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German Pages 140 Year 2004
Marc Hansmann
Management und Controlling in der Ministerialverwaltung
Verlag Wissenschaft & Praxis
Marc Hansmann
Management und Controlling in der Ministerialverwaltung
Verlag Wissenschaft & Praxis
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 3-89673-236-6 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2004 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094
Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany
Vorwort Wer die unübersehbare Menge an Literatur zur Verwaltungsreform sichtet, dem wird schnell auffallen, dass sie meist die kommunale Ebene behandelt. Dieses Buch stellt gezielt die Ministerialverwaltung in den Mittelpunkt, indem es erkenntnisleitend fragt, welche betriebswirtschaftlichen Instrumente sich zur Steuerung eines Ministeriums eignen. Adressaten sind Ministerialbeamte und solche, die es werden wollen. Das Buch ist das Ergebnis der langjährigen Erfahrung des Autors mit Reformprojekten in der Ministerialverwaltung und nicht nur das Ergebnis einer Literaturrecherche. Die Schilderung des Status quo geschieht bewusst pointiert, um den heuristischen Wert zu erhöhen. Fußnoten werden eher spärlich gesetzt. Sie beschränken sich in der Regel auf das Belegen direkter Zitate oder der Empfehlung besonders geeigneter Literatur. Das nach den einzelnen Kapiteln gegliederte Literaturverzeichnis soll dazu dienen, das jeweilige Thema gezielt vertiefen zu können. Für das zweifellos anstrengende Korrekturlesen und die zahlreichen Verbesserungsvorschläge möchte ich mich bei meinen Kolleginnen1 und Kollegen Susanne Gietz, Ute Leibold, Michael Löchert, Lars Rönnau, Simon Vaut und Dorothea Weinrebe bedanken. Dank gebührt auch dem Verlag für die reibungslose und völlig unkomplizierte Betreuung sowie meiner Firma. Berlin im Mai 2004 Dr. Marc Hansmann Kienbaum Management Consultants
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Der Übersichtlichkeit halber wird in diesem Buch fortan nur die männliche Form benutzt.
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Inhaltsverzeichnis Vorwort ________________________________________________ 5 Inhaltsverzeichnis ________________________________________ 7 1
Einleitung __________________________________________ 11 1.1 Das Neue Steuerungsmodell in Ministerien _____________ 11 1.2 Die Gefahr der Anwendungslücke ____________________ 12
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Führung ____________________________________________ 15 2.1 Analyse des Status quo _____________________________ 15 2.1.1 Strukturelle Ziellosigkeit ______________________ 15 2.1.2 Verwaltungskultur ___________________________ 17 2.1.3 „Führungslücke“ _____________________________ 19 2.1.4 Politik und Verwaltung ________________________ 20 2.1.5 Stärken und Schwächen der Ministerialverwaltung __ 23 2.2 Führen mit Zielen _________________________________ 23 2.3 Ziele-System _____________________________________ 25 2.3.1 Balanced-Scorecard-Ansatz ____________________ 25 2.3.2 Ziele-Arten _________________________________ 27 2.3.3 Ziele-Ebenen ________________________________ 28 2.4 Ziele-Regelkreis __________________________________ 34
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Personal ____________________________________________ 43 3.1 Analyse des Status quo _____________________________ 43 3.2 Personalmanagement ______________________________ 44 3.2.1 Personal-Controlling __________________________ 45
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INHALTSVERZEICHNIS
3.2.2 Personalentwicklung __________________________ 48 3.2.3 Langfristige Personalplanung ___________________ 52 4
Organisation ________________________________________ 55 4.1 Analyse des Status quo _____________________________ 55 4.2 Projekt- und Matrixorganisation______________________ 57 4.3 Optimierung der Ablauforganisation __________________ 61 4.4 Controlling-Organisation ___________________________ 62 4.5 „Strategiefokussierte Organisation“ ___________________ 66 4.6 Veränderte Rolle der Zentralabteilung _________________ 68
5
Kosten- und Leistungsrechnung ________________________ 71 5.1 Analyse des Status quo _____________________________ 71 5.2 Inhalt und Funktion der KLR ________________________ 72 5.3 Kostenartenrechnung ______________________________ 74 5.4 Kostenstellenrechnung _____________________________ 78 5.5 Kostenträgerrechnung______________________________ 79 5.6 Verrechnungslogik ________________________________ 90 5.7 Verbindung zum Ziele-System _______________________ 94 5.8 Berichtswesen____________________________________ 96
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Budgetierung ________________________________________ 101 6.1 Analyse des Status quo _____________________________ 101 6.2 Inhalt und Funktion der Budgetierung _________________ 102 6.3 Budgetierungsmodell ______________________________ 105
INHALTSVERZEICHNIS
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Benchmarking _______________________________________ 115 7.1 Analyse des Status quo _____________________________ 115 7.2 Inhalt und Funktion des Benchmarking ________________ 116 7.3 Benchmarkingmodell ______________________________ 118
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„Was bringt es?“_____________________________________ 123
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Literaturverzeichnis __________________________________ 129 9.1 Überblickswerke (Kapitel 1 und 8)____________________ 129 9.2 Thema „Führung/Zielesystem“ (Kapitel 2)______________ 132 9.3 Thema „Personal“ (Kapitel 3)________________________ 134 9.4 Thema „Organisation“ (Kapitel 4) ____________________ 135 9.5 Thema „Kosten- und Leistungsrechnung“ (Kapitel 5) _____ 136 9.6 Thema „Budgetierung“ (Kapitel 6)____________________ 138 9.7 Thema „Benchmarking“ (Kapitel 7) ___________________ 139
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Einleitung
1.1
Das Neue Steuerungsmodell in Ministerien
Nachdem die Kommunen Anfang der 90er Jahre die Vorreiter waren und einige Jahre später die nachgeordneten staatlichen Bereiche folgten, hat das Neue Steuerungsmodell nunmehr auch die Ministerialverwaltung erreicht.2 Wie alle anderen Behörden müssen die Ministerien leistungsfähiger, effizienter und transparenter werden. Erreicht werden soll dies mit einem Paradigmenwechsel weg von der traditionellen Regelsteuerung hin zu einer Zielsteuerung der Verwaltung. Das Neue Steuerungsmodell oder New Public Management, wie es auf englisch heißt,3 stellen hierfür betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente bereit, insbesondere Ziele-Systeme, Kosten- und Leistungsrechung (KLR), Budgetierung und Benchmarking. Eine zentrale Grundlage des Neuen Steuerungsmodells ist die Einführung von Controlling. Für diesen schillernden Begriff existieren unzählige Definitionen.4 Controlling umfasst Steuerungs-, Planungs- und Kontrollprozesse. Management wird in diesem Buch als Führung, Personal und Organisation verstanden. Dementsprechend gehören Management und Controlling zusammen. „Controlling in der öffentlichen Verwaltung steuert und unterstützt den Managementprozess...“5, wobei die zentrale Funktion von Controlling in der „Sicherstellung der Rationalität der Führung“6 liegt. Darüber hinaus besitzt Controlling eine Koordinierungsfunktion und sollte „die klassischen Koordinierungsinstrumente Hierarchie und Haushaltsplan“ 7 ersetzen. In vielen Kommunen und insbesondere in den nachgeordneten Verwaltungen der Ministerien herrscht häufig ein anderes, eher technokratisches Controlling-
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Vgl. allgemein zum Stand der Verwaltungsreform: Werner Jann u. a., Status-Report Verwaltungsreform. Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren, Berlin 2004 (= Modernisierung des öffentlichen Sektors Bd. 24) sowie Gerhard Banner, 25 Jahre Verwaltungsreform und es geht weiter..., in: innovative Verwaltung 11/2003, 13-17. Vgl. Christoph Reichard, Public Management im deutschsprachigen Raum, in: Ernst-Bernd Blümle u. a. (Hg.), Öffentliche Verwaltung und Nonprofit-Organisationen, Wien 2003, 496-516, hier 511f. „Weder in der Praxis noch in der Wissenschaft herrscht ein einheitliches Verständnis, was Controlling ist.“ Siehe Jan Pommerehn, Strategisches Controlling in der Bundesverwaltung, Berlin 2002 (Diss. Berlin 2001), 15. Siehe Dietrich Budäus, Operatives und strategisches Verwaltungscontrolling im aktuellen Reformprozess des öffentlichen Sektors (Teil 1), in: Controlling 4-5/2002, 205-211, hier 205. Siehe Jürgen Weber, Einführung in das Controlling, 8. Auflage, Stuttgart 1999, 42. Siehe Dietrich Budäus, Operatives und strategisches Verwaltungscontrolling (Teil 1), 206.
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EINLEITUNG
Verständnis.8 Dort stehen die KLR und ihre IT-Umsetzung im Mittelpunkt. Im Dauerbetrieb ist dabei sehr deutlich geworden, dass die Daten nicht ohne Weiteres interpretierbar sind. KLR-Daten können nicht steuerungsrelevant sein, wenn die Ziele des Verwaltungshandelns unklar sind. Daher wird in vielen Verwaltungen auf der bestehenden KLR ein strategisches Controlling- und Ziele-System aufgesetzt. Gerade die Ministerialverwaltung darf nicht den Fehler des reinen KLRAnsatzes wiederholen.9 Sie muss mit den Zielen anfangen, da bei ihrer Kernaufgabe der Vorbereitung der Gesetzgebung immer inhaltlich-politische Zielsetzungen im Vordergrund stehen. Kostenaspekte spielen eine eher untergeordnete Rolle. Anschaulich lässt sich der umfassende Steuerungsansatz folgendermaßen formulieren: Die Ziele weisen den Weg, das Controlling dient der Navigation zum Ziel und die Kosten- und Leistungsrechnung misst die dabei verbrauchten Ressourcen.10 Die KLR ist nicht ein Synonym für Controlling, sondern ein Informationsinstrument des Controlling.
1.2
Die Gefahr der Anwendungslücke
Der umfassende Steuerungsansatz umgeht zwar die Fehler des reinen KLRAnsatzes, läuft aber ebenfalls die Gefahr, nicht „gelebt“, d. h. von den Führungskräften nicht angewendet zu werden.11 Hier liegt ein Grundproblem der gesamten Verwaltungsreform. Es wird vor allem über die Konzeption und das Wünschenswerte diskutiert, weniger über die Anwendung. Doch was nützt eine Balanced Scorecard, wenn die Verwaltungsführung keine strategischen Ziele definieren will? Was nützt ein Ziele-System, wenn die Führungskräfte nicht steuern wollen? Was nützt eine Kosten- und Leistungsrechnung, wenn niemand ihre Informationen sehen will? Und was nützt die Budgetierung, wenn die Führungskräfte keine Verantwortung tragen wollen? Kein Zweifel, viele um nicht zu sagen die meisten Füh8 9
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Vgl. Christoph Reichard, Public Management im deutschsprachigen Raum, 513. Vgl. hier und nachfolgend den hervorragenden Artikel von Ernst-Hasso Ritter, Integratives Management und Strategieentwicklung in der staatlichen Verwaltung - Über strategisches Controlling auf der Ministerialebene -, in: Die Öffentliche Verwaltung 3/2003, 93-105, hier 94. Vgl. Ehrhard Mundhenke, Controlling/KLR in der Bundesverwaltung, 2. Aufl., Brühl 2000 (Schriftenreihe der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Bd. 34), 20 sowie Horvath & Partner, Das Controlling-Konzept. Der Weg zu einem wirkungsvollen Controllingsystem, 4. Aufl. München 2000, 8. Karin Tondorf, Reinhard Bahnmüller und Helmut Klages sprechen von „Widersprüchen zwischen Reformkonzept und Reformpraxis“ und von Umsetzungsdefiziten. Siehe Karin Tondorf, Reinhard Bahnmüller, Helmut Klages, Steuerung durch Zielvereinbarungen. Anwendungspraxis, Probleme, Gestaltungsüberlegungen, Berlin 2002 (= Modernisierung des öffentlichen Sektors Sonderband 17), 23 und 28.
EINLEITUNG
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rungskräfte in der öffentlichen Verwaltung nutzen die mit hohem Ressourceneinsatz zur Verfügung gestellten Controlling- bzw. Steuerungsinstrumente nicht oder kaum. Diese Anwendungslücke ist die Schwäche der Verwaltungsreform. Nur ein umfassender Ansatz, der die Organisationsstrukturen sowie die Verhaltensweisen und Einstellungen der Führungskräfte und Beschäftigten ändert, kann die Anwendungslücke überwinden. Hingegen ist der technokratische Ansatz, der häufig von der IT dominiert wird und der den Status quo der Behörde nicht verändert, zum Scheitern verurteilt. Ein umfassender Steuerungsansatz braucht: 1. Ein Zielesystem, um Ziele abbilden und die Zielerreichung messen zu können. 2. Problemlösungskompetenz, um bei drohender Zielverfehlung Maßnahmen zur Gegensteuerung entwickeln zu können. 3. Kommunikation und Verbindlichkeit, um die Informationen in Dialogform bewerten und ggf. einheitlich gegensteuern zu können. 4. Strukturen, die auf Steuerung und Zusammenarbeit ausgelegt sind. 5. Führungskräfte auf der mittleren und unteren Ebene, die (rational) führen wollen. 6. Führungskräfte der obersten Ebene, die strategische Ziele setzen und aktiv steuern wollen. Folgende zugespitzte Beschreibung des Status quo in der Ministerialverwaltung verdeutlicht, wie schwierig die erfolgreiche Einführung des Neuen Steuerungsmodells ist und weshalb die Gefahr der Anwendungslücke droht: 1. Es herrscht eine strukturelle Ziellosigkeit. Es gibt keine Orientierungspunkte, um Prioritäten setzen und Leistung bewerten zu können. 2. Das Problembewusstsein steht im umgekehrt proportionalen Verhältnis zur Problemlösungskompetenz. 3. Die Kultur ist von großer Sprachlosigkeit und hoher Unverbindlichkeit geprägt. 4. Es dominieren Nischen, Inseln und eine extreme Arbeitsteilung, die die Steuerung und Zusammenarbeit erschweren. 5. Viele Führungskräfte verstehen sich als oberste Sachbearbeiter. Dieses Verständnis wird durch die Führungskräfteauswahl verstärkt. 6. Die politischen Führungskräfte beschäftigen sich kaum mit dem Verwaltungsapparat.
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EINLEITUNG
Der kurz zusammengefasste Status quo wird jeweils zu Beginn eines Kapitels dargestellt. Insbesondere das nachfolgende Kapitel, in dessen Mittelpunkt sich das Thema „Führung“ befindet, wird den Ist-Zustand ausführlich analysieren. Die erkenntnisleitende Frage besteht darin, wie das Führen mit Zielen in einem Ministerium funktionieren kann. Kapitel 3 zeigt, wie aus der Verwaltung des Personals ein Personalmanagement entwickelt werden kann. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Organisationsentwicklung eines Ministeriums, das traditionell streng hierarchisch gegliedert ist. In Kapitel 5 bis 7 geht es um die ministerielle Ausgestaltung der betriebswirtschaftlichen Instrumente KLR, Budgetierung und Benchmarking. Last but not least, wird im Schlusskapitel die Frage gestellt, welchen Nutzen die Verwaltungsreform überhaupt bringt.
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2
Führung
2.1
Analyse des Status quo
2.1.1
Strukturelle Ziellosigkeit
Angesprochen auf ihre Ziele antworten nicht wenige Führungskräfte der Ministerialverwaltung: „Wir haben keine Zeit für Ziele.“ Richtig müsste es heißen: „Wir nehmen uns keine Zeit für Ziele.“ Dass viele Ministerialbeamte in ihrer subjektiven Sicht keine Zeit für Ziele haben, ist bereits ein Teil des Problems. Traditionell wird mehr oder minder effizient, dafür aber gründlich der Posteingang abgearbeitet. Ein typischer Ministerialbeamter schaut sich morgens und mittags seinen Eingang an, der in den meisten Ministerien immer noch von einem internen Botendienst mit Handwagen verteilt wird. Der Posteingangskorb übt auf die Beamten einen enormen psychischen Druck aus. So wird oft gefragt, wie man konzeptionell arbeiten könne, wenn ständig Post hereinkäme. Die elektronische Post scheint dieses Phänomen verstärkt zu haben, da vom jeweiligen Adressaten eine schnellere Reaktion erwartet wird. Das Tagesgeschäft wird als dominierend empfunden, was darin liegen mag, dass viele Schriftstücke mit einem großen internen Verteiler versendet werden. Das „Mitzeichnungswesen“ lebt. Zudem herrscht eine sehr weitreichende Vorstellung von konzeptioneller Arbeit. Im Grunde wird darunter eine wissenschaftliche Herangehensweise verstanden, für die man sich mindestens ein halbes Jahr zurückziehen müsste, um dann ausgereifte Ergebnisse vorlegen zu können. Dies hat damit zu tun, dass die meisten Beamten des höheren und des gehobenen Dienstes in ihrem Arbeitsleben ausschließlich Hochschule und Verwaltung kennengelernt haben. Der Qualitätsanspruch ist daher hoch, und da über Leistungsstandards nie gesprochen wird, reduzieren viele Referenten ihren wissenschaftlichen Anspruch an die Qualität ihrer Arbeit nicht. Das ist per se nichts Schlechtes, führt aber zu Unzufriedenheit, da der hohe Anspruch in der Realität nicht umsetzbar ist. Ein weiterer Grund, warum das Tagesgeschäft so dominant und stressig erscheint, sind fehlende Zielsetzungen. Sie führen dazu, dass alles wichtig ist und damit gleichzeitig auch unwichtig. Prioritäten werden nicht gesetzt. Fragen Sachbearbeiter oder Referenten, welche Priorität ein Vorgang hat, wird von den Vorgesetzten der jüngste Posteingang genannt. Die Führungskräfte wiegen die Priorität der einzelnen Vorgänge nicht gegeneinander ab und entscheiden nicht, welche Sache weniger wichtig und deshalb nur nachrangig zu bearbeiten ist. Scheinbar genießt zu-
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FÜHRUNG
dem alles Priorität, was von „oben“, also von höheren Hierarchieebenen, kommt. Ob dies wirklich auch vorrangig bearbeitet wird, ist freilich eine ganz andere Frage. Wenn alles Priorität besitzt, entscheiden die jeweiligen Sachbearbeiter oder Referenten ganz individuell, was sie vorrangig bearbeiten möchten. Ein Grundproblem in der Ministerialverwaltung ist die ungleiche Arbeitsverteilung. Die Leistungsträger bekommen immer mehr Arbeit, während sich andere mit ostentativer Langsamkeit und starker Neigung zur Grundsatzdiskussion gegen jede (zusätzliche) Arbeitsbelastung wehren. Die Führungskräfte lassen dieses Verhalten durchgehen. Sie suchen den Weg des geringsten Widerstands. Es ist bequemer, der Arbeitskraft, die effektiv arbeitet und nicht lamentiert, mehr Arbeit aufzubürden. Die ungleiche Arbeitsverteilung ist zwar allgemein bekannt, wird aber achselzuckend hingenommen. Mitarbeiterbefragungen zeigen, dass die Zufriedenheit bei denjenigen gering ist, die entweder überlastet sind oder zu wenig zu tun haben. Dies erklärt zumindest partiell die schlechte Stimmung in vielen Ministerien. Hinzu kommt plötzlich auftretender Stress aufgrund der unzureichenden Arbeitsplanung und eines schlechten Zeitmanagements. Die unterschiedliche Arbeitsbelastung wird verstärkt durch neue Aufgaben, die meist „on top“ kommen. Die Verwaltung erhält vom Gesetzgeber ständig neue Aufgaben. Daran hat sie in der Regel selbst schuld, da Gesetzgebung mittlerweile fast vollständig von der Exekutive initiiert wird. Hier wiederholt sich das bereits beschriebene Phänomen. Die neuen Aufgaben genießen Priorität, ohne dass gesagt wird, welche alten Aufgaben dafür nachrangig zu bearbeiten sind. Dass Aufgaben wegfallen, ist die Ausnahme. Woran sollte sich eine Aufgabenkritik auch orientieren, wenn es keine verbindlichen Ziele gibt? Wenn sich neue Arbeitsschwerpunkte bilden, bedeutet dies nicht, dass das Personal automatisch umgesetzt wird. Im Gegenteil: Erst einmal wird nach zusätzlichen Stellen gerufen. Diese Reaktion ist konsequent, da alte Aufgaben nicht wegfallen. Umschichtungen zwischen den und innerhalb der Organisationseinheiten sind mit Widerständen verbunden und erfolgen allenfalls mit großer Zeitverzögerung. So liest sich der Geschäftsverteilungsplan wie eine Begründung, warum das Personal überall gebraucht wird. Als Instrument der Personalsteuerung ist ein Geschäftsverteilungsplan völlig ungeeignet. Viele Ministerialbeamten können kaum sagen, an welchen Kriterien sie die Qualität ihrer Arbeit messen. Die meisten haben sich diese Frage nie gestellt und reagieren mit stereotypen Antworten, wie beispielsweise: „Die Qualität ministerieller Arbeit lässt sich nicht messen.“ Ein anderes beliebtes Argumentationsschema besteht in der Behauptung, dass man gar nicht alleinverantwortlich für die Zielerreichung sei. Durch die Arbeitsteilung in einem Ministerium und die Kleinteiligkeit der Aufgabenstellung hat diese Argumentation eine gewisse Berechtigung. Sie
FÜHRUNG
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bedeutet aber, dass letztlich niemand verantwortlich ist. Kurzum: Wer nicht verantwortlich ist, hat keine Ziele und kann die Zielerreichung nicht messen. Erfolgserlebnisse bleiben zwangsläufig aus, was die Motivation sinken lässt. Auftauchende Probleme erscheinen vielen Ministerialbeamten als große Hindernisse. Dass alles Leben Problemlösen ist, wie Karl Popper formuliert hat, wird nicht verstanden. Lieber werden Probleme ausführlich und larmoyant diskutiert. Die Prüfung der Zuständigkeit und des Verfahrensweges ist häufig wichtiger als die Problemlösung. Wer nicht zuständig ist, löst auch das Problem nicht, selbst wenn die Prüfung der Zuständigkeit länger dauert als die eigentliche Problemlösung. Allein das Wort „Zuständigkeit“ sagt schon viel aus. Bezeichnenderweise wird nicht von „Verantwortlichkeit“ gesprochen. Wer verantwortlich ist, kann zur Verantwortung gezogen werden und muss Fehlentscheidungen eingestehen. Genau das fürchten viele Beamte jedoch und delegieren daher Verantwortung und Entscheidungen lieber nach oben. Auch das weit verbreitete Verhaltensmuster, Beiträge12 zu leisten, ist Ausdruck der gering ausgeprägten Problemlösungskompetenz. Die Beitragskultur verdeutlicht die geringe Verantwortungsbereitschaft; denn wer nur Beiträge leistet, ist nicht verantwortlich. Die Beiträge besitzen häufig wenig Ergebnisbezug und bringen die Sache kaum voran. Sie sind entweder sehr grundsätzlicher, extrem kleinteiliger oder rein formaler Natur. Letzteres ist leicht erklärt: Wer mangels Kompetenz nichts Inhaltliches beitragen kann, lässt sich an Formalien aus. Die meisten Beiträge besitzen die Gemeinsamkeit, dass sie sagen, was nicht möglich ist. Positiv formuliert könnte konstatiert werden, dass die Verwaltung falsifizierend vorgeht. Negativ betrachtet besitzen die Beiträge immer einen destruktiven Akzent. Das Ringen um das bessere Konzept oder auch nur die verbindliche Aussage zu einem Thema finden auf dem Wege der Mitzeichnung nicht statt.
2.1.2
Verwaltungskultur
In der Ministerialverwaltung existiert keine Feedback-Kultur. Die Beschäftigen wissen in der Regel nicht, wie ihre Arbeitsergebnisse von den Führungskräften bewertet werden. Auf Arbeitsergebnisse erhalten sie wenig Rückmeldung. Allenfalls kommt eine Replik, wenn etwas schlecht läuft. Ein Lob ist die Ausnahme oder es ist so unverbindlich und allgemein, dass es keinen Wert hat. Die Beschäftigten können den Führungskräften nicht gezielt zuarbeiten, da diese ihre Anforderungen und Vorstellungen weder ex ante noch ex post äußern. Es bleibt häufig nur 12
Die Beiträge werden entweder in Form der ansteigenden Anzahl von Mitzeichnungen geleistet oder sind Wortbeiträge im Rahmen von Besprechungen.
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FÜHRUNG
ein Stochern im Nebel, wie der Vorgesetzte es haben möchte. Dieses Antizipieren der Vorgesetztenmeinung kann mitunter verheerende Folgen haben. So wird nicht vorgelegt, was der Bearbeiter eigentlich für richtig hält, sondern was der Vorgesetzte mutmaßlich wünscht. Die geringe kommunikative Kompetenz betrifft auch das Gebiet „Führung und Steuerung“. Die Führungskräfte tauschen sich nicht aus, lernen also nicht voneinander. Arbeits- und Organisationstechniken, wie z. B. Häufigkeit von Besprechungen und Umgang mit Arbeitsspitzen, werden nicht thematisiert. Bei Vorgesetztenbewertungen bestätigen die meisten Führungskräfte, dass sie zum ersten Mal über das Thema „Führung“ reden und ihren eigenen Führungsstil reflektieren. Ein typisches Verhalten von vielen Führungskräften in der Verwaltung besteht darin, bei Problemen gleich welcher Art wegzuschauen. Gibt es beispielsweise zwischenmenschliche Konflikte in einem Referat fühlt sich der Referatsleiter nicht dazu berufen, diese anzusprechen. Individuelle „Spleens“ werden weitgehend akzeptiert, ohne dass ein Vorgesetzter einschreitet. Generell müssen sich die Beschäftigten nicht zusammenreißen. Wer schlechte Laune hat, darf sie auch ausleben. Das kann partiell damit erklärt werden, dass die Führungskräfte im öffentlichen Dienst für derartige Konfliktsituationen nicht geschult werden. Es liegt aber auch an der Einstellung: Viele Führungskräfte sehen den zwischenmenschlichen Bereich als vermintes Gelände an, das es besser nicht zu betreten gilt. Über die Motive dieses Verhaltens kann nur spekuliert werden. Die meisten Führungskräfte wollen keinem Beschäftigten zu nahe treten. In dieser mangelnden Konfliktbereitschaft und großen Unverbindlichkeit steckt zudem viel Bequemlichkeit. Emotionen machen viel Arbeit und passen nicht in den scheinbar ruhigen und sachlichen Ablauf eines Ministeriums. Die Beschäftigten suchen ebenfalls nicht das offene Wort, sondern lassen die Konflikte lieber über einen langen Zeitraum schwelen, im Extremfall sogar einige Jahrzehnte. Hier dürfte ein weiterer Grund für die schlechte Stimmung und die überdurchschnittlichen Krankheitsquoten zu finden sein. Die Unverbindlichkeit zeigt sich nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern auch auf fachlichem Gebiet. Dieses überrascht auf den ersten Blick, da viele Führungskräfte ausgesprochene Experten sind. Sie sind dieses aber nur auf ihrem Sachgebiet. Die jeweiligen Referenten und Sachbearbeiter können bei den Themen, in denen der Referatsleiter über kein Expertenwissen verfügt, häufig tun und machen, was sie wollen. Fachliche Steuerung findet dann nur selten statt. Das gilt in einem noch stärkeren Ausmaß für die nächst höheren Hierarchieebenen. In der Ministerialverwaltung ist die Kultur des Wegschauens, der Nichteinmischung und des Nichteingreifens weit verbreitet. Führung bedeutet jedoch exakt
FÜHRUNG
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das Gegenteil: Hinschauen, einmischen und falls nötig eingreifen. Wenn Führungskräfte in der Verwaltung dies machen, dann häufig in einem übertriebenen Ausmaße. Sie wollen alles vorgelegt bekommen, kontrollieren ständig und regeln selbst kleinste Details. Beide Verhaltensmuster sind für die Beschäftigten demotivierend.
2.1.3
„Führungslücke“
Stand bereits unter dem vorhergehenden Stichwort „Verwaltungskultur“ das Verhalten der Führungskräfte im Mittelpunkt, soll dieses nachfolgend noch eingehender untersucht werden. Gerhard Banner hat für das Führungsverhalten den Begriff der „Führungslücke“13 geprägt und Hanns-Eberhard Meixner spricht sogar von einer „Führungskrise in der öffentlichen Verwaltung“14. Das unausgesprochene Leitbild vieler Führungskräfte in der Ministerialverwaltung ist das des obersten Sachbearbeiters, bei dem die Facharbeit im Vordergrund steht und der nur schlecht delegieren kann. Daneben gibt es eine zweite Gruppe von Führungskräften, die sich als Strategen verstehen. Diese Führungskräfte delegieren den kompletten Arbeitsanfall und liefern selbst nur noch abstrakte Beiträge. Personalgeschäft und Organisation ist beiden Kategorien von Führungskräften lästig. Das eigene Selbstverständnis reflektieren nur die wenigsten Führungskräfte. Was Führung eigentlich ausmacht, wird nicht definiert. Die fachliche Führung schwankt zwischen der Vorstellung, der führende Experte oder der große Stratege zu sein. Eine Führung der Mitarbeiter findet nicht statt oder besteht lediglich aus autoritärer Kontrolle. Viele Führungskräfte des öffentliches Dienstes betonen, dass Führung unter den Bedingungen des starren Dienstrechts kaum möglich sei. In der Tat bietet das öffentliche Dienstrecht wenig Möglichkeiten, durch finanzielle Anreize zu motivie13
14
Siehe Gerhard Banner, Von der sektoralen zur integralen Führung, in: innovative Verwaltung 5/2002, 9-12, hier 9. Zutreffend ist folgende Analyse von Banner: „Dass die Führungslücke das Modernisierungshemmnis Nr. 1 ist, springt dem unvoreingenommenen Beobachter der Szene ins Auge. Umso faszinierender ist, dass diese Evidenz in der ständig wachsenden Modernisierungsliteratur kaum je erwähnt wird. Einen spezifischen blinden Fleck in der Wahrnehmung ... wird man ... ebenso wenig unterstellen wie eine heilige Scheu vor dem Thema Führung. Eher dürfte die Überlegung, dass Beraterverträge nun einmal von der Verwaltungsführung vergeben und Forschungsaufträge von ihr eröffnet werden, Externe zur Verdrängung des Themas veranlassen...“ Siehe Gerhard Banner, Modernisierung: in Zukunft Tagesgeschäft der Führung, in: Jörg Bogumil (Hg.), Kommunale Entscheidungsprozesse im Wandel. Theoretische und empirische Analysen, Opladen 2002 (= Stadtforschung aktuell Bd. 87), 76-90, hier 77. Siehe Hanns-Eberhard Meixner, Lust statt Frust in der öffentlichen Verwaltung. Wege aus der Führungskrise, Köln u. a. 1998.
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FÜHRUNG
ren.15 Aber sind fehlende finanzielle Leistungsanreize wirklich das Grundproblem der Verwaltung?16 Viele Unternehmen haben mit flexiblen Gehältern ernüchternde Erfahrungen gemacht. Diese werden nach kurzer Zeit von den meisten Beschäftigten als Bestandteil des Grundgehalts angesehen und können daher nur demotivieren, wenn der flexible Teil nicht oder nur prozentual ausgezahlt wird.17 Finanzielle Leistungsanreize sind keine Wunderwaffe für eine Effizienz- und Qualitätsrevolution, sondern sind nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts zur Leistungssteigerung einer Organisation sinnvoll. Es mag vielleicht anspruchslos klingen, aber es ist bereits viel erreicht, wenn Vorgesetzte ihre Beschäftigten nicht demotivieren. Das gelingt in Unternehmen offenbar eher als in Behörden. Ein flexibles Dienstrecht würde die „Führungslücke“ sogar noch offensichtlicher machen; denn mit Leistungsanreizen zu arbeiten, muss gekonnt sein. Es ist ein im öffentlichen Sektor weit verbreiteter Irrglaube, dass ein Unternehmen ein sich selbst regulierendes und leistungssteigerndes System sei, in dem flexible Gehälter die Rolle der „invisible hand“ spielen.
2.1.4
Politik und Verwaltung
„Wir haben keine Ziele, wir sind fremdgesteuert.“ Dieser Satz wird häufig von Ministerialbeamten geäußert, wenn es um die Definition von Zielen geht. Verursacher dieser Fremdsteuerung ist insbesondere die Politik. Abgeordnete, die in ihrem politischen Alltag eher die Dominanz des Verwaltungsapparats erleben, wären erstaunt über die hohe Bedeutung, die die Verwaltung ihnen zuspricht. Das Verhältnis der Verwaltung zur Politik ist äußerst vielschichtig. Die Ministerialverwaltung empfindet die Politik als überflüssige Belastung, was angesichts der stundenlangen Gremienarbeit, der politischen Rhetorik und dem irrationalen Element in der Entscheidungsfindung verständlich erscheint. Sie fühlt sich fremdgesteuert von den politischen Zielen, die vom Parlament und von der eigenen Hausspitze vorgeben werden. De facto kann die Ministerialverwaltung jedoch ihren gesetzlichen Auftrag weitgehend „ungestört“ von der Politik erledigen. Das Gefühl der Fremdsteuerung ist trotzdem vorhanden. Das mag damit zusammenhängen, dass viele Beamte dem Idealbild eines weisungsfreien Richters oder Universitätsprofessors folgen. Nicht zuletzt schützt das Diktum der Fremdsteuerung vor der 15
16
17
Vgl. den Bericht der „Bull-Kommission“: Zukunft des öffentlichen Dienstes - öffentlicher Dienst der Zukunft, Bericht der von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen eingesetzten Kommission, Düsseldorf 2003, 40, 133. Vgl. Helmut Klages, Erfolgreich führen und motivieren, in: Dieter Wagner (Hg.), Personal- und Personalmanagement, Berlin 1998 (= Schriftenreihe des Kommunalwissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam Bd. 3), 50-67, hier 58. Dazu sehr pointiert: Reinhard K. Sprenger, Mythos Motivation. Wege aus der Sackgasse, 17. Aufl., Frankfurt a.M., New York 2002, 93-113.
FÜHRUNG
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Entwicklung von eigenen Zielen. Die meisten Beamten sind übrigens erstaunt über die Aussage, dass Unternehmen fremdbestimmt sind, und zwar durch den Markt. Kein Zweifel, zwischen politischer Führung und dem Verwaltungsapparat bestehen erhebliche Reibungsverluste und Steuerungsprobleme. Die meisten Minister konzentrieren sich auf Außentermine und das politischen Tagesgeschäft und vernachlässigen den eigenen Apparat.18 Die Steuerung der internen Ressourcen ist nicht ihr vorrangiges Ziel. Viele Verwaltungsspitzen verstehen unter interner Ressourcensteuerung allenfalls, Mitglieder der eigenen Partei im Apparat unterzubringen und zu protegieren, was für die übrigen Beschäftigten demotivierend ist.19 Häufig empfindet die politisch besetzte Verwaltungsspitze eine gewisse Verachtung für den eigenen Verwaltungsapparat und unterstellt diesem Langsamkeit und Inflexibilität. In einigen Fällen ist in den Jahren der Opposition der Ministerialapparat das Feindbild gewesen, der die damalige Regierung aktiv unterstützt hat. Wird dieses Misstrauen nicht abgebaut, verselbständigt sich der Leitungsbereich und besitzt im Extremfall keinen Bezug zum Unterbau. Dies trifft sich mit der Tendenz der Abteilungsleiter, den eigenen Bereich abzuschirmen und nicht mehr als nötig mit der Leitung zu kommunizieren. Häufig wissen die obersten Führungskräfte daher überhaupt nicht, was die operativen Arbeitseinheiten eigentlich machen oder vorhaben. Ergänzend sei bemerkt, dass sie dies nicht einmal als Wissenslücke empfinden. Ein Feedback aus dem Leitungsbereich an die Verwaltung gibt es kaum. Wenn Vorlagen mit der Bemerkung „Hat Minister vorgelegen“ zurückkommen, ist dies keine inhaltliche Aussage. Oft herrscht ein gegenseitiges Kopfschütteln über die Arbeitsergebnisse. Der Minister versteht die verklausulierten Leitungsvorlagen nicht und ist unzufrieden damit, dass seine Beamten immer nur aufzeigen, was nicht möglich ist. Hingegen verstehen die Verwaltungsangehörigen nicht, warum der Minister sich auf diesen oder jenen politischen Kompromiss eingelassen hat 18
19
Ernst-Hasso Ritter spricht von der „Gefahr, dass das ohnehin knappe Aufmerksamkeitspotential der Leitung durch kurzfristige und isoliert aufgegriffene Probleme absorbiert wird, ein Kampagnedenken vorherrscht und die perspektivische Arbeit in den Hintergrund gedrängt wird oder gar ganz ausfällt.“ Der ehemalige Staatsekretär im Justizministerium Nordrhein-Westfalen konstatiert weiter, „... dass die Spitzen der Verwaltung unter der Belastung durch aktuellen Erledigungsdruck, Ad-hoc-Entscheidungen, Bewältigung von Spontankrisen und allfällige Repräsentationspflichten leiden. ... Wenn unter den laufenden Anforderungen des Tagesgeschäfts allein der Terminkalender zum ‚Planungsinstrument’ wird, dann gilt auch dort das Gresham’sche Planungsgesetz: ‚Tägliche Routinearbeiten machen der Planung den Garaus.’“ Siehe Ernst-Hasso Ritter, Integratives Management und Strategieentwicklung in der staatlichen Verwaltung, 95 und 96. Thomas Ellwein hat die interessante These von der „Politisierung der Verwaltung als Ersatz für Verwaltungsführung“ aufgestellt. Ellwein argumentiert folgendermaßen: „Da die Politik die Strukturen nicht verändert und auch die Frage nicht gestellt hat, wie denn angesichts so gewaltiger Veränderungen in den überlieferten Strukturen politische Verwaltungsführung noch möglich sein soll, musste sie Auswege einschlagen. Am meisten wurde der Ausweg der Politisierung der Verwaltung benutzt.“ Siehe Thomas Ellwein, Das Dilemma der Verwaltung. Verwaltungsstruktur und Verwaltungsreformen in Deutschland, Mannheim u. a. 1994, 112f.
22
FÜHRUNG
und sich fachlich nicht durchsetzen konnte. Hinzu kommt eine demotivierende Informationspolitik. So erfahren die Beschäftigten häufig erst aus den Medien über Initiativen ihrer Leitung. Aufgrund der dominierenden Tagespolitik verändert sich die Prioritätenskala einer politisch besetzten Leitung ständig, was den Verwaltungsapparat irritiert und demotiviert. Verbindliche und längerfristig geltende Ziele gibt es kaum.20 Zielsetzungen von Politikern finden in der Regel auf rhetorischer Ebene statt, werden nicht in konkrete Maßnahmen umgesetzt und zeichnen sich durch eine geringe Zielstabilität aus. Das Verhalten der politischen Führungskräfte ist nicht ganz einfach zu erklären. Es würde sicherlich zu kurz greifen, wollte man das persönliche Unvermögen der Minister und Staatssekretäre als Ursache ausmachen. Die meisten Politiker tun sich mit betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten schwer, selbst wenn sie inhaltliche Ziele verfolgen und nicht ausschließlich an Stimmenmaximierung interessiert sind. Rahmen dieser Zielverfolgung ist jedoch eine politische Rationalität und nicht ein rationales Ziele- und Steuerungssystem. In dieser politischen Rationalität herrschen ein lang eingespieltes do-ut-des-Verhalten, die ständige Suche nach Kompromissen und der Versuch, möglichst viele gesellschaftliche Interessen zu befriedigen. Bewusst vage gehaltene Ziele, deren Zielerreichung nicht gemessen werden kann, erleichtern das politische Geschäft der Mehrheitssuche erheblich. Kein Zweifel, die politische Rationalität erschwert das Management eines Ministeriums, verhindert dieses aber nicht. Von einer Hausleitung muss erwartet werden können, dass zumindest ein Staatssekretär die Aufgabe der rationalen Steuerung ausfüllt.
20
Vgl. Geert Bouckaert, Wouter van Dooren, Performance measurement and management in public sector organizations, in: Tony Bovaird, Elke Löffler (Hg.), Public Management and Governance, London und New York 2003, 127-136, hier 133.
23
FÜHRUNG
2.1.5
Stärken und Schwächen der Ministerialverwaltung
Wurden bisher vor allem die Schwächen der Ministerialverwaltung herausgearbeitet, skizziert nachstehende Tabelle auch die Stärken: Stärken » » » »
Großes Fach- und Expertenwissen Gut ausgebildete Beschäftigte Große dezentrale Spielräume Großer Wohlfühlfaktor auf Arbeitsebene durch die geringe Mitarbeiterzahl in den Referaten
Schwächen »
Geringe Managementqualitäten der Führungskräfte
»
Kein ganzheitliches Denken, nur Expertenblick Geringe Problemlösungskompetenz Geringe Ziel- und Ergebnisorientierung Verwaltungskultur statt Projektarbeitsweise Keine umfassende Corporate Identity Keine übergreifende Prioritäten- und Zielsetzung Keine abteilungsübergreifende Steuerung Wenig abteilungsübergreifende Zusammenarbeit Schwieriges Scharnier Hausleitung und Apparat
» » » » » » » »
Abb. 1: Stärken-Schwächen-Analyse der Ministerialverwaltung Soweit noch nicht geschehen, werden sowohl die Stärken als auch die Schwächen in den nachfolgenden Kapiteln eingehend erläutert.
2.2
Führen mit Zielen
Wie die vorhergehenden Ausführungen gezeigt haben, benötigt die Ministerialverwaltung eine grundlegend neue Führungskultur. Die Führungskräfte sollten zukünftig mit Zielen führen, also ein Management by objectives praktizieren. Der erste und grundlegende Schritt besteht in der Definition der Ziele. Danach liegt die wesentliche Aufgabe einer Führungskraft darin, auf die Zielerreichung hinzuwirken. Dafür muss sie zwei Funktionen erfüllen:
24
-
-
FÜHRUNG
Herbeiführen und Aufrechterhalten eines Teamgefühls in der verantworteten Organisationseinheit (Kohäsion) und Beeinflussen ihrer Mitarbeiter zum Erreichen der Ziele (Lokomotion).21
Ersteres erfordert eine hohe soziale Kompetenz und wird bisher völlig vernachlässigt. Die Ziele können in der Regel nur erreicht werden, wenn die Führungskräfte die Beziehungsebene zu und zwischen den Mitarbeitern nicht ausblenden. Zur Lokomotion benötigt eine Führungskraft weniger ein hohes fachliches Wissen als vielmehr methodische und organisatorische Kompetenzen. Die Funktion einer Führungskraft kommt in der neuen Führungskultur demjenigen eines Coachs für die Mitarbeiter nahe. Genauso wie beim Coaching auf die individuellen Stärken und Schwächen des zu Coachenden eingegangen werden muss, hat ein Abteilungs- oder Referatsleiter seine Führungsintensität anzupassen. Ein Oberamtsrat, der sein Metier blind beherrscht, braucht beispielsweise keinen fachlichen Rat von seinem Referatsleiter. Aber die Führungskraft muss für die Kohäsion in seinem Referat sorgen, die möglicherweise von dem Oberamtsrat gestört wird, in dem er den jungen Referenten überhaupt nicht ernst nimmt. Dieser braucht wiederum eine intensive fachliche Betreuung von seinem Referatsleiter. Für eine bestimmte Zeit muss der Referatsleiter hier unter Umständen den „obersten Sachbearbeiter“ spielen und sämtliche Vorlagen des Berufseinsteigers gründlich überarbeiten. Generell sollte aber bereits die unterste Führungskräfteebene deutlich weniger operativ arbeiten als dies in den meisten Fällen heute der Fall ist. Daran anschließend stellt sich beinahe zwangsläufig die Frage, was eine Führungskraft macht, wenn sie deutlich weniger Facharbeit leistet. Dies ist die Frage nach dem Kern von Führung überhaupt. Folgende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, gibt aber Hinweise für die Beantwortung der Frage: -
Mitarbeiter auswählen, beurteilen und motivieren,
-
Ziele vereinbaren und Zielerreichung regelmäßig besprechen,
-
planen und entscheiden,
-
Hilfestellung bei der Problemlösung geben,
-
kommunizieren, delegieren und organisieren.
Konsequenterweise drängt sich die weitere Frage auf, was eine Führungskraft über das operative Geschäft wissen sollte. Diese Frage ist grundsätzlicher Natur und
21
Vgl. hier und nachfolgend die sehr gute Einführung von Rainer W. Stroebe, Grundlagen der Führung mit Führungsmodellen, 11. Aufl., Heidelberg 2002, 13-18. Ebenfalls empfehlenswert, da zugeschnitten auf die öffentliche Verwaltung: Georg Wolf, Dieter Draf, Leiten und Führen in der öffentlichen Verwaltung. Ein Handbuch für die Praxis, 5. Aufl., München, Berlin 1999.
FÜHRUNG
25
stellt sich für Führungskräfte in jeder Organisation. Sie wurde schon von Max Weber als Experten-Laien-Dilemma erkannt und wird heute als Prinzipal-AgentProblem diskutiert. Wer Abstand vom operativen Geschäft hat, besitzt weniger Informationen. Die Ministerialverwaltung hat den horizontalen und vertikalen Informationsfluss durch Dienstweg und Mitzeichnungsverfahren zu normieren versucht. Beides ist zum Teil inhaltsleerer Bürokratismus geworden. Dabei herrschen zwei Taktiken vor. Die einen verstopfen den Dienstweg mit Informationsmüll, während die anderen möglichst wenige Vorlagen produzieren und ihre Arbeitseinheit systematisch zu einer „black box“ machen. Die Reaktion der oberen Führungsebenen ist unterschiedlich: Manche fühlen sich durch ersteres Vorgehen gut informiert, andere bevorzugen den zuletzt beschriebenen Informationsfluss, weil dieser weder Arbeit noch Ärger verursacht. „Führung muss sich [jedoch, M.H.] auf Informationen stützen“22, und zwar im mittleren Umfang der beiden beschriebenen Varianten. Hierbei können Controller die Führungskräfte unterstützen, indem sie aus der Messung der Zielerreichung, den Daten der Kosten- und Leistungsrechnung sowie dem Budgetstand steuerungsrelevante Informationen aufbereiten.23 Jedes Ministerium sollte sich die Mühe machen, die neue Führungsphilosophie auszuformulieren. Dies muss kein isolierter Prozess sein, sondern kann im Rahmen eines allgemeinen Leitbildprozesses geleistet werden.24
2.3
Ziele-System
2.3.1
Balanced-Scorecard-Ansatz
Konzeptionelle Grundlage des Ziele-Systems sollte ein Balanced-ScorecardAnsatz25 sein, um den komplexen Zielen der Verwaltung gerecht zu werden. Mit diesem Instrument lässt sich relativ schnell eine umfassende Strategie und deren operative Umsetzung erarbeiten. Die Balanced Scorecard stellt durch mehrere Zie-
22
23 24 25
Siehe Walter Richter, Controlling und Berichtswesen, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 392-400, hier 393. Vgl. unten (Kap. 4.4). Vgl. unten (Kap. 2.3.3). Vgl. zur klassischen Balanced Scorecard: Robert S. Kaplan, David. P. Norton, Balanced Scorecard, aus dem Amerikanischen übersetzt von Peter Horvarth u. a., Stuttgart 1997. Vgl. zur Balanced Scorecard in der öffentlichen Verwaltung: Horvath & Partner, Balanced Scorecard umsetzen, 2. Aufl., Stuttgart 2001, 375-407.
26
FÜHRUNG
le-Perspektiven sicher, dass Controlling nicht zum Synonym für Kostenrechnung wird. So integriert sie auch „weiche Themen“, wie die Mitarbeiterzufriedenheit. Das Oberziel der Verwaltung liegt in der Erfüllung des gesetzlichen Auftrags und nicht wie bei privatwirtschaftlich geführten Unternehmen überwiegend in der Erhöhung der Rendite. Doch ebenso wie ein modernes Unternehmen heute nicht mehr nur nach der kurzfristigen Gewinnmaximierung gesteuert wird, sollte sich das Steuerungsinteresse in einem Ministerium nicht ausschließlich auf die Auftragserfüllung beschränken. Ein umfassender Steuerungsansatz integriert folgende vier Ziele-Perspektiven:
Auftragserfüllung
Wirtschaftlichkeit
Ziele
Mitarbeiterzufriedenheit
Adressatenorientierung Abb. 2: Die vier Ziele-Perspektiven Das Ziele-Schema greift den zentralen Grundgedanken der Balanced Scorecard auf, wonach in mehreren Perspektiven gesteuert werden soll. Die vier Zieleperspektiven stehen im Steuerungsprozess der öffentlichen Verwaltung jedoch niemals gleichberechtigt nebeneinander. An erster Stelle des Steuerungsinteresses der Führungskräfte stehen Informationen, die die Qualität und Quantität der Auftragserfüllung widerspiegeln. Kombiniert mit den Daten aus der KLR erhalten die Führungskräfte Auskünfte über den für die Auftragserfüllung benötigten Ressourceneinsatz und zur Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns. Die ZielePerspektive „Mitarbeiterzufriedenheit“ fördert den Kohäsionsprozess in den Refe-
FÜHRUNG
27
raten und Abteilungen sowie im gesamten Ministerium, während Ziele im Bereich der Adressatenorientierung den Dienstleistungscharakter betonen. Interne Adressaten sind für die Zentralabteilung insbesondere die Fachabteilungen, während externe Adressaten eines Ministeriums beispielsweise Parlamentarier, andere Ressorts oder Gebietskörperschaften sind. Im Unterschied zu den Kommunen ist die Bürgernähe kein dominierendes Ziel der Ministerialverwaltung. Zu einer klassischen Balanced Scorecard gehört es, Ursache-Wirkungs-Ketten zwischen den Ziele-Perspektiven aufzustellen. Diese würden jedoch die komplexe ministerielle Arbeit nur unzureichend abbilden und verursachen einen unverhältnismäßig hohen Aufwand, ohne einen zusätzlichen Nutzen erkennen zu lassen. Nach dem hier skizzierten Modell werden deshalb separate Ziele zu jeder einzelnen Perspektive definiert. Der neben der Steuerung in mehreren Perspektiven zweite zentrale Grundgedanke der Balanced Scorecard besteht in der Umsetzung der Strategie in operative Ziele und wird nachfolgend erläutert.
2.3.2
Ziele-Arten
Um das Ziele-System übersichtlich und nachvollziehbar zu gestalten, sollten in einem Ministerium ausschließlich strategische und operative Ziele definiert werden. Erfahrungsgemäß werden Maßnahmen, also die dritte Ebene eines Zielesystems, nicht dauerhaft gepflegt. Die Beschäftigen gewinnen schnell den Eindruck, dass mit der Darstellung der Maßnahmen ein „overkill“ einsetzt. Ein flächendekkendes Maßnahmenverfolgungssystem würde ein Ziele-System unweigerlich aufblähen. Die strategischen Ziele zeigen an, was ein Ministerium in den nächsten fünf bis zehn Jahren erreichen möchte. Die operativen Ziele setzen die Strategie um, beziehen sich daher grundsätzlich auf einzelne strategisches Ziele. Sie sollten zeitlich auf ein Jahr befristet sein. Nur die Zielerreichung der operativen Ziele wird in Form von Messgrößen gemessen. Da längst nicht alle operativen Ziele Projektcharakter besitzen und sich innerhalb eines Jahres erreichen lassen, kann nach Ablauf der Jahresfrist ein Ziel ins nächste Jahr übernommen werden. Um eindeutige Prioritäten zu setzen, können die Ziele nach Wichtigkeit geordnet werden, was erfahrungsgemäß nicht leicht fällt. Die noch schwieriger durchzuführende prozentuale Gewichtung ist im ministeriellen Kontext nicht adäquat. Eine Prozentangabe würde zwar (scheinbar) eindeutige Zahlen liefern und einem Controlling entsprechen, wie es in Unternehmen praktiziert wird. Beispielsweise wäre es controllinggerecht, wenn präzise angegeben werden könnte, zu wieviel Prozent
28
FÜHRUNG
die jeweiligen operativen Ziele das übergeordnete strategische Ziel erfüllen. Die Prozentangaben müssten jedoch auf Schätzungen basieren und würden daher nur eine Scheingenauigkeit liefern. Der inhaltlichen Komplexität der ministeriellen Aufgaben könnte diese Lösung nicht gerecht werden.
2.3.3
Ziele-Ebenen
Ein Ministerium besitzt typischerweise folgende Ziele-Ebenen: Leitbild, Ziele der Hausleitung, Abteilungsziele, Referatsziele und ggf. Ziele des Geschäftsbereichs.
Ziele der Hausleitung
Abteilungsziele
Referatsziele
Geschäftsbereich
Abb. 3: Ziele-Ebenen in einem Ministerium
Das Leitbild26 ist mehr als eine Ziele-Ebene. Es stellt den Rahmen für sämtliche Ziele dar. Die Einbettung in das Ziele-System ermöglicht die systematische Um26
Vgl. allgemein Volker Belzer (Hg.), Sinn in Organisationen? Oder: Warum haben moderne Organisationen Leitbilder?, München u. a. 1995 sowie Rick Vogel, Leitbilder und ihre Grenzen, in: Verwaltung und Management 9 (2003), 96-98.
FÜHRUNG
29
setzung des Leitbilds. Andernfalls läuft es die Gefahr, nur die Funktion eines Feigenblatts zu erfüllen nach dem Motto: „Wir haben ein Leitbild, also sind wir modern!“. Viele Leitbilder sind in schicke Hochglanzbroschüren verpackt, die vorrangig der Außendarstellung dienen und den Charakter einer Politikagenda zur medialen Vermarktung besitzen. Ein Leitbild sollte jedoch vor allem nach innen wirken. Allerdings lauert hier eine andere Gefahr: Organisationen, für die ein Leitbild mehr als Marketing ist, legen den Leitbildprozess häufig nicht stringent genug an. Entweder wird das Leitbild im Zuge einer übertriebenen Konsensfindung zu oberflächlich oder es droht die Selbstzerfleischung. Ein geeignetes Vorgehensmodell besteht in der Einsetzung einer hierarchie- und geschlechterübergreifenden Arbeitsgruppe mit dem Auftrag, einen Leitbildentwurf zu erarbeiten. Sinnvollerweise setzt sich die AG Leitbild zusammen aus einem/einer Vertreter/in -
pro Abteilung,
-
des Leitungsstabs und
-
der Interessenvertretungen.
Dieses Repräsentationsmodell gewährleistet eine zügige Erarbeitung des Leitbilds und unterscheidet sich von breiter angelegten Leitbildprozessen. Da das Leitbild in ein umfassendes Steuerungssystem integriert ist, kommt der Partizipation bei seiner Erstellung längst nicht die Bedeutung zu wie bei einem eigenständigen Leitbildprozess. Dennoch sollten sämtliche Beschäftigte die Möglichkeit haben, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums Verbesserungen zum Leitbildentwurf vorzuschlagen. Anschließend wird der Leitbildentwurf von der Leitung diskutiert, ggf. modifiziert und im Rahmen von Informationsveranstaltungen den Beschäftigten vorgestellt. Ein Leitbild besteht aus vier Elementen: -
Der Vision,
-
der Mission (Formulierung des Auftrags),
-
den Ziele-Perspektiven der Balanced Scorecard und
-
dem Selbstverständnis.
30
FÜHRUNG
Unser Traumziel und Leitstern... Unser Auftrag...
Wir wollen erreichen... Wir wollen sein...
Vision
Mission
ZielePerspektiven
Selbstverständnis
Abb. 4: Die vier Elemente eines Leitbildes Auf folgende Fragen sollte ein gutes Leitbild antworten: -
Wofür wollen wir stehen?
-
Welche Werte sollen unser Handeln prägen?
-
Welches Verhalten wollen wir fördern?
-
Was soll uns auszeichnen?
-
Welche Leistungen wollen wir anbieten?
-
Welche übergeordneten Ziele und Erfolgsmaßstäbe wollen wir uns setzen?
Die Beantwortung dieser Fragen verlangt eine gründliche Analyse des Status quo. Typischerweise hinterfragen am Anfang viele Beschäftigte den Sinn eines Leitbilds. So wird innerhalb eines Ministeriums häufig eingewendet, dass „wir doch hoheitlich arbeiten“ und „wir ohnehin einen gesetzlichen Auftrag haben“. Die beiden Aussagen sind zweifellos richtig, beinhalten jedoch keine Argumente gegen ein Leitbild. Selbstverständlich ist der gesetzliche Auftrag die Daseinsberechtigung eines Ministeriums, doch macht dieser in der Regel keine Aussage über das „Wie“ der Auftragserfüllung. Und hoheitliches Arbeiten findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern bedarf genauso einer Orientierung wie jede andere Arbeit auch. Ist das Leitbild erarbeitet, bleiben nicht wenige Ministerialbeamte bei ihrer Ablehnung mit folgenden Argumenten:
FÜHRUNG
-
31
„Das Leitbild ist völlig utopisch. So eine Vision hat überhaupt keinen Wert.“ „Was im Leitbild steht, machen wir ohnehin schon. Das sind doch Selbstverständlichkeiten.“
Diese Argumentation, die widersprüchlicher kaum sein könnte, besitzt immerhin heuristischen Wert; denn in dem Spannungsfeld zwischen Vision und Selbstverständlichkeit muss sich ein gutes Leitbild bewegen. Das Leitbild sollte insbesondere Aussagen zu den Ziel-Perspektiven „Mitarbeiterzufriedenheit“ und „Adressatenorientierung“ treffen, da erfahrungsgemäß hierzu das Definieren von Zielen besonders schwer fällt. Das Abstraktionsniveau muss im Übrigen hoch sein, damit sich alle Beschäftigten im Leitbild wiederfinden können. Die Ziele der Hausleitung sind unverzichtbarer Bestandteil eines Ziele-Systems. Gerade die einheitliche strategische Ausrichtung eines Ministeriums verspricht mittelfristig große Qualitäts- und Effizienzsteigerungen. Die Hausleitung sollte grundsätzlich ausschließlich strategische Ziele festlegen. Die Operationalisierung der Strategie findet auf Abteilungsebene statt. Die Abteilungen leiten aus den Zielen der Hausleitung und den strategischen Zielen, die sie zusätzlich definieren, operative Ziele ab. Die Referatsziele bestehen aus den auf die Referatsebene heruntergebrochenen Abteilungszielen und den referatsspezifischen Zielen. Die Referate können demnach eigene operative Ziele definieren. Dies verdeutlicht, dass das Ziele-System auch für die Arbeitsebene ein Instrument der Selbststeuerung ist. Zudem wird so das mitunter heterogene Aufgabenspektrum innerhalb einer Abteilung mit Zielen unterlegt. Um das Ziele-System übersichtlich zu gestalten und der überwiegend operativen Aufgabenstellung gerecht zu werden, sollten die Referate ausschließlich operative Ziele definieren. Aus dem Vorstehenden ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen den ZieleEbenen und den Ziele-Arten:
32
FÜHRUNG
Art Ebene
strategisch
Hausleitung
Ziel
Abteilung
Ziel
operativ
Referat
Ziel
Ziel
Abb. 5: Zusammenhang zwischen Ziele-Ebenen und Ziele-Arten Aus der Abbildung wird deutlich, dass ausschließlich die Abteilungen sowohl strategische als auch operative Ziele definieren. Dies wird ihrer wichtigen Mittlerfunktion zwischen der strategisch agierenden Hausleitung und den operativ arbeitenden Referaten gerecht.27 Wenn die nachgeordnete Verwaltung und die zugeordneten öffentlichen Unternehmungen aus dem Ministerium heraus gesteuert werden, bietet es sich an, auch Ziele des Geschäftsbereichs zu definieren. Die erste zu klärende Frage besteht darin, welche ministerielle Ebene den nachgeordneten Bereich steuert bzw. sinnvollerweise steuern sollte. Erstaunlicherweise ist dieser Kernprozess in vielen Ministerien weder in seinen Abläufen noch in den Verantwortlichkeiten geklärt. In der Regel sollte die Abteilungsleitung die nachgeordneten Behörden steuern. Die Referate unterstützen dabei, haben aber nicht selbst die Steuerung zu übernehmen, da es sonst zu einer Detailsteuerung kommt. Zudem bestünde die Gefahr von Fachbruderschaften zwischen der Arbeitsebene des Ministeriums und des Geschäftsbereichs. Die interne Steuerung der nachgeordneten Behörde ist die Kernaufgabe des Behördenleiters, dessen Hauptansprechpartner der Abteilungsleiter des Ministeriums ist. Damit ist der adäquate Weg zur Steuerung des nachgeordneten Bereichs
27
In sehr großen und heterogen zusammengesetzten Bundesministerien kann es sich als sinnvoll erweisen, dass auch die Referate strategische Ziele definieren.
FÜHRUNG
33
aufgezeigt. Abteilungsleiter (oder Staatssekretär) schließen mit der obersten Führungskraft der nachgeordneten Verwaltung bzw. des Unternehmens eine Zielvereinbarung. Deren Struktur gleicht dem Ziele-System innerhalb des Ministeriums, umfasst also mehrere Ziele-Perspektiven sowie strategische und operative Ziele einschließlich der Messgrößen. Wenn die Ziele eindeutig definiert sind, dürften die Messgrößen leichter zu definieren sein als auf der ministeriellen Ebene, da sich die Leistung nachgeordneter Behörden und Unternehmungen leichter quantifizieren lässt. Optimal wäre es, wenn im Rahmen der Zielvereinbarung zusätzlich das Budget der nachgeordneten Behörde festgelegt würde. Die Zielerreichung (einschließlich Budgetstand) ist quartalsweise zu berichten und mindestens halbjährlich zu besprechen. Diese Berichtspflicht und ein gewisser Autonomieverlust, da derzeit viele nachgeordneten Behörden und Unternehmungen von der ministeriellen Ebene de facto überhaupt nicht gesteuert werden, ist der Preis für den Wegfall der potentiellen Detailsteuerung seitens des Ministeriums. Individuelle Zielvereinbarungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern können das Ziele-System ergänzen, dürfen jedoch nicht Gegenstand von Controlling sein. Für zusätzliche Zielvereinbarungen kommt vor allem die Referatsebene in Betracht, da die auf Haus- und Abteilungsebene definierten Ziele bereits den personenbezogenen Vereinbarungscharakter besitzen. So sind beispielsweise für die Erfüllung der Ziele der Hausleitung die einzelnen Abteilungsleiter verantwortlich, während dies bei den Abteilungszielen in der Regel die Referatsleiter sind. Hinzu kommt, dass der Prozess der Ziele-Definition im Gegenstromverfahren28 läuft und damit den Vereinbarungscharakter deutlich betont. Die individuellen Zielvereinbarungen zwischen Referatsleiter und dem jeweiligen Referatsangehörigen orientieren sich an den definierten Referatszielen und legen fest, in welchem Ausmaß der jeweilige Mitarbeiter zur Zielerreichung seines Referates beitragen kann. Es bietet sich an, die Zielvereinbarung im Rahmen des Mitarbeitergesprächs abzuschließen. Die in vielen Ministerien vorgeschriebenen Mitarbeitergespräche, die häufig den Charakter einer lieblos durchgeführten Formalie besitzen, könnten in dieser Form eine stärkere inhaltliche Ausrichtung gewinnen.29
28 29
Vgl. unten (Kap. 2.4). Vgl. Karin Tondorf, Reinhard Bahnmüller, Helmut Klages, Steuerung durch Zielvereinbarungen, 24f.
34
FÜHRUNG
2.4
Ziele-Regelkreis
Bereits vor 29 Jahren stellte der Ltd. Regierungsdirektor Dr. Siegfried Böttcher von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung fest, dass „meistens ... zu spät geprüft [werde, M.H.], ob und inwieweit Ziele, soweit sie überhaupt klar formuliert waren, erreicht werden konnten“.30 In seiner brillanten und nach wie vor geltenden Analyse sprach Böttcher von „nur mangelhaft funktionierenden Planungs-, Entscheidungs-, Durchführungs- und Überprüfungsprozesse in Richtung auf klare Ziele und Ergebnisse“.31 Zur Verbesserung dieser Prozesse schlug Böttcher die Einführung eines „Managementzyklus“ vor, der im Kern dem nachfolgend vorgestellten Ziele-Regelkreis entspricht. Der Regelkreis der Ziele setzt sich aus drei Phasen zusammen: » Zieledefinition einschließlich des Setzens von Plan-Werten, » Messung der Zielerreichung durch Erfassen der Ist-Werte, » Berichtswesen mit einem Plan-Ist-Vergleich, ggf. mit Einleiten von Maßnahmen zur Gegensteuerung.
30
31
Siehe Siegfried Böttcher, „Führung durch Ziele“ und die öffentliche Verwaltung, in: Verwaltung und Fortbildung 2/1974, 31-42, hier 32. Siehe ebenda.
35
FÜHRUNG
Zieledefinition ZieleRegelkreis
Messung der Zielerreichung
ZielerreichungsKontrolle im Berichtswesen Abb. 6: Ziele-Regelkreis Der Prozess der Zieldefinitionen zwischen den Hierarchieebenen verläuft im Gegenstromverfahren. Für die Definition der Hausziele empfiehlt sich folgendes Verfahren: -
-
Strategieklausur I: Erarbeitung der strategischen Ziele des Ministeriums durch die Hausleitung, eventuell bereits gemeinsam mit den Abteilungsleitern, Strategieklausur II: Abstimmung der hausweiten Ziele zwischen der Hausleitung und sämtlichen Abteilungsleitern.
Die Abteilungen definieren ihre jeweiligen Ziele ebenfalls im Gegenstromverfahren: -
-
-
Führungsklausur I: Definition der Abteilungsziele durch Abteilungsleitung oder durch sämtliche Führungskräfte der Abteilung, Referatsworkshops: Definition der Referatsziele und Überarbeitung der Abteilungsziele durch sämtliche Referatsangehörige, Führungsklausur II: Abschließende Definition der Abteilungsziele durch sämtliche Führungskräfte der Abteilung.
Auf allen Ebenen gilt es, die Ziele „SMART“ zu definieren:
36
FÜHRUNG
S
=
specific (konkret, klar)
® klare und verständliche Formulierungen
M
=
measurable (messbar)
® mit (geeigneten) Messgrößen
A
=
accountable (zurechenbar)
® mit personifizierter Verantwortung
R
=
realistic (erreichbar)
® mit realistischer Zielerreichungsmöglichkeit
T
=
timebased (zeitlich definiert)
® mit Zeitvorgaben
Abb. 7: SMART definierte Ziele Ziele klar und verständlich zu formulieren, ist leichter gesagt als getan. Gerade Verwaltungsjuristen neigen dazu, kompliziert zu formulieren und stets Nebenbedingungen, wie „unter besonderer Berücksichtigung von...“, aufnehmen zu wollen. Nicht selten entstehen daher Ziele, die sich über mehrere Zeilen erstrecken und an einen Gesetzestext erinnern. Dies ist durch eine gute Moderation zu verhindern. Erfahrungsgemäß kann nicht oft genug betont werden, dass die Zielformulierungen weder in Stein gemeißelt noch für externe Adressaten gedacht sind. Zudem muss der Moderator sicherstellen, dass die Ziele nicht zu defensiv und zu tätigkeitsorientiert formuliert werden. Ziele, die beispielsweise mit „Mitwirkung an...“ anfangen, sind meistens schlechte Ziele; denn das Ziel besteht in der Regel nicht in der Mitwirkung. Zwei Kontrollfragen eignen sich gut für die Zieledefinition: -
Kann die Organisationseinheit die Zielerreichung beeinflussen?
-
Handelt es sich wirklich um ein Ziel oder eher um eine Tätigkeit?
Wichtig ist, dass nicht für sämtliche Aktivitäten Ziele definiert werden. Ein ZieleSystem bezweckt nicht die Zeiterfassung, sondern die Sicherung oder Steigerung der Qualität. Wenn Tätigkeiten nicht mit Zielen hinterlegt werden, darf man daraus nicht zwangsläufig ableiten, dass diese nur von sekundärer Bedeutung sind. Es kann ebenso meinen, dass diese Tätigkeiten einfach gut und glatt laufen und daher keine eigene Zielformulierung brauchen. Die größte Schwierigkeit bei der Ziele-Definition besteht nicht in dem Formulieren der Ziele, sondern in dem Finden geeigneter Messgrößen. In Ministerien sind quantitative Messgrößen häufig wenig sinnvoll. Da jedes Konzept, jeder Gesetzentwurf und sogar jede Stellungnahme einen singulären Charakter besitzen, bringt die schlichte Zählung in den meisten Fällen nichts. Das heißt jedoch nicht, dass sich quantitative Messgrößen in einem Ministerium überhaupt nicht eignen, wie folgende Aufzählung verdeutlicht: -
Anzahl der in den letzten drei Jahren federführend gestalteten Gesetze, die geändert werden müssen,
FÜHRUNG
-
-
-
37
Anzahl der federführend gestalteten Gesetzgebungsvorhaben, die überwiegend Einzelfälle regeln, Anzahl der federführend gestalteten Gesetzgebungsverfahren, in denen Verbände nicht ausreichend beteiligt werden, Anzahl der Gesetzgebungsvorhaben, an denen das eigene Ministerium nicht fristgerecht beteiligt worden ist.
Die beliebte These, dass die Qualität ministerieller Arbeit nicht messbar sei, wird durch diese Messgrößen partiell widerlegt. Absichtlich wurden Messgrößen ausgewählt, die auf die vornehmste Aufgabe eines Ministeriums zielen, nämlich der Vorbereitung der Gesetzgebung. Müssen laufend Gesetze nachgearbeitet werden, wie es das erste Beispiel zu zeigen vermag, wirft dies kein gutes Licht auf die handwerkliche Qualität. Auch der Hinweis, dass die beratungsresistenten Parlamentarier „Schuld“ hätten, vermag nicht zu überzeugen. Möglicherweise ist bereits im Referentenentwurf der Keim des Nacharbeitsbedarfs angelegt gewesen. Sollten die Fehler erst im parlamentarischen Verfahren hineingekommen sein, muss sich das federführende Ministerium selbstkritisch fragen, warum sein Einfluss bei den Abgeordneten offensichtlich nicht ausgereicht hat, um dies zu korrigieren. Die zweite Messgröße misst ebenfalls die Qualität der Gesetzgebungsarbeit; denn Gesetze sollten grundsätzlich keine Einzelfälle regeln. Die Qualität der Gesetzgebung leidet ferner daran, wenn Verbände, andere Ressorts oder im Falle der Bundesgesetzgebung die Länder nicht ausreichend beteiligt werden, da diese Beteiligungen den Charakter einer Qualitätssicherung besitzen. Die zuvor genannten Messgrößen besitzen eine relativ hoch aggregierte Ebene, da sie die Gesetzgebungsarbeit in ihrer Gesamtheit betrachten. Selbstverständlich ist es in einem Ziele-System auch möglich, ein einzelnes Gesetz als Ziel zu definieren. Als Messgröße bietet sich zunächst die Zeitvorgabe einschließlich definierter Meilensteine an. Die Steuerung der zeitlichen Abläufe ist zweifellos wichtig, jedoch die klassische Aufgabe eines Kabinetts- oder Koordinierungsreferats, so dass der Mehrwert des Ziele-Systems nicht unbedingt deutlicht wird. Spannender, allerdings auch schwieriger ist es, qualitative Messgrößen für ein einzelnes Gesetz zu finden. Das liegt häufig daran, dass die inhaltlich-politischen Vorgaben vage sind. Doch selbst wenn diese unmissverständlich formuliert sind, ergibt sich ein Messproblem. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Die Gemeindefinanzreform mit dem Ziel einer Entlastung der Kommunalfinanzen war im Jahre 2003 durch den Bundeskanzler eindeutig gesetzt worden und wurde sowohl von den Mehrheitsfraktionen als auch von der Opposition unterstützt. Doch selbst wenn die Gemeindefinanzreform zustande gekommen und nicht im politischen Kräftefeld von Kommissionen, Verbänden, Ministerialbürokratie und Bundesrat gescheitert wäre, hätte es Schwierigkeiten gegeben, die Entlastung für die Kommunen eindeu-
38
FÜHRUNG
tig zu messen. Was abstrakt leicht klingt, nämlich die Quantifizierung in Euro, ist in der Realität aufgrund komplexer Ursache- und Wirkungs-Beziehungen kaum zu bestimmen. Allein die Frage, ob das Aufkommen der Gewerbesteuer wegen der gesetzlichen Maßnahme oder der anziehenden Konjunktur steigt, lässt sich nur schätzen. In den meisten Fällen können nur gründliche Gesetzesfolgenabschätzungen (ex ante) und genuine Evaluationen (ex post) die Auswirkungen von gesetzlichen Maßnahmen bestimmen und damit Auskunft über die Zielereichung geben. Erschwerend kommt hinzu, dass Maßnahmen des Gesetzgebers häufig erst nach einem erheblichen „time lag“ Wirkung zeigen. Da jedoch nur die Zielerreichung operativer Ziele gemessen wird, entsteht ein kaum zu lösendes Dilemma. Die Messung der strategischen Ziele kann dieses Problem nicht lösen, da über einen mehrjährigen Zeitraum Ursache und Wirkungen erst recht nicht zu bestimmen sind, ganz zu schweigen von den nicht intendierten Nebenwirkungen, die häufig von größerer Bedeutung sind als die intendierten. Den Outcome zu messen, ist bereits im relativ überschaubaren kommunalen Bereich nicht leicht und fällt aufgrund der aufgezeigten Problematik bei ministeriellen Tätigkeiten deutlich schwerer. Folglich muss sich ein Ziele-System in erster Linie auf den ministeriellen Output konzentrieren, womit im Vergleich zum Status quo allerdings bereits viel gewonnen wäre. Was sich jedes Ministerium zum Ziel setzen kann, ist die Anzahl der Gesetzesfolgenabschätzungen und Evaluationen zu steigern und deren Methodik zu verbessern.32 Bei Zielen einer überwiegend konzeptionell arbeitenden Abteilung ist die Selbsteinschätzung eine adäquate Messgröße.33 Das verantwortliche Referat für das Ziel, ein Konzept zu einer bestimmten Thematik bis zum dritten Quartal zu erarbeiten, hat beispielsweise zwei Ampeln zu stellen. Die erste und relativ einfach zu stellende Ampel bezieht sich darauf, ob der Zeitpunkt der Fertigstellung einzuhalten ist. Kann der Referatsleiter bereits im Mai absehen, dass sein Referat das Konzept nicht bis zum dritten Quartal vorlegen kann, muss die erste Ampel auf „rot“ gestellt werden. Die zweite Ampel ist eine Selbsteinschätzung zur Qualität des Konzepts. Hier kann unterschieden werden zwischen der fachlichen Qualität und der Art und Weise der Aufbereitung. Die Selbsteinschätzung des Referates muss im nächsten Schritt mit dem Abteilungsleiter und idealerweise auch mit dem Staatssekretär diskutiert werden. Es gilt insbesondere zu diskutieren, ob die von der Arbeitsebene angenommenen Prämissen des Konzepts von der Leitungsebene geteilt werden und ob die Aufbereitung gefällt. Es geht also um ein institutionalisiertes Feedback, welches verhindern soll, dass die Referate das Gefühl haben, für den
32 33
Vgl. unten zur Gesetzesfolgenabschätzung (Kap. 8). Vgl. Tony Bovaird, Elke Löffler, Quality managements in public sector organizations, in: Tony Bovaird, Elke Löffler (Hg.), Public Management and Governance, London und New York 2003, 137-148, hier 147.
FÜHRUNG
39
Papierkorb zu arbeiten, und die Haus- und Abteilungsleitung die Vorlagen nur konsumierend und eventuell kopfschüttelnd beiseite legen. Bei Zentralabteilungen und eher operativ oder stark projektorientiert tätigen Abteilungen und Referaten fällt die Messung der Zielerreichung weit leichter als in reinen Gesetzgebungs- oder Grundsatzbereichen. Hier dominieren quantitative Messgrößen sowie Ampeln, die den Projektfortschritt anzeigen. Die Messgrößenproblematik bei der Ziel-Perspektive „Mitarbeiterzufriedenheit“ kann in Form einer Mitarbeiterbefragung gelöst werden. Im Rahmen der Ziele-Definition ist das Referat zu benennen, das für die Zielerreichung verantwortlich ist, also die federführende Kompetenz besitzt. Generell ist darauf zu achten, dass nur erreichbare Ziele definiert werden. Das heißt die Ziele dürfen weder inhaltlich zu ehrgeizig sein, noch zu hohe Plan-Werte erhalten. Allerdings besteht die Gefahr, dass Selbstverständlichkeiten formuliert werden, wie die Einhaltung des geltenden Rechts und der Verfassung. Eine hundertprozentige Zielerreichung erreicht man zweifellos am leichtesten, indem man die Zielsetzung niedrig hängt. Dies ist die Taktik vieler Referatsleiter, die damit das Steuerungssystem aushebeln wollen. Die Kunst des Abteilungsleiters besteht darin, diese Taktik nicht zu akzeptieren, aber gleichzeitig auch nicht zu ehrgeizige Ziele zu setzen. Ferner darf es im Überschwang der Ziele-Definition nicht zu einer Inflation an Zielen kommen. So kann ein Referat unmöglich Dutzende von Zielen zur gleichen Zeit verfolgen. Ziele, die keinen „Ewigkeitscharakter“ besitzen, sind eindeutig zu terminieren. Überschreitet der Zeitraum ein halbes Jahr, sollte über die Festlegung sogenannter Meilensteine nachgedacht werden. Ist der Prozess der Ziele-Definition abgeschlossen, fragen die Controller regelmäßig den Stand der Zielerreichung ab. Dieser definiert sich als Ist-Wert der Messgrößen und sollte auf allen Ebenen mindestens quartalsweise besprochen werden. Im Rahmen der Diskussion der Ziele-Berichte bieten sich intensive FeedbackRunden zwischen politischer Leitung und dem Verwaltungsapparat an, um die bestehenden kommunikativen Defizite abzubauen. Die Rolle der Hausleitung ist dabei von zentraler Bedeutung für den gesamten Ziele- und Reformprozess. Arbeitet die Leitung zielorientiert und drängt das Übergewicht der Außentermine sowie des Tagesgeschäfts zurück, strahlt dies positiv auf sämtliche Beschäftigte aus. Die Abteilungsleiter stehen nicht weniger in der Pflicht: Besprechen sie regelmäßig den Stand der Zielerreichung mit ihren Referatsleitern und vielleicht sogar in Form von Abteilungsbesprechungen mit sämtlichen Beschäftigten, wird das Führen mit Zielen bald zur Selbstverständlichkeit und positive Effekte erzielen. So verbessern sich die Kommunikations- und Reflexionsprozesse erheblich. Dieses wird allerdings schwer zu quantifizieren sein, da die Kausalität zwischen einer besseren
40
FÜHRUNG
Steuerung und einer in der Qualität gestiegenen Facharbeit nicht eindeutig zu messen ist. Selbst wenn die Wechselwirkung objektiv zu belegen wäre, würde beispielsweise der Referent das reibungslos gelaufene Gesetzgebungsverfahren nicht auf die gelungene Steuerung seitens seiner Führungskräfte zurückführen, sondern auf die hohe Qualität des von ihm erarbeiteten Gesetzentwurfs. Ein weiterer nicht quantifizierbarer Mehrwert des Führens mit Zielen liegt in der präventiven Problemvermeidung und im frühzeitigen Gegensteuern. Ferner lassen sich bei einer drohenden oder tatsächlich eingetretenen Zielverfehlung eine Objektivierung und Entemotionalisierung erreichen, da es nicht mehr um die Suche nach den Schuldigen geht, sondern um die sorgfältige Analyse der Ursachen und der Einleitung von Gegenmaßnahmen.34 Für das aktive Gegensteuern existieren im Wesentlichen folgende Möglichkeiten:
Ziel modifizieren, ggf. aufgeben
Ressourceneinsatz erhöhen
Gegensteuern bei Abweichung
Motivieren
Verantwortlichkeit neu regeln Abb. 8: Möglichkeiten des Gegensteuerns bei drohender Zielverfehlung
34
Vgl. Peter Baier, Führen mit Controlling, 2. Aufl., Regenburg, Berlin 2002, 84.
FÜHRUNG
41
Die erste Möglichkeit des Gegensteuerns zeigt, dass ein Ziele-System flexibel sein muss. Innerhalb eines Jahres können sich die politischen Rahmenbedingungen und damit auch die Prioritäten stark ändern. Beispielsweise war der BSE-Skandal so ein Ereignis, auf das ein Ziele-System umgehend zu reagieren hat. Eine geradezu klassische Reaktion auf drohende Zielverfehlung besteht darin, den Ressourceneinsatz zu erhöhen. Die Herausforderung für die Führungskräfte ist dabei, schnell zu reagieren, also Personal innerhalb der Abteilung oder des Referates umzuschichten und nicht mit der Zentralabteilung in langwierige Verhandlungen über zusätzliches Personal einzutreten. Angesichts der Haushaltslage dürfte diese Taktik ohnehin wenig erfolgversprechend sein. Die dritte Möglichkeit der Gegensteuerung kostet außer der Überwindung, ein Lob auszusprechen, gar nichts. Die Motivation sowie die bewusst unterlassene Demotivation ist die hohe Kunst der Personalführung, jedoch weniger schwierig als vermutet. Bereits der Händedruck des Ministers, die Mitnahme bei einer Besprechung mit dem Staatssekretär oder die ernsthaft gemeinte Anerkennung durch den Abteilungs- oder Referatsleiter motivieren einen Sachbearbeiter ungemein. Ein völlig probates Mittel, ein Ziel zu erreichen, besteht darin, die Verantwortlichkeit neu zu regeln. Dies verlangt zweifellos eine harte Entscheidung und hat fast unweigerlich einen Konflikt zur Folge. Wenn der Verantwortliche oder das gesamte Referate überfordert ist, muss dieser Schritt als ultima ratio vollzogen werden. Wie in allen Phasen des Ziele-Regelkreises werden die Führungskräfte bei der Einleitung von Maßnahmen zur Gegensteuerung durch die Controller unterstützt. Die inhaltliche Verantwortung tragen jedoch die Führungskräfte, was selbstverständlich auch für das Definieren der Ziele, die Messung der Zielerreichung und das Besprechen der von den Controllern verteilten Berichte gilt.
43
3
Personal
3.1
Analyse des Status quo
Der Status quo lässt sich schnell zusammenfassen: In den meisten Ministerien wird das Personal ausschließlich verwaltet. Es findet keine Personalentwicklung statt, selbst wenn ein Personalentwicklungskonzept vorhanden ist. Investitionen im Personalbereich werden nur zurückhaltend getätigt. Statt einer systematischen Qualifizierung und Förderung der Beschäftigten heißt es: „Die Leute sind ja ohnehin da.“ Dies passt gut zur Argumentation der „Eh-da-Kosten“ beim Personal. So wird gefragt: „Was lohnt eine Kostentransparenz, also beispielsweise die Einberechnung der Pensionslasten, wenn Beamte nicht gekündigt werden können. Ist der Ausweis in Euro überhaupt sinnvoll, wenn nur die Anzahl der Stellen (und Dienstposten) gesteuert werden kann?“ Seitdem der Finanzdruck auch die ministerielle Ebene erreicht hat, bedeutet Personalplanung vor allem Stellenabbau. Die schematische Reduzierung von Stellen war in den ersten Jahren zumindest dann einfach, wenn der Stellenplan nicht ausfinanziert war und einfach Luft abgelassen werden konnte. In der Zwischenzeit behelfen sich viele Ministerien mit temporären Geschäftsaushilfen aus dem nachgeordneten Bereich, die nicht im Stellenplan geführt werden müssen. Die ebenfalls praktizierte Alternative besteht darin, dass Aufgaben an die nachgeordneten Behörden abgeschichtet werden. Für eine Optimierung der Geschäftsprozesse oder für eine genuine Aufgabenkritik, in der Aufgaben ganz wegfallen, finden sich nur wenige ministerielle Beispiele. Es zählt nur, dass die jährliche Stellenabbauquote erfüllt werden kann. Mit Wirtschaftlichkeit hat das wenig zu tun, mit einer langfristigen Personalplanung sogar überhaupt nichts. Ebenso problematisch wie die fehlende Personalentwicklung und -planung ist die Personalauswahl.35 Die Ministerialverwaltung reproduziert sich selbst. Entscheidende Einstellungsvoraussetzung sind gute Noten, am besten juristische Prädikatsexamina. Die soziale Kompetenz wird vernachlässigt. Intensive Werbung oder aktive Personalsuche werden nicht praktiziert. Man verlässt sich auf die eingehenden Bewerbungen. Dabei ist zu vermuten, dass sich vor allem ein bestimmter Perso-
35
Vgl. allgemein Harald Krusekamp, Die Bestenauslese wird ihrem Anspruch nicht gerecht, in: innovative Verwaltung 4/2003, 31-34, hier 31.
44
PERSONAL
nentyp für die Ministerialverwaltung bewirbt.36 Dieser Typ schätzt die Sicherheit des Beamtenstatus und arrangiert sich bereits nach wenigen Wochen Einarbeitungszeit mit den bestehenden Strukturen. Den häufig proklamierten „war for talents“ werden die Ministerien mit dieser Art der Personalrekrutierung sicherlich verlieren, obwohl sie aufgrund der sich abzeichnenden gesellschaftlichen Herausforderungen „high potentials“ dringender denn je benötigen. Die Auswahl der Führungskräfte schließt sich nahtlos an die problematische Personalauswahl an. Referatsleiter wird, wer nach dem Dienstalter an der Reihe ist und/oder über Expertenwissen verfügt. Nur wenige Ministerien verfolgen für diese Funktion eine systematische Vorbereitung oder Ausbildung im Rahmen einer langfristigen Personalplanung. Die unterste Führungsebene ist der eigentliche Karrieresprung für einen Ministerialbeamten und gelingt häufig erst nach zwanzig Jahren Verwaltungszugehörigkeit. In dieser Ochsentour durch den höheren Dienst verlieren viele Referenten jeglichen Gestaltungswillen. Wer sich jahrelang arrangiert hat, wird nicht über Nacht zum Innovator. Und wer sich zuvor nicht arrangiert hat, gilt als Querulant und wird daher nicht befördert. Führungsfunktionen werden als Belohnung und nicht als Leistungsanreiz verstanden. Die Führungskräfteauswahl verdeutlicht das als kritisch zu bewertende Phänomen der linearen Karrieren. Der Aufstieg in einem Ministerium ist im Regelfall völlig geradlinig. Die Führungskräfte haben selten in einer anderen Behörde oder gar außerhalb des öffentlichen Dienstes gearbeitet und können daher keine Vergleiche mit anderen Organisationen ziehen. Sie wissen nicht, welche Arbeitsabläufe einschließlich der Führungsthematik anderswo besser oder schlechter sind. Damit fehlt ein zentrales Lernelement.
3.2
Personalmanagement
An die Stelle der ausschließlichen Verwaltung des Personals sollte ein aktives Personalmanagement treten. Dieses besteht aus den drei Elementen PersonalControlling, Personalentwicklung und langfristige Personalplanung, die nachfolgend erläutert werden.37 36
37
Vgl. zu diesen „selbstselektiven Tendenzen“: Renate Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 4. Aufl., Heidelberg 1997, 159-163. Dieses Standardwerk ist ein Klassiker und nach wie vor nicht überholt. Vgl. allgemein insbesondere Norbert Thom, Adrian Ritz, Public Management. Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor, 2. Aufl., Wiesbaden 2004, 261-331; Christoph Reichard, Personalmanagement, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 180-186; Bericht der
PERSONAL
3.2.1
45
Personal-Controlling
Ein Personal-Controlling hat zwei Komponenten. Wie nachstehende Tabelle zeigt, umfasst es zum einen die interne Organisation des Personalreferats und zum anderen den Einsatz des betreuten Personals. Aufbauorientierte Optimierung der Personalarbeit » » » »
»
Schaffung von Kosten- und Leistungstransparenz bei der Personalarbeit Zielorientierung in der Personalarbeit Optimierung der Serviceorientierung bei der Personalarbeit Verlagerung des Ressourceneinsatzes von der Personalverwaltung zur Personalentwicklung und -planung Bündelung von Organisation, Personal und Fortbildung in einem Referat
Ablauforientierte Optimierung des Personaleinsatzes » »
» » »
Transparenz der Personalkosten (Schnittstelle zum übergeordneten Controlling) Entwicklung von inhaltlichen Kriterien bei der Personalauswahl und -beförderung Förderung der soft skills Sicherstellung der Personalentwicklung und der langfristigen Personalplanung Festlegung der möglichen Karrierepfade im Ministerium
Abb. 9: Personal-Controlling Nur ein schlagkräftiges und gut aufgestelltes Personalreferat kann den Personaleinsatz im gesamten Ministerium optimieren sowie die Personalentwicklung und langfristige Personalplanung fördern. Gerade hier muss Transparenz über Kosten und Leistungen herrschen. Das ganze Referat nur als Gemeinkostenblock zu verstehen, würde der internen Referatssteuerung nicht helfen. Kennzahlen ergänzen die Transparenz über den Ressourceneinsatz und bilden die Schnittstelle zur langfristigen Personalplanung. Es muss klar sein, wie viele Beschäftigte im nächsten Quartal und auf das Jahr bezogen in Pension gehen. Hat sich das Ministerium eindeutige Ziele gesetzt, wie die Förderung von Frauen38 und von internationalen Verwendungen39, sind Kennzahlen über den Anteil von Frauen in Führungsposi-
38 39
„Bull-Kommission“: Zukunft des öffentlichen Dienstes, 97-126; Tomas Fedrow, Personalentwicklung ist Basis für Veränderungsprozesse, in: innovative Verwaltung 4/2003, 28-30; Dieter Wagner (Hg.), Personal- und Personalmanagement, Berlin 1998 (= Schriftenreihe des Kommunalwissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam Bd. 3). Vgl. z. B. Bericht der „Bull-Kommission“: Zukunft des öffentlichen Dienstes, 126-130. Vgl. zur Internationalität von deutschen Ministerialbeamten: Heinrich Siedentopf, Benedikt Sperr unter Mitarbeit von Alexandra Unkelbach, Auslandserfahrung und Fremdsprachenkenntnisse in der Einstellungs- und Entsendepraxis des deutschen höheren Ministerialdienstes, hg. v. d. Berliner Initiative für mehr Internationalität in Bildung, Ausbildung und Personalpolitik, Berlin ohne Jahresangabe (2004).
46
PERSONAL
tionen oder über die Anzahl der Ministeriumsangehörigen, die bei supranationalen Einrichtungen arbeiten, zu erheben. Im Bereich des Personal-Controlling besteht kein Mangel an möglichen Kennzahlen. Es geht vielmehr darum, die jeweils relevanten Kennzahlen herauszufiltern und zu erheben. Je nach Güte der Datenbasis kann die Erhebung überaus aufwendig sein, gerade wenn man bedenkt, dass beispielsweise viele Behörden die Anzahl ihrer Beschäftigten nicht ad hoc angeben können. Gute Personalarbeit braucht eindeutige Ziele, die ihrerseits zeigen, welche Kennzahlen steuerungsrelevant sind. Setzt man sich beispielsweise zum Ziel, eine konsequente Nachfolgeplanung zu verwirklichen, so wird u. a. eine vorausschauende und personengenaue Information über die Pensionierung benötigt. Will man generell serviceorientierter arbeiten, so bestände ein operatives Ziel in der Schaltung einer Hotline oder in der Einführung fester Sprechzeiten. Ein zentrales Ziel sollte in der Forcierung der Personalentwicklung bestehen. Dieses Stiefkind der Personalarbeit ist in vielen Ministerien konzeptionell gut aufbereitet und sogar Bestandteil der Geschäftsordnung, wird aber nur in wenigen Fällen umgesetzt. Das Umsetzungsdefizit liegt häufig darin begründet, dass das Personalreferat bereits mit der Personalverwaltung ausgelastet ist und nicht zur inhaltlichen Arbeit kommt. Durch eine deutliche Straffung der Ablauforganisation sind hier Ressourcen vom Standardgeschäft zur Personalentwicklung umzuschichten. Zudem können die Synergieeffekte, die aufgrund der organisatorischen Zusammenfassung der Aufgabenbereiche Personalarbeit, Fortbildung und Organisation entstehen, zur personellen Stärkung der inhaltlichen Arbeit genutzt werden. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, mindestens einen erfahrenen Personalentwickler einzustellen, um einen deutlichen Anfangsschub zu erzielen. Basis für eine Optimierung des Personaleinsatzes und für eine flächendeckende Budgetierung ist der dezentrale Ausweis der Personalkosten.40 Wie zahlreiche Kommunen den zentralen Sammelnachweis der Personalausgaben aufgelöst haben, müssen auch die Ministerien das Personal den einzelnen Abteilungen und Referaten eindeutig zuordnen und auf Kostenbasis (einschließlich der Pensionsversorgung) ausweisen. Nicht nur an dieser Stelle, sondern im Grunde für die gesamte Personalarbeit gilt, dass die Schnittstelle zwischen Zentralabteilung und Fachabteilungen bzw. -referaten neu geklärt werden muss.41 Eine wichtige Funktion des Personalreferats besteht darin, aus dem übergeordneten Leitbild die Kriterien für die Personalauswahl und -beförderung abzuleiten und deren Einhaltung zu kontrollieren. Als Auswahlkriterium ist die soziale Kompe-
40 41
Vgl. unten (Kapitel 6). Vgl. unten (Kapitel 4.6).
PERSONAL
47
tenz gleichberechtigt mit der fachlichen Kompetenz zu bewerten. Auch bei der Beförderung sollte auf soft skills streng geachtet werden. Hier zeigt sich der enge Zusammenhang mit der Personalentwicklung und der langfristigen Personalplanung; denn auch soft skills können erlernt werden, zumindest bis zu einem bestimmten Ausmaß. Beförderungskriterien sind in der öffentlichen Verwaltung, zumal in Ministerien, ein schwieriges Thema. Die eingeführten Beurteilungen sind zwar besser als eine reine Beförderung nach Dienstalter, vermögen aber in der Regel nicht vollends zu überzeugen. Generell sollte ein zusätzliches Beförderungskriterium in der Zielerreichung bestehen. Dass dies ebenfalls schwierig ist, weil ein Messproblem besteht und beispielsweise nicht auf erzielte Umsatzzahlen oder Deckungsbeiträge zurückgegriffen werden kann, ist bereits erörtert worden.42 In der Festlegung der Karrierepfade liegt ein wichtiges Instrument der Personalund Organisationsarbeit. Bisher gibt es für den höheren Dienst nur einen völlig linearen Karriereweg, der entweder zum begehrten Referatsleiterposten führt oder irgendwann abbricht. Für wenige führt der Weg weiter zur Position des Unterabteilungsleiters43 oder Abteilungsleiters. Führungsfunktionen sind bisher zwangsläufig an Personalführung gebunden, was für alle Beteiligten problematisch sein kann.44 Daher wäre es richtig, den Experten-Status ohne Personalverantwortung als parallelen Karriereweg aufzubauen. So spricht nichts dagegen, einen ausgewiesenen und kaum zu ersetzenden Experten nach A 16 zu bezahlen. Durch die Schaffung dieses zusätzlichen Karrierewegs könnten die Kleinstreferate aufgelöst werden, ohne dass der A-16-Lebenstraum aus der Reichweite des höheren Dienstes geriete. Es würden nur noch diejenigen Personalverantwortung bekommen, die dazu willens und fähig sind. Die Leitungsspanne könnte problemlos auf das Verhältnis von 1:15 erhöht werden.45 Ein weiterer Karrierepfad sollte in der Funktion des Projektleiters bestehen, der mit einem Referatsleiter gleichzustellen ist. Da an späterer Stelle der Aufbau einer Matrix-Organisation vorgeschlagen wird,46 die aus der klassischen Linie und aus Projekten besteht, ist die Einführung einer Projektleiterebene nur konsequent. Hier zeigt sich abermals, wie verschränkt Personal- und Organisationsentwicklung miteinander sind. Im übrigen müssen nicht sämtliche Referats- und Projektleiter nach A 16 oder auf Bundesebene nach B 3 bezahlt werden. Die Stellen der untersten 42 43
44 45
46
Vgl. oben (Kapitel 2.4). Die Position des Unterabteilungsleiters gibt es nur auf Bundesebene. Einige Bundesministerien fassen Referate auch zu Gruppen zusammen und vergeben die Position des Gruppenleiters. Vgl. oben (Kapitel 2.1). Vgl. Werner Jann, Moderner Staat und effiziente Verwaltung. Zur Reform des öffentlichen Sektors in Deutschland, Gutachten für die Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1994, 27. Vgl. unten (Kapitel 4.2).
48
PERSONAL
Führungsebene sind unterschiedlich zu bewerten. Nur Referate mit einer zentralen Funktion oder einem hohen Personalführungsaufwand sollten eine Leitungsstelle mit der höchsten Verwendungsstufe erhalten. Diese unterschiedliche Stellenbewertung sowie die Einführung eines Expertenstatus ohne Personalverantwortung und der Funktion des Projektleiters kommt für die unterste Führungsebene einem substantiellen Schritt in Richtung einer leistungsgerechten Bezahlung gleich. Ob dieses hier skizzierte Modell mehr kosten würde, ist schwierig zu sagen. Zumindest auf Bundesebene lässt sich durch den Wegfall der Unterabteilungsebene ein erhebliches Einspar- und Umschichtungsvolumen erzielen. Pro Abteilung sollte eine Unterabteilungsleiterstelle in die Funktion des stellvertretenden Abteilungsleiters umgewandelt werden, dessen Hauptaufgabe im Management der Abteilung besteht.
3.2.2
Personalentwicklung
Bereits im vorangehenden Abschnitt war die Personalentwicklung ein zentrales Thema. Die nachstehende Auszählung zeigt, was Personalentwicklung umfassen sollte. Qualifizierung »
» »
Entwicklung von Qualifi- » kations- und Anforderungsprofilen für jede Stelle » Individuelle Schulungsbedarfsanalyse Ableitung von individuellen Qualifizierungsplänen »
Bildungs-Controlling Erfolgsüberprüfung der individuellen Qualifizierungsmaßnahmen Kontinuierliche Optimierung des Qualifizierungsangebotes (Weiterbildungsprogramm) Budgetierung der Weiterbildungskosten (Schnittstelle zum übergeordneten Controlling)
Karriereplanung » »
Aufzeigen von individuellen Karrierepfaden Führungskräfte-Coaching
Abb. 10: Personalentwicklung Die Themen Personalentwicklung und Fort- und Weiterbildung lassen sich, wie die Abbildung deutlich zeigt, nicht trennen. Basis für die Personalentwicklung ist die Entwicklung von stellenspezifischen Anforderungs- und Qualifikationsprofilen. In diesen Profilen werden für jede Stelle die Ziele, Aufgaben und Anforderungen beschrieben. Dabei kann für die Aufgabenbeschreibung auf den Geschäftsverteilungsplan zurückgegriffen werden. Die Anforderungen sind häufig
49
PERSONAL
bereits definiert, zumindest wenn die Stelle schon einmal intern oder extern ausgeschrieben worden ist. Allerdings darf dabei nicht ausschließlich mit Textbausteinen gearbeitet werden, da sonst die Anforderungen ins Beliebige abgleiten. Lediglich die Beschreibung der Ziele muss völlig neu geleistet werden, so dass der Arbeitsaufwand selbst bei einem großen Bundesministerium überschaubar bleibt. Die systematische Erfassung der Stellenprofile bietet zudem eine Arbeitserleichterung, da die Anforderungen für die neu auszuschreibenden Stellen nicht jeweils ad hoc definiert werden müssen. Wie so ein Profil aussehen könnte, zeigt folgendes Beispiel aus der Versicherungswirtschaft: Ziele
Aufgaben
1. Abwicklung und Koordi- » nation des Tagesgeschäftes » ohne Reibungsverluste » »
Risikoanalyse Bedarfsermittlung Angebotserstellung Abschluss/Vertrag
Anforderungen Fachkompetenzen: » Fundierte Rechtskenntnisse » Betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse » PC-Kenntnisse Methodenkompetenzen: » Organisationsvermögen » Kommunikationstechniken Persönlichkeit: » Belastbarkeit » Überzeugungskraft » Durchsetzungsvermögen » Kontaktfähigkeit
2. ...
»
...
Fachkompetenzen: » siehe oben Methodenkompetenzen: » Ergänzend zu oben: » ... Persönlichkeit: » siehe oben
Abb. 11: Stellenprofil eines Sachbearbeiters in der Versicherungswirtschaft
50
PERSONAL
Die dargestellten Ziele und Anforderungen dürften denen eines Sachbearbeiters in einem Ministerium ähneln. Die Anforderungsprofile für die Führungskräfte werden idealerweise aus der Führungsphilosophie abgeleitet.47 Hierbei ist größter Wert darauf zu legen, dass die überwiegend fachlich qualifizierten Führungskräfte ihre soziale und betriebswirtschaftliche Kompetenz zu erweitern haben. Das Ziel der Anforderungs- und Qualifikationsprofile besteht darin, zur verbindlichen Grundlage für die Personal- und Führungskräfteauswahl sowie für Fort- und Weiterbildung zu werden. Das Stellenprofil definiert gewissermaßen das Soll, während die Kenntnisse des (zukünftigen) Stelleninhabers das Ist darstellen. In individuellen Schulungsbedarfsanalysen wird auf der Grundlage der Abweichung des Ist vom Soll ein Qualifizierungsplan erarbeitet.
Definition der Ziele Festlegung der Aufgaben Erarbeitung des Anforderungsprofils Personalauswahl Ermittlung des Schulungsbedarfs
Abb. 12: Schritte zur Ermittlung des Schulungsbedarfs Im nächsten Schritt wird im Rahmen des Bildungs-Controlling eine Erfolgsüberprüfung der individuellen Qualifizierungsmaßnahmen vorgenommen. Die Informationen aus den individuellen Schulungsbedarfsanalysen und aus der Erfolgsüberprüfung werden zusätzlich dafür benutzt, das Fortbildungsprogramm kontinuierlich zu überarbeiten und an die Bedürfnisse des Ministeriums anzupassen.
47
Vgl. oben (Kapitel 2.2).
PERSONAL
51
Ein Anreiz, den Fortbildungsetat auszuschöpfen und durch Umschichtungen aus anderen Haushaltstiteln zu verstärken, besteht in der Budgetierung der Weiterbildungskosten.48 Ein ausschließlich zentral verwalteter Fortbildungsetat führt zu Intransparenz und verstärkt das formalisierte Antragswesen, bei dem es auf die Eigeninitiative des einzelnen Beschäftigten ankommt, sich zu einer Fortbildung anzumelden. Abteilungs- und Referatsleiter sollten jederzeit wissen, wie der Stand ihres Fortbildungsetats ist, damit die von ihnen vereinbarten Qualifizierungsmaßnahmen wirklich durchgeführt werden können oder ggf. aus dem Gesamtbudget der Abteilung bzw. des Referats finanziert werden müssen. Inhaltliche und Ressourcenverantwortung sollten auch hier zusammenfallen. Damit geht es abermals um eine veränderte Aufgabenverteilung zwischen Zentrale und Fachabteilungen. Personalentwicklung einschließlich Qualifizierung ist die originäre Aufgabe sämtlicher Führungskräfte. Die zentrale Personalarbeit hat sicherzustellen, dass die Führungskräfte dies auch umsetzten und greift bei Bedarf unterstützend ein. Sie setzt wichtige Rahmenbedingungen. Hier sind insbesondere das Personalentwicklungskonzept einschließlich der Kriterien zur Personalauswahl und -beförderung sowie der möglichen Karrierepfade, die stellenscharfen Anforderungs- und Qualifikationsprofile, die individuellen Schulungsbedarfsanalysen und das bedarfsgerechte Fortbildungsangebot zu nennen. Ferner führt das Personalreferat individuelle Beratungsgespräche. Insbesondere die abteilungsübergreifende Karriereplanung sollte Aufgabe der zentralen Personalarbeit sein, da Abteilungsleiter verständlicherweise starkes Interesse daran haben, qualifizierte Beschäftigte so lange wie möglich in ihrer Abteilung zu halten. Um letzteres Verhalten nicht dominierend werden zu lassen, sind klare Spielregeln zur Rotation einzuführen. Diese muss auch für den gehobenen Dienst gelten. Ein Sacharbeiter, der 30 Jahre einen Gesetzgebungspassus betreut, ist zwar der führende Experte auf diesem Gebiet, neigt aber dazu, immer stärker am Gesetz zu feilen und damit die Regelungsdichte zu erhöhen. Zudem wird sich früher oder später fast unweigerlich eine Betriebsblindheit einstellen. Um den Effekt des Verlusts an Expertenwissen abzumildern, muss die flächendeckende Umsetzung der Rotation durch den Aufbau eines Wissensmanagements, einer professionellen Qualifizierungsarbeit und einer stringenten Nachfolgeplanung begleitet werden. In den individuellen Beratungsgesprächen des Personalreferats sollten auch die Möglichkeiten eines Auslandseinsatzes, des temporären oder dauerhaften Wechsels in andere Behörden und der Hospitation in Unternehmen erörtert werden. Den Beschäftigten des höheren Dienstes ist dabei klar zu machen, dass Personalent-
48
Vgl. unten (Kapitel 6).
52
PERSONAL
wicklung nicht gleichbedeutend mit A 16 ist. Und für den gehobenen Dienst gilt, dass Personalentwicklung kein Synonym für den Aufstieg ist. Die Personalgespräche sind im Schnitt alle drei Jahre durchzuführen. Für sämtliche Neubesetzungen hat das Personalreferat eine individuelle Schulungsbedarfsanalyse durchzuführen und die jeweilige Führungskraft über die Ergebnisse in Kenntnis zu setzen. Um das Führungskräfte-Coaching sicherzustellen, baut das Personalreferat einen Pool aus internen und externen Trainern auf, die den Führungskräften auf Abruf zur Verfügung stehen. Die zusätzlichen Anforderungen, die sich aus dem Führen mit Zielen, der Motivation der Beschäftigten, den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung und der Vorgesetztenbewertungen sowie allgemein aus dem Umgang mit den Controlling-Instrumenten ergeben, erfordert ein intensives Coaching der Führungskräfte. Analog zur Qualifizierung sämtlicher Beschäftigter wird sich dieses Investment schnell auszahlen. Ergänzend sollte ein Führungsdialog angestoßen werden, in dem die Führungskräfte einer Ebene ihre Erfahrungen austauschen und gemeinsam mit externen oder internen Coachs Problemlösungen diskutieren.
3.2.3
Langfristige Personalplanung
Die Übergänge sowohl vom Personal-Controlling zur quantitativen Personalplanung als auch von der Personalentwicklung zur qualitativen Personalplanung sind fließender Natur. Quantitative Personalplanung » » »
Ermittlung des Personalbedarfs » Personalkostenbudgetierung (Schnittstel- » le zum übergeordneten Controlling) » Szenario-Technik zur vorausschauenden Betrachtung der Personalkostenentwicklung (Schnittstelle zum übergeordneten Controlling)
»
Personalbewegungs-Analysen
Qualitative Personalplanung Nachfolgeplanung Potentialanalysen Führungskräfte-Nachwuchsprogramme
Abb. 13: Langfristige Personalplanung Die Ermittlung des Personalbedarfs, die Budgetierung der Personalkosten und die vorausschauende Betrachtung der Personalkostenentwicklung sind genuine Controlling-Instrumente, die in engem Zusammenhang zur KLR stehen. Um es vorweg zu nehmen: Ein Instrument zur objektiven und eindeutigen Ermittlung des notwendigen Personalbedarfs in der öffentlichen Verwaltung gibt es nicht. Die
PERSONAL
53
Zeitaufschreibungen der formalisierten Personalbedarfsermittlungen dürften noch weit unzuverlässiger sein als die der KLR. Gerade die Organisationseinheiten, die viel Zeit für die Überlegung haben, mit welcher Taktik sie der temporär durchgeführten Personalbedarfsermittlung begegnen, stehen am Ende häufig positiv da. Solche Effekte können bei der KLR, wenn sie als Grundlage einer Budgetierung benutzt wird, vermieden werden. Als Manko bleibt jedoch die problematische Bestimmung des Ausgangsbudgets, die nicht an dem objektiv-rationalen Bedarf anknüpfen kann, sondern sich an historisch gewachsenen Ist-Werten orientiert.49 Eine weitere Aufgabe einer quantitativen Personalplanung besteht in der Analyse der Personalbewegung. Hier geht es um die Frage, warum gewisse Funktionen oder Organisationseinheiten mehr oder weniger nachgefragt werden als andere. Wenn beispielsweise eine Abteilung Probleme hat, ihre Stellen nachzubesetzen, weil niemand dort arbeiten möchte, kann dies folgende Gründe haben: -
Führungskräfte der Abteilung sind oder gelten als menschlich schwierig.
-
Die Stimmung in der Abteilung ist schlecht.
-
Die Abteilung genießt traditionell einen schlechten Ruf.
-
Die Abteilung bietet keine Karriereaussichten.
-
Die Fachaufgaben sind wenig spannend und/oder hochspezialisiert.
-
Das Aufgabenfeld der Abteilung verlangt einen hohen Arbeitseinsatz.
Alle potentiellen Gründe liefern Anknüpfungspunkte zum Gegensteuern. Nicht selten haben Organisationseinheiten Imageprobleme, die eine „closed-shopMentalität“ besitzen. Wenn sich beispielsweise eine Abteilung ausschließlich aus dem nachgeordneten Bereich rekrutiert, wird sich ihre Arbeitsweise vom restlichen Ministerium unterscheiden. Dies stößt in der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen auf Unverständnis. Ein schlechtes Image dieser Abteilung ist die unweigerliche Konsequenz. Auch aus diesem Grund ist eine abteilungsübergreifende Rotation des Personals sinnvoll. Ein großes Problem vieler Ministerien besteht in der fast völlig fehlenden Nachfolgeplanung. Überlappende Arbeitstage des alten und neuen Stelleninhabers gibt es nur selten, was den Wissenstransfer und eine effiziente Einarbeitung erschwert. Sogar ganz ordnungsgemäße Pensionierungen von Mitarbeitern sollen für Führungskräfte schon überraschend gekommen sein, was partiell ein Versagen der Personalverwaltung bedeutet. Hinzu kommt, dass viele Beschäftigten ihren Referatsleiter erst spät über bestehende Wechselabsichten informieren. Dies verhindert eine zügige Nachbesetzung der Stelle, was sich nicht positiv auf die Facharbeit 49
Vgl. unten (Kapitel 6.2).
54
PERSONAL
auswirkt. Angesichts der Tatsache, dass nicht wenige Führungskräfte geradezu beleidigt reagieren, wenn man ihre Organisationseinheit verlassen will, ist das Verhalten der Beschäftigten verständlich. Von einem Vertrauensverhältnis zwischen Führungskräften und Mitarbeitern zeugt solch ein Verhalten freilich nicht. Potential und Verhalten von (zukünftigen) Führungskräften können von einer qualitativen Personalplanung beeinflusst werden. Dabei spielen Potentialanalysen eine zentrale Rolle. Potentielle Führungskräfte sollten ein Assessment-Center durchlaufen, in dem ihre überdurchschnittliche Leistung und Eignung getestet werden. Beispielsweise zeigt die „Postkorb-Übung“ sehr schnell, wie strukturiert ein Kandidat mit Informationen und deren Bearbeitung umgeht. In der Realität gibt es nicht wenige Führungskräfte, die entweder einem „Bermuda-Dreieck“50 gleichkommen oder sofort den gesamten Posteingang wahllos weiterverteilen. Ein AssessmentCenter kann zeigen, dass ein Kandidat keine Verantwortung für die Führung eines Referats erhalten sollte, da er mit der Organisation völlig überfordert wäre oder aufgrund seiner fehlenden sozialen Kompetenz strukturell nicht geeignet für die Personalführung ist. Im Rahmen eines Führungsnachwuchsprogramms, also einer gezielten Personalentwicklung für potentielle Führungskräfte, können viele Schwächen abgebaut werden, so dass eine zweite Runde im Assessment-Center durchaus erfolgreich laufen kann. Allerdings sollten einige Kandidaten bereits in der ersten Runde die deutliche Empfehlung erhalten, dass für sie ausschließlich der Karriereweg des Experten ohne Personalverantwortung51 in Frage kommt.
50 51
Der Posteingang verschwindet häufig auf mysteriöse Art und Weise. Siehe oben (Kapitel 3.2.1).
55
4
Organisation
4.1
Analyse des Status quo
In der Ministerialverwaltung herrscht eine extrem starke Arbeitsteilung. Typischerweise ist ein Ministerium in viele Kleinstreferate unterteilt, deren Zuständigkeitsbereiche sich mitunter kaum voneinander unterscheiden. Viele Ministerien sind in ihren Abläufen durch diese hohe Anzahl an Referaten relativ unbeweglich,52 obwohl die Beschäftigtenzahl insgesamt gar nicht so groß ist. Diese Unbeweglichkeit wird durch das Fehlen zentraler Steuerungseinheiten verstärkt, die angesichts der starken Arbeitsteilung für eine effektive Koordinierung und Gesamtplanung dringend notwendig wären. Die geringe Größe der Referate hat zudem zur Folge, dass die Leitungsspanne äußerst gering ist. In vielen Referaten fehlt die kritische Masse, um Personal steuern zu können.53 Der Referatsleiter ist daher kaum als Führungskraft gefordert und kann wie ein Referent arbeiten. Die Referatsstruktur passt zur ausgeprägten Nischenmentalität in der Verwaltung. Viele Mitarbeiter und Führungskräfte suchen sich ihre Nische und richten sich dort dauerhaft ein. Das kann Vorteile haben, denn in diesen Nischen wird oft exzellente Facharbeit geleistet. Expertentum braucht wahrscheinlich Nischen, da aufgrund der enormen Geschwindigkeit der heutigen Wissensvermehrung nur ein relativ kleines Fachgebiet überschaubar bleibt. Diese Form des Arbeitens verhindert jedoch übergreifendes Denken, was gerade mit steigender Komplexität der Problemlagen unbedingt nötig ist. Dies lässt sich an der aktuellen Reformnotwendigkeit verdeutlichen. Sie betrifft viele, miteinander interagierende Politikfelder. Die Vorschläge und Ausarbeitungen aus den Referaten sind einzeln betrachtet handwerklich sauber. Nur funktioniert die isolierte Betrachtung der Probleme nicht, um diese zu lösen. Wenn ganzheitliche Reformentwürfe gefragt sind, werden daher zunehmend externe Kommissionen ins Leben gerufen. Will die Exekutive bei Reformprojekten wieder federführend werden, muss sie in der Lage sein, ihr Expertenwissen zu koordinieren, zu bündeln und so die Probleme ganzheitlich zu bearbeiten. 52
53
Ernst-Hasso Ritter spricht von einer „tayloristische[n] Organisation hochgradiger Arbeitsteilung mit vielen Kleinreferaten. Sie fördert das ‚Kästchendenken’ in abgeschotteten Zuständigkeiten, steigert das Risiko der negativen Koordination, vermag Querschnittsaspekte nur schlecht wahrzunehmen und steht in der Gefahr, lediglich isolierte Informationen weiterzugeben.“ Siehe Ernst-Hasso Ritter, Integratives Management und Strategieentwicklung in der staatlichen Verwaltung, 95. Vgl. Werner Jann, Moderner Staat und effiziente Verwaltung, 27.
56
ORGANISATION
Die Mehrzahl der Beschäftigten ist auf das eigene Referat fixiert. Übergreifende Zusammenarbeit findet selten statt. Mitarbeiterbefragungen belegen diese Problematik deutlich. Dieses „Inselphänomen“ ist einfacher zu konstatieren als zu erklären. Die Nischenkultur ist sicherlich eine Erklärung für das „Inselphänomen“. Die Wörter „Nische“ und „Insel“ können synonym benutzt werden. Doch warum sieht man in den Kantinen so selten, dass sich Beschäftigte aus unterschiedlichen Referaten und Abteilungen treffen? Die Fixierung auf die eigene Arbeitseinheit ist ein tiefgehendes Verhaltensmuster, das sicherlich in jeder Organisation zu beobachten, aber selten so stark ausgeprägt ist wie in der Ministerialverwaltung. Ein Grund dürfte in der geringen abteilungsübergreifenden Rotation liegen. Die Beschäftigten wechseln nur selten die Abteilung und pflegen allenfalls einen fachlich begründeten Austausch mit anderen Arbeitseinheiten. Daher erstaunt es nicht, dass sie sich insgesamt im Ministerium nicht gut auskennen. Möglicherweise ist die juristische Prägung der meisten Referenten ein weiterer Grund für die Fixierung auf das eigene Referat, da insbesondere im Jura-Studium das Einzelkämpfertum verbreitet ist. Dieses Verhalten wird von der nicht durch Teamarbeit und Offenheit geprägten Verwaltungskultur noch verstärkt. Die extreme Arbeitsteilung und die fein ziselierte Aufteilung in Referate sollte nicht zur Fehlannahme führen, dass die Aufbauorganisation eines Ministeriums starr sei. Im Gegenteil, die Kästchen (ein Kästchen entspricht jeweils einem Referat) werden im Organigramm gerne zwischen den (Unter-)Abteilungen hin und her geschoben. Referatsbezeichnungen ändern sich ohne ersichtlichen Grund, was vor allem zur Folge hat, dass die Registratur erheblich erschwert wird. Aufgaben und ganze Referatsbereiche werden in den nachgeordneten Bereich abgeschichtet. Bisweilen ist auch die gegenläufige Bewegung zu beobachten, wenn z. B. die Aufgaben „abgewickelter“ Mittelbehörden ins Ministerium geholt werden. Nach Wahlen wandern nicht selten ganze Abteilungen von einem Ministerium zum anderen. Nach der Bundestagswahl 2002 kam es zur Fusion gleich mehrer Ministerien. Auch im nachgeordneten Bereich ist reichlich Bewegung in der Aufbauorganisation. Die oberen Bundes- und Landesbehörden versuchen ihre Kompetenzen auszuweiten und besitzen de facto häufig den relativ unabhängigen Status einer Agentur.54 Bei einem dreistufigen Verwaltungsaufbau stehen seit einiger Zeit die Mittelbehörden unter erheblichem Legitimationsdruck.55
54
55
Als Beispiele seien die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genannt. Vgl. zur Thematik der Agencies: OECD, Distributed Public Governance. Agencies, Authorities and other government bodies, Paris 2002 (dort insbesondere den Beitrag zur deutschen Entwicklung von Marian Döhler und Werner Jann). Vgl. Joachim Lohmann, Den Verwaltungsaufbau enthierarchisieren - die Zweistufigkeit schaffen, in: Verwaltung und Management 10 (2004), 4-12. Als Beispiele seien die Bezirksregierungen, die ehemaligen Landesarbeitsämter und die Oberfinanzdirektionen genannt.
ORGANISATION
57
Ist die Aufbauorganisation von überraschend hoher Flexibilität geprägt,56 so zeichnet sich die Ablauforganisation eines Ministeriums durch große Starrheit aus. Anders ausgedrückt: Die Organisationsetiketten ändern sich, aber die Abläufe bleiben gleich. Dies wäre auch eine Erklärung dafür, warum die Umstrukturierungsprozesse der Verwaltung bisher nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht haben; denn Qualität und Effizienz können nur erhöht werden, wenn sich die Abläufe ändern. In den Ministerien sind die Kernprozesse in der Regel nicht klar definiert. Über die einzelnen Prozessschritte sowie die Verantwortlichkeiten und Schnittstellen existieren allenfalls vage Aussagen in der Geschäftsordnung sowie das nicht dokumentierte Wissen einiger „alten Hasen“. Das gilt auch und gerade für das ureigenste Verwaltungsgeschäft, wie beispielsweise das Gesetzgebungsverfahren, die Rechts- und Fachaufsicht über den nachgeordneten Bereich oder die internen Mittelbewirtschaftung. Insofern ist die Ministerialverwaltung häufig nicht mehr preußisch-korrekt. Mitunter wird kaum noch richtig verfügt und registriert. Umlaufmappen, Aktenzeichen und Dienstwege wirken in Zeiten von Internet und E-Mail nicht mehr zeitgemäß und werden daher von einigen Beamten nicht mehr ganz ernst genommen. Jedoch hat die Verwaltung noch keine alternativen Abläufe der Informationssicherung entwickelt. Dieses Beispiel zeigt, dass die Kernprozesse nicht nur definiert und optimiert, sondern teilweise ganz neu strukturiert werden müssen.
4.2
Projekt- und Matrixorganisation
Die vorherrschende Verwaltungskultur, die extreme Arbeitsteilung und die eng abgegrenzten Aufgabenbereiche führen dazu, dass Aufgaben nicht umfassend und ergebnisorientiert bearbeitet werden. Die daraus resultierenden Probleme treten auch in Fabriken auf, wo ein Arbeiter nur einen engen Aufgabenbereich besitzt und sich für das Produkt nicht verantwortlich fühlt. Eine in der Automobilindustrie erfolgreich praktizierte Lösung für dieses Problem ist die Arbeit in Gruppen, die ein weites Aufgabenspektrum eigenständig abdecken. Die für ein Ministerium adäquate Lösung liegt in der Einführung einer konsequenten Projektorganisation und -arbeitsweise. Ein beträchtlicher Teil der ministeriellen Arbeit könnte in Form von Projekten geleistet werden, insbesondere: 56
Vgl. den instruktiven Artikel von Wolfgang Seibel, Verwaltungsreform, in: Klaus König, Heinrich Siedentopf (Hg.), Öffentliche Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., Baden-Baden 1996, 5-25.
58
ORGANISATION
-
größere und politisch bedeutsame Gesetzgebungsvorhaben,
-
größere konzeptionelle Arbeiten (ggf. einschließlich deren Umsetzung) sowie
-
sämtliche Vorhaben, die nicht den Charakter einer Daueraufgabe besitzen.
Die Aufzählung verdeutlicht, dass die Projekte nicht nur wie bisher Sonderthemen, sondern auch ministerielle Kernaufgaben übernehmen können. Der lineare Aufbau eines Ministeriums in Abteilungen und Referate wird ergänzt durch referats- und abteilungsübergreifend arbeitende Projekte. Es entsteht eine MatrixOrganisation.57 Durch die Projektorganisation und die Bündelung der Daueraufgaben können eine Reihe von Referaten, insbesondere die Kleinstreferate, aufgelöst werden. Dabei ist zu beachten, dass auch die Projekte eine personelle Mindestgröße besitzen sollten.58 Ein Projekt definiert sich als eine zur Erreichung eines festgelegten Ziels vorgegebene Aufgabenstellung, die -
klar umrissen und deren Ergebnis eindeutig definiert ist,
-
zeitlich begrenzt ist,59
-
mit begrenzten Ressourcen durchgeführt werden muss und
-
mit einer rein temporären Organisationsform abgewickelt wird, und zwar bei Überlagerung der vorhandenen Linienorganisation und Hierarchien für die Projektdauer.
Daraus folgt, dass ein Projekt -
ein einmaliges, neuartiges Vorhaben mit einem klaren Auftrag ist,
-
einen definierten Anfang und ein definiertes Ende hat,
-
klar budgetiert sein sollte und
-
ein komplexes und interdisziplinäres Vorhaben ist, das innerhalb der Linie nicht oder nur mit Qualitätseinbußen realisiert werden kann.
Nach Beendigung des Projektes löst sich die Projektorganisation wieder auf. Die Projektarbeitsweise fördert -
das vernetzte, also abteilungs- und referatsübergreifende Arbeiten,
-
die Teamarbeit,
57
58 59
Vgl. allgemein Günter Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 21. Aufl., München 2002, 157f. Mindestens drei Personenjahre. Die Projektdauer kann von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahren reichen.
ORGANISATION
-
die Ergebnisorientierung,
-
die Problemlösungskompetenz,
-
die Eigenverantwortung sowie
-
die Identifikation mit den Arbeitsergebnissen.60
59
Der Nachteil einer Matrix-Organisation besteht in ihrer Flexibilität und der damit verbundenen Unübersichtlichkeit. Sie stellt hohe Ansprüche sowohl an die Personalplanung als auch an die Beschäftigten, die es bisher gewohnt waren, jede Zuständigkeit in der „Spinne“, also dem Organigramm, und dem Geschäftsverteilungsplan ablesen zu können. Eine Organisationsstruktur, die sich durch neue und abgeschlossene Projekte ständig ändert, droht viele Beschäftigte zu überfordern. Bereits heute bedarf es einer geraumen Zeit bis sich neue Referatsbezeichnungen oder eine geänderte Abteilungsstruktur im kollektiven Bewusstsein eines Ministeriums durchsetzen. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit und mit Hilfe einer intensiven Informationsarbeit ließe sich der Nachteil einer drohenden Unübersichtlichkeit stark reduzieren. Gravierender ist eine andere Gefahr, die mit den zuvor genannten Problemen zusammenhängt. Zweifellos besitzt eine Matrix-Organisation das Potential, eine zuvor starre Linienorganisation zu chaotisieren. Im Extremfall weiß keiner mehr, wer eigentlich für was zuständig ist. Daher empfiehlt es sich, ein Projektmanagement im Leitungsbereich einzuführen. In enger Abstimmung mit den Abteilungsleitern und der Hausleitung leistet das zentrale Projektmanagement folgende Aufgaben: -
Auswahl der Vorhaben, die in Projektform bearbeitet werden, 61
-
Definition der Projektziele und des jeweiligen Projektauftrags,
-
Terminierung der Projektlaufzeit,
-
Planung des Ressourcenaufwands bzw. des Projektbudgets,
-
Auswahl des Projektpersonals sowie
Durchführung eines Projektcontrollings. Für die Projektplanung und das Projektcontrolling sind Meilensteine und Arbeitspakete zu definieren.62
-
60
61
Gute Aufzählung der Vor- und Nachteile einer Matrix-Organisation bei Johannes Fischer, Walter Ungar, Führung und Organisation, München, Berlin 2001 (= Die neue Kommunalverwaltung Bd. 3), 66f. Das entscheidende Auswahlkriterium sind die Ziele der Hausleitung und der Abteilungen. Siehe oben (Kap. 2.3.3).
60
ORGANISATION
Meilensteine sind Zwischenergebnisse, um -
den Projektablauf in eine logische Struktur zu bringen und
-
den jeweiligen Projektstand überprüfbar zu machen.
Arbeitspakete sind in sich geschlossene, plausible Arbeitsmengen mit einem definierten Ergebnis, um -
planbare Arbeitsvolumen zu erhalten, die Aufwandsschätzung zu unterstützen, die Transparenz über das Projekt zu gewährleisten, den Fortschritt der Projektabwicklung verfolgen zu können und Verantwortlichkeiten klar zu benennen.
Der Bedeutungsgewinn der Projektorganisation lässt es folgerichtig erscheinen, eine der Referatsleitung gleichgestellte Hierarchiestufe der Projektleiter einzuführen.63 Zudem muss das Projektmanagement als Ziel der Personalentwicklung und als essentieller Punkt des Fortbildungsprogramms aufgenommen werden. Das Projektpersonal sollte aus mehreren Referaten und Abteilungen kommen, kann aber grundsätzlich der alten Organisationseinheit zugeordnet bleiben. Organisatorisch sind die Projekte bei einem Abteilungsleiter aufzuhängen und nur im Ausnahmefall beim Staatssekretär. Die Ausnahme wäre beispielsweise ein konfliktträchtiges Projekt, bei dem auf der Ebene der Abteilungsleiter unmöglich ein Konsens herzustellen ist. Die personalwirtschaftliche und organisatorische Zuordnung beim Abteilungsleiter gewährleistet die Abstimmung zwischen Projekt und Linie. Das zentrale Projektmanagement besitzt ausschließlich eine Koordinierungs- und Controllingfunktion und wäre mit einer weitergehenden Aufgabe überfordert. Das operative Geschäft wird durch die Arbeitsebene der Abteilungen erledigt und gehört nicht in den Leitungsbereich. Neu an dieser Organisation ist, dass die Arbeitsebene sowohl aus Referaten und Projekten besteht und dass letztere einen referats- und abteilungsübergreifenden Auftrag verfolgen.
62
63
Gute Einführung ins Projektmanagement: Philipp Hölzle, Carolin Grünig, Projektmanagement. Professionell führen - Erfolge präsentieren, Freiburg u. a. 2002 sowie Angela Witt-Bartsch, Harald Enz, Projektmanagement. Kein Buch mit sieben Siegeln, in: Verwaltung und Management 10 (2004), 92-97. Siehe oben (Kap. 3.2.1).
61
ORGANISATION
4.3
Optimierung der Ablauforganisation
Wie bei der Schilderung des Status quo bereits dargestellt, besteht in der Ablauforganisation eines der Grundprobleme vieler Ministerien. So transparent der Aufbau in Form des Organigramms erscheint, so intransparent sind die Abläufe. Der Grund dafür ist in den meisten Fällen nicht eine intendierte Geheimniskrämerei, sondern eine eigentümliche Mischung aus Desinteresse und Hilflosigkeit gegenüber Prozessen. Die Unkenntnis über die einzelnen Prozessschritte ist die logische Konsequenz. Mit dem simplen Instrument der Visualisierung kann Klarheit in die Ablauforganisation gebracht werden.64
Politischer Impuls/ Initiative zur Änderung eines Gesetzes
1
M/St/AL/RL
Entscheidung, ob Vorhaben forciert wird
2
Erfassung des Vorhabens, ggf. Einsetzung einer Projektstruktur und Entscheidung über Verantwortlichkeit
M/St/AL/RL
3
Leitungsstab
Maßnahmenplanung einschließlich Zeitabläufe ...
4
Referat xy
Abb. 14: Visualisierung der Kernprozesse Für jeden Kernprozess werden die Teilprozesse und deren Prozessschritte, die Verantwortlichkeiten und Schnittstellen sowie ggf. Kennzahlen definiert. Die Visualisierung der Ablauforganisation ist die Grundlage der Geschäftsprozessoptimierung. Die Erfahrung zeigt, dass bereits im Zuge der Ist-Erhebung und ihrer Visualisierung die Schwächen evident werden. Zudem klärt sich häufig schon in der 64
Vgl. allgemein: Kommunale Gemeinschaftsstelle (KGSt), Geschäftsprozessoptimierung: Eine Wegbeschreibung, Köln 1998 (= KGSt-Bericht 8/1998).
62
ORGANISATION
Diskussion um die bestehenden Abläufe, wie ein idealer Prozess aussehen sollte, so dass die Soll-Struktur zügig erstellt werden kann. Bei einer Geschäftsprozessoptimierung sind die Schnittstellen unbedingt zu klären; denn so sehr die Ministerialverwaltung in Zuständigkeiten denkt, so beliebig und willkürlich ist ihr Umgang mit Schnittstellen. Auch die Abhängigkeiten zwischen den Teilprozessen müssen aufgezeigt werden. Im Vorgriff auf das fünfte Kapitel ist festzustellen, dass die Kernprozesse idealerweise zu einem Produkt führen, oder anders ausgedrückt: Für jedes Produkt bzw. für jede Produktgruppe sind die Kernprozesse zu definieren.65 Soweit die Soll-Struktur nicht bereits bei der Ist-Erhebung entwickelt werden konnte, muss sie im Rahmen einer Prozess- und Schwachstellenanalyse erarbeitet werden. Idealerweise sind sowohl die Organisationsstruktur als auch die Personalausstattung an die Ergebnisse der Geschäftsprozessoptimierung anzupassen.
4.4
Controlling-Organisation
Damit die neuen Steuerungs-, Planungs- und Kontrollprozesse ein Teil der gelebten Verwaltungspraxis werden, muss eine Controlling-Organisation aufgebaut werden. Laut Jürgen Weber hängen „Umfang und Ausprägung des Controlling ... vom Umfang und Ausprägung der Rationalitätsdefizite der Führung“ ab.66 Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass demnach in den meisten Ministerien ein umfangreiches Controlling-System aufgebaut werden müsste. Das wäre jedoch der falsche, zudem kaum zu realisierende Weg. Vielmehr sollte es darum gehen, eine überschaubare und effektive Controlling-Organisation zu schaffen. Die Ziele von Controlling besitzen sowohl strategischen als auch operativen Charakter. Mittelfristig müssen sich die Controller als ständige interne Berater und Counterparts der Führungskräfte etablieren, indem sie fundierte Entscheidungsgrundlagen liefern. Kurzfristig ist der operative Controlling-Betrieb zu gewährleisten, also insbesondere die KLR und deren IT-Umsetzung einschließlich des Berichtswesens. Organisatorisch können diese beiden Aufgaben getrennt werden. Das strategische Controlling, das insbesondere das Zielesystem umfasst, ist als Stabsfunktion im Leitungsbereich anzusiedeln. Hingegen kann das operative Con-
65 66
Siehe unten (Kap. 5.5). Siehe Jürgen Weber, Einführung in das Controlling, 42.
63
ORGANISATION
trolling, das vor allem den KLR- und IT-Betrieb meint, in der Zentralabteilung verbleiben. Gegen diese Trennung spricht, dass -
-
ein Balanced-Scorecard-Ansatz67 im Grunde nicht zwischen strategischem und operativem Controlling unterscheidet und Controlling grundsätzlich nicht in der Linie, sondern als Stabsfunktion organisiert sein sollte.
Solange die Kommunikation und Abstimmung klappen, muss sich die organisatorische Trennung jedoch nicht als nachteilig erweisen. Mehr Bedeutung besitzt die Frage, ob Controlling ausschließlich zentral oder eher dezentral organisiert werden sollte. Bevor diese Frage beantwortet wird, sind die Anforderungsprofile zu entwickeln. Generell sollte die Controlling-Organisation in folgenden Schritten68 aufgebaut werden: 1. Definition der Ziele, 2. Festlegung der Aufgaben, 3. Erarbeitung der Anforderungsprofile, 4. Bestimmung des Mengengerüsts und der organisatorischen Verankerung, 5. Personalauswahl sowie 6. individuelle Schulungsbedarfsanalyse. Die ersten drei Schritte sind in dem folgenden Stellenprofil zusammengefasst. Ziele 1. Qualifizierte Beratung der Führungskräfte
Aufgaben » » »
67 68
Siehe oben (Kap. 2.3.1). Vgl. oben (Kap. 3.2.2).
Unterstützung bei der Definition der Haus- und Abteilungsziele Unterstützung bei dem Setzen von Plan-Werten Auswertung und Kommunikation der Berichte
Anforderungen Fachkompetenzen: » Betriebswirtschaftliche Kenntnisse » Controlling-Kenntnisse » Kenntnisse über Aufgaben und Abläufe des Ministeriums Methodenkompetenzen: » Kommunikationsstärke » Moderationsvermögen » Verhandlungsstärke » Analysevermögen » Problemlösungskompetenz
64
ORGANISATION
Ziele
Aufgaben
2. Schaffung und Auf- » rechterhaltung einer steuerungsrelevanten » Informationsbasis » » » » » 3. Weiterentwicklung des ControllingSystems
» » » »
Sicherstellung des ZieleRegelkreises Kontrolle, ob Ist-Werte bei den Messgrößen zur Zielerreichung ermittelt werden Erstellung der ZieleBerichte Abstimmung der KLR mit dem Zielesystem Betrieb der KLR Durchführung und Auswertung der Mitarbeiterbefragung Akzeptanzmanagement bei sämtlichen Beschäftigten Verbesserung des Berichtswesens Einführung einer Budgetierung Initiierung von Benchmarking-Prozessen Definition von Controlling-Standards
Anforderungen Persönlichkeit: » Überzeugungskraft » Belastbarkeit » Konfliktfähigkeit » Soziale Kompetenz » Dienstleistungsorientierung Fachkompetenzen (ergänzend zu oben): » Intensive MS-Office- Kenntnisse » Erweiterte Anwenderkenntnisse der Controlling-Software Methodenkompetenzen (ergänzend zu oben): » Didaktische Fähigkeiten Persönlichkeit (ergänzend zu oben): » Motivierungsverhalten » Durchsetzungsvermögen » Einfühlungsvermögen » Umsetzungsorientierung Fachkompetenzen (ergänzend zu oben): » Kenntnisse im betrieblichen Rechnungswesen » Kameralistik-Kenntnisse Methodenkompetenzen (ergänzend zu oben): » Kompetenz im Projektmanagement Persönlichkeit (ergänzend zu oben): » Lern- und Veränderungsbereitschaft » Eigeninitiative » Beharrlichkeit
Abb. 15: Controlling-Stellenprofil Die im Stellenprofil genannten Aufgaben können nicht von einer Person geleistet werden. In einem kleinen Landesministerium mit 200 Beschäftigten reichen eineinhalb bis zwei Stellen. Hingegen benötigen große Bundesministerien mit über
ORGANISATION
65
2.000 Beschäftigten eine andere Größenordnung. Auf Bundesebene empfiehlt es sich, ein eher dezentrales Controlling-System einzuführen. Aufgrund der heterogenen Aufgabenstellung und der veritablen Größe der Abteilungen sollte die Funktion des Abteilungscontrollers eingerichtet werden. Für den reinen Controlling-Betrieb wird schätzungsweise eine halbe Stelle pro Abteilung reichen. Hinzu kommen drei bis maximal vier Stellen für das zentrale Controlling, das insbesondere folgende Aufgaben hat: -
Beratung der Hausleitung und der Abteilungsleiter,
-
Koordinierung der Abteilungscontroller,
-
Sicherstellung des Controlling-Betriebs, insbesondere der IT-Umsetzung, sowie
-
Weiterentwicklung des Controlling-Systems.
Da Landesministerien deutlich homogener aufgestellt sind und die Abteilungen eine überschaubare Größe besitzen, wäre ein dezentrales Controlling-System in vielen Fällen überdimensioniert. Hier kann das Controlling an zentraler Stelle gebündelt werden, und zwar am besten im Leitungsbereich, um die strategische Komponente zu verdeutlichen und die abteilungsübergreifende Koordinierung zu erleichtern. Sind die Anforderungsprofile erarbeitet und die organisatorischen Rahmenbedingungen geklärt, muss das Personal ausgewählt und individuell geschult werden. Bereits ein kurzer Blick auf die fachlichen, methodischen und persönlichen Anforderungen zeigt, dass die Besetzung einer Controllerstelle nicht leicht ist. Pointiert ausgedrückt ist das Stellenprofil fast unvereinbar mit einer klassischen Verwaltungssozialisierung. Der frisch von der Universität kommende Betriebswirt stellt jedoch keine Alternative dar, da die Kenntnisse der Verwaltungsabläufe und der Controlling-Praxis fehlen. Aus diesem Dilemma hilft nur eine pragmatische Herangehensweise, in der vier Punkte bei der Personalauswahl zu beachten sind: -
-
-
Da Controlling idealerweise als Stabstelle organisiert ist, sollte ein Vertrauensverhältnis oder zumindest eine gewisse Nähe zwischen Führungskraft und Controller bestehen. Das operative Controlling und das Abteilungscontrolling sollten in die Hände von umsetzungsorientierten und möglichst wenig juristisch geprägten Sacharbeitern gelegt werden, die auch in Anwesenheit von Führungskräften Probleme offen ansprechen. Das strategische Controlling füllt idealerweise ein Referatsleiter aus, der ein gewisses „Standing“ im Ministerium besitzt und auch in Anwesenheit von Abteilungsleitern und Hausleitung offen zu kommunizieren pflegt.
66
-
ORGANISATION
Die Tätigkeit des Controllers sollte als Teil der Personalentwicklung verstanden und vermittelt werden, die mit einer intensiven Qualifizierung verbunden ist.
Da Controlling eine neue Aufgabe darstellt, gilt hier der alte Lehrsatz in ganz besonderem Ausmaße: Wenn das Personal nicht stimmt, nützt auch die beste Organisationsstruktur nichts. Daher sind Personalauswahl und -qualifizierung von größter Bedeutung.
4.5
„Strategiefokussierte Organisation“
Durch den Aufbau einer Controlling-Organisation und eines zentralen Projektmanagements wird die Strategiefähigkeit eines Ministeriums signifikant erhöht. Idealerweise sollten das strategische Controlling und das übergreifende Projektmanagement in einer Stabstelle zusammengefasst werden. Die wichtigste Aufgabe dieser im Leitungsbereich anzusiedelnden Organisationseinheit besteht in der Sicherstellung der Strategiefindung und -umsetzung. Wichtigstes Instrument dafür sind die strategischen Ziele der Hausleitung, die definiert und operationalisiert werden müssen. Die Operationalisierung erfolgt durch das Herunterbrechen der Hausziele auf die Abteilungs-, Referats- und Projektebene. Das zentrale Controlling und Projektmanagement erarbeitet also weder die strategischen Vorgaben noch deren konzeptionelle Unterfütterung. Ersteres ist die Kernvorgabe der Hausleitung, letzteres das Geschäft der operativen Einheiten. Vielmehr arbeitet das zentrale Controlling an der Schnittstelle zwischen politischer Hausleitung und dem Verwaltungsapparat, indem es die politisch motivierte Strategie in die Organisation übersetzt. Darüber hinaus hat es die Schnittstellen zwischen den initiierten Projekten und der Dauerorganisation zu managen. Wenn die Scharnierfunktion zwischen politischer Leitung und Apparat durch das strategische Controlling und Projektmanagement geölt wird, ist bereits ein wichtiges Ziel erreicht. Allerdings sollte bei der Strategiefokussierung nicht über das Ziel hinausgeschossen werden. Das strategische Denken darf in einem Ministerium nicht zu stark zentralisiert werden, da Strategiefindung und -umsetzung gerade in politisierten Prozessen dicht beisammen liegen. Insbesondere die Abteilungsleiter und zumindest die Leiter von Koordinierungs- und Grundsatzreferaten müssen in die Strategiefindung miteinbezogen werden. Wie bereits oben beschrieben, sollte jede Abteilung im Rahmen der Gesamtstrategie eigene strategische Ziele definieren. Jede Hierarchieebene, einschließlich der Querschnittsebene der Projekte,
67
ORGANISATION
muss steuern, planen und die Zielerreichung kontrollieren können. Der Vergleich der traditionellen mit der idealtypischen Planung ergibt folgendes Bild:
Traditionelle Planung Nicht vorhanden
Ad hoc
Ideale Planung
Generelle Zielplanung
Leitbild
Strategische Planung
Strategische Ziele der Hausleitung u. der Abteilungen
Ad hoc
Operative Planung
Operative Abteilungs- und Referatsziele
Haushaltsplanung
Finanz- und Liquiditätsplanung
Budgetplanung (auf Kostenbasis)
Ad hoc/unsystematisch
Projektplanung
Projektmanagement
Abb. 16: Vergleich traditionelle und ideale Planung Während eine generelle Zielplanung traditionell nicht vorhanden ist, übernimmt das Leitbild in der idealen Planung diese Funktion. Die strategische Planung orientiert sich am Anfang einer Legislaturperiode an der Koalitionsvereinbarung bzw. an der ersten Regierungserklärung und ändert sich im Verwaltungsalltag analog zur operativen Planung beinahe ständig. In dem oben beschriebenen Modell übernimmt das Ziele-System die strategische und operative Planung. Die Finanzund Liquiditätsplanung sollte von der kameralen und zentralisierten Haushaltsplanung auf die Vergabe dezentraler Kostenbudgets umgestellt werden. Quer zu diesen Planungsebenen liegt die Projektplanung, die bisher unsystematisch verläuft und zukünftig durch ein zentrales Projektmanagement zu koordinieren ist.
68
ORGANISATION
4.6
Veränderte Rolle der Zentralabteilung
Die Rolle der Zentralabteilung verändert sich infolge des neuen Steuerungsansatzes fundamental. Insbesondere die Einführung einer Budgetierung bedeutet, dass die Schnittstellen zwischen Zentralabteilung und Fachabteilungen völlig neu justiert werden müssen. So ändert sich die Rolle des Haushaltsreferates vom sparsamen und detailorientierten Buchhalter in Richtung eines wirtschaftlich agierenden Controllers, der die Einhaltung der dezentralen Budgets überwacht und wie bisher die Liquidität sichert.69 Trotz aller Befürchtungen bedeutet die veränderte Aufgabenstellung keinen Einflussverlust für die Zentralabteilung. Wie oben beschrieben, behält das Personalreferat eine bedeutende Schlüsselfunktion. Zwar würde die Personalverwaltung mehr und mehr zur Servicestelle für die Fachabteilungen, aber die Definition der Kriterien für die Personalauswahl und Beförderung sowie das Personal-Controlling beeinflussen die ministerielle Arbeit erheblich. Je konzeptioneller die Personalarbeit angelegt ist, desto wichtiger ist der ständige Abgleich mit dem Fortbildungsbereich und der Organisationsentwicklung. Letzteres umfasst als neue Aufgabe das Prozessmanagement und beschränkt sich nicht mehr auf das aufbauorganisatorische „Kästchenspiel“, also auf die Aktualisierung des Organigramms und des Geschäftsverteilungsplans. Der enge Zusammenhang von Personalentwicklung mit Organisation und Fortbildung legt es nahe, diese Aufgaben in einem Referat zu bündeln. Wird zudem die KLR zum führenden Planungssystem bei der Haushaltsaufstellung und -bewirtschaftung, ist auch die organisatorische Zusammenfassung dieser Aufgaben sinnvoll. Ob das Controlling/Haushaltsreferat in der Zentralabteilung oder beim strategischen Controlling im Leitungsbereich angesiedelt werden sollte, ist eine Frage der Abwägung. Die Schnittstelle zum Personal- und Fortbildungs-Controlling und zum generellen Ressourcenmanagement spricht für einen Verbleib in der Zentralabteilung. Die Schnittstelle zum übergreifenden Zielesystem und zum zentralen Projektmanagement favorisiert die Integration in den Leitungsbereich.70 Wichtiger als diese aufbauorganisatorische Entscheidung ist jedoch, dass der Abstimmungs- und Kommunikationsprozess zwischen dem Rechnungswesen (KLR und Haushalt) und dem strategischen Controlling sowie dem Personal- und Fortbildungs-Controlling stimmt. Die wichtigsten Ziele einer Zentralabteilung müssen sich in der Perspektive der Adressatenorientierung ausdrücken. Eine Zentralabteilung sollte ausschließlich eine Servicefunktion besitzen und keine operative Facharbeit leisten. Die Zusam69 70
Vgl. unten (Kap. 5). Vgl. oben (Kap. 4.4).
ORGANISATION
69
menführung der Fach- und Ressourcenverantwortung bedeutet, dass z. B. zur inhaltlichen Fach- und Rechtsaufsicht auch die Ressourcensteuerung des nachgeordneten Bereichs gehört. Bereits aufgrund dieser Dezentralisierung und der Abgabe der fachlichen Aufgaben verkleinert sich die Zentralabteilung deutlich. Durch eine Geschäftsprozessoptimierung, eine genuine Aufgabenkritik und die Definition der Leistungsstandards können zudem die klassischen Aufgaben des inneren Dienstes, wie Druckerei, Botendienst, Registratur und Fahrbereitschaft, effizienter und effektiver gestaltet werden. Als Ergebnis entsteht eine drastisch verkleinerte Zentralabteilung, die einen deutlich besseren Service anbietet.
71
5
Kosten- und Leistungsrechnung
5.1
Analyse des Status quo
Das Kostenbewusstsein ist in der Ministerialverwaltung nur schwach ausgeprägt. Personal ist „eh da“ und wird ineffizient eingesetzt. Der gehobene Dienst, der in den Kommunen und im nachgeordneten Bereich eine Schlüsselrolle spielt und viele Leitungspositionen besetzt, wird in den Ministerien kaum gefordert. So bezeichnen sich nicht wenige Oberamtsräte als „Oberkopierräte“. Das Potential des vorhandenen Personals wird selten ausgenutzt, während zugleich der Ruf nach zusätzlichem Personal die Regel ist. Einige Rechtsreferate besitzen beispielsweise die Größe einer veritablen Anwaltskanzlei, ohne einen vergleichbaren Arbeitsanfall zu besitzen. Trotzdem vertreten sie mit Vehemenz die Auffassung, dass sie strukturell unterbesetzt seien. Die Unterschiede zwischen privater und ministerieller Organisation liegen auf der Hand. Das Referat kann im Gegensatz zur Kanzlei die Einnahmen- bzw. Erlösseite völlig außer Acht lassen, muss also keine Dekkungsbeiträge erwirtschaften. Zudem kennt es die Kosten seiner Beschäftigten nicht. Lediglich die Anzahl der nach Dienstgruppen bewerteten Stellen ist bekannt. Die Mühe, dies in Euro umzurechnen, macht sich kaum jemand. Das ist auch nicht ganz einfach, da für die Pension der Beamten weder Rücklagen angelegt noch Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden und somit die wirklichen Personalkosten nicht ohne weiteres erkennbar sind. Daher muss neben den laufenden und ausgabewirksamen Gehalts- und Beihilfezahlungen ein Pensionszuschlag miteinberechnet werden. Nicht nur bei den Personalkosten besitzt das ausschließlich auf die Liquiditätssicherung bedachte öffentliche Rechnungswesen Schwächen. Insbesondere die Abbildung des Vermögens ist völlig unzureichend.71 Zwar ist dieses Problem für ein Ministerium nicht ganz so gravierend wie für eine Kommune mit ihrem umfangreichen Gebäudebestand. Doch kann es auch innerhalb der Ministerialverwaltung aufgrund fehlender Kostentransparenz zu falschen Investitionsentscheidungen kommen. In den Haushaltsplänen muss der auf das Jahr bezogene, kassenwirksame Investitionsbetrag vollständig veranschlagt werden. Als Folge ist die erstmalige Finanzierung die entscheidende Investitionshürde. Der zeitbedingte Substanzverlust des Vermögens wird in der Kameralistik nicht aufgezeigt, so dass insbe71
Vgl. Joachim Lohmann, Öffentliche Investitionsschwäche als Folge der Kameralistik, in: Verwaltung und Management 8 (2002), 335-339.
72
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
sondere bei Erneuerungsinvestitionen und baulicher Unterhaltung vorrangig gespart wird. Letzteres mag zwar sparsam sein, ist aber zweifellos unwirtschaftlich. Da es in der Kameralistik in erster Linie um die Erfassung der Zahlungsströme geht, wird der Ressourcenverbrauch weder zeit- noch verursachungsgerecht zugeordnet. Als Beispiele für die fehlende zeitgerechte Zuordnung seien der Vermögensverzehr und die Heizölrechnung genannt. Letztere wird nach Rechnungseingang einmal im Jahr bezahlt, müsste jedoch anteilmäßig auf alle Perioden verteilt werden. An diesem Beispiel wird zudem die fehlende verursachungsgerechte Zuordnung deutlich. Da sämtliche Beschäftigte im Winter heizen wollen, sind die Kosten für das Heizöl auf sämtliche Organisationseinheiten zu verteilen. Die verursachungsgerechte Zuordnung gilt nicht nur für den Bereich der Sachkosten, sondern umfasst auch den Personalbereich. Die meisten Kommunen haben daher den Sammelnachweis der Personalausgaben aufgelöst und auf die Dezernate und Ämter verteilt. Konsequenterweise müssten auch die Ministerien die zentrale Veranschlagung zumindest durch die Zuordnung der Personalausgaben zu den einzelnen Abteilungen ergänzen.
5.2
Inhalt und Funktion der KLR
Die zuvor beschriebenen Schwächen der Kameralistik können durch eine KLR ausgeglichen werden. Die entscheidende Veränderung für die interne Ressourcensteuerung eines Ministeriums besteht also nicht in der Entscheidung „Kameralistik versus kaufmännische Buchführung“, sondern in der KLR-Einführung.72 Um überflüssigen Aufwand zu vermeiden, sollte die KLR so gestaltet werden, dass sie mit der Doppik kompatibel ist. Im übrigen können weder ein externes noch ein internes Rechnungswesen eine Verhaltensänderung erzwingen. Die KLR ist lediglich ein Informationsinstrument, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sie sorgt für Kostentransparenz, aber nicht zwangsläufig für gesteigertes Kostenbewusstsein. Der Produktansatz in der KLR zielt auf die Ergebnis- bzw. Outputorientierung, kann jedoch nur in einem umfassenden Steuerungssystem erfolgversprechend sein. Gerade in Ministerien sind isolierte Kosten- und Produktinformationen wenig sinn72
Vgl. dagegen Dietrich Budäus, Modernisierung des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens, in: Werner Jann u. a., Status-Report Verwaltungsreform. Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren, Berlin 2004 (= Modernisierung des öffentlichen Sektors Bd. 24), 75-86. Allerdings geht es Budäus in seiner Argumentation für das kaufmännische Rechnungswesen bzw. für eine Verbundlösung nicht in erster Linie um die interne Ressourcensteuerung einer Behörde, sondern um die Makroebene des gesamten Haushalts der jeweiligen Gebietskörperschaft.
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
73
voll, da beispielsweise die Kalkulation von Gebühren nicht notwendig ist und die Betrachtung von Stückkosten inadäquat wäre. Welchen konkreten Mehrwert leistet die KLR in einem Ministerium? An vorderster Stelle ist die Kostentransparenz zu nennen. Der zeit- und verursachungsgerechte Ausweis der Kosten ermöglicht in vielen Fällen erst eine sachgerechte und dezentrale Steuerung. Im Idealfall können durch die produktorientierte KLR die Grundlast der Arbeitseinheiten ermittelt und Ressourcen zielgerichtet für die Projektarbeit eingesetzt werden. Für den Aufbau der KLR sollte der allgemeine Grundsatz beachtet werden: Je einfacher und überschaubarer, desto besser. Ein solches Konzept ist „KISS“: K
=
Keep
®
Halte
I
=
it
®
es (das Konzept)
S
=
simple and
®
einfach und
S
=
stupid
®
dumm/übersichtlich/leicht erlernbar
Abb. 17: KISS-Konzept An dieser Stelle liegt ein Grundproblem vieler KLR-Konzepte. Fachlich sind sie häufig gut, doch ihr komplizierter Aufbau macht sie für einen Laien undurchschaubar. Da es genau diese Laien sind, die mit den Informationen aus der KLR arbeiten sollen, bringt es nichts, wenn nur ein Controller den KLR-Aufbau versteht. Grundsätzlich sollte ein möglichst einfaches KLR-System gewählt werden. Die Ist-Vollkostenrechnung, die in einem späteren Schritt um eine PlanKomponente erweitert werden sollte, ist einfach zu verstehen. Trotz konzeptioneller Überlegenheit ist von einer Teil- und Prozesskostenrechnung aufgrund der Komplexität abzuraten. Die KLR ist traditionell in drei Teilbereiche gegliedert: -
Die Kostenartenrechnung zeigt, welche Kosten angefallen sind.
-
Die Kostenstellenrechnung zeigt, wo die Kosten angefallen sind.
-
Die Kostenträgerrechnung zeigt, wofür, d. h. für welche Produkte, die Kosten angefallen sind.
74
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Kostenartenrechnung
• Personalkosten
Kostenträgerrechnung
Einzelkosten
Kostenstellenrechnung
• Sachkosten • Kalkulatorische Kosten
Produkt 1 Produkt 2
Ref. 1 Abt. 2 Ref. 2 Abt. 1
Produkt 3 Produkt 4 Produkt 5
Ref. 1
Abb. 18: KLR-Übersicht Kosten, die direkt einem Produkt zugeordnet sind, werden Einzelkosten genannt, z. B. der Auftrag eines externen Dienstleisters, der ausschließlich für ein bestimmtes Produkt erbracht wird. Gemeinkosten sind sämtliche Kosten, die nicht unmittelbar einem Produkt zuzuordnen sind, z. B. Service- und Leitungsfunktionen. Bisweilen werden sämtliche Personalkosten einer Behörde als Gemeinkosten verstanden. Hier zeigt sich, dass die Unterscheidung in Einzel- und Gemeinkosten in der Praxis häufig nicht weiterführt. Insbesondere wenn die Beschäftigen ihre Arbeitszeit auf Produkte aufschreiben, kann man mit einiger Berechtigung von Einzelkosten sprechen.73
5.3
Kostenartenrechnung
Die Kostenartenrechnung zeigt, welche Kosten angefallen sind. Es lassen sich folgende drei Hauptkostenarten unterscheiden:
73
Vgl. Ehrhard Mundhenke, Controlling/KLR in der Bundesverwaltung, 26.
75
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Kostenarten
Quelle
Personalkosten
Sachkosten
kalkulatorische Kosten
Zeitaufschreibung
Belegerfassung
Anlagenbuchhaltung
Abb. 19: Kostenarten-Übersicht Die Personalkosten entstehen durch den Anspruch der Beschäftigten auf Besoldung und Entlohnung und werden im ersten Schritt den Kostenstellen zugeordnet, in denen die Beschäftigten arbeiten. Eine ergebnisorientierte Zuordnung erfolgt durch Zeitaufschreibungen auf Produkte oder Projekte. Für die einzelnen Laufbahngruppen werden meist Durchschnittstarife gebildet und mit der Anzahl der Beschäftigten (Vollzeitäquivalenten) pro Kostenstelle/Referat multipliziert. Damit dieser Soll-Wert mit den Ist-Ergebnissen der Zeitaufschreibung übereinstimmt, werden letztere mit einem flexiblen Tarif multipliziert. Das heißt in der Praxis, dass die Kostenstellen, in denen viele Überstunden geleistet werden, einen deutlich niedrigeren Tarif haben als diejenigen mit hohen Abwesenheitszeiten. Bei sämtlichen Tarifen wird ein Versorgungszuschlag von 30 % eingerechnet, um insbesondere die zukünftigen Pensionslasten abzubilden. Die Verwendung von Durchschnittstarifen ist insbesondere auf Bedenken von Personalvertretungen aus der Anfangszeit der KLR-Einführung zurückzuführen. So wurde nicht zu Unrecht befürchtet, dass „echte“ Personalkostenausweise zu Fehlsteuerungen führen könnten, da beispielsweise junge und unverheiratete Beamte deutlich weniger kosten als ältere Beschäftigte mit Familie. Wenn die KLR jedoch zur Planung und Generierung von Haushaltsansätzen (Stichwort: „Produkthaushalt“) benutzt werden soll, ist der Ansatz von Durchschnittskostensätzen zu überdenken.
76
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Die Sachkosten, wie Kosten für das Büromaterial, Telekommunikations-, IT- und Reisekosten, werden über die Belegerfassung in die KLR eingespielt. Voraussetzung hierfür ist ein entsprechendes IT-System, welches die Belegerfassung für Haushalt und KLR in einem Arbeitsschritt ermöglicht Auf den Belegen sind jeweils die Kostenstelle und ggf. der Kostenträger (Produkt oder Projekt) anzugeben. Die dezentrale Zuordnung ist der entscheidende Unterschied zwischen Sachausgaben und Sachkosten. Völlig neu sind die kalkulatorischen Kosten, die in traditionellen Haushaltsplänen aufgrund der fehlenden Kassenwirksamkeit nicht veranschlagt werden. Kalkulatorische Kosten bestehen aus: -
Abschreibungen,
-
kalkulatorischen Mieten,
-
kalkulatorischen Zinsen und
-
Risikokosten.
Bei Ministerien sind vor allem die Abschreibungen und Mieten von Bedeutung, während die letzten beiden Punkte vernachlässigt werden können. Die kalkulatorischen Zinsen sollen den Nutzenentgang des gebundenen Vermögens quantifizieren, beantworten also die Frage, in welcher Höhe das Eigenkapital bei einer alternativen Anlage hätte verzinst werden können. Die Risikokosten bestehen vor allem aus Wagniskosten, z. B. aufgrund von Nichtversicherung. Sowohl kalkulatorische Zinsen als auch Risikokosten spielen beispielsweise bei Kommunen74 eine weitaus wichtigere Rolle als bei Ministerien, wo sie vernachlässigt werden können. Die Abschreibungen von langlebigen Gegenständen haben hingegen integraler Bestandteil einer KLR in der Ministerialverwaltung zu sein. Diese Form der kalkulatorischen Kosten ermöglicht die periodengerechte Zuordnung des Werteverzehrs des Vermögens. Im Unterschied zur Kameralistik und zur Finanzrechnung wird in der KLR der Anschaffungspreis einer Investition gewissermaßen über mehrere Jahre verteilt. Die Abschreibungen markieren dabei den jährlichen Ressourcenverbrauch, also den Wertverzehr. Bei geringfügigen Wirtschaftsgütern, also Gütern mit einem Anschaffungswert von netto (ohne Mehrwertsteuer) unter 410 Euro, gibt es keinen Unterschied zwischen Kameralistik und KLR. Mit dem Zeitpunkt der Anschaffung sind sie sowohl ausgabe- als auch kostenwirksam.
74
Vgl. Bernd Klümper, Ewald Zimmermann, Die produktorientierte Kosten- und Leistungsrechnung, München, Berlin 2002 (= Die neue Kommunalverwaltung Bd. 5), 113-127.
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
77
Um die kalkulatorischen Kosten der Anlagegüter abbilden zu können, ist eine Anlagenbuchhaltung aufzubauen. Die Anlagenbuchhaltung ist die wertmäßige Abbildung der Vermögensgegenstände und ermöglicht die Erstellung einer Vermögensübersicht und -rechnung75 sowie die Periodisierung der Kosten. Zwischen Anlagenbuchhaltung und der Inventarisierung sowie dem Geräte- und Servicemanagement besteht ein direkter Zusammenhang, da das Objekt der Betrachtung jeweils gleich ist. Hier liegt häufig das zentrale Problem beim Aufbau einer Anlagenbuchhaltung. In den meisten Ministerien wird keine regelmäßige Inventur durchgeführt, und die Inventarlisten werden nicht sorgfältig gepflegt. Analog zu den anderen Sachkosten müssen die neuangeschafften Anlagegüter einer Kostenstelle bzw. einem Referat exakt zugeordnet werden. Das bestehende Vermögen ist zu erfassen, zu bewerten und ebenfalls den einzelnen Organisationseinheiten zuzuordnen. Wenn die Belege nicht mehr vorhanden sind, braucht bei der wertmäßigen Erfassung alter Anlagegüter nicht allzu sorgfältig vorgegangen zu werden. Jedoch sollte nicht einfach auf Pauschalisierungen zurückgegriffen werden, z. B. in Form einer pauschalen Quantifizierung der Kosten eines IT-Arbeitsplatzes. Durch dieses Vorgehen wäre die Ungenauigkeit groß, was jedoch, abhängig vom Steuerungsinteresse, nicht nachteilig sein muss. Das größere Problem der Pauschalisierung besteht darin, die dezentrale Ressourcenverantwortung zu erschweren.76 Da sich die Gebäude der Ministerialverwaltung in der Regel im Staatsbesitz befinden und nach wie vor Mietzahlungen an ein zentrales Gebäudemanagement die Ausnahme sind, ist die Miete kalkulatorisch anzusetzen. Dabei sollte der ortsübliche Nettomietsatz (Kaltmiete) und die Haupt- und anteiligen Nebenflächen als Bemessungsgrundlagen herangezogen werden. Zusätzlich sind die Nebenkosten in Rechnung zu stellen, also ein Standardsatz für Reparaturen und laufende Unterhaltung sowie für Abfall, Wasser, Energie und Heizung. Die Bezugsgröße ist der pro Kostenstelle bzw. Referat genutzte Quadratmeter. Die häufig zitierte Aussage, dass die Kosten in einem Ministerium zu mindestens 80 % aus Personalkosten bestehen, kann eindeutig falsifiziert werden. Die Erfahrungen zeigen vielmehr folgende Verteilung der Kostenarten: -
Personalkosten: ca. 65 %,
-
Sachkosten: ca. 15 % und
75
76
Eine aussagekräftige Vermögensrechnung wird z. B. vom Bundesrechnungshof gefordert. Siehe Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2003 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, Bonn 2003, 11, 42f. Vgl. unten (Kap. 6).
78
-
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
kalkulatorische Kosten: ca. 20 %.77
Aus diesen Angaben wird deutlich, dass die Nichtpersonalkosten keine zu vernachlässigende Größe sind.
5.4
Kostenstellenrechnung
Die Kostenstellenrechnung zeigt, wo die Kosten angefallen sind. Eine Kostenstelle sollte grundsätzlich aus einem Referat bestehen. Die Abteilung ist die Sammelkostenstelle oder Kostenstellengruppe. Die Kostenstellenrechnung dient dem Ausweis der Kosten, die in den einzelnen Referaten und Abteilungen entstehen und bietet damit die Möglichkeit, auf dezentraler Ebene Kostentransparenz zu erzeugen. Sämtliche Kosten, die einer Organisationseinheit zugeordnet werden können, sollten in den Kostenstellenberichten erscheinen. Dies gilt auch für sämtliche Umlagen.78 In der traditionellen Kostenstellenrechnung wird zwischen Hauptkosten- und Hilfskostenstellen unterschieden. Die Hauptkostenstellen werden für gewöhnlich aus der geltenden Organisationsstruktur abgeleitet. Die Hilfskostenstellen dienen dem differenzierten Ausweis von Kosten, die z. B. für ein Gebäude anfallen. Vielfach werden auch Hilfskostenstellen für die administrativen Bereiche der Zentralabteilungen angelegt. Hierauf sollte aufgrund des ergebnisorientierten Produktansatzes verzichtet werden. Die sogenannte sekundäre Kostenverrechnung, also die Verrechnung der Hilfskostenstellen, ist nur auf dem Wege eines relativ komplexen Verfahrens durchzuführen und daher schwer nachvollziehbar.79 Da keine zwingende inhaltliche Notwendigkeit besteht und um das KLR-System übersichtlich zu gestalten, sollten Ministerien auf die Bildung von Hilfskostenstellen für Organisationseinheiten ganz verzichten. Die Verrechnung von internen Leistungen kann vollständig über interne Produkte erfolgen.80 Damit es nicht zu einer individuellen Leistungskontrolle kommen kann, sollte bei der Kostenstellenbildung darauf geachtet werden, dass mindestens sechs bis acht Mitarbeiter in einer Kostenstelle bzw. in einem Referat arbeiten. Dies passt zu der 77
78 79 80
Wenn das Gebäude von einem privaten oder öffentlichen Vermieter angemietet ist, die Mietzahlungen also kassenwirksam sind, verschieben sich die Anteile entsprechend von den kalkulatorischen Kosten zu den Sachkosten. Vgl. Bernd Klümper, Ewald Zimmermann, Die produktorientierte Kosten- und Leistungsrechnung, 139. Vgl. zu den verschiedenen Verfahren der sekundären Kostenverrechnung: Ebenda, 143-154. Vgl. unten (Kap. 5.5 und 5.6).
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
79
generellen Zielsetzung, die Kleinstreferate aufzulösen.81 Die Mitarbeiter sollten jeweils einer einzigen Kostenstelle zugeordnet werden, damit Leistung und Kosten organisatorisch klar abgegrenzt werden können. Hausleitung und Abteilungsleitung erhalten eigene Kostenstellen. In der Regel sind die Referatsleiter die Kostenstellenverantwortlichen und haben in dieser Funktion folgende Aufgaben zu erfüllen: -
Planung, Steuerung und Kontrolle der Kostenentwicklung,
-
Verantwortlichkeit für die Plausibilität der Daten sowie
-
Erstellung und Weiterentwicklung einer adäquaten Produktstruktur.
Der letzte Punkt verdeutlicht bereits die Schnittstelle mit der Kostenträgerrechnung. Während die Kostenstellenrechnung zur Fortführung der klassischen InputSteuerung benutzt werden kann, führt die Nutzung der Kostenträgerinformationen zur Output-Orientierung.
5.5
Kostenträgerrechnung
Die Kostenträgerrechnung zeigt, wofür, d. h. für welche Produkte, die Kosten angefallen sind. Ein Produkt definiert sich als das Ergebnis einer regelmäßigen Abfolge von Tätigkeiten, welches für einen Dritten von Nutzen ist. Auf die definierten Produkte schreiben die Beschäftigten ihre Arbeitszeit auf.82 Dabei handelt es sich nicht um eine Zeiterfassung, beispielsweise im Rahmen einer Gleitzeitregelung. Im Gegenteil, ein Abgleich zwischen KLR und Stechuhr ist weder erlaubt noch sinnvoll. Der Datenschutz spricht eindeutig dagegen. Zudem ist eine individuelle Leistungskontrolle nicht das Ziel der KLR. Vielmehr geht es um die Ermittlung der Produktkosten, und zwar in diesem Zusammenhang um die Personalkosten bei der Produkterstellung. Diese errechnen sich durch die Multiplikation der aufgeschriebenen Zeiteinheiten mit einem Durchschnittstarif. Von der Zeitaufschreibung können sämtliche Beschäftigte ausgenommen werden, die nur ein einziges Produkt bebuchen würden, z. B. Boten, Schreibkräfte oder Fahrer.83 Auch im Leitungsbereich kann dieses Vorgehen sinnvoll sein. Die Soll-
81 82 83
Vgl. oben (Kap. 3.2.1 und 4.2). Häufig wird statt „aufschreiben“ das Verb „buchen“ benutzt. Auszubildende, Referendare, Praktikanten und Hospitanten sind ebenfalls nicht in die Zeitaufschreibung miteinzubeziehen.
80
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Arbeitszeit der Beschäftigten entspricht dann automatisch der Ist-Arbeitszeit auf den einschlägigen Produkten. Der Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, dass die KLR für die nichtaufschreibenden Kostenstellen keine Fortbildungs-, Krankheits- oder Urlaubszeiten ausweisen kann. Zweifellos ist die Zeitaufschreibung im öffentlichen Dienst alles andere als beliebt. Sie wird als Belastung empfunden und ihr Mehrwert in Frage gestellt. So geben viele Ministerialbeamte freimütig zu, dass sie ohnehin nur „Pi mal Daumen“ aufschreiben. Bei einem nicht zu feingliedrigen Produktkatalog ist diese Aufschreibungspraxis jedoch nicht weiter relevant. Generell geht es um die Erkenntnis, wie sich die Personalressourcen auf die einzelnen Produkte verteilen. So hat ein Abteilungsleiter seine Referatsleiter im Rahmen der KLR-Einführung schätzen lassen, wie hoch der Anteil der einzelnen Produkte am gesamten Verbrauch der Personalressourcen sei. Ausnahmslos alle Führungskräfte einschließlich des Abteilungsleiters haben sich mehr oder weniger deutlich verschätzt, übrigens auch diejenigen Referatsleiter, die meinten, dass sie über ihren „Laden“ bereits alles wüssten und daher keine KLR bräuchten. Gegen dieses Beispiel kann eingewendet werden, dass am Anfang die Daten nicht valide und die Ergebnisse der Zeitaufschreibung deswegen irreführend sind. Ob jedoch selbst nach mehreren Jahren die anfängliche Schätzung den Ist-Ergebnissen näher kommt, mag dahin gestellt sein. Wichtig ist, dass die Führungskräfte die Daten der Zeitaufschreibung hinterfragen. Dann werden die Beschäftigten der Zeitaufschreibung mehr Bedeutung beimessen. Auf der Basis valider werdender Daten können die Führungskräfte die Zeitanteile umschichten und als Planungsgrundlage benutzen. Dieser Prozess braucht erfahrungsgemäß seine Zeit, und zwar mindestens zwei Jahre. Dabei wird deutlich, dass in einem Ministerium der Zeitaufwand und nicht die Umrechnung in Kosten die entscheidende Steuerungsgröße ist, zumindest im Rahmen der Kostenträgerrechnung. Der administrative Aufwand der Zeitaufschreibung ist zweifellos hoch. Gerade wenn es keine automatisierten Schnittstellen zwischen Personalverwaltung und KLR-Betrieb gibt, ist das Anlegen und vor allem die Pflege der Personalstammdaten eine große Arbeitsbelastung für die Controller. Häufig ist übrigens nicht die IT-Umsetzung der Schnittstelle das Problem, sondern die mangelnde Qualität der Daten in der Personalverwaltung, die insbesondere durch die zeitlich verzögerte Datenpflege von Versetzungen innerhalb der Ministerien entsteht. Zudem müssen die Beschäftigten geschult und regelmäßig betreut werden, was die Controller ebenfalls stark in Anspruch nimmt. Diesem Aufwand steht der bereits beschriebene Nutzen gegenüber, wenn die Führungskräfte die Ergebnisse der Zeitaufschreibung als Planungs- und Steuerungsgrundlage benutzen. Dies ist auch die Erfahrung in Dienstleistungsunternehmen, die lange Zeit als grundsätzlich ungeeignet für eine KLR galten. Heute ist in fast jedem komplexen Dienstleistungsunterneh-
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
81
men, wie beispielsweise in Anwaltskanzleien, Planungs- und Architekturbüros sowie Unternehmensberatungen, eine produkt- bzw. projektbezogene Arbeitszeiterfassung des Stammpersonals üblicher Standard. Die auf die Kostenträger bzw. Projekte aufgeschriebenen und den Kunden in Rechnung gestellten Stunden beschreiben die Leistungsseite dieser Firmen. Der Overhead, der insbesondere aus den Kosten der Zentralverwaltung und der Führungskräfte besteht, fließt in die Kostenkalkulation, also in den Preis, mit ein. Der einzige Unterschied zu einem Ministerium besteht darin, dass sich dieses in der vorteilhaften Situation befindet, seine Kosten nicht am Markt erwirtschaften zu müssen. Bevor das Verfahren der Produktdefinition ausführlicher dargestellt wird, soll der grundsätzliche Aufbau der Kostenträgerrechnung erläutert werden. Grundsätzlich wird zwischen internen und externen Produkten unterschieden, und zwar entsprechend den internen und externen Produktempfängern. Nachfolgend seien für diese Unterscheidung einige Beispiele genannt: Externe Produkte Beispiele: » Rechtsangelegenheiten (Produktgruppe) » Fachaufsicht » Externe Revision
Interne Produkte Beispiele: » Service-Produkte der Zentralabteilung » Führung, Personal und Organisation » Controlling » Petitionen und Bürgerbriefe
Statistische Produkte Beispiele: » Teilnahme an Aus-, Fort- und Weiterbildung » Urlaub und Krankheit » Nicht produktbezogene Tätigkeiten
Abb. 20: Beispiele für Produkttypen Die externen Produkte werden auch Fachprodukte genannt. Das Beispiel „Rechtsangelegenheiten“ verdeutlicht, dass die externen Produkte das ministerielle Kerngeschäft abbilden und einen Adressaten außerhalb des eigenen Ministeriums besitzen. Die internen Produkte ermöglichen das Erstellen der Fachprodukte und werden daher auf diese verrechnet. Klassische Beispiele sind die Tätigkeiten der Zentralabteilung, wie die Personalverwaltung und der gesamte innere Dienst. Die Standard-KLR des Bundes bietet eine Orientierung für die Beschreibung dieser Produkte.84 Das Produkt „Führung, Personal und Organisation“ ist ebenfalls ein
84
Siehe Bundesministerium der Finanzen, KLR-Handbuch für die Bundesverwaltung (Standard-KLR des Bundes), in: Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung - VSF - (= Amtsblatt des Bundesministeriums der Finanzen), Stoffgebiet Haushaltsrecht, Abschnitt Kosten- und Leistungsrechnung, Bonn 1997). Leider ist die Standard-KLR in ihrer Formulierung recht unverständlich.
82
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
internes Produkt, bezieht sich jedoch nicht auf die Service-Tätigkeiten der Zentralabteilungen, sondern auf die Kosten der Führung. Soweit Führungskräfte, also Abteilungs- und Referatsleiter, ihre Arbeitszeit nicht einem anderen Produkt zuordnen, buchen sie überwiegend auf „Führung, Personal und Organisation“. Damit auch die Kosten von Controlling transparent und steuerbar werden, ist ein einschlägiges Produkt zu definieren. Über den Charakter des Produkts „Petitionen und Bürgerbriefe“ kann lange gestritten werden. Ist es überhaupt ein eigenes Produkt? Wenn ja, ist es nicht eher ein externes Produkt, weil es Adressaten außerhalb des eigenes Ministeriums besitzt? Letztlich ließe sich jede Petition und jeder Bürgerbrief einem anderen Produkt zuordnen, da es fast immer um die Beantwortung einer fachlichen Frage geht. In der Produktbeschreibung jedes Fachproduktes könnte somit die entsprechende Tätigkeit „Beantwortung von Petitionen und Bürgerbriefen“ auftauchen. Ob dieses Vorgehen oder die Definition eines eigenen Produktes gewählt wird, hängt vom Steuerungsinteresse ab. Soll der Zeitaufwand und in Verbindung mit dem Zielesystem auch das Qualitätsniveau der Petitionen und Bürgerbriefe bewusst gesteuert werden, empfiehlt sich die Anlage eines eigenen Kostenträgers. Auf der Grundlage der vorherigen Ausführungen über den Zusammengang mit den Fachprodukten handelt es sich bei diesem Kostenträger um ein internes Produkt, doch das ist Ansichtssache. Da ein Ministerium weder Petitionen und Bürgerbriefe noch seine Fachprodukte verkauft, hilft dieses Kriterium für ein externes Produkt nicht weiter. Ein entsprechendes Steuerungsinteresse vorausgesetzt, ist vor allem wichtig, dass die Kosten und der Zeitaufwand für die Bearbeitung von Petitionen und Bürgerbriefen separat ausgewiesen werden. Ob die Kosten intern weiterverrechnet werden oder nicht, ist von sekundärer Bedeutung. Das Beispiel verdeutlicht, dass die Produktbildung nicht fachlich-wissenschaftlich oder sogar dogmatisch zu betreiben ist. Entscheidend ist das Steuerungsinteresse der Führungskräfte und nicht die konzeptionelle Reinheit der KLR. Im Extremfall kann es daher sogar den Kostenträger Gremienarbeit geben, obwohl dieser zweifelsohne keinen Produktcharakter besitzt, sondern ausschließlich eine Tätigkeit beschreibt und die exakte verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten zumindest erschwert, wenn nicht sogar verhindert. Neben den externen und internen Produkten sollten auch sogenannte statistische Produkte erfasst werden. Hier handelt es sich insbesondere um Abwesenheiten aufgrund von Teilnahme an Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie von Urlaub und Krankheit. Ein weiteres statistisches Produkt ist als „Nicht produktbezogene Tätigkeiten“ definiert und wird von den Beschäftigten bebucht bei: -
Fachbezogenen Arbeiten, die sich keinem Produkt zuordnen lassen und für die kein eigenes Produkt gebildet wurde,
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
-
-
-
83
Restzeiten nach Aufteilung der Arbeitszeit auf Produkte, Arbeitsanteilen für ein Produkt, die einen zeitlichen Aufwand von 30 Minuten am Tag unterschreiten, Haus-, Abteilungs- oder Referatsveranstaltungen, die nicht Führung, Personal und Organisation oder anderen Produkten aus fachlicher Sicht zuzuordnen sind sowie Dienstbefreiungen (bei Fortzahlung der Bezüge), z. B. kommunale Tätigkeiten und Schöffentätigkeit.
Dieses statistische Produkt ist unentbehrlich, weil die Beschäftigten ihre IstArbeitszeit buchen sollen und eben nicht nur die unmittelbar produktbezogene Arbeitzeit. Ein hoher Anteil an nicht produktbezogenen Tätigkeiten kann verdeutlichen, dass der Produktkatalog überarbeitet bzw. ergänzt werden muss, da er z. B. einen relativ großen Teil der Tätigkeiten eines Referates nicht abbildet. Um die Zeitaufschreibung nicht zu aufwändig werden zu lassen, sollten nur mindestens halbe Stunden gebucht werden. Das führt unter Umständen dazu, dass ein Teil der Arbeitszeit auf „Nicht produktbezogene Tätigkeit“ zu buchen ist.
84
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Oberhalb der Einteilung in externe, interne und statistische Produkte gibt es in der KLR folgende Kategorien:
Produktbereich
Produktebene
Produktgruppe
Produkt
Teilprodukt Prozessebene
Tätigkeit
Abb. 21: Aufbau der Produktstruktur Die Produktbereiche bestehen in einem Ministerium in der Regel aus den einzelnen Abteilungen. In einer Produktgruppe werden die Produkte nach fachlichinhaltlichen Kriterien zusammengefasst. Die Produkte beschreiben die nach dem Steuerungsinteresse der Abteilungsleitung aggregierten Tätigkeiten der Referate. Auf Referatsebene können diese Produkte in Teilprodukte untergliedert werden. Die Produkte bzw. Teilprodukte sowie Projekte bilden als eigene Kostenträger die Buchungsebene ab. Die Beschäftigten schreiben ihre Zeit also nicht auf Produktbereiche und -gruppen auf, sondern ausschließlich auf Produkte/Teilprodukte und Projekte.
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
85
Oberhalb der Produktbereiche wird in Ministerien bisweilen die zusätzliche Ebene der Produktcluster oder -felder definiert.85 Je nach Steuerungsinteresse der Hausleitung können die Produktbereiche bzw. -gruppen zu thematischen Schwerpunkten zusammengefasst werden. Beispielsweise böte sich das Produktfeld „Rechtsetzung“ an, welches die einschlägigen Produktgruppen der Abteilungen bzw. der Produktbereiche integriert. Abgesehen von Zuordnungsschwierigkeiten ist der Erkenntniswert dieser zusätzlichen Ebene kritisch zu hinterfragen. Als aggregierte Werte des gesamten Ministeriums eignen sich besser die Übersicht über die Produktbereiche einschließlich der Produktgruppen und der Ausweis einiger Produkte, die im Produktkatalog sämtlicher Abteilungen auftauchen.86 Allerdings werden auch diese Daten in den meisten Fällen nur auf ein geringes Interesse der Hausleitung stoßen. Die Informationen über den Stand der Zielerreichung sind für die politische Führungsspitze eines Ministeriums weit interessanter als die Produktinformationen. Die KLR ist vorrangig das Instrument der mittleren Managementebene, also der Abteilungsleiter. Aus diesem Grund und wegen der Budgetierung87 ist es wichtig, dass die KLR-Daten eindeutig abteilungsbezogen ausgewiesen werden können. Abbildung 21 verdeutlicht, dass unterhalb der Produktebene die Prozesse stehen. Wie bereits ausgeführt,88 sollte für jedes Produkt auch sein Erstellungsprozess abgebildet und ggf. optimiert werden. Nach dieser Darstellung der Produktkategorisierung wird nachfolgend das Verfahren der Produktdefinition erläutert.
85 86 87 88
Vgl. allgemein Bundesministerium der Finanzen, Standard-KLR des Bundes, 45. Insbesondere die statistischen Produkte sind hier zu nennen. Vgl. unten (Kap. 6). Vgl. oben (Kap. 4.3).
86
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Schritte
Inhalte
Ergebnis
Produktdefinition
Zusammenfassung von Tätigkeiten zu Produkten
Produkt
Produktbeschreibung
Beschreibung des Produktinhalts, der Empfänger und Produktverantwortlichen
Produktstruktur
Gruppierung der Produkte zu Produktgruppen und Produktbereichen
Produktsteckbrief
Produktkatalog
Abb. 22: Arbeitsschritte bei der Produktdefinition Bei der Produktdefinition besteht erfahrungsgemäß die Tendenz, den Produktkatalog aus Sicht des eigenen Referates zu entwickeln. Die entstehenden „Referatsprodukte“ stellen dann häufig nur eine Doppelung der Informationen dar, die auf Kostenstellenebene ohnehin abgebildet wird. Zudem möchten viele Referate ihr gesamtes Tätigkeitsspektrum bis herunter auf die Mitarbeiterebene in Produktform abbilden. Das Ergebnis sind lange Produktkataloge, die mit hohem Aufwand beschrieben und bebucht werden, aber unter Steuerungsaspekten weitgehend unbrauchbar sind.89 Folgende Prüffragen für die Produktbildung können hier Abhilfe schaffen: -
Ist das Produkt (bzw. Teilprodukt) steuerungsrelevant und beeinflussbar?
-
Ist das Aggregationsniveau der Produktstruktur insgesamt stimmig?
-
Rechtfertigt der geschätzte Arbeitsaufwand den differenzierten Ausweis?
-
Ist die Differenzierung in der Zeiterfassung bedienbar?
-
-
89
Können die Beschäftigten ihre Zeitaufschreibungen überschneidungsfrei und eindeutig zuordnen? Sind die Begrifflichkeiten allgemein verständlich und akzeptiert? Vgl. allgemein Christoph Reichard, Der Produktansatz im „Neuen Steuerungsmodell“ - von der Euphorie zur Ernüchterung, in: Dieter Grunow, Hellmut Wollmann (Hg.), Lokale Verwaltungsreform in Aktion: Fortschritte und Fallstricke, Basel u. a. 1998, 85-102.
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
87
Auch bei der Produktdefinition ist das Verhalten der Führungskräfte von entscheidender Bedeutung. Ihre Aufgabe besteht darin, Produkte zu definieren, die eine hohe Steuerungsrelevanz besitzen. Hier liegt häufig das Grundproblem der KLR. In guter Verwaltungstradition steht die Dokumentation und damit vermeintlich die Legimitation im Vordergrund. Bei den so definierten Produkten kann der geringe Erkenntniswert der Ergebnisse der Zeitaufschreibung nicht überraschen. Die Führungskräfte, und zwar insbesondere die Abteilungs- und Unterabteilungsleiter, müssen sich bei der Produktdefinition daher folgende Fragen stellen: -
Generell: „Was will ich eigentlich steuern?“
-
Spezifisch: „Wo können mir Informationen über den Zeitaufwand nützen?“
Für die Erarbeitung der Produktstruktur ist eindeutig die Abteilungsleitung verantwortlich. Die Referate sollten in Form von Workshops die Struktur kritisch diskutieren, die Produkte beschreiben und ggf. Teilprodukte definieren. Wie eine Produktbeschreibung aussehen kann, zeigt folgendes Beispiel: Produktsteckbrief: Rechtsetzung national Rechtsetzung Teil der Produktgruppe » Erarbeitung, Formulierung, Zusammenstellen und VeröffentliProduktkurzbechung von Rechtsvorschriften schreibung und -inhalt » Begleitung der Beratungen der gesetzgebenden Körperschaften » Information und Beratung der politischen Ebene, einschließlich Sitzungsmappen, Synopsen etc. » Erörterung in Arbeitsgruppen » Anhörung von Verbänden » Beteiligung von Referaten, Abteilungen und anderen Ressorts » Prüfung auf EU-Konformität » Stellungnahmen und Beiträge » Rechtsfolgenabschätzungen » Neubekanntmachung von Gesetzen und Durchführungsverordnungen
Produktverantwortlicher Adressaten bzw. Pro Adressaten bzw. Produktempfänger
Referatsleiter N.N. Innerhalb der gleichen Behörde Andere Behörde/Dienststelle innerhalb des gleichen Ressorts
88
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Produktsteckbrief: Rechtsetzung national Öffentliche Verwaltung außerhalb der Behörde/des Ressorts Andere: Parlament, Kammern, Verbände, EU
Abb. 23: Produktsteckbrief Rechtsetzung national Dieser Produktsteckbrief wird für jedes Produkt bzw. Teilprodukt erstellt und kann auch zusätzliche Angaben zu Kennzahlen und zur Rechtsgrundlage des Produktes beinhalten. Hier ein weiteres Beispiel eines Produktsteckbriefs: Produktsteckbrief: Rechtsetzung EU Rechtsetzung Teil der Produktgruppe » Einbringung von Änderungsvorschlägen zu EU-Rechtsakten Produktkurzbeschreibung und -inhalt » Stellungnahme zu Gesetzentwürfen (Rechtsakten) von EUGremien » Beteiligung von Verbänden » Beteiligung der Außenverwaltung, Ressorts, Referate, Abteilungen und anderen Behörden » Beratung der politischen Ebene » Begleitung parlamentarischer Beratungen » Beratungen und Besprechungen in EU-Gremien
Produktverantwortlicher Adressaten bzw. Produktempfänger
Referatsleiter N.N. Innerhalb der gleichen Behörde Andere Behörde/Dienststelle innerhalb des gleichen Ressorts Öffentliche Verwaltung außerhalb der Behörde/des Ressorts Andere: Parlament, EU
Abb. 24: Produktsteckbrief Rechtsetzung EU
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
89
Beide Produkte gehören der Produktgruppe „Rechtsetzung“ an. Folgende Aufzählung listet weitere potentielle Produktgruppen eines eher juristisch geprägten Produktbereichs auf: -
Konzeption,
-
Umsetzung,
-
Projekte,
-
Fachaufsicht,
-
Externe Revision,
-
Bürgerbriefe und Petitionen sowie
-
Interne Verwaltungsprodukte (Produkte „Führung, Personal und Organisation“ sowie „Controlling“) und statistische Produkte.
Die Produktgruppe „Projekte“ liegt quer zu den anderen Produktgruppen und könnte daher auch in die anderen Produktgruppen integriert werden. Wird z. B. ein Gesetzgebungsvorhaben vom zentralen Projektmanagement und der Abteilungsleitung als eigenes Projekt definiert, passt es sowohl in die Produktgruppe „Rechtsetzung“ als auch in „Projekte“. Wichtig ist, dass die unterschiedliche Einordnung bei der Auswertung der KLR-Daten berücksichtigt wird. Besteht das Erkenntnisinteresse in der Frage, wie hoch der Anteil der Rechtsetzungsarbeit am Gesamtaufwand der Abteilung ist, müssen die entsprechenden Daten aus der Produktgruppe „Projekte“ hinzugezählt werden. Genau umgekehrt verhält es sich, wenn ein Projekt der Produktgruppe „Rechtsetzung“ zugeordnet ist und der Abteilungsleiter wissen möchte, wie hoch der projektgebundene Ressourcenverbrauch ist. Die KLR kann also den Grundbetrieb der Produkterstellung und die projektförmige Arbeit differenziert ausweisen. Die erklärte Zielsetzung liegt in der Verschiebung der Ressourcen in Richtung der Projekte.90 Ein besonderes Erkenntnisinteresse insbesondere der Abteilungsleitung sollte darin bestehen, inwieweit die Referate überhaupt zur konzeptionellen Arbeit kommen. Angesichts des tagespolitischen Drucks wird dieser Anteil eher niedrig sein, was wiederum bestätigt, dass die Rechtsetzung nicht hinreichend vorbereitet werden kann. Ein zentrales Ziel läge daher darin, an dieser Stelle Ressourcen umzuschichten. Die intensive Auswertung der KLR-Daten vermag dabei zu helfen, welches Produkt mit weniger Ressourcen erstellt werden soll. Ferner gibt die KLR darüber Auskunft, ob das Ziel, also die Umschichtung von Ressourcen, wirklich
90
Vgl. oben (Kap. 4.2).
90
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
gelingt. Diese Verbindung von Zielen und Produkten wird an späterer Stelle intensiver beleuchtet.91 Eine Zeile der Produktsteckbriefe ist noch nicht erklärt worden, nämlich die des Produktverantwortlichen. Produktverantwortung heißt: -
Pflege des Produktsteckbriefs,
-
Sicherung der Buchungsqualität auf dem Produkt,
-
-
-
Planung, Steuerung und Kontrolle der Leistungen, also des Zeitaufwands, zusammen mit sämtlichen Produktbearbeitern, Budgetverantwortung einschließlich der Kostensteuerung und -überwachung sowie Qualitätsmanagement in Abstimmung mit den beteiligten Kostenstellen.
Produktverantwortlicher sollte in der Regel derjenige Referatsleiter werden, dessen Kostenstelle entweder den größten Anteil (Kostenvolumen) am Produkt besitzt oder für die Federführung, Koordinierung oder Endbearbeitung zuständig ist. Die Übernahme der Produktverantwortung stellt im übrigen eine weitere Rechtfertigung für eine unterschiedliche Bewertung der Referatsleiterstellen dar.92 Bei referatsübergreifenden Produkten kann im Ausnahmefall auch der Unterabteilungsoder Abteilungsleiter die Verantwortung übernehmen. Controller dürfen jedoch wegen der gebotenen Trennung von Entscheidung und Controlling keine Produktverantwortung übernehmen.
5.6
Verrechnungslogik
Die Verrechnung der Gemeinkosten ist bereits an einigen Stellen angesprochen worden. Grundsätzlich läuft die Verrechnung über die internen Produkte. Dabei wird zumindest im ersten Schritt mit Umlagen und Schlüsseln gearbeitet. In einem späteren Schritt kann die Verrechnungslogik zu einer internen Leistungsverrechnung ausgebaut werden, in der bestimmte interne Produkte nur nach Inanspruchnahme zu bezahlen sind. Wo dies möglich ist, muss konsequenterweise das Budget an die Fachabteilungen und -referate verteilt werden.
91 92
Siehe unten (Kap. 5.7). Siehe oben (Kap. 3.2.1).
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
91
Am Beispiel einer Druckerei soll dieses weitergehende Modell veranschaulicht werden. Die Druckerei würde jeden Druckauftrag auf Vollkostenbasis abrechnen und sich so finanzieren. Wird das Kontrahierungsverbot aufgehoben, könnten die Referate Aufträge an einen Copy-Shop oder an eine externe Druckerei vergeben, wenn sie mit dem Preis oder der Qualität des internes Service unzufrieden sind. Allerdings ist es bis zu diesem Modell ein weiter Weg. Zudem ist keineswegs klar, ob dieser Weg überhaupt lohnt. Wenn die Druckerei sich auf der Grundlage des Vollkostenausweises als zu teuer erweist, sollte erst einmal die interne Entscheidung fallen, ob das Angebot überhaupt aufrechterhalten bleibt. Wenn die Frage bejaht wird, geht es im nächsten Schritt um eine interne Optimierung und die Definition von Service Levels. Erst wenn die Druckerei eine realistische Chance hat, sich zu behaupten, sollte eine echte Marktsituation hergestellt werden. So schlüssig dieses Beispiel für ein Unternehmen oder eine Großstadtverwaltung mit zahlreichen Standorten wäre, wirft es für ein Ministerium doch die grundsätzliche Frage auf, ob die dezentralen Facheinheiten ihre Druckaufträge wirklich extern vergeben würden. Wahrscheinlich müsste die interne Qualität schon sehr schlecht sein, bevor diese Option wahrgenommen würde. Doch nicht die Qualität ist das Grundproblem vieler öffentlichen Druckereien, sondern die hohen Kosten. Aufgrund der hohen Qualität und des konkurrenzlos kurzen Weges innerhalb des Ministeriums wären die meisten Fachabteilungen und -referate wahrscheinlich bereit, die interne Druckerei mit Aufträgen aus ihrem eigenen Budget zu finanzieren. Wenn diese Annahme richtig ist, würde keine Änderung zum Status quo eintreten und der Aufwand der internen Leistungsverrechnung wäre unangemessen hoch. Allerdings wird deutlich, dass die Ermittlung der Vollkosten für die Druckerei unbestreitbar eine Steuerungsrelevanz besitzt, wenn sie mit den Kosten von privaten oder anderen öffentlichen Druckereien im Rahmen eines Benchmarking93 verglichen wird. Nach diesem Ausblick werden nachfolgend die einzelnen Schritte einer möglichen Verrechnungslogik dargestellt.
Nummer Verrechnungsschritte
Verrechnungsschlüssel
1.
entsprechend Kostenanfall
2.
93
Belastung der Produkte mit den Sachkosten, die direkt dem Produkt zuzuordnen sind (= Einzelkosten) Belastung der Kostenstellen mit Sachkosten, die direkt der Kostenstelle zuzuordnen sind
Vgl. unten (Kap. 7).
entsprechend Kostenanfall
92
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Nummer Verrechnungsschritte 3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Belastung der Kostenstellen mit Personalkosten
Verrechnungsschlüssel
Anzahl der Vollzeitäquivalente (multipliziert mit einem Durchschnittspersonalkostensatz pro Besoldungsgruppe) Umlage der kalkulatorischen Miete einschließJeweils genutzte Bürofläche in lich des Produkts „Facilitymanagement“ auf die m² plus anteilige Nebenfläche Kostenstellen (multipliziert mit dem durchschnittlichen Mietsatz pro m² einschl. Nebenkosten) Umlage der Personalprodukte der ZentralabteiAnzahl der jeweiligen Beschäflung auf die Kostenstellen tigten (multipliziert mit dem Durchschnittsstundenkostensatz des internen Produkts) Umlage der IT-Produkte auf die Kostenstellen Anzahl der jeweiligen ITArbeitsplätze (multipliziert mit dem Durchschnittsstundenkostensatz des internen Produkts) Umlage der restlichen internen Produkte der Zen- Anzahl der jeweils in der Zeittralabteilung auf die Kostenstellen aufschreibung erfassten Stunden (multipliziert mit dem Durchschnittsstundenkostensatz des internen Produkts) Umlage der internen Produkte des LeitungsbeAnzahl der jeweils in der Zeitreichs auf die Kostenstellen aufschreibung erfassten Stunden (multipliziert mit dem Durchschnittsstundenkostensatz des internen Produkts) Umlage der internen Produkte der jeweiligen Anzahl der jeweils in der ZeitAbteilung auf die Kostenstellen der Abteilung aufschreibung erfassten Stunden (multipliziert mit dem Durchschnittsstundenkostensatz des internen Produkts) Entlastung der Kostenstellen von Personal- und Anzahl der jeweils auf das ProSachkosten durch Verrechnung auf die externen dukt aufgeschriebenen Stunden Produkte, die von Angehörigen der Kostenstelle (multipliziert mit einem kostenbebucht worden sind stellenspezifischen Tarif) Entlastung der Kostenstellen von den Umlagen Anteil der auf das Produkt gedurch Verrechnung auf sämtliche externen Proschriebenen Stunden an der insdukte gesamt aufgeschriebenen Zeit
Abb. 25: Verrechnungsschritte
93
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
In den ersten beiden Schritten werden die Sachkosten bereits bei der Anordnung auf die Produkte und Kostenstellen verteilt. Bei den Schritten 2 bis 9 handelt es sich um die sogenannte Belastung der Kostenstellen, während die letzten beiden Schritte die Entlastung darstellen. Der größte Kostenblock wird im dritten Schritt auf die Kostenstellen verteilt, nämlich die Personalkosten. Der Schlüssel besteht aus dem der Kostenstelle zugeordneten Personal. Die Vollzeitäquivalenten sind dabei mit einem durchschnittlichen Personalkostensatz pro Laufbahngruppe zu multiplizieren. Diese Personalkostensätze werden auf Grundlage der für das Vorjahr errechneten durchschnittlichen Ist-Personalkosten ermittelt. Sie enthalten einen Versorgungszuschlag in Höhe von 30 % und eine Personalnebenkostenpauschale94. So gerechnet ergeben sich im Falle einer obersten Bundesbehörde folgende Werte95:
Besoldungsgruppe
Durchschnittliche Personalkosten (in Euro) Jahr
Monat
Stunde
Einfacher Dienst
36.000
3.000
23
Mittlerer Dienst
45.400
3.800
29
Gehobener Dienst
62.800
5.200
40
Höherer Dienst
86.900
7.200
56
Abb. 26: Durchschnittliche Personalkostensätze für das Jahr 2003 Im vierten Schritt werden Kostenstellen mit den kalkulatorischen Mieten belastet. Wenn echte Mietzahlungen fließen, beispielsweise an ein zentrales Gebäudemanagement eines Landes, werden diese selbstverständlich herangezogen. Die Schritte 5 bis 8 beschreiben das Umlageverfahren der Overhead-Kosten, also die Kosten der internen Produkte der Zentralabteilung, des Leitungsbereichs und der jeweiligen Fachabteilung. Zur Entlastung einer Kostenstelle ist die Verrechnung der Kosten auf die Produkte notwendig. Dies geschieht auf Grundlage der Ergebnisse der Zeitaufschreibung. Die Kostenstellen werden von ihren Kosten entlastet, indem sie ihre Leistung, sprich ihre Arbeitszeit, auf Produkte aufschreiben. Um die vollständige Entlastung zu erreichen, wird die auf die internen und externen Produkte aufgeschriebene Ar-
94
95
Die Personalnebenkostenpauschale wurde bei einer obersten Bundesbehörde für das Jahr 2003 mit 2.100 Euro angesetzt. Die Werte sind gerundet.
94
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
beitszeit mit einem flexiblen Tarif multipliziert. Dieser Tarif unterscheidet sich für jede einzelne Kostenstelle und ändert sich im Zeitverlauf. Eine Ursache für die variierenden Tarife ist die unterschiedliche Aufschreibung auf die statistischen Produkte. Hat ein Referat lange Abwesenheiten, beispielsweise aufgrund einer hohen Krankheitsquote, erhöht sich der Tarif. Dies ist ebenfalls der Fall, wenn überproportional häufig das statistische Produkt „Nicht produktbezogene Zeiten“ bebucht wird oder die Soll-Arbeitszeiten unterschritten werden. Der umgekehrte Fall tritt ein, wenn in einem Referat oder in einer Abteilung sehr viele Überstunden geleistet werden. Dann sinkt der Tarif, die durchschnittliche Arbeitsstunde wird also billiger, was tatsächlich der Fall ist, da Überstunden in einem Ministerium nicht bezahlt werden. Durchgeführt werden die einzelnen Schritte im Rahmen des Monatsabschlusses. Abermals ist zu betonen, dass die Konzeption so einfach wie möglich sein sollte. Es nützt nichts, wenn nur einige wenige Controller und externe Berater die Verrechnungslogik durchschauen. Wenn die Gemeinkosten wirklich transparent werden sollen, müssen die Verrechnungsschritte innerhalb des Berichtswesens selbsterklärend sein.96
5.7
Verbindung zum Ziele-System
Der klassische Zusammenhang von Ziele-System und KLR besteht darin, die Maßnahmen zur Erreichung der Ziele als eigene Kostenträger abzubilden. Da das oben skizzierte Ziele-System aus Praktikabilitätsgründen keine Maßnahmenebene besitzt, scheidet diese Verbindungsmöglichkeit aus. Zugegebenermaßen ist diese Begründung eher formalistischer Natur, da viele operative Ziele de facto Maßnahmencharakter besitzen. Die inhaltliche Begründung hängt mit dem Verzicht auf die Maßnahmenebene zusammen: Wenn diese bereits in einem Ziele-System von den Anwendern nicht dauerhaft gepflegt wird, ist ihre Abbildung in der KLR erst recht illusorisch. In der Praxis hat sich gezeigt, dass nicht eine schematische Herangehensweise erfolgreich ist, sondern nur der pragmatische Weg der punktuellen inhaltlichen Verknüpfung von Zielen und Produkten. Anders ausgedrückt: Nur wo es inhaltlich sinnvoll ist, werden Ziele und Produkte miteinander verknüpft. Dabei können die KLR-Daten entweder als Messgrößen für die Zielerreichung dienen oder den Res96
Vgl. unten (Kap. 5.8).
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
95
sourcenverbrauch ausgewählter Ziele anzeigen. Beispielsweise lässt sich im Rahmen einer Projektsteuerung der interne Ressourcenverbrauch hervorragend aus der KLR erkennen. Das Ergebnis der Verknüpfung von Zielen und Produkten ist in einem integrierten Berichtswesen abzubilden.
Integriertes Berichtwesen Daten aus:
Ziele-System
KLR
Abb. 27: Verknüpfung Ziele und Produkte Konkret bedeutet dieser Ansatz, dass die Abteilungen und Referate für jedes einzelne Ziel prüfen, ob eine Verknüpfung mit einem Produkt oder auch mit mehreren Produkten sinnvoll ist. So sind Ziele zur Wirtschaftlichkeit häufig mit Daten aus der KLR messbar, wenn beispielsweise bei einem bestimmten Produkt x % der Kosten einzusparen sind. Dieses Beispiel zeigt, dass die gründliche Auswertung der KLR-Berichte zu konkreten Zielsetzungen führen kann. Auch bei der Mitarbeiterzufriedenheit können KLR-Informationen als Messgrößen benutzt werden, z. B. bei der Fortbildung oder bei einem Vergleich der Soll- und Ist-Stunden. Darüber hinaus ist bei jedem operativen Ziel in der Perspektive „Auftrag“ zu prüfen, ob der Ressourcenverbrauch eine steuerungsrelevante Größe darstellt und die bestehende KLR diese Information liefert. Ggf. ist der Produktkatalog zu erweitern. Projekte erfordern grundsätzlich eine operative Zielsetzung und sind in der KLR durch eigene Kostenträger abzubilden. Erfahrungsgemäß ist die Verknüpfung bei einigen Abteilungen oft möglich, bei anderen hingegen kaum. Im Prozess der Verknüpfung sollten die Ziele und Pro-
96
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
dukte überarbeitet und aufeinander abgestimmt werden. Hier zeigt sich im übrigen, wie die oft erhobene Forderung nach der Steuerungsrelevanz der KLRInformationen in der Praxis umgesetzt werden kann: Steuerungsrelevant ist konsequenterweise das, was als Ziel definiert wird. Wenn die KLR durch die Messung des Zielerreichungsgrads oder des Ressourcenverbrauchs einen Nutzen zeigt, so hat sie ihren Nutzen als Steuerungs- bzw. Informationsinstrument für die Ministerialverwaltung belegt. Generell sollte nicht der Fehler begangen werden, die konsequente und vollständige Spiegelung des Ziele-Systems in der KLR anzustreben oder für jedes einzelne Produkt unbedingt ein Ziel formulieren zu wollen. Es geht nicht um den Aufbau eines geschlossenen oder perfekten Systems, sondern um die Verbesserung der Steuerungsmöglichkeiten. Daher kann es wenig überraschen, dass die Grundsätze zur Verknüpfung der Ziele und Produkte pragmatisch ausfallen, wie folgende Aufzählung zeigt: -
-
-
-
-
Es gibt Ziele und Produkte, die nicht eindeutig verknüpfbar sind. Ausschließlich die operativen Abteilungsziele werden mit den Produkten verknüpft. Für die strategischen und referatsspezifischen Ziele erfolgt keine Verknüpfung. Die operativen Ziele der Perspektive „Auftrag“ sollten möglichst vollständig und eindeutig mit den (Teil-)Produkten verknüpft werden. In den anderen Ziele-Perspektiven werden die operativen Ziele mit den Produkten dann verknüpft, wenn der Ressourcenverbrauch eine sinnvolle Messgröße oder ergänzende Aussage zur Zielerreichung darstellt. Die Produkte sind den Zielen zuzuordnen. Ein umgekehrtes Vorgehen führt in der Regel nicht zum Erfolg. Die Verknüpfung erfolgt auf Ebene der Abteilung.
Das Berichtswesen über die Verknüpfung von Zielen und Produkten soll für die Abteilungen zur wichtigsten Informationsquelle für die ergebnisorientierte Steuerung werden.
5.8
Berichtswesen
Das Berichtswesen ist für die Akzeptanz des Neuen Steuerungsmodells von zentraler Bedeutung. Die Berichte transportieren die Controllingergebnisse in den
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
97
Verwaltungsalltag.97 Reine KLR-Berichte werden häufig als unübersichtlich empfunden und stoßen bei vielen Führungskräften auf geringe Akzeptanz. Daher hat ein Berichtswesen möglichst übersichtlich und selbsterklärend zu sein. Erst die Verknüpfung der KLR-Informationen mit dem Stand der Zielerreichung sowie der Budgeteinhaltung ermöglicht ein qualitativ und quantitativ aussagefähiges Berichtswesen, das für die Führungskräfte einen Nutzen zeigt. Generell besitzt ein gutes Berichtswesen folgende Eigenschaften: -
steuerungsrelevant (ziel- und entscheidungsorientiert),
-
empfängerorientiert,
-
objektiv, vollständig und ganzheitlich,
-
kontinuierlich und durchgängig,
-
aktuell und zeitnah sowie
-
wirtschaftlich bei der Datenerhebung und der technischen Realisierung.
Konkret sind im Rahmen des Berichtswesens folgende Punkte festzulegen: -
Berichtsebenen,
-
Berichtsinhalte,
-
Berichtsintervalle,
-
Berichtsarten und
-
Berichtsdesign.
Die Berichtsebenen bestehen aus der Haus-, Abteilungs- und Referatsebene sowie den Produkten. Berichtsempfänger sind jeweils die Führungskräfte, also die Hausspitze, die Abteilungs- und Referatsleiter sowie die Projektleiter und Produktverantwortlichen. Die Berichtsinhalte sind abhängig von der Ebene. Wie bereits ausgeführt, ist die Hausspitze in der Regel wenig an Kosteninformationen interessiert. Deshalb sollte bei dieser Berichtsebene der Stand der Projekte des zentralen Projektmanagements98 sowie der Zielerreichungsgrad der auf die Abteilungen heruntergebrochenen Hausziele im Vordergrund stehen. Zusätzlich können einige übergreifende KLR-Informationen aufbereitet werden, wie die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Produktbereiche und ggf. auch auf die Produktgruppen sowie die hausweite Krankheits- und Fortbildungsquote.
97 98
Vgl. allgemein Walter Richter, Controlling und Berichtswesen, 392-400. Vgl. oben (Kap. 4.2).
98
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
Auf der Ebene der Abteilungen und Referate sind zunächst die grundsätzlichen Kennzahlen dieser Organisationseinheiten anzugeben, also insbesondere: -
die Anzahl der Beschäftigten und Vollzeitäquivalenten jeweils nach Laufbahngruppen,
-
die genutzte Bürofläche,
-
den Vergleich der Ist- und Sollzeiten, also die Über- und Minderstunden,
-
-
die aggregierten Ergebnisse der Zeitaufschreibung (in Stunden und Euro) auf interne und externe Produkte, die aggregierten Ergebnisse der Zeitaufschreibung (in Stunden und Prozent der gesamten Arbeitszeit) auf die statistischen Produkte „Nicht produktbezogene Tätigkeiten“, „Fortbildung“, „Urlaub“ und „Krankheit“.
Erfahrungsgemäß bieten diese Kennzahlen zumindest bei der ersten Vorlage viel Diskussionsstoff. Der zweite Teil des Berichtswesens umfasst den Zielerreichungsgrad einschließlich der Verknüpfung mit den Produktinformationen. Der dritte Teil besteht aus den reinen KLR-Ergebnissen, und zwar insbesondere aus: -
-
der Belastung mit den Kostenarten (Personal-, Sach- und kalkulatorische Kosten), der Belastung mit den einzelnen Umlagen sowie den Ergebnissen der Zeitaufschreibung auf die einzelnen externen und internen Produkte bzw. Produktgruppen einschließlich der Angabe, von welchem Referat das Produkt gebucht worden ist.
Der letzte Punkt ist gleichbedeutend mit der Entlastung der Kostenstellen. Die Ergebnisse der Zeitaufschreibung bzw. die Entlastung sind die quantitative Leistung eines Ministeriums, während bei der Zielerreichung die qualitative Leistung gemessen wird. Da die betriebswirtschaftlichen Begriffe „Belastung“ und „Entlastung“ in einem Ministerium auf Unverständnis stoßen, darf etwas simplifizierend auch von Kosten und Leistung gesprochen werden. Die reinen Produktberichte sind an die jeweiligen Projektleiter und Produktverantwortlichen zu verteilen. In Verbindung mit der Angabe des Zielerreichungsgrads und dem Vergleich der Ist- zu den Plan-Kosten bzw. dem Budgetstand99 sind diese Produktberichte die beste Grundlage für eine Output-Steuerung. Bei den Kostenstellenberichten besteht immer die Gefahr, dass dem Input mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als der Zielerreichung und den Produktinformationen.
99
Vgl. unten (Kap. 6).
KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG
99
In sämtlichen Berichten sind Plan- und Ist-Werte gegenüberzustellen. Bei Bedarf sollte die Entwicklung im aktuellen Jahr sowie der Vergleich mit dem Vorjahreswert oder dem Durchschnitt der letzten x Jahre aufgezeigt werden. Bei den Berichtintervallen empfiehlt sich der Quartalsturnus. Monatliche Berichte werden häufig als Belastung empfunden, während Halbjahres- oder Jahresberichte ergänzend eingesetzt werden sollten. Grundsätzlich sind drei Berichtsarten zu unterscheiden: -
-
-
Standardberichte: Das Standardberichtswesen bietet die Grundinformationen und dient der regelmäßigen Bereitstellung von standardisierten Berichten. Ad-hoc-Berichte: Diese Spezialberichte werden auf Anforderung einmalig zur Verfolgung von Einzelsachverhalten erstellt. Abweichungsberichte: Die Abweichungsberichte werden bei Über- oder Unterschreiten der Ist- zu den Plan-Werten erstellt. Dabei ist die Toleranzschwelle genau zu definieren.
Das Berichtsdesign ist stark abhängig von der technischen Umsetzung. Hier empfiehlt es sich, ein sogenanntes OLAP- oder Controller-Tool einzusetzen. Dieses bietet folgende Vorteile: -
Besseres Layout und eingängige Informationsaufbereitung, Einheitliches Berichtswesen und gemeinsame Abbildung von Zielen und Produkten,
-
Möglichkeit der Darstellung von Entwicklungen im Zeitverlauf,
-
Abbildung von sämtlichen Berichtsarten,
-
Generierung der Daten aus verschiedenen Informationsquellen (insbesondere KLR und Zielesystem),
-
Einfache Bedienung insbesondere für die Controller sowie
-
Anpassung der Berichte an individuelle Steuerungsbedarfe der Führungskräfte.
Das Controller-Tool zeichnet sich durch seine große Flexibilität aus, die eine Standard-Software nicht bieten kann. Gerade die Anpassung an individuelle Wünsche der Führungskräfte ist ein wichtiges Merkmal dieser Flexibilität und erhöht die Akzeptanz der Berichte signifikant.
101
6
Budgetierung
6.1
Analyse des Status quo
Die KLR steigert durch die von ihr verursachte Kostentransparenz das Kostenbewusstsein. Sie gibt jedoch ebenso wenig Anreize für ein wirtschaftliches Handeln wie die Kameralistik. Im derzeitigen Haushalt sind ausschließlich zweckgebundene Mittel veranschlagt. Diese werden nach Themenbereichen auf Titel beplant und zentral bewirtschaftet. Der Bewirtschafter für die internen Ressourcen eines Ministeriums, also in der Regel die Zentralabteilung, versucht die Mittel so sparsam wie möglich zu verwalten und führt den Kampf „einer gegen alle“. Die Haushaltsansätze werden grundsätzlich von Jahr zu Jahr fortgeschrieben. Die Mittelanmeldungen konzentrieren sich daher vor allem auf zusätzliche Forderungen der Fachabteilungen. Für die Personalausgaben sind die Stellenpläne das maßgebliche Steuerungsinstrument. Die Abteilungs- und Referatsleiter verhandeln mit dem Personalreferat, wenn sie zusätzliche Stellen brauchen und wehren sich vehement gegen Stellenkürzungen. Bewilligte Stellen werden grundsätzlich nachbesetzt. Lediglich die Länge der Vakanz verschafft bei der Ausgabenhöhe etwas Spielraum. Dies führt zum Protest der Fachreferate, die die Stellen unverzüglich besetzt wissen wollen und (berechtigterweise) eine überlappende Arbeitszeit des alten und neuen Stelleninhabers fordern. Die Vakanz ist eine von insgesamt drei Stellschrauben zur Beeinflussung der Personalausgaben: -
Temporäre Nichtwiederbesetzung einer Stelle (Vakanz),
-
Streichung einer Stelle sowie
-
Verhinderung von zusätzlichen Stellen.
Dank der mittlerweile bestehenden Möglichkeit der Übertragbarkeit der Sachausgaben ist das berüchtigte „Dezemberfieber“ gesenkt worden. In der Regel werden die gesetzlichen Spielräume der Haushaltsflexibilisierung jedoch kaum genutzt. Das mag damit zusammenhängen, dass die dezentralen Organisationseinheiten diese Möglichkeiten nicht kennen und die zentralen Bewirtschafter mit Herrschaftswissen arbeiten. Der ausschlaggebende Grund dürfte jedoch in der Einstellung der Fachabteilungen und -referate liegen, dass die Zentralabteilung die Mittel eben bereitzustellen habe.
102
BUDGETIERUNG
6.2
Inhalt und Funktion der Budgetierung
Die Budgetierung stellt einen Anreiz für ein wirtschaftlicheres Verhalten dar. Dadurch dass den Abteilungen, Referaten und nachgeordneten Behörden ein Budget gegeben wird, soll die ständige Forderung nach mehr Ressourcen deutlich eingeschränkt werden. Die verstärkten Möglichkeiten der Umschichtung bezwecken eine Deckelung der Ausgaben bzw. Kosten. Doch sollte die Budgetierung nicht in erster Linie als Instrument zur Kostenreduzierung eingesetzt werden. Dies ist genau das Vorgehen vieler Kommunen, die damit die Budgetierung als Folterwerkzeug diskreditieren. Vielmehr geht es darum, Fach- und Ressourcenverantwortung zusammenzuführen und den dezentralen Organisationseinheiten mehr Spielraum zu geben. Dies hat zur Konsequenz, dass sich die Rolle des Haushaltsreferates und des Beauftragten für den Haushalt ändern muss, nämlich vom sparsamen und detailorientierten Buchhalter zum wirtschaftlich agierenden Controller und Finanzvorstand. Neben Controlling ist der Begriff „Budgetierung“ wohl der am meisten interpretationsbedürftige. Die Definition von Budgetierung bezieht sich auf einen Prozess und muss eine Reihe von Nebenbedingungen berücksichtigen. Budgetierung meint generell die Festlegung eines dezentralen Finanzrahmens mit weitgehender Freiheit, wofür im Einzelnen die zur Verfügung stehenden Mittel ausgegeben werden. Die nachfolgende Abbildung detailliert diese allgemeine Definition: Flexibilisierung Deckungsfähigkeit und Übertragbarkeit
»
» » » »
Input-Orientierung Budgets für Organisationseinheiten
Output-Orientierung Budgets für Produkte u. Organisationseinheiten
Weitgehend dezentrale Bestimmung über die Budgetverwendung Eindeutige Bestimmung des Budgetumfangs Kopplung mit Ziel- und Leistungsvereinbarung Vermeidung der Budgetüberschreitung durch Anreiz- und Sanktionsmechanismen Zeitnahe Informationen zum Mittelabfluss für den Budgetverantwortlichen
Abb. 28: Definition und Grundsätze der Budgetierung Nicht selten wird bereits die Flexibilisierung des Haushalts, also die gegenseitige Deckungsfähigkeit von Personal- und Sachausgaben sowie die Übertragbarkeit
BUDGETIERUNG
103
von nicht ausgegebenen Mitteln ins nächste Jahr, als Budgetierung verstanden. Diese Haushaltsflexibilisierung ist jedoch nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine Budgetierung. Erst wenn die dezentrale Aufteilung des Gesamtbudgets hinzukommt, kann von einer wirklichen Budgetierung gesprochen werden. Grundsätzlich können Budgets für Organisationseinheiten und/oder Produkte vergeben werden. Organisationsbezogene Ausgabenbudgets100 haben einige Kommunen bereits Anfang der 90er Jahre eingeführt. Dabei handelt es sich eindeutig um eine inputorientierte Budgetierung, die zweifellos der herkömmlichen Mittelbewirtschaftung überlegen ist. Anreize für eine stärkere Output-Orientierung werden jedoch erst mit Kostenbudgets101 auf Produktbasis gesetzt. In der Endausbaustufe sollten daher die Produkte primäre Budgetierungsobjekte sein. Dann wird die mit viel Aufwand eingeführte KLR „unter Strom“ gesetzt.102 „Erst wenn es gelingt, eine Kongruenz zwischen Organisation und Produktverantwortung zu schaffen sowie den Produkten in Verbindung mit der Delegation von Ressourcenverantwortung Budgets zuzuteilen, können recht schnell Wirkungen erzielt werden.“103 Über die Budgetverantwortung sind bereits implizit Aussagen gemacht worden. In vertikaler Richtung sind die Abteilungsleiter für die Abteilungsbudgets und die Referatsleiter für die Kostenstellenbudgets verantwortlich. In horizontaler Richtung erhalten die Produktverantwortlichen und Projektleiter ein Budget. Ein wichtiger Grundsatz der Budgetierung besteht in der eindeutigen Bestimmung des Budgetumfangs. Grundsätzlich kann zwischen einer Voll- und Teilbudgetierung unterschieden werden. Bei der Vollbudgetierung wird dem Budgetverantwortlichen ein Gesamtbudget zur Verfügung gestellt. Die Verwendung der Personal- und Sachkosten einschließlich der Umschichtung zwischen den Kostenarten ist dann vollständig in seiner Verantwortung. Bei der Teilbudgetierung werden nur Teilbudgets zur Verfügung gestellt. Diese Teilbudgets sind nicht gegenseitig dekkungsfähig. Häufig werden auf diese Art Personal- und Sachkosten getrennt. Ein weiterer Budgetierungsgrundsatz besteht in der Kopplung der Budgetvergabe mit einer Ziel- und Leistungsvereinbarung. Diese legt die Qualität und den Zeitaufwand für die zu erbringende Leistung fest. Die Qualität kann im Wesentlichen aus dem Zielesystem abgeleitet werden, während der Zeitaufwand mit den PlanStunden für die Produkte identisch ist. Die Leistungsvereinbarung einschließlich der Festlegung der Budgethöhe wird häufig auch Kontrakt genannt. 100 101
102 103
Bei einem Ausgabenbudget erfolgt die Zuordnung der Mittel auf Basis der Ausgaben. Bei einem Kostenbudget erfolgt die Zuordnung der Mittel auf Basis der Kosten, d. h.: Kalkulatorische Kosten, wie Mieten und Abschreibungen, werden in die Budgetierung miteinbezogen. Siehe Ehrhard Mundhenke, Controlling/KLR in der Bundesverwaltung, 90. Siehe ebenda.
104
BUDGETIERUNG
Die Budgetüberschreitung ist durch Anreiz- und Sanktionsmechanismen zu vermeiden. Als Hauptanreize sind vor allem folgende Punkte zu nennen: -
größere Verantwortung,
-
größere Spielräume durch dezentrale Ressourcenverantwortung sowie
-
größere Flexibilität bei der Personalbewirtschaftung.
Die zentrale Sanktion besteht darin, die Budgetüberschreitung im Folgejahr erwirtschaften zu müssen. Bei einer dauerhaften Überschreitung des Budgets, die kein Resultat von Fehlplanung oder externen Einflüssen ist, sollte der Budgetverantwortliche abgelöst werden. Damit es nicht zu einer Budgetüberschreitung kommt, muss ständig gegengesteuert werden. Dafür braucht der Budgetverantwortliche zeitnahe Informationen über den Mittelabfluss. Um über die Plan-Ist-Abweichung berichten zu können, muss die Ist-Kostenrechnung um eine Plan-Komponente erweitert werden. Die Plan-Kostenrechnung ist das Bindeglied zwischen Budgetierung und Kostenrechnung, da sie die Planung der Budgethöhe sowohl der einzelnen Organisationseinheiten als auch der Produkte ermöglicht. Die Plan-Kostenrechnung ist eine in die Zukunft gerichtete Kostenrechnung, bei der auf der Grundlage der Ist-Kosten eine Kosten- und Leistungsplanung für die Folgeperiode stattfindet. Plan-Kosten sind die in Geld bewerteten Aufwendungen für die geplanten Leistungen einer zukünftigen Periode. Basis für die Ermittlung von Plan-Kosten ist das (Mengenund) Zeitgerüst für den erwarteten Leistungsumfang. Zudem ist die PlanKostenrechnung das zentrale Instrument der Budgetüberwachung. Durch sie können objektive Maßstäbe für die Kostenkontrolle festgelegt werden, insbesondere durch Gegenüberstellung von Plan- und Ist-Kosten. Die Budgetverantwortlichen werden im Bewirtschaftungsprozess durch Informationen aus der KLR über den aktuellen Budgetverbrauch und eventuelle Budgetabweichungen zeitnah informiert. Das Problem der Fortschreibung der Haushaltsansätze wird durch die PlanKostenrechnung nicht gelöst. Es kann bei der Bestimmung des Ausgangsbudgets sogar zu großen Ungerechtigkeiten kommen, wenn die Ist-Kosten der Vorjahre zur Bestimmung der Plan-Kosten herangezogen werden. Die Abteilungen und Referate, die bisher sparsam waren, erhalten dann ein kleineres Budget als diejenigen Organisationseinheiten, die sich bisher erfolgreich gegen Kürzungen gewehrt haben oder deren Überversorgung trotz erfolgter Mittelkürzungen immer noch frappierend ist. Dieses Dilemma kann durch ein Zero-Base-Budgeting (ZBB) vermieden werden. Das wesentliche Merkmal des ZBB ist darin zu sehen, dass es grundsätzlich die bestehende Ressourcenverteilung in Frage stellt und der Budgetierungsprozess bei Null startet. Die Budgets der Vorjahre werden also bei der neuen
BUDGETIERUNG
105
Planung ignoriert. Beim ZBB werden die einzelnen Leistungen und Produkte daraufhin untersucht, -
ob sie überhaupt erforderlich sind,
-
in welchem Umfang sie notwendig sind,
-
-
ob sie auf andere Weise erbracht werden könnten (beispielsweise zentral oder dezentral, im eigenen Hause oder außer Haus etc.), ob sie wirtschaftlicher durchgeführt werden könnten oder ob sie bei anderen (organisatorischen) Rahmenbedingungen wirtschaftlicher gestaltet werden könnten.
ZBB hat die Funktion einer im Rahmen der Haushaltsaufstellung durchzuführenden Aufgabenkritik und besitzt vor allem heuristischen Wert, indem es die herkömmliche Methodik der Haushaltsfortschreibung verweigert. De facto werden sich die Budgetverhandlungen jedoch immer an den Vorjahreswerten orientieren. Je globaler die Budgets werden, desto mehr wird es die Aufgabe des Budgetverantwortlichen und nicht der Budgetvergebenden sein, das Budget mit Hilfe der zuvor genannten ZBB-Untersuchungskriterien zu überprüfen.
6.3
Budgetierungsmodell
Der Charakter des nachfolgend erläuterten Einführungsmodells entspricht einem Vollbudget auf Kostenbasis, in dem die Abteilungen und Referate primäre Budgetierungsobjekte und die Personal- und Sachkosten nur einseitig deckungsfähig sind. Eingesparte Personalkosten können demnach für die Anschaffung von Sachmitteln verwendet werden, nicht aber umgekehrt. Dies reduziert die Gefahr von Liquiditätsengpässen in den Folgejahren. So würde die aus eingesparten Sachmitteln erzielte Deckung des ersten Jahresgehaltes eines neu eingestellten Beamten spätestens im Folgejahr zu Problemen führen. Zwar könnten solche Probleme mit Hilfe von Spielregeln gelöst und möglicherweise auch ein zentraler Stellenpool aufgebaut werden, doch für ein Einführungsmodell wäre dies zu ehrgeizig. Aus dem gleichen Grund sollten nicht sofort die Produkte primäre Budgetierungsobjekte sein. Es ist bereits viel erreicht, wenn die Produktverantwortlichen die Qualität der Produkte sichern sowie den Erstellungsaufwand planen, steuern und kontrollieren würden. Das Umschichten von Personal- in Sachkosten sollte zumindest am Anfang ausschließlich auf Abteilungs- und Referatsebene erfolgen. Andernfalls droht das Budgetierungsmodell äußerst kompliziert zu werden. Dies gilt insbesondere für Abteilungen mit einer homogenen Aufgabenstellung, bei de-
106
BUDGETIERUNG
nen die Referate also überwiegend an übergreifenden Produkten arbeiten. Wenn hingegen die Zuschneidung der Organisationseinheiten nach der Produktstruktur erfolgt104 und jeder Referatsleiter in einer Abteilung auch eine Produktverantwortung besitzt, würden sich die Produkte problemlos als primäre Budgetierungsprojekte eignen. Wie das Budgetierungsmodell konkret umgesetzt werden kann, soll nachfolgend erläutert werden. Schritt 9: Laufende Budgetüberwachung Schritt 8: Festlegung Kostenstellenbudgets Schritt 7: Festlegung Plan-Stunden der Produkte Schritt 6: Priorisierung Ziele und Produkte Schritt 5: Festlegung Gesamtbudget Schritt 4: Abgleich Kosten und Ausgaben Schritt 3: Festlegung Anreize und Sanktionen Schritt 2: Festlegung Budgetumfang Schritt 1: Ermittlung Aufteilungskriterien
Abb. 29: Budgetierungsschritte 1. Schritt: Ermittlung der Aufteilungskriterien Im ersten Schritt müssen Verteilungsschlüssel für die Aufteilung der einzelnen Ausgabetitel auf die Abteilungen gefunden werden. Dieser grundlegende Arbeitsschritt darf nicht unterschätzt werden, da die bisher ausschließlich zentral bewirtschafteten Titel nicht ohne weiteres abteilungsbezogen abzugrenzen sind. In der Regel gibt es keine Statistiken darüber, wie sich die Inanspruchnahme der Ressourcen auf die einzelnen Organisationseinheiten verteilt. So weit wie möglich sollte daher auf KLR-Daten zurückgegriffen werden. Dabei ist zwischen der Budgetzuteilung und dem Mittelabfluss zu unterscheiden. Die Budgetzuteilung kann
104
De facto verhält es sich häufig genau umgekehrt. Die Definition der Produkte richtet sich nach der Organisationsstruktur. Im Extremfall erhält jedes Referat sein eigenes Produkt, so dass der Mehrwert der Kostenträgerrechnung gegenüber der Kostenstellenrechnung gering ist.
BUDGETIERUNG
107
nach Durchschnittswerten erfolgen, also in der Regel per capita, während sich der Mittelabfluss nach der tatsächlichen Inanspruchnahme richten sollte. Die Beispiele des Fortbildungsetats und des Geschäftsbedarfs verdeutlichen die inhaltliche Problematik und den mitunter großen Aufwand der abteilungsbezogenen Zuordnung. Die Fortbildungsausgaben, also die Kosten für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen,105 können auf die Abteilungen und Referate auf der Grundlage der Beschäftigtenzahlen verteilt werden. Zentral durchzuführende Fortbildungsveranstaltungen, z. B. für die Umstellung auf ein IT-Update, dürfen nicht dezentralisiert werden, sondern sind dem federführenden Fachreferat oder Projekt zuzuordnen. Der dezentrale Ausweis des Mittelabflusses erfolgt mit der Rechnungslegung. Gegen die Einbeziehung des Fortbildungsetats in die Budgetierung wird häufig eingewendet, dass dann in diesem Bereich gespart werde, obwohl doch das Ziel in der Erhöhung der Fortbildungsquote bestehen müsste. Wenn letzteres Ziel tatsächlich besteht und nicht nur im Konjunktiv formuliert wird, muss dies in der Zielvereinbarung bzw. im Kontrakt zwischen der Hausleitung und dem jeweiligen Abteilungsleiter festgeschrieben werden. Wird die Fortbildungsquote erreicht, ohne das dafür zugeteilte Budget auszuschöpfen, darf es für andere Sachmittel ausgegeben werden. Jedoch wird häufiger genau der umgekehrte Fall eintreten, da die Förderung der Fortbildung ein wichtiges Instrument der Motivation und der Personalentwicklung ist. Dezentrale Einsparungen an anderen Stellen werden gezielt dafür genutzt, um die Fortbildungsmittel zu verstärken. Aus der Argumentation gegen die Einbeziehung des Fortbildungsetats spricht ein fachliches Misstrauen der Zentralabteilung gegen die Fachabteilungen und die Befürchtung des Einflussverlustes, wenn sie nicht mehr alleine zuständig für den Ausgabetitel ist. In der Tat würden ausschließlich die Fachabteilungen über die Teilnahme an Fortbildungen entscheiden, zumindest solange es ihr Budget erlaubt. Dadurch würde der finanzielle Spielraum der Zentralabteilungen etwas enger, da in diesem Fall der Fortbildungsetat, der in vielen Ministerien nicht ausgeschöpft wird, nicht mehr zur Deckung anderer Titel herangezogen werden kann. Im übrigen muss nicht der gesamte Fortbildungsetat auf die dezentralen Organisationseinheiten verteilt, sondern es sollte eine bestimmte Reserve angelegt werden. Das zweite Beispiel, der Etat für den Geschäftbedarf, kann ebenfalls mit ProKopf-Durchschnittswerten auf die Abteilungen und Referate verteilt werden. Bei der Materialausgabe ist jeweils die Kostenstelle und, falls möglich, auch der Kostenträger zu benennen. Damit kann der Mittelabfluss, also der Ist-Stand des Budgets, dezentral ausgewiesen werden. Wie weit man mit dieser Erfassung der tat105
Insbesondere Teilnahmegebühren und eventuell Reisekosten, wenn diese nicht dem Reisekostenetat zugeordnet werden. Die Kosten der internen Administration und der infolge der Teilnahme entgangenen Arbeitszeit sind hier nicht gemeint.
108
BUDGETIERUNG
sächlichen Inanspruchnahme geht, hängt vom Steuerungsinteresse ab. Sicherlich ist es sinnvoll, die Telefonkosten mit einzubeziehen. Bereits bei den Kopierkosten stellt sich die Frage, ob es nicht zu aufwändig wäre, für jeden einzelnen Kopiervorgang die Kostenstellen- oder Produktnummer eingeben zu müssen. Jedoch ist letzteres Verfahren in vielen Dienstleistungsbetrieben, wie beispielsweise großen Rechtsanwaltskanzleien, die übliche Praxis. Entscheidend ist das Steuerungsinteresse. Wenn sowohl die Zentralabteilung als auch die Führungskräfte sich die Ergebnisse der Kopierkosten anschauen und aktiv reduzieren wollen, sollte der genaue Ausweis eingeführt werden. Die Diskussion der dezentralen Zuordnung der bisher ausschließlich zentral veranschlagten und bewirtschafteten Mittel trifft erfahrungsgemäß einen empfindlichen Nerv der Referate der Zentralabteilung. Wie bei dem Beispiel über den Fortbildungsetat bereits beschrieben, fürchten sie einen Bedeutungsverlust. Eine nicht nur bei diesem Thema beliebte Verhinderungsmethode besteht darin, die Diskussion ad absurdum zu treiben. So wurde beispielweise gegen die Budgetierung folgender Klospruch (im wahrsten Sinne des Wortes) ins Feld geführt: „Wahrscheinlich soll zukünftig auch das Toilettenpapier nach tatsächlicher Inanspruchnahme abgerechnet werden.“ 2. Schritt: Festlegung des Budgetumfangs Im zweiten Schritt werden die zu budgetierenden Titel/Objekte ausgewählt und Abteilungsausgaben aus den Gesamtausgaben endgültig abgegrenzt. Das Personalbudget orientiert sich an der durchschnittlichen Anzahl der Vollzeitäquivalente (VZÄ) aus dem Vorjahr. Dabei sollte sich die Bewertung der VZÄ nach dem Durchschnittskostenansatz pro Laufbahngruppe106 richten, damit nicht nur junge, unverheiratete und kinderlose Beschäftigte nachgefragt werden. Das Sachkostenbudget umfasst insbesondere folgende Kosten: -
Fortbildungsetat,
-
Geschäftsbedarf,
-
(Büro-)Ausstattung,
-
DV-Infrastruktur,
-
Kommunikationskosten,
-
Dienstreisekosten sowie
-
Raumkosten in Form der (kalkulatorischen) Miete.
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Einschließlich Pensionsrückstellungen und Personalnebenkosten.
BUDGETIERUNG
109
Die Einbeziehung des Fortbildungsetats und des Geschäftsbedarfs ist bereits bei der Darstellung des ersten Schritts beschrieben worden. Bei der Büroausstattung und DV-Infrastruktur sind die Abschreibungen der Anlagenbuchhaltung maßgeblich. In beiden Fällen sind Standards mit jeweils unterschiedlichen Kostensätzen zu definieren. Das pro Arbeitsplatz zu verteilende Grundbudget bemisst sich nach der Normalausstattung mit Büroeinrichtung und IT-Hardware. Weitere Standards beschreiben im Falle der IT die Ausstattung beispielsweise mit Flachbildschirmen oder Laptops. Diese müssen aus den dezentralen Budgets finanziert werden, und zwar aus Umschichtungen innerhalb der Sachkosten oder aus Einsparungen bei den Personalkosten. Eine ähnliche Regelung könnte bei den Kommunikationskosten auch für die Anschaffung und laufenden Kosten für Handys gelten. Die Budgetzuweisung für die Reisekosten sollte sich nicht in erster Linie nach pro-KopfDurchschnittswerten richten, sondern muss die Aufgabenstellung berücksichtigen. Abteilungen mit vielen EU- oder Bund-Länder-Sitzungen brauchen zweifellos ein höheres Reisekostenbudget als beispielsweise die Zentralabteilung. Insofern spielen die Vorjahreswerte eine wichtige Rolle bei der Planung der Reisekosten. Mitunter wird bestritten, dass diese Kosten überhaupt flexibel seien, weil man ja keine Spaßreisen mache und sich kein Ticket bei einer Billig-Airline kaufen könne. Letzteres ist die Frage eines zentralen Travel-Managements. Generell ist zweifellos die Anzahl der Teilnehmer einer Bund-Länder-Sitzung beeinflussbar. Auch der Einsatz von Videokonferenzen kann sich schnell bezahlt machen, gerade wenn die Reisezeit in die Kosten-Nutzen-Betrachtung einbezogen wird. Das soll die Bedeutung persönlicher Kontakte nicht herabwürdigen, doch eignen sich Videokonferenzen gerade für Sitzungen hervorragend, in denen die Detailabstimmung und nicht der Diskurs im Vordergrund steht. Die Argumentation der Nichtbeeinflussbarkeit besitzt bei den Raumkosten mehr Berechtigung als bei den Reisekosten. Ist der Raumbelegungsplan einmal optimiert worden, gibt es nicht viele Möglichkeiten, die Mietzahlungen zu reduzieren. Eine einzelne Abteilungen oder ein Referat kann nicht einfach ein anderes Gebäude anmieten. Somit ist vor allem die Anzahl der Beschäftigten die entscheidende Stellschraube für etwaige Einsparungen. Eine Organisationseinheit, die unterjährig eine Stelle dauerhaft abgibt, spart eben nicht nur die Personalkosten, sondern auch die Miete für den nicht mehr gebrauchten Büroraum. Dieses gilt analog für die Umlagen, deren Umlageschlüssel aus der Anzahl der Beschäftigten besteht. Im Grunde sind die gesamten Umlagen der Zentralabteilung betroffen, weil sich der Aufwand der Dienstleistung in der Regel nach der Beschäftigtenanzahl richtet. Allerdings haben die Overhead-Kosten den Charakter von Fixkosten, so dass bei verminderter Beschäftigtenzahl die Umlage per capita steigt. Anders ausgedrückt: Wenn es keine Fachabteilungen mehr gäbe, würden trotzdem noch die Personalkosten der Zentralabteilung und des Leitungsbereichs
110
BUDGETIERUNG
anfallen. Die absolute Höhe der Umlagen, also der wesentlichen Overhead-Kosten, bliebe also erhalten, während die Sachkosten deutlich sinken würden. Daher sollte ein Großteil der Sachkosten in die Budgetierung miteinbezogen werden, Umlagen jedoch überhaupt nicht. Erst wenn eine Verrechnung nach tatsächlicher Inanspruchnahme eingeführt wird, die Leistungen der Zentralabteilung also von den Fachabteilungen eingekauft werden können,107 ist die Budgetierung an dieser Stelle sinnvoll. Da das Budget der Zentralabteilung dann zwangsläufig dezentralisiert würde, könnten die entsprechenden Umlagen vollständig wegfallen. Zwar hat auch die kalkulatorische Miete den Charakter einer Umlage, doch besteht hier ein virtuelles Mieter-Vemieter-Modell. Der von den dezentralen Einheiten abgemietete Raum könnte vom Vermieter, also der Zentralabteilung, weitervermietet werden. In der Praxis dürfte dies schwierig sein, doch das gilt auch für ein real existierendes Mieter-Vermieter-Verhältnis. Je nach Mietvertrag trägt dann das finanzielle Risiko für die nicht mehr benötigte Bürofläche entweder das zentrale Gebäudemanagement bzw. ein privater Vermieter oder der Mieter. Daher empfiehlt es sich, die Raumkosten in die Budgetierung aufzunehmen. 3. Schritt: Festlegung der Anreize und Sanktionen Der Grundanreiz für die Unterschreitung des Budgets besteht in der Deckung zusätzlicher Ausgabewünsche. Aufgrund etwaiger Liquiditätsprobleme und langfristiger Folgekosten müssen insbesondere bei den Personalkosten und den kalkulatorischen Kosten die Spielregeln genau festgelegt werden. Ein eher vorsichtiges Modell beinhaltet folgende Anreize: -
-
-
25 % der (anteilig) auf das Jahr bezogenen Personaleinsparungen bei dauerhaft und temporär (mind. drei Monate) nicht wiederbesetzten Stellen zur einseitigen Deckung mit Sachausgaben, 50 % der Einsparungen bei den Sachausgaben zur freien Verwendung innerhalb des Sachbudgets, 10 % der Einsparungen bei den kalkulatorischen Mieten zur freien Verwendung innerhalb der Sachausgaben,
-
Bildung von Rücklagen für das Folgejahr oder
-
Haltung von Budgetreserven für Sonderzwecke.
Für den Abteilungsleiter bedeutet die Budgetierung eine größere Flexibilität, da das Personal vorrangig abteilungsintern bewirtschaftet wird. Wenn das Budget nicht überzogen ist, bestimmt allein der Abteilungsleiter, ob und wann eine Stelle
107
Vgl. oben (Kap. 5.6).
BUDGETIERUNG
111
wiederbesetzt wird. Das Personal- und Organisationsreferat besitzt dann ausschließlich eine dienstleistende Funktion. Für den Produktverantwortlichen wird der Anreiz, den Erstellungsaufwand seines Produkts so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten, dadurch erzielt, dass er das nicht verbrauchte (Personalkosten-)Budget zur Hälfte in seine Kostenstelle mitnehmen kann. Die zentrale Sanktion ist schnell formuliert: Sie besteht darin, die Budgetüberschreitung im Folgejahr erwirtschaften zu müssen. 4. Schritt: Abgleich Kosten und Ausgaben sowie Überführungsrechnung Der Unterschied zwischen Ausgaben und Kosten liegt vor allem in den Personalkosten, hier vor allem in der Pensionsrückstellung, den Abschreibungen bei Investitionen im Rahmen der Büroausstattung und der DV-Infrastruktur sowie in der kalkulatorischen Miete. In der Budgetierung auf Kostenbasis taucht beispielweise nur der Betrag der Abschreibungen auf und nicht die vollständige Investitionssumme, wie dies im kameralen Haushaltsplan üblich ist. Der zweite Teil dieses Schrittes ist technischer Natur. Die Haushaltstitel müssen den Kostenarten zugeordnet werden, um anschließend die Überführungsrechnung durchführen zu können. 5. Schritt: Festlegung Gesamtbudget Im fünften Schritt vereinbaren Staatssekretär und der Beauftragte für den Haushalt mit dem jeweiligen Abteilungsleiter die Höhe des Abteilungsbudgets (auf Kostenbasis) und die Abteilungsziele. 6. Schritt: Priorisierung der Ziele und Produkte Auf der Grundlage des vereinbarten Abteilungsbudgets werden die Ziele und Produkte der Abteilung priorisiert. Unter Umständen ist in diesem Arbeitsschritt auch die Produktstruktur zu überarbeiten, da beispielsweise für neue Projekte separate Kostenträger angelegt werden müssen. 7. Schritt: Festlegung der Plan-Stunden für die Produkte Unmittelbar in Zusammenhang mit dem abteilungsinternen Prozess der Prioritätensetzung steht die Planung des Zeit- bzw. Erstellungsaufwands für jedes einzelne Produkt.
112
BUDGETIERUNG
operative Ziele aktuell Ziel 1 Ziel 2 Ziel 3 Priorisierung Produkte Vorjahr 1.Produkt A (Dau) 2.Produkt B (Pro) 3.Produkt C (Pro) 4.Produkt D (Dau)
Produkte aktuell Produkt A (Dau) Produkt B: abgeschlossen Produkt C (Pro) Produkt D (Dau)
Prozentuale Verteilung der Planstunden : 1.Produkt A (Dau) 10 % 2.Produkt C (Pro) 23 % 3.Produkt D (Dau) 19 % 4.Produkt E (Pro) 38 %
100%
Planungsreserve
10%
90%
Dau = Daueraufgabe ; Pro = Projekt
Abb. 30: Festlegung der Plan-Stunden für die Produkte 8. Schritt: Festlegung der Kostenstellenbudgets Der abteilungsinterne Budgetierungsprozess wird mit der Verhandlung über die Budgets der einzelnen Referate und ggf. Unterabteilungen fortgesetzt. Orientierungspunkte für die Höhe der Budgets sind: -
die operativen Abteilungs- und Referatsziele,
-
die Plan-Werte für die Produkte,
-
die zugeordneten Stellen im Ist-Zustand,
-
die Vorjahreswerte sowie
-
der Verteilungsschlüssel für die Sachkosten.
9. Schritt: Laufende Budgetüberwachung Die Führungskräfte haben ihren jeweiligen Budgetstand regelmäßig zu kontrollieren. Die Controller verteilen hierzu quartalsweise Standardberichte und bei drohender Budgetüberschreitung Abweichungsberichte.108 Die Schlüsselfunktion bei der Budgetierung liegt (abermals) beim Abteilungsleiter, der -
108
freie Kapazitäten und Überlasten erkennt und ggf. umsteuert,
Vgl. oben (Kap. 5.8)
BUDGETIERUNG
-
wirksame abteilungsinterne Anreize setzt sowie
-
das Gesamtbudget der Abteilung einhalten muss.
113
Unterstützt von den Controllern übernimmt der Abteilungsleiter die nicht ganz leichte Managementfunktion der Budgetverhandlungen und Budgetüberwachung. Dabei agiert er nicht autonom, sondern muss sich ständig sowohl mit dem Beauftragten für den Haushalt als auch mit seinen Referats- bzw. Projektleitern und Produktverantwortlichen austauschen. Kein Zweifel, die interne Steuerung wird durch die Budgetierung nicht einfacher oder weniger zeitintensiv.109 Sie wird jedoch besser.
109
Im übrigen kann ein Abteilungsleiter das interne Ressourcenmanagement auf seinen Stellvertreter delegieren. Vgl. oben (Kap. 3.2.1).
115
7
Benchmarking
7.1
Analyse des Status quo
Erfahrungsgemäß fängt jeder Workshop, unabhängig davon, ob es um Ziele, Produkte oder Prozesse geht, mit dem Statement seitens der Ministerialverwaltung an, dass dieses Referat oder diese Abteilung „etwas Besonderes ist“ und daher kein Vergleich möglich sei. Wenn jedoch der Vergleich grundsätzlich negiert wird, fehlt ein wesentliches Lernelement; denn häufig zeigt erst der Vergleich, was die eigene Arbeitseinheit besser oder schlechter macht als andere. Genau dieses fürchten viele Ministerialbeamte, interessanterweise auch diejenigen, die ihre inhaltliche Arbeit vorzüglich erledigen und daher keinen Vergleich scheuen müssten. Diese Haltung ist gewissermaßen konsequent. Es wird auch bestritten, ministerielle Leistung und Zielereichung messen zu können.110 Wer den Erfolg seiner Arbeit nicht zu messen vermag, besitzt auch keine Grundlage für den Vergleich mit Anderen. Für viele Ministerialbeamte ist ein systematischer Vergleich gleichbedeutend mit einem Ranking. Aufgrund der fehlenden Wettbewerbssituation wird schnell eine „winner-looser-Situation“ konstruiert. Das fängt bei der Gunstbezeugung eines Abteilungsleiters an, die angeblich zeigt, dass ein bestimmter Referatsleiter bald den nächsten Karriereschritt macht. Diese unterschwellig ausgetragenen Konkurrenzbeziehungen machen einen ergebnisoffenen Vergleich schwierig, da die Führungskraft, dessen Arbeitseinheit schlechter abschneidet, eher einen Gesichtsverlust und Rechtsfertigungszwang empfindet als das Bedürfnis zu lernen. Die Reaktion auf die Ergebnisse eines systematisch durchgeführten Leistungsvergleichs besteht in der Regel darin, den gewählten Vergleichsansatz und die Datenbasis in Frage zu stellen. Gelingt dies nicht, werden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und externen Einflüsse als Rechtfertigung angeführt. Meistens sind diese Ausführungen zwar stimmig, doch verkennen sie stets, dass ein Vergleichen kein Gleichsetzen ist. Einen Vergleich im Sinne einer identischen Ausgangslage kann es überhaupt nicht geben. Auch die Datenbasis ist häufig nicht völlig kompatibel. Da die ministerielle 100%-Mentalität diese Fehlertoleranz nicht zu akzeptieren vermag, scheitern viele Vergleichsversuche, wie beispielsweise der Benchmarking-Ring einiger Bundesministerien zu Leistungen der Zentralabtei-
110
Vgl. oben (Kap. 2.4).
116
BENCHMARKING
lungen. Die tiefere Ursache des Scheiterns liegt jedoch hier wie insgesamt bei der Verwaltungsreform in dem Verhalten der Führungskräfte. Erst wenn diese die Frage „Was können wir lernen?“ ergebnisoffen stellen und sich für die Antworten interessieren, kann Benchmarking erfolgreich sein.
7.2
Inhalt und Funktion des Benchmarking
Benchmarking ist ein systematischer Prozess zum Verstehen, Bewerten und Vergleichen der Arbeitsprozesse und Produkte verschiedener Organisationseinheiten zum Zweck der Leistungsverbesserung. Benchmarking meint Lernen von Anderen und ist ein Instrument der Qualitätsverbesserung. Ohne Vergleich mit Anderen erscheint der Ist-Zustand als mehr oder weniger bewährte Praxis, jede Alternative erscheint als Theorie. Im Vergleich können Maßstäbe für die Bewertung der eigenen Leistung entwickelt werden. So vermag Benchmarking im Rahmen des ZieleSystems und der KLR Anregungen für neue Ziele, Messgrößen und Produkte sowie Anhaltspunkte für Plan-Werte zu geben. So einfach es ist, Ziel und Funktion des Benchmarking zu beschreiben, so schwierig ist es, Benchmarking als Instrument dauerhaft zu implementieren. Die Herausforderung besteht darin, Benchmarking als Kreislauf zu organisieren, wie nachfolgend erläutert wird.
117
Objekt auswählen
Ergebnisse kommunizieren
10
2 3
9 8
Ursachen analysieren
ert un g
1
11
4 7
6
Eigene Prozesse beschreiben
Vergleichsorganisationen finden
5
Unterschiede feststellen
eit un g
Kennzahlen definieren/ generieren
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Ziele formulieren
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Maßnahmen Vorgehen planen umsetzen
Maßnahmen planen
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BENCHMARKING
Abb. 31: Allgemeiner Benchmarking-Kreislauf Der erste Schritt des allgemeinen Benchmarking-Kreislaufs ist unerlässlich: Das Vorgehen muss geplant werden. Danach kommen eine Reihe von Schritten, die inhaltlich eng zusammengehören. Ein konkretes Benchmarking-Objekt ist auszuwählen, und seine Prozesse müssen sorgfältig beschrieben werden. Zugleich sind Vergleichsorganisationen zu suchen und definitiv festzulegen. Die Grundlage des Vergleichs besteht in der Definition und dem anschließenden Generieren von Kennzahlen. In der Phase der Auswertung sind die Unterschiede zwischen den Organisationseinheiten festzustellen und die Ursachen sorgfältig zu analysieren. Sämtliche Beschäftigte der am Benchmarking beteiligten Organisationseinheiten sollten über die Ergebnisse des Vergleichs informiert werden und sich aktiv an der Diskussion über die Schlussfolgerungen beteiligen können. Im Rahmen des Zielesystems werden operative Ziele aus den Ergebnissen des Benchmarking abgeleitet, wobei die generierten Kennzahlen sowohl die Plan- als auch die Ist-Werte für die Messgrößen darstellen. Die beiden letzten Schritte bestehen im Erarbeiten und
118
BENCHMARKING
Umsetzen von Verbesserungsmaßnahmen. Nicht zufällig ähnelt der Benchmarking-Kreislauf einem detaillierten Ziele-Regelkreis111.
7.3
Benchmarkingmodell
Abgeleitet aus dem Benchmarking-Kreislauf eignet sich folgendes Vorgehensmodell für die Ministerialverwaltung: Identifikation von Benchmarking-Objekten
Vergleichbare Prozesse und Produkte identifizieren
Festlegung vergleichbarer Kennzahlen
Vergleichskriterien definieren und erheben
Identifikation vergleichbarer Einheiten
z.B. Abteilungen oder Referate
Ggf. Identifikation externer Benchmarking-Partner
z.B. andere Ressorts oder Dienstleistungsunternehmen
Aufbau Benchmarkingverfahren
Anschub BenchmarkingKreislauf in der Organisation
Abb. 32: Vorgehensmodell beim Benchmarking Für die Auswahl des Benchmarking-Objekts eignen sich folgende Kriterien: -
Betroffenheit von verschiedenen Organisationseinheiten,
-
Erwartetes Optimierungspotential,
-
Erwartete Unterschiede,
-
Hohe Steuerungsrelevanz,
111
Vgl. oben (Kap. 2.4).
BENCHMARKING
-
Akzeptanz bei den betroffenen Beschäftigten,
-
Unabhängigkeit von Einzelpersonen,
-
Ausbaufähigkeit für ressortübergreifendes Benchmarking,
-
Niedriger Aufwand.
119
Der erste Punkt ist eine Selbstverständlichkeit, kann jedoch leicht übersehen werden. Benchmarking macht in der Regel nur Sinn, wenn das Benchmarking-Objekt in verschiedenen Organisationseinheiten eine Rolle spielt und nicht ein singuläres Produkt eines einzigen Referates ist. Die übrigen Punkte gelten in dieser oder ähnlicher Form für den Einsatz sämtlicher betriebswirtschaftlicher Instrumente. Als mögliche Benchmarking-Objekte kommen in einem Ministerium beispielsweise in Frage: -
Prozess/Produkt „Rechtsangelegenheiten“,
-
Prozess/Produkt „Rechts- und Fachaufsicht“,
-
Prozesse/Produkte der Zentralabteilung,
-
Prozesse/Produkte im nachgeordneten Bereich,
-
Mitarbeiterzufriedenheit,
-
Prozess/Produkt „Qualifizierung“.
Die beiden ersten Punkte verdeutlichen, dass auch ministerielle Kerntätigkeiten für ein Benchmarking geeignet sind. Dies wird wesentlich erleichtert, wenn im Rahmen eines Prozessmanagements bereits die Prozesse beschrieben112 und während der KLR-Einführung die Produkte113 definiert worden sind. Benchmarking besteht dann aus dem Vergleich der Prozessschritte und KLR-Daten sowie der Zielsetzungen einschließlich der Zielerreichung derjenigen Organisationseinheiten, die das Produkt „Rechtsangelegenheiten“ oder „Rechts- und Fachaufsicht“ bearbeiten. Während Benchmarking im Bereich der ministeriellen Kerntätigkeiten bisher nicht üblich ist, existieren für die Produkte der Zentralabteilungen interministerielle Benchmarking-Ringe. Auch nachgeordnete Behörden vergleichen ihre Leistungen miteinander.114 Ein systematisches Benchmarking im Sinne eines Lernens von Anderen ist relativ einfach auf der Grundlage einer Mitarbeiterbefragung durchzuführen. Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung erwecken bei jeder Führungskraft die Neugier, wie man im Vergleich zu den anderen Organisationsein-
112 113 114
Vgl. oben (Kap. 4.3). Vgl. oben (Kap. 6.5). Vgl. z. B. Bertelsmann Stiftung (Hg.), Leistungsvergleich zwischen Finanzämtern. Philosophie - Methodik Organisation - Ergebnisse, Gütersloh 2001.
120
BENCHMARKING
heiten abgeschnitten hat. Hier besteht der Mehrwert des Benchmarkings darin, die Themen „Mitarbeiterzufriedenheit“ und „Führung“ zu diskutieren und zu ergründen, warum die Organisationseinheiten unterschiedliche Befragungsergebnisse aufzeigen. Ein Grund für eine niedrige Mitarbeiterzufriedenheit liegt häufig in der unzureichenden Förderung der Qualifizierung der Beschäftigten. Wie bereits ausgeführt,115 ist deren Förderung die Aufgabe jeder Führungskraft und nicht nur der Zentralabteilung oder des Fortbildungsreferates. Daher bietet es sich an, beim Benchmarking-Objekt „Qualifizierung“ die Leistung der Abteilungen und ggf. auch der Referate miteinander zu vergleichen. Wie dies konkret aussehen kann, soll nachfolgend erläutert werden. Zweifellos bietet das Benchmarking-Objekt „Qualifizierung“ den großen Vorteil, mit einer großen Anzahl an möglichen Kennzahlen aufwarten zu können. Diese Kennzahlen kommen aus den bereits ausgefeilten Konzepten des BildungsControlling. Grundsätzlich können die Kennzahlen in folgende vier Themenfelder kategorisiert werden:
115
Vgl. oben (Kap. 3.2.2 und 6.3).
121
BENCHMARKING
Angebot
Kennzahl 1 Kennzahl 2 Kennzahl x Teilnehmer/innen
Qualität
Kennzahl 1 Kennzahl 2 Kennzahl x
Qualifizierung in den Abteilungen
Kennzahl 1 Kennzahl 2 Kennzahl x
Kosten
Kennzahl 1 Kennzahl 2 Kennzahl x
Abb. 33: Themenfelder beim Benchmarking-Objekt „Qualifizierung“ Ohne großen zusätzlichen Aufwand lassen sich für die vier Themenfelder folgende Kennzahlen generieren: -
-
Kennzahlen im Themenfeld „Angebot“: -
Angestrebte Fortbildungsquote,
-
Anzahl abteilungsintern durchgeführter Fortbildungsmaßnahmen,
-
Anteil der nicht realisierten Fortbildungsanträge,
-
Anteil der von den Führungskräften abgelehnten Fortbildungsanträge.
Kennzahlen im Themenfeld „Teilnehmer“: -
Fortbildungsquote nach Laufbahngruppen,
-
Anzahl der Maßnahmen pro Mitarbeiter,
-
-
Anzahl der Teilnehmer an den abteilungsintern durchgeführten Fortbildungsmaßnahmen, Anteil der Teilnehmer und Umfang der Fortbildungsmaßnahmen pro inhaltlicher Thematik (z. B. Fremdsprachen, fachbezogene Fortbildung, soziale Kompetenz, IT).
122
-
-
BENCHMARKING
Kennzahlen im Themenfeld „Kosten“: -
Gebühren der externen Fortbildungsmaßnahmen,
-
Stornoquote bei den externen Fortbildungsmaßnahmen.
Kennzahlen im Themenfeld „Qualität“: -
Zufriedenheitsindex der Teilnehmer bei den Fortbildungsmaßnahmen,
-
Nutzen für jetzige oder zukünftige Tätigkeit,
-
-
Zufriedenheitsindex der Teilnehmer bei den nicht abteilungsinternen Fortbildungsmaßnahmen, Anteil der Beschäftigten, für die Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen des Mitarbeitergesprächs vereinbart worden sind.
Die Kennzahlen sind je Abteilung auszuweisen. Der Vergleich mit anderen Ministerien ist möglich, sollte aber zumindest im ersten Schritt nicht angestrebt werden. Ein externes Benchmarking ist in der Regel zu aufwändig und findet in der Ministerialverwaltung nur wenig Akzeptanz. Wichtig ist, dass Benchmarking keine temporäre Aufgabe einer Projektgruppe sein darf, sondern den Charakter einer Daueraufgabe der Linienorganisation und der Controller besitzen muss. Andernfalls droht die Gefahr vieler Projekte zur Verwaltungsreform: die Anwendungslücke.116
116
Vgl. oben (Kap. 1.2).
123
8
„Was bringt es?“
„Was bringt die ganze Verwaltungsreform eigentlich?“ Diese Frage stellen viele Ministerialbeamte. Anders ausgedrückt wird danach gefragt, ob die neuen Managementmethoden die Qualität der ministeriellen Arbeit nachhaltig verbessern können. Es geht also um die Wirkung des Neuen Steuerungsmodells. Diese Frage ist absolut berechtigt. Gerade Controlling predigt Effektivität und Effizienz. Doch der Fragesteller geht etwas unredlich vor, da sich viele Reformprojekte in der Ministerialverwaltung häufig noch in der konzeptionellen Phase befinden, einige bereits in der Umsetzung, jedoch die wenigsten in der Anwendungsphase. Erst wenn die betriebswirtschaftlichen Instrumente angewendet werden, können sie auch Wirkung zeigen. Nicht nur die Zeitachse ist problematisch bei der kritischen Argumentation. Stärker ins Gewicht fällt, dass der Fragesteller im Grunde eine sich selbst erfüllende Prophezeiung macht. So hat ein Hammer, der nie benutzt wurde, nicht bewiesen, dass er nichts taugt, nur weil das Bild immer noch nicht an der Wand hängt. Allerdings hat der Hammer auch nicht bewiesen, dass er etwas taugt. Im Falle des Neuen Steuerungsmodells spricht man nicht umsonst von einem ganzen Werkzeugkasten (oder auf englisch ausgedrückt: Tool-set). Hier lässt sich mit einiger Berechtigung fragen, ob der Werkzeugkoffer in einer Reihe von Behörden nicht völlig überdimensioniert ist. Zudem gilt es zu verhindern, dass nur ein einziges Instrument benutzt wird. Letzteres ist häufig der Fall. Zwar sind die meisten Verwaltungsreformprojekte mittlerweile umfassend angelegt und bestehen nicht mehr ausschließlich aus einer reinen KLR-Einführung. Doch in der Praxis bleibt häufig das Buchen der Arbeitszeit auf die Produkte als dauerhaftes Ergebnis. Es kann daher wenig erstaunen, dass diese Art der Verwaltungsreform keine Akzeptanz bei den Beschäftigten findet. Woran liegt es, dass trotz eines ganzheitlichen Ansatzes nur die eher technokratische KLR Einzug in den Verwaltungsalltag gehalten hat? Um diese Frage zu beantworten, muss etwas weiter ausgeholt werden. Anfangend mit dem ersten inhaltlichen Kapitel dieses Buches ist festzustellen, dass für eine Reihe von Ministerien und Landesverwaltungen zwar Balanced-Scorecard-Konzepte entwickelt, aber nur wenige Konzepte auch umgesetzt worden sind. Einige Konzepte sind bereits in der Umsetzungsphase gescheitert, weil sie sich als zu komplex erwiesen. Die entscheidende Phase der Anwendung hat kaum ein Ziele-System geschafft. Der Ziele-Regelkreis ist also nur in den wenigsten Fällen in Gang gekommen. Ziele und Messgrößen wurden zwar definiert, aber der Zielerreichungsstand dann häufig nicht mehr gemessen und besprochen. Dabei ist gerade der letzte Punkt ein ganz entscheidender, da es bei Zielen gerade um die Verbesserung der Kommunikation
124
WAS BRINGT ES ?
und der Reflexion geht. Jährliche Mitarbeitergespräche und fakultative Zielvereinbarungen, die beispielsweise auf Bundesebene eingeführt worden sind, können ein systematisches Ziele-System unmöglich ersetzen und verkommen häufig zur reinen Formalie. Der Ziele-Regelkreis kann von Controllern initiiert und vorangetrieben werden, jedoch spielen die Führungskräfte die entscheidende Rolle. Erst wenn die Hausleitung, Abteilungs- und Referatsleiter wirklich mit Zielen führen (wollen) und ihren Alltag nicht mehr vom Tagesgeschäft dominieren lassen, kann ein Ziele-System den erhofften Mehrwert bringen. Im Personalbereich, der im dritten Kapitel behandelt worden ist, sieht es ähnlich wie im Bereich „Führung“ aus. Personalentwicklungskonzepte sind vorhanden, jedoch nicht umgesetzt worden. Auch die Organisation, Thema des vierten Kapitels, hat sich trotz aller Reformbemühungen kaum geändert. So gibt es zwar mittlerweile Projektrichtlinien, aber es werden nur wenige Projekte initiiert. Zudem meint Organisation in der Ministerialverwaltung ausschließlich Aufbauorganisation. Das Denken in Prozessen ist weitgehend ungeübt. Vielleicht tun sich die ministeriellen Führungskräfte auch deswegen mit dem Ziele-Regelkreis und mit dem Thema Personalentwicklung so schwer. Beides sind Prozesse, die kraft Natur der Sache nicht statisch und niemals abgeschlossen sein können. Ein anderes Beispiel verdeutlicht diesen Punkt noch. Eine elementare Aufgabe der Ministerialverwaltung muss darin bestehen, die Gesetzesfolgen abzuschätzen und zu evaluieren.117 Nebenbei bemerkt passt dies vorzüglich zur Messung des Outcome. Die ministerielle Antwort auf diese zusätzliche Aufgabe besteht in der Schaffung von zusätzlichen Organisationseinheiten, die sich mit dieser Thematik beschäftigen. Die richtige Antwort bestände jedoch darin, die Gesetzesfolgenabschätzung und -evaluation als zusätzliche Prozessschritte im Kernprozess „Gesetzgebung“ zu definieren. Zudem sollte jedes größere Gesetzgebungsvorhaben als Projekt angelegt werden. Der Projektleiter ist dann verantwortlich für die Einhaltung der einzelnen Prozessschritte. In der inhaltlichen Koordination der unterschiedlichen Gesetzgebungsprojekte liegt eine wesentliche Aufgabe des zentralen Projektmanagements im Leitungsbereich. Zweifellos würde diese flexible Organisationsstruktur gepaart mit einer Prozessorientierung die klassische Aufbaustruktur eines Ministerium reichlich durcheinander bringen. Die KLR tut das nicht. Wie in Kapitel 5 beschrieben, orientiert sie sich an den bestehenden Strukturen. Kurzum, sie ist strukturkonservativ und technokratisch. Mit 117
Vgl. Carl Böhret, Götz Konzendorf unter Mitarbeit von Jürgen Intveen, Leitfaden zur Gesetzesfolgenabschätzung, hg. v. Bundesministerium des Innern, Berlin 2000; Der Mandelkern-Bericht. Auf dem Weg zu besseren Gesetzen. Abschlussbericht vom 13. November 2001, hg. v. Bundesministerium des Innern, Berlin 2002; Ulrich Schmeddinck, Gesetzesfolgenabschätzung und Umweltverträglichkeitsprüfung - Zur Evaluierung des UVPGesetzes -, in: Die Öffentliche Verwaltung 3/2004, 103-109.
WAS BRINGT ES ?
125
Ausnahme des Buchens der Arbeitszeit stört eine KLR nicht weiter. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die KLR häufig das einzige Instrument aus dem großen Werkzeugkasten, das benutzt wird. Freilich meint hier „benutzt“ nur „umgesetzt“ und nicht „angewendet“. Ohne Ziele und Budgetierung sowie ohne Prozess- und Projektmanagement ist die KLR bestenfalls ein „nice-to-have“. Der erreichten Kostentransparenz steht ein allgemeiner Akzeptanzverlust bei den Beschäftigten gegenüber. Ihren vollen Nutzen entfaltet die KLR erst im Rahmen einer Budgetierung. Aber auch hier ist Vorsicht geboten: So nützlich das in Kapitel 6 dargestellte Budgetierungsmodell auch ist, so gefährlich kann dieses Instrument sein. Ohne die Budgetierung ist die KLR nur eine Spielwiese der Verwaltungsreform. Mit Scharfschaltung durch eine Budgetierung fließen mit einem Schlag reale Geldströme und ohne verbindliche Spielregeln und Überwachung der Budgetstände drohen Liquiditätsengpässe. Letztere sind schon manchem Unternehmen zum Verhängnis geworden, was einem Ministerium freilich nicht passieren kann. Ein zweites Phänomen lässt sich in vielen Unternehmen beobachten: Das Denken in Budgets droht die inhaltlichen Ziele zu dominieren und damit die Leistung insgesamt herunterzuziehen.118 Auch wenn eine so weitreichende Ökonomisierung der Ministerialverwaltung aus heutiger Sicht undenkbar erscheint, sollte sie erst gar nicht angestrebt werden. In einem Ministerium muss immer die Qualität der inhaltlichen Arbeit im Mittelpunkt stehen. Diese Aussage steht nicht in Widerspruch zu dem in diesem Buch vertretenen Ansatz des New Public Management, in dem es um Zielerreichung, Effizienz und Output-Orientierung geht. Sämtliche betriebswirtschaftlichen Instrumente sind kein Selbstzweck, sondern dienen der Qualitätsverbesserung. Um die Qualität ministerieller Arbeit erhalten und verbessern zu können, müssen die knapper werdenden Mittel gezielter als bisher eingesetzt werden. Ein weiterer Grund, warum das Ziel der Kostensenkung bei der Reform der Ministerialverwaltung nicht im Vordergrund stehen sollte, besteht darin, dass selbst eine Senkung der ministeriellen Personalkosten um ein Drittel keinen entscheidenden Beitrag zur Haushaltskonsolidierung darstellen würde. Dies ist ein großer Unterschied zu den Kommunen und den großen Flächenverwaltungen, wo die Personalkosten einen weitaus größeren Anteil am gesamten Haushalt ausmachen. Ob die Strategie richtig ist, Verwaltungsreform vorrangig als „intelligenten Rotstift“ zu benutzen, kann auch im Falle der Kommunen und Flächenverwaltungen bezweifelt werden. Zudem geht die Rechnung in den meisten Fällen nicht auf, da die Einsparungen in der Regel unter den Erwartungen liegen.
118
Vgl. sehr pointiert: Jeremy Hope, Robin Frazer, Beyond Budgeting. Wie sich Manager aus der jährlichen Budgetierungsfalle befreien können, aus dem Englischen übersetzt von Peter Horvath und Ralf Sauter, Stuttgart 2003 sowie Dies., Mehr Erfolg ohne Budgets, in: Harvard Business Manager 5/2003, 73-83.
126
WAS BRINGT ES ?
Als letztes Instrument ist das in Kapitel 7 erläuterte Benchmarking zu nennen. Auch dieses Instrument wird häufig völlig isoliert eingesetzt. In BenchmarkingRingen haben beispielsweise einige Bundesbehörden ausgewählte Leistungen miteinander verglichen. Nach einiger Zeit wurde dieses Projekt aufgrund fehlender Ergebnisse und dem Desinteresse der fachlich Verantwortlichen eingestellt. So spannend dieser Versuch auch war, so kann sein Scheitern nicht überraschen. Benchmarking ist nur im Rahmen eines umfassenden Steuerungssystems sinnvoll. Die Ziele und ggf. auch die Produkte müssen erst eindeutig definiert sein, damit das Benchmarking einer klaren Richtung folgt und eine solide Datengrundlage besitzt. Aus den vorherigen Ausführungen wird deutlich, dass nur ein ganzheitlicher Reformansatz und dessen konsequente Umsetzung erfolgversprechend sind. Erfolg definiert sich dabei als Nachhaltigkeit im zeitlichen und inhaltlichen Sinne. Wenn die Instrumente im Rahmen des Neuen Steuerungsmodells nach der Einführungsphase dauerhaft Bestand haben, so ist dies sicherlich ein Erfolg. Allerdings ähnelt es der Erfolgsmeldung, dass ein Gesetzgebungsvorhaben zeitgerecht abgeschlossen und im Gesetzblatt verankert worden ist. Das entscheidende Erfolgskriterium besteht in der Frage, was bringt es inhaltlich oder anders formuliert: Welche Wirkung zeigen die angewendeten Steuerungsinstrumente in der Praxis? Denn entscheidend ist letztlich nicht der Output, also das Gesetz oder die umgesetzte Verwaltungsreform, sondern die Wirkung oder auf englisch ausgedrückt: der Outcome. Um Wirkung entfalten zu können, müssen die Führungskräfte die eingeführten Steuerungsinstrumente anwenden und die neue Führungsphilosophie real leben. Dies verlangt ein intensives Coaching insbesondere der Abteilungs- und Referatsleiter, das weit über die bloße Wissensvermittlung hinausgeht. In dem „Aktivieren der Führungskräfte“ und dem gleichzeitigen „Mitnehmen der Beschäftigten“ bei den Veränderungsprozessen besteht der Schlüssel zum Überwinden der Anwendungslücke. Die Führungskräfte, und zwar auch und gerade die Hausleitung, müssen den Prozess der Verwaltungsreform aktiv vorantreiben.119 Neben dieser Funktion als Innovator bestehen weitere elementare Aufgaben sämtlicher Führungskräfte in Führung, Personal und Organisation sowie im Kosten- und Budgetmanagement. Nicht zufällig wird die „Führungslücke“ gerade im Prozess der Verwaltungsreform frappierend deutlich, weil diese mit der Umsetzung und Anwendung des Neuen Steuerungsmodells hohe Anforderungen an die Führungskräfte stellt. Daher zielt Management und Controlling immer gleichzeitig auf Führung und 119
Vgl. allgemein Gerhard Banner, Modernisierung: in Zukunft Tagesgeschäft der Führung, 76-90 sowie Carl Böhret, Verwaltungspolitik als Führungsauftrag, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 43-49.
WAS BRINGT ES ?
127
Steuerung. Wer eine neue Art der Steuerung einführen will, muss unweigerlich das brisante Thema der Führungsqualität anpacken. Die Führungs- und die Anwendungslücke sind zwei Seiten derselben Medaille. Ihre Überwindung ist die zentrale Herausforderung der Verwaltungsreform. Dies kann gelingen durch ein gutes Konzept, eine stringente Umsetzung und ein intensives Coaching der Führungskräfte. Konsequent angewendet, werden Management und Controlling die Ministerialverwaltung darin unterstützen, ihr wichtigstes Ziel erreichen zu können: Höchste Qualität in der Vorbereitung der Gesetzgebung.
129
9
Literaturverzeichnis
9.1
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Ulrich Pfeiffer, Bernd Faller, Qualität des Verwaltungshandelns. Zur Modernisierung der Bundesministerien, Gutachten für die Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1997. Christoph Reichard, Public Management im deutschsprachigen Raum, in: ErnstBernd Blümle u. a. (Hg.), Öffentliche Verwaltung und NonprofitOrganisationen, Wien 2003, 496-516. Ders., Verwaltungsmodernisierung in den Bundesländern, in: Werner Jann u. a., Status-Report Verwaltungsreform. Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren, Berlin 2004 (= Modernisierung des öffentlichen Sektors Bd. 24), 87-99. Markus Reiners, Modernisierung der Landesverwaltung Baden-Württemberg. Machtkonstellationen bei der neuen Steuerung, in: Verwaltung und Management 10 (2004), 98-103. Wolfgang Seibel, Verwaltungsreform, in: Klaus König, Heinrich Siedentopf (Hg.), Öffentliche Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., Baden-Baden 1996, 5-25. Peter Seyfried, Regieren als Rechenaufgabe?, in: Verwaltung und Management 9 (2003), 172-181. Ulrich Schmeddinck, Gesetzesfolgenabschätzung und Umweltverträglichkeitsprüfung — Zur Evaluierung des UVP-Gesetzes —, in: Die Öffentliche Verwaltung 3/2004, 103-109. Jürgen Schmidt, Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung, 5. Aufl., Berlin 1996. Norbert Thom, Adrian Ritz, Public Management. Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor, 2. Aufl., Wiesbaden 2004. Jürgen Weber, Controlling versus New Public Management. Alternative oder sich ergänzende Konzepte der Umgestaltung öffentlicher Institutionen?, in Verwaltung und Management 2 (1996), 344-347. Ders., Controlling versus New Public Management. Alternative oder sich ergänzende Konzepte der Umgestaltung öffentlicher Institutionen? (Teil 2), in Verwaltung und Management 3 (1997), 38-43. Ders., Controlling versus New Public Management. Alternative oder sich ergänzende Konzepte der Umgestaltung öffentlicher Institutionen? (Teil 3 und Schluß), in Verwaltung und Management 3 (1997), 89-92. Ders., Einführung in das Controlling, 8. Aufl., Stuttgart 1999. Günter Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 21. Aufl., München 2002.
132
9.2
LITERATURVERZEICHNIS
Thema „Führung/Zielesystem“ (Kapitel 2)
Peter Baier, Führen mit Controlling, 2. Aufl., Regenburg, Berlin 2002. Gerhard Banner, Von der sektoralen zur integralen Führung, in: innovative Verwaltung 5/2002, 9-12. Volker Belzer (Hg.), Sinn in Organisationen? Oder: Warum haben moderne Organisationen Leitbilder?, München u. a. 1995. Thomas Bichsel, Die strategische Führung der öffentlichen Verwaltung. Grundzüge eines Verfahrens zur Bestimmung und Einführung einer strategischen Führungskonzeption, Chur u. a. 1994. Siegfried Böttcher, „Führung durch Ziele“ und die öffentliche Verwaltung, in: Verwaltung und Fortbildung 2/1974, 31-42. Geert Bouckaert, Wouter van Dooren, Performance measurement and management in public sector organizations, in: Tony Bovaird, Elke Löffler (Hg.), Public Management and Governance, London und New York 2003, 127-136. Tony Bovaird, Elke Löffler, Quality managements in public sector organizations, in: Tony Bovaird, Elke Löffler (Hg.), Public Management and Governance, London und New York 2003, 137-148. Mike Broussine, Public leadership, in: Tony Bovaird, Elke Löffler (Hg.), Public Management and Governance, London und New York 2003, 175-187. Carmen A. Fink, Carsten Heineke, Die Balanced Scorecard mit dem Zielvereinbarungssystem verbinden. Diskussion der Implikationen und Darstellung praxisorientierter Integrationsmodelle, in: Zeitschrift Führung + Organisation (zfo) 71 (3/2002), 155-167. Cornelia Heintze, Führen in der öffentlichen Verwaltung, in: Verwaltung und Management 8 (2002), 95-100. Ralf Hilgenstock, Renate Jirmann, Mitarbeiterführung in der öffentlichen Verwaltung. Konzepte, Beispiele, Checklisten, Wiesbaden 2001. Horvath & Partner, Balanced Scorecard umsetzen, 2. Aufl., Stuttgart 2001. Robert S. Kaplan, David. P. Norton, Balanced Scorecard, aus dem Amerikanischen übersetzt von Peter Horvarth u. a., Stuttgart 1997. Dies., Die strategiefokussierte Organisation. Führen mit der Balanced Scorecard, aus dem Amerikanischen übersetzt von Peter Horvarth und Damir Kralj, Stuttgart 2001.
LITERATURVERZEICHNIS
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Helmut Klages, Erfolgreich führen und motivieren, in: Dieter Wagner (Hg.), Personal- und Personalmanagement, Berlin 1998 (= Schriftenreihe des Kommunalwissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam Bd. 3), 50-67. Bernd Kosub, Entscheidungsstile von Führungskräften in öffentlichen Verwaltungen: Erfolgsbedingungen des Entscheidungsverhaltens als Bezugspunkt einer Weiterentwicklung des öffentlichen Personalmanagements, Frankfurt am Main u. a. 1998 (= Diss. Hamburg, Universität der Bundeswehr, 1997). Markus Kückelhaus, Ergebnisorientierte Führung in Politik und Verwaltung: Ein integratives Modell, Wiesbaden 1999 (= Diss. Koblenz 1999). Siegfried Mauch, Zielorientiertes Führen — ein Umsetzungsmodell für die öffentliche Verwaltung. Eine alternative Wegbeschreibung zu mehr Effizienz und Effektivität in der öffentlichen Verwaltung, Stuttgart u. a. 1999 (= Diss. Speyer 1999). Hanns-Eberhard Meixner, Lust statt Frust in der öffentlichen Verwaltung. Wege aus der Führungskrise, Köln u. a. 1998. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Public Sector Leadership for the 21st Century, Paris 2001. Jan Pommerehn, Strategisches Controlling in der Bundesverwaltung, Berlin 2002 (Diss. Berlin 2001). Hans-Gerd Ridder, Frank Schirmer, Führung, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 222-231. Udo Rienaß, Detlev Liepmann, Nicole Torjus, Führung und Kommunikation. Reformvorhaben im Landeseinwohneramt Berlin, in: Verwaltung und Management 10 (2004), 22-28. Ernst-Hasso Ritter, Integratives Management und Strategieentwicklung in der staatlichen Verwaltung — Über strategisches Controlling auf der Ministerialebene —, in: Die Öffentliche Verwaltung 3/2003, 93-105. Markus-Oliver Schwaab u. a. (Hg.), Führen mit Zielen. Konzepte — Erfahrungen — Erfolgsfaktoren, Wiesbaden 2001. Ewald Seeba, Verfahren der Planung und Steuerung im Bundeskanzleramt, in: innovative Verwaltung 3/2004, 20-22. Reinhard K. Sprenger, Mythos Motivation. Wege aus der Sackgasse, 17. Aufl., Frankfurt a.M., New York 2002. Rainer W. Stroebe, Grundlagen der Führung mit Führungsmodellen, 11. Aufl., Heidelberg 2002.
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LITERATURVERZEICHNIS
Karin Tondorf, Reinhard Bahnmüller, Helmut Klages, Steuerung durch Zielvereinbarungen. Anwendungspraxis, Probleme, Gestaltungsüberlegungen, Berlin 2002 (= Modernisierung des öffentlichen Sektors Sonderband 17). Rick Vogel, Leitbilder und ihre Grenzen, in: Verwaltung und Management 9 (2003), 96-98. Ders., Utz Schäffer (Hg.), Balanced Scorecard & Controlling. Implementierung — Nutzen für Manager und Controller — Erfahrung in deutschen Unternehmen, 3. Aufl., Wiesbaden 2000. Georg Wolf, Dieter Draf, Leiten und Führen in der öffentlichen Verwaltung. Ein Handbuch für die Praxis, 5. Aufl., München, Berlin 1999.
9.3
Thema „Personal“ (Kapitel 3)
Hans-Jürgen Bruns, Hans-Gerd Ridder, Qualifizierung und Fortbildung, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 204-213. Tomas Fedrow, Personalentwicklung ist Basis für Veränderungsprozesse, in: innovative Verwaltung 4/2003, 28-30. Rüdiger Klimecki, Auf dem Wege zu einer lernenden Verwaltung — Verwaltungsreform als institutioneller Lernprozeß und die Rolle der Personalentwicklung, in: Dieter Wagner (Hg.), Personal- und Personalmanagement, Berlin 1998 (= Schriftenreihe des Kommunalwissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam Bd. 3), 70-90. Ders., M. O. Altehage, F. A. Morath, Die Neue Verwaltung. Flexibilisierung, neue Führung, Personalentwicklung, Konstanz 1998. Harald Krusekamp, Die Bestenauslese wird ihrem Anspruch nicht gerecht, in: innovative Verwaltung 4/2003, 31-34. Jürgen Lose, Personalmanagement im öffentlichen Dienst. Einstellungsverfahren — Stellenausschreibung — Verwendungsplanung — dienstliche Beurteilung — Auswahlverfahren — Fortbildung, Neuwid, Kriftel 2001. Siegfried Mauch, Neue Wege der Personalrekrutierung, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 195-204. Christoph Reichard, Personalmanagement, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 180-186.
LITERATURVERZEICHNIS
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Heinrich Siedentopf, Benedikt Sperr unter Mitarbeit von Alexandra Unkelbach, Auslandserfahrung und Fremdsprachenkenntnisse in der Einstellungs- und Entsendepraxis des deutschen höheren Ministerialdienstes, hg. v. d. Berliner Initiative für mehr Internationalität in Bildung, Ausbildung und Personalpolitik, Berlin ohne Jahresangabe (2004). Dieter Wagner, Personalmanagement als elementarer Bestandteil des Public Management, in: Ders. (Hg.), Personal- und Personalmanagement, Berlin 1998 (= Schriftenreihe des Kommunalwissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam Bd. 3), 24-50. Ders., (Hg.), Personal- und Personalmanagement, Berlin 1998 (Schriftenreihe des Kommunalwissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam Bd. 3). Göttrik Wewer, Mitarbeitergespräche, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 173-180. Zukunft des öffentlichen Dienstes — öffentlicher Dienst der Zukunft, Bericht der von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen eingesetzten Kommission [„Bull-Kommission“], Düsseldorf 2003.
9.4
Thema „Organisation“ (Kapitel 4)
Horst Baier, Operative Planung in Kommunen. Neukonzeption auf der Basis einer Kosten- und Leistungsrechnung, Lohmar, Köln 2002 (= Diss. Braunschweig 2002). Computer statt Politik. Minister im Kanzleramt Ehmke. Der Macher, in: Der Spiegel 6/1971, 28-38. Johannes Fischer, Walter Ungar, Führung und Organisation, München, Berlin 2001 (= Die neue Kommunalverwaltung Bd. 3). Philipp Hölzle, Carolin Grünig, Projektmanagement. Professionell führen — Erfolge präsentieren, Freiburg u. a. 2002. Werner Jann, Hierarchieabbau und Dezentralisierung, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 253-262. Kommunale Gemeinschaftsstelle (KGSt), Geschäftsprozessoptimierung: Eine Wegbeschreibung, Köln 1998 (= KGSt-Bericht 8/1998). Joachim Lohmann, Den Verwaltungsaufbau enthierarchisieren, — die Zweistufigkeit schaffen, in: Verwaltung und Management 10 (2004), 4-12.
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LITERATURVERZEICHNIS
Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Distributed Public Governance. Agencies, Authorities and other government bodies, Paris 2002. Angela Witt-Bartsch, Harald Enz, Projektmanagement. Kein Buch mit sieben Siegeln, in: Verwaltung und Management 10 (2004), 92-97.
9.5
Thema „Kosten- und Leistungsrechnung“ (Kapitel 5)
Hansjürgen Bals, Der Produkthaushalt. Wege zur Integration von Finanz- und Leistungssteuerung, in: Zeitschrift für Kommunalfinanzen 53 (2003), 321-329. Lothar Beyer, Öffentliches Rechnungswesen: Kameralistik oder Doppik?, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 337-347. Werner Buchholz, Grundzüge einer zweckadäquaten Vermögensrechnung, in: Peter Eichhorn (Hg.), Doppik und Kameralistik. Festschrift für Prof. Dr. Ludwig Mülhaupt zur Vollendung des 75. Lebensjahres, Baden-Baden 1987 (= Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft Bd. 100), 216-230. Dietrich Budäus, Modernisierung des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens, in: Werner Jann u. a., Status-Report Verwaltungsreform. Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren, Berlin 2004 (= Modernisierung des öffentlichen Sektors Bd. 24), 75-86. Ders., Ehrhard Mundhenke, Mögliche Lösungsansätze einer landeszentralen Grob-Konzeption zur Integration einer Kosten- und Leistungsrechnung in das Haushalts- und Rechnungswesen zur Haushaltsplanung und Bewirtschaftung auf der Basis von Produkthaushalten in NRW. Wissenschaftliches Gutachten im Auftrag des Finanzministeriums NRW. Teil 1: Fachliches Grobkonzept, Düsseldorf 2004. Bundesministerium der Finanzen, KLR-Handbuch für die Bundesverwaltung (Standard-KLR des Bundes), in: Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung — VSF — (= Amtsblatt des Bundesministeriums der Finanzen), Stoffgebiet Haushaltsrecht, Abschnitt Kosten- und Leistungsrechnung, Bonn 1997.
LITERATURVERZEICHNIS
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Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2003 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, Bonn 2003. Peter Eichhorn, Allgemeine und Öffentliche Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Doppik und Kameralistik, in: Ders. (Hg.), Doppik und Kameralistik. Festschrift für Prof. Dr. Ludwig Mülhaupt zur Vollendung des 75. Lebensjahres, Baden-Baden 1987 (= Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft Bd. 100), 48-62. Ders. (Hg.), Doppik und Kameralistik. Festschrift für Prof. Dr. Ludwig Mülhaupt zur Vollendung des 75. Lebensjahres, Baden-Baden 1987 (= Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft Bd. 100). Thomas M. Fischer, Prozeßkostencontrolling — Gestaltungsoptionen in der öffentlichen Verwaltung, in: Kostenrechnungspraxis 43 (1999), 115-125. Philipp Häfner, Doppelte Buchführung für Kommunen nach dem NKF. Einführung in die Praxis nach dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement, Freiburg u. a. 2003. Bernd Klümper, Ewald Zimmermann, Die produktorientierte Kosten- und Leistungsrechnung, München, Berlin 2002 (= Die neue Kommunalverwaltung Bd. 5). Joachim Lohmann, Öffentliche Investitionsschwäche als Folge der Kameralistik, in: Verwaltung und Management 8 (2002), 335-339. Klaus Lüder, Ein kaufmännisches Rechnungswesen für die öffentliche Verwaltung? Plädoyer für das Überdenken der Zweckmäßigkeit des staatlichen Rechnungswesens in der Bundesrepublik Deutschland, in: Peter Eichhorn (Hg.), Doppik und Kameralistik. Festschrift für Prof. Dr. Ludwig Mülhaupt zur Vollendung des 75. Lebensjahres, Baden-Baden 1987 (= Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft Bd. 100), 245-261. Ders., Neues Öffentliches Haushalts- und Rechnungswesen. Anforderungen, Konzept, Perspektiven, Berlin 2001 (= Modernisierung des öffentlichen Sektors Bd. 18). Karl Oettle, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit des kaufmännischen Rechnungswesens auf die öffentliche Verwaltung, in: Peter Eichhorn (Hg.), Doppik und Kameralistik. Festschrift für Prof. Dr. Ludwig Mülhaupt zur Vollendung des 75. Lebensjahres, Baden-Baden 1987 (= Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft Bd. 100), 275-290. Christoph Reichard, Der Produktansatz im „Neuen Steuerungsmodell“ — von der Euphorie zur Ernüchterung, in: Dieter Grunow, Hellmut Wollmann (Hg.),
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Lokale Verwaltungsreform in Aktion: Fortschritte und Fallstricke, Basel u. a. 1998, 85-102. Walter Richter, Controlling und Berichtswesen, in: Bernhard Blanke et al. (Hg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. Aufl., Opladen 2001, 392-400. Michael Schäffer, Kommunale Kostenmanagementsysteme. Ein Beitrag zum neuen öffentlichen Rechnungswesen, Stuttgart u. a.1999. Henner Schierenbeck, Zur Integration von kaufmännischer und kameralistischer Buchführung, in: Peter Eichhorn (Hg.), Doppik und Kameralistik. Festschrift für Prof. Dr. Ludwig Mülhaupt zur Vollendung des 75. Lebensjahres, BadenBaden 1987 (= Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft Bd. 100), 112-126. Tilman Seeger u. a., Kosten-, Leistungsrechnung und Controlling. Ein Erfahrungsbericht für die Praxis über die Einführung der Standard-KLR am Beispiel der Bundesverwaltung, Heidelberg 1997. Klaus von Wysocki, Kameralistisches Rechnungswesen, Stuttgart 1965.
9.6
Thema „Budgetierung“ (Kapitel 6)
James L. Chan, Changing roles of public financial management, in: Tony Bovaird, Elke Löffler (Hg.), Public Management and Governance, London und New York 2003, 101-111. Birgit Frischmuth u. a., Budgetierung in der Stadtverwaltung, hg. v. Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin 2001. Timo Hebeler, Die Budgetierung und das Budgetrecht — Unzulässige Kompetenzverschiebungen zu Lasten der Parlamente durch neue Haushaltsinstrumente?, in: Verwaltungsrundschau 3/2002, 76-80. Jeremy Hope, Robin Frazer, Beyond Budgeting. Wie sich Manager aus der jährlichen Budgetierungsfalle befreien können, aus dem Englischen übersetzt von Peter Horvath und Ralf Sauter, Stuttgart 2003. Dies., Mehr Erfolg ohne Budgets, in: Harvard Business manager 5/2003, 73-83. Kommunale Gemeinschaftsstelle (KGSt), Budgetierung: Ein neues Verfahren der Steuerung kommunaler Haushalte, Köln 1993 (= KGSt-Bericht 6/1993). Joachim Lohmann, Strategische Haushaltsplanung: Konsequenz der Budgetierung, in: Verwaltung und Management 8 (2002), 132-137.
LITERATURVERZEICHNIS
9.7
139
Thema „Benchmarking“ (Kapitel 7)
Bertelsmann Stiftung (Hg.), Leistungsvergleich zwischen Finanzämtern. Philosophie — Methodik — Organisation — Ergebnisse, Gütersloh 2001. Oliver Grieble, August-Wilhelm Scheer, Grundlagen des Benchmarkings öffentlicher Dienstleistungen, ohne Ort 2000 (Veröffentlichungen des Instituts für Wirtschaftsinformatik Heft 166). Alexander W. Hunziker, Florian Rahmann, Benchmarking fördert eine neue Verwaltungskultur, in: innovative Verwaltung (VOP) 6/1998, 20-24.