Gustav Adolph und Wallenstein: Tragödie in fünf Akten [Reprint 2018 ed.]
 9783111485010, 9783111118291

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Gustav Adolph Wallenstein. Tragödie in fünf Akten.

Von

Otto vom Ravensberg.

Berlin. Gedruckt und verlegt bei G. Reimer.

1840.

Den

Manen Gustav Adolphs

Gustav Adolph und

Wallenstein.

Personen.

Gustav Adolph, König von Schweden. Marie Eleonore, seine Gemahlin. Wilhelm,

1 > Herzoge von Sachsen-Weimar. Bernhard, |

Franz Albrecht, Herzog von Sachsen-Lauenburg. Brahe, Graf,

J > schwedische Generale. Kniephausen, 1 Härd, schwedische Obersten. Händ ersson, Wallenstein, Herzog von Friedland. Pappenheim, Graf, Kaiserlicher General. Oetavio Piccolomini, | Kaij Kaiserliche Generale. Holk. D i o d a t, General - Feldzeugmeister. Breuner, Oberst. Aenno, Astrologe. Johanna, Kammerfrau der Königin.

LeuLelfing, Page des Königs. RathSherr. Ein -linder Greis. Sein Sohn. Soldaten. Offiziere. Volk.

Die Scene ist zu Naum-urg, Merseburg und Lützen. Die Zeit der Handlung fällt in die Novembertage des Zahres

1632.

Prolog. geschlagen find der Schlachten viel, es liegen Der Kriegesfürsten viel auf blut'gem Feld, Die beiden größten stehn noch ungeschwächt. Und Deutschlands Heil entscheidet eine Schlacht! Der Schwede Gustav ist's, der auf den Ebnen Von Lützen mit dem Wallenstein sich trifft! Ihn rief die Noth der Glaubensbrüder an, Ihn hatte mächtig Gottes Hand berührt, Und eine große Zukunft stieg vor ihm )m Silbcrglanz des Morgenhimmels -auf. Die reine Flainme von der Götter Herd, Das helle Licht der göttlichen Vernunft, Das wieder ausgegossen in die Welt, Es sollte seinen Strahl nicht weiter senden. Was Noms Betrug und Machtwort nicht vermocht. Wovon der Hölle Drohn nicht abgeschreckt. Das sollte nun ein ehern Joch erzwingen. Umsonst! Der Retter war schon da, und theilte Die Schatten einer bangen Nacht. Die Geißel, Die Tillys Hand geführt, schwang er auf diesen. Und trieb die wilden Schaaren vor sich her. Mit Weimars Heldensöhnen im Gefolg Sah Deutschland Gustavs Größe triumphirend, Und jeder staunte seine Thaten an!

8 Doch was er auch in kurzer Zeit vollbracht. Wie weit er seinen Fuß ins Land gesetzt, Nun ist der Tag gekommen, der das Schicksal Des Reichs mit einem Schlag entscheiden soll. Dem mächt'gen Friedland gegenüber sieht Er sich zum zweitenmal, und fodert ihn Mit freud'ger Zuversicht zum Kampf heraus. Er denkt der eignen Wohlfahrt nicht, ihn halt Sein Volk nicht und der Gattin Flehen ab. Ihm ist der Tod willkommen, der ihn mitten In seinem Siegeslauf ereilen soll, Und seinen Thaten hier ein Ziel gesetzt. So sahen wir in unsern Tagen auch, Wie hier um Recht und Freiheit ward gestritten. Dieselben Felder tränkten sich mit Blut, Dieselben Felder brachten uns den Ruhm, Und ehrne Ketten fielen von uns ab. O, wäre mir die Kraft verlieh», die dort In tausend jener Heldenherzen schlug! O, hauchte Gottes Geist n»ich an, wie sie. Daß Leben ich in jedem Wort erweckte. Und die Gebilde seiner ew'gen Hand, Dem großen Buch der Zeiten eingeprägt. Vor euch mit klarer Schrift entwirken könnte! Des Helden Tod vollendet auch sein Werk, Er schied dahin, wie wen'ge, rein und groß. Und hinterließ sein Vorbild uns zum Erbe!

Erster Akt. Erste Scene. Auf dem Markte zu Erfurt. Glockengeläut. wegung.

Das Volk auf den Straßen in großer Be­

Zug der Rathsherrn über den Markt. Ein

blinder Greis mit seinem Sohne.

Sohn. Hört ihr's, Vater? Vater. Er ist da, der Retter, der Siegesfürst? Sohn. Der Zug der Rathsherrn geht über die Straße. Vater. Es warten aller Augen auf ihn, nur die meinen sind undurchdringlich! Sohn. Haltet euch an mich, das Gedränge mehrt sich! Vater. Wer kommt nicht, den Helden zu sehn!

10

Sohn. Sie jubilircn und schwenken die Hüt'. Vater. 0 Gott, Gott fegn' ihn! Sohn. Die Königin eilt über den Markt ihm entgegen. Vater. So erreicht ihn dein Auge, Christoph? Sohn. Ich seh' ihrer zween aus dem gedrängten Haufen. Vater. Wer dünkt dich der Größere von beiden? Sohn. Sie ragen beid' hervor; aber der ein' ist schlanker, und trägt einen gepanzerten Waffenrock. Vater. Das ist der weimar'sche Held, Herzog Bernhard! Sohn. Der andre hat ein blau Bandelier um die Brust, und ist in den Schultern mächtiger. Vater. Das ist der Schwedenkönig Gustav! Sohn. Sie nesteln sich an ihn, wie um den Honig der Bienenschwarm. Vater. Er ist der Fruchtbaum, von dessen Zweigen süß Manna träufelt!

11

Sohn. Die Weiber liegen auf den Knieen, und heben die Arme auf. Vater. Laß uns weiter.'

Sohn. Er sieht die Königin» und wirft sich vom Roß an ihren Hals. Vater. Ich sterbe vor Freuden! Sohn. Die Menge theilt sich, und das Königspaar schreitet heraus. Vater. Laß nsich los! Sohn. Ihr werdet doch nicht?

Zweite Scene. König Gustav, die Königin, die Herzoge Bernhard von Weimar und Franz Albrecht von Lauenburg mit Gefolge und von dem Audrange des Volks begleitet. Der Alte stürzt dem Könige entgegen.

Der Alte. Heil dir, Gustav! dem Retter Deutschlands! Heil! Jubelruf der Menge.

Heil! Heil!

IS

Der Alte. Gesegnet ist, der da kommt! Von dem der Herr spricht: „Sehet da, meinen Hammer, meine Krieges, waffe! Wohin sein Schwert fällt, da schneidet es, aber wohin er in Frieden die Füße setzet, da fließen Ströme lebendigen Wassers! Er brauset daher, wie ein Strom aus Mitternacht, seine Räder sind, wie der Sturm, und seine Rosse schneller, denn Adler!" Heil mir! Ich halte den Saum deines Gewandes, und küsse den Schritt, den du wandelst! Nun preis ich Gott, und scheide versöhnt aus dieser Welt des Jammer-! Erneuerer Jubel. Das Volk aus den Knieen.

Gustav. Steh' auf! Marie. Er liegt für todt. Gustav. Gott wird mich strafen! Denn übermenschlich ist die Huldigung, Die mir das Volk erweist. O, hebt zum Himmel Die Augen auf, und setzet nicht auf mich Das sündliche Vertraun; denn schwach nur bin ich. Und kurz gemessen nur ist meine Zeit! Der Knabe. Mein Vater! Marie. Seine Klag' ist herb!

13 Bernhard. Er hält. So scheint's, ein leer Gefäß in seinem Arm; Den Reifen ohne Stein, die led'ge Hülle, Woraus die Seele junggefiedert zog.

Gustav. Sie ist befreit! Wir tragen noch die Flügel Gebunden in der Scheide, wie der Wurm; Doch kommt die Zeit auch uns! Sorgt für den Knabe», Ich zahl' aus meinem Schatz für ihn! Gebiete deinem weichen Herzen!

Marie,

Dies

Ist, was nach Gottes Rath un- alle trifft; Wir sind auf größre Dinge vorbereitet. Sie gehen unter dem Zurufe der Menge vorüber. GrafBrahe und die Obersten Härd und Händersfon aus dem Haufen.

Hä ndersson. Wer ist's, der dort zur Seite des Königs geht? Brahe. Der mit dem span'fchen Schnitt? Der Herzog Al­ brecht von Sachsen - Lauenburg. Händersfon. Ein Schelm, so wahr ich ehrlich bin! Härd. Ich trau' ihrer keinem!

Wir sind ihnen ein Dorn

im Auge, das zeigt sich lang! Händersfon. Der König mag sich vorsehn!

14

Brahe. 0, er schreitet über ihre kleinen Häupter hin! Noch ein Sieg, und wir Kehrn am Ziel! Härd. Der Schweb' hat's mit theuerm Blut erkauft, und sollten wir nichts davon genießen ? Händersson. Wir schlagen, das ist klar, und im Frühjahr stehen wir vor Wien! Drohe. Wir werden dort den König krönen. Händersson. Zum Kaiser?

Gott geb's! Härd.

Wir folgen ihm!

Dritte Scene. 3m Hause Herzogs Wilhelm von Weimar. Die Herzoge Wilhelm und Bernhard und Franz Al­ brecht von Sachsen-Lauenburg.

Diener.

Wilhelm. Nein, laßt mich nur!

Tragt dort den Sessel hin!

Ich bin nicht schwach mehr, Bruder Bernhard, sieh! Dein Anblick ist, wie Morgenwind dem Schiffer In das erschlaffte Segel seines Muths; Er macht mich froh, und giebt mir neue Kraft! Mein Detter Albrecht, seid auch ihr willkommen!

15 Ihr feid's gewiß, es fehlt uns überall, Und nie war uns der Freunde Arm so noth. Bernhard. Es ist nicht meine Schuld, daß du nicht früher Mich unter Erfurt- Mauern sahst. Wilhelm. Ich sag' Es nicht darum! Bernhard. Du hast ganz recht!

Warum

Verschweigen, was dir auf dem Herzen drückt? Der König, scheint's, miögönnet mir den Ruhm, Und neidet mir den schönsten Sieg. Wilhelm. Du bist Za heftig, Bernhard! Albrecht. Er vergißt es nicht. Daß Gustav ihn zu Arnstadt festgehalten, Bis wir vereint dem Feinde nachgerückt. Bernhard. Ich brauchte nicht des Schweden! Wilhelm. Mäß'ge dich, Und zürne länger nicht!

Unselig war

Und mißlich stets für uns der Fürsten Zwist. Willst du nun selbst, des Königs liebster Freund, Zur Stunde der Gefahr dich lässig zeigen? Das wolle Gott verhüten, Bernhard!

Nein,

Das thut kein Edler!

Muthig klimmen wir

Des Berges letzten Gipfel nun hinan! Bernhard. Ich bin beschämt! Albrecht. Er hat sich mit dem Schweden Schon ausgesöhnt. Wilhelm. Es war kein Grund zum Zwist:; Denn Gustav that nach meiner Einsicht wohl, Und ihm gebührt das Regiment des Krieges. Wo eine Schlacht entscheiden soll, und man Ein äußerstes daran setzt, spielt man nicht Aufs gradewohl. Es ist ein Tag, der nicht Sich wiederholt!

Der Feldherr, der ganz Deutschlarnd

Mit seiner Macht geschreckt, worauf die Hoffnung Des Kaisers ruht, der Königen und Fürsten Sich gleichgestellt, und furchtbar wider uns Bei Nürnberg sich gelagert, der bedroht Uns nun zum zweitenmal.

Er wälzt den Krieg

In unsers Oheims Land, und führt den Kern Des Heer- mit sich.

Die Tapfersten umschließen

Sein Kriegeszelt, die Schlüssel Leipzigs liegen In seiner Hand; der kühne Pappenheim Setzt einen Arm ihm an, der blutig schon Die Geißel bis vor Mastrichts Thore schwang. Holk zieht auf Merseburg, »et Gallas hauset Im Erzgebirg, und Arnim ist noch fern;

Wie hättest du allein dem Mächtigen Mit Sicherheit entgegen dich gestellt? Bernhard. Ich hätte schlagen können, eh der Herzog Sich mit dem Pappenheim vereint!

Wilhelm. Wir sind Des glüÄichen Erfolges nun gewisser. Albrecht. Des Schweden auch? Wilhelm. Was meint ihr, Vetter Albrecht? Doch laß uns sitzen! Nun? Ihr habt noch etwas, Das ihr uns sagen wollt. Albrecht. Mich dünkt, ihr müßtet Mich schon verstehn; denn, was ich denke, kann Euch niest so fremd sein, schweigt ihr auch davon! Fürwahr es gilt der deutschen Lihertät, Und, seh, wir's recht im Licht, so stehn die Sachen Nicht in den besten Terminis für uns! Wilhelm. Das wäv! Albrecht. Sagt es selbst! Nicht- kleines trägt Der Selwed' im Sinn, hochstrebend, wie er ist. Wo steck er sich das Ziel? Ihn trägt wohl selbst Sein Füg darüber fort, und unerreichbar Wiegt sich schwindelnd in des Aethers Höhn! n Kriege wohl, wo die Gewalt ihm ziemt! Albrecht. Ihr klagtet selbst darum ihn eben an. Bernhard. Es sprach die Heftigkeit der Leidenschaft. Albrecht. Ihr seid im Glauben unerschütterlich. Bernhard. Ich leb' und handle, meiner Pflicht getreu! Wilhelm. Wir wollen keinen Streit, und lassen Gott Sein waltend Regiment und Richteramt; Gebt beide nach, so habt ihr beidt recht! Was wir zunächst, zu thun, entschlossen sind, Liegt klar uns vor; es ist da« eine Ziel: Vernichtung Friedlands, end des Glaubens Sieg! Ich denke nicht, den König zu erwarten, Und würd' euch danken, so ihr mit mir geht. Bernhard. Du kannst nicht, Bruder! Wilhilm. Doch, mein Fuß ist leicht. Und meine Sorge nahmt ihr mir vom Haupt!

22

Mietete Scene. E in anderes Gemach. König Gustav. Die Ktnigin. Die Generale Kniep Hausen und Nils Brahe. Der Page Leubelfing.

Gustav. Der Bote soll sich fertig halten 1 Leubelfing. Wohl! Gustav. Hier ist der Schlüssel zur Schatulle, nimm, Und lege die Papiere mir heraus! — Ich dank' euch, General! Ihr habt den Kopf Stets obenauf, und, was ihr unternehmt, Das führt ihr sicher aus. Die Zahl der Truppen Beläuft sich nun auf zwanzigtausend Mann. Wir halten heut noch Musterung, und morgen Liegt Erfurt hinter uns. Ihr habt doch, Graf, Den Brandenstein nach Naumburg commandirt? Brahe. Es ist geschehn! Gustav. Der Wallenstein darf nicht Zuvor uns kommen; treffen wir uns jetzt. So entern wir, und lassen ihn nicht los! Ich find' euch vor den Thoren, dort empfangt Ihr die Parol' auf morgen! Sie gehn

Nun, Marie?

Warum den Kops so tief, da wir getrost Das Aug' erheben können? Marie. Gustav, wenn Ich dich nicht wiedersähe! Gustav. Das verhüte Der liebe Gott! Marie. Wenn dieser stolze Da«, Der Schultern Kraft und mächt'gen Glieder Fülle Hinstürzte, wie ein Stamm, vom scharfen Eisen Der mörderischen Art gefällt! Gustav. Sie trifft Zur rechten Stunde nach des Eigners Willen.

Marie. Ich werde des Gedankens nimmer froh! Gustav. Bezwing' dein furchtsam Herz! Marie. Es widersteht Mehr, als du denken magst.

Gustav. So schmeichl' es fort! Und kann's das Lächeln deines Mundes nicht, Das mich in Fesseln schlug, so will ich's thun; Denn trotz' ich auch dir selber nicht, bekämpf' ich

S4 Für dich doch einen widerspenstigen Vasall'«. Marie. Ich weiß es, du bist überall Des Siegs gewohnt! Gustav. Daß ich verwundbar bin. Das lehrst du mich, Marie!

0, senke nicht.

Mit Thau benetzt, die Wimper deines Auges, Und weinst du, sei's au- Freude, nicht aus Schmerz, Daß endlich mir der Tag gekommen ist. Der, will es Gott, nun unsre Hoffnung krönt!

Marie. Ich lächle ja!

Gustav. Wie eine Weide, die Ihr grünes Haar um Grabesurnen hängt! Sieh an, so warst du stets, Marie! Du zagst Del jedem Schritt, und schmilzest, weich wie Wachs, Am Feuer meines Muths; das sollst du nicht, Denn unsre Zuversicht ist Gott!

O denke,

Wie war's, als ich, nicht lang nach unsrer Hochzeit, Nach Liefland zog, den Polen zu bezwingen. Und unsre Herrschaft zu befestigen? Da ließest du, wie heut, vom Weinen nicht. Und machtest mir den Abschied schwer; das strafte Darnach an dir der Herr!

Denn nicht gesegnet

War die Geburt, die vor der Stunde kam. Und deines Leibes wurdest du nicht froh.

25 So grub dein ungemeffnes Leiden oft Zu tief sich in dein Herz/ und deine Seufzer Verwundeten die Luft, indeß der Himmel Auf Siegesflügeln meine Wünsche trug! Marie. Was dich erfreut, das eben schreckt mich stets. Und deine Hcldenkraft ist meine Furcht! Verzeih der Himmel mir, der solche Liebe Zu dir mir eingeflößt, daß fede Faser Des Blutes sich um deine Hüfte rankt, Und, abgetrennt, mich schmerzt! Ich kann nicht anders. Und nenn' es Sünde selbst; doch kommt vielleicht Die Zeit, da mir der Muth im Busen wächst, Und deines Glauben« starker Schild mich deckt!

Gustav. Vergieb du mir, Marie, mein liebes Weib, Wenn dich mein Vorwurf traf, und nun auf mich Zurück die Spitze kehrt!

Die Milde wäre

Für ein so liebend Wesen selbst zu rauh, Und holde Scham erröthete, wo du Die Augen niederschligst! Das war's, was mich Beim ersten Blick entzückt, als ich dich sah. Und mich im Anschaun reinigte!

Noch steht,

Wie damals, mir dein liebes Bild vor Augen! Zwölf Jahre sind's!

Es war an einem Sonntag,

Ich, unerkannt, im Kirfürstlichen Schloß; Da saßen rings im Vorgemach die Junker, Betroddelt und bespizt in seidnen Röcken, Und gafften groß mit) an, mitleidig lächelnd

26 Das Kleid nur musternd, aber nicht den Mann ! Indeß begann die Predigt, wie gemacht Für diesen Tag; als hätte die Gedanken Ein Bote selbst vom Himmel eingeflößt! Der Text vom reichen Mann: wie rings die Welt Ein Bretterhaus, darinnen Gott für uns Zur Vorstellung die Rollen ausgetheilt. Wie der den König, der den Bettler spiele, Und über kurz das bunte Schauspiel aus! Dann ward ich in den Saal gerufen, wo Die kurfürstliche Wittwe, deine Mutter, Mich huldreich anließ, neben ihr du selbst Mit jungfräulicher Schönheit angethan. Mir schien das Lob, das dir gespendet, arm; Denn ganz vollkommen dünkte mich dein Leib, Und göttlich jeder Reiz, der, wie das Silber Des Morgensterns, um deine Wangen floß i Marie. 0 schweige, Gustav, willst du nicht, daß ich Erröthen soll, wie ich es damals that! Gustav. Wie damals, laß mich meines Glücks genießen. Denn alles ist wie sonst; nur voller noch Und mächtiger, wie sich der blaue Strom Mit breiter Mündung in die See ergießt! Die Schönheit deines Leibes ist erblüht, Und größre Hoffnungen und Wünsche sprossen. Wie Frühlingsknospen, rings um mich herum! Was meine Jugend mir verbarg, und kaum

27 In Ahndungsfülle mich berührt: das Wunder Der göttlichen Erscheinung in der Welt, Allgegenwart und Offenbarung in Dem Spiegelbild der Zeit, die groß sich hebt, Und eine größre Zukunft uns verkündet: Das isss, was mich mit Freudigkeit erfüllt Und meinen Muth erhöht!

Drum fürcht' ich nicht.

Was andre drückt und quält, drum schreckt mich nicht Da- Drohen der Gefahr; ich hebe froh Zu meiner Glaubensbrüder Schutz das Schwert, Das Gott mir anvertraut, und sehe nun Dem schönen Ziel mich nah! Marie. Das eben ist's, Wovor mein Herz erbebt!

Wenn ich bedenke,

Wie vieles du in kurzer Zeit vollbracht, Wie du dein Reich befestigt und vergrößert, Als wolltest du die Welt erobern; wie Du Städt' und Länder vor dir her besiegt, Die, zu verderben, dich bedroht; wenn ich Mit Augen sehe, wie du nun sogar Auf deutschem Boden stehst, dem Kaiser selbst, Oestreich und Rom und Spanien gegenüber. Den Mächtigsten, und kleiner nicht als sie: Dann denk ich, daß du alles schon erreicht, Was je ein Sterblicher gewann; dann fürchk ich, Daß dir der Himmel selbst so hohen Glanz Nicht lassen dürfe, mir vergeht die Lust, Und bricht das Herz vor Angst und Liebesqual!

SK Gustav. Was denkst du so: als wäre dieses Werk Ein luftig Nichts, von Menschenhand erbaut Zum Tempel titeln Ruhms, als wollf ich mir Ein Ehrendenkmal meires Namens setzen? Dann trät' ich mit den tückischen Mächten wohl In Bund, die, schadensfroh, uns dienstbar sind, Und säh' des Glückes goldne Kugel rollen! Das war's nie, was mich trieb, und dich mit Bildern Des Wechsels schrecken kann I

Doch ist mein Fall

Geordnet in dem großen Buch des Himmels, Wie darf dich ängst'gen, was mir Gott bestimmt? Wie würdest du dann klagen?

Oder denkst du

Ihn selbst zu meistern, mit beschränkten Sinnen Zu deuten, was dein Ohr nicht fassen kann. Wenn auch die ew'g« Weisheit selbst zu dir Sich niederließ, und ihre Harmonien In deiner Sprache dir verständigte? Nein, nimmermehr, das thätest du mir nicht! Und, wie du auch mit zärtlicher Besorgniß Mich sonst gewarnt, und bittend um den Hals Zum Liebesnetz die Arme mir gelegt. Als wolltest du nie wieder frei mich geben: Das wirst du nicht nach diesem Wiedersehn; Denn die Gefahr ist keines Seufzers werth, Und dieser Trennung Dauer länger nicht. Als ein Gebet! O sprich, Marie! Marie. Ich werde

29 An dich nur denke»; doch das heißt die Andacht Und Liebe nicht entweihn; sie borgen Von dir das Wesen, und es hüllt ihr Glanz Den Tag um mich in graue Dämmrung ein! Gustav. So mögest du so lang von Siete träumen. Bis dich ein neuer Morgengruß erweckt. Und dein erträumtes Bild zum Schatten macht! Marie. Du willst mich diese Stunde schon verlassen ?

Gustav. Sie ist mir noch an deiner Brust gegönnt! Marie. Nur eine Stunde! Gustav. Vor der Ewigkeit Ist ein Jahrhundert ehe Spanne Zeit! Marie. Und Zeit ist Leid! So werd' ich mich gewöhnen. Die eitle Lust des Herzms zu bezähmen. Gustav. 0, gieb von Furcht die bange Seele frei! Marie. Sei Muth mein Arzt, und Hoffnung die Arznei! Gustav. Es heile dich mein Kuß! Marie. Er wird mich brennen!

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Gustav. So gieb ihn wieder! Marie. Um ihn dein ju nennen! Gustav.

Mein, und auf ewig treuer Liebe Pfand! Marie. Ein Tausch der Seelen um so süßen Tand! Der Page Leubclfing.

Leubelfing. Die Herzoge von Weimar! Gustav. Ist er kommen? 0, mich beschämt der Freunde Eifer! Führe Sie zu mir her! Marie, verzeih! Marie. Ich gehe! Gustav. Bald hör' ich ungestört dir wieder an! Die Herzoge Wilhelm und Bernhard von SachsenWeimar.

Der König ihnen entgegen.

Gustav.

Herein, ihr Fürsten! Herzog Wilhelm, seht, Wie überrascht ihr mich, und kommet mir Mit euerm Gruß zuvor! Wilhelm. Gott sei gedankt!

31 Gustav.

0 setzt euch, setzt euch! Wilhelm. Laßt! Der König rückt ihm einen Sessel hin.

Gustav. Ihr seid erschöpft! Bernhard. Er ist noch schwach. Wilhelm. Mein Fürst! Gustav. Versagt ihr mir Den kleinen Dienst? Wilhelm. Es ist schon gut! Gustav. O nein. Ich weiß es besser! So! — Ihr wollet nur Mir euern Dank nicht gönnen! Wilhelm. Dank? Gustav. So sag' ich! Wilhelm. So sind wir euch nichts mehr?

32

Gustav. So viel, als immer Die Freundschaft nur begehrt! Wilhelm. Wie kann das fein, Wenn ihr des Lasters Schatten auf uns werft! Gustav. Das that' ich euch? Wilhelm. Ist Undank nicht ein Laster, Und schwärzer, als ein andres sonst? Und wär's Nicht Undank, so wir das nicht ehtten, was Ihr heute thut, und stets für uns gethan? Gustav. So redet ihr, weil ihr mich liebt; doch viele Der Fürsten Deutschlands sind's, die neidisch nur Mein Glück verfolgen, und das schlimmste denken. Was nur der Argwohn in die Seele flößt! Die wünschten mich wohl tausendmal hinweg, Und fielen längst im Herzen von mir ab. Wie Vögel, von der Sommerau gesättigt. Ja, käme nur die böse Stund', und träfe Ein Unglück mich, so machten sic wohl selbst Sich über mich mit ihren Feinden her! Wilhelm. Das wolle Gott verhüten! Gustav. 0, ich weiß Es nur zu wohl! Ihr schwaches Herz ist, wie

33 Der Wetterhahn, der sich im Winde dreht. In ihrem Thoren-Auge sitzt der Rath Bestochner Richter, der sie selbst betrügt. Das sehn sie nicht, daß mich nur ihre Noth Nach Deutschland rief, als guten Protestanten! Zu meinem Ohre drang ihr Angstgeschrei, An meine Seel' ihr Schmerz.

Der Riesenleib

Von Oestreichs Tyrannei bedeckte schon Den Strand des Belt, und bot die dräu'nde Stirn Dem Meer, das seiner Herrschaft spottete. Da gab mir Gott die Arme frei, da ließ ich, Für sie gerüstet, Weib und Kind und Reich. Mich hielten nicht der Freunde Bitten ab. Und meiner Gattin Flehn vernahm ich nicht. Ich dachte nur an euch!

Es galt das Joch

Zu brechen, das auf eurem Nacken lag; Es galt die Glaubentbrüder zu beschützen, Und unsre Kirche zu vertheidigen! Bernhard. Mein Herr und Köng!

Ja, wer ist so blind,

Daß er die Reinheit eures Herzens nicht Don eurer Stirne lieft?

Nie, dünkt mich, warf

Ein Glas der Sonne Strahl so hell zurück! Hier gründete die Wahrheit selbst den Sitz, Und offen steht für jidcn Blick ihr Thor. 0, laßt mich vor tue) klagen wider mich. Doch nehmt mein rerig Herz zum Anwalt an! Gustav. Mein theurer Dernhad, ja, noch warst du ganz C

Mir nicht versöhnt; da« merkt' ich dir wohl ant Du hattest mir noch nicht vergeben, daß ich In deinem Siegeslauf? dich gehemmt. Mir ist es leid, konnt' ich dich jemals kränken. Denn rein, wie meine Seele, war die Absicht, Als ich, zu bleiben, dir gebot; ich hatte, Bei Gott, die gute Sache nur im Auge! Bernhard. 0, schweigt davon, und iaßt's vergessen sein, Damit die Wunde Nicht mich tiefer schmerze! Mich trifft der Vorwurf, Ihr war't immer rein; Doch soll fortan kein sündiger Gedanke Sich zwischen mich und eure Liebe drängen, Die mich zum Sieg auf neuen Schwingen trägt!

Gustav. Mein Glaub' ist unverletzt!

Seit ich zuerst

Euch beide sah, hab' ich an eurer Treue Und Liebe nie gezweifett.

Nein, ihr stieget

An meinem Himmel, wie zwei Sterne, auf, Zu denen ich getrost mein Auge wandte! Auch schwandet ihr mir nie, und wo ihr immer Voraus mir flogt, da ließet ihr den Glanz, Wie Streifen Silbers auf der See, zurück, Wenn um den Kiel die grüne Welle schäumt. Ich dünkte mich zuvor nicht arm; denn wie Der Himmelszeichen viele sind, so hatt' ich Der Freunde viele, die mir werth genug, Und die mir alles gelten; ja, es hat Auch einer ihrer wohl mein ganz Vertraun!

Doch keinen lieb' ich mehr, als euch! Fürwahr, Ihr beide seid an kostbarem Gehalt, Was ich, als Kleinod dieses Reichs, besitze, Und nur allein nicht wieder lassen mög! Wilhelm Ihr seid in allem königlich, und herrlich, Wie eure Lieb', ist eure Tapferkeit! Ihr siegt durch euer Schwert nicht minder, als Durch eure Huld; mit jedem eurer Worte Erobert ihr ein Herz, und jede Fessel Fällt vor euch ab! Die Freiheit, die ihr gebt. Ist köstlich überall, auch wo sie bindet. Und eine Herrschaft Lösung der Gewalt! Gustav. Wie viel bei euern Freunden ihr vermocht. Das hab' ich oft gehört und selbst erfahren, Seit ich den Fuß in dieses Reich gesetzt. O, möcht' es uns vereint gelingen, endlich, Den Päpstlichen zum Trotz, ein festes Bündnlß Der Fürsten aufzurichten, die im Glauben Mit uns verwandt! Geschieht nur dies, So haben wir vor niemand mehr zu fürchten, Und nehmen es mit jedem Feinde auf. Wilhelm. Ich lebe dieser Hoffnung stets, mein Fürst, Und glaube non, daß uns die Stunde nah. Gustav. Ich habe meinen Canzler Orenstjerna Mit Vollmacht erst nach Frankfurt hingesandt, C 2

36 Um dort zu unterhandeln.

Würtemberg

Und Baden scheinen uns nicht abgeneigt. Auf Hessen-Cassel hab' ich fest Vertraun, Die Städte treten bei.

0 seht, wie ihr

Mit euerm Ansehn dort mir nützen könnt, Indeß wir hier den Feind vom Lande treiben. Und Sachsen von dem Wallenstein befrein! Bernhard. Wir thun nur dies, und haben, was wir wollen! Ist dieser Sieg gewonnen, so verzagt Der Schwächste länger nicht, und jeder Zweifel Weicht dem Vertraun zu unsrer guten Sache. Der Weg nach Oestreich steht uns offen; Böhnien Wird uns geräumt, und vor den Thoren Wiens Erzwingen wir vom Kaiser selbst den Frieden! Gustav. Das gebe Gott!

Ich zweifle selber nicht,

Und denke drum zu schlagen, wo sich immer Nur die Gelegenheit uns bieten mag. Bernhard. Das mein' auch ich; es darf der Wallenstein Sich ja des Elbstroms nicht bemächtigen! Wilhelm. Die Stunde dringt!

Der Holk hat Leipzig schon

Mit Sturm genommen, und der Herzog steht In Merseburg.

Er wird den Pappenheim

Und Gallas an sich zieh«, läßt man ihm Zeit. Gustav. Wir brechen morgen auf!

Der Paß bei Kösen

37 Wird schon besetzt, und Naumburg eingenommen. Beliebt es euch, so mustern wir die Truppen, Und überlegen weiter, waS zu thun! Ihr, Wilhelm, bleibt, und lest die Briefe hier, Wenn ihr geschickt nicht seid, uns zu begleiten. Wilhelm. 0 nein, ich kann's, und fühle mich gestärkt, Es richtet euer Blick vollends mich auf!

Sie gehn. Die Königin kommt. Marie. Er geht, und denkt an mich nicht! Das Eine faßt sein großes Herz. Des Mannes Liebe!

Immer nur Das ist

Sie gehört uns nicht,

Und strebet über Weib und Kind hinaus. So werd' ich immer seufzen, und das Leid An meinen Busen drücken!

Jede Stunde

Erneuet die Gefahr, und lauernd steht Zur Seit', im Graun der Nacht, der nahe Tod. Wenn er die Hand nach deinem Haupte streckte? Wenn er dich faßte, Gustav?

Ach, er ist

Ja unerbittlich nur und schadenfroh! Wie lebt' ich ohne dich, was wäre mir Noch theuer auf der Welt! — Mein Kind, Christina! Kind meiner Schmerzen!

O, wir beide stehn

Dann einsam und verwaist! Es flattert wild Um Stirn und Brust das Haar, und auf dem Boden Liegt unser königlicher Schmuck zerstreut! Er ist dahin, die Zierde dieser Welt,

38 Der Fürsten Krone, wie der Helden Spiegel, Deß reinen Glanz kein Rostfleck je getrübt I Wer soll noch freudig blicken, wo er liegt. Den Leib entstellt, die rothe Wange bleich, Das Haupt mit Blut und Wunden überdeckt, Ein Bild des Jammers! — Gustav, mein Gemahl! Wenn ich das sehen müßte, wenn mein Busen Den kalten Leichnam herzte, würd' ich nicht Zur Leiche selbst, vor Furcht und Schrecken starr? O, meiner Sorgen Qual, mein armes Hetz, Du windest dich umsonst!

Ich richte selbst

Den Todespfeil auf dich, und wend' ihn schmerzlich In deinem Blut, du aber stirbst mir nicht, Und leidest ew'gen Tod!

Die Augen, die

Von Thränen überfließen, weinen fort, Und jeder Seufzer ruft: er ist dahin!

Der Vorhang fällt.

39

Zweiter Akt.

Erste Scene. Im Schlosse zu Merseburg.

Es ist Abend. Wallen stein am offmen Fenster. Wallenstein. Der ist nicht zu beneiden, der nichts mehr Zu hoffen hat, weil seiner Wünsche jeden Das Glück mit lächelndem Erfolg gefront! Der ist's, der an der Himmelsleiter stets Erwartungsvoll zu neuen Höhen klimmt, Und droht' ihm jäher Fall!

Warum denn zürn' ich

Mit meinem Schicksal heut!

Der Schwede nimmt

Mir nichts, sein Stern erlischt, der meine strahlt, Und etwas wicht'geS geht am Himmel vor! Auf seinem grauen Grunde haben schon Die goldnen Bilder sich entwirft; der Perseus Hält der Medusa Haupt, die Kassiopeja Wird von dem letzten Strahl des Tags beschienen. Die unsichtbaren Hände droben setzen Das Buch zusammen voll geheimer Schrift, Fast lesbar schon! Willkommen, stille Nacht! —

40

Die Wolken jagen sich, der Wind geht scharf! Die wirst den breiten Schatten weit, als wollte Mit ihrem Grabtuch sie die Erde decken. Die bösen Mächte sind's, die tückischen, Die mir den Blick in ihre Welt nicht gönnen! Sie haben mir das Zeichen dort verrückt; ES steht nicht in der Drei! Bedeutet es Des Schweden Fall? Der Astrologe sagt's! Ich hab' es nicht im Horizonte mehr. Die Rechnung wäre falsch? — Die Kunst ist richtig! Die Nacht ist ganz beflort, wohl, fahre hin! Er schlägt dar Fenster zu, und wirft sich in einen Sessel. Es ist ein letztes, ich erkenn' es wohl! Der Grund, worauf sich meine Größe baut, Der Ring, der meiner Thaten Kette schließt! Die Macht gebietet, und die Klugheit herrscht; Wer sich nicht selber dienet, ist ein Thor, Und uns zum Dienste schicket sich die Welt. Wer greift nicht nach der Hand, die ihm das Glück AuS himmelnahen Höhn entgegenstreckt! Was du besitzest, halte fest; was d» Ergreifen kannst, laß es dir nicht entgehn, Dir ist das kleinste wen'ger nicht misgönnt! Den Fürstenhut des Reichs hab' ich verdient. Zwei Herzogthümer mir erworben, wäre So fern der Abstand einer Krone nun? Hätt' ich von neuem wohl den Kriegesmantcl Mir umgethan, dem Kaiser nur zu dienen. Der auf dem Regensburger Tag mich blosgestellt?

Sollt' ich dem Baiern nur das Land beschützen. Der stündlich mich verräth? Solle ich den Schweden Nur aus dem Lande jagen, daß die Fürsten Sich auf den Lorbeer« meines Ruhmes betten? Ich wäre bald vergessen, hät? ich nicht Den Grund, worauf ich meine Füße setzte. Ich weiß es, wie man meine Dienste schätzt. Wie man mich haßt, und ihnen thät' id; etwas? Ich gehe meinen eignen Weg! Den Schweden Nur Haff' ich, und ihm gönn' ich nichts; er ist's. Der überall sich mir entgegenstellt! Der lästige Trabant, der zwischen mich Und meine Sonne sich verdunkelnd wirst! O, hätt' ich ihn vom Halse mir gesä)ültelt! Doch ihn erhebt das Glück im Ucbermuth, Iä) fürd)t' ihn nicht, und zage doch vor ihm! Er klingelt.

Ein Diener.

Wallenstein. Hat fid) Graf Piccolomini gemeldet? Diener. Nein, eure Hoheit! , Wallenstein. Geh, ich will ihn sprechen! — Der Diener geht.

Ich hall' ihn werth, sein Anblick thut mir wohl, Und deß bedarf ich jetzt! Ich warte stündlich. Wo nur der Pappcnheim mir bleibt! Das ängstigt Mich wahrlich! Käm' er nid)t, es wäre schlimm!

42

Dem Arnim hab' ich auf den Dienst zu passen; Es geht mir alles quer! Piccolomini nähert sich unbemerkt.

Piccolomini. Mein Fürst! Wal len stein. Wer ist's? Octavio! Piccolomini. Ihr habt befohlen. Wallrnstcin.

Ja, Was wollt' ich doch! Holk ist noch nicht zurück? Piccolomini. Es ward mir nichts gemeldet. Wallenstein. Nicht? — Auch hat Der Diodat nichts von sich hören lassen? Piccolomini. Ich denk', er ist in Naumburg eingerückt. Wallenstein. Wir müßten'S wissen! Es gefällt mir nicht. Daß er noch nichts berichtet; doch, was wollt' ich! In meinem Kopf ist alles bunt; wir haben Vom Altringer auf Hülfe nicht zu rechnen. Und, eh wit's denken, ist der Schwede hier! Piccolomini. So schnell ist's nicht gethan!

43 Wallenstein. Ja, hätten wir Den Saalpaß nur besetzt!

Piccolomini. Das wird geschehn! Wir sind vom Platze Meister. Wallenstein. Wären wir's Des Schweden auch! Piccolomini. Wir schlagen ihn. Wallenstein. Du glaubst cs Piccolomini. Ich halt' cs für gewiß. Wallenstein. So ist es auch! Octavio, es endet hier sein Lauf! Mein Blick ist wieder frei; wie ich dich sehe, Kehrt mein Vertraun zurück. Octavio verzagt!

Wann hätte je

Ihm ist kein Strom

Zu breit, kein Berg zu steil, er zögert nicht, Und spornt sein Roß hinan!

Es legt der Feind

Uns keinen Hinterhalt, er spürt ihn aus. Und sieht ihm listig jeden Vortheil ab. Piccolomini. Aus euerm Munde klingt das Lob mir süß. Wallenstein. Ich lobe, wie ich tadle!

Das Verdienst

44 Hat offnen Eintritt stets zu Meinem Herzen, Und geht nicht unbclohnt.

Ich theile gern

Mit meinen Tapfern so Gefahr, als Ruhm! Piccolomin i. Wer weiß cs nicht, und wird dadurch geehrt!. Drum dient euch jeder gern, und folgt dem Rufe, Der ihn zu Ansehn und zu Ehren fördert. Ihr zieht, wie ein Magnet, und übt die Kraft An allen, die sich turnn Kreise nahn. Sie sammeln sich, wie Vögel um den Herd, Wenn sie die Pfeife lockt.

Des Goldes Klang

Ist nicht so liebliche Musik dem Ohr, Als euer Ruf, mehr als des Kaisers Wort, Und seiner Gnadenketten leicht Gewicht! Wallenstein. Du gehst zu weit, Octavio, und vergissest, Daß Freundes Eifer auch verklagen kann! Piccolomini. Nur was der Welt bekannt ist, sprech' ich aus. Wer hörte nicht, wie Großes ihr vollbracht. Und welch' ein Geist in euer« Thaten lebt! Wer eS gesehn, der staunt noch immer fort, Und- glaubt, ein Wunder sei vor ihm geschehn! — Gefallen war das Loos seil jenem Tage, Da euch der Kaiser blosgestellt.

Der Schwede

Durchbrach die Länder, wie ein reißend Wild. Kein Feldherr stand ihm; um ihn her Sah man geschlagne Fürsten nur und Heere, Und jede Botschaft brachte neues Leid.

45 Der Sachse drang durch Böhmen, Gustav stand Vor Regensburg, und Bernhard in Tirol. Da war der Rath wohl theuer, groß die Noth! Der Kaiser sandte Boten über Boten, Und sprach mit Flehn zu dem verstoßnen Mann. Ihr ließet euch erbitten, und vergaßet Das Unrecht, das man euch gethan.

Von neuem

Erscholl der Name „Friedland" durch das Reich, Und euer Tag brach an!

Nun füllten sich

Die Straßen weit und breit; es drängten sich Die bunten Schaaren rings, nackt und gerüstet, Und von den Werbeplätzen hallte laut Der Rosse Wiehern ins Gewühl zurück. Doll Muth schlug jedes Herz nun in der Brust, Und euer Name wog nur, nicht der Sold, Wenn sich mit lust'genr Schlag die Trommel rührte. Wir alle flogen euern Fahnen zu. Die Feder steckte jeder auf den Hut, Und freute sich, dem Wallenstein zu dienen. Wa- Wunder, wenn auf solchen Ruf ein Heer, Wie aus dem Boden ausgewachsen, stand. Und bald den Sieg in seinen Reihen führte! Wallenstein. Es war nicht mein Verdienst, Octavio! Das Glück hat seinen größern Theil daran. Piccolomini. Wir alle wagten unser Glück auf euch, Und selbst die Hoffnung kleidet sich vor uns In schön're Farben nicht, als eure Größe

46 Im Siegesglanze vor «ns steht!

Fürwahr,

Es sind der Fürsten wohl und Feldherrn viele, Die sich in diesem blut'gcn Krieg vor andern In Marsgestalt gezeigt, und große Thaten, Des Nachruhms werth, vollbracht: doch keiner ist, Der euch sich gleichstellt; ja, der Schwede selbst. Sonst Sieger überall, sieht sich den Lorbeer Entrissen, der nun eure Schläfe schmückt! Wallenstein. Mir schmeichelt deine Lieb', und thut's darin Der frommen Spend'rin, Milde, gleich, wenn sie Mitleidig wohl des Bettlers Blöße deckt. Der Ruhm ist, wie der Wind, der brausend in Die Flamme fährt!

Ein Nam' ist bald dahin.

Und fällt, wie eine reife Frucht, vom Baum, Der nun entblättert steht!

Der ist ein Thor,

Der auf ein zeitlich Gut die Hoffnung setzt! Das hab' ich früh erfahren und erkannt, Und trage kein Gelüsten mehr darnach. Piccolomini. Ich mein', ihr steht am höchsten eben jetzt, Wo Undank ihr mit Edelmuth gelohnt, Und glühnde Kohlen euch aufs Haupt gesammelt. Die Feinde, die euch stürzten, hoben euch; Was i h r allein nur konntet, zeigte sich, Was ihr allein nur roaft, ward offenbar! Ihr spracht, und euer Obern schuf ein Heer, Ihr tratet auf den Platz, und drohtet nur;

47

Da war das Land gesäubert, Prag geräumt. Und unter Nürnbergs Mauern standen wir! Wallenstein. Dem Kaiser that ich treuen Dienst, das ist Mein Ruhm, Octavio! Die Pflicht, die wir Ihm alle schuldig sind. Piccolomini. Wir dienen euch. Und fragen nicht darnach! Wallenstein. Octavio! Piccolomini. Ja, zürnt mir nur, wenn ich bestechlich bin, Und ihr auf mich den stärksten Zauber übt! Die Liebe setzt unmögliches voraus; DaS Wunder liebt sie, lieb' es denn in euch! Ihr seid's, und seid cs nicht, den ich verehre; Geheimniß ist mir alles! Mächtig groß Steht mir der Fürst, der Feldherr gegenüber, Der hier die Heere lenkt, die Schlachten ordnet, Und vor sich aufreiht die. Trophäen des Siegs; Dort, mit den Parzen in vertrautem Bund, Geheimnißvoll des Himmels Bahnen misst! Das Astrolab, die Himmelskarte liegt Hier mit dem Fehdehandschuh nud dem Plan, Der über Gustavs Tartik siegt» Der Bogen, Den dort das Auge schlägt, schließt sich um mich, Und bannt mich magisch in den Kreis; ich stehe

48 Vor einer Zauberlade, die sich öffnet. Und durch die Nacht mit farb'gen Strahlen schießt! Wallenstein. Du träumst, Octavio, und siehst mich lächeln; Wach' auf, und sieh! Piccolomini. Ein Königshaupt, mein Fürst! W a l l e n st e i n. Du sprichst bethört. Piccolomini. Auch Königskronen wechseln! Wallenstein. Ich denke nicht daran. Piccolomini. Wer kommt euch gleich? Wallenstein. O, schwärme nicht, wenn ich dich hören soll! Piccolomini. UnS alle muß der Krieg entschädigen! Wallenstein. Ihr sollt belohnt sein, ja! Piccolomini. Nicht wir allein! W allenstein. Ich bin belohnt genug. Piccolomini. Mit Undank! Wallenstein. Schweig!

49 Piccolomini. Ich muß cs, wenn ihr wollt. Wallenstein. Octavio! Piccolomini. Mein Fürst! Wallenstein. 0 Himmel, gieb zum Freunde mir Nun über Gustav Sieg! — Horch, was ist das? Piccolomini. ES ziehen Truppen ein. WaUenstein. Der Pappen heim? O eile !

Ja, er ist's!

Die Kuirassire!

Ich höre schon

Das ist ihr Signal!

Sie blasen lustig; wie der Jubel schallt! Das sind die Hylkschen! Nun, was da wolle!

Ja, sie sind's!

ES komme

War's der Teufel selbst.

Ich zagte nicht, und jagt' ihn aus dem Reich! Octavio, ich halt' euch fest; es soll Noch einmal nicht der Fürsten Haß mir drohn, Und scheele Mißgunst mich verkleinert sehn!

Octavio mit Pappenheim und Holk. Walleastein. Da ist er!

Pappenheim! Pappenheim. Mein Fürst! D

50 Wallenstein. Willkommen! Pappenheim. Ich halte Wort. Wallenstein. Auch ihr, Feldmarschall Holk! So ziehen Tapferkeit und Klugheit ein, Und bessre Kampfgenossen wünsch' nie. Holk. Ein Cäsar führt die Legionen! Wallenstein. Laßt uns Die Adler pflanzen auf das Capitol! Pappenheim. Ich denk', ihr seid schon auf dem Weg nach Rom, Nach Erfurt, mein' ich; lägen wir davor, Die Thore wollt' ich sprengen.

Säumt nicht länger!

Wir müssen diese Nacht noch fort, sogleich! Wallenstein. ES ist zu spät, der Schwede wird schon dort sein. Holk. Er ist von Arnstadt vorgerückt. Pappenheim. Was thut's? Wir pirschen ihn heraus! Piccolomini. Der Graf hat recht! Holk. Wenn wir noch zeitig kommen.

51 Pappenheim. Früh genug, Den Ofen uns zu wärmen; denn es ist Verteufelt kalt! Es bläst der Winter schon Mit vollen Backen, und die Nacht bringt Eis. Piccolomini. Den Schweden kümmert's nicht. Holk. Er hat Proviant. Pappenheim. Ich denk', ihr habt für uns auch requirirt. Denn ihr versteht's; sonst hängt das Herz uns schief. Und fällt uns in den Latz. Holk. Getrost, ihr sollt Nicht darben, die Quartiere sind gemacht! Pappenheim. Gebt uns zu essen mir, dann fort, und grad' Auf Erfurt hin! Wallenstein. Ich bin's zufrieden, gebt Die Ordre, Piccolomini! Piccolomini geht. Diodat kommt. Wer kommt? Ihr, Diodat?

Unmöglich!

Diodat, Wie ihr seht! W a l l e n st e i n. Ihr habt den Paß? D 2

HS Diodat. Der Feind kam uns zuvor. Wallenstein. Den Tod auf euer» Kopf! Diodat. Wir thaten alles. Wallenstein. 0, ihr entschuldigt nichts! Diodat. Verdien' ich das? Wallenstein. Mein Glaube stand darauf.

Ich hätte qllcs

Gefürchtet, nur nicht dies! Diodat. Bei Gott, wir konnten Nicht schneller sein, mein Fürst!

In zweien Stunden

Kaum, glaub' ich, legten wir den Weg zurück. Doch fanden wir die Höhen schon besetzt. Umsonst versuchten wir Gewalt, der Feind War zweimal stärker; Hauptmann Gronsfeld fiel, Und jeder Angriff ward ein neues Grab. Wallenstein. So hgt der Schwede Naumburg auch besetzt? D iopat. Die Stadt ist eingenommen, und dsr König Wird jede Stund' erwartet. Wallenstein. Das ist mehr, Als ich besorgt!

Wer diesem Teufel traut.

53

Der Ihr Wir Und

ist ein Narr! — Verzeiht mir, Diodat! thatet eure Pflicht, jedoch, was thun selbst? Der Kriegesrath ist fertig, prüft. theilet eueren Beschluß mir mit! Er geht.

Pappenheim. Was lang zu prüfen, zu beschließen, was? Hier, dünkt mich, bleibt uns keine Wahl, wir rückett Nach Naumburg vor, und sprengen mit Gewalt Des Passes Pforten, frei sei unsre Dahn ! Holk. Was meint ihr, Diodat? Diodat. Es ist nichts leichte»! Die Stadt ist fest, der Paß zu wohl verwahrt,, Ihr seht den Feind im Vortheil überall. Pappenheim. Drum eben schlagen wir! Was wär' es sonst. Wenn wir die Wege breit und offen fänden? DaS bricht' üns wenig Nahm! Da ständ' ein Wamv Uns besser, als der Harnisch vor der Brust. Diodat. ES ist nicht mit dem Schwert allein gethan. Pappenheim. Wohl schneidet es, wo es nur tüchtig trifft! Diodat. Wer weiß cs nicht, wie eure Kraft es führt! Kein besserer Soldat wohl lebt iin Reiche, Des Kaisers Namen zu verherrlichen.

54 Kein Feldherr führte beffte Truppen je, Und schlug, wie ihr, die tapfersten zurück. Das alles rühm' ich, Graf, und krönte selbst Mit frischen Lorbeern eure Stirn, die kühn Und trotzig sich vor andern hebt; allein Verzeiht, wenn hier ich widerspreche!

Nicht

Der Held steht hier dem Helden gegenüber, Die Kraft der Kraft; da wagt' ich alles gern Auf euern Kopf, und würde nichts verlieren: Nein, einen Gegner haben wir, der tapfer Und klug zugleich; vor dessen Kriegeskunst Die besten ihre Plane scheitern sehn; Ein neuer Alexander, der uns zwingt, Mit aller Vorsicht stets zu Werk zu gehn! Pappenheim. 0, möcht' er mir begegnen in der Schlacht, Und könnt' ich ihn erreichen mit dem Schwert, Wie gerne gäb' ich für die Wund' ins Herz Mein Leben hin!

Ja, noch im Tode ständ' ich

Mit Streichen wieder auf, und fiel ihn an, Des Hasses langgenährte Gluth zu kühlen! Holk. Die Zeit wird kommen, ist vielleicht nicht fern. Pappenheim. Drum schlagen wir, und rücken in das Feld! Holk. Ihr suchtet dort den König jetzt umsonst. Pappenheim. Er soll mir nicht entgehn, wo er auch sei.

Holk. Es gilt noch mehr!

Der Schweb' ist's nicht allein! Pappenheim.

Ist er dahin, das andre wird uns leicht! Holk. )ch seh's nicht mit so sichern Augen an. Pappenheim. Ihr seid doch sonst im Unternehmen rasch. Holk. Wo sich die Zeit dem Unternehmen schickt. Pappenheim. Zu tapfrer That ist jede Stunde reif. Holk. Doch jede Stunde reist uns nicht zum Heil! Wir haben nicht den Rücken frei, und wissen Nicht, was der Schwede sinnt. Es halt der Herzog Von Lüneburg bei Torgau, Arnim rückt Aus Schlesien; wir müssen Gustav täuschen, Und diese scharf im Auge halten; dann Ist alles gut!

Der Gallas stellt sich ein,

Maradas kommt aus Böhmen, Altringer Aus Daicrn, wir befestigen uns selbst. Und bieten jedem Angriff Trotz. Pappenheim. Darum Kam ich nicht her, und ließ vom Stürmen ab. Daß ich mit euch hier niüßig liegen sollte!

Dioditt. Wir werden euer» Arm gebrauchen. Pappenheim. Wie Der Gärtner in das Feld den Strohmann setzt! Holk. Verzeiht, und hört! Pappenheim. Thut, was ihr immer wollt! Holk. Ein übereilte- Treffen schadet uns. Pappenheim. Laßt Mlch's vollführen! Holk. Fragt den Herzog selbst; Er mag entscheiden, wir berathen nur!

Wollenstem kommt. Wallenstein. Nun, seid ihr einig? Pappenheim. Q, beschließt nun selbst. Denn diese sind nicht zu bewegen! Holk. Wir Misrathen den Versuch, mein Fürst, den Schweden In dieser Stellung anzugreifen, die Zu sehr ihn über uns in Vortheil setzt. Diodat. Es kann uns nimmer frommen!

57 Pap penheim. Diotat, Mit meinem Leben steh' ich dafür ein! D i o d a t.

Es ist citt Wägstück! Holk. Ich verheiße nichts; Wir setzen uns muthwillig in Gefahr! Wallenstein. Wir wollen nicht ein äußerstes versuchen. Und gehn nicht vor! Des Königs Absicht kann Uns lange nicht verborgen bleiben. Besser, Wir thun nichts übereilt, daß wir zur Zelt Zu tapfrer Gegenwehr gerüstet sind. Die Ordre, die ich gab, nehm' ich zurück; Ihr seid entlassen! — Diobat!

Diodat. Mein Fürst? Wallenstein. Der Hazfeld soll sich fertig halten. Diodat! Wohl! Wallenstrin. Nun, gute Nacht! Sie gehn. Wallen st ein setzt sich zum Schreiben. Das wäre auch geschehn! Er klingelt, ein Diener.

Der Brief muß gleich besorgt sein! Hier, Auch diese beiden! Der, an Gallas, schnell! Ich will den Zenno sprechen! Schick' ihn her, Und laß sonst niemand ein; ich will allein sein! Der Dimer geht.

Wie viel von Zärtlichkeit, Elisabeth! In deinem Brief ist Liebe jedes Wort, Und jeden Wunsch für mich begleitet sie. Ich könnte dir nicht zürnen, läg' ich auch Mit aller Welt im Streit! Wie süß die Lippe Zu schmeicheln weiß! 0, linderte Sie mit dem zarten Hauch die Schmerzen gleich. Wonach sie fragt! Der böse Dämon steckt Mir in den Gliedern noch, und treibt aufs neue Sein arges Spiel, ich fühl' es schon voraus. Der Teufel Gustav ijUs, der zwickt mich hier, Und läßt mir keine Ruh! — Octavio, Du hättest nicht geirrt? — Gefährlich ist's. Wenn andre denken, waS wir kaum uns selbst Vertraun, und sei es, wer es sei! Auch er Darfs nicht errathen! Mein Geheimniß decke Mit unenthüllter Dunkelheit die Nacht, Bi- Heller Tag den Schleier lüften kann! Wer kommt? Der Astrolog! Aenno tritt ein.

Ernst und bedächtig. Zenno. Mein gnäd'ger Herr!

59 Wallenstein. Wir haben heut zu thun; Es droht Gefahr, und, uns zu schaden, sind Die Hände droben, wie mich dünkt, geschäftig. Zenno. Ich fürchte nicht. Wallenstein. Hätt' ich Geburt und Stunde Des Schweden nur gewiß. Zenno, Die Conjunction Läßt keinem Zweifel Raum, und der Aspcct Ist gut, mein Fürst l Wallenstein. Du glaubst es? Z e n n o. Eh der Mond Sein silbern Horn gefüllt, erlischt die Flamme, Die über Gustavs Häupten brennt.

Es wechselt

Das feurige Gestirn, und macht am Himmel Der neuen Sonne Bahn, die das Gewicht Der Gegenkraft nicht duldet. Wallenstein. O, ich fürchte. Der Sieg ist nicht entschieden! Zenno. Prüft es selbst!

60

Die Opposition ist schwach. Am Knie Des Schlangenträgers bleicht der Strahl Des Purpurlichts, und figurirt nicht mehr. In den krystallnett Sphären zeigen sich Die Himmelslichter schon in neuen« Glanz. Wallenstein. Ich will es sehn! Die Wolken theilen sich. Und geben neuer Hoffnung Raum. Wenn dort Sich etwas wichtiges begiebt, so mag es Für uns Gewinn sein. Laß uns operiren! Nimm das Geräth, es stört uns niemand, komm! Wallenstein geht mit dem Lichte voran, ßenno folgt.

Zweite Scene. ßu Erfurt. ES ist Rächt.

Der Page Leubelfing trägt die Schatulle

des Königs und zwei Kerzen. Der König und Herzog Albrecht von Sachsen-Lauenburg.

Gustav. Herzog Georg soll sich beeilen, Vetter, Und uns nicht stecken lassen! Legt ihm das Ans Herz, und spornet seinen Eifer; denn Wir brauchen die Verstärkung, und mir ist. Als gieng es morgen schon zur Schlacht. Albrecht. ES könnte Wohl fein ! Ich werd' es dringend machen.

tzl Gustav. Thut's, Denn sonst geschieht es nicht! Ich weiß es schon; Es möchte jeder nur sich selbst gebieten, Und durch Befehl erlangt man nichts. Das hat Uns oft geschadet, thut es noch! Albrecht. Es ist Nicht böser Wille, noch ermangelt es Des Eifers für die Sache wohl, mein Fürst! Ihr lobt ein Roß, das stolz und muthig sich Erhebt, und nicht den Reiter tragen will. Wie edel er auch sei ! Es ist die Freiheit Das schönste Recht, darum der Edle ringt. Und das der Fürst am schwersten opfern mag. Gustav. Ich fob« dieses Opfer nicht, vielmehr Hoff' ich, die Freiheit euch zu geben, die Der Himmel gern uns gönnt, die aber nicht Gesetzlos schweift, und jeder Fessel ledig. Meint ihr die auch, so sind wir eins; doch fürcht' ich Des Wortes Doppelsinn, der scharfer, als Des Messers Schneide, trifft, und herb verletzt. Albrecht. Es ist das Leben selbst, das überall Mistraun und Zweifel in der Brust erwecht. Wo zeiget cs sich einfach, klar und rein? Wo hallet ihr's an sichern Enden fest?

Ein Räthsel ist's in jeglicher Gestalt! Wir sind es uns; wer widersteht dem Drange, Der uns beherrscht, und blindlings fort uns reißt? Der reinsten Absicht widerspricht die That, Die schon nicht ist, was sie zuvor gewesen; Ja, der Gedanke selbst ist nicht mehr rein! Gustav. Mein Glaub' ist anders, Vetter, wenn ich auch Das Gegentheil euch nicht beweisen kann. Ich denke nicht so schlimmes von der Welt, Noch lass' ich mich vom Schein der Wahrheit irren, Daß ich sie selbst nicht mehr zu finden weiß. Mir hilft der Geist der Liebe fort, und lehrt mich. Mit Freudigkeit das nächste thun, wozu Der Himmel, glaub' ich, mich berufen hat. So glaub' ich andern, wie mir selbst, und zweifle Nur, wo das klare Gegentheil sich zeigt!

Albrecht. Es denken wen'ge so!

Gustav. Ihr thut's gewiß; Sonst wäret ihr ins Lager nicht gekommen, Aus einem Feind ein Freund, der nun mit uns Des Glaubens köstlich Heiligthum verficht! So zweifi' ich an der andern Eifer auch Im Ernste nicht; sie sehn nur das nicht immer. Was uns zum Siege hilft, und machen mir Und sich die Arbeit schwerer, als sie ist. Drum bitt' ich wiederholt, treibt mir den Herzog,

63

Denn seine Hülfe leidet nicht Verzug. Nun, gute Nacht! Lebt wohl! Albrecht. Seid unbekümmert, Ich schreibe gleich!

i

Er geht.

Gustav. Es ist schon Schlafenszeit! Gieb mir die Briefe, Leubelfing! Was stehst du, Und siehst dem Herzog nach? Leubelfing. Mein gnäd'ger Herr! Gustav. Du sprichst bewegt, was ist's? Leubelfing. Ich darf's nicht sagen! Gustav. Was hindert dich? Leubelfing. Dje Furcht! Gustav. Hast du zu mir Nicht mehr Vertraun? Leubelfing. Ich muß es sagen, ja! Wär? auch um eure Gnade! Doch, was red' ich Zu eurer Hoheit, das mir Glauben schafft! Der Herzog meint's nicht' gut mit euch, bei Gott! Er ist nicht ehrlich, und sein falsches Wesen

Verbirgt sich nicht, ich (es es ten der Stirn i Gelogen hat er sich in eure Gunst Durch angenommne Offenheit onb Treue, Die, euch zu schaden nur, beflissen sind. Er liebt euch nicht, gewiß!

Ec wartet nur

Ans die Gelegenheit, die sich am besten Für eigene, verborgne Plane schickt. Drum gieng f? aus des Kaisers Diensten fort. Und kam bei Nürnberg in das schwed'sche Lager; Drum bot er seinen Arm euch an, der morgen sich wider euch erhebt, und sein Gewissen Ist, wie der span'sche Schnitt an seinem Kleid! Gustav. Ich höre mit Verwundrung, wie auf einmal Die Zunge dir gelöst; doch mehr verwundert Es mich, wie in dein jung und arglos Herz Sich dieses Mistraun eingeschlichen hat! Leubelfing. Gewiß, es ist kein Falsch in meiner Seele! Die Wahrheit selbst gebietet mir, zu reden. Doch hör' ich wohl, wie wenig ihr mir glaubt. Gustav. Ich weiß, daß du mich liebst, und reine Neigung Zu meinem Dienste dich geworben hat. Drum kannst by nichts mir sagen, was an dir Und deiner Ehrlichkeit mich zweifeln ließ; Doch weiß ich auch, wie selbst im reinsten Herzen Der Feind, zu schaden, stets geschäftig ist. Du seufzest?

Was bedrückt dich noch?

Erfüllt

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Vielleicht die Zurüstung des Krieges dich Mit Furcht, und sehnst du dich zurück, die Pflichten Des Sohns dem greifen Vater zu erfüllen? Es kostet dich ein Wort, und, reich beschenkt. Send' ich nach Nürnberg sroh dich wieder heim! Leubelflng. 0 Gott, ich seh's, wie viel ich nun verlor, Und welche Gnade mir entzogen ist! Nicht weiden soll ich meine Augen mehr An diesem echten Bild der Königsgröße, Nicht leben mehr sür den geringen Dienst, Darum ich alles Glück der Welt verlacht! Laßt mich nur ziehn; o, stoßt mich nur von euch. Ich werde vor Verlangen eher sterben. Als rühmlos Leben mich zum Schuldner macht! Gustav. Du bleibst bei Mir; ich treibe dich nicht fort; Ich gebe jede Freiheit dir, du magst Im Feld mir dienen oder im Gemach. Leubelsing. Mein gnäd'ger König! O, wie heilet ihr Mein wundes Herz! Wie gönnt ihr, unerfleht, Mir alles, was mich glücklich machen kann! Ja, folgen laßt mich euch, wohin es sei. In Tod und in Gefahr; mein Blut, mein Leben Sei euch in diesem heil'gen Kampf geweiht!

Gustav. Ich nehm' es an; du, rüste dich zu morgen, E

66 Denn früh schon reiten wir, und mit der Botschaft Send' ich dich selbst nach. Naumburg uns voraus. Leubelfing geht. Es muß geschehn!

Mit jeder Stunde schließt

Der Kreis sich enger, dev in seiner Mitte Den Schlag der blutigen Entscheidung sieht. Was jahrelqng, von Leiden schwer gedrückt, Der Freund des Evangeliums gehofft, Wonach der Glaubensbrüder Noth geseufzt; Es ist nun nicht mehr fern, und froh, wie einst, Schwebt die Verheißung auf de« Seraphs Schwingen! So hab' ich nicht umsonst gelebt, nicht um Ein kleines nur das theuerste gewagt! Nicht eitel ist der Ruhm, der Schweden nun Verherrlichet, und übers Grab mir folgt! Nicht kleiner meine That!

Es ist ihr Bett

Die Wiege, düykt mich, einer goldnen Zeit, Worin der Freiheit Blüthe reifen wird! Mich weht der warme Hauch des Frühlings an, Und öffnet alle Quellen meiner Brust, Die lustig in den Strom des Lebens spielen; Mich hält nichts auf, mich treiben alle Wünsche Und Hoffnungen dem einen Ziele zu! Es ist der Sieg, der mir vom Himmel kommt. Wonach die tausend Augen mit mir sehn. Und der die größte meiner Thaten krönt! Der Vorhang fällt»

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Dritter Akt. Erste Scene. Zu Erfurt. König Gustav und Marie.

Marie. Du nennst mich deine zärtliche Marie? Wie süß da« Wort aus deinem Munde tönt! So klingt des Liedes letzter Ton harmonisch Im Herzen nach, und hebt auf seine Schwingen Die Seele, die mit ihm zum. Himmel fliegt! Gustav. Dein Mund ist süßer! Cr küßt fit.

Marie. Doch du küßtest eh Wohl feuriger! Gustav. Ich liebte nie dich mehr! Marie. 0, sprächen andre Lippen nur davon. Sie wüßten's wohl zu sagen! E 2

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Gustav. Rede nur, Damit ich lauschen kann! Marie. Hätt' ich die Kunst Des Lautenspiels, wie tu, ich bannte dich Zu meinen Füßen unbeweglich fest. Du solltest nicht mir fort, und, immer lauschend, Der Lieb' und des Gesanges Zögling fein I Gustav. Bin ich es nicht? Marie. In fernen Hainen schwebt Ein andres Bild, das mehr vermag, als ich. Noch leuchtet die Gestalt, du kennst sie wohl; Die schöne Ebba, die gefeierte. Der Jugendlieb' und Dichtung erster Stoff, Don hundert Leiden sehnsuchtsvoll umrauschtl Sie bleibt, was sie gewesen, gleich der Muse Des göttlichen Gesangs am Dichterquell, Der, voll Entzücken, stets die Seele lauscht! Gustav. Sie leiht von dir den Ton! Marie. 0, schmeichle nicht! Ihr bleibt, wa- ew'ge Jugend hat und giebt, Der Schönheit Reiz! Um ihre Schultern legt Die Zeit nicht ihr vergängliches Gewand. Ihr Mund ist immer roth, die Stirne glänzend,

69 Und aus dem ahndungsvollen Busen steigt. Wie erst, das lieblichste Verlangen auf!

Gustav. Du wirst jur Dichterin. Marie. Kannst du es laugnen? Die Wahrheit spricht für mich; der Eindruck bleibt. Und die Erinnrung altert nicht; nein, immer Verjüngt erscheint sie, wie die Blüthe, neu. Und führt das Wunderbild mit sich herauf! Es ist dasselbe stets, nur schöner noch. Vom Morgenlicht Aurorens sanft umwallt. Der Himmel selber ruht in diesem Arm, Die Berge röthen sich, die Thäler dampfen. Und zu dem Silberfall der Ströme klingen Der Engel Harfenzungen mit Gesang! Gustav. Ich weiß nicht, was ich dir erwidern soll. Und ganz bezauberst du mir Ohr und Herz. Auf jenem goldnen Grunde malst du selbst dich. Und jede andre Schönheit löset sich. Wie Nebel, in der Sonne Strahlen auf! Marie. Von deiner Ebba sprich, und du hast recht!

Gustav. Marie! Marie. Du selbst beoahrst noch inanches Lied, Das deine Lieb' und ihre Schönheit singt.

70 Gnsta v. Da liebt' ich sie nicht mehr, als ich dich sah! Marie. Und dein Gesang verstummte? Gustav. Mächtig zog Die Wirklichkeit mich an, der Traum verschwand! Marie. Das wahre Leben floh, und Dornen wachsen Auf jenem Boden, wo der Epheu sich Sehnsüchtig um dir junge Ulme schlang! Gu stav. 0 nein, Marie!

Die Klag' ist nicht gerecht!

Sieh, eine Theurung war im ganzen Lande, Und groß die Noth; da legt' ein fruchtbar Korn Der Himmel selbst in einer Fleiß'gen Hand. Gesegnet war's mit hundertfält'ger Frucht; E< breitete die goldne Saat sich aas, Und war in weiten Feldern ring« zu. schaun. Da drängte sich der Neider Schwarm heran, Mißgunst und Habsucht liehen sich den Schild Der Finsterniß, und unter ihm begann Der Raub sein fluchenSwürdlg Werk.

ES flohn

Die Wächter ring«, geschlagen und erschreckt; Bald sahest du den Boden wild zerstampft, Die Saat zerrauft, und um die Beute rissen Tie Räuber sich, gleich Wölfen um da« Lamm. Ich stand vor meinem Acker, und gewahrte Den dunkeln Schwarm.

Da gab ein Engel mir

71 Sein flatternd Siegesbavner in die Hand; Er hauchte mich mit seinem Obern an. Und sandte mich gerüstet in den Kampf! Marie. Nun ist der Kneg dein Feld, da führest du Den Pflug weit über Leichenhügel hin. Du pflegst nicht mehr des Oelbaums friedlich Reis, Und bindest froh die jungen Zweige auf. Was lehnte sich die Rebe an den Stamm, Und schlang um ihn die Arme voll Vertraun, Ihn riß der Sturm entwurzelt mit sich fort! Es schirmt nicht mehr den Wanderer sein Dach, Der hier, ermattet, nach dem Quell sich sehnte Es weidet nicht die Herde mehr- chie sonst. Auf dem geblümten Rasen unter ihm. Und hüpft zur Flöte, die der Hirte spielt; Die Rebe, haltlos, stirbt am Äöddn hin. Denn ach, ihr bester Theil ist ihr entrissen, Der, noch im Sterben, ihren Freund umflicht! Gustav. Dich halten meine Arme> wie du mich, Und um uns beide breitet sich die Liebe Des Himmels, die ihr purpurnes Gewand Mit zarter Sorg' um unsre Schultern schlägt! Noch ist an meinem Haupte nichts versehrt; Der Sturm, der letzt noch weht, ist bald vorüber, Und mit dem neuen Frühling kehrt der Friede Auf diese Fluren segensreich zurück!

72

Marit. Ich höre deiner Worte Schmeicheln nur, Du aber gehst davon, und löstest uns Der Wuth der Feinde, hülflos, wie zuvor. Wer soll uns hier beschirmen, wenn du fehlst, Wer deinen Garten baun, und Früchte sammeln, Den Feind bekämpfen, den nur du bestehst? Gustav. Ein andrer sorgt dafür, Marie! Der ist's, Dem Leib und Seele wir vertraun! Trompeten und kriegerischer Jubel vom Markte.

Marie. 0 Gott! Die Herzoge von Sachsen-Weimar, Wilhelm und Bern­ hard und der Herzog Albrecht von Sachsen - bauenburg mit Gefolge.

Die Erfurter Rathsherrn und

Bürger schließen sich an, und es füllt sich nach und nach die Scene.

Aus dem Seitengemache Johanna,

die Kammerfrau der Königin.

Gustav.

Die Stund' ist da! Ihr kommt? Wilhelm. Ihr gabt Befehl! Die Truppen ziehn mit kriegerischem Spiel Den Thoren zu, des nahen Sieges froh. Bernhard. Wir werden ihn gewinnen! Gu stav. Geb' es Gott!

73 Marie. 0, meines Leids, Johanna i Johanna. Gnäd'ge Fürstin! Gustav am Fenster. Da zieh« die Finnen, seht, wie reiten die, Als wären sie mit ihren Pferden eins! Zunächst des Wrangels Reuter!

Dort die euern

Mit hellgeschliffnen Harnischen, gestählt In mancher Schlacht!

Nun folgen meine Garden,

Das gelb' und blaue Regiment, der Kern Der Schweden! eine Heldenschaar, wie Rom Und Sparta je sie nur gesehn!

Mit ihnen

Beständ' ich jeden Straus, und wäre Mars Mein Gegner selbst! Bernhard. Sie tragen euer Bild In der gestählten Brust.

Es sind die Sieger-

Von Leipzig und am Lech, vor deren Streichen, Mit Blut bedeckt, der Dämon Tillys floh!

Gustav. Ja, meine Freunde!

Hell im Mittag glänzt

Die Sonne unsrer Thaten; es erhebt Ein Tag den andern, und das Auge blickt In eine große Zukunft, die vor uns Auf goldnen Fittigen sich niedersenkt! Wilhelm Die Fürstin wankt.

74

Johanna. 0 seid getrost! Gustav. Marie! Gedenke deines Worts, und lasse nicht In Schmerzen mich in dieser Stunde fort! Wilhelm. Es ruht in Gottes Willen unser Heil, Der uns den Tag geordnet, und das Maas Des Lebens in den ew'gen Handen hält! Gustav. Sie fürchtet nichts, es überwältigt sie Die Liebe nur. Wie ist dir? Marie.

Wohl! Gustav. So höre Ich Schwedens Königin! Bin ich nicht glücklich In meinem Arm der Liebe holden Schatz, Umringt von solchen Freunden, und im Kampfe Für Gottes Heiligthum! — Ihr Bürger Erfurts, Noch benf* ich jenes TagS, wo hell und laut Mich euer Gruß vor dieser Stadt empfieng! Ihr sangt, wie Vögel, lustig ih den Wald, Wann sich der Mai auf Rosenlagern bettet. Den Retter Deutschlands sahet ihr in mir, Vor dem, mit blut'gem Schweiß, der Eber floh. Ich brauchte die Petarde nicht; die Thore

75 Eröffneten sich weit, und nahmen mich In ihre festen Mauern ein.

Ihr gabt

Zum Herzen dieses Reichs die Schlüssel mir, Und habt in treuer Lade sie bewahrt. 0, bleibt mir, was ihr damals war't, und bauet Auf meine Treu!

Seht hier die Königin!

Sie übergeb' ich euerm Schutz; empfangt Und ehrt sie höher, als mich selbst, denn ihr Ermesst die Höhe ihres Werthe« nicht!

Rathsherr. Willkommnern Lohn cmpsieng die Treue nie. Und höher galt kein Dienst!

O, käme nur

Der Tag, da wir die Freiheit, die ihr uns Mit Blut erkauft, mit Blut bezahlen könnten! Wir haben unser Leben nicht so lieb, Als diesen Schatz, den wir für euch bewahren, Und den wir unversehrt euch wiedergeben! Beifall.

Gustav. Ich dank' euch, Freunde! Mehr noch sagt mein Herz! Es harrt voll Ungeduld der großen StundeDa Deutschlands Schicksal sich entscheiden soll 1 Leb wohl, Marie!

Getrost, uttb weine nicht!

Dein schönes Auge blickt mich zärtlich an, Als wollt' es sagenewig bin ich dein! Und, drin auf ewig, spricht zu dir mein Mund! Uns trennet nicht die Zeit, ob ich auch gehe, Und du hier bleibst; denn unsre Liebe bindet

76

Nicht dieser ird'sche Leib: fle schwebt geflügelt! Und ruht, wie jetzt, auf unsern Lippen aus. Er küßt sie.

Gott hüte dich!

Marie.

Gustav. Er sei mit dir, Marie! So fröhlich schied ich nie von dir, als heut! Der König wendet sich schnell unter dem Zurufe der Menge. Ihm folgen die übrigen,

bis

auf Herzog Albrecht und

Johanna, die um die Königin beschäftigt ist.

Johanna. O, sprecht ein Wort, und öffnet euer Herz! Laßt euern Thränen Lauf, sonst stoßet ihr Das Leben mit verhaltnem Odem aus! Albrecht. Sie hat der Schmerz versteint! ES jammert mich Ihr tieseS Leid. 0 Fürstin! Marie. Laßt mich! Seht, Da trägt sein Roß ihn hin, nun ist er fort! Nun seh' ich ihn nicht mehr, und meine Stimme Erreicht ihn nicht! Ich breite meine Arme Umsonst nach ihm; mich hat der Schmerz gelähmt. Sonst müßt' ich ihn ereilen! Diese Mauern Verschließen mir den Ausgang nicht; es schreckt Mich nicht der Tod! Nun jammr' ich hier umsonst. Und ringe meine Händ', und raufe mir

DaS Haar, und finde keine Thräne, die Das Feuer meiner Angst im Busen löscht! Mein Gustav, mein Gemahl! O weh, de- Tages Da sie dein blutig Kleid mir bringen werden, Wie Josephs falsche Brüder! Dich umgarnen Die Netze des Verraths; es lauert tückisch Der Mord nicht auf entlegnen Wegen nur, Er wagt sich auf die Felder auch des Ruhms, Und treibt sein Handwerk, wie rin schlauer Dieb! Ich weiß es wohl, auf dich ist's abgesehn, Und er versucht dich nicht zum erstenmal. Er thufs, sonst träfe dich die Kugel nicht, Und keine Schneide krümmte dir ein Haar. Nun aber wirst du abgehauen liegen, Wie ein gefällter Stamm; zerbrochen, wie Ein morscher Zweig;-dich wird der Staub bedecken Beschmiert mit Blut, das von der Rosse Huf Noch auf den umgewühlten Boden traust! Johanna. 0, haltet ein! Albrecht. Sie wankt. Marie. Mein Gustav! Albrecht. Sie Liegt todt in meinem Arm! Johanna. Es ist Erschöpfung!

78 Ihr Athem kehrt zurück! 0, mache Gott Die Drust ihr frei, und gieße milden Balsam In ihr verwundet Herz!

Wie ist euch, Fürstin?

Marie. Es war ein schwerer Traum, der auf mir lag! Johanna. Erwacht davon, und richtet euch empor! Marie. Ich sah's mit meinen Augen!

Johanna. Denkt an euch! Marie. An ihn, Johanna!

Laß mich nur, wenn ich

Auch unterliegen sollte!

Bleibt mir doch

Von allem, was ich hatte, nur der Schmerz, Den ich gepflegt, wie eine Wittwe, die Des Kindes Haupt an ihren Busen drückt! Mich wird fortan des Leid umfloren, schwarz Mein Kleid sein, wie die Farbe meiner Trauer. Ein Tag, und eine Nacht, und wieder eine. Da bin ich Wittwe, Thränen weint mein Kind, Und ist mit Schwedens Thron verwaist! Albrecht. Ihr quält Mit trüben Bildern euch, o Königin! Marie. Ihr hier noch, Vetter!

0, wie dank' ich euch!

Ihr macht mich wirklich froh, und heilt den Schmerz! Mir war's, als hört' ich meines Gustavs Stimme,

79 Und bei mir weilte seine Größe noch. 0, haltet euch tu ihm in der Gefahr, lind mildert seinen Ungestühm;/denn er Erkennt sie nicht, und weiß von keiner Furcht! Ihn schreckten nicht die rvilden Furien selbst. Wenn sie vor ihm, die Schlangcnhäupter schüttelnd, Die Fackeln schwängen in verruchter Faust! Al brecht. Ich werd' an seiner Seite sein, o Fürstin! Und ihm mein Auge leih«, wie meinen Arm. Marie. Thut das, und säumt nicht mehr! Nein, bleibet noch! Ich hätt' euch noch zu sagen!

Ja, was war's?

Mein Kopf ist ganz verwirrt!

Was sagt ihr, Vetter 7

Ihr ängstigt mich; o, gebt mit eure Hand, Und schwört es mir bei Fürstenehr' und Freundschaft, Und was euch sonst noch theuer auf der Welt: Ihr wollt den König nicht verlassen, wollt Ihn schirmen und bewahren, wie ihr könnt! Bei Tag und Nacht, im Lager und im Feld, Im Sturm der Schlacht, und unter Feindes Drang! Das ist der Stein auf meinem Herzen, den Wälzt eure Hand mir ab!

0, seid mitleidig!

Ihr liebt den König ja, und habt sein Herz, Ihr sagt mir nichts, was ihr nicht halten wollt. Und euer Wort ist mir ein heilig Pfand! Albrecht. Ich weiche von des Königs Seite nicht!

80

Marie. Euch lohn' es Gott! Und doh it tmtc noch bang! Mich ängstigt jeder Laut, und schimime Ahndung Spitzt ihr Pfeile nur für meiie vriust! Ihr solltet schon zu Roß sein; mrime Furcht Sei euer Sporn! 0, nehmt da! schnellste Pferd, Und denket eures Schwurs! 34 fühle wohl. Ich werde nie mehr eine- Tazes froh J Sie zeht von ihrer Frau geleitet. Albrecht. Sie dauert mich, fürwahr! Doch, wa- sie ängstigt. Könnt' unS Gewinn sein! 2Btt ich denke, läßt Herzog Georg sich Zeit; denn lecht wohl brächte Zu schneller Sieg uns größere Erfahr!

Zweite Scene. Au Merseburg. Wallenstekn, Pappenheim und Piceolomini.

Wallenstein. Ich thu's nicht gern, doch ihr besteht darauf. Und ich will euch nicht hindern. Nur dies eine Beding' ich aus, daß ihr au« Halle mir Den Schweden jagt! Pappenheim. Das soll gewiß geschehn, Und thu' ich'« nicht, so glaubt mir niemals mehr! Mir brennt die Sohle schon, und keine Stunde

81 Hier halt' ich's länger aus.

Gebt Acht, ich schieße

Die Stadt in Grund, eh ihr ein Amen sprecht! Und, braucht ihr Hülfe, eh der Gallas da, So sendet nur, und flugs bin ich bei euch! Wallenstein. Ich weiß, daß ihr's nicht fehlen laßt, lebt wohl!

Pappenheim geht. Piccolomini. Ihr laßt ihn gehn? Wallenstein. Er lag zu sehr mir an. Piccolomini. Ihr seid nachgiebiger als sonst. Wallenstein. Es sei! Ich hab' es anders überlegt, und fürchte Nichts mehr davon, Octavio!

Piccolomini. Verzeiht, Ich hätt' es nicht gethan! Wallenstein. Mein Glaube ruht Auf Zeichen, die nicht trüglich sind. Wird eine Schlacht nicht suchen.

Der König

Er hat Naumburg

Nur eingenommen, daß er uns den Daumen Aufs Auge hält, indeß wir, unbesorgt. Die Winterlager hier beziehn.

Wir sehn,

Wie wir ihn täuschen, und mein Plan ist schon Gemacht.

Wir setzen uns in Lützen, wo

F

82 Dem Pappenheim zugleich wir naher sind; Dagegen gehn der Suys und Contreras Nach Zwickau, um den Weg nach Dresden Dem Feind zu öffnen; das ist seine Falle! Da nehmen wir ihn zwischen uns!

Der Gallas

Passirt da- Erzgebirg' und steht in Sachsen, Und alles ist gemacht!

Octavio,

Wir triumphiren, und des Schweden Stern Erlischt, eh dieser Mond die Scheibe füllt! Piccolomini. 2ch will es glauben. Wallenstein. 0, du sollst noch sagen: So war eS gut!

Mein böser Dämon ist

Don mir gewichen, und der frohe Muth Zurückgekehrt; waS gestern mir das Dunkel Des Himmels barg, sch' ich im Lichte nun Des neuen Tags.

Der Morgenstern enthüllte

Sich jungfräulich, und stand im reinsten Glanze, Der silbern über mir zur Erde floß. MarS selber lächelte, und sah verwundert Das schöne Bild an, da- die Himmelsmächte Im Farbenstrahl zusammen mir gestellt! Du lächelst auch, doch nicht wie einer, den Das Wunder der Erscheinung rührt; du siehst Nur das gewöhnliche, das seltne nicht, Und hältst mich für ein Kind in deinem Wahn! Piccolomini. Verzeiht, mein Fürst, das hab' ich nicht gedacht!

83 Mich reizte nur die Fülle des Gesichts, Das sich so frisch in euerm Geiste malt. Ich glaub' an eine höhre Kraft in euch Und großes, wozu ihr berufen seid. An euch ist alles außerordentlich; Ihr seid ein Seher und ein Kriegesfürst, Und größeres entwirket mns die Zeit. WwUenstein. Dein Wort beschämt mich. Wenn ich dir weh gethan.

Du hast zu vergeben. Ich weiß es ja.

Daß du vor allen mich verehrst und liebst! Ja wohl, gedenk' ich jenes Tages noch Mit frommer Scheu, wo mir der Himmel selbst Ein sichtbar Zeichen seiner Huld verlieh! — Zu Jnspruck war's, im markgräflichen Schlosse, Wo ich, als Page dienend, auf dem Söller Des dritten Stockes eingeschlummert lag; Da hatt' ich einen wunderbaren Traum. Mich dünkt', es giengen Sonn' und Mond in Sümpf, Und durch den dunkeln Himmel schossen wild. Gleich Feuerbällen, die empörten Sterne. Mit ihren Riesenleibern schoben sich Die Wolken hin und her; der Boden wankte, Und Flammen schlugen aus dem Abgrund auf. Ich schloß mein Aug', und lag, wie angekettet Vor Furcht und Graun.

Da weckte mich ein Schall,

Wie der Posaune Ton, und meinen Namen Höre ich gerufen zu des Erzes Schall. Mir war's, als siel des Schlafes Fessel ab! F 2

84 Da rief es wieder, Heller, dringender, Wie man den Trägen spornt, der noch sich windet, Und sich zum Werke nicht entschließen kann. Ich fuhr empor, und sah ein wild Gewühl Bon Kämpfenden, in Staub und Rauch gehüllt; Nicht Männer nur, auch Weiber, angespornt Von Mordbegier und Wuth, die blut'gen Seinen Um ihren Leib gegürtet, und gegeißelt Don Schlangen ihres Haars; die Geister selbst Des Abgrunds, und die Engel wider sie. Und nun zum drittenmal erscholl der Ruf, Durchdringend mein Gebein; und einen Knaben Gewahrt' ich im Gedräng auf einem Wagen, In dessen Rädem sich ein Drache wand. Mit ausgestrecktem Hals ihn zu verschlingen. Ich schrie, und stürzte mit dem Schwert herbei; Die Mutter Gottes hielt vor mit den Schild, Der vor des Drachen Flammenwurf mich deckte. Es floß sein Blut, von meinem Haupte rann Der Schweiß des Todes, und ich sank erschöpft; Da schwand der Boden unter mir, mich trug Der Arm Mariens, der ich meine Seele Befahl; und sieh, es war geschehn!

Als ich

Erwacht aus langer Ohnmacht, fand ich mich, Dom Schlaf gelöst, am Fuß des Schlosses wieder. Herabgestürzt vom obersten Gebälk, Doch unversehrt, und meiner Glieder mächtig. Ein Wunder war's der heil'gen Jungfrau selbst. Die nun, im Glauben neu, mein Herz erschuf.

85 Und mein Gelübd' empfieng.

Die Hostie nahm ich,

Und schwur die ketzerische Lehre ab. Wozu der Väter Blindheit mich geführt. Piccolomini. Was ich von andern nur gehört, vernehm' ich Nun von euch selbst, und stehe noch verwundert. Weil es unglaublich klingt, was ihr erzählt. Und doch ist alles, wie ihr sagt! Selbst gleicht der Wahrheit!

Der Traum

Wider Gott erhebt

Die Schaar der Meutrer sich, im Bunde mit Den Geistern der Verdammniß.

Gustav selber

Ist jener Drache, der sich in die Speichen Des Rades drängt, und den ihr Schwung, zerschmettert. Vor eure Füße wirft. Wallenstein. Du glaubst es auch? Ich zweifle nicht, Octavio!

Noch ehe

Das Jahr vollendet, muß der Schweb' hinaus! Die neue Sonne sieht uns auf dem Meere, Das seines Landes grünen Bord umsäumt. Und auf zerschlagnem Wrack zurück ihn trägt! Piccolomini. Das gebe Gott!

Und um die Königskrone,

Die dieses Haupt dann schmücken wird, da winde Der Lorbeer sich; es sei in Erz gegraben Der Ruhm von euer» Siegen, und gefeiert Durch alle Welt der Name „Wallenstein!" Wallenstein. Gemach, Octavio!

Der Colloredo

86 Soll gleich nach Weißenfels, und Diodat Nach Zeitz.

Graf Jsolani hält den Paß

Bei Rippach, und wir selber gehn nach Lützen. An Gallas send' ich einen Boten gleich, Der ihm des Grafen Abzug melden soll. Die Ordre gebt, und haltet euch-bereit!

Der Vorhang fällt»

87

Vierter Akt. Erste Scene. Im schwedischen Lager zu Naumburg. Graf Brahe. Oberst HänderSson, später General Kniephausen.

Brahe. Die Nacht war kalt, 's gab Eis! Händersson. ES ist November! Wir haben beffre Luft in Schweden. Brahe. Wohl! Der Mälar ist schon fest, und bei Stockholm Die Schlittenbahn in Gang. Händersson. Wißt ihk's? Ich höre, Ihr habt vom Skytte Briefe. Nun, was schreibt er? Wird der Succurs geleistet?

88 Brahe. Von Nyköping Sind Pelze unterwegs und Blei und Pulver. Handersso n. Wir haben keinen Lohn dafür! Bra he. Wer kommt? Händersson. Der General! Brahe. Kniephausen! Kniephausen. Guten Morgen! Drahe. Wir haben frühen Winter!

Wärmt euch hier.

Und theilt mit uns den Frühtrunk. Glockengeläut und Jubel. Händersson. Was ist das? Kniephausen. Der König geht zur Kirche, hört ihr nicht? Die Orgel tönt, es jubilirt das Volk. B r a h e. Gott woll' ihn uns erhalten! Kniephausen. Einen zweiten Giebt's nicht, wie den! Handersso n. So, meint ihr's, General ?

Kniephausen. Der Schweden Ruhm ist groß für alle Zeit! B r a b e. So ehrt ein Deutscher unser Haupt. Händersson. Es sind Nicht viele, die so d-enken! Kniephausen. Gäb' es einen, Ihn spornte nur der Neid. Händersson. Die Tücke webt Manch höllisches Gespinst! Kniephause n. Es hat der Himmel Für seinen Helden Legionen Engel. Händersson. Doch Deutschland für den Schweden nichts, als Undank! Brahe. Still, still! Handersson. 'S ist wahr!

Es frißt mein Herz entzwei,

Wenn ich es sehe, wie wir alles nur Umsonst zum Opfer bringen.

Wir find Narren!

Der Deutsche setzt uns eine Kapp' aufs Ohr, Und lacht in seine Faust.

Zu guter Lohn noch

Für all das Blut, das seiner Freiheit floß! Kniephausen. Wir wissen wohl zu schätzen, was ihr thut.

90

Händersson. Mit Worten, ja! Am Hamen steckt der Wurm, Womit den Fisch man ködert. Sitzt er fest. So reißt das Eisen ihm den Rachen blutig. Drahe. Ihr seid zu heftig. Händersson. Nein, ich hasse nur, Wa- mich zu schweigen zwingt! O Gustav, Gustav! Du denkst zu groß für diese kleine Welt, Und hegst an deiner Brust den schlimmsten Feind! Brahe. Ihr kennt ihn schon. Kniephausen. Ich ehre seinen Eifer. Brahe. WaS salutirt die Wache? Seht, was giebt'S? Händersson. Ein fürstlich Haupt! Ein Judas! Brahe. Still! Der Herzog Von Lauenburg! Albrecht von Sachsen - Lauenburg. Albrecht. Wo ist der General? Händersson. Im Rock!

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Albrecht. Was soll's? Hä n dersson. Ei, schlechter Wind! Ihr habt die Witterung. Albrecht. Kniephausen! Kniephausen. Durchlaucht! Albrecht. Der Kriegesrath versammelt sich beim König. Kniephausen. Ich stehe zu Befehl. Habt guten Morgen! Drahe zum Herzog. Wird's vorgehn? Albrecht. Kann wohl sein! Lebt wohl! Brahe. Ich dank euch! Sie gehn. Händersson. Ihm Dank? Brahe. Für seinen Gruß. HänderSson. Den mag ich nicht! Brahe. Ihr werdet noch durch Feindschaft Unheil stiften.

92 Häadersson. Ich will verflucht sein, gönn' ich einem dieser Ein gutes Wort!

Sie taugen alle nichts,

Doch diesen hass' ich auf sein falsch Gesicht. Brahe. Ihr geht zu weit. Händersson. Ich will nicht selig werden. Wenn dieser ehrlich ist! Brahe. Der König hält Auf ihn, als einen Freund. Händersson. 0, er ist blind! Brahe. Das ist nun euer Haß!

Wir halten uns

Zum Marsch bereit, laßt eure Reuter satteln, Denn Gustav liebt's, und ist im Handeln schnell.

Zweite Scene. Zu

Naumburg.

König Gustav und Bernhard von Sachsen-Weimar. Albrecht von Sachsen-Lauenburg und Kniephaufen nach ihnen. Jubelruf hinter der Seene.

Gustav. Ich thue keinen Schritt, das Volk erdrückt mich mit seinen Huldigungen.

93 Bernhard. Gönnt es ihm, Sie preisen ihren Retter. Gustav. Ich ertrag'S nicht, Es ist zu viel! Bernhard. Sie haben weiter nichts Euch darzubringen. Gustav. Was noch sonst! — Kniephausen! Gut, das ihr kommt! Kniephausen. Befehlt! Gustav. Ein Nestor schreitet In unsern Kriegesrath!

Kommt, meine Freunde,

Und rückt die Sessel her!

Hier ist der Plan,

Hier habt ihr Merseburg!

Hier steht der Herzog,

Dort der Suys; der Gallas ist von Dux Nach Grimma vorgerückt, und Illo stellt Dem Arnim sich entgegen.

Schlagen wir.

Und giebt uns Gott den Sieg, so dürfen wir Die andern nicht mehr fürchten.

Böhmen ist

Geliefert, und der Weg gebahnt nach Wien. Verlieren wir, so kostet es uns alles, WaS wir gewonnen, oder fast so viel» Bernhard. Wir schlagen ohne Säumen, ist mein Rath!

94

Das wird den Herzog überraschen, uns In Vortheil setzen, und den Sieg erringen. Kn iephausen. Wir überraschen nicht, verzeiht mir, Durchlaucht! Der Herzog ist auf jeden Fall gefaßt, Unb hat die Augen überall. Bernhard. Er kann Das nicht vermuthen, daß wir ihm Bei seiner Uebermacht und festen Stellung Ein Treffen liestrn, so gewagt für uns. Er denkt viel eh, wir hätten's nur im Sinn, Wie damals, uns zu Nürnberg einzuschließen. Und uns im Lager zu befestigen; Doch giebt er selbst nicht offnes Feld zur Schlacht: Nein, nur die Fäden spinnt er aus zum Netze, Das enger sich um unsre Füße legt! Sein sind die Schlösser all' und festen Städte, Die Märkl' und Vorrathskammern dieses Landes. Die Heere fein, die er von Ost und West In schnellen Märschen nun zusammenzieht. Noch kämpfen wir mit ihm, und dürfen hoffen. Daß unsre Tapferkeit ihn schlägt, wenn rasch und kühn Wir vorwärts gehn. Wir sind vom Liegen nicht Ermüdet, und geschwächt durch eitle Sorgen. Wir bringen Lieb' und Lust zum Schlagen mit, Den Sporn, uns an dem Gegner zu versuchen, Und frohe Hoffnung beS Gelingens treibt Mit frischem Hauch das Segel unsres Muths

95 Gustav. Wenn man euch hört, verschwindet die Gefahr, Und nur ein leichtes scheint der Sieg. Albrecht. Dem Vetter Ist Friedlands Sturz ein Spiel! Bernhard. So würd' cs sein, Wenn dieses Feuer nur aus allen schlüge! Gott hat den Tag gesetzt, die Würfel fallen Aus seiner Hand, und unser Glaube siegt! Kniephausen. Ich wag' es nicht, den ew'gen Rath des Himmels, Schwach, wie ich mich bekenne, zu ergründen. Mein Glaub' ist drum nicht schlechter, und ich beuge In frommer Furcht die Knie; doch halt' ich das Für weis' und räthlich nur, was die Vernunft In ruhiger Betrachtung still mir räth. So seh' ich hier den Feind in jedem Vortheil, Den ihm der Muth allein nicht abgewinnt. Er ist um vieles stärker, wohl befestigt. Und hat zum Führer ein gewaltig Haupt. Der Winter schleicht uns aus den Fersen nach, Und lähmt die beste Kraft, den frohsten Willen. Was wir gewinnen können, ist ein kleines Um unersetzlichen Verlust; so kann ich. Wie gern, nicht hier des Herzogs Meinung sein! Gustav. Ich weiß, ihr sprecht und handelt mit Bedacht,

96 Und liebt, mit Sicherheit zu Werk zu gehn. Euch steht die rasche That nicht an, und immer Berechnet den Erfolg ihr nach den Mitteln, Die euch untrüglich zu Gebote stehn. Für diesmal überredet ihr auch mich; Denn großes ist's, was auf dem Spiele steht. Und nicht versuchen will ich selbst mein Glück. Albrecht. Ich stimm' euch völlig bei! Bernhard. Und ich verbürge Mein Haupt dafür! Gustav. Mir ist um solch ein Spiel Selbst dieses Haupt zu theuer! Albrecht. Vetter, laßt Von uns euch rathen! Kniephausen. Stehet ab!

Leubelfing mit einem Briefe. Gustav. WaS giebts? Ein feindlich Siegel?

Sprich, «woher?

Leubelfing. Wir haben Den Boten fest gemacht.

Gustav. Ein aufgefangner Brief! Bernhard. Ist's wahr?

Gustav. Wir schlagen, Bernhard! Bernhard. ©ott! Sagt an! Albrecht. Laßt hören!

Gustav. Ja, nun glaub' ich selbst, Daß Gott den Feind in unsre Hand gegeben! Ein Brief vom Herzog an den Gallas, seht! Er zeigt ihm an, daß Pappenheim sich wieder Vom Heer getrennt, um eine Diversion Nach Halle vorzunehmen.

Er empfiehlt

Ihm desto größre Eil', und heißt ihn stündlich Den Marsch der Truppen nur beschleunigen! Bernhard. Willkommner Fang!

Gustav. Traun, eine frohe Botschaft! Nun gilt kein Zaudern mehr, wir rüsten gleich, Und überflügeln Weißenfels!

Der Herzog

Don Lüneburg rückt über Torgau vor. Nur schnell, ich bitf euch; keine Zeit verloren! Das Feld ist unser, wir behaupten es! G

98

Dritte Scene. 3u Erfurt. Die Königin Marie und Herzog Wihelm von SachsenWeimar.

Wilhelm. Es geht nach Wunsch. Marie. So habt ihr gute Nachricht? Wilhelm. Die Pässe sind besetzt; der König ist Des Flusses Meister, und sein festes Lager Wehrt jedem Angriff feindlicher Gewalt. Marie. Ich fürchte dennoch! Wilhelm. Fasset frohen Muth! Marie. Der sagt es leicht, der die Gefahr nicht sieht! Wilhelm. Das Glück der Waffen ist mit uns, wir werden Auch Herrn des Bodens sein! Dann muß der Kaiser Auf guten Frieden eingehn, euch und uns Für unsre Mühe reich entschädigen. Marie. So geb' es Gott! Wilhelm. Was ich so lang vergeblich Versucht, erreicht nun auch sein Ziel. Das Wert

99

Ist mir geglückt! Die oberländ'schen Kreise Sind mit dem Kanzler einig. Orenstjerna Berichtet uns von Ulm, was er gewirkt. Und bei den Fürsten nun mein Rath vermittelt. So ist sie endlich da, die schöne Zeit, Wo alle, die ein Glaubensband verbindet, Nun auch der Lieb' und Freundschaft Fessel hält! Wir smd nicht mehr getrennt, wir wirken alle Vereint für einen Zweck! Die tausend Arme Vertheidigen ein Recht; die tausend Herzen Bewahren einen Schatz, das Heiligthum Des Glaubens und der Freiheit, und ein Haupt Erhebt, vom Sieg gekrönt, sich über alle! Marie. Und wer ist diese» Haupt? — Ihr steht betroffen! W i l h e l m< Wer? König Gustav! Marie. O, verbergt cs nicht. Euch kommt nicht aus dem Herzen, was ihr sprecht! Euch widerstrebt das innere Gefühl, Das, gegen euern Willen, euch verräth! Und wär? es nicht, und täuschtet ihr euch selbst. So würden andre Stimmen sich erheben. Die lauter sprächen wider euch und uns! Es würden sich die besten wieder trennen, Uneinigkeit und Hader, mehr als je. Sich thätig zeigen, und nicht ruhn, bis sie Das letzte zum Verderben un- gethan! G2

100 Wilhelm. Ihr geht zu weit!

Mari e. Ich will mir nichts verhehlen! Ich sehe vor den Augen die Gefahr, Die über unsern Häupten schwebt; was hüls es, Sie vor mir silbst verbergen!

Glaubt mir, Vetter!

Ihr kennt euch selber nicht, wenn ihr von euch So viel verlangt, wie ihr von andern fodert. Wohl weiß ich es, wie euch die gute Sache Am Herzen liegt; wie redlich euer Wille, Und wie ihr König Gustav ehrt und liebt; Ihr spracht auch nicht allein für ihn, ihr hattet Die Händ' und Augen überall, und schrittet Mit Wort und That den Edelsten voran: Doch, was bewegt im Kopf und Herzen stch, Welch ungeahnte Wünsche steigen auf, Und wie so weit steht selbst die beste That Dem guten Willen nach!

Wir wollen eins sein,

Und werden mehr und mehr entzweit mit uns! Wilhelm. 0, könnt' ich, Fürstin, meinen frohen Muth Euch in die Seele hauchen; denn ihr leiht Trübsinnigen Gedanken nur Gehör, Und eure Schwermuth ahnt das schlimmste stets! Marie. Sie spricht weissagend nun aus mir zu euch. Den Schleier lüftend, den die Zukunft tragt! Ihr hofft zu viel, und lest in euern Wünschen

101 Die goldne Schrift für eine schönre Zeit. Ihr seht den blauen Himmel nur, und nicht Die breiten Schatten, die, mit raschem Flug, Auf grüner Flur die dunkle Wolke wirft. Der Tag des Friedens ist euch fern!

Ihr werdet

Ihn nicht erschaun, wie auch das Auge späht! Der fürchterliche Krieg, der Jahre schorr Mit allen Schrecken hier gehaust, und über Des Reiches Gränzen weit sich ausgedehnt. Der wilde Krieg ist lang noch nicht beendet! Noch Jahre werden kommen über Jahre Mit Blutvergießen rings und Mord; es werden Die Städte liegen unter Schutt und Rauch, Von Menschenhand zerstört, die Aecker wüst, Die Felder leer, und Hügel aufgeschichtet Von Leichen, die der rasche Tod gemäht! Dort liegen sie, die Fürsten auch und Helden, Mit allen gleich in blut'gem Schlamm gebettet, Und hauchten längst den bangen Obern aus. Dort such' ich meinen Gustav bei den Todten, Von Wunden überdeckt, die unbarmherzig Der Mord ihm schlug, und wasche sein entstellt Und bleich Gesicht mit meinen Thränen ab!

Wilhelm. Verzeiht, ihr liebt es, mit dem Gram zu spielen, Und gönnet mir ein Wort des Trostes nicht! Das seht ihr nicht, wie sich die Räume lichten, Und durch die Spalten einer langen Nacht Schon hell die neue Lcbcnssonne bricht!

102 Und sind die Mauern um uns her zerstört, Und ist uns allen dieser Kampf ein Grab, So wird der Sieg der Wahrheit und des Rechts Hoch über uns im Glanz des Himinels schweben, Und neuen Samen auf die Erde streun i

Marie. WaS haben wir davon?

0, schwacher Trost

Für ein bekümmert Herz!

Ich habe nicht

Den Muth, wie ihr, an einem Bilde nur Zukünft'ger Herrlichkeit den Blick zu weiden! Die Kraft, die euch zu großen Thaten treibt, Und euern Sinn erhebt, ist mir versagt; Doch fühl' ich wohl und sehe die Gefahr, Worin ihr selber schwebt, und alles reißt! Die Leidenschaft, die euern Schritt beflügelt. Verwirrt euch selbst, ihr kennet euch nicht mehr, Und stürzet jählings, eh ihr es gedacht V Wilhelm. Ihr macht mir vor mir selber bang!

Marie. 0, hütet Euch, Vetter, und erforscht euch selbst!

Ich sag'

ei:

Die Stunde kommt, der Tag ist nicht mehr fern, Da werdet ihr's erfahren!

Jeder denkt

Am Ende nur an sich, und sieht, wie er Sich selber dien' um Vortheil und Besitz! Es werden Herrn und Fürsten sich erheben, Nach fremdem Gut und fremden Kronen lüstern, Die diesen,Krieg nur führen um Gewinn.

103 Ich sag' und seh's, wie Gustav nur die Fäden, Die ihr geschickt gewebt, zusammenhält! Ist er dahin, so löst sich jedes Band, So wird kein zweiter Retter uns erstehn. Denn er ist fort, und kehrt mir niemals wieder! Wilhelm. Vertraut auf Gott, und fasset frohen Muth! Und, habt ihr sonst mir etwas aufzutragen. Ich fert'ge gleich den Boten ab! Marie. Er soll Don euch allein nicht frohe Kunde bringen! Mein Gustav, mein Gemahl!

Begraben sei

In meinem Busen nur das Leid; es breche Nur dieses Herz!

Du aber sei beglückt.

Und keine Thräne netz' um mich dein Auge! Beeilt euch nicht zu sehr, ich schreibe gleich!

Vierte Scene. Im Lager bei Lützen. Wallenstcin und Picrolomini.

Holk ihnen entgegen. Trompeten.

Wallenstein. Ihr habt das Lager abgesteckt? Holk. Es sind Quartiere schon gemacht, und Terzkas Reuter So eben eingerückt.

104

Wallenstein. Den Paß bei Rippach Hält der Kroat besetzt. Holk. Es wird der König UnS nicht belästigen. Wallenstei n. Das mein' ich auch! Und, wenn es uns gelingt, von Naumburg ihn Nach Dresden fortzulocken, so gewinnen Wir Bortheils schon genug.

Holk. Bei Pegau haben Sich schwed'sche Reuter heut gezeigt. Wallenstein. Das ist Der Weg, den Gustav nehmen soll. 0, wäre Nur Gallas auf dem Platz! Piccolomini. Er wird nicht säumen. Wallenstein. Ich habe heut noch keinen Brief! Er soll UnS Truppen senden. Holk. Das geschieht gewiß! Wallenstein. Doch bin ich drum besorgt! Der Kurfürst, fürcht' ich, Hält auch den Aldringen mir fest. Was wir

105 Nicht hier thun, das geschieht auch nicht, ich weiß es, Und trag' allein die schwere Last des Krieges! Holk. Allein die Ehr' auch und den Ruhm! Wallenstein. Ich werde Dereinst euch lohnen, was ich schuldig bin! — Was hat das Schießen zu bedeuten?

Seht,

Das kommt von Weißenfels! Holk entfernt

sich.

Noch eins, und wieder! Das ist vom Grafen ein Avis! Der Schwede sein!

Sollt' es

Nein, nein, 's ist blinder Lärm! Piccolomini geht.

Wallenstein am Fenster. Es drängt das Volk sich, und die Straßen sind Mit einem Schlag belebt; ich muß es wissen! Nun, Holk und Piccolomini? Beide kommen.

Piccolomini. Mein Fürst, Es ist der Schwed' im Anzug! Wallenstein. Nein!

Unmöglich!

Holk. Graf Colloredo weicht zurück. Wallenstein. Nein, nein! Em neuer Schuß.

106 Piccolomini. Ihr hört's! W a l l e n st e i n. Laßt einen Boten reiten! Holk ab.

Piccolomini. Von Den Mühlen könnt ihr schon dm Rückzug sehn. Wallenstein. 'S ist kein Raison in diesem Kopf! Kein Plan und kein Gesetz! Wir haben uns geirrt!

Da gilt

Der Schluß war falsch,

Was thun wir nun!

0, daß der Pappenheim nicht hier ist!

Alles wäre

Dann gut; die besten Truppen nahm er fort! Piccolomini. ES ist noch Zeit, ihn zu beordern! Wallenstein. 2a, Ich war ein Thor, als ich ihn von mir ließ! Piccolomini. Mir ahnte gleich nichts gutes! W allenstein. Mich bestraft Mein Uebermuth!

Nun, Holk? Holk kommt zurück.

Holk. Es ist gewiß! So eben kommt der Bote, lest den Brief!

Wa lle »stein. „Der König zieht auf Weißenfels, und rückt Mit schnellem Marsch heran/' Er liefert uns die Schlacht!

Ja, es ist klar, Ich bitt' euch, seht,

Wie ihr das Lager schnell befestiget! Wir haben einen Rücken an der Stadt, Und müssen das Terrain ihm abgewinnen. Holk. Verlaßt euch drauf! Wallenstein. Der Isolani soll Sein möglichstes versuchen, und den Schweden Am Paffe halten; thut er seine Pflicht, Und giebt uns Zeit, so sind wir aus der Noth!

Holk geht. Was wollt' ich noch!

Octavio, ja recht!

Der Pappenheim muß gleich zurück, noch heut Zur Nacht!

Er lasse alles flehn und liegen.

Und treffe morgen bei uns ein! Der Brief muß fort!

Da, nimm!

Es haftet mir der Bote

Mit seinem Kopf dafür.

0, wenn dies fehlschlägt,

Ich werde meines Lebens nicht mehr froh!

108

Fünfte Scene. Am Passe bei Rippach. Getümmel und Kampf.

Die Kaiserlichen auf der Flucht.

Bernhard von Sachsen-Weimar mit den Schwede» und König Gustav.

Bernhard. Wir sind vom Passe Meister! Der Kroat Ist auf der Flucht und, giebt uns freies Feld, Wir könnten heut noch an den Feind! G u stav. Die Nacht Setzt uns ein Ziel. Es sei die kurze Rast Dem Heer gegönnt, mein Freund, nicht uns; wir haben Noch viel zu ordnen, zu bedenken, Bernhard, Denn morgen ist ein heißer Tag! Bernhard. Ich danke Dem Himmel für die Huld, und send' ihm auf Den Schwingen des Gebets mein Opfer zu! Gustav. Er sieht es gnädig an! O, stähl' er auch In uns den ernsten Vorsatz und den Muth! Ich höre meine Finnen! Lustig zieh» Am Flusse sie herauf. Kniephausen führt Den Kern der Schlacht in schöner Ordnung, Zehntausend Heldcnscelen! Ja, so führte Der Maccdonier einst die tapfre Phalanx, Und sah mit Stolz auf seine Schaar hinab!

109 Herzog Franz Albrecht, Leubelfing und Gefolge.

Gustav. Nun, Vetter Albrecht!

Freunde, freut euch mit uns!

Der erste Sieg ist unser, und verheißt Uns größeren Erfolg!

Die Kaiserlichen

Sind schnell im Laufen, wir verfolgen sie Nicht mehr!

Wir haben Weißenfels, und kommen

Mit frischen Kräften morgen an den Feind! Albrecht. Hört ihr das Schießen noch? Bernhard. Die letzten Posten, Die eilig sich zurückziehn! Gustav. Könnt ihr's sehn? Mein Auge trägt nicht weit, und Abend ist's! Leubelfing. Ich sehe schwed'sche Truppen!

Sie erreichen

Den Hügel dort, und mit den letzten Schüssen Kehrt der Kroat, und macht sich schnell davon. Gustav. Uns ladet die Trompete nun zur Ruhe; Wir danken Gott, und brechen mit dem Schimmer Des neuen Tags zum neuen Siege auf! Sie gehn.

Albrecht. Du magst dich rüsten, Friedland!

Ja, er kommt

110

Im Sturm, und fürchtete den Teufel nicht! Ihn macht der Glaube stark, er wird's erreichen, Wenn dir das Glück nicht beisteht! Schreitet er So sicher doch, als trüg' er schon das Scepter Des Kaisers in der Hand ; der Schweb' in Deutschland? Das wende Gott von uns! Das denke nicht! Der Vorhang fällt-

111

Fünfter Akt. Erste Scene. Zu Lützen. Es ist Morgen, aber noch Dunkelheit.

Wallenstein. Noch alles finster, und kein Stern am Himmel! Noch alles still! Der Ruf der Wachen nur, Und ängstliche Geschäftigkeit im Lager. Ich harr' umsonst, und spähe hoffnungslos, Wie einer, dem der letzte Schimmer nun Des Heils erlischt. Ich höre keinen Fuß, Es zeigt sich keine Hand, die mir sich hülfreich Entgegenstreckte; mich verläßt der Muth, Und mir entfinkt die Kraft! 0 Pappenheim, Du führst mich inS Verderben, und entwendest Mir Ehr' und Ruf, wie dem, den Gustavs Schwert Auf diesen Feldern schlug! Es steigt der Schatten Des greisen Helden vor mir auf, besudelt Mit Staub und Blut! Die Größe. Tillys sank

112 Und hob sich niemals wieder.

Ihn, den Sieger

In so viel Schlachten, den Gefürchteten, Verließ das Glück für immer, und er stell So wäre dies mein Loos?

So ständ' ich hier

Auf Lützens Ebnen auch am Ziel, und ließe Dem Schweden alle Hoffnungen zum Raub? So wäre dies der Tag, der zwischen uns Die Herrschaft um das Reich entscheiden sollte? — Er ist's!

Drum gilt es alles!

Schwer und düster

Hängt über mir der Himmel, wie das Grab, Und schlüpfrig ist der Boden, der mich tragt! Wir stehn, wie zwei zum Tod ergrimmte Fechter, Einander messend mit entbranntem Blick, Der gierig nach des Feindes Blöße späht! Du triffst mich ganz unvorbereitet nicht. Wenn auch nicht so gerüstet, wie ich sollte! Du hoffst zu viel!

Es trügt die Kunst mich nicht,

Und deine Stunden sind gezählt!

Hier endet

Dein Siegeslauf, hier hebt sich meine Größe, Und leuchtet au- dem dunkeln Schooß der Nacht! Was macht mich denn besorgt, und trübt mein Auge, Daß ich das reine Bild nicht sehen kann! Ich schüttle mich umsonst; der Geist, so willig Zu andrer Zeit, will heut nicht Rede stehn. Und nimmt mir nicht die läst'ge Fessel ab. Es ringt der Zweifel mit dem alten Muth, Und legt sich, schlangengleich, mir um die Brust! Piccolomini kommt. Mein Fürst!

113

Wallenstein. Er kommt? Piccolomini. Wer? Wallenstein. Pappenheim!

Du fragst?

Piccolomini. Ich denk', er wird zur rechten Stunde hier sein! Wallenstein. Ich denk', ich glaub', Octavio?

Du weist

Es nicht gewiß, was nährst du meine Hoffnung? Piccolomini. Wir werden ohn' ihn fertig 1 Ist ungeschwächt.

Mein Vertraun

Die Truppen sind beisammen.

So eben langen Marianas Schützen Und Defours Reuter an.

Sie sind die letzten,

Die wir erwartet. Wallenstein. Ist der Götz auch da? Piccolomini. Die Zahl der Obersten ist voll.

Der Götz und Wildhas

Comargo, Rein ach, Spar und Brughaus haben Sich pünktlich eingestellt.

Es sind zwölftausend

Der besten Truppen, ohne die Reserven Und die Kroaten, die den Feind bewachen. Wallenstein. Die Zahl ist richtig. Piccolomini. Gustav ist noch stärker.

H

tu Wattenstein. Du irrst! Piccolomini. So lautet der Bericht. Wallenstei». Es ist Erlogen, und die Rechnung falsch; ich weiß Es besser! Und der Schwede liegt noch still? Piccolomini. Auf eine Meile wegs von hier. Die Posten Sind ringsum ausgestellt, noch rührt sich nichts. Wallenstein. ES ist schon Morgen, und noch immer Nacht! Piccolomini. Die Thurmuhr schlägt so eben vier. Wallenstein. Wir haben Nicht eine Stunde mehr! Hier ist der Plan. Du siehst die Stadt zur Rechten, hier die Mühlen, Der Graben dort deckt unsern linken Flügel. Hier stehn die Regimenter Colloredo, Comargo, Reinach, Breuner, Wallenstein, Von Holks und Götzes Reutern unterstützt. Hier die Reserve; du mit Terzka hier« Brughaus und Lamboy dort. Des DefourS Reuter Am rechten Flügel dir zunächst; im Centrum Palant und Wildhas, und der Pappenheim, Wenn er sich einstellt. Jeder sei gerüstet. Und auf dem Platz! ES hat der Holk Befehl,

11$ Die Truppen aufzustellen, denn mich quält Mein alter Schmerz, doch folg' ich gleich. Piccolomini geht. Ich eile! Wallenstein. Er ist mein guter Engel! Tram' ich keinem, Ihm würd' ich glauben, und ich lohn' es ihm, Hab' ich nur dessen Skeg! Der Himmel deckt Mit dunkelm Flor die Erde noch, als hielt' er Uns eingesargt. Nun lüftet sich der Schleier, Und läßt Gestalt mich sehn! Die grauen Schalten Bewegen sich in Massen hin und her! Das Schlachtfeld dampft, die rothen Feuer löscht Der Morgenwind, der schon herüberweht. Dort steht der Schwed', und sprengt im Sturm heran; Hoch über Wall und Graben setzt er fort. Doch hier erwart' ich ihn, und halt' ihn auf! Hier bricht sich seine Kraft, und über ihn Hinweg auf blut'gen Leichen geht mein Fuß! Du hast dein Ziel nun ausgemessen, Gustav! Dein wartet nicht das Glück mehr, froh, wie sonst. Und alle Felder deiner Hoffnung mäht Mit einem Streich des Todes Sichel ab! Cr schellt dem Dimer. Mein Pfrrb! Vermaledeit der Schmerz! Er lähmt Mir jeden Schritt, und plagt mich mehr, als' fönst. Es lindert deine sanfte Hand, Esise, Das Uebel nicht! In allen Gliedern steckt^, Und läßt mir keine Ruh! O Pappenheim! H 2

116

Wenn du nicht kommst, du kränkst zum Tode mich. Und bringst mir unersetzlichen Verlust!

Zweite Scene. In der Schweden Lager. König Gustav, Herzog Bernhard und Kniephausen vor den Truppen.

Kniephausen. Der Nebel liegt noch schwer! Gustav. Er wird sich lichten. Bernhard. Die Schlacht ist aufgestellt! Kniephausen. Wir können eher Nicht vor. Gustav. Geduld, der Augenblick ist nah! Nun, liebe Brüder, tapfre Schweden, haltet Euch wohl, und fechtet ritterlich! Ich seh's, Ihr geht eh mit mir in den Tod, als ihr Dem Feind den Rücken kehrt, und schändlich lebt! Ihr deutschen Freunde, denkt der eignen Wohlfahrt, Und laßt'S an eurer Schuldigkeit nicht fehlen! Nein, wie ihr damals, diesem Orte nah. Den alten Tilly schlugt, und herrlich siegtet. So schlaget heut den Friedland! Folgt ihr mir,

117

So wird uns Gott den Sieg verleih«, wie er Zuvor uns gnädig war; wo nicht, so ist es Um euer« Glauben und um Leib und Leben, Um zeitlich Gut, und ewig Heil geschehn! Fröhlicher Beifall.

Ha, das ist Beifall, der von Herzen kommt. Und frisch zum Herzen bringt! Nun blast, Trompeter, Des frommen Luthers Lied: „Eine feste Burg!" Gesang. Eine feste Burg ist unser Gott! Verzage nicht, du Häuflein klein u.

Bernhard. Der Tag wird hell, o seht! Gustav. @ott' ist mit uns! Das Losungswort wie eh! Nun woll'n wir dran! — Deß walt' der liebe Gott! Herr Jesu, hilf, Wir streiten heut zu deines Namens Ehre! Bernhard« Den Harnisch, Majestät! Gustav. Gott ist mein Harnisch! Seid eures Wort's getreu bis in den Tod! Allgemeiner Aufbruch.

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Dritte Scene. Schlachtfeld. Musik und Geschütz. Wallenstein mit Offizieren.

Wallenstein. Ich kann nicht überall sein! Höll' und Teufel! WaS drängt sich dort die Schlacht? Offizier. Durchlaucht, der König Stürmt auf die Front, und nimmt die Batterie! Wallrnstein. Wer commandirt dort? Offizier. Hquptmann Burg. Wallenstein. Er foll'S Mit seinem Kopfe büßen! Es ist nichts, Als Rauch und Nebel. Oberst Breuner, ha! Sie haben das Geschütz? Breuner kommt. Es ist gewonnen! Wallenstein. Da- ist mein Tod! Wir müssen's wieder haben! Treibt den Comargo, den Marquis de Grana, Ich bind's euch auf die Seele! — Hält sich Götz? Breuner geht. Er weicht um keinen Fuß.

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Wallenstein. Ja, er ist brav! — Wer coinmandirt die Schweden dort? Offizier. Der H«zog Don Weimar! Wallenstein. Steckt die Stadt in Brand! Ich fürchte. Er faßt dort Fuß, und niemand hält ihn auf! Der Offizier geht.

Dort wird es licht, o seht! Vom rechten Flügel Ert-nt's, wie Sieg! Ein anderer Offizier. Der Piccolomini Durchbricht des Feindes Flanke triumphirend! Ein dritter. Ihm fiel das fünfte Pferd, doch er ist immer Voraus, und unversehrt! Wallenstein. O tapfrer Freund! — Die Schlacht, so scheint's, ist wieder hergestellt! Der Schwede muß zurück, nicht wahr? Oberst Brenner kommt.

Dreuner. Die Stücke Sind wieder unser! Es geht blutig her! Wallenstein. Wir geben kein Pardon! Es soll kein Glied

ISO Gesund nach Schweden kommen! Hört! Was giebt's? Was schmettern die Trompeten dort?

Das ist

Der Pappcnheim mit seinen Reutern, scht! Jesus Marie!

Ich bin der Schmerzen ledig!

Laßt mich mein Pferd besteigen, das ist Sieg!

Vierte Scene. Ein anderer Theil des Schlachtfeldes Getümmel. Die Kaiserlichen weichen, die Schweden triumphiren. König Gustav. Herzog Albrecht von SachsenLauenburg und Gefolge. Gustav. Wir haben die Datt'rie zum zweitenmal! O Gott, Gott, habe Dank!

Du bist allmächtig.

Und deine Gnad' ist groß!

Er kniet nieder. Albrecht. Der linke Flügel Kommt ins Gedrang. Gustav. Wir müssen ihm zu Hülfe! Fort, fort!

Er enteilt.

Die andem folgen.

Kaiserliche Flüchtlinge. Das sind die schwed'schen Reuter, seht! Sie haben über den Graben gesetzt, und hauen ein.

121 Ein anderer. Die Batterie ist wieder genommen, wir sind ver­ loren ! Ein dritter. Wer reitet dort allein mit wenigen? Erster. Auf den leg' an, Kam'rad, und schieß! Der muß was Vornehmes sein! — Getroffen! — Nun eilig!

Sie fliehn. Stimmen hinter der Scene. Hilf, Himmel!

König Gustav verwundet. btlfing.-

Herzog Albrecht und Leu-

Gustav. Laß mich, mein Bruder!

Rette dich!

Albrecht. Mein Fürst!

Gustav. Wir sind in Feind's Gewalt. Albrecht. Ihr seid verwundet? Gustav. Ich kann nicht weiter! Leubelfing. Jesus!

Gustav. Bruder, flieh! D» hilfst mir nicht!

122 Scubelfing. Die Wunde blutet stark. Albrecht. Es ist noch Rettung! Gustav. Halte dich nicht auf! Albrecht. Ich bring euch Hülfe noch! Gustav. Thu's, lieber Vetter! Albrecht geht. Es fällt ein zweiter Schuß . Gustav. Weh mir, das traf! Leubelfing. Um Gottl Gustav. Ich bin gelähmt! Leubelfing. Ha, bübischer Verrath«! Gustav. Es ist aus! Leubelfing. Das kam von ihm!

O Herr! Mein gnäd'grr König,

Sagt' ich es nicht, und warnt' euch einst vor dem?

Gustav. Wen meinst du, Leubelfing? Leubelfing. Den Herzog, Gott!

123 Gustav. Du sprichst im Wahn. Leubelfing Verflucht die Hand! Gustav. O laß! Wo blieben meine Schweden? Leubelfing. Ihr seid gar Zu weit vorausgeeilt. Gustav. Sie sehn mich nicht. Sonst wären sie um mich! 0 Gott, verlasse Die gute Sache nicht, gieb ihnen Sieg! O, könnt' ich meine Freudigkeit und Kraft In ihre Seele hauchen, sie vergäße» Des Wortes nicht, und wichen keinen Schritt! Q, litt’ ich tausendfachen Tod für Dich, Der Du für uns am Kreuz gestorben bist! Was willst du thun? Leubelfing. Versucht's, besteigt mein Pferd! Gustav. Ich kann's nicht, und du richtest wich nicht auf; Sieh nur, wie du dich rettest! Leubelfing. Nimmermehr! Ich flieh«, wie der? Eh sterb' ich hier mit euch!

124 Gustav. Ö, lebe deinem Later, er ist alt, Und wird des Sohn's entbehren!

Lebe mir,

Und spare deine Kräfte für das Reich; Es gilt, das Vaterland und deinen Glauben Don bittrer Schmach und Knechtschaft zu befrein! Leubelfing. Ich lasse Vater, Freund' und Vaterland, Und weiche nicht von euch, für den ich lebe. Und der sich selbst für uns zum Opfer bringt! Gustav. Du kennst noch nicht die Schrecken der Gefahr, Und prüftest nicht der Wunden herben Schmerz. Leubelfing. So zeug' es jeder Tropfe Blutes klar. Und rede lauter, als mein brechend Herz! Gustav. Wär' ich, wie du, ich säumte nicht, zu eilen. Leu belfing. Ich acht' es süß, mit euch die Noth zu theilen!

Gustav. Noch hat kein Eisen deiner Brust gedroht. Leu belfing. An eurer Seite fürcht' ich nicht den Tod!

Gustav. Du tödtest dich, und kannst mir selbst nicht- nützen. Leubelfing. Mit meinem Arm will ich dies Haupt beschützen!

Gustav. Du hofft umsonst, der Leib ist nicht mehr mein! Leubelfing. So sterb' ich auch, Gott wird mir gnädig sein! Gustav. Wer sieb die, schau? Leubelfing. Zersprengte Haufen fliehn! Gustav. Freund oder Feind? Leubelfing. Ob sie vorüberziehn? Gustav. Sie kommen nah. Leubelfing. Es sind die Schweden nicht. Gustav. Leb' wohl, Marie! 0 Gott, mein Heil und Licht! Köniz Gustav wird, von einem Schwerthiebe getroffen, niedergestreckt. Leubelfing setzt sich vergeblich zur Wehre, und sinkt gleichfalls.

Erster Soldat. Wer ist's? Zweiter. Ein Schwede! Dritter Kein Pardon!

126

Vierter. Er liegt 1 Leubelfing. 0 haltet, Gott! Er sinkt verwundet.

Erster. Bei der Leiche Gustavs.

Zieh' ihm fein Koller ab! Stimmen. Flieht, flieht, die Schweden! Heftiges Schießen.

Ein anderer. Nein, der Pappenheim! Er stürzt verwundet! Pappenheim, von einem seiner Ofsiziere geführt. Pappenheim.

Tod? Ich kenn' ihn nicht! Nach Gustavs Leben tracht' ich, hab' ich ihn. So fehlt mir nichts! Wo ist er? Zeigt ihn mir! — Was jagen die in. wilder Flucht? Jesus» Marie,, mein Kopf! Offizier. Ihr wankt, ihr könnt nicht weiter! Laßt mich das Blut nur stillen! Pappenheim. Nein, ich will'- nicht! Schafft mir ein neues Pferd, daß krH den König Erjagen kann! Fort, ich beseht' es euch! Ich sterbe nicht, wenn er bas Leben hat

127 Und halt' im Tod ihn an! Verflucht! Wie tränk' ich, Den» Eber gleich, mit meinem Schiveiß den Boden, Und keuche, wie ein angefchossnes Wild, Dem das Gelenk versagt! Weg mit dem Harnisch, Der mir die Brust verengt! Mit meinen Armen Fall' ich den König an! Was fliehn die? Hilf! Ich fasse keinen Fuß mehr! — Gustav — todt! Erneueter Kampf. Flucht der Kaiserlichen. Die Schweden. Herzog Bernhard, Kniephausen und Oberst Händersson.

Bernhard. DeS Königs Roß, was sagt ihr? Kniephausen. ES ist wahr! Man sah ihn nicht mehr. Bernhard. Heil'ger Gott! Kniephausen. Mir kam Ein dunkles Wort zu Ohren. Bernhard. Er ist todt? HänderSson. Jesus! Bernhard. Was giebts? HänderSson. Ist das der König?

128 Bernhard. Der König? Kniephausen. Gott, er iffs! Bernhard. 0 Gustav, Gustav! Kniephausen. Furchtbarer Anblick! Händersso n. Ganz von Blut entstellt; O, welch verruchte Hand begieng den Mord? Bernhard. Mord? Leubelfing tm Sterben. Herzog Albrecht! Händersson. Wer? Er lebt, er athmet noch! Verrath, nicht wahr?

Des Königs Page!

0, sprich noch einmal!

Und Mörder Herzog Albrecht?

Ein feines Bubenstück!

0 seht, er nickt!

Das Wort versagt ihm, doch sein Auge spricht! Mord, Mord an König Gustav!

Und von wem?

Don einem deutschen Fürsten, einem Detter Und Glaubensbrudcr! Bernhard. Schweigr!

Ihr rast im Fieber

Wie jener Kranke, der zum Tode liegt! Händersson. Ich rase nicht, ich kenn' ihn, jenen Schurken!

129 Es kam von ihm!

Es ist der Friedland nicht

Allein, der Dolche schleift und Mörder dingt; Es sind im Land der Jesuiten mehr! Kniephausen. 0, mäßigt euch! Händersson. Warum mich mäßigen? Ich hasse diesen Boden!

Ja, ich fluch ihm

Und allem, was draus lebt!

Der Heldenkönig,

Der seinen heil'gen Fuß hieher gesetzt, Um Deutschland von des Pabstthums Tyrannei Und von dem Joch des Kaisers zu befrein: Hier liegt er, vom Verrath gefällt, im Schlamme Des eignen Bluts-- und seines Schmucks beraubt; Hier stehen wir, verwaist, bei seiner Leiche, Und rufen ihn mit Schmerz vergeblich an! Bernhard. Wir rächen seinen Tod an unsern Feinden Und bringen ihm daS Opfer dieses Siegs! Uns soll der Kampf nicht schrecken, und der Degen Ein Spiel sein!

Ja, ihr Schweden!

Bei eures Königs theuerm Namen!

Hier gelob' ich's, Nicht

Verlass' ich dieses Feld, bis ich mit Ruhm DaS Werk vollführt, das Gustav angefangen! ES ist sein Geist, der schwebend mich berührt. Seil Wort, das mich durchdringt, wie er im Leben Das Kriegesregiment mir anvertraut! Kniephausen. Wir könnten ohne Schaden uns zurückziehn.

130 Bernhard. Nichts von zurückziehn!

Das verhüte Gott!

Vorwärts, gebietet dieser todte Mund, Und, vorwärts, ruf ich euch!

Ihr Schweden, auf!

Seht dort die Reuter Pappenheims!

Sie machen

Don neuem Front, und neu beginnt der Kampf! Die Batterie muß unser sein, und dort. In dieser Stunde noch, das Feld geräumt! Händersson. Es ist der Schweb' euch nicht Gehorsam schuldig; Gebietet, wo ihr könnt, ich folg' euch nicht! Bernhard. Nicht, Oberst Händersson? Händersson. Wir stehn für un»! Bernhard. Rebell!

Er durchbohrt ihn. Händersson. Verflucht! Bernhard. Wer wagt's?

Er ergreift die Fahne. Mir nach, ihr Schweden! In König Gustavs Namen! — Sieg!

Die Leiche Gustavs wird fortgebracht.

131 Trompeten, und erneueter Kampf, wobei die Schweden Sie­ ger bleiben.

Stimmen. Sieg! Sieg! — Truppen- Abtheilungen. Vorwärts! —

Kam'rad, wir müssen noch einmal

dran? Ein anderer. Es ist das letzte! —

Gott sei es gedankt!

Die Kaiserlichen auf der Flucht. Wallenstein, Pieeolomini nach ihm.

Wallenstein. Jesus Marie!

Sie haben das Geschütz?

Wir können uns nicht halten, alles flieht! Merode.und Reinach kommen nicht; der Götz Muß auch zurück, und Pappenheim ist todt! — Wer nahm zuerst die Flucht?

Die Schändlichen!•

Sie büßen's mit dem Kopf!

Was hilft es uns!

Octavio! Piccolomini. Ich bin erschöpft! Wallenstein. Es ist Das äußerste geschehn, ich weiß es wohl! Wir haben nichts zu hoffen. Holk tritt auf mit dem Koller Gustavs.

Holk. Gelt, mein Fürst!

132

Wallenstein. Was giebt's? Holk. Der König tobt! Wallenstein. Der König, Holk? Holk. Sein blutig Koller zeigt's! Wal lenstein. So hat der Himmel Mch nicht getäuscht! Sein Stern ist hin! Wirtragen DaS kleinste des Verlustes! Plast zum Rückzug! Wir hoffen, diesen Tag noch einzubringen Und wieder zu gewinnen, was er nahm! Sie gehn. Herzog Bernhard mit Truppen.

Sieg! Sieg! Wir haben das Feld behauptet! Dank dir, Gott!

Fünfte Scene. Zu Weißenfels. Die Königin Marie Eleonore.

Die Herzoge Wilhelm

und Bernhard von Sachsen-Weimar.

Johanna.

*■ Marie. Ich muß ihn sehn, wo habt ihr ihn verborgen? Ihr haltet mich nicht ab. Wer hat ein Recht Noch außer mir an diesem theuern Leib?

133 Johanna. O, gebet nach! Wilhelm. Läßt euch erbitten, Fürstin! Habt Mitleid auch mit uns und schont euch selbst! Marie. O, sprecht nicht sonder Schonung gegen mich Und raubt mir diesen letzten Trost! Wo ist er? Mich schreckt sein Anblick nicht, ob auch der Tod Aus jeder Wunde mir entgegen starrt! Mir wäre sterben süß; o Gustav, Gustav! So ruf ich nun bei Namen dich umsonst Und höre deine Stimme nicht! Was kümmert Mein Schmerz dich noch und alles Leid der Welt? Du zürnst mir selbst nicht mehr, wenn meine Klage Dein Ohr bestürmt, du küssest nicht mit Lächeln Mir noch die Thränen fort! Was wein' ich auch Um weltlichen Verlust! Was kann uns kümmern. Da uns das Ew'ge bleibt! Was hängt die Liebe Vergänglichem sich an und schmeichelt uns Mit Hoffnungen und Wünschen, die, noch ehe Sie ausgcdacht, die Stunde schon verweht! Habt ihr noch andre Weisheit? Könnet ihr Mich besser trösten, als ich selbst? Und seht ihr Mich nicht gefaßt? O Gustav, leb' ich nicht, Und bist du selbst nicht todt? Was sag' ich mehr! Wilhelm. Laßt euern Thränen Lauf, wir weinen sie Mit euch, o Königin! Denn der euch starb,

134 War theurer auch uns selbst, als unser Leben! Doch Gott hat es gewollt, und wir verehren In allem sein geheiligt Wort!

Das ist

Der Grund, worauf wir baun, de- Trostes Quell, Der nie versiegt und dessen Thau uns letzt! Bernhard. Ja, theure Fürstin!

Wie verwaist wir auch

Uns scheinen mögen, wir sind nicht allein, Und Gustavs große Seele wirket fort! Er lebt mit uns, und nicht vergänglich ist, Was er gedacht und herrlich schon vollführt! Sein ist der Ruhm, errungen ist der Sieg, Der herrlichste, der von dem Joche Roms, Und von der Knechtschaft Oestreichs uns befreit! Wir haben nichts zu fürchten mehr und dürfen Das Schönste hoffen, das dereinst mit Donk Der späte Enkel noch genießen wird! Marie. Was gilt es mir!

Was ist der frost'ge Dank

Des späten Enkels gegen meine Liebe! Was kümmert Deutschland mich und dieser Streit, Von Aberwitz und Raserei geführt, Den euer sieghaft Schwert nicht endiget Und der euch alle rettungslos begräbt! 0, glaubt nichts andres!

Schmeichelt euch und mir

Mit falscher Hoffnung nicht!

Der Boden ist

Ein Aetna flammend unter unsern Füßen, Und aus den offnen Gräbern schaut der Mord! Er ist raubgierig ja, und unersättlich,

135 Und schlinget, wie ihr selbst euch würgt und haßt, Heißhungrig, Freund und Feind zugleich hinab! Iohanpa. O, sprecht nicht weiter! Euer Auge glüht, Und schreckt mich fieberhaft; ihr zittert, schwankt! Wilhelm. Ich 6itf euch, Fürstin! Marie. Haltet mich nicht auf! Mein Eingeweide brennt; wo habt ihr ihn? Laßt den Gemordeten mich sehn! Umsonst Verbergt ihr ihn vor mir! O Gustav, Gustav! Wohl sah ich es voraus, daß dieser Tag Dich mir entreißen würd' und unter Leichen Dich betten, von der Rosse Huf zerstampft! Mit seinem blm'gen Finger grub der Mord Den Schreckenszug auf deine Stirn und löschte Dein blühend Leben aus dem Angesicht. Wer warnte dich vor ihm und wehrt' ihn ab? Wer warf die Brust ihm vor, wie du es thatest. Als er auf andre traf? Wo ist der Freund, Der unerschrocken dir zur Seite stand Und seine Hülfe mir gelobt, der Vetter? Treulos entfloh», verschwunden, doch nicht todt! — O, Falschheit dieser Welt, in welchen Masken Verbirgst du dich! Wo suchen wir die Tugend, Wenn so die Wahrheit lügt! 0 Gustav, Gustav! Das war nicht deine Art! Auf deiner Zunge Wog unverfälscht dein Herz; du liebtest, wie

136

Du dachtest, und dein ganze- Leben war Ein Ringen nach dem Höchsten dieser Welt! Ich bitt' euch, Vetter! Ihr versucht umsonst, Mich abzuhalten; wie entsetzlich auch Der Anblick sei, er schreckt mich nicht! Hinweg! Ich will den König sehn, nichts hält mich auf! Wilhelm. So sei's! Der inittlere Vorhang öffnet sich, und läßt die Leiche des Königs auf einem Ruhebette sehn.

Marie stürzt mit

einem Schrei der Entsetzens regungslos darüber hin.

Wilhelm. Mein Bruder! Bernhard. Wilhelm! Sie umarmen sich.

Wilhelm. Unsre Hoffnung Stirbt mit dem Todten nicht. Wir haben früh Das Leid ertragen lernen; in der Wiege Verwaist schon und umgarnet voin Verrath. Des Oheims Falschheit und verhaßten Zwang, Abfall von Freunden und des Kriegs Gewalt, Roms Herrschaft und des Vaterlandes Noth. Wir sahn das Recht verhöhnt, die Freiheit seufzend In Knechtsgestalt, die Festen dieses ReichIn ihrem Grund erschüttert, und uns selbst Von Erb' und Gut vertrieben und verbannt! Da- hat un- Gott, gewendet, und in Gustav

137 Den Retter »ns gesandt.

Wir lernen nun

Auch seinen Fall ertragen, und verfolgen Des Sieges Bahn!

Wir halten standhaft fest

An dem, was wir beharrlich durchgekämpft. Wie wir uns selbst hier fest umschlossen halten! Bernhard. Deß sei der Himmel Zeug', und Deutschland segne Dereinst den Tag der Freiheit, dessen Morgen Zu leuchten nun begann! Die Pforten öffnen sich zu beiden Seiten, und die Schweden nahen sich ehrerbietig der Leiche des Königs.

Wilhelm. Wir sind nicht mehr Allein. Bernhard. Es sind die Tapfern, die der König Geführt in manche Schlacht!

Sie möchten auch

Im Tod nicht von ihm lassen.

Ja, ihr Schweden!

Hier seht den Helden, der so tugendreich Und siegreich, wie er lebte, starb!

Wir schwören.

Ihm treu zu sein im Tode, wie im Leben! Die Schweden haben sich um die Leiche gruppirt, und senken die Fahnen darüber hin.

Die Kanonen werden gelöst.

Der Vorhang

fällt.