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German Pages 245 [252] Year 1813
Lustspiele von
Freiherrn August von Steigentesch-
Dritter
Theil.
Neue verbesserte und mit neuen Stücken
vermehrte 91 u flog e.
L e t p r i g, bei Georg Joachim Göschen isi3-
Inhalt.
Die Verwandten.
Seite i
Der Briefwechsel.
•
119
Die Entdeckung.
•
187
D i e
Verwandten.
Lustspiel in drei Aufzügen.
Adolph von Helen. Sophie, seine Frau.
Luise, ihr« Verwandte.
Birkstein, ihr Detter. Forsten.
Erster A u f z u g. Gesellschaftszimmer,
eine Hauptthüre, eine
Gartenthüre, zwei Nebenthüren, zwei Fenster;
link« ein Bücherschrank auf Rollen, recht« ein
Sopha und ein Arbeitstisch, auf dem ein Fuß teppich gestickt wird; von diesem fallt ein Theil
über da« Sopha, und man steht hinter ihm einen großen Theil des Teppich« aufgehäuft, der schon fertig ist.
Erster Auftritt.
Forsten
w ftbläfti« auf dem Sopha. kommt schnell herein.
Helen
^Dtlcn. Der Mensch geht nicht von der Stelle. Forsten. So laß ihn stehn.
D i e Verwandten.
4 Helen.
Neben meiner Frau? Die unglück
liche Verwandtschaft mit ihr hat ihm ein Recht gegeben, sich hier einzunisten.
Zch kann ihm
mit guter Art nicht die Thüre weisen, sonst läg
er schon seit acht Tagen auf der Straße. Forsten.
Du hast eine angenehme Art,
deine Gäste los zu werden.
Helen.
Der Mensch, der zwei Tage hier
bleiben wollte, ist jetzt acht Tag« hier. Forsten. Helen.
Das ist schmeichelhaft für dich.
Seitdem er hier ist, steckt er jeden
Morgen in dem Zimmer meiner Frau.
DaS ist
auch sehr schmeichelhaft für mich, nicht wahr?
Forsten.
DaS ist «in Recht der Ver
wandtschaft.
Helen.
Aber ich bin auch mit ihm ver
wandt; warum kommt er nicht zu mir?
Forsten. Da mußt du ihn darum fragen, daS ist eine Sache des Geschmacks.
Helen.
Sie sind alle Tage beisammen.
Es ist die angenehmste Stelle in der Welt, der
Vetter einer hübschen Frau zu seyn.
Ach, die
Erster Aufing.
5
Verwandten! Das ist das größte Unglück, das der Mensch mit auf die Welt bringt.
Mein^ Mutter hat auch die Un»
Forsten.
annehmlichkeit, mit dir verwandt zu seyn. DaS
mußt du uns nicht übel nehmen.
Za, wenn sie dir alle glichen!
Helen.
Aber an jedem Posttage gehen Briefe an alle ihre Verwandte ab, und in j«der Woche sind
Nun ist noch ein Verwandter
drei Posttage.
gekommen, mit dem sie sprechen kann, wenn sie nicht schreibt.
Zwanzig oder dreißig sind
eingeladen. Von ihren Verwandten liegen wenig» stenS in jedem Monat zwei in den Wochen —
die Familie wird noch Europa übervilkern — Nun
denke dir die glückliche Zukunft, wenn rü der Familie einmal einfällt, in Masse auf mein
HauS anzurücken.
Du hast mir doch von einer
Forsten.
Verwandten gesprochen, die du recht hübsch gefunden hast.
Helen.
DaS war vor «in paar Zähren
auf einem Ball.
DaS ist auch das einzige
D i e Verwandten.
6
hübsche Kind in der Familie ; aber gerade diese
bleibt aus.
Dafür ist der Detter hier ringe«
zagen, der mich rasend macht — Hast du denn
nicht- bemerkt? Forsten.
Du weißt, ich liebe die Ruhe.
Wer viel schläft, sieht wenig.
DaS ist ein
Glück, das der Schlaf mit sich bringt.
Man
sieht jetzt wenig Gutes. Helen-
0, du kannst sehr munter seyn,
wenn du willst.
Erinnere dich auf die Zeit —
ES war freilich vor meiner Hetrath — aber
deine Munterkeit trat immer mit meiner Frau in daS Zimmer. Forsten.
Di« hat sich verloren, wie du
siehst. Helen.
ES sind erst fünf Jahre — In
dessen ich habe daS vergessen.
Ein Mensch,
der jeden Abend meiner Frau gegenüber ein schläft, ist meiner Freundschaft werth.
Ich ver
traue dir mein Glück und meine Ruhe.
Forsten.
Ich weiß nicht, was ich damit
machen soll; deine Ruhe flirt die meinige.
Erster Aufzug.
7
Nur ein paar Tage, dann wird
Helen.
das unglückliche Gefchipf doch einmal weiter
ziehen.
Er soll fühlen, wie lästig er ist.
Rüttelt ihn.
Hirst du, nur noch zwei Tage.
Forsten.
Helen. bedeutend.
WaS willst du denn wissen? Alles, Alles — Zeder Blick ist Zetzt ist sie im Garten.
sie ist im Garten.
Forsten,
Hirst du denn nicht, wenn
dich die Freundschaft bittet? Forsten fleht »etbtltfjlid) auf
Was will denn
die Freundschaft von mir? Zch muß dich ertn» nern, daß eS sehr heiß ist. Helen.
Sie ist im Garten.
Zn dem
Garten sind Grotten, Lauben, Gebüsche. — Zn
dem Garten kann der Detter seyn, und ich bin nicht in dem Garten.
Forsten. Helen.
Das ist deine Schuld. Zn meiner Nähe wird sich ihr
Herz nicht verrathen; aber du hinderst sie nicht. Der Arzt hat dir ohnehin Bewegung vorgr«
schrieben, um deine Schlafsucht zu vertreiben,
und die Freundschaft fodert dich dazu auf.
g
Die Verwandten.
Schieb» Ihn -egen dl« Thüre.
Zn beth Gatte» ist
frische Luft, in dem Garten ist meine Frau. Die klettert wie «ine Ziege.
Forsten.
So klettre nach.
Helen.
Forsten bleiben.
«tmuntft» Nch erschrocken.
Das laß ich
Auf den Bergen kann fie machen,
«a« sie will; ich steige nicht drei Schritte, um
sie zu hindern. Helen.
So beobachte in der Ebene, aber
gehe nur.
Forsten.
Zch will mich unter die große
Linde legen; was dort vorgeht, sollst du ersah« rett.
Ab durch die Gartrnthüre.
Erster
Aufzug.
Zweiter
Auftritt.
Dirkste 1 n.
Helen.
Dirkstein au« der Hauptthüre.
Lieber Vetter,
«in Wort im Vertrauen.
sieht sich ängstlich um
Helen.
9
Mit mir?
Dtrkstein.
Sie müssen so gut seyn, einen
Verwandten aufjunehmen. Helen.
Noch einen?
Dtrkstein.
Sie ertnnrrn Sich doch der
hübschen Muhme, die Str vor «in paar Zah,
ren sahen? Helen freundlich. Dirkstein.
Helen.
Will die endlich kommen?
Sie nicht, aber ihr Bruder.
Das thut mir leid, im ganzen
Hause ist kein Platz.
Birk st ein.
ein Brief an Sie.
Da ist auch etwas von ihr,
D i e Verwandten.
IO
Helen
erblicht b-stig 6en Brief.
Der Brief muß
allerliebst seyn, wenn sie schreibt, wie sie tanzt. Lieft für sich.
Dirk st ein.
Aber er wird leider! da-ent«
halten, wa- der an mich enthielt.
Sie sehen,
der junge Mensch hat da- Unglück gehabt, sei
nen Gegner zu verwunden, und Ihr Hau- soll ihn einstweilen vor der Rache der Gesetze ver
bergen.
Helen.
DaS ist nicht miglich; ich habe
zu viel Ehrfurcht für die Gesetze. D t r k st e i n.
Die hübsche Schwester kommt
nach. Helen.
Steht das in Ihrem Briefe?
Dirk stein.
Za.
Sie will ihrem Bruder
Gesellschaft leisten, so bald et in Sicherheit ist. Helen.
So? Nun, ich besinne mich —
Es wird doch vielleicht möglich seyn, ihn unter
zubringen. Dirk stein.
Um auch Sie zu beruhigen,
haben wir den Plan entworfen, ihn zu ver kleiden.
Der Bruder ist ungefähr so groß, wie
Erster Aufzug.
seine Schwester.
ii
Sie hat ihm ihre Kleider
mitgegeben, und so erräth Niemand, daß ein Husarenofficier bei Zhnen wohnt, der einen
Menschen erstochen hat.
Aber davon darf kein
Mensch etwas erfahren. Helen.
Das versteht sich, kein Mensch.
D i r k st e i n.
wissen,
Selbst Zhre Frau nicht.
ein Geheimniß
in
Sie
einem weiblichen
Munde bleibt nicht lang ein Geheimniß, und Ihre eigene Sicherheit hängt davon ab.
Die
Gesetze sind streng. Helen.
Sie erfährt kein Wort.
sie nur die Verkleidung nicht merkt.
Wenn
Die Wei
ber sind schlau! seit der Erschaffung der Welt ist ihnen noch kein Mann entgangen. Dirk stein.
alt.
Der Mensch ist achtzehn Jahre
Zn diesem Alter kann man sich noch auf
diese Art verstellen. Reiche ihm »le Hand. Zch fodere
im Namen der hübschen Muhme Zbr Wort. Helen schlagt ein. Aber sie kommt doch bald? Birk st ein.
Helen.
«reffen.
Sehr bald.
So will ich gleich alle Anstalten
Die Verwandte».
M
Btrkstetn.
Zch habe bereits die Anstalt
getroffen, daß er hinten am Garten absteigt,
um unbemerkt aiijukommen. Helen.
Gut. 3«l»t auf die Ntbenthüre. Ex
kann dort wohnen, seine Schwester neben ihm.
Zch will alle- besorgen. Dirk st ein lächeln».
Helen.
Aber die Gesetze —
Das Mitleid ist ein Gesetz der
Natur; das ist älter, als die übrigen.
Zn
solchen Fällen muß gleich geholfen werden. Schnell ab.
Btrkstetn. Wie schnell dte hübsche Muhme
Platz tn dem Hause gefunden hat! und mH seinem Herzen geht «S, wie mit seinem Hause.
Wenn eS auch schon besetzt ist, «S darf nur «in freundliches Gesicht kommen, so findet sich immer noch ein Platz, eS unterzubringen.
Erster Aufzug.
13
Dritter Auftritt.
Birkstetn.
Sophie.
Sophie steht au< der Gartenthür«.
Luise. Zst btt
Weg frei? Dtrkstein.
E- ist kein Mensch hier, als
ich. 3» Luisen. Du bist doch hinten am Tarten
abgestiegen?
Sophie.
Zch habe fit dort erwartet.
Dtrkstetn.
blick sicher.
Wir sind hier keinen Augen
Dort ist deine Wohnung; er hat
sie dir selbst angewiesen. Sophie.
DaS ist die einjige, die er wäh
len konnte; sonst sind alle Zimmer besetzt.
Du
findest dort alles, was du nöthig hast, Mantel, Ueberrock, Hut — Nur einen Augenblick darfst
du einem Mann ähnlich sehen, dann gehörst du uns wieder an.
D i e Verwandten.
14 Luise.
Ich weiß alle-.
Auf Birkstein ,eigen».
Er hat mich ja in seinem Dries unterrichtet. Dirk stein
öffnet di« Nebenthar«.
Nur sott.
So bald du hustest, ist es ein Zeichen, daß du
angekletdet bist, und ich schicke ihn zu dir. Luise tu Sophie».
Bald sind wir glücklich
durch Freundschaft UNd Liebe.
Vierter
Auftritt.
Dirkstein.
Birkstein.
Ab in« Neben,immer.
Sophie.
Sagen Sie Selbst, ob ich
besser wählen konnte.
Sophie.
Dirk st ein.
Unmöglich.
Aber wir hängen von einem
Oheim ab, und bis er eingewtlligt hat, darf unsre Verbindung nicht bekannt werden.
Bet
dem Mährchen, das Ihr Mann glauben muß,
bleibt sie unentdeckt in meiner Nähe.
Wie viel
verdank' ich Ihnen! Aber unser Glück soll auch
auf Sie wirken; das Mittel wirkt bereits.
Erster Aufzug.
Za, er ist verstimmt.
Sophie.
15 Seine
Augen folgen mir ängstlich. Dirk stein.
So ist der Mensch! Er ent
deckt den Werth einer Sache erst, wenn er fürch
tet, sie zu verlieren.
Sophie.
Und er war so gleichgültig gegen
diese Sache geworden, denn diese Sache war seine Frau.
Btrkstein. len.
Dafür hat ihm meine gefal
Das fodert Rache.
Sophie.
Dirkstein.
Zch werde mich rächen.
Thun Sie das gleich.
Zch
bin zu jeder Rache bereit.
Sophie. machen.
Meine Liebe soll ihn glücklich
So will ich mich rächen. — Das
ist die Rache einer Frau.
Ab.
16
D te Verwandten
Fünfter Auftritt.
Birkstetn «»«in.
Ich habe auch welche gekannt, die sich auf «ine andre Art zu rächen wußten; aber sie muß
ihre Art meiner Frau mittheilen.
Sie wird
mir bei ihr gefallen, wenn sie mir auch bet andern mißfällt. Oeffnet dl« NebkNchür«. Bist du
fertig? Beinahe — Zn diesem Rocke erkennt dich kein Mensch — Siehst du, wie schnell
sich et« Mann ankleibet, selbst wenn dieser Mann ein Weib ist.
Erster Aufzug
17
Sechster Auftritt.
B t r k st e 1 n.
Helen.
Helen.
Zch habe alle Anstalten getroffen.
Dtrkstein wirft die Thüre zu, und »etgt ouf da« Nebenjimmer qekeimnißdoll.
Der Nogel sitzt fchoN
in seinem Käfich; er ist durch den Garten ge flogen.
Helen-
Desto besser; und sie kommt nach?
Birkstein.
Sie wird hier seyn, ehe Sie
es vermuthen. Helen.
Steht er seiner Schwester ähnlich ?
Dirk stein.
So ziemlich, bis auf den
Wuchs und das Gesicht.
Doch da- letzte erin
nert an sie. Helen gebt gegen Eulfen« Zimmer.
Auf jeden
Fall wird er Nachrichten von ihr haben.
D t r k st e i n.
Die hat er gewiß.
Steigeniefch kustw- III.
Hält ibn. 1
D i e Verwandten.
18
Aber noch einmal Ihr Wort; kein Mensch bars etwas erfahren.
Helen.
Ich gebe mein Wort nur einmal,
aber ich halte eS immer. Luise hustet.
Birk st ein.
Ihre Neugierde ist ungedul«
big; ich will sie nicht aufhalten. Helen.
Zch wollte, die Schwester hätte
sich geschlagen, und der Bruder hätte geschrie ben.
Der könnte dann ganz auSbletben, wenn
er wollte. Ab in Luisens Zimmer.
Erster Aufzug.
Siebenter
19
Auftritt.
Birkstein öffnet »k Nehenthüre ein wenig lind steht Ihm nach.
Wenn er sie nur nicht erkennt! Mich würde
meine Angst verrathen — Aber in dem Zim mer spricht kein Mensch, oder sie sprechen durch Zeichen. —
Das ist eine entsetzliche Sprache
für «inen Mann, der vor der Thüre steht —
Die Angst im Zimmer ist doch besser, als die vor der Thüre. 9BIU hinein nnd geht schnell zurück. Nein, das ist Mißtrauen, und das ist ein Verbrechen an meiner Frau.
Wir sind vier
Wochen verheirathet, und sie ist so treu und so zärtlich, als ob es noch gar nicht geschehen
wäre.
Die Verwandten.
20
Auftritt.
Achter
Birkstein.
Helen.
Helen.
Er will sich verwandten. Zch habe
ihm helfen wollen.
Dirk sie in. Helen.
den.
Hat er das angenommen?
Nein, er will sich allein anklet-
Seine Schamhaftigkeit trieb mich ordent-
lich aus dem Zimmer.
Das ist vermuthlich
der erste Husar, der einen auf diese Art ver
trieben hat. B t r k st e i n.
Und haben Sie eine Aehnlich-
kett bemerkt? Helen.
Za, so ziemlich; aber er ist klei
ner, und dann hat er eine Narbe, die ein
Pflaster bedeckt.
sicht.
Das entstellt das ganze Ge
Zch bin begierig, wie er auSsehen wird.
Er hat von nichts, alö von Pferden und Pfetfenkipfen gesprochen.
Wenn er die Sprache
Erster Aufzug.
21
beibehält, so wird es ein liebenswürdiges Frauen zimmer werden. B i r k st e i n. Ich will seiner Schwester gleich Nachricht geben, daß er in Sicherheit ist. Helen. Wäre es nicht gut, wenn Sie ihr die Nachricht Selbst brächten? Dirk st ein. Nein, das macht Aufsehen, und daS müssen wir vermeiden. Zudem wird fie schneller hier seyn, als Sie glauben. Helen. Geben Sie ihr nur gleich Nach richt. Dtrkstetn. Sie scheinen Sich auf ihre Ankunft zu freuen. Helen. Es hat immer zu meinen Schwach heiten gehört, daß ich die Schwestern lieber gesehen habe, als die Brüder. B i r k st e t n. Nun, Sie sehen, Ihre Ver wandte finden sich nach und nach bei Ihnen ein. Helen. Ja, in diesem Punkte bin ich recht glücklich. Dirk stein. Jugend, Schönheit und Lie benswürdigkeit ziehen Sie hierher.
D i e Verwandten.
22
Wo haben Sie denn das alle
Helen.
gefunden? Zch habe di« Schwachheit, neugierig zu seyn. Dirk stein. Ich sage Zhnen doch nichtneue- , wenn ich Ihnen vertraue, mit einem Su< tenbllck auf fulfen« Zimmer, daß Sie hier den lit»
ben-würdigsten Theil unsrer Familie besitzen. Helen.
Sie haben die Güte, Sich mei
ner Frau zu erinnern, wie ich merke.
Dirkstein. ähnlich.
Das sieht Ihrem Scharfsinn
Zch bin mit dem, was ich meine,
Die kleinen Kinder spielen zu
aufgewachsen.
sammen, und die großen Kinder freuen sich, wenn sie sich wieder sehen. Helen.
Da« ist mir auch so vorgekommen.
D i r k st e i n.
Das ist eine Schwachheit, die
alle großen Kinder haben, die sich gut sind.
Helen.
Wirklich? Ihr Vertrauen fängt
an, mich recht glücklich zu machen.
Birk stein.
Das bin ich überzeugt.
Ein
braver Mann nimmt immer Theil am Glück
seiner Verwandten.
Erster Aufzug.
23
Helen. Za, ich bi» — recht — erfreut. Fahren Sie nur fort — Sie haben eine recht angenehme Art, vertraulich zu seyn. Luise husiet.
Birkstein. Da ist ein Husten im Neben zimmer, der mein Vertrauen unterbricht. Helen. Das ist recht Schade. Dirk stein. Za, Sie hätten noch sehen sollen, daß nichts so glücklich macht, als die Neugierde. Zeht will ich sehen, ob hier ein Mann, oder ein Weib gehustet hat. otffntt dir N-dentdüre, Luise tritt heraus. Da husten beide «Us einem Munde.
D i e Verwandte n.
24
Neunter Auftritt.
Die Vorigen. Luise
Luise.
einen Hut, »et oben da« Gesicht verbirgt,
unten ein Pflaster. Sie scheint anfang- mit Mühe zu gehen.
Ich bin noch nicht mit meiner neuen Lage
vertraut. Dlrkstetn.
Helen.
Das wird sich geben.
Aber wirklich — hübscher, als ich
geglaubt habe. Zeht merkt man die Aehnltchkeit. Seht um (le herum Nur, wie gesagt, kleiner. Btrkstetn.
Und das Gesicht ist voller.
Helen. Und wenn ich nicht irre, so sind die Haare —
Luise. Helen.
Dunkler. Nicht wahr? Sehen Sie, wie
genau ich alles noch weiß. Btrkstetn.
Sie haben ein Gedächtniß,
auf das Sie Sich verlassen können.
Erster
Aufzug.
Das ist wahr.
Helen.
25
Za, so im Ein
zelnen merkt man, wie sie von einander abwei chen ; aber beim ersten Anblick findet man doch
einige Aehnlichkeit.
Der erste Anblick ist sehr
Luise s»-» uip ten Worten Ist er an die Gartenthür« gekommen. Da verliert sie sich in den Gebüschen und die Ge büsche sind voll Nachtigallen, die sich lieb habe». DaS ist ein böses Beispiel! Der Vetter kann auch dort seyn. Ich will ihr doch die Freude machen, nachzukommen. Gegen die Gartenthüre.
Die Verwandten.
6o
Fünfter Auftritt.
Helen. Luise.
Luise.
Herr von Helen!
Helen dreht sich erschrocken um. Acht Gott! sind Sie schon wieder gesund?
Luise.
Noch nicht ganz; aber ich will
meine Aufträge bestellen. meiner Schwester.
Hier ist ein Dries
Reicht thm einen Brief.
H e l e n nimmt den Brief schnell. Sie kommt ja bald?
Luise. Helen.
Der Brief wirb si, ansagen. DaS ist herrlich!
Reißt den Brief
auf, besinnt sich aber schnell. ES thut Mik leid, daß
ich ihn jetzt nicht lesen kann.
Luise. Helen.
Zch hindere Sie doch nicht.
Nein, aber ich fürchte, meine Frau
ist allein im Garten, und die Einsamkeit macht
Zweiter A u f z u g.
61
ihr Langeweile. Sie fühlen doch, baß ich ihr Gesellschaft leisten muß? Luise. Zch will meiner Schwester sagen, wie zärtlich Sie für Ihre Frau besorgt sind. Helen. Da« ist nicht nöthig. Da«braucht kein Mensch zu wissen, al« meine Frau. Für andre hat da« keinen Werth. Zch werde den Brief lesen, sobald ich allein bin; jetzt muß ich gehen. Geht, dreht sich aber gleich UNI. Haben Sie den Detter nicht gesehen? Luise. Za, er steht noch lm Hofe. Helen. Zst da« gewiß? Luise. Sie können Sich Selbst über zeugen. Helen eilt an das Fenster. Za, da steht er. Wenn der Mensch nur acht Tage auf einer Stelle bleiben könnte! Zieht den Brief heraus. Nun will ich auch gleich lesen. Luise. Aber Zhre Frau in der Einsamkeit? Helen. Zch besinne mich, daß sie Anlagen macht. Da« gute Weib beschäftigt sich immer, und es ist nicht« ärgerlicher, als in Geschäften
D t e Verwandten.
62
gestört zu «erden.
Dann hab' ich Ihnen auch
ein Wort im Vertrauen zu sagen.
Luise, -l« ob sie gehen wollte. Mein Kopfweh
wird mich hindern, eS zu hör'«». Helen.
Nur einen Augenblick.
Ich ehre
Ihr Geheimniß, wie Sie sehen. Luise. Helen.
Das Unglück fodert Achtung.
Aber meine Frau kann das Un
glück doch nicht fodern?
Sie sind in ihren
Armen gelegen; gehört das Unglück dorthin? Luise.
Lesen Sie den Dries: meine Schwe
ster soll Ihnen die Unruhe vergelten. Helen freundlicher.
Eine kleine Vergeltung
wäre billig. Luise hält ihren Stopf, al- wenn sie mit Mühe spräche.
Sie kommt vielleicht heute noch.
Helen.
Ihre Wohnung ist bereit.
Luise.
Sie wird jetzt geheirathet haben.
H e l e n.
So ? Der Mann kommt doch nicht
mit? Ich habe keinen Platz.
Luise.
Nein! was sie liebt, findet sie hier.
Helen sehr freundlich. Desto besser! Wie heißt der Mensch? Luise. Der Name soll wahrscheinlich noch ein Geheimniß bleiben, so undeutlich ist er ge schrieben; aber Sie sehen, -die Heirath hält sie nicht ab, hieher zu kommen. Helen. Das ist sehr schmeichelhaft. Der Brief wird mir Aufschluß geben. Luise. Ich werde Sie von Allem unter richten. Helen. Sie sind so gut. Sie haben auch so ein ehrliches Gesicht. Lassen Sie das Ge sicht nur immer drei Schritte von dem Gesichte meiner Frau, so giebt «S wenig Gesichter, die mich so anzithen. Aber ich habe Ihr Geheim niß geehrt; ehren Sie auch meines. Luise. Gewiß. Wir müssen uns in Acht nehmen. Ein Weib ist schlau, und ein Mann ist oft so leichtgläubig. Helen. Ja, es giebt solche Männer. Luise. Zch hoffe, das soll man auf uns beide nicht anwendcn können.
Sie Verwandten.
64
Helen. Auf mich gewiß nicht. schwiegenheit !
Luise
lächelnd.
Also Ver
Elk Mann, ein SBott!
Wir müssen die Ehre unsers Ge
Helen.
schlechts vertheidigen. Luise.
DaS will ich, das andere Geschlecht
ist so falsch, und so treulos. Helen.
DaS war eS immer.
Luise.
Und wird es bleiben.
wohl.
Leben Sie
Ab.
Sechster
Helen.
Helen.
Auftritt.
Elelch darauf Forsten.
Wohlthun trägt Zinsen. Zch habe
den Bruder ausgenommen, und die Hand der Vergeltung streckt sich in seiner Schwester nach mir ans. Lieft den Brief für sich, nur einige Worte werd!» laut.
„ Ankündigen “ — „ Eindruck “ —
„ Vergessen " —
Zweiter Aufzug.
65
Forsten. Ich will dich ganz beruhigen. Helen verdrletzUch. Laß mich nur jetzt einen Augenblick ruhig.
Forsten. jung. Helen.
Forsten. Helen.
Du weißt, ich bin nicht mehr Das weiß Jedermann. Und ich bin allein.
So glücklich könntest du mich auch
machen. Forsten setzt sich.
Ich will warten, bis du
Zeit hast, mich anzuhören. Helen legt den Brief ungeduldig zusammen. Was
willst du denn? Forsten.
Dich beruhigen. Du kennst mein
Vermögen. Helen.
Forsten.
Was geht das mich an? Das fällt an lachende Erben;
ich will aber weinende haben.
Helen.
Was kann ich dabei thun?
Soll
ich sie abrichten?
Forsten. geht.
Jetzt kommt es, was dich an«
Ich will dich von dem Fräulein befreien.
Helen.
Das heute angekommen ist?
Strlgkntesch kustsp. III.
5
5) i-e Verwandten.
66
Forsten.
Za!
Helen lach». Die willst bir heirathen? Forsten. Die nämliche.
Helen. Um Erben zu bekommen? Forsten. Za! Helen.
Das wird eine hübsche Nachkom
menschaft werden.
Nun die Glückliche, dle du
gewählt hast, ist dort in ihrem Zimmer.
Forsten.
Zch weiß nur nicht, waS ich ihr
sagen soll.
Helen.
WaS du mir gesagt hast; aber
dreister, männlicher.
Du bist nicht mehr jung,
du hast keine Zeit zu verlieren, und Verwe
genheit ist eine männliche Tugend. deine Frau im Sturm;
Erobere
wenn sie sich auch
sträubt, in deinen Armen sagt sie: Za! Forsten. Helen.
Meinst du?
Sie ist nicht die Erste, die auf
diese Art ja gesagt hat. Forsten.
Du hast Recht.
Zch weiß eine
Geschichte von einem meiner Vorfahren, der auch auf diese Art eine Frau bekommen hat. will ich dir erzählen.
Das
Die Geschichte ist kurz.
Zweiter Aufzug.
67
Aber die Geschichten von seinem
Helen.
Nachfolger sind gewöhnlich lang. Zeigt auf LuiDu wirst dein Glück wieder ver
sen« Ziqmer.
säumen.
Zeige, daß du Muth hast. Du sollst mich kennen lernen,
Forsten.
etebt langsam auf.
Man muß mir die Verwe
genheit ordentlich ansehen. Helen.
Dein Ahnherr sieht auf dich herab.
Forsten gebt langsam gegen Luisens Thüre.
Er
wird eine Freude haben. Sei unbesorgt für die Zukunft.
Helen.
Deine ganze Nachkommenschaft lass' ich auf
meine Kosten erziehen.
Forsten. Bleibt sieben.
Du btst eine wohlthätige Seele.
Ich will nut einen Augenblick
Muth sammeln.
Helen.
Bleibe nicht zu lang auf einer
Stelle, sonst fängst du wieder an zu schlafen.
Forsten.
Nein, nein, Gott wird mir ja
beistehen, daß ich munter bleibe. ist mein Entschluß gefaßt. mit einer Frau Zimmer.
Seufzt. Jetzt
Du siehst mich hier
zurückkommen.
Ab in Luisen«
D i e Verwandten.
68 Helen.
Wenigsten- sollst du mich so bald
nicht wieder stiren.
©»tust tu rha»« ab.
Die
Ziererei von heute Morgen verdient eine kleine Rache, und ich hoff«, der Mensch ist unge
schickt genug, mich zu rächen. einander.
Legt den Brief aus
Da ist «ine Stelle, die ich nicht ver
stehe.
Siebenter
Helen.
Auftritt.
Dtrkstetn.
Btrkstei» geht gegen Luisens Zimmer. Zchhabe
den kleinen Mörder am Fenster gesehen.
Ich
will ihm Gesellschaft leisten. Helen steckt den Brief schnell «In. Bleiben Sie
nur, er hat schon welche.
D t r k st «i n will in da« Zimmer. Ein Verwand« ter ist nie zu viel.
Helen hast ihn. Fall.
Das ist doch zuweilen der
Er hat zärtliche Gesellschaft.
Zweiter Aufzug.
69
Wie so?
Dickste in. Helen lacht. HeirathSantrag.
Man macht ihm eben einen
Dtrkstein deftig. Wer?
Helen
Der arme Forsten will nun ein
Diesmal bekommt er freilich
mal ein« Frau. keine. Dtrkstein
unruhig.
Gewiß nicht!
Aber er hat gute Vorsätze;
Helen.
er
will stürmen. Elender Mensch!
Dtrkstein. Thüre.
Helen.
Sache.
Eilt an
bk
Was ist das ? die Thüre ist verschlossen ? DaS ist ja das Lustige bet der
Er kann nicht heraus; eS mag vor
gehen, was will. Dtrkstein
Helen.
schreit heftig.
Recht.
Aufgemacht!
Stellen Sie Sich eifer
süchtig, dann wird eS noch lustiger. Dtrkstein rüttelt an der Thüre. Zch werde rasend. Helen.
Nur zu, noch stärker.
Dirkstein.
Ich sprenge daS Schloß.
Die Verwandten.
7o
Helen.
Da- ist recht.
Birkstein
reißt
soll es entgelten.
Helen.
tu
tfjüie auf.
Der Elende
Gebt schnell hinein.
Er brüllt zum Entzücken.
Man
kann eS nicht natürlicher machen, wenn man
um seine eigene Frau besorgt ist.
Forsten
schreit hinter her Coulisse.
WaS ist bas
Da haben wir «S.
Die schläfri
wieder? Helen.
gen Leute machen bei den Weibern kein Glück.
Zweiter Aufzug.
Achter
Helen.
71
Auftritt.
Birkstein.
Luise.
Forsten. Birk st ein flögt gotflen am Mrnie heraus. hält ihren Mann am andern.
Luise
Ein Antrag bei ver
schlossenen Thüren? Helen lacht.
Die Thäte hab' ich zuge-
schlossen. D i r k st e i n lägt Forsten loch empfindlich. Sie? Ich habe Stute gekannt, die auf eine feinere
Art gescherzt haben.
Zu Forsten. Aber ich hoffe,
auch Sie lasse» eS beim ersten Versuch be
wenden. Forsten eilt der Thüre zu.
Sie können Sich
darauf verlassen. Bleibt traurig stehen. Wie sich die
Zeiten ändern!
Wenn man sonst mit einem
Heirathöantrage kam, so standen einem alle Thüren offen:
jetzt wird man damit beinahe
D t e Verwandten.
72
aus dem Hause geworfen.
3m Abg«b-n traurig.
Es
soll mir kein Mensch sagen, daß sich die Zeiten gebessert haben. Eilt durch die Mtttelthürr ab.
Neunter Auftritt.
Luise.
Helen.
Helen.
Vetter,
Dtrkstetn.
das haben Sie herrlich
gemacht! Aber Sie müssen viel mit Eifersüch
tigen umgegangen seyn, sonst ist cs nicht mög
lich, so natürlich zu rasen.
Dtrkstetn.
Zhr Lob macht mich sehr
glücklich; denn Sie sind ein Kenner.
Helen.
darauf.
Za, ich verstehe mich ein wenig
Zeigt auf Luisen.
Aber geben Sie Acht,
daß Ihre künftige Frau nie in eine solche Lage kommt, denn ich wette, der Mensch war unver schämt.
Luise. gewollt hat.
Nein, ich weiß gar nicht, was er
Zweiter Aufzug.
73
Helen. Das thut mir leid; denn er hat erstaunlich viel gewollt. Sie wären verlegen gewesen, alles zu beantworten. Luise. Ich weiß, was ich meiner Schwe ster schuldig bin, und in ihrem Namen hätt' ich geantwortet. Helen. Fällen?
Was sagt denn die in solchen
Luise lieht Dirkstein von der Seite on. Sie wür de gesagt haben, daß ihr Herz nicht mehr frei ist. D i r k st e i n
nl. IIL
6
82
D i e Verwandt« n.
Zwölfter Auftritt.
Dtrkstein. Sophie.
Sophie mit Blumen in der Hand / kommt aus dem Gatten. Sie sind neugierig, wie es scheint. Dtrkstein dreht «ich schne« um. Nein, aber unruhig. Zhr Mann ist hier bet meiner Frau. Sophie lächelnd. Und Sie sind eifersüchtig? Dirk st ein. Das nicht, aber sie flüstern sich in die Ohren; sie haben mich dort hinten hingestellt, wie eine Bildsäule. Sie schreiben Briefe. Ich Habe den Brief gesehen. Sophie. Wenn ich ihn nun auch gesehen hätte? Dtrkstein. Und dabei bleiben Sie so ruhig ? Sophie. So ist der Mann: er spielt mit der Liebe, und er kennt das Weib nicht, bas nur lebt, um zu lieben. Birkstein. Es kommt nur darauf an, wen?
Zweiter Aufzug.
83
Sophie. Das kommt auf Sie an. Der Brief sollte Sie prüfen. Vertrauen ist das erste Geschenk der Liebe; ich habe den Dries gelesen. D t r k st e i n. So weit geht sein Vertrauen? Sophie. Nein, mit diesem Geschenk der Liebe ist ein Mann nicht freigebig; aber ich saß dabei, als er geschrieben wurde. Birk st ein. Sie geben mir das Leben wieder. Sophie. Das wird noch oft in Gefahr kommen, wie ich merke. Ich will jetzt diese Blumen in daS Zimmer meines Mannes tra gen. Das Wiederfinden ist ein Fest, das sollen sie bezeichnen. Sein Herz hat mir ihn nicht wieder gegeben, aber seine Eigenliebe — DaS ist die Liebe der Männer. Man muß die Dinge nehmen, wie sie kommen. B i r k st e i n. Lehren Sie meine Frau, wie man glücklich macht. Sophie. Sie weiß rS schon; aber stiren Sie ihr Werk nicht, siebt i(>«i «in« sxofe. Bewah ren Sie diese Rose, sie ist das Bild Ihrer Frau.
34
D i < Verwandten.
Die Sorgfalt erjvg sie; die Liebe pflückte st;
die Zärtlichkeit bewahrt sie; ein rauher Wed entblättert sie; legt ihre Hand ans seinen Arm. Nu tzer Wind! wenn sie entblättert ist, so bleib» dir die Dornen.
Blase nie!
Dtrkstetn Keht ihr nach.
Geht ab.
Nie! Nit!
ab durch die Mtttelthüre.
Der Vorhang fällt
Dnn
Gleich darauf Btrkstein.
Sophie.
Sophie sitzt und arbeitet. Ehen und Stürme!
das sollten überall gleichbedeutende Worte seyn. Die einen wüthen auf der See, die andern auf dem Lande.
D i r k st e t n iw st-h besorgt um. Liebe Muhme, Sie könnten mich ganz beruhigen.
SophieBtrkstein.
Sind Sie wieder unruhig? Sie haben doch den Spott
Ihres Mannes gehört?
D i e De-r wandten.
86
Sophie.
Ein Mann ist zuweilen unartig;
wem kann da- noch auffallen?
Meiner Frau; denn sie wird
Dirkstein. verlegen
Freilich widerspricht sie ihrem
—
Manne. Das muß genug seyn, Sie zu
Sophie.
beruhigen.
Man ist nur unbescheiden gegen
«ine Frau, die man nicht achtet.
Das kann
bei Ihrer nicht der Fall seyn. Ach eS giebt Leute, die nicht
Dirkstein.
so genau unterscheiden.
schwiegen haben,
Zhre Güte kann ge
um mich nicht zu reihen.
Aber dieser Fall giebt mir für die Zukunft den
Maßstab für ihr Vertrauen-
Sie wissen, daß
wir mit jedem Augenblicke die Einwilligung ihres Oheims erwarten; dann ist da« Geheim
niß entdeckt, und solche Begebenheiten fallen
nicht mehr vor,
wenigstens nicht öffentlich.
Setzt sich zil ibt. Sie könnten mich auch über diese
Kleinigkeit beruhigen.
Sophie. Birk st ein.
Darf ich fragen, wie?
Der Herr von Forsten nimmt
Dritter Auszug.
87
seit einer Stunde Abschied; er wird gleich bei Ihnen seyn; ich darf ihm nur die Weisung geben, daß Sie hier sind, so steht er vor Ihnen. Wenn Sie seine Unglücksfälle dann nur mit einem Worte berühren, so sagt er, was er weiß, und Hie hören dann, was ich von der Zukunft erwarten darf. Versprechen Sie mir das? Sophie. Ich verspreche nicht-, da- ist ein Verrath an der Freundschaft. Dirk st ein rückt ihr näher. Sind Sie denn nicht auch meine Freundin geworden? Sophie. Ich bedaure Ihr Geschlecht. Sie müssen böse Erinnerungen haben, die Sie quälen, sonst ist e- nicht möglich, so viel für Ihre Ruhe zu fürchten. Dtrkstetn. 0 ich fürchte nichts für die Zukunft. An der Seite meiner Frau bin ich der Ritter ohne Furcht. Sophie. Aber nicht ohne Tadel. ES hat nur einen gegeben, und den hat Gott schnell zu sich genommen.
D i e Verwandten.
gg
Dirkstetn.
Beruhigen Sie mich nur über
das Weib ohne Tadel. leicht.
ES wird Ihnen so
Das thun Sie auch; nicht wahr?
Sophie. Sie wissen nicht, was Sie wün schen.
Ihre Unruhe ist Ihr Glück; den ruhi
gen Mann quält die Langeweile — aber frei lich der unruhige macht welche.
Es ist eine
unglückliche Zett; man weiß nicht mehr, wel chen man wählen soll.
Dritter Aufzug.
Zweiter
89
Auftritt.
Vorige.
Helen.
Helen tritt schon während 6er letzten Worte ein,
nähert sich unruhig, und drangt slch zwischen beide, als ob er der Begierde nicht widerstehen könnte, die Arbeit zu
sehen, über die er sich lehnt.
Das ist eine herrliche
Arbeit!
Sophie.
Sie gehört für dein Zimmer.
Helen lehnt sich Immer weiter über den Arbeitstisch,
Birkstein wird dadurch halb von seinem Stuhle gedrängt, auf den sich Helen sogleich neben Birkstein setzt.
Fuß-
teppiche sind meine Leidenschaft.
Sophie. Deine Leidenschaft wlrd also noch einmal zu meinen Füßen liegen. Helen dreht sich, daß et Birkstein den Rücken iu=
kehrt, und dieser seine Frau nicht sehen kann; durch diese
Wendung wird der Letzte auf die äußerste Spitze deS Stuhl. hin«,,«gedrückt.
Die ganze Welt gehört dort»
90
D i« Verwandten.
hin —
Wie richtig die Zeichnung ist! Nicht
wahr, Vetter? Dirk st ein.
Zch will Ihnen rathen Ihren
Rücken sticken zu lassen, wenn ich etwa- von der Arbeit sehen soll-
Helen.
Verzeihen Sie.
Wendet fid> schnell
gegen Ihn, dadurch wird Virkftetn ganz vom Stuhle ge
drängt , der schnell anfsprtngt.
Helen rückt sogleich an die
Ich dachte. Sie hätten schon
äußerst« Spitze.
alles gesehen. Dirk st rin.
Zch habe noch nicht dazu kom
men können.
Helen.
Sie waren doch nahe genug.
Mit
was haben Sie Sich denn die ganze Zeit be schäftigt?
Wir sprachen von dem Miß
Sophie.
trauen der Männer.
Dtrkstein.
Sie sind uns immer gegen
wärtig , wie Sie sehen.
Jetzt rufen mich an
dere Betrachtungen. Zu Sophien. Ein paar Worte
können mich wieder glücklich machen.
Helen.
Schon wieder?
Dritter Aufzug.
9i
Dtrkstetn. Ich liebe, das sind nur zwei Worte; ich vertraue, das sind wieder zwei, und man braucht nicht mehr, um glücklich zu seyn. Merken Sie Sich das. Geht ab.
Dritter Auftritt.
Sophie. Helen. Helen. Der Mensch spricht immer in Räthseln, wie die selige Sphinx. Sophie. Was er jetzt gesagt hat, sollte für dich kein Räthsel seyn. Helen. Du verstehst auch alles. Es ist sehr glücklich eine Frau zu haben, die alles versteht. Sophie. Besonders die letzten zwei Worte. Helen. Und wir könnten so glücklich seyn ohne Räthsel. Sophie. Ohne Launen. Helen. Ohne Verwandte. Sophie feufit. Ohne Eifersucht.
D i e Verwandten.
92
Helen
rückt ihr näher.
Din ich denn eifer
süchtig? Frage dich selbst, du wirst die
Sophie.
Antwort in deiner Unruhe finden, die dich selten verläßt. Helen.
Aber warum bin ich unruhig?
Der Geihtge bewacht ängstlich seine Geldkiste. Seine Wünsche, seine Freuden,' seine Welt lie
gen in ihr.
Legt seine Hand auf ihre» Arm.
Wer so
viel bewahrt, ist dem nicht ein wenig Aengst-
lichkett zu verzeihen? Sophie hört auf zu arbeiten, und wende» sich gegen ihn.
Ein wenig Angst? Za, die giebt dem
Leben neue Reihe.
Sie ist wie der Schatten
einer Wolke, dle über eine helle Gegend läuft —
aber eine Wolke, die immer stehen bleibt! — Helen, ^e größer der Schah ist, je größer ist dle Angst.
Weißt du denn, was ich alles
in dir gefunden habe?
Sophie hmiich. an dir hängt, Helen nimmt
anbete.
Eine Freundin, die treu
ihre Hand.
Ein Weib, das ich
Dritter Aufzug.
93
Sophie legt die ander« Hand an feint Brust. Ach !
wenn ich dich glücklich machen könnte!
Heien. Din ich es denn nicht? Wenn auch einjelne Wolken aufsteigen, sie ziehen vor» über. ES giebt keinen wolkenlosen Himmel; aber unter diesem Himmel lebt ein Mensch, der nur dir angehbrt.
Sophie stnkt an seine Brust. Adolph, bleibe eifersüchtig; ich bleibe glücklich. Helen sieht »örtlich ans st« herab. S 0 sind Meine
Wünsche erfüllt.
94
D 1 e Verwandten.
Vierter Auftritt.
Die Vorigen. Luise. Luise an» dem Nebenzimmer. Hier ist der Dritte wieder lästig, mia zurück. Sophie reich» ihr die Hand. Nein, er ist ein Zeuge meines Glücks. Luise licht Helen lächelnd an. Zch will es de» sannt machen. Helen siebt auf, verlegen Wozu? Das Glück will verborgen bleiben; sonst hätten sich die Leute schon längst auf die öffentlichen Plätze gestellt, um zärtlich zu werden. Luise leise zu Helen. Haben Sie geantwortet ? Helen nickt und zeigt auf seine Tasche, dann wendet er sich zn Sophien. Die Erinnerung zieht mich immer zu deinen Schöpfungen zurück. Sophie. Sie entstehen für dich, das giebt ihnen Werth.
Dritter Aufzug.
Helen
lehnt sich über den Arbeltetisch,
95
s»
daß seine
Frau auf die Sette, wo Luise fteht, nicht sehen kann.
Es liegt in allem so viel Sinn für das Schöne. Zieht den Dries heraus und reicht ihn rückwärts Luisen, hie ihn nimmt.
Sophie herzlich. Handle immer so gut gegen mich wie jetzt. Helen. Kannst du daran zweifeln? Sophie streichele ihn. Wie der Mann das Herz einer Frau behandelt, so handelt eS an ihm. Helen richtet sich auf. Das — das wird mich recht freuen — Sophie steht freudig auf und will Luisen umatmen. Werden Sie glücklich, wie ich! Helen tritt schnell zwischen sie. Das ist nicht nöthig. Ein Weib, das glücklich ist, möchte gern die ganze Welt glücklich machen. Luise. Das scheint nicht zu den Eigen schaften ZhkeS Geschlechtes zu gehören. Helen lächelnd. Sie kennen ja dieß Geschlecht. Luise. Durch eine kurze Erfahrung. Eö besteht aus schwachen, kurzsichtigen Geschöpfen. Helen. Za wohl, ja wohl!
D i e Verwandten.
96 Luise
reicht Sophien den Brief hinter dem Rücken
ihres Manne-. Sophie greift erstaunt darnach.
Die oft
nicht wissen, was zwei Schritte von ihnen "orgeht. Helen dreht sich ru seiner Frau, sie zieht ble Hand DakUM Macht daS
zurück, knise verbirgt den Brief.
Vertrauen so glücklich. Sophie seufzt. Za, ich sühle wieder, wie glücklich eS macht. Setzt sich und arbeitet.
Helen
führt Luisen an« Fenster.
Sehen Sie,
dort sind die Anlagen meiner Frau; dort ist sie einsam und glücklich.
Leise.
Der Brief wird
doch bestellt?
Luise leise:
reicht den Brief rückwärts Sophien und sagt
Auf der Stelle.
Helen »eis«. Sophie
Luise
Nur bald!
nimmt den Brief.
leise.
Ehe Sie Sich umsehen, ist er
in ihren Händen.
Helen
reibt freudig die Hände.
Es macht doch
nichts so glücklich in der Natur —
Sophie
seufzend.
Als treue Liebe.
Dritter Auszug. Helen
wendet
nch
tu ihr.
Nicht wahr?
97 tegt
die Hand auf Sopkiens Arm, und sagt verlegen, aber
herrlich: Es giebt nur «ine Liebe, aber die Ei genliebe ist ihre Stiefschwester. Sie gefällt wie diese; sie reiht wie diese, sie herrscht wie diese; lege ihre Hand an seine ‘Stuft aber sie ver wundet nur und die andre heilt.
Fünfter
Vorige. D i r k st e i N
Auftritt.
Dirkstetn.
schnell herein, bleibt verdrießlich stehen,
Zkh wünschte Ihnen «in Wort sagen zu können. wie er die Gesellschaft liebt, und nähert stch Luisen.
Luise. Sprechen Sie nur. Dirk st ein. Das ist hier nicht möglich. Sucht ungeduldig sie zu entfernen.
Helen, eben o>. Wer kann sich hier etwas sagen? Man sieht es dem Vetter an, daß es hier nicht möglich ist. Stelgentesch Lustsp. III. 7
Die Verwandten.
93
Luise. Wo denn? kacheln». Zch allein mit einem jungen Menschen? Helen.
Zch stehe für alle- Unglück.
Sophie
lächelnd.
D i r k st e t n.
Sie sind ja Verwandte.
Za, unsre Väter sind im sech
sten Grade verwandt. Helen dringend.
schwister.
Luise.
Das ist so gut wie Ge
Gehen Sie auf mein Wort. So kommen Sie.
Meine Freunde
erlauben Zhnen zu folgen. Beide ab In Luisens Zimmer.
Dritter Aufzug.
Sechster
99
Auftritt.
Helen. Sophie.
Helen schn««. Du bleibst jetzt allein, nicht wahr? Ganz allein? Sophie. Zch wüßte nicht, wer mir Ge sellschaft leisten sollte, wenn du eS nicht bist. Helen. Zch habe nur ein paar kleine Ge schäfte, die ich endigen will, so lang die Ge heimnisse im Nebenzimmer dauern. Trübe Stimmungen verlieren sich in der Einsamkeit. Httjltch. Auch diese heilt wie die Liebe. e abgeben.
Den ersten Brief lasse ich unter die Melonen hängen, damit die Insekten scheu werben. Sara, die Wolf immer ungeduldig fottjlebt.
So
kommen Sie doch, man gewöhnt sich an alle-.
Sara und Wolf ab. Dernau.
Was kann sie mir sagen? Am
besten wäre eS, ich sähe sie nicht.
Wenigsten-
will ich ihr zeigen, daß ich unterrichtet bin. Mein Ton und mein Trotz sollen eS ihr sagen.
182
Der Briefwechsel.
Achter
Auftritt.
Dernau. Amalie. Dernau eilt auf fit »u, und drückt Ihr« Hand an feine Brust. Endlich seh' ich Sie wieder. Amalie. Nur nicht so ungestüm! — Nach dem, was mir Sara gesagt hat, war ich auf Vorwürfe gefaßt. Dern au- Das ist auch wahr, das hätte ich beinahe vergessen. Wie konnten Sie mit dem Herzen eines Menschen spielen? Aber nein, es hat sie in jeder Gestalt erkannt, «siebt ihr einen Brief. Hier ist die erste. Das erste Mal läßt sich das verzeihen. Amalie. Was haben Sie mir denn zu verzeihen? Dernau. Hier ist die zweite. Davon giebt «s mehrere Abschriften. Amalie. Lassen Sie doch die Gestalten sehen.
Zweiter Aufzug.
igz
Die dritte liegt dort
Bernau giebt sie ihr.
zerrissen auf dem Boden. Amalie öffnet einen Brief.
WaS ist das?
Mik komischem Ernste. Sie liefern mir die Beweise
Ihrer Untreue auS?
Dernau.
Meiner Untreue?
Amalie. Wie kommen Sie zu dem Briefe? Dernau.
Das wissen Sie ja.
Der Weg
ging durch Ihr Fenster. Amalie.
Und wo ist das Fenster?
Bernau.
Das wollen Sie auch wissen?
Dort. Amalie leigt auf die entgegengesetzte Seite.
Und
hier wohne ich. ea»t. Das ist Sara's Zimmer. Wirft idm den Brief zu. Da- ist Sara's Hand. Suchen
Sie dort den Lohn Ihrer Treue.
Schnell tnS Nebenzimmer ab.
Bernau.
Ich werde kein Narr seyn, der
Anweisung jU folgt».
Ihr nach.
Der Briefwechsel.
184
Neunter Auftritt.
Kurt tritt eilig ein.
Kurt.
Ich habe hier sprechen gehört, aber
die Stimmen sind verschwunden. Siebt bat Bioet, da- Sara zerrissen hat, und hebt einzelne Stücke auf, die et dutchUest.
Wer hat denn hier geschrieben? —
„ Liebe — treulos " — Da« ist Sara's Hand. Ich muß doch gleich sehen, was die mit der
Treulosigkeit zu thun hat. Deffnet Sara'« Zimmer. Großer. Gott, dis liegt dem Fremden in den
Armen. Springt schnell gegen die andere Thüre. Wenn
das Mädchen nur kein biseS Beispiel nimmt! — Stößt dir Thüre auf, fährt sehr zurück und schreit:
bin verrathen, Schlangen.
Zch
in jeder Höle liegen zwei
Zweiter Aufzug.
185
Zehnter Auftritt.
Kurt.
Sara.
Wolf.
Amalie.
Dernau. Sara.
Du hast die Schlangen gereiht.
Dernau Ibni dl« Hand reichend. Die Rechnung
mit dem Vormund ist geschlossen.
Sara nimmt Knri't Hand und -lebt sie gegen tle Das Glück reicht dir wieder die Hand. von Bernau.
Dernau (liebt dl« andere Amalien.
Mir hat ste
die Liebe gereicht. Amalie m Kurt.
Nehmen Sie die andere,
so bleiben Glück und Liebe beisammen. Kurt, der sträubend seine Hand von Sara tn dl« von Bernau legen läßt.
Aber m i ch jog da- Miß
trauen von den Menschen.
Bernau.
führen.
Das Vertrauen soll Ste jurück-
186
Der Briefwechsel.
Sara.
Ich will dir auch alles erzählen —
Wolf.
Wenn wir über den Bergen sind;
denn Sie haben ein fruchtbares Erdreich in
Ihrem Munde: da darf nur ein Gedanke hin fallen, so geht er hundertfältig auf.
Jetzt hal
ten wir unfern Einzug in die Welt: Das junge
Paar voraus, der Menschenfeind in der Mitte, und wir schließen den Zug. Amalie.
Und die Felsen wollen wir den
Bären überlassen, da- sind geborne Menschen
feinde.
D i e
Entdeckung.
Lustspiel in zwei Aufzügen.
Personen. Petersen, ein reicher Kaufmann.
Luise, seine Tochter.
Margarethe, seine Haushälterin. Drost. Eduard Welton.
Petersen sitzt an einem Tische und schreibt, Drost im Netsekleide tritt ein. Drost.
Der alte Zakob Drost läßt sich
empfehlen.
Reicht Petersen den Dries.
Petersen nimmt den Dries und steht auf.
Mit
wem hab ich denn die Ehre zu sprechen? Drost seht sich.
DaS steht in dem Briefe.
Petersen befremdet.
Sie kommen wohl
weit her?
Drost.
DaS steht alles in dem Briefe.
Petersen.
DaS soll mich doch wundern,
kiest den Brief für stch.
Ei, ei, ei! junger Herr,
Ihr« Zimmer sind schon lang bereit. —
190
D i e Entdeckung.
Drost. Das freut mich. Petersen lächelnd. Und Ihre Braut ist bereit. Drost. Mich zu nehmen? Petersen. Za sreilich. Drost springt auf. Herr Petersen! ist sie auch bereit — mich zu lieben? Petersen. Was sollte sie nicht? ein jun ger reicher Mann, wie Sie. Drost. Zählt sie die Verdienste nach den Jahren oder nach dem Gelbe? Petersen. Zch verstehe Sie nicht. Drost. Die Jahre vergehn, das Geld macht nicht glücklich, und das Herz zählt und rechnet nicht, es wählt nur und sühlt. Sehn Sie, ich wollte, wir hätten un« kennen gelernt, wir hätten uns gewählt, und banp gchcirathet. Aber so fängt die Ordnung von hinten an. Unsere Väter haben gewählt, wir sollen heirathen, und mein Vater sagt freilich, die Liebe kommt mit der Zeit. Petersen. Da hat der alte Herr Drost sehr Recht.
Erster Aufzug.
191
Drost. Da hat der alte Herr Drost sehr Unrecht, sie ist noch immer mit der Zett ver gangen.— Sie hat bereits die Kinderschuhe aus getreten, nicht wahr? Petersen. Za wohl. Drost. Sie hat Augen, vermuthlich schöne Augen — Petersen. Die hat sie ganz von ihrer Mutter. Drost. Das mag seyn. Sie hat ein Herz, vermuthlich ein fühlendes Herz. Petersen. Das hat sie ganz von mir. Drost. Das muß ein empfindsames Ge schöpf seyn. Petersen. Weiter, Herr Drost. Drost. Und ein junges fühlendes Mädchen, mit schönen Augen, ist noch frei? Petersen. Ach, sie thut nichts ohne meine Erlaubniß. Drost. So? Petersen. Es ist ein gutes Mädchen! Sie füttert ihren Papagei, streichelt ihren Mops,
geht in die Kirche und zu Tische, und schläft beim Abends,gen ein. Drost. DaS liebe Geschöpf. Petersen. Und dann muß ich wissen, waS im Hause vorgeht. Drost. Liebe ist ein Räthsel in der Natur. Petersen. Zn meinem Hause nicht. Zch habe meine Augen überall, ich weiß um Alics. Drost. DaS weibliche Herz hat so viele Falten. Petersen. Nun Sie sollen Selbst sehen, Herr Drost! Sie sollen Sich Selbst überzeu gen. Zch will Zhncn meine Tochter schicken. Drost. Wir müssen freilich Bekanntschaft machen. Petersen. Sie werden ein gutes Mäd chen finden. Drost. Das glaub' ich. Petersen. Ganz mein Ebenbild. Drost. Sie machen mlch außerordentlich neugierig. Petersen. Gehorsamer Dienerl Sie soll
Erster A u f» « g.
193
kommen, kacht. Meine Haushaltung wird Ihnen gefallen.
Drost.
Ab.
Traue du den Mädchen, wenn sie
Also da bin ich
einmal herangewachsen sind!
auf dem Punkte, vernünftig — das nicht, aber
ein Ehemann ju werden.
Und die Thorheit
und die Freiheit — wer sie einmal gekannt hat,
wird sie immer lleb behalten.
Ich bin nur
auf dem Wege sie ju verlieren, und daS Leben
geht schon ehrbar und langweilig an mir vor
über.
Zweiter Auftritt. Drost. Luise. Luise.
Sie sind Herr Drost?
Drost.
Ja! Ich glaube, man hat mich
für Sie aus Hamburg verschrieben.
Luise.
So weit her? So ist mein Vater!
Er hat ein entschiedenes Vorurtheil für das Ausland.
Drost.
Sie hätten wol in der Nähe
Steigentesch Vuftsp.
III.
13
194
D i e Entdeckung.
etwa- für Sich gefunden? da- kann ich Ihnen
nicht übel nehmen; jeder hat seinen Geschmack. Indessen erlauben Sie, daß ich mich setze, ich bin müde von der Reise.
e««t sich.
Zch gebe
Zhnen die nämliche Erlaubniß — wir sind ja
halbe Eheleutei also ohne Umstände, sehen Sie Sich. Luise. Drost.
Sie sind außerordentlich gütig.
Nun, ich bin nicht schlimm. —
Vielleicht bin ich zum Liebhaber verdorben, aber Zch habe einen
ich werbe ein guter Ehemann.
Antheil Geduld mit auf die Welt gebracht, die mich manche- Uebel ertragen lehrt.
Sie wol»
len Sich nicht setzen? Luise.
Drost.
Wenn ich nun stehen wist?
Wie Sie wollen.
chen Eigensinn ist cS doch.
Aber ein Diö»
Da- freut mich,
ich bin auch eigensinnig.
Luise.
Sie scheinen ein großer Philosoph
in der Bequemlichkeit zu seyn.
Drost.
O ja! ein weicher Lehnstuhl ist ein
Bestandtheil meiner Weisheit.
Glauben Sie
mir, di« beste ist diejenige, die uns glücklich
Erster Aufzug.
195
macht, und ich befinde mich bet der meinigen recht wohl.
Also ein bequeme- Leben findet man
Luise.
bei Ihnen? Drost.
Frei, ungezwungen und bequem.
Man muß wenlgstens die Ketten zu vergolden suchen, wenn man ihnen nicht entfliehen kann. Luise.
Da- ist keine Lobrede für die Ehe.
Drost.
Aber die schönste Leichenrede für
die Liebe.
Luise. Haben Sie die schon begraben? Drost.
Ach sie gräbt sich meisten- in der
Ehe selbst ihr Grab. Sie sehen.
Ich bin offenherzig, wie
Offenheit fodert Zutrauen — Wol
len Sie mir Zhr Zutrauen schenken?
Luise. Drost. ich bin.
Gleich da- erste Mal?
Warum nicht? Zch gebe mich, wie St« lernen mich in einer Stunde
besser kennen, als Sie Sich Selbst vielleicht in neunzehn Zähren kennen lernten — obwol daetne sehr reihende Bekanntschaft seyn muß.
Luise.
au-srhe.
Mein Spiegel sagt mir, wie ich
I§6
D t e Entdeckung. Der hat gut sprechen, das ist wol
Drost.
der einzige Freund, der Ihnen jetzt noch die
Wahrheit sagen darf?
Luise.
Mein Herz sagt mir, wie ich bin.
Drost.
Spricht da- Orakel auch deutlich
für Andere? Luise.
O jai
Drost.
Wa« sagt es denn?
Luise.
Erstens sagt eS mir, daß ich viele
Launen habe — Drost.
Es spricht doch wahr?
Luise.
Sehr wahr.
Daß ich oft ohne
Ursache bis« bin —
Drost.
Recht.
Wer wird auch nach der
Ursache fragen, wenn man gerade Lust har,
bife zu seyn? Luise.
Daß ich oft die ganze Welt ärgern
wicht« —
Drost. Nur zu.
Das giebt eine stürmische Ehe. Zch bin ein kühner Segler.
Luise. Daß ich flatterhaft bin — Drost sorinzt auf. Gerade wie ich. Das ist allerliebst! so viel liebenswürdige Eigenschaften
muß meine Frau besitzen. Sagt Ihnen Ihr Herz denn nichts für mich? Luise. Für Sie? Nein! Drost. Wider mich? Luise. Nein! Drost. Also gar nicht- ? Luise. Nun — ja! eS sagt, zum Bet, spiel, daß Sie etwa- unbescheiden sind. Drost. Gottlob! Es fängt doch an, zu sprechen! Luise. Es sagt, daß Sie ein Philosoph sind, der ihm nicht gefällt. — Drost. Daü ist ein Herz für den Ehe, stand: es macht kein« Umstände. Luise. Und dann — Sie sagten ja, Offen, heit fodert Zutrauen — Drost. Natürlich! Luise. Nun denn — eö wünscht, jetzt in der Einsamkeit über Sie nachdenken zu können. Drost. Das heißt? Zch soll gehen? Luise. Sie sind sehr glücklich im Errathen. Drost. DaS ist auch das Einzig», worin
D i e Entdeckung.
198
ich glücklich bin.
Ich habe also die Ehre, mich
zu empfehlen. Luise.
Wir sind ja halbe Eheleute — ohn«
Umstände — ich gebe Ihnen die Erlaubniß dazu. DaS wird die aufrichtigste Ehe in
Drost.
der Welt. Luise
Auf Wiedersehen.
Ab.
sieht «bitt nach, kleine Tauft.
Jetzt bin ich
Wenn die Liebe spricht, so hat die
bestimmt.
Ueberlegung keine Stimme mehr.
Eduard, jetzt
bin ich dein!
Dritter Luise.
Welton.
Auftritt. Hernach Haushälte
rin und Drost. Welton.
Da bring ich neue Musik —
eitet sich em.
Sind wir allein? — warum so
niedergeschlagen, Luise?
Luise.
Ich bin entschlossen.
Wir müs
sen fliehen.
Welton.
Endlich wirst du mein.
Erster Aufzug.
-99
Luise. Ach, eS ist ein Schritt, der mich viel kostet — die Liebe meines Vaters, viel leicht meinen guten Namen, erfriert. Nein, Eduard! wir fliehen nicht. Welton. Aber ich muß fort. Zn dieser Hölle getäuschter Hoffnungen darf ich nicht län» ger leben. Luise liebt Ibn gerübkt an. Eduard! Welton. Vielleicht drückt bald eine srembe Hand das verweinte Auge zu, das Liebe suchte, und dann Ruhe findet. Luise schmiegt sich ängstlich an ibn. Eduard,
avtr fliehen. Welton. Doch heute noch? Luise. Heute oder nie. Morgen bin ich vielleicht schon dem Ehrgeize meines Vaters geopfert. Zch bin Braut, das weißt du — mein Bräutigam ist gekommen. Welton erschrocken. So laß UNS sott. Luise. Heute um zehn Uhr — Welton. Din ich vor deiner Thüre, die Pferde sind bestellt, ein guter Freund nimmt unS auf. AuS diesem Zufluchtsorte schreiben
200
(Die Entdeckung.
wir deinem Batet.
Seine Arme und sein Herz
werden sich seinem Kinde wieder öffnen.
Luise.
Und wir «erden glücklich, nicht
wahr? Aber wenn er mich verstößt —
Welten.
So bleibst du in meinen Armen,
bi< ihn die Zeit versöhnt. Luise.
Und meinen guten Namen —
SBtHon. Luise.
Schüht die Liebe. Und das gebrochne Her; meines
Vaters — SB«(ton.
Heilt das Wiederfinden
der
Tochter.
Luise sieht ibn bedächtig an. Zch glaube dir —
ich will dir glauben.
Fällt In seine Arme.
Ach,
in deinen Armen bin ich so glücklich.
Drost stößt die HaushäUerin herein. Sie höre»
ja in der Stube besser, als vor der Thüre, tutfe schreit und springt In ein Nebenzimmer.
Welton
steht verlegen da.
Haushälterin schlägt jammernd in die Hände. Ach mein Herr Petersen! den Armen.
Drost.
Sie liegt ihm in
Schnell ab.
ES thut mir leid,
daß ich so
Erster Aufzug.
unhöflich war, Sie zu stören.
201
Aber der Haus
drache hatte fein Ohr an dem Schlüsselloch«.
Welten. Drost.
Welton.
Seh ich recht? — Drost! Das ist ja eine bekannte Stimme. Kennst du Eduard Welton nicht
mehr? Drost.
Wie kommst du zu der Mummerei?
denn in dem Rocke verließ ich dich nicht, und
mit diesen Haaren kamst du nicht auf die Welt. Welton.
Ach, die Liebe hat meinen Rock,
•meine Haare und mein Leben entstellt.
Zn
diesem Aufzuge schleiche ich unerkannt an der Wachsamkeit des Vaters vorbei.
Drost.
Und in das Herz der Tochter?
Nun, mit deiner Gestalt darfst du öffentlich werben? Welton.
gen.
Aber nicht mit meinem Vermö
Ein kleines Gut hier in der Nähe ist
alles, was ich besitze, und ich bin gewiß, daß
sie mir der Vater versagt.
Auf der Heerstraße
des Glücks und des Anstandes konnte ich ihre
Hand nicht erhalten, und ich näherte mich auf
den Umwegen der List ihrem Herzen.
D i e Entdeckung.
202
Drost.
DaS Ist recht, wir gingen nicht
umsonst zusammen in die Schule.
Wrlton. mir.
Ich sah das Mädchen, sie gefiel
Aber sie hatte keine Bekanntschaft, und
sie ging mit keinem Menschen um.
Nur dem
lieben Gott machte sie täglich in der Kirche regelmäßig ihren Besuch, und ich pflanzte mich
ihrem Betstühle gegenüber.
Unsere Augen spra
chen und verstanden sich, wir schrieben uns,
unter dieser Verkleidung käm ich in das Haus — und das übrige hast du gesehen! Drost.
Du bist doch noch ein Freund,
der seinen Freunden Ehre macht.
Mädchen ist allerliebst.
Aber das
Sie hat neunzehn
Jahre, war noch nicht in der Welt, und hat mich und ihren Vater zum besten, rach». Was eine gute Anlage nicht thut!
Dich hat sie zum besten?
Welton.
Drost.
Freilich — ich spreche vorhin
mit ihr —
Was hast du denn bet dem Mäd
Welton.
chen zu thun? Drost.
Ich? Ach es ist nicht der Müh«
Erster Aufzug.
303
werth, davon zu sprechen — ich soll sie heirathen.
Welton. Welton.
Drost. Welton.
Drost.
Du? Nun ja, ich.
Drost.
Die Tochter hier im Hause?
Die nämliche. DaS Mädchen, das ich anbete —
Za, mit der Eigenschaft wurde
sie mir nicht empfohlen.
Aber ich fange an,
dich zu beneiden, das Mädchen ist allerliebst — nun höre, Welton! Ich trete dir sie ab. Welton dankend.
Drost.
Drost!
Damit ist noch nichts gethan.
Der Vater willigt nicht ein, und er muß zu
seiner Einwilligung gezwungen werden; ich weiß nicht recht wie? Aber gezwungen muß erwer
ben, baS ist gewiß.
Und da muß ich dich
bitten, mir dies Geschäft ganz allein zu über
lassen.
Welton.
Zutrauen fodert Zutrauen.
Zch
vertraue mich dir ganz. — Drost. gemacht?
Hast du vielleicht schon einen Plan
D i e Entdeckung.
304
W r l t o n.
Sie wußte deinen Namen nicht;
ihr Vater hatte ihr dieß gesagt, daß sie Braut
sei.
Man erwartete dich alle Tage. Die Ver-
zweiflung lieh uns ihren Rath; wir beschlossen,
zu fliehen.
Drost. Ihr wollt entfliehen? daü ist aller, liebst! Nun höre. Sinnt nack. Da fällt mir etwas rin — so wahr ich lebe — das geht —
Wann wollt ihr fort? Noch heute.
Welton.
Hier hast du einen
Brief, den ich ihr geben wollte, wenü wir uns nicht allein sprechen könnten, er sagt dir alles. Drost nimmt «hn.
Und du versprichst, ganz
meiner Anweisung zu folgen?
Welton. Drost.
Ganz. Nun so sei gegen Abend auf mei
nem Zimmer.
Und nun hast du Zett, dich zu
entfernen, sonst bellt die Alte den schlafenden
ArguS munter.
Welton. Hand.
Drost.
Mein Glück liegt in deiner Set unbesorgt, ich will rS treu
Erster Aufzug.
205
Er siebt jur Thüre hinaus.
Aber nun
bewahren.
gehe, der Weg ist frei.
Mellon.
Um acht Uhr bin ich bei dir. Ad.
Vierter
Auftritt.
Luise aus dem Nebenzimmer.
Luise
beschämt.
Drost.
Herr Drost!
Ah! Sie sind hier?
Drost.
Zch glaube. Sie sind «in edler
Luise. Mann.
Drost lächelnd.
Dießmal spricht Zhr Herz
nicht. Luise.
Kinnen Sie ein Mädchen unglück
lich machen? Drost schüttelt ihre Hand treuherzig.
Nein!
Luise.
Das Geständnlß meiner Liebe —
Drost.
Haben die Augen meinen Ohren
erspart. — Ich weiß alles.
206
D i e Entdeckung.
Luise. Ich bin unglücklich. — WaS «ol len Sie thun? Drost. Sie glücklich machen. Luise. Wie so? Drost. Hier find zwei Wege. Entweder Sie heirathen mich — Luise. Nein, nein, nein! Drost. Das ist wahr, Sie sind die Auf richtigkeit selbst. Nun so gehen «lr den an dern Weg. Luise. Den andern, Herr Drost, den andern! Drost. Der führt gerade zu dem Ohre ZhreS Vaters. Zch entdecke ihm die ganze Geschichte. Luise sch»«». DaS nennen Sie, mir helfen? Drost. Natürlich! Erstens ist eS billig, daß der Vater weiß, was in seinem Haus« vorgeht — Luise schnell. Zweitens sind Sie nicht klug. — Drost. Nun kommen Sie wieder in Ihre natürliche Laune.
Erster Aufzug.
207
Luise. Drittens sind Sie ein abscheulicher Mensch ohne Grundsätze und ohne Liebe. Drost. Sehen Sie, nun spricht Ihr Herz. Luise heftig. Und wissen Sie was, mein Herr? Ich soll Sie nehmen, aber ich nehme Sie nicht, und wenn man mich vor den Altar schleppt, so ruf ich: nein! oder ich laufe in die weite Welt, um nur Ihnen zu entlaufen. Schnell ab.
Drost. Die kleine Hexe fährt im Sturm davon. Da- war ein« kleine Strafe dafür, daß sie mir so mltzuspirlen dachte. Aber laßt doch sehen, waS «r schreibt. Er zieht den Brief au« der Tasche und lieft ihn für sich. DaS taugt gerade in meinen Plan — denkt nach. Richtig — es geht.
208
D i e Entdeckung.
Fünfter
Auftritt.
Petersen. Drost. Petetsen. gesprochen?
Nun? haben Sie mit ihr
Drost. Za wohl! Petersen. Sind Sie schon einig?
Drost. Zm Grunde ganz einig. Aber Herr Petersen, es giebt Geheimnisse in Zhrem Hause, die Sie doch nicht wissen. Petersen. He, he, he! Was wüßte ich denn nicht? Drost. Da ist, zum Beispiel, Ihre Toch» ter — Petersen. Soll ich rathen? Drost. Nun, die ist — Petersen. Was denn? Drost. Verliebt. Petersen lach». Vermuthlich in Sie?
Erster Aufzug. Drost.
209
Sehn Sie, daß Sie schlecht rathen. Sie wechselt Briefe —
Ztebt den »tief aus der rasch«.
Pe tersen lacht.
Mit ihrer Muhme, das
weiß ich. Drost.
rathen.
Da haben Sie wieder schlecht ge,
Mit Leuten, die gar nicht zu Ihrer
Verwandtschaft gehören.
Petersen Drost.
verwundert.
Meine Tochter?
Hören Sie nur — eiest: „Liebe
Luise" — Petersen.
Drost.
Das ist an sie.
Ganz recht.— ei-st.- „DiePferde
sind bestellt, bald sind wir glücklich." Petersen.
Was haben denn die Pferde
mit ihrem Glücke zu thun?
Drost. riest:
Das werden Sie schon hören. —
„Um zehn Uhr bin ich vor deiner Thüre,
ich klopfe, du öffnest und folgst mir." Petersen reißt ihm den Brief au« der Das ist an meine Tochter? Drost. Za freilich. Nimmt und liest:
Hand.
den Brief wieder
„Dein Bräutigam wird mit jeder
Minute erwartet “ — Steiqentesch Vufifp.
III
14
Sie Entdeckung.
210
Petersen.
Das ist richtig.
Drost lieft: „Vermuthlich ein Mensch, der geist - und herzlos dir ein Vermögen anbietet,
da- er nicht zu genießen versteht" — Setmigt sich.
Wohl zu bemerken, das bin ich.
Petersen.
Er schreibt nicht übel.
Drost lieft: „ Dein Vater" — Nun kommt
die Reihe an Sie. Petersen.
Lassen Sie doch hören —
Drost Heft: „Dein Vater vergißt über sei«
nem Rechenbuche Herz und Gefühl" —
Petersen.
Was? das schreibt er?
steigt
Ihm den Dries weg und lieft für sich.
Drost.
Er schreibt nicht übel.
Petersen. lehren.
Ei was! ich will ihn schreiben
Wie sind.Sie denn zu dem verdamm
ten Briefe gekommen?
Drost.
Auf die natürlichste Art von der
Welt. — Zch trete vorhin mit Ihrer Haus
hälterin in das Zimmer, und da liegt sie dem
Briefsteller in den Armen. Petersen.
gesehen?
Herr — haben Sie auch recht
Erster Aufzug.
211
Drost. Za freilich! Das Mädchen springt in ein Nebenzimmer, und ich gehe dem Neben buhler zu Leibe — da ist eS — mein Herr Petersen, das hätten Sie wieder nicht erra then — da ist eö der Musikmeister, der mir alles gesteht und daS Briefchen überreicht. Petersen wild. Zch will gleich nach der Polizei schicken. Drost. DaS machen Sie gut. Sie plau dern mein Geheimnisi in allen vier Welttheilen aus. Petersen. Ach was Geheimniß! — Sie soll in ein Kloster, und er kann unter einem Regimente musiciren. Drost^_Wenn Sie gelassen wären, so ließe sich das alles friedlich abthun. Petersen. Wer kann da gelassen bleiben? Drost. Ihre Anzeige bet der Polizei ist ein Geständniß Ihrer Nachsicht und Zhrer Schwäche. Petersen. So reden Sie, Herr Bräuti gam, reden Sie.
D i e Entdeckung.
3X2
Nun sehen Sie, um zehn Uhr ist
Drost.
es dunkel.
Petersen. Drost.
Zst das Zhr ganzer Trost?
Hiren Sie weiter.
Man giebt
acht, daß der Liebhaber heute nicht mehr kommt. Petersen.
Droste Hitze.
Er soll nur kommen.
Sie verderben alles durch Zhre
Er weiß, daß er verrathen ist, und
kommt gewiß nicht.
Auf jeden Fall findet er
die HauSthüre verschlossen, und das Mädchen, wenn sie eingewilligt hat, erwartet ihn doch. Petersen.
Unter meinen Augen sich zu
verlieben, ohne meine Erlaubniß, Herr Drost! Wenn das die Welt erfährt, ich schäme mich
zu erscheinen.
Drost.
Warten Sie doch. Wir wissen das
Zeichen: um zehn Uhr wird an ihrer Thüre geklopft, und ich klopfe.
Petersen. Drost.
St« klopfen?
Zn einen Mantel gehüllt erkennt
sie mich nicht.
Wir entfliehen.
Sie erkennt
mich endlich, ein beschämtes Mädchen sinkt in
meine Arme und ich erhalte elne dankbare Frau.
Erster Aufzug Petersen.
213
Za — ja — ja! Da wird das
Aufsehen vermieden.
Drost.'
Petersen.
Und S t e lassen sie entführen, Herr S i e haben das Geheimniß in ihren
Händen, Sie lenken das Ganze.
Petersen fröhlich.
Ich leite daöGanze —
das ist auch wahr. Drost.
Zhre Tochter riß die Liebe hin.
Zhre Wachsamkeit hält sie vom Verderben zu rück.
Wie Sie den Faden ziehen, so muß sich
die Maschine bewegen.
Petersen.
Wie ich den Faden ziehe! DaS
ist allerliebst! die wird sich wundern, daß ich so um alle- weiß, und wenn das die Leute
erfahren, die werden erstaunen, daß ich doch
hinter alles komme. — Theuerster Freund, nun ist mir'S beinahe lieb, daß das Mädchen den dummen Streich macht.
Drost.
DaS ist wahr, Herr Petersen!
Man darf Zhnen nur einen Plan vorlegen,
der Klugheit und Scharfsinn erfordert, so sehen Sie ihn in der ersten Minute durch.
Petersen. 'Das macht die Uebung, lieber
D i < Entdeckung.
214
Freund! — ich leite alles hier im Hause — Aber der Musikmeister! Drost.
Bst! Sie müssen Sich nichts mer
ken lassen. Petersen.
Aber mich in meinem Hause
zu hintergehen! Mich zu hintergehen! Sie
missen, das will viel sagen, Herr Drost, ich habe meine Augen überall.
Drost. Mädchen.
Arme.
Dafür bringen Sie ihn um das S t e führen ihre Tochter in meine
Sie sind der Schöpfer ZhreS eigenen
Triumphs. Petersen.
Za — ja, ich führe sie
Ihnen in die Arme —
Drost.
Nun will ich Anstalt machen, daß
alle Verbindung mit dem Musikmeister abgeschnitten wird, und hören Sie, Zhre Haus
hälterin hatte vorher bas Ohr an der Thüre —
die wird vermuthlich kommen, und Zhnen ein
Geheimniß erzählen — die können Sie auslachen. Petersen.
Die, mir ein Geheimniß?
Erster Aufzug.
Drost.
Nun muß ich fort.
215 Nur stand
haft auf Zhrem Posten —
Petersen.
Sorgen Sie nicht, Sie wer
den über mich erstaunen. Drost.
Und Sich nichts gegen Ihre Toch
ter merken lassen, sonst ist die ganze Freude
verdorben.
Ab.
Petersen. Die wird sich wundern, die wird
sich wundern! Aber ich begreife nicht, wo ich
meine Augen hatte.
Wenn mein Freund Drost
nicht kam, so war ich doch häßlich betrogen. Nun, von heute an will ich genauer Acht geben. — Aber die wird sich wundern, ble wird
sich wundern, das wlrd ein Meisterstreich. —
ai6
D1 e Entdeckung.
Sechster
Auftritt.
Haushälterin.
Petersen.
H a u S h ä l t. Nun mein Herr Petersen, ich habe Sie schon in Küche und Keller gesucht. Petersen. Was giebt «S denn? Sie ist immer so eine Neuigkeit-posaune. Hau-hält. Za, ich will blasen, damit Sie endlich di« Augen iffnen. Petersen. Zch sehe, ich weiß all«-. Haushält. Was wissen Sie? Wenn ein Huhn ein Ei legt, oder ein Seidenwurm au