Mansfeld und Tilly: Tragödie in fünf Akten [Reprint 2018 ed.] 9783111485027, 9783111118307


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German Pages 137 [144] Year 1840

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Personen
Prolog
Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
Prolog zum vierten Acte
Vierter Akt
Fünfter Akt
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Mansfeld und Tilly: Tragödie in fünf Akten [Reprint 2018 ed.]
 9783111485027, 9783111118307

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Mansfeld und Lilly

Tragödie in fünf Akten.

Von

Otto vom Ravensberg.

Berlin. Gedruckt und verlegt bei G. Reimer. 1840

.

Mansfeld und Tilly.

Personen.

Friedrich, Pfalzgraf bei Rhein, und König von Böhmen. Elisabeth, seine Gemahlin. Peter Ernst, Graf von Mansfeld. Georg Friedrich, Markgraf von Baden. Johan Ernst,

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Wilhelm,

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Friedrich,

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Bernhard,

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Herzoge von Weimar.

Christian, Herzog von Braunschweig. Tscherklas, Graf von Lilly. Obrist Montigny,

. J

Offiziere Lillys.

Hauptmann Wehlen, ) Lueas, der Jesuit, Lillys Beichtvater. Ambrosius, ein Mönch. Merven, Sadupski,

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Offiziere Mansfelds.

6 Palland, Obrister der cöllnischen Truppen» Die Aebtissin von Hersfeld. Der Voigt des Klosters. Klosterjungfraun. Bauern.

Boten.

Offiziere und Soldaten.

Die Scene ist an verschiedenen Orten Deutschlands, vornehmlich in der Pfalz, und in Niedersachsen. Die Handlung fällt in die Kriegesjahre 1622 — 1627.

^Prolog. O finstre Nacht, dein Erebus vermählt, Wie folgen deinem Schritt, zum Kampf gerüstet, Die Söhn' und Töchter, die dein Schoos gebar, Und lagern sich in Schaaren um dich her! Der Hölle Lügcnbild, Betrug und Wahn, Blindheit und Aberwitz und Schwärmerei, Unsinn'ge Wuth, Zerstörung, Schreck und Mord. Wer wagt den Kampf, wer kann dir widerstehn? Wer schlägt den Irrthum ab, die Finsterniß, Und hält im Zwang der Sinne groben Trug? 0, lacht der Liebe Stern unwandelbar Nicht silbern durch die Nacht! O, röthet nicht Der Sonne Purpur hoch des Himmels Rand, Und hat der Tag nicht Legionen Engel Für die bedrängte Welt? O Ferdinand, Wie bist du nun von Blindheit so bethört!

8 Wie haben Ungerechtigkeit und Willkühr ganz Besitz genommen von dem Kaiserthron! Ist Dbheims Niederlage nicht genug? Floß nicht genug des Dlut's, und schlachtest tu Zur Freude nur die Edelsten des Volks ? Rächst du an Kindern auch der Vater Schul-, Und nährst die Freunde mit verruchtem Rauh? Sind Recht' und Pflichten nur ein Spiel, urd wiegt Der Eid nicht eine Unze schwer?

So scheint s.

Da du die heiligsten der Schwüre brichst, Das Band der Pflichten lösest, kalt und stolz Des Reiches Satzungen mit Füßen trittst. Was sinnst du, sprich?

Du willst nicht Rede stehn.

Du schreitest stolz auf deinen Siegen fort. Und Herold deines Willens ist das Schwert. Nicht Böheims Fall ist deines Wurfes Ziel; Das Reich erzittert, Deutschland soll das Joch Nun tragen lernen, das zum zweitenmal Von Habsburgs Enkel ihm geschmiedet wird. Von neuem triumphirt das stolze Rom, Und seine Henker sendet Spanien. O blinder Wahn, umsonst ist dein Bemühn! Du bindest nicht, wo einmal Tag gezündet, Und Sonnenglanz aus Himmelsquellen strömt. Aus offnen Wunden spricht das Leben erst, Und Tropfen, die dem Herzen selbst entquollen. Sind Zaubertränke, die den Leib uns stählen. Mehr als des Helden Siegfried Drachenblut. So harrten wir des Tages Rettung einst.

9 Als seufzend wir das Joch des Franken trugen, Und unsre Herz vor bitterm Leide brach. Die Stunde kam, da rührte Gottes Finger Im Staub auch uns, da sprengten wir die Ketten, Und Sicgesjubel scholl wie Brautgesang! Ach, armes Deutschland!

Damals war dein Hoffen

Vom Ziele fern; da solltest du den Frieden Nicht einziehn sehn in die bekränzten Hütten, Und ernlen, so wie wir, des Sieges Frucht! Du warst gelähmt, du schliefst den Todesschlaf, Bis eines Königs Hand dich auferweckt, Und Friedrichs Adler seinen Fittig schlug. Wohlan, die Trommel schallt, die Kriegstrompete Erweckt )Um Streit!

Der heiße Kampf beginnt,

Der blutigste, den je die Wuth geführt! Thut Aug' und Ohren auf!

Der Himmel stürmt

Mit Schreckgebilden, Blätter schwitzen Blut, Und Kriegesschaaren, ganz in Stahl gerüstet, Auf Feuerrossen brausen durch die Luft. Der alte Rhein, vom Jammer übersättigt, Schäumt auf in seinem Bett, und überströmt Das Land mit Thränenbächen; längs den Ufern Entwälzt sich, roth von Blut, der Städte Brand. Wie wuthentflammte Tiger fallen sich Die Deutschen selbst, Kroat und Spanier an. Mit Mansfelds Heldenkraft und Kühnheit mißt Sich Tillys Kriegeskunst und Tapferkeit. Der tolle Christian von Braunschweig stürmt Von Glaubenshaß und Liebe gleich entzündet.

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Aus Weimars Heldenschoos, wie eine Ceder, Erblüht zum Heil des jungen Bernhards Kraft; Dem Fcldherrnstabe weicht der Fürstenhut, Und auf des Schwertes Spitze sitzt das Recht. Umsonst erscheint die Bitte vor dem Thron, Und fleht um Mäßigkeit; nun, so entrolle Hochflatternd sich das Kriegesbanncr neu. Und Gottes Finger schreibe das Gesetz!

Erster Akt. Erste Scene. Im herzoglichen Schlosse zu Weimar. Die Herzoge Wilhelm, Friedrich und Bernhard.

Wilhelm. Ich bin entschlossen, liebe Brüder! Nichts Halt mich zurück! Auch kann ich schon nicht anders, Denn nicht als Weimars Fürst erschein' ich hier. Zu werben für den Krieg; es nahm der Markgraf Von Baden mich, als Obersten, in Dienst, Und er gebietet mir! Friedrich. Nicht er, mein Bruder! Der große Gott, der in der Zeit der Noth, Ein cdeles Geinüth zu Thaten weckt, Und Helden groß zieht an des Krieges Brust,

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Wilhelm. So ist es ja ein heiliger Beruf, Dem jede Rücksicht weicht; der Finger droben, Der selbst den Weg uns zeigt! Friedrich. Wohl, theurer Wilhelm! Doch prüfen wir mit Einsicht und Verstand, Und halten uns das Auge frei; wir wagen Die Mittel und die Kraft, denn Muth allein Besteht den Kampf nicht in so schwerer Zeit. Wilhelm. Wir baun auf Gott! Mit solchem Beispiel schreitet Uns unser altrer Bruder vor. Ihn spornt Nicht Ehrsucht oder Ruhmbegier; den Glanz Der Hoheit warf er hin; sein Herzogthum Vertauscht" er mit dem Degen, den er führt. So that es Christian von Braunschweig auch, So thut"- der Markgraf, wann die Stunde reif. Friedrich. O, ziehe nicht den Feind in unser Land, Und fülle nicht den Schmerzenskelch der Leiden, Den früh der nächste Blutsfreund uns gereicht! Wilhelm. Soll er uns schrecken, Fritz, der falsche Ohm, Der's mit dem Kaiser hält, und ränkevoll Uns unter seine Hoheit bringen will? Er mahnt uns ab, er spricht als unser Haupt, Er droht uns mit Besetzung unsres Landes,

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Wenn ich die Truppen nicht entlasse, die Zum Krieg ich warb? Bernhard. Das wolle Gott verhüten! Wir wagen unser Herzogthum daran. Wir setzen unser Gut und Blut zum Pfand! Was nützt uns der Besitz, wenn doch Verrath An unsrer Seele haftet; das sei fern! Friedrich. Wie ist dir, Bernhard? Welche Flamme schlägt So plötzlich in dir auf, und lodert hell In Strahlen um dein Haupt? Du scheinst gerüstet, Als schrittest du zum Kampf? Bernhard. Ich thu's! Friedrich. Geduld, Die Zeit wird kommen! Bernhard. Nein, sie ist, mein Bruder Wir brauchen nicht den Himmel mehr zu fragen, Wenn er mit Schreckenszeichen rings uns droht. Der Kaiser selbst gefährdet uns das Reich, Und, was er sinnt, verbirgt sich schon nicht mehr, Indem er alles Recht mit Füßen tritt. Wie träfe sonst die Acht den freien Fürsten, Die nicht das Reich verhängt, wie irrte Friedrich Nun in der Fremd' umher, und sähe wohl Sein Erb' und Lehn von Tillys Macht bedrängt?

14 Wie flüchteten aus Döheim Tausende Von Hab' und Gut, weil sie der Kirche treu, Die uns, wie sie, an süßer Brust genährt? Friedrich. Du sprichst verwandelt! Bernhard. Sind wir all' es nicht? Vom Schlaf erweckt, verwandelt in den Geist, Der uns die ehrne Rüstung angelegt? Wie eine Glocke schlug es mir an'ö Herz, Und die verschloss'nen Pforten rauschten auf, Wodurch der Sieg des neuen Lebens zog. Es ist gewiß, was zu Loretto einst Der Kaiser angelobt, er führt cs aus! Es soll des Pabstes Knechtschaft wieder uns Zu Boden drücken, soll das deutsche Reich Dem Scepter Oestreichs unterworfen sein. Friedrich. Ich höre dich erstaunt. Bernhard. Ist es nicht so? Was rückt der Baier vor, was wirft der Spanier Sich auf die Pfalz, daß selbst der tapfre Mansfeld Das blut'ge Feld nicht mehr behaupten kann? Was fehlt noch an der Zeit, wann soll sie kommen? Friedrich. Sie ist, mein Bruder, nur noch nicht für dich! Bernhard. Warum nicht, Fritz? Bin ich ein Knabe noch,

Und eilt die Kraft nicht meinen Jahren vor? Trennt uns doch kaum nur eine Spanne Zeit, Und mündig spricht mich selbst der frohe Muth. Ich bin ein Fürst des Reichs, so gut wie ihr, Und darf mir selbst gebieten. Hier gelob' ich. Wie Bruder Johan Ernst: ich hebe hoch Mein theures Schwert, und leg' es eh nicht nieder. Bis Churpfalz eingesetzt, der Streit verglichen. Und uns ein Friede zugesichert ist, Der unsre Freiheit und den Glauben schützt!

Wilhelm. Du bist ein Jüngling, Bernhard! Bernhard. Bruder Wilhelm, Dir untergcb' ich mich, dir folg' ich! Wo Du kämpfst, da kämpf' auch ich; da will ich nun Mit euch, den Besten, um den Lorbeer ringen! Friedrich. Ich seh' es wohl, ich halt' euch beide nicht. Und besser ist's, ihr geht, als daß ihr bleibt. In diesen Käsig eng nur eingesperrt. Ihr trügt cs doch nicht, und nach Freiheit seufzte Das eingefang'ne Herz sich bald zu Tod. Wilhelm. Den Ohm beschwichtige dies Blatt; der Markgraf, So heißt's, errichtet an de- Landes Grenzen Zu eignem Schutze nur ein Kriegesheer, Nicht wider Oestreich oder Spanien,

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Und dien' ich ihm, so kann's den Kaiser nicht, Der es erlaubt, noch auch den Ohm verdrießen. Bernhard. Warum nicht redlich sagen, wie es ist? Das kleine Weimar ist zu eng, und nährt So viele Prinzen nicht. Wie sollten wir Nur an der Scholle haften, mit dem Pflug Nur wühlen, und nicht säen des Ruhmes Saat ? Wir thun, was unser tapfrer Ahnherr that. Als er sein Schwert in Deutschlands Wage warf, Und, wie ein Held, auf Mühlbergs Ebnen focht! Friedrich. So tapfer seid, doch glücklicher wie er; Ich dien' euch brüderlich, des seid gewiß! Wilhelm. Die Stunde dringt, leb' wohl! Friedrich.

Laßt von euch hören! Bernhard. Es spreche groß der Thaten Mund von uns!

Zweite Scene. Im Haag. Die Königin Elisabeth und Herzog Christian von Braunschweig.

Elisabeth. Wir sind allein, neugierig forscht kein Auge, Und es verfolgt euch nicht die Eifersucht.

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Ach, wo das Unglück Hof hält, wo die Trauer Den frohen Tag umflort, und jedes Wort Ein Seufzer aus gedrängtem Busen ist, Späht nicht die Neugier, treibt der Müßiggang Sich mit geschäftigen Blicken nicht umher! Christian. „ O, keine Thräne, holde Fürstin, trübe Des Auges reinen Glanz, der wie ein Strom Des Lichts mir in die Seele dringt! Ich stehe Bezaubert und gefesselt; vor mir öffnet Der Himmel sich verklärt, und es durchschäuert Mich das Entzücken einer neuen Welt! Elisabeth. Ihr seid mir zugethan? Christian. Elisabeth! O lächelt nur, und laßt mich ewig betteln Um diese Gunst! Ihr habt sie mir gewährt! Der Augenblick ist da, wo ich es frei Vor euch bekennen darf, wie meine Seele Nur euerm Dienste lebt! Nun sprecht ich's aus, Nun hör' es, wer es will! Wer hemmt die Flamme, Die aus gepreßter Brust zum Himmel schlägt? Es ist die reinste, die, mit heißem Drange, Die Liebe je auf ihrem Fittig trug; Das Opfer meines Herzens brennt für euch, Und eure Sonnennähe zehrt es auf! Elisabeth. Wer so euch hörte, Herzog, möchte glauben, B

Ihr wäret eh ein Meister in der Kunst Des Lippenspiclcs, als ein Held im Kampf. Wir wandeln nicht in Myrthenhainen, wo Die Hand der Liebe süße Kronen flicht. Des Himmels Milde strahlt nicht über uns. Und ladet ein zu fröhlichem Genuß, Noch hören wir der Sänger Ltederstreit Zu Waffenschmuck und festlichem Turnei. Nein, Christian!

Die Zeit der holden Minne

Ist lang vorbei; es ras't der Wintcrsturm, Und deckt die grüne Flur mit Schnee und Eis. Die Geißel Oestreichs hat uns fortgepeitscht, Und unsern Thron gestürzt; ein Bettlerhaus Steht unser Erb' verwaist, vom Krieg umlagert, Und Könige nimmt fremdes Mitleid auf! Christian. 0 meine Königin, verzaget nicht, Und macht mich nicht beschämt durch eure Klage! Zur Rettung ruft des Vaterlandes Noth, Der Kirche Drangsal, und der Haß, der lang Uns gegen Oestreichs Tyrannei verbündet. Ihm opfert' ich mein Fürstenthum, und nahm Den Degen in die Hand.

Da sah ich euch,

Vertrieben, aus der Flucht, vom Leid gejagt. Und sollte ruhn, da das Gebot der Pflicht Mich zwiefach ruft; da ich zu euerm Schutze Die junge Kraft des Arms versuchen soll? Bei meinem Rittcrthum, Elisabeth! Nicht ruhn soll dieses Schwert, bis euch das Recht,

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Und Glaubensfreiheit uns gesichert ist, Und fall' ich selbst, so ruft mein blutend Leben Zur Rache tausend neue Seelen auf! Elisabetb. Ihr seid mein Engel, ja! und meine Liebe Sei euer Sporn! Auf euch und Mansfeld ruht Nun meine ganze Hoffnung. Mein Gemahl Trifft heute schon im Lager Mansfelds eftt; Der Bethlen Gabor haust in Mähren schlimm, Und reicht uns seine Freundeshand. Es hat Das Parlament in England meinem Vater Zum Kriege dreißig tausend ausgesetzt. Und der Oranier Tapferkeit halt uns Den Spanier von des Reiches Gränzen ab. Christian. Die Werbeplätze sind von mir eröffnet, Und eh ihr noch von Mansfelds Siegen hört, Steh' ich am Rheine schon mit meiner Macht. Elisabeth. Gedenket eures Wortes! Christian. 0, laßt die Hand, Die theure, mich an meine Lippen drücken! Elisabeth. Der Handschuh weicht dem zarten Freundeskuß. Christian. Er sei ein Pfand mir eurer Liebeshuld! Elisabeth. Zu meinem Ritter werd' euch dieses Band, B 2

80 Das meine Farbe trägt; des Himmels Blau, Durchwirkt mit Silber, wie der Sterne Glanz! Sie hängt ihm eine Schärpe um. Christian. Den Himmel öffnet euer Antlitz mir! Er neigt sich über mich, und schwankend sink' ich Zu euer« Füßen nieder; vor mir thun Die Pforten sich des ew'gen Lichtes auf! 0 meine Königin, ihr wandelt dort In ew'gcr Schönheit wie die Sonne selbst. Die Licht und Leben giebt, doch nicht empfängt! Ihr Strahl beseligt uns, doch sie bedarf In sel'ger Fülle nichts!

Elisabeth!

0 seid die Heilige, die, das Panier Des Todes über unsre Feind' entrollend. In hellem Siegcsglanze vor mir schwebt! Elisabeth. Seid glücklich, Herzog, und die Liebe winde Den Lorbeer eures Ruhms zum schönsten Kranz, Womit sie eine Hcldenstirn gekrönt!

Christian. Elisabeth! Elisabeth. Lebt wohl! Die Königin geht. Christian. Sie geht, und läßt mir Die Pfänder ihrer Huld!

Ich halte sie,

Ein Talisman, der unverwundbar macht!

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Sie hofft auf mich, und Worte süßen Hauchs Entquollen ihrem Mund! Hier wölbte sich Der Finger zierlich Rund in dieser Hülle, Und diese Scharp' umfloß den schönen Hals! Elisabeth, o meine Königin, Und Fürstin meines Herzens, das für dich In reiner Liebe schlagt; dein Ritter bin ich. Und meine Thaten zeugen des mich werth! Ja, seht euch vor, ihr Psaffenknechte! Traun, Um diese Scharp' und diesen Handschuh sind Mir Fürstenhüt' und Bischofsmützen feil, Und jede Thrän', entlockt dem schönen Auge, Büßt eine Pfründe mir mit euerm Blut! —

Dritte Scene. Lager des Grafen von Mansfeld in der Nähe von Ger­ mersheim. Es ist Nacht, und Wachtfeuer brennen in der Ferne. Mansfeld mit Oberst Merven aus sei­ nem Kriegeszclte hervortretend. Während sie sprechen, schleicht Martin aus dem Hintergründe herbei, und legt sich an der Schwelle des Zeltes nieder.

Mansfeld. Ihr wißt nun, Oberst Merven, was ihr thut! Ihr rückt mit Oberntraut nach Hagenau, Und nehmt die Stadt. Wir halten eines nur Im Auge fest. Es darf der Spanier nicht Mit Tilly sich verbinden; der allein Verlegt uns nicht den Weg, und stößt der Markgraf

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Zu uns, so haben wir gewonnen Spiel. Manheim und Heidelberg sind wohl verwahrt. Der König, heißt es, sei verkleidet schon In Landau einpassirt; die jungen Fürsten Von Weimar haben sich für uns erklärt; O, dächten so die andern Fürsten auch, So brauchten wir der Fremden Beistand nicht! Merven. Gott wird uns nicht verlassen! Es ist tief Schon in der Nacht, o ruht, mein General! Die Ordre hab' ich, und ich reite gleich! Er geht

Mansfeld. Ihr könnt drauf baun; Oberst Meggan zieht euch Von Didesheim mit Truppen zu, lebt wohl! — Es schläft schon alles, und sein Tritt nur hallt Noch durch das Lager. Horch! Der Runde Ruf, Nun Stille überall! In meinem Kopfe Nur treibt das Rad sich der Gedanken um. Was bietet mir der Spanier an? Die Herrschaft Von Hagenau, und hundert tausend Kronen Zum Fürstenhut des Reichs, wenn ich den Dienst Des Aechters meide, mich an Spanien Anschließen will, und mich zu Oestreich halte? Was will ich mehr? Thu' ich's, so ist die Pfalz Verschlungen, und, Valet dir, König Friedrich, Sammt Krön' und Erb'! Die Glieder sind gelähmt. Und auch der Protestanten Sach' ist aus! ■— Bin ich ein Handelsmann, der seine Dienste

SS Wie titeln Plunder feil hält, dessen Arm Mit euerm Lügensold ihr kaufen wollt? Ich speis)’ ihn an, den Fürstenhut, dem ich Die Freunde opfern soll i Ich will kein Lehn Von Spanien, und des Kaisers Gnad' ist mir Kein Amen werth! — So wäre das die Frucht Des blufgen Kampfs? So wäre Knechtschaft Der Freien Loos, und Oestreichs Pfaffenthum DaS Joch, das unsern Nacken bändigte? 0 Aberwitz, so finster wie die Nacht, 0 Iesuitenlücke, die mit Gift und Dolch, Wie eine Natter, im Verborg'nen schleicht! Was schmäh' ich noch erzürnt? viel besser, traun! Ich lege mich auf's Ohr, und schlafe süß! — Wer hat sich hier gebettet? Seh' ich recht. Der Martin ist's, der jüngst vom Tilly Kunde Mir zugebracht! Der Junge scheint beherzt Und wäre mir zum Reuter nicht zu schlecht. Er könnte träumen, daß er König sei, Indeß er auf der nackten Erde ruht, Den Stein zum Kissen, und die Nacht zur Decke. Armselig Loos! Und doch für einen König Beneidenswerth, der nicht so viel besitzt! Der nackte Bub' auf hartem Boden ist Des Schlummers König, der ihn süß erquickt! Doch seh' ich ihn nicht ohne Mitleid an, Der Morgenwind geht scharf, mich schirmt das Zelt, Mein Kriegesmantel mag den Buben decken!

Nun, gute Nacht!

0 Gott im Himmel, wache.

Und mir ein Bett in deinem Schooße mache! Er legt sich nieder. Martin. Er schläft, und Todtenstill' ist rings umher! Nun wär' es Zeit, er ist in meiner Macht, Und meine That verbirgt die Finsterniß! Mich rettete die Flucht, noch eh es tagt! Ein David kommt, und schlägt den Goliath In seiner Sünden Last, ein Werk verricht' ich, Wie Judith gegen Holofern!

Den ärgsten Feind

Der Christenheit erschlägt mein Arm, die Geißel Des Reichs, und, tausend Gulden wären mein! — Was hält mich ab?

Bin ich Verräther?

Ich schwur dir keine Treue! Mörder?

Nein!

Nein!

Du bist ein Ketzer, Mansfeld, vogelfrei, Und auf die Seele lad' ich keinen Mord! Wohlan, das Eisen dringt durch deine Brust! — Da liegt er hingewelkt, im Arm des Schlafes, Don tausenden gefürchtet; nun ein Spiel In eines Bettlers Hand!

Ich, Mansfelds Mörder?

Sein Heldenblut wie einen Trank verschüttend, Geheim in finstrer Nacht, ein Dieb des Herrn? O blut'ge That!

Ich träte keinen Wurm

Vor Gottes Angesicht, und schlüge hier Sein Ebenbild, den königlichen Hetden, Der Gottes Namen anrief im Gebet, Der milde sprach und menschlich, mehr als der, Der mich erkauft zu so verruchter That?

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Der seinen Mantel über mich gebreitet, Wie Gott in ewiger Barmherzigkeit Sein funkelnd Sternenkleid hoch über alle? Ich kann's nicht, nein! Ich bin entwaffnet, hin Sink' ich zu seinen Füßen in den Staub! Mansfeld. Wer greift mich an? Was soll die Waffe, Bube? Ein Meuchelmörder? Martin. Greift, und tobtet mich. Mein Leben ist verwirkt! Mansfeld. Der Teufel thu's, Nicht ich! Martin. Bei Jesus, Herr! Die Hand wär' eh Verdorrt, als sie den Stoß auf euch geführt! Mansfeld. Soll ich dir glauben, Bube? Martin. Konnt' ich's nicht Mein Vorsatz war's, doch Gottes Engel stellte Sich zwischen meinen Willen und die Thal! Mansfeld. Wer warb dich an? Martin.

Des Grafen Capcllan! Mansfeld.

Der Jesuit? 0 Tilly, denkst du so

26

Dich deines Gegners zu entledigen? Ich schenke dir das Leben, geh' und eile, Der Morgen tagt! Martin. 0 Herr! Mansfeld. Und sag' dein Tilly, Der Mansfeld such' ihn in der Schlacht! Martin. 0 laßt Mich den geringsten eurer Diener sein! Mansfeld. Den Mörder, der mir nach dem Leben stand? Martin. Ich lasse meins für euch, und nenn' es Glück! Mansfeld. Du scheinst so keck mir, als du zähe bist. Martin. Stoßt ihr mich fort, so leb' ich länger nicht! Er greift zur Waffe.

Mansfeld. Halt ein, du Hitzkopf! Gut, ich nehm' es an! Steh' auf, und bleib'! Martin. Dem Himmel sag' ich Dank! Mansfeld. Trompeten schmettern! Das ist Freundesgruß! Im Lager braust es wie ein Bienenschwarm,

27 Und alles stürzt herbei!

Was hör' ich, Friedrich?

Der König ist's, er ist's!

Er eilt in die Scene, und führt den König Friedrich, in Begleitung mehrerer Offiziere, und unter dem Zurufe der Soldaten herbei. Mansfeld. Willkommen hier! Mein gnäd'ger Fürst! Friedrich. 0 Mansfeld, wie erhebt Mich euer Anblick!

Neu kehrt mir die Hoffnung,

Und neu der Muth zurück! Mansfeld. Wir wollen, denk' ich, Noch unsrer Feinde Meister sein! Friedrich. Es ist Mein Erbe nur, der Kurhut und die Pfalz, Die ich vcrtheid'gcn muß, wozu der Kaiser Mich mit den Waffen zwingt.

Die Krone Böheims

Begehr' ich nicht, und opfre sie dem Frieden. Mansfeld. Man will den Frieden nicht, erlauchter Fürst! Das ist's!

Gewalt nur und Verrath am Reich!

Der Baier soll belohnt sein, ihm verheißen Ist eure Kur, gebt Acht!

Ein Lügcnnetz,

Darin sich Deutschlands Heil verstrickt!

28

Friedrich. Unmöglich! Ich kann's nicht glauben! Mansfeld. O, es ist so klar, Wie dieser junge Tag! Ich sah's voraus, Als Max nach Böhmen zog; am weißen Berg War es entschieden. Hättet ihr nur Prag Gehalten, wie ich Pilsen hielt! — Doch das Ist abgethan! Wir stehn gerüstet hier, Und geben nichts, auch Böhmen selbst, nicht auf. Friedrich. Ihr fahrt auf hoher See! Mansfeld. Wir sind so schwach nicht, Als ihr uns schätzt. An Badens Gränze steht Der alte Markgraf, wie ein Jüngling muthig, Mit auserwählter Schaar. In Riedersachsen Stürmt Herzog Christian, und leert die Kirchen Und Klöster weidlich aus. Friedrich.

Gott weiß, ich habe Mich redlich um den Frieden stets bemüht, Und mein' es ehrlich noch! Das Blut, das Deutschland In diesem Kampf vergießt, verschuld' ich nicht, Und nur die höchste Noth treibt mich dazu! Trompetenstoß.

Mansfeld. Was giebt's?

29

Ein Offizier. Ein Trupp von Reitern! Mansfeld. Setzt euch auf! Ein anderer Offizier. Die Herzoge von Weimar, General! Die Herzoge Wilhelm und Bernhard treten ein.

Mansfeld. Ha, unsre Freunde? Gott gelobt, wie eilt Der Himmel unsern liebsten Wünschen vor! Wilhelm und Bernhard, o erlauchte Fürsten, Zwei edle Sprossen eines Heldenstamms! Friedrich.

Laßt euch umfangen, meine lieben Vettern! Wilhelm.

Was scf)' ich, Friederich, der König hier? Friedrich. Ja, traut den Augen nur! Ich bin es wirklich! Wilhelm. Das ist, fürwahr, ein froher Tag! 0 Mansfeld, Verschmäht die Hülfe nicht, die wir euch bringen! Die Glieder fügen sich zu treuem Dienst, Und hier verehren wir das theure Haupt! Bernhard. Ihr sollt mich fechten lehren. Mansfeld. 0, die Kunst Ist euerm Blut vererbt, mein junger Held! — Nun sprecht, mein Fürst, uns nicht vom Frieden mehr!

30 Behaupten müßt ihr euer gutes Recht, Behaupten müssen wir das theure Gut, Des Glaubens Heiligthum, und kämpfen für Des Reiches Freiheit, nur das Schwert entscheidet! Was läßt der Markgraf hoffen?

Wirft er endlich

Die Maske der Verstellung ab, und denkt Mit uns zu handeln, offen, wie sich's ziemt?

Wilhelm. Den nächsten Augenblick ist er bereit, Der euch und ihm sich günstig zeigen wird. Mansfel d. Der Augenblick ist da, wir schlagen heut! Der Tilly zieht nach Süntzheim, willens, mit Dem Spanier vereint, uns anzugreifen; Wir kommen ihm zuvor, und machen uns Die Straße frei, die er verlegen will. Friedrich. Er ist auch einzeln stärker noch als wir! Wilhelm. Des Feindes Uebermacht erschreckt uns nicht! Bernhard. Ich folg' euch in den Kampf! Mansfeld. Wohlauf, die Trommel Gerührt im Lager, und das Roß gezäumt!

31

Vierte Scene. Trommeln und grobes Geschütz. in Brand.

Ein nahe stehendes Haus

Bauern auf der Flucht.

Erster. Flicht, flicht, die Tilly'schen sind hinter uns! Zweiter. Gieb mir die Axt, Christel! Erster. Was willst du? Herr Gott, welch' ein Stürmen! Zweiter. Sie schießen die Stadt in Grund! Erster. ES geht an's Leben, da sind sic! Die Bauern werden überfallen und niedergemacht. mit

seinen

Offizieren.

Oberst

Montigny.

Tilly Pater

Lucas.

Tilly. Das ist nicht Ernst! Verdoppelt das Geschütz, Und laßt den Pechkranz fliegen, Montigny!

Montigny. Die Stadt ist schon im Brand! Tilly. Wer sagt's?

Montigny. Schaut hin!

Silit). Ein ärmlich Feuer!

Kaum so viel, daß ihr

Den Fleischtopf dran erwärmt, heizt ihr nicht besser, So lacht das Volk euch aus.

Lucas. Ihr braucht's nicht zweimal Zu sagen, General! Silit). Was soll der Glimpf? Wir wollen nicht dem Feinde Brücken baun, Und speichern nicht für seine Sasel auf! Er hat bei uns gebrandschatzt, thun wir's auch! — Mich ärgert's, daß wir Dilsberg nicht genommen, Und ich vergess' es nicht!

O wartet nur,

Ich komme noch nach Heidelberg zurück, lind spiel' ein Lied euch auf, wonach der Neckar In seinem gelben Strombett tanzen soll! — Auf diesem Aschenhügel will ich ruhn, Und mir das Auge laben.

Es ist süß

Um solch ein Kriegesschauspiel!

Wo die Krankheit

Unheilbar ist, da brennt man mit dem Eisen Das Gift heraus.

Ich will so eine Wohlthat

Dem kranken Reich erzeigen!

Aus der Kruste,

Die seinen Leib beschuppt, bricht einst die Knospe Und Blüthe neu.

Die Flamme brennt von Schlacken

Erst unsre Seele rein! — O dunkles Loos, Das unserm Leben fiel, und mit der Qual Des Sodes aus dem Schlund der Hölle flammt! — Was schwärm' ich mit der Zunge?

Fort, Gedanken!

33 Ich diene Gott, und Seligkeit verheißt Die heil'ge Kirche mir!

Es ist der Boden

Der Tempel Gottes, den ich reinige. Ich saubre mit dem Schwert!

0 heil'ge Jungfrau,

Gelobt dein Name, Ehr' und Preis sei dein! Die von Gewissen und Gehorsam gegen Dich und ihren Kaiser frech sich losgesagt; Die deinen Sohn mit Fäusten schlagen, Ihm in's Antlitz spein und lästern; die, wie jene, An's Kreuz ihn nageln, und das Schmerzens/Schwert Dir lachend in den Busen drücken, die Zertritt mit ehernem Gewicht mein Fuß!

Tilly. Gott sei gelobt!

Weissagst du Heil?

Lucas. Es treffen sich Saturn und Jupiter Im Bild des Löwen, die Gestirne kreisen In wilder Angst, und in den Betten schäumen Die Flüsse auf; wohin das Auge blickt, Begegnet ihm das blut'ge Spiel des Kampfs; Doch wider Gottes Macht und seine Kirche Erhebt der Geist der Lüge sich umsonst; Ihn peitscht die strafende Gerechtigkeit Von ihren Thoren fort, und schleudert ihn Zum Höllenpfuhl der Nacht, wo er gebändigt, Wie Typhon, ächzt, gedrückt von seiner Last! C

u Tilly. Mann Gottes, tu sprichst wahr! Ich will am Himmel Den Dank des treuen Dienstes mir erwerben! Die Kirche triuirphirt!

Lucas. Die Scheitern sind's, Worauf für sie ein süßes Opfer brennt! Die Union ist aufgelöst in Ranch, Wie diese Spreu; den Mansfeld, hoff' ich, bringt Geschickt ein Stoß zur Ruh'. Tilly. Er wird nicht glücken!

Lucas. Wir haben andre Mittel! Tilly. Nur das Schwert Vollbringt's!

Wer sagte, daß der Pfalzgraf

Dem Mansfeld zugezogen? Ein Offizier. Hauptmann Gronsfcld! Tilly. Und sie sind fortgerückt? Der Offizier. Das Lager ist Nach Didesheim verlegt. Tilly. Was gilt's, nun steht Der Markgraf auf der Lauer! Es geschieht, Was ich vorausgesagt.

Der Kaiser nur

SS Hielt cs für nichts, und traut' ihm mehr, als wir. Wer kommt dort angesprengt? Ist Cerdua Mit seinen Spaniern an den Rhein gcrückt? Ein Offizier. Wo ist der General? Tilly. Wo sucht ihr mich? Der Offizier. Der Feind ist auf drei Stunden nah! Tilly. Der Mansfeld? Der Offizier. Verstärkt mit neuen Truppen, wie man sagt! Tilly. Er sollt' es wagen wider uns zu ziehn? Ich glaub' es kaum, so tollkühn ist er nicht! Wir sind im Vortheil überall; doch denkt Er's mit Gewalt zu zwingen? Gut, er komme, Und mache den Versuch! Die Oberste» Von Tüngen und Tcrcellcs sollen gleich Nach Mingelheim sich werfen. Wicsloch ist Besetzt. Nur Eppingen muß noch verstärkt sein; Der Merfeld soll dahin! Ein anderer Offizier. Gcn'rol, die Posten Zieh» vor dem Feind bei Süntzheim sich zurück! C 2

Tilly. Der Mansfeld ist des Teufels! Sperrt den Weg Bei Mingelheim! Wohlauf, es gilt den Kampf! Schießen aus der Ferne mit grobem Geschütz zum Schmet­ tern der Trompeten. Schlachtfelde.

Die Scene erweitert sich zum

Die Baiern aus der Flucht.

Ein Offizier. Schafft das Geschütz auf den Hügel, Constabler! daß ihr das Feld bestreichen könnt! Constabler. Wir bringen's nit 'nauf! Die Böller stecken im Sumpf; wir müssen die Gespanne davon nehmen. Der Offizier. Thut, was ihr könnt! Des Grasen Reiter hauen ein, das Treffen ist noch nit verloren. Constabler. Schaut nur hin, wie all's durch einander läuft! Die Mansfeld'schen schlagen sich mitten durch, und be, Häupten sich. Der Offizier. Es sind die Bamberger, die ausreißen! Constabler. Wir müssen fort! Die feindlichen Cürassiere werfen sich hieher! Der Offizier. Die Holzung deckt uns! Sie fliehn.

37 Ein anderer Offizier im

Gedränge.

Was haltet ihr? macht, daß ihr fortkommt!

Soldat. Es geht nit!

Sie haben mit den Rüstwagen und

Schleppkarren den Weg verlegt. Der Offizier. Daß sie der Teufel! Vorwärts!

Vorwärts!

Des Heusings Rotte weicht! Wer ist

der Tollkühne

dort,

der über den Graben sprengt, und die Haken nehmen will? Ein anderer. Der junge Herzog von Weimar! Der Offizier. Er wird dem Tod in den Rachen lausen! Der andere. Er ist kugelfest, und hat die Batterie genommen! Der Offizier. Ei, so schießt, daß die Kugeln wie Hagelschlossen fallen! Der andere. 'S ist alles finster von Rauch und Dampf! Sie fliehn. Heftiges Schießen und neues Gedränge.

Die Baiern fliehen

vor den Schaaren des Herzogs Bernhard von Weimar.

Be r nhard. Der Sieg ist unser!

Traun, der Hügel war

Nicht unersteiglich!

Vierzehn Stück Geschütz,

Die gegen uns den Tod gespiehn, wir kehren Sie auf den flüchtigen Feind! Dankt dir mein Herz!

0 Gott, wie freudig

Wie krönst du mit Erfolg

88 Die erste Waffenthat!

Es war dein Schild,

Der mich bewahrt, die Stärke deines Armes, Die meine Kraft verdoppelt, war dein Obern, Der mich mit Unerschrockenheit beseelt! Wer jagt die letzten Haufen dort, und sprengt Durch den Verhau?

Mein Bruder ist's!

O theures Heldenblut, wie gerne schmückten Wir Deutschlands Wangen, daß sie blühend sähn. Und öffneten ihm freudig unsre Brust! Der Tag der Freiheit jauchzt!

Wir trinken heut

Den ersten Tropfen aus dem lautern Quell, Der aus dem Schoos der Kirche springt, und uns Mit neuer Kraft in ihrem Dienste stärkt! Herzog Wilhelm. Mein Bruder, Bernhard! Bernhard. Wilhelm, bist du da? Wilhelm. Dich halt' ich unversehrt in meinen Armen? Nun ist der Sieg vollkommen!

Sieh hinaus!

Von Feindes Schaoren ist das Feld geräumt! Die Klugheit Tillys ist an Mansfelds Kühnheit Und Tapferkeit gescheitert; auch der König Hat ritterlich gekämpft, und, wie ein Pfeil, Des Feindes linken Flügel gleich durchbrochen. Nun ist der Weg gebahnt, und steht das Glück Uns ferner bei, so läßt sich alles hoffen! Bernhard. Wir sehn auf Gott, und halten, was wir ihm

__39__ Gelobt!

Es sei mein letzter Athemzug

Nur der Gedanke!

Ja, die Schlange Roms,

Und Oestreichs Tyrannei, die hinterlistig Und falsch von Kopf zu Fuß uns stets bedräun, Sie sind mein Haß, der hundertarmig sich Mit mir verbindet, und um meinen Leib Zum Sü'g die eisenfeste Rüstung schnallt! Wilhelm. Ja, trauter Bernhard!

Mein prophetisch 2(uge

Liest die Erfüllung heut von deiner Stirn. Zu großen Kriegesthaten hat der Himmel Dich autersehn; ein Retter wirst du sein. Wann Deutschlands Noth aus ihren Gipfel steigt! Der Protestanten Sach' ist unser Hort, Den wir mit Gottes 2(nn vertheidigen, Und den der Teufel selbst uns nimmer raubt! Freudenschießen aus der Ferne. Der Vorhang

fallt.

40

Zweiter Akt.

Erste Scene. Im Lager Mansfelds. Die Soldaten haben sich im Hintergründe zwischen den Aelten gelagert. Trommel.

Lanzenknechte beim

Würfelspiel

Andere beim Trinken.

Gesang. Wohlauf, der Böhmen Noth ist groß, Juchhei! Ihm sitzt der Teufel hart im Schooß, Juchhei! Der Kaiser selb' der Teufel ist. Der Babst, der ist der Antichrist, Die wollen wir niederschmeißen Mit Schwefel und mit Eisen! Chor. Die woll'n wir niederschmeißen Mit Schwefel und mit Eisen! Der Mansfeld that vor Pilsen ziehn. Juchhei! Der Thurn lag vor der Burg zu Wien! Juchhei!

auf der

Die beiden fuhren wie der Wind, Vor Schlägen sprang das Blut geschwind, Die Thurm' und Mauern liegen, Wo ihre Kugeln fliegen! Chor. Die Thürm' und Mauern liegen, Wo ihre Kugeln fliegen!

Der Teufel selb' nicht Mansfeld ist, Juchhei! Ihr Pils'ner euch ergeben müßt, Juchhei! Die Höll', die ist des Babstes Lohn, Dem Jesu -wider kein Pardon, Ihr müßt am Feuer braten Sammt Priestern und Prälaten! Chor. Ihr müßt am Feuer braten Sammt Priestern und Prälaten! Die Bühne verengt sich. König Friedrich, Graf Mans­ feld, und der Markgraf Georg von Baden.

Hinter

der Scene hört man die letzten Strophen des Liedes ver­ hallen, und die Soldaten jubiliren.

Friedrich. 0 wohl, dem Himmel Dank, der solchen Arm Für uns bewaffnet, und den Kriegeshelm Auf greise Locken drückt!

Mein edler Markgraf,

Erlauchter Freund und Bruder, ja, wir dürfen

43 Dem Krieg nun froh in's Auge sehn!

Die Scharte,

Die uns bei Prag der Tilly schlug, ist bald Nun ausgewetzt; die Bundesglieder, die Der Schreck getrennt, sie werden, neu ermuthigt. Zum festen Leibe sich zusammenfügen; Der Geist der Einigkeit wird wiederkehren, Ein Herz, ein Sinn den neuen Bund beleben, Und triumphiren ob der Feinde Macht! Georg. Wir stellen selbst nun einen Wall von Kriegern Vor unserm Lager auf, der drohend wie Die Schncelawine des Gebirges wächst! Mansfeld. Wir rechneten darauf! Georg. Und euer Sieg War nicht gering ? Mansfeld. Zweitausend Baiern decken Das blut'ge Feld!

Dreizehn Corncls, vier Fahnen,

Und vierzehn Stück Geschütz sammt Munition Und Kriegsgcräth sind ihnen abgenommen. Georg. O hält' ich einen Theil des Ruhms davon! Doch cifr' ich nun euch nach.

Friedrich. Gemeinsam wollen Wir die Gefahr bestehn, gemeinsam ernten Die Früchte dieses Siegs.

Was wir gewinnen,

43 Gehört nicht u n s allein; es ist die Sache Des Reichs, der Protestanten Heil, das mir Wie euch am Herzen liegt! Mansfeld. Wir müssen rasch sein, Wie auf dem Feld der Mähder, wann das Korn Geschnitten ist.

Der Graf von Cordua

Bedroht die Pfalz, und haust am Rheine schlimm; Wir schlagen ihn, dann ist der Tilly bloß: Er kann von Spanien keine Hülfe hoffen, Und muß zurück.

Wir öffnen Christian

Von Braunschweig eine Fuhrt, und Oestreich soll In seinem Erbland selbst vor uns erzittern! Georg. Verzeiht, wir müssen auf den schlimmsten Feind Zunächst uns werfen, eh wir weiter ziehn! Das ist der Tilly, Graf, den dieser Schlag Nicht muthlos macht, und der im Rücken uns Zu neuem Kampf sich rüstet! Mansfeld. Der gefährdet Zunächst uns nicht! Auf's ungefähr nicht!

Glaubt mir, der Tilly schlägt Listig hält er uns

Mit leeren Zügen hin, verstärkt sich selbst, Und wartet, bis der Spanier, mit ihm Vereint, uns in die Mitte nimmt. Friedrich. Der Graf Hat recht!

Sagt selbst!

Georg. Ihr überzeugt mich nicht! Friedrich. Des Krieges Leitung ruht in guter Hand. Georg. Ich baue auf mich selbst in solcher Sache. M a n s fe l d. Nur diesesmal, mein Fürst, schenkt mir Gehör! Friedrich. Laßt euch bereden, gebt der Bitte nach! Georg. Wehrt ihr den Spanier ab, und lasset mir Den Tilly nur allein, ich fürcht' ihn nicht! Mein Kricgesheer zählt funfzehntausend Mann Kernhafter Truppen.

Mein Geschütz ist gut,

Ihr seht mein Kriegsgeräth im besten Stand. Gesammelt hab' ich es und ausgesucht, Daß ich zur guten Stund' cs brauchen könne. Nun ist sic da!

Nun will ich zeigen, was

Ich selbst vermag!

Der graue Löwe, den

Man lang in seinem Käficht hütete, Bricht wild entflammt hervor, und packt das Unthier Mit scharfen Klau».

Die Ebnen Marathon«

Ertönten einst vom Sieg, und mit fünfhundert Stand wider Terres Held Leonidas. Ich fühl' in ineinen Armen diese Kraft, Und seines Muthes Feuer in der Brust, Drum biet' ich hier dein Baier meine Stirn!

45 Mansfeld. Er wird euch stehn, mein Fürst, uns beiden nicht! Friedrich. 0, laßt des Grafen Wort euch Warnung sein! Georg. Man warnte den Spartaner auch.

Er schlug!

Mansfeld. So thut's denn, und versuchet euer Glück!

Friedrich. So trennen wir uns wieder, da die Hoffnung Uns kaum zur guten Stunde hier vereint ? So sind wir stets entzweit, und immer führt Der Weg nach gleichem Ziel uns aus einander? Das ist ein traurig Vorbild unsres Kriegs! Und weckt mir neue Sorgen in der Brust! Wir werden nichts gewinnen, wenn der Himmel Nicht Schaaren für uns halt in seinem Sold! Georg. Ich seh's, ihr habt zu mir noch kein Vertraun, Und schätzt mich nur gering, sonst würdet ihr Nicht so bedenklich sein!

Ihr sollt erfahren,

Daß ich mich wohl zu euch gesellen darf. Wie wir uns hier gefunden, so begegnen Wir nach dem Sieg uns wieder, lebet wohl! Friedrich. Mich schmerzt es, daß ich euch nicht halten kann! Er geleitet den Markgrafen. Mansfeld. Er geht in sein Verderben!

Gott, wie schlägst du

40 Mit Blindheit jung und alt!

Wie reizt der Teufel,

Der stets im Fleische steckt, zum Widerspruch, Hofärtigt das Gemüth, und schmeichelt uns Mit Buhlerkünsten fort vom graben Ziel! Was soll die Jugend thun, wenn so das Alter In blöder Tollheit stürmt!

Das Feuer rase,

Bis auf dem Herd die letzte Kohle glimmt! — Ich hab's erfahren aller Orten, wo Die liebe Sonne scheint, und aller Zeit! Was schlag' ich heut den Kops?

Ich bin ein Narr!

Wer heißt auf fremde Schultern baun?

Was hoffen

Wir anderwärts, und spinnen fremdes Garn Ins eigene Geweb'?

Es fasert aus,

Es bricht, und hat nicht Festigkeit noch Dauer! Das ist das Werk der Fürsten!

Jeder leimt

Und flickt sein Lumpenkleid, so gut er kann, Und sieht nicht, welch' ein Loch er größer reißt! O thörigte Vernunft, was öffnest du Die Augen uns, und reizest die Gedanken, Mil dem Gewissen in den Kampf zu gehn, Wenn du den schmutz'gen Fleck nicht heilen kannst! Martin kommt. Martin?

Du hier?

Martin. Ich seh' euch ernst und trüb'? Mansfeld. Du heiterst mir den Blick!

Geh nicht von hier!

Laß mich dich ansehn, Knabe!

47 Martin. Denkt ihr noch Der grauenvollen Nacht, und traut mir nicht? Mansfeld. Nein, dieses Licht in deinem Auge heilt Mein wundes Herz, und söhnt mich wieder aus! Die Liebe spricht beredt mit tausend Zungen, Und lautert die Vernunft!

Sie ist's, die an

Den Geist die ewig jungen Flügel legt!

Martin. Ich hör' euch wohl, doch ich versteh' euch nicht! Mansfeld. Du liebst mich, Martin, und das ist genug! Ich sah' es wohl, wie mitten in der Schlacht Du neben mir das Roß gespornt; du wichest Von meiner Seite kaum, als wärest du Mein guter Engel, dem ich mich vertraut. Martin. Was Wunder, wenn der mächtige Magnet )n eurer Brust mein Eisenhemde zog! Nun aber hemmen wir den stolzen Lauf, Indeß die Fremden mit Gesang und Spiel An unserm Lager keck vorüberziehn, Als führten sie den Sieg gefesselt mit! Mansfeld. So zogen manche schon betrogen aus, Und Bande, für den Feind geschmiedet, schlangen Sich um sie selbst, bedeckt mit Schmach und Hohn!

Martin. Und, fürchtet ihr, warum entlaßt ihr sie? Mansfeld. Ein anderer gebietet, der mit mir Den Ruhm des Siegs nicht theilen will!

So hat

Das böse Schicksal stets uns mitgespielt, Und unsre schönste Hoffnung gieng zu Grund! So war's in Böheim, und so ist es hier! So werden wir noch lang verzweifelnd ringen. Voll Sehnsucht harrend, bis der große Tag Gekommen ist, der unsre Mühe krönt! — Es stehet mein Entschluß, wir brechen auch Das Lager ab, und rücken an den Rhein, Wo nun der Spanier mit dem Erzherzog Von Oestreich uns zugleich zu schaffen macht.

Zweite Scene. Ligistische Truppen unter dem Obersten Palland zwischen Münster und Paderborn.

Die nahe liegenden Höfe im

Brand.

Pal land. Das ist ein verfluchtes Land, und Haide giebt,

wo es mehr Sand

als in der Wüste Arabiens!

Man

thut keinen Schritt vorwärts, ohne nicht eine Elle zurück zu messen, und, wenn man die glühenden Sohlen auf grünem Rasen auszuruhen denkt, steckt man Moor und Sumpf!

Die Flachslöcher

stinken,

in daß

49

man die Nasenlöcher lieber in eine Mistpfütze stecken möchte; die Häuser sind Schweineställe, wo man mit den Säuen zu Gaste geht. Der Leibfraß sind große Bohnen mit Speck, und die Tränke dazu, wenn's aufs beste ist, Dünnbier und Pfützenwasser ! Was sengen und brennen die da, hinter uns? Soldat.

Sre haben die Schinken ausgehoben, und wollen uns ein Zeichen geben. Palland. Sehn sie das Kreuz nicht ? Wir stehn auf bischöflichem Boden. Soldat.

Der Heiland hat's Auge zugedrückt, Herr Oberst! Pallan d. Du bist ein gotteslästerlicher Schuft, Kerl! Soldat. Wenn ich darum sollt' eine Stunde im Fege­ feuer braten, so möcht' ich die Jahre der Höll' nicht zählen, die Feuer und Schwert auf uns arme Men­ schenseelen gebracht haben! Palland. Das sollt ihr auch büßen, ihr Höllenhunde! Soldat.

Wir haben, als des Herrn Satanas Knecht', treue Dienste gethan. Er beugt sich gegen ihn.

D

Palland. Daß dich der Teufel!

Ich hab' keinem Christen­

menschen ein Haar gekrümmt, Soldat. Ich auch nicht!

Aber wir haben aus ihren Ein­

geweiden Stricke gedreht, womit wir die Sauls-Kinder und Philister gegeißelt. P a l l a n d. Bei

dem

letzten

Mordbrennen

ist

von mir kein

Signal gegeben.

Soldat. Die Signale brennen wie ein ewiges Freudenfeuer Tag und Nacht.

Heissa, wie das spielt!

Ich hab'noch

einen Pechkranz, der wie 'ne Rakete steigen soll! Er entläuft. Flucht.

Schreien

und

Schießen.

Mönche

auf

der

Ambrosius.

A mbrosius. Hülfe, Rettung, Erbarmen! Palla nd. Was giebt's neues?

Ihr Knechte Gottes,

was

heult und schreit ihr? Ambrosius. Sind das erzbischöfliche Truppen? Oberst Palland, seid ihr's? Daß Gott erbarm'!

Wo nehm' ich Athem

her? der Satan ist in des Menschen Fleisch gefahren, und sucht uns heim mit allen neun Plagen Aegyptens! Helft, schützt, rettet uns!

51 Palland. Der Pater ist vom Wahnwitz besessen. Ambrosius. Nein, Herr! Der Schreck hat mir die Sinne nicht verwirrt,

aber

meine Kniee sind gelähmt.

Vor uns

Mord und Brand, und hinter uns der tolle Christian, der, wie der sausende Wind in die Flamme fährt! Der blutgierige Vampyr spannt seine Flügel aus, und schießt wie ein Geier über uns hin!

Er ist der Würgengel

Gottes, der mit dem Hölleneisen schlägt, und mit seinem Feuerhauche die Luft verpestet! P a l l a n d. Pah, wir wollen den Stachel ihm ausreißen, wie der Biene den Honigsack! Blei in

Wir wollen

den Schlund gießen,

ihm siedend

und seinen Heißhun­

ger stillen! Ambrosius. Ja, das thut, das thut!

Er hat Paderborn mit

Mord und Plünderung heimgesucht, wie ein Nebucadnezar und Soliman.

Die Kirchen und Klöster

sind

ausgeräumt, die Altäre entkleidet, die Bildnisse besudelt, die silbernen Apostel in die Münze gewandert.

Unseres

Stiftpatron's, des heiligen Liborii Standbild, aus rei­ nem Golde geformt, haben verruchte Hände geraubt, die Schatzkammern geleert, die Gräber umgewandt. Domherrn sind

Nass und Ohren abgeschnitten,

Den die

Mönche verstümmelt, die Klosterjungfraun geschändet! Es läßt sich so arger Gräuel nicht denken, wie die Sa­ tansbrut gegen uns ausgelassen und verübt hat! D 2

52 Palland. Wir wollen sie wieder quälen! schwitzen auf dem Marterrost,

Sie sollen Blut

und es für eine Wohl­

that nehmen! Ambrosius. Der tolle Herzog selbst rast schlimmer, als alle! Den Handschuh seiner Buhle auf dem Helm, und den furchtbaren Degen in der Hand, wirft er nieder, sich ihm entgegenstellt.

was

Mauern und Ströme halten

ihn nicht, Städte und Burgen fallen, und ihre Thore springen,

wie Glas, vor

seinen

Schlägen!

„Gottes

Freund, und der Pfaffen Feind" schreit er lästernd mit verfluchter Zunge, mit seinem Fuß.

und

zerstampft die blut'gen Leichen

Hört, hört, er ist im Anzug!

Der

Boden dröhnt wie eine Feueresse, und, wohin er schrei­ tet, steigt die Rauchsäule vor ihm auf! stadt durchmessen,

Er hat Lipp-

und dem Bischof zu Münster einen

Höllenbesuch zugedacht.

0, rettet,

rettet uns!

Wir

sind verloren! Er entläuft. Schießen mit grobem Geschütz aus der Ferne.

Ein Offizier. Der Feind ist im Anzug, Herr Oberst! Die Schar­ wächter sind auf der Flucht!

Hauptmann Monsterberg

bittet um Verstärkung. P a l l a n d. Seid ihr alle toll?

Nur nicht so hastig!

Wo­

für hältst du das Getöse, Feuerwerker, und den Nebel, der sich dort auf die Haide lagert?

53 Feuerwerker. Es sind Böller, die ein Treffen ansagen, und Rauch­ wolken, die darüber ziehn! Pal land. Pah, pah!

Es ist ein Kupferhammer,

und der

Nebel schmälendes Heidekraut bei einem Torfstiche! Der Offizier. Ritberg und Rheda stehn in Flammen.

Palland. Wir

wollen

das Feuer ausblasen!

Bringt mir

Wein, daß ich neuen Athem bekomme! Meine Lungen sind in Brand! Ein anderer Offizier. Der tolle Christian ist da, Herr Oberst! die

wikenheim'schcn

und hat

Schanzen über den Haufen ge­

worfen ! P a l l a n d. Wir wollen den tollen Christian zähmen, und, wie ein rohes Ei, in die Pfanne haun. Gemetzel hat schon angefangen!

Wahrhaftig, das

Der Wikenheim ist

ein Strohkerl, daß er sich hat überrumpeln lassen! Trom­ peter, blas', und ruf' die men!

schwanheimer Reiter zusam­

Heida, wie das pufft!

Laß die Scharfmetz' ein-

haun, Feuerwerker, daß der Kies um ihre Ohren sprüht! Das Treffen wird hitzig; bringt die Bagage in Sicher­ heit, sonst sind wir alle geschlagene Leute!

Nun frisch

dran, und kein Pulver gespart! Ihr könnt die Wie­ senwolle zu Pfropfen

nehmen! — Das ist ein feiger

Schuft, der nicht herzhaft einhaut, und den Teufel beim Schopfe hält! — Oberst Pal land wird mit seinen Truppen von den Braunschweig'schen davon gejagt.

Dritte Scene. In der Abtei zu Hersen.

Die Aebtissin mit den Non-

nen in der Kapelle beim Gebet. Kriegesgeschrei.

Draußen Schießen und

Der Voigt mit den Knechten aus

und ein.

Aebtissin. Heilige Mutter Gottes, die du

das Schwert um

deines lieben Sohnes willen im Herzen trugst, barme dich unser in dieser Noth!

o, er­

Hilf, rett" uns von

der Schmach, und laß uns nicht Beute sein der raub­ gierigen Handel

Ehe in den Tod, den du littest um

unserer Sünden willen, die Flammen und

barmherziger Gott!

Ehe in

unter das stürzende Gebälk, als in

die Gewalt deiner Feinde!

0, steige nieder von deinem

Thron, und heb" uns auf zur Glorie, die dein gnaden­ reiches Antlitz umleuchtet!

Reich" uns deine süße Hand

in den Schrecknissen des Todes, und rett" uns aus die­ ser Noth!

Hilf, hilf, heilige Mutter Gottes, und er­

barme dich unser! Die Klosterjungfrauen. Hilf, hilf, dich unser!

heilige Mutter Gottes,

und erbarme

Der Voigt mit den Knechten. Haltet die Ohren steif, und laßt euch das Schießen nicht schrecken! Es kommt Hülfe! Die Gräben und Mauern halten den Sturm schon ab, und sind kugelfest! Aebtissin. Wie steht es, Voigt? Voigt. Tretet an's Fenster, gnädige Frau! Ich habe kei­ nen Trost. Wohin das Auge sieht, rast die Flamme, und Raub, Plünderung und Mord sind überall! Klosterjungfraun. Wehe, weh! Aebtissin. So meint ihr, daß uns Oberst Anhold keinen Ent­ satz bringen werde? Voig t. Ich sag's nur den Knechten, daß ich sie ermuthige! Die Obersten Wikenheim und Palland sind vernichtet, so wirds ihm auch gehn! Wer kann dem rasenden Wütherich widerstehn! Aebtissin. Wir wollen ihn loskaufen mit unseren Schätzen! Voigt. Er wird die Schätze nehmen, und die Abtei seinen Knechten zur Beute lassen. Klosterjungfraun. Hilf, hilf, heilige Mutter Maria! Voigt. Die Hunde!

56 Aebtissin. Der Name ist zu gut für sie!

Voigt. Ich meine die Bischöflichen!

Sie fliehen überall!

Der Tolle schlägt, stürmt und brennt alles nieder! Was wollen die dort, auf der Mauer?

Dorthin, ihr Knechte!

Paßt auf, und schießt sie nieder! Er eilt hinaus.

Klosterjungfraun. Hilf, o rett’ uns, Aebtissin! Aeb tissin. Wir können dem Tod nicht entfliehn. Klosterjungfraun. Wehe, weh! Aeb tissin. Was jammert ihr? Klosterjungfrau. Die Flamme steigt zum Dach hinan! Geschrei draußen.

Feuer! Klosterjungfraun. Die Mauer stürzt, sie dringen ein! Der Voigt mit den Knechten. Rettet euch, flieht!

Der Tolle stürmt die Stufen

der Kapelle herauf! Der Klosterhof und die Kirche stehn in Brand! — Haltet euch tapfer, ihr Knechte! verkaufen unser Leben nicht um ein kleines! Klosterjungfraun. Wo fliehn wir hin, barmherziger Gott?

Wir

57 Aebtissin. In Gnade!

den Tod!

0,

öffne

den

Schoos

deiner

Hilf, heilige Mutter!

Sie eilt cm’6 Fenster, und springt in die Flammen.

Der

Voigt mit den Knechten wird von Herzog Christian und den

Soldaten

sraun fliehn,

niedergeschlagen.

Die Klosterjung-

verfolgt, mit einem Schrei des Entsetzens.

Christian. Das ist ein blut'ger Kampf! Die schöne Beut' entfliehn! Das Kirchengut ist mein!

Hei, laßt euch nicht Setzt ihnen nach!

Hinweg, der Tand!

Jn's Feuer mit dem pfäffischen Geräth, Mit Kruzifix und Meßbuch!

Hier ist Silber!

Ihr Laden, thut euch auf! — Welch göttlich Bild! Elisabeth, du bist's!

So gleicht die Perle

Der Perle nur, wie du dem Wunderbild, Das Zauberei auf dieses Holz gemalt! Ich fasse dich, und küsse deinen Mund! In deiner Augen Himmel tauch' ich mich, Und bete dich wie eine Gottheit an! Die Schaar der Engel neigt sich über dich, Und gold'ne Wolken, die der Tag beflügelt, Entheben dich verklärt im Himmelsglanz! Wo bin ich?

Wach' ich, träum' ich?

Rast die Liebe

In meiner Brust, wie jene Flamme lodernd, Und steckt mich an mit teuflischer Begier? ES ist der Satan, der im Bilde steckt, Und meinen Leib umgarnt; du trügst mich nicht!

58 Ich will mein Knie nicht beugen vor dem Bild, Abgöttisch, wir sie selbst!

Hinweg von hier,

Von diesem Ort des Gravys, worin die Schlange Der röm'schen Kirche noch ihr Gift verhaucht! — Elisabeth!

O süßer Name, der

In Gold das Kleinod meiner Liebe saßt! 0 süßes Bild, das geistig mich umschwebt, Und Lilienduft um meine Stirne fächelt! Du hast in seliger Begeisterung Das Wunderreich der Siebe mir eröffnet! Zur gold'nen Chiffer ward mein Herz, mein Auge Zum schimmernden Demant, der all' die Strahlen Des Lichtes in sich faßt!

Mich knüpft auf ewig

Dies theure Band, und hält mich an der Liebe Angel fest! Dein Cherubim bin ich, Elisabeth, Der auf den Flammen fährt! Mein Fuß zertritt Das krachende Gebälk, der Strom stießt frei! Ich komme, Mansfeld, und sein Bette weitet Zu gold'nen Ufern sich, worin das Silber Des schäumenden Gewässers fluthen soll! Die Kapelle wird

von

den Flammen

zerstört,

Mauern stürzen ein.

Vierte Scene. In der Nähe von Wimpfen. Lilly

und Oberst Monligny.

Montign y. Soll ich den Berlingen auf Kundschaft senden?

und

die

59

Tilly. Ich habe schon Bericht. Wer hält die Wache Am rechten Flügel? M o n t i g n y. Hauptmann Tirsenheim! Tilly. Der Gronsfeld soll dorthin! Ich will Gesang Und Kartenspiel im Lager nicht; die Stille Der Nachc begrab' uns hier, doch jeder halte Zu seinem Fähnlein sich, und sei gerüstet! Montigny geht, Lucas nähert sich.

Tilly. Ich sehe wieder Licht, und räche mich An deinem Schatten, Mansfeld! Daß der Teufel Nur nicht zu früh den tollen Christian Uns auf den Hals schickt! Würzburg zittert schon, Und Fulda fleht um Schutz; ich kann noch nicht! Mein Arm ist noch nicht frei, doch kommt die Stunde, Da du auch sein Gewicht erfahren sollst! Lucas. Mein Auge liest besorgt in euerm Blick. Tilly. Ich fürchte nicht! Lucas. Die Zahl der Feinde wächst! Tilly. Wir werden sie bestehn! Die vielen Arme, Und auch die vielen Köpfe sind es nicht, Die eine Stund' uns je verzagt gemacht!

60 Lucas.

Sie lassen von sich selbst, so wie von uns, Und den gebrochenen Gliedern fehlt das Haupt, Das sie geschickt nach einem Ziele lerrkt. Tilly. Der Kurhut ist dem Herzoge gewiß ? Lucas. Er wird ihn haben, denn der Kaiser hält Was er verspricht! Von Ingolstadt ist heut Nach Rom und nach Madrid berichtet. Sachsen Wird durch die Lausitz abgefunden; Mainz Ist mit dem Kaiser nun accord; wer kann Uns widersprechen, wenn wir einig sind? Tilly. Drum ist der Sieg uns wichtig! Drum gewinnen Wir erst die Pfalz, dann ist das andre leicht! Der Markgraf sitzt in seiner Wagenburg; Den jagen wir hinaus, und schlagen ihn, Daß er an keinen Krieg mehr denken soll! Montigny kommt. Montigny. Der Cordua ist da! Tilly. Ist er ? So hat er Die Wendung gut gemacht; wir schlagen gleich! Nun, Pater Lucas, bald berichtet ihr Von unserm Sieg nach Wien und Ingolstadt!

61

Fünfte Scene. In der Nähe von Hagenau. Des Erzherzogs Truppen werden von den Soldaten Mans­ felds gejagt.

Mansfeld und Friedrich.

Mansfeld. Steht vom Verfolgen ab! Nicht mehr belästigen!

Sie werden uns

Was wir gewollt,

Das haben wir, Geschütz und Proviant! O, hatten wir den Cordua so gefaßt, Der uns entschlüpft!

Das ist mein Kummer,

Worüber mich dies Glück nicht trösten kann!

Friedrich. Laßt uns zufrieden sein!

Wir schreiten nun

Gemach von Sieg zu Sieg.

Eppingen

iegt,

Süntzheim und Ladenburg sind auch genommen. Und Oberntraut hat Hagenau entsetzt. Die Städte, die der Spanier behauptet, Sind unser schon, und alles sucht die Flucht. Mansfeld. Ich habe keine Ruh'!

Mir zeigt im Geiste

Sich die Gefahr, worin der Markgraf schwebt. O, hätt' er nicht die Schlacht gesucht, und stände Noch unversehrt, wir sehten dann vereint Den beiden Feinden einen Damm entgegen! Trompetenstoß.

Was bringt uns jener Bote ?

82 Ein Bote kommt.

Der Bote. Gott zum Gruß! Mansfeld. Dein Blick ist traurig; melde, was geschah! Friedrich. Du kommst vom markgräslichen Heer? Der Bote. Mich sendet Der Herzog Weimars. Mansfeld. Sprich, seid ihr geschlagen? Der Bote. Wir sind es, Herr! Mansfeld. Verloren alles? Halte Mir nichts zurück! Der Bote. So ist's! Mansfeld. Erstatte mir Ausführlichen Bericht! Der Bote. Er lautet so: Bei Wimpfen auf der Aue hatten wir Ein Lager wohlverschanzt, Heilbronn im Rücken, Und vor uns ebnes Feld. Achthundert Wagen, Gedoppelt aufgestellt wie eine Mauer, Bedeckten uns die Seiten rechts und links.

63 Des Lagers Spitze auf den Feind gekehrt, Gespickt mit Pallisaden und Geschütz, Schien unantastbar wie das Stachelthier. Wir hatten nichts zu fürchten, ja, wir boten Dem stärksten Feinde Trotz, und so geschah's! Noch warf die Nacht den Schatten rings, noch strahlte Der Sterne Licht, da fiel uns nah ein Schuß, Und vor uns starrten Lanzen und Geschütz. Da hieß es:

Gott mit uns! und leuchtend flogen

Brandkugeln und Raketen, widerstrahlte Der Helm' und Schilder Glanz, und, wie die Pfeiler Geschlossen, stürzten Roß und Mann hinaus! Sechs Stunden unermüdlich schlugen wir, Und wichen nicht vom Platz; der alte Markgraf Warf wie ein Reitersmann sich in die Reihen, Und munterte zu kühnen Thaten auf. Vor Herzog Wilhelms Schlägen wich bestürzt Der Spanier, und Herzog Bernhard tauschte Dreimal das Roß, das seine Stärke trug. Da hatt' ein Brander hinter uns gezündet, Mit Donnerkrachen sprang das Pulver auf, Und Zelte, Wagen und Lafetten stoben Zerschmettert durch die Luft.

Verwirrt vor Schreck,

Verlassen vom Geschütz, und, weit umher Von Feindes Uebermacht gedrängt, zerriß Das Gliederband; da faßte Tilly Fuß, Und, bald vom Lager abgeschnitten, stäubten Wir rings in wilder Flucht.

Der Markgraf selbst,

Ob er dem Tod entronnen, weiß ich nicht!

Doch, sagt man, hab' ihn seiner Treuen Brust Beschildet, und vom Untergang gerettet. Fünftausend deckt der Staub, an seinen Wunden Liegt Herzog Bernhard, Herzog Wilhelm sammelt Die letzten Trümmer des zersprengten Heer's. Mansfeld. Du bist ein Schmerzensbote!

Ja, mich trog

Die Ahndung nicht, und alles trifft nun zu! Friedrich. O Gott, wie strafst du mich so hart!

Ich seh' es,

Mir soll kein Glück mehr blühn, und immer neu Sind meine Leiden! Die Waffen?

Warum führ' ich noch

Warum trotzt mein Arm, und reißt

Die Freund' und Brüder in's Verderben nach? Der Himmel will's!

Er hat mich ausersehn

Zu schöpfen aus dem ew'gen Quell der Schmerzen, Der, angeschwellt von meinen Thränen, steigt! Das Werk der Danaiden üb' ich aus, Und sehe nicht das Ende meiner Pein! Mansfeld. O, mäßigt euch, mein Fürst!

Noch eben sprächet

Ihr Trost mir zu; nun seid ihr ohne Hoffnung, Und hangt den Kopf ganz euerm Leide nach? Was nun geschah, wir sahen es voraus, Drum kann es uns nicht schrecken! Nein! Wie anders, Als noch das Unglück in der Schale wog! Da seufzte die gepreßte Brust, und harrte Mit Bangen der Entscheidung, nun sie da,

65

Treibt wieder frisch das Blut dem Herzen zu, Und auf der Lebenswelle tanzt der Muth. Friedrich.

So sollt' es sein! Ach Mansfeld, was beginn' ich? Mir ist der Gram nicht neu; seit Jahren hegt' ich Ihn, wie der Gärtner seine Blumen pflegt, Und trug wohl härtre Schläge sonder Mühe! Mich sollte dieser nicht so muthlos machen. Und doch versagt mir noch die Kraft! Verzeiht, Auch sie wird wiederkommen, habt Geduld! Mansfeld. Die Kraft kommt der That; sie stärkt im Kampfe Sich, wie der Stahl im Feuer! Was noch stehn Wir hier? Wir eilen mit dem Sturm, daß wir Die Macht des tapfern Christian an uns ziehn! Ich seh' ihn vom Thüringer-Wald herab In's schöne Land des Main, wohin der Baier Ihm nun entgegenrückt; sind wir vereint, So steht noch alles gut, und wir gewinnen Dem Tilly wieder ab die Frucht des Sieges! Der Vorhang fällt.

E

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Dritter Akt Erste Scene. Im Haag. Die Königin Elisabeth und Herzog Johan von Weimar.

Ernst. Das Waffenglück ist treulos wie ein Freund, Dem wir zu früh vertraut! Wenn vor der Zeit, Am noch bereiften Zweig die Blüthe treibt, So schmeichelt uns ihr holder Blick umsonst, Wir hielten gern den zarten Keim zurück, In kaum verschloffner Hülle wohl verwahrt, Und gäben ihm die frühe Freude Preis. Elisabeth. So war es nicht mit uns, verzeiht! Ich dächte, Wir hätten lang geharrt, und kümmerlich Das Wintergrün der Hoffnung nur gepflegt. Wir eilten nicht dem Tage vor, und pflanzten Im Schnee des Lenzes schon das junge Reis; Die Stunde war gereift, und lieblich senkte Der Mai sich in den warmen Sonnenschein!

Ernst

67 Ernst. So denken wir, es sei ein später Frost, Der auf die junge Hoffnungsblüthe fiel. Und blicken auf den Himmel, der sie heilt 1 Elisabeth. Es scheint, ihr wisset mehr? Der Schlag bei Wimpfen Kann nicht so ganz verderblich für uns sein!

Ernst. Er trifft uns hart genug! Elisabeth. Doch nicht so schwer, Als ihr zu sagen scheint. Wir haben noch Zwei mächt'ge Arme, Herzog! Ernst. Wollt' es Gott! Elisabeth. Was sagt ihr? Seht mich an! Beim Himmel, sprecht! )st Mansfeld auch geschlagen? Sprecht es aus, Und stoßt den Dolch mir in die Brust, so tödtct Vielleicht auf einmal mich der Schmerz! Ernst. Ihr denkt Das Schlimmste, Fürstin! Elisabeth. Und ich nenn' es Trost, Daß es nicht schlkmmres geben kann! Ernst. So darf ich Das wen'ger Schlimme nennen! E 2

68 Elisabeth. Sprecht von Raub Und Mord, vom Falle Heidelbergs, von Blut, Das von den Händen Tillys traust, von Gräbern, Worin erträumte Hoheit sich gesargt; Ich bin bereit zu hören.

Ja, ich nehm' es

Für Schmeichelei dem Ohr, das, lang entwöhnt, So süßem Liederspiel mit Freuden horcht! Ernst. Der tapfre Christian ist's, der, überwältigt, Bei Höchst dem Feind erlag! Elisab eth. Er fiel? Ernst. Vernichtet Nur ist fern Heer! Elisabeth. O, wie ihr Wunden schlagt, Und wieder heilt!

Er lebt, Gott sei gedankt!

Was gilt sein Heer!

Schlagt immer einem Baume

Die Zweige fort; aus seiner Wurzel treibt Die neue Kraft, und auf dem Stamme wiegt sich Die Krone seiner Aeste, neu begrünt. Zur Harfe säng' es euch ein Dichter süß. Ich kann es nicht, denn meine Stimme taugt Nicht zum Gesang, und heiser kreischt der Schmerz! Ernst. Ihr schreckt mich, Fürstin!

Elisabeth. O, erzählt mir alles! Woher die Botschaft kam, und wie sie lautet? Ernst. Von meinem Bruder Wilhelm sagt'S der Brief! Elisa beth. Zeigt her, und laßt mich lesen!

Ja, hier steht's!

Vernichtet ist das Heer am neunten Juni. Des Feindes Ueberzahl, drei gegen eins, Und dreißig Stücke wider zehn — So war's, Sonst konnt' es nicht sein, hatte Tilly nicht Den Christian besiegt!

Und wieder Tilly!

Furchtbarer Name, der mit Eisenschärfe Die Seele mir durchschneidet! — Groß die Zahl Der Todten — Viel' im Strom — Schwanheimer-Bruch— Der Herzog ist d-urch eine Fuhrt entkommen — Graf Stirum, Oberst Carpezan — 0 Gott, Was brauch' ich noch zu wissen!

Alles sagt

Das Wort „vernichtet" und, „derHerzog lebt!" Ernst. Er schließt sich an den Mansfeld, der mit Glück Darmstadt genommen, und im sichern Hafen, Von nah und fern, die Flüchtigen empfängt. Der Schlag der Trommel ruft sie wieder; neu Erhebt des Herzogs Fahne sich, es strömen Den Werbeplätzen frische Kräfte zu, Und wieder mächtig steht er, wie zuvor!

70 Elisabeth. Meint ihr, der Krieg sei aus, daß ihr zu mir Mit solchem Troste sprecht?

Wir betteln nicht

Um unser Land allein; die Königskrone Tret' ich in Staub, und streu' in alle Winde Den Tand der Hoheit mit papiernem Schein! Nein, unser Trommelschlag um andre Habe Sprengt Oestreichs Fesseln, und die Bande Roms, Und ruft die Nachbarvölker in den Streit! Der Kampf begingt erst!

Aus der Asche, die

Den Boden Böheims deckt, und aus dem Rauche, Der über Tillys Haupt nun qualmt, da schlägt Die Feuersäule wie der Hölle Brand, Und weidet auf der grünen Au des Reichs. Und, wär' es nicht, so rief ich aus den Fluch, Und fleht' um diese Gunst mit Händeringen Den Himmel an, wie ein verzweifelnd Weib! So flößt" ich ein das Gift in diesen Leib, Daß schwellend er, im grimmen Kampf der Schmerzen, Des brand'gen Elters sich entledigte! Ich thät' ein Werk des Heils!

Zerschlagt den Boden,

Denn alles stockt und fault! Ihr Fürsten Deutschlands, Die Trommel schlägt!

Der Sturm des Krieges braust

Durch euer Land; es wälzen sich die Drachen In eures Blutes Schlamm! Heraus, und duldet Nicht feig und schmachvoll, schnöden Untergang!

Ernst. 0, seid gefaßt, ich bitt' euch!

n Elisabeth. Laßt mich toben, Weil ihr noch jahm seid!

O, war' ich ein Mann,

Ich wollt' ein Tilly sein, und schlimmer wüthen. Als er mit kalter Grausamkeit!

Cs zeugt

Doch sonst der Haß den Haß, es reizt die Wuth Zur Wuth, nur nicht bei euch!

Ihr seid

Die Lämmer nur in rauher Wolfsgestalt; Ihr weist die Zähne, doch ihr braucht sie nicht. Und zeigt euch nur an eurer Kette wild! Mein Friedrich obenan!

Was wird er thun?

Von neuem sich auf's Bitten legen, schmeicheln, Wie ein verzärtelt Kind, geduldig, fromm! Auf fremden Zuspruch hoffen, und das Land Gar in der Hand des schlimmsten Feindes lassen. O, waffnet euch!

Ihr seid ja tapfer, Ernst,

Und wähltet, statt des Fürstenhuts, das Schwert! Werbt Freund' und Bundsgenossen! Hier, in Deutschland! Der Graf von Nassau meint es gut, es stehn Die tapfern Prinzen von Oranien Auf unsrer Seite; jagt in Niedersachsen Die Fürsten auf, und, braucht ihr Geld?

Ich habe

Juwelen noch und kostbares Geräth, das sei Der Werbcsold!

0 eilt und zaudert nicht.

Und löst von dieser Sorge mir das Herz!

Sie gehr. Ernst. Ich habe keinen Trost für dich, o Fürstin, Wenn du nur zeitlichen Verlust bedenkst!

Das ist der Wurm, der unsre Seele nagt, Die schlimme Krankheit, die kein Mittel heilt! Drum stehn auch wir verwaist in diesem Kampf, Drum hat die Union sich überlebt, Weil jeder seinen Vortheil nur bedenkt! O, wie so nahe schwebt die Frucht des Heils An goldnen Zweigen über uns! Wir könnten Sie fast erreichen, öffnen schon den Mund, Und von dem Geiste selbst wird sie entrückt! Elisabeth, o nein! Das war es nicht, Was uns mit Unerschrockenheit beseelt, Zu ringen um ein unerreichbar Gut! Das ist es nicht, was noch den Muth uns stählt. Mit Papst und Kaiser in den Kampf zu gehn! Es ist die Flamme, die im Herzen glüht, Der Himmelskuß, der auf den Lippen brennt! Der laßt uns nimmer ruhn, ob auch das Glück Die Wage schwankend halt, und wird uns spornen, Bis uns der Quell des ew'gen Heils getränkt!

Zweite Scene. Au Karlsburg. König

Friedrich

mit

den

Herzogen Wilhelm

Bernhard von Weimar.

Friedrich. Mein Aug' ist naß, ich kann euch ohne Schmerz Nicht von mir lassen; doch ihr wißt es, was

und

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Dazu mich drängt! Macht Frieden mit dem Kaiser, Und söhnet euch mit euerm Oheim aus. Ihr habt mir treu gedient, und früh den Lorbeer Des Ruhms gepflückt. Nun denkt an euer Land, Und herrscht so weise, wie ihr tapfer seid! Wilhelm. So habt ihr unabänderlich beschlossen? F- r i e d r i ch. Ich sag" euch meinen Dank und Lebewohl! Bernhard. Ihr seht die Wunde nicht, die ihr uns schlagt. Friedrich. Es heilt sie meine Lieb" euch und die Zeit. Wilhelm.

Der Pfeiler sinkt, auf welchen wir gebaut. Friedrich.

Ihr hadert mit dem Himmel, nicht mit mir. Wilhelm. Er richtet uns zu neuen Thaten auf! Bernhard. Wir werden nicht in Weimars Wiege schlummern! Friedrich. Ich geb' euch meinen Frieden mit, lebt wohl! Sie gehn. Unwillig scheiden sie, es wird mir schwer! So kränk' ich überall, und schade nur. Wo ich auch helfen will; ich selber tragend Das Härteste und Herbste des Geschicks! Es thut nicht sanft, fürwahr! Des Lebens Bürde

Liegt auf den Schultern schwerer, als ihr denkt, Und mancher Stachel ist's, der innen ritzt! Ich habe Muth, zu dulden und zu tragen! Da kommen sie, o harter Stand für mich! Gras Mansfeld und Herzog Christian.

Mansfeld. Erlauchter Fürst, ihr laßt die Fürsten zieh«? Christian. Ihr wollt den Krieg nicht weiter führen? Mansfeld. Das Verhüte Gott! Friedrich. So hab' ich es beschlossen! Mansfeld. Und gebt dem Barer euer Land zum Raub? Christian. Ihr wollt der Flamme keinen Einhalt thun. Die an der Schwelle eures Hauses brennt? Friedrich.

Sie ist da wilder oft, wo wir sie hemmen, Und grausam nur der Feind, weil ihr ihm trotzt! Christian. So wollt ihr ihm ein Lager weich bereiten Auf eures Landes Teppig? Haus und Hof Ihm raumen zum Besitz» wie einem Freund ? Ihr wollt ein Knecht des Hauses Oestreich sein. Ein Sklave Roms, und sehn, wie sich der Teufel

75 In Mönchsgestalt in eure Kirchen schleicht? Von seinem Schmutz besudelt, sollen wieder Die reinen Wände sein, der Götzendienst Heimkehren, Pfaff' und Jesuit die Seele Zur Hölle martern, und der große Hirt Auf Peters Stuhl den Fuchsschwanz streichen?

Ehe

Verschreib' ich mich dem Satan selbst, und zünd' ihm Ein Freudenfeuer an, das an die Wolken Den Qualm der röm'schen Kirche tragen soll! Mansfeld. Ja wohl, cs hat das Reich sie fett gemacht, Und aufgeschwemmt in Lastern!

Sollen wir

Nicht unser Krüglein füllen mit dem Oel? Wollt ihr der Engel fein, erlauchter Fürst, Der seine Fackel, umgewendet, auf Den Boden stemmt, und so die Flamme löscht? Ich nicht!

Sie schlüg' in mich hinein, und fachte

Den Teufelsbrand in meiner Seele an! Friedrich. Ich fühle, was ihr sagt und sagen könnt, Und jedes Wort verwundet mir das Herz! Wohl ist die Prüfung hart, doch kommen wird Die beffre Zeit, wie es der Himmel fügt! Christian. Uns soll ein Unfall nicht entmuthigen! Das Unglück sendet Gott dem, den er liebt. Und richtet ihn mit seiner Kraft empor! Die Wund' ist schon verharrscht, die Tilly schlug. Das Bette meines Stromes füllt sich neu;

76 Sechstausend stehn gerüstet, und es springen Vor meinem Stab verborgne Quellen auf! Friedrich. Ihr reizt mich nicht! Mansfel d. Der alte Markgraf selbst Wirft seine Trauer, ab und schüttelt sich; Ihn hat das Unglück nicht verzagt gemacht. O seht auf uns!

Wir lassen nicht von euch,

Und unser guter Arm ist euer Schild! Friedrich. Ergebung sei mein Schild in Gottes Willen, Und söhne mich mit meinen Feinden aus! Ich will mein Land nicht länger bluten sehn, Und meine Freunde nachziehn in's Verderben. Hat doch der Bethlen Gabor mit dem Kaiser Auch Frieden nun gemacht; Kur Brandenburg Und Sachsen reden mir befreundet zu. Der Däne spricht für mich, es unterhandelt England mit Oestreich und mit Spanien. Der Tilly wird den Krieg nicht weiter führen, Sobald ich niederlege.

Max ist mir

Nicht bösgesinnt, und auf dem nahen Reichstag Gleicht sich der Streit zum Heil des Reiches aus. Christian. Nie, Friedrich, auf dem Weg des Friedens! Der Schmeichellist des Jesuiten nicht!

Traut

77 Mansfeld. Der Kaiser schreibt euch keinen Reichstag aus, Und frecher Trug nur spinnt in seinem Haupt! Friedrich. Ihr sprecht umsonst, mein Vorsatz ist gefaßt, Und niemand

lenkt mich ab!

Mit Dank erkenn' ich,

Was ihr für mich gethan; Gott lohn' es euch! Doch hier entbind' ich euch in seinem Namen Der Pflichten gegen mich, und aller Treue, So weit ich euch gebieten darf nnd kann! Und, denket ihr als Freund' an mir zu handeln, So zieht mit euerm Heer friedfertig ab. Drauf gebt mir eure Hand, und lebet wohl! Er geht.

Christian. Ihr steht verstummt, utrb nagelt auf den Boden Den starren Blick?

O sagt mir, was ihr denkt,

Und was ihr nun, zu thun, gesonnen seid? Mansfeld. Den Fluch auf dieses Reich und diese Fürsten, Worin kein Tropfe deutschen Blutes lebt! Was Wunder, wenn der Sturm die Stamme knickt Wie Halme Gras, sie sind nur dünnes Reis! Ich bräche selbst sie für das Feuer gern, Wär' ich durch Gottes Arm nicht hingestellt Zu seiner Kirche Schutz, und reizte mich Zum Kampfe nicht der Teufel Ferdinand! Christian. Wir halten treu und fest!

Ich fluche mit euch,

78 Und stoß' in dieses Teufels Brust das Schwert, Daß es von seinem Blute triefen soll.1 Mansfeld. Ich bin des Dienstes quitt, wohlan, es fei! Ich habe fürder, Gott, nur dich zum Herrn, Und vor mir breitet sich die weite Welt! Dein Licht erleuchte mir die dunkle Straße, Die du verborgen wandelst; weich' ich hier, Geschieht's, weil du gebeutst, doch hinter mir Such' ich den Drachen nun im Elsaß heim! Christian. Wir werfen auf den Spanier uns vereint. Und dringen nach den Niederlanden vor. Die Staaten werden uns willkommen heißen. Und uns belohnen für den tapfern Dienst. Dann steht das Thor des Rheins uns offen; C-la Zahlt uns Tribut; in Niedersachsen waffnet Der Kreis ein Bundesheer, und wir find stark, Der Liga Trotz und Tillys Macht zu brechen.

Mansfeld. Das wollen wir!

Ihr sprecht ans meinem Sinn,

Und freudig reich' ich euch die Bruderhand. Weit schwingt die Geißel des Kometen Strahl, Und alle Himmelshäuser saßt der Brand; So schleudern wir das feurige Geschoß, Durch alle Feindeslande, bis die Flamme Gesättigt in der Pfaffen Blut erlischt! Christian. Zum Himmel hub ich meine Recht', und schwur

79 Zu ihrem Feinde mich! Elisabeth! Dir schwur ich Lieb', und ihnen Haß! 0, nimm Die Huld'gung deines Ritters in Gedanken! Erwärme diese todte Hand, worin Dein Lebenspuls in reinen Gluthen schlug, Und sporne mich zu neuen Thaten an!

Dritte Scene. Au Weimar. Die Herzoge Wilhelm und Friedrich.

Friedrich. Dein Auge glänzt, du hoffst von neuem, Wilhelm ? 0 sage, welch ein Werk du still betreibst? Wilhelm.

Vor deinen Augen halt' ich's nicht geheim, Und gebe Gott, daß mir's gelingen mag, Dereinst im Licht es aller Welt zu zeigen! Wohin der Kaiser zielt, ist klar! Dem Herzog Von Baiern wird die Psälzer Chur verlieh«. Dann ist sein Will' erreicht, das andre folgt! Wie trügen wir's? O nein! Ein Stab allein Ich leicht gebrochen, doch der Stäbe viele, In eins verbunden, halten Widerstand! Dem Reiche kiff ich diesen Dienst; ich binde Die Aehrenbüschel auf, und hoffe, daß Ein gutes Korn noch zu gewinnen sei.

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Friedri ch. Du willst vollbringen, was ein Größerer In bessern Tagen lang umsonst versucht? Wilhelm. Weil Friedrich an sich selbst verzagt, so nehm' ich Sein Amt auf mich. Mit Bruder Johan Ernst Schon bin ich einig; meinem Bunde schließt Er sich mit Freuden an, und hat für uns Die Prinzen von Oranien gewonnen. Die schwäbische und fränkische Ritterschaft Sind mir geneigt; die Städte lassen mich Auf ihren Beitritt hoffen. Herzog Ulrich Von Braunschweig wird als Freund sich thätig zeigen, Und, schlagen Mansfeld sich und Christian durch, So haben wir zwo Pfeiler, die so leicht Kein Sturm uns niederwirft! Friedrich.

Verzeih mir, Wilhelm! Es eilen deiner That die Wünsche vor, Die stets mit falschem Schimmer uns gelogen. Ein Wunder muß es sein, wodurch uns Gott Aus unsrer Noth errettet, sonst geschieht Es nicht, und all dein Mühen ist umsonst! Wilhelm. Ein Wunder ist's, wenn aus dem Schooße Weimars Der Quell des neuen Heils zum Strome springt! Wenn auf dem engen Boden hier die Kraft Der Eiche wurzelt, die den Schlägen trotzt! Doch wird es sein! Es ahndet mir, mein Bruder,

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Von großen Thaten! Wie das junge Laub Im Maienregen duftend sich entfaltet, So bricht das Herz mir auf, so athm' ich süß Des Lorbeers frischen Hauch, und mich umlodert Die goldne Flamme der Unsterblichkeit! Friedrich.

Dich tragt die Schwinge deines Muths empor, Und Bernhard schwebt dir nach, wohin das Auge Nicht folgen kann; o, wäre nur das Ziel Nicht unerreichbar fern! Wilhelm. Was liegt so weit. Das nicht des Menschen Kraft erreichen könnte! Dem Muthigen ist nichts versagt, dem Helden Hat Gott im Himmel selbst den Sitz bereitet, Und wie ein Cherub schreitet er von Stern Zu Stern! Ja, Ernst! Das Wunder wirkt die Liebe, Die uns an einer Heldenfürstin Brust Wie Leu'n gesäugt, und hingestellt zum Kampf! Viertausend Mann zu Fuß, und tausend Reuter Stell' ich neu ausgerüstet in das Feld, Und Bernhard mehrt um tausend ihre Zahl. Friedrich. Euch eifert niemand nach, und Tillys Donner Vor Heidelberg hallt dumpf und fürchterlich Aus allen Kammern dieses Reichs zurück. Die Pfalz ist hin, und England müht umsonst Um seinen Eidam sich, ihr helft ihm nicht, Und zieht als Feind den Ohm in unser Land.

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Wilhelm. Wir kämpfen nicht um Friedrichs Heil allein, Der Protestanten Sach' ist's, und das Recht, Das wir vertheidgen; darum hält uns niemand Von unserm guten Vorsatz hier zurück. Doch zieh' ich heut mit meinen Truppen ab, Damit der Ohm nicht Grund zur Klage finde. O, daß der Tag noch nicht gekommen ist. Wo wir auch dieses Joch vom Nacken schütteln! O, daß wir zu den schlimmsten Feinden selbst Den mächtigsten der Freunde zählen müssen, Der schnöden Vortheil nur im Auge hält!

Vierte Scene. Bor Heidelberg. Die Stadt von Lilly belagert und beschossen. Montigny und Lucas, der Jesuit.

Tilly. Der Gubernator ist des Teufels! Trotzt Er uns in seinem festen Schlosse noch, Und rechnet auf Entsatz ? Er hofft umsonst! Schafft das Geschütz zum heil'gen Berg hinauf. Und schleudert ihm die Kugeln an den Hals! Montigny. Gebt ihr die Städte Preis? Tilly. Sie haben uns

Lilly,

Genug zu thun gemacht, was brennt, das brenne! Wir schmälern dem Soldaten nicht den Lohn, Und ehren seine Tapferkeit; er lasse Den Mühlstein nur, und glühend Eisen liegen, Das andr' ist sein! M o n t i g n y. Pardon? Silit). Was meinst du, LucaS? Lucas. Wenn ihr den Molch in seinem Neste stört, Und sich die Brut zu euern Füßen windet, Verschont ihr sie, und zieht aus purem Mitleid An eurer Brust den Basilisken groß? Die Stadt ist solch ein Nest, hier steckt das Gift Der Ketzerei; das Kind im Mutterschoos Ist mit der Pest behaftet, und die Kirche Verdammt den Sündenleib zum Feuertod! Tilly. Ich habe keine Vollmacht, Montigny, Den Spruch zu mildern! L u c a s. Hat der Mansfeld mit Dem tollen Herzog doch im Elsaß, traun! Der Stein' auf bloßem Felde nicht geschont. Der Boden ist zerstampft, die Städte liegen, Die jungen Adler folgen seinem Zug, Und sättigen, mit lustigem Geschrei, Sich an dem Fleische der Erschlagenen.

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Till». Wir wollen uns an Heidelberg erholen, Drum fragt nicht mehr! Montig ny. Ich achte des Befehls! Er geht.

Tilly. Da seht die Aschenhügel glühn! Der NeckarIst ausgedörrt, und wälzt den blnt'gen Schlamm Mit trägem Fuß gen Manheims Thore, die Den Rest der Pfalz uns in die Hände liefern. Schießen mit grobem Geschütz.

Ha, Und Mit Und

das ist gut! Die Stücke sind schon oben. donnern auf das Schloß! Der Sängen soll seinem Fußvolk sich nach Schwetzingen Rohrbach legen! Nußloch ist besetzt!

Ein Offizier entfernt sich.

Dem Tilly werden Briefe

behändigt.

Ein Brief vom Herzog Max; ich glaube schon Zu wissen, was er schreibt, nehmt hin! Von Worms? Der ist vom Erzherzog! Er hat die Stadt Besetzt, und stößt zu uns — Nicht wahr, ich rath' es? Wir sollen nicht den Waffen Einhalt thun, Ob auch das Friedenswerk behandelt wird ? L u c a s. So ist's! Tilly. Ich hätt' es anders nicht gethan!

85 Luca 6. Dle Sache Frietnchs ist zu Brüssel bis 3um nächsten Fürstenrath vertagt; indessen Wird Sachsen überredet. Tilly. O, der Kurfürst Hat ein geneigtes Ohr!

Lucas. Die Klöster sind Zu Worms und Germersheim restituirt. Tilly. Wir werdend auch so machen in der Pfalz. L u c a s. Es bittet seine Helligkeit besonders, Beim Sturm der Stadt den Bücherschatz zu schonen, Der nach dem Vatican gelangen soll. Tilly. Wir schleppen eine todte Last, doch haben Wir zu gehorchen! Von Cordua?

Rettet was ihr könnt!

Verflucht! Die beiden stürmen

Und hausen in den Niederlanden wild!

Lucas. O, daß sie Gottes Zorn nicht schlägt! Tilly. Doch, Lucas! Dem Herzog ist die Hand verhaun.

Lucas. O, hätten Wir seinen Kops!

Lilly. Geduld! Liegt nur die Pfalz, So halt' ich das Gericht noch über sie, Und beuge diese Trotz'gen auch ins Joch! Trompeten.

Oberst Montigny.

Was giebt's? M o n t i g n y. Der Gubernator will das Schloß Uns in die Hände liefern, so ihr ihm Und seinen Knechten freien Abzug gebt. Lilly. Wie stark ist die Besatzung ? Montigny. Sieben Fähnlein Und sechs und dreißig Reiter! Lilly. Gut, cs sei! Schließt den Accord! Nun donn're das Geschütz Zum Falle Heidelbergs, und lustig trage Die graue Wolke weit den dumpfen Schall!

Fünfte Scene. Im Haag. Elisabeth und Christian von Braunschwelg. Christian.

Elisabeth, o meine Königin! Ich darf sie wieder fassen, diese Hand,

87 Und wieder strahlt der Glanz von diesem Haupte, Das über mir in reinem Lichte schwebt! Elisabeth. Ihr seht mich anders, Herzog, als da ihr Den letzten Scheidcgruß von mir empficngt. Da röthete die Freude mir das Antlitz, Denn meinen Retter sandt' ich aus, und hoffte Des SiegS wie eine Braut, es war vergebens! Die Schönheit ist gebleicht auf diesen Wangen, Und, statt des Lächelns, weinet nur der Schmerz, Der auf mein Haupt die Dornenkrone setzt. Christian. Ich sehe eine Heilige vor mir. Die, aus das Ewige den Blick geheftet. Den Martertod mit Seelengröße trägt! Elisabeth. Wir sind durch harte Leiden lang geprüft; 0, wäre nicht im Odem Gottes Geist, Die Himmelskraft und zeugende Gewalt, Wir wären tausendmal ins Grab gebracht! Christian. Weil dieser Geist denn nicht dem Tod gehört, So stirbt mit ihm auch unsre Hoffnung nicht, Und immer neu gewinnt sie uns das Leben! Elisabeth. Ich will nicht mehr ihr trüglich Antlitz sehn, Und meinem Schmerze schmeicheln!

Was mein Auge

An ihr gewahrt, war falsch und lügnerisch, Mehr als der Schatten auf der nackten Wand.

88 Seht ihr an mir den Schatten nicht, den Schatten Erträumter Hoheit nur und Herrlichkeit? Wo ist mein Purpur und mein Diadem? Der Boden, wo? Gebietend tragt?

der meinen Königsthron Ihr sucht nach ihm umsonst!

Die Schätze sind verronnen, wie der Sand Im Stundenglas; die Perlen aufgelöst Im Salz der Thränen; Krön' und Königthum Zersprengt wie Glas, mein Reich ein Todtensarg, Der täglich sich mit blut'gen Leichen füllt! Soll ich darum nicht trauern?

Ist das Leid

Doch meine Habe nur, des Leibes Schatten, Der auf dem Fuße mit mir geht!

Ich lieb' es

Wie meinen Schatten drum, und nehm' es mit Dem Leibe meiner Schmerzen in das Grab! Christian. Elisabeth! Elisabeth. Ich bin's, und bin's nicht mehr! Denn als ich's war, da liebt' ich nur den Schatten, Und ward darum getäuscht; nun lieb' ich mich, Und lasse doch von meinem Schatten nicht!

Christian. Es läßt die angeborne Hoheit nicht Don euch, und wiegt im Glück die Leiden auf. Elisabeth. Nicht meine Krön' und nicht mein Königthum, Nicht Böheim und die Pfalz, des Gatten Erbe, Das ihm und seinen Kindern zugehört!

89 Verübt nun und geheiligt ist der Raub Vom höchsten Herrn des Reichs. Hat es gethan!

Der Kaiser selbst

Wer federt ihn zu Recht?

Wer klagt ihn an, und findet das Gehör? Wer hält die Satzungen des Reiches aufrecht, Und wendet ab die Schläge der Gewalt? 0 armes Deutschland!

Schwer nun büßest du

Die Zwietracht, die dich innerlich zerfleischt! Nun flieht die Freiheit dich, und deine Fürsten Sind Bettler worden, die in deinen Sand Die blut'gen Spuren zeichnen, wie das Wild, Ohn" Unterlaß von Berg zu Thal gehetzt! Der grimme Tilly spornt dich wie sein Roß, Und spannt, wie einen Hund, dich in den Karrn, Der deiner Hoheit stattliches Gepränge Im Armensunderkleid mit Seufzen schleppt! Christian. Nein, meine Fürstin!

Noch ist dieser Arm

Mit Kraft gestählt; sein eisernes Gewicht Hat mir sein markiges Gelenk ersetzt. Noch ist des Mansfelds Nacken nicht gebeugt, Und keines Herkul's Kraft bewältigt ihn! Die tapfern Herzoge von Weimar reichen Uns brüderlich die Hand, und, will es Gott, So schließt sich Niedersachsen nun uns an, Und stellt mich an die Spitze seines Heers, Daß ich den Feind von seinen Gränzen wehre! Elisabeth. Ich glaube nicht daran!

90 Christian. Elisabeth! Ihr saht mich einst als enern Retter ziehn, lind diese Schärpe gab mir eure Hand. Nicht unwerth trug ich sie!

Nein, was die Starke

Des Arms vermocht, hab' ich versucht, und mit Den Tapfersten wohl um den Preis gerungen! Nehmt meinen Schwur aufs neu! Wann ich mein Blut In diesem Kampf verströmt, soll man den Degen Und dieses theure Band ins Grab mir legen, Das all mein Gut zugleich mit mir verschließt! O, laßt mit euerm Segen mich von euch, Und weckt in meiner Brust den frohen Muth! Auf meinen Knie'n beschwör' ich euch, o Fürstin! Bei diesem milden Lächeln eures Auges! Werft eure Trauer ab, und steckt im Busen Der Hoffnung und dem Glück ein neues Reis!

Elisabeth. Schon grünt es fast, von eurer Hand gepflegt. Und sanft berührt von eurer Lippen Hauch. O wüßtet ihr, wie lieblich jedes Wort Mir süßen Balsam in das Herz geflößt! Christian. Elisabeth! Elisabeth. Mich saßt die todte Hand! Christian. Die Lieb' entzaubert sie, und neues Leben Erwärmt den Stahl!

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Elisabeth. Seid glücklich! Christian. Euer Name Ist mein Gebet! Elisabeth. Als Sieger grüß' ich euch! Christian. So traut' ich mich Mars selber zu bestehn! Der Vorhang fällt.

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Prolog 5 u m vierten Acte.

0 süße Hoffnung, die du über uns Im goldnen Himmel schwebst, und wie die Sonne Bald leuchtend, bald erwärmend strahlst, wie wirkst du Geschäftig stets den bunten Schmelz der Blumen Ins dürftige Gewand der Zeit! Kaum fühlen Wir noch das stählerne Gewicht des Armes, Das sie uns fühlen läßt; du nährst den Trieb Des Lebens in der Brust, und leitest uns Den Pfad des Himmels, den dein Fuß betritt! 0, wär' es nicht, wie duldeten wir oft Die Pfeile des Geschicks, die blut'ge Geißel, Die hart die Noth auf unsern Nacken schwingt! Sie schlägt die ehrnen Haken hier ins Fleisch, Und unerbittlich trifft die Henkershand. Zur Richtstatt worden ist das Reich, es hält Die Mordgier Hof, und spielt des Hasses Wuth Bei Fackeln Tanz mit Schädel und Gebein! Und doch, dein Licht noch schimmert durch die Nacht, Dein Fittig weht mit sanftem Flügelschlag, Und spannt den farbigen Bogen vor uns aus. Darin der Strahl der ew'gen Liebe glänzt! —

93 Verschlungen ist die Pfalz, und Tillys Schwert Schwebt über Niedersachsen schon gezückt. Die Stande flehn umsonst!

Die Eigenmacht,

Die Länder giebt und nimmt, kennt kein Gesetz! Oestreich will herrschen, Rom die Seelen binden, Und ruchlos schaltet wilde Grausamkeit. Umsonst versuchst du, Wilhelm, Weimars Held, Das starke Band der Einigkeit zu knüpfen! Umsonst erhebst du, Christian, noch einmal Dein muthig Haupt!

Der Däne greift zum Schwert,

Um des Tyrannen Macht im Reich zu brechen. Hofft ihr von ihm, wo euch die Kraft versagt? Geahndet kaum, wie eine Schneelawine, Entfaltet sich die Stärke Wallensteins. Es rückt der Daier vor; Norddeutschland seufzt: Wer kann zwei solchen Heeren widerstehn! 0 Mansfeld, du versuchst umsonst den Arm Des Großem abzuziehn!

Die Helden schlägt

Ein früher Tod, und auf dem Barenberge Siegt Tillys Tapferkeit, Rom triumphirt!

Vierter Akt. Erste Scene. Im Haag. Die Herzoge Ernst und Bernhard von Weimar.

Ernst. Laß mich dich ansehn! Ja, du bist's, mein Bruder! Mein Bernhard! Du, der Mutter Liebling stets! Wohl kenn' ich dich, doch anders siehst du aus, Als da ich dich im Vaterhaus verließ! Da warst du noch ein Knabe, nicht gemacht, Den Eisenhandschuh und den Helm zu tragen. Still und verborgen giengst du gern mit dir, Dem schlummernden Endymion ähnlicher, Als dem Achill; nun stehst du groß vor mir, Wie ich mir's nicht gedacht, ein zweiter Siegfried, Mit Kraft gerüstet zum entschlossnen Kampf! Bernhard. Doch hab' ich noch, was Siegfried, nicht gethan, And schäme deines Worts mich, Bruder Ernst, Den Vorwurf um so schmerzlicher nur fühlend!

Ernst. Du darfst mit dir nicht zürnen, wenn nicht stets Den frommen Eifer der Erfolg gekrönt. Wir sind einmal vom Glücke ganz verlassen, Und schwanken wie verlorne Schiffer auf Der wilden Fluth, das Ufer im Gesicht, Doch sinkend schon, und ohne Rettungsboot. Bernhard. So giebst auch du die letzte Hoffnung auf? Ernst. Ist alle Müh und Arbeit nicht umsonst? Erfuhrst du selbst mit Herzog Christian nicht Die letzte Niederlage bei Stadtlohn? Was für ein Heer, und welche Kriegesfürsten, Die besten Streiter, und der beste Muth, Und doch, was für ein Ausgang dieser Schlacht! Das Feld mit Waffentrümmern übersäet, Von tausenden kaum zehn auf wilder Flucht. Gefangen Bruder Wilhelm, Christian kaum Gerettet, und du selbst dem Tode nah. Bernhard. Kniephausen war's!

Er trägt allein die Schuld,

Da er dem Feind nicht hinter uns im Rücken, Bedacht wie sonst, den letzten Paß verwehrt. Ernst. Ich will mit ihm nicht rechten noch mit dir! Es scheint, daß Tilly unbesiegbar ist, Und uns der Himmel selbst verderben will. Nun liegt die Pfalz, der Kurhut selbst ist hin,

96 Der Liga Waffen siegen überall, Und über Nicdersachsen blitzt das Schwert. Der Spanier Spinola rückt vor Breda, Ihn macht das Glück des Waffenbruder- stolz, Und früh ist der Omni« ergraut. Hier droht, wie dort, entscheidungsvoll der Kampf, Es sollen einmal noch die Lande bluten, Und ihres schönsten Siegs verlustig sein! Bernhard. Nein, Bruder Ernst, nie kann es dahin kommen, Was du auch sagen magst, und schlimmres denkst! Verfinstert zeigt sich uns die Sonne wohl, Doch hält ihr Licht nicht ew'ge Nacht beschränkt. Der Strahl, der in der Brust einmal gezündet, Ist wie ein laufend Feuer, und die Freiheit, Wo sie einmal die Flügel angelegt, Ein Pegasus, de» keine Fessel hält! Nicht siegt der Spanier hier, und böt' er auch Die Minen eines neuen Weltreichs auf, Noch tragen je wir Roms und Oestreichs Joch! Nein, cs erzeugt die Noth die Mittel auch, Schafft Weiber um zu Männer, weckt im Knaben Des Löwen Heldenmuth, und macht zur Lanze Die Nadel, und die nackte Brust zum Schild! Der Himmel läßt die gute Sache nicht, Und hat für den Bedrängten hundert Engel, Die mit gestähltem Rüstzeug vor ihm ziehn! Ernst. Du bist's, mein Bruder! Ja, ich zweifle nicht.

Und diese Stimme hat mich nicht getauscht! Dich zu versuchen, Bernhard, gieng ich aus Und stehe nun vor deinem Blick beschämt. 2ch denke ganz wie du und gebe nimmer Das Heil der Protestanten auf!

Nein, alles

Ist vorbereitet und gemacht aufs neu! Der Däne Christian rüstet sich für uns, Der Mansfeld rückt schon wieder an den Rhein, Und Herzog Christian folgt ihm auf den Fuß, Von Englands Geld und Truppen unterstützt. Wir haben einen Anwalt selbst an Frankreich, Das eifersüchtig lang auf Oestreichs Wachsthum Und Spaniens neues Waffenglück geblickt! Bernhard. Ich weiß, du hast für Deutschland hier gewirkt Und von dem großen Moriz von Omnien Für den Gebrauch des Krieges viel gelernt. Das will ich auch und deshalb bin ich hier, Wenn er des Unterrichts mich würdig hält.

Ernst. Ich scheide, da du kommst, doch freut es mich, Daß ich dem Helden erst dich zeigen kann. Er wird dich gern als seinen Zögling sehn Und halten bis zur Stunde der Gefahr. Ich selber eil1 indeß ins dän'sche Lager, Nach Segeberg; noch ruhet die Entscheidung Bang und gewitterschwer ob unserm Haupt, Doch furchtbar schnell wird die Entladung sein ! Aus Böhmen droht uns das Verderben neu. G

98 Es ist der Wallcnstein, deß Krlegesruhm Wie Schall der mächtigen Posaune wächst. Ein zweiter Pyrrhus, scheint'-, und Attila Zieht wider uns ins Feld, seit Bethlen Gabor Von neuem seine Friedenshand gereicht; Doch mich erschreckt cs nicht, mir steigt der Muth! Das Feuer in der Seele brennt nicht aus Und schlägt, wie die verborgne Gluth der Erde, Mit raschen Flammen immer neu empor! Bernhard. Mein Bruder Ernst» nun schwebst du leuchtend wieder Mir vor, wie jenes Tags, wo du zuerst Gen Nürnberg nach dem Fürstcnrathe zogst! Du wolltest damals die Unirten schon, Beherzt und kühn, zum Glaubenskampf entflammen; Den Böhmen sollte flugs geholfen sein. Wie der Magnet die Eiscnspähne zieht. So sollte König Friedrichs junge Kraft Die Fürsten, Städt' und Ritter an sich ketten Und furchtbar dastehn durch des Bundes Macht. O, wär' es nur geschehn!

Du riechest recht!

Du warst der erste, der sich ohne Rückhalt Mit hundert Reitern an den König schloß; Du warbst für ihn, du hieltest mit ihm aus Auf seiner Flucht in Noth und in Gefahr. Du gabst des Kaisers Gnade für den Freund, Und für des Glaubens Heil dein Herzogthum. Was damals tief im Herzen Wurzel schlug. Äst still emporgekeimt und bricht nun wie

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Ein Frühling frisch aus allen Zweigen aus! Mich kümmert der Triumpf der Feinde nicht. Noch auch die Unbeständigkeit des Glücks; Ich weiß, daß unerschöpflich dieser Quell, Und daß uns nichts vom graben Ziele lenkt, Wohin die Liebe Gottes uns geführt! Ernst. Ja, du wirst reisen, Bernhard, wie ein Weinstock Im Berg des Herrn! Dein köstlich Reis wird blühn Und Früchte bringen, wuchernd ohne Zahl, Woran dereinst der Deutschen Mund sich labt! Noch ist die Zeit nicht da, doch sie wird kommen, Wo du Gesetze mit dem Schwerte schreibst, Und unter dir die Schlange Roms sich windet! Dich soll noch heut der Held Oranien sehn. Und in den Spiegel seiner Jugend schaun!

Zweite Scene. Im Lager Mansfelds, in der Gegend von Emmerich. Die Wachtfeuer verglimmen im Frühlichte.

Mansfeld

und Martin vor dem Kriegeszelte.

Mansfeld. Heut Nacht? Erzähle! Marlin.

Ihr verspottet mich! Mansfe ld. Du hast mein Ohr gewonnen wie mein Herz. G 2

100

Martin.

Ihr hört mich kaum und denkt, ich träume nur. Mansfeld. So träume fort! Martin. In Zeichen spricht der Himmel, Und zum Propheten wird die Zeit! Mansfeld. Laß hören, Was du geschaut! Martin. Es sahn's auch andre Augen! Mansfeld. So mußt' ich schlafen. Martin. Als der Mond am Himmel Sein Halbgestcht mit greisen Haaren wieß, Da rauscht' ein Kriegesheer aus einer Wolke, Gleich einem Bienenschwarm, von Mitternacht Gen Morgen; viel der schwarzen Rosse stampften Die Luft, die schweflich roch und ächzend stöhnte Um ihre Last. Mit ungerischen Hüten Und Federn hatte sich die Schaar geschmückt, Die mit dem Sturme flog und auf die Erde Die feurigen Geschosse warf; ein Adler Mit pfeilgespitzten Federn vor dem Zug Und einen Silberpanzer um die Brust.

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Mansfeld. Dein Schlaf war krank. Martin. Ich wachte. Mansfeld. Sieh mich an Martin.

Es ist das einz'ge Wunder nicht, das in Der Zeit geschah! Was sich in tausend Jahren Nicht zugetragen, das begiebt sich heut Und weist auf eine große Zukunft hin. Der Reichskalender spricht von wichtigen Dingen, Die Sterne schießen aus gewohnter Bahn, Und Feuerkugeln fallen auf das Land. Es sitzt die Erde selber nicht mehr fest, llnd für den Bau des Himmels und der Welt, Schreibt Gottes Finger nun ein neu Gesetz! Mansfeld. Du sprichst wie ein Chaldäer, Martin! Hüte Dich vor dem Teufel, der den Fallstrick Uns vor die Füße legt! Martin. Ich leb' und sterbe M»t euch, doch froh ist meme Zuversicht! Sett jenem ersten Tag hab' ich's erkannt, Als euer Licht mir vor die Seele trat. Und scheu die Schlange der Versuchung floh! Der Pfaffen Werk ist Trug und Hinterlist, Und Nacht ihr Auge, das im Finstern schaut.

103 Ihr Reich hat nicht Bestand, denn weltlich ist's, Auf Aberwitz und Schwärmerei gegründet; Doch Gott hat uns die Welt gebaut und neu Das erste Licht des Tages aufgesteckt, Das über uns zu neuem Leben strahlt! Mansfeld. Dich hat der Geist erweckt und dir im Schlaf Der Worte Honig in den Mund gelegt! Du richtest wie ein Engel mich empor, Da herber Schmerz die Seele mir verwundet. Ich lag im Graun der Nacht auf meinem Lager, Und meine Seufzer stürmten an den Himmel, Wie die Gewalt vor ehrnen Pforten trotzt. Verlorne Schlachten, Heer' und Länder stiegen Vor meinen Blicken auf, zerschellte Kronen Und Leiber der geschiednen Freunde, die Der hast'ge Tod zu früh uns fortgerafft. Dich, Moriz, sah' ich zu den Schatten gehn, Oraniens Heldenblut! Dich, edler Anhalt! Und Joachim, ihr Häupter einst des Bundes, Deß Hirt in seinem Kleinmuth längst versank! Die Fremden schwankten wie ein Binsenrohr, Vom Buhler West geschmeichelt und geknickt, Und selber zählt' ich mich den Todten zu. Doch nahe standen, die mit arger Knechtschaft Das Reich bedrohn und, seinen Nacken geißelnd. Es wieder spannen in ein kläglich Joch! Der schlaue Max, der nun den Kurhnt trägt, Der blutbegier'ge Tilly, dessen Auge

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Von Mordlust brennt und der an unser Leben Die unnahbaren Hände legt; die Leuchte Des Krieges, Wal len stein, der nun zum Schrecken, Ein neuer Sirius, am Himmel glänzt! Martin. Er trotzt dein Adler nicht, den ich gesehn Und den der Himmel selbst zum Kampf gerüstet. Die Feinde seines Wortes zu bestehn! Ja, wart ihr selbst es nicht, der lange schon Vorkämpftet in den Reihn, so glaubt es mir: Verborgen ist der Retter nur, doch plötzlich, Zum Schrecken aller Feinde steht er da! Mansfeld. Weissagend spricht dein Mund, o, wär" es wahr! Was soll das Schießen dort? Was giebt's? Oberst Merven. Gen'ral, Ein Reitertrnpp laßt sich im Felde sehn! Mansfeld. Der Anhalt sollt' es wagen? Martin. Gebt Befehl, Daß ich mit euerm Regiment Dragoner Ihn jagen darf! Mansfeld Thu's, aber sei besonnen Und auf der Hut! Martin eilt.

Sadupski kommt.

Sadupski. Die Posten haben sich Zurückgezogen! Mansfeld. Oberst Lainminger Soll aus dem Lager vorgehn. Pflanzt Geschütz Auf jenen Hügel bort! Sadupski geht.

Sie werden sich Die Hand verbrennen! Herzog Christian Streift kaum zwei Meilen fern und schneidet ihnen Den Rücken ab. Hei, wie der Junge fliegt! Er hat mein feurig Blut und lernt den Krieg Mir ab! Hört ihr? Sie sind zusammen! Staub Und Dampf verhüllt sie! Merven. Auf dem rechten Flügel Scheint mir Gefahr zu drohn. Mansfeld. Der Tifel soll Den Lamminger verstärken! Horch, was giebt's? Der Tolle hat die List gemerkt und metzelt Schon unter sie. Meiu Pferd! Zu Roß, zu Roß! Das Schießen wird stärker, und Truppen zieh» im Hinter­ gründe vorüber. Trompeten. Gleich darauf Mansfeld mit Herzog Christian und dem verwundeten Martin.

Mansfeld. Du blutest, Marlin?

Martin. Es bedeutet nichts!

Christian. Nein, legt ihm den Verband an, denn die Wunde Ist tiefer als ihr denkt. Marlin. 0 nein, gewiß! Mansfeld. Du schwankst? Herbei, und tragt ihn in mein Zelt! Er hat ein Heldenstück gethan, pflegt ihn wie mich! Und laßt kein Auge von ihm! O, er lacht! Er ist nur matt, und an den jungen Stamm Hat noch der Tod sein Eisen nicht gelegt! — Nun laßt mich euch willkommen heißen. Herzog! Wußt' ich es doch, daß ihr es wart, der wie Ein Wolf in ihre Heeede fiel! Der Hirt Warf Stein und Schleuder von sich und entfloh! Christian. Wir haben uns ein golden Vließ erobert. Und hielten nur die Nachles' hier! Dem Spanier Sind dreißig Wagen mit Gerath und Silber Und sieben Mörser abgenommen. Herford Und Bielefeld halt Oberst Gend besetzt. Die feste Burg, der Sparenberg, von Quadern Auf einem Schieferfelsen aufgeführt, Hat seine Thore für uns aufgcthan. Vom Grasen Anhalt bracht' ein Trommelschläger Mir einen Brief; ich solle niederlegen,

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Der Kaiser wolle pardonniren, so ich Mich füg' in seinen Dienst, ein treuer Fürst Und Unterthan, ein Freund des Reichs und was Dergleichen mehr! Was gab ich ihm für Antwort? Weil ich ein Freund des Reichs sei, woll' ich nicht Mit seinen Feinden conspiriren, nicht Des Pfaffen Joch auf meinen Schultern tragen Und mit dem Teufel spielen wie ein Schalk! Nein! Einen Arm nur hätt' ich noch, doch dieser Sei stark mir im Gelenk und lang genug. Nach manchem Hute noch hinauszuragen Und manchen Stab zu brechen in der Faust! Mansfeld. Ein Manneswort! Die Schelm' und Vipern, wie Sic zischen und mit Schmeichelworten kosen, Indeß die Zeit uns ihren Stachel scharst! Christian. Der Däne hat bei Hameln sich gesetzt. Mansfeld. Sein Kriegesglück ist faul, ich acht' ihn nichts! Als er den Mauern nah in voller Rüstung, Da strauchelte sein Pferd und fiel mit ihm. Christian. Uns soll fein Unfall schrecken! Was der König Allein nicht thut, vollbringen wir mit ihm. Sein Heer ist zwanzigtausend, und es halten Die Tapfersten zu ihm. Der alte Markgraf Von Baden selbst, so hör' ich, hat von neuem Sein Rüstzeug angelegt und führt dem Dänen

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Noch eine Handvoll Krieger zu. Sind wir Vereint, so bieten wir dem Tilly Trotz Und schlagen ihn hinaus. Mansfeld. Das gebe Gott! Ich werde sehn, wie ich den Wall enstein Vom Leib euch halten kann und spiele so Den Krieg in unsrer Feinde Land zurück. In Oberdeutschland schlägt noch lnanches Herz Uns heimlich zu; es brennt in Böhmen noch, In Mähren, ja, in Oestreich selbst die Gluth, Die schnell ein Hauch aus ihrer Asch' entflammt! Christian. Ich gebe nichts verloren! Nah und fern Habt ihr an mir ein treues Herz und findet Zu jedem Dienste mich bereit. Nun sporn' ich Den Dänen an; es brennt mich die Begier, An dem Tyrannen Tilly mich zu rächen! Elisabeth, noch denk' ich meines Schwurs, Noch wiegt die Krone, die dein Haupt geschmückt Und in die Schale schleudr' ich meinen Degen, Wie einst der Römer auf dem Kapitol Zum rothen Gold, das Furcht und Blässe wog! Mansfeld. Gott leit' euch, Herzog, und gewähr' euch Sieg! Wir scheiden heut vielleicht zum letztenmal Und grüßen erst mit Himmelsthron uns wieder!

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Dritte Scene. Zu Weimar. Die Herzoge Friedrich und WilhelmFriedrich. Dich hab' ich wieder, den Gefangenen, Und weiß dich mit dem Kaiser ausgesöhnt! So haben wir doch einmal etwas Gutes • Dem Oheim zu verdanken, so verwandte Die Kaiserin sich selbst für deine Freiheit. Du bist gerettet, mir zurückgegeben, O, könnt' ich das auch von den Brüdern sagen. Die sich aufs neu in die Gefahr gestürzt! Wilhelm. Gott segne sie, sie thaten wohl daran! Friedrich. O, waren sie dem Kaiser auch versöhnt! Wilhelm. So lang er uns das Reich gefährdet, nie! Friedrich. So willst auch du aufs neue mit ihm brechen ? Wilhelm. Nicht wider meinen Eid, ich schwur ihn nicht! Friedrich. Und ehrst du so der Freiheit hold Geschenk? Wilhelm. Ich ehr' cs wohl, doch es besticht mich nicht!

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Friedrich. Du häufest neues Weh auf unser Land! Wilhelm.

Gott nehme seinen Schmerzcnskclch von ihm! Mein trauter Bruder, laß dein mildes Herz Uns nicht verklagen! Weiß ich doch, auch du Trägst einen hohen Muth in deiner Brust! Du sorgst nur, daß die Flamme nicht unzeitig In rascher Gluth auf deinem Heerd entbrenne Und lodernd in das dürre Fachwerk schlage. Friedrich. Es mag wohl sein, jedoch, was hilft es mir. Da wilder stets bei euch die Lohe flammt! Der Krieg haust schrecklicher nun als zuvor Und alles ist, was seine Wuth verschlingt. Die Spuren waren frisch auf deinem Wege, Und unser armes Land blieb nicht verschont. Des Friedlands Truppen lagern noch umher. Brandschatzend mit des Wolfes Gier, und Blut Ist ihre Lust; wie mögen Bitten wohl Ans Felsenherz des stolzen Feldherrn dringen! Wilhelm. Drum frommt Gewalt allein, Macht wider Macht, So lang ein Glied an unserm Leib gesund! Wohl sah ich frisch des Jammers Spuren noch! Woher ich kam, nahm ich das Elend mit. Wohin ich schritt, da fand ich Angst und Noth. Da wuchs der Muth mir neu und schüttelte Mit Kraft die Eisenstäbe meiner Brust.

Ich musterte im Geist die neuen Truppen, Die ich zur Rettung für die Freiheit warb. Wie freudig scholl der Ruf zu meinem Ohr Vom neuen Kampfe, von des Danen Rüstung, Von unsrer Brüder neuem Heereszug!

Friedrich. Das Glück ist mit dem Feinde, bei Hannover Hat Tilly schon den König fortgedrängt. Vom Wallenstein ist Göttingen erobert, Und tief erseuszt das Land von seinem Druck! Wilhelm. Ei Bruder, du vergissest, daß auch wir 2n manchem Treffen obgesiegt!

Es wechselt

Der eifersücht'ge Mars, und nichts kann uns Entmuth'gen!

Nein, der harte Zwang des Krieges

Wird an den Boden schlagen und den Stein Für uns bewaffnen!

Von den Bergen werden

Die Quellen rauschen und empört die Wälle Und Lager brechen, die der Feind gebaut. Der Mansfeld lebt noch, ein geprüfter Held, Und Herzog Christian hetzt den Teufel selbst In Tillys Angesicht mit tollem Muth! Friedrich. 0, wäre dein begeistert Wort ein Heer, Das uns den Sieg erkämpfte!

Legte doch

Der Himmel meinem Flehn den Harnisch an Und stellte, wie des Paradieses Cherub, Den Seufzer meiner Brust zu ihm gestählt!

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Wilhelm. Er thut's, mein Bruder! Hat er nicht vordem Dem Worte so das Rüstzeug angelegt Und es hinausgesendet in die Welt, Daß cs das Reich der Finsterniß bekämpfe? Ist es nicht stark geworden wie ein Blitz Des Herrn, geschleudert in den Schoos der Nacht ? Gebiert es täglich neue Wunder nicht Und schreitet mit dem Niesenleib dahin, Wo von des Feuerhauptcs Lockenschütteln Ein Funke zündend auf den Boden fiel? Da hemmt kein Wehr des Sturms gewalt'gen Lauf, Es stillt der Ocean die Flamme nicht. Und ganze Länder mäht das scharfe Schwert! So geht das Wort vor uns, mein theurer Bruder, Und sprengt die Fesseln Roms und Oesterreichs! Dem Mansfeld hat sich Bruder Ernst verbündet, Und Bernhard schloß mit Herzog Christian Dem Könige sich an. In Thüringen Sind schon die Werbeplätze neu eröffnet; Ich habe schnell ein frisches Heer gesammelt. Womit ich beide unterstützen kann. Friedrich. Bedenke, was du thust! Wilhelm. Was ich im Geiste Zu unserm Heil erwog nur führ' ich aus!

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Vierte Scene. Unter dem Bergschlosse Plesse bei GLttingcn. Es ist Nacht. Das Schloß schimmert im Mondlichte. In der Schlucht stellen sich Truppen auf.

Einer. Geht still und vorsichtig! Macht halt und nehmt eure Posten! Ein anderer. Der Herzog folgt uns auf den Fuß. Erster. Ein tollkühnes Abentheuer, die Kaiserlichen zu über­ fallen, die dreimal so stark sind als wir! Zweiter. Er ist besessen und jagt sie allein über den Haufen! Dritter. Sein Name thut's! Zweiter. Das ist's! Darum wagt er nichts, und wir schmei­ ßen sie auseinander! Vier ter. Auch der junge Bernhard versteht den Krieg! Zweiter. Das will ich meinen! Er hat's dem großen Oranien abgelernt, der nun auch aus der Welt gegan­ gen ist.

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Dritter. 'S ist nicht das einzige fürstliche Haupt, das der Tod den Protestanten geraubt hat. An dem Könige von England haben wir auch eine Stütze verloren. Vierter.

Es leben noch Christian und Mansfeld, die werden's ausfechten I Erster.

Geb's Gott! herunter! — Herzog

Still!

Sie kommen den Berg

Christian und Bernhard von Weimar mit

Truppen.

Christian. Wir sind schon unten, und noch regt sich nichts. Bernhard. Der Lauenburger liegt im Schlaf, ich sagt's! Sie haben gestern erst vollauf gezecht Und denken nicht an uns. Christian. Wer da? Der Posten. Gott und Elisabeth! Christian. Gut Freund! Der Mond steht hoch, 'S ist Mitternacht vorbei. Was meint ihr, Bernhard? Wir machen fette Beut' an Kriegsgeräth, Proviant und Silber. Göttingen eröffnet Uns seine Thor', und Tilly muß zurück.

H

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Bernhard. Mir springt das Herz vor Freuden in der Brust, Laßt blasen, daß es von den Bergen schallt! Christian. Ist das Geschütz hinaufgebracht? Ein Offizier. Es steht! Christian. Seht ihr die Fackel dort? Bernhard. Sie brennt! Christian. Wohlauf, So ist die Burg besetzt! Die Rosse stampfen Die Wiesenflur im Thal! Elisabeth, Dein Ritter schwingt das flatternde Panier Und stürzt den Tod auf deine Feind' hinab! Löst das Geschütz und rührt die Trommeln laut! Gott und Elisabeth! Der Ruf wird aus der Ferne beantwortet, Trommeln und grobes Geschütz. Der Mond bleicht, und eS tagt allmälig.

Flüchtlinge. 'S ist alles verloren! Der tolle Christian stürmt's Lager über den Haufen. Andere. Ein blutig Gemetzel! 'S giebt kein Pardon, fort! fort!

IIS Dritter. W» wollt ihr dorthin? Vierter. Auf die Burg. Dritter. Sie ist besetzt, ihr lauft dem Feind in die Hände! Andere. Wehe! Weh! Dritter. Gott helf uns! Der Tolle rast in dem Haufen! Getümmel und Flucht! Christian im Verfolgen.

Christian. Wir jagen sie wie eine Rudel Hirsche, Und purpurn traust ihr Schweiß. Der Spring im Wald Hat sein Krystall in rothes Blut verwandelt. Der Himmel spiegelt sich im Widerschein lind lacht der Heldenthat! 0, bringt ihr Engel, Die ihr in Gold den Saum des Morgens faßt, Zu meiner Königin den Siegesgruß I Schwebt in den scl'gen Himmel ihrer Augen Auf Traumesflügeln, die den holden Schlaf In Kindesarmen betten! Mein Gebet Steigt wie das Opfer Abels für sie auf! Ha, Bernhard! Ist das flüchl'ge Wild gefällt? Bernhard. Ein lustig Waidwerk, das für unsre Mühe Uns reich belohnt! H 2

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Christian. Wir haben eitel Silber, Das führten drei Gespanne nicht hinweg! Bernhard. Sechs Haken und acht Mörser nahm ich fort. Der buntgefleckte Luchs, der Herzog selbst, Gieng uns davon! Christian. Ei nun, wir haben doch Ihm einen Bolzen auf den Pelz gebrannt, Daß er uns nicht zum zweitenmal versucht! Das wird den Tilly ärgern! 0, wär' ich Der Geier doch, der ihm, wie Tityos, Aus seiner Brust die schwarze Leber hackte! Bernhard. Wär' uns der Dän' ein Königsadler, traun! Dann breiteten wir nun die Schwingen aus, Und schärften unsre Klaun zum Todesfang! Christian. Das Blut ist frisch, das von den Händen traust, Und Mordgier brennt auf unsrer Zunge heiß; Drum jagen wir dem Eber auf der Spur Und hetzen ihn wie muntre Doggen auf! Sie stürmen fort.

m

Fünfte Scene. Bei Nordheim in der Nähe des Tilly'srhen Lagers. Zelte im Hintergründe und Wachtposten.

Lilly, Mon-

tigny und Lucas.

ruly. Er hat den Strang verdient! Wer ist's? Montig ny.

Der Herzog Von Sachsen Lauenburg. Tilly. Achttausend Mann ? Und alles hingemctzcll? M o n t i g n y. 2» den Bergen Hält mancher noch versteckt. Lilly. Ich will mich rächen! Beiin Kreuze des Erlösers, ja, ich will's! In Stücke reiß' ich diesen Christian, Kommt er mir selbst noch einmal in den Weg! Achttausend Mann! 0, mir zerspringt der Kopf, Ich möchte rasend werden! Sagt nichts mehr! Der Boden ist verflucht, auf dem wir stehn, Nordheim soll brennen, wie Gomorrha brannte! Der König muß von Dudcrstädt zurück. Sonst spielt er uns den Krieg in Freundes Land!

Achttausend Mann! Die Seele lechzt nach Blut, Den Pechkranz auf den Hut, die Stadt soll brennen! Er enteilt. Lucas.

Die Saat ist reif! 0, reutet mit den Händen Düs Unkraut aus und reiniget die Zweige Vom schädlichen Gespinst der Raupenbrut! M ontigny. Er schäumt in wildem Zorn! Lucas.

Gut, das ist Oel Zur Flamme, die im Tempel Gottes brennt! M o n t i g n y. Das Feuer leckt schon att den Dächern auf, Und ihre festen Mauern bricht der Sturm! Er geht. Schießen und Kriegsgeschrei.

L u c a s. Es glückt uns nicht, so lang der wilde Teufel Hier seinen Spuk treibt und der Geißel spottet. Die zweimal schon mit Schimpf ihn fortgepeitscht. Besprecht ich nun ihn nicht, so fürcht' ich, bringt er Noch Unheil und Verderben über uns» Das Elixir trag' ich auf meiner Brust, Könnt' ich Nur an ihn, traun, ich tränkt' es so Ihm ein, daß die verruchte Seele bald Zu ew'gen Qualen in die Hölle führe! Sollt' ich nicht einen finden, der den Lohn Des Himmels sich durch solchen Dienst erwürbe?

119

Mich dünkt, ich hält' ihn! Den ich keuchend jüngst, Von Blutschuld schwer gedrückt, im Kloster sah. Die strengste seiner Bußen wiegt ein kleines Nur gegen solche That, sie löscht allein Ein ganz Register seiner Sünden ab. So sei's! Du bist der Mann, Antonius! Du brichst das Himmelsbrot, und lieferst uns Den Teufel Christian, die Ratt' am Gift! Dann ziehe dir der Friede süß wie Säuseln Des Frühlings in den wunden Busen ein! Der Vorhang fällt.

Fünfter Akt. Erste Scene. Im Haag. Die Königin Elisabeth.

Elisabeth.

Auch er dahin, der tapfre, den der Himmel Zum Streiter mir ersehn! Der mich geliebt Wie seines Auges Apfel! Er vergiftet Im Wein, den ihm Verrath gemischt, im Brot, Das ihm ein Schelm gereicht, ein Teufel aus Der großen Schule Roms, denn keiner sonst Hatt' es gewagt so tückisch Gottes Bild Mit schadenfrohem Finger auszulöschen! O Christian, du trugst um deine Schulter Mein Scherpenband, mein Bild in deiner Brust! In deiner Heldenseele glühte noch Das Feuer ritterlicher Herrlichkeit, Das nun im letzten Athemzug erlosch! Was hat nun Werth noch, welche Hoffnung steigt Auf neuen Schwingen auf! Sie sind gebrochen

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Wie mein zerschlagnes Herz, in Blut getaucht, Und keine neue Blüthe treibt die Zeit! Bin ich ein Weib, daß ich in Thränen schmelze, Und leistet mir das Auge noch den Dienst? Wer hot noch Thränen? Ganz wie Niobe Vor grausem Schmerz versteinert ist das Reich! Was weintest du? Daß sieben blühende Söhne Und so viel Töchter dir Latona schlug? Armselig Weib! Ich hatte tausende! Den goldnen Aepseln gleich, so hingen sie Gefärbt an Hoffnungszweigen meiner Lust, Die alle schlug der Wintersturm herab! Er ließ mir nichts, der Baum ist abgestreift, Und in den Himmel starrt sein nacktes Reis! Soll ich nicht weinen? Nein, das wär Lüge! Verrath an diesem Meisterstück der Welt, Das schöpferisch uns lacht! Die Weisheit spricht: Was kommen mußte kam, sein Wille war's. Dir frommt Ergebung in des Himmels Willen! Und das ist Trost! Wohlan denn, schmeichle mir Mit Hoffnungen, liebkose mir mit Worten, Die ihres Siegs gewohnt zum Herzen ziehn! Schenkst du ein neues Königreich mir wieder? Ein großes Wort, doch wiegt es leicht wie Flaum Verhilfst du uns zu unserm Erb' und Lehn? Wer trotzt den Raub den Klaun des Löwen ab! Weckst du die Todten auf? Sie liegen still! Mein Vater schläft, es schläft Oranien, Der tapfre Christian legte sich zur Ruh!

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Sprengst du die Ketten der Gewalt und rächst An unsern Feinden uns? Hilfst du dem Glauben, Dem neugebornen, auf im Mutterschoos? Wo strahlt dein Banner, wo sind deine Heere? Wo ist die Liebesbrust? Fluch deinem Trost! Nein, sprich mit Todespfeilen, spreng' die Leinen Des Sündenbodens, der, in Fäulniß stockend, Den Sitz der Bosheit und des Lasters trägt! Spreng' auf des Himmels Ball und laß in Feuer Herab des Weltsgerichts Posaune tönen, Daß aus den Gräbern auf die Todten stehn, Und die Lebend'gett sinken in die Erde! 0 höre mich, vor Schmerz und Schrecken starr, Und gieb mit eignem Tod mir neues Leben! Der König Friedrich ist zu ihr getreten.

Friedrich. Elisabeth! Elisabeth. Du, Friedrich ? Friedrich.

Warum mir Der Zornblick deines schönen Auges? Nicht Den Feind verfolgst du, nicht komm' ich, in Haß Dein allzu heftig Wesen zu entzünden; Den Hauch der Liebe bring' ich dir, der lind Und weich die Seele macht wie Kindeslächeln. Elisabeth. Willst du die Stimme meines Trostes sein?

183 Friedrich.

Der Gärtner, der das Reis des Friedens pflanzt. Elisabeth. Die Palme sah' ich lieber, hoch und schlank! Friedrich. Der hohe Glanz ist's, der das Auge blendet! Elisabeth. Viel lieber blind, als schale Dämmerung sehn! Friedrich. Aus Dämmerung entwirft sich uns das Licht! Elisabeth. Ich suche Nacht, weil mir die Sonne fehlt! Friedrich. Der Strahl nur hellt, der in die Seele fiel! Elisabeth, laß ab von deinem Gram Und setze nicht das Heil in solche Dinge, Die, kaum geliehn, die nächste Stunde nimmt. Nur auf das Ew'ge sieh! Ich dachte wohl, Wir hätten lange mit dem Glück gespielt, Und trachteten Nach neuen Würfen nicht! Elisabeth. Der letzte, Friedrich, ist nun auch gefallen, Und groß und unersetzlich der Verlust! Wonach noch sollten wir uns lüsten lassen, Und welche Hoffnung bleibt uns? Du hast recht! Des Schmucks beraubt, von unserm Herd verstoßen, Der Freunde bar, bedürftig, arm und bloß, Was haben wir noch schlimmeres zu fürchten ? Wir sind die Glücklichen, denn der nur ist's,

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Der nichts verlieren kann! Dem Bettler Preis, Den Gottes Sonne wärmt, der Himmel speist. Denn Mangel leidet nicht, wer ihn nicht kennt! O, wie beneid' ich ihn, dem ich nun gleich! Wer eine Krone trug und sie verlor, Ist nur ein Bettler; doch der Bettler König Nun gegen ihn, ein reicher Herr von nichts, Das mehr doch, als dies etwas, welches nichts! Friedrich. Wen kümmert noch das nichts, wer dies erkannt ? Ich nichts der Mangel, den du fühlst, so trägst du Zu schwer an dem Gedanken schon, und unnütz Ist diese Last. Wir tragen schwereres Mit Gottes Hülfe leicht, Elisabeth! Ein Liebesdienst wird leicht, wie schwer er sei! Die Liebe wiegt den schwersten Theil mit auf. Gott nahm für uns der Sünden Last auf sich, Wir nehmen seiner Liebe Müh auf uns! So gleicht der stete Widerkampf sich aus, Und wir gewinnen noch die Frucht des Heils. Elisabeth. O, welch ein Garten auf den Lippen blüht! Friedrich. In unsrer Seele, die ein Paradies! Elisabeth. Und hörst du draußen nicht den Sturm der Schlacht ? Friedrich. Ich hör' ihn wohl, doch er erschreckt mich nicht!

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Elisabeth. Es ist ter setzte der Entscheidung ! Friedrich. Sie Ruht in des Himmels Hand! Elisabeth. Der Drache schlingt Norddcutschland rote dein Reich! F- riedrich. Gott hat dem.Bösen Ein Ziel gesteckt! Elisabeth. Und welchen Brautschatz, Friedrich, Giebst du den Kindern mit? Friedrich.

Die theure Lehre, Daß sie auf Zeitliches ihr Glück nicht baun! Elisabeth. Amen! O Gott, vergieb dein wilden Schmerz, Der frech zu lästern meine Zunge treibt! Nun ist der Fluch von meinen Lippen, nun Wogt wieder still die See, denn friedlich gleitet Das Wandeln deines Schritts darüber hin! Ich bebe nicht kleinmüthig und verzagt. Noch soll das Leid mies) überwältigen, Wenn er die neuen Todesopfer bringt. Ich denke groß von uns! Den Bettlerstab Statt Scepters in der Hand, der Sonne Strahl Statt goldner Krön' auf dem gekrönten Haupt,

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Und statt der Perlen Thränen auf dem Tcppig, Der das gejagte Königswild beweint, So wandern wir! Wir sind die ersten nicht, Noch auch die letzten die des Weges zichn. Komm, zaudrc nicht zu frommer Pilgerfahrt, Der Himmel hält uns unser Reich bewahrt!

Zweite Scene. Offnes Feld in der Nähe von Dudcrstädt. Das Lager im Hintergründe. Tilly mit einem Schlachtplane beschäftigt. Oberst M o n t i g n y mit andern Of­ fizieren und dem Pater LucaS in ehrerbietiger Ferne.

Montigny zu Lucas. Sprecht ihr mit ihm, ihr könnt's! Lucas. Jetzt nicht, ihr seht. Er ist mit sich allein. Montigny.

Euch steht er Rede. Lucas.

Man reizt den Löwen nicht! Montigny.

Ihr seid das Hündchen, Das seinen Zorn bemeistert. L u c a s. Immer nicht!

Montignn. Die Stunde dringt. Lucas. Er ordnet euch die Schlacht! M o n t i g n y. Wir körnten schon darin sein! Lucas. Brennt das Feuer Euch auf die Nägel, Montigny? Montigny. Es sprüht Dem Dänen! Lucas. Laßt's! Der zieht sich wohlbedächtig Vor eurem Schuß zurück. Montigny. Wir sollten ihm Die Flucht nicht gönnen! Lucas. Seine Stunden sind Gezählt. Montigny. Noch heute wär's um ihn geschehn! Schießen von fern. Tilly. Was soll das Schießen noch? Montigny. O gebt Befehl, Daß wir dem Dänen heut ein Treffen liefern!

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Tilly. Seid ihr gescheut? Geduld! Der König wirst Nach Wolfenbüttel sich, da sollt' er hin! Montigny. Wir schlagen ihn noch heut. Tilly. Wie ihr es seht! Der Tüngcn soll mit keinem Schritte weiter Dem Feinde nachgehn! Ha, verdammt das Schießen! Ich jag' ihm eine Kugel durch den Kopf, Wenn er nicht hört! Geschwind! Es soll mir keiner Auf eine Stunde wegs vom Lager streifen! Lucas. Sie sind erhitzt, und brennen auf die Schlacht. Tilly. Sie sollen noch zu thun bekommen, glaubt! Die Sach' ist ernster, als sie denken, doch Ihr blöder Sinn erkennt es nicht. Montigny. Wir sind Im Vortheil, General, wenn auch der Feind Um ein'ge tausend stärker ist an Zahl. Tilly.

Wißt ihr es besser, Montigny? 3br werdet Mich zornig machen, sprecht ihr noch ein Wort! Ich dacht', ich wär' im Krieg ergraut und suchte Noch meinen Meister. Nicht der Mansfeld ist's, Noch auch der Wallen stein, der gerne wohl Mir nun den Ruhm des Siegs entreißen möchte!

129 Fast scheint cs ja, als hätten wir dem Kaiser Zu guten Dienst gethan; doch seh' ich recht, So wird's ihn noch gcreun!

Statt eines Falken

Zog er den Geier groß, der Nimmersatt Ins Herz des Reichs die scharfen Krallen schlägt. Er wird den Kaiser Überkaisern, glaubt! Wenn man zur Zeit ihm nicht die Flügel bricht; Doch mir soll er den Herrn nicht spielen! Mein Ist dieses Feld, und haben wir von ihm Die siebentausend, die bei Blankenburg Unthätig stehn, so schlagen wir; dann mag Der Dän' umsonst auf seinen Rückzug denken! Trompeten. Was giebt's! Ein Offizier. Mein General, ein Abgesandter Vom Wallenstcjn! Tilly. Er komme! — Schlägt er's ab. So hcinmt er mich im Fortgang meines Sieges. Der Bote wird herbei geführt. Willkommen!

Sprich, was bringst du? Der Bote. Seine Durchlaucht

Empfehlen sich dem Herrn und Grafen Tilly Und sind erbötig den Succurs zu leisten. Tilly. Dank, guter Freund!

Und ist die Ordre schon

Nach Blankenburg ertheilt?

130

Der Bote. Die Truppen sind Schon auf dem Weg hieher. Lilly. Und was beginnt Der Herzog selbst? Der Bote. Er hat bei Dessau nun Ein Lager fest verschanzt dem kühnen Mansfeld Zum Trotz, der dort die Bahn sich öffnen will. Lilly. Des Mansfelds böses Spiel ist aus! 0, laßt ihn Nicht los, wenn ihr ihn faßt, denn er ist schnell! Du sollst nicht unbeschenkt hier von uns gehn. Und melde dies dem Herzog: Wir sind gern Zum Gegendienst bereit und hoffen nun Den Danen so zu schlagen, daß er nicht mehr An die Belästigung des Kaisers denkt. Wir werfen uns sogleich nach Gandersheim tüifc nehmen dort die Freundestruppen auf!

Dritte Scene. Bei Dessau. Heftiges Schießen. Graf Mansfeld, Herzog Ernst von Weimar, Martin und andere Offiziere mit Truppen.

M a n s fe l d. Es geht nicht, sagt ihr?

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Ernst. Es ist rein unmöglich! Er sitzt zu fest, wir wenden unsre Kräfte Vergeblich auf und schlagen mit Verlust. Mansfeld. Wir haben eh schon kühneres gewagt Und jagen aus den Schanzen ihn hinaus. Der Wallenstein muß fort! Was wir gewinnen, Ist mehr als eine Schlacht! Zu Boden werfen Wir einen Kriegesfürsten, der die Rechte Des Kaisers ist; wir bahnen uns den Weg Ins Herz des Reichs und zwingen auch den Tilly Vom König abzulassen. Herzog Wilhelm Führt uns von Salfeld neue Truppen zu. Ernst. 0, könnten wir nur, wie wir wollten, Graf! Wir fürchten Wunden nicht und Blut und setzten Zweimal umsonst schon unser Leben dran! Der Bogen, allzu straff gespannt, zerbricht, Wie trefflich auch das Horn sei, und geschickt Die Meisterhand, die seinen Bolzen führt! Mansfeld. Mas sagst du, Martin? Martin.

Stellt mich hin, wo ihr Mich haben wollt; ich werde meinen Platz Vertheidigen und fallen, oder stehn! Mansfeld. Siehst du den Hügel dort? 2 2

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Martin. Er deckt die Brücke. Mansfeld. Die Feuerschlünde spein den Tod! Martin. Sie schießen Nicht Mansfelds Kugeln! Mansfeld. Junge, du hast recht! Wir müssen sie mit unserm Pulver füllen. Ernst. 0 thut nicht, was euch reut! Schon liegen tausend Zu Boden hingestreckt; ihr deckt das Feld Mit neuen Leibern zu und müßt zurück! Mansfeld. Die Brücke, Herzog, muß erobert sein! Auf Friedlands Schanzen pflanz' ich dieses Banner Und falle, oder führ' euch nun zum Sieg! Er stürmt mit der Fahne, die er ergreift, voran, ihm fol­ gen die übrigen.

Das

Schießen mehrt sich.

Mans-

feld'sche Truppen fliehen vor friedländ'schen Schaaren. Mansfeld, im Gedränge, macht vergebliche Versuche die Kaiserlichen zurück zu werfen und weicht endlich ver­ wundet.

Martin und Herzog Ernst.

Mansfeld. Es sind nicht meine Truppen mehr! Die Feigen! Sonst war ein jedes Glied mir eisenfest, Und eine Mauer jede Brust!

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Ernst. Es haben Die Kettenkugeln ganze Reihn zersprengt. O, seht auf euch, ihr blutet! Mansfeld. Laßt mich, Ernst! Mein Banner schwebt noch! Oberst Merven, haltet Die Flücht'gcn auf! Die Regimenter Pablitz Und Ferenz ziehn den Strom herauf, wir sind Noch nicht gelahmt! Ernst. O, stürzet euch und uns Nicht ins Verderben, Mansfeld! Gebt es auf Und laßt uns auf den Rückzug denken, kommt! Mansfeld. Seht dort, der Martin schlägt sich fast allein! Er hält sein Wort! Zurück! Trompeter blase Und heiß sie stehn, ich will nicht alles opfern! Trompetenstoß.

Martin

mit Truppen.

Martin. Mein General, ihr seid verwundet ? Gott! Man sagt' euch todt, o Himmel! Mansfeld. Still, mein Sohn! Ein wenig Blut, nichts mehr! Ernst. Ihr sehet bleich! 0, seid für uns auf euer Wohl bedacht! Ich sammle das zerstreute Heer und halte

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Den Rücken euch gedeckt. Du, Martin, schirmst Des Grafen kostbar Leben! Mansfeld. Muß cs sein? 0 Gott, du zwingst mich, daß ich weichen soll! Ernst. Ich bitt' euch, eilt! Mansfeld. Laßt mich nur Kraft gewinnen! Nach Schlesien, Freund'! Es ist ein schönes Land Und steht zum Krieg uns offen! Ja, du sollst Noch vor uns zittern, Ferdinand! Wir räumen Nur heut dem Trotzigen das Feld und treffen Uns anderswo, vielleicht in Böhmen selbst!

Vierte Scene. Bei Cutter am Barenberge. Markgraf Georg von Baden verwundet, wird vom Herzog Bernhard vor den andringenden, feindlichen Schaaren vertheidigt. Heftiges Schießen mit grobem Geschütz.

Bernhard. Ihr seid für jetzt hier sicher, pflegt der Wunde, Indeß ich den erneuten Angriff leite. Wir haben zweimal schon das Feld behauptet, Gott wird uns ferner beistehn, lebet wohl! Er geht.

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Georg. Ich furcht', e6 ist das Letzte! D, warum Muß ich hier müßig ruhn! Was soll hier außen Die Wunde heilen, da das Herz mir blutet? Der tapfre Jüngling, wie ich ihn beneide, Denn kräftig ist sein Arm, und muthig strotzt Die Jugend ihm durch Adern und Gebein! Er ist ein zweiter Hektor, hochbeherzt Und tapfer wie ein Vaterlandsbefreier! Doch ich bin alt und an den Wunden krank. Weissagend uns kein Heil aus dieser Schlacht, Und eine bessre Zeit erleb' ich nicht! O Deutschland, armes Deutschland, du erseufzest Der ungeheuern Last, es endet nicht Dein herzzerreißend Leid, und Weh auf Wehe Und Jammer wird auf Jammer dir gehäuft! Das blühnde Antlitz deiner Söhn' und Töchter Ist todtenblelch, die Städte sind verbrannt, Die Dörfer eingeäschert, und zerstampft die Saaten, Die Bäch' und Ströme roth gefärbt von Blut, Und Leichenhügel aufgethürmt zur Schau! O arge Tyrannei, o blut'ger Stachel Des Glaubenszwistes, in das Herz gedrückt! Wann wird das Leiden enden, wann der Retter Vom HiMinel kommen, der das Land befreit! Du, Christian, liegst noch ungerächt im Grab, Du, Mansfeld, schweifst, ein scheues Wild, umher Und leihst uns fern nicht deinen tapfern Arm, Indeß der Tilly hier uns niederschlägt!

136 O blutet, Wunden!

Kraftlos Alter fließe

Gelöst in heißen Thränenbächen hin!

Stimmen. Sieg, Sieg! Georg. Was hör ich? Das Wort uns wahr!

Gott der Gnade, mache

Ersteigt den Hügel dort

Und sagt, was seht ihr?

Hält sich noch die Schlacht?

Ein Offizier auf dem Hügel. Der junge Herzog hat zum drittenmal Die Reihn durchbrochen, und der linke Flügel Des Grafen weicht.

Die Baiern fliehn ins Holz! Georg.

Siehst du den Herzog? Offizier. Gut!

Der Helmbusch weht

Und zeigt sich überall. Georg. O tapfrer Held, Wirst du dereinst der Retter Deutschlands sein ? Offizier. O weh! Georg. Ist er getroffen ? Offizier. Nein, der Graf Erneuert dort die Schlacht!

Ich sch' ihn selbst

Im grünen Kleid auf silberweißem Roß. Er sprengt ins dichteste Gewühl, der König

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Hält seinen Stoß nicht ab, die Dänen weichen! Das Centrum ist durchbrochen! Georg. Gott, ermutige sie Mit des Gebetes Kraft! Wo ist der Herzog? Offizier. Ich seh' ihn nicht mehr! Georg. Ist er todt? Offizier. O nein! Dort haut er wieder ein, allein umsonst! Er stellt die Schlacht nicht her, und allgemein Schon ist die Flucht. Der Tilly hauset wild, Und ganze Schaaren werden hingemäht. Es ist vorbei, flieht, flieht! Bernhard mit Truppen. Hier ist der Markgraf! Es gilt sein Leben zu beschützen! Georg. Bernhard, Mein Retter! Und verloren alles? Bernhard. Alles! Der Sturm ist eingebrochen und es hemmt Ihn keine Schranke mehr! 0 Gott, Gott, mußt' ich Auch das erleben! Doch wir hoffen noch! Wir rudern mir dem umgeschlagnen Boot, Das uns zum Rettungsufer tragen soll.

138 Kommt, meine Arme haben noch die Kraft Uns diesen Dienst zu leisten!

Nimmer wäre

Das unter Mansfelds Fahnen uns geschehn! Das Schießen kommt näher, die Weimar'schen weichen in heftigem Kampfe.

Lilly,

Montigny und

andere

Offiziere.

Tilly. Wle heißen wir die Schlacht?

Montigny. Am Barenberg! Tilly. O, wle der Name ziemt! Er ist zur Bahre Dem Dänen worden!

Hier verraucht sein Blut,

Und der Enlpörung Frevel, aufgewachsen Aus Böheims Schoos, steht hier am Todtensarg! Sie ziehn vorüber.

Fünfte Scene. In der Nahe von Nakau bei Zara. Mansfelds Lager. Die Obersten Merven und Sadupökr um

den verwundeten

Martin beschäftigt.

Soldaten

auf dem Posten.

Merven. Wie steht's um unsern Kranken? Sadupski. Meint ihr den? Die Wund' ist nicht unheilbar, wie mich dünkt.

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Merven. Wir nvüden einen Tapfern mehr verlieren, Den um fr General vor allen ehrt. Sa d upski. Er nälhm ihn lieber mit. Merven. So will er gehn ? Er willl las Heer verlassen, nach Venedig Und diain zu Schiff nach England? Sadupski. Weiter weg! Merven.

Wie nneikt ihr? Sadupski. Ja, so sagt man, war sein Wille! Ein neues Heer in Deutschland aufzustellen, Doch Gottes Will' ist anders! Merven.

Himmel, sprecht! Ihr ängstigt mich; ich find' hier alles still, Wo, ob des Siegs, wir jubiliren sollten? Sadupski. Still, Oberst Merven! Seht, da tragen sie Den Kranken aus dem Zelt, der sich um uns Und andre viel bemüht; der Tapfre will Noch unter Gottes freiem Himmel sein! Merven. 0 Herr der Welt!

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Sadupski. Der Herzog geht bei ihm. Mansfeld in Begleitung des Herzogs Ernst von seinen Offizieren in einem Lehnsessel herbeigetragen. Die Wachen salutiren.

Ernst. Wie ist euch hier?

Mansfeld. Es wird mir wenig helfen! Ich fürcht', es ist mit meinem Leben aus! Ernst. Das wolle Gott verhüten! Mansfeld. Sprecht nicht ein! Er hat es so gewollt! Merven und Sadupski knieen.

Seid ihr es, Freunde? 0 stehet auf, um Gott! Ich bin was ihr, Ein armer Sünder nur! Ein starkes Rüstzeug Einst in der Hand des Herrn, das nun vom Wurm Durchlöchert und zernagt, wie das Gebäude Des deutschen Reichs, zu keinem Dienst mehr taugt. Ich bin das Pergament, aus dessen Zügen Kein Auge mehr die Schrift des Heiles liest; Der Freibrief, den, wie Kaiser Ferdinand, Der Tod nun unter seine Füße tritt! Ernst. 0, sprecht trostreiche Worte! Laßt die Freunde In Wehmuth nicht verzagen!

Mansfeld. Gott bewahre! Was denkt ihr, Ernst?

Wenn in den Feuerstoff

Ein Funke fällt, so faßt und zündet er Und schlägt, ein Blitz, in tausend Flammen aus. Die Seel" ist solch ein Stoff, worin das Licht Der höheren Vernunft den Strahl entzündet, Der leuchtet fort und brennt auch nimmer aus! Er schießt hervor und bricht sich neue Bahn, Wie sie das Schwert uns oft gebrochen hat. Es hemmt e i n Fall nicht ewig unsern Lauf, Ein Sieg nicht endet unsers Lebens Kampf! So hangt an einem Leben nicht das Heil, Und nicht ein Sieg entscheidet diesen Kampf! Ihr hieltet treu zu mir und habt die Freiheit Des Reichs verfochten, thut es ferner auch. Pflanzt auf die Zinnen Prags das Siegesbanner Und wetzt die Scharten aus, die Tilly schlug. Ihr kehrt vom Siege heim, die Kaiserlichen Habt ihr geworfen, Colloredo zieht Nach Troppau sich zurück; vielleicht gewährt Euch Bethlen Gabor Hülfe, die er mir Versagt, und ihr seid mächtig dann vereint Der Stärke Friedlands zu begegenen. Ernst. Wir werden ohne Hort sein, wo ihr fehlt. Mansfeld. Ihr denkt bescheiden von euch selbst, und scheid' ich,

So log' ich meinen Feldherrnstab getrost In eure tapfre Hand, mein edler Freund!

Martin. Mein General! Mansfeld. Wo ist mein Martin ?

Ernst. Bittend Erhebt er sich zu euch. Mansfeld. Der Tapfre mit Vcrbundnem Haupt zum zweitenmal ?

O, hätt' ich

Die Wund' und läg' in deinem Arm gepflegt, Mein Martin!

Martin. Theurer Herr!

Ich bin gesund,

Da ich in cuerm Blick mich sonnen kann! Mansfeld. Es ist der letzte Strahl int Untergang Gleich jenem, der, von langer Bahn ermüdet Sich in das goldne Bett der Fluthen taucht! Martin. Was meint ihr, Herr? Mansfeld. Er ist vom Schlafe kaum Erwacht, der mich umfangen will.

Mein Sohn,

Ich bin betn Grabe näher als du warst, Denn schwach ist mein Gebein, und grau mein Haar! Die Räder meiner Uhr sind abgelaufen,

Und auf dein Ziffcrblatte stchn die Zeiger, Die Augen, mein' ich, bald geschlossen still. Martin. 0 Gott, dann preis' ich dich, daß ich erwacht Nun mit dem tapfern Mansfeld sterben soll! Mansfeld. Der Tod ist bitter, daß er mich beschleicht Und mir das blut'ge Spiel des Kampfs nicht gönnt! Hab ich verdient den Wcibertod zu sterben? Der Schalk verhöhnt mich, hämisch wie er ist! Ich biet' ihm Trotz! Legt mir die Rüstung an. Gebt mir mein Schwert! Ich stehe, fürchtet nicht! Nicht »»geschmückt will ich mein Haus verlassen. Nicht ungeweihl vor meinem Richter stchn! — Habt Dank, nun ist mir wohl! Nun heben sich Die Schwingen meines Muthes neu; ich athme Den reinen Hauch der Freiheit, der mit Lust Durch alle Kammern meines Herzens strömt! Laßt mich! Ich stehe,wie ich stand — allein!—I ch lebe! Er sinkt zurück in die Arme seiner Offiziere.

Ernst. Er ist nicht mehr! Wir halten in den Armen Den theuern Leib, indeß die große Seele Zum Himmel flog, des engen Kerkers müde. Ihm trübet Leid nicht mehr den sel'gen Blick, Womit er süß uns noch im Tode lächelt, Und die Gebrechen seiner Zeitlichkeit Nimmt Gottes Gnad' hinweg! Er hat für uns Ein rastlos Leben ruhmvoll durchgekämpft!

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Merven. Sein graues Alter nahm die Jugend mit, Auch dieses Reis liegt nun verblutet hier. Sadupski. Ist Martin todt? Merven.

Aus seinen Wunden fließt Das blühnde Leben hin. Ernst. Ihm ward gewährt Was er gewünscht, den Heldentod zu sterben! Die Krieger haben sich ehrerbietig aus dem Hintergründe genähert, und die Fahnen werden über die Entseelten hkngebreitet.

Der Abendhimmel ist von den letzten Strahlen

der untergehenden Sonne beleuchtet. Der Vorhang fällt.