazitäten für Investitionen in diesem Bereich würden allerdings durch die erhöhten Abgaben an die OPEC-Staaten reduziert. Eine Steigerung des Marktpreises, um die Unternehmen diesbezüglich zu entlasten, sei daher langfristig im Sinne Konsumentenländer im Hinblick auf eine sichere Versorgung. In der Tat erhöhten die Sieben Schwestern infolge der Verträge von Teheran und Tripolis ihre Preise. Dies betraf nicht nur den Preis von Rohöl, sondern vor allem für Ölprodukte.²⁷² In einigen europäischen Ländern und Japan führten die Preiserhöhungen zu einer Kritik an den Majors: „Companies were not playing the game quite as we had understood it would be played. To try to pass on full increase in costs was one thing; to try to pass on more than total increase in tax reference was quite another.“²⁷³ Japan stellte eins der größten Importländer außerhalb Europas dar und importierte einen Großteil des Öls aus dem Mittleren und Nahen Osten. Bereits während der Verhandlungen von Teheran und Tripolis meldete die japanische Regierung daher Zweifel am Verhalten der Majors an: „Why should they [die Majors; W. G.] risk their investments by vigorously opposing price increases when they appear to be capable of passing them along the consumers?“²⁷⁴ Trotz dieser Kritik setzten die Majors die Marktpreiserhöhungen durch und ihre Heimatregierungen unterstützten sie dabei. So hieß es in einem Bericht über ein Treffen des State Departments: „The consuming countries had been appreciative of our information and had understood the difficult position in which the companies and they as consumers were placed. There seemed to be general agreement, at least in the OECD, that most and possibly all of the increase in cost would have to be passed on to consumers.“²⁷⁵
Damit ging die Strategie der Konzerne auf und die Konsumentenländer zeigten sich bereit, die erhöhten Kosten zu tragen. Dies lag in der steigenden Abhängig-
NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 1/1/71, Memorandum of Conversation State Department, Subject: Oil, 03.02.1971. Vgl. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1483, Folder: PET 3 OPEC 2/16/71, Telegram from Embassy London to State Department, Subject: Oil Situation, 22.02.1971. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 OECD, Telegram from Embassy Bonn to State Department, 17.02.1971. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 OECD, Telegram from Embassy Tokyo to State Department, Subject: OPEC Demands and OECD HLG Meeting, 14.01.9171. NARA, RG 59, Entry 1613, Box 1481, Folder: PET 3 OECD, Telegram from Embassy Bonn to State Department, 17.02.1971.
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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keit vom Öl und dem politischen Ziel der sicheren Versorgung begründet. Hier waren die Konsumentenstaaten weiterhin auf die Majors angewiesen. Dieses Abhängigkeitsverhältnis, das sich durch die veränderte Rahmenbedingungen noch verstärkte, wussten die Unternehmen durchaus auszunutzen. Insgesamt zeigt sich, dass die Beziehungen zwischen den Ölexportstaaten und den Sieben Schwestern nach 1945 einem langfristigen Wandel unterlagen. Die Ölpreiskrise von 1973 kann daher keineswegs als überraschendes Ereignis gewertet werden. Die Majors entwickelten bereits lange zuvor Strategien, um ihre Position auf dem Ölmarkt trotz der Präsenz der OPEC zu behaupten. Diese Strategien hatten auch über die Krise hinaus Bestand. In der frühen Phase der OPEC gelang es den Sieben Schwestern, die bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse der Förderländer auszunutzen. Sie bestanden auf separate Verhandlungen, spielten die Produzentenländer gegeneinander aus und zogen Vorteile aus den Informationsasymmetrien. Dabei herrschten unter den Majors klare Absprachen, die insbesondere die Struktur der Konsortien begünstigte. Profitiert haben die Unternehmen außerdem von den Konflikten und divergierenden Interessen innerhalb der OPEC, die eine konsequente Strategie der Organisation erheblich erschwerte. Hinzu kam das Überangebot auf dem Markt, das die Verhandlungsposition der Majors verbesserte. Obwohl sie aus einer Position der Stärke agierten, nahmen sie die Gefahr des steigenden Selbstbewusstseins der Ölexportstaaten durchaus ernst. Dies zeigt sich insbesondere durch ihre Kooperation in der Oil Group und die daraus resultierenden Maßnahmen wie zum Beispiel in den Bereichen Informationsaustausch und Öffentlichkeitsarbeit. Auch mit dem politischen Lobbying versuchten die Unternehmen ihre Interessen durchzusetzen und agierten hier auf höchster Ebene. Von Beginn an versuchten sie, ihre Heimatregierungen und häufig auch andere Konsumentenländer im Hinblick auf die OPEC zu beeinflussen. Dabei setzten sie vor allem auf die diplomatische Unterstützung. Mit steigender Abhängigkeit der Industrieländer vom Öl aus den OPEC-Staaten hatten sie damit zunehmend Erfolg. Dabei erwies sich die Beteiligung der Heimatregierungen zum Teil als Gratwanderung zwischen diplomatischer Unterstützung im Sinne der Konzerne und einem Eingriff in die Verhandlungen mit ungewissem Ausgang, wie die Mission von Irwin zeigt. Über die Maßnahmen des Lobbyismus und die Zusammenarbeit hinaus reagierten die Majors auch mit einer Neuausrichtung und Anpassung ihrer Unternehmensaktivitäten. Dabei galt es, sich durch Diversifizierung langfristig von den OPEC-Staaten unabhängiger zu machen, was wiederum ihre Verhandlungsmacht stärkte. Hier zeigt sich ein proaktives strategisches Handeln der Unternehmen, das auch die langfristige Perspektive berücksichtigte (siehe Kap. 3.3).
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5 Die Sieben Schwestern und die OPEC
Im Verlauf der 1960er-Jahre veränderten sich die Bedingungen auf dem Ölmarkt. Ausschlaggebend war dabei einerseits die Entwicklung in Libyen mit einer Konzessionsstruktur, die einen kompetitiven Markt wiederspiegelte. Andererseits holte die Nachfrage das Angebot auf dem Ölmarkt ein, was die Position der Produzentenländer stärkte. Darüber hinaus schien sich auch die OPEC konsolidiert zu haben und die Förderstaaten traten selbstbewusster denn je auf. Das Ziel, separate Verhandlungen mit den einzelnen Exportstaaten zu führen, das die Majors über Jahre verfolgten, entwickelte sich zunehmend zum Vorteil der Produzentenländer selbst, wie das 1970 durch Libyen ausgelöste Leapfrogging zeigte. Die veränderten Rahmenbedingungen führten dazu, dass die bisherigen Handelsroutinen der Sieben Schwestern zum Teil nicht mehr funktionierten, was wiederum das Kartell destabilisierte. In der Folge passten die Ölgesellschaften ihre Strategien an und entwickelten neue Instrumente, um ihre Position auf dem Markt zu behaupten. Das zentrale Element war dabei die vertiefte Zusammenarbeit der Unternehmen. Mit der Message to OPEC, dem Safety Net Agreement und der London Policy Group entwickelten die Majors innerhalb kürzester Zeit effektive Maßnahmen, um mit den neuen Herausforderungen umzugehen. Dabei hielten sie an den alten Mustern wie der Oil Group und ihrer Vorherrschaft in den Entscheidungen fest. Zusätzlich passten sie sich aber auch flexibel an die neuen Bedingungen an. So gingen sie im Rahmen der Verhandlungen von Teheran und Tripolis diverse Kooperationen mit den Independents ein, um ihre Verhandlungsposition zu stärken. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass die Sieben Schwestern die Kartellzusammenarbeit fortlaufend weiterentwickelten und den gegeben Umständen anpassten. Sie schufen Anreize, um neue Mitglieder für das Kartell zu gewinnen und entwickelten Substrukturen wie etwa die LPG. Hier lässt sich an die Diskussion um den Wandel von Kartellen über längere Zeiträume anknüpfen. Gleichzeitig offenbart die Zusammenarbeit mit den Independents, dass in Kartellen keineswegs Gleichberechtigung herrschen muss. So konnten die Majors das Abhängigkeitsverhältnis der Independents ausnutzen. Sie trafen weiterhin die wesentlichen Entscheidungen und nahmen dabei Nachteile für einzelne Kartellmitglieder in Kauf. Die neuen Kooperationsmaßnahmen Anfang der 1970er-Jahre halfen den Konzernen dabei, ihre Machtposition den Ölexportstaaten gegenüber zu erhalten. Gleichzeitig konnten sie damit Transaktionskosten einsparen – etwa indem die Organisation der Verhandlungen durch die LPG gemeinsam koordiniert wurde. Die Stabilitätsversprechen der Verträge von Teheran und Tripolis hielten die Förderstaaten nicht ein und bereits Ende des Jahres 1971 formulierten sie neue Forderungen. Dies sollte sich bis zum Ölpreisschock 1973 fortsetzen. Die vorliegende Analyse der Strategien der Majors hat jedoch gezeigt, dass sie dadurch nicht unbedingt an Marktmacht einbüßten. Dies wird an den weiter steigenden
5.4 Die Verhandlungen von Teheran und Tripolis
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Gewinnen deutlich (siehe Kap. 3.3). Zudem agierten die Unternehmen auch in höchst unsicheren Situationen – wie bei den Verhandlungen von Teheran und Tripolis – extrem dynamisch und anpassungsfähig. Sie schufen kurzfristig Strukturen wie die LPG und das Safety Net Agreement, die auch über die Krise hinaus Bestand hatten. Gleichzeitig sicherten sie sich das Wohlwollen ihrer Heimatregierungen und lernten, dass die Konsumentenländer durchaus bereit waren, mehr für Öl zu zahlen, was sie für sich nutzen konnten. Ihre beständige, machtvolle Position auf dem Ölmarkt bemisst sich auch daran, dass sie weiterhin Einfluss auf andere Marktakteure nahmen und deren Handeln bestimmten. Dies traf vor allem auf die Independents und die Konsumentenländer zu.
6 Fazit Der Ölmarkt unterlag in der Phase von 1960 bis 1975 einem starken Wandel. Internationale politische Entwicklungen fielen mit Veränderungen der Angebotsund Nachfragestruktur zusammen. Neue politische Akteure traten auf den Markt und beanspruchten Teilhabe und Mitspracherechte im Ölgeschäft. Die Sieben Schwestern sahen sich in diesem Zusammenhang mit großen Herausforderungen konfrontiert. Zunehmend stand ihre dominante Position auf dem Markt zur Disposition. Die sowjetische Exportpolitik im Kontext des Kalten Krieges erwies sich für die Majors als unberechenbar und bedrohte ihre Marktanteile und Gewinne in Westeuropa. Gleichzeitig verstärkte sich das Bestreben der ölexportierenden Länder, über die Verwendung und Profite ihrer eigenen Ressourcen selbst zu entscheiden. Die Forderungen der OPEC und ihrer Mitglieder stellten nicht nur die Gewinne der Unternehmen, sondern auch ihren Zugang und die Verfügungsgewalt über die größten Erdölvorkommen der Welt infrage. Diese Entwicklungen auf dem Markt schufen große Unsicherheiten für die Majors. Sie konnten nur schwer abschätzen, mit welchen Intentionen und mit welcher Durchsetzungskraft die politischen Akteure agierten. Klassische unternehmerische Maßnahmen im Wettbewerb schlugen fehl, weil die politischen Konkurrenten anderen Handlungsmaximen folgten als privatwirtschaftliche Unternehmen. Die Ölgesellschaften mussten daher nach anderen Wegen suchen, um sich zu behaupten und ihre Position auf dem Markt zu erhalten. Die vorliegende Arbeit hat die Reaktionen und das Verhalten der Majors in diesem Zusammenhang untersucht. Die empirisch-historische Analyse eröffnet ein vielschichtiges Bild über die Konzerne in der Transformationsphase des Ölmarktes. Dieses unterscheidet sich vom normativen Deutungsmuster über das Kartell der Sieben Schwestern, das vor allem die zeitgenössische Wahrnehmung, aber auch viele Forschungsarbeiten prägte. Die Begriffe Marktmacht und Kartell wurden im Rahmen der Arbeit als analytische Kategorien verwendet. Dieser Ansatz ermöglicht im Ergebnis eine differenzierte Bewertung der Majors – fernab der populären, zum Teil anklagenden Sichtweise auf die Ölindustrie. Neben der Rekonstruktion spezifischer Strategien der Unternehmen hat die Arbeit auch danach gefragt, inwieweit die Veränderungen auf dem Markt zu einem Machtverlust der Majors führten – eine Annahme, die viele Forschungsarbeiten vertreten und insbesondere in die Zeit des Ölpreisschocks datieren. Die Ergebnisse der vorgenommenen Analyse widersprechen dieser These. Trotz der großen Herausforderungen konnten die Sieben Schwestern ihre Marktmacht weitgehend erhalten. Dies trifft sowohl auf die Unternehmensergebnisse als auch auf die strukturellen Einflussmöglichkeiten der Majors auf dem Markt zu. https://doi.org/10.1515/9783110637359-008
6 Fazit
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Alle sieben Unternehmen erreichten in der Phase von 1960 bis 1975 kontinuierlich betriebswirtschaftliche Erfolge. Diese messen sich an den steigenden Gewinnen und der Mengenerhöhung im operativen Geschäft. Darüber hinaus richteten die Unternehmen ihre Aktivitäten neu aus. Die Majors antizipierten frühzeitig, dass sie sich in bestimmten Bereichen zukünftig unabhängiger machen mussten, um weiterhin erfolgreich am Markt zu bestehen. Sie investierten in die Erschließung großer Ölquellen außerhalb der OPEC-Staaten, in alternative Energieformen sowie in andere Industrien wie etwa die Petrochemie. Ihre Haupttätigkeit lag zwar weiterhin im Ölgeschäft, dennoch bewiesen sie durch die strategischen Anpassungen einen Weitblick für langfristige Entwicklungen, der sich auszahlte. Sie erschienen damit nicht unvorbereitet auf die Veränderungen, was einigen Forschungsarbeiten widerspricht.¹ Einbußen verzeichneten die Unternehmen in ihren Marktanteilen. Bedingt durch die Transformation des Konzessionssystems stiegen seit Beginn der 1970erJahre zunehmend Independents und Staatskonzerne in die Produktion in den OPEC-Mitgliedstaaten ein. Gleichzeitig sanken die Gewinnmargen pro Barrel Öl. Beide Entwicklungen schlugen sich allerdings nicht im Gesamtergebnis der Unternehmen nieder. Die Majors waren in der Lage, negative Entwicklungen in einzelnen Bereichen durch Anpassungen und strategische Neuausrichtungen auszugleichen, wie ihre Gewinnentwicklung zeigt. Dies begünstigte vor allem ihre vertikal integrierte, multinationale Organisationsstruktur, die sie in der Phase von 1960 bis 1975 weiter ausbauten. Die anhaltende Marktmacht der Konzerne zeigte sich an ihrer betriebswirtschaftlichen Entwicklung und in den hohen Einflussmöglichkeiten der Unternehmen auf die Strukturen des Marktes. Dies äußerte sich vor allem in den fortbestehenden Abhängigkeitsverhältnissen. Die Independents stellten für die Sieben Schwestern durchaus eine Konkurrenz dar. Unabhängige Unternehmen wie die ENI profitierten von der sowjetischen Öloffensive. Auch bei der Vergabe von Konzessionen sahen sich die Majors zunehmend durch die Konkurrenz der Independents bedroht – wie etwa in Libyen. Dennoch erwiesen sich die Firmen mit ihren oft kleinen Organisationseinheiten und fehlender multinationaler Reichweite als weiterhin stark abhängig von den Sieben Schwestern. Dies zeigte sich im operativen Geschäft und im Hinblick auf die OPEC. Gegen die radikalen Forderungen der Ölexportstaaten zu Beginn der 1970er-Jahre hatten die unabhängigen Produktionsfirmen kaum eine Chance – zu sehr waren sie auf einzelne Rohölquellen angewiesen. Die Majors nutzen diese Schwäche in den Verhandlungen von Teheran und Tripolis aus. Sie motivierten
Vgl. Priest, Shifting Sands, S. 120 f.
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die Independents zu einer Kooperation. Die unabhängigen Produzenten in Libyen erklärten sich nach der Einrichtung des Safety Net Agreements bereit, der Strategie der Konzerne zu folgen. Auf diese Weise gelang es den Majors, das Verhalten der unabhängigen Firmen zu beeinflussen und damit ihre eigene Verhandlungsposition zu stärken. Die Majors waren nicht nur in der Lage, auf andere Unternehmen auf dem Markt Einfluss zu nehmen, sondern auch auf staatliche Akteure. Grundlage dafür bildeten zunächst die spezifischen Bedingungen des Ölmarktes. Die Konzerne übernahmen die hohen Risiken des Ölgeschäfts, die durch die Eigenheiten des Rohstoffs selbst und durch die komplexen Eigentumsverhältnisse geprägt waren. Durch ihre multinationalen Aktivitäten und ihre vertikale Integration entwickelten sich die Unternehmen zu Verteilern der regional ungleich verteilten Ressource. Dadurch entstanden Abhängigkeitsverhältnisse zwischen politischen Akteuren und den Unternehmen, die sich in der Phase von 1960 bis 1975 verstärkten. An diesen Konstellationen änderte auch die Ölpreiskrise wenig. Die Konzerne wurden nicht – wie etwa von Venn angenommen² – in ihrer Position verdrängt, vielmehr offenbarte die Krisensituation ihre wichtige Rolle auf dem Markt. Mit dem Aufstieg von Öl zum wichtigsten Energieträger der Nachkriegszeit erfüllten die Sieben Schwestern zunehmend Funktionen, die über die klassischen Aufgaben von Unternehmen hinausgingen. Sie stellten die Energieversorgung der westlichen Industrienationen sicher und erwiesen sich damit als unabdingbar für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung dieser Länder. Gleichzeitig fungierten sie als Vermittler und Puffer zwischen den Import- und Exportstaaten. Dabei nahmen sie zum Teil diplomatische Funktionen ein. Im Kontext der internationalen Konfliktlagen der Dekolonisation und des Kalten Krieges spielten sie eine zunehmend wichtige Rolle. Darüber hinaus erlangten die Majors auch wirtschaftspolitisch ein hohes Gewicht. So übten die Unternehmen mit ihren Aktivitäten einerseits Einfluss auf die Zahlungsbilanzen ihrer Heimatländer aus. Andererseits machten die Abgaben der Konzerne einen Großteil der Staatseinnahmen der Ölexportstaaten aus und stellten damit einen zentralen Faktor für die Industrialisierungsbestrebungen rohstoffreicher Entwicklungsländer dar. Mit diesen weitreichenden Funktionen nahmen die Majors eine einflussreiche Rolle im internationalen politischen und wirtschaftlichen Gefüge der Nachkriegszeit ein. Die vorgenommene Analyse hat gezeigt, dass eine Übernahme dieser Funktionen durch andere Akteure – etwa die OPEC – nicht stattfand und auch nicht kurzfristig zu realisieren war. Vielmehr zeigen die Reaktionen und
Vgl. Venn, Oil Diplomacy, S. 136.
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Strategien der Unternehmen ihre Fähigkeit, die komplexen Abhängigkeitsverhältnisse für ihre Ziele zu nutzen und ihre Position zu erhalten. In den USA etwa konnten die Majors ihre Funktionen im Kontext des Kalten Krieges strategisch einsetzen. Weil die US-Regierung den Einfluss des Westens in den Ländern des Mittleren und Nahen Ostens durch die Präsenz der Majors erhöhen wollte, ermöglichte sie den Unternehmen, in diversen Konsortien in dieser Region zusammenzuarbeiten. Die Ölgesellschaften waren ferner in der Lage, durch eine politische Aufklärungskampagne die Handelspolitik der NATO-Mitglieder zu beeinflussen und damit die sowjetische Exportkonkurrenz einzudämmen. Außerdem setzten vor allem die europäischen Majors ihre wirtschaftspolitische Bedeutung für die britische Zahlungsbilanz ein und beeinflussten damit das Verhalten ihrer Heimatregierung. In den Beziehungen zu den Ölexportländern profitierten die Sieben Schwestern anfangs von ihren Informationsvorteilen und beeinflussten damit die Verhandlungen zu ihren Gunsten. Sie traten mit einheitlichen Positionen auf und spielten damit die OPEC-Mitglieder gegeneinander aus. In den frühen 1970er-Jahren gelang es den Förderländern im Kontext einer steigenden Nachfrage und eines sinkenden Angebots, ihre Macht auf dem Markt zu erhöhen. Hier stießen die Majors zunehmend an die Grenzen ihrer Durchsetzungsfähigkeit. Die Unternehmen stimmten bereits 1971 erhöhten Abgaben an die OPEC-Mitglieder zu. Ein Jahr später ergaben sie sich schließlich der Forderung nach staatlicher Teilhabe an einigen Konsortien. 1973 mussten sie eine weitere Steigerung des Posted Price hinnehmen, die maßgeblich zum Ölpreisschock beitrug. Die Analyse der Verhandlungen von Teheran und Tripolis hat allerdings gezeigt, dass sich die Majors keineswegs passiv allen Forderungen ergaben – wie etwa Yergin argumentiert.³ Vielmehr professionalisierten sie ihre Verhandlungsstrategien. Dabei berücksichtigten die Unternehmen die möglichen Folgen höherer Abgaben und wogen ihre Strategien im Detail ab – von der Öffentlichkeitswirkung über rechtliche Belange bis hin zu den Reaktionen der Konsumentenländer. Letztere mussten sie für sich gewinnen, um die erhöhten Kosten nicht allein zu tragen. Sie gründeten innerhalb kürzester Zeit die London Policy Group mit diversen Untergruppen, die die Strategie der Konzerne in allen Bereichen der Verhandlungen zentral koordinierte. Die gemeinsam geschaffenen Instrumentarien bewerteten die Konzerne als Erfolg und hielten auch über die Verträge von Teheran und Tripolis hinaus daran fest. Sie sorgten schließlich da-
Vgl. Yergin, Preis, S. 703.
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für, dass die LPG als zentrale Administration für die Verhandlungen mit der OPEC während und nach dem Ölpreisschock bestehen blieb.⁴ Die professionalisierte Strategie der Majors in der LPG stellt nicht in Abrede, dass die Förderstaaten in den 1970er-Jahren einen Machtzugewinn erreichten – etwa durch die erhöhten Abgaben der Konzerne. Auch die steigenden staatlichen Anteile an den Konsortien stärkten schließlich die Mitsprache- und Verfügungsrechte einiger Ölexportstaaten. Dennoch bestanden weiterhin bestimmte Abhängigkeitsverhältnisse. So waren die Förderländer nach wie vor auf die internationalen Weiterverarbeitungs- und Vertriebsnetzwerke der Majors angewiesen. Diese Abhängigkeit zeigte sich vor allem in den Buy-Back-Verträgen⁵, die die Unternehmen im Zuge der Verstaatlichungen mit den Ölexportstaaten abschlossen. Das Konzessionssystem wandelte sich damit zwar grundlegend und die Konzerne verloren ihre Eigentumsrechte, kauften allerdings das Rohöl durch langfristige Verträge zu günstigen Konditionen zurück. Damit hatten sie weiterhin Zugang zum Öl und konnten auch ihren Einfluss auf die OPEC-Länder erhalten.⁶ Die vorgenommene Analyse hat gezeigt, dass die Konzerne trotz großer Herausforderungen und punktueller Einbußen ihre dominante Position auf dem Markt behaupteten. Sie erzielten betriebswirtschaftliche Erfolge und nahmen weiterhin Einfluss auf zentrale Parameter und Akteure auf dem Markt. Dies lag zum Teil in den spezifischen Bedingungen des Ölmarktes, zum Teil auch in den Organisationsstrukturen der Majors begründet. Als besonders wichtig erwiesen sich allerdings die Strategien der Unternehmen im politischen Raum und ihre Kooperationen untereinander. Die politischen Interventionen auf dem Ölmarkt durch die Sowjetunion und die OPEC störten die Handelsroutinen der Majors und sie sahen sich zunehmend mit steigenden Unsicherheiten konfrontiert. Die Ziele und das Verhalten der neuen Akteure erwiesen sich für die Konzerne als nur schwer einschätzbar und vielerlei Faktoren lagen außerhalb ihres Einflussbereichs. Die Unternehmen hatten kaum Möglichkeiten, die Sowjetunion in ihrer Öloffensive direkt zu stop Vgl. John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Meeting of the London Policy Group, 23.07.1974; John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Memorandum to – Files, McCloy, 03.10.1973. Zur Partizipationsproblematik und den Buy-Back-Verträgen siehe z. B. TNA, FCO 67/742– 47; BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 66797; John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3. Vgl. 93rd Congress, United States Senate, Committee on Foreign Relations, Multinational Corporations and United States Foreign Policy, Washington, 1975, Report Together with Individual Views; Anthony Sampson Papers, University of Oxford, Bodlein Libraries, MS. Sampson, dep. 86, Statement by Anthony T. S. Sampson before the Subcommittee on Antitrust and Monopoly of the Committee on the Judiciary United States Senate, 1976.
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257
pen. Auch die Dynamiken politischer Unabhängigkeitsbestrebungen der OPECLänder erwiesen sich für die Majors als wenig steuerbar. Die Sieben Schwestern erkannten diese Problematik und reagierten mit eigenen politischen Strategien, um ihre Unternehmensziele durchzusetzen. Sie versuchten, gezielt auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Sie tauschten sich untereinander aus und stimmten einheitliche Positionen ab. Dabei kam es auch zu Interessenkonflikten untereinander – wie etwa im Fall von Shell, das aufgrund seiner fehlenden Rohölquellen einen Deal mit der Sowjetunion ins Auge fasste. In den untersuchten Fällen lösten sich diese Interessenkonflikte allerdings auf und die Majors vertraten im politischen Raum einheitliche Positionen. So nahm Shell nach starker Kritik der anderen Konzerne kurzfristig Abstand von einem Handelsvertrag mit der UdSSR und schloss sich der politischen Aufklärungskampagne der anderen Unternehmen gegen die sowjetischen Ölexporte an. Der Grund dafür lag darin, dass aufgrund zahlreicher Kooperationen im operativen Geschäft auch Abhängigkeitsverhältnisse unter den Majors selbst bestanden, die es ermöglichten, sich gegenseitig unter Druck zu setzen und/oder zu beeinflussen. Im Kontext steigender Forderungen der OPEC erreichten die Sieben Schwestern, dass sich auch die Independents ihrer Linie entsprechend politisch positionierten. Die einheitlichen Positionen verstärkten die Verhandlungsmacht der Majors gegenüber den OPEC-Staaten und das Gewicht ihrer Aussagen im Austausch mit den Heimatregierungen. Trotzdem machte vor allem die US-Regierung immer wieder ihre Skepsis gegenüber den Unternehmen deutlich. Diese Skepsis versuchten die Konzerne zu überwinden, indem sie John McCloy als Vermittler einsetzten. Insbesondere die Ausnahmeregelungen der Antitrust-Gesetze unter Vermittlung von McCloy deuten darauf hin, dass diese Strategie durchaus die Glaubwürdigkeit der Ölgesellschaften im politischen Raum erhöhte. Neben einer einheitlichen Position folgten die Majors spezifischen Argumentationsmustern im Austausch mit politischen Entscheidungsträgern. Sie ermittelten bestehende Interessenkoalitionen zwischen Staat und Industrie und bespielten diese gekonnt. Die Sieben Schwestern befürchteten sinkende Gewinne durch die sowjetische Exportkonkurrenz. Sie warnten allerdings die US-Regierung nicht etwa vor dem Preisverfall, sondern vor den sicherheitspolitischen Folgen der sowjetischen Öloffensive und sprachen damit insbesondere die Ängste der USA im Kalten Krieg an. Die Unternehmen argumentierten mit ihren politischen Funktionen, die ihnen ihre Heimatregierungen selbst zugeschrieben hatten. Nennenswert erscheint in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Rolle als Verteiler und Energieversorger, die den Majors dazu diente, ihre Heimatregierungen zu diplomatischer Unterstützung in den OPEC-Ländern zu bewegen. Sowohl die britische als auch die US-Regierung wurden dabei nicht einfach zum Spielball der Unternehmen
258
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und übernahmen deren Handlungsanweisungen, vielmehr ergaben sich in den untersuchten Fällen Interessenkoalitionen zwischen den Majors und ihren Heimatregierungen, die sich den Unternehmen dienlich erwiesen. Die Sieben Schwestern nutzten darüber hinaus auch bestehende Informationsasymmetrien, um ihre Ziele zu erreichen. Dies zeigte sich zum Beispiel in den Verhandlungen mit den Regierungen der Exportländer in den 1960er-Jahren, denen häufig die nötigen Informationen fehlten, um sich gegen die Majors durchzusetzen. Nicht selten konnten die Sieben Schwestern auch aus der fehlenden Expertise ihrer Heimatregierungen Kapital schlagen. So versorgten die Majors die NATO-Delegationen ihrer Heimatländer mit Daten und nahmen eine beratende Rolle in der NATO Study Group zur sowjetischen Öloffensive ein. Die Entwicklungen auf dem Ölmarkt hatten eine internationale Reichweite, weshalb die Unternehmen nicht nur auf die Beeinflussung nationaler Politiken abzielten, sondern ihre politischen Strategien multinational ausrichteten. Sie suchten neben dem Kontakt zu ihren Heimatregierungen auch den Austausch mit Regierungen anderer Staaten und internationalen Organisationen. Nicht immer erwiesen sich die Bestrebungen der Unternehmen dabei als erfolgreich. Zum Teil standen ihre unternehmerischen Ziele politischen Herausforderungen gegenüber, die nur schwer zu überwinden waren. Beispielhaft sei hier nur die Schwierigkeit der EWG genannt, eine einheitliche Ost-West-Handelspolitik zu gestalten, auf die letztlich auch die Majors mit ihrer Aufklärungskampagne wenig Einfluss nehmen konnten. Die politischen Strategien der Majors unterschieden sich in vielen Aspekten nicht vom Lobbyismus, den Unternehmen schon seit dem 19. Jahrhundert betrieben, um Handelsregulierung und andere wirtschaftspolitische Maßnahmen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die spezifischen Bedingungen des Ölmarktes nach 1945 und die steigende Bedeutung des Öls im weltpolitischen Gefüge führten allerdings dazu, dass die Konzerne auf höchster politischer Ebene Gehör fanden. Aufgrund ihrer vielschichtigen politischen Funktionen fanden sie nicht nur Ansprechpartner in den Wirtschaftsministerien, sondern vor allem im Bereich der Sicherheits- und Außenpolitik höchsten Ranges. Dabei unterschieden die politischen Entscheidungsträger selbst zum Teil nicht zwischen unternehmerischen und politischen Interessen. Dies galt insbesondere für die britische Regierung, die, aufgrund ihrer Mehrheitsanteile an BP, die Ziele des Unternehmens häufig mit den nationalen Interessen gleichsetzte. Im Zusammenhang mit den politischen Strategien der Majors lässt sich an die Diskussionen anknüpfen, welche Rolle multinationale Unternehmen im internationalen System der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einnahmen. Der Fall der Ölgesellschaften bestätigt etwa die These von Susan Strange, dass Multinationals
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259
einen Machtzuwachs gegenüber nationalstaatlichen Regierungen verzeichneten.⁷ So agierten die Sieben Schwestern zunehmend mit Staaten auf Augenhöhe. Sie wurden überdies von ihren Heimatregierungen mit staatlichen Funktionen ausgestattet, die sie zu nutzen wussten. Aufgrund der steigenden politischen Bedeutung des Öls nach 1945 stellte diese Entwicklung durchaus einen Sonderfall dar und die Gegebenheiten auf dem Ölmarkt können nur bedingt auf andere Märkte übertragen werden. Vielmehr lässt sich an aktuelle geopolitische Diskussionen und Fragen der Energiepolitik anschließen, die immer wieder auch die Rolle der Unternehmen bearbeiten.⁸ Die politischen Strategien zwischen 1960 und 1975 waren eng mit dem zweiten Reaktionsmuster der Unternehmen verbunden, nämlich ihrer Kooperation untereinander. Die Zusammenarbeit der Sieben Schwestern basierte auf historisch gewachsenen Erfahrungen. Von den klassischen Kartellabsprachen des Achnacarry-Abkommens 1928 bis hin zu den Kooperationen im operativen Geschäft, in den Konsortien und in den Joint Ventures entwickelten sie zahlreiche Kooperationsformen, die parallel bestanden. Mit neuen Herausforderungen konfrontiert, etablierten die Konzerne seit 1960 weitere Formen der Zusammenarbeit, die vor allem informeller Natur waren. Sie gründeten 1962 die Oil Group als geheime, exklusive Organisation der höchsten Unternehmensvertreter aller sieben Konzerne. Die Gruppe diente als Ort des Informationsaustausches in Bezug auf politische Entwicklungen des Marktes. So sammelten die Majors in der Gruppe Daten über die sowjetische Ölpolitik, um ihre Unsicherheiten diesbezüglich zu reduzieren. Gleichzeitig nutzen sie den Austausch als Grundlage für die Entwicklung gemeinsamer Maßnahmen im politischen Raum. In enger Abstimmung entschieden sie sich etwa dafür, alle Kontakte in Regierungskreise zu nutzen, um vor den Gefahren der sowjetischen Ölexporte zu warnen und im Ergebnis die Handelspolitik der NATO-Länder zu beeinflussen. Die Oil Group stellte auch den Ausgangspunkt für die Gründung weiterer gemeinsamer Komitees und Gruppen dar. Zu nennen sind hier etwa die Public Relation Working Group, die eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit der Konzerne in den Staaten des Mittleren und Nahen Ostens koordinierte. Auch die Gründung der LPG und des Safety Net Agreements entsprangen der Oil Group. Bisherige Forschungen haben die Oil Group nicht untersucht und nennen lediglich die London Policy Group im Zusammenhang mit den Verhandlungen von Teheran Vgl. Strange, Erosion; dies., Supranationals; dies./Stopford, States. Vgl. z. B. Hubbard, Ben/Searcey, Dionne/Casey, Nicholas, Under Rex Tillerson, Exxon Mobil Forged its Own Path Abroad, in: The New York Times, 13.12. 2016; o. V., Profits in a Time of War. Death, Chaos, Destruction. They’re not as Bad for Companies as You Might Think, in: The Economist, 20.9. 2014.
260
6 Fazit
und Tripolis. Yergin zeichnet dabei vor allem ein Bild des Misserfolgs.⁹ Die vorliegende Studie hat gezeigt, dass die Majors kontinuierlich in der Oil Group zusammenarbeiteten, in Krisenzeiten auf sie zurückgreifen konnten und auf dieser Basis weitere Kooperationsformen entwickelten. Die Motivation der Zusammenarbeit in der Oil Group war vielschichtiger Natur. Die Interessenkonvergenz spielte eine entscheidende Rolle. Aufgrund ähnlicher Ausgangsbedingungen waren die Majors in gleichem Maße mit den neuen politischen Akteuren auf dem Ölmarkt konfrontiert. So besaßen etwa alle Majors Konzessionen in den OPEC-Ländern und wollten diese zu günstigen Bedingungen erhalten. Diese gemeinsamen Interessen veranlassten sie zur Zusammenarbeit und führten zu einer Maßnahmenkonvergenz. Ein weiterer Grund für die Kooperation in der Oil Group lag in der Reduktion von Unsicherheiten. Dies betraf den Austausch von Informationen wie etwa über die sowjetischen Exporte oder die OPEC. Durch den Austausch erhielt die einzelne Major Wissen und Kontrolle über die Strategien der anderen Schwestern. Die Oil Group diente den Unternehmen auch dazu, konkurrierende Marktakteure zurückzudrängen. Dabei nutzen die Majors nicht die klassischen Marktabsprachen eines Kartells. Sie hatten es zunehmend mit einer politischen Konkurrenz zu tun, die es auf anderen Wegen einzuschränken galt. Die Absprachen in der Oil Group betrafen daher weniger Preise oder Produktionen als vielmehr gemeinsame politische Strategien. Die informelle Kooperation der Sieben Schwestern in der Oil Group und schließlich auch in der LPG entspricht nicht der klassischen Definition eines Kartells, wie es die Entwicklung vor dem Zweiten Weltkrieg geprägt hat. Die Gründe für die Zusammenarbeit der Majors stimmen allerdings weitgehend mit denen aus der Kartelltheorie überein. So verstärkten Krisenmomente wie die Gründung der OPEC oder das Überangebot durch die sowjetischen Ölexporte die Kooperation der Majors. Dies entspricht der These von Kleinwächter. Gleichzeitig dienten die Absprachen, wie auch Liefman argumentiert, als unternehmerisches Instrument über die Krise hinaus. Dies bestätigt sich mit der kontinuierlichen Zusammenarbeit der Majors in der Oil Group. So lassen sich bis 1979 Treffen der geheimen Gruppe nachweisen.¹⁰ Viele kartelltheoretische Überlegungen sehen die Faktoren für Stabilität und Erfolg von Kartellen vor allem in harten vertraglichen Strukturen mit Sanktionsmechanismen. Die Zusammenarbeit der Majors eröffnet hier ein differenzierteres Vgl. z. B. Yergin, Preis, S. 703 f. Vgl. BP Archives, University of Warwick, ArcRef. 79118, Report of Steel (BP), Subject: Future of McCloy Group, 10.06.1971; John McCloy Papers, Amherst College Archives and Special Collections, Series 20, Box 3, Minutes of Meeting of Oil Company Representatives, 25.06.1979.
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261
Bild. Langfristig gewachsene Kooperationen, enge Kontakte der Unternehmen, also Erfahrungen und gegenseitiges Vertrauen, wirkten sich hier stabilisierend aus. Gleichzeitig zeigt das Beispiel der Sieben Schwestern, dass Kartelle keine starren Organisationsformen darstellen müssen. Die Majors entwickelten flexible, internationale Formen der Zusammenarbeit und passten diese immer wieder kurzfristig den aktuellen Gegebenheiten an. Dies wird zum Beispiel an der Erweiterung der LPG um die Independents deutlich. Die informelle Natur der Kartellabsprachen der Majors lag auch in den strengen Wettbewerbsgesetzen begründet. Eine Kartellzusammenarbeit der Unternehmen war sowohl in den USA als auch nach 1945 in Westeuropa rechtlich verboten. Aus diesem Grund schufen die Sieben Schwestern informelle Strukturen und Institutionen: ein Kartell ohne offiziellen Vertrag. Sie lagerten die Organisation ihrer Kooperationen an eine externe Person aus. So schlossen alle Unternehmen Verträge mit McCloy ab. Auch die Verträge gemeinsamer neuer Gruppen wie die LPG und die PRWG koordinierte McCloys Kanzlei. Auf diesem Weg umgingen sie einen offiziellen Vertrag untereinander. Sanktionsmechanismen bestanden nicht. Die Anreize, sich an den Kooperationen zu beteiligen und an die Absprachen der Oil Group zu halten, lagen in der Interessenkonvergenz begründet und in dem Motiv, die Transaktionskosten zu senken. Die Heimatregierungen der Majors befürworteten trotz strenger Wettbewerbsgesetze in der Phase von 1960 bis 1975 die Zusammenarbeit der Konzerne. Beispielhaft seien hier nur die offiziellen Ausnahmeregelungen des Departments of Justice genannt. Diese Großzügigkeit hatte zum einen strukturelle und zum anderen situationsbezogene Gründe. Im Kontext des Kalten Krieges aber auch durch die steigenden Energieengpässe überwogen punktuell sicherheits- und außenpolitische Interessen die Wettbewerbspolitik. Die strukturellen Gründe betrafen den multinationalen Charakter des Kartells der Sieben Schwestern. Die Kartellgesetze stellten eine klassische Form der Unternehmensregulierung dar, die national ausgeprägt war. Vor allem die US-Wettbewerbspolitik erwies sich im nationalen Rahmen als sehr fortgeschritten. Den Ölmarkt prägte allerdings von Beginn an ein starkes internationales Moment, das sich nach 1945 noch weiter verstärkte. Die Ölgesellschaften waren Teil dieses internationalen Systems und ihre Kartellzusammenarbeit fand vor allem auf internationaler Ebene statt. Da kein international geltendes Kartellrecht existierte, wurden die Majors als Kartell nicht unbedingt erfasst bzw. sah etwa die US-Regierung wenig Veranlassung, gegen die internationalen Kooperationen vorzugehen. Die empirische Analyse der Zusammenarbeit der Sieben Schwestern in den 1960er- und 1970er-Jahren offenbart den Bedarf, kartelltheoretische Annahmen
262
6 Fazit
und Definitionen zu überdenken und zu erweitern. Einen stärkeren Fokus auf informelle Unternehmensabsprachen und Kooperationen zu legen, ermöglicht dabei neue Perspektiven für die Kartellforschung. Dieser Ansatz bietet sich für internationale Kartelle nach 1945 an, die allein aufgrund der Wettbewerbsgesetze sonst nur schwer zu erfassen sind. Die vorliegende Arbeit hat außerdem gezeigt, dass ein historischer Ansatz besonders dazu geeignet ist, die Entwicklung und den Wandel von Kartellen zu erklären. Die Untersuchung von Unternehmenskooperationen über längere Zeiträume hinweg impliziert einen dynamischen Kartellbegriff, der neue Erkenntnisse über die Organisation und Funktionsweisen von Kartellen hervorbringt.
Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen Tabellen Tabelle : Die Anzahl der Unternehmen in der Ölproduktion im Mittleren und Nahen Osten 80 zwischen und Tabelle : Rohölimporte aus der Sowjetunion in ausgewählte CoCom-Mitglieder zwischen und (in Tausend Tonnen) 112 Tabelle : Durchschnittliche Importpreise für sowjetisches Rohöl zwischen und (in $/Barrel) 116 Tabelle : Posted Price ausgewählter OPEC-Rohöle zwischen und (in $/Barrel) 188
Abbildungen Abbildung : Der Ölkonsum in den USA, Westeuropa, Japan, dem Mittleren und Nahen Osten 28 sowie der Sowjetunion zwischen und (in Millionen Tonnen) Abbildung : Anteile an den weltweiten Ölreserven von bis nach Ländern und 29 Regionen (in %) Abbildung : Die Rohölproduktion in ausgewählten Ländern und Regionen zwischen und (in Millionen Tonnen) 31 Abbildung : Importquoten von Rohöl und Ölprodukten in die USA und Westeuropa zwischen und (in Millionen Tonnen) 32 Abbildung : Weltweite Ölproduktion und -raffination zwischen und (in Millionen Tonnen) 33 Abbildung : Jährliche Wachstumsquoten von Angebot (ausgedrückt in weltweiter Rohölproduktion) und Nachfrage (ausgedrückt in weltweitem Ölkonsum) 34 zwischen und (in %) Abbildung : Jahresdurchschnittswerte der Rohölpreise zwischen und (ausgewählte 35 OPEC-Rohöle, in $/Barrel) Abbildung : Exxons Investitionen in die Exploration zwischen und (in Millionen Dollar) 74 Abbildung : Die Gewinne der Majors im Vergleich zwischen und (in Millionen Dollar) 75 Abbildung : Die Rohölproduktion der Majors im Vergleich zwischen und (in Millionen Barrel/Tag) 77 Abbildung : Die Raffination der Majors im Vergleich zwischen und (in Millionen Barrel/Tag) 78 Abbildung : Der Rohöl- und Ölprodukte-Absatz von Gulf zwischen und (in Millionen 79 Barrel/Tag) Abbildung : Die Marktanteile der Majors an der weltweiten Ölproduktion zwischen und (exkl. Sowjetunion; in %) 81 Abbildung : Die Marktanteile der Majors an der weltweiten Raffination zwischen und (exkl. Sowjetunion; in %) 82 Abbildung : Die Anteile der Majors an den Konsortien im Mittleren und Nahen Osten, 100 https://doi.org/10.1515/9783110637359-009
264
Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen
Abbildung : Die sowjetische Rohölproduktion und -exporte zwischen und (in Millionen Tonnen) 111 Abbildung : Zahlungen von British Petroleum an die OPEC-Staaten (inkl. Nigeria), – (in Millionen Pfund) 195
Anhang
https://doi.org/10.1515/9783110637359-010
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Berechnungen nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975.
a)
USA Lateinamerika Kanada Westeuropa Mittlerer und Naher Osten Afrika Sowjetunion und China andere Länder
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Tabelle A2: Anteile an den weltweiten Ölreserven von 1960 bis 1975 nach Ländern und Regionen (in %)a)
Berechnungen nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975.
a)
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USA , , , , , , , , Westeuropa , , , , , , , , Japan , , , , , , , , Mittlerer und Naher Osten – – – – – , , , Sowjetunion – – – – – , , ,
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Tabelle A1: Der Ölkonsum in den USA, Westeuropa, Japan, dem Mittleren und Nahen Osten sowie der Sowjetunion zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Tonnen)a)
266 Anhang
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Berechnungen nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975.
a)
USA , , , , , , Lateinamerika – – – – – , Westeuropa , , , , , , Saudi-Arabien , , , , , , Mittlerer und Naher Osten , , , , , , Afrika , , , , , , Sowjetunion , , , , , ,
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Tabelle A3: Die Rohölproduktion in ausgewählten Ländern und Regionen zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Tonnen)a)
Anhang
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Berechnungen nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1960 – 1975.
a)
Rohölimport USA Ölprodukteimport USA Rohölimport Westeuropa Ölprodukteimport Westeuropa
Rohölimport USA Ölprodukteimport USA Rohölimport Westeuropa Ölprodukteimport Westeuropa
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Tabelle A4: Importmengen von Rohöl und Ölprodukten in die USA und Westeuropa zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Tonnen)a)
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268 Anhang
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Berechnungen nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1961 – 1975.
a)
Angebot Nachfrage
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Tabelle A6: Jährliche Wachstumsquoten von Angebot (ausgedrückt in weltweiter Rohölproduktion) und Nachfrage (ausgedrückt in weltweitem Ölkonsum) zwischen 1961 und 1975 (in %)a)
Berechnungen nach BP, Statistical Review of the World Oil Industry, 1961 – 1975.
a)
Ölproduktion Ölraffination
Ölproduktion Ölraffination
Tabelle A5: Weltweite Ölproduktion und -raffination zwischen 1961 und 1975 (in Millionen Tonnen)a)
Anhang
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Berechnungen auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, 1960 – 1975.
a)
Investitionen in die Produktion
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Tabelle A8: Exxons Investitionen in die Exploration zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Dollar)a)
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Jährliche Rohölpreisentwicklung, http://www.mwv.de/index.php/daten/statistikenpreise/?loc=4, Zugriff: 16. 04. 2017.
a)
OPEC-Korb
Tabelle A7: Jahresdurchschnittswerte der Rohölpreise zwischen 1960 und 1975 (ausgewählte OPEC-Rohöle, in $/Barrel)a)
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270 Anhang
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Berechnungen auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1980.
a)
Exxon Mobil Socal Gulf Texaco Shell BP
Exxon Mobil Socal Gulf Texaco Shell BP
Tabelle A9: Die Gewinne der Majors im Vergleich zwischen 1960 und 1980 (in Millionen Dollar)a)
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Anhang
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Berechnungen auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1975.
a)
Exxon Mobil Socal Gulf Texaco Shell BP
Tabelle A10: Die Rohölproduktion der Majors im Vergleich zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Barrel/Tag)a)
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Berechnungen auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1975.
a)
Exxon Mobil Socal Gulf Texaco Shell BP
Exxon Mobil Socal Gulf Texaco Shell BP
Tabelle A11: Die Raffination der Majors im Vergleich zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Barrel/Tag)a)
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Anhang
273
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Berechnungen auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1975.
a)
Exxon Mobil Socal Gulf Texaco Shell BP
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Tabelle A13: Die Marktanteile der Majors an der weltweiten Ölproduktion zwischen 1960 und 1975 (exkl. Sowjetunion; in %)a)
Berechnungen auf Grundlage der Geschäftsberichte von Gulf, 1960 – 1975.
a)
Gulf
Gulf
Tabelle A12: Der Rohöl- und Ölprodukte-Absatz von Gulf zwischen 1960 und 1975 (in Millionen Barrel/Tag)a)
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274 Anhang
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Berechnungen auf Grundlage der Geschäftsberichte von BP, 1960 – 1975.
a)
Zahlungen von BP , , , , , , , , , , , , , ., ., .,
Tabelle A16: Zahlungen von British Petroleum an die OPEC-Staaten (inkl. Nigeria), 1960 – 1975 (in Millionen Pfund)a)
Berechnungen auf Grundlage von Ebel, Trade, S. 31 – 40.
a)
sowjetische Rohölproduktion sowjetische Rohölexporte
Tabelle A15: Die sowjetische Rohölproduktion und -exporte zwischen 1946 und 1968 (in Millionen Tonnen)a)
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Berechnungen auf Grundlage der Geschäftsberichte von Exxon, Mobil, Socal, Gulf, Texaco, Shell und BP, 1960 – 1975.
a)
Exxon Mobil Socal Gulf Texaco Shell BP
Tabelle A14: Die Marktanteile der Majors an der weltweiten Raffination zwischen 1960 und 1975 (exkl. Sowjetunion; in %)a)
Anhang
275
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Register Verweise in Fettdruck beziehen sich auf Abbildungen. Abkommen – zw. BP und Shell 93 – zw. BP und Sowjetunion 150 – 151, 174 – „London Memo“-Abkommen 122 – Red Line Agreement 95 – 100 – Shell-Treasury-Agreement 89 – 90 – siehe auch Achnacarry-Abkommen; Libyan Safety Net Agreement Abu Dhabi 190, 237 Abu Dhabi Marine Areas 100 Abu Dhabi Petroleum Company 99, 100 Achnacarry-Abkommen (1928) 45 – 46, 95 – 99, 105 – 106, 259 Addison, Joseph 229 Afrika – Importe 112 – Ölproduktion 31, 267 – Ölreserven 29, 266 – siehe auch Bureau of African Affairs; Nordafrika Agency for International Development (AID) 156 – 157 Agrarwirtschaft 27 Agreements siehe Abkommen Ägypten 70, 112, 187, 188, 190 – 191 AID (Agency for International Development) 156 – 157 Akins, James 211, 227, 228, 240 Akteure 34 – 40, 252, 253 – 255, 256 – 257 – siehe auch einzelne Unternehmen, Organisationen und Länder Alaska 73, 78 Algerien 190 Amerade Hess 220, 238 American Independent Oil Company of Iran 220, 237 American Petroleum Corporation 223 Amerika siehe Kanada; Lateinamerika; USA Amusegar, Dschamschid 201 – 202, 234, 237, 242 https://doi.org/10.1515/9783110637359-012
Angebot und Nachfrage – Entwicklung (allgemein) 16, 22, 23 – 34, 37, 39 – durch Konsortien 100 – 101 – libysche Produktionskürzungen 210 – 211, 213 – 214 – Ölproduktion und -konsum 34, 269 – nach sowjetischen Gütern 141 – Überangebot 35 – 36, 119 – 122 – 1969/70 213 – 214, 215 Anglo-Persian Oil Company 68, 69 – 70, 89 – siehe auch BP Antitrust Division 46 – 47, 227 Antitrust-Gesetze (USA) 159 – 161, 226 – 228 Anwälte (bei LPG) 230 – siehe auch McCloy, John J. Arabian American Oil Company siehe Aramco Arabian Oil Company 187, 220 Arabien siehe Mittlerer und Naher Osten Arabische Liga 188 Arabischer Nationalismus 187, 192 Aramco (Arabian American Oil Company) 56, 62, 87, 99, 100, 184 Arco 238 Argentinien 62, 67, 69 Aserbaidschan 109 Ashland Oil & Refining Company 220 Asien 73, 112 – siehe auch China; Japan Atlantic Richfield Company 220, 223 Australien 69, 73 Bader-Gassner, Miriam 43, 45 Bagdad 188 – 189 Bahrain 62 Bahrain Petroleum Company 99, 100 Baku 109 Ball, George 146 Ballou, George T. 133, 165, 170, 206 – 207, 247 – 248 Bamberg, James 193, 194, 198, 202
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Register
Barran, David 202, 218, 246 Barter-Deals 112 – 113, 143 Battle Act (1951) 140 Beckner, Earl 131 – 132, 133 Belgien 110 Belgrave, Robert 114, 158, 166 Benzin 19, 64 Beschäftigte (der Majors) 73 Beteiligungsgesellschaften siehe Tochter- und Beteiligungsgesellschaften Bird, Kai 211 Blum, Jack 173 Board of Trade 131, 144, 150, 175, 178 Bohrlöcher 18 BP (British Petroleum) – Abkommen mit Shell 93 – zu Abkommen mit Sowjetunion 150 – 151, 174 – bei Achnacarry-Abkommen 96 – 98 – zu „Clearing Stelle“ 158 – 159 – Explorationen 69, 70 – Gewinne 75, 271 – Information Liasion Group 207 – Investitionen 73 – 74 – in Iran 91 – Joint Venture mit Bunker Hunt 70 – Konsortienanteile 99 – 100 – in Libyen 208 – 209, 212, 213, 214 – 215 – in LPG 231 – bei Message to OPEC 231 – 232, 246 – Mitarbeiter (Anzahl) 73 – bei NATO Study Group 147 – zu NPC-Studie 166 – Ölproduktion 77, 272 – Ölproduktions-Marktanteile 81, 274 – zu OPEC-Gründung 198, 200 – OPEC-Zahlungen von 194, 195, 275 – Porträt 53, 54, 68 – 71 – zu Preiserhöhungen 247 – Raffination 78, 273 – Raffinations-Marktanteile 82, 275 – Regierungs-Beziehungen von 89, 90 – 95 – zu Ships-for-Oil-Deal 175, 177 – zu sowjetischer Öloffensive 114, 134 – 136, 138, 152, 162, 179 – als Staatskonzern 36 – und State Department 135 – 136
– zu Steuerpolitik 92 – 93, 94 – zu Steuerreform 51 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – Tochter- und Beteiligungsgesellschaften (Anzahl) 73 – in TPC 96 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – Werbemaßnahmen 51 – siehe auch Oil Group; Oil Tea Parties Bridgeman, Maurice – zu Internationalisierung 54 – zu Kartellvorwürfen 53 – zu OPEC-Gründung 200 – zu OPEC-Verhandlungen 205 – zu Ships-for-Oil-Deal 175, 177 – zu sowjetischer Öloffensive 135 – 136 Bringhurst, Bruce 47 Britannien siehe Großbritannien Britische Regierung – und Antitrust-Gesetze 159 – diplomatische Unterstützung 91 – und Exxon 130 – 131 – Exxon über 151 – 152 – Informationsdefizit 90 – 91 – und Majors 89 – 95, 257 – 258 – und Mikojan-Deal 150, 174 – in NATO Study Group 145, 147 – zu Ost-West-Handel 141 – zu Pipeline-Equipment 149 – und Ships-for-Oil-Deal 174 – 178 – zu sowjetischer Öloffensive 134 – 135, 142 – Steuereform (1965) 51 – Steuerpolitik 92 – 93, 94 – und US-Regierung 91 – 92 – Wettbewerbspolitik 93 – siehe auch Foreign Office; Heimatregierungen; Ministry …; Oil Tea Parties British Petroleum siehe BP Brockett, E. D. 56 – 57 Bunker Hunt – Gerichtsverfahren von 225 – Joint Venture mit BP 70 – bei Libyan Safety Net Agreement 222, 223 – in Libyen 208 – 209 – bei Message to OPEC 218, 220 – im Mittleren und Nahen Osten 187
Register
– bei Tripolis-Verhandlungen 238 – 240 Bunker Hunt, Nelson 225 Bureau of African Affairs 210, 226 – 227 Burmah Oil Company 68 Business Review Letters 227 – 228, 230, 241 Buy-Back-Verträge 256 Caccia, Harold 145 Caltex 62, 65 Cantoni, Roberto 108 Caracas 217 Carlisle, Brian 212, 219, 222 – 223, 228 Cartel Case (1952) 46, 85 – 86 Cash, Harvey 133 – 134 Castro, Fidel 122 Central Intelligence Agency (CIA) 129 – 130 CFP (Compagnie Française des Pétroles) 100 Chapman, Dudley 227, 228 Chemische Industrie 27, 74 Chevron siehe Socal China 29, 115, 266 Christian Science Monitor 197 Chruschtschow, Nikita Sergejewitsch 110 Church, Frank 98 – 99 Churchill, Winston 68, 141 CIA (Central Intelligence Agency) 129 – 130 Clark, Ramsey 205 „Clearing Stelle“ 158 – 159 CoCom (Consultative Group Coordination Committee) 140 – 141, 142, 143, 154 Committee of Economic Advisers 148 Compagnie Française des Pétroles (CFP) 100 Conoco 238 Continental Oil Company – bei Libyan Safety Net Agreement 223 – bei Message to OPEC 220 – im Mittleren und Nahen Osten 187 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237, 246 – 247 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – 240 Crossland, S. T. 159 Cullinan, Joseph 64 Curzon, Lord George Nathaniel 25
289
Dahl, Duff 171 – 172 D’Arcy, William Knox 68 Decrane, Alfred 246 – 247 Dekolonisation 183, 254 Department of Defense 86 Department of the Interior 86, 153 – 154 Department of Justice – Antitrust Division 46 – 47, 227 – Business Review Letters 227 – 228, 230, 241 – zu Libyen 211 – zu Majors 160 – bei Message to OPEC und Libyan Safety Net Agreement 226 – 228 – und Oil Group 161, 167 – 168, 173 – bei OPEC-Verhandlungen 205 – und PRWG 172 – zu sowjetischer Öloffensive 165 – zu Wettbewerb 86, 261 Department of State siehe State Department Deutschland 110, 111 – 112, 115, 116, 145 Devisen – Entwicklungsländer, Mangel an 119 – Großbritanniens Mangel 151 – 152 – Shell-Treasury- Agreement 89 – 90 – sowjetischer Mangel an 112 – 113 Diplomatische Unterstützung – durch britische Regierung 91 – durch Heimatregierungen 202 – 203, 204, 215, 241 – 248, 249 – durch US-Regierung 87 Diversifizierung 26 – 27, 74 – 75, 77 – 80, 207, 249 Douglas-Home, Alec 175 Downstream-Verfahren 17 Drake, Edwin L. 23 Drake, Eric 51, 213, 214 – 215, 246, 247 Dulles, Allen Welsh 129 – 130 Economic Ministry 245 Ecuador 62 Einnahmen (Saudi-Arabien) 185 Eisenhower, Dwight D. 84 Embargos – CoCom-Liste 140 – gegen Sowjetunion 142, 149, 155 – 156 – der OPEC 55 – 57, 196
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– OPEC-Drohungen 235 – 1973 37 Energiewirtschaft – Entwicklung (allgemein) 24, 71 – 72, 74 – 75 – Erdgas 18, 109 – Kategorisierung 142, 144 – Öl als Primärenergieträger 16, 26 – 27, 254 England siehe Großbritannien ENI (Ente Nazionale Idrocarburi) – zu Majors 43 – im Mittleren und Nahen Osten 187 – zu NATO Study Group 146 – Propaganda gegen Majors 206 – als Staatskonzern 36 Entdeckungen siehe Ölvorkommen Entwicklungsländer – AID 156 – 157 – Devisenmangel der 119 – Importe 112 – Konkurrenz um 114, 123 – 124 – Oil Group zu 164 – sowjetischer Ölpreis für 116 Erdgas 18, 109 Erforschungen siehe Explorationen Erster Weltkrieg 24 – 25, 68 Esso siehe Exxon Europa – und libysche Revolution 213 – 214 – Rathbones Reise nach 130 – 131 – Wettbewerbspolitik 46, 261 – siehe auch Westeuropa; einzelne Länder EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) 108, 131, 142 – 143, 167 – 168, 204 Explorationen – von BP 69, 70 – Exxons Investitionen 74, 270 – von Gulf 63 – in Libyen 239 – der Majors 73, 78, 119 – Risikofaktoren 20 – von Socal 62 – Socal zu 247 – 248 – von Texaco 65 – Verfahren und Techniken 17 – 18
Export Control Act (1949) 140 Exporte (von Öl) – iranische 110 – sowjetische 110, 111 – 112, 115 – 119, 141 – 142, 275 – US-amerikanische Kontrollen 140 – siehe auch OPEC Exxon – bei Achnacarry-Abkommen 96 – 98 – und britische Regierung 130 – 131 – über britische Regierung 151 – 152 – zu Embargo (1973) 56 – Gewinne 75, 271 – zu Importquoten 164 – Investitionen 73 – 74, 270 – in Konsortien 202 – Konsortienanteile 99 – 100 – bei Libyan Safety Net Agreement 222 – 223, 224 – in Libyen 209, 210 – 212 – bei „London Memo“-Abkommen 122 – in LPG 229 – nach Message to OPEC 231 – 232 – bei NATO Study Group 147 – beim NPC 166 – Ölproduktion 77, 272 – Ölproduktions-Marktanteile 81, 274 – zu OPEC-Gründung 198 – 199 – Porträt 53, 54, 55, 58 – 60, 70 – 71 – Posted-Price-Senkung 120 – 121 – zu Preisen (von Öl) 121 – bei PRWG-Gründung 206 – Raffination 78, 273 – Raffinations-Marktanteile 82, 275 – Regierungs-Beziehungen 83 – 89 – zu sowjetischer Öloffensive 126 – 131, 138, 152, 153 – 154, 179 – zu Sowjetunion (Studien) 126 – 127, 129 – 131, 154 – 156 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237, 246 – 247 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – in TPC 96 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – 240 – und US-Regierung 156 – 157 – Verstaatlichung in der Sowjetunion 109 – 110, 122
Register
– Werbemaßnahmen 51 – 52 – siehe auch Oil Group ExxonMobil siehe Exxon; Mobil Oil Faisal (König von Saudi-Arabien) 56, 242 – 244 FCO siehe Foreign and Commonwealth Office Fear, Jeffrey 45 Federal Trade Commission (FTC) 85 – 86, 98, 186 Finance Act (1965) 92 – 93 Financial Times 176 Finnland 111, 115 – 116, 118 Follis, R. Gwin 170 Förderstaaten – als Akteure 36 – 37, 39 – Informationsdefizit 185, 186, 201, 249, 255, 258 – Kategorien von 191 – 192 – Machtzugewinn 256 – siehe auch OPEC; Sowjetunion; einzelne Länder Foreign Affairs 47 – 48 Foreign and Commonwealth Office (FCO) 89, 90, 91 – 92 – siehe auch Foreign Office Foreign Office – und Information Liasion Group 207 – zu Iran 203 – vor Message to OPEC 241 – 242 – zu Ships-for-Oil-Deal 175 – bei Teheraner Verhandlungen 244 – 245 – siehe auch Foreign and Commonwealth Office Formeln (für Gewinnbeteiligungen) 184 – 185 Forschung siehe Studien; Wissenschaftliche Forschung Fracking 17 – 18 Frankel, Paul H. 43 Frankreich 110, 112, 142, 144, 240 – siehe auch Total FTC siehe Federal Trade Commission Funde (von Öl) siehe Ölvorkommen Fusionen 60, 61, 66 Gaddafi, Muammar
209 – 210, 221 – 222
291
Gas (Erd‐) 18, 109 Gelsenberg AG 208 – 209, 220, 223 – 224, 238 Gerichtsverfahren – von Bunker Hunt 225 – gegen die Oil Group 170 – Kartellverfahren 46 – 47, 85 – 86 – Standard-Oil-Company-Zerschlagung 44 – 45 Geschäftsberichte (der Majors) 72 Gesellschaften siehe Tochter- und Beteiligungsgesellschaften Gesetze 216 – siehe auch Antitrust-Gesetze Gewinnbeteiligungen 184 – 186, 216 Gewinne (der Majors) – Berechnung 117 – 1960 – 1980 75 – 77, 80 – 83, 253, 271 – 1970/71 216 Goldthau, Andreas 183 Golfstaaten siehe einzelne Länder Grace Petroleum Company 220, 238 Graf, Rüdiger 26, 47, 50, 51 Granville, Maurice F. 52 Greene, William N. 61, 62, 218 Greenwald, William 229 Greeven, Wolf 121, 128 Grenzkosten 21 Großbritannien – Devisenmangel 151 – 152 – bei Embargo auf Pipeline-Equipment 156 – Embargo gegen 196 – Importe 110 – Marine 24 – 25, 68 – im Mittleren und Nahen Osten 183 – in NATO Study Group 144 – siehe auch BP; Britische Regierung; Shell Gulf (Gulf Oil Corporation) – bei Achnacarry-Abkommen 97 – 98 – zu Embargo (1973) 56 – 57 – Explorationen 63 – Gewinne 75, 271 – Investitionen 73 – 74 – zu Investitionsstrategie 78 – Konsortienanteile (1972) 100 – bei Libyan Safety Net Agreement 225 – beim NPC 166
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– Öl- und Ölprodukte-Absatz 79, 274 – Ölproduktion 77, 272 – Ölproduktions-Marktanteile 81, 274 – Porträt 52, 63 – 64, 70 – 71, 79 – Raffination 78, 273 – Raffinations-Marktanteile 82, 275 – Regierungs-Beziehungen 83 – 89 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – in TPC 96 – siehe auch Oil Group Gurov, Evgeniy 136, 137 Güter siehe Rohstoffe und Güter Hammer, Armand 208, 209, 212, 220 Harks, Enno 21 Hartshorn, Jack E. 18, 20, 22, 28, 30, 48 Heath, Edward 247 Heimatregierungen (der Majors) – Beziehungen zu Majors 83 – 95, 150, 254, 257 – 258, 261 – diplomatische Unterstützung durch 202 – 203, 204, 215, 241 – 248, 249 – Informationsdefizit 94 – 95, 147 – 148, 165 – 166 – nach OPEC-Gründung 198 – 1970er-Jahre (Anfang) 240 – 248 – siehe auch einzelne Länder Hispanica de Petroleos S.A. 220, 237 Högselius, Per 115 Hohensee, Jens 41, 99, 181, 190 – 191, 192 Holdinggesellschaften 59, 67, 71 Idris (König von Libyen) 209 IEA (Internationale Energieagentur) 38 – 39 Image siehe Öffentlichkeit; Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Importe (von Öl) – nach Italien 127 – Oil Group zu Quoten 163 – 164 – in die Sowjetunion 110 – US-Quoten 84 – in die USA 31 – in die USA und nach Westeuropa 32, 268 – weltweit 112 – nach Westeuropa 110, 111 – 112, 141 – 142 Importländer siehe Konsumentenländer
Independents – als Akteure 36 – Gründungen und Anzahl (1953 – 1972) 44, 119 – Konkurrenz zu Majors 119 – 120, 195, 215, 253 – 254 – Konsortienanteile 100 – bei Libyan Safety Net Agreement 221 – 228 – in Libyen 208 – 209, 215, 254 – bei Message to OPEC 219 – 221 – im Mittleren und Nahen Osten 187, 253 – im Mittleren und Nahen Osten (Anzahl) 80 – Ölvermarktung durch 118 – bei sowjetischer Öloffensive 123 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – bei Tripolis-Verhandlungen 237 – 240 – US-amerikanische (Anzahl) 80 – siehe auch einzelne Independents Indien 66, 118 Indonesien 65, 66, 190 Information Liasion Group 207 Informationsasymmetrien – zw. britischer Regierung und Majors 90 – 91 – zw. Förderstaaten und Majors 185, 186, 201, 249, 255, 258 – zw. Heimatregierungen und Majors 94 – 95, 147 – 148, 165 – 166 – zw. Majors 158 – 159 – zw. US-Regierung und Majors 88 – 89, 258 – siehe auch Oil Group Informationsbüro London 171 – 172 Internationale Energieagentur (IEA) 38 – 39 Internationalisierung – allgemein 21, 35 – 36 – der Majors 48, 50, 138 – 139, 258 – 259, 261 – Majors zu 54 – 55 Interviews (1960) 197 Investitionen – allgemein 19 – 21 – von Exxon 73 – 74, 270 – der Majors 73 – 74, 77 – 79, 253 – siehe auch Explorationen
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IOP (Iranian Oil Participants) 238 IPC siehe Irak Petroleum Company Irak – nach Message to OPEC 231 – 233 – bei OPEC-Gründung 183, 189 – im Red Line Agreement 96 – sozioökonomische Situation 190 – 191 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237 – Teheraner Vertrag (1971) 237 Irak Petroleum Company (IPC) 61, 99, 100, 184 Iran – BP in 91 – Exporte 110 – Foreign Office zu 203 – Konkurrenz zu Saudi-Arabien 201 – 202 – Konsortium in 99 – 100 – nach Message to OPEC 231 – 233 – und Oil Task Force 242 – 244 – bei OPEC-Gründung 183, 189 – sozioökonomische Situation 190 – 191 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – siehe auch Anglo-Persian Oil Company; National Iranian Oil Company Iranian Oil Participants 238 Iranisches Konsortium 99 – 100, 184, 186, 201 – 202 Irwin, John N. 233, 242 – 244, 249 Island 115 – 116 Italien 110, 111 – 112, 127, 142, 145 – siehe auch ENI Jacoby, Neil 44 Japan 28, 112, 115, 248, 266 – siehe auch Arabian Oil Company Jensen-Eriksen, Niklas 91, 178 Jentleson, Bruce 125 – 126, 141, 142 – 143 Jersey siehe Exxon Joint Ventures – zw. BP und Bunker Hunt 70 – Caltex 62, 65 – zw. Majors 101 – Shell (Ursprung) 65 Journal of Commerce 159 Justiz siehe Department of Justice; Gerichtsverfahren
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Kairo 188 Kalter Krieg 86, 255 – siehe auch Öloffensive; Ost-West-Handel; einzelne Länder Kanada 29, 266 Kapitalintensität (von Öl) 19 – 21 Kartelltheorie 260, 261 – 262 Kartellverfahren (USA) 46 – 47, 85 – 86 Kartellvorwürfe (Reaktionen der Majors) 52 – 53, 57 Kassem, Abdel Karim 189 Katar 99, 190 – 191, 237 Katzenbach, Nicholas 161, 167 – 168, 172, 205 Kauffman, Howard 53 Kaufman, Burton 95 Kaukasus 109 Keeler, William W. 127 – 128 Keiser, Günter 18 Kelly, John 153 – 154 Kennedy, John F. 104, 161 Kennedy, Robert 161 Kinder (in Exxon-Werbung) 51 – 52 Kirchner, E. (President, Continental) 246 – 247 Kissinger, Henry 88 Kleinwächter, Friedrich von 99, 107, 180, 260 Klinghoffer, Arthur Jay 109, 114, 115, 116 KOC (Kuwait Oil Company) 99, 100 Kohle (als Energieträger) 24, 26, 74 – 75 Kolumbien 62, 65 Komitees – of Economic Advisers 148 – der LPG 229 – 230 – Oil Committee (OECD) 242, 245 – zu Ost-West-Handel 173 – siehe auch CoCom Kommission (der EWG) 167 – 168 Konferenzen und Kongresse – in Kairo (1959) 188 – der OPEC 191 – 192, 217 – der UN 160, 186 König Faisal 56, 242 – 244 König Idris 209 Konkurrenz – um Entwicklungsländer 114, 123 – 124
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– zw. Iran und Saudi-Arabien 201 – 202 – zw. Majors und Independents 119 – 120, 195, 215, 253 – 254 Konsortien – in Achnacarry-Abkommen 99 – Exxon in 202 – Funktionen 106 – in Iran 99 – 100 – im Mittleren und Nahen Osten 100, 184, 255 – und Wettbewerb 100 – 101, 102 – siehe auch einzelne Konsortien Konsum (von Öl) – in Ländern und Regionen 27 – 28, 266 – Wachstumsquoten 34, 269 – nach Zweitem Weltkrieg 26 – 27 Konsumentenländer – als Akteure 37 – 38, 39 – zu Majors 49 – 50 – vor Message to OPEC 241 – 242 – und Preiserhöhungen 247 – 249 – bei Verhandlungen von Teheran und Tripolis 244 – 245 Konzerne siehe Majors Konzessionsstruktur 183 – 184, 208 – 209, 256, 260 Kooperationen (zw. Majors allgemein) 71, 101 – 102, 259 – siehe auch Joint Ventures; Konsortien; Verhandlungen und Strategien Kriege siehe Kalter Krieg; Weltkriege Kuba 112, 116, 122, 127 Kuiken, Jonathan 91 Kuwait – Gulfs Explorationen in 63 – nach Message to OPEC 232 – 233 – und Oil Task Force 242 – 244 – bei OPEC-Gründung 183 – zu sowjetischer Öloffensive 157 – sozioökonomische Situation 190 – 191 – Teheraner Vertrag (1971) 237 Kuwait Oil Company (KOC) 99, 100 Länder siehe Förderstaaten; Heimatregierungen; Konsumentenländer; einzelne Länder Landwirtschaft 27
Lateinamerika 29, 31, 112, 266, 267 – siehe auch Venezuela Leapfrogging 216, 219, 221 – 222, 234, 250 Lenin, Wladimir I. 122 Leuchtmittel 23, 24 Levy, Walter J. 47 – 48, 61, 113, 115, 118, 120 Libyan Safety Net Agreement (1971) 221 – 228, 230, 259 – 260 Libyen – Explorationen in 239 – Independents in 208 – 209, 215, 254 – Konzessionsstruktur 208 – 209 – nach Message to OPEC 232 – 233 – OPEC-Mitglied (1962) 190, 208 – Revolution und Folgen 208 – 215 – bei Tripolis-Verhandlungen 237 – 240 – Verstaatlichungen 225 – Verträge mit 239 – 240 Liefmann, Robert 260 Lindenmuth, William 132, 229 Listen (CoCom‐) 140 – 141, 154 Listenpreis siehe Posted Price Lloyd, Selwyn 141, 151 Lobbyismus (der Majors) 157, 179, 249, 258 – siehe auch Verhandlungen und Strategien Lobbyverbände (als Akteure) 38 – 39 London (Informationsbüro) 171 – 172 „London Memo“-Abkommen 122 London Policy Group (LPG) – Gründung 229 – 231, 255 – 256, 259 – 260 – bei Teheraner Verhandlungen 235, 236 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – 240 Loudon, Jonkheer J. H. 124, 150, 153, 159, 160 – 161, 169 LPG siehe London Policy Group Luciani, Giacomo 45, 102 Macmillan, Harold 178 Majors – Gewinne 75, 216, 271 – Konsortienanteile (1972) 100 – im Mittleren und Nahen Osten (Anzahl) 80 – Ölproduktion 77, 272 – Ölproduktions-Marktanteile 81, 274 – Porträts 58 – 71 – Raffination 78, 273
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– Raffinations-Marktanteile 82, 275 – siehe auch einzelne Unternehmen und Themen Marathon Oil Company 187, 220, 223, 238 Marbruk, Izz-al Din 209 – 210 Marine (britische) 24 – 25, 68 Marjolin, Robert 142 – 143, 163, 167 – 168, 204 Marktanteile (der Majors) 80, 81 – 82, 253, 274, 275 Mattei, Enrico 43 Maudling, Reginald 177 – 178 Maugeri, Leonardo 44 McCloy, John J. – Kurzbiografie 104 – 105 – bei LPG 229, 230 – vor Message to OPEC 245 – 246 – Reisen von 162, 164 – 165, 174 – Shell zu 160 – und State Department 203 – 204 – Verträge mit Majors 161 – 162, 261 – siehe auch Oil Group Mellon, William Larimer 63 Merchant, Livingston Tallmadge 129 Message to OPEC (1971) 218 – 221, 226 – 228, 231 – 234, 241 – 248 Metz, Victor de 146 Mexiko 62, 63, 69 Mikojan, Anastas 150 Mikojan-Deal 150, 174 Militär (britische Marine) 24 – 25, 68 Miller, O. N. 35 Ministry of Power – zu Abkommen zw. BP und Sowjetunion 150 – 151 – und BP 89 – zu Embargo auf Pipeline-Equipment 156 – in NATO Study Group 144, 145, 147 – zu sowjetischem Ölpreis 116 – zu sowjetischer Öloffensive 135, 136 – 137 Ministry of Transport 178 Mission (Oil Task Force) 242 – 244, 245 Mitarbeiter (der Majors) 73 Mitchell, Timothy 22 Mittlerer und Naher Osten – Anzahl Unternehmen im 80
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– Independents und Staatskonzerne im 187, 253 – Konsortien 100, 184, 255 – Konsum (von Öl) 28, 266 – Konzessionsstruktur 183 – 184, 256, 260 – Ölproduktion 30, 31, 183, 267 – Ölreserven 29, 266 – Ölvorkommen 28 – 29 – Reisen in den 165 – siehe auch einzelne Länder Mobil Oil – bei Achnacarry-Abkommen 97 – 98 – zu Embargo (1967) 56 – Gewinne 75, 271 – zu Investitionsstrategie 79 – Konsortienanteile 99 – 100 – bei Libyan Safety Net Agreement 222 – in Libyen 208 – 209 – in LPG 229 – bei Message to OPEC 219 – zu NATO Study Group 146 – beim NPC 166 – Ölproduktion 77, 272 – Ölproduktions-Marktanteile 81, 274 – über OPEC 132 – zu OPEC-Verhandlungen 203 – Porträt 53 – 55, 60 – 61, 70 – 71 – Raffination 78, 273 – Raffinations-Marktanteile 82, 275 – Regierungs-Beziehungen 83 – 89 – bei sowjetischer Öloffensive 131 – 133, 179 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – in TPC 96 – bei Tripolis-Verhandlungen 238, 239 – Werbemaßnahmen 51, 53, 56 – siehe auch Oil Group Monopole siehe Kartellvorwürfe Moses, Henry 219, 232, 239 Mossadegh, Mohammad 69 Motorisierung 25, 26 Multinationalität siehe Internationalisierung Murphy 238 Muschelvertrieb 65 Mutual Defense Assistance Control Act (1951) 140
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Nahostkonflikt 38, 49, 189, 193, 206 – siehe auch Mittlerer und Naher Osten Namensgebung („Sieben Schwestern“) 43 Nasser, Gabal Abdel 187 National Iranian Oil Company (NIOC) 190, 203 National Petroleum Council (NPC) 166, 167, 168 NATO (North Atlantic Treaty Organization) – Einfluss der Majors auf 255 – Embargo auf Pipeline-Equipment 156 – zu sowjetischer Öloffensive 108, 131 – sowjetischer Ölpreis für Staaten der 116 – Study Group 143 – 149, 258 Near East Development Corporation 61, 96 Neokolonialismus 114, 123 – 124 Neuseeland 73 New York 229 – 230 Newton, Levit 226 – 227 Nichols, Clarence 145 Nickerson, Albert L. 131 – 132, 203 Niederlande 37, 142, 245 – siehe auch Shell Nigeria 190 NIOC siehe National Iranian Oil Company Nordafrika 29, 187, 190 – siehe auch Libyen Nordamerika siehe Kanada; USA Nordsee 29, 73, 78 North Atlantic Treaty Organization siehe NATO Norwegen 156 NPC siehe National Petroleum Council Nuklearenergie 74 – 75 Oasis Gruppe 209, 212 Oberster Gerichtshof (USA) 44 – 45 Occidental Petroleum Corporation – bei Libyan Safety Net Agreement 223 – in Libyen 208, 209, 210 – 212 – bei Message to OPEC 220 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – 240 OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) – als Akteur 38 – 39 – Oil Committee 242, 245 – und OPEC 204 – bei sowjetischer Öloffensive 131
– bei Verhandlungen von Teheran und Tripolis 244 Öffentlichkeit – Majors in 43, 46 – 50 – und Oil Group 103 – sowjetische Öloffensive in 114, 154 – siehe auch Presse Öffentlichkeitsarbeit siehe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Oil and Gas Journal 127, 153 – 154, 197 – 198 Oil Committee (OECD) 242, 245 Oil Daily 156 Oil Group – und Department of Justice 161, 167 – 168, 173 – zu Entwicklungsländern 164 – Gerichtsverfahren 170 – Gründung und Zielsetzung 102 – 105, 106, 160 – 163, 179 – 180, 199, 259 – 260 – zu Importquoten 163 – 164 – Informationsbüro London 171 – 172 – Informationsmanagment 168 – 170 – McCloys Funktionen 173 – 174 – bei Message to OPEC und Libyan Safety Net Agreement 226 – 228 – Öffentlichkeitsarbeit durch 170 – 172 – bei OPEC-Verhandlungen 203, 204 – 205 – zu Ost-West-Handel 165 – 168, 171 – PRWG 172, 206 – 207, 259 – 260 – und Regierungen 174 – Schweigegebot 103, 170 – und Ships-for-Oil-Deal 174 – 178 – und US-Regierung 162, 169 Oil Task Force 242 – 244, 245 Oil Tea Parties 90, 203, 204 Oilgram (Platts) 116 Ölfunde siehe Ölvorkommen Oligopolstruktur 21 – 22, 43 – 44 Ölkonsum siehe Konsum Öloffensive (sowjetische) – allgemein 107 – 108, 252 – Charaktersika und Ziele 109 – 119 – und Independents 123 – NATO Study Group 143 – 149, 258 – in Öffentlichkeit 114, 154 – Öffentlichkeitsarbeit der Majors zu 152 – 154, 170 – 172, 179
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– Oil Group 160 – 163, 168 – 170, 173 – 174 – Ost-West-Handel durch 139 – 143 – Propaganda bei 123 – 124 – Reaktionen auf 126 – 139, 150 – 152, 154 – 160, 163 – 168, 178 – 180 – Überangebot durch 119 – 122 – Unsicherheiten für Majors durch 124 – 126, 179, 256 – 257 Ölpreise siehe Preise Ölprodukte – allgemein 19 – Gulfs Absatz 79, 274 – Importe 32, 268 – siehe auch Diversifizierung Ölproduktion – nach Ländern und Regionen 30, 31, 267 – der Majors 77, 272 – Marktanteile der Majors 80, 81, 274 – im Mittleren und Nahen Osten 80, 183 – Quoten 100 – 101 – Saudi-Arabiens Einnahmen 185 – der Sowjetunion 111, 275 – Wachstumsquoten 34, 269 – weltweit 33, 269 – siehe auch Angebot und Nachfrage Ölraffination siehe Raffination Ölreserven siehe Reserven Ölvorkommen (weltweit) 25, 28 – 29, 65, 70 – siehe auch Explorationen OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries) – als Akteur 38, 252, 253 – 255 – BP-Zahlungen an 194, 195, 275 – Drohungen der 235 – Embargo 55 – 56, 196 – und EWG und OECD 204 – Gewinnbeteiligungen (1970/71) 216 – nach Gründung (Reaktionen) 194 – 207 – Gründung und Zielsetzung 121, 181, 183 – 189 – Konferenzen 191 – 192, 217 – bei Message to 231 – 234, 242 – 244 – Message to 218 – 221, 226 – 228 – Mitglieder 183, 190, 208 – Mobil über 132 – Posted Price 76, 188
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– Preise für Öl 35, 270 – Socal über 133 – zu sowjetischer Öloffensive 157 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237 – Verstaatlichung durch 256 – wissenschaftliche Forschung zu 192 – 193, 196 – 198 – in 1960er-Jahre 190 – 193 Organisationen (als Akteure) 38 – 39 – siehe auch NATO; OECD; OPEC Orient-Petrole 214 Ost-West-Handel – britische Regierung zu 141 – Komitee zu 173 – Majors zu 130 – 131 – Oil Group zu 165 – 168, 171 – State Department zu 169 – Texaco zu 171 – US-Regierung zu 167, 173 – wissenschaftliche Forschung zu 108 – siehe auch Öloffensive Ostdeutschland siehe Deutschland Page, Howard 171 Painter, David 26 Parkhust, George L. 171 Peak Oil (USA) 30, 72, 214 Pennsylvania 23 Penrose, Edith 45, 197, 200 Pérez Alfonzo, Juan Pablo 157, 188, 189 Persien 68 – siehe auch Iran Petrini, Francesco 41, 208 Petrofina S.A. 220 Petroleum Intelligence Weekly 160, 176 Philipps Petroleum Company 127 – 128 Piercy, George T. – bei Libyan Safety Net Agreement 222 – 223, 224 – nach Message to OPEC 231 – 232 – zu sowjetischer Öloffensive 127 – 128 – bei Teheraner Verhandlungen 235 – 236, 246 – 247 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – 240 Pipelines und -Equipment 27, 149, 154 – 156 Platts Oilgram 116 Policy Group siehe London Policy Group
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Politisierung (des Ölmarkts) 72, 139, 173, 195 – 196, 256 – 259 Posted Price – Erläuterung 184 – 185 – in Libyen 209 – 210, 212 – 213 – in libyschen Verträgen 239 – von OPEC-Ölen 76, 188 – Senkungen (1959/60) 120 – 121, 187, 189 – bei Teheraner Verhandlungen 235 – in Teheraner Vertrag (1971) 237 Powell, Richard 144 Preise (von Öl und -produkten) – im Achnacarry-Abkommen 97 – Entwicklungen 32 – 33 – Erhöhungen 247 – 249 – Exxon zu 121 – Grenzkosten 21 – OPEC-Korb 35, 270 – sowjetische 113, 115 – 119, 121 – US-Politik zu 214 – 1970-Jahre (Anfang) 82, 216, 255 – siehe auch Posted Price Presse – zu Majors 47, 49 – 50 – zu OPEC-Gründung 197 – zu Ships-for-Oil-Deal 176 – zu Studie über Sowjetunion 156 – zu Teheraner Verhandlungen 236 – siehe auch Zeitungen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (der Majors) – allgemein 50 – 58, 205 – 206 – zu Antitrust-Gesetzen 159 – 160 – Information Liasion Group 207 – Informationsbüro London 171 – 172 – durch LPG 230 – durch NPC-Studie 166 – PRWG 172, 206 – 207, 259 – 260 – zu Ships-for-Oil-Deal 176 – zu sowjetischer Öloffensive 152 – 154, 170 – 172, 179 Primärenergie siehe Energiewirtschaft Produkte siehe Ölprodukte Produktion siehe Ölproduktion Produzentenländer siehe Förderstaaten Profitteilung 184 – 186, 216 Propaganda (gegen Majors) 17, 114, 123 – 124, 157, 206
Public Relation Working Group (PRWG) 172, 206 – 207, 259 – 260 Publikationen siehe Wissenschaftliche Forschung; Zeitungen Qatar Petroleum Company 99 Quoten – im Achnacarry-Abkommen 97 – Oil Group zu 163 – 164 – für Ölproduktion 100 – 101 – für US-Importe 84 – Wachstumsquoten 34, 269 Raffination (von Öl) – allgemein 18 – 19 – durch Majors 78, 273 – Marktanteile der Majors 80, 82, 275 – weltweit 30 – 31, 33, 269 Ramsey, Clark 205 Rathbone, Monroe Jackson 126, 129 – 131, 153 – 154, 206 Rechtswesen siehe Gerichtsverfahren Red Line Agreement 95 – 100 Reformen (Steuer‐) 51 Regierungen siehe Heimatregierungen Reisen – in den Mittleren und Nahen Osten 165 – der Majors in die Sowjetunion 127 – 128 – von McCloy 162, 164 – 165, 174 – von Rathbone 130 – 131 – vom Schah in die USA 204 Reserven (von Öl) 28 – 29, 109, 266 Rettungsschirm siehe Libyan Safety Net Agreement Revolution (libysche) 208 – 215 Risikofaktoren (bei Explorationen) 20 Rockefeller (Familie) 104 – 105 Rockefeller, John D. 23, 50, 59 Rogers, William P. 245, 247 Rohstoffe und Güter – im Austausch 118 – 119, 121 – 122 – auf CoCom-Liste 140 – 141, 154 – Erdgas 18, 109 – Öl (allgemein) 17 – 22 – sowjetischer Mangel an 112 – 113 – siehe auch Embargos; Öl… Rouhani, Fouad 190, 191, 199
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Royal Dutch Company 66 – siehe auch Shell Rumänien 97, 110 Rusk, Dean 130, 169 „Russian oil platform“ 161 Russland siehe Sowjetunion Safety Net Agreement siehe Libyan Safety Net Agreement Sampson, Anthony – zu europäischen Majors 46 – zu Internationalisierung 48, 50 – zu Oil Task Force 243 – zu Ölmarkt (Buch) 41 – zu OPEC-Gründung 196 – 197 – zu Rouhani 190 – zu Shell 246 Saudi-Arabien – Bohrlöcher (Anzahl) 18 – Einnahmen (1944 und 1949) 185 – bei Embargo (1973) 37 – zu Informationsasymmetrien 185 – Konkurrenz zu Iran 201 – 202 – nach Message to OPEC 231 – 233 – und Oil Task Force 242 – 244 – Ölproduktion 31, 267 – bei OPEC-Gründung 183, 188 – im Red Line Agreement 96 – Socals Explorationen in 62 – zu sowjetischer Öloffensive 157 – sozioökonomische Situation 190 – 191 – Tariki 186 – 187 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – siehe auch Aramco Schah 204, 232, 242 – 244, 247 „Schiffe-gegen-Öl-Deal“ 174 – 178 Schottland 68 – siehe auch Großbritannien Schuler, Henry Mayer 209, 218, 222 Schweden 111 – 112 Schweigegebot (Oil Group) 103, 170 Scofield, Demetrius G. 61 Shell (Royal Dutch/Shell Group) – Abkommen mit BP 93 – zu Abkommen zw. BP und Sowjetunion 150 – 151
299
– bei Achnacarry-Abkommen 96 – 98 – zu Antitrust-Gesetzen 159, 160 – 161 – Gewinne 75, 81, 271 – zu Importquoten 164 – Information Liasion Group 207 – Konsortienanteile 99 – 100 – bei Libyan Safety Net Agreement 222 – 223, 224, 228 – in Libyen 209, 212, 213 – zu McCloy 160 – bei Message to OPEC 218 – 221, 246 – bei NATO Study Group 147 – zu Neokolonialismus-Vorwurf 124 – Ölproduktion 77, 272 – Ölproduktions-Marktanteile 81, 274 – zu OPEC-Verhandlungen 202 – Porträt 65 – 67, 70 – 71 – zu Posted-Price-Senkung 120 – 121 – Raffination 78, 273 – Raffinations-Marktanteile 82, 275 – Regierungs-Beziehungen von 89 – 95 – Shell-Treasury- Agreement 89 – 90 – zu Ships-for-Oil-Deal 175 – zu sowjetischer Öloffensive 134 – 135, 136 – 138, 152, 153, 179 – zu Steuerpolitik 92 – 93, 94 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – Tochter- und Beteiligungsgesellschaften 67, 74 – 75, 128 – in TPC 96 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – 240 – siehe auch Oil Group; Oil Tea Parties Shell-Treasury-Agreement 89 – 90 Ships-for-Oil-Deal 174 – 178 Sibirien 109 Sieben Schwestern (Namensgebung) 43 – siehe auch Majors Siebenjahresplan (1959) 110 – 111 Signal Petroleum Company 220, 237 Skeet, Ian 189 Smil, Vaclav 24 Socal (Standard Oil Company of California) – Ballous Reisen 165 – Caltex-Gründung 62, 65 – zu Explorationen 247 – 248 – Explorationen 62 – Gewinne 75, 271
300
Register
– Konsortienanteile 99 – 100 – in Libyen 212 – 213 – Mitarbeiter (Anzahl) 73 – beim NPC 166 – Ölproduktion 77, 272 – Ölproduktions-Marktanteile 81, 274 – über OPEC 133 – Porträt 52, 61 – 62, 70 – 71 – in PRWG 206 – 207 – Raffination 78, 273 – Raffinations-Marktanteile 82, 275 – Regierungs-Beziehungen 83 – 89 – zu sowjetischer Öloffensive 179 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – Tochter- und Beteiligungsgesellschaften (Anzahl) 73 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – zu Überangebot 35, 119 – 120 – siehe auch Oil Group Socony-Vacuum siehe Mobil Oil Sowjetunion – zu Abkommen mit BP 150 – 151, 174 – Devisenmangel 112 – 113 – Embargo gegen 142, 149, 155 – 156 – Exporte 110, 111 – 112, 115 – 119, 141 – 142, 275 – Exxons Studien über 126 – 127, 129 – 130, 154 – 156 – Gewinn- und Verlustrechnung 117 – Gütermangel 112 – 113 – Importe 110 – Konsum (von Öl) 27 – 28, 266 – Ölproduktion 31, 111, 267, 275 – Ölreserven 29, 109, 266 – Pipelineprojekt 154 – 155 – Preispolitik 113, 115 – 119, 121 – Propaganda gegen Majors 114, 123 – 124, 157, 206 – Reisen der Majors in die 127 – 128 – Siebenjahresplan (1959) 110 – 111 – Transportwesen 125 – 126 – Verstaatlichungen (1917) 109 – 110, 122 – Verträge der 115, 118 – siehe auch Öloffensive Sozioökonomie (OPEC-Mitglieder) 190 – 191 Spanien 110
„Speech Kit“ (Mobil) 53 Staatsunternehmen 36, 118, 253 Standard Oil Company 23, 44 – 45 – siehe auch Exxon; Mobil Oil; Socal Standard Oil Company of California siehe Socal Standard Oil Company of New Jersey (Jersey/ Esso) siehe Exxon Standard Oil Company of New York (Socony) siehe Mobil Oil Standard Oil Company Ohio 220, 237 State Department – und BP 135 – 136 – zu Libyen 210, 211, 213 – 215 – und Majors 87 – 88, 160 – und McCloy 203 – 204 – bei Message to OPEC und Libyan Safety Net Agreement 226 – 228, 233, 240 – 241 – zu NATO Study Group 145, 146 – Oil Task Force 242 – 244 – zu OPEC-Gründung 199 – bei OPEC-Verhandlungen 205 – zu Ost-West-Handel 169 – zu Preiserhöhungen 248 – zu sowjetischem Pipelineprojekt 154 – bei sowjetischer Öloffensive 127, 129, 131 – 134, 154, 162, 165 – bei Teheraner Verhandlungen 245, 247 – zu Tripolis-Verhandlungen 238 – 239 – zu Wettbewerb 86 Stent, Angela 139 – 140 Steuerpolitik – der britischen Regierung 92 – 93, 94 – Großbritanniens-Reform (1965) 51 – der US-Regierung 84 – der venezolanischen Regierung 216 Stigler, George J. 191 Stock, Keith 144, 145, 147 Stork, Joe 81 – 82, 185, 191 Strange, Susan 258 – 259 Strategien siehe Verhandlungen und Strategien Strathalmond, Lord 231, 234, 237 Studien – von Exxon über Sowjetunion 126 – 127, 129 – 130, 154 – 156 – der FTC 85 – 86, 98, 186
Register
– der Majors 168 – 169 – der NATO Study Group 144, 148 – 149 – des NPC 166, 167 – siehe auch Wissenschaftliche Forschung Study Group siehe NATO Suezkrise (1956) 187 Syrien 96, 190 – 191 Tariki, Abdullah 185, 186 – 187, 188 Tauschgeschäfte 118 – 119, 121 – 122 Tavoulareas, William 222, 237 Tea Parties siehe Oil Tea Parties Techniken (Explorations‐) 17 – 18 Teheran (Verhandlungen) 234 – 237, 244 – 247, 255 Texaco (Texas Fuel Company) – bei Achnacarry-Abkommen 97 – 98 – zu Antitrust-Gesetzen 159 – Benzinvermarktung 64 – Caltex-Gründung 62, 65 – Explorationen 65 – Gewinne 75, 271 – Konsortienanteile 99 – 100 – zu Kuba 122 – in Libyen 212 – 213 – Mitarbeiter (Anzahl) 73 – beim NPC 166 – Ölproduktion 77, 272 – Ölproduktions-Marktanteile 81, 274 – zu Ost-West-Handel 171 – Porträt 52, 64 – 65, 70 – 71 – Raffination 78, 273 – Raffinations-Marktanteile 82, 275 – Regierungs-Beziehungen 83 – 89 – zu sowjetischer Öloffensive 125, 133 – 134, 138, 153, 179 – bei Teheraner Verhandlungen 234 – 237, 246 – 247 – Tochter- und Beteiligungsgesellschaften (Anzahl) 73 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 – siehe auch Oil Group Theorien (Kartell‐) 260, 261 – 262 Tieleman (Economic Ministry) 245 Tiger (Werbemasskottchen) 52 Titutsville 23
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Tochter- und Beteiligungsgesellschaften 67, 73, 74 – 75, 128 Total – Konsortienanteile 99 – 100 – bei Message to OPEC 219, 220 – zu NATO Study Group 146 – als Staatskonzern 36 – Teheraner Vertrag (1971) 237 – in TPC 96 – bei Tripolis-Verhandlungen 238 TPC siehe Turkish Petroleum Company Transport (von Öl) 19, 125 – 126 – siehe auch Pipelines und -Equipment Treasury 89 – 91, 92, 93, 141, 150, 156 Tripolis (Verhandlungen) 237 – 240, 244, 255 Truman, Harry S. 166 Tugendhat, Christopher 28 Türkei 96 Turkish Petroleum Company (TPC) 96, 98 – siehe auch Irak Petroleum Company Turner, Louis 49 Überangebot siehe Angebot und Nachfrage UdSSR siehe Sowjetunion UN (United Nations) 160, 186, 190 Unabhängige Unternehmen siehe Independents Ungarn 115 Unsicherheiten (für Majors) 124 – 126, 178 – 179, 252, 256 – 257 Untersuchungsausschüsse (USA) 50 Upstream-Verfahren 17 – 18 Ural-Wolga-Region 109, 154 US-Independents (Anzahl) 80 – siehe auch Independents US-Regierung – zu Achnacarry- und Red Line Agreement 98 – 99 – und britische Regierung 91 – 92 – diplomatische Unterstützung 87 – Exportkontrollen 140 – und Exxon 156 – 157 – Importquoten 84 – Informationsdefizit 88 – 89, 258 – Kartellverfahren 46 – 47, 85 – 86 – zu Konsortien 255
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– zu Libyan Safety Net Agreement 224 – und Majors 83 – 89, 93 – 95, 257 – 258 – zu nationaler Ölgesellschaft 55 – in NATO Study Group 145, 147 – und Oil Group 162, 169 – nach OPEC-Gründung 198 – 199 – zu Ost-West-Handel 167, 173 – zu Pipeline-Equipment 149 – zu Ships-for-Oil-Deal 177 – zu sowjetischem Pipelineprojekt 154 – 155 – zu sowjetischer Öloffensive 127 – 130, 143 – Steuerpolitik 84 – Untersuchungsausschüsse 50 – Wettbewerbspolitik 44 – 45, 46, 85 – 86, 87, 261 – siehe auch Antitrust-Gesetze; Department …; Heimatregierungen; State Department USA – Bohrlöcher (Anzahl) 18 – Embargo gegen 37, 196 – Importe 31, 32, 268 – Konsum (von Öl) 27, 28, 266 – im Mittleren und Nahen Osten 183 – Motorisierung 25 – in NATO Study Group 144 – Ölprodukteimport 32, 268 – Ölproduktion 30, 31, 267 – Ölreserven 29, 266 – Peak Oil 30, 72, 214 – Schah in 204 – siehe auch CoCom; US-… Vacuum Oil Company siehe Mobil Oil Venezuela – und Gewinnbeteiligungs-Formel 184 – Gulfs Explorationen in 63 – bei OPEC-Gründung 183, 188, 189 – OPEC-Konferenz (1970) 217 – Socals Explorationen in 62 – zu sowjetischer Öloffensive 157 – Steuergesetz (1970) 216 Venn, Fiona 41, 209, 254 Verbrauch siehe Konsum Verfahren (Explorations‐) 17 – 18 Verhandlungen und Strategien – zw. BP und Shell 93
– „Clearing Stelle“ 158 – 159 – zu Libyen 209 – 215 – der Majors (Überblick) 77 – 80, 83, 249 – 251 – Mikojan-Deal 150, 174 – NPC 166, 167, 168 – „Russian oil platform“ 161 – Shell-Treasury-Agreement 89 – 90 – Ships-for-Oil-Deal 174 – 178 – von Teheran 234 – 237, 244 – 247, 255 – von Tripolis 237 – 240, 244, 255 – siehe auch Abkommen; London Policy Group; Message to OPEC; Oil Group; OPEC Verlust- und Gewinnrechnungen 117 Vermarktung (von sowjetischem Öl) 118 Verstaatlichung – des iranischen Konsortiums 186 – in Libyen 225 – durch OPEC 256 – OPEC-Drohungen 235 – in der Sowjetunion (1917) 109 – 110, 122 Verträge – Barter-Deals 112 – 113, 143 – Buy-Back-Verträge 256 – mit Libyen 239 – 240 – zw. McCloy und Majors 161 – 162, 261 – der Sowjetunion 115, 118 – von Teheran (1971) 237 Vertrieb (von Öl) 19 Vorräte siehe Reserven Wachstumsprozesse und -quoten 34, 71, 73, 269 – siehe auch Gewinne Währungen 119 – siehe auch Devisen Wall, Bennett H. 109 – 110, 125 Wallach, L. C. 107 Warner, Rawleigh 54 – 55 Weiterverarbeitung siehe Raffination Welch, Leo 151 – 152, 198 – 199 Weltkriege (Erster und Zweiter) 24 – 25, 68, 110 Werbemaßnahmen (der Majors) 51 – 53, 56 West-Ost-Handel siehe Ost-West-Handel Westdeutschland siehe Deutschland
Register
Westeuropa – zu CoCom 141 – Importe 32, 110, 111 – 112, 141 – 142, 268 – Konsum (von Öl) 27 – Ölprodukteimport 32, 268 – Ölproduktion 31, 267 – Ölreserven 29, 266 – nach OPEC-Gründung 198 – und Ost-West-Handel 140 – Primärenergieträger Öl 16, 26 – 27, 257 – Tauschgeschäfte 118 – 119 – siehe auch NATO Wettbewerb – in Europa und USA 46, 261 – in Großbritannien 93 – und Konsortien 100 – 101, 102 – und Tauschgeschäfte 118 – 119, 121 – 122 – in USA 44 – 45, 85 – 86, 87 – wissenschaftliche Forschung zu 43 – 44, 45 – 50 – siehe auch Antitrust-Gesetze; Kartell…; Konkurrenz White, Byron 161 Whiteford, William 64 Whitney, John Hay 144 Wissenschaftliche Forschung – zu Achnacarry-Abkommen 99 – zu Ölmarkt 252
– zu Ölpreiskrise 181 – 182 – zu OPEC 192 – 193, 196 – 198 – zu Ost-West-Handel 108 – zu sowjetischer Öloffensive 115 – zu Verhandlungsstrategien 233 – 234 – zu Wettbewerb 43 – 44, 45 – 50 – siehe auch Sampson, Anthony Witte, Jan-Martin 183 Wolga-Ural-Region 109, 154 Yamani, Ahmed Zaki 235 – 236, 242 Yergin, Daniel 24, 42, 255, 260 Zeitungen – Christian Science Monitor 197 – Financial Times 176 – Foreign Affairs 47 – 48 – Journal of Commerce 159 – Oil and Gas Journal 127, 153 – 154, 197 – 198 – Oil Daily 156 – Orient-Petrole 214 – Petroleum Intelligence Weekly 160, 176 Zerschlagung (Standard Oil Company) 44 – 45 Zusammenarbeit siehe Kooperationen Zweiter Weltkrieg 25, 110
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