Luther und Faust. Ein Kampf um Wittenberg: Ein dramatisches Spiel in drei Akten, mit einem Vorspiel [Reprint 2020 ed.] 9783112317839, 9783112306567


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German Pages 87 [92] Year 1950

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Table of contents :
Zur Einführung
Personen
Vorspiel in der Hölle
Erste Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
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Luther und Faust. Ein Kampf um Wittenberg: Ein dramatisches Spiel in drei Akten, mit einem Vorspiel [Reprint 2020 ed.]
 9783112317839, 9783112306567

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Äutljs* unb Sauft Ein Kampf um W i t t e n b e r g

(Ein bramatifrfjes Sbpiel in örei Akten, mit einem JJotfpiel von Wilhelm Herbst

A l f r e d T ö p e l m a n n / Berlin W 3 5

Meinen Freunden, den Rechtsanwälten in Essen-Ruhr, Dr. W i l h e l m S c h ä f e r und Dr. K u r t

Schäfer,

in Treue und Dankbarkeit gewidmet. Dr. W i l h e l m

Herbst

Zu«

(EittfübKung

Es ist sehr wahrscheinlich, daß Faust, der ein Zeitgenosse Luthers war, auf seiner ruhelosen Wanderschaft auch einmal in Wittenberg gewesen ist. Wenn der Verfasser diesen Aufenthalt Fausts zu Wittenberg in eine bestimmte Zeit legt, wenn er Luther und Faust persönlich sich begegnen läßt, und wenn er Faust mit den Schwarmgeistern und Bilderstürmern des Winters 1521/22 gemeinsame Sache machen läßt, so ist das als sogenannte dichterische Freiheit zu werten. Mit dem Auftreten von Helena, Pluto und Mephistopheles lehnt sich der Verfasser an die ältesten Volksspiele vom D. Faust an, in denen dies bereits geschieht. Die Gestalt des" Dr. Ignotus ist eigene Erfindung. Die Hauptpersonen sind über das Geschichtliche hinaus hier Vertreter bestimmter allgemeiner weltanschaulicher Einstellungen. L u t h e r will also in diesem Stüde verstanden sein als der Christ, der typisch religiöse Mensch. Seine Genialität zeigt sich hier aber nicht in seinem Fertigsein, nicht eigentlich in einer menschlichen Kraftnatur. Luther wird vielmehr oft als der angefochtene, schwache, ringende Mensch gezeigt. Krankheit, Anfechtung, Feindschaft setzen ihm hart zu. Seine gleichwohl immer wieder sichtbar werdende starke Ruhe und unbeirrbare Festigkeit, schließlich auch seine sieghafte Uberwinderkraft gewinnt er nicht aus menschlicher Genialität, sondern einzig aus seinem Glauben, also durch seine Bibel, durch das Gebet, durch das Kreuz Christi. Je gefährlicher oder versuchlicher es um ihn steht, umso deutlicher wird, wie er seine Existenz in der Welt dieses Glaubens hat, die ihn ganz sicher, unangreifbar und überlegen macht, trotz aller Schwachheit. 1

3

F a u s t ist nicht als Scharlatan, sondern als Mensch der Renaissance gestaltet. Er ist der selbstbewußte, selbstsichere Mensch, der im festen Glauben an die unbegrenzte Fähigkeit des menschlichen Geistes die Welt durch Wissen erobern und so dem Menschen die Macht gewinnen und sichern will, die er nötig hat, um diese Erde und dieses Leben zu einer Stätte des Glückes für alle zu machen. Ist Luther das Genie, das sich selbst zu begrenzen weiß (durch die Welt des christlichen Glaubens), so verkörpert Faust das andere Genie, das von vornherein jede Begrenzung ablehnt! Sein Streben geht ins Grenzenlose. Während nun Luther durch seine selbstgewollte Begrenzung zur höchsten Kraftentfaltung gelangt, verpufft Fausts Genialität ins Leere. Er selbst geht unter. Warum? Er hat z w e i V e r s u c h u n g e n nicht bestanden. Beide Versuchungen kamen ihm von den dämonischen Mächten der Welt. Es gelingt der Helena, jener sagenhaften griechischen Königin, die schon im mittelalterlichen Puppenspiel vom Dr. Faust als Vertreterin der Sinnenlust und des ungezügelten Lebensgenusses auftritt — ein Charakter, den unser Spiel noch unterstreicht •—, Faust dazu zu bringen, daß er seinem idealen Wollen (die ganze Menschheit zu beglücken) untreu wird und alle Macht, die ihm sein Wissen und Können vermittelt, nur noch sich selbst (und ihr) zugute kommen lassen will. Es gelingt zweitens dem Dr. Ignotus und Mephistopheles, daß er auch seinen Christenglauben preisgibt, ja denselben (und natürlich nun auch Luther) bekämpft. Er sieht im Christenglauben nur noch eine Schranke für die Erreichung seines erstrebten Machtzieles. Bei der Predigt Luthers in der Stadtkirche zu Wittenberg sind echte Lutherworte aus seinen berühmten Invokavitpredigten vom Frühjahr 1522 verwandt. Auch in der Schlußszene hat sich der Verfasser an manche historisch nachweisbare Lutherworte gehalten. B e r l i n , im Mai 1950 Wilhelm

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Herbst

Petfonen Luther Melanchthon Dr. Ignotus Faust Helena Wagner Erzengel Michael Pluto Mephistopheles Asmodeus Krumschal kleine Teufel Vitzliputzli Auerhahn Storch Fuchs Possei Kißler Koch Studenten in Wittenberg Gerbel Fröschel Busch Tiburtius Ort der Handlung: Wittenberg Zeit der Handlung: 1521/22

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Das Spiel ist im Jahre 1948 entstanden und wurde 1949 in Berlin erstmalig aufgeführt

Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 3 5

Ö o t f p i e l in bcr

^öllc

i. Szene Pluto, der oberste Höllengott, auf seinem Thron, umgeben von kleinen Teufeln Pluto Ruhe, sag ich! Ihr Höllengesindel 1 Gleich seid ihr stille) Vitzliputzli Ruhig, Kinderl Vater ist verdrießlich! (Gelächter bei den kleinen Teufeln) Pinto Zum letzten Mal: Ruhe! — Was versteht denn ihr davon! Ich habe Sorgen. Asmodeus (schmeichlerisch) Sag sie, Väterchen. Wir vertreiben sie dir. Alle Teufeldien Ach ja, sag sie. Wir hören so gern, wenn einer Sorgen hat. Sag sie uns. Sag sie. Pluto Ja, ich werde sie euch sagen, denn ihr seid selbst auch schuld daran. Ihr seid unnütz, faule Wichte! Ihr tut nichts. Aber eure Ferien sind vorbei. Ich habe Arbeit für euch! Paßt gut auf. Da sind jetzt zwei große Männer in Wittenberg aufgetaucht. Gelehrte professores. Die werden der Hölle gewaltig schaden und Abbruch tun — wenn wir sie nicht kriegen. Wer? Wer?

Alle 7

Pinto Das ist der Luther und der Faust. Alle (in neckischem Reigen) Luther und Faust! Wie mir graust! Faust und Luther! Ich sags meiner Mutter!

(Gelächter)

Pluto Ruhe! Mir ist nicht zum Lachen. Wir müssen sie haben. Und ihr sollt mir sie holen. Marsch! Ich befehl es euch! Oder kommt mir nicht mehr unter die Augen. Krumschal (ängstlich) Ach Väterchen, nicht böse sein! Wir sind j a nur Wichte und Kobolde. Wir können nur die dummen Leute schrecken. Auerhahn Ich kann die Menschen nur nachts mit bösen Träumen quälen. Asmodeus Vor uns werden sich doch die großen Herren fürchten!

nicht

Pluto Da habt ihr freilich recht. Vitzliputzli Warum schickst du denn nicht den Mephistopheles? Pluto Ja, der ist der Richtige! Aber wo ist er? Er ist nicht da' (ruft laut) Mephistopheles! Nein, er ist fort. Vitzliputzli, du bist der schnellste. Geh, hol ihn! Sag ihm, er soll sofort herkommen. Ich habe einen wichtigen Auftrag für ihn! — Ihr andern, trollt euch! Vitzliputzli Hui! (durch die Luft ab)

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2. Szene

Pluto. Mephistopheles Mephistopheles Hoher Gebieter, dein Befehl? Hier bin ich. Pluto Du warst auf der Erde? Kamst du auch gen Wittenberg? Was gibts da Neues? Mephistopheles Viel, und wenig Gutes. Mit einem reisenden Kaufmann, meinem Freund seit langen Jahren, kam ich dorthin. Die Stadt ist voll von Studenten. Alle wollen den Doktor Luther hören. Pluto Ich weiß, ich weiß. Leider! — Wie stehts aber mit Doktor Faust? Mephistopheles Der war gerade dort angekommen. Ist der Philosophie beflissen. Was soll denn der? Pluto Wie dumm du bist. Wir müssen sie alle beide haben. Sonst werden sie der Hölle großen Abbruch tun. Mephistopheles Der Faust auch? Pluto Dummkopf. Ich sehe weiter als du. Ich muß sie alle beide haben. Du sollst sie mir für die Hölle reif machen und herschaffen. Beide, hörst du? Mephistopheles Den Faust — ja!, den Luther — nein! Pluto Was soll das heißen? Ist dein Verstand eingefroren? Tau ihn auf! In der Hölle ists heiß genug dazu!

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Mephistopheles Mein Verstand ist eiskalt. Darum sieht er auch so klar! Vor den Gelehrten hab ich keinen Respekt. Sie sind alle zu haben. Es gehört nicht einmal viel Witz dazu. Wenn sie nur fein eitel und ehrgeizig sind. Und das sind die meisten. Auch um die Theologen ist mir nicht bange. Hab schon mehr als einen dir gebracht. Aber der Luther — — Pluto Nun, was hast du plötzlich, daß du den Luther fürchtest? Mephistopheles Ihn nicht. Er ist ein derber Bauer. Mit dem wollt ich schon fertig werden. Aber — nun, du weißt es selbst — das Kreuz! Er glaubt ans Kreuz. Er predigt das Kreuz. Er betet unterm Kreuz! Und vor dem Kreuz ist die Macht der Hölle zu Ende, ein für alle Mal. Auch meine. Das weißt du nur zu gut, Pluto! Pluto Eben darum müssen wir ihn haben. Hörst du, der Luther muß zur Hölle fahren. Was soll denn nur werden, wenn sie in Deutschland wieder anfangen, an das Kreuz zu glauben! Mephistopheles Ich weiß! Die Sache ist ernst! Pluto Denk dir was aus. So was recht Teuflisches! Alles, was du forderst, stelle ich dir zur Verfügung. Die ganze Macht der Hölle ist dein, — zu diesem Zweck. Du hast mich noch nie im Stich gelassen. Brauch dein Gehirn! Und nun nicht lange gesäumt! Auf, nach Wittenberg. Den Luther und den Faust! Hörst du? Beide! Mephistopheles Ich will mein Bestes versuchen. Es soll mein Meisterstück sein! (Pluto ab) Mephistopheles (allein) Gleich zwei auf einmal?! Und was für welche! Beide 10

Genies — jeder in seiner Art! Doktor Faust? Ehrgeiz — Wissensdrang — Ruhm — Geld — üppiges Leben — eine Frau — Fürstengunst — o, mir ist nicht bange. Aber Luther? — Luther? Halt! — Vielleicht so! Ja, das könnte gehen! Vielleicht wenigstens. Ans Werk denn! Es lohnt sidi! (ab)

(Erfte*

Äfct

1. S z e n e Straße in Wittenberg. Unmittelbar vor dem Vorlesungsgebäude. Luther und sein Famulus Wagner auf dem Weg zur Vorlesung Luther Und heute, mein lieber Wagner, kommen wir zum 130. Psalm. De profundis clamavi ad te, Domine! Das ist ein gar gewaltiger Psalm. De profundis, das heißt, wie Ihr wißt, auf deutsch: Aus den Abgründen rufe ich, Herr, zu dir! Heute will ich Euch studiosis klar machen, was das für Abgründe sind, von denen Gottes Wort hier redet. Es ist die Tiefe der Anfechtung durch den bösen Feind. Doch das will erlebt sein. Ich weiß nicht, obs die jungen Herren verstehen und fassen werden, (als sich Wagner zum Weitergehen anschickt) Doch Ihr wollt fürbaß gehen und nicht ins Kolleg? Habt wohl wichtige Ursach und Abhaltung? Wagner (in einiger Verlegenheit) Wollet verzeihen, Herr Doktor. Bin heute nicht sonderlich präpariert. Hatt' auch vor, da heute — (stockt) Luther (sieht einen Anschlag an der Mauer und geht auf ihn zu, ohne auf Wagner und seine Verlegenheit weiter zu achten) Seht, ein neuer Anschlag und Mitteilung. Wollen sehen, was uns da kundgetan wird, (tritt mit Wagner heran und liest laut) 11

„Tue hiermit denen Herren professoribus und denen Herren studiosis einer respektablen Universität zu Wittenberg zu kund und wissen, daß ich, Johannes Faust, der Philosophie Doktor und der freien Künste Professor, in sotaner Stadt und Universität Wittenberg für einige Zeit habe Domizil und Wohnung genommen und täglich denen Herren studiosis abends von 8—10 Uhr Vorlesungen zu halten resolviert und entschlossen bin über Philosophie und Astrologie. Sonderlich interessierten Herren studiosis entbiete ich mich auch, eine Vorlesung über die magische Kunst zu halten. Meine Antrittsvorlesung werde ich am 13. hujus vormittags 10 Uhr halten über eine neue Art, die Ordnungen und Gesetze der Natur zu erforschen, zu welcher hiermit die gesamte Universität einlädt Johannes Faustus der Philosophie Doktor, der freien Künste Professor. Also der Doktor Faust ist hier? Midi dünkt, ich habe seinen Namen schon gehört. Muß den Magister Philippus fragen. — Collegium magicum will er lesen? Das will mir übel gefallen. Gottes Wort weiß nichts von Magie, verurteilt sie vielmehr. — Den 13. hujus? — das ist just heute! Wagner, ich Ach so! Nun weiß ich, wo Ihr hinwollt. Wagner Ja, Herr Doktor, man muß doch alles hören und prüfen. Wie will mans sonst recht beurteilen? Ist eine ganz neue Wissenschaft, die der Doktor Faust betreibt. Luther So geht. Ich halt Euch nicht! Doch will ich Euch treulich gewarnt haben. Magie ist ein Wissen, das nicht von Gott stammt. Der Mensch soll seine Seele nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen und in Gefahr bringen. Des Teufels List ist groß. Daß Ihr mir nur ohne Schaden wieder aus solcher Sach herauskommt! (beide nach verschiedenen Seiten ab)

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2. Szene Melandithon. Luther. Später Faust Melanchthon (zu Luther, der eintritt) Doktor Martinus, Gott grüß Euch. Luther Gesegnete Arbeit, Bruder Philippus. Ihr studiert wohl wieder fleißig den Aristoteles? Ihr kennt mein Urteil über ihn. Er ist und bleibt ein rechter Heide. Und was weiß er im Grunde mehr, als daß das Wasser naß und das Feuer heiß ist. Das ist seine Philosophie. Melandithon Ich weiß, Doktor Martinus, Ihr haltet von der Philosophie nidit viel, weder von der alten nodi von der neuen. Doch scheint sie mir nützlich. Sie lehrt scharf denken. Luther Das kann ich auch so. — Ich komme aus meiner Vorlesung. Haben heute viele studiosi gefehlt. Melanchthon Es werden noch nicht alle aus ihrer Heimat gen Wittenberg gekommen sein. Wir haben diesmal zeitiger denn sonst begonnen mit unseren Vorlesungen. Luther Ich fürdit, es hat einen andern Grund. Melanchthon Was könnte das sein? Luther Doktor Faustl — Der hat heute seine Antrittsvorlesung gehalten. War er schon bei Euch, Bruder Philippus? Melandithon Nein, Bruder Martinus. Ich bin aber begierig, den Mann kennen zu lernen. 13

Luther Ich nicht. Er will über Astrologie Vorlesungen halten. Hat sogar collegium magicum angekündigt. Gottes Wort weiß nichts von Magie. Melancbthon Es können nicht alle Theologen sein, Bruder Martinus. Sollens auch nicht! Luther Ich mein, er ist ein Phantast. Wird ein rechter Schwärmer sein. Die Schrift sagt: Haltet euch nicht selbst für klug. Das ist auch mein Dafürhalten. Wärs zu unserer Seelen Seligkeit notwendig, dergleichen Dinge zu erfahren, hätt uns Gottes Wort solch Wissen wohl gelehrt. Steht aber dort nur von Christo geschrieben! Und du, Bruder Philippus, mit deinem Aristoteles und der Doktor Faust mit seiner Astrologie und Magie sollen — (es klopft) Luther Tretet ein in Christi Namen! Faust gewandt, unbefangen, höflich, doch selbstbewußt, in bester Laune) Johannes Faust ist mein geringer Name. Ich wollte dem Herrn Doktor Luther meine Aufwartung machen und Referenz beweisen. Doch ich will zu gelegener Zeit wiederkommen. (stattlich,

Luther Nein bleibt. Das ist Magister Philippus, mein guter Freund. Ein Kenner der alten Griechen. Werdet seinen Namen ebenso gehört haben, wie meinen. Wollet Platz nehmen. Mein Amanuensis soll uns einen Trunk frischen Bieres bringen. Faust Dawider wüßte ich nichts zu sagen. Vielen Dank den gelehrten Herren! 14

Melandithon Herr Doktor, Ihr seid gewiß auch ein Freund der alten Griechen und Römer. Werdet Ihr allhier zu Wittenberg auch den Aristoteles traktieren oder den Plato? Faust Herr Magister Philippus, ich sag es Euch frei heraus: das alles ist alter Kram, hundertmal ausgedroschen. Kommt kein Körnlein gutes Wissen mehr heraus. Luther Da seht Ihrs, Bruder Philippus. Ich meins auch. Faust Ja, Herr Doktor Luther, ich bin Euer Bundesgenosse. Ihr habt den G l a u b e n frei gemacht von allem, was die Kirche lehrt. So mach idi die V e r n u n f t , den Verstand der Menschen frei von allem, was die alten Philosophen gelehrt haben, sie heißen nun Plato oder Aristoteles. Der Mensdi soll endlich aufhören, immer nur nachzusprechen, was andere gedacht und gelehrt haben. Er soll seinen Verstand selbst gebrauchen lernen. Es weht ein neuer Geist in der Wissenschaft. Ich fühls. Und ich kann gar nicht sagen, wie glücklich ich darüber bin. Selbst denken, selbst forschen. Nicht mit dem Kopf anderer, sondern mit seinem eigenen Kopf und Verstand. O das ist wunderbar! Nicht wahr, Doktor Martinus? Luther Ich hab den Glauben frei gemacht, sagt Ihr? Ich wüßte nicht I Faust Wie, Ihr wißt das gar nicht? Dann sag idis Euch, Doktor Martinus. Ja, das habt Ihr getan. Ihr wißt gar nicht, wie groß Ihr seid! Oder Ihr seid zu bescheiden. Doch habt Ihr nur die Hälfte der Aufgabe gelöst. Seht in mir Euren Bundesgenossen. Ich übernehme die andere Hälfte. Ihr machtet den Glauben frei. Ich mache das Wissen frei. Daß der Mensdi hinfort glauben kann, was

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er selber denkt, wie es ihm ums Herz ist, das ist Euer Verdienst. Und ich will — Luther Halt, Doktor Faust! Ich versichere Euch, Ihr irrt, was meine Person angeht, gewaltig! Doch wartet einen Augenblick. (Steht auf, geht zur Bibel, in der er blättert und sucht.) Melanchthon Herr Doktor Faust, ich höre mit Kummer, daß Ihr von Aristoteles und den alten Philosophen nichts haltet. Aber haben sie denn nicht mit ihrer Vernunft alles durchforscht, die Erde, das Wasser und alle Elemente, die Natur der Tiere, Pflanzen und vor allem der Menschen? Was sucht Ihr da noch Neues? Luther (die Bibel in der Hand) Ja, das möchte ich auch wissen. Faust Habt Ihr von Doktor Copernico schon gehört? Ich hab ihn besucht! Das ist ein Mann! Der hat die Natur der Sterne, der Sonne, der Erde durchforscht, aber mit eigenem Denken! Er hat entdeckt, daß das ganze Bild, welches wir von der Welt haben, falsch ist. Und warum? Weil wir immer nur die Alten und ihre Bücher studieren. Nicht die Erde steht im Mittelpunkt, sondern die Sonne. Die Erde dreht sich um die Sonne. Aber die Sonne dreht sich nimmermehr um die Erde. Das ist Erkenntnis der Vernunft, die frei geworden ist. Luther Man wirds prüfen müssen an Gottes Wort, ob sichs also verhält. Doch mag die Erde nun stehen oder sich drehen, sich im Mittelpunkt der Welt befinden oder ganz an der Seiten, so ist doch gewißlich die Sonne um der Erde willen da, ihr zu leuchten, und nicht die Erde um der Sonne willen. So stehts Mose am Ersten! Und dabei bleibts. Auch sag ich Euch dies, Doktor Faust: Ich

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will lieber in natürlicher Erkenntnis irren und töricht sein, wie ein Kind, als ohne Gottes Wort ewig verloren gehen. Faust „Ewig verloren gehen" — das mag eine ernste Sache sein. —Doch sagt nur eins, Doktor Martinus: Wie kann ein Mensch ewig verloren gehen, wenn er seine Vernunft gebraucht, die ihm doch Gott auch gegeben hat?! Luther Da seht Euch ja vor, Herr Doktor! Die Vernunft ist wie ein wild rasend ungebärdig Pferd. Wollt Ihr darauf reiten, so müsset Ihr es scharf zügeln. Sonst geht es mit Euch durch und Ihr kommt hin, wo Ihr nicht hinwollt! Faust Wo ich hin will? Die Wahrheit will ich erkennen, um jeden Preis! Und wer die Wahrheit erkennen will, darf seiner Vernunft keine Zügel anlegen. Es gibt noch so manche Erkenntnis, zu der unser Verstand sich noch nicht herangewagt hat, weils verboten war von der Kirche. Es gibt noch mancherlei Kunst, die Menschen wissend zu machen. Nur hats die Kirche nicht dulden wollen. Doch nachdem Ihr nun, Herr Doktor, den Menschen frei gemacht habt, nach seinem eigenen Kopf und Herzen zu glauben, ohne die Aufsätze der Kirche, werden wir auch alle Wege der Erkenntnis gehen, die sich uns auftun. Luther Was sagt Ihr da wieder, Herr Doktor? Nie hab ich gelehrt, daß ein Mensch frei sei, zu glauben, was er will. Wahrer Glaube ist Gott Untertan und an sein Wort gebunden. Ein Christenmensch ist wohl frei, doch allein dazu, Gott zu gehorchen und dem Nächsten zu dienen. Das ist meine Lehr. Nichts anderes. Und wenn Ihr alle Geheimnisse und alle Erkenntnis hättet, wärt aber nicht Eurer Seligkeit gewiß durch Jesum Christum, es wär Euch nichts nütze! 2

H e r b s t , Luther und Faust

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Faust (lächelnd) Ich wills bedenken, Doktor Martinus. Für diesmal bitt ich um Urlaub. Sorgt Euch nicht um mich. Auch bin ich ja nun in Eurer Nähe und Ihr in meiner. Da wird für meine Seligkeit, acht ich, gut gesorgt sein. Melanchthon Treibt in so ernster Sache nur keinen Scherz, Doktor Faust. Wider Sünde, Tod und Teufel muß ein jeder in eigener Person streiten. Faust Auch ich mein es ernst. Hoffe zu gelegener Zeit noch weiter mit den Herren zu diskutieren. Will für jetzt meinen Urlaub nehmen. Lebt wohl, Doktor Martinus. Lebt wohl, Magister Philippus! Luther Lebt wohll Und Gott behüte Euch vor des Satans List und Gewalt! (Faust ab) Melanchthon Was sagt Ihr nun, Bruder Martinus? Luther Dies sag ich, Bruder Philippus: Nun wird der böse Feind den Doktor Faust versuchen — und mich! Betet für uns! 3. S z e n e Storch, zunächst allein in Luthers Studierstube, dann Dr. Ignotus Storch (sich umsehend) Hier arbeitet also Doktor Luther! — Bücher genug. Und was für welche! Aus denen hat er also sein Wissen. — Und das hier ist also die Bibel! „Steht geschrieben! Steht geschrieben!" Ich hör ihn ordentlich, wie er das immer wieder sagt. — Und hier — ah, das ist sein 18

Vorlesungsheft. Wollen sehen, was er schreibt, (liest) „Ps. 130,4: Denn bei dir ist die Vergebung, daß man dich fürchte. Hier sagt die Schrift mit hellen dürren Worten, daß in der Welt kein einziger Ort sei, wo uns vergeben werde, denn allein bei Gott. Darum will er gefürchtet sein!" Ja, der Doktor Luther spricht von nichts anderem. Aber heute, jetzt, wenn er gleich kommt, dann werden wir von etwas anderem sprechen. Ich hab mirs seit langem vorgenommen. Von der großen Hauptsache spricht er nie zu uns in seiner Vorlesung. Dr. Ignotus (steht plötzlich im Zimmer, schwarz, bleich, geheimnisvoll, ernst) Und die wäre? Stordi Ihr seid Doktor Luther nicht) — Ich dachte — ich wollte Dr. Ignotus Allerdings nicht, junger Freund. Aber auch ich will Luther sprechen, wie Ihr. Hab Grüße für ihn. Ihr seid wohl — ich sah Euch an seinem Schreibtisch beschäftigt — sein Famulus? Stordi O nein, ich bin sein Famulus nicht. — Ganz recht, ich wollte Doktor Luther auch sprechen. Ich muß ihn sprechen. Ich studiere hier zu Wittenberg im zweiten Semester. Den Luther muß doch jeder einmal gehört haben. Doch find ich, nachdem ich ihn nun lange genug gehört wie soll ich sagen? — daß Dr. Ignotus Setzt Euch, Herr Studiosus. Wir haben wohl noch einen Augenblick Zeit. Euer Name? Storch Storch, mit Vergunst, Johannes Storch. Und wie ist, wenn die Frage verstattet ist, Euer Name? 2*

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Dr. Ignotus Nennt midi nur Doktor Ignotus. Ich bin aus Welschland. Storch Ach, das ist interessant. Erzählt doch, was bringt Ihr Neues von dort? Ich höre so gerne — Dr. Ignotus Später, junger Freund. Doch welche Hauptfrage wolltet Ihr mit Doktor Luther besprechen. Ich merks, Ihr habt etwas auf dem Herzen. Storch Ja, seht, den Luther in allen Ehren. Hab ihn nicht vergeblich gehört allhier. Er spricht aus, was wir alle schon lange gefühlt haben. Und doch hängt er noch zu sehr am Alten. Oder was meint Ihr? — Ich denke, er hat den Mut nicht, ganze Arbeit zu tun. Muß nicht alle Herrschaft der Kirche, die doch eitel Knechtschaft ist, für den gemeinen Mann gebrochen werden? Dr. Ignotus Luther hat den Mut nicht? Vielleicht doch. Vielleicht traut er nur Euch jungen Leuten noch nicht zu, daß Ihr ihm folgen werdet. Ihr solltet ihm Mut machen. Herr Studiosus Storch! Stordi Ja, nicht wahr? O, das wollen wir! Daran solls nicht fehlen! Ganz frei müssen wir werden! Sonst ist alles vergeblich! Da ist vor allem die Bibel. Ist Gottes Wort. Niemand leugnets. Doch ich bitt Euch, Doktor Ignotus, wenn nun der Luther bei allem und jedem sagt: Es steht geschrieben! Oder: Es steht nicht geschrieben! — ist das nicht auch noch Knechtschaft? Ja, Buchstabenknechtschaft ist das. Es gibt doch noch ein anderes Wort Gottes, das nicht in Schriften verfaßt ist. Aber von dem spricht Doktor Luther gar niemals!

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Dr. Ignotus Um so mehr solltet Ihr von diesem anderen Wort Gottes reden, das i n Euch ist! Storch Ihr kennt es also auch? Ja, das meine ich! Wie klug Ihr seid, Doktor Ignotus. Ich dachte, ich hätte es allein gefunden. Dr. Ignotus Wir wissen vieles. Aber Ihr wißt noch wenig. Ihr müßt noch viel studieren. Das Wissen wird Euch frei madien. Ihr seid ein Tuchmacher gewesen, Herr Storch? Storch Wie wißt Ihr das? Dr. Ignotus Man sieht sich so in Wittenberg um. Und man merkt sich Leute, die etwas bedeuten können. Stordi Ihr meint das wirklich? Ich dank Euch. Ihr müßtet unser Lehrer sein! Ihr wißt — Dr. Ignotus — was gut und böse ist. Und Ihr sollts auch wissen! Merkwürdig!

Stordi Dr. Ignotus

Warum? Stordi Weil so in der Heiligen Schrift steht. Aber dort ist es der Teufel, der es zum Weibe sagt. Dr. Ignotus Also doch die Bibel! „Es steht geschrieben."

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Stordì Nein, so mein ichs nicht. Aber Ihr seid doch der Teufel nicht, sondern Doktor Ignotus. Dr. Ignotus Studiert, Herr Stordì, viele Bücher! Idi rats Euch zum Abschied. Stordì Auch die da? (auf Luthers Bücher zeigend) Dr. Ignotus Auch die! Die Bibel kennt Ihr ja, wie ich sehe. Die könnt Ihr also ruhen lassen. Storch Ihr wollt schon gehen? Bleibt nodi ein wenig. Ihr wollt doch auch Doktor Luther sprechen. Ihr sollt mir helfen, wenn idi mit ihm rede. Ihr wißt alles noch besser zu sagen als ich. Ich hab Vertrauen zu Euch. Ja, wirklich — obwohl Dr. Ignotus Obwohl? Storch Mir ist so sonderbar, seit Ihr hier seid. Hab Euch gar nicht kommen hören. — Nein, ich hab keine Furcht vor Euch! Verzeiht mir. Idi hätt' noch diese und jene Frag an Euch. Bleibt nodi! Dr. Ignotus Ich hab nicht Zeit wie Ihr, obgleich ich mehr Zeit hab, als Ihr. Doch nicht jetzt. Ich werd Euch noch sehen, Herr Storch, zur rechten Zeit. Und auch Doktor Luther werd ich zu treffen wissen. Verlaßt Euch darauf! Stordì Was soll ich tun?

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Dr. Ignotus Studiert die Bücher, sag ich Euch. Das innere Licht wird Euch bald aufgehen, nachdem Ihr verlangt. Viele Bücher, sag ich Euch. Die Leser e i n e s Buches verachte ich. Storch Also gut! Fangen wir gleich ani (Er nimmt aus den Büchern, die Dr. Ignotus während des Gesprächs auf Luthers Schreibtisch scheinbar absichtslos aufgebaut hat, um das Kreuz zu verdecken, mehrere heraus und schlägt eins auf. Indem wird das Kreuz wieder sichtbar) Dr. Ignotus (ehe er verschwindet) Das Wissen macht frei! Doch nicht, was dahinter steht. Stordì (lesend) Nun, was steht dahinter? — Ich wüßte nichts! Worte, lauter Worte!

4. Szene

Luther. Storch Luther (eintretend) Gott grüße Euch, Herr Studiosus. Jetzt steh ich Euch Red und Antwort, wie Ihr begehrt. Wollet Platz nehmen. Stordì Herr Doktor, Ihr habt so herrlich geschrieben von der Freiheit eines Christenmenschen! Mir wills nicht in den Sinn, daß man auf halbem Wege sollte stehen bleiben mit der Freiheit. Vom Papst sind wir frei geworden. Durch Euch. Aber Ihr selbst wollt uns nun aufs neue binden, an das Bibelbuch. Luther Das tue nicht ich, sondern Gott selbst. Und die Bibel ist nicht Menschenwort, sondern Gottes Wort.

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Storch Wohl wahr. Dodi ist sie vom Heiligen Geist geschrieben Luther Da habt Ihr recht. Doch ists kein Einwand! Storch Wohl! Ists doch derselbe Heilige Geist, der auch alle wahren Christen erleuchtet. Hat denn also dann nicht eines wahren Christen Erleuchtung und Erkenntnis gleiche Wahrheit und Autorität wie die Schrift? Luther Nimmer, mein lieber Storch. Mensch bleibt Mensch. Und Menschen irren und lügen! Storch Auch wenn sie vom Heiligen Geist erleuchtet sind? — Ich seh, Ihr schweigt. Sollte ich den gelehrten Herrn Doktor gefangen haben? Mit der Kirche steht es so heillos in der Welt. Da hilft kein Flidcen und Bessern, hier ein wenig und da ein wenig. Da muß es heißen: rein ab! Ihr haltet noch zu sehr am Alten. Ihr gebt dem Geist Gottes nicht Raum. Luther Ich merk es wohl, ich muß mein Doktorbarett abnehmen und Euch aufsetzen, Herr Storch. So lehrt mich denn! Was ists mit der Heiligen Schrift? Ist sie Gottes Wort oder nicht? Stordi Wohl, doch mehr für die alten Zeiten. Heute spricht der Heilige Geist auch durch den Mund von wahren Christen, die er sonderlich erleuchtet. Luther Hört zu, Herr Storch! In der Bibel spricht Gottes heiliger Geist. Das leugnet I h r nicht. Und daß ein rechter Christenmensch auch vom Heiligen Geist erleuchtet ist, das leugne i c h nicht. Ists aber d e r s e l b e Heilige

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Geist, so ists unmöglich, daß er hier und dort sollte etwas Verschiedenes sagen. Stordi Doch könnte der Heilige Geist dem Christenmenschen etwas Neues sagen, was noch nicht in der Schrift geoffenbart ist. Und das haben wir heute nötig. Luther Die Schrift weiß nichts anderes als Christum und sein Kreuz. Einen anderen Weg, einen gnädigen Gott zu finden, gibt es nicht. Und wenn Euch, Herr Storch, Euer Geist einen anderen Weg, selig zu werden, sagt, so ists nie und nimmer Gottes heiliger Geist, sondern Euer eigner Dünkel und Hochmut, der Euch narrt. Das Kreuz Christi, Herr Storch, das ists, was uns der Heilige Geist lehrt. Es gehört nicht hinter die Bücher, sondern vor die Bücher, (das Kruzifix ergreifend) So! (stellt es vor die Bücher) Stordi Das ist doch sonderbarl „Das Wissen macht frei, doch nicht, was dahinter steht," hat er gesagt. S o also hat ers gemeint! ? Luther Von wem sprecht Ihr? Stordi Von dem gelehrten Herrn, den ich hier traf und der auf Euch wartete. Er hab Euch Grüße zu bringen aus Welschland, sagte er. Kurz eh Ihr kamt, Herr Doktor, ging er. Luther Ich wüßte nicht, wer mich aus Welschland grüßen sollte. Hab dort keine Freunde. Auch hab ich des Wegs, da ich hereinkam, niemanden gesehen im Haus, (entschlossen) Ich weiß nicht, wer das war und was er gewollt hat. Doch eins weiß ich gewiß, Herr Studiosus: Was er Euch da gesagt hat, das war eine Weisheit des Teufels.

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5. Szene Luther. Melanchthon Luther Ich sag Euch, Bruder Philippus, ein neuer Geist regt sidi in Wittenberg. Ich spürs. Melanchthon Den habt Ihr selbst hier angefacht! Gott seis gedankt! Luther Da sei Gott vor, daß ich d e n Geist sollt angefacht haben. Es ist ein hochmütiger, vermessener Geist! Ich merks an den jungen Leuten. Kaum hab ich sie gelehrt, Gottes Wort lesen, übersetzen, studieren, auslegen, gleich wollen sie der Schrift Meister sein. Kommen und sagen, sie hätten auch den Heiligen Geist, wären frei und brauchten die Schrift weiter nicht. Ich kenn den Teufel und seine List wohl. Er will mir meine eignen Freunde verführen. Doch ich denke, wir wollen ihm auch hier sein Spiel gründlich verderben. Melanchthon Es ist nicht nur die Jugend an unserer Universität, Bruder Martinus. Auch Bürgersleute und Handwerksgesellen werden unruhig. Ich ließ mir neulich einen neuen Rock machen. Da meinte der Geselle, als ich sagte, hier an der Schulter wolle es noch nicht so recht passen: „Seht Ihr, Herr Magister," sagte er, „ein Kleid darf nicht zu eng sein, sondern muß wohl passen. So ists auch mit den Bräuchen und Zeremonien der Kirche. Ihr und der Luther habt wohl einen neuen Geist gebracht, aber Ihr habt die alten Bräuche gelassen. Die sind aber dem neuen Geist zu eng!" Luther Das ist der Geist des Storch. Ich merks wohl. Er ist ein Tuchmacher gewesen. Aber ich bleib dabei: was dem Wort Gottes nicht stracks zuwider ist, soll bleiben. Nichts ist schlimmer, als wer seine Freiheit mißbraucht und Gewalt übt. Gewalt ist immer vom Teufel.

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Melanchthon Das mein ich auch, Bruder Martinus. Wißt Ihr Neues vom Doktor Faust? Luther Nein. Warum fragt Ihr? Melanchthon Weil ich glaube, daß auch er unsere Universität verwirrt. Wißt Ihr, daß Euer Wagner sein Famulus geworden ist? Er sammelt viel Studenten in seinem Haus und soll ein wildes Leben mit ihnen führen. Luther So kommts, wie ich fürchtete. Es wird einen Kampf geben um Wittenberg, für das Evangelium! Mir will scheinen, der Teufel ist nach Wittenberg gekommen. Nun denn, ich bin bereit 1 Ende des ersten Aktes * * * Z w e i t e «

Äfct

1. Szene Faust. Wagner. Später Dr. Ignotus, dann Helena Faust (hereintretend) Es ist zu verdrießlichl Ich kann es nicht finden! Habe heute wieder die ganze Bibliothek vergebens durchsucht Kein altes Kellerloch hab ich undurchsucht gelassen. Es muß aber hier zu Wittenberg sein. Mir hats ein Fremder, den ich zu Padua traf, verraten. Und nur darum bin ich ja gen Wittenberg gekommen. Morgen will ich ins Kloster gehen und die dortige Bibliothek durchsuchen." Huh, die Mönche! Das wäre ja ein toller Spaß, wenn das berühmte, uralte Buch über die magische Kunst bei den Mönchen sich finden sollte. Sie habens womöglich in

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Ketten geschmiedet und gebannt, weils in ihren Augen ein Teufelsbuch ist. Aber mir solls die letzten Geheimnisse über die Natur und ihre Kräfte aufschließen. Schon jetzt sind meine Studenten hingerissen von der neuen Wissenschaft. Sie lieben die freie Erkenntnis. Ja, Doktor Luther, Ihr wißt noch lange nicht, was Freiheit des forschenden Geistes ist! Wie werden meine Studenten erst staunen, wenn ich ihnen Was?! Alle guten Geister! Bin ich blind, bin ich sehend? Da ist es ja, mein lange gesuchtes, heiß ersehntes Buch! Kein Zweifel. Es ists! Ich habs! (klingelt) Wagner! Kommt schnell! Wagner Was wünscht der Herr Doktor? Faust Wagner, wie kommt das Buch hieher? Wagner Das hat vor einer Stund jemand gebracht. Ich sollts dem Herrn Doktor geben. Er warte sehr darauf. Faust Das ist schon wahr! Doch hab ich allhier zu Wittenberg noch zu keinem davon gesprochen. Hab es nur im geheimen gesucht. Wer brachte es? Wagner Schien ein ausländischer Herr zu sein. Faust Hast du seinen Namen nicht erfragt? Wagner Doch. Er sagte: Grüßt von Doktor Ignotus. Faust Von boktor Ignotus? Das ist doch sonderbar. Kenne niemand dieses Namens! — Verlaß mich! — Halt, Wagner, Du sagst hier niemandem von diesem Buch! Geh jetzt! (Wagner ab)

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Faust Das ist der glücklichste Tag meines Lebens! Welch herrliches Buch! Hätt ja nimmer gedacht, daß ich es je sollt in meinen Händen halten, mein eigen nennen! (klingelt) Wagner Herr Doktor? Faust Sieh zu, daß mich jetzt niemand stört. Kein Besuch wird vorgelassen, und wenns der Teufel selber wäre. Sag, ich bin nicht zu Hause! Ich muß studieren! Ich muß studieren! (schließt die Tür ab) So, nun sind wir allein, du mein herrliches Buch! (liest) „Umständliche und gründliche Beschreibung des Steines der Weisen, nebst überschüssiger Nachweisung, wo er zu finden und wie er zu brauchen" — oh, ich werds studieren! — Und hier: „Des hochweisen Königs Salomonis, des Sohnes Davids, Schlüssel, nebst klarer Anweisung, wie er zu brauchen, in alle Geheimnisse der Natur einzudringen und sie sich Untertan zu machen." Soll geschehen! Soll geschehen! Verlaßt Euch darauf! — Oh, nun wird es für meine Erkenntnis keine Grenzen mehr geben! — Hier, was haben wir denn da? „Die Natur der Sonne, des Mondes, der Sterne, der Erde und ihrer geheimsten Kräfte, dazu die Regeln der himmlischen Gesetze und Ordnungen in geheimer Wissenschaft der menschlichen Vernunft klärlich dargelegt, bewiesen und erläutert, samt ausgeführter Darlegung aller Elemente" — da werde ich klüger sein auch als Kopernikus und alle Gelehrten der Erde! Ich werde wissen, wissen, was ich nur wissen will! Und ich werde mein Wissen gebrauchen können, die Natur zu beherrschen. Ich werde können, was niemand kann! Aber ich wills ja nicht für mich allein! Ich wills auch die andern lehren. Sie sollen alle frei werden durch die Wissenschaft! nicht mehr mühselig arbeiten müssen. Alles sollen sie sich verschaffen können, was sie nur wollen! Sie sollen glücklich sein! — Ah, was find ich hier noch? „Geheimer Zauberspruch, alle Geister zur Erscheinung zu bringen:

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die Helena ." Oh, ich begreife! Wir brauchen ja auch die Welt der Schönheit und der Liebe, um glücklich zu sein, nicht nur die Wissenschaft. Die schöne Helena, wie zaubert man die herbei? Ich werds tun! Hier steht der Spruch. Daß ich nur die Stelle wiederfinde! Ich madi ein —• (nimmt die Feder) Dr. Ignotus Halt! Macht kein Kreuz! Faust Wie? Was? Wer seid Ihr? Wie kommt Ihr herein? Dr. Ignotus Nun seh ich, ich hab recht getan! Faust Was denn? Womit? Dr. Ignotus Daß ich Euch mein Buch gab. Faust Wie? Von Euch ists? Dann seid Ihr — Dr. Ignotus Doktor Ignotus. Faust Habt Dank! Habt Gottes (bei dem Wort plötzlich zögernd, unsicher werdend) Dank! Ich werde — Dr. Ignotus Ihr werdet von meinem Buche keinen Nutzen haben. Ihr werdet es nicht recht lesen können. Faust Wie? Ich werde es nicht recht lesen können? Steht nicht alles klärlich und mit überflüssigen Worten darin?

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Dr. Ignotus Doch fehlt die Hauptsache, alles wohl zu verstehen und recht zu gebraudien. Die steht nicht in dem Buche. Ich bin gekommen, es Euch zu sagen! Faust Setzt Euch, wenns beliebt. Dr. Ignotus Ihr müßt alles, was Ihr bisher gelehrt worden seid und gewußt habt, vergessen. Und wenn Ihr es nicht vergessen könnt, verachten. Sonst nützt Euch mein Buch nichts! Faust Weiß Gott, ich verachte alles Wissen der gelehrten Herren hier an der Universität und überall. Dr. Ignotus A l l e Wissenschaft, Doktor Faust? Faust Ich verstehe. A l l e Wissenschaft — auch die Theologie! Dr. Ignotus Dann werdet Ihr also kein Kreuz mehr machen in meinem Buch. Hört Ihr? Gar keins! Nein, gar keins.

Faust

Dr. Ignotus Nichts kann wahr sein, was gewesen ist. Die Wahrheit liegt immer vor Euch. Strebt vorwärts, (ab) Faust Ja, aber Nun gut. Er ist fort. Wo stand das mit der Helena? Wenn ich kein Kreuz machen soll, will ichs lieber gleich jetzt lernen, wie ich sie werde erscheinen lassen können. Für später! Wo war der Zauberspruch? H i e r ! 31

„Kräfte der Sehnsucht, wirket! Mächte des Herzens, erregt eudil Geister der Erde, Flammen des Feuers, vereint euch den Wassern der Tiefe, dem Wehen der Winde! Führt sie heran, die Erdentsprossene, die Mutter der Liebe, das Urbild der Frauen I In ewiger Schönheit — Helena, erscheine I" — Helena Faustus, hier bin ich! Faust Du, wer bist du? Aber du bist es ja wirklich! Du bist Helena! O ich Glücklicher! Ich habe Macht gehabt, dich aus dem Jenseits zu rufen! Es ist gelungen! Werd ich das nun immer wieder können, so oft ich will? Und wirst du kommen, so oft ich dich rufe? Helena Wie? Du willst mich wieder von dir fortschicken in die Unterwelt, lieber Faust? Da mag ich nicht mehr hin! Ich will bei dir bleiben; immer, hörst du? Ich will dich glücklich machen! Faust Wie? Du willst bei mir bleiben? Du machst mich zum glücklichsten Menschen der Erde! Helena Faust, du bist ein großer Mann! Und du wirst noch immer größer werden. Dafür wird dies Buch von Doktor Ignotus sorgen; aber —

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Faust W i e ? Du kennst ihn? Helena A b e r auch w e n n du noch so groß wirst, wirst du doch nie ganz glücklich sein. Größe macht einsam. Du brauchst aber Liebe, die dein Herz erfüllt, Schönheit, die dich begeistert. Darum bin ich zu dir gesandt. Ich w e r d e — Faust Du bist zu mir gesandt? So habe ich dich nicht gerufen? Helena Ja, du hast mich gerufen. Du allein. Ich fühlte einen unwiderstehlichen Zwang, w e i l du so mächtig riefst. Faust, ich liebe dich, w e i l du das Grenzenlose willst. V o r den Leuten w e r d e ich deine Schwester sein. Ich w i l l für dich sorgen. Dir dienen. Ich werde die Tracht dieses Landes anlegen, damit mich niemand erkennt. A b e r im geheimen bleibe ich die Königin! Die Königin deines heißen, glühenden Herzens! Faust Ist mein Glück auszudenken? Ich w e r d e nicht ruhen, bis ich aus diesem Buche alle Geheimnisse der W e l t erforscht und erkannt habe, bis ich über alle Kräfte der W e l t gebiete! Dann werd ichs die Menschen lehren, frei zu sein, d i e ' Natur zu beherrschen und sich das Leben leicht und schön zu machen. Ich w e r d e sie lehren, die Elemente in Gold zu verwandeln. Dann wird es keine N o t mehr auf Erden geben. A l l e s , w a s das Leben schön macht, w e r d e n die Menschen haben — Helena (sich lösend, zurücktretend) W i e , das willst du, Faust? I c h w i l l es haben! sollst du es schaffen!

Mir

Faust Ja, dir zuerst! Natürlich! W i e zweifelst du daran? Dann erst die andern! 3

H e r b s t , Luther und Faust

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Helena Die andern? Die sollen auch alles wissen und sich alles Schöne und alles Gold verschaffen können? (lacht) Dummkopf! Wie redest du?

Faust

Helena Dann werden sie ja dich nicht mehr brauchen, nach dir nicht mehr fragen. Dann ist es aus mit deinem Ruhm. Und denk nur nicht, daß sie dann glücklich sein werden. Sie werden ja unersättlich sein in ihrer Gier. Einer wird den andern nun erst recht neiden, hassen, totschlagen. Wenn sie alles haben, was sie wollen, werden sie aufhören, glücklich zu sein! Faust (nachdenklich) Wenn sie alles wissen und alles haben, was sie wollen, werden sie aufhören, glücklich zu sein! — Ja, das stimmt wohl! Helena Du mußt dein Wissen geheimhalten, Faust. Etwas sage ihnen, den Anfang teile ihnen mit. Dann werden sie fest davon überzeugt sein, daß du alles weißt. Zaubere dir selbst, was nur dein Herz begehrt. Und davon gib ihnen von Zeit zu Zeit etwas. Damit sie begierig bleiben. Siehst du, dann brauchen sie dich immer. Dann werden sie dir blind folgen. Dann hast du Gewalt und Macht über sie! Nur wir, du und ich, Faust, wir wollen alles haben und glücklich sein. Faust Wie recht du hast! Helena, du bist nicht nur die schönste, du bist auch die klügste Frau! Welch ein Tor war ich! Dir, nur dir will ich alle Herrlichkeiten der Welt zu Füßen legen, (begeistert ab) Helena (lacht hart und spöttisch) So ein Narr!

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2. Szene

Mephistopheles. Erzengel Michael Mephistopheles Der Anfang ist gemacht. Und gut ist er gelungen! Faust, dieser Narr! „Alle Gesetze und Ordnungen der Natur will ich ergründen, ihre Kräfte beherrschen." Ja, die Menschen werden nun eines Tages alle Kräfte der Natur kennen und beherrschen! Aber sie werden diese Kenntnis und ihre ganze Naturbeherrschung eines Tages verfluchen! — Jetzt brennt er lichterloh für seine Helena! Nun ja, mit Schönheit kann ich selbst nicht dienen. Aber die Menschen brauchens. Von Wissen, Reichtum, Macht können die Menschen allein eben doch nicht leben. Sie wollen noch etwas anderes. Sie nennen es Schönheit und meinen doch nur Begierde, Genuß! Da kann einer noch so klug und mächtig sein, läuft ihm eine Helena in den Weg, opfert er ihr alles! Mir nur recht. Aber Luther, der strebt nicht vorwärts, ins Grenzenlose, wie der Faust, dieser Narr, sondern der hat etwas hinter sich, was er nicht aufgibt: die Bibel und dann — das andere, was davor steht. Von beidem ist er nicht abzubringen. Das seh ich wohl. Das Schlimmste ist: er hat bereits Lunte gerochen, noch ehe ich recht angefangen hab. Mir sind die Menschen am liebsten, die gar nicht an mich glauben. Bei denen hab ich die leichteste Arbeit. Aber Luther, der weiß zu viel von mir. Der wartet geradezu auf mich. Mich tarnen — natürlich! Aber wie? Er wittert mich ja förmlich! Ich müßte da hineinkriechen, wo er mich am wenigsten vermutet. Was könnte das sein? — Halt! — Ja, so kann es gehen! — Ja! So mach ichs! Dann wird der große Mann klein und schwach! Ah — (sinkt zusammen und verkriecht sich) Michael! Ich wußte, daß du ihm helfen würdest. Mephistopheles! Hier bin ich! 3*

Michael

Mephistopheles (am Boden)

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Michael Mephistopheles! Mephistopheles (weiter zurückkriechend) Hier bin ich! Michael Heilig ist Gott der Herr! Mephistopheles (sich ganz in. sich verkriechend) Ah! Michael Du willst Luther, den Knecht Gottes, versuchen? Mephistopheles (sich wieder etwas vorwagend) So ward mir von meinem Herrn befohlen! Michael Du lügst! Gott ist dein Herr und meiner! Mephistopheles Doch tue i c h seinen Willen n i c h t ! Michael Du lügst! Auch du tust nur, was Gott befiehlt und Gott dir zu tun erlaubt. Wie ich — nur ohne Seligkeit! — Heilig ist Gott der Herr! Mephistopheles (kühner) Genug! Dein himmlischer Singsang paßt nicht auf diese Erde, die i c h beherrsche. Du lügst! G o t t

Michael ist der Herr Himmels und der Erde.

Mephistopheles Genug! sag ich. Ich kenn die Litanei! Ists also auch Gottes Wille, daß ich jetzt Luther versuche? Michael Ja, Gottes Wille ist alles!

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Mephistopheles Du wirst ihn beschützen? Michael Ich werde Gottes Befehl ausrichten, mit Freuden I Mephistopheles Du wirst also Luther beschützen, „mit Freuden"? Michael Mit aller meiner Macht, wenn Gott befiehlt I Mephistopheles Du wirst statt seiner gegen mich streiten? Michael Nein! Er ist und bleibt frei, dir zu folgen oder dir zu widerstehen. Mephistopheles! Mephistopheles Gut! Gut! Dann weiden wir ja sehen, wer der Stärkere und Klügere ist, er oder ich! Gr ist also frei, mir zu widerstehen oder zu folgen, wie alle? Gut! Vortrefflich! Wenn ich nur mit dir nichts zu tun habe! Michael Gott wird mir befehlen, wider dich zu streiten, wenn Luther sich gegen dich entscheidet! Mephistopheles Ja, wenn! — Wir werden ja sehen! (ab) 3. Szene Luther. Melanchthon Melanchthon Doktor Martinus, Ihr seid heute nicht lustig zur Arbeit. Habt Euch den ganzen Tag gequält. Fühlt Ihr Euch nicht wohl? Seid doch nicht krank? Ihr solltet Euch besser schonen. Geht schlafen. 37

Luther Ach, Magister Philippus, es ist nicht das allein, was mich drückt. Hab noch einen anderen Stein, der nicht in meinem Fleisch sitzt, sondern auf meiner Seel liegt und drückt. Melandithon Wollet mirs anvertrauen. Luther Worms I Melandithon Doktor Martinus, Ihr fürchtet Euch doch nicht! Habt Ihr nicht oft gesagt, Ihr würdet mit Freuden vor Kaiser, Papst, Fürsten und allen Gewalten der Erde Zeugnis ablegen vom heiligen Evangelium und unserm lieben Herrn Jesus Christus I Ihr wäret auch bereit, tausendmal dafür zu sterben? Luther Bruder Philippus, der Tod ist eine ernste Sach! Kein Christ soll sich vermessen! Es stirbt sich nicht leicht. Da kann keiner für den andern streiten. Das bedenkt! Und ich weiß wohl, was Bruder Huß widerfahren ist zu Konstanz! Melandithon Das war vor hundert Jahr und mehr. Luther Ach, das ist es ja auch nicht. Wir haben einen starken Herrn. Doch wer bin ich, daß ich sollt vor Kaiser, Papst und Fürsten und Konzilien treten? Ich bin eines Bauern Sohn. Ein armes Mönchlein. Und die Kirchen? Alle Gelehrten der Welt haben ihr gedient seit tausend Jahr und länger. Sollte sie so gar von der Wahrheit abgewichen und verirrt sein? Wer bin ich, daß ich allein ihnen sollt trotzen? Haben sie nicht auch Gottes Wort? Und deutens alle so ganz anders als ich! Doch ich kann

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nicht anders 1 Id\ muß doch dabei bleiben, wie ichs erkannt habe. Melanchthon Ja, das müßt Ihr wohl. Doch ich versteh Euch. Sagt nicht auch die Schrift selbst: Unser Wissen ist Stückwerk! Luther Seht Ihr? Das ists! — Doch ich vermein, Bruder Philippus, ich werd nicht erst nach Worms kommen. Es wird vorher zu Ende sein. Melanchthon Womit wirds zu Ende sein? Luther Mit mir, Bruder Philippus. Mit mirl Ich bin gar schwach. Der Stein plagt mich hart, schon seit dem vorgestrigen Tag. Wollens für heut bewenden lassen. Ich bitt Euch, verlaßt mich! Melanchthon Gott helf Euch, Bruder Martinus. Mög Euch die Ruhe guttun. Luther Ja, ich will schlafen. Walts Gott. (Melanchthon ab) 4. Szene Luther allein. Eine Stimme Luther (hat die Bibel aufgeschlagen; lesend) Ach, Herr, strafe midi nicht in deinem Zorn! Und züchtige mich nicht in deinem Grimm. Herr, sei mir gnädig, denn ich bin schwach; heile mich, Herr, denn meine Gebeine sind erschrocken und meine Seele ist sehr erschrocken! Ach, du, Herr, wie lange! (steht in einem Anfall von Schmerzen auf und geht auf und ab)

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Eine Stimme Martinus! (Luther merkt auf, glaubt sidi verhört zu haben, geht wieder auf und ab) Luther Wende dich, Herr, und errette meine Seele, hilf mir um deiner Güte willen! Denn im Tode gedenkt man dein nidit. Wer will dir bei den Toten danken? Eine Stimme Martinus! Martinus! (Luther geht entschlossen zur Tür, kehrt aber vor ihr zurück) Luther Nein, das ist Bruder Philippi Stimme nicht!

(lauscht)

Eine Stimme Martinus! Du wirst sterben! — Luther (betend) Wir haben einen Gott, der da hilft, und einen Herrn, der vom Tode errettet. (Psalm 68, 21) Stimme Deine Sünden! Deine Sünden, Martinus! Luther (betend) Gott sei mir gnädig nach deiner Güte, und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit. Stimme Martinus, deinem Vater hast du nidit gehorcht, da du ins Kloster gingst — ihm getrotzt, da du ein Priester wurdest — Aber du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß dirs wohl gehe und du lange lebest auf Erden — Nun mußt du sterben — du fühlst den Tod schon in dir — (Luther stöhnt)

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Stimme Martinus, du hast viele verführt, die Zucht des Klosters zu fliehen, ihr Gelübde zu brechen — in Sünden zu leben — ihr ewiges Heil zu verlieren — du mußt für ihre Seelen vor Gott Rechenschaft geben — kannst du das? — Denkst du an das Gericht? — Martinus! Du hast die Gemeinde Gottes zerrissen — der Kirche den Frieden genommen — du gehorsamst den geistlichen Vätern nicht — du hältst dich selbst für klug — bist du nicht trotzig — zornig — rechthaberisch? Uberhebst du dich nicht? Viele hast du zum Ungehorsam verführt — Jetzt mußt du sterben — der Tod kommt — Denkst du an die ewige Pein? Verloren — ewig verloren — in Qualen der Hölle — Martinus — du mußt jetzt sterben — Luther (aufschreiend) Nein! Neinl (das Kreuz ergreifend) Herr Jesu Christ, barmherziger Heiland, laß mich nicht versinken, in des bittern Todes Not! Vergossen ist dein teures Blut, das genug für mich Sünder tut! Laß mich nicht entfallen von des rechten Glaubens Trost! — Das Wort! Das Wort! Jetzt muß ich ein Wort Gottes haben! (eilt zur Bibel) Stimme Gottes Wort ist wider dich, Martinus! „Welche Seele sündigt, die soll sterben." „Der Tod ist der Sünde Sold!" Luther (bei diesen Worten stutzend, dann aber triumphierend) Nein — Gottes Wort ist f ü r mich! „Tod, ich will dir

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ein Gift sein, Hölle, ich will dir eine Pestilenz sein!" „Du wirfst alle meine Sünden hinter dich zurückI" Und hier: „Christus ist gestorben für unsere Sündenl" Bruder Martinus — da stehts geschrieben! Ich kanns mit meinen leiblichen Augen lesen, mit meinen Händen greifen! Ists etwa nicht Gottes heiliges wahres Wort? Doch, das ist das teure Bibelbuch, das ich in meinen Händen hab! Auf dies Wort meines Gottes will ich mich stellen, pochen und trotzen wider Sünde, Tod und Teufel, (sich wild umsehend) Ich glaub keiner Stimme, die wider Gottes Wort spricht, sie mag vom Himmel oder aus der Hölle kommen. Das war der Versucherl Er ist in mein Gewissen gekrochen. Ich merk es wohl. Wollt mir den ewigen Trost rauben. Aber ich glaub nur, was hier geschrieben steht: „Du wirfst alle meine Sünden hinter dich zurück!" Oh, was ist das für ein herrlich, tröstlich Wort! Ich glaubs, lieber Herre Gott, um Christi willen. Amen! Ich bin getrost! — 5. Szene Melanchthon. Luther. Dr. Ignotus Melanchthon Bruder Martinus, Gott sei gedankt, daß Ihr heute wieder wohl seid. Mich dünkt, Ihr seid so froh, wie schon lange nicht! Luther Ja, ich hab einen guten Schlaf getan. Doch hat mich der Teufel zuvor noch hart geplagt. Aber Gott hat mir Sieg gegeben durch unsern Herrn Jesum Christum. Bruder Philippus, eins weiß ich nun viel gewisser noch als früher: Die Anfechtung lehrt aufs Wort merken! Wie wahr ist das! Doch heißt es weiter wachen und beten! Der Teufel — (es klopft) Tretet ein! (Dr. Ignotus tritt ein und bleibt an der Türe stehen) Dr. Ignotus War der Herr Doktor Luther wohl in einer gewissen Angelegenheit allein zu sprechen — zu gegebener Zeit?

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Melanchthon Wollt ohnehin jetzt gleich gehen — Bruder Martinus, Gott helfe Euch in Gnaden weiter. Luther Lebt wohl. — Ihr seid aus Welschland, wie ich seh. Wollet Platz nehmen. Wie habt Ihr den Weg zu mir gefunden? Dr. Ignotus Ihr macht die Welt von Euch reden, Herr Doktor. Da scheut man weite Wege nicht, Euch zu sehen und zu sprechen. Luther Wollt lieber, man spräche vom Evangelio in aller Welt und nicht vom Luther. Dr. Ignotus Davon eben wollt ich mit Euch handeln, Herr Doktor. Luther Von Herzen gern! Doch kenn ich Euch nicht. Ihr tragt das Doktorbarett. Seid mir ein rechter Doktor Ignotus. Dr. Ignotus Das ist mein Name. Luther (befremdet) Wie meint Ihr das? Dr. Ignotus Daß Ihr mich nicht kennt. Luther (befremdet, doch bestimmt) Seid Ihr mit Christo? Dr. Ignotus Ihr werdets bald selber sehen, Herr Doktor. — Ich hab all Eure Schriften gelesen. Ihr verkündigt und bekennt wohl die lautere Wahrheit —

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Luther So wahr Gott lebt, das tue ich. Nichts anderes will ich. Dr. Ignotus Das ist es ja geradel Daß Ihr nichts anderes wollt! Luther Sprecht deutlicher, wie Ihr es meint. — Ich wüßte nicht, was sonst noch mein Auftrag wäre, als wider Irrglauben und Aberglauben, wider alle Lügengeister und Schwärmerei das lautere, wahre Gotteswort zu lehren. Auch merke ich gar wohl, wie solches den Teufel zwickt und zwackt und ihm von Tag zu Tag übler gefällt. Das ist mir eitel Freude. Dr. Ignotus Ists Euch auch eitel Freude, Herr Doktor, daß durch dies Euer Predigen der Teufel gesiegt hat? Luther (stutzt) Was sagt Ihr? Sprecht deutlicher. Dr. Ignotus Ist nicht die Kirche zerrissen? Ist nicht eitel Streit, Hader, Haß unter den Christenleuten? Ob Ihr da nicht doch einen Fehler gemacht habt? — Herr Doktor, hatte die Kirche zu der Apostel Zeiten die Wahrheit? Luther Nun ja! Dr. Ignotus (leicht ironisierend) Es steht geschrieben, damals war die Menge der Gläubigen ein Herz und eine Seele. Und seit Ihr die Wahrheit predigt, ist sie zerrissen. Luther Gott seis geklagt. — Aber wie sprecht Ihr sonderbar! Dr. Ignotus Vielleicht meint Ihr das nur darum, weil ich Euch auf

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einen Fehler aufmerksam machen will. Das werdet Ihr nicht gewohnt sein. Luther Und der wäre? Dr. Ignotus Daran soll Euch mein Name erinnern. Luther Doktor Ignotus — Doktor Unbekannt — soll das heißen Dr. Ignotus Daß Ihr die Menschen nicht kennt. Luther Idi wüßte nicht, daß die Menschen, um selig zu werden, etwas anderes brauchen als — Dr. Ignotus Doch! Man muß ihnen nicht nur das — (leise, stockend) Gute geben, man muß ihnen auch nehmen, was der Wahrheit entgegensteht. Luther Das wär? Dr. Ignotus Die Freiheit! Die Wahrheit ist alt. Ihr habt sie nicht erst entdeckt und erfunden. Sie ist schon immer gesagt. Es ist vergeblich, daß Ihr dem Volk die Wahrheit verkündigt, wenn Ihr die Leute nicht zugleich zwingt, ihr zu gehorchen. Luther Ihr meint also, ich sollte das Volk — wohl mit Hilfe weltlicher Obrigkeit — zwingen zu glauben, ihnen ihre Freiheit nehmen?

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Dr. Ignotus Ihr habt midi verstanden. Ja, das meine ich. Man könnte das törichte Volk wohl frei gewähren lassen, wenn es sich nur um sein zeitliches Wohl und Glück handelte. Wo es sich aber um das ewige Heil handelt, Herr Doktor Martinus, könnt Ihr es da verantworten, es nicht zum Gehorsam der Wahrheit zu zwingen? Freiheit ist dem tollen Haufen kein nütze I Brauchen sie nur, um in ihr Verderben zu rennen. — Ihr selbst seid doch auch nicht frei, Herr Doktor, sondern gebunden! Luther Wohl wahr. Ich bin gebunden an Gott, den Herrn Christus und sein heiliges Wort. Doch ohne Obrigkeit, inwendig! Dr. Ignotus Gut. Aber das gemeine Volk, die großen Haufen, lernen solche innere Gebundenheit erst, nachdem man sie mit äußerlichem Zwang dazu angehalten hat. Luther Wohl wahr. Wohl wahr. Doch müßte man diese Frag zuvor — Dr. Ignotus (schnell) Seht den Doktor Faust, wie er es treibt, was für ein tolles, wildes Leben er mit seinen studiosis führt. Es wird von Tag zu Tag ärger. Das ist die Freiheit, wie sie die Menschen lieben. W a h r h e i t u n d F r e i h e i t , beides zusammen kann der M e n s c h nicht tragen. Luther Hier liegt ein Brief und Schreiben an Doktor Faust, worin ich ihn treulich warne und ernstlich vermahne, von seinem tollen Treiben zu lassen. (Dr. Ignotus nimmt den Brief unbemerkt an sich) Ihr sagt: Wahrheit und Freiheit, beides zusammen kann der Mensch nicht tragen. Und ich sag Euch dawider: W a h r h e i t u n d G e -

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walt, das will sich noch übler r e i m e n ! — Doch will ichs prüfen nach der Schrift. Ihr sagt, ich kenn die Menschen nicht, wie sie sind. Aber die Schrift kennt sie. Muß sehen, was die Schrift sagt. Dr. Ignotus (eifrig, um Luther abzuhalten, die Bibel aufzuschlagen) Die Schrift zeigt an, daß Ungläubige und Gotteslästerer durch die Obrigkeit hart sind gestraft worden. Mose — Luther Die Schrift weiß ich selber. Ihr braucht sie mich nicht zu lehren. Doch sag ich Euch frei heraus, schon jetzt, als summa summarum: Der Herr Christus hat keine Gewalt angewandt. Bei keinem Menschen! Und ging ihm doch über alles allein um der Seelen Seligkeit! Er hat vielmehr alle Gewalt, wenn es um den Glauben geht, verworfen. Dr. Ignotus (unvorsichtig herausfahrend) Darum ist er auch am Kreuz gestorben! Luther (aufstehend, aufs höchste befremdet. Dr. Ignotus steht auch auf) Seid Ihr mit Christo? Dr. Ignotus (einlenkend) Herr Doktor Luther, Ihr dürft mir glauben, niemand weiß besser, was sein Tod in Wirklichkeit bedeutet, als ich. Luther (sehr bestimmt) Ich frag jetzt nicht, was Ihr wißt! Ich will wissen, wer Ihr seid! Seid Ihr mit Christo? Dr. Ignotus schweigt (zurücktretend) Luther Ihr schweigt? Dann seid Ihr vom bösen Feind gesandt wohl gar — er selbst! — (geht, die Bibel

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in beiden Händen, entschlossen auf ihn zu; gewaltig) Bist dus, so seis! Christus über dir! — (Dr. Ignotus verschwindet plötzlich. Luther, die Bibel in den Händen, steht triumphierend da) 6. Szene Faust. Helena. Später Dr. Ignotus Faust Hast du alles wohl vorbereitet für unser Festgelage mit den studiosis, liebe Helena? Fehlt noch etwas für unsere jungen Gäste? Wein? Wildbret oder Pasteten? Ich schaffs dir gleich. — Und welch Schauspiel will ich ihnen bereiten mit meiner magischen Kunst, die ich aus diesem Buche gelernt habe! Zuerst werde ich den Aristoteles herbeizitieren. Da werden sie staunen! Dann den Diogenes in seinem Faß! Wird das ein Gelächter geben! — Und weißt du was? Zuletzt werde ich aus dem Faß eitel Gulden für sie zaubern. Helena Doch nicht zu viel! Vier oder fünf für jeden nur! Du weißt, lieber Faust, sonst brauchen sie dich nimmer. Faust Schon gut. Sei unbesorgt. Nur vier oder fünf für jeden. Ich sage, jemand habe den Zauber gestört. Für diesmal gäbe es nicht mehr. — Aber fehlt sonst noch etwas für heute abend? Helena Alles ist aufs beste und reichlichste gerichtet. Du kennst mich doch. Nur eins fehlt mir noch: ein Gewand. Du mußt mirs schaffen, lieber Faust! Ein kostbares, herrliches Gewand. Ich muß doch deine Studenten bezaubern! Faust Du sollst es haben, liebste Helena. Welchen Wunsch könnte ich dir abschlagen, du meine Königin und Gebieterin! O Doktor Ignotus, ihr habt mich zum glück -

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liebsten Menschen gemacht. Wie soll ich euch danken für dies herrliche Budil Dr. Ignotus (plötzlich dastehend) Das kann jetzt gleich geschehen I Faust War das Tor auf? Wir haben kein Pochen gehört. Dr. Ignotus Rieft Ihr mich doch, Doktor Faust! Dann find ich immer den Weg zu Euch! Helena Willkommen, Herr Doktor! Wie schön, daß Ihr da seid. Nehmt Platz. Bleibt auf ein Gläschen Wein! Dr. Ignotus Vielen Dank. Doch ich bin in Geschäften! Hätt nur diesen Brief dem Herrn Doktor abzugeben. Er ist von Luther. Ich weiß nicht, ob Ihr mir den Brief auch danken werdet. Faust Wie? Von Luther? Den kennt Ihr also auch? Ihr wart bei ihm? Dr. Ignotus Wie Ihr! Faust Ja, einmal, (liest den Brief, runzelt nachdenklich die Stirn, geht in Gedanken auf und ab) Helena (ist neugierig zum Schreibtisch gegangen, auf den Faust den Brief gelegt hat, liest unter spöttischen Blicken auf Faust den Brief) Hört, Doktor Ignotus, was meinem Faust solche Sorgen macht: „An Herrn Johannem Faustum, der Philosophie Doktor, der freien Künste Professor. 4

Herbst,

L u t h e r und F a u s t

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Jesus! Uns ist durch treuer Zeugen Mund vermeldet und zu Ohren gekommen, daß Ihr nicht allein in Euren Vorlesungen die studiosos geheime Wissenschaft und Magie lehret, welche doch die Heilige Schrift samt aller Zauberei mit klaren Worten verbietet und als eitel Teufelswerk mit harten Strafen bedroht, sondern daß Ihr auch Eure studiosos zu einem schandbaren Leben verführet, als Fressen, Saufen, Narrenteiding treiben. Will Euch hiermit in allem Ernst christlich vermahnt haben, daß Ihr Buße tut, Euch zu dem wahrhaftigen Wort Gottes bekehrt, dem Teufel und allen seinen Künsten reuig aufsagt. Gott wird Euch dereinst vor Gericht stellen, auch Rechenschaft fordern um all der unschuldigen Seelen willen, die Ihr verführt habt. Solches will ich Euch guter Meinung angezeigt haben, damit es mir nicht auf dem Gewissen liegen bleibe, wo ich geschwiegen hätte. Martinus Luther der Heiligen Schrift Doktor." Helena lacht spöttisch Faust Ich wüßte nicht, was da zu lachen wäre. Der Luther meints ernst I Dr. Ignotus Auch darin, daß er nun Euer Feind ist, Doktor Faust. Helena J a ! Neidisch ist er auf deine Erfolge! Mein lieber kluger Faust, merkst du das denn nicht? Die Studenten strömen dir zu. Seiner werden sie müde. — Du bist bedenklich? Fürchtest du denn den Luther? Dr. Ignotus Doktor Faust hat recht. Der Luther ist auch zu fürchten. Wer einmal Luthers Gegner ist, hat nicht mehr viel Gutes zu hoffen.

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Faust Es ist wahr. Unsere Wege gehen ganz auseinander. Ich habs gleich gefühlt. Ich versteh ihn nicht, er mich nicht! Wir sind einander fremd. — Aber wenn er gegen midi kämpfen will, gut. — Nein, Doktor Ignotus, ich fürchte ihn nicht. Er läßt midi nicht in Ruhe? Gut, dann lall ich ihn auch nicht in Ruhe! Ich werde gegen ihn reden in meinen collegiis. Ich werde gegen ihn schreiben in meinen Büchern! Idi werde mit ihm disputieren, frei öffentlich! Wollen sehen, wer die Oberhand behält: der Mönch, der in der finstern Theologie stecken bleibt oder ich und die freie Wissenschaft. Ob sein Buch, das den Menschen bindet, oder dies Buch, das den Menschen frei macht! Helena Herrlich, lieber Faust, herrlich! Dr. Ignotus (zu Helena, herrisch) Schweigt doch! Davon versteht Ihr nichts! — Die Sache ist ernster, als Ihr denkt, Freund Faust! Ein Mensch, der sich selbst gebunden hat, wie Luther an die Bibel, ist immer stärker als einer, der frei ist. Luther hat seine Erkenntnis. Ihr sucht sie j a erst! Helena Faust, wer könnte dir widerstehen! Dr. Ignotus Midi dünkt, Eure Freundin will Euch zu einem Kampf verführen, dem Ihr nicht gewachsen seid! Faust Aber ich nehm ihn auf, koste es, was es wolle! Und das leugne ich eben, daß der Luther eine wahre Erkenntnis wirklich hat. Er meints nur, er glaubts bloß! Dr. Ignotus Ist das Eure feste Uberzeugung, Doktor Faust? Dann könnt ich Euch vielleicht helfen! 4*

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Faust Vielleicht? Warum nur vielleicht? Dr. Ignotus (mit Bedeutung) Ihr müßtet vorher beweisen, daß Ihr frei seid, Doktor Faust, wirklich ganz freil Faust Ich bin frei, Doktor Ignotus! Die Wissenschaft, die Erkenntnis der Ordnungen der Natur und ihrer geheimsten Kräfte —• Dr. Ignotus Ich meins nicht so! Ihr müßtet frei sein, Herr Doktor Faust, von allem, was der Luther aus seinem Buch an Erkenntnis will gewonnen haben. Versteht Ihr mich? — Faust Und ob ich Euch verstehe, werter Freund! Nein, ich frag auch nach der ganzen Theologie nichts mehr. Hab im Grunde nie danach gefragt. Jetzt seh ichs klar. Dr. Ignotus Luther spricht immer von der Seelen Seligkeit. Das sei seine Erkenntnis! Faust Was Luther der Seelen Seligkeit nennt, danach frag ich nichts. Ich frag nach der freien Erkenntnis allein. Helena (sich ihm verführerisch nähernd) Herrlich, lieber Faust! Faust (noch bestimmter, obwohl Helena abwehrend) Ich nehm den Kampf gegen Luther auf, und wenns meiner Seelen Seligkeit kostet! Dr. Ignotus (schnell) Ist das Euer Versprudi?

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Faust Ja, das ist mein Verspruch! In drei Teufels Namen! Dr. Ignotus (schnell, ihm die Hand wie zu einem geschlossenen Pakt reichend) Ich nehms an — für Jenen! Eine Stimme Fauste! Fauste! Faust (noch die Hand in des Dr. Ignotus Hand) Wer ruft? (Dr. Ignotus sieht Helena bedeutsam an) Helena (begreifend) Das kommt von der Gassen, (zum Fenster eilend und hinaussprechend) Ihr wollt Doktor Faust sprechen, guter Mann? Kommt morgen wieder. Der Herr Doktor ist in wichtigen Geschäften! Dr. Ignotus (wie befehlend) Nun räumt also auf! (Faust versteht nicht. Aber Helena nimmt das Kruzifix und will es hinaustragen) Halt! Der Herr Doktor tuts selbst hinaus. (Faust nimmt es ihr ab; will hinausgehen) Halt! Ist noch e i n Buch zuviel auf Euerm Tisch! (Faust nimmt die Bibel, steckt sie irgendwo unter andere Bücher oder Sachen) So machens die meisten! Ist ehrlicher, wenn Ihr sie gleich mit hinausschafft. (Dr. Ignotus wendet Faust während des ganzen Vorgangs geflissentlich den Rücken) Faust (zurückkommend) Nun bin ich frei, ganz frei von allem Aberglauben. Ja, man muß den Mut haben, ich sehs, frei zu sein und auch andere frei zu machen. Nun will ich — Dr. Ignotus Faust, ich gratuliere! Doch nun tut Ihr nicht mehr, was Ihr w o l l t , sondern was Ihr m ü ß t . Ihr tut, was ich Euch sage. Hört mich an!

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Helena Ja, tut, was er Euch nun sagt, Faust. Er hilft Euch nur! Faust Das weiß ich selbst, was nun zu tun. Ich werde Dr. Ignotus (gebieterisch unterbrechend) Ihr werdet tun, was ich Euch sage. Hört zuvörderst: Kein Disput mit Luther! Keine Streitschriften wider ihn! (auf das magische Buch deutend) Nichts mit diesem Buch gegen ihn! Damit erreicht Ihr bei Luther nichts! Faust Aber warum soll ich denn nicht — Dr. Ignotus Damit erreicht Ihr nichts bei Luther! — Ihr habt heut abend die Studenten in Eurem Hause. Sind viele darunter, die unbefriedigt von Luther gewidien sind. Merkt Euch einen gewissen studiosum Storch. Ist ein brauchbarer, gar hitziger Kopf. Hat auch großen Einfluß unter den studiosis. Ihr müßt sie, nachdem sie wacker gegessen und getrunken — Helena Müßt sie wider Luther erregen, als hätte er den Mut nicht, ein ganzes Werk zu tun. Ihr wollet zusammen sein Werk, dessen er müßig geht, vollenden. So sprecht Ihr heute abend, doch mit Maßen! Und ein andermal dann wieder und immer wieder. So bereitet Ihr sie vor. Der Luther geht bald nach Worms. Ist er fort, dann nehmt Ihr Eure Studenten zu Häuf. Sie werden dann nach nichts mehr fragen. Sind junge Leute. Faust Was sollen sie tun? Dr. Ignotus In die Kirchen gehen, Bilder, Schmuck, Gerät herausholen. Gehts nicht gutwillig, dann mit Gewalt. Sorgt, daß sie sagen: es sei notwendig um der Seelen Selig-

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keit willen. Man dürfe keine Bilder anbeten, kein«» Götzendienst treiben. Das verfängt! Faust Doch besorg ich, die Obrigkeit wirds hindern, wird mich des Landes verweisen, wofern mir nichts Schlimmeres widerfährt. Helena Ihr selbst bleibt daheim. Ihr steht nur im Hintergrund. Könnt öffentlich zu allem den Kopf schütteln. Ihr könnt auch sagen: der Luther hats angerichtet. Er hab begonnen, das Volk gegen die Kirchen zu rufen. Sie habens nur zu End gebracht, was Luther anfing, wohl auch selber gewollt hat! Faust Es ist zu gewagt! Seine Kirchen läßt sich das Volk nicht nehmen. Und die Obrigkeit wird — Dr. Ignotus Laßt mich nur machen. Wir haben mehr als einen Faden in der Hand. Ihr tut, wie ich Euch sage! Die neue Zeit will freie Menschen so wie Ihr einer seid, Doktor Faust! — Geld habt Ihr? Faust Ich schaffst Ich schaffs, soviel als not, und mehr! Dr. Ignotus Ja, seht, d a z u taugt Euer Buch! — In zwei Wochen geht Luther nach Worms. Bis dahin habt Ihr noch Zeit. Fädelts klug und bedachtsam ein, werter Freund. In zwei Wochen ist das Feld frei — für Euch! (ab) 7. Szene Mephistopheles. Pluto Mephistopheles (allein) Ich muß mich selbst loben, sonst tut es doch niemand. Nicht einmal Pluto. Zwar, an Luther bin ich nicht heran-

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gekommen. Sonst gab mir noch jeder nach, wenn ich ihn durch sein eigen Gewissen zur Verzweiflung trieb. Die meisten machen sogar dann gleich selbst Schluß und kommen freiwillig. Aber Luther, mit seiner Bibel und mit dem, dessen Namen ich nicht einmal hören kann —. Nun ja, ich hätte es vorher wissen können! Aber ich dachte, nachdem ich ihn vorher durch die Krankheit mürbe gemacht, würde er vielleicht doch . Gleichviel, jetzt hab ich meine Fäden wieder in der Hand. Und diesmal, Doktor Luther, sind sie klüger gesponnen. Jetzt seht Euch vor! (plötzlich, auf ein Geräusch hin, zur Seite weichend) Ist das wieder Michael? Ah, nein! Pluto! Mein Gebieter? Pluto Mephistopheles, wo bleibst du? Aber dich selbst will ich gar nicht sehen. Wo bleibt Faust? Wo bleibt Luther? Es dauert mir zu lange! Du betrügst mich wohl? Mephistopheles Gut Ding will Weile haben, mein hoher Herr. Wir Schaffens nicht immer mit Überrumpelung! Besonders bei so schwierigen Aufträgen nicht, wie Ihr sie mir zu geben geruhtet. Ich bin erst halb fertig! Pluto Was heißt das? Mephistopheles Daß Ihr den Faust bald werdet begrüßen können. Pluto So hast du noch nicht einmal den? Mephistopheles Doch, der ist uns so gut wie sicher! Pluto Was heißt das: so gut wie sicher? Du hast ihn also noch nicht!

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Mephistopheles Er hats selbst versprochen, zu kommen. Pluto Warum ist er noch nicht da? Mephistopheles Er hat noch einen kleinen Auftrag vorher für mich auszurichten. Pluto Was heißt das nun wieder? Ich liebe deine Anspielungen nicht. Sprich deutlicher. Aber lüge nichtl Du sprichst jetzt nicht mit Menschen, sondern mit mir! Mephistopheles (triumphierend) Faust soll mir vorher noch den Luther holen! Pluto W a s ? ! Dummkopf! Was dir nicht gelingt, soll einem Menschen, dem Faust gelingen? Jetzt werden uns womöglich zuletzt noch beide entgehen! Dummkopf! Zuerst den Stärkeren. Dann fällt der Schwächere von selbst. Das ist alte Höllenregel. Mephistopheles Luther zwang mich, eine Ausnahme von dieser Regel zu machen. Du weißt selbst, warum ich an ihn nicht heran kann! Ich habs dir gleich gesagt. Pluto Auch wollte ich dir noch mitteilen, daß du bei Luther besonders klug zu Werke gehen mußt. Michael beschützt ihn! Mephistopheles Ich weiß! Ich habs bereits erfahren! Eben darum hab ich etwas ganz Neues probiert. Menschen müssen durch Menschen für die Hölle reif gemacht werden. Und wenn ein Einzelner dazu zu schwach ist, nehmen wir viele, hetzen wir sie in Massen gegen ihn auf. Das weiß

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bisher nodi niemand, daß wir auch durch die Massen wirken können. Audi Luther weiß das nicht. Und vor der Gewalt der Vielen geht der Geist des Einzelnen unter! Pluto Das hast du klug ersonnen I Mephlstopheles Faust ist ein sicheres Werkzeug in meiner Hand. Er wird ganz Wittenberg gegen Luther aufbringen. Und dann — haben wir sie beide! Pluto (mit höllischem Gelächter) Gut. Sehr gut! Mephistopheles, du bist sehr klug! Jetzt glaub ich selber, du wirst es schaffen. Ende des zweiten Aktes * * *

Otitte*

AHt

1. Szene Mehrere Studenten. Storch. Zuletzt Dr. Ignotus (Fuchs und Possei kommen aufgeregt herein. Andere folgen, wie es das Gespräch anzeigt) Fuchs Das war doch eine tolle Geschichte! Gerade als ich die Treppe hinauf will, kommt da so ein vierschrötiger Kerl daher, kriegt mich von hinten am Habit zu fassen und zerrt mich herunter. Ich drehe mich herum und schlage dem Lümmel meine Faust ins Gesicht. Da lag er und sah die Sterne tanzen. Possei Und mich — und mich wollte so ein Weibsbild vom Markt aufhalten. Schmeißt mir, wie ich über den Platz laufe, ihren Schemel zwischen die Beine. Ich nicht faul,

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laufe zurück, stürz ihren ganzen Marktstand um und dann sie mitten hinein unter ihre Kohlköpfe. Hat das Weib geschrieen und gewettert und geflucht! (beide lachen) Fuchs Und dann der Küsterl Mensch, ich sage dir! Mit dem haben wir kurzen Prozeß gemacht. Der wollte mir in der Kirche — so stellte er sich vor das Heiligenbild! — Kißler (hinzukommend) Possei Ihr wart nicht dabei! Wo wart Ihr denn? Kißler Laßt mich zufrieden! Fuchs Oho! Ihr seid von den — Kißler Ehrlichen Studenten, so nit Kirchen ausrauben und kein Gottesdienste stören! Laßt mich zufrieden! Hab nichts mit Euch zu schaffen. Possei Oho, Brüderchen, dir werd ich — Fuchs Laß doch den Kerl! Komm, geh! (Indem sich Fuchs und Possei und auch Kißler nach verschiedenen Seiten entfernen, kommt eine größere Gruppe von Studenten um S t o r c h geschart heran. Die im Abgehen Begriffenen kommen zurück) Fuchs Das ist der neue Prophet, der Storch. Komm, da gibts was. Koch Und Ihr könnt wirklich Zukünftiges wissen, Herr Magister?

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Storch Nennt mich nicht Magisterl Das bin ich nitl Ich bin ein Tuchmacher. Hab wohl hier collegia gehört. Doch das hat nun ein End, seit ich einen besseren Lehrmeister gefunden hab als den Luther. Tiburtius Einen besseren Lehrmeister als Luther? Wüßt nit, wer das sein sollt? Storch Der Heilige Geist! Gerbel Doch haben wir die Heilige Schrift, wie Luther sagt. Ist nit vonnöten, daß Gott einem Menschen neue Offenbarung gibt. Steht alles lauter und klar in Gottes Wort, was wir zu unserer Seelen Seligkeit wissen müssen. Man sieht tinus Auch

Storch hat in Wittenberg viele Bibeln, Bruder Gerbel, sie aber nur von außen an, nit von innen I Marhat mehrteils recht, doch nit in allen Stücken 1 weiß er die Zukunft nit!

Fröschel Habt Ihr auch Bücher geschrieben? Busdi Und wißt denn Ihr, was im Künftigen geschehen wird? Storch Des Büchermachens ist kein Ende. Ich schreib kein Buch, weil mirs Gott verboten hat! Der Geist will keinen Buchstaben. Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. Fröschel Ist nit also von St. Paulo geredet und gemeint, was Ihr da anführt, Herr Storch. St. Paulus meint nit jedwedes Buch, sondern redet vom Gesetz des Alten Bundes.

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Storch Das ist Professorenweisheit. Man wird hierfüro keine Theologie noch Studium mehr braudien. Geht lieber und fragt das gemeine Volk, wie es die Schrift versteht. Gott hats den Klugen und Weisen dieser Welt verborgen und den Unmündigen geoffenbart. Koch Das ist gegen unsern Luther geredet. Brüder, wollen wir das dulden? Luther ist von Gott gesandt. Und die Schrift sagt mit klaren, dürren Worten: Gehorchet euern Lehrern und folget ihnen! Hört ihn nit! Storch Gott hat euch den Luther auch wieder genommen. Nun ist er verschwunden und kehrt nit wieder. Habt nun D. Carlstadiuml Wird bald noch ein anderer kommen und ist schon gekommen, der noch einen höheren Geist hat als Luther. Busdi Hört! Er meint sich selbst! Storch In kurzem wird auch der Türke kommen und ganz Deutschland einnehmen. Alle Pfaffen werden erschlagen werden, spricht der Herr! Item, in fünf oder sechs Jahren wird eine solche Änderung in der Welt werden, daß kein Unfrommer oder böser Sünder wird lebend überbleiben. Dann wird e i n Glaube, e i n e Taufe sein! Kinder, so man jetzt tauft, ehe sie Verstand haben, das ist kein rechte Tauf! Studenten Hört ihn nit! Hört ihn nit! Ist eitel Irrlehre! Die Schrift sagt nit also! Fuchs Schweigt! Er hat recht!

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Possei Der Geist spricht aus ihm! Studenten Nein! Hört ihn nit! Busch Was wollt denn Ihr? Herr Storch, ists etwa auch recht und gottgefällig, daß diese und ihre Kumpane am St. Barbaratag haben Gewalt gebraucht in der Barfüßerkirchen I Haben den Altar, von Holzwerk gar künstlich geschnitzt, schier eingerissen, die Mönche mit Steinen beworfen, die Lampen zerhauen, haben gesungen wie die Hunde, geheult wie die Wölfe, haben allen Pfaffen die Pestilenz und das höllische Feuer gewünscht! Kißler Und wißt Ihr auch, Herr Storch, was verwichenen Dienstag in der Pfarrkirchen sich zugetragen hat, als die Priester Meß wollten lesen? Ich war dabei. Da haben diese Leut den Priestern ihre Meßbücher aus den Händen gerissen und hinweggetragen, haben sie dann von den Altären getrieben. Hatten ihrer auch etliche Messer unter den Rödcen! Ist wohl auch ein christlich Werk, Gottes Haus schänden und zu einer Mördergrube machen? Storch Ist kein Gottes Haus mehr noch Gottes Altar, wo eitel Abgötterei getrieben wird mit Meßhalten I Tiburtius Wohl, doch hat D. Carlstadt alles, was wider Gottes Wort ist, aus dem Meßkanon ausgelassen und dann das Volk in beiderlei Gestalt mit Brot und Wein gespeist. So ists recht. So hat uns Luther auch gelehrt und nit Gewalt üben an heiliger Statt! Busch Ja. Und Carlstadius hat auch das Volk vermahnt, sie sollten nur aufhören, die Meß zu besuchen. So niemand

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bei ihren Messen bliebe, würdens die Pfaffen bald müde werden und vom Meßlesen ablassen. Storch Carlstadt will sein Amt bald niederlegen, ein Bauer werden. Er hatte den Geist nit. Kommt aber ein anderer, so von Gott berufen ist, ein Prophet und Apostel. Kommt, meine Brüder, ich muß zum Volk, reden. Der Herr heißts mich. Ihr seid noch Knechte in Unfreiheit. So euch aber der Geist frei macht, so seid ihr recht frei! (abgehend) Tiburtius Steht nit also geschrieben! Storch Heute spricht Gott durch meinen Mund so! Fuchs und Possei, die andern bleiben zurück)

(ab mit

Busdi Da geht er, der neue Heilige. Was haltet Ihr von ihm? Koch Magister Philippus hat ihn in seinem Hause verhört, zu mehreren Malen. Tiburtius Und was hat er gesagt? Koch Er sagt, der Storch sei in der Schrift wohl erfahren. Doch weiß er nit, wie er mit ihm dran ist. Doch er hab wichtige Ursachen, daß er ihn nit verachten will. Daß in ihm ein Geist sei, ist ihm aus vielen Gründen wahrscheinlich. Es könn' aber niemand leichtlich ein Urteil darüber fällen als Martinus. Gerbel So meint er, der Storch könne recht haben, daß Gott durch ihn rede?

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Busdi Ach was, ich halts für eitel Sdinurrpfeifereien und Alfanzereien, was der Storch sagt! (ihn nachäffend) „Kommt aber ein anderer, so von Gott berufen ist! Kommt meine Brüder. Ich muß zum Volk reden. Der Herr heißts mich!" Ich glaubs nimmer. Wir haben unsern Luther! Gerbel Wenn aber der Luther nun tot ist?! Koch Wenns nun aber doch Gottes Will und Meinung ist, daß alles Alte fällt? Den Geist dämpfet nicht! steht in der Schrift! Luther — Dr. Ignotus (plötzlich bei ihnen stehend) Was nützt Euch der Luther, wenn Ihr seinen Geist nicht habt?! Habt Ihr Angst, sein Werk zu Ende zu führen? Versäumt die Stunde nicht! Sie verlangt freie Menschen, tapfere Menschen, mutige Menschen — wie Luther! (schnell ab) Koch Wer war denn das? Gerbel Wer kennt ihn? Ich nicht. Busch Kommt, laßt uns noch einmal hören, was der Storch eigentlich sagt! Vielleicht hat er doch recht! Gerbel (als letzter mit den andern abgehend) Daß uns jetzt der Luther fehlen muß (alle ab) 2. S z e n e Fausts Zimmer. Helena. Wagner. Dann Faust Helena Wagner, wann seid Ihr zurückgekommen?

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Wagner Wollet verzeihen! Heut früh! Helena Ich hab Euch nur bis auf Mitternacht Urlaub gegeben. Wagner Hab Doktor Faustum getroffen. Forderte midi auf, bei ihm zu bleiben. Helena Hat ihn jemand erkannt? Wie war er gekleidet? Wagner Hätt' ich ihn doch selbst nimmer erkannt, werte Frau! Wie ich auf dem Markt bei einem Haufen Leute steh und hör, was sie sagen, spricht mich ein Mann an, den ich für einen Meister der Tuchmacherzunft ansah und fragt mich nadi einem Gasthaus. Werter Herr, sag ich, Ihr seht, ich bin in Geschäften. Doch dort ist das Haus zum Anker. Wie ich mich wieder umkehr, flüstert er hinter meinem Rücken: .Wagner, folgt mir, doch ohne Aufsehen!" Ists der hochwürdige Herr Doktor selbst gewesen. Helena Und wann kommt Doktor Faust zurück? Wagner Hat vermeldt, er wollt heut noch vor Mittag zu Hause sein. Helena Wenn er nur bald kommt, ich bin in Sorge. Wie stehts in der Stadt? Wagner Gut, werte Frau, gut! Alles in Aufruhr! Die Bürger und die Zünfte haben sich zusammengetan. Am längsten hat die Universität gezögert. Waren noch einige, so zu Luther hielten und nicht mittun wollten, riefen

5 Herbst, Luther und Faust

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nach Magister Philippus. Doch vergeblich. Magister Philippus läßt sich nicht blicken, läßt auch niemand zu sich. Also hat Carlstadt das Ruder ergriffen. Da sind sie ihm alle gefolgt. Lassen alles studieren sein, überall sind die Haufen in die Kirchen gezogen und haben sie ausgeräumt, dann verschlossen und Zettel an die Türen geheftet, daß kein Gläubiger mehr sollt bei seiner Seelen Seligkeit die Götzentempel betreten. Helena Und Storch, lieber Wagner? Wagner Storch, werte Frau, ist ein großer Prophet, spricht gewaltig zum Volk, daß wir kein Studieren und keine Schulen mehr brauchen. Und als ihm ein fürwitziger Student entgegengeschrieen hat: Aber die Bibel brauchen wir! hat er gesagt: Nein. Ich bin jetzt Gottes Wort für Euch, lieben Leute! Bereitet Euch, der jüngste Tag kommt bald! Haben alle geschrieen: Storch wollen wir hörenI Storch soll reden! Ganz sinnlos waren sie vor Angst. Helena Vor Angst, sagt Ihr? Faust (schnell eintretend) Ja, vor Angst! — Helena! — Helena Da bist du ja, lieber Faust! Wie hab ich um dich gebangt! Komm! Setz dich. Du bist müde! Faust Ja, die Leute haben Angst. Das ist herrlich! Helena Ich versteh dich nicht. Faust Wer kein Angst hat, widersteht, meine kluge Helena,

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denn er fühlt sich sicher. Aber mach nur den Menschen Furcht, dann tun sie alles, was du von ihnen verlangst. Siehst du, sie haben alle Angst. Der große Haufe hat Angst vor dem jüngsten Tag, den der Storch predigt. So tun sie alles, was er sagt und folgen ihm blind. Der Carlstadt hat Angst vor Luther, hat Angst, daß er eines Tages allein steht, versinkt. Darum tut er mit und schreit am lautesten. Audi der Storch hat Angst. Er fürchtet die Obrigkeit, die ihn als Rottenmacher und Aufrührerischen gefänglich ein tun wird; drum will er geistliche und weltliche Obrigkeit stürzen. Alle haben Angstl Dr. Ignotus (plötzlich eintretend) Nur Ihr allein habt keine Angst, nicht wahr, Doktor Faust? Faust

Ihr verwirrt mich, Doktor immer so plötzlich herein.

Ignotus.

Ihr kommt

auch

Dr. Ignotus

Ich komme immer, wenns Zeit ist, Doktor Faust. Dodi sprechen wir nicht von mirl Ob Ihr keine Angst habt, wolltet Ihr mir sagen. Faust

Helena, verlaßt uns. Helena (ladit) Mein Held ist verwirrt. Seht anl Faust

Wie spricht sie von mirl Helena (abgehend) Jetzt fehlt nur noch, daß der Luther zurückkäme! Ich glaube, dann hätte mein Held sogar auch — Angstl Faust (lacht laut) Ein guter Scherzi 5*

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Dr. Ignotus Lacht nicht zu früh, Doktor Faust. Luther kommt zurück gen Wittenberg. Er ist schon da! Faust Was sagt Ihr da? Der Luther kommt zurück, ist — schon — da?! Dr. Ignotus Ich habs Euch als Freund rechtzeitig melden wollen. Wer keine Angst hat, der widersteht. So sagtet Ihr doch, Herr Doktor? Nun seht Ihr, der Luther scheint keine Angst zu haben. Faust Gut! Ich aber auch nicht! Jetzt kommt — der letzte Kampf! Ich bin bereit! Es geht also um die Freiheit der Stadt, ja der ganzen Menschheit! Dr. Iguotus Und um Euch selbst, Doktor Faust. Um mich selbst?

Faust

Dr. Ignotus „Ich nehm den Kampf gegen Luther auf, und wenns meiner Seelen Seligkeit kostet." Wars so, Doktor Faust? Faust Ja, so wars! Und in drei Teufels Namen, dabei soll es bleiben! Dr. Ignotus Gut, Doktor Faust! Sogar sehr gut! (ab, ehe die Szene dunkelt) 3. Szene Luther. Faust Luther arbeitet an seinem Schreibtisch, steht inzwischen auf und geht umher, spricht dabei leise vor sich hin. Es klopft

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Luther Mitten in der Nacht? Wer mag das sein? — Tretet einl Faust Verzeiht, Herr Doktor. Ich störe zu ungewohnter Zeit. Doch sinds dringende Umstände. Eure plötzliche Rückkehr hat uns überrascht — Luther Und offenbar nicht erfreut, Doktor Faust! Faust Ich bin gekommen, Euch zu warnen. Mich? Warum? Wovor?

Luther

Faust Könnt sein, daß Euch hier in Wittenberg größere Gefahr droht denn zu Worms! Luther Unser Gott ist stark, zu erretten, Doktor Faust! Doch wollt Ihr mir schwerlich einen Dienst tun mit Eurem Warnen. Ich bin berichtet, daß Ihr Eure Hand im Spiel habt in den Sachen, die zu Wittenberg geschehen sind und annoch im Schwange gehen. Faust Das leugne ich auch nicht! Luther Ihr kennt Doktor Ignotum? Ein kluger Mann.

Faust

Luther Nun warne ich E u c h , Doktor Faust! Ich kenn ihn wohl. Mir ist er kein Doktor Ignotus mehr! Seht Euch wohl vor! Doktor Faust, ich merks, wies um Euch steht. Ihr

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habt die Freiheit, die Ihr suchtet, gewonnen, aber einen zu hohen Preis dafür bezahlt. Faust Und der wäre? Wie könnt Ihr das wissen? Luther Ihr habt Euern Glauben dafür drangegeben! Faust Ihr sehts, Doktor Luther, wie Ihrs sehen könntl Der Glaube mag eine gute Sache sein für die, die ihn braudien. Aber er ist ungewiß. Die Wissenschaft ist gewiß. Luther So wollt Ihr also durch die Wissenschaft selig werden? Faust Selig, wie Ihr es versteht, vielleicht nicht. Aber frei und glücklich! Luther Beides seid Ihr nicht, Doktor Faust! Ihr wißt es selbst. Ihr seid nimmer frei, sondern schlimmer gebunden an Eure Helena, an Euer magisches Buch, — mich dünkt, auch an Doktor Ignotum! Euer Werk ist eitel Zerstören. Und dazu habt Ihr auch das arme törichte Volk zu Wittenberg angestiftet. Sie brauchen Gewalt, reißen ein, zerstören, vernichten, rauben und morden wohl auch. Das heißt nicht frei und nicht glücklich sein. Das ist die Freude von Knechten der Hölle. Faust schweigt Luther Herr Doktor! Der Mensch lebt nur einmal. Und in diesem einen Leben, das wir jetzt haben, gilt es selig zu werden. Ihr sagt, der Glaube sei ungewiß? Eure Wissenschaft ist ungewiß! Da heißt es: heute so, morgen so! Der Weg zur Seligkeit aber ist uns aufs allergewisseste in Gottes heiligem Wort gezeigt! Und dieser Weg heißt Christus!

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Es liegt ein Bann auf Eucäi, Doktor Faust. Ihr seid nidit frei und noch viel weniger glücklich. Faust (im Augenblick ergriffen) Für mich ists zu spät, diesen Weg zur Seligkeit zu gehen, fürcht ich! Luther Schickt Eure Helena fort, verbrennt Euer Zauberbuch und flieht Doktor Ignotum! (In diesem Augenblick erscheinen, für Luther unsichtbar, Helena und Dr. Ignotus, das Zauberbuch in der Hand, dem Faust. Faust starrt sie an. Es geht eine Veränderung mit ihm vor) Doktor Faust, was ist Euch? Kommt zu Euch! Habt Ihr verstanden, was ich sagte? Faust Und ob ichs verstanden hab! Ja, ich bin wieder zu mir gekommen. Und nun geh ich von Euch fort, für immer! Fast hätte ich mich verirrt, wieder in die alte Knechtschaft. Reden, reden, j a das könnt Ihr, Doktor Luther. Aber nun hab ich Euch ganz durchschaut. Ihr wollt auch nur, was die Kirche immer gewollt hat: die Leute ducken, klein machen, beherrschen. Und mir mißgönnt Ihr mein Glück, meine Freiheit! Darum seid Ihr um meine Seligkeit so besorgt. Luther Doktor Faust, haltet ein! Wie hat Euch der böse Feind geblendet und betrogen! Faust Jetzt gibts kein Einhalten mehr! Ich war gekommen, Euch zu warnen. Ihr solltet morgen nicht reden zum Volk, wie Ihr vorhabt. Es droht Euch Gefahr und ausrichten werdet Ihr doch nichts. Ihr wollt nicht? Gut, so redet nur, so viel Ihr wollt — und könnt! Das Volk hat sich freigemacht. Und müssen auch frei sein, weils Menschen sind. Ihr könnt sie nicht mehr gängeln wie Kinder: So steht geschrieben, das müßt ihr glauben und

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tun. Und: So steht nicht geschrieben, das dürft ihr nicht glauben und tunl Das hat ein End! Sie sind nun mündig geworden. Haben ihren Verstand selbst brauchen gelernt! Es ist eine neue Zeit gekommen, Herr Doktor Luther, eine n e u e Zeit! Luther Doch werd ich morgen zum Volk reden. Ihr werdet mich nicht hindern! Faust In Worms, da konntet Ihr wohl großtun und Euch hinstellen: Hier stehe ich. Ich kann nicht anders! Der Papst war weit weg und der Kaiser und die Fürsten und Bischöfe, das ist eine vornehme, hohe Gesellschaft. Die werden sich an einem einzelnen Mönch nicht vergreifen. Und frei Geleit hattet Ihr auch. Jetzt liegen die Sachen anders, Herr Doktor! Ihr habt doch nicht schon vergessen, daß Ihr in Acht und Bann getan seid? Mit einem solchen werden sie am wenigsten Federlesens machen, wenn er so toll sein sollte, sich ihnen entgegen zu stellen. Das Volk ist aufgestanden und will seine Freiheit! Wer sich dem Sturm entgegenstellt, wird verschlungen. Das merkt Euch! (Faust ab; Luther ergreift das Kreuz) 4. Szene Luther. Melanchthon Melanchthon (herbeieilend) Bruder Martinus, ich hört solch Geschrei. Was ist Euch? Ihr seid mir wieder krank. Setzt Euch doch. Ich will eilends — Lutber Nein, nicht den Arzt. — Helft mir, Bruder Philippus. Ich bin schwach. — So, laßt nur. — Der Teufel streitet wider mich und das teure Evangelium. Denkt Euch, Doktor Faust — Melanchthon Ich weiß. Ich hab ihn gesehen.

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Luther Es wird einen harten Kampf geben, morgen in Wittenberg. Melanchthon Ihr werdet doch nicht morgen reden zum Volk! O Bruder Martinus, Ihr seid ja zu krank. Und bedenkt, die studiosi, die Zünfte, die Bürgersleut, der Pöbel — alles ist im Aufruhr und ist schier kein Halten mehr. Luther So meint Ihr, es sei verloren zu Wittenberg? Melandithon Das weiß Gott allein! Aber ich fürchts, ich fürchtsl Luther So meint auch Ihr, ich sollt morgen nicht reden zum Volk? Melanchthon Bruder Martinus, ich mein, Ihr solltet wieder zur Wartburg ziehen. Sie werden Euch und Gottes Wort nimmer hören wollen, Wird ein wild Geschrei und Rumoren in der Kirchen geben. Geht zur Wartburg. Das ist mein Dafürhalten. Luther Ich weiß wohl, daß ich keinen Schwärmer bekehren kann. Der Satan hat sie so toll und wild gemacht. Doch midi jammert das arme verführte Volk. Sie wissen nicht, was rechts und links ist. Zu denen will ich reden. Ihnen bin ichs schuldig. Ich muß versuchen, daß ich ihrer Etliche möcht aus den Klauen und Schlingen der Verführer reißen. Melandithon Wenns nun aber Gottes Ratschluß war, daß die Rottengeister sollten das teure Evangelium aus Wittenberg vertreiben? Haben die Juden nicht auch den Herrn Christum und später die heiligen Apostel aus Jerusalem vertrieben?

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Luther Das ist wohl wahr. Wie hat uns Gott geschlagen hier zu Wittenberg! — Und ich, in Acht und Bann getanl — (mit wachsender Entschlossenheit) Doch werd ich morgen auf die Kanzel gehen und predigen. Es ist j a mein Pflicht und Beruf! Gelingt es mir nicht, dem tollen Hauten zu steuern, so will ich doch vor Gott und aller Welt bezeugt haben, daß ich es mit diesen Sakramentslästerern und Schwärmern nicht halte, noch j e gehalten habe oder jemals halten will, so wahr mir Gott helfe! — Ich bin wohl schwach und verachtet dazu. Aber da ist Gottes Wort. Das ist unsere Stärke, Bruder Philippus, wider den Teufel und all sein List und Gewalt! — Nein, ich geh nicht zur Wartburg zurück. Da wird nichts draus. Ich bleib hier. Ich predige morgen dem Volk. Ich muß. es tun! Komme ich um, so komme ich um. Melanchthon Aber Bruder Martinus — Luther Red nicht dawider! Ich muß! Ich muß! — 5. Szene Vor der Stadtkirche zu Wittenberg. Man hört Luther predigen. Eine Anzahl Leute lauscht von draußen, unter ihnen Faust, Helena, Dr. Ignotus, Wagner Luthers Stimme (predigend) Darum sag ich euch, ihr habt Unrecht getan, daß ihr ein solch Spiel ohne mein Geheiß und Zutun angefangen habt. Bildet euch nicht ein, daß der Satan schlafe und stillhalte. Lieben Freunde, folgt mir. Ich bin der gewesen, dem es Gott am ersten geoffenbart hat, dies sein Wort zu predigen. Und ich hab es j a noch nie verderbt. Gott hat midi auf diesen Platz gestellt. Idi kann Gott nicht entlaufen, sondern muß solange bleiben, als es Gott, meinem Herrn, wohlgefällt. Ich kenn den Teufel wohl und er kennt auch mich wohl. Ich will ihm 74

aber einen Spritzer unter die Nase halten, daß ihm die Welt zu enge werden soll. Faust (seine Genossen heranwinkend) Sie hören ihn an wie geprügelte Knaben. Hätts nimmer gedacht! So ist das Volk. Gestern stürmen sie und verlangen ihre Freiheit. Und heute kriechen sie vor Luther zu Kreuze! Helena Wartet nur! Wartet! Das Volk wirds nicht lange mehr dulden! Faust Er redet schon seit einer Stunde so. Wagner Der Storch ist drinnen. Wird bald den Luther von der Kanzel holen. Dann — Dr. Ignotus (spöttisch) Der Storch wird Luther von der Kanzel holen, dann — nun was dann? Faust (verächtlich) Ach der Storch! Der Storch! Stordi (herankommend) Hier bin ich. Was soll ich? — Ach, Ihr seids! Dr. Ignotus Wir denken, Ihr seid in der Kirche! Sie warten dort auf Euch. Wollt Ihr Luther nicht von der Kanzel herabholen? Ihr sollt Wittenberg retten! Was sagt Euch der Geist? Stordi Ich könnt nicht mehr hineinkommen vor Gedräng der Leute. Ich kam zu spät. Dr. Ignotus Da habt Ihr recht. Ihr seid zu spät gekommen.

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Helena So ruft doch jetzt die Leute heraus. Es ist hohe Zeit. Die Stimme habt Ihr. Wagner Ja, tuts, Herr Storch. Ihr seid des V o l k e s mächtig. Gott redet aus Euch! — Dort ist der Eingang! Geht! Stordi (zu Dr. Ignotus) Ihr meint, ich könnts? Soll ich? Dr. Ignotus Versuchts! Stordi (zu der Gruppe der draußen Stehenden) Ihr lieben Leutel Hört mich an! Einige der draufien Stehenden W a s will denn der? Schweigt! W i r w o l l e n Luther hören! Halts Maul, Laffe! Stordi (kläglich zur Faust-Gruppe zurück) W i r müssens zu andrer Stund und Gelegenheit versuchen. Dr. Ignotus (Faust abseits ziehend) Ihr seht, wie die Dinge liegen. W e n n jetzt nichts geschieht, hat der Luther gewonnen. Faust Ja, w e n n jetzt nichts geschieht, hat der Luther gewonnen. Dr. Ignotus Auch über Euch, Doktor

Faust! Faust

(der schon bei den letzten W o r t e n den Blick w i e gebannt auf die Kirche gerichtet hat) A b e r es wird e t w a s geschehen, Doktor Ignotus, verlaßt Euch drauf!

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Dr. Ignotus Das wäre gut! Wir wollen doch nicht alles verlieren hier zu Wittenberg! Faust (zwei Schritte auf die Kirche zu machend) Es wird etwas geschehen — Dr. Ignotus (hinter Faust tretend) Gut, Doktor Faust, gutl Denn sonst — (In diesem Augenblick tut sich die Türe der Kirche mit ihren zwei Flügeln von unsichtbarer Hand auf) Luthers Stimme (wird wieder laut vernehmbar) Das Wort allein muß es tun und nicht wir armen Sünder. Wenn wir das Wort treiben und allein wirken lassen, dapn machen wir dem Teufel bang. Faust Aber mir nicht! — Jetzt werde ich Euch m e i n Wort sagen! (Er geht langsam, mit angespannter Entschlossenheit auf die offene Tür zu. Zwei Schritte vor ihr stockt er und kann, wie von unsichtbarer Macht aufgehalten, nicht weiter. Schließlich bricht er zusammen, ohne jedoch ganz hinzusinken. Inzwischen tritt der Erzengel Michael, von Faust nicht gesehen, in die offene Kirchentür. Dr. Ignotus hat Faust halb aufgerichtet und auf die Seite gebracht) Dr. Ignotus (auf den Engel weisend) Da seht, wer Euch den Eingang verwehrt hat! — Luthers Stimme (aus der Kirche) Gottes Wort ist Wehr und Waffen. Wo Gottes Wort ist, da hat der Satan all seine Gewalt verloren. Amen, das heißt: es soll also geschehen! (Die Kirchentüren schließen sich, nachdem der Erzengel zurückgetreten ist. Aus dem Innern der Kirche ertönt ein Lutherchoral)

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Dr. Ignotus (zu Faust) Kommt nun fort von hier. Jetzt haben nur wir zwei noch ein Wort miteinander zu reden, (alle ab, der Choral verklingt) 6. Szene Faust. Helena. Später Dr. Ignotus Faust Du bist so verändert, meine Helena. Gibst w o h l meine Sache hier verloren? Helena (hohnlachend) A l l e Wissens, daß der Luther gewonnen hat. Nur mein kluger Herr Doktor Faust weiß es noch nicht. T a g für Tag hat der Luther gepredigt. Ganz still ist das V o l k geworden, tut alles, was er sagt. Der Storch und seine Kumpane — fortgeblasen sind sie — Faust Doch ist Doktor Ignotus noch da. Auf den setz ich jetzt all mein Vertrauen. Der hat noch viele Fäden in der Hand. Helena Ja, das glaub ich wohl. Besonders einen! Faust Jedenfalls, du siehst, noch ist nicht alles verlorenl Ich traf den Doktor Ignotus verwichenen Mittwochabend. Er war in Geschäften und eilig. Hat w o h l etwas Besonderes im Sinn. O er ist ein kluger Mannl Seine Red könnt ich nicht ganz verstehen. Doch sagt er, es sei nun an der Zeit, er wolle kommen — am Freitag, w i e mich dünkt — und mich holen. Heut ist Freitag. Ich vertrau, er werd — Helena So, hat er das gesagt? Dann gehts wohl auf die Reise? Viel Glück zur Fahrt I

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Faust Ja, ich denks auch. Ich werde ihm vorschlagen, daß wir nach Krakau reisen. Hier zu Wittenberg ists verloren. Ich glaubs selber. Aber zu Krakau, da wollen wir — Helena Wer wir? Du und Doktor Ignotus? Viel Glüdc zur Reise, Buch beiden! Faust Was willst du damit sagen? Wir gehen doch zusammen, meine Helena. Du gehst doch auch — Helena Nach Krakau? Nein, Faust, nach Krakau geh ich nicht! (lacht) Nach Krakau! Faust Wohin willst du denn? Sags, Helena! Und seis bis ans äußerste Ende der Erde, ich geh mit dir, wohin du willst. Wir wollen — Helena — uns trennen, mein guter Faust! Die Zeit ist um. Grüß Doktor Ignotus, deinen Doktor Unbekannt, wenn er kommt, grüß ihn von mir und dann — glückliche Fahrt! Faust Helena! Du willst mich verlassen! — (vor ihr niederfallend) Helena, nein! Nur jetzt verlaß mich nicht. Du bist die Einzige, die mir geblieben ist! Mein Glüdc, bleib! Ich beschwöre dich, bleib! Sieh, den Doktor Ignotus mag ich im Grunde nicht. Längst wollt ich dirs einmal sagen! Er ist mir unheimlich geworden. Er spricht immer so doppeldeutig. Weiß nicht, was er im Schilde führt. — Wir wollen fliehen! Wir beide allein. Gleich jetzt, ehe er kommt. Wir lassen hier alles im Stich. Geld hab ich genug, schau her, viel Geld. Ich nehme alles und —

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Helena Ja, nimms und reise mit deinem Doktor Ignotus. Aber ohne midi! (entschwindend) Glückliche Reise, Faust! Faust Helena! Helena! (Erstarrt, bricht dann zusammen, das Geld in den Händen) Fort! Helena fort! (Die Nacht bricht ein. Faust zusammengesunken am Schreibtisch) Faustl Faust!

Stimme

Faust Doktor Ignotus, seid Ihrs? Faust! Faust! Wer ruft?

Stimme Faust Stimme

Faust, du bist verloren! Ich? Oh!

Faust

Stimme Faust, du hast Gottes Wort von dir getan — du hast Christi Kreuz verleugnet — du hast deine ewige Seligkeit verschworen — in drei Teufels Namen! Ja — Nein! Nein!

Faust

Stimme Deinen Glauben hast du preisgegeben I Du selbst, Faust. Faust (sich erhebend, stiller) Ich selbst hab meinen Glauben preisgegeben? — Ja, damals! — Damals, (wieder wild) Aber ich will nicht ewig verloren sein. Nein! Nein! (wieder ruhiger) Es 80

gibt dodi wohl noch Rettung! In der Hölle bin ich doch schon jetzt! Helena fort, verraten — verlassen! — Ich will wie der verlorene Sohn reuig zurückkehren. Es gibt dodi noch göttliches Erbarmen! Ich will beten. Ja, beten will ich! Dr. Ignotus Guten Abend, werter Freund. Ich hörte Euch rufen. Ihr rieft wohl nach mir? Faust (aufblickend) Ihr seids! Nein, Euch rief ich nicht! Dr. Ignotus Das tut mir leid. Doch bin ich nun da. Faust Was wollt Ihr? — Ja, so, Ihr seid Doktor Ignotus! Habt Dank, daß Ihr kommt! Ihr wollt mich retten! Habt Dank! Nicht wahr, wir müssen nun fort? Dr. Ignotus Ja, Ihr müßt fort! Gut, daß Ihrs selber wißt. Faust Wohin soll die Reise gehen? Nach Krakau? Dr. Ignotus Nach Krakau? Nidit gerade! Faust Gleichviel. Ihr werdet mich weit von Wittenberg fortbringen. Ja, weit!

Dr. Ignotus

Faust Wann gehen wir? Ich bitt Euch, so schnell wie möglich! Dr. Ignotus Gleich jetzt, noch um Mitternacht!

6 Herbst, Luther und Faust

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Faust Doch sind die Stadttore schon geschlossen. Dr. Ignotus Wir braudien durch kein Stadttor bei unsrer Fahrt. Faust O ich verstehe. Ein Spruch aus diesem Buch und — (macht eine Geste hinauf in die Luft) Dr. Ignotus Ja, ein Spruch aus diesem Buch und — (macht eine Geste hinunter) Faust Ihr bringt mich dahin, wo ich Helena finde? Dr. Ignotus Helena ist schon dort. Faust Zu Helena! Zu Helenal Ich bin bereit. Nur Geld noch, viel Geld! Helena braucfats. Dr. Ignotus Dort, wo wir hingehen, braucht sie keins und Ihr keins! Faust Kein Geld? — Nun, gleichviel! Kommt nun, zu Helena! Dr. Ignotus Faust, zuvor noch eine Frage! Ihr erinnert Euch, daß ich vor der Kirche zu Euch sagte: Wir wollen sehen, daß wir nicht alles in Wittenberg verlieren? Faust So sagtet Ihr. Nun ja. Was meintet Ihr? Dr. Ignotus Euch selbst, meinte ich, Doktor Faust. Euch will ich nicht verlieren I

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Faust Drum reisen wir zusammen. Dr. Ignotus Darum gehts jetzt nicht mehr. Ihr habt Euch verschworen, allen Glauben von Euch zu tun. Ihr habt die Bibel, das Kreuz selbst hinausgetragen, mit diesen Euren Händen. Ihr habt Euch verschworen, dem Luther und der Kirchen ein End zu machen, auch wenns Eure Seligkeit kosten sollte, in drei Teufels Namen. Jetzt ist gekommen, was Ihr selbst gewollt habt! Faust Nein! Nein! Ich habs ja nicht geschafft! Ich habs nicht gekonnt! Dr. Ignotus Das hättet Ihr vorher wissen können. Doch habt Ihr Eure Seligkeit verschworen — mir in die Hand, Doktor Faust! Faust Das tat ich wohl. Ich gab Euch meine Hand. Doch was hat das schon zu bedeuten! Ihr habt ja nicht zu bestimmen. Dr. Ignotus (seine Maske abreißend, als Mephisto) Ihr habt mich nicht erkannt, trotzdem ichs immer war, der mit Euch handelte. Faust Nein, nein! Ihr habt kein Recht an mich! — O nun merke ich erst, wie meine Augen verblendet gewesen! — Oh, wer jetzt nur beten könnte! Ist niemand da? (klingelnd) Wagner! Wagner 1 Er ist fort! Wo ist die Bibel?! — Wo ist das Kreuz?! — Fort!

Mephistopbeles

Faust Ja, fort! Du selbst hast mich dazu verführt, o du höllischer Geist! — Halt! — Ich bin gerettet! (hastig ein

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kleines Buch hervorholend) Seht, das hab ich neulich noch gefunden! Das ist Euch entgangenI (blätternd) Wo stehts? Hier! Oh, nun will ich beten! Mephistoptaeles Versuchts nur! Ihr werdets doch nicht können! Faust Was weißt denn du von diesen Worten! — Allmächtiger Gott, barmherziger Vater! Ich armer, elender, sündiger Mensch — Mephistopheles Sind Luthers Worte!! Faust Laß mich! — So werd ichs mit dem Glauben versuchen! — Hier. —• Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen — Mephistopheles (hinter Faust tretend, leise, doch gut vernehmlich) Ich glaube an die freie Vernunft, an den Geist des Menschen — Faust Stör mich nicht! Schweig, du Geist der Hölle! — Ich glaube an Jesum Christum, Gottes eingeborenen Sohn, unsern Herrn — Mephistopheles (wie oben) Ich will keinen Herrn über mich! Ich will frei sein, selbst Herr sein! Faust Schweig! — Oh, wo gehts weiter? — Der mich verlorenen und verdammten Menschen — Mephistopheles (wie oben) Ist eine abgetane Lehre der Kirche, daß der Mensch ein Sünder sei. — (wieder zur Seite tretend) Faust, Ihr k ö n n t nicht beten! Eure eigenen, wirklichen Gedanken habt Ihr laut gehört, (es beginnt zu rascheln und zu

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rumoren, langsam lauter werdend) Das ist mein Wagen und Gefährt! Macht keine Umstände mehr! Kommt! Faust (verzweifelt) Nein! Nein! Ich will nicht! (Das Geräusch nimmt zu. Es wird dunkel. Pfeifen, Schreien, Zischen, Gepolter. Heftige Windstöße, Donnern, Höllenlärm. Dazwischen Faustens Gesdirei. Heulen der Höllengeister. Wimmern) Mephistopheles Kommt, sag ich. — Kommt! — So! — (mit Triumph) Und nun — zur Hölle! (Donnerschlag. Stille) 7. Szene Luther mit Wagner auf dem Weg ins Kolleg. Spätei Studenten mit Melanchthon Luther (stehen bleibend) Wißt Ihr noch, Wagner, hier an dieser Stelle ist damals des Doktor Faust erster Anschlag und Ankündigung gewesen. Seid gewarnt fürs ganze Leben, mein guter Wagner! Gott widerstehet den Hoffärtigen! Ich bin berichtet, Doktor Faust hab zuletzt noch Buße tun wollen. Hats aber nimmer vermocht. Es war zu spät! Weil er Gott nicht über alle Dinge fürchtete, liebte und vertraute. Das wars! Wagner Hochwürdiger Herr Doktor, nun erst versteh ich Psalm 130, wo es heißt: Denn bei dir ist die Vergebung, daß man dich fürchte! Ich will hinfüro — (Eine Gruppe von Studenten kommt mit Melanchthon und bleibt feierlich vor Luther stehen) Melanchthon Bruder Martinus, weil heute die Universität wieder eröffnet wird, wollen diese Herren studiosi Euch danken, daß Ihr wieder Vorlesungen halten und ihnen Gottes Wort auslegen wollt. Audi begehren sie, sich zu ent-

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schuldigen, daß sie in verwichener Zeit sich so gar übel gehalten haben. — (zu Busch) Nun, lieber studiosus Busch, jetzt sprecht Ihr. Busch (schüchtern, sich immer mehr verwirrend) Hochverehrter Herr Doktor! Wollet verzeihen, daß wir Euch allhier aufhalten. Wir wollen aber — ich sollt Euch aber Ihr sollt — wir sollen — doch obwohl — zu bitten — zu danken, weil die Heilige Schrift den Doktor Luther will lesen — — Luther (nach einigem Lächeln, ernst) Nun, meine Herren studiosi, Ihr seid wohl sonst geschickter und schneller zu reden als jetzt Doch ist kein Dank vonnöten. Ich bin ein Doktor der Heiligen Schrift, von Gott eingesetzt und berufen. Und hier muß ich bleiben, es sei nun gern oder ungern, dem Teufel recht zum Trotz. Doch sag ich Euch, der Wahrheit gemäß frei heraus, daß mir keiner meiner Feinde, wiewohl sie mir viel Böses zugefügt, soviel Leid getan hat als Ihr, meine Freunde, mit eben diesem Stück. Ihr habt mich hierin recht getroffen. Nein, lieben Freunde! So geht das nicht! Ich weiß wohl, Ihr seid noch jung und rechte Hitzköpfe, habt auch Euer Kraft und Gewalt, so Euch drängt, brauchen wollen. Doch wißt, es ist ein größer und schwerer Ding, die Kraft an sich halten und sparen, denn sie zu vergeuden. Ihr seid stracks vorwärts gestürmt und habt mit Eurem hitzigen Eifer nicht dem Herrn Christo, sondern dem Teufel gedient. Melanchthon Verfahrt milde mit ihnen, Bruder Martinus. Habens j a nicht gemerkt, daß sie der Teufel verführte. Glaubten ein christlich Werk zu tun! Luther Das ist es eben! Der Teufel ist ein rechter Doktor Ignotus, spielt mit den armen Menschen wie die Katze mit der Maus und bleibt bei solchem teuflischen Werk

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doch unbekannt. Aber wer Gottes Wort kennt, so wie ich, der erkennt ihn gar wohl. Tiburtius Herr Doktor, zum letzten Mal ists uns begegnet, daß wir sind also töricht gewesen. Von nun an wollen wir — Luther Verredets nicht so schnell! Der Teufel ist ein rechter Tausendkünstler. Diesmal ist ihm Wittenberg zu eng geworden und hat das Weite gesucht. Aber er wird wiederkommen und neue arge Listen ersinnen, die Schwachen zu verführen in Mißglauben, Aberglauben und große Schanden und Laster. Denn er ist dem Evangelium und dem Wort Gottes feind und wills nicht leiden, daß Seelen dadurch gerettet und selig werden. Er kriecht in der Menschen Handel und Wandel, in die Herzen der Fürsten und Könige und Gewaltigen. Er wird auf dem Markt und auf der Straßen sein, mit hohen, spitzigen Gedanken einherfahren und schöne kluge Worte machen. Und die Leut werden ihn nimmer erkennen, wird immer als ein Doktor Ignotus sein Bübereien treiben und mit Lügen und Trügen die Menschen verführen, daß sie dem Evangelio nit glauben und selig werden. Wirds immer auch machen wie hier zu Wittenberg: viel von Freiheit reden und doch eitel Gewalt gebrauchen! Das ist sein Hauptlug und Trug. Doch wir haben Christum! Der ist der rechte Siegmann wider des Teufels List, Trug und Gewalt! Vergeßts nimmer, meine Freunde, was Euch der Luther sagt: Sorgt, daß Ihr fest seid in Gottes Wort. Ohne Gottes Wort seid Ihr unweise, töricht und schwach. Aber wenn Ihr auf Gottes Wort pocht und trotzt, seid Ihr stärker als alle Teufel der Welt! — Amen, Amen! Das heißt: Es soll also geschehen! Ende

87

Luther und Kant. Ein geistesgeschichtlicher Vergleich im Anschluß an den Gewissensbegriff. Von T h . S i e g f r i e d . 130 Seiten. 1930. DM3,60 (Verlag Alfred Töpelmann. wissenschaftliche Reihe 15)

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Religion.

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^eb. ^ M

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Töpelmann)

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