Lorin Maazel: Monographie eines Musikers
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LORIN MAAZEL

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Lorin Maazel Monographie eines Musikers von Ingvelde Geleng

Rembrandt Verlag

Berlin

mit 51 Abbildungen

Alle Rechte Vorbehalten (c)

1971 Rcmbrandt Verlag

GmbH

Klischees: Excelsior Berlin

Druck: Felgentreff Printed in

ISBN

&

Germany

3-7925-0175-9

Goebel Berlin (Berlin West)

Berl

STATT EINES VORWORTS: „IMAGES“

Hauptprobe

Deutschen Oper Berlin: Lorin Maazel

in der

tritt

mit angespannter

Aufmerksamkeit ohne Anzeichen von Nervosität vor das Orchester, dessen Flexibilität er

bewundern

während

gelernt hat.

seiner sechsjährigen Tätigkeit als Generalmusikdirektor

Der Dirigent und

erstmalig die originalnahe Instrumentation

Godunow von Modest Mussorgsky

Boris

Musiker haben

seine

gemeinsam

sich

von Dmitri Schostakowitsch zum

erarbeitet.

Die Musiker „kleben“ nicht mehr an den Noten, sondern schauen über ihre Pulte

hinweg auf den Mann, der

Bühne und

die Rolle des „Koordinators“ zwischen

Orchestergraben spielerisch und sdieinbar mühelos

Einsätze

erfüllt, präzise die

gibt,

exakt den Takt schlägt und gleichzeitig viel mehr

dem

vielstimmigen Ensemble aus Instrumentalisten, Solo- und Chorsängern jenen

das

als all

Klang, den er beim Studium der Partitur gehört hat. Das gelingt

indem

Spannung auf

er seine innere

die Partner der

Er entlockt

tut.

dem

Dirigenten,

Aufführung überträgt und

mit seinen Gesten agogische und dynamische Anweisungen ebenso wie Phrasie-

rungen konturenscharf

in die

Luft zeichnet.

Fast fünf Stunden lang wird



mit kurzer Pause



geprobt.

Und

es ist ver-

blüffend zu beobachten, wie die Konzentration der Musiker an diesem Morgen nicht nachläßt, auch

Passagen erhalten

wenn Perioden wiederholt und

'So

gefeilt

werden. Die einzelnen

ihren Feinschliff, ohne später „poliert“

zu wirken. Der

dramatische Impetus des düsteren musikalisdien Bilderbogens bleibt erhalten.

Zwei Tage später Generalprobe im Sendesaal mit dem Radio-SymphonieOrchester

Nervös

(RSO)

sitzt

Berlin,

das Lorin Maazel

die ungarische Pianistin

seit

1965

als

Chefdirigent

leitet.

Annie Fischer im Auditorium, während

Maazel mit gelassener Genauigkeit probiert und einzelne Stücke aus Chopins Klavierkonzert Nr. heraushebt.

1

Das durch

sein umfangreiches zeitgenössisches Repertoire

Schwierigkeitsgrade gewohnte Orchester jeder

Anregung mit

ergeben werde. Das

dem Werk

e-moll als Beispiele für seine Vorstellung von

interessierter ist

in

nimmt

die Korrekturen ernst

und

folgt

Neugier auf das, was ihre Verwirklichung

einem darauf folgenden, ungemein beschwingten

Zusammenspiel des Orchesters, dem Chopin doch einen zugeteilt hat, mit der Solistin

ganz andere

während

dieser

recht

undankbaren Part

Probe zu hören.

Im Konzert wird Chopin eingerahmt durch zwei Werke

des

sogenannten

musikalischen Impressionismus. Für deren französische Eleganz und „Latinität“

im Widerspiel von Form und Farbe scheint der aus romanischem Geiste

miislzle-

5

rende Dirigent mit einer unvergleichlichen Balance zwischen analytischem und emotionellem, sachlichem und expressivem Erschließen einer Komposition ein besonderes Gespür zu besitzen.

Auftakt erklingt Ravels Orchester-Suite Le tomheau de Couperin, eine

Zum

tönende Huldigung an den französischen Barockmusiker, die sein Nachfahre

während des

ersten

Weltkrieges komponiert und

dem Gedächtnis

Freunde gewidmet hat. Dieses „Grabmal“ verbindet die Renaissance und Barock entwickelten Suite

Tänze und der Lamenti, erschienen, mit

Opern

die zuerst in den

modernem

Inhalt.

als einer

alte

gefallener

Form

der

in

Folge aneinandergereihter

des frühen 17. Jahrhunderts

Die vergeistigte Interpretation, die technische

Brillanz als selbstverständlich voraussetzt, sprüht in schillernden

Farben und

gewinnt für die umrißscharf gezeichneten Sätze eine Transparenz des Klanges, der trotz der neuzeitlidien Instrumentation für großes Orchester sich wie ein

Konzertieren von Solostimmen ausnimmt. Zuletzt Debussys dreiteiliger Orchester-Zyklus Images, dessen Mittelstück, die zuerst entstandene Ihhia-Smte, der damals noch nicht dreißigjährige Dirigent bei seinen sensationellen Deutschland-Gastspielen

Ende der fünfziger Jahre ganz

auf eine äußerst bewegliche, vibrierende und zugleich messerscharfe Rhythmik stellte.

Dies die Erinnerung an ein Konzert Lorin Maazels 1959 mit den Berliner

Philharmonikern.

Das rhythmische Element, das dem Klangbild sogar

in der

traumhaften Nacht-

auch jetzt da. Doch das Spiel mit

dem

Reiz labiler Zeitmaße und gleitender Harmonien klingt nun gelöster. Nach

dem

Szene der Iberia-Suiie. Kontur verleiht,

ersten Konzert, das

Publikum printemps

bringt,

vom

ist

dem Image s-7.y)s\us

kommen

Schluß

Musiker und

die

in die

nicht

ganz das verdiente Echo beim

ihr Dirigent überein, die

Rondes de

Mitte der „Bilder“ und die effektvolle spanische

Suite an den Schluß zu rücken.

Der Eingriff

Aufführung durch-

ersdieint in der

aus nicht als Sakrileg, denn die durch Numerierung fixierte Reihenfolge der

Images

ist

weder chronologisch nach

Unter der Oberfläche

ihrer Entstehung noch

dieser farblich differenzierten, nie

durchgezeichneten „Bilder der Realität“, wie Debussy

formal zwingend.

verschwommenen, sie

linear

nannte, werden die

Visionen einer „inneren Landschaft“ musikalisch beschworen, von der Debussy

„mit der naiven Unbefangenheit des Kindes“ singen wollte. Also keine Illustration

im Sinne der vorangegangenen und noch zur Entstehungszeit der Images im

ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts

wird

und

in

der Aufführung durch Maazcl und sein Orchester das Atmosphärische

zugleich Mozartische dieser späten,

auflösenden Musik Debussys

6

wirksamen Programm-Musik. Vielmehr

zum

überkommene harmonische Hierarchien

Ereignis.

,

Musik, vergegenwärtigt von einem Künstler, der ihr dient und

Wer

ist

dieser Dirigent,

dem

die

Musik

Augenblick erfüllende Kunst bedeutet? sein

und Ausdrucksbesessenheit

eine lebendige

Wer

wo

New

Aus den Erzählungen

sorgfältig

dieser Musiker, der

Wer ist Lorin Berlin und London,

sidi

eines

und Zuhörer Musik

im

Formbewußt-

Maazel, der Paris

sich

und Rom,

York, Tokio und San Francisco überall dort zu Hause

schöpferische Interpreten

spricht, aus

beherrscht.

und spontane,

in sich vereinigt?

mit Geige, Bogen und Taktstock zwischen

Moskau und

ist

sie

fühlt,

und verstehen?

lieben

Menschen, der lieber von der Kunst

als

von

sich

Reportagen oder Kritiken auf vergilbten Blättern und aus anderen

von der Mutter gesammelten Dokumenten gewinnt der ungewöhnliche

Lebenslauf Lorin Maazels Gestalt.

Und

die künstlerische Persönlichkeit tut sich

— des

in

Gesprächen kund über einzelne Werke

in

Gesprächen über den Beruf und die Position der Musik

18., 19.

und

20. Jahrhunderts

in der



Gegenwart.

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ERSTER TEIL: UNGEWÖHNLICHER LEBENSLAUF

$

1.

Der Vater

studierte

Ein „Amerikaner aus Paris“

Gesang

in der französischen



Neuilly-sur-Seine bei Paris

Hauptstadt und dort

wurde Lorin Maazel am

6.

März 1930

als



in

Sohn

von Lincoln und Marie Maazel geboren. Die Eltern, beide „gebürtige Amerikaner“, scheinen ihre Zugehörigkeit zur „neuen Welt“ nicht ohne Stolz zu betonen,

obwohl

erst in der vorigen

Generation aus Europa eingewandert. Die väterlichen

Vorfahren stammten aus Rußland, dirigierte

und der Großvater

Kaiserlichen

Oper

in

Isaac

Moskau

dete er an der Metropolitan

wo

der Urgroßvater eine Militärkapelle

Maazel

als

Konzertmeister

angehörte. 1895 nach den

Opera

in

New York

York geboren, wurde Lincoln Maazel zum

USA

dem

Orchester der

emigriert, beklei-

die gleiche Position. In

Schauspieler

New

und Sänger (Tenor) aus-

gebildet.

1932 kehrt die Familie Maazel, deren

dem

mit

vom

z als

stimmhaftem

s

Name

in französischer

und dem Ton auf der

Aussprache

letzten Silbe





nicht erst

Frankreich-Aufenthalt herrührt, in die Heimat zurück. Nach der Betonung

seines

Namens

gefragt, verweist der Dirigent gern auf die ersten beiden

Takte

von Beethovens fünfter Symphonie für Rhythmus und Akzentuierung von Lo rin

Maa/z

Der

e

1.

kleine „Amerikaner aus Paris“ wächst in Los Angeles auf

und

zeigt schon

frühzeitig musikalische Neigungen, wie sich das für einen künftigen Dirigenten

und Geiger gehört. Das Wiegenlied von Brahms

soll er bereits

im Alter von acht

oder neun Monaten gesummt haben, weiß eine der mit Sinn für ausgefallene Lebensgeschichten geschriebenen Stories von

dem „Boy with

a baton“

(Knabe

mit Taktstock) zu berichten.

11

2.

Doch wie kam

zu

es

dem

Dirigierendes „Wunderkind“

plötzlichen Durchbruch Jener

Begabung

liebenden Knaben, die ihn auf den gewiß nicht ungefährlichen

dem musik-

bei

Weg

eines dirigie-

renden „Wunderkindes“ brachte? Eine rationale Erklärung dürfte schwierig

Der

erste

Konzertbesuch mit fünf Jahren



es spielte

übrigens das Los Angeles

Philharmonie Orchestra unter Leitung von Otto Klemperer,

beim

New

dem Maazel 1971

Philharmonia Orchestra London assoziiert wurde

ungewöhnlich früh

sein.



findet

zwar

Aber Musikhören provoziert noch kein Dirigieren. 1935

statt.

beginnt der Geigenunterricht bei einer Tante und dann bei Karl Moldrem, in dessen

Klein-Lorin aufgenommen wird,

„Baby-Orchester“

unterridit bei

1937 der Klavier-

Fanchon Armitage.

Auf dem Klavier

Lorin auch ein Arrangement des Andante-Satzes mit

spielt

dem

Paukenschlag von Haydns Symphonie Nr. 94 G-dur. Eines Tages überrascht ihn sein

Vater mit der Partitur der Symphonie, die das Kind

mühelos

liest.

Und

als

der Eltern

der Vater dann auch noch eine Schallplatten-Aufnahme

während

bis er sie

auswendig

schließlich seine ersten Dirigier-Versuche zur

Musik aus

mitbringt, da lernt Lorin,

kann und unternimmt

zum Staunen

dem Grammophon-Apparat.

er sie hört, die

Noten,

Hund und Möbel

Eltern,

verkörpern die verschie-

denen Instrumentengruppen, denen der Knabe mit einem Federhalter die Einsätze gibt.

Ein Lehrer wird aufgesucht. Der Dr. Vladimir Bakaleinikoff, der

in

als

theater nadi den

USA gekommen

nur Erwachsene.

Und

Hollywood

tätige Bratscher

Musikdirektor mit

und Dirigent

dem Moskauer

Künstler-

war, unterrichtet grundsätzlich keine Kinder,

doch nimmt er Lorin

als

Schüler an, der ein absolutes

Gehör, ein phänomenales auditives Gedächtnis und musikalischen Instinkt

als

Voraussetzungen für die Lehre mitbringt. Die

am

8.

Januar 1938

erste Unterrichtsstunde findet

statt.

Schon ein halbes Jahr später präsentiert Bakaleinikoff seinen Schüler

„Wunderkind“

rendes

Moscow

Kritische

Würdigungen

mit

achtjährige

dem

gleichen,

Kind den

Battista Viotti spielt.

12

gilt

sommerlichen

stellt sich

Symphonie

wird das Phänomen. Das 18. Juli

einem

(Idaho). Lorin Maazel

Schuberts Unvollendeter spielt.

auf

am

13. Juli

als dirigie-

Musikstudenten-Festival

1938 der Öffentlichkeit mit

vor, die das University of

fallen zunächst noch recht

Idaho Orchestra

mager

aus.

Bestaunt

gleichermaßen für das kindliche Geigerdebüt

von seinem Lehrer

in

dirigierten Orchester, bei

ersten Satz des Violinkonzertes Nr. 23

dem

am das

G-dur von Giovanni

Bei einer Probe des

WPA

Orchestra in Los Angeles darf Lorin

zum

ersten

Male

vor erwachsenen Musikern stehen, wobei er Tschaikowskys Slawischen Marsch dirigiert.

Auf das

Downes 1939

Camp

Music

kleine Dirigierwunder macht schließlich der Kritiker Olin

in der in

New York

Times aufmerksam, nachdem

(Michigan)

Interlochen

die

er

Sdiubert-Symphonie gehört und

dabei, zwischen den zweiten Violinen sitzend, den dirigierenden achtet hatte.

im National

Knaben beob-

Er erzählt auch die hübsche Geschichte von dem Fagottisten, dessen

Instrument verklemmt war und gelegentlich keinen Ton gab, während der

Musiker zu spielen vortäuschte. Lorin bemerkte das Fehlen seiner Stimme, obwohl das Instrument im Orchester doch keineswegs hervortritt. weist der kleine Dirigent einem Flötisten nach, bläst,

den

Solche

daß

er für richtig hielt, weil er einen Fleck als

Vorkommnisse

sind, auch

wenn

anderer Stelle

dieser einen falschen

Note

sie sidi nicht

An

Ton

gelesen hatte.

ganz so pointiert abgespielt

haben mögen, gewiß geeignet gewesen, das Ansehen des kleinen Musikers seinen Kollegen zu stärken.

hör und Gedächtnis? Der dirigierendes lischer

Aber beweisen

New

„Wunderkind“

sie

mehr

als

frappierend genaues Ge-

Yorker Kritiker fragt dann auch

nicht lediglidi Dressur sei oder

Genius frühzeitig sein Instrument

bei

skeptisch,

ob

ein

ob hier ein musika-

— das Orchester — gefunden habe.

13

Das

3.



„Mozart redivivus“

„Dressierter Seehund“ oder in

„erste Interview“

so lauten die Alternativen

der Beurteilung des Phänomens, die offensichtlich beide

nicht gerecht werden.

glauben

Denn wenn den

frühreifen Talent

Berichten über die ersten Konzerte zu

Begabung weit mehr

scheint sich die

ist,

dem

als in

— gewiß auch vor-

einem

— Nachahmungstrieb durch eigene musikalische Intuition und besesse-

handenen

nen Lerneifer beim Erfassen der Partituren geäußert zu haben. Andererseits, die Autorität eines Komponisten konnte das dirigierende „Wunderkind“ nicht be-

wenn

sitzen,

Dennoch

dem

auch von klein an im Komponieren versucht hat.

es sich

1939

seine Karriere nicht aufzuhalten.

ist

kommt

Lorin Maazel mit

Studenten-Orchester aus Interlochen zu Gastspielen während der Weltaus-

New

stellung nach

York. Er

schen Marsch, Schuberts

zwei Konzerten Tschaikowskys Slawi-

dirigiert in

Rosamunde-Owvenüre, Mendelssohns

Sym-

Italienische

phonie und das Wiegenlied einer blutjungen amerikanischen Komponistin.

Zuvor

steht

Der

Interview“.

dem Programm

auf

Journalist

von der

New

nach seinem Lieblingskomponisten. Der

angehende Dirigent. „Mozart

Besuchs

des

York Post

sei

das

„erste

fragt den Neunjährigen

schwierig zu benennen, meint der

im allgemeinen

ist

Metropole

der

leicht

und

graziös“, läßt sich

Lorin vernehmen, „Beethoven in seinen späteren Kompositionen dramatisch und philosophisch“.

Man könne

Blumen miteinander

meldet

Wortes

von



sich

ebensowenig wie die Schönheit verschiedenartiger

vergleichen.

oder eine Rose schöner

Da

sie

ist,

ich

„Wenn

Sie mich fragen

Lilie

könnte Ihre Frage nicht beantworten“.

schon der künftige Kosmopolit und



im besten Sinne des

„Eklektiker“ unter den Dirigenten der Gegenwart, der in den Stilen

vier Jahrhunderten

und Musikkulturen Frankreichs,

oder Rußlands gleidiermaßen beheimatet

Auf

würden, ob eine

zu, er

Deutschlands

ist.

die Frage des Interviewers nach eigenen

und grinsend

Italiens,

Kompositionen gibt Lorin errötend

habe einiges geschrieben, aber

es sei „entsetzlidi

amateurhaftes

Zeug“. Zwei Jahre später bekennt der dilettierende Komponist, er wisse noch nicht

genug von Theorie, Kontrapunkt und Instrumentation. Als Student

in

Komposition, Kontrapunkt und Harmonielehre an der Pittsburgher Musikhochschule hat er

dann

in

besessenem Lerneifer 40 Fugen komponiert,

um

ihrer

Schwierigkeiten Herr zu werden.

Zu einem Wohltätigkeitskonzert

ins

Hollywood Bowl mit dem Los Angeles

Philharmonie Orchestra lädt Leopold Stokowski seinen kleinen Kollegen für

November 1939 Marsch.

14

Auch

ein

und überläßt ihm den Taktstock erneut für den Slawischen

Arturo

Toscanini hat

Lorin

Maazel

in

New York

gehört

und engagiert ihn an das von ihm

Company) Orchestra Dort

Italienische

NBC

für einen Konzert-Zyklus, der

zum Auftakt

Lorin

soll

geleitete

(National Broadcasting

im Sommer 1941

noch einmal das Wiegenlied und Mendelssohns

Symphonie sowie erstmalig Wagners A/e«zi-Ouvertüre

Die Bläser und Streicher des

NBC

sie

vergessen,

richten die

daß

er

dirigieren.

Orchestra machen sich lustig über den Sdiul-

jungen und lutschen Bonbons bei der ersten Probe. Aber

haben

startet.

noch ein Kind

Sein Sdilag

ist.

nacli

sei

klar

fünf Minuten

und

fest,

be-

Musiker von dieser ersten Begegnung, das Tempo folgerichtig und die

Führung des Taktstocks graziös und spannungsreich. Mit diesem Debüt hat

sich

das dirigierende

nischen Kontinent durchgesetzt. Sein

Ruf

Wunderkind auf dem nordamerika-

dringt allerdings wegen des zweiten

Weltkrieges nidit mehr nach Europa wie der seines eine halbe Generation älteren

geigenden Kollegen Yehudi Menuhin. Bis

zum

Landes 15

Jahre 1945 dirigiert Lorin bis

Gast

fast aller

führenden Orchester des

20 Konzerte pro Saison. Die Familie, die ihren Standort in Pitts-

burgh hat, wohin koff gefolgt

als

ist,

sie

1939 dem dort

zum

Dirigenten berufenen Lehrer Bakaleini-

durchquert dazu etwa dreizehnmal die Vereinigten Staaten von

der Ost- zur Westküste und von Süden nach

Norden

bis

über die Grenze nach

Kanada.

Dann

ist

die fierrlichkeit vorbei. Ein sechzehnjähriger Dirigent, der soeben die

Schule mit gutem Zeugnis abgeschlossen hat,

kein aufgehender Stern

am

ist

kein

Wunderkind mehr und noch

Musiker-Flimmel.

15

4.

Lorin geht

erst

Student wird

Gelehrter oder Musiker?

einmal aufs College. Aber die Musik läßt ihn nicht Geiger Mitglied des Pittsburgh

als

Assistent des Dirigenten Bakaleinikoff,

Symphony

los.

Der

Orchestra und

außerdem Primarius des Fine Arts String

Quartet of Pittsburgh.

Das

Streichquartett gewinnt

lischer

Anerkennung mit der Aufführung kammermusika-

am

Zyklen. Der junge Geiger gibt seinen ersten Soloabend

30. April

1946

mit Werken von Händel, Bach, Beethoven und Tartini in Pittsburgh. Seine

Doppelbegabung

als Violinist

tierend zu bestätigen wird

und

auch in Zukunft konzer-

als Orchesterleiter

dem jungen Musiker empfohlen.

Aber während des Studiums der Philosophie, Sprach-, Literatur- und Musikwisscnsdiaft erwachen Neugier

Wie schön wäre ziehen

und

Interesse für die wissenschaftliche

zu forschen und

es,

zu können.

Da

gäbe

es

sich in die Stille einer

Laufbahn.

Studierstube zurück-

Angst vor dem Publikum, vielmehr

keine

Sammlung und Gespräch. Das Angebot

eines

Harvard-Stipendiums für ein

weiterbildendes Studium zieht Maazel ernsthaft in Erwägung.

Da kommt

Victor de Sabata aus Italien als Gastdirigent nach Pittsburgh. Er

hört den jungen Lorin dirigieren

— und

„verbietet“ ihm, die

Musik aufzugeben.

Er sdilägt Maazel vor, nach Europa zu gehen. Ein Fulbright-Stipendium wird

Washington beantragt und für 1952

in

bewilligt.

Vorher aber nimmt Lorin Maazel noch eine Einladung von Serge Kussewitzky

zum sommerlidien Tanglewood

Berkshire Music Festival und Dirigenten-Seminar 1951 nach

an. In dieser „Brutstätte“ musikalischer Talente, die

von Kusse-

witzky der amerikanischen Öffentlichkeit präsentiert werden, hat ein Jahrzehnt

zuvor der

erste

zu internationalem

Ruhm

gelangte Dirigent amerikanischer Her-

aufmerksam gemacht. Maazel

kunft, Leonard Bernstein, auf sich

dirigiert Stra-

winskys Psalmensymphonie für vierstimmigen Chor und Ordiester. Die Souveränität in der Beherrschung des Apparates

Bau

dieser archaisierenden ekstatischen

verblüffen

die

Zuhörer.

Damit

16

Kantate

verabschiedet

Musiker von Amerika und begibt Musik.

und der Sinn

sich

bei sich

für den symphonischen

einem so jungen Dirigenten der

nach Italien,

hoffnungsvolle junge

dem „Traumland“

der

Lorln Maazel, 1935, im Alter von

riinl'

Jahren

17

Links: mit Vladimir Bakalclnlkoff, Olln

1939

in

Interlochen (Michigan)

Downcs und Joseph Maddy

1V39 mit

dem Vater Lincoln Maa/el

Das neunjährige Wunderkind

dirigiert

1939 das Inierlochen Orchestra

21

Mir Pierre Monieux 1942

22

_

i \

m

'

i

^

Mit Vladimir Bakalcinikol

siLiirJiry:*-«

t

1947

23

I-'ine

24

Arts String Quarret of Pittsburgh, 1946

5.

Der Sprung nach Europa

Sprung nach Europa

gelingt 1952 mit Hilfe des Fulbright-Stipendiums, das

zum Studium der italienischen Musik des 16. bis Roms biblioteca musicale di Santa Cecilia vertieft sich

Lorin Maazel

18.

nutzt. In

der junge Musik-

wissenschaftler in Notenhandsdiriften

Partituren von Monteverdi, Marcello Eifer des Forschers verbirgt nur einer

Chance

sucht

zum

von

Palestrina,

in

Venedig studiert

mühsam

die

Ungeduld des Künstlers, der nach

Start in eine zweite, erwachsene Musiker-Karriere.

Dervaux

Konzert zu Weihnachten 1953 im Teatro Massimo

ein

Dezember morgens, gerade noch

gleichen

Abend

debütiert

Maazel für Europa

Gershwins Klavierkonzert kys

Neu

ist

einem Programm, für das

er

Am mit

nur die Ouvertüre zu Smetanas Die verkaufte Braut. Aber die

Rundfunk RAI

Daß Maazel

ein.

am

schon Konzert-Erfahrungen aus Amerika mit-

Rom

nach Catania auswendig. Der

verpflichtet ihn nach

dem Konzert zu Aufnahmen.

lernt der junge Dirigent auf der Fahrt italienische

in

zur Generalprobe,

trifft

Cesar Francks Symphonie d-moll und Strawins-

in F,

F euervogelSxxiiQ. wenigstens

bringt.

rechtzeitig

sympho-

Catania wegen

in

Erkrankung absagt. Zwei Tage vorher wird Lorin Maazel engagiert und 24.

er

und anderen Meistern des Barock. Doch der

Sie bietet sich, als der Pariser Opernkapellmeister Pierre nisches

Jahrhunderts

jetzt

ohne Taktstock

hervorgehoben oder gar

erörtert.

von

dirigiert,

wird bemerkt, aber nicht sonderlich

Es gibt bekannte Vorbilder. Die nächsten

Stationen sind italienische Provinzstädte von Cagliari auf Sardinien,

wo immer-

hin der Pianist Nikita Magaloff als Solist mitwirkt, über Bologna, Florenz,

Turin und Triest, bis

sich die

„jüngste Entdeckung des Maestro de Sabata“ in

einem Konzert an der Mailänder Scala

vorstellt.

Maazels „unorthodoxe“ Mo-

zart-Interpretation erregt Aufsehen. Die übrigen Säulen seiner

Programme

sind

Bach und Beethoven, Chopin, Tschaikowsky und Prokofieff, Strawinsky, Ravel, Bartok, von den Italienern Vivaldi oder Geminiani und die eine oder andere zeitgenössische Novität.

Rom

In

debütiert Maazel

der Phantastischen nes

Poeme de

dem

im Frühjahr 1955 mit Beethovens Weihe des Hauses,

Symphonie von

Berlioz,

Honeggers Pacific 231 und Skriabi-

Pextase. Bald darauf macht er das

Publikum mit

einer Ausgrabung,

über vierstündigen Christ us-Or:aonum von Liszt, in einer behutsam gekürz-

ten Version auf der „Sagra musicale

umbra“

in

Perugia bekannt.

25

Reisedirigent in vier Erdteilen

6.

Die internationale Karriere beginnt mit dem sensationellen, eines Dirigenten“ gefeierten

Debüt im Dezember 1955

als

„Entdeckung

Wien. Eine „Liebe auf

in

den ersten Blick“ wird dem nach Karajan, Kubelik, Celibidache und Argenta neuen „Pultliebling“ Maazel bescheinigt. Das Motto der Berichte lautet: „Er

kam,

dirigierte

Nun

und

verläuft der

Dem

Bahnen.

siegte“.

Lebenslauf eher in

traditionellen

als

ungewöhnlichen

in

am 15. Januar 1956 mit dem Südwestfunkam 1. März das Berliner Debüt mit dem Radio-

Deutschland-Debüt

Orchester in Baden-Baden folgt

Symphonie-Orchester (RSO) Berlin, das wieder einmal

als

Talent-Entdecker

fungiert hat.

Zwei

kritische

Würdigungen des

ersten

Berliner

extremen Beurteilungen, denen dieser Dirigent

Da werden ihm

erscheint.

äußerster Straffheit

und

in

Konzerts

Deutschland

bezeichnen

die

stets ausgesetzt

„eine gleichsam sportliche Sachlichkeit, der Wille zu

geistiger Konzentration, zur scharfen harten Belichtung“

(Karl Rehberg im Telegraf) nachgesagt. Demgegenüber verzeichnet ein anderer

Chronist eine „Interpretationsleistung, die peinliche Genauigkeit und Klarheit

mit subtilem Klangsinn und stürmischem Furor des Gefühls verband und

macht

kommen

scheint, das in der

jungen Musikergeneration selten

nicht eine Virtuosenpersönlichkeit, ein neuer

scher*?

das

besonders wertvoll, aus einem Glauben an die große Musik, aus einem

sie

geistigen Feuer zu ist;

die,





sollen wir sagen

Interpretentypus kündigt sich hier an“ (Werner

,

romanti-

Oehlmann im Tages-

spiegel).

Reisen führen nach Belgien, Argentinien, Schweden, Spanien, Portugal, Mexiko,

dazwischen immer wieder nach

Wien, Berlin und

Italien,

Städte, zu den Luzerner Musikfestwochen,

dem

in

andere deutsche

Musikfestival von Besan^on, den

Gulbenkian-Festspielen und nach Paris. Hier, in der französischen Hauptstadt, prophezeit 1959 ein Kritiker

dem

jugendlichen Klangzauberer, er werde

Taktstock zurückkehren. Der Prophet behält

Maazel den Stab wieder

in die

nächsten Jahr

nimmt

er schon als dirigierendes

„Wun-

recht.

Hand, mit dem

Im

zum

derkind“ umzugehen wußte.

1960

ist

Lorin Maazel

in

Bayreuth

— der

Grünen Hügel. Nach besessenen Proben

erste amerikanische Dirigent auf

leitet

dem

der gerade dreißigjährige und da-

mit jüngste international bekannte Dirigent im verdeckten Orchestergraben des

Bayreuther Festspielhauses eine Wiederaufnahme des Lohengrin^ den er noch nie

zuvor interpretiert

hat.

Wieland Wagners Wagnis, diesem nahezu opernunerfah-

renen Orchesterleiter den Lohengrin anzuvertrauen, beschert den Festspielen eine

26

durch keine Konventionen belastete, musikalisch inspirierte Aufführung. Maazel

damit die Oper.

erschließt sich

Doch

erst

einmal gibt

es eine

Atempause. Monatelang erscheint Maazel nidit auf

den Podien der Konzertsäle. Er nimmt Musik

in sich auf,

zu musizieren. Nie habe er mehr gelernt

lichkeit

ohne vor der Öffentder Muße, be-

als in jener Zeit

kennt der Musiker in der Rückschau.

Die Rückkehr tät.

in

Am

30.

ins

Konzertleben steht im Zeichen einer nodi gesteigerten Aktivi-

November 1960

London und wird

grüßt.

der bereits zur Legende“ geworden

als „Dirigent,

Im Dezember

dirigiert

er

Moskau, Leningrad, Prag, Budapest schließen Entscheidend für das Jahrzehnt 1955

Wenn

sein

be-

— 65

Israel, später Gastspiele in

sich an.

ist

dem

der besessene Fleiß, mit

Maazel das gesamte sogenannte Standard-Repertoire von Bach matisch erarbeitet.

ist,

Konzerte des Bostoner Symphonie-

sieben

Tourneen nach Australien, Südamerika,

Orchesters.

Symphonie

debütiert Maazel mit Mahlers zweiter

sich

Bartok syste-

bis

Konzert-Repertoire heute etwa 650 Partituren

umfaßt, so hat Maazel den Grundstein dazu

dem Jahrzehnt

in

seiner Tätigkeit

als Reisedirigent gelegt.

1962

leitet

Maazel eine Konzertreise des Orchestre national de

(ORTF)

sion-Televlsion Frangalse Pariser Theatre des plant.

weiß

USA. Beim Abschiedskonzert im

nach den

Elysees wird Maazel gefragt,

von „geheimnisvollem Lächeln“, kommt

Begleitet

Am

nicht“.

es

Champs

Ouvertüre Römischer Karneval von Berlloz zu

die

das

spielen es „mit

was

er als

Zugabe

Antwort: „Ich

die

Schluß des Konzertes bittet der Dirigent das Orchester,

die

genau

Stück

Radiodiffu-

la

kennen,

haben

Warum

überwältigendem Brio“.

mit ihm

nicht

es

Die Musiker,

spielen.

Doch

geprobt.

dieses Risiko? „Ich wollte

sie

dem

Orchester zeigen, daß ich ihm vertraue“, erklärt der junge Dirigent. Anek-

dote oder nicht,

ment“ denen der

und er

erklärt

kindliche

zum

Dirigent

ließ,

New York

Musikern

beleuchtet Teil

Maazels zu seinem

das Verhältnis

wenigstens

seinen

Erfolg

das

um

verstanden

die erwachsenen

eröffnet

reguläre

das

haben,

der

auch

„Instru-

den Musikern,

bei

mit psychologischer Einfühlung zu begegnen weiß. Das

durdigehen In

sie

einmal

muß

schon

Fehler

einen

Musiker nicht zu verärgern.

einstige

Wunderkind mit den

Programm der neu

errichteten

Vor allem Strawinskys Petruschka-Smle habe

er,

französischen

Philharmonie

so bescheinigt

ihm

Hall.

die auf

einheimische Orchesterleiter mit Vorbehalten reagierende amerikanische Kritik,

erregend und brillant dirigiert. In der Metropolitan

Übernahme

des

Opera

stellt sich

Don Giovanni

Maazel am

vor und

leitet

1.

November 1962 mit

eine spätere

einer

Aufführung mit

27

Gästen, in der George London, Leontyne Price und Nicolai

einen musi-

und dramatischen Mozart-Stil par excellence verwirklichen. Die

kalisdien stige

Gedda

Marschallin Lotte

Lehmann

(75)

führt Regie beim Rosenkavalier

ein-

von

Richard Strauss, den Maazel für die Met musikalisch einstudiert mit einer neuen Marschallin aus Frankreich, Regine Crespin, Die Beurteilung dieser Aufführung ist

unterschiedlich. Kritiker werfen

„Gefühlsregionen der Partitur“

dem

ein,

Dirigenten vor, er dringe nicht in die

andere finden

es erfrischend,

daß

er Senti-

mentalität vermeidet.

„Das Fest begann

mit

erst

dem

Figaro‘\ heißt es nach Maazels Debüt bei den

Salzburger Festspielen 1963 mit der Reprise von Mozarts Die Hochzeit des Figaro in der Inszenierung Gustav Rudolf Sellners. Der Intendant der Deutschen

Oper

Berlin

lädt

gleichen Jahres mit

Oper vor

seinen

Partner

ein,

Wagners Tristan und Isolde

ihrer Japan-Reise zu dirigieren. Es

der Abschied,

dem

in

ein

den Berliner Festwodien des die Abschiedsvorstellung der

wird ein musikalisch atemberauben-

„denkwürdiger Tristan“

in

Tokio, wieder unter Maazels

Leitung, folgt.

Die setzt

in

Salzburg begonnene „vergnügte Zusammenarbeit“

werden.

Im Januar 1964 geben

die Deutsdie

Oper

soll in

Berlin

Berlin fortge-

und das Berliner

Radio-Symphonie-Orchester (RSO) die Verpflichtung Lorin Maazels tember 1965 auf die beiden

seit

des Generalmusikdirektors der

Ferenc Fricsays

Oper und

tion für

des Chefdirigenten der

großgewordene Musiker übernimmt. Wird

Oper und Konzert

so erfüllen,

Radio-Sym-

als vielbesdiäftig-

er diese

dem

Doppelfunk-

von Karajans

bisher Herbert

Philharmoniker die gewichtigsten Akzente setzten? Doch das

28

Sep-

daß neue Impulse davon ausgehen zur

Bereicherung des Berliner Musiklebens, in

Kapitel.

1.

Tod 1963 verwaisten Posten

phoniker bekannt. Es sind die ersten festen Positionen, die der ter Reisedirigent

zum

ist

ein

anderes

7.

Laufbahn des Geigers

Ein geigender Hexenmeister betritt im Frühling 1959 das Podium des Konzertsaales der Berliner

Hochschule für Musik. Es

auch in Deutschland ein aufsteigender Stern

ist

am

Lorin Maazel,

seit drei

Dirigenten-Himmel. Er

Jahren

den

spielt

Violinpart in einer Konzertfassung der Geschichte 'Oom Soldaten von Strawinsky.

Der Gast und

in

einem

temperamentvoll ausgewogenen Zusammenspiel ein Stück hochvirtuoser

Kam-

mermusik vor,

sechs Solisten des

Radio-Symphonie-Orchesters führen

die seit ihrer Entstehung 1918 nichts

von der atemberaubenden

Modernität einer scheinbar primitiven, geistvoll ironisierten Moritat eingebüßt hat.

Der „Teufelsgeiger“ führt

Violin-Virtuose an,

er

seine Mitspieler nicht als

realisiert

vielmehr die Idee zeitgemäßen

Musizierens, das technische Brillanz eines transparenten geistigen

Eingeleitet wird das

Maazel

„nur musikantischer“

und

feuriges

Temperament

Konzeptes der Aufführung

Concertino-

in

den Dienst

1

a-moll, das

stellt.

Programm von Bachs Violinkonzert Nr.

Dirigent und sein eigener Solist durch ein lebendiges Miteinander-

als

Musizieren der Solostimme und des Orchesters interpretiert. Diese

Wiedergabe

halten hat. So wie aus ersten,

vielleicht schon für historisch

dem Cembalisten

und vergangen

ge-

der Kapellmeister erwuchs, so steckt im

den Ton angebenden Geiger der Konzertmeister in des Wortes ursprüng-

Bedeutung. Dieses Musikmachen

licher

der

Vergegenwärtigung einer Musik-

besticht gerade durch ihre vitale

Ausübung, die der Konzertbesucher

Form

prlmus inter pares kennzeichnet auch

als

den Solisten Maazel.

Die Violine war das als

Geiger

stellte sich

Europa wurde der

Und

erst als

erste

Instrument des Kindes im Alter von fünf Jahren.

der Sechzehnjährige erstmalig mit einem Soloabend vor. In

Violinist zunächst scheinbar

sondern

ganz

vom

Dirigenten abgelöst.

der Dirigent sich durchgesetzt hatte, trat auch der Geiger wieder an

die Öffentlichkeit, aber nicht als Solist in ten,

Und

von fremder Hand

geleiteten

Konzer-

geigender Dirigent. Sein Repertoire umfaßt vor allem

als

von Bach und Mozart,

Werke

denen der Dirigent ein Ensemble von Solisten zu

ln

koordinieren hat und seine ungewöhnliche Doppelbegabung gleichzeitig oder

vielmehr nebeneinander ausüben kann. Dirigenten charakterisiert ein Bericht von den Salzburger Fest-

Den geigenden spielen 1963, bei

denen

sich

Maazel mit Figaro und einem Programm mit der

Tschechischen Philharmonie zur Eröffnung des Kleinen Festspielhauses als zertsaal vorstellt.

G-dur

KV 216,

Über

die

Aufführung

in

Kon-

Salzburg von Mozarts Violinkonzert

das Maazel als Dirigent und Solist zuvor aucli in Berlin inter-

pretiert hatte, schreibt der Chronist: „Schon ln

den ersten Takten des Soloparts

29

zeichnete sich der Stil der Wiedergabe überraschend ab: lich

schwereloses,

apollinisch

von winzigen

Crescendi

von der Erde abgehobenes, nur

Man

elektrisiertes

erlebte ein unglaub-

Dahinhuschen;

ein

’auf der Spitze’ sidi abspielendes,

durchwegs tänzerisdi empfundenes musikalisches Geschehen (die Kadenzen von eigener

Hand, insbesondere

die zweite, bewiesen es Jedesmal überdeutlich).

Kleinsten gelang alles geschliffen

Adagios erschien rung

kaum

und

brillant,

die große kantable Linie des

flirrend, fast impressionistisch aufgelöst,

merklich darauf abzielte. Es

war

Im

obzwar

ein Mozart-Spiel

die Phrasie-

von superfeinen

Nuancen, im ganzen Zuge der Deutung gleichsam ’über den Wolken’ angelegt, wobei die ein Mezzoforte nie übersteigende dynamische Skala und die Abschattierung des Orchesterklangs

manchmal ans

Artifizielle grenzten.“

(Max Kaindl-

Hönig, Salzburger Nachrichten^ August 1963).

Durch den „Reiz des Spontanen“ zeichnen Violinsolist aus.

Doch

sie

bewegen

sich

sich die

Auftritte Lorin Maazels als

im Schatten des Dirigenten, der dem

hundertköpfigen Instrument des Orchesters mehr Zeit zur Vorbereitung einer

Aufführung

als

der Geige

zum Üben widmet.

Sein Solo-Instrument

stammt aus

der vorwiegend im 18. Jahrhundert tätigen italienischen Geigenbauer-Familie

Guadagnini, von der zwei Mitglieder

30

als Stradivari-Schüler gelten.

Berliner Generalmusikdirektor

8.

Ein „Opern-Neuling“ auf

dem

Posten des Berliner Generalmusikdirektors?

Mit deutscher Gründlichkeit wird von dem musikalischen Opern-Chef Metropole verlangt, daß

an Häusern

in der

er jahrelange

Erfahrungen und Repertoire-Kenntnisse

Provinz gesammelt hat. Routine 'und handwerkliche Fertigkeit

im Umgang mit Bühne und Orchester mag Talent,

das

stecken,

wenn

vielleicht

sich

Und

zu werden.

er dabei

Korrepetitor begann, blieb

als

einer

ihm keine Chance der

gewinnen. Aber manch ein

Kapellmeister im Repertoire

als

bot, mit eigenen Neueinstudierungen gehört

Oper kann Hilfe gegen

Konventionen

die Erstarrung in

nur von Außenseitern kommen.

Lorin Maazel wußte wohl, binden. Er habe Angst vor

warum er zögerte, dem Opern-Alltag,

Aufführung, sagte er bei einem Gespräch 1963

Oper

Berlin mit ihren 320 Vorstellungen

tag“.

So nahm

er

sich fest

an ein Opernhaus zu

vor der ungeprobten Routinein Salzburg.

Ruf an und

der Deutschen

im Jahr fand der Dirigent „wenig Ajl-

nach zwölfjähriger Konzert-Erfahrung

Reisedirigent den Berliner

An

stellte sich selbst die

unermüdlicher

als

Aufgabe, jeder Abend

„wie eine Premiere“ werden. Für seine eigenen 60 Vorstellungen pro Saison

solle

im Laufe von 6 Jahren hat

Den genuinen Opern-Musiker Wieland Wagner entdeckt,

Aber

Versprechen im wesentlichen eingelöst.

er das

hatte bereits 1960 mit unglaublichem Spürsinn

Maazel zum Lohengrin nach Bayreuth einlud.

als er

die „Ausflüge“ des Konzertdirigenten in die

Tosca in Florenz,

disch:

Met, Figaro

in

Don Giovanni und

Oper

blieben vorerst spora-

Rosenkavalier an der

zwei Salzburger Festspielzeiten, Tristan und Isolde

New

Yorker

in Berlin

und

Tokio.

1964 studiert Maazel an der Römischen Oper im deutschen Original den Fidelio ein,

mit

dem

er

am

26.

November auch an

Im

der Wiener Staatsoper debütiert.

Dezember

des gleidien Jahres folgt der Tristan

Scala, bei

dem Wieland Wagner

zum Debüt an

der Mailänder

seine grandiose Bayreuther Inszenierung

von

1962 nach Italien überträgt. Die archetypische Deutung und die Aufführung deutscher Sprache verwirren einen Teil des Publikums

und der

in

Kritik, die der

musikalischen Wiedergabe durch Maazel und die Sänger, vor allem Birgit Nilsson

und Wolfgang Windgassen,

Bewunderung

ihre

nicht versagen.

Tschaikowskys Eugen Onegin widmet Maazel im Jahre 1965 an der Römischen

Oper

seinen bisher einzigen

und

rungs-Versuch. „Ich wollte die



laut Presse-Echo



mißlungenen Inszenie-

Oper von der romantischen Sdiwere,

in

der

sie

üblicherweise dargeboten wird, befreien“, erläutert der Regie-Amateur, „und die

Sänger verstanden sogleich, was mir vorsdiwebte“.

31

Seinen Einstand in Berlin gibt der neue Generalmusikdirektor mit Verdis La

Das

Traviata.



ist

und Ridiard Strauss sogleich einen

nach Mozart, Beethoven, Wagner, Tschaikowsky, Puccini



der erste Verdi in Maazels Opern-Repertoire. Er setzt

Maßstab für den modernen Verdi-Interpreten, der

hier nicht das

„Rührstück“ mit „schönen Stellen“, sondern ein expressives musikalisches hören läßt. „Was wir italienische

Oper



hat“, resümiert K.

in

München entbehren: den

autoritativen Dirigenten für die

kein Zweifel, daß Berlin ihn mit Lorin Maazel

H. Ruppel

in der

Oper

gewonnen

Süddeutschen Zeitung.

Maazels Aufmerksamkeit in den 7 Monaten pro Berliner

Drama

bindet, gilt vor allem

dem

Spielzeit, die er sich

an die

Orchester, das in den letzten Jahren

nur bei den Gastspielen Karl Böhms seine Hochform erreicht hat. Der 1963 ge-

war bald nach der Premiere

storbene Ference Fricsay

des

Don Giovanni

1961

zur Eröffnung des neuen Hauses aus Krankheitsgründen abgetreten.

Den Musikern

begegnet mit Maazel ein Dirigent, der ihnen trotz seiner erst 35

Jahre Anerkennung abringt. Natürlich

ist es

unbequem, die von Maazel angege-

benen Stricharten zu befolgen. Aber die Streicher hören, was

Und

ein so blendender Geiger, der auch

sich leichter als ein klavierspielender

und Spannung Maazels

dirigenten orientieren. sich

An

damit erreichen.

mehrere Blasinstrumente beherrscht, kann

Dirigent verständlich machen. Die Intensität

Proben und Aufführungen überträgt

in

und mühelos kann

Orchester,

sie

sich

an der deutlichen Zeichengebung

es sich

Auf jeden Wink

seines

Chef-

reagiert ein flexibler Klangkörper, der

heute zu den führenden Opern-Orcliestern der Welt rechnen darf. der ersten musikalischen Einstudierung wird nächst

dem

Orchesterklang die

Begleitung der Singstimmen bewundert. Bei deren Auswahl zeigt der in

auf das

Zukunft

eine glückliche

Hand. Nie vorher

GMD

vereinigte die Berliner

auch

Oper

in

ihrem Ensemble von festen Mitgliedern und ständigen Gästen eine solche interSänger-Elite,

nationale

Stimmen

Streich“ gilt

Fach überwiegt.

An Wagner-

Domenico Cimarosas Opera buffa Die heimliche Ehe,

Maazel zu Gustav Rudolf

die Grazie

und Eleganz

dieser

setzung des Dirigenten mit

Der

italienische

herrscht auch in Berlin wie andernorts Mangel.

Der „zweite in der

wobei das

Sellners turbulent parodistischer Inszenierung

Rokoko-Musik erklingen

Wagner an der

fliegende Holländer ein.

Nach

Berliner

läßt.

Oper

Die Auseinander-

setzt

mit der Ballade

dieser dritten Premiere innerhalb eines Vier-

teljahres behauptet ein anfangs skeptischer Rezensent,

atur des Musiktheaters ganz beherrschen gelernt“,

Maazel habe

und

die „Klavi-

ein anderer stellt fest:

„Der junge Wagner fand einen jungen Interpreten“. 1966

ist

Tetralogie

32

das Jahr der Vorbereitung auf die erste zyklische Einstudierung der

Der Ring des Nibelungen an der Deutschen Oper

Berlin, die einen

S.

33

— 35:

Aufnahmen

aus

Rom,

New

York, Berlin, 1955

— 1959

33

f*

*‘.J

SS

m

Wt

36

1964 mit Svjatoslav Richter

in Sal7A‘)urg

1964 mit Ycliudi Mcnuliin uiui dem Radio-Symphonic-Ordiester ßcrlin S. 38: mit Wieland Vi'agncr 1964 in der Mailander Scala

37

'

ilr»*

40

S.

C.

M

Mw-

39 und 40: Konzert

in

der Mailänder Scala

Weg

neuen

nach und ohne Wieland Wagner einschlagen

GMD

der Berliner in der

von ihm

mit Otto Schenk

als entstellend

als

will. In

Regisseur eine französische

verschmähten Rezitativ-Fassung

Wien

Carmen nodb

ein, die lebhaft

Mailänder Scala einen hinreißend besetzten

diskutiert wird, an der

studiert

Don

Gio-

vanni. In Berlin übernimmt Maazel beim Gastspiel von Birgit Nilsson erneut

den Tristan und erstmalig den Fidelio. Als zweiten Verdi in Berlin dirigiert Maazel den Falstaff im italienischen Fischer-Dieskau in der Titelpartie. Dabei läßt er die

Original mit Dietrich

Komödie

musikalisch transparent werden

und

der heiteren Weisheit der

in

Schlußfuge gipfeln. Eine bewegende und architektonisch präzise Festwochen-

Aufführung von Beethovens Missa solemnis mit Chor, Orchester und Solisten der

Oper

Auftakt für das zweite Japan-Gastspiel, bei dem Maazel Holländer,

ist

Traviata und die Missa dirigiert.

Von Januar bracht, bei

bis

September 1967 werden die vier Werke des Ring herausge-

Weg

denen Berlin zwischen Bayreuth und Salzburg einen eigenen

Man könne Maazel „nicht gerade als Wagner-Spezialisten bezeichnen“, wird ihm vorgehalten. Umso erstaunlicher sei der große symphonische Bogen, den er vom Rheingold zur Götterdämmerung spanne. Während Böhm einen

sucht.

„durch Mozart geläuterten Wagner“ im Ring Klang werden läßt, versetzt zels

Wagners

7^/>7g-Interpretation

analytisches Klangbild mit Verdischem Brio

und Debussyschem Farbenspiel. Diese Vorstellung 1969 bei seiner Rückkehr auf den Grünen Hügel bei der Deckel über

mal sogar

dem

Maa-

sucht der Dirigent 1968

in

Bayreuth zu

realisieren,

und

wo-

versenkten Orchester die Intentionen bremst und manch-

verfälscht.

Einmalig klingen aus dem „mystischen Abgrund“ nach Ansicht des Dirigenten der noch vor Errichtung des Bayreuther Festspielhauses entstandene Tristan

der für das

Haus komponierte

Parsifal.

Daß

im Bayreuther Orchestergraben kaum möglich bemerkbar.

störend

Piano-Stellen

müßten

und

eine dynamische Differenzierung sei,

forte

mache

sich

gespielt

im Ring besonders werden,

damit

sie

„draußen“ beim Publikum „richtig“ ankommen, aber ihr Charakter werde dadurch

An

in ein

Forte verändert und die Skala

der Deutschen

Werke

einstudiert

Oper

und

des Verdi-Repertoires fort,

der

zum

zum

Fortissimo bleibe zu gering.

Berlin setzt der Dirigent,

Bizets

Carmen

in

Drama

aus

dem

er fünf

Wagner-

Deutsch übernommen hat, den Ausbau

im Dezember 1967 mit Otello

erregenden

nadidem

Geiste der

— wieder

in italienisch

Musik wird. Verdi



erklingt

auch zu den Berliner Festwochen 1968 mit seinem Requiem, das Maazel auf der

Opern-Bühne zu einem dynamisch werden

reich

abgestuften,

klangschönen

Ereignis

läßt.

41

Zuvor

Lorin Maazel die Uraufführung von Luigi Dallapiccolas lyri-

dirigiert

schem Epos Odysseus, der in deutscher Sprache an der Berliner Oper vorgestellt

Der Dirigent

wird.

entlockt

Zwölfton-Partitur

der

differenziert

abgestufte

Valeurs und gibt ihr mediterrane Helligkeit.

dem

Verdis Simon Boccanegra,

Sellner dramatische Weiträumigkeit auf der

Szene verleiht, und Puccinis Tosca in Boleslaw Barlogs realistischer und dadurdi ihre politischen Berlin, beide

Bezüge offenbarender Inszenierung werden 1969 von Maazel

im

italienischen Original, einstudiert. Disziplinierte Leidenschaft in

der musikalischen Verdi-Deutung

stimmen

vom

und unsentimentale Kontraste

bei Puccini be-

Orchester aus die Bühne.

„Musik und Szene im Widerstreit“

in Berlin.

Während



so kennzeichnet die Kritik die

dem verwirrenden

aufführung des Dramas mit 1970

die Regie

tradition bietet, interpretiert

Libretto Die

Macht des

Neu-

Schicksals

von Margherita Wallmann museale Opern-

Maazel die Musik Verdis im Sinne des 20. Jahr-

hunderts. Lür das dritte Japan-Gastspiel der Berliner Oper,

im Lrühjahr 1970,

Maazel die Wiederaufnahme des Lohengrin, den Wieland Wagner 1961

leitet

Berlin inszeniert hatte,

und

Harmonie mit dem

trifft in

März 1970 mit „triumphalem“ Erfolg das Kulturprogramm auf

ausstellung in Osaka. eine

Das Opern-Gastspiel

enthält

am

der Welt-

außerdem mit Maazel am Pult

Aufführung des Deutschen Requiems von Brahms und

Die Spannweite

in

szenischen Bild den

„blausilbernen“ Klang der romantischen Oper. Ihre Aufführung eröffnet 16.

in

in

Tokio den

Falstaff.

seinem vergleichsweise noch schmalen Opern-Repertoire

in

(Sommer 1971: 28 Werke) hat Maazel erneut mit den beiden Einstudierungen 1971

zum

Oper

Berlin erwiesen.

Abschied von seinem Posten

sky, das Gustav

als

Das Volksdrama

Rudolf Sellner

Volkes inszeniert hat, wird

als eine

in der

Generalmusikdirektor der Deutschen

Boris

Godunow von Modest Mussorg-

aufgeschlagene Chronik des russischen

klangschärfenden Instrumentation von Dmitri

Schostakowitsch durch die Wiedergabe unter Maazels Leitung zu einem expressiven, russisch timbrierten musikalischen Bilderbogen

kraft

und immanenter Logik. Puccinis

frühe,

Arturo Toscanini 1893 uraufgeführte Oper

von

geistiger Suggestions-

von dem damals noch unbekannten

Manon

Lescaut gewinnt in Maazels

Interpretation, der sich Boleslaw Barlogs schauspielerisdi differenzierende Insze-

nierung einfügt, mit

dem noch behutsamen

Einsatz des Beicanto zur musikali-

schen Charakterisierung klangsensible, lyrische Intensität.

Fazit

zum

Abschied: Aus

dem „Neuling“

ist

ein

„geborener“ oder vielmehr

„gewachsener“ Opern-Dirigent geworden, der Musik in ihrem gestisch-mimischen Stellenwert

werden

42

und im Spannungsverhältnis mit der Szene zum lebendigen Ereignis

läßt.

9.

Chefdirigent in Berlin und London

Mit Mussorgsky und Prokofieff gibt Lorin Maazel

Neuen Philharmonie

Konzert mit dem Berliner Philharmonischen Orchester im

sein vorerst letztes

Sommer

in der

1964, nachdem wenige

Monate zuvor

seine

Berufung

als

Chefdirigent

des Radio-Symphonie-Orchesters Berlin

(RSO) bekannt gegeben worden war.

Dann

RSO zum

dirigiert er das

Gedenkkonzert des

Tondichtung

Strauss, das in der

Ovationen klingen demonstrativ

100. Geburtstag

von Richard

Till Eulenspiegels lustige Streiche gipfelt. als

Zustimmung

Die

des Publikums für das Engage-

ment.

Hohe Messe

Badis

RSO

in Berlin.

durchlichteten

Es

ist

Die Aufführung steht

Klang im Zeichen

„eine Auffassung

Maazel

im Herbst 1965

in h-moll eröffnet

in

die

ihrem fließend-kantablen Ablauf und

einer historisch unbelasteten Bach-Auffassung.

und

des Interpreten

zugleich des Hörers“, bemerkt

einem Gespräch nach der Schallplatten-Aufnahme der Messe

in

Besetzung des Berliner Konzerts. Wie Bach aufzuführen Dirigent:

„Wenn man

seine

Musik

steht sich auf ein

Grund

ihrer

sei?

Dazu

muß

wunderbar spontanen Logik

absolut stimmen, alles fast

Jahrzehnt kennt das Orchester seinen neuen Chef

von

sagt der

dann ver-

selbst.“

Gastdirigenten,

als

der schon eine Spielzeit vor seinem Amtsantritt acht Konzerte des

RSO

in Berlin

1957 mehrfach auf Reisen begleitet hat. Von nun

dirigiert

und das Ensemble

seit

an sind

es durchschnittlich

zwanzig Veranstaltungen

ments-, der Festwodien-

in der

besteht die größte Schwierigkeit

dirigiert,

darin, sie richtig anfangen zu lassen, der Einsatz

Nahezu

Ära Maazel beim

und Jugend-Konzerte,

die

einschließlich der

Abonne-

Maazel pro Saison

in Berlin

übernimmt, dazu Tourneen und Aufnahmen. Zwischen seinen Berliner Verpflichtungen gastiert Maazel bei den Philharmonischen oder Symphonischen Orchestern in

London und Philadelphia

Zyklen, dirigiert

u. a. die

alljährlich

Orchester in Wien,

Saison bei einem größeren Gastspiel die

New

Rom,

russischer,

Paris,

Tokio und jede zweite

Yorker Philharmoniker.

Attraktive Akzente im Berliner Musikleben

gramme

mit umfangreichen Konzert-

französischer, italienischer

setzen

Maazels zyklische Pro-

Musik des

18.

— 20. Jahrhunderts

oder Konzerte ausschließlich mit Werken eines einzigen Komponisten, wobei

Bach häufig der Saison-Auftakt gewidmet

ist.

Eine Besonderheit sind die Aus-

grabungen nahezu unbekannter Kompositionen aus früheren Jahrhunderten. So entreißt Maazel, der

es für seine Pflicht hält,

das übliche Repertoire durch

Wiederentdeckungen zu bereichern, auf der Suche nach „poetischer Musik“ Robert

Schumanns Oratorium Das Paradies und

die Peri in einer

romantischer Prägung der Vergessenheit.

Oder

Aufführung modern

er erinnert mit

einem virtuosen

43

Orchester-

und Sänger-Einsatz an

für großes Orchester, Soli

Die von Maazel

und Chöre Romeo und

in seinen

Symphonie“

die Tonmalerei der „dramatischen

Julia

von Hector

Konzerten bevorzugte Moderne

Berlioz.

reicht

nur

zu

bis

Schönberg, Webern, Berg, Strawinsky und Schostakowitsch unter behutsamer Berücksichtigung weniger bekannter oder Jüngerer Zeitgenossen mit seltenen Ur-

oder Erstaufführungen. Die Jagd nach Novitäten birgt das Risiko in für ihre Erarbeitung

und

ausgereifte

Wiedergabe die Zeit nidit

daß

sich,

ausreicht.

Es

bedarf „begabter Routiniers“, die immer wieder neue Versuche unternehmen.

Maazel nennt

die „Ingenieur-Dirigenten“,

sie

denen die Aufgabe

wicklung der Musik voranzutreiben, deren neue Sprache er

Aber

erst,

wenn Werke von heute auch morgen

als

zufällt, die

Zuhörer

Ent-

studiert.

Gültigkeit haben, führt er

sie

auf.

Wie

läuft die Arbeit mit

dem

Orchester? Die Musiker berichten von einem

„ökonomischen“ Dirigenten, der keine Proben für lich für

sich selbst,

das gemeinsame Musizieren benötigt. Selten

kommt

sondern ausschließ-

ein Kapellmeister so

vorbereitet auf die erste Probe wie Maazel, der redselige Erläuterungen ver-

meidet und nur an bedeutenden Stellen Akzente

ganze

wie

Werk

es in

Musiker.

stehen.

Mit einer klaren Vorstellung, wie

der Gegenwart interpretiert werden

Da

setzt, die

Meinung. Der

erste

ein Stück gebaut ist

sollte, tritt

vom

und

der Dirigent vor die

Nadiahmens wie

fehlt ebensosehr die Unsicherheit des

keit einer vorgefaßten

exemplarisch für das

die Einseitig-

Dirigenten ausgehende Impuls

bestimmt den weiteren Verlauf, der durch klare Zeichengebung variiert wird.

Das Konzert hat dann der präzisen Probe noch

ein spontanes

Moment gemein-

samen Musizierens beim Aufeinanderhören voraus.

Zur Leitung

dieses Klangkörpers,

mit

dem Maazel

in elektrisierender

Spannung,

aber ohne Über-Spannung und viel gelöster als bei seinem Deutschland-Start vor eineinhalb Jahrzehnten konzertiert, hat er von Januar 1971 an noch die Position eines assoziierten Chefdirigenten des

von Otto Klemperer

geleiteten

New Philhar-

monia Orchestra London (NPO) übernommen. Zehn Programme im Jahr wird Maazel mit dem

NPO

erarbeiten, die je einmal in der

3300 Plätze fassenden

Londoner Royal Festival Hall und außerdem auf Konzertreisen aufgeführt werden. Auftakt

ist

im Spätherbst 1971 eine USA-Tournee mit Werken von Brahms,

Mahler, Sibelius, Richard Strauss, Schönberg und Bartok.

44

Mit

dem Philharmunia

Orclicsira l.ondon 1963

m

I.u/.ern

45

Mit

4r,

dem

Orchester der Deutschen

mit Herbert Vocks (am Mügel) und Helge Brilioth

Oper

in

Berlin

Bayreuth

Mit Israeli Margalit

Mit

Willieliii Pitz in liavreiith

47

Konzert für Papst Paul VI. mit

dem

Orchester des

Römischen Rundfunks im Teatro della Conciliazione 968 1

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48

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49

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50

Probe

Don ijiovunm

in

der MaiKindcr Scala

nm

Jüan Sutherland und Luigi Alva

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Odyssais

in

der Dcuischcn C')pcr Berlin 1‘>6S

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ZWEITER -TEIL: GESPRÄCHE MIT LORIN MAAZEL

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Gespräch über Carmen

G:

haben Bizets Carmen schon mehrfach im Opernhaus

Sie in

Wien und 1967

in Berlin.

Dabei wurde

dirigiert, z. B.

stets die bearbeitete

1966

Version mit

den von Bizets Studienfreund Ernest Guiraud nachkomponierten Rezitativen

Warum

aufgeführt.

Carmen

wählten

Sdiallplatten-Aufnahme

Ihre

für

Sie

der

den gesprochenen Dialogen?

die Urfassung mit

M: Die Bühnenbedingungen zwangen mich zu einem Kompromiß. Aber glaube nicht an die Rezitativ-Fassung. Sie verändert das Werk,

pompös und

Man

grob.

sagt,

Carmen

sei

wußte genau, was

falsch. Bizet

wird

die bedeutendste Repertoire-Oper,

nur habe Bizet leider keinen geschlossenen ganz

es

ich

Stil

er machte.

gefunden. Das halte ich für

Er wollte die verschiedenen

Stationen einer tödlichen Liebe erzählen und fand für jede den „passenden“ Stil.

Aber über

heit

von der ersten

G: Und sie

Verschiedenheiten hinweg gibt

alle

bis

es

doch eine gloriose Ein-

zur letzten Note.

Sie meinen, die Rezitative stören ebenso sehr diese Bizetsche Einheit

die Verschiedenheit der 26 geschlossenen musikalischen

Nummern

wie ein-

ebnen?

M: Mehr men

noch. Sie täuschen eine durchkomponierte

ist alles

andere

G: In deren Haus

als das. Sie entspricht

sie ja

Große Oper

dem Typus

vor.

Aber Car-

der Opera comique.

auch 1875 in Paris uraufgeführt wurde. Eine Spieloper

mit tragischem Ausgang mußte befremden. Die gesungenen Dialoge sollten der Großen

Oper annähern, wie

führung

Wien

in

Gestalt zog

sieben

Carmen

M\ Damit begann

dies schon bei der deutschsprachigen Erstauf-

Monate nach der

in die

Pariser Premiere geschah. In dieser

Welt.

das Mißverständnis

um

das Werk.

kennen, sollten wir auf diese zurückgreifen. leicht

und durchsichtig

sie

diese

Da

wir heute die Urfassung

Dann werden wir

Carmen daherkommt

hören, wie

— nicht fortissimo und auf

schweren Füßen. Die einzelnen Stücke sind intime Lieder. Die Habanera erklingt nicht als

„Arie“ zwischen den Rezitativen, sondern

Chanson. Die Seguidilla

muß

die Titelpartie

Mezzosopran gesungen.

pointiertes

beinahe geflüstert werden. Alle diese Lieder

entsprechen präzise der Situation, in der

G; Meistens wird

als

von

sie

gesungen werden.

einer Altistin oder einem dramatischen

Sie wählten für die Schallplatte einen Charakter-

Sopran.

M: Die

Partie verlangt

Höhe und

eine auch

im Ausdruck der Leidensdiaft eher

schlanke Stimme. Ich meine, Dramatik sollte nicht schwülstig, vielmehr trans-

parent

sein.

Vor allem müssen auf der

Schallplatte die Solisten die viel-

55

zum Ausdruck

faltigen

Aspekte einer Persönlichkeit ganz

allein stimmlich

bringen.

Carmen

— eine Konzeption der Freiheit

und der Amoral keit,

ist



,

eigentlich

während

nur eine Idee sich in

das Leben zu begreifen, wie es

Sentimentalität.

Don

verkörpert.

ist,

Auch Micaela darf

Jose ein Mensch in seiner Unfähig-

nicht

Das hat Gefühl, aber keine

larmoyant

sein, sie ist ein

mutiges

liebendes Mädchen.

G: Haben

um

Sie deshalb auf die Urfassung zurückgegriffen,

der Sentimentali-

sierung entgegenzuwirken? AI: Ja,

denn die Geschichte, die Bizets Musik und der gesprochene Text ohne die

späteren Zutaten erzählen,

G:

Und

wie halten Sie

es

herb und

ist

schlicht.

mit den Strichen, die Bizet oder seine Mitarbeiter

Teil noch vor der Premiere oder gleich danach AI:

Wir

vorgenommen haben?

sind auf die ursprünglichen Intentionen des

aber haben uns

gen,

„Tradition“ recht. So haben wir einige Striche seiten des „Streitchores“



— wie

z.

nicht wieder aufgemacht.

die Überlieferung der besseren

Wenn

Komponisten zurückgegan-

daran gehalten. Manchmal hat die

sklavisch

nicht

zum

Wirkung

dessen,

was

B. die der 20 Partitur-

Da, scheint mir, dient

sich Bizet vorgestellt hat.

Spannung

eine Situation zu ausführlich dargestellt wird, geht die

ver-

loren.

G: Kennen der

Sie die „Randglossen“, die Nietzsche 1881/2 in einen Klavierauszug

Carmen

Da

geschrieben hat?

biegsam, mit Höflichkeit daher. Sie

heißt ist

liebenswürdig,

der deutsche Philosoph fragt rhetorisch, zielt:

„Hat man

den dieselben

Und

das

je tragischere

erreicht!

Ohne

„Diese Musik

es:

womit

sie

.

.

kommt

.

schwitzt nicht.“

er contra

sogenannte Schicksalsthema

Ohne

die

Und

Lüge des großen

nennt er ein

Und

Richard Wagner

Accente auf der Bühne gehört?

Grimasse!

leicht,

wie wer.“

Stils

„Epigramm auf

.

.

die

Leidenschaft“.

M: Das

ist

das,

was

ich

an der Garmen

möchte. Die kürzeste Version

ist

als durchsichtig, direkt

hier

immer

und

echt bezeichnen

die beste, weil sie

am

genauesten

der ursprünglichen Idee in einer knappen und eleganten Formulierung entspricht.

Das

gilt

auch für die französisch gesprochenen Dialoge, die wir für die

Schallplatten-Aufnahme auf die zur Erklärung der Situation unerläßlichen Mitteilungen reduziert haben. Das läßt radikal machen. Entscheidend für eine

sich

auf der Bühne natürlich nicht so

dem

Original nahe

Garmen

scheint

mir, sie sollte statt „Gefühligkeit“ ein „lateinisches Sentiment“ vermitteln, die Formstrukturen dieser mit

dem Sinn

für „Clarte“ gebauten

hörbar machen wie ihre sehr französische Expressivität.

56

Musik ebenso

Händels

Gittlio

Cesare konzertant

G; Nur knapp zwei Jahrhunderte berücksichtigen im allgemeinen

die gegen-

wärtigen Spielpläne unserer Opernhäuser, Das 17. Jahrhundert mit Monteverdi

und

werken Händels bleiben weitgehend

dem

Bühnen-

die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts mit 44 musikalischen

ersten

und zweiten Weltkrieg

Die Händel-Festspiele nach

unbeachtet'.

in

Göttingen und Halle haben die Werke

des Komponisten erneut vorgestellt, aber nicht auf der regulären Opern-

bühne heimisch machen können. Liegt das Ihrer Ansicht nach an den ihren mythologischen

Libretti,

und exotischen Stoffen oder am ständigen, monoton

wirkenden Wechsel von Secco-Rezitativ und Arie, der den Hörer von heute ermüdet?

M:

Beide Gründe stimmen nur fremdet. Aber lohnt die

Mühe

man kann textlicher

zum

sie

Teil.

Der unlogische Aufbau der Texte Musik Händels

bearbeiten. Die

Neufassung, denn

sie

herrlich, sie

ist

durchbricht die Monotonie des

zum Schema

erstarrten neapolitanischen Opern-Stils durch Beseelung

lebendigung.

Nur haben

keit.

Damals

aus. Sie

wir nicht mehr die

füllte das Erlebnis einer

be-

Muße

und Ver-

für die barocke Ausführlidi-

Opern-Vorstellung einen ganzen Tag

konnte gar nicht lange genug dauern.

Man

hatte Zeit. Zwischen den

Akten wurde gegessen und getrunken. Von diesem nur kulinarischen Operntheater haben wir uns doch weit entfernt. Die Kunst

wonnen haben;

die Zeit, die wir ihr

widmen,

Eine vierstündige Aufführung wird schon

G: Händels Giulio Gesare, 1724

in

als

ist

knapper

eine

M:

Sie

eine

Bühne

muß

erfüllen,

früher bemessen.

London uraufgeführt, hat nach der

am

deutsdi-

ehesten Eingang

Musiktheater gefunden. Welche Voraussetzungen

um

diese Barockoper aufführen zu

muß

können?

vor allem eine virtuose Besetzung zur Verfügung haben. Ich halte

Aufführung im Opernhaus, die keine Langeweile

möglich.

als

ge-

zu lang empfunden.

sprachigen Wiederaufführung 1922 in Göttingen nodi in das zeitgenössische

mag an Ansehen

Der Stoff

ist

gut, die

ohne Ghöre etwas effektarm

verbreitet, für sehr gut

Musik großartig, wenn auch

erscheint.

Man

straffte Einrichtung, einen Dirigenten mit

die

Oper

fast

braucht eine dramaturgisch ge-

dem

Verständnis ebenso für den

„Formalismus“ dieser Musik wie für Händels Leichtigkeit

in der

Textbehand-

lung und eine Inszenierung, die einen neuen Aufführungsstil findet. Nicht einen von heute, sondern einen von morgen. Bei äußerer

Bewegungsarmut

für die Sänger, die durch viel Ballett kontrapunktiert werden könnte,

müßten

die statischen Gefühle in emotionelle Beweglichkeit übersetzt werden. Hinter Schleiern könnten Bilder erscheinen, die den

Ausdruck einer Arie beleuditen.

57

bekommt zu

Das

Licht

mus

durchgezeichnet. Sie bewegen sich schwerelos durdi eine Welt symbolisdher

muß

Konflikte. Dies

G:

Und

Die Figuren sind nicht mit psychologischem Realis-

die Regie sinnfällig

machen und dabei

deutlich den

zur gegenwärtig üblichen Oper hervorheben. Es gibt gewiß

Unterschied szenische

tun.

Lösungen für eine Aufführung des Giulio Cesare im Opernhaus.

dennoch gehen Sie mit dieser Oper

in

den Konzertsaal. Umgekehrt

scheinen Oratorien wie Händels Belsazar oder Jephta als

Szene.

Warum

maßen

als

also

nicht

musikalische

er-

Chordramen auf der

Händel-Opern konzertant aufführen, gewisser-

Dramen auf imaginärer Bühne? Ob

szenisch oder

konzertant, für das Publikum wird die starre Zweiteilung zwischen rezitati-

M:

vischen

und

Partien

immer problematisch

ariosen

sein.

Sie läßt sich nicht aufheben. Sie

einen

Handlung vorantreibenden und

reflektierenden, also

dem Werk immanent. Aber

ist

Ausweg gefunden zu haben, der auch den

ich glaube,

Vorteil hat, den Ablauf zu

verkürzen.

G: Ohne

szenische Anschaulichkeit fehlt den nur

vom

Basso continuo gestützten

Secco-Rezitativen die Spannung, obwohl in ihnen die eigentliche

vor mit.

M: Für

Kann man

sie

Aufführung

Sprecher, der die

Vorgänge

während

im

In der vor,

die Arien

in

Deutschland ersetze

in einer deutschen

daß

nur Inhalte

teilen

ich sie

durch einen

Zusammenfassung

italienischen Original gesungen

diese Zweisprachigkeit nicht die künstlerische

Oper

und

überhaupt konzertant zur Wirkung bringen?

eine konzertante

G; Zerstört

M:

tragen keinen dramatischen Ausdruck

sich geht. Sie

Handlung

mitteilt,

werden.

Wirkung?

bin ich grundsätzlidi gegen Zweispradiigkeit.

Aber

es

eine Repertoire-Vorstellung nur durch einen Gast über die

kommt Runden

gebracht werden kann, der seine Partie nicht in der einstudierten Sprache beherrscht. In einem solchen Falle erfreulicher

G;

Warum

ist

Zweisprachigkeit ein



zugegeben un-

— Notbehelf.

bedienen Sie

sich

in

Ihrer Konzertfassung des Giulio Cesare frei-

willig eines solchen Notbehelfs?

M: Händels Arien

sind geschlossene Kunstformen.

Der Sprecher

Museumsführer die kostbaren Kunstwerke zeigen. Er

im Sinne des Textes klarmachen. So damit dieser versteht, ob

G; Der Erklärer behebt

es sich

um

gibt er Liebes-,

muß

dem Zuhörer

soll

wie ein

die Situationen

eine Hilfestellung,

Haß- oder Rache-Arien

handelt.

also vor allem die Schwierigkeiten des Publikums, den

Text zu verstehen.

M: 58

Ja,

und

so

kann

für den

Gesang

die Originalsprache erhalten bleiben.

Das

mir bei Werken, deren sprachlicher und melodischer Duktus eng

erscheint

aufeinander bezogen sind, unerläßlich.

G; Hat

die Rolle des Sprechers als Dolmetscher der in

fremdem Idiom ablaufen-

den Vorgänge nicht eine ähnliche Funktion wie der im voraus die Geschichte erläuternde Sprecher in Strawinskys lateinischem Oedipus Rex?

Oratorium“ wurde 1927

in Paris zuerst

ein Jahr später in Berlin auf die

M: Diese

Bühne

konzertant

Das „Opern-

uraufgeführt, ehe es

gelangte.

Parallele soll die Konzertfassung des Giulio Cesare durchaus

machen. Sie bietet so ein zweieinhalb Jahrhunderte

altes

Werk

bewußt

einem für

in

den unkonventionellen Oedipus Rex vergleichbaren Aufführungsstil.

G; So wird aus dem Cesare

M: Ein Musikdrama

aus

ein „Hör-Spiel“ nach

dem

Art des barocken Oratoriums.

Geiste des Barock.

G: Die unbegleiteten Rezitative

lassen Sie weg.

Und was machen

Accompagnati, von denen einige kaum ausdrucksvoller

sind,

Sie mit

den

andere aber den

Arien nicht nachstehen? Sie verbinden ariose Linie mit dramatischem Impetus

wie Cleopatras Wandlung von der Verführerin zur Liebenden, die

vom

Orchester begleiteten Rezitativ

von Cäsar ankündigt und

M: Die Accompagnati haben Funktion

liche

in der

vollständigen ten Cäsars

me non

Trennung

senti“ vollzieht.

und auch

eine inhalt-

Vorbereitung auf die Arien. Sie gehören nach Möglichkeit

als

Oper

in Ihrer

Version die beiden kleinen, in der

lediglich rezitativisch auftretenden Rollen der

und Cleopatras. Ursprünglich hatte Händel den

endgültigen Fassung einem

ihm

Arie „Se pietä di

eine wesentliche musikalische

G; Von den acht Solo-Partien fehlen

ist,

sento? oh Dio!“ nach der

dem

Konzertfassung.

alle in die

traut

„Che

sich in

Mann im

Vertrau-

Part, der in der

Dienste der ägyptischen Königin anver-

einer Frauenstimme, Cleopatras Cousine Berenice, zugedacht. Als

verwarf der pragmatisch mit Rücksicht auf

die Sängerin dafür fehlte,

das engagierte Personal komponierende Opern-Chef den Entwurf.

M: Die Grenzen bei

des Möglichen

den Musikern

.

.

.

Sie

muß

der Dirigent

— bei den Sängern und

— ebenso berücksichtigen wie der Komponist.

G; Für Sextus, den Sohn des ermordeten Pompejus, hat Händel Partie geschrieben. ein Jahr später ein

Und

als

ihm

bei der

eine Sopran-

Wiederaufführung des Giulio Cesare

Tenor zur Verfügung stand, blieben aus der Urauffüh-

rungs-Fassung nur die beiden Rache-Arien des Sextus in c-moll erhalten, eine

Oktave nierte

tiefer transponiert.

Arien

ersetzt.

Denn

Die übrigen Stücke wurden durdi neu kompodie bestimmte

Stimmlage dient der jeweiligen

musikalischen Charakterisierung.

M: Wir haben

die Zweitfassung der Tenor-Version gewählt.

59

G: Wenn heute Männerstimmen auch

die drei

von Händel Altkastraten zuge-

daditen Rollen des Cäsar, Ptolemäus und Nirenus bei gleichbleibendem Orchester-Satz eine

verdüstert?

Oktave

Und

wird dann nicht der originale Klang

tiefer singen,

wie wird ein Bariton oder ein Baß mit den Koloraturen

fertig?

M:

Musikalisch wäre es natürlich besser,

nähmen. Aber

führung, wie Händel

sie

rung von Bellinis Oper

und

die Partien über-

so beweglicher

Stimm-

erfordert. Ich habe einmal eine konzertante

Auffüh-

Altistinnen

gibt nicht viele

es

wenn Frauenstimmen

I

Capuleti ed

von

Montecchi nach Shakespeares

i

Romeo

Die Giulietta singt ein Sopran, den Romeo im Opernhaus

Julia geleitet.

üblicherweise ein Tenor.

Mir stand

eine Altistin für den

Romeo

zur Ver-

fügung, deren Stimme der in der Partitur fixierten Vorstellung des italienischen Romantikers, vor allem auch

im Zusammenklang mit dem Sopran,

vollendet entsprach.

G; Die

orchestrale

Schlichtheit

der

Händelschen Partitur hat immer wieder

Bearbeitungen provoziert.

M:

Bei

Händel möchte

vor

ich

dem Umschreiben warnen.

Vorsicht, damit es nicht

wie Badis Kunst der Fuge klingt.

G; Entfernt

M:

sich Ihre

Ich halte

Orchester-Besetzung wesentlich

vom

Original?

mich daran, also Oboen und Fagotte, vier Hörner, eine Trompete,

Harfe, Viola da Gamba, normale Streicherbesetzung und ein Cembalo. Leider spielen die zweiten Violinen meistens gemeinsam mit den ersten, so

daß der Satz nur mit Cembalo ausgefüllt wird. Die normale zung nehme leitung

ich

Streicherbeset-

zur Ouvertüre, für die Zwischenspiele und manchmal zu Ein-

und Nachspiel der Arien. Sonst

spiele ich die

Oper mit

reduzierter

Streicherbesetzung.

G: Die

oft spannungslose

und trockene Wiedergabe barocker Musik

einer wissenschaftlichen „Werktreue“, die unsere größeren Säle

ten

Hörgewohnheiten

daß

nicht berücksichtigt. Bei

M: Bach war

Badi haben Sie hervorgehoben,

Wie

interpretieren Sie

Händels musikalische Substanz

tischen Material, das äußerst formalistisch bearbeitet

halten.

Aber das

soll

heute.

und

stedct in

ist.

schrieb doch

einem thema-

Daran muß man

sich

natürlich nicht heißen,

daß wir einen Händel von

dem Barock

aufführen. In der Ausdrucks-

gestern als ein lebloses Relikt aus

kraft

Hörer des

Händel?

scheinbar konservativ. Er hielt sich an die Regeln

eine lebendige Musik.

60

und veränder-

Sie ihn nicht nach musikhistorischen Kriterien, sondern als

20. Jahrhunderts interpretieren.

entspricht

und dem dramatischen Impetus

seiner

Musik

steckt ein

Händel von

Bartok

— Exempel einer Werkerarbeitung

G: Wer 130 Konzerte und Opern-Aufführungen im Jahr Zeit haben, sein Repertoire zu erweitern. gestellte

M:

dirigiert, dürfte

Wie bewältigen

wenig

Sie das sich selbst

Pensum an Novitäten?

In fast 20 Jahren meiner „erwachsenen“ Dirigenten-Tätigkeit konnte ich mir ein sogenanntes Standard-Repertoire

wobei

keine Komposition

ich



von Mozart

bis

Strawinsky erarbeiten,

mit Ausnahme einiger Opern

zwanzigmal, die meisten nur durchschnittlidi zehnmal

nehme

mir Zeit und Ruhe,

ich

und dafür

einzustudieren

um



mehr

als

dirigiert habe. Jetzt

nur einige Werke erstmalig

in jeder Saison



eine langjährige Erfahrung

und

vielleicht

auch

von Ihnen noch

nicht

Reife einzubringen.

G: Woher kommt der Anstoß zur Erarbeitung dirigierten

Werkes? Schlagen Ihnen die Orchester, die

und London



leiten

Ich schlage

— zur Zeit

in Berlin

Auswahl an?

meine eigenen Programme vor. Manchmal sind Werke darunter,

während der

die schon zu oft in derselben Stadt

den oder die bei anderen Dirigenten

grammen

Sie

oder bei denen Sie gastieren, Programme vor? Oder

bieten Sie den Orchestern Ihre eigene

M:

eines bisher

standen. Darauf

auch Listen von

Werken

muß

wurden und wähle davon

in der gleichen Saison

die eine oder andere

Komposition

nicht gespielt

aus.

in Ihrer

Sie

instrumente, Schlagzeug

auf deren Pro-

im Laufe von zehn Jahren

— neben anderen „Novitäten“ Praxis im gleichen Jahr — zum ersten Male Bela Bartoks

G; Im Herbst 1970 haben

und Celesta

Symphonie-Orchester Berlin (RSO)

in

wur-

Rücksicht nehmen. Ich lasse mir

ich natürlich

schicken, die

letzten Zeit aufgeführt

Dirigenten-

Musik für Saiten-

einem Konzert mit dem Radio-

Warum

dirigiert.

haben Sie

dieses

Werk

gewählt?

M: Es

gibt

Werke, die

aufspare.

idi lange

kenne, aber mir für einen bestimmten Zeitpunkt

Vor fünfzehn Jahren

mals war

zu sehr mit

ich

nicht.

Da-

expressionistischen Bartok beschäftigt

und

gefiel

dem

mir der

Stil dieser

Musik noch

konnte die Reinheit und Klarheit dieses reifen Meisterwerks einfach noch nicht verstehen.

Von

vielen „Ingenieur-Dirigenten“

„Zifferspiel“ mißbraucht worden.

ist

diese

Heute erkenne

Komposition zu einem

ich ihre Tiefsinnigkeit

und

ihren starken Ausdruck.

G;

Ist es für Sie

S

i

e

erleichternd oder belastend,

wenn

ein Orchester ein

Werk, das

neu einstudieren, schon gespielt hat?

M: Grundsätzlich

eine Erleichterung. Die technischen

rung dieser Musik sind dann schon

gelöst,

Probleme

bei der

Auffüh-

und wir können nach diesen Vor-

61

aussetzungen mit der Interpretation beginnen. Etwaige „alte Gewohnheiten“ in

der musikalischen Wiedergabe lassen sich

leichter

überwinden

der

als

Außenstehende meint.

G: Ihr Vorgänger

Landsmannes Bela Bartok

seines

RSO, Ferenc

Chefdirigent des

als

Allerdings diese bläserlose,

Fricsay, hat häufig

in seinen Berliner

Werke

Konzerten dargeboten.

ungemein differenzierte und zugleich konzen-

Musik für Saiteninstrumente Schlagzeug und Celesta erklang nur

trierte

y

in

einem einzigen Programm Fricsays im Jahre 1954. Kurz zuvor war eine

RSO

1953 entstandene Mono- Aufnahme unter Fricsay mit dem

erschienen.

Hatten die Musiker noch eine Erinnerung an Jene Aufführung?

M: Kaum. mehr

Sie

müssen bedenken,

Jahren hat

60 Vo erneuert. In einem Gedenkkonzert

als

im Februar 1968 hat das Orchester

Fricsays

Aber auch das Musikers.

G: Kennen

in sechzehn

dieses

eine ziemlich lange Zeit her

ist



sich

das Orchester zu

zum fünften Todestag Werk wieder gespielt.

für das Gedächtnis eines

Wir haben noch einmal begonnen.

Sie andere zeitgenössische Interpretationen dieser

Herbert von Karajans, der die vier Sätze

als

Musik, etwa die

tönende Antinomie inszeniert,

oder die von Pierre Boulez, der den konstruktiven Zug der halbstündigen

Komposition

in

Diatonik sowie

M:

Beide habe

ihrem strengen Aufbau, im Dualismus von Chromatik und in ihren motivischen

ich gehört.

Aber fremde Interpretationen

Von einem bestimmten Musiker von Traditionen,

Bezügen enthüllt? irritieren

mich

nicht.

bin ich fast nie beeinflußt worden, viel eher

die eine Generation verschiedenartiger Interpreten gemein-

sam, wahrscheinlich unbewußt, geschaffen hat. Das die romantische Beethoven-Vorstellung,

gilt

beispielsweise für

die zu ihrer Zeit so gegensätzlich

wirkende Dirigenten wie Furtwängler, Erich Kleiber und Klemperer

in

geheimer Übereinstimmung einer Epoche geprägt haben. Aber auch Einfluß bedeutet nicht Imitation. Jede neue Interpretation verlangt eine eigene schöpferische

G: Hören

Auseinandersetzung mit Sie sich

Sie allein

falls es sie gibt



Schallplattenaufnahmen an oder gehen

von der Partitur aus?

M: Das Studium

der Partitur

ist

selbstverständlich der Ausgangspunkt.

als

früher Schallplatten an von Interpreten, die nicht

sind oder von ganz Jungen Künstlern, denen die

gen Musiker halte liebsten in der

62

Aber

mit den Jahren sehr neugierig geworden und höre mir deshalb auch

ich bin

mehr



dem Werk.

ich für

„wissenschaftlich“

begabter

als

mehr am Leben

Zukunft gehört. Die 20-Jähri-

meine Generation, die der Musik

am

und „antiromantisch“ begegnet. Die Jugend hat

Kunst das Gefühl wieder entdeckt.

G; Glauben

daß

Sie,

es

einen

nur

„authentischen Klang“ gibt, der absolut

beweisbar und nachprüfbar in der Partitur niedergelegt Ihre Klangvorstellung

Oder kann

sich

von der angenommenen Klangvorstellung des Kompo-

und doch

nisten unterscheiden

ist?

Ihrer

Meinung nach der Komposition

geredit

werden?

M: Was

ist

bringen.

dem

um

Klang? Doch nur eine Methode,

Das

dem

erreiche idi mit

einen Orchester auf anderem

nächsten. Ich bin glücklich, dasselbe

Da

aufführen zu können.

Ausdruck zu

Werk mit

sich

Wege

mit

als

verschiedenen Orchestern

erhält es verschiedene Farben.

müssen

erzielen,

den Ausdruck ans Licht zu

Um

den gleichen

Tempo und Dynamik von Aufführung

zu

Aufführung ändern.

G: Bartok hat

sehr präzise

Anweisungen für

die Aufstellung des Orchesters bei

der Aufführung der Musik für Saiteninstrumente , Schlagzeug und Celesta gegeben. Meinen Sie,

M:

Sie geben

man müsse

sich

daran halten?

Hinweise auf die Intentionen des Komponisten. Dafür

ihm dankbar

sein.

sollte

man

Bartok wollte mit seiner Aufstellung einen hellen und

transparenten Klang erreichen. Doch seine Vorschläge bezogen sich auf den Baseler Konzertsaal der Uraufführung. Schon bei der ersten Probe in Berlin

mußte sind.

ich die

Sitzordnung ändern, da die akustischen Bedingungen andere

Das geschah im Sinne des Komponisten.

G: In der gedruckten Partitur hat Bartok auch die

M:

Ausführung

z. B.

muß man

Ja, sie

von

Pizzicato-Stellen. Halten Sie diese für verbindlich?

buchstäblich nehmen.

G: Bartoks Musik gewinnt

erst in ihrer

dynamischen Entfaltung ihren eigen-

und unverwechselbaren Charakter. Das

artigen

Angaben gemacht über

detaillierte

gilt

wohl insbesondere für

den ersten Satz, der seine suggestive Wirkung aus der Kraft seiner Dynamik bezieht,

wenn

er sich aus leisem

Beginn in einer erregenden Entwicklung zu

— analog zu den im Quinten— und dann — absteigend —

stärkster Kraftentfaltung aller Streicher erhebt zirkel aufsteigenden Einsätzen der

allmählich wieder bis

Haben dieser

Sie vor

zum

Stimmen

hauchzarten Pianissimo des Ausklangs verebbt.

Beginn der Proben eine unabänderliche akustische Vorstellung

dynamischen Entwicklung oder lassen Sie

sidi

darin auch von

dem

anregen, was das Orchester Ihnen anbietet?

M: Das Klangbild

entsteht vorher aus der Partitur auch in seinen dynamisdien

Werten. Aber beim gemeinsamen Musizieren habe

Probe ten.

vieles

ändern müssen. Das Thema findet

idi

dann doch

sidi bei

in der ersten

den tiefen Instrumen-

Die kontrapunktisdien Stimmen liegen oben. Die Einsätze der Stimmen

63

Anwendung

sind bei

Dynamik

der vorgeschriebenen

das der Komponist? Die sogenannte Werktreue

ist

nicht

zu hören. Wollte

ein unlebendiger Begriff,

der gegenüber der Beweglichkeit und unfaßbaren „Ungenauigkeit“ der sich im

Augenblick während des Spiels ereignenden Musik versagt. Jede Aufführung gibt uns die Möglichkeit, unsere eigene Phantasie mitspielen zu lassen. Diese

Phantasie aber

ist

jedes

Mal

eine andere.

Das macht das Erlebnis von Musik

Epochen zu einem zeitgenössischen und gegenwärtigen Phänomen.

aller

G: Dann erscheinen Ihnen auch

und

änderlich? Bartok pflegte bei jedem Satz

dauer in Sekunden anzugeben. Paul Sacher, der das

Werk

Zum

als in

M: Auch

vollem

selbst bei Teilstücken die Spiel-

ist es

letzte Satz

besser,

wohl etwas langsamer

etwas langsamer und klar,

unklar zu spielen.“

Bartok, der ein bedeutender Interpret war, hat nie ein

Er

schrieb in die Partitur: „c

i

a 57 Sekunden“.

r c

lassen sich nicht verabsolutieren, ihre Erfüllung hängt

Raumes

Werk zweimal

Weise dargeboten. So genau sind seine Angaben übrigens doch

in gleicher nicht.

Tempo und

unab-

und 1937 mit dem Baseler Kammer-

daß der

Jedenfalls

nicht

Allegro molto schrieb er allerdings an

bestellt hatte

orchester urauf führte: „Ich glaube,

genommen werden kann.

Zeitmaß

die Vorschriften für das

ab.

Tempo-Anweisungen von der Akustik des

In einem trockenen Studio ohne Nachhall

hätte auch Furt-

wängler eine Brahms-Symphonie schneller genommen.

G: Haben

Sie jeden einzelnen Satz als in sich geschlossenes Gebilde oder die

vier Sätze als

M: Die Art ich nicht

Ganzes

studiert, dessen Teile stets aufeinander

bezogen sind?

des Studiums hängt von der Schreibart ab. Diese Partitur brauchte

satzweise auswendig zu lernen. Sie

geschrieben

und daher

Ausdruck,

um

Hätte

es

icli

ist

so

genau und „formalistisch“

sehr leicht zu behalten. Ich spreche jetzt nicht

von ihrem

dessentwillen ich das Stück als junger Dirigent gemieden habe.

damals aufgeführt, wäre

Interpretation fähig gewesen

wohl nur zu einer strukturellen

ich

und hätte den Ausdruck der Komposition

nie

gefunden.

G: Ihre gegenwärtige Interpretation offenbart

die Strukturen dieser

Musik

in

der sechsstimmigen Fächerfuge des Andante tranquillo, in der Sonatenform des scherzohaften Allegro, ja sogar in

dem

fünfgliederlgen Adagio mit seinen Bezügen

im Allegro molto des

frei

ersten Satz

Thema

ausschwingenden,

und

nicht zuletzt

des Anfangs auf-

jetzt diatonisch erklingt. Sie

heben

Entsprechungen und Kontraste des ersten und dritten, zweiten und

vierten Satzes

64

zum

Finale, das noch einmal das

nimmt, das dort chromatisch erscheint und die

rhapsodisch

dem Hörer

ins

Bewußtsein.

Gleidizeitig

aber entdeckt Ihre Interpretation die Valeurs, die Debussy-

Reminiszenzen dieser Komposition, ihr „motorisches“ Element und ihre expressive Melodik.

M:

Sie diese

Ambivalenz

Diese Synthese konnte ich erst finden, nachdem

und

viel dirigiert

G:

Wie haben

Sie

erst allmählich diese reife

ich

den „anderen“ Bartok

Komposition lieben gelernt habe.

werden Bartoks Musik für Saiteninstrumente Schlagzeug und Celesta auf ,

USA-Tournee 1971/72 mit dem

einer

mehrfach aufführen und haben mit

erreicht?

dem Ungarischen

dirigiert.

Hat

sie

New

Philharmonia Orchestra London

gerade in einem Budapester Gedenkkonzert

Staatsorchester

zum

25. Todestag

Komponisten

des

der genius loci der ungarischen Hauptstadt Ihre Interpretation

der Bartok-Musik beeinflußt?

M:

Ja,

zu

allererst

einmal darum, weil das Orchester das Stück nahezu aus-

wendig konnte. Dadurch gab

es

keine technischen Probleme. Aber ich machte

noch eine andere Erfahrung.

G:

Sie

haben einmal geäußert, daß Sie

ponisten dessen

Werke aufführen,

am

liebsten

d. h.

im Herkunftsland

Debussy oder Ravel

eines

Kom-

in Frankreich,

Verdi in Italien, Tschaikowsky oder Prokofieff in Rußland, Bach oder

Wag-

ner in Deutschland. Also auch Bartdk in Ungarn?

M:

Ja,

und

es

war eigentümlich zu beobachten, wie

die ungarischen

vor den Elementen der Folklore in Bartoks Partitur fürchteten,

den

sie in ihr

bar spürten hatte,

eine

sie,

Musiker als

sich

empfän-

Begrenzung und nationale Verengung dieser Musik. Dank-

daß

ich als

und dann haben

sie

Außenstehender „keine Angst vor der Folklore“

„ohne Hemmungen“ ganz gelöst

gespielt.

65

Gedanken über

Einige

Oper

Ist die

die

Zukunft der Oper

Mit nachsichtigem Lächeln hört

tot?

sich

Lorin Maazel diese Frage

an. Statt direkt zu antworten, gerät er selbst ins Fragen. Ist der Figaro nidit

und höchste Oper“? Eine Komödie,

die „reinste

ganz aus Musik gemacht. Aber was kavalier, der letzten Oper, die das

kam

die zugleich Tragödie

nach Falstaff} Oder nach

Publikum noch akzeptiert hat?

Sie

ist

und

dem Rosenist

60 Jahre

alt.

Die bedeutendste moderne Oper, Alban Bergs Wozzeck, wurde schon 1925 uraufgeführt. Ja, gewiß, auch danach hat es noch wichtige theaters gegeben.

Und

Don Giovanni

ein

des Musik-

oder Fidelio waren nicht darunter.

welchen Stellenwert in der zeitgenössischen Oper nimmt Luigi Dallapicco-

Odysseus

las

Aber

Werke

dessen Uraufführung Maazel

ein,

Berlin geleitet hat? „Die

worden

geschrieben

ist“,

Musik

ist

1968 an der Deutschen Oper

das beste, was nach Wozzeck für die Bühne

sagt der Dirigent.

Ausdruck und Form bedingten

ein-

ander.

Ende der

Seit

sechziger Jahre

Opern komponieren, bereits ein

stellt

melden

Maazel

sich

junge Talente zu Wort, die wieder

Die neue musikalisdie Sprache

fest.

nidit

sei

Kriterium für die Qualität einer Oper der Gegenwart. In dieser neuen

Sprache müsse auch etwas gesagt werden, das uns angehe. Vielleicht habe die künstlerische

Kluft zwischen ihr und

feierlich die

die

Trennung der Oper

Oper mehr

Ohne

sich

als ein

in

populär und anspruchsvoll, komisch und

dem Publikum

man

schielen.

dige

Was

aber braucht

aufnahmebereites Publikum?

auf primitive Weise anzubiedern, müsse die Oper,

den werden wolle, eine Geschichte erzählen, der die

aufgerissen.

man

wenn

sie

verstan-

folgen könne, in einer Musik,

zu hören vermöge. Aber die Oper dürfe nicht nach der Vergangenheit

Der Komponist müsse seinem eigenen Ausdruck Form geben und

Musik zu

einer Aktion oder einem

leben-

Vorgang aus dem Geiste unserer Zeit

schreiben.

Kann man eines

das dann noch

Oper nennen? Das

Rahmen

lediglich

Das Musiktheater fähig,

unwichtig. Vielleicht werde

Tages auch das musikalische Happening „Bühnenkarriere“ machen. Aller-

dings könne die Musik nicht

deren

sei

wenn

musikalisch

die

und

Opern-Kreatoren

vom

Zufall abhängen. Sie brauche eine Form, in

Improvisationen möglich

lebt weiter, aber es

ist

seien.

— nach Ansicht Maazels — nur lebens-

Opernhäuser Aufträge für Werke

erteilen, die

auf der Bühne

Themen behandeln. Den

inhaltlich

zeitgenössische

stelle sich

die doppelte Aufgabe, Stoffe

heutigen

von heute und eine

musikalische Auseinandersetzung mit den Problemen unserer Zeit zu suchen.

66

Die modernen Opern sollten „akzeptabel“

angenehm

Rampe die

in der

etwa bequem und

sein, d. h. nicht

Rezeption, doch annehmbar und ein Brückenschlag über die

hinweg. Für diesen

Don Giovanni

oder Fidelio der Zukunft müßten

sidi

Muß

ein

Opernhäuser bereit halten. die

Ist

Oper

Institution ein

als

„Museum“ etwas Unlebendiges auch

wenn

Museum? Und wenn

sein?

Macht

Nur rund

wäre?

es

Kunst gegenwärtig wirksam,

kommt? Und

diese aus der Vergangenheit

Vergangenheit zu entdecken!

es nicht

sie

wieviel gibt es noch in der

70 Opern haben wir

unserem Standard-

in

Repertoire von etwa 12 000, die nach Maazels Schätzung geschrieben wurden

und von denen die

einige sich als höchst

Neugier besitzen,

sie

modern erweisen könnten. Wir müßten nur

wieder zu entdecken und den Mut,

sie

erneut aufzu-

führen.

Die Werke von vorgestern und gestern können, betont Maazel, nur dann eine

Bedeutung für uns gewinnen, wenn Regisseur und Dirigent

und Ohren von heute künstlerische

interpretieren. Also: Modernisierung der

Übereinstimmung

ihrer Vorbereiter sind

sie

mit den Augen

Aufführungen und

notwendige Voraussetzun-

gen für ein „lebendes Museum“.

Experimente gelten Maazel sation willen

als wichtig

nur dann, wenn

unternommen werden. Wenn

sie

sie nicht

um

der Sen-

aber aufrichtige Versuche, Neues

zu madien, darstellen, können diese Experimente Wegzeichen zu einem noch

unbekannten Ziel

Wie

ist

sein.

das Publikum für diese Versuche zu gewinnen?

Medien wie

Presse,

Funk und Fernsehen

Da müssen

die anderen

helfen. Ihnen stelle sich die Aufgabe, das

Publikum mit der neuen Sprache der Oper vertraut zu madien. Die Organisation innerhalb des Opernbetriebs dürfe nicht diktatorisch

sein, sie

müsse auf der Zusammenarbeit eines Teams gleichgesinnter Künstler basieren. Die Zukunft der Oper hänge Sondervorstellungen,

vom Nachwuchs im Publikum

Fernsehsendungen,

Schulen vorbereitet werden

sollte.

zum Publikum von morgen

Wer

Sänger-

und

ab,

das durch

Dirigenten-Besuche

in

Jugend gewinnt, der kann eine Brücke

die

schlagen.

Die Zukunft der Oper hänge ebenso sehr

vom Nachwuchs

auf der Bühne und im

Orchestergraben ab. Maazel, der keine nationalen Gesichtspunkte bei der Suche nach den bestmöglichen Sängern walten läßt, sieht in der nicht mehr kriegsbelasteten Generation einen

Nachwuchs heranreifen, den

und praktische Lehrzeit am Theater zu fördern häuser seien notwendig als Ort,

haupt

erst

wo

sich

gilt.

es

Und

durch Opernschulen die kleinen

Opern-

künftige „Riesen“ bewähren und über-

zu „Riesen“ entwickeln können.

67

„Wenn wir wird

man

die

sie

Erneuerung der Oper nicht innerhalb der Institution anpacken,

außerhalb versuchen“, warnt Maazel seine Opern-Kollegen. Es

ließen sich Elemente der „Straßenoper“, die auf Boulevards, in

Supermärkten

oder Fabrikhallen schon ausprobiert werde, durchaus auf die Bühne übertragen.

Die Oper

68

tot? Sie sdieint lebendiger

denn

je

zu

sein.

Musik und Publikum „Musik Maazel stiert.



Klang, nicht Aneinanderreihung von Noten“

ist

Antwort auf

seine

Musik ohne Kommunikation

exi-

Kreis von Komponist, Interpret

und

die Frage, wieweit

Leben gewinne Musik nur

dem

in

so beginnt Lorin

Hörer.

Ein Bild

weder

die

Dimensionen von

Kunstwerk erst in

vorhanden, auch wenn

ist

Raum und

Zeit noch das

Musik

integrierten Bestandteil.

wird, d.

es nicht betrachtet

der Aufführung, die Bewegung im

Publikum

erfüllt sich,

Raum

ist

h.

als

braucht

es

einen in das

wie Maazel hervorhebt,

und

die der Partitur, der

Wiedergabe und der Aufnahme bedarf. Schließt

Definition

diese

Aber

elektronisch

Klänge von der Musik aus?

fixierte

Maazel meint:

Ja.

gelten,

etwa den amerikanischen Komponisten

zitiert

er läßt auch andere Erläuterungen dieses Kunstbegriffs

Herkunft Edgar Varese (1885

Demnach wäre

zeichnet hat.

— 1966),

der Musik als „Klangorganisation“ be-

„musique concrete“, die im wesentlichen aus

die

Tonbandaufnahmen von Geräuschen und Musik“. Aber

sie

ist

statisch

französisch-italienischer

ihrer

Verarbeitung besteht,

wie ein Gemälde, einmal „für

„auch

und

alle Zeiten“

unveränderlich festgelegt, gibt Maazel zu bedenken und bekennt: „Für mich

Musik

ist

und

nichts mechanisch Gleichbleibendes, sie existiert in der Lebendigkeit

Ungenauigkeit eines Augenblicks.“

Die Einschätzung des Publikums die Frage nach

dem

lautet:

Im

preten,

wenn

wenn

das

Werk etwas zu

„richtige Balance zwischen

sei

kein

soll

Teil der

Zu-

zwar nur

ein

Aufgabe des es eines

Tages,

Inter-

wenn

anerkannt. Für die Konzert-Programme verlangt eines Opernhauses, die

Musiker müßten die

Werken der Vergangenheit und Gegenwart“

Bindeglied zwischen alter und neuer Musik bis

Dann werde

sagen habe.

Maazel ebenso wie für den Spielplan

von Alban Berg

Aber das

besteht.

der Komponist damit nichts ausdrücken

diese Sprache verständlich zu machen, sei die

vielleicht auch erst allmählich,

um

recht.“

Gegenteil! Eine „neue Sprache der Musik“

Mittel, das keinen Sinn habe,

Aber

„Das Publikum hat

und Publikum

Ablehnung der Moderne durch den konservativen

Freibrief für die

wolle.

Bestandteil der Aufführung provoziert

Zwiespalt, der zwischen neuer Musik

Die provokante Antwort

hörer bedeuten.

als

sei

Strawinsky und Bartok

finden.

die sogenannte klassische

bis Prokofieff. Sie

Moderne

müsse nicht nur

ihrer selbst willen, sondern auch zur Erleichterung des Verständnisses der

Musik der Gegenwart mehr durch Aufführungen In der Beziehung zwischen Jugend lichen Teilaspekt der Relation

berücksiditigt werden.

und Musik erkennt Maazel einen wesent-

von Musik und Publikum zueinander. Schon der

69

kaum

über dreißig Jahre alte Dirigent

auf einer mehrwöchigen Tournee

leitete

durch Australien Konzerte für die Jugend und Konzerte mit Jugendorchestern.

Die Berliner Tätigkeit begann Maazel im Sommer 1965 mit einem Jugend-

Werke von de

konzert des Radio-Symphonie-Orchesters, das also ein Stück klassischer

musikinteressierten

Moderne,

Jugendlichen

und Ravel,

Gespräche und Diskussionen mit

vorstellte.

betrachtet

Falla

er

als

Ergänzung

seiner

Musik-

ausübung.

Auf

die skeptische Frage eines jungen Hörers,

ob

in

50 Jahren noch Konzerte der

heutigen Art stattfinden werden, antwortet Maazel zwar, er

sei

davon überzeugt. Aber irgendwelche Kommunikations-Medien, schen zu übermitteln,

Und was

für

meint Maazel

in

werde

es

Wesen

Musik wird das

sein?

Es

mag

„furchtbar altmodisch“ klingen,

Bezug auf die Überbewertung der

bestätige.

Das

rein formal-ästhetischen

werde eine Musik versteht

Musik“, die den Interpreten nicht nur

sein,

die den

Kate-

Menschen

als

Maazel unter einer „humanistischen als

„Musiker

ganzen Menschen mit einbeziehe und von ihm Besitz

70

um Musik Men-

auch dann bestimmt geben.

gorien der „Tonkunst“, aber es geistiges

nicht unbedingt

vom

ergreife.

Fach“, sondern als

Was „Das Dirigieren

existiert

ist

Dirigieren?

überhaupt nicht;

gibt

es

nur Musizieren“, erklärt

Lorin Maazel und behauptet, damit die Frage, was Dirigieren

sei,

schon beant-

wortet zu haben. Seinen Beruf hält Maazel nicht für erlernbar. Das Studium der Komposition,

Kontrapunktik und Harmonielehre verstehe

setzung von

selbst.

gent beherrschen,

sidi als theoretische

Voraus-

Möglichst mehrere Instrumente müsse der angehende Diri-

am

besten auch einige Zeit in einem Orchester unter guten,

mittelmäßigen und schlechten Dirigenten gespielt haben. So lerne er seinen künftigen Partner beim gemeinsamen Musizieren, das Orchester, „von innen“ her

kennen. Dieser lebendige Organismus, bestehend aus hundert Musiker-Individualitäten, sei

das „Instrument“, ohne das der Dirigent nicht musizieren könne. Ein

Musik „physisch näher“

Solist stehe der

der auf den ständigen

als ein Dirigent,

körperlichen Kontakt zur Musik verzichten müsse.

Ein

Werk



resultierende Gefühl

komplexer

und verstehen

studieren

in

seiner

das von Maazel bevorzugte englische

Bedeutung;

fühlung und Überzeugung



beinhaltet

Wort

„feeling“

dem Publikum

mitteilen



sie

oder

darin besteht, so

Kunst des Dirigierens.

Die Dirigier-Technik dürfe

man

nicht überbewerten. Sie sei das

zur Übermittlung von Informationen.

Und

Handwerkszeug

nur durch Erfahrung könne ein Diri-

dem

gent herausbekommen, welche seiner Konstitution entsprechenden Gesten

Orchester Bei der

am

ist

Gefühlszustand, Ein-

zugleich

auf die Musiker übertragen und durch

vielmehr zusammen mit ihnen sagt Maazel, die

es

und das daraus

lernen, diese Erkenntnis

eindeutigsten seine Intentionen vermitteln.

Aufführung im Konzertsaal oder Opernhaus

muß

ein guter Dirigent,

wie Maazel meint, für die technische Bewältigung „überflüssig“ geworden Diese Arbeit habe er vorher getan. Das

sei

der erklärbare, handwerkliche Teil

der Aufgaben des Dirigenten. Der andere erfülle

Opern-Vorstellung.

Und

darin

sei

sein.

sich erst

im Konzert oder

in der

der Dirigent gar nicht überflüssig, nämlich in

der schöpferischen Interpretation von Musik auf der Basis ihrer technischen Be-

wältigung. Die Vorbereitung beginne mit der Analyse einer Komposition.

Anfangsstadium

gelte es, Ideen, Strukturen,

zu machen. Aber

erst,

wenn

Werk überwunden, wenn

Konzeptionen aufzudecken, bewußt

diese analytische

Auseinandersetzung mit einem

das Konzept „verloren“, aufgegangen

dann gewinne eine Komposition klingende

sei

im Musizieren,

Gestalt.

daß

die Celli

in einer

Musizier-

In den Proben habe der Dirigent beispielsweise dafür zu sorgen, die Geigen hören,

Im

daß Übereinstimmung im inneren Rhythmus,

71

art entstehe, die

mehr

als bloßes

sei

Zusammenspiel. In der Aufführung aber

müsse der Dirigent das Orchester so spielen

Der von

stehe.

Von

lassen, als

ob

er nicht auf

Barbirolli überlieferte Ausspruch „Dirigenten sind

ihrer Arbeit sieht

man nur

dem

Pult

wie Eisberge:

einen Bruchteil“ kennzeidinet genau Maazels

Postulat einer sorgfältigen Vorbereitung. Es

die Vorbereitung nicht eines

sei

„Musikführers“, sondern eines Interpreten, der seine Mitarbeiter beim „Musik-

madien“ für

seine

Auffassung

erst

einmal gewinnen, also nach theoretischer Er-

kundung praktische Erprobung mit psychologischer Einfühlung Die Musiker der von Maazel

erreichen müsse.

in Berlin geleiteten Orchester bestätigen die ge-

naue Detailarbeit der auf Übereinstimmung zielenden Proben, die „Hilfestellung“, die Maazel ihnen bei „gefährlichen“ Passagen gebe, seine Sicherheit die Klarheit seiner

Bewegungen. Nicht meßbar aber und der glücklichen Erfül-

lung des Augenblicks überlassen der Aufführung

und



sei es

sei

die Inspiration, die

von dem Dirigenten

nun im Konzertsaal oder Opernhaus



in

ausgehe. Sie

befähige die Orchester, das in Arbeitsproben Erreichte an musikalischer Interpretation weit hinter sich zu lassen.

von Maazels Erfolg: Wer

die

Und

darin sehen seine Mitarbeiter die Ursache

Musiker überzeuge, der überzeuge auch das Publi-

kum.

Zum

Dirigieren gehören

müßige Frage, wenn

sie

Hände. Nur Hände oder auch

„grundsätzlich“ gestellt werde. Jeder Dirigent müsse

für sich selbst beantworten.

Das „Wunderkind“

hatte den Stab in der

ersten Jahre der zweiten Karriere wollte der junge Dirigent

Händen mittle

modellieren.

ein Taktstock? Eine

Dann habe

er eines

sie

Hand. Die

Musik nur mit den

Tages eingesehen, der Taktstock ver-

den Musikern die Anregungen des Dirigenten subtiler und präziser,

schneller

und

künstlerisch ökonomischer als die bloße

mehr mit weniger Mitteln

erreichen,

Hand. Man könne

den Musikern Tempo, Farbe und

viel alles

andere mit einer Bewegung mitteilen. Fünfzig Exemplare hat Maazel ständig „auf Vorrat“. Fall,

daß der

Auf jedem Pult erste zerbricht

liegt ein

zweiter Tatktstock in Reserve für den

oder durch die Luft

fliegt.

Maazel erinnert

sich

an

einen „Rekord“ von 30 zerbrochenen Stäben bei sechs Vorstellungen des Lohengrin

1960

in

Bayreuth. Heute passiere das nicht mehr. Aber den „Flug“ eines

zelschen Taktstocks konnte

man

jüngst bei einer

Maa-

Aufführung von Strawinskys

Petruschka wieder beobachten.

Einen Teil der Vorbereitung macht die Sitzordnung des Orchesters aus, die

Maazel sehr

flexibel

handhabt, werkgerecht und den räumlich-akustischen Gege-

benheiten entsprechend. Bei einigen Mozart-Symphonien etwa sind die zweiten

Geigen rechts vorn

placiert, die sonst links hinter

der Philharmonie,

wo

72

den ersten Geigen

sitzen. In

das Publikum das Orchesterpodium amphitheatralisch

Stimmen höher, damit

umschließt, setzt der Dirigent die tiefen

besser zu

sie

hören sind.

Was

ist

„richtig“ bei der

in der Partitur stehen

und

Wiedergabe von Musik? Gibt

es

die der Dirigent mit seinem Orchester nur auszuführen

Grunde nur Phantasie-

hat? Maazel spricht von „falscher Werktreue“, die im losigkeit entspringe.

Musik

sei nichts

Definitives. Es gebe keine absolut „richti-

gen“ Zeitmaße oder dynamischen Vorschriften. Sie seien

sung der Interpreten und der Zuhörer zu variieren. Ein jeder

ganz gewiß

nicht.

Werk verändere

Zu ihnen

sich in

wenn

ich nicht

mehr von

wenn das Wissen

gangen

ist,

gehört Lorin Maazel

Mangel an Differenzierung kann man ihm

eher eine allzu ausgeprägte Vorliebe

bin,

nach Raum, Verfas-

Je

Aufführung und müsse im Augenblick „stimmen“.

Es gibt Dirigenten, die „al fresco“ musizieren.

„Erst

„eherne Gesetze“, die

für

Nuance. Maazel

die

einer eigenen

nicht vorwerfen,

das so:

sieht

Nuance oder Phrasierung

begeistert

vergessen oder vielmehr in die musikalische Gestalt einge-

dann stimmt

sie.

Dann

musizieren wir wie unbewußt und frei“. Mit

unelastischer Entschiedenheit habe er früher ganz bestimmte Auffassungen bei

einem Orchester durchsetzen wollen. Darüber

Wie

um

ein

kann in

verhält sich Routine

Werk

sich

zum

technisch perfekt zu beherrschen.

Maazel überhaupt

er jetzt hinausgelangt.

Miterleben des Dirigenten? Routine müsse

Das Auswendig-Dirigieren, um das

schließlich

sei

Umweg

optischer

Ablenkung durch

akustisch, nicht optisch eingeprägt. liegt,

Musik

nicht

nur ein „Organisa-

so heftig gestritten werde, sei auch nur

ein Mittel, frei zu sein für die Interpretation aus

den

sein,

Aber Dirigieren ohne Beteiligung

nicht vorstellen. Ein Dirigent, der die

jedem Moment der Aufführung miterlebe,

tor“.

sei

dem

die Partitur.

Wenn

Erlebnis der

Musik ohne

Deren Inhalt habe

die Partitur dennoch auf

er sich

dem

Pult

bezwech:t der Dirigent damit den psychologischen Effekt, den Solisten oder

Chören das Gefühl von

Kann man den Auch im

Sicherheit zu vermitteln.

musikalischen Instinkt beschreiben? Maazel hält es für unmöglidi.

„Zeitalter der Entmystifizierungen“ bleibe hinter den rationalen Erklä-

rungen ein Geheimnis, das nicht enträtselt werden könne. In der Jugend Dirigent ein Musikverständnis wachsen, das sich nicht in seiner

Generation



allein

mehr

an formalen Maßstäben



sieht der

wie vorwiegend

orientiert,

sondern das

Gefühl wieder entdeckt. Dies gelte auch für die Musiker unter den Zwanzigjährigen, die auf der

Suche nach einer „neuen Romantik“

seien.

Müssen Gefühl oder Verstand im Musiker dominieren?

Man

hat von

dem

„kühlen Feuer“, der „kontrollierten Leidenschaft“ des Maazelschen Dirigierens gesprochen und damit die Polarität seines Musizierens angedeutet. Er sagt von sich selbst: „Ich

kann Musik nur machen, wenn

sie

mich ergreift, wenn

ich

mit

73

ganzer Seele dabei sein kann. Aber

ich

mag

kein falsches Pathos, keine falsche

Emotion. Ich bin für Gefühl, aber gegen Sentimentalität. Idi bemühe mich, einem

Werk daß

objektiv zu begegnen

ich

finden

den

eigenes

Temperament

der Komposition erfüllen kann. Ich

so weit

muß

zu zähmen,

deren Herzschlag

und ihn mit dem der Musizierenden und der Hörenden

bringen“.

74

Stil

und mein

in

Einklang

DRITTER

TEIL:

LORIN MAAZEL IM SPIEGEL DER KRITIK

k

%

I 1

Die kritischen Zitate sind aus einem umfangreichen, für die losen Archiv so ausgewählt worden,

der Welt

daß

„Wanderfahre"'

Musik-Metropolen

die meisten Debüts in den

und möglichst verschiedene Aspekte

nicht lücken-

doku-

hei der Beurteilung des Musikers

mentiert werden.

DIRIGENTEN-DEBÜT An

einem Tag dieser Woche

trat ein achtjähriger

Haar vor das Universitäts-Symphonie-Orchester und

beherrscht

originell die

und Zuhörer waren leinikoff, der

zutiefst

Junge mit dunklen Augen und lockigem

und

des Sommer-Semesters

dirigierte

Unvollendete Symphonie von Schubert. Orchestermitglieder

von

seiner Leistung beeindruckt, aber Dr. Vladimir

berühmte Dirigent und Lehrer des Jungen, sah mehr darin

Baka-

nur eine

als

eindrucksvolle jugendliche Leistung. Er sah in ihr dieselbe Originalität, die er bei Jascha

Heifetz bemerkte,

als er

den großen Geiger

als

Wunderkind

Maazel

spielen hörte. Lorin

war der Junge, der das große Orchester mit der Kraft und Interpretation

eines erfahrenen

Dirigenten durch die schwierige Symphonie führte, ein faszinierender Anfang seiner Karriere, die

ihm

jedes Jahr weitere Erfolge bringen wird.

(Besprechung nach Probe) The Daily Star Mirror,

Moscow

(Idaho), 25.

6.

1938

GEIGER-DEBÜT Michael Arenstein, der berühmte erste Cellospieler des Portland-Symphonie-Orchesters, teilte gestern

in

abend seinen Triumph mit dem achtjährigen Lorin Maazel,

als er

mit ihm

einem gemeinsamen Konzert auftrat, begleitet von dem Universitäts-Symphonie-

Der

Orchester, das der international bekannte Dirigent Vladimir Bakaleinikoff leitete. kleine Lorin

Maazel erwies schon

ren Konzert eine lange

abend wurde

er viele

seine musikalische Vielseitigkeit, als er in

Symphonie

dirigierte.

Male gerufen, was

Nach seinem

einem frühe-

Auftritt als Geiger gestern

er mit der Ernsthaftigkeit

und Ruhe

eines reifen

The Daily News Review, Moscow (Idaho),

Künstlers aufnahm.

19. 7.

1938

erneut zu berichten:

dem

DAS WUNDERKIND Vom

irritierendsten aller musikalischen

Wunderkind. In bald auf der

dieser

New

Gattung

Phänomene

gilt

es

gibt es jetzt einen besonderen Fall: Lorin Maazel, der

Yorker Weltausstellung auftreten wird. Er

Paganini redivivus noch ein Pianist oder ein Knabensopran willen, Dirigent!

Und

natürlich dirigiert er auswendig.

Lorin Maazel dirigierte in Interlochen

mit aller wünschenswerten

9 Jahre

ist .

.

.

Lorin

ist,

weder

um

ein

Gottes



Maddys zusammengestelltes

Ausgeglichenheit und

alt,

Autorität.

Seine

Oberschulorchester musikalisdie

Auf-

fassung der Unvollendeten von Schubert kann schwerlich in Frage gestellt werden. Er interpretierte

Schlag

und

die

Schubert-Symphonie mit klarem, festem, zugleich aber elastischem

einer Beständigkeit des

Tempos, das nur gelegentlich durdi eine

völlig gerecht-

77

und

fertigte

richtig

angewandte Nuance abgeändert wurde.

Eingang des zweiten Themas, das plötzlich

Änderung

kommt und

Da

fast

der Streldier

unmittelbar nach

Aber der Eingang

dieses

dem Horn-Ton und den beiden Modulationsakkorden

kommt, kann das Maß

und unnachgiebigen Schlag

den

völlig zu Recht nicht mit einer

des bestehenden AIlegro-Tempos angezeigt wird.

Themas, der

gibt es beispielsweise

Bedeutung durch einen absolut strengen

seiner

wäre einem Lehrer

des Dirigenten verlieren. Es

ein Leichtes

gewesen, Maazel auf diese Stelle aufmerksam zu machen, ihm ein hörbares RItardando

werden kann,

vorzuschreiben,

was einem Kind, das

und durch

übermäßiges Rallentando, welches ein gedankenloses Kind bereitwillig

ein

schnell imitiert, leicht belgebradit

wiederholen würde, den Satz zu verderben. Nun, dieser besonderen Gelegenheit eben

Passage erforderlich

ist,

darauf, was vorausging

es

war

Tempoabweichung,

die feine

genau erreicht wurde. Aber das

und

folgte.

Thema

der das neue

dem eröffnenden

Besten der

Augen-

Nuance, und dann

schien

Schlag des Taktes zu landen,

einführt.

Auch seinen Sinn für das Orchester-Gleichgewicht den Klang der einzelnen Orchestergruppen

Er gab mit dem Bruchteil

sprach.

zum

für den Bruchteil eines

blicks zurückgehalten, das Ordiester reagierte sofort auf diese

der Taktstock leicht wie eine Feder auf

die

unwahrschelnlldi Im Hinblick

ist

Der Taktschlag wurde

nur Glück, daß bei

vielleicht

ließ

Maazel erkennen. Er kontrollierte

genau dem Grad, der der Situation ent-

In

eines Augenblicks die Einsätze jener Instrumente

im

voraus, die Unterstützung durch eine vorweggreifende Geste des Dirigenten benötigen.

Kurz, er handelte wie ein junger Dirigent, der

Man muß

sich

natürlich vergegenwärtigen,

wurde, entweder die

leichteste

sich in

seinem Metier auskennt.

daß das Dirigieren, wie einmal bemerkt

oder die schwerste Aufgabe der Welt

Dirigent nur den Takt schlägt, ohne das Orchester zu kontrollieren. rig,

wenn

er

Leicht,

hundert Menschen eine musikalische Auffassung vermitteln und

inspirieren soll, die

sie

dazu

Musik mit der Glut der Emotion des Komponisten zu Interpretieren

und wiederzuerschaffen.

Werken

wenn der Ausnehmend schwieist.

Um

richtig eingeschätzt

zu werden,

verschiedener Komponisten gehört werden,

was

muß Maazel sein

sich

in

verschiedenen

rasch erweiterndes

Repertoire leicht möglich machen wird.

Olin Downes, The

New York

Times,

Sommer 1939

WELTAUSSTELLUNG Lorln Maazel dirigierte ein Orchester von 140 Jugendlichen. Dies war sein erstes Auftreten

Im Osten Amerikas.

Das Orchester war zusammengesetzt aus Studenten des „National Music Camp“ Interlochen (Michigan).

in



„Maestro“ Maazels Teil des Programms bestand aus Tschalkowskys Slawischem Marsch,

den

er

keiten

ohne Partitur

dirigierte.

Es war zwar schwierig, das wahre

Ausmaß

seiner Fähig-

wegen der herrschenden Umstände zu erkennen, aber der Junge hat zweifellos

ein außergewöhnliches Talent.

Der Knabe und

zeigte einen klaren, gebieterischen Schlag, akkuraten musikalischen Instinkt

eine richtige Einschätzung der

Dynamik. J. S.,

78

New

York Herald Tribüne,

19. 8.

1939

Viele Musikliebhaber müssen mit

gewesen

sein

dem Werk

von dem klaren Erfassen

Haar, der so

und

eifrig

und dementsprechend beeindruckt

vertraut

den Jungen mit dem lockigen

seines Inhalts durck

Aufgabe nachging und dabei keine Partitur

begeistert seiner

benutzte.

Lorins Dirigieren ließ ein überraschendes für

Pauken und

Maß

zum Ende

tiefe Streicher bis

an Autorität von den Eingangs-Takten

Werkes erkennen. Es

des

schwer, die Musiker seinen Intentionen folgen zu lassen,

darüber, was er von ihnen wollte. Sein Taktschlag

obwohl nur beschränkt

war

und

er ließ sie nicht

und bestimmt,

klar

waren sowohl energisch wie

variiert,

ihm

fiel

nicht

im Zweifel

seine Gesten,

aucli graziös.

Besonders

bewundernswert war die Wahl der Tempi und die unnachgiebige Strenge, mit der beibehalten wurden. Er gab wenige, aber sinnvolle linken

Hand, um

Details wie das klug erreichte

Crescendo der Übergangspassage, die

stürmischen, Teils der

zum Hauptthema

als in

nicht

ganz

realisiert

zurückführt, zustandezubringen.

Partitur

und

seine Fähigkeit, mit ihr

dem

der subtil erreichten Pianissimo-Stille vor

Wenn

zusammenfassenden Schluß.

Coda

und ausreichende Signale mit der

Diminuendo zum Trio und das große

Nirgendwo wurde jedoch Lorins Verständnis der umzugehen, deutlicher erkennbar

sie

Höhepunkt

der große

des

Andante-

wurde, so hatten doch die folgenden Vivace-Partien

des Schlusses die notwendige Lebhaftigkeit

und den dramatischen Impuls.

Erwiesenes wirkliches Talent: Infolge des benutzten Verstärkertyps kann nicht viel über die Tonausgeglichenheit gesagt werden, aber die Aufführung als Ganzes zeigte das tatsächliche Talent des Dirigenten

und

die lobenswerte Arbeit der gutgeschulten Spieler.

The

New

York Times,

19. 8.

1939

MILWAUKEE Was

er tat

und wie

er es tat

— das

ließ

den Abend zu einem überwältigenden Ereignis

werden. Er dirigierte oiicht nur einen Satz der Symphonie, die Barbirolli hier vor kurzer Zeit aufführte, sondern auch eine

Wagner-Ouvertüre und dazu 2 Sätze aus Tschaikow-

skys Nußknacker-Suite. Alles auswendig! Als ob das noch nicht der spielte er selbst ein

Wunder genug wäre,

Violinkonzert von Bach, natürlich auch auswendig.

Das war kein junges menschliches Metronom, das nur den Takt

schlug für ein erfahrenes

Orchester. Hier stand ein pausbäckiges, eifriges Kind, das sich der Botschaft der

und

ihrer

Bedeutung bewußt war, die Musiker so

dirigierte,

daß

sie alle

Musik

Nuancen und

erforderlichen Schattierungen herausbrachten, das zeitweise ungestüme Crescendi herausholte,

dem

Orchester „freien Lauf“ ließ und die Kontrolle erneut übernahm,

der Ausdruck der Musik änderte, geben. Es schien unglaublich,

um dem

Wem

es passiert

Ordnung und

BEI

Milwaukee

sidi

Gelassenheit zu

und der Gedanke daran, was für große Begabungen

Natur schaffen kann, machte uns demütig.

DEBÜT

Spiel wieder

wenn

die

Post, 7. 12. 1940

TOSCANINIS NBC ORCHESTRA

wäre, im Radio die Bemerkungen von Dr. Black und des Ansagers

zu verpassen, der hätte das Konzert sehr wahrscheinlich im Glauben gehört,

es sei

von

79

einem erfahrenen Musiker im normalen Dirigentenalter

geleitet

worden. Er hätte be-

merkt, daß das Orchester in guter Form, sein Spiel klar, gut proportioniert und koordi-

daß

niert war,

die

Symphonie (Mendelssohns

phrasiert interpretiert wurde,

wenn auch

Jahre alten Dika Newlin

lied der 17

dabei nicht sentimental dargeboten

nidit allzu variabel



zum Ausdruck

seine Technik, seinen

Das Konzert

nicht

zeigte auch,

Partituren gut kannte

Programm konnte zwar

umfassend erweisen, wohl aber seine Qualität als

und wußte, was

Tempoangaben waren

ausdrucksvoll,

und

gut ver-

in

bemerkenswerter Art

Musiker demonstrieren.

er wollte. Seine klaren

sicher

sich

die Fähigkeiten eines

daß ihm das Dirigieren Freude macht, daß

Gefühl von begründetem Vertrauen und Autorität, die Einsätze und



wurde und daß Dirigent und Orchester

Geschmack und

und gut

im Tempo, daß das Wiegen-

vor acht Jahren komponiert

standen bei der Wagner-Ouvertüre. Das Dirigenten

Italienische) geistvoll, geradlinig

sich

er Orchester

und

Gesten vermittelten das

im Konzert bestätigten;

seine

sinnvoll.

Francis D. Perkins,

New

York Heralä Tribüne,

1941

7. 7.

PITTSBURGH Lorin eröffnete das Konzert mit der

— lebendig

das Publikum einfiel. Es folgten Webers

dirigierten

— Nationalhymne,

F reischütz-OuveriÜTe. und

in die

Tanz

ein orientalischer

von Hall Mclntyre Maddin von der Musik-Fakultät der Universität von Idaho, Rlmsklj

Korsakows Capriccio Espagnol und

Liszts

Symphonische Dichtung Les Preluäes.

Es zählte nickt so sehr, was dieser fabelhafte Junge dirigierte, sondern wie er

und noch dazu auswendig. Einige mögen

sagen,

daß

man kann

nur durch bloße Übung so dirigieren wie Lorin. Nein, dieses Kind hat sehr

was

seine



Junge mit

dieser strubbelhaarlge

den braunen Augen einfach die Technik des Dirigierens gelernt hat. Aber

es tat

nickt

mehr,

viel

ungewöhnliche Fähigkeiten vergrößert.

Nennen wir

es

ruhig das brennende, unauslöschliche Feuer des Genies.

besitzt Lorin eine

Auf jeden

Fall

angeborene Liebe zur Musik und eine unbegreifbare emotionelle Glut.

Sie erscheint kontrolliert

beim Dirigieren und bewirkt Wunder

bei der

Hervorbringung

von Musik. Seine Gesten sind inspirierte Bewegungen, die unmittelbare Antworten beim Orchester

hervorrufen.

Man

spürt, er arbeitet unter

dem

leidenschaftlichen

Drang glühenden

Eifers.

In den Proben achtet er genauestens auf Details des Rhythmus’, der Tonqualität, der

Nuancen, der Dynamik, des einzelnen und gesamten instrumentalen Gleichgewichts. In Konzerten wie gestern abend werden

alle diese

Elemente sowie seine brillante Dirigier-

technik einer ausdrucksvollen Musik-Wiedergabe untergeordnet

und

einverleibt.

Ralph Lewando, The Pittsburgh

Press, 13.

1.

1942

DEBÜT BEIM NEW YORK PHILHARMONIC ORCHESTRA Ein 12jähriger Knabe aus Pittsburgh dirigierte gestern das ehrwürdige

New York

Philharmonie Orchestra vor 8500 begeisterten Zuhörern. Der Knabe war Lorin Maazel, er

80

gab sein Debüt vor einem Manhattan-Auditorium im Lewisohn-Stadion. Ungewöhn-

lidi

war daran, daß Lorin ebenso

sehr das Ordiester wie das

Publikum beeindrudkte. Die

Ordiester-Musiker spielten nidit nur willig und gut im Konzert,

sie

waren auch von

sei-

nen Proben angetan. „Er kannte die Partitur auswendig“, sagte Konzertmeister John Corigliano, „und er wußte, wie er das erreidien könnte, was er wollte.“ Seine Dirigier-Technik

war

Einsatz anzuzeigen, aber

war

exzellent

wenn

und geschmeidig. Er beging

er eine Passage

nicht

den Fehler, jeden

oder ein jSoloinstrument hervorhob, dann

es richtig.

Das Programm

enthielt äußerst bekannte

Werke wie

die Ouvertüre zu

Mozarts Die

Hochzeit des Figaro, die fünfte Symphonie Beethovens, die Nußknacker-Suite und den Slawischen Marsch von Tschaikowsky. Die Wiedergabe bestach durch jugendliche Frische. Associated Press,

6. 8.

1942

PHILADELPHIA Siebentausend Besucher hatten

sich gestern

Hood

im Rohin

Dell versammelt,

um

den

13jährigen Dirigenten Lorin Maazel und die 12jährige Pianistin Sondra Bianca zu hören.

Der junge Maazel

ist

und Rimskij-Korsakows Capriccio Espagnol ständnis, wie

man

Sinn, sein sicherer

sie

und

Wie

ein erstaunlicher Musiker.

einem Kind

musizierte, das zeugte

seines Alters nicht



kultivierter Stil

er Beethovens

alles

Egmont-Ouvenüre von Reife und Ver-

Zutrauen würde. Sein rhythmischer

stempelt ihn zu einem Höchstes verspre-

chenden jugendlichen Musiker und nicht bloß zu einem Wunderkind, das vor das Publi-

kum

gezerrt wird,

um

eine Sensation abzugeben.

Max

de Schauensee, Philadelphia Bulletin News,

Sommer 1943

KANADA Die Mauern des Theaters Saint-Denis vibrierten gestern abend von den Beifallsstürmen

und Ovationen,

die das

Debüt

in

Montreal eines musikalischen Genies

feierten, das sich

Lorin Maazel nennt.

Die glücklichen Hörer werden niemals die persönliche Art vergessen,

Knabe Tschaikowskys Slawischen Marsch hören zug mit intensivem Kolorit, einer

vom

ließ.

ersten bis

in

der dieser

Er machte daraus einen Triumph-

zum

letzten

Takt durchgehaltenen

Lebendigkeit, einer herrlichen und unfehlbaren Mannigfaltigkeit im Rhythmus.

kann

dies

Man

nur mit den Leistungen der besten nach Montreal gekommenen Dirigenten ver-

gleichen.

Nach der Glinka-Ouvertüre, werten ausgearbeitet erklang,

die mit allen Feinheiten

und vollkommen

nahm Lorin Maazel den Nachmittag

eines

den er ohne den geringsten Schatten eines Zögerns oder Schwankens Interpretation wird später dieses

es

Werkes offenbaren könnte. Aber

und strahlenden Musik, mit

kommen;

dem

wäre ungeheuerlich, wenn in der Italienischen

ln ihren Farb-

Fauns

dirigierte.

ein

in Angriff,

Die

tiefere

Kind das Wesen

Symphonie, einer melodiösen

zeigte der Kleine tatsächlich seine Souveränität.

Im

Schlußsatz

Saltarello gelang es ihm, Einzelheiten herauszustellen, die bei namhafteren

Dirigenten oft verloren gehen.

La

Presse, Montreal, 18. 3.

1944

81

GEIGER-DEBÜT MIT SOLOABEND Sein Spiel zeigt überragendes technisches Können, ein ungewöhnlidies Gedächtnis für

Noten und Anweisungen, umfassende Kenntnis der musikalischen Dynamik und gegenwärtigen Stadium seiner Entwicklung gegenüber, wie

es scheint, als

Bemühen um





im

noch mehr Gehorsam seinem Meister

eigene Interpretation.

habe plötzliche Nuancenänderungen und exzellente Kontraste gehört, die jedodi

Ich

mehr durch das Lockmittel

des Effekts als durch die Folgerichtigkeit der tatsächlichen

musikalischen Entwicklung der vorliegenden Partitur veranlaßt erscheinen.

Das

sind

Zeichen seiner Jugend. Wir werden sein Wachsen mit wirklichem Interesse verfolgen.

Fred

Pittsburgh

J. Lissfelt,

Sunday Telegraph,

1. 5.

1946

OFFIZIELLES DEBÜT DES QUARTETTS Es war das Eröffnungskonzert des „Fine Arts String Quartet of Pittsburgh“ mit Lorln

Maazel und

Max

Man

Haydns D-dur-Quartett, Mozarts C-dur-Quintett

spielte

Mandel, Violinen, Sidney Cohen, Viola, und Aldo Parisot, Cello. unter Mitwirkung von

Vladimir Bakaleinikoff, Viola, und Debussys Quartett.

Man muß Pittsburgh er spielt,

Es

Symphony

Arts String Quartet“ rechnen. Jeder Spieler

Orchestra, jeder ein hervorragender Musiker

ist

Mitglied des

und der Musik,

die

ganz ergeben.

eine

ist

dem „Fine

mit

Gruppe von jungen Menschen. Alle

sind mit Begeisterung dabei. Sie zeichnen

durch Ensemblegeist und Werktreue gegenüber den gespielten Kompositionen aus.

sich

Die Aufrichtigkeit, mit der

sie sich

die

Musik aneignen, und

die

haftigkeit, mit der sie deren Ziele erreichen, sind glückliche

Tätigkeit. Es

Und

hat.

sie

die beste

ist sicherlich

Gruppe

bewundernswerte Ernst-

Vorboten ihrer künftigen

ihrer Art, die dieser Bezirk hervorgebracht

verdient vollste Unterstützung wegen der Qualität ihrer Leistung.

Ralph Lewando, The Pittsburgh

Press,

Dezember 1949

ASSISTENZ-DIRIGENT Maazel

Mr.

Bach-Callliets

dirigierte

g-moll-Fuge

(„Kleine

Fuge“)

Symphonie von Schostakowitsch. Dieser junge Mann hat schon vor langem ten-Sporen verdient, das

New York

gierte.

Hier hat

als er

das

NBC

Symphony

er

und jeden neuen Einsatz

wird

82

je

sie

erste

seine Dirigen-

Orchestra, das San Francisco Orchestra, diri-

den Posten des Assistenz-Dirigenten inne, aber seine Kenntnisse und als dieser Titel

Das Bach-Werk wurde mit Kraft und

es,

die

Philharmonie Symphony und das Pittsburgh Symphony Orchestra

Fähigkeiten reidien weiter

und versteht

und

dirigiert.

vermuten

läßt.

detaillierter

Maazel hat

Aufmerksamkeit für jede Phase

ein feines

Gefühl für musikalische Werte

herauszubringen. Seine bewundernswerte technische Geschiddichkeit

nach den interpretatorischen Forderungen sublimiert.

Die Schostakowitsdi-Komposition Musiker. Aber

sie

den

zeigt

damals

nocli

hat sidi im Laufe der Jahre abgenutzt.

Mr. Maazel aufwühlend

und

dirigierte

die Orcbestermusiker

imaginativ-schöpferischen

Das

zu merken, obwohl

ist

ihm exzellent

Ralph Lewando, The Pittsburgh

folgten.

Press,

1. 4.

1930

BERKSHIRE MUSIC FESTIVAL IN 'TANGLEWOOD Den Abschluß

Psalmensymphonie. Ihre einzigartige Verbindung

bildete Strawinskys

einer gewissen harten ikonenhaften Unbeweglichkeit mit wilder Primitivität

des Gefühls

Musik

ein

wurde

und ganz von Maazel ausgedrückt. Er drang

voll

und formte

ihre

leitete eine

Ausmaß werden

das Wesen dieser

Aufführung mit Meisterhand. Olin Downes, The

Er

In

und Tiefe

Aufführung, die erkennen

daß

ließ,

New

York Times,

er ein Dirigent

29. 7. 1951

von beachtlichem

wird. Seine Interpretation zeigte Verständnis und ein Gefühl für die

Bedeutung dieser anspruchsvollen Musik. Die Ausgewogenheit zwischen vokalen und instrumentalen Partien, die Klarheit der Details und der dynamlsdien Schattierungen

waren bewundernswert. Francis D. Perkins,

New

York Herald Tribüne,

29. 7. 1951

START IN ITALIEN Wirklich außergewöhnlich dieser Mozart, den wir gestern abend im Auditorium gehört haben.

Und wenn wesen

ist,

der Mozart der /«pifer-Symphonie auch nicht der gewohnte Mozart ge-

von jahrhundertelangen Traditionen geweiht, so hatte

Kraft und Jugendlichkeit in

Menuett haben uns

in einer

sich.

Das

leidenschaftlidi sinnliche

er doch eine nie gehörte

Andante und das

füllige

allgemein bekannten Partitur unerwartete Möglichkeiten und

Tonarten von profunder Menschlichkeit offenbart. Es war ein Mozart voller Dramatik im Gegensatz

zum

sonst bekannten Mozart.

M.

Und

L., //

dafür danken wir

dem jungen

Quotidiano Sardo, Cagliari,

Maestro.

10. 6.

1954

BEETHOVEN Im Teatro Verdi ist,

die

stellte sich

der 25jährige Dirigent Lorin Maazel vor, der schon dabei

Grenze zur Berühmtheit zu überschreiten. In einem umfangreichen und bedeuten-

den Programm mit Werken von Mozart, Beethoven, Ravel und Bartök demonstrierte die Fähigkeit, sich mit

Komponisten der verschiedenartigsten

Die Probe aufs Exempel

stellte

seiner

bewußt

ist,

Von Anfang an Aufgabe dem Orchester und dem

hohen Qualitäten

bewies der wunderbare junge Mann, daß er voll

zu machen.

Beethovens fünfte Symphonie dar. Mit ihr gab Lorin

Maazel den überzeugenden Beweis

Publikum gegenüber

Stile vertraut

er

indem

sich seiner

als Dirigent.

er interpretatorische Freiheit

nur Innerhalb

der genau beachteten formalen Gesetze entfaltete.

83

Die Dramatik der Fünften hat Maazel ganz im Sinne Beethovens mit einem Feuer

kühn über

interpretiert, das sidi

die Traditionen der Darbietung dieses erhabenen

Werkes

hinwegsetzt, ohne auch nur im geringsten den tieferen Absichten einer Inspiration untreu

zu werden, die den Gedanken

zum

Weldie Schönheit

in Schönheit überführt.

letzten Taktschlag hatte das große

Werk Beethovens

in dieser

vom

ersten bis

Aufführung, die

außergewöhnlicher Weise die farblichen und rhythmisdien Einzelheiten genauestens II

spektierte!

Corriere di Trieste, 29.

5.

in re-

1955

DEBÜT IN MAILAND Gestern abend

stellte sich

dirigierte in der Scala ein

Lorin Maazel, das einstige Wunderkind, in Mailand vor. Er

symphonisches Konzert mit einem Erfolg, wie ihn wenige

seines Alters erzielen.

Lorin Maazel besitzt außergewöhnliche Musikalität, eine vollendete Dirigiertechnik, einen leidenschaftlichen künstlerischen Ernst

und

ein hervorragendes Stilgefühl



macht ihn zu einem Dirigenten mit sehr bemerkenswerter Gegenwart und R. M.,

Zukunft.

//

Popolo

all

das

sicherer

di Milano, 18. 6.

1955

DEBÜT IN ROM Das römisdie Publikum hat einen neuen Dirigenten, Lorin Maazel, kennengelernt. Die Begegnung

erste

ist

sehr glücklich verlaufen mit stürmischem

Applaus für einen Inter-

preten, zu dessen bemerkenswerten Qualitäten audi blendende Vorbereitung

zu einem ungewöhnlichen Programm gehören. des Hauses, der Phantastischen

Skrjabins

und Mut

— Das Programm mit Beethovens

Symphonie von

Poeme de VExtase zeugt vom Einsatz

Berlioz,

Weihe

Honeggers Pacific 231 und

des Interpreten, seiner

Ablehnung des

bloßen Effekts und leichter Erfolge. Dieses Repertoire gewann an Bedeutung durch den jugendlichen Enthusiasmus, mit

Mir hat besonders

Symphonie sdie

Traum

gefallen eines

die

dem

der Dirigent

es interpretierte.

Begegnung mit dem romantisdien Ideal

in

der Phantastischen

und das Poeme de VExtase von Skrjabin, der bewegende musikali-

anderen Sohnes der Romantik, der

ln seiner

extremen Sprache die un-

ausgeschöpfte Qual seiner Ambitionen als moderner Künstler auszudrücLen suchte.

R. R.,

//

Messaggero,

Rom,

14. 3.

1955

DEBÜT IN WIEN Der amerlkanisdie Dirigent Lorin Maazel wurde

gefeiert

wie sonst nur Karajan. Wiens

Musikfreunde haben gestern abend im Konzerthaus einen Dirigenten kennengelernt, dessen außergewöhnliche musikalische lers

und

technische

— Es war eine — Lorin Maazel

doppelt bewundernswert erscheinen mußten.

Blick,

und

sie hielt bis

zur letzten Minute an.

Gaben durch

die

Jugend des Künst-

Liebe auf den ersten ist

dieser Liebe wert.

Ein eminenter Künstler, der Musik im Blut, die Partituren im Kopf und das Orchester in der

84

Hand

hat. In der stablosen

Hand,

die dessenungeachtet mit beispielhafter rhyth-

misdier Präzision und Gewandheit taktiert, während die Linke alle Einsätze zuwirft,

Akzente

Phrasen und Schattierungen vorformt und nadizeichnet. Das

setzt,

schieht mit angeborener

kung.

Da

Hand

ging,

Eleganz der Bewegungen und geschultem Sinn für optische Wir-

damit aber auch eine faszinierende Realisierung der gespielten Werke

war gegen

ge-

alles

Hand

in

die grandiose Schau nichts einzuwenden.

Faszinierend gelang Maazel schon Strawinskys Petrußchka-Suhe, die in gedämpfter

Farbenpracht erglühte und

alle Schärfe

und Prägnanz

G

interpretierte der Dirigent Ravels Klavierkonzert in tischer Poesie

und

und harter

und

erstes

Konzert

ohne solche Überzeugungskraft) anzuwenden

und

siegte.

— einen Abend

Lorin Maazel hat

ist

und

sofort mit

dem

Großen Konzerthaussaal mit Enthusias-

noch sehr jung, etwas über Zwanzig, elegant, virtuos und mit Energie ge-

laden. Seine Überlegenheit über das Orchester dirigiert

ohne

viel

schen Schnörkeln der Finger

dem

in

eines

die,

geborenen Orchesterführers.

wahrer Dynamo, aus dem

Winken der Hände und in den malerirhythmische Festigkeit und große Deutlichkeit.

einfachen

Kraft,

ist

Seine Energie spüren das Publikum ein

ist

Theater mit einfachen Bewegungen, die nur auf Höhepunkten des

Klangs weiter ausfahren, aber

die

sein

in

füllte.

Maazel

ist

geleitet

1955

von Strawlnsky, einen glänzenden Sieg davongetragen,

der wie der Erfolg eines alten Stardirigenten den

Er



9. 12.

Wien

unbekannter Dirigent

als

man

pflegt.

Neuer Kurier^ Wien,

der Wiener Symphoniker

ersten Stück, der Petruschka-Suite

mus

Spannung

faszinierend, weil reich an innerer

-ibe-.

dirigierte

Mischung von roman-

Überakzente und einiger Tempomodifizierungen, wie

etlicher

allerdings auch hier (freilich

Er kam,

in seiner

einem großen Konzept gebaut, war auch die Wiedergabe von Beet-

folgerichtig nach

hovens Fünfter: trotz sie

Brillanz;

des Ausdrucks hatte; faszinierend

und das Orchester

ins

in gleicher Weise.

Der Künstler

Orchester Ströme von Elektrizität fließen

Zuhörer Ströme von größter Spannung.

Seit

und

den ersten Konzerten Karajans hat

jedenfalls ein solches Dirigententalent nicht ln einem

in

man

Wiener Konzertsaal gesehen. mg, Weltpresse, Wien,

9. 12.

1955

DEBÜT IN BERLIN Junger Dirigent schlug

ein:

Mit einem Riesenprogramm führte

gent Lorin Maazel in Berlin ein



und zwar höchst

den Taktstock, und was sofort für ihn einnimmt, das

sich

erfolgreich.

ist

seine

der blutjunge Diri-

Maazel verzichtet auf

überzeugend auf die Musik

zugeschnittene körperliche Wendigkeit. Alle Achtung vor diesem Fünfundzwanzigjährigen, der seine Partituren verblüffend sicher

modernen Werken

Mag

sein,

daß

im Kopf hat und

selbst bei anspruchsvollen

nicht einen Augenblick die Herrschaft über das Orchester verliert.

er

bei

Haydns

c-moll-Sinfonie von

Drang-Schöpfung, noch nicht ganz

in die Tiefen der

1791, einer echten Sturm-und-

Musik

lotet.

Strawinskys Gesang

der Nachtigall aber, entstanden aus des Komponisten Märchenoper nach Andersen und als dreiteiliger reiner

Instrumentalsatz nicht

frei

von Längen, kommt mit seinem exoti-

85

sehen Zauber

und mit den Melismen des kammermusikalisch aufgelockerten Orchesters

zu bester Wirkung. Hervorragend gelungen und eine Prachtleistung des Orchesters wie des Dirigenten

dann

Wiedergabe des Poeme de PExtase von Skrjabin,

die

eines

Mon-

strums von Klangschwelgerei, das, obschon Strawinskys kühler Musik zeitlidi benachbart,

den Tristan-Rausch übersteigert und

in

der

Harmonik

schon nach neuen Ufern

Erwin Kroll, Der Tag,

strebt.

Berlin, 3. 3.

1956

Ein Konzert des RIAS-Symphonie-Orchesters, das besondere Beachtung verdiente, denn es

brachte eine Entdeckung. Dirigent



war Lorin Maazel

ein Künstler, in

dem

sich

einmal wieder die Musikalität, das technische Können und die geistige Universalität zu vereinigen scheinen, die nötig sind, bleiben

soll.

wenn

unsere große symphonische Tradition

Ein zweieinhalbstündiges Programm, das von

reichte, eine Interpretationsleistung, die peinliche

Haydn

bis

am Leben

zu Strawinsky

Genauigkeit und Klarheit mit subtilem

Klangsinn und stürmischem Furor des Gefühles verband.

Werner Oehlmann, Der Tagesspiegel,

(Weitere Berliner Kritiken sind zu Beginn des

6.

Berlin, 3. 3. 1956

Kapitels des Lebenslaufes

zitiert.)

HAMBURG Abend mit Meisterwerken der Zwölftontechnik (Schönberg, Dallapiccola und Roger Sessions).

Den Färb- und Ausdrudcsreichtum, Effekte, die rhythmischen

und

die phantastischen

und dynamischen Spannungen

originellen Instrumentations-

interpretatorisch auszuwerten,

war

die

sich

das NDR-Sinfonieorchester bedingungslos anvertrauen durfte. Eine phänomenale

Aufgabe des jungen Gastdirigenten Lorin Maazel, dessen überlegener Führung

Begabung gehört dazu,

ein solches

Programm auswendig zu

Partitur förmlich vor sich zu sehen, so plastisch modellierte

sah

man

eine so präzise

und

detaillierte Schlagtechnik

dirigieren.

Maazel

Man

glaubte die

die Figuren. Selten

ohne Stab, eine

so formvollendete,

doch nie auf Wirkung bedachte Haltung. Sabine Tomzig, Hamburger Abendblatt,

2. 5.

1957

STOCKHOLM Mahler, interpretiert von einem 27jährigen.

Chor und

die Solisten?

War

es

dompteure unserer Tage? Nein,

es

war als

einer der

berühmten Orchester-

ein 27jähriger, ein junger

Mann,

dessen

Züge

mit Beethoven hatten. Er heißt Lorin Maazel.

ihn als eine Sensation bezeichnen.

Der Abend gehörte Symphonie) und

86

dirigerte das verstärkte Orchester, den

Bruno Walter? Oder

mehr Ähnlichkeit mit James Dean

Man kann

Wer

nicht

nicht

den beiden erstklassigen Sängerinnen

dem hervorragenden

Orchester



er gehörte

(in

Mahlers zweiter

Lorin Maazel.

Man

hat Ursache, daran zu glauben, daß er nach diesem ersten Besuch bei der Konzert-

vereinigung bald wieder

kommen

wird.

Per- Anders Hellquist, Svenska Daghladet, Stockholm, 14. 11. 1957

MAHLER Junge Dirigenten, die überzeugen: Als Lorin Maazel

man: das

ist

ein

Mann, der

Male

bei uns gewesen,

fanatischen Musiker

den besonderen

Stil

Ich bin gar nicht

und

und Gestalter zu geben, der

die

Nun

als

ist

Wirkung hat

vertieft.

sich

Nichts an diesem

Idee hinter ihr steht.

immer einverstanden. Es



gibt in

Maazels Zeichengebung

Momente

oft

Mozartdeutung Gewaltsamkeiten wie das

breite

trifft.

Andantezeitmaß, wie die allzu scharf

den höchsten Maßstab anlegen, denn das Gefühl für Mozart

ist

man muß

sie

da,

und

es

schon

wird phänome-

natürlich bleibt.

Dann, nach der Pause, das entscheidende Erlebnis: Mahlers hört

vielleicht,

Es gibt auch in seiner

glitzernden Triller im Finale der C-dur-Symphonie Kochel 200. Aber

es



der Überspannung, in denen der

Wille sich verkrampft und die ekstatische Energie ins Leere

wo immer

zum

der Siebenundzwanzigjährige

Durchschnitt; er hat die Fähigkeit, jeder Partitur

ist

weil er auf den Taktstock verzichtet

nal übertragen,

wußte

vorstellte,

eigene musikalische Konzeptionen mit außergewöhnlichen

technischen Mitteln zu übertragen versteht. dritten

sich in Berlin

erste

Symphonie. Maazel

dem Ohr des modern geschulten Musikers, er läßt die Kontraste aufeinanderdaß man erschrickt vor so viel Dramatik und Leidenschaft. Er überschärft die

mit

prallen,

Farben: jedes Trompetensolo, jede Oboenmelodie wirkt wie ein Inbegriff des Instruments. Das Blech wird mitunter zu jazzartigen Klangspitzen getrieben.

Wesentlich aber

ist

der Aufbau dieser riesigen Symphonie-Maße. Die 55 Minuten sind

randvoll mit geistigen Abenteuern der aufregendsten Art;

würdigen Rausch sprechen dafür.

da.^

Denn

Gehen wir diese

man

in

sitzt

einem merk-

einer Mahler-Renaissance entgegen? Viele Anzeichen

Musik

ist

frisch

wie

am

ersten Tag,

wenn

ein kongenialer

Kapellmeister wie Maazel ihren Geist zu beschwören weiß.

H. H. Stuckenschmidt, Die Welt,

Berlin, 9. 5. 1957

BESANgON Dompteur, Zauberer, Dichter dirigiert

ohne Taktstock, jede



Lorin Maazel versetzt das Publikum ins Delirium. Er

seiner Gesten,

auch

wenn

sie

exzessiv scheint,

ist

von

wunderbarer Wirksamkeit. Eine stählerne Energie, ein feuriges Temperament, eine Intelligenz, die analysiert und keine Konzession erlaubt, erzielen beim herrlichen Orchestre National einen klanglichen

Reichtum und eine suggestive Macht, die der immer ersehnten und heit sehr

nahe kommen. In Besan^on haben

bis

selten erreichten

Wahr-

heute nur ein Furtwängler, ein Schuricht,

Argenta oder Kubelik in ihren besten Momenten uns solche Augenblicke der Befreiung geschenkt.

Aber

die Spontaneität der

hörtes, Übermenschliches hinzu.

Jugend Maazels fügt dem noch etwas Neues, UnerJacques Kreisler, La Re publique, 13.

9.

1958

87

DEUTER DER UNDEUTBAREN MUSIK dem Philharmonisdien Orchester kormte keine Überwar Bestätigung der alarmierenden und in steigendem

Lorln Maazels erstes Konzert mit raschung mehr bringen, aber

Maße bannenden Symphoniker

der

vermittelte: hier

Mann,

am

Eindrücke, die der junge Dirigent nach und nach

unentwickelbar fertig ist

es

der,

seit

wird

dem

ist

eine Dirigierbegabung, wie wir sie so spontan

er seinen

Weg

den

so weitergehen,

Technik und Persönlichkeit bestimmen wird. Das

Summe

Gewinn

dieses

und

Auftreten des jungen Karajan nidit erlebt haben; hier Stil

der symphonischen Inter-

Argumente Talent,

pretation für die nächsten Jahrzehnte kraft der unwiderlegbaren

aber die

Pult der Radio-

mag

prätentiös klingen. Zieht

man

der früheren Konzerte mit Schubert, Mahler, Strawinsky und rechnet den

Abends mit Strauss und Brahms dazu,

so ergibt sich ein Bereidi, dessen

Beherrschung nicht durch Formeln wie Virtuosentum, Frühreife, Spezialbegabung abzutun

ist.

und wer Bei

Namen

Jene

bezeichnen einen beträchtlichen Teil der großen und größten Musik,

darin auskennt, verdient als universale Natur ernstgenommen zu werden.

sich

Brahms

ist

dann das Tragische, das Ungelöste und Unlösbare der romantischen

Lebensspannung, von vornherein Grundklang. Mit die in schmerzlicher

Symphonie

dem

Verkrampfung zum Hauptthema

Auftakt, den Bläserakkorden,

hinleiten,

ist

klar,

nicht als Idylle oder als rührende Elegie gedeutet wird.

daß

Auch

die f-moll-

hier Schärfe

der thematischen Formulierung, analysierendes Ausarbeiten des Details, aus

dem

überraschend das Erlebnis des Ganzen ergibt; das Klangbild wird unversehens Spiegelbild des psychischen Prozesses, den

und

bis

zum

Brahms

verhaltenen, nur gleichsam bis

Schlußsatzes steht der

in die

Form

zum Dämmerlicht

Hörer im Banne des Geheimnisses, das

sich

zum

der Symphonie faßte,

aufhellenden Epilog des

bei aller Klarheit der Mit-

teilung unenthüllt, unprofaniert bleibt. Dieser Sinn für das Essentielle, nicht zu Inter-

pretierende, seine

ist

aber die stärkste Kraft des Interpreten Lorin Maazel, die Gabe, die an

große Rolle

als

Deuter der großen, undeutbaren Musik glauben

Werner Oehlmann, Der Tagesspiegel,

GEIGER

läßt.

Berlin, 10.

1.

1959

UND DIRIGENT ZUGLEICH

Die eigentlichen Schwerpunkte des Abends lagen im ersten Teil des Programms. Als sein eigener Solist spielte der Dirigent Bachs a-moll-Violinkonzert, das er gleichzeitig,

wie sonst der Maestro

am Cembalo,

mit der Geige in der

Beweis einer Doppelbegabung, die heute Bis auf ein paar geringfügige risch

in dieser

Schwankungen im

Hand

leitete: erstaunlicher

Form ungewöhnlich ersten Satz

ist.

war das Ergebnis

künstle-

durchaus überzeugend: nicht nur deshalb, weil Maazel seinen Violinpart makellos

beherrschte

und überlegen

Star-Ehrgeiz

sich als

gestaltete,

sondern vor allem auch darum, weil er ohne jeden

primus inter pares in die Musiziergemeinschaft seines

zierten Ensembles einfügte

und mit ihm im Dienste

stilvoll

redu-

einer lebendig durchpulsten Wieder-

gabe zu echter Gemeinschaft verschmolz.

Heinz Joachim, Die Welt,

88

Berlin, 28. 4. 1959

Prol>L‘ in

ilt-r

DcliiscIkmi C'Jpcr Ik-rlin;

S. 90/^^l:

Proben im

I

laus des

Kimdiunks

Berlin

S9

92

zugunsten UNICKI- mit dem C^rdicstre de Monte C^arlo 1969 in Paris

Konzert

Mit dem Nippon Orchestra 1970 in Japan

S.

94:

Philharmonia

95: Verdis Requiem 1968 mit Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin und den Solisten Pilar Lorengar, Christa Ludwig, Carlo Bergonzi und Ezio Flagello S.

93

96

Mit

I’rau

Israda 1970

MOZART

IN PARIS

Der Erfolg von Lorin Maazel mit Brahms im fjew

und

war

Name

tatsächlich sensationell, sein

zeigte,

letzten Jahr

und noch mehr mit Proko-

den ganzen Winter über im Gespräch

blieb

welchen Eindrude er hinterlassen hatte.

Die Autorität von Lorin Maazel junge Dirigent ,der weniger

ist

ungeheuer eindrucksvoll,

30 Jahre

als

alt ist

um

und ohne Taktstock

so mehr, als dieser

dirigiert, seine

Gesten

weitgehend gemäßigt hat. Sie sind bisweilen von beispielhafter Zurückhaltung und immer

wirksam und glaubwürdig.

präzise,

Bei der 40.

Symphonie von Mozart zögert Maazel

Mensdi der zweiten Hälfte des

als

Tempi zu nehmen, aber das macht nichts, da es ihm da er das Fieber des Allegro am Anfang versteht und

20. Jahrhunderts nicht, schnelle gelingt, alles singen

zu

lassen,

ausdrückt, da er alle feinen Einzelheiten des langsamen Satzes kennt, das Finale leuchten läßt, ohne einen einzigen

Moment,

die sich daraus abzeichnen soll, aus als

Emotion,

ein Detail eines jeden Instruments, die

den Augen zu verlieren. Es macht

und uns von den

ausgezeichneter Mozartkenner zeigt

Takten an

ersten

da er

nichts,

alles

sich

fühlen

was den präromantischen Mozart der g-moll-Symphonie vom sublim ätherisdien

läßt,

Mozart des Konzerts für Klarinette

trennt. Dieses Konzert,

Ulysse Delecluse, dargebracht, wird

als

Kammermusik

von einem idealen

behandelt: keine

Solisten,

Wirkung wird

erzwungen, die Klarinette, deren delikater Klang an den einer Geige oder eines Alts innert,

wird perfekt herausgestellt

Ich Hebe keine Prophezeiungen.



Talente falsche

ich

in

einem subtilen Dialog mit dem Orchester.

Aber

ich frage mich,

zögere nicht zu sagen: Genies

Werte nur zu häufig

er-



dieser

ob das 20. Jahrhundert schon

Spannweite auf dem Pult,

wo

Illusion sind, erlebt hat oder noch erleben wird.

Jacques Kreisler, La Republique, 11.

9.

1959

r

4

DEBÜT IN BAYREUTH

'

Lorin Maazel, der erstmals

am

Bayreuther Dirigentenpult stand, gab der Aufführung

des Lohengrin nach etwas matterem Beginn ein

Höchstmaß an dramatischer Spannung,

formaler Ausgewogenheit und klanglicher Transparenz. Auch er

Gewinn

ist

zweifellos ein großer

für die Festspiele als einer der markantesten Vertreter der jungen Generation.

Heinz Joachim, Die Welt, Hamburg,

Das frappierendste Ereignis der Bayreuther

Festspiele

1960

ist

27. 7.

1960

der Auftritt des sehr

jungen Dirigenten Lorin Maazel.

Die absolute Musik scheint ihm gegenwärtig noch nidit so sehr zu

liegen, jedoch

ist

er

hervorragend in den romantischen Werken der Programm-Musik oder jenen, die poetische

und dramatische Bedeutung

besitzen.

Man

Oper zuwenden werde. Man erwartete hingegen ersten

Male

in seiner

nidit,

daß

dieser junge

daß

er sich der

Mann, der zum

noch nicht langen Karriere in den voller Fallen steckenden Orchester-

graben des Bayreuther Festspielhauses

und mit

hatte daher erwartet,

stieg, eine so erstaunliche

einer Autorität dirigieren würde, als sei er mit den

Meistersdiaft entfalten

Bedingungen des Hauses

seit

97

langem vertraut. Dieses Debüt von Lorin Maazel

den Wagner-Festspielen 1960 wird

bei

eine der größten Sensationen des Jahres bleiben.

Er hat

Wiederaufnahme des Lohengrin

sich in einer

Lorin Maazel gelang stilistischen Einheit

es,

den Lohengrin

wunderbarer Dirigent erwiesen.

als

unerwarteten Größe und ungewohnten

in einer

zu präsentieren. Er offenbarte Subllmität, Schönheit und ein

Gefühl, das für den oberflädilichen,

tiefes

gründlicher in die Partitur vertiefenden

sich nicht

Betrachter ein wenig zu fehlen scheint.

Das eben hat Lorin Maazel

erreicht, aber

wenn

um

er sich

die Partitur

bemüht

hat, so

doch mit der größten Einfachheit und Mäßigung, in einem äußerst reinen, uneigennützi-

gen Geist und ohne die Schauspielerei, die er sonst gelegentlich der Dirigent in Bayreuth nicht zu sehen

Ist:

zeigt.

ein unerbittlicher Test

Man

weiß, daß

für jene, deren

— wie häufig die Maazels — vor dem Publikum zur Schau zu die — wie Maazel — Musik machen. Seine Interpretaaber auch ein Test für

Schwäche

es ist

,

stel-

sich

jene,

len,

tion überzeugt durch die nicht nachlassende Intensität seines ausdrucksvollen Musizierens,

durch unwiderstehliche Gestaltung und die Richtigkeit seiner Akzente, den bewunderns-

wert dramatischen Charakter der Tempi, das wunderbare Gleichgewicht der Orchesterinstrumente, ein Gleichgewicht, in welchem die Dosierung der verschiedenen Klangfarben

und Tonkomplexe der Harmonie

volle

Bedeutung gibt und auch mit erstaunlicher Trans-

parenz Wirkungen herausstellt, auf die

man

bisher nicht

Immer genügend

Es war ein großer Abend für die Karriere von Lorin Maazel. schönste Interpretation

es die

von Lohengrin,

Was mich

Schlechtes Jahr in Salzburg, Sensation In Bayreuth:

als

Vom

Paris, 24. 8.

Sensation bezeichnet werden.

Zum

ersten

war mir

klar,

daß Lorin Maazel

Er hat das Versprechen

nicht

Male

am

mehr nur

bereits eingelöst

1960

Bayreuth

in der Geschichte dieses ältesten aller

Pult.



Am

Ende

Abends

des langen

ein „vielversprechender junger Dirigent“

und behauptet

sich

auf der internationalen

Everett Helm, San Francisco Sunday Chronicle, 11

Musik-Szene.

war

amerikanischen Standpunkt

die Einstudierung des Lohengrin bei den Richard-Wagner-Festsplelen In

europäischen Festspiele stand ein Amerikaner

sei.

betrifft,

die Ich je gehört habe.

Claude Rostand, Carrefour,

muß

geachtet hat.

.

9.

1960

PARIS

Man

„belauerte“ ein bißchen Lorin Maazel, der in diesem

hervorgetreten war.

Atmen

gelassen.

Damals

hatte er

dem

Solisten Christian

Nichts davon diesmal gegenüber

Quixote von Richard Strauss oder

in

Sommer

dem

In

Monte Carlo

zum beim Don

Ferras keine Zeit

Solisten

Torteller

den Werken von Brahms (oh die bezaubernde, allzu

lange Serenade!) und von Wagner. Die Präzision, das Gedächtnis, die Musikalität und die Kraft des jungen Dirigenten grenzen ans

nur, er

Denn

möge

sich ein

Wunderbare. Ich persönlldi wünsdie ihm

wenig mehr der Leitung durch Traum und Instinkt überlassen.

die Intelligenz hat ihre Grenzen, das Gefühl nicht.

Clarendon, Figaro, Paris, 26.

98

10.

1960

LONDON Was Maazels madite tigte



— ,

Leistung in der Symphonie Nr. 2 c-moll von Mahler so außerordentlidt

abgesehen davon, wie er diese riesige symphonische Struktur geistig bewäl-

war

Mahlers

die Sensibilität, mit der er

und Phrasierung

Anweisungen für Dynamik

detaillierte

beachtete.

Angesichts einiger beklagenswerter Mahler-Aufführungen des

unter seinem ständigen Dirigenten hatte virtuosen Wiedergabe wie in der letzten

man

BBC Symphony

eigentlich nicht geglaubt,

Woche

daß

Orchestra

es einer so

fähig wäre. Maazel befreite es von seinen

gewohnten Hemmungen. Die Musiker trafen akzentuierte Noten mit pointierter Schärfe, unterwarfen

den ausbrechenden Glissandi, und der Streicher-Ton war voll

sich völlig

und ausdrucksvoll: von seidigem Glanz im zweiten

Satz, hart

und

schroff

im

ersten.

Mit den beiden ausgezeichneten Solistinnen Josephine Veasey und Maureen Forrester

dem

sowie mit

und konzentriert singenden BBC-Chor wurde das Finale zu

lebhaft

einem überwältigenden Triumphlied ungestümen Jubels. Es war eine der erstaunlichsten Aufführungen, die

gehört habe.

ick je

Wie

typisck,

daß Maazel, der im Laufe der

sieben Jahre jedes führende europäische Orchester dirigiert hat, erst jetzt sein

Edmund

Debüt gab.

Tracey, The Observer, London,

letzten

Londoner 4.

12 1960

DEBÜT IN BOSTON Mr. Maazel gab

sein

Debüt

in

Boston, und das

war

jedem Sinne ein glückliches

in

Ereignis.

Die zweite Symphonie von Brahms war die haben, und wir haben

sie

lyrischste, die

wir

seit

vielen Jahren gehört

von ebensovielen Dirigenten innerhalb

oft gehört, fünfmal

von fünf Jahren. Sein Taktschlag

aufkommen über

ist

bemerkenswert

seiije

klar, seine

Gesten sparsam. Er läßt keinen Zweifel

dynamischen Vorstellungen, und seine Aufmerksamkeit gegenüber

Details enthüllt einen poetischen Ordnungssinn.

Er zeigte einige Besonderheiten

— welcher Dirigent hat

sie

nicht?

Weit auseinander ge-

spreizte Finger, Schnörkel in der Luft bei einem sonst klaren Schlag, eine

Tendenz zur

theatralischen Pause sind zu erkennen, aber sie wirken nicht ablenkend. Sie sind organischer Bestandteil eines ausgereiften persönlichen Dirigierstils.

Maazel gab der Brahms-Symphonie eine ganz eigene Beredsamkeit. Das Programm offenbarte interessanterweise die gleichen Zeitmaße (14V2,

Dr. Münch: Maazel

klang

als

nahm zwar den

8, 5

und 9 Minuten) wie

bei

Coda

er-

ersten Satz sehr viel schneller, aber die

ausdrucksvoll ausschwingende Melodie. Die rhapsodische Struktur des Werkes

erreichte eine Interpretation romantischer Freiheit, Phrasierungen, traste

wurden

subtil gesetzt.

Akzente und Kon-

Es war eine ausgezeichnete Aufführung.

Robert Taylor, The Boston Herald,

10. 12.

1960

AUSTRALIEN Gastspiel im Capitol als Dirigent des A.B.C. Orchestra: Keiner, der diesem Konzert

aufmerksam zugehört

hat,

wird überrascht

sein

von Maazels Erfolgen

ln

den Muslk-

99

Zentren der nördlichen Hemisphäre. Er

ist

dynamisch und

vom Kopf

Feuer und Leidenschaft des Herzens werden

Maazel zeigte zur Genüge

sein feines

kontrolliert.

Gefühl für Balance und Proportionen. Ich kann

mich an keine Aufführung dieser Beethoven-Ouvertüre (Leonore III) erinnern, die ruhige, zugleich majestätische

Aber

inspiriert das Orchester.

in

welcher

und umfangreiche Eröffnungspassage nach dem

ersten

schmetternden Akkord so bedeutungsvoll, so dramatisch und sensibel dargeboten wurde. Ebenfalls,

um

genau zu

sein,

auch an kein so wildes, bewegendes Finale, wie

Maazel gab.

Fidelio,

Lorin Maazels zweites Konzert beim Sydney

The West Australian,

Symphony

daran, daß er einer der sensationell begabtesten Dirigenten

haben. Sein

Programm

die andere zu

setzte sich aus

uns

es

11. 3.

1961

Orchestra ließ keinen Zweifel ist,

die je dieses

zwei Symphonien zusammen: eine

Land

fast

besucht

zu sehr und

wenig bekannt.

In Schuberts Unvollendeter Symphonie, die oft, aber selten wirklich gut gespielt wird, erreichte er jene sehnsuchtsvolle Poesie, die sonst

gewann dem Orchester einen wunderbaren Ton

Dazu

zu oft

in Sentimentalität abgleitet,

und

ab.

bewältigte er die ausladende neunte Symphonie Mahlers in einem kühnen, weit-

räumigen

Stil,

ohne jedoch Details zu vernachlässigen.

Es gab eine Intensität und einen Impetus in seiner Interpretation, die sogar die lang-

gezogenen und wiederholenden Passagen zu bannender Wirkung brachten.

M.

L.,

Daily Telegraph, Sydney, 10.

4.

1961

WIENER PHILHARMONIKER Karajans Absage führte Lorin Maazel an die Spitze unserer Philharmoniker, einen von jenen dirigiertechnischen nebst Fähigkeit

Wundermännern,

und Fertigkeit auch

die Notenschrift

dem

und

Orchester

ist

in ihrer

genau und gewissenhaft nach, und

wahres Vergnügen, ihm zuzusehen, wie er

wie

er

Art weiterzubilden.

äußerst präzise und unmißverständlich. Sie zeichnet

jedes Vortragsaviso

hauchdünnen Piano ausklingt, wie

und

die Entschlossenheit mitbringen, die Tradition der

großen Musikdarstellung fortzusetzen und Seine Aktion vor

die in den letzten Jahren angetreten sind

er das

es bewerkstelligt,

es ist ein

daß etwa eine Phrase im

Tempo zurücknlmmmt

oder beschleunigt und

den Gesamteinsatz der Kräfte vorbereitet und durchführt.

Nicht so

leicht ist die Persönlichkeit des

Fassade seiner brillanten Technik

liegt,

Künstlers zu erfassen und das, was hinter der

die sich wie ein attraktives

und

effektvolles Schau-

Was geht im Innern vor? Ist der Musiksinn, der seine Vor- und Darstellungen in Gang setzt, mehr im Kopf oder im Herzen verankert? Oder genügt er sich selbst und folgt einzig dem Antrieb, der von ihm selbst ausgeht, also einer absolut fenster ausnimmt.

musikalischen Kraft?

Diese Kraft verleiht

dem

Dirigenten jedenfalls eine erstaunliche Überlegenheit und was

das philharmonische Konzert davon an Proben bot, waren Beispiele vollendeten Musizierens.

Die g-moll-Symphonie von Mozart erklang

in

der Korrektheit einer Schall-

plattenaufnahme. Jede Nuance, jede Betonung, jeder Akzent hatte den richtigen Wert

100

und saß am die

richtigen Platz. Vielleicht

kann man

sagen,

daß der

erste Satz ein

in

Schumannsche Auffassung von der griechisch-schwebenden Grazie tendierte, aber aus

dem männlich und kraftvoll auftretenden Menuett und dem Finale war aus dem Bereich der Mozartschen g-moll-Taktik zu vernehmen. Unübertrefflicdi

Dirigenten wie

und

dem

und zu

auch ein Echo

gelangen die zwei Debussy-Tonbilder, sowohl

meisterlich

dem

hinreißend spielenden Orchester: Prelude ä Papres-miäi d'un Faune

und La mer. Alle Feinheiten, Kostbarkeiten und ten

wenig

locken, die Farbentupfer

und

Subtilitäten des Stils fingen an zu leuch-

Pinselstriche

wurden lebendig und

sdilossen sich

zusammen zu den bezaubernden und rauschhaften Musikvisionen. Kr., Die Presse, 21.

5.

1962

BACH Die deutsche Musikübung hat

mus zu

stellen;

sidi

gewöhnt, Bach unter den Gesichtspunkt des Historis-

barock oder romantisck, mit Cembalo, kleiner Besetzung und „objekti-

viertem“ Vortrag oder mit ungehemmt ausschweifender Klang- und Ausdrucksfülle das

ist

bei uns die Frage. Lorin

Maazel hat



allen durch diese Fragestellung vorbelasteten

Interpreten die Unbefangenheit voraus, die sich ausschließlich auf den Notentext als absoluten, abstrakten

Wert stützen kann. Er eröffnete

sein zweites diesjähriges

Konzert

mit den Philharmonikern mit Bachs vierter, verhältnismäßig selten aufgeführter Orchestersuite

die

und

suchte in ihr nichts als die drängende, „kinetische“ Energie der Linienzüge,

Kühnheit der kontrapunktischen Verschränkungen, die Urkraft des Rhythmus, die

sich in

der schreitenden Gravität der Ouvertüre ebenso wie in der spielerischen Diffe-

renzierung der Tanzformen bezeugt. Er gab, in der scharf konturierten, von Trompetenstößen durchschnittenen Klarheit des Satzbildes, das sich über

dem Granit

der Bässe auf-

baut (herrlich die melodische Intensität der Oboen und Fagotte in der zweiten Bourre),

den großen, überzeitlichen, absoluten Bach, wie wir ihn erlebt haben.

Daß

Jvlaazel

geben kann, daß wirklich

der einzige Dirigent alle

ist,

Klemperer kaum jemals

seit

der einen Sechzehntel-Auftakt so

Instrumente haargenau Zusammenkommen,

Werner Oehlmann, Der Tagesspiegel,

läufig zu bemerken.

ist

nur bei-

Berlin, 3. 6. 1962

ROSENKAVALIER AN DER MET Die feingesponnene musikalische Produktion unterlag der unmittelbaren Führung des jungen Lorin Maazel

— einer Führung, die

sich

durch absolute Beherrschung der Partitur

auszeichnete. Ich

die

war wieder einmal

zutiefst

von Maazel beeindruckt. Er

erzielte eine

Transparenz,

von Innerem Feuer und wachsamer Kontrolle des Details durdileuchtet war. Der

Dirigent schien ein herzliches Gespräch mit der Marschallin zu führen.

Louis Biancolll, World-T eie gram and Sun,

New

York, 20.

11.

1962

LENINGRAD Leonid Kogan, der berühmte sowjetische Geiger, sagte über Maazel: „Er ein Dirigent, sondern ein Musiker, der auf

dem

ist

nicht nur

Ordiester spielt“. Diese Fähigkeit, sldi

101

mit

Orchester zu identifizieren, rief ebenfalls hohes Lob bei den Mitgliedern des

dem

The

Leningrader Symphonie-Orchesters hervor.

New

York Times,

14. 5.

1963

MOSKAU kamen nach dem Konzert

Sowjetische Dirigenten

Maazel mit weit mehr sowjetischen Kritiker

als

in

um

Scharen hinter die Bühne,

den üblichen russischen Superlativen zu gratulieren. Die

waren verblüfft über das Auswendig-Dirigieren.

Nach dem zweiten Satz der Symphonie (Mahlers zweite) konnte das Publikum seine Begeisterung nicht länger zurückhalten, setzte sich über Traditionen hinweg und brach in

Applaus und Bravorufe

aus.

Einige der lautesten Rufe

kamen von Musikstudenten,

die in

den Gängen standen oder

über der Brüstung der Galerie hingen.

Ungefähr 200 Studenten versuchten heute im Laufe des Tages gelangen.

Im

in die

Handgemenge mit den Saalwächtern

entstehenden

keiten, sich zu identifizieren

und

hatte

Maazel Schwierig-

Gebäude zu

die Erlaubnis zu erlangen, das

The

Orchesterproben zu

New York

betreten.

Times, 22.

5.

1963

Die Kunst des Dirigierens erfordert nicht nur Talent. Eine nicht geringe Rolle spielen Reife und Erfahrung des Dirigenten.

Ohne

diese Qualitäten

ist

eine klare geistige Durch-

dringung der Komposition nicht möglich.

Die echte schöpferische Reife

erreicht der Dirigent wesentlich später als ein anderer

Künstler. Sehr wenige junge Dirigenten können genannt werden, die Talent

und Tempe-

rament mit Weisheit und Umsicht verbinden. Ungeachtet seiner Jugend überzeugte der amerlkanisdie Dirigent Lorin Maazel in seinen ersten

Moskauer Konzerten das

seltene

Zusammentreffen.

Publikum der Hauptstadt eben durch

kritische

dieses

Begeisternd erklangen unter seiner Leitung durch das Staatliche Symphonie-Orchester der

UdSSR

von Schubert und

die Unvollendete

die

monumentale zweite Symphonie von

Mahler. Schon mit den ersten Takten der Schubert-Symphonie vermochte der Dirigent das Publikum zu faszinieren. Selten kann

Prozeß der Ausführung

gung durch

die

turgischen

es

Man

fühlte die grandiose Bestäti-

langsamen und wahrhaft lyrischen Partien der Symphonie. Diese Hin-

einzufühlen, übertrug sich

Hier gelang

einen Interpreten erleben, der durdi den

selbst derart mitgerissen wird.

gabe, diese seltene Fähigkeit, sich

Den größten

man

vom

von den

ersten

Tönen an

völlig in den

Komponisten

Dirigenten auf die Musiker und Zuhörer.

Erfolg brachte die Aufführung der schwierigsten Symphonie Mahlers.

dem

Dirigenten vor allem, die Kontraste der Tondichtung in ihrer drama-

Verknüpfung zu

erhellen.

Das hervorragende Einfühlungsvermögen schön verfolgt werden,

wenn man

in

die

Form

des

Werkes konnte besonders

beobachtete, wie der Dirigent die Kulminationspunkte

zu den Pausen ordnete.

Manchmal

schien

es, als

verständige sich der Dirigent mit den Zuhörern in der Spradie

der Töne, so deutlich waren seine psychologisclien Zielsetzungen.

102

Eine wichtige Rolle für die Sklzzlerung des Dirigenten nicht

um

Bewegungen, sondern darum, daß der Zuhörer, dank der

die Schönheit seiner

„Spannung“ des Dirigenten,

Technik. Es geht

spielt seine

den schöpferischen Prozeß einbezogen wurde, also

selbst in

aktiv in die Welt der dargebotenen Musik eingriff. Mit Leichtigkeit, Genauigkeit

Nuancen wurde

vielfältigen

und

diese für alle Mitglieder des Orchesters „schwierigste“ Parti-

tur interpretiert.

Kyrill Kondraschln (Chefdirigent der

Moskauer Philharm.),

Iswestja,

Moskau, Mai 1963

FIGARO IN SALZBURG Amüsant

bis

zur letzten Note: Als Urheber der erfreulichen Verwandlung, die aus einer

matten Vorstellung eine brillante

schuf, ist In erster Linie der Dirigent

nennen; sein eminentes Talent zeigte

sich

Lorin Maazel zu

diesmal in bester, glücklichster Form. Er

ist

mit

Leib und Seele bei der Sache, mit Geist und Körper sichtbar eingespannt in den Prozeß der musikalischen Darstellung.

um

mit der Musik, wärtig zu

Bühne, kurz,

jede Phrase, jede

bei

sein,

um

fallen zu lassen.

Auf seinem Dirigentenposten

sie sich

fest

er förmlich

überall gegen-

auch nicht das kleinste Partikelchen des Ganzen unbeachtet zu Boden

Einem ruhigeren Gemüt mag

hier ein

und Genauigkeit

Tempo

verhetzt, dort ein

Diktion bilden keine Fehler,

in der

noch

als

wenn

er jung ist?

Zum

Fieinrich Kralik,

reichlich Zeit.

TRISTAN

UND

ist

Daß sein Wann denn

außerordentlich.

Wirkung, die

stört nicht die prächtige

Künstler übersprudeln,

es übt.

Abgeklärt- und Ausgeglichen-

Die Presse, Wien, 31.7. 1963

ISOLDE IN TOKIO

Das größte Lob gebührt dem jungen Dirigenten Lorin Maazel, der Wagners (auf die er

während

des langen

Abends

lebenden Tones übersetzte. Er drang

kommene

Akzent

wie In diesem Falle organisch in ein Konzept, in eine Auffassung elnordnen.

Temperament übersprudelt, sein hat er

um

im Griff zu halten,

Lorin Maazel hat ein Konzept, und seine Dirigentenleistung

soll ein

und hüpft

den Instrumentalisten im Orchester wie bei den Sängern auf der

überspitzt erscheinen, aber Schärfe

wenn

Note

tanzt

fast

tief in

kaum

sah)

wunderbar

den Geist der Musik

Partitur

In die Wirklichkeit des

ein; er behielt eine voll-

Kontrolle über das Orchester und die Bühne und hielt alle musikalischen Kräfte

überlegen in seiner Leitung zusammen.

Hans

E. Pringshelm, Asahi

Evening News, Tokio, 28.

10.

1963

Ein denkwürdiger Tristan: Die musikalische Aufführung unter Leitung des jungen amerikanischen Dirigenten Lorin Maazel war glänzend. Das Orchester beschwor die Tiefe

und Leldensdiaft der Musik. Maazel

dirigierte die beiden ersten

nur für den dritten Akt ließ er die Partitur aufgeschlagen vor voller

Wärme und

auf die Sänger

mit

sidi riß.



sich.

Akte auswendig,

Seine Leitung

war

glühender Vorstellungskraft. Er zeigte auch äußerste Rücksichtnahme

vor allem

in

jenen Momenten, in denen das

Marcel

Grilll,

wogende Ordiester

The Japan Times,

8.

11.

alles

1963

1C3

Maazel hat schon

Europa, sogar

in

In

man

Bayreuth, und in Amerika gezeigt, daß

um ihm

auf seine grauen Schläfen zu warten braucht,

nicht

Opern anvertrauen zu

schwierigste

können.

Er kennt diese Oper, und das beinhaltet mehr

als

musikalischen Anweisungen. Er fühlt Instinktiv, wie

nur das Kennen Ihrer Noten und

man den Sängern

The Yomicuri,

unterstützt verständnisvoll ihre Auftritte.

FIDELIO IM ORIGINAL IN

muß und

helfen

14. 11.

ROM

In Beethovens Fidelio überwindet Genie die Tradition: Lorln Maazel, dessen Internationalen

Ruhm

Die Partitur wurde keit

die

genießt,

ist

ein technisch einwandfreier

berühmte Ouvertüre Leonore

musiziert.

III mit der

Renzo

SCALA-DEBÜT MIT TRISTAN

Den

Part des

und hochbegabter Dirigent.

Löwen

spielte

Funktion eines Intermezzos

Rosselllnl, II Messaggero,

UND

Name

mit Instrumentaler Leichtig-

in Ihrer Tiefe ausgelotet, ausgeglichen,

und genau gesetzten Akzenten

1963

Maazel,

als er

dirigierte.

Rom,

14. 2.

1964

ISOLDE IM ORIGINAL

Es bleibt die hinreißende Musik, dirigiert von einem jungen Mann, der

Operndiri-

als

gent an der Scala debütiert und ein phantastisches Talent offenbart: Lorln Maazel.

Die Wahrheit

ist,

daß der junge Maazel von Musik durchdrungen

ist

Instrumente In seinen Fingern hat. Das Orchester wird eins mit Ihm,

und sozusagen

Ist

von ihm zu

nicht

Eugenio Montale, Corriere dTnformazione, Mailand, 22./23.

trennen.

alle

12.

1964

NEW YORK Kennzeichen früherer Konzerte sind wieder zu beobachten. Maazel fanatiker, wundervoller Techniker

und ernsthafter Musiker. Wie

auch diesmal den Eindruck, objektiv in seiner Arbeit zu stellt nicht

sein.

ist

ein Präzisions-

bisher hinterläßt er

Er vermeidet die Romantik,

nur die melodischen Elemente einer Partitur, sondern auch ihre Strukturen

heraus. Seine kühle, sparsame Arbeitsweise könnte den Eindruck erwecken, er schaftslos.

Das Gegenteil

ist

sei

leiden-

der Fall. Maazels Dirigieren hat Feuer, aber ein stets kon-

Harold C. Schonberg, The

trolliertes Feuer.

New

York Times,

26. 3. 1965

BERLINER GMD-AUFTAKT MIT TRAVIATA Gewissermaßen

als

Präludium zum Beginn seiner Tätigkeit

der West-Berliner Deutschen

Oper

hatte Lorln

Traviata eine Aufführung von Ravels

im Saal des Senders Freies Berlin.



104

Generalmusikdirektor

Maazel der von ihm neuelnstudierten

VHeure Espagnole vorangehen

lassen,

konzertant

Als das Finale verklungen war, wußte man, daß

musikalischer Esprit, geistreich-ironisches Klangspiel pikanterie Maazels Sache seien

als

und

karikaturistische Instrumental-

— so sehr wie wohl keines zweiten heute

in

Deutschland

wirkenden Dirigenten, und der Jubel darob war groß. Denn sdier

in

den Tiefen symphoni-

Metaphysik schürfende Pultkünstler haben wir hierzulande

viele,

Souveräne des

„Faire plaisir“ aber nur ganz wenige.

Um

so gespannter

wie

Verdis,

Schwermut,

war man daher, wie Lorin Maazel den Leidenschaften und Affekten

zumal der Mischung aus hektisdier Lebensgier und entsagungsvoller

er

als die sie sich in

La Traviata präsentieren,,begegnen würde. Und

er erwies sich auch auf diesem

von Ravels glossierender

siehe da,

Mokanterie

gallisch-spanischer

soweit abliegenden Feld italienischer, zwischen Romantik und Realismus angesiedelter

dramatischer Musik

souverän zuständig. Ich entsinne mich

als

nicht, seit

Toscanini und

Sabata noch einmal eine Traviata von solch verzehrender Intensität und Eindringlichkeit gehört zu haben wie die von Lorin Maazel.

Es versteht

sich bei

einem modernen jungen Dirigenten von

von Leidenschaften und Affekten

stellung

selbst,

daß

Dar-

er die

Emphatik und sentimentalischem

nicht mit

Pathos verwechselt. Die haargenaue Orchesterdeklamation, die scharfe Unterscheidung,

wo

ein

seine

Rubato und wo

ein

Tempo

giusto hingehört, die

Härtung

Aufweichung (ohne daß das von Toscanini immer

„Cantando“ der

so nachdrücklich

geforderte

Ge-

Streicher dabei verloren geht), die agogische Durchmodellierung der

Gespanntheit im Instrumentalen, auch da,

sangslinie, die nie aussetzende dramatische



das Orchester nur mit stereotypen Figuren begleitet Italien selbst keineswegs

immer bewahrte)

sublimierte Aussendung des

Menschlichen schledithin und

alles

Kehlkopfs

dessen,

ist

beste

(obwohl

was

Was

die Ausrichtung des gesamten

ist

Vox humana,

apparats auf die Stimme hin, auf die

das alles

italienische Kapellmeistertradition.

den geborenen Verdi-Dirigenten verrät, das

artistisch

des Klangs eher als

wo in

aber

Klang-

die ja bei Verdi keineswegs nur eine ist,

sondern die Verlautbarung des

seine „Wahrhaftigkeit“

im Guten und

Bösen ausmacht. Maazel gibt den Singstimmen, bei genauester Bindung an Verdis dynamische und das Espressivo betreffende Vorschriften, die Freiheit zu voller Belkanto-Ent-

und

faltung,

die Kunst, die großen melodischen

kommen

herrscht er vollendet. Vielleicht

die

berühmten „colpi

rissenen Tuttiakzente mit massiertem Blech, bei

wie

er in

den Vorspielen

zum

ersten

und

Bögen vom Atem her aufzubauen, besecchi“, die scharf abge-

ihm hin und wieder noch zu

vierten

Akt

heftig.

Aber

die instrumentale Kantilene zu

hödister Expressivität verdichtet (und dabei jeden sentimentalen Drüdcer vermeidet), das beweist, wie er den dramatischen

und wie

er die

(bei aller

Nerv auch

Musik der Gesellschaftsszenen

in Verdis lyrischster brillant, elastisch

Opernpartitur

und

trifft,

pointiert gegen die

Hingabe an den virtuosen Effekt) intimen Herzensbekenntnisse und Gefühls-

ausbrüdie in den Arien und Duetten Violettas und Alfredos absetzt, offenbart sein ge-

naues Wissen

um

die

Verbindung von

realistischen

und romantischen Elementen, die für

die zu ihrer Zeit (1853) in der

damals aktuellen Gegenwart spielende Traviata so charak-

teristisch ist.

K. H. Ruppel, Süddeutsche Zeitimg, München,

8. 10.

1965

WIEDERGUTMACHUNG AN TSCHAIKOWSKY Deutschlands einziger Stardirigent welcher Nationalität dieser junge

Maazel

ist

ist

Mann

kein Deutscher! ist.

Aber über



Kein Mensdi weiß genau,

eins gibt es keine Diskussion: Lorin

ein phantastischer Dirigent.

105

Das beweist

er

mit einer Kassette, deren sechs Platten Tschaikowskys sechs Sinfonien

enthalten. Gespielt mit einer nie zuvor gehörten Präzision

von den Wiener Philharmoni-

Musik vor ihnen gestanden. Dazu kommt

kern, als hätte der liebe Gott der

eine faszi-

nierende Klangschönheit, die auch im härtesten Fortissimo nichts an Klarheit verliert.

Diese Platten machen endlich Schluß mit der üblichen Tradition unserer Dirigenten,

Schminke und Puder über Tschaikowskys angebliche Einfallsarmut zu häufen. Endlich

im Auge des Dirigenten zerdrüchte Träne. Endlich wird Musik

fehlt die geschmäcklerisch

gemacht mit allem, dessen

sie

fähig

ist.

Athletische Brillanz, beherrschte Virtuosität, ehrliche Gefühlstiefe, zupackende

und Unerbittlichkeit des sinfonischen ten

Maazel

Fortschreitens: das sind die

Rhythmik

Tugenden des Dirigen-

— und des Komponisten Tschaikowsky.

Ich zögere keinen Augenblick, die

Neue

Zeit entsprechende zu bezeichnen.

nimmt: das kann man

nicht hoch

Tschaikowsky-Deutung Lorin Maazels Sachlichkeit, die der

als die

Musik kein Jota

unserer

ihrer Tiefe

genug rühmen. Ulrich Schreiber, Mittags Düsseldorf, 28. 12. 1965

WIENER CARMEN Ohne

Hilfe der aufgelegten Partitur dirigierte er einen Bizet, der so klang, wie

wenn

ihn Ravel komponiert hätte: nicht eine rauschende Opernmusik, sondern ein Spiel mit sich nicht

Starre

fand

mischenden Klängen, die einzelnen Stimmen und Akzente in überraschender

und Durchhörbarkeit voneinander

man

oft

abgesetzt.

genug neu, doch nicht verwirrt,

Tempi, Betonungen, Vortragsgestus einem Meisterwerk ein

stets interessierend,

ganz neues Profil abgewinnend. Bald klang diese Musik wie ein Chanson, frech oder todestrunken in frivoler Traurigkeit, bald wie ins Exil versetzte folkloristische Tanzform.

Daß

von der Theaterpraxis

solches bei diesem Stück, das

so festgelegt

Harald Kaufmann, Neue

Es war ein Ereignis.

ist,

Zeit^

möglich wird!

Graz,

16. 2.

1966

ZWEITES OPERN-GASTSPIEL IN JAPAN Lorin Maazel, der 36 Jahre alte Generalmusikdirektor der Oper, bildet eine gute Partnerschaft mit

dem Generalintendanten

Zeitalters“ für die Oper.

Er wird

Sellner bei der Vorbereitung des dritten „goldenen

oft als

Furtwängler

II in Deutscliland

und Toscanini

Asahi Evening News, Tokio,

in Italien hingestellt.

15. 10.

II

1966

RING DES NIBELUNGEN IN BERLIN Glänzend, von noch gesteigerter Qualität, wiederum Lorin Maazels musikalische Leitung. Seine genaue Diktion fordert

sam analytischen Klang steht.

Dabei

bleibt

ausgezeichnet disponierten Orchester einen gleich-

ab, der mit Sellners Regie in

Maazels Musizieren nicht kühl, wie

gement an die Partitur

106

dem

ist

derart,

vollkommener Wechselwirkung

man annehmen

daß Intelligenz und Gefühl

könnte. Sein Enga-

ein überzeugendes

Bündnis

eingehen. Transparenz

und

Gesang und Attacke, Zäsur und Kulmination sind bewundernswert ausge-

forte,

wogen

und Integration, durdibrochener und machtvoller Klang, piano

in einer vortrefflichen

Mixtur aus Kalkül und Spontaneität.

Hans Otto

Mai 1967

Spingel, Opernwelty

TOSCA IN BERLIN

Am

Pult

— mit Recht

Ihm verdankt

dieser

bei

Abend

jedem Aktbeginn wieder herzlich fast alles.

Maazel hat

gefeiert

nicht nur den

Nerv



Lorin Maazel.

für das italienisch

strömende, schmelzende Melos, für rasche Tempowechsel, für wechselnde musikalische Charaktere, sondern er besitzt das wichtigste: Er weiß in jedem Augenblick, wie weit er

zu weit gehen darf. Musikalisch talität

und hohlem Pathos

brillierte

als

hielt er eine faszinierende

Balance zwischen Sentimen-

den extremen Gefahren. Das Orchester der Deutschen Oper

mit Streicherwohllaut, mit präzisen Bledieinsätzen und Schlagzeugparaden

ohnegleichen. So

wurde der Abend vor allem

als

Akt

pretation, als artistische Leistung ein außerordentlicher

geistreicher musikalischer Inter-

Gewinn.

— Sängerische Leistun-

gen indes, die trotz allem von einem Dirigenten dominiert wurden, der mit vorzüglichem

Gesdimadc für

Genre und mit bewundernswertem Einfühlungsvermögen begabt

dieses

Wolfgang Bürde, Der Tagesspiegel,

ist.

Die Brisanz des Dramas garantiert Lorin Maazel es nicht,

am

1969

15. 4.

Pult. Puccini-Sentimentalltät gibt

auch kein gefälliges Herausheben der „schönen Stellen“, dagegen viel Härte,

Präzision, Schlagkraft, brillante Sachlichkeit

und

Dem

eine erstklassige Orchesterleistung.

reformierenden Ernst der musikalischen Leitung, die einen neuen, gar nicht so unmoder-

nen Dramatiker Puccini präsentiert, dienen drei Protagonisten von hohem Rang. Sybill

'

DIE Der Gegensatz zwischen Maazel

Mahlke, Opernwelt, Mai 1969

MACHT DES SCHICKSALS

szenischer

interpretiert Verdis Musik,

und musikalischer Interpretation

Musik des

19. Jahrhunderts,

ist

eklatant. Lorin

im Sinne des

20. Jahr-

dem

hunderts. Sein äußerster Einsatz verlangt das Äußerste an Präzision, er begegnet

romantischen

„Stimmungs“-Begriff mit fanatischer Korrektheit in Artikulation und

Phrasierung. Er tut also sein möglichstes,

Pathos der Tradition zu befreien.

Man

um

hört aus dieser Wiedergabe heraus, daß das

„Destlno“ eine wesentlich rationalere Sache bezeichnet Sybill

„Schicksal“.

Musikalisch

ist

die

als

die

eifert

am

Pult, er

Wort

deutsche Übersetzung

Mahlke, Der Tagesspiegel,

Aufführung makellos vorbereitet und überwiegend

Form. Lorin Maazel herrscht und

vom

die Partitur zu versachlichen, zu klären,

in

8. 2.

1970

glänzender

macht aus der großartigen Ouvertüre

ein Paradestück dramatischer Steigerung, gegen Schluß

mit Lohengrin-Akzenten, die

man 107

von Toscanini, Bruno Walter und Leo Blech

Umgang

Theaterpraxis den begleitenden tenter,

nicht kannte.

Er hat

in

mit Sängern erlernt und

fünf Jahren Berliner ist

heute ein kompe-

an einigen Höhepunkten mitreißender Opernmaestro. Das Orchester, von den

den Oboen- und Klarinettensoli des Vorspiels über die gelockerte

drei Blediakkorden,

Rhythmik der Dorfschänke

bis

zum

feierlidien

Pomp

der Klosterszenen,

Hochform.

ist in

Die Kontrolle und klare Unterscheidung von rezitativischem und melodischem Singen läßt keine Wünsche übrig.

H. H. Stuckenschmidt, Frankfurter Allgemeine Zeitungy

Das Ereignis der Aufführung

ist

jedoch, wie

nen Einstand mit der Traviata gegeben,

Simone Boccanegra

einstudiert

und

des Schicksals. Seine Verdi-Exegese

Verdis

Was

jetzt ist

Maazel

er hat

1970

Er hat vor Jahren

sie dirigiert.

sei-

den Falstaff übernommen, er hat den

— wieder

Sprache

in italienischer

darüber ständig

— die Macht

gereift, seine Affinität

zum Werk

offensichtlich.

ist

seine Interpretation faszinierend macht,

ist

Mischung aus klärender

die genaue

Distanz und Impulsivität, aus Kühle und Feuer. Sie verschweigt lichen

9. 2.

an den köst-

sich nicht

Augenblick der populären „schönen Stellen“. Maazel treibt das

Werk

mit nie er-

lahmender dramatischer Spannkraft voran, ohne darüber auf Finesse zu verzichten. Er kappt Sentimentalität, verknappt das Triviale, aber gibt der lethargischen Melancholie

im Vorspiel zum Kriegsbild ebenso beredten Ausdruck wie den Steigerungen der Ouvertüre oder seltenste

dem

burlesken Parlando. Unter seiner fordernden Leitung

Opernwunder

ein,

von tosendem

Beifall

stellt

begrüßt: Vollkommenheit, die im

Klaus Geitel, Die Welt, Hamburg,

Musikalischen wurzelt.

das

sidi

9. 2.

1970

NEW YORK Eine überraschend große Anzahl von Musikern und Kritikern sind in ihrer Meinung

um

Lorin Maazel gespalten. Einige betrachten ihn

Dirigenten, einen

Mann

als

den talentiertesten der jüngeren

mit einem bestechenden Gedächtnis, enormer Kontrolle, ange-

borener Musikalität und großer Macht. Andere betrachten ihn

„IBM

als

„kalten Fisch“, einen

Dirigenten“, einen Präzisionsfanatiker ohne Seele.

Gestern abend dirigierte Maazel das erste Konzert in einem fünfwöchigen Zyklus mit

den

New

Yorker Philharmonikern und

begabter Dirigent. Sein

bestätigte dabei das

Programm bestand war

dirigerte diese

Sicherheit.

hatte.

Er hält

ten Positionen auf

Er

Er scheint

es nicht

gereifter

phänomenal

Werke mit

Autorität, die

ein Dirigieren höchsten Niveaus.

In gewisser Weise unterschied sich dieser Maazel

York gesehen

als ein

aus Mahlers vierter Symphonie, Strawinskys

Gesang der Nachtigall und Ravels La Valse. Er niemals in Bombast degenerierte. Es

Image

von dem, den man

und abgeklärter,

er hat

zuletzt in

New

mehr Vertrauen und

länger für notwendig, in sorgsam choreographisch einstudier-

dem Podium herumzuhopsen.

scheint zu der

Art des Dirigierens zurückgekehrt zu

sein,

die er als sehr junger

Dirigent hatte: den größten Teil seiner Arbeit mit Handgelenk und Schultern und Körper zu verrichten. In Mahlers Vierter ließ er



fast

Arm

statt

bewegungslos

mit



große Tonkaskaden ertönen, wobei sein Taktstock kurze Bögen schlug. Er benutzte auch

108

eine Partitur für Mahlers Vierte. Früher tat Maazel, der sehr stolz auf sein Gedächtnis ist,

ob

so, als

Ehrensache

es

auswendig zu

sei,

Ganz

dirigieren.

sicher, er ist reifer ge-

worden. Sein Schlag

von George die für den

ist

sehr klar, beinahe buchstabengenau, er ähnelt in dieser Hinsicht fast

Szell. Bei

La Valse

erteilte er eine

ist

er

men,

Lektion in Orchesterrubato, gab der Musik

Wiener Walzer charakteristischen Verzögerungen auf dem zweiten Schlag,

und

perfekt kontrollierte Ritardandi

Wie

delikat markierte Akzente.

üblich verbindet sich in seiner Auffassung eine Konzentration auf Details (darin

übergenau) und ein rhythmischer Antrieb. Er ließ ihn sich logisch

Tempo

in

Durch

vorwärtsbewegen und

den Mahler wunderbar zusam-

hielt

Ende sogar

hielt das

bei sehr

langsamem

den letzten Takten zusammen.

diese

Betonung der Klarheit brachte Maazel

Mahlers Vierter Dinge heraus,

in

die normalerweise verdunkelt bleiben. Nicht ein

Punkt der Partitur wurde

Und dennoch war

Dafür hatte

ein

dem

dies kein exaltierter Vortrag.

er

ausgelassen.

zu große Vitalität und

warmes, jedoch nicht sentimentales Gefühl für den melodischen Zusammenhang.

Auch Strawinskys Nachtigall wurde genauestens unter

die

Lupe genommen. Wieder

konnte jedes Detail klar herausgehört werden, und die Interpretation vermied jede Kühle. Es tut gut, einen Dirigenten von Maazels Können in Hochform zu erleben. Er erscheint jetzt entspannter,

vorher nicht in

dem Maße

und

sein Dirigieren läßt eine Persönlichkeit erkennen, die er

besaß.

Harold C. Schonberg, The

Maazel führt Margalit

New

York Times,

New

Yorker Philharmonikern

d-moll von Richard Strauss, und bewies, daß Sie spielte

Haydn? Konzert

Vollendung des Esprits,

für Klavier

50. Lebensjahres des

all

Überschwangs und Genies von

ein „Wirbelwindstück“, die Burleske in

sie selbst ein „disziplinierter

und Orchester

Sturm“

Strauss, vollendet, als er 21 war.

Handgelenk. Das

ist

ein zuverlässiges

Tag

der Feuerwerkskünste des Strauss-Stückes an den sie bei

Sie

legte.

portionen blieb, niemals übertrieb und das Beste aus

in

und bewegsie

während

gab der Burleske

und Nuancen

jeder Gelegenheit durch Klangfarbe

erkennbar machte. Das Ergebnis war eine Aufführung, die immer

spielte

ist.

D-dur, geschrieben kurz vor

in

Sprungbrett zu ihrer außerordentlichen technischen Beherrschung, die

ebenso eine poetische Natur, die

USA-

abend bei ihrem

Komponisten, und die Verherrlichung jugendlichen

Sie hat ein phantastisch bewegliches liches

1970

bei Strauss

Israela Margalit, eine junge israelische Pianistin, spielte gestern

Debüt mit den

17. 4.

den richtigen Pro-

dem Werk zutage

förderte.

Hier

Jugend eine jugendliche Musik.

Lorin Maazel begleitete mit äußerst sensiblen

dem

Orchester Miss Margalit, die seine Frau

ist,

in

einem

und musikantischen Zusammenspiel. Harriett Johnson,

BORIS Mit Mussorgskys Boris

Godunow

einen durchweg beglückenden

Abend

New

York

Post, 15. 5. 1970

GODUNOW

hat die Deutsche herausgestellt.

Oper nach

längerer Zeit wieder

Die Aufführung hat eine Optimal-

109

besetzung, besser als irgendeine, Karajans Salzburger Aufführung nicht ausgenommen.

Lorin Maazel setzt seinen ganzen Klangsinn und rhythmischen Furor

um

ein,

diese

Premiere audi musikalisch zu einem Ereignis zu machen.

H. H. Studcenschmidt, RIAS

Es in

ist

die

Größe der Anschauung,

Lorin Maazel findet

langen

sie

1.

einnimmt



und

Das Orchesterspiel

ist

den

die für Schostakowitschs Fassung

einen spürsinnigen Interpreten.

Abend hindurch von außerordentlicher

Farbigkeit

1971

Berlin, 17.

und

Intensität.

Das Diskrete

wie das Brutale werden mit gleicher Sicherheit ausgebreitet; das Orgiastische und das

Dezente wachsen

in sorgfältiger

Stufung auf. Der Klang bleibt seidig und schimmernd,

Valeurs werden hauchartig zu prachtvoller Geltung gebracht. Selbst die schmetternden

Hand

Banalitäten des italianisierenden Polen-Bildes erhalten unter Maazels

Klaus Geitel, Die Welt,

großbögigen Schwung.

Der

opernhaft-

Duktus der Schostakowitsch-Mussorgskijschen Tonsprache

klare, schroffe

1971

18. 1.

ist

auf

Lorin Maazels Musizierstil so zugeschnitten wie Rimskijs Klanglichkeit auf die Karajansche

Manier.

Niveau

Und

Sängerensemble stand dem dirigentisdien (und orchestralen)

das

Joachim Matzner, Die

nicht nach.

Lorin Maazel

am

tige Eingriffe in

Zeit, 22. 1. 1971

Pult überzeugte eher durch kluge Disposition, durch geistesgegenwär-

schwankenden Augenblicken,

Wolfgang Bürde, Neue

zur Partitur.

als

insgesamt durch individuellen Zugang

Zeitschrift für

Musik, Mainz, März 1971

MANON LESCAUT Für den dramatischen Elan sorgt Lorin Maazel. Er läßt das Orchester brillieren. Gleich der

Anfang

blitzt in heller Schärfe des Klangs.

gesängen und den schmerzlichen Ausbrüchen öffnet er

Nur manchmal

reißt er das Orchester

Den

alle Schleusen

ekstatischen Liebes-

instrumentaler Glut.

zu schroff und zu plötzlich hoch.

Kurt Westphal, BZ,

Lorin Maazel dirigiert mit

dem

in allen Facetten

Berlin, 27. 2. 1971

passionierten Feuer, das schon seine Tosca in die

Nähe

der Puccini-Aufführungen unter Mitropoulos rückte. Er hat als intellektuell gebildeter

Musiker die symphonische Struktur dieser Musik so genau begriffen wie ihren dramatischen Pulsschlag.

Kundig

in

Fragen der Phrasierung und des Atems, paßt er

sicli

beglei-

tend den Stimmen an.

H. H. Stuckenschmidt, Frankfurter Allgemeine Zeitung,

3. 3.

1971

NPO IN LONDON Es

ist

faszinierend zu beobachten,

wie das

New

Philharmonia Orchestra eine neue

Generation seiner Mahler-Dirigenten herausstellt, da der Schatten der Klemperer-Auf-

110

führungen zu sdiwlnden beginnt. Giulini

Symphonie beim

New

leitete

Philharmonia Orchestra.

abend den ersten Mahler

in seiner

neuen Position

in

dieser Saison seine erste

Und

jetzt

dirigierte

als assoziierter

Mahler-

Maazel gestern

Chefdirigent des

NPO.

Er hatte die freundliche, sonnendurchflutete und sommerliche Vierte gewählt.

Man

sagt,

Maazel

sei

ein kühler Dirigent. Ich

mödite das Adjektiv nicht

und

klar,

als

kann mir

vorstellen

warum, aber

ich

Kritik verstehen. Alle _seine Interpretationen sind exakt

und Klarheit vor allem

besitzt seine Mahler-Auffassung.

Die Streicher klingen

transparent und nie verschwommen, ihre Phrasierungen zeichnen sich durch genaue Artikulation und Polntlerung aus.

Während

bei

die

beschloß der

zum

gekommen wäre, ließ Maazels Suche der individualisierten Töne nach Ruhe kein Ende finden. Ähnlich letzte Satz mit dem Sopran-Solo die Symphonie in einer Stimmung des

Satzes als ein wehender Schleier allmählich

Deutung

Klemperer die Schluß-Phase des langsamen

Erwachens anstatt

in der sonst üblichen des

Gillian

Die Musiker des

NPO

Stillstand

Verdämmerns.

Widdicombe, The Financial Times, London,

12. 2.

1971

12. 2.

1971

waren großartige Partner für Maazel. Alan Blyth, The Times, London,

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