Lernende Organisation [3 ed.] 9783896449207, 9783896732156

Die Fähigkeit zu Lernen ist in den letzten Jahren wohl zu einem der wichtigsten Elemente erfolgreichen Managements gewor

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German Pages 216 [217] Year 2008

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Lernende Organisation [3 ed.]
 9783896449207, 9783896732156

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MANAGEMENTSCHRIFTEN Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein — Hochschule für Wirtschaft

HERAUSGEGEBEN VON BEATE KREMIN-BUCH, FRITZ UNGER HARTMUT WALZ

Lernende Organisation 3., überarb. u. erw. Auflage

Verlag Wissenschaft & Praxis

Lernende Organisation

Managementschriften Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein Hochschule für Wirtschaft

HERAUSGEGEBEN VON BEATE KREMIN-BUCH, FRITZ UNGER HARTMUT WALZ

Band 1

Beate Kremin-Buch, Fritz Unger Hartmut Walz (Hrsg.)

Lernende Organisation 3., überarbeitete und erweiterte Auflage

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-215-6 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2008 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

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Vorwort Diese dritte Auflage von Band 1 der Managementschriften beinhaltet einige fast „klassische“ Beiträge noch aus der ersten Auflage. Einige, nur zu einer bestimmten Zeit aktuelle Beiträge wurden nicht mehr aufgenommen. Neu ist der letzte Beitrag, in dem das Konzept der lernenden Organisation in einen Zusammenhang mit „konkurrierenden“ Ansätzen der neueren Organisationslehre gestellt wird. Trotz teilweise auch berechtigter Kritik scheint das Konzept der lernenden Organisation einen der wenigen Ansätze zu betreffen, der von längerfristiger Bedeutung ist. Wenn es in der Management-Praxis nicht die Bedeutung hat, die es verdient, dann liegt das ohne Zweifel auch daran, dass das Management nicht dazu bereit oder nicht dazu in der Lage ist, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen: Kritikfähigkeit und Offenlegung von Entscheidungsgrundlagen und die radikale Abkehr von allen autoritären Denkstrukturen. Aber selbst bei Fehlen einiger Voraussetzungen muss das Konzept nicht vollständig scheitern, es kann auch in geringerem Maße umgesetzt werden und entsprechend in geringerem Maße seinen Nutzen entfalten. Darum lohnt es sich immer, sich mit diesem Ansatz zu beschäftigen. Die „lernende Organisation“ ist ein evolutionärer Ansatz, welcher dem revolutionären Ansatz des Business Reengineering diametral gegenübersteht. In der geforderten Bereitschaft, grundsätzlich alles in Frage zu stellen, dennoch aber das Bewährte zu erhalten, findet sich eine ganz deutliche Parallele zum kritischen Rationalismus. Es sei auf Hans Albert verweisen: „In diesem Sinne sind alle praktizierten Problemlösungen im Grunde genommen als Provisorien und damit als revidierbar zu betrachten, auch wenn sie in noch so starkem Maße sozial verankert sind (Albert, H.: Traktat über rationale Praxis, Tübingen, 1978, 26 f.). Gleichzeitig verwies Karl Popper auf die Bedeutung der Tradition (auf die Bedeutung des Lernens aus der Vergangenheit auf der Grundlage von vorläufiger Bewährung) ohne deswegen ein Traditionalist sein zu dürfen. Ein solcher besteht auf die Tradition um ihrer selbst willen. Wir wissen längst aus der wissenschaftstheoretischen Diskussion, dass es keine sicheren Grundlagen menschlicher Erkenntnis geben kann, wenn das so ist, dann kann es auch keine sicheren Grundlagen menschlicher Entscheidungen geben. Wenn alle Entscheidungen auf der Grundlage unsicherer, vermutlich auch fehlerhafter und ganz sicher unvollständiger Grundlage getroffen werden, dann kommt es darauf an, etwas eher als die Wettbewerber, etwas fehlerärmere Entscheidungen zu treffen. Wenn aber alle Entscheidungen mehr oder weniger fehlerbehaftet sein müssen, dann lohnt es

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Vorwort

sich immer nach Fehlern zu suchen. Ein (angeblich) japanisches Managementsprichwort lautet: „Fehlersuche ist Schatzsuche“. Aber auch das Konzept der lernenden Organisation bedarf der Kritik, was aus dem letzten Beitrag hervorgeht. Dass das Konzept der lernenden Organisation (und das Bekenntnis dazu) gleichzeitig ein Schlag gegen den Homo Oeconomicus in der Betriebswirtschaftslehre ist, sei nur am Rande erwähnt. Die Herausgeber wünschen sich, dass dieser Band dazu beiträgt, das Wissen, das an der Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein entsteht, weiter zu verbreiten. Wir danken Frau Dipl.-Betriebswirtin (FH) Regina Kalteis für die recht kurzfristig zu realisierenden Formatierungsarbeiten. Dem Gabler-Verlag in Wiesbaden danken wir für die freundliche Genehmigung des Abdrucks größerer Passagen eines Vortrages von Friedrich Bock an unserer Fachhochschule, die teilweise dem Werk „Management der Lernprozesse im Unternehmen“ entnommen sind. Oberstdorf, im August 2007 Fritz Unger im Namen der Herausgeber

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Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................................. 5 Friedrich Bock Lernen als Element der Wettbewerbsstrategie ....................................................... 9 Thomas Bertels Die Lernende Organisation: Modell für das Management des Wandels im Wissenszeitalter........................... 47 Rudolf Dögl Plädoyer und methodischer Ansatz für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement ................................ 101 Manfred König Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit als Basis zur Steigerung der organisatorischen und prozessualen Leistungsfähigkeit von Unternehmen ................................................................ 135 Alexander Unger Neue Ansätze in der Organisation...................................................................... 175 Autorenverzeichnis ............................................................................................ 215

Friedrich Bock

Lernen als Element der Wettbewerbsstrategie

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Lernen als Element der Wettbewerbsstrategie

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Ganzheitlicher Wandel und Nachhaltigkeit der Veränderungen

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Das Modell der Hochleistungsorganisation

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Ist-Zustand und die Vision einer Hochleistungsorganisation

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Organisation und Beherrschung von Lernprozessen

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Vier Phasen im Prozess des organisatorischen Lernens. Der Lernkreislauf

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Visionäre Ausrichtung

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Unterschiedliche Ebenen im Lernprozess

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Spielregeln zur Lernbereitschaft

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Säulen der Lernenden Organisation

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Voraussetzungen der Lernenden Organisation Literaturverzeichnis

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Lernen als Element der Wettbewerbsstrategie1 Friedrich Bock

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Von der Notwendigkeit des Wandels

Die Unternehmen müssen immer schneller und immer öfter neue Wege einschlagen, denn sie sehen sich einem immer mehr beschleunigten und vielfältigeren Wandel ausgesetzt. Die Gründe dafür sind äußerst vielfältiger Natur. Die Veränderungsgeschwindigkeit in Technik, Markt und Gesellschaft hat sich in noch nicht da gewesenen Größenordnungen erhöht: • grundlegende Wettbewerbsveränderungen durch digitale Medien und Kommunikationstechnologien • Bildung neuer industrieller Ballungsräume • Standortverlagerungen, sowohl durch politische als auch ökonomische und technologische Entwicklungen bedingt • Internationalisierung, Globalisierung und das sukzessive Verschwinden von Marktnischen • Wandel von Zielgruppen, Tendenz zum kritischen Verbraucher • verstärkter Wettbewerbsdruck, insbesondere durch Entwicklungen in Osteuropa und Ostasien • technologische Entwicklungen, die gleichzeitig Verfahrens-, Werkstoffund Produkttechnologien betreffen • finanzielle Probleme der öffentlichen Hand als einen der wichtigsten Auftraggeber Einige Aspekte sollen hier eklektisch herausgegriffen werden: Märkte sind heute nicht nur weltoffen, sondern sie sind auf breiten, insbesondere Hightech-Gebieten von der japanischen und koreanischen Markt- und Kostenführerschaft geprägt und unterliegen aus dieser Sicht einem erhöhten Wettbewerbsdruck. Gleichzeitig zunehmend ist die Bedeutung von Schwellenländern in traditionellen Marktgebieten. Man denke nur an das Überangebot an farbigen Flachbildschirmen, das, ausgelöst durch koreanische Massenproduktion, selbst den 1

Vortrag, gehalten an der Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein, am 12. März 1996.

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Friedrich Bock

Japanern zu schaffen macht und den Preis für einfache Laptops deutlich gesenkt hat (Busch, Dögl & Unger, 1995, S. 50). Im Bereich der Technik haben sich einerseits Anzahl und Umfang der Veränderungen deutlich erhöht, andererseits treten die Veränderungen im Gegensatz zu früher immer stärker gleichzeitig bzw. überlappend auf. Produkt-, Werkstoff- und Herstellungstechnologien berühren sich immer stärker, die technischen Neuerungen werden komplexer, haben einen höheren Neuigkeitsgrad und stammen aus technisch-naturwissenschaftlichen Gebieten gleichzeitig, die mit der klassischen bzw. bestehenden Know-how-Basis wenig verwandt sind. Daher muss der Früherkennung technischer Veränderungen höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden, da nur ein früher Einstieg in die Entwicklungsphase die Chance öffnet, die mit den neuen Technologien verbundenen Möglichkeiten marktwirksam zu nutzen (ebenda). Die Veränderungen im Kräftefeld Gesellschaft, dem Sozialsystem oder der Gesetzgebung sind z. B. durch eine zunehmend stärkere Orientierung an ökologischen Aspekten mit den entsprechenden Konsequenzen für die Unternehmen geprägt. So kommt man unschwer zu dem Schluss, dass das Einzige, was heute noch konstant abläuft, die Zeit ist. Alles andere ist einem mehr oder weniger starken Wandel unterworfen, der nicht entlang prognostizierbarer Trends verläuft, sondern einen bestehenden Trend urplötzlich abbricht und eine andere Richtung einschlagen lässt (Pfeiffer & Dögl, 1986, S. 150). Drucker (1968) hat darauf hingewiesen, dass nicht die konstanten Trends selbst, sondern die Brüche in diesen Trends die für die Unternehmenssteuerung zentral bedeutsamen Umweltveränderungen darstellen. Sich aufgrund dessen aber zurückzulehnen und zu meinen, strategische Planung wäre damit obsolet, weil sich ohnehin alles ändert, wäre fatal. Ganz im Gegenteil ist es in diesen Situationen um so wichtiger, die eigenen relevanten Erfolgsfaktoren zu erkennen und die unternehmerischen Handlungen exakt vorauszusteuern, da man sonst in immer dynamischeren Wettbewerbsumfeldern orientierungslos wird und hoffnungslos zurückfällt. Die Planungszeithorizonte mögen sich allerdings aufgrund dieser Entwicklungen verkürzen. Die in der Vergangenheit üblichen Zeiträume von 5 Jahren für eine strategische Konzeption sind in vielen Branchen nicht mehr durchzuhalten. Die wohl weit verbreitet wichtigsten strategischen Erfolgsfaktoren sind Kapital, Zeit (Busch, Dögl & Unger, 1995, S. 50) und zudem die Fähigkeit zu lernen, d. h. die gegebene Know-how-Basis möglichst schnell und wirkungsvoll an veränderte Anforderungen anzupassen! Die Fähigkeit zu lernen ermöglicht es auch, den Faktor Zeit in den Griff zu bekom-

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men. Bestehendes Wissen kann durchaus als eine symbolische, nicht gegenständliche Erscheinungsform von Kapital angesehen werden. Besonders gravierende Veränderungen ergeben sich zudem durch zunehmende Internationalisierung der Märkte. Wir befinden uns auf dem Weg „von der Triade zum polizentrischen Weltbild“ (Little, 1995, S. 55 ff.). Unter der Triade wurde bisher die Dreiecksbeziehung der drei hoch entwickelten Regionen der Welt verstanden: Nordamerika, Westeuropa und Japan. Sie repräsentieren 13,5 % der Weltbevölkerung, aber 2/3 der Weltproduktion und etwa 75 % des Weltbruttosozialproduktes. Zu dem krassen wirtschaftlichen Vorsprung der Triade-Länder trug eine Vielzahl von Faktoren bei, die zum Teil regional sehr unterschiedlich waren. Im Endeffekt war es aber immer eine günstige Kombination von gesellschaftlichkulturellen Grundeinstellungen, auf Wirtschaftswachstum ausgerichteten politischen Prioritäten, einem stark technisch-wirtschaftlich geprägten Bildungssystem und einer hohen Bereitschaft, technische und industrielle Neuerungen als Fortschritt anzunehmen und aktiv zu nutzen. Inzwischen treten Phänomene auf, die das Wirtschaftswachstum in der TriadeRegion zunehmend begrenzen: • Es besteht ein hoher Sättigungsgrad für viele Konsumgütermärkte bei Fehlen wirklich grundlegender Produktinnovationen zur Erschließung neuer Nachfrageimpulse. • Die Folgen des Wegwerfkonsums für die Umwelt werden offensichtlich und zwingen zu Einschränkungen in den Herstell- und Verbrauchsprozessen. • Die Ausdehnung des Handels und der wirtschaftlichen Verflechtungen innerhalb der einzelnen Triade-Regionen und zwischen ihnen, wodurch Mengen-, Degressions- und Spezialisierungsvorteile möglich werden, hat ihre wirtschaftlich sinnvollen und politisch akzeptablen Grenzen erreicht. Die Triade-Regionen werden daher bis zum Ende des Jahrtausends keine ausreichenden Wachstumsraten erreichen, um angesichts • weiterhin voranschreitender marktwirtschaftlich auch erforderlicher Produktivitätssteigerung und • des weiterhin erfolgenden und technisch immer leichter zu realisierenden Kapazitätsausbaus eine akzeptable Auslastung der Human-Ressourcen und Produktionskapazitäten zu gewährleisten. Es drohen also weiterhin zunehmende Arbeitslosigkeit und

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ruinöser Verdrängungswettbewerb – die Gesamtumgebung geht von einer Double-Winner-Situation in eine Null-Summen-Situation über. Obwohl in zunehmendem Maße soziale Ungleichgewichte defensive Verhaltensweisen und Branchenkrisen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Triade prägen, wird sich das kumulierte Bruttosozialprodukt dennoch weiter steigern lassen: um ca. 4.000 Mrd. $, was etwa dem derzeitigen Bruttosozialprodukt des Restes der Welt entspricht. Gleichzeitig bilden sich aber weltweit drei neue industrialisierende Regionen heraus: Südostasien Lateinamerika Osteuropa, in denen bereits Zuwachsraten zu beobachten sind, die diejenigen der hochindustrialisierten Regionen erheblich übersteigen. Bis zum Jahre 2000 werden die Umsätze insgesamt von derzeit 15 auf 18,5 % des Triade-Bruttosozialproduktes anwachsen. Sollte die weltwirtschaftliche Entwicklung ohne wesentliche Veränderungsimpulse unverändert weiterlaufen, so werden alle Beteiligten Schaden nehmen: • Bestehende Produktionspotentiale in den neuen Regionen werden nicht genutzt, obwohl für hochwertige Produkte in der Triade Überkapazitäten entstehen. Investitionen in die Produktivitätssteigerung innerhalb der Triade-Regionen werden daher unrentabler. • Ressourcen und Leistungspotentiale in den neuen industrialisierenden Regionen bleiben weiterhin ungenutzt. Diese Entwicklungen würden weder von den Triade-Regionen noch von den neuen industrialisierenden Regionen widerstandslos hingenommen werden. Dies führt zu neuem Protektionismus und der Politisierung der Weltwirtschaft. Es ist zu erwarten, dass bestehende politische Instabilitäten dadurch noch verstärkt werden. Es liegt daher im Interesse der Wirtschaften der Triade-Regionen, eine harmonieorientierte wirtschaftliche und strategische Gesamtoptimierung anstreben, bei der die Triade-Regionen und die drei neuen industrialisierenden Regionen in eine weltwirtschaftliche Hexade einbezogen werden. Das Resultat müssten höhere Wachstumsraten der neuen industrialisierenden Regionen sein, von denen indirekt auch die Triade-Regionen profitieren würden,

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da für sie infolge zunehmender Handelsströme eine höhere Auslastung ihrer Human-Ressourcen und Produktionskapazitäten erreichbar würden. Um dies zu erreichen ist ein gewollter Übergang vom Triade-Denken zu einem polizentrischen Weltbild erforderlich. Dazu bedarf es auch der Erkenntnis, dass nur solche Regionen, die dazu in der Lage sind, Produkte in starkem Maße selbst zu exportieren, langfristig dazu befähigt sind, Produkte aus klassischen Industrienationen zu importieren und somit zu Absatzmärkten u. a. auch für deutsche Unternehmen werden können. Die Triade-Regionen werden in Zukunft nicht mehr 75 % des Weltbruttosozialproduktes beanspruchen können. Wenn aber eine Reduktion dieses Anteils auf 60 % ohne gravierende Krisen erfolgen soll, so müsste das Bruttosozialprodukt der neuen industrialisierenden Regionen bis zum Jahre 2000 jährlich um etwa 15 % anwachsen. Davon sind diese Länder alle noch weit entfernt. Die Zeit ist günstig, um aus derzeit noch stärkerer europäischer und deutscher Position heraus aktiv Positionen in Südostasien, Lateinamerika und Osteuropa aufzubauen.

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Ganzheitlicher Wandel und Nachhaltigkeit der Veränderungen

Um den sich aus den vorangegangenen Ausführungen ergebenden Veränderungen Rechnung zu tragen, bedarf es einer Neuausrichtung unternehmerischer Aktivitäten. Zur Erlangung langfristig verteilungsfähiger Wettbewerbsvorteile muss Wandel in drei Dimensionen verstärkt werden: Inhalt (Tiefe) Zeit (Beschleunigung) Nachhaltigkeit (Konsequenzen) Der Wandel, den die Unternehmen heute vollbringen müssen, stellt mehr dar als eine reine Restrukturierung, eine durchgreifende Rationalisierung oder eine strategische Neuausrichtung. Es geht auch nicht nur um die Implementierung von Maßnahmen. Wandel baut daher auf der Kopplung von drei Ebenen auf, deren Interaktion synchronisiert werden muss: • der Ebene des gemeinsamen Lernens, • der Ebene der Anwendung des Gelernten zur Gestaltung der Leistungsprozesse und Bestimmung der Entwicklungsrichtung,

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• der Ebene der Partizipation und Einbeziehung aller Beteiligten in die Verantwortung und Umsetzung. Die Synchronisation soll und muss dazu führen, dass die Mitglieder der Organisation sich kontinuierlich über ihre unterschiedlichen Wissens-, Erkenntnis- und Erfahrungsbasis austauschen, ein gemeinsames mentales Modell des Unternehmens entwickeln und fortlaufend weiterentwickeln und an der Gestaltung von Leistungsprozessen quer durch die Verantwortungs- und Funktionsbereiche des Unternehmens mitarbeiten, in denen sie ihren Beitrag im Gesamtzusammenhang verstehen und entsprechend seiner Bedeutung für den Markterfolg des Unternehmens steuern können (Little, 1995, S. 206). So lässt sich im Lernprozess die gewünschte Tiefe erreichen. Dabei darf es sich nicht um eine einmalige Aktion wie etwa bei einem Reengineering-Projekt handeln, vielmehr ist das Ziel eine bleibende Fähigkeit zum Wandel, die auf hoher Lernfähigkeit und Lernbereitschaft sowie auf einem hohen Engagement aller Beteiligten für einander basiert. Wenn dies einmal realisiert worden ist, dann wird es eine Frage der Kulturpflege und des sichtbaren Vorbildes der Führungskräfte, um die schnelle Anpassung (Zeit) der Leistung des Unternehmens an die sich verändernden Umfeldanforderungen weiterhin sicherzustellen. Der angestrebte grundlegende Wandel beginnt in Phase 1 mit einer tiefen Bewusstseinsbildung und endet mit der Verhaltensänderung aller Beteiligten als nachhaltige Konsequenz. Andere Konzepte wie „Total Quality Management“, „Business Process Redesign“, „Kanban“, „Lean Management“, waren inhaltlich und auch konzeptionell teilweise durchaus gerechtfertigt. In der praktischen Anwendung unterlagen sie jedoch meist sehr kurzfristigen Modetendenzen, was beschränkte Erfolge und vor allem eine eng begrenzte Nachhaltigkeit zur Folge hatte. Teilweise wurden sie auch einfach missbraucht: Lean Management wurde z.B. vielerorts zur Rechtfertigung für schlichten Personalabbau, ohne dass die Konsequenzen auf die geändertes Führungsverhalten und eigenständige Steuerung der Mitarbeiter einbezogen wurden. Andere Wesenselemente des Lean Management wie Umgestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation oder Umsetzung einer durchgängigen LeanPhilosophie fielen völlig unter den Tisch. Wie das vorstehend genannte Negativbeispiel zeigt, besteht im Aufbau von Übereinstimmung im Lernprozess und gemeinsame Bewusstseinsveränderung aller Beteiligten ist eine Voraussetzung für die angestrebte Nachhaltigkeit. Unsere Erfahrungen zeigen, dass bei einem angestrebten nachhaltigen Wandel vier Phasen durchlaufen werden sollten, wie in Abbildung 1 dargestellt.

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• Die Phase der Bewusstseinsbildung, der Bildung von Bereitschaft und der visionären Zukunftsausrichtung aller Beteiligten. • Die Frage der Suche nach Hebelwirkungen, Schwerpunkten und motivierenden Perspektiven von Veränderungen. • Die Frage des Neudurchdenkens und Redesigns des Unternehmensmodells. • Die Phase der Verhaltensänderung und Erprobung bzw. Verwirklichung des neuen Verhaltens im laufenden Tagesgeschäft. Das Rückgrat der erfolgreichen Veränderung ist über alle vier Phasen hinweg das Neudurchdenken und Neugestalten, wobei die Lernprozesse mit dem Nervensystem und die Beteiligungsprozesse mit den Muskeln und Sehnen eines Organismus zu vergleichen sind (Little, 1995, S. 207). In der vierten Phase der Erprobung und Verwirklichung des Verhaltens zeigt sich dann, ob der Wandel zur lernfähigen Organisation gelungen ist. Werden Fehler erkannt und lösen diese weitere Veränderungen oder nur Rechtfertigung bestehender Verhaltensweisen aus? Werden Veränderungen der Umwelt frühzeitig wahrgenommen, d.h. besteht eine hohe Sensibilität für proaktiven Lernbedarf der Organisation (Walz & Bertels, 1995, S 46) und lösen diese angemessene Reaktionen aus oder wird die Umwelt weiterhin als bekannt und gegeben erlebt und interpretiert? Die Nachhaltigkeit einer Veränderung steht im direkten Verhältnis zu Engagement und Identifikation der Mitarbeiter mit neuen Zielen und Aufgaben. Die Instrumente und Hilfen zur Erzielung der gewünschten Nachhaltigkeit sind insbesondere: • gemeinsames Erarbeiten von Lösungen • Anerkennung von Lernwilligkeit • Mitteilung von Erfahrungen an eine möglichst breite Mitarbeiterbasis • Dokumentation und Erreichbarkeit von Wissen aus allen Teilen der Organisation • Bestehen einer gemeinsamen Vision der Organisationsteilnehmer (Senge, 1996, S. 18)

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Friedrich Bock

Gemeinsamer Lernprozess Phase 1

Phase 2

Phase 3

Phase 4

Bewusstseinsbildung Wecken von Bereitschaft Visionäre Ausrichtung auf die Zukunft

Suche nach den Hebelwirkungen und motivierenden Perspektiven von Veränderungen

Neudurchdenken und Redesign des Unternehmensmodells

Verhaltensänderungen und Erprobung bzw. Verwirklichung des neuen Verhaltens im laufenden Geschäft







Abbildung 1: Die Phasen des Wandels (vgl. Little, 1995, S. 208) Veränderung des Verhaltens

Nachhaltige Leistungssteigerung

Vermittlung von Erfahrungen

Abbildung 2: Die Verhaltensänderung und Erfahrungsvermittlung bewirken Leistungssteigerung

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Lernen als Element der Wettbewerbsstrategie

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Das Modell der Hochleistungsorganisation

Grundlage und mentale Richtschnur für die o. a. Ansatzpunkte zur Verhaltensänderung und Erfahrungsvermittlung ist das Modell der Hochleistungsorganisation nach Little (1991), das einen ganzheitlichen Rahmen für die Optimierung des Zusammenwirkens der Anforderungen der am Unternehmen Beteiligten, der Leistungsprozesse des Unternehmens, seiner Ressourcen und seiner Organisationsstruktur liefert. Dieses Modell geht davon aus, dass die Leistungsprozesse, Ressourcen und die Organisation des Unternehmens nur dann optimal aufeinander abgestimmt und verwirklicht werden können, wenn eine offene Unternehmensverfassung besteht, d. h. wenn die am Unternehmen Beteiligten einen kontinuierlichen Interessensausgleich betreiben und auf der Basis eines gemeinsamen und zweckmäßigen mentalen Modells des Unternehmens und seines Umfeldes eine gemeinsame Strategie verfolgen. Ebene 1 Interessensausgleich der Beteiligten und Strategiefindung Kunden Kapitalgeber

Ebene 2 Strategieumsetzung

Mitarbeiter

Aggregierte differenzie rungsfähige Leistungsprozesse

Ebene 3 Ressourceneinsatz und -steuerung Ressourcen

Organisation

Abbildung 3: Die Hochleistungsorganisation (vgl. Little, 1995, S. 209) Leistungsschwund ist – gemäß der Kernaussage dieses Modells – auf Diskrepanzen im Interessensausgleich zwischen den Stakeholdern der Organisation zurückgeführt werden, die z. B. folgende konkrete Erscheinungsformen zeigen können:

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• offene oder unausgesprochene Differenzen zwischen den Interessen und Absichten der am Unternehmen beteiligten Gruppen; • Differenzen zwischen der impliziten und expliziten Strategie des Unternehmens bzw. seiner dominierenden Interessensgruppen und den Prozessen der Leistungserbringung; • Differenzen zwischen den Anforderungen der Leistungserbringung und den zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie der Unternehmensstruktur. Ziel der besonders leistungsfähigen Organisation sollte es daher sein, eine Vision des möglichen Zusammenspiels zwischen allen wesentlichen Elementen des Hochleistungsmodells zu konzipieren, alle Beteiligten von dieser Vision zu überzeugen und einen Wandlungsprozess in Richtung auf diese Vision in Gang zu setzen. Um derartiges dauerhaft und konsequent durchzuhalten, müssen die Führungskräfte die notwendigen Lernprozesse und den Wandel im Verhalten aller Beteiligten managen. Sollen Teillösungen zu einer passenden Gesamtlösung verdichtet werden, müssen Vision und Gestaltungsprozess von allen Beteiligten einschließlich der Führungskräfte gemeinsam erarbeitet werden. So geht es darum, alle Organisationsmitglieder an dem Erkenntnis- und Gestaltungsprozess von Anfang bis Ende zu beteiligen und dieses Beteiligtsein zu einem Normalzustand werden zu lassen, weil nur dadurch bleibender Verhaltenswandel erreicht werden kann. So gelingt es, Strategien, Prozesse, Ressourcen und die Organisation zu einem harmonischen Ganzen zu verbinden. Auch Hammer und Champy (1994) gehen heute davon aus, dass in den USA 70 % aller durchgeführten Reengineering-Projekte daran gescheitert sind, dass sie zu keiner nennenswerten Leistungssteigerung der betroffenen Unternehmen geführt haben. Viel zu oft werden Reengineering-Projekte zu einer radikalen Form des Personalabbaus missbraucht. Die Projekte werden den Organisationsmitgliedern aufgezwungen, sie erzeugen Angst und Defensive und zerstörten die Identifikation der Mitarbeiter mit ihren Unternehmen. Sie verstärken das kurzfristige Ergebnisdenken zu Lasten einer zukunftsorientierten Ausrichtung auf eine Vision. Die durch mechanistisches Reengineering bewirkten formalen Änderungen wie Abbau von Hierarchieebenen und Abteilungsabgrenzungen, Straffung von Abwicklungsprozessen und die Neuordnung von Verantwortlichkeiten, schaffen bei diesem Vorgehen nur bei den Gewinnern die nötige Motivation. Die zahlreichen Oper in der Organisation entwickeln unter dem neuen Druck jedoch ihre ungeschriebenen Spielregeln weiter und unterlaufen die neue Ordnung, die nicht von Verhaltensänderungen gestützt wird, sondern häufig sogar die alten (falschen) handlungsauslösenden, machtausübenden Kräfte bestätigen.

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Hammer und Champy sehen die Ursache dieser Entwicklung in Fehlern bei der Implementierung der Reengineering-Entwürfe. Das hier angesprochene Reengineering ist im Grundansatz bereits lern- und beteiligungsfeindlich. In einer lernenden Organisation gibt es die Abgrenzung zwischen Entwurf und Implementierung nicht, da alle Organisationsmitglieder in der Entwurfsphase (der Phase der Bewusstseinsbildung, des Weckens von Bereitschaft und der visionären Ausrichtung auf die Zukunft) bereits mitwirken und dadurch ihr Engagement für das Redesign des Unternehmensmodells einbringen und beginnen ihr Verhalten in offenbar abgestimmten Weisen zu ändern. Die Betroffenen werden so zu Involvierten und informelle Kräfte zu Verstärkern anstatt hemmenden Faktoren. So stellt die Lernende Organisation die Verbindung zwischen dem Ist-Zustand und der Vision der Hochleistungsorganisation dar. Schwächen oder Vernachlässigungen bei einer der drei Ebenen des Wandels gefährden den Prozess insgesamt: Neugestaltung und Neuausrichtung ohne gemeinsame Lernprozesse führen zu nicht gelebten Veränderungen und zum Auseinanderklaffen zwischen den formalen offiziellen Lösungen und den ungeschriebenen Spielregeln im Unternehmen; gemeinsame Lernprozesse ohne Beteiligung an Verantwortung und Umsetzung führen zu Frustration und Resignation. Wenn alle Beteiligten an die Verwirklichungschance der gemeinsamen konzipierten Vision glauben, und wenn die Vision ihnen aus voller Überzeugung erstrebenswert erscheint, kann sie zur elektrisierenden Kongruenz von Werten der einzelnen Mitarbeiter und denen der Unternehmensgemeinschaft führen. Soweit die Veränderungen, die durch den Redesign-Prozess eingeleitet werden, allen Beteiligten notwendig und machbar erscheinen und ihnen klar strukturierte konstruktive Beiträge zu den aggregierten differenzierungsfähigen Leistungsprozessen ermöglichen, kann die Verhaltensänderung in Richtung auf die Hochleistungsorganisation kanalisiert werden.

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Ist-Zustand und die Vision einer Hochleistungsorganisation

Wie stellt nun die Lernende Organisation die Verbindung zwischen dem IstZustand und der Vision der Hochleistungsorganisation dar? Anordnung sowie Inhalte der Phasen des Wandels beruhen auf langjährigen Beratungserfahrungen und einem ganzheitlichen Verständnis des Wandels.

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Friedrich Bock

Visions- und Strategieentwicklung

Entdecken der Hebelansätze

Umwandlung des Geschäftssystems

dauerhaft Hochleistungen erzielen

Von Mitarbeitern vorangetriebene Resultate erzielen Abbildung 4: Von der Vision zur dauerhaften Hochleistung Bei der Beschreibung einer Zukunftsvision und der Strategieentwicklung, die die Mitarbeiter auch selber verwirklichen sollen, muss davon ausgegangen werden, dass Menschen sich ändern, wenn Sie verstehen, dass der Wandel a) notwendig ist, b) Vorteile bringt und c) möglich ist. Das Entdecken der Hebelansätze ist erforderlich, um die Kräfte zu bündeln, mit deren Hilfe der Durchbruch realisiert werden soll. Von zentraler Bedeutung ist die Konzentration auf diejenigen Prozesse, die kritisch für die Gesamtstrategie sind. Allgemeingültige Aussagen darüber, welches denn nun diese Schlüsselprozesse sind, lassen sich nicht treffen. Das bedarf einer Prüfung des Einzelfalles. Einmal mag der Schlüssel zum Erfolg in einer drastischen Reduzierung von Durchlaufzeiten in der Produktion liegen. Im nächsten Fall geht es um die Reduzierung von Varianten, Lieferanten, Kunden oder Produktgruppen. Möglicherweise geht es im dritten Fall um die optimale Nutzung von Synergien in der Forschung und Entwicklung. Es kann jedoch ebenso um eine Neudefinition des Marktes gehen, um die Frage gleichzeitiger Kosten- und Qualitätsführerschaft und vieles andere mehr. Die Umwandlung des Geschäftssystems beinhaltet die Erarbeitung eines integrierten flexiblen Planes für den Wandel; insbesondere • der Beurteilung der Konsequenzen des Wandels in allen Teilen des Systems, • des Herunterbrechens komplexer Projekte in machbare Aufgaben, • der Beschränkung der Änderung auf die Bereiche, wo es wirklich notwendig ist. Es geht nicht um den Wandel um des Wandels Willen.

Lernen als Element der Wettbewerbsstrategie

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Die Beschleunigung des Wandels und Lernens setzt das Schaffen einer aktiven Lernkultur als Voraussetzung zur Erhöhung der Veränderungsfähigkeit einer Organisation voraus. Dabei geht es insbesondere um drei Aspekte: • Lernen von der Vergangenheit Bei aller Zukunftsorientierung und der Akzeptanz der Tatsache, dass vieles nicht mehr so sein wird wie in der Vergangenheit, vieles heute nicht einmal mehr prognostizierbar erscheint, ist es doch vorteilhaft, die bestehende Erfahrungen aus der Vergangenheit zu nutzen. Dies umso mehr, als künftige Veränderungen oftmals trotz offensichtlicher Trendbrüche nach historischen Mustern ablaufen. Die Tradition ist – abgesehen von jenem Wissen, das uns angeboren ist – bei weitem die wichtigste Quelle unseres Wissens (Popper, 1987, S. 61). Aus der Vergangenheit lernen wir ferner den Respekt gegenüber dem Widerstand der Menschen vor Veränderungen. • Lernen von und mit anderen Mitarbeiter sollten zum Lernen in Teams bzw. zur „lernenden Organisation“ ermutigt werden. Das beinhaltet auch die Herausforderung zum Feedback und zur Kritik. Notwendig dazu ist ein Angebot zum Training und Coaching nach Bedarf. Das gemeinsame Lernen führt idealerweise zur schnellen organisationsweiten Verbreitung von neuem Wissen. Nachhaltigkeit in Veränderungsprozessen kann nur erreicht werden, wenn alle Interessensgruppen jede der Phasen einbezogen werden. Also geht es insbesondere darum, von Mitarbeitern vorangetriebene Resultate zu erzielen. Das geschieht durch die Mitwirkung aller der am Unternehmen Beteiligten. Menschen müssen einbezogen werden, um den Wandel zu verstehen und sich dann auch für ihn einzusetzen. Die Führung des Veränderungsprozesses erfolgt von oben, seine Durchführung und Gestaltung hingegen von unten nach oben. • Ferner ist eine kontinuierliche Kommunikation der Vision und des Veränderungsplanes in der gesamten Organisation erforderlich. Die Mitarbeiter müssen wissen, wohin sie gehen sollen und wie sie dort hingelangen. Alle Beteiligten müssen ihre jeweilige Verantwortung kennen. Der notwendige und umfassende Wandel schafft in hohem Maße Unsicherheit bei vielen Mitarbeitern. Daher ist innere Stabilität durch menschliche Beziehung und Vertrauen zu schaffen. Hilfestellungen in dem Sinn der sich ändernden Bedingungen zu verstehen sind erforderlich.

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Friedrich Bock

Organisation und Beherrschung von Lernprozessen

Die erfolgreich lernende Organisation hat die Fähigkeit, zielbewusst, kontinuierlich und zuverlässig • relevantes Wissen anzusammeln, zu modifizieren, richtig zu interpretieren, in Maßnahmen umzusetzen und zu aktualisieren; • ihr Verhalten den Gegebenheiten erfolgreich anzupassen und neue Erkenntnisse und Einsichten zu reflektieren; • Ergebnisse von hoher Relevanz für ihre Mitarbeiter und den Erfolg des Gesamtsystems zu produzieren. Für viele amerikanische Führungskräfte ist die Einbeziehung der Mitarbeiter in alle organisatorischen Lernprozesse zu einer strategischen Priorität geworden. Es ist ganz sicher davon auszugehen, dass Wettbewerbsvorsprünge zunehmend aus Lernvorsprüngen der betreffenden Organisationen resultieren. Die Fähigkeit zum Lernen ist einer der bedeutendsten kritischen Erfolgsfaktoren. Basisannahmen über Lernprozesse von Organisationen • In der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Umwelt ist Wissen das wesentliche unternehmerische Kapital. • Wenn Wissen das Kapital darstellt, dann ist das Lernen der Organisation der Prozess, durch den das Kapital vergrößert und aktualisiert wird. • Lernen als Prozess kann strukturiert, organisiert, gemanagt und permanent verbessert werden. • Das Lernen der Organisation dient der Realisation unternehmerischer Ziele, beschleunigter Umsätze bzw. der Realisation des Fortschritts und bewirkt so einen anhaltenden Wettbewerbsvorteil. Bestehende Technologien sind oft käuflich zu erwerben, so dass sich darauf kein verteidigungsfähiger Wettbewerbsvorteil aufbauen lässt. Wettbewerbsvorsprünge müssen daher zunehmend durch unternehmensindividuelle Lernvorsprünge erreicht werden. Das ist möglich durch organisatorisches Lernen in einem ganzheitlichen Vorstellungsrahmen durch die Wirksamkeit und Durchgängigkeit des organisatorischen Lernens und durch die unmittelbare Umsetzung des Gelernten mit einem offenen Rückkopplungseffekt (Little, 1995, S. 218). Rückkopplungen sind erforderlich, um aus Fehlern bzw. allgemein aus den Konsequenzen des Eigentums zu lernen. Erst durch die Rückkopplung entsteht aus einmaligen Veränderungen ein kreiskausaler Prozess, in dem die Organisation in die Lage versetzt wird, generisch und selbständig zu lernen. Die Abweichung zwischen dem

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Lernen als Element der Wettbewerbsstrategie

für die Organisation anzustrebenden Lernergebnis und der augenblicklichen Wirklichkeit wird in den Dienst des weiteren Lern- und Steuerungsprozesses gestellt. Somit kommt der Einrichtung von funktionsfähigen Feedback-Schleifen beim Konzept der Lernenden Organisation eine ganz dominierende Bedeutung zu (vgl. Walz & Bertels 1995, S. 213).

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Vier Phasen im Prozess des organisationalen Lernens: Der Lernkreislauf („Learning Circle“)

Der Prozess des organisationalen Lernens durchläuft vier Phasen, die in Abbildung 5 dargestellt sind: Die Phase 1 des Lernprozesses beinhaltet die Steigerung der Wahrnehmungsfähigkeit bzw. der Sensibilität für relevanten Veränderungsbedarf der Organisation auf die Dynamik Ihrer Umwelt. Ziel ist es, ein gemeinsames Verständnis für die anstehenden Anforderungen zu entwickeln.

Gemeinsame Reflektionsphase

Gemeinsame Ausrichtung des Verhaltens

Kreative Auswertung

Steigerung der Wahrnehmungsfähigkeit

Abbildung 5: Lernkreislauf

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Gefragt sind insbesondere: • gezielte Beobachtung und sensibilisierte Wahrnehmung für Umweltveränderungen (Walz & Bertels, 1995, S. 45) • offene Kommunikation und kritisches Hinterfragen bisheriger Deutungsund Interpretationsmuster (Walz & Bertels, 1995, S. 67) • Gestaltung visionärer Zukunftsbilder für die Organisation (Walz & Bertels, 1995, S. 85 ff). Selektive und arbeitsteilige Umfeldwahrnehmung und fehlende offene Kommunikation stellen die wichtigsten Lernbarrieren in der Phase 1 dar. Das Bewusstsein über Probleme und Ziele des Unternehmens verbleibt häufig auf „Bewusstseins-Inseln“. Bestimmte Kreise von Mitarbeitern fokussieren bestimmte Ziele und Probleme. Es entsteht aber kein übergreifendes gemeinsames Problem- und Situationsverständnis. Dadurch wird koordiniertes Verhalten verhindert, die Energie verpufft ziel- und wirkungslos. Die Wahrnehmung des Umfeldes ist oft eine eng definierte Aufgabenstellung, die zudem noch funktionell gegliedert ist. Marktforschung, Messung der Kundenzufriedenheit, Vorschlagswesen, Trendbeobachtung oder Forschung und Entwicklung sind die typischen Teilbeobachtungsfelder. Ein derartiges funktionelles Denken untergräbt das notwendige prozessorientierte Verständnis bzw. ganzheitliche Wahrnehmen unternehmerischer Umfelder. Die Umwelt wird immer nur in einzelnen Aspekten und nie vollständig vernetzt wahrgenommen. Häufig unterbleibt die Zusammenfügung einzelner isolierter Erkenntnisse zu einen GesamtMosaik. Oft fehlt es an der Bereitschaft, sich neuen Herausforderungen zu stellen. So kalkulieren ältere Mitarbeiter beispielsweise in ihrer ganz persönlichen Sicht, dass die Mühen und Risiken des Agierens – bezogen auf ihre individuelle Restarbeitszeit – größer sind als die Mühen und Risiken des Nichtstuns, da sich sowohl Erfolg als auch Misserfolg erst stark zeitverzögert einstellen. Folglich werden häufig als unangenehm empfundene, Informationen ganz gezielt herausgefiltert oder geschönt. Die Entscheidungsinstanzen werden höchst selektiv und verzerrt informiert. Die hieraus resultierende mangelnde Reaktionsfähigkeit des Unternehmens demotiviert die Mitarbeiter, neue Impulse zu geben. Die Phase 2 beinhaltet die kreative Auswertung der in Phase 1 gewonnenen Erkenntnisse durch Einbezug des gesamten im Unternehmen verfügbaren Erfahrungs- und Wissensschatzes. Insbesondere geht es dabei um • die Interpretation von Systemzusammenhängen

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• den Einbezug der verfügbaren relevanten Erfahrungs- und Wissenspotentiale • die Entwicklung von Optionen für die Zukunftsgestaltung. In Phase 2 werden Lernprozesse insbesondere durch vorhandenes Expertentum und Absicherungsdenken verhindert.2 Experten entwickeln häufig nur eine einzige aus ihrer Sicht anzustrebende Lösung, sie haben dabei kein Interesse daran, ihre Grundannahmen transparent zu machen. Aufgrund der Gliederung in Expertenbereiche wird Erfahrungswissen häufig nicht voll ausgeschöpft, was wiederum zu mangelndem systemischen Denken führt. Neben-, Zweit- und Rückwirkungen werden aufgrund der dominierenden linear-kausalen Sichtweise nicht – oder zumindest nicht ausreichend – berücksichtigt. So kommt es erst gar nicht zum Aufbau von Veränderungsbereitschaft bei Betroffenen, weil die Gründe dafür nicht verständlich werden. Phase 3 bedeutet die gemeinsame Ausrichtung des Verhaltens aller Beteiligten bei der Umsetzung der Lösungsansätze auf gemeinsame Ziele hin. Das beinhaltet den experimentellen Test der entwickelten Lösungsansätze. Die Realisation einer Lösung kommt immer einem Experiment mit ungewissem Ausgang gleich. Die Grundannahmen eines Lösungsansatzes entsprechen wissenschaftlichen Hypothesen, die im Experiment oder in unserem Falle in der Realität der Märkte überprüft werden. Allen Beteiligten muss dabei deutlich werden, dass Experimente scheitern können. Wenn die Grundannahme, von Lösungsansätzen transparent sind und die Bereitschaft zum Lernen besteht, besteht auch die Fähigkeit, aus möglichen Fehleinschätzungen bzw. nicht erwünschten Konsequenzen von Lösungsansätzen zu lernen. Die gemeinsame Ausrichtung aller Beteiligten an gemeinsamen Zielen erfordert auch die regelmäßige Abstimmung eingeschlagener Handlungsrichtungen, da im Einzelnen immer wieder Abweichungen auftreten werden. Um organisationales Lernen zu fördern, ist eine gemeinsame Auswertung der Erfahrungen und Dokumentation von Lernergebnissen aus den Konsequenzen experimenteller Umsetzung entwickelter Lösungsansätze vorteilhaft. Ferner ist die offene Kommunikation der Lernergebnisse im positiven wie negativen Fall im gesamten Unternehmen erforderlich. Lernbarrieren in dieser 3. Phase finden sich vor allen Dingen in der tief sitzenden Angst vor Fehlern, welche die Experimentierbereitschaft unterdrückt und so die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen. 2

In den Hochschulen wird häufig viel zu früh Expertenwissen statt Generalistendenken vermittelt.

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Wichtige Lernbarrieren in dieser Phase sind insbesondere fehlende Bereitschaft zum Experimentieren und vertretbare Risiken einzugehen, schlechte Abstimmung und Kommunikation, fehlende Bereitschaft, Lernerfahrungen in Form von Lehrplänen festzuhalten, ein Führungsverhalten, das mehr durch Kontrolle als durch Lernbereitschaft geprägt ist, mangelndes Verständnis ungeschriebener Regeln sowie mangelnde Fähigkeit und Bereitschaft innerhalb von Arbeitsgruppen, Leistungspotentiale durch die Bildung von Lernteams zur Entfaltung zu bringen. In der 4. Phase nehmen die Mitglieder der Organisation Abstand von den operativen Anforderungen und reflektieren gemeinsam den beschrittenen Weg. Dabei geht es einerseits um die Reflektion in den einzelnen Phasen des Lernprozesses. Hier wird das Ziel verfolgt, die bisher beschriebenen Lernbarrieren zu erkennen und abzubauen. Es geht ferner darum, frühzeitig zu intervenieren, wenn die Qualität des Lernprozesses als unzureichend erkannt wird. Permanent ist in dieser Phase die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu hinterfragen, auch langfristige Ziele bedürfen immer wieder kleinerer Korrekturen, ohne dass dabei die Kontinuität der grundsätzlichen strategischen Ausrichtung in Frage gestellt wird. Aufgrund fehlender Wertschätzung von Reflektion und fehlender Reflektionszeit findet die Phase 4 des Lernprozesses in vielen Unternehmungen kaum Beachtung. In der Realität werden dann Erfahrungen häufig nicht konsequent anderen Unternehmensbereichen zugänglich gemacht (mangelnder Transfer von Lernerfahrung). Es fehlen individuelle und kollektive Reflektionsfähigkeiten, bzw. die kritische Reflektion des Bestehenden ist nicht als fester Bestandteil in Arbeitsabläufen etabliert. In besonderem Maße verhindern Absicherungsmechanismen der Beteiligten den Lerndialog und somit die Reflektionsfähigkeit insbesondere in krisenhaften Situationen.

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Visionäre Ausrichtung

In der Phase der Gestaltungsprozesse in Richtung auf eine Hochleistungsorganisation geht es darum, die Einstellung der Mitarbeiter zu ihrer Leistung, ihrer Rolle, der strategischen Herausforderung des Unternehmens und zu den zukünftigen Anforderungen und Möglichkeiten zu verändern. Wenn dann die Bereitschaft zum Wandel geweckt ist, finden sich aber immer noch viele Schuldzuweisungen und defensive Reaktionen („das ist zwar richtig, aber man ist nicht bereit,

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daraus die Konsequenzen zu ziehen“, „das wurde schon immer gesagt, aber keiner hört darauf“). Um aus der Grundbereitschaft zum Wandel einerseits und den diffusen Schuldzuweisungen andererseits einen Weg nach vorne zu finden, müssen die Wunschvorstellungen, Hoffnungen und Ambitionen der Beteiligten zu einer gemeinsamen Vision komprimiert werden, die idealerweise den folgenden 7 Anforderungen gerecht werden sollte (Senge, 1996, S. 251 ff): • Die Vision sollte zum Inhalt haben, wie die Beteiligten das Unternehmen sehen, welche Position in welchem Markt es hat und durch welche Leistungsfähigkeit es diese Position erringt. • Die Vision muss Aussagen darüber machen, durch welche Veränderungen das Unternehmen den visionären Zustand erreichen könnte. • Die Vision sollte glaubwürdig sein, auch wenn sie nicht unbedingt leicht erreichbar ist. • Die Vision muss Bezug haben zu dem sich verändernden Umfeld und dafür geeignete Szenarien zugrunde legen. • Die Vision muss klar auf das Ziel der Interessenoptimierung der wichtigsten Beteiligten ausgerichtet sein. • Die Vision muss für einen längeren Zeitraum Gültigkeit beanspruchen. • Die Vision muss die Beteiligten anspornen und die ihnen attraktiv erscheinen. So schafft die zu erarbeitende Vision den Rahmen für die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Die meisten Unternehmen haben seit vielen Jahren die Formalismen der strategischen Planung eingeführt, es damit aber in vielen Fällen nicht geschafft, eine strategische Ausrichtung in Denken und Verhalten ihrer Führungskräfte zu etablieren. Vielmehr ist strategische Planung zu einer wenig geliebten Pflichtübung geworden und das Konzept der Strategie so in Misskredit geraten. Den meisten Unternehmen fehlt ein visionärer Rahmen ihrer Strategieentwicklung. Strategie muss Mittel zum Zweck und dieser Zweck muss wiederum die Erreichung eines motivierenden Zieles sein. Unserer Erfahrung nach sollte eine durchdachte Vision, wenn sie die Basis für bedeutende Veränderungen darstellen soll, Aussagen über die erwartete zukünftige Entwicklung des Umfeldes, über den Kern des Geschäftes oder der Geschäfte und über die Interessen der beteiligten Stakeholder (Kunden, Mitarbeiter, Kapitalgeber, Öffentlichkeit) enthalten und zum Ausdruck bringen, welche Leistungen, Fähigkeiten und Werte das Unternehmen zu bieten hat und weiterentwickeln

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will. Wie auch immer formuliert, es muss für alle Beteiligten nachvollziehbar und überzeugend verdeutlicht werden, wer und was das Unternehmen darstellen will. Daraus kann abgeleitet werden, welchen Wandel das Unternehmen und seine Mitarbeiter vollziehen wollen, um ihrer Vision gerecht zu werden. Dann kann die Strategie des Unternehmens mit wesentlich mehr Engagement und Überzeugung entwickelt werden. Visionäres strategisches Denken heißt nicht, dass unkalkulierbare Risiken eingegangen werden. Die besten Visionen besitzen einen hohen Grad an Glaubwürdigkeit, auch wenn das Ziel eine beträchtliche Herausforderung darstellt. Gleichzeitig muss die Vision ein hohes Maß an Flexibilität zulassen, denn in Zukunft kann nicht punktgenau sondern bestenfalls in Form von (alternativen) Szenarien vorhergesagt werden. Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit entsteht durch konkrete Aussagen über den Zeitrahmen, über die erforderlichen Mittel und Anstrengungen und über die Abgrenzung der Unternehmensentwicklung. D. h., es sollte auch deutlich werden, welche Ziele und Maßnahmen gerade nicht angestrebt werden. Auch gerade durch gelebte Vorbilder, vertrauenserweckende Anfänge, symbolische Anreize und eine angemessene Ressourcenzuteilung lässt sich die Glaubwürdigkeit von Visionen steigern.

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Unterschiedliche Ebenen im Lernprozess

Der Lernprozess muss gleichzeitig auf unterschiedlichen Ebenen im Unternehmen stattfinden und betrifft auf der anderen Seite verschiedene Arten des Lernens: Als mögliche Ebenen des Lernens können – der Übersichtlichkeit halber – (von „unten nach oben“) operative Ebene, Ebene der Strukturen bzw. Prozesse und letztendlich Ebene der Strategie und Vision unterschieden werden. Die Arten des Lernens betreffen individuelles Lernen, Teamlernen und organisationales Lernen, also integriertes und vernetztes Lernen der gesamten Organisation. Die einfachste aber keineswegs hinreichende Stufe stellt individuelles Lernen operativer Abläufe dar. Hierbei geht es um individuelle Tätigkeiten, die im Wesentlichen nach Anweisungen erfolgen. Prozesstraining soll einzelne Personen dazu befähigen, ihre Aufgabenbereiche selbständig zu managen. Hier kann man durchaus einige der klassischen „Management by ...“-Techniken ansiedeln, wie „Management by Objectives“, „Management by Results“ oder „Management by Exceptions“.

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Durch den Einbezug strategischer und visionärer Aspekte soll der einzelne dazu befähigt werden, sein Handeln in übergeordnete und langfristig wirksame Konzepte einzubringen, letztere auch zu verstehen und in eigenem Verhalten zu reflektieren. Die traditionellen Methoden der Verhaltensbeeinflussung einzelner Personen entsprechen in keiner Weise den Anforderungen und Gegebenheiten moderner Organisationen, die vielmehr auf Interaktion der Mitarbeiter aufbauen. So steht an zweiter Stelle das Teamlernen. Qualitätszirkel sind ein Beispiel operativer Abläufe mittels derer in Teams gestaltet wird. Ebenso wie einzelne Personen können auch Teams lernen, sich selbst zu steuern. Diese Lernfähigkeit ist Voraussetzung für die Umsetzung des derzeit häufig diskutierten und missbrauchten Begriffes des „Leanmanagements“. Dieser Aspekt ist in Abbildung 7 als „Gestaltung von Teamprozessen“ gekennzeichnet. Da strategisches Verhalten nicht nur in einzelnen Gruppen, sondern in der Gesamtheit aller Gruppen realisiert werden muss, ist die Dialogfähigkeit von Gruppen Voraussetzung zur vollständig vernetzten Umsetzung von Strategien in bzw. durch Organisationen. Es geht aber nicht nur darum, einzelne Teams zu steuern, auch nicht darum, deren Interaktionen zu optimieren, es geht insbesondere darum, die Gesamtheit aller Teams als einen Organismus aufzufassen, in dem alle Elemente miteinander interagieren und vernetzt sind. Die ständige Verbesserung einzelner Arbeitsabläufe, die beispielsweise durch Techniken wie „Kanban“ vermittelt werden, findet hier ihren Niederschlag. Um alle Teams aufeinander abgestimmt den Prozess organisationalen Agierens und Lernens gestalten zu lassen, ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise und interne Kommunikationskultur erforderlich. So ist es möglich, auch verschiedene, miteinander interagierende, kooperierende Teams als sich selbst steuernde Systeme zu verstehen. Letztendlich aber benötigen Unternehmen eine Strategie, die von allen Mitarbeitern und Teams gleichzeitig geteilt wird und sich dementsprechend im Verhalten aller einzelner und aller Gruppen niederschlägt, ebenso wie im gegenseitigen Umgang verschiedener Mitarbeiter und Teams untereinander. Wie in Abbildung 6 dargestellt, kann der hier beschriebene Lernprozess gleichzeitig auf unterschiedlichen Wegen in Unternehmen stattfinden und diverse Arten des Lernens betreffen.

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Spielregeln zur Lernbereitschaft (Little, 1995, S. 155ff.)

9.1 Die ungeschriebenen Spielregeln nutzen Zur Überwindung des organisatorischen Beharrungsvermögens – in der Praxis auch humorvoll-zynisch als „organisatorisches Immunsystem“ bezeichnet – kommt es auch darauf an, ungeschriebene Spielregeln im Unternehmen zur Durchsetzung von Strategien, Visionen und der Bereitschaft zum Lernen zu nutzen. In allen Unternehmen existieren neben den offiziellen und formalen Strukturen, den Vorgaben und Belohnungspraktiken für die Mitarbeiter und den schriftlich fixierten Abläufen, Vollmachten, Strategien, Plänen, Zielen, noch zahlreiche informelle, ungeschriebene Spielregeln, die im Untergrund wirken, meistens nicht offiziell publik gemacht und bei den meisten Maßnahmen und Prozessen nicht explizit berücksichtigt werden. Aber wir alle wissen davon, dass es diese ungeschriebenen Spielregeln gibt und wie wirkungsvoll sie sind. Erfolgreiche Unternehmensführer und Mitarbeiter (z. B. Intrapreneure, vgl. Walz & Bertels 1995, S. S. 159,ff), zeichnen sich häufig dadurch aus, dass sie die ungeschriebenen Regeln intuitiv mit ins Kalkül einbeziehen und für die eigenen Absichten nutzen können. Wo kommen diese ungeschriebenen Spielregeln her? Wer stellt sie auf? Wie werden sie propagiert und wie wirken sie? Sobald eine neue offizielle und formale Anweisung oder Regelung geschaffen wird, beginnt eine Reihe von Einflüssen sich darauf einzuschießen – die Standortkultur (innerhalb und außerhalb des Unternehmens), die ökonomische Konstellation, die Ziele und Ängste der einzelnen Mitarbeiter, das Machtgefüge der Führungskräfte und vieles andere mehr. Alle diese Einflüsse führen zu Interpretationen der neuen Anweisungen oder Regelungen im Kontext des schon vorhandenen Gefüges von informellen Regeln, Praktiken und Erfahrungen – bis neben der offiziellen Version eine ungeschriebene Version entstanden ist, nach der die Mitarbeiter sich wirklich verhalten. Die offizielle Version wird per Lippenbekenntnis anerkannt, aber die davon abgeleitete ungeschriebene Spielregel wird gelebt und ist handlungsleitend. Jede neue ungeschriebene Spielregel steht zu den zuvor schon existierenden ungeschriebenen Spielregeln in einem ausgewogenen Verhältnis, häufig viel ausgewogener und sinnvoller als die neuen offiziellen Anweisungen oder Regelungen zu den bisherigen.

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In dem Maß, in dem Unternehmen heute versuchen, durch Neugestaltung ihrer Leistungsprozesse kosteneffizienter und innovativer zu werden, nimmt auch die Enttäuschung darüber zu, dass die Mitarbeiter offensichtlich nicht in ausreichendem Maß mitziehen. Neue Ansätze wie interdisziplinäre Steuerung von Projekten, Teambeauftragung, Simultaneous Engineering und leistungsorientierte Anreizsysteme bringen häufig, obwohl alle Beteiligten angeblich ausdrücklich dafür sind, nicht das gewünschte Ergebnis. Ursache dafür ist immer wieder, dass die ungeschriebenen Spielregeln nicht einbezogen werden. Diese bewirken jedoch kontraproduktive Effekte, solange sie nicht auch angepasst werden. Wenn die offizielle Lesart beispielsweise besagt, dass jede Führungskraft, um auf der Karriereleiter höher zu klettern, ein möglichst breites Spektrum von Erfahrung in mehreren Verantwortungsbereichen des Unternehmens sammeln sollte, wenn die Unternehmenspolitik beinhaltet, dass die leistungsfähigsten Führungskräfte jeweils nach zwei oder drei Jahren befördert werden und eine neue Aufgabe erhalten, und wenn als wichtigstes Maß für den Erfolg von Führungskräften die Ergebnisse des von ihnen geleiteten Verantwortungsbereichs zählen, dann sind Tugenden wie Interdisziplinarität, Teamgeist und dauerhafte Leistung vergebens. Denn die ungeschriebenen Spielregeln, die in einem solchen Umfeld mit aller Wahrscheinlichkeit virulent sind, besagen, dass • Führungskräfte, um schnell Karriere zu machen, so schnell und häufig wie möglich neue Aufgaben in unterschiedlichen Bereichen übernehmen müssen, • Führungskräfte in erster Linie ihrem obersten Vorgesetzten positiv auffallen müssen, dass sie dazu möglichst sichtbar mit herausragenden Ergebnissen identifiziert werden müssen und dass sie auf alle Fälle vermeiden müssen, mit Fehlschlägen in Zusammenhang gebracht zu werden, • Führungskräfte das Ergebnis ihres Verantwortungsbereichs mit allen Mitteln positiv erscheinen lassen müssen, selbst wenn es zu Lasten ihrer Kollegen, anderer Verantwortungsbereiche und zum Schaden des Unternehmens insgesamt sein könnte. Kurzfristige und abteilungsegoistische Orientierung sind trotz aller guten Absichten programmiert. Teamarbeit kann nicht zustande kommen, selbst wenn sie vorgetäuscht wird, um der offiziellen Unternehmenslinie zu entsprechen – das Verhalten im Team wird immer wieder dadurch geprägt sein, dass die Teammitglieder ihren Beitrag und Erfolg einzeln ausgewiesen und gewürdigt wissen wollen.

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Darüber hinaus werden die Teammitglieder und die Mitglieder von interdisziplinären Steuerungsgremien in erster Linie die Interessen ihres jeweiligen Bereichs verteidigen, da ihre eigene Entwicklung vom Wohlwollen ihrer Bereichsleitung abhängt und nicht vom Erfolg des Teams oder des Unternehmens. Schließlich werden auch die Prioritäten uneingeschränkt in Richtung auf Vorteile für den eigenen Verantwortungsbereich laufen. Erstaunlich ist immer wieder, wie genau jeder Mitarbeiter im Unternehmen analysiert, nach welchen geheimen Spielregeln alle anderen im Unternehmen agieren, wenn auch unausgesprochen, und oft nur diffus durchdacht. Aber es reicht aus, um den einzelnen davor abzuschrecken, aus dem geheimen Konsensus auszubrechen, da es unweigerlich das Immunsystem der Organisation alarmieren würde und folglich nicht zuletzt zu seinem eigenen Schaden wäre. An diesem Widerspruch zwischen offiziellen Absichten und Machtstrukturen auf der einen Seite und ungeschriebenen, gewachsenen Verhaltenskonsequenzen auf der anderen Seite scheitern viele gut klingende Vorhaben wie die Verkürzung von Durchlaufzeiten durch die F & E oder die Optimierung von funktionsübergreifenden Leistungsprozessen. Das Problem besteht in den meisten Fällen darin, dass sich die Unternehmensleitung nicht deutlich genug bewusst ist, dass die ungeschriebenen Spielregeln existieren, gute Gründe für ihre Entstehung und Existenz haben und eine mächtige Wirkung besitzen. Was fehlt, ist ein Verständnis dafür, wie das Unternehmen wirklich funktioniert und wie die Verbindung zwischen dem Verhalten des Unternehmens und seiner Teile mit den offiziellen Absichten und Entscheidungen der Unternehmensführung funktioniert. Wenn die Unternehmensführung sich dagegen die Mühe macht, den ungeschriebenen Spielregeln auf den Grund zu gehen, so erkennt sie in der Regel sehr schnell, dass die Umsetzungsprobleme der von ihr beschlossenen und in das Unternehmen kommunizierten Maßnahmen die konsequente Folge der ungeschriebenen Spielregeln sind. Die Umsetzungsprobleme entstehen aus dem nicht ohne weiteres sichtbaren Widerspruch zwischen den spezifischen Absichten der Unternehmensführung, bezogen auf ein einzelnes Vorhaben oder eine einzelne Änderung, und der Gesamtheit der ungeschriebenen Spielregeln. Wir müssen lernen, dass die Umsetzungsprobleme von Führungsmaßnahmen, die einen hohen Prozentsatz dieser Maßnahmen ganz oder teilweise scheitern lassen, von nichts anderem herrühren als von ungeschriebenen Interpretationen und Verhaltensregeln, die ihrerseits aus den vorangegangenen Führungsmaßnahmen und offiziellen Anweisungen hervorgingen also das Ergebnis – größtenteils unerwünschter – organisatorischer Lernprozesse historischer Erfahrungen sind.

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Selbst die mit starker Intuition ausgestatteten Führungskräfte könnten heute diese Zusammenhänge nicht mehr sicher „im Gefühl haben“. Sie werden daher immer häufiger von unerwarteten Widerständen und Reaktionen überrascht, wenn sie wohlgemeinte und an sich richtige Veränderungen in ihrem Unternehmen verwirklichen wollen. Wenn man nicht dazu übergeht, sich wesentlich expliziter mit den ungeschriebenen Spielregeln und ihrer Wirkung auseinanderzusetzen, wird man immer deutlicher die Fähigkeit verlieren, die Reaktionen auf ihre Maßnahmen des Wandels und der Zukunftsorientierung vorherzusehen und das Unternehmen insgesamt auf eine zukunftsorientierte Ausrichtung einzuschwören. Umgekehrt besteht aber kein Grund, die ungeschriebenen Spielregeln zu ignorieren oder zu vernachlässigen. Sie existieren, niemand hält sie absichtlich geheim, und Bemühungen, sie zu erkennen, sie sich vor Augen zu führen und ihren Einfluss zu berücksichtigen, ja zu nutzen, sind in der Regel von Erfolg gekrönt. Die Mitarbeiter der Unternehmen reagieren positiv, so zeigen es eine ganze Reihe von Projekten, bei denen wir die ungeschriebenen Spielregeln systematisch aufdeckten und untersuchten; es wird der Unternehmensführung sogar hoch angerechnet, wenn sie sich mit den Verhaltensmotiven, mit den Sorgen und uneingestandenen Zwängen der Mitarbeiter auseinandersetzt und bei ihren Entscheidungen darauf Bezug nimmt. Wir können daraus lernen, dass die ungeschriebenen Spielregeln nicht gegen die Unternehmensführung und ihre Vorhaben gerichtet sind, sondern dass sie diese Vorhaben bei offener Berücksichtigung ihrer Wirkungsweise sogar stark unterstützen können. Die ungeschriebenen Spielregeln zu kennen und ins Kalkül mit einzubeziehen bringt daher mehr, als nur die Reduktion typischer Umsetzungsprobleme von Veränderungsmaßnahmen. Die Einbeziehung der ungeschriebenen Spielregeln kann vielmehr dazu führen, dass neue Möglichkeiten und Chancen des Wandels hin zu einer leistungsfähigen und in sich geschlossenen Organisation eröffnet werden. So müssen und können Manager heute lernen, das mentale Modell der Spielregeln ihrer Mitarbeiter zu verstehen, nicht nur um unnötige Widerstände und Missverständnisse zu vermeiden, sondern auch um die wirklichen Ursachen von hoher Leistung zu verstehen und dadurch Leistungsbarrieren zu vermeiden und Erfolge reproduzierbar zu machen. Wir können daraus lernen, dass die geheimen Spielregeln aus dem Untergrund an die Oberfläche gebracht werden können, dass sie formuliert, erklärt und zur Verhandlungssache gemacht werden können. Dabei kann sich die Unternehmensfüh-

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rung auf die ungeschriebenen Spielregeln konzentrieren, die direkt und indirekt mit bestimmten Vorhaben in Zusammenhang stehen. Wie kann die Unternehmensführung hierzu die Initiative ergreifen? Zunächst einmal muss das Veränderungsvorhaben klar und überzeugend formuliert sein, und die Umsetzungsproblematik sollte erkannt und anerkannt sein. Beispielsweise ist der Übergang zu mehr Teamarbeit bei der Durchführung von strategischen Produktentwicklungsprojekten ein solches Veränderungsvorhaben, das aus der Notwendigkeit entspringt, die verschiedenen funktionalen Verantwortungsbereiche während der gesamten Entwicklungsvorhaben aktiv zu beteiligen und dadurch eine höhere Innovationsleistung, eine stärkere Marktorientierung und einen schnelleren Entwicklungsdurchlauf zu erreichen. Die Frage ist dann: Was hindert die betroffenen Mitarbeiter daran, die nötige Teambereitschaft aufzubringen? Die Antwort geben die Betroffenen selbst, wenn man offen mit ihnen darüber spricht und ein Grundkonzept eines mentalen Modells einbringt, das dann gemeinsam spezifiziert werden kann. Dieses Grundmodell beschreibt die Wirkung von drei unterschiedlichen Kräften auf das Verhalten der Mitarbeiter (siehe Abbildung 7): • der motivierenden Kräfte, • der machtausübenden Kräfte und • der handlungsauslösenden Kräfte. 9.2 Motivierende Kräfte Motivierende Kräfte sind nicht von vornherein die Anreizsysteme des Unternehmens, die Gehaltspolitik, die Nebenleistungen oder die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Vielmehr gehört dazu und darüber hinaus, was den Menschen wichtig erscheint, wofür sie sich einzusetzen bereit sind. Was betrachten sie als eine echte und ehrliche Belohnung ihrer Bemühungen? In der Mehrzahl der Fälle geht es hier um die den inhaltlichen Gehalt ihrer Tätigkeit, um die Sichtbarkeit und den Wert dessen, an dem sie mitwirken, um Entwicklungs- und Entfaltungschancen, um Anerkennung durch andere (von oben, unten, rechts und links) sowie um Einfluss auf die eigene Tätigkeit. Ebenso motivierend wirkt, was der Einzelne vermeiden oder verhindern möchte – was er als Strafe oder Verlust betrachten würde.

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Welche der motivierenden Kräfte im Vordergrund steht, kann von Unternehmen zu Unternehmen und je nach Situation und Umfeld sehr unterschiedlich sein. Häufig sind aber die Entwicklungs- und Entfaltungschancen die stärkste motivierende Kraft. Die Mitarbeiter möchten vorankommen, selbst wenn sie dafür kontraproduktive Verhaltensweisen für das Unternehmen einschlagen müssen. Selbstentfaltungsdrang macht oft blind für die negativen Effekte, wenn er nicht kanalisiert wird und wenn keine Beziehung zum eigenen Einsatz hergestellt werden kann. Flache Hierarchien, so vorteilhaft sie objektiv gesehen auch sind, haben den großen Nachteil, dass sie Unsicherheit sowie definitiv verschlechterte Erwartungen bezüglich des formalen Entwicklungs-, Aufstiegs- und Entfaltungspotentials mit sich bringen. Es wurde bisher zu wenig darüber nachgedacht, welche anderen Lösungen der Mitarbeiterentwicklung und Anerkennung von Leistung und Einsatz angeboten werden könnten. Die enttäuschendsten und am wenigsten wirkungsvollen Lösungen sind die finanziellen. 9.3 Machtausübende Kräfte In sehr starkem Zusammenhang mit dem, was den Mitarbeitern sachlich wichtig erscheint, stehen die Personen im Unternehmen, die ihnen wichtig erscheinen. Diese Personen üben Macht aus. Wer sind die Menschen, die den Einzelnen in die Lage versetzen können, das zu erreichen, was sie erreichen wollen? Wer eröffnet Ihnen Entfaltungschancen, wer verschafft ihnen Respekt, wer kann strafen? Aus der Sicht der Mitarbeiter kann die Machtstruktur des Unternehmens ein völlig anderes Aussehen haben, als es das offizielle Organigramm vermuten lässt. Neben den ungeschriebenen Spielregeln gibt es so eine geheime Organisation im Unternehmen, die oft durch Reorganisationsmaßnahmen nicht verändert wird, so dass sich faktisch überhaupt nichts ändert. Häufig sind natürlich die Linienvorgesetzten die wichtigsten machtausübenden Kräfte. Analysiert man die Situation genauer, so sind dies jedoch regelmäßig nicht unbedingt direkte Vorgesetzte, sondern vielleicht erst Personen auf der übernächsten Hierarchieebene. Wenn man diese nicht näher kennt, so entstehen Phantomkräfte, in die alles Mögliche hineininterpretiert wird. Nach dem Motto: „Was denkt die Abteilungsleitung?“, „was will sie wirklich?“, „womit könnte ich einen guten Eindruck hinterlassen?“, werden Sinnzuschreibungen interpretiert, welche die entsprechenden Vorgesetzten oftmals nie beabsichtigt hatten. Diese Interpretationen werden dann noch informell kommuniziert, ihre Ergebnisse

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wiederum interpretiert und so weiter. Auf Basis von Erkenntnissen der Sozialpsychologie wurde bereits eine Fülle von Beweisen erbracht, die aufzeigen welch enorme gestaltende oder auch lähmende Kraft solchen Interpretationen und ihrer informellen Kommunikation zukommt. Um die machtausübenden Kräfte für sich zu gewinnen, sind viele, Mitarbeiter bereit, sich zu kompromittieren, ihr Ehrgefühl hintenan zu stellen, ihre persönlichen Werte wie die Fahne nach dem Wind zu hängen, ja den Unternehmenserfolg aufs Spiel zu setzen. Um diesen machtausübenden Kräften gegenüber positiv aufzufallen, ereifern sie sich häufig in vorauseilendem Gehorsam und in interpretierender Antizipation des vermeintlichen Willens von Vorgesetzten. Daher ist es schlimm, wenn sie die Wünsche und Ziele der Machtfiguren im Unternehmen nur erahnen können. Denn sie täuschen sich häufig. Egoismen, Machtkampf und Abteilungs- oder Bereichsdenken auf den unteren Ebenen resultieren meistens aus der Interpretation dessen, was die entscheidenden Machtpromotoren persönlich wollen. Da sich diese Verhältnisse auf allen Ebenen finden, entstehen oft Seilschaften der Veränderungsfeindlichkeit. Die Führungskräfte täuschen sich in vielen Fällen über die Linie der Machtausübung. Da sie selbst selten befehlen, strafen oder in kämpferische Erscheinung treten, werden sie von den Mitarbeitern unter Umständen nicht als die machtausübenden Kräfte angesehen. Stattdessen spielt sich die für die ungeschriebenen Spielregeln entscheidende Machtausübung in der geheimen Organisation auf unteren Ebenen ab. Kein Wunder, dass die Wünsche und Entscheidungen, die Visionen und Überzeugungen der Unternehmensführung insgeheim nicht ernst genommen werden. 9.4 Handlungsauslösende Kräfte Handlungsauslösende Kräfte entstehen aus dem Zusammenwirken der motivierenden und der machtausübenden Kräfte in spezifischen Situationen. Zum Beispiel bewirken Erfolgssituationen oder Wettbewerbsspannungen, dass die Mitarbeiter zu Verhalten und Handlungen bewegt werden, mit denen sie den Beweis ihrer Qualifikation gegenüber den von ihnen als entscheidend eingestuften Machtpromotoren in der Erwartung erbringen können, dass sie dann ihr Ziel, eine weitere Entwicklungsstufe im Unternehmen, erreichen können. In der Tendenz, stark zu vereinfachen, sind die finanziellen Ergebnisse des Verantwortungsbereichs des jeweils betroffenen Mitarbeiters häufig zur wichtigsten

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handlungsauslösenden Kraft geworden. Das gesamte Streben und Wertegefüge reduziert sich dann häufig in extremer Weise auf das kurzfristige finanzielle Ergebnis, manchmal selbst unter Inkaufnahme von Manipulation und Suboptimierung, Feindschaften und Übervorteilung. 9.5 Wie man mit den Kräften der geheimen Organisation umgehen muss Alle diese Kräfte, die zur Herausbildung der ungeschriebenen Spielregeln im Unternehmen führen, sind in sich logisch. Sie entstehen dadurch, dass die Mitarbeiter des Unternehmens ein eigenes Verständnis davon entwickeln, was ihnen wichtig ist, wer ihnen wichtig erscheint, um ihr Ziel zu erreichen und wie sie in dieser Konstellation ihr Ziel erreichen können. Mit diesem Modell lassen sich die wichtigsten ungeschriebenen Spielregeln in jedem Unternehmen relativ schnell und sicher herausarbeiten. Auf dieser Basis kann dann geklärt werden, welche der ungeschriebenen Spielregeln proaktiv genutzt werden können und welche schädlich für die Entwicklung des Unternehmens sind. Häufig ergeben sich daraus deutliche Hinweise, welche der offiziellen und formalen Regeln, Entscheidungen und Anweisungen falsch waren und zur Herausbildung der kontraproduktiven geheimen Spielregeln geführt haben. Wir stellen immer wieder fest, dass es widersprüchliche offizielle Regeln und Anweisungen sind, die zu geheimen Spielregeln Anlass gaben, die dem Unternehmensinteresse zuwider laufen. Wir können daraus lernen, dass für das Unternehmen schädliche ungeschriebene Spielregeln meistens darauf hindeuten, dass in den Regeln, Erwartungen und Strukturen des Unternehmens Widersprüche und Ungereimtheiten bestehen. Solche Probleme wurden gerade in den letzten Jahren durch Gemeinkostenwertanalysen und Reengineering-Projekte in großer Zahl geschaffen. Die Analyse der so entstandenen ungeschriebenen Spielregeln im Unternehmen ist oft der einzige Ansatz, um die wahren Kräfte im Unternehmen zu erkennen und um Patt-Situationen aufzulösen. Motivierende Kräfte können durch Änderungen der Unternehmenspolitik, des Führungsverhaltens, der Aufgabenstruktur, des Schulungs- und Entwicklungsangebots, der Anreizsysteme und der Kommunikation im Unternehmen gestaltet und beeinflusst werden. Die machtausübenden Kräfte resultieren aus Organisationsstrukturen, Führungslinien, Verantwortlichkeiten, aus dem PersönlichkeitsMix in der Führung und aus Beförderungspraktiken. Handlungsauslösende Kräfte schließlich werden durch Zielsetzungen, Strategien, Bewertungsverfahren und Verantwortungsstrukturen bedingt.

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Wir können daraus lernen – und das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis –, dass die Unternehmensführung gezielt Verhaltensbarrieren beseitigen kann, wenn sie den Zusammenhang zwischen den offiziellen und den ungeschriebenen Spielregeln kennt, die offiziellen Regeln und Anweisungen modifiziert und ihren eigenen Einfluss auf die ungeschriebenen Spielregeln zur Geltung bringt. Die wohl wichtigste Maßnahme besteht darin, Widersprüche und Inkompatibilitäten zwischen den offiziellen und den informellen Regeln abzubauen. Viele Führungskräfte ahnen, dass in ihrem Verantwortungsbereich etwas abläuft, das sie nicht durchschauen. Sie versuchen, dieses unsichtbare Geschehen durch Charisma, Härte, Volkstümlichkeit oder Detailanweisungen zu beeinflussen oder einzudämmen. Wir wissen heute, dass das nutzlose Unterfangen sind und dass sie besser daran täten zu verstehen, was sich in der Organisation tatsächlich abspielt. Die ungeschriebenen Regeln sind keine nebulösen, irrationalen Phänomene, die nur von Gurus verstanden werden können. Sie sind logisch, können nachvollziehbar gemacht werden und lassen sich gestalten. Um Teamfähigkeit und interdisziplinäre Kooperation zu steigern, können beispielsweise die Verweilzeiten auf den einzelnen Karrierestufen und in den unterschiedlichen Funktionsbereichen erhöht werden, vorausgesetzt, dass dadurch nicht die Entwicklungs- und Entfaltungsgeschwindigkeit beeinträchtigt wird. Entscheidungen über Beförderung und Gehalt können, anstatt vom direkten Vorgesetzten allein gefällt zu werden, von einer zuvor definierten Gruppe von involvierten Bereichsvertretern mitbestimmt werden. Als wichtigstes Beurteilungskriterium kann der Erfolg des Teams herangezogen werden, dem der einzelne Mitarbeiter angehört. Wie die vorstehend genannten Beispiele zeigen, wird durch die Veränderung unternehmenstypischer Handlungsweisen die Diskrepanz zwischen offiziellen Zielen und Ansprüchen einerseits und täglich gelebter Wirklichkeit andererseits verringert. Auf diese Weise ändern sich – zwar nur indirekt aber geradezu zwangsläufig – die ungeschriebenen Spielregeln und damit schließlich auch das Verhalten der Mitarbeiter. Während in den meisten Unternehmen in erster Linie versucht wird, Verhalten durch Manipulation der handlungsauslösenden Kräfte zu ändern, beispielsweise, indem Zielvorgaben ausgeklügelt und Anreizsysteme umgestaltet werden, erweisen sich Verhaltensänderungen auf der Basis veränderter machtausübender Kräfte als dauerhafter und tiefergehender. Teamarbeit, Qualitätsbewusstsein und Kundenorientierung müssen nicht anerzogen werden – sie entsprechen natürlichen Motiven der meisten Menschen. Was ihnen in den meisten Unternehmen in die

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Quere kommt, sind Unklarheiten und Fehlentwicklungen bei den machtausübenden Kräften, die Konflikte schüren, die Mitarbeiter Widersprüchen aussetzen und sie bei der Bewältigung dieser Widersprüche allein lassen. Führungskräfte können heute nicht mehr darüber hinwegsehen, dass sie selbst die Diskrepanz zwischen ihrer formalen Vorstellungswelt, ihrem mentalen Modell und den von den Mitarbeitern allmählich geschaffenen inoffiziellen Spielregeln verursacht haben. Sie müssen die Initiative ergreifen, diese Diskrepanz in einem gemeinsamen Lernprozess aufzudecken und zu überwinden. Das ist unserer Erfahrung nach wichtiger und wirkungsvoller als die formale Umgestaltung von Organisationsstrukturen und Leistungsprozessen, insbesondere wenn die geheime Organisation de facto ohnehin die Oberhand behält.

10 Säulen der Lernenden Organisation Es gibt viele Theorien des Lernens. Senge (1990, deutsche Fassung 1996) weist nach, wie verkümmert die Lernfähigkeit in den meisten Unternehmen heute ist. Denn die meisten Unternehmen lernen, so Senge, nur durch schmerzhafte Erfahrung, punktuell aus einzelnen Ereignissen und Ergebnissen, die sie jedoch nur selten auf die Ursachen zurückführen können. Erfolgreiche Lernprozesse sind – so meint Senge – oft nur das Ergebnis von Zufall. Ihrer Lernfähigkeit steht entgegen, so Senge, dass die meisten Menschen ein monadisches Weltbild haben. Mitarbeiter identifizieren sich regelmäßig zu bedingungslos und inflexibel mit ihrer Position und dem durch sie bestimmten Fähigkeitsprofil. Sie suchen als Einzelne, im Abteilungsverbund und alle zusammen als Unternehmen die Schuld für auftretende Probleme vorwiegend extern. Beispielsweise wird die Ursache von Problemen bei anderen Mitarbeitern, anderen Abteilungen, Wettbewerbern aus anderen Ländern, bei den Gewerkschaften, bei den Politikern gesucht. Hinzu kommt, dass sie immer auf die gerade aufgetretene Problemsituation fixiert sind, ohne den größeren Zusammenhang und die Entstehungsgeschichte des Problems zu durchschauen. Man achtet auf das Quartalsergebnis, den Lagerbestand, das bessere Konkurrenzprodukt, den Marktanteilsverlust, die mangelnde Mitarbeitermotivation. Der Zusammenhang zwischen getroffenen Entscheidungen und den später und an anderen Stellen auftretenden Konsequenzen ist meist nicht mehr zu überblicken. Aufgrund der vielfältigen Neben-, Zweit- und Rückwirkungen sowie der erheblichen Wirkungsverzögerung zwischen auslösender Kraft und Resultat ist eine Lernerfahrung oftmals nur schlecht möglich.

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Senge stellt dem ein Modell der Lernenden Organisation entgegen, die sich durch fünf Eigenschaften – er nennt sie Disziplinen – auszeichnet: • Ihre Mitarbeiter können systemisch denken, d. h. sie haben ein Systemverständnis aller für den Erfolg entscheidenden Einflussfaktoren und ihrer Wechselbeziehungen – innerhalb und außerhalb der Organisation. Dieses Systemverständnis verdrängt geradezu zwangsläufig das ansonsten herrschende monadische Weltbild, in dem sich der einzelne stets im Zentrum aller Aktivitäten und Prozesse erlebt. • Ihre Mitarbeiter weisen ein explizites und klares Verständnis ihrer eigenen Ziele, Entwicklung und Wirklichkeit auf, das sie in Beziehung zu der Entwicklung des Unternehmens und ihren Einflussmöglichkeiten setzen können. • Sie teilen ein gemeinsames „mentales Modell“, das ihnen Überzeugung für ihre Fähigkeiten und Möglichkeit sowie eine visionäre Zielvorstellung gibt. Ihre Führungskräfte besitzen ebenfalls ein „mentales Modell“, das mit dem des Unternehmens insgesamt harmonisiert. • Sie sind in der Lage, eine gemeinsame Vision als erstrebenswertes Bild der Zukunft zu entwickeln, dem sich alle Organisationsmitglieder verpflichtet fühlen und das dauerhaft Energie freisetzt. • Sie verfügen über Teams, die fähig und bereit sind, echte „Dialoge“ zu führen, das heißt gemeinsam und offen zu denken, anstatt nur taktische Positionen abzugleichen oder durchzusetzen. Wie ein Unternehmen zu einer lernenden Organisation werden kann und ob das Fähigkeitsmodell von Senge dazu ausreicht, blieb bisher die Frage. Senges praktische Ratschläge zielen gleichermaßen auf die Voraussetzungen für die Lernwilligkeit der Organisationsmitglieder als auch auf unterstützende Instrumente zur Verbesserung der Lernfähigkeit ab. Nachstehend in Kürze die zentralen Kernthesen: • Der Einzelne, insbesondere die einzelne Führungskraft, solle das eigene Verhalten zur „personal mastery“ (Meistern des individuellen Verhaltens) weiterentwickeln, für die anderen ein Unternehmensklima schaffen, welches ihnen ermöglicht, ebenfalls ihre „personal mastery“ zu entfalten und selbst – sozusagen als lebendes Beispiel – die „personal mastery“ demonstrieren. • Führungskräfte sollen lernen, ihr „mentales Modell“ zu artikulieren und in Frage zu stellen, um durch einen ständigen Dialog untereinander ihre Annahmen über Funktionsweisen, Beweggründe und Einflussfaktoren zu ü-

Lernen als Element der Wettbewerbsstrategie

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berprüfen und dem tatsächlichen Systemzusammenhang anzunähern, unter dem sich das Unternehmen insgesamt behaupten muss. • Alle Mitglieder der Organisation sollen einen klaren Blick dafür erarbeiten, wie ihre Verhaltensweisen, Entscheidungen und Fähigkeiten dazu beitragen, den Zustand und die Entwicklungstendenz des Unternehmens zu formen. Auf dieser Basis sei es ihnen auch möglich, eine gemeinsame, realistische Vision einer besseren Zukunft zu bilden, an der sie gezielt mitwirken können. • Die Mitglieder der Organisation sollen ihre Fähigkeit schulen, komplexe Systemzusammenhänge zu erkennen (und anzuerkennen) und interdisziplinär zu behandeln; sie sollen die Gefahr bannen, komplexe Probleme durch einfach klingende Formeln und Entscheidungen lösen zu wollen und statt dessen eine Terminologie der Systemdynamik zur Basis gemeinsamen Lernens machen.

11 Voraussetzungen der Lernenden Organisation Wir wollen zum Schluss checklistenartig die Vorbedingungen für eine Lernende Organisation aufzeigen: • Ausreichende Unabhängigkeit Die Organisation als „Lebendes System“ hat die Fähigkeit zum Wandel selbst dann, wenn übergeordnete Systeme im Status Quo verharren. • Gemeinsame Absicht und Vision Die betroffene Organisation/Einheit hat einen klar definierten Sinn und Auftrag, Absichten und Zielvorstellungen sind miteinander kompatibel. • Klarer Geschäftsauftrag zur Unterstützung organisationalen Lernens In einer dynamischen Umgebung ist organisationales Lernen eine vordringliche Mitarbeiterpflicht. Folglich muss deutlich werden, dass neben der Erfüllung der täglichen Geschäftsprozesse auch deren Weiterentwicklung, ihre kritische Hinterfragung und das Erstellen von Veränderungsvorschlägen eine primäre Verpflichtung jedes Mitarbeiters darstellt. Vergleicht man die Anzahl der Verbesserungsvorschläge japanischer und europäischer Organisationsteilnehmer, die sich so etwa im Verhältnis zehn bis zwölf zu eins verhalten, so wird deutlich, welches Potential hierzulande noch brachliegt.

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• Bekenntnis vom Top-Management Die Vorstände und leitenden Manager müssen eine starke Unterstützung für Lernprozesse und lernende Mitarbeiter bieten. Hierzu gehört auch eine gewisse Toleranz gegenüber (zwangsläufig auftretenden) Fehlschlägen. • Eine kritische Untersuchung über die Bereitschaft des Systems, sich in eine Lernende Organisation zu wandeln Mögliche Lernbarrieren und -hemmnisse sind zu identifizieren und auszuräumen. In der Tat sind die Voraussetzungen für die Weiterentwicklung einer Unternehmung in eine „Lernende Organisation“ sehr unterschiedlich. Gerade patriarchal geführte Unternehmen in Märkten, die durch technologische, faktische oder juristische Markteintrittsbarrieren historisch vergleichsweise stark vor Verdrängungswettbewerb geschützt waren, erweisen sich – trotz veränderter Rahmenbedingungen – als vergleichsweise lernresistent. Reformwillige Mitarbeiter sehen sich in einem solchen Umfeld besonders großer Gefahr ausgesetzt, kaltgestellt oder massiv angegriffen und behindert zu werden. Die oben genannten Bedingungen stellen keineswegs ausreichende, aber zwingend notwendige Voraussetzungen für die Realisation des hier dargestellten Entwicklungsprozesses von Organisationen zur „Lernenden Organisation“ dar. Der Erfolg dieses Prozesses (wir wollen nicht sagen, „der erfolgreiche Abschluss dieses Prozesses“, denn einen Abschluss findet der Lernprozess niemals) lässt sich anhand folgender Punkte ansatzweise überprüfen: • Wenn jemand das Unternehmen/die Organisation verlässt, bleibt das Wissen und die Erfahrung in wesentlichen Teilen zurück. • Die Organisation weist einen Lernplan in Verbindung mit Visionen und Strategien auf. • Die Organisation erlaubt Experimente als Lernmöglichkeit einschließlich der Möglichkeit, Fehler zu begehen, um eben aus diesen Fehlern zu lernen. • Die Organisation ist auch bereit, von anderen Organisationen, auch von Wettbewerbern oder völlig artfremden Organisationen zu lernen. • Die Organisation kann Wissen schnell (idealerweise schneller als Wettbewerber) in Produkte und Prozesse umsetzen. • Teamlernen wird betont, gesichert und geteilt.

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Literaturverzeichnis Busch, R.; Dögl, R. & Unger, F.: Integriertes Marketing. Wiesbaden. 1995. Drucker, P.: The age of discontinuity: Guidlines to our changing society. New York. 1968. Hammer, M. & Champy, J.: Business reengineering. Frankfurt, New York. 1964. Little, A. D.: Management der Hochleistungsorganisation. (2. Aufl.). Wiesbaden. 1991. Little, A. D.: Management der Lernprozesse im Unternehmen. Wiesbaden. 1995. Pfeiffer, W. & Dögl, R.: Das Technologie-Portfolio-Konzept zur Beherrschung der Schnittstelle Technik und Unternehmensstrategie, in: Hahn, D. & Taylor, B. (Hrsg.): Strategische Unternehmensplanung, Stand und Entwicklungstendenzen (4. Aufl.). Heidelberg, Wien. 1986, S.149 - 177. Popper, K.:Auf der Suche nach einer besseren Welt. (2. Aufl.). München, Zürich. 1987. Senge, P. M.: The fifth discipline - the art and practice of the learning organization. New York: 1990; deutsche Fassung: Die Fünfte Disziplin - Kunst und Praxis der lernenden Organisation, 2. Auflage, Stuttgart.1996. Walz, H. & Bertels, T.: Das Intelligente Unternehmen - Schneller lernen als der Wettbewerb, Landsberg/Lech. 1995.

Thomas Bertels

Die lernende Organisation: Modell für das Management des Wandels im Wissenszeitalter

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Der Anbruch des Wissenszeitalter

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Die Lernende Organisation – Unternehmensmodell im Wissenszeitalter

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Die Lernstrategie: Langfristig angelegter Kompetenzaufbau

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Wie Organisationen lernen

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Qualitätsebenen des Lernens

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Kennzeichen intelligent lernender Organisationen

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Aktiv den Wandel managen: Organisatorisches Lernen fördern

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Fazit Literaturverzeichnis

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Die Lernende Organisation: Modell für das Management des Wandels im Wissenszeitalter3 Thomas Bertels

1

Der Anbruch des Wissenszeitalters

Weitgehend unbeachtet und überdeckt von der Fülle an Informationen und Ereignissen, die tagtäglich über uns hereinbrechen, ist das Wissenszeitalter (‘knowledge era’) angebrochen. Dieses Zeitalter löst die industrielle Ära und das damit verbundene Prinzip der Arbeitsteilung ab. Die Folgen dieses Wandels sind bislang nur annähernd abzusehen und werden die Art und Weise, wie wir arbeiten und kommunizieren, fundamental verändern. Der zentrale Erfolgsfaktor für wirtschaftlichen Erfolg in diesem neuen Zeitalter wird die effektive Nutzung von Wissen und Kreativität sein. Die ersten Anzeichen dieser fundamentalen Veränderung zeigen sich beispielsweise in den verstärkten Bemühungen, das im Unternehmen vorhandene und verfügbare Wissen (‘intellectual capital’) zu messen. Ein bekannt gewordener Ansatz der schwedischen SkandiaGruppe weist das ‘intellectual capital’ im Rahmen seines Geschäftsberichts aus. Mit Hilfe des ‘knowledge navigator’ wird der Wissenserwerb im Unternehmen gezielt verfolgt und gesteuert. Mit ein Grund für die Ablösung des bis dato vorherrschenden Prinzips der Arbeitsteilung ist, dass im Unternehmensalltag immer mehr Situationen auftreten, „für deren Bewältigung das vorhandene Wissen immer weniger ausreicht und anderes, besseres Wissen dringend benötigt wird." (Scholl, 1990, S. 107). Ausgefeilte hierarchische Strukturen, ein Ergebnis der Arbeitsteilung, sind nicht flexibel und reaktionsschnell genug, um in gegenwärtigen und zukünftigen Märkten überleben zu können. In dem Versuch, den grundlegenden Veränderungen durch Einsatz von Technologie gerecht zu werden, zeigt sich das Bemühen um Stabilitätserhaltung. Die 3

Vortrag, gehalten an der Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein, am 30. Mai 1996

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Sehnsucht nach Stabilität in einer mehr und mehr chaotisch anmutenden Umwelt manifestiert sich in den wachsenden Anstrengungen der Komplexitätsreduktion, einem bewährten Muster, mit dem Menschen wie Unternehmen versuchen, der ständigen Gefahr der Reiz- und Informationsüberflutung zu begegnen. Um handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben, wird die wahrgenommene Realität auf wenige, überschaubare Faktoren reduziert. Darüber hinaus bilden sich im Zeitablauf feste Muster heraus, nach denen Informationen selektiert werden. Bei Unternehmen entstehen formell organisierte oder informell gebildete Standardabläufe. Je häufiger bzw. je länger das Unternehmen mit einem solchen Ablauf erfolgreich ist, desto fester und stabiler wird das Muster. Derselbe Mechanismus, der es gleichermaßen dem individuellen Menschen wie auch ganzen Organisationen ermöglicht, trotz Informationsüberflutung handlungsfähig zu bleiben, hat aber immer einen mehr oder weniger starken Verlust an Wahrnehmung von Alternativen zur Folge. Durch den Erfolg mit einem bestimmten Muster beziehungsweise einem etablierten Ablauf nimmt die Sensibilität, auch andere Möglichkeiten zu erfassen, ab. Ein bekanntes Beispiel ist die so genannte "Betriebsblindheit". Veränderungen der Umwelt erfordern aber frühzeitige Anpassungen in den Unternehmen. Gerade in einem Umfeld wachsender Komplexität und zunehmender Dynamik genügt dieses Verhalten immer weniger den wachsenden Anforderungen. Die Antwort auf die Frage, wie Unternehmen der rapide zunehmenden Veränderungsintensität in allen Bereichen gerecht werden können, liegt nicht in fortgeschrittener Technologie und erweiterten technischen Möglichkeiten. Die derzeitige Diskussion um Internet, Parallelstrukturen, Groupware und virtuelle Unternehmen verdeckt die zentrale Problematik, dass es nicht ausreicht, Entscheidungen und Veränderungen zu beschleunigen, weil eine erhöhte Geschwindigkeit letztendlich dazu führt, dass auch falsche Entscheidungen schneller als vorher getroffen werden. Nicht nur die pure Quantität, sondern auch bzw. gerade die Qualität von Entscheidungen muss zunehmen. Ungeachtet des technischen Fortschritts bleibt diese Aufgabe nach wie vor dem Menschen alleine vorbehalten. Der damit verbundenen Forderung, Entscheidungen in der Hierarchie so weit wie möglich nach unten zu verlagern, um die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen, können traditionelle Organisationsformen und Machtstrukturen nicht entsprechen. Damit er-

Modell für das Management des Wandels im Wissenszeitalter

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zwingen diese Veränderungen fundamentale Korrekturen an betriebswirtschaftlichen Paradigmen. Eine moderne, schnell auf Veränderungen ihres Umfelds reagierende, flexible Organisation erfordert Mitarbeiter, die ihre Arbeit im Rahmen der Unternehmensziele selbst bestimmen und kontrollieren. Damit werden traditionelle Mechanismen (Kontrolle von oben) contra-produktiv und überflüssig. Die Koordination durch Anweisungen wird zunehmend ergänzt und ersetzt durch Selbstorganisation, z. B. durch bereichsübergreifende Kommunikation. Daher richtet sich das Interesse verstärkt auf Organisationsmodelle, die helfen können, diese neuen Bedingungen abzubilden und damit eine Erhöhung der Veränderungsgeschwindigkeit zu erzielen. Eine Metapher für den sich derzeit vollziehenden Wandel: Die Umwandlung der traditionellen, arbeitsteiligen Organisation in eine dezentral agierende, Veränderungen schnell nachvollziehende Unternehmung entspricht in Bezug auf den Maßstab der Veränderung etwa der Ablösung der Pferdekutsche durch das Automobil.

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Die Lernende Organisation – Unternehmensmodell im Wissenszeitalter

2.1 Was ist Lernen? Lernen ist die Fähigkeit, bestehende Handlungsmuster zu revidieren, neue Muster anzunehmen und die Anpassung an Veränderungen zu gestatten. Die erfolgreiche Gestaltung von Lern- und Veränderungsprozessen macht es erforderlich, verschiedene Erscheinungsformen des Lernens zu unterscheiden. Lernen ist durchaus nicht mit einer positiv zu wertenden Anpassung an Veränderungen gleichzusetzen. Das Phänomen „Lernen“ ist wertfrei zu betrachten: Lernprozesse können sowohl positive als auch negative Effekte haben. Das traditionelle, in Sprache und Kultur als positiv verankerte Verständnis von Lernen muss revidiert werden zugunsten einer wertfreien Betrachtung dieses Prozesses.

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Lernen wird i. d. R. stillschweigend als ein Vorgang verstanden, der zielgerichtet (d. h. gesteuert), bewusst (d. h. intentional) und beeinflussbar (d. h. planbar) abläuft. Darüber hinaus wird Lernen häufig auf einen Prozess des Erwerbs von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten reduziert, bei dem ein Lehrinhalt in das Gehirn der Lernenden transportiert wird, der zuvor "draußen" war. Tatsächlich können wir jedoch den Prozess des Lernens nicht beobachten, wir können lediglich Verhaltensweisen und Reaktionen beobachten. Wenn sich bei Menschen – oder auch bei Organisationen – Verhaltensweisen im Zeitablauf verändert haben, dann unterstellen wir einfach, sie hätten etwas gelernt. Gregory Bateson hat dieses vordergründige Verständnis von Lernen einmal humorvoll als "Speisekartenphänomen" bezeichnet, denn wenn wir eine sichtbare Veränderung des Verhaltens mit einem nicht beobachtbaren Lernprozess gleichsetzen, dann tun wir so, als ob die Speisekarte das gleiche wäre wie die Speise (Walz & Bertels, 1995, S. 28 f.). In der Realität gibt es viele unterschiedliche Erscheinungsformen des Lernens. Ein erheblicher Teil davon läuft automatisch ohne konkrete Ausrichtung auf ein Ziel ab und ist dem Lernenden völlig unbewusst. Lernen geht weit über das Erfassen rational nachvollziehbarer Daten und Zusammenhänge hinaus. Lernen umfasst eine vielfach unterschätzte emotionale Komponente, die entscheidend mitbestimmt, ob ein bestimmtes Verhalten wirklich handlungsrelevant wird. So wird zum Beispiel den großen Krisen in einem menschlichen Leben zugesprochen, dass sie fundamentale Verhaltensänderungen bewirken. Trennung vom Lebensgefährten, Verlust der Eltern oder eine fristlose Kündigung haben i. d. R. eine starke emotionale Wirkung und üben daher meist großen Einfluss auf unser Verhalten aus, obwohl die Reaktion rein rational oft nicht nachvollzogen werden kann. Demgegenüber verpufft das Ergebnis von Seminaren und Schulungen oft in wenigen Tagen und wirkt nicht handlungsrelevant, weil der „Lernende“ mit dem Gelernten keinerlei Emotionen verbindet, obwohl ihm die Vorteile eines veränderten Verhalten rational völlig einsichtig sind. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum die emotionale Komponente für Veränderungsprozesse im sozialen Bereich so wichtig ist. Ganz erhebliche Bedeutung kommt bei allen verhaltensändernden Prozessen dem unbewussten und unwillkürlichen Lernen zu. Lernen ereignet sich zu einem

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ganz überwiegenden Teil versteckt, ununterbrochen und allgegenwärtig. Wir alle lernen – sozusagen nebenbei und meist ohne es wirklich zu bemerken – nahezu pausenlos und unvermeidbar. Der Lernprozess beschränkt sich daher nie auf einen abgrenzbaren "Stoff" im Sinne eines definierten Lerninhalts, sondern er umfasst immer die gesamte Situation mit all ihren Vorkommnissen, Aktionen und Reaktionen. Wichtig ist: viele Verhaltensmuster sind in der nicht sichtbaren Tiefenstruktur, d. h. der unbewussten Basis von Werten, Einstellungen und stillschweigenden Annahmen, verankert. Über eine Tiefenstruktur verfügen nicht nur Individuen, sondern gerade auch Organisationen. Dieses Faktum lässt sich mit dem Bild eines Eisbergs wiedergeben (vgl. Abb. 1): Während nur ein kleiner Teil (Oberflächenstruktur) direkt sichtbar ist, werden Kurs und Geschwindigkeit von der unterhalb der Oberfläche befindlichen Masse bestimmt.

Abbildung 1: Das Eisbergmodell

2.2 Was ist eine Lernende Organisation? Jedes lebende System bricht dann zusammen oder stirbt, wenn es nicht mehr in der Lage ist, sich mindestens so schnell weiterzuentwickeln wie seine Umwelt. Auch für Organisationen gilt diese bekannte evolutionstheoretische Überlegung.

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Organisatorisches Lernen ist die Fähigkeit, die es Systemen ermöglicht, relevante Veränderungen ihres Umfelds umzusetzen. Diese Festlegung verdeutlicht, dass ein Unternehmen niemals den Zustand einer „fertigen“ Lernenden Organisation erreichen kann. Anzumerken ist, dass dieses Organisationsverständnis nicht nur die reaktive Anpassung an Veränderungen des externen Umfelds beinhaltet, sondern auch die proaktive Anpassung bzw. die Veränderung des Systems selbst durch die Unternehmung (im Sinne eines autopoietischen Verständnisses (vgl. Maturana & Varela, 1992). Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass Lernen und Veränderung nicht uneingeschränkt als positiv und anstrebenswert anzusehen sind. Würden die Dinge in der Realität so einfach liegen, so wären maximale Anpassungsfähigkeit und maximales Lernen die Schlüssel zum größtmöglichen Erfolg des Einzelnen und auch der Unternehmung. Individuelle und organisatorische Tugenden wie Beständigkeit, Dauerhaftigkeit, Beharrungsvermögen gegenüber Verwässerungen oder Verschlechterungen, Stabilisierung und Routinisierung von Prozessen, etc. wären allesamt wertlos. Es ist vielmehr notwendig, einen "Mix" zwischen Lernfähigkeit einerseits und Stabilität andererseits zu finden. 2.3 Die Kosten des Lernens Die Frage, ob Lernen und Anpassungsfähigkeit in jedem Fall von Vorteil sind, muss mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Gerade sehr erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich durch ein gesundes Beharren auf unternehmenseigenen Tugenden aus, die letztendlich für Unverwechselbarkeit sorgen. So gründet sich beispielsweise der Erfolg des Autoherstellers Porsche auf einem einzigen Modell, dessen Konzept im Wesentlichen unverändert seit 30 Jahren besteht. Jeder Versuch, mit anderen Modellen zu diversifizieren und das Leistungsangebot abzurunden, ist gescheitert. In vielen Situationen ist es erheblich vorteilhafter, nicht zu lernen, sondern den bisherigen Weg weiter zu verfolgen. Lern- und Veränderungsprozesse haben ihren Preis (im Sinne von Opportunitätskosten). Auch für das organisatorische Lernen gilt der Grundsatz: „Weniger ist oft mehr.“ Durch die Fokussierung von Lernprozessen auf die Umsetzung von relevanten Veränderungen und auf die Weiterentwicklung der Kernkompetenzen der Unternehmung wird erreicht, dass

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trotz rapide zunehmender Veränderungsintensität die Organisation handlungsfähig bleibt. Dies ermöglicht, langfristig orientierte Ziele zu verfolgen und sowohl im Nah- als auch im Fernbereich durch die Entwicklung einer institutionalisierten Anpassungsfähigkeit auf die Herausforderungen der ‘knowledge era’ reagieren zu können. Dieses besondere Verständnis wird als strategisches bzw. intelligentes Lernen definiert und bildet die Grundlage für das hier vertretene Verständnis der Lernenden Organisation (vgl. Walz & Bertels, 1995, S. 32 f.). 2.4 Strategisches und intelligentes Lernen Unternehmen werden immer mehr mit einem zentralen Dilemma konfrontiert: Zum einen nimmt der kurzfristige Erfolgsdruck ständig zu, permanente Veränderungen des Umfelds erfordern permanente Anpassung. Zum anderen aber erfordert der Aufbau beständig wirksamer Wettbewerbsvorteile langfristige Maßnahmen und Strategien. Wie der nachstehenden Abbildung zu entnehmen ist, gibt es unterschiedliche Klassen von Wettbewerbsvorteilen, deren Imitationsschutz (gemessen in Jahren) zunimmt, je mehr man von harten Vorteilen wie Technologie zu weichen Elementen wie Unternehmenskultur übergeht. Andererseits bedeutet dies allerdings auch, dass die Entwicklung derartiger Kompetenzen einen angemessenen Zeitrahmen benötigt. So wird zum Beispiel bei Asea Brown Boveri davon ausgegangen, dass eine fundamentale Veränderung (‘quantum change’) einer Unternehmenskultur in einem Großunternehmen von den ersten Anfängen bis zur vollen Ausprägung und Durchdringung in der Regel einen Zeitraum von acht Jahren benötigt. Diese Zahl wird bestätigt durch die Analyse der Kulturveränderung bei General Electric (Tichy & Sherman, 1993).

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Wettbewerbsstärke

Denken, Verhalten, Werte, Kultur Kundenstrategie / -beziehungen Aufbau-/Ablauforganisation Fertigungstechnologie Produkte Schutz vor Nachahmung in Jahren

Abbildung 2: Wettbewerbsvorteile Bei der Berücksichtigung eines solchen Maßstabes ist das Vorhandensein einer zentralen, langfristig verfolgten Vision essentiell. In der Unternehmensrealität wird die strategische Bedeutung von Entscheidungen oft unterschätzt und die Organisation wandelt sich langsam zu einer „Adhocratie“, die operative Hektik zugunsten langfristig ausgerichteter Entscheidungen favorisiert. Dieses zentrale Dilemma zwischen kurzfristiger Effizienz – basierend auf Stabilität und Routinen – und langfristiger Veränderung wird noch dadurch verschlimmert, dass unser Denken und Handeln auf die Erreichung eines stabilen Zustandes hin orientiert sind. Unter dem Eindruck einer stetig zunehmenden Veränderungsintensität bezogen auf die Dynamik und die Komplexität der auftretenden Probleme müssen Bemühungen, diesen Veränderungen durch die Überführung in Routinen gerecht zu werden, zwangsläufig scheitern. Der Versuch, jeder auftretenden Veränderung kurzfristig zu begegnen, endet zwangsläufig in einer Überforderung der Organisation. Die Konsequenz, Veränderungen unterschiedlich zu behandeln, stellt eine Grundlage des hier vertretenen Verständnisses von organisatorischem Lernen dar. Zwingend notwendige Grundausstattung für Organisationen im Wissenszeitalter ist daher eine robuste Struktur (vgl. Goldmann, Nagel & Preiss, 1995), basierend auf einer langfristigen Vision. Im Rahmen dieser Struktur muss jedoch genug

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Freiraum bestehen, um die wachsende Anzahl an nicht routinefähigen Abläufen zu handhaben. An die Stelle der zwanghaften Komplexitätsreduktion mit „kugelsicheren“ Abläufen müssen robuste Kernprozesse mit Freiräumen für die Bearbeitung der Komplexität treten. Dabei liefert die strategische Orientierung auf die gezielte Entwicklung der Kernkompetenzen einen Rahmen, innerhalb dessen die Organisation sich entwickelt. (vgl. Hamel & Prahalad, 1995). Diese Strategie stellt dabei zugleich die Grenze dessen dar, womit die Organisation sich befasst. Daher findet im Rahmen der Strategieentwicklung in einer Lernenden Organisation eine Selbstbeschränkung auf die als relevant erachteten Geschäftsfelder statt. Wildwachstum der Organisation in Bezug auf Geschäftsfelder, Prozesse und Strukturen wird somit weitgehend begrenzt und die Ressourcen auf die aussichtsreichsten Felder fokussiert. Ein derartiges Organisationsverständnis hat betriebswirtschaftliche Konsequenzen, die gegen den derzeitigen Trend der Schrumpfkuren (‘Downsizing’) stehen. Robuste, komplexitätsfähige Strukturen werden nicht mit Hilfe von Lösungen aus der Trickkiste des „Business Process Reengineering“ geschaffen, die auf der Suche nach dem ‘one best way’ scheitern müssen. Die vorherrschende Kostenorientierung ignoriert ein zentrales betriebswirtschaftliches Problem: Magerkuren können ein Unternehmen zwar wettbewerbsfähig machen, aber magersüchtige Unternehmen (‘corporate anorexia’) realisieren in der Regel kein Wachstum und verfügen auch nicht über die Reserven, um kundenrelevante Komplexität zu beherrschen. Gesunde Unternehmen benötigen Wachstum, und unter diesen Bedingungen gilt das Motto: „Grow to be great“.

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Die Lernstrategie: langfristig angelegter Kompetenzaufbau

Im Rahmen dieses Ansatzes ist eine Lernende Organisation definiert als ein Unternehmen, welches beide Bedingungen wirtschaftlichen Erfolgs erfüllt: • Erfüllung der bestehenden Erfolgsvorgaben, d. h. Erzielung eines kurzfristig realisierten Ergebnisses • Aufbau von Kompetenzen, die zur Wahrnehmung langfristiger Chancen befähigen Der Weg zur Erfüllung dieser Bedingungen liegt in einem strategischen Lernverständnis. Eine Lernende Organisation verfügt über eine klare Vision und leitet aus dieser sowohl die langfristigen Lernziele und -strategien ab, als auch den Rahmen für das kurzfristige Agieren. Mit Hilfe der Lernstrategie gelingt es, Lernprozesse und Anstrengungen eindeutig zu fokussieren und damit eine lang-

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fristig angelegte Stabilität inmitten der Veränderung herzustellen und gleichzeitig kurzfristig auf Veränderungen reagieren zu können, ohne in einer permanenten passiven Reaktionshaltung gefangen zu sein. Die Notwendigkeit eines langfristig beharrlich verfolgten Ziels wird häufig unterschätzt. Speziell mit Blick auf die Motivation der Mitarbeiter stellt die Konstanz in der Zielverfolgung eine wichtige Variable dar, deren Fehlen sich in einem eindeutig geringeren Engagement zeigt. Je längerfristig gültig das verfolgte Ziel ist, desto größer ist die Bereitschaft, sich mit diesem Ziel zu identifizieren. Dies lässt sich anschaulich in von Umstrukturierungen und schnell wechselnden Veränderungskonzepten geplagten Unternehmungen nachweisen: das Karussell an Strategien und Ideen dreht sich unablässig, und das Engagement sinkt immer mehr, da die Mitarbeiter die nächste Welle schon absehen können und es daher vermeiden, langfristig greifende Veränderungen anzugehen. Bei anhaltendem Managementdruck führt dies schließlich zu einem wachsenden Zynismus der Belegschaft. Quantensprünge bezogen auf Innovation, Produktivität und Kulturveränderung haben eine gemeinsame Grundlage: Kernkompetenzen befähigen Unternehmen, diese Veränderungen zu realisieren und in einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil umzumünzen. Kompetenzen werden jedoch nicht von heute auf morgen erworben, sondern beruhen auf der Realisierung einer langfristig angelegten strategischen Planung, um das benötigte Kompetenzniveau (‘competence level’) aufzubauen. Die Möglichkeit, Trends und Entwicklungen zu prognostizieren, nimmt immer weiter ab. Aufgrund der in manchen Wirtschaftszweigen schon dramatisch anwachsenden Veränderungsintensität verändern sich betriebswirtschaftliche Planungsinstrumentarien von Prognosen von Marktanteilen und -volumina hin zu Potentialschätzungen und Chancenmanagement. Ein Beispiel zu Verdeutlichung, welche Fehlerpotentiale in der Anwendung traditioneller Planungsmethoden liegen können: 1980 schätzte IBM ab, wie viel PCs innerhalb der nächsten Dekade abgesetzt werden könnten. Die ermittelte Zahl von 275.000 Geräten war Basis für die Festsetzung von F&EBudgets. Tatsächlich wurden aber in diesem Zeitraum 60 Millionen PCs verkauft (vgl. Garreau, 1994, S. 156).

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Die Entwicklung von „kugelsicheren“ Produkten ist nicht mehr so wichtig wie die Entwicklung der Fähigkeiten und der Bereitschaft, konstant neue Produkte für eine dynamische und zunehmend globale Wirtschaft zu kreieren. „Die Wirtschaft von Morgen wird sich um die innovativ zusammengesetzte Geisteskraft und nicht um Muskelkraft drehen [..] Das einzige Produktionsvermögen von Microsoft ist der menschliche Ideenreichtum.“ (Peters, 1995, S. 23). Die Lernstrategie zielt darauf ab, die als relevant erkannten Kernkompetenzen der Unternehmung systematisch zu entwickeln und aufzubauen. Basis für die Lernstrategie sind sowohl die Einschätzung des gegenwärtigen Geschäfts und der benötigten Kompetenzen als auch der Einbezug künftiger Chancen und des hierfür erforderlichen Kompetenzniveaus. Die Lernstrategie (s. Abb. 3) beantwortet die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Fragen und realisiert in einer Festlegung auf die langfristig zu entwickelnden Kernkompetenzen:

Abbildung 3: Die Lernstrategie

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• •

• • •

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Einschätzung gegenwärtiger Märkte: Welche der derzeit von uns bedienten Geschäftsfelder werden auch in Zukunft noch relevant sein? Welche SGE’s sorgen für den notwendigen Mittelrückfluss, um das kurzfristige Ergebnisziel zu erreichen? Welche Felder werden in naher Zukunft an Relevanz verlieren? Welche Aktivitäten stehen nicht im Einklang mit unserer Vision und sollten daher mittelfristig aufgegeben werden? Antizipation zukünftiger Entwicklungen: Zur Aktivität in welchen Geschäftsfeldern befähigen uns unsere Kompetenzen? Welcher Investitionen bedarf es, um den Einstieg in diese Felder zu gewährleisten? Welches Ertragspotential weisen diese potentiellen Märkte auf?

• • • •

Einschätzung gegenwärtiger Kompetenzen: Welche Kompetenzen sind in den gegenwärtigen Geschäftsfeldern relevant? Über welche Fähigkeiten verfügen wir in ausreichendem Umfang? Welche Kompetenzen müssen noch entwickelt werden? Welche neuartigen Fähigkeiten müssen wir kultivieren, um die bestehenden Geschäftsfelder optimal zu bedienen?

Ableitung zukünftig benötigter Kompetenzen: • Was müssen wir jetzt tun, um die Geschäftsfelder, zu deren Übernahme uns unsere Kernkompetenzen prinzipiell befähigen, optimal zu erschließen? • Welche Schlüsselfähigkeiten müssen wir entwickeln, um in diesen neuen Märkten erfolgreich zu sein?

Tabelle 1: Fragen zur Lernstrategie Das Lernprogramm bezieht sich ausdrücklich auf die zukünftige Entwicklung. Gegenwärtige Probleme werden im Rahmen des Konzepts Lernende Organisation aus dieser Perspektive betrachtet und gelöst. Diese Orientierung bedeutet nicht, dass aktuelle Probleme ignoriert werden: werden Problemstellungen als relevant für den kurzfristigen Erfolg erkannt, werden sie auch in der Organisation behandelt. Die Ausrichtung auf die Entwicklung der Kernkompetenzen soll die Entwicklung einer robusten Struktur sicherstellen, die auf Anforderungen der Zukunft ausgerichtet ist. In diesem Sinne sind Lernende Organisationen Unternehmen, die die Zukunft vordenken, ohne dabei die Ertragsziele der Gegenwart aus den Augen verlieren.

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Das Handeln der Organisation ist jedoch eindeutig geprägt von dem Ziel, die chancenreichsten Geschäftsfelder zu erschließen, für deren Übernahme das Unternehmen prädestiniert ist, anstatt zu versuchen, Bestehendes stetig weiterzuentwickeln und zu verfeinern in dem Bemühen, der wachsenden Komplexität gerecht zu werden.

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Wie Organisationen lernen

4.1 Vorüberlegungen Um den neuen Anforderungen der ‘knowledge era’ gerecht zu werden, müssen Unternehmen strukturell flexibel sein. Strukturelle Flexibilität beinhaltet intensive Außen- bzw. Marktorientierung, offene Kommunikation und schnelle Reaktion. Traditionelle, hierarchiebetonte Organisationsformen sind, was das Agieren in instabilen, dynamischen Märkten angeht, eindeutig überfordert. Bürokratische Organisationen sorgen durch eine Formalisierung von Aufgaben und Problemen zwar für eine momentane Stabilität, verlieren dadurch jedoch die für die dauerhafte Bewältigung einer komplexen und dynamischen Umwelt erforderliche Flexibilität.

Kollektivierung durch Kommunikation

Sensitivität für relevante Veränderungen

Lernen, Entlernen und Nicht-Lernen

Abbildung 4: Der organisatorische Lernprozess

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Ob und wie Organisationen lernen, ist grundsätzlich nicht an die Anwendung einer bestimmten Methode oder Technologie gebunden. Organisatorisches Lernen kann sich beispielsweise auch in einer positiven Einstellung gegenüber Veränderungen und Problemen manifestieren. Lernen lässt sich jedoch durch institutionalisierte Prozesse unterstützen, fördern und verstärken. Organisationen lernen, indem sie Sensitivität für die relevanten Veränderungen entwickeln, das Lernen relevanter und das Entlernen unzweckmäßiger Muster beschleunigen und Wissen und Erkenntnisse des Einzelnen durch Kommunikation kollektivieren. 4.2 Sensitivität: Der Veränderungsfilter Voraussetzung für Veränderungen und Lernen ist Sensitivität. Eine hohe Sensitivität zu besitzen bedeutet, bereits frühzeitig Defizite und Chancen wahrzunehmen. Der Grad an Sensitivität stellt den Filter dar, durch den die Organisation relevante Veränderungen wahrnimmt. Die Kunst des erfolgreichen Lernens besteht darin, relevante von redundanten Veränderungen zu unterscheiden. Traditionelle Organisationen neigen dazu, Veränderungsbedarf erst dann zu erkennen, wenn größere Probleme anstehen. Diese lassen sich mit den bestehenden Methoden entweder überhaupt nicht oder nur mit überproportionalem Mitteleinsatz lösen. Intelligentes Lernen erfordert demgegenüber ein proaktives, antizipatives Krisenbewusstsein, das die Organisation befähigt, schon vor dem Manifestieren einer Krise mögliche Lösungen zu erarbeiten. Gerade eine solche proaktive Wahrnehmung von Veränderungen und Lernchancen ist eine Kernkompetenz einer Lernenden Organisation und stellt einen zentralen Wettbewerbsfaktor dar. Das Erkennen relevanter Veränderungen setzt eine entsprechende Zielorientierung der Organisation voraus (s. Lernstrategie), die im gesamten Unternehmen verankert sein muss. 4.3 Lernen, Verlernen, Nichtlernen: Strategisch entscheiden Lernen soll im Folgenden einfach als Veränderung von Wissen, Werturteilen und Verhaltensweisen des Einzelnen oder der Organisation verstanden werden. Das bedeutet, dass bei jedem Lernen zwangsläufig altes Wissen durch neues Wissen ersetzt, alte Werte durch neue verdrängt, ein gewohntes Verhalten durch ein neues abgelöst wird.

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Der Lernanstoß wird dabei ausgelöst durch eine Störung etablierter Strukturen und Muster. Das Lernen selbst ist der Weg, mit dieser Störung umzugehen – sie zu verarbeiten. Lernen ist somit eine Möglichkeit, "aus dem Lot geratene" Wahrnehmungen wieder in ein stimmiges Bild zu überführen. Wie mittlerweile durch vielfältige Untersuchungen bestätigt, ist es hierbei völlig normal, dass die menschliche Psyche die Aufgabe alten Wissens und als bewährt empfundener Unterscheidungen als schmerzhaft empfindet – Lernprozesse bewirken regelmäßig einen Leidensdruck. Dies trifft insbesonders auf der Ebene der Verhaltensweisen und Werturteile zu, die in der Regel nicht mehr rational hinterfragt werden und mit in den „emotionalen Besitzstand“ des Einzelnen übergegangen sind. Sichtbar wird dies zum Beispiel bei Firmenübernahmen, wenn Kulturen aufeinanderprallen. Noch eine halbe Dekade nach der Fusion der schwedischen ASEA und der schweizerischen Brown Boveri Cie (BBC) zur Asea Brown Boveri (ABB) wurde in vielen Bereichen das Unternehmen von den Mitarbeitern als BBC bezeichnet – was sich auch in einem der Kultur des ehemaligen Unternehmens entsprechenden Verhalten ausdrückte. Sowohl einzelne Menschen als auch ganze Organisationen entwickeln daher eine Vielzahl von Techniken und Methoden, um Lernen und Veränderung zu vermeiden, abzuschwächen oder zumindest zu verzögern, um diesen Trennungsschmerz zu verhindern. In einem dynamischen und komplexen Weltbild ist allerdings kein Platz für 'ewige Wahrheiten', da der Kontext, in dem sich ein Unternehmen bewegt, einer stetigen Veränderung unterworfen ist. Nur wenn bestehende Handlungsmuster und Annahmen kontinuierlich auf ihre Gültigkeit geprüft und nötigenfalls revidiert werden, kann der Anschluss an die dynamische Umgebung gesichert werden. Dabei ist organisatorisches Lernen, bezogen auf den Erwerb neuen Wissens, nur eine Komponente eines intelligenten Lernverhaltens. Das aktive Verlernen (bzw. Entlernen) ist ebenso wichtig (Hamel & Prahalad, 1995, S. 105). Lernen und Entlernen sind prinzipiell identische Vorgänge. Wenn man etwas Neues lernt, dann entlernt man damit zwangsläufig etwas Bestehendes. Neues Wissen oder anderes Verhalten verdrängen zuvor Existierendes. Der Prozess des Entlernens ist deshalb schwierig und zeitaufwendig, weil eingefahrene Routinen das Lernen verhindern und deshalb zuerst abgebaut werden müssen. Der Verlust verfestigter Denkrahmen, alter Gewohnheiten und internali-

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sierter Überzeugungen wird von den Mitarbeitern deshalb regelmäßig als äußerst schmerzhafter Prozess empfunden ('little dying'). Ein weiterer Aspekt des organisatorischen Lernprozesses ist das Nicht-Lernen. Diese Form liegt stets dann vor, wenn bestehende Strukturen und daraus resultierendes Wissen trotz Veränderung über den Zeitablauf beibehalten werden, d. h. eine bewusste oder unbewusste Immunisierung von Individuen oder Organisationen gegenüber Veränderungen stattfindet. Es gibt drei wesentliche Strategien des Nicht-Lernens, von denen die ersten beiden überwiegend unbewusst und irrational, die dritte hingegen stark bewusstseinsgesteuert und rational angewandt wird: 1. Nicht-Lernen durch Abschottung: Es wird verhindert, dass neues Wissen überhaupt zur Kenntnis genommen werden kann. 2. Nicht-Lernen durch Uminterpretation: Neues Wissen wird zwar zur Kenntnis genommen, aber so umgedeutet, dass die alte bewährte Balance beibehalten werden kann. 3. Nicht-Lernen nach Durchführung eines bewussten Abwägungs- und Bewertungsprozesses: Hier wird der Versuch unternommen, die Vor- und Nachteile der Alternativen "Lernen" einerseits und "Nicht-Lernen" andererseits gegenüberzustellen. Ebenso wenig wie Lernen undifferenziert als wünschenswert und positiv zu bewerten war, darf jetzt die Verhinderung des Lernens pauschal abgelehnt werden. Die folgenden Überlegungen verdeutlichen. dass weder das Lernen noch das Nicht-Lernen bewertet werden sollten, sondern dass vielmehr sowohl Lernen als auch bewusstes Nicht-Lernen je nach der vorliegenden Situation die richtige Entscheidung sein kann (Walz & Bertels, 1995, S. 56 ff.): • Je mehr und undifferenzierter Individuen und Organisationen lernen, desto stärker laufen sie Gefahr, unkreativ und unoriginell zu werden. Durch die ständige Anpassung verlieren sie an Handlungskompetenz. • In einer Welt, in der neues Wissen auch wieder sehr schnell veraltet, kann es höchst rational sein, nicht einfach unreflektiert neues Wissen aufzunehmen. • Die Aufgabe von altem Wissen kann zwar Handlungsperspektiven eröffnen, bedeutet jedoch stets auch einen Verlust an Orientierung. Die kritische Frage ist also: lohnt es sich überhaupt, eine bewährte Orientierung durch eine neue zu ersetzen, und kommt der einzelne bzw. die Organisation mit der neuen Orientierung wirklich besser zurecht?

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Die Antwort auf die oben gestellte Frage hängt von der Bewertung des erwarteten Nutzens ab. Es sollte nur gelernt werden, wenn ein wirklicher Vorteil vorhanden ist. Die Lernstrategie stellt im Rahmen des Konzepts Lernende Organisation den Bezugsrahmen dar, anhand dessen diese Bewertung vorgenommen werden kann. Lernen sollte demzufolge nur stattfinden, wenn das Ergebnis zur Entwicklung der Kernkompetenzen beitragen kann. Nicht-Lernen ist die Entscheidung, die getroffen werden sollte, wenn der für die Umsetzung der Veränderung notwendige Aufwand nur einen sehr geringen Effekt auf die Entwicklung de Kompetenzen der Unternehmung hat.

Lernen

Nicht-Lernen

• Aufgabe alter Orientierungsmuster

• Sicherung alter Orientierungsmuster

• Aktualisierung relevanten Wissens

• Verzicht auf Integration neuen Wissens in das Weltbild

• zeitweilige Lähmung (im Übergang) • Ressourcen und Zeitverbrauch für die Umorientierung

• jederzeitige Verfügbarkeit der (alten, unveränderten) Handlungskompetenz

Abbildung 5: Lernstrategie So ist zum Beispiel die Geschäftsstrategie von Jack Welsh, CEO der General Electric, ein Beispiel für eine solche Lernstrategie: die Entscheidung über den Einstieg in ein neues Geschäftsfeld wird anhand der Einschätzung der Chancen, innerhalb von zwei Jahren entweder die Nr. 1 oder 2 in diesem Geschäftsfeld zu werden, getroffen. Ist trotz positiver Entscheidung nach zwei Jahren dieses Ziel nicht erreicht, wird das Geschäftsfeld aufgegeben. Im Rahmen des konsequenten Handelns nach dieser Strategie hatte dies zur Folge, dass von 26

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Geschäftsfeldern die Hälfte aufgegeben wurde, GE aber in den verbleibenden Gebieten unangefochten Weltmarktführer ist. (Tichy & Sherman, 1993, S. 327). Sowohl Lernen als auch Nicht-Lernen haben einen Preis im Sinne von Opportunitätskosten: • Wer nicht lernt, dem entgeht die Chance auf eine Verbesserung/Aktualisierung seiner Ausgangssituation. • Wer lernt, der gibt zwangsläufig Unterscheidungen und Orientierungspunkte auf. Aufgrund der Tatsache, dass zum Beispiel im Rahmen der jährlich wechselnden Restrukturierungsprogramme in vielen Unternehmen beträchtliche Beträge in Schulung und Technologie investiert, Abläufe und Strukturen verändert werden, ist es fraglich, ob diese Änderungen wirklich den oft nur rechnerisch vorhandenen Produktivitätsvorteil einspielen oder ob nicht gerade durch den häufigen Wechsel von Richtung und Ziel Effizienz unwiederbringlich verloren geht, weil das Warten auf den neuen Anlauf Energien bindet, die ansonsten produktiv im Rahmen des Arbeitens in einer längerfristig geltenden Struktur genutzt werden könnten. Diese These wird belegt durch eine Analyse der noch 1982 von Peters und Waterman im Rahmen ihrer Suche nach den ‘excellent companies’ als Vorreiter in Sachen Innovation identifizierten Unternehmen, von denen fünf Jahre später • 32% noch excellent waren, • 23% ihre Führungsposition eindeutig verloren hatten, • 26% sehr geschwächt und • 19% in ernsten Schwierigkeiten waren. Aufbauend auf den vorangegangenen Überlegungen wird deutlich, dass die Entscheidung, relevante Veränderungen des organisatorischen Umfelds zu reflektieren und die Organisation anzupassen – die Entscheidung über Lernen oder NichtLernen –, mit Sicherheit eine der schwersten Führungsaufgaben für das Management einer Lernenden Organisation ist.

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Andererseits werden diese Entscheidungen in jedem Unternehmen jeden Tag getroffen, meist unbewusst und ohne in einer langfristig ausgerichteten Lernstrategie fundiert zu sein. Im Rahmen des Konzepts Lernende Organisation lautet daher die Empfehlung, diese Entscheidung auf Basis einer langfristig orientierten Lernstrategie zu fällen. Die Ausrichtung auf eine langfristige, in einer strategischen Überlegung wurzelnde Zielsetzung ist aus zwei Gründen essentiell: Zum einen genügt es nicht, im Zeitalter schneller Veränderung auf Basis des Status Quo zu operieren, um langfristig Erfolgspotentiale aufzubauen. Zum anderen benötigt geplanter Kompetenzaufbau Zeit. Strategisch ausgerichtetes Lernen ersetzt die Fixierung auf das Hier und Jetzt durch eine Betrachtung und Abwägung der zukünftigen Ertragspotentiale basierend auf den speziellen Qualifikationen der Organisation. Berücksichtigt werden muss allerdings die notwendige Bedingung von kurzfristig realisierten Ergebnissen. 4.4 Kommunikation: Organisatorisches Lernen initiieren Der Erfolg organisatorischen Lernens hängt wesentlich von der Kollektivierung neuen individuellen Wissens ab. Daher bilden kollektive Lernprozesse den Schwerpunkt unter den Ansätzen zur Verwirklichung einer 'Lernenden Organisation'. Organisatorisches Lernen benötigt als zwingende Vorbedingung individuelles Lernen. Lernende Organisationen brauchen offene Strukturen, die direkten Kontakt und gegenseitigen Austausch bereichsübergreifend ermöglichen. Solche Netzwerkstrukturen überlagern die traditionelle hierarchische Struktur und potenzieren die Anzahl der Kontaktmöglichkeiten. Information kann damit freier und rascher zirkulieren. Bereichsübergreifende Kommunikation ermöglicht organisatorische Kreativität (Information hat eine größere Chance, zu Neukombinationen verknüpft zu werden), Sensitivität und Transparenz (die Möglichkeit des Zurückhaltens von Informationen wird erheblich verringert, es besteht der Zwang zur Pflege einer offenen Kommunikationskultur). Diese Strukturen sollten soweit wie möglich institutionalisiert werden, um einen offenen Informationsfluss und unbeschränkte Kommunikation als feste Größen zu etablieren und abzusichern. Der scheinbare Widerspruch zwischen offener Kommunikation und Institutionalisierung klärt sich auf, wenn man die Institutionalisierung versteht als den Aufbau einer Struktur, in der eine solche Kommunikation erst möglich wird und nicht als Zufallsprodukt entsteht.

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Um das Unternehmen zu verändern, muss sich zuerst der Einzelne ändern. Lernen der Organisation hat seine Grenzen zwangsläufig da, wo die Menschen, die diese Organisation prägen, Barrieren setzen. Das bedeutet, dass das Lernen des Unternehmens abhängig von individuellem Lernen, Entlernen und Nicht-Lernen ist. Nur wenn der Einzelne lernt, kann auch das Unternehmen sich weiterentwickeln. Individuelles Lernen ist damit eine notwendige, allein jedoch nicht ausreichende Bedingung für ein Lernen der Organisation. Neues individuelles Wissen kann nur durch Kommunikation für das Unternehmen nutzbar gemacht werden. Kommunikation spielt eine zentrale Rolle bei der Bildung und Weitergabe neuen Wissens. Es kommt primär nicht darauf an, wie viel einer weiß, sondern wie viele es wissen. Offene und intensive Kommunikation konfrontiert mit unterschiedlichen Sichtweisen, bewirkt einen effizienten Transfer lernintensiver Prozesse und steigert damit die Innovationsgeschwindigkeit des Unternehmens. Da Individuen nur begrenzte Kapazität, Zeit und Motivation zur Verarbeitung der Realität besitzen, bilden sie hochkomplexe Phänomene vereinfacht und damit verzerrt ab. Durch die Konfrontation der Erfahrungen und Erkenntnisse verschiedener Personen können Fehleinschätzungen erkannt und Entscheidungen besser fundiert werden. Dies entspricht der bekannten Erfahrung, dass die Qualität kollektiver Entscheidungsprozesse in der Regel die Qualität individueller Entscheidungen übersteigt. Es lässt sich umso leichter lernen, je einfacher Neues mit Bestehendem verknüpft werden kann. Dadurch besteht allerdings eine natürliche Tendenz des Einzelnen, allzu 'radikale' Lernerfahrungen zu vermeiden und lieber in 'kleinen Häppchen' zu lernen. Neues Wissen, das Altbewährtes in Frage stellt, ist unbequem. Es wird daher mit Vorliebe mit denjenigen kommuniziert, die ähnliche Einstellungen und Denkstrukturen aufweisen. Dieser Tendenz versucht man in der Praxis immer häufiger durch funktionsübergreifende, institutionalisierte Kommunikationsumgebungen zu begegnen. Bereichsübergreifend arbeitende Projektgruppen (z. B. Wertanalyseteams) stellen einen Rahmen für das Kennenlernen anderer Sicht- und Verhaltensweisen dar. Persönliche Kontakte erleichtern den Austausch von Wissen und verringern die Unsicherheit über das zu erwartende Verhalten. Dies hilft, aufwendige Formalismen zu vermeiden, die Kontakte zwischen Inhabern verschiedener Hierarchiestufen und Funktionen zu regeln. Hintergrundwissen (know that) trägt dazu bei, funktionsbedingte Vorurteile abzubauen und die Gefahr von Betriebsblindheit zu verringern.

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Qualitätsebenen des Lernens

Überblick Bei der Beschäftigung mit Fragen des Lernens, Entlernens und Nicht-Lernens fällt auf, dass es unterschiedliche Klassen von Lernprozessen geben muss, die verschiedenartige Qualitäten und Wertigkeiten besitzen. Im Rahmen des Konzepts Lernende Organisation wird im Wesentlichen zwischen vier Ebenen unterschieden, die, bezogen auf die zeitliche Relevanz des Lernens, unterschiedlich ausgerichtet sind. 5.1 Operativ: Unbewusstes Lernen

Kosten pro Stück

Wie vom Konzept der Erfahrungskurve her bekannt (vgl. die nachstehende Abb. 7), kommt es bei wiederholtem Auftreten gleicher Situationen zu einer Routinisierung und Effizienzsteigerung. (vgl. Bushe & Shani, 1991, S. 55). Dieses Lernen tritt bereits ohne besondere Bemühungen – sozusagen automatisch – auf; es findet ganz überwiegend unbewusst statt. Dabei erfolgt regelmäßig keine Hinterfragung dessen, was gelernt oder getan wird – eine Hinterfragung würde zunächst den Erfahrungskurveneffekt reduzieren.

kumulierte Menge (Erfahrung)

Abbildung 7: Erfahrungskurve

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Lernen auf der unbewussten Ebene ist in der täglichen Betriebspraxis ein wichtiger und nicht zu vernachlässigender Vorgang. Für das Konzept der Lernenden Organisation hat er gleichwohl nur randständige Bedeutung - insbesondere deshalb, weil diese Lernebene nicht absichtsvoll gesteuert und auf eine stabile Umwelt nicht verzichtet werden kann. Veränderungen vernichten den Effekt. Unbewusst ablaufende Lernprozesse auf dieser Ebene sollen daher hier nicht weitergehend beschrieben werden. Prozesse auf dieser Ebene stellen den überwiegenden Teil der in einer traditionellen Organisation getroffenen Entscheidungen und vollzogenen Handlungen dar. Sie sind essentiell wichtig für jedes System und bilden einen Gegenpol zu chaotischen Tendenzen. Die Problematik von organisatorischem Handeln, das sich auf diese Ebene beschränkt, resultiert daraus, dass Veränderungen nicht erkannt und umgesetzt werden. Solche Lernprozesse stellen die operative Handlungsfähigkeit sicher und sind ein Ergebnis früheren Lernens, das implizit in das Wissen der Organisation eingegangen ist und unbewusst vollzogen wird. 5.2 Taktisch: Bewusstes Lernen innerhalb bewährter Kategorien Alle Lernprozesse auf dieser Ebene, auch als 'single-loop learning' oder 'maintenance learning’ bezeichnet, Perich 1992, S. 388) lassen sich mit den Fragen "Mache ich es richtig?" oder: "Wie kann ich den gegebenen Vorgang im Detail effizienter gestalten?" beschreiben. Es handelt sich hier also um die bewusste Verbesserung von Teilbereichen oder -abläufen. Der übergeordnete Gesamtprozess wird hierbei jedoch nicht hinterfragt in Bezug auf Sinnhaftigkeit und Relevanz. Ebenso werden auch die bisher angewandten Methoden und Techniken weiter eingesetzt. Kennzeichnend für Lernen auf dieser Ebene ist somit eine überwiegend interne Sichtweise. Insofern sind diese Lernprozesse auch meist inselhaft und stellen den Gesamtablauf nicht grundsätzlich in Frage. Organisatorisches Lernen auf dieser Ebene entwickelt erfolgreiche Lösungen im Detail weiter, ohne dass dieser Prozess die zugrunde liegenden Annahmen und Werte revidiert (Agyris & Schön, 1978, S. 18 f.). Diese in der Tiefenstruktur der Organisation verankerten Vorbedingungen sind das Ergebnis in der Vergangenheit stattgefundener Lernprozesse.

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Beispiele für derartige Annahmen und Werte: • unsere Unternehmung ist nach Funktionsbereichen gegliedert; • die Bearbeitung von Auslandsmärkten ist nichts für mittelständische Betriebe; • wir liefern unsere Produkte den Kunden selbst aus; • die gegenwärtige Fertigungstiefe ist optimal; • unsere Kunden verlangen eine hoch ausdifferenzierte Angebotspalette; • radikale Neuentwicklungen würden vom Markt nie angenommen; • wir sind nur in unserem Nischenmarkt kompetent. Derartige Annahmen und Werturteile zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Alltag der Organisation nicht mehr hinterfragt werden, obwohl sie prinzipiell unbedingt in Frage gestellt werden müssten, da sie keineswegs die dauerhafte Gültigkeit von Naturgesetzen besitzen. In der Tiefenstruktur manifestiert sich das stillschweigende Selbstverständnis der Organisation. Wird dieser gemeinsame Glauben von Einzelnen in Frage gestellt, können die Folgen von einer freundlichen Belehrung bis hin zu offenen oder versteckten Sanktionen gegen den „Abtrünnigen“ reichen. Diese Annahmen und Werte stellen in aller Regel einen Kristallisationspunkt für Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Prozessen dar. Philosophie des taktischen Lernens: Es ist kaputt, reparier es und zwar möglichst schnell. Frage nicht, warum es kaputt gegangen ist. Organisationen lernen innerhalb bewährter Kategorien, indem sie Handlungen wiederholen, die erfolgreich waren. Durch diese Wiederholung berauben sie sich zwangsläufig der Gelegenheit, durch ganz andere Wege noch viel erfolgreicher zu werden. Lernprozesse dieser Ebene aktualisieren bewährte 'Patentrezepte' immer wieder auf den jeweiligen Entscheidungskontext und sorgen damit für eine kurz- bis mittelfristige Erhaltung des Status quo. Die Unternehmung entwickelt sich damit unvermeidlich unter Beibehaltung der bisherigen 'Richtung' weiter. Dies geschieht zwangsläufig, da die zugrunde liegende Struktur zugleich als das Analyseinstrument dient, mit dem der Erfolg des Lernprozesses beurteilt wird (Türk, 1989, S. 105). "In fact, the normal decision process in corporations is a learning process, because people change their own mental models and build up a joint model as they talk. The problem is that the speed of that process is slow – too slow for a world in

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which the ability to learn faster than competitors may be the only sustainable competive advantage." (De Geus, 1988, S. 71). Kriterium für erfolgreiches Lernen dieser Ebene ist Effektivität, d. h. eine Anpassung von bestehenden Strategien und Annahmen an Veränderungen im Rahmen einer unveränderten Tiefenstruktur. Innovation oder Neuorientierung, die die Tiefenstruktur einschneidend verändern könnten, lassen sich mit einem Lernen auf dieser Ebene nicht bewältigen. Damit besteht ein Entscheidungsproblem: Während kurzfristig die Optimierung des bestehenden Ablaufs zu relativ risikoarmen Erfolgen führt, verhindert gerade diese Optimierung langfristig wirksame, radikalere Lernerfolge, die die Grundlage für dauerhafte Prosperität bilden könnten. Umgekehrt bedeuten jedoch fundamentale Kurskorrekturen zumindest in der Anfangsphase vergleichsweise höhere Kosten und Risiken. Die Praxis zeigt, dass grundlegende Veränderungen meist erst dann implementiert werden, wenn der Leidensdruck auf die Entscheidungsträger entsprechend hoch ist. 5.3 Strategisch: Bewusstes Lernen unter Infragestellen bewährter Kategorien Während Lernen innerhalb bewährter Kategorien unter dem Motto "Mache ich es richtig?" steht, heißt die entsprechende Frage nun "Mache ich das Richtige?“. Diese Denkweise optimiert nicht nur bestehende Teilprozesse, sondern stellt Abläufe vollständig in Frage und ändert diese, sofern erforderlich (De Geus, 1988, S. 71). Wenn neue Erfahrungen sich nicht in den der Organisation bekannten Kontext integrieren lassen, steigt die Wahrscheinlichkeit für innovative Lernprozesse, die den scheinbar bewährten Kontext verändern, an. Das nicht mehr stimmige Weltbild der Organisation muss wieder in Einklang gebracht werden. Lernen, das Bewährtes in Frage stellt, verändert die Tiefenstruktur der Organisation. Dies geschieht entweder durch Auswechseln alter Werte und Normen oder durch Veränderung ihrer Gewichtung. Anpassungen auf dieser Ebene verändern den Kontext, in dem organisatorisches Lernen stattfindet. Dies erfordert bewusste Selbstreflexion, also die Fähigkeit, das eigene Denken und Handeln zum Objekt desselben zu machen und auf diese Weise die Determination des eigenen Denkens aufzuheben (Dörner, 1990, S. 278 f.). Derartiges Lernen ermöglicht es, die Art und Weise, mit der ein Problem

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angegangen wird, und damit die diesem Problem zugrunde liegenden Annahmen zu untersuchen und zu korrigieren. Wenn neue Erfahrungen sich nicht in den der Organisation gegebenen Kontext einfügen lassen, steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Lernprozess höherer Ordnung an, der die gegensätzlichen Erfahrungen wieder in Einklang miteinander bringt.

5.4 Visionär: Veränderung von Lernstrategien Die entsprechende Frage lautet hier: "Wie müssen Einstellungen und Werte gestaltet sein, damit sie das Lernen auf den vorgelagerten Ebenen fördern?“ Lernen dieser Ebene beinhaltet die Fähigkeit der Unternehmung, Strategien und Techniken zu erwerben, die ihr helfen festzustellen, was, wie und wann sie lernen muss. Damit wird kontinuierliches und aktives Lernen auf den vorangegangenen Ebenen ermöglicht. Lernprozesse auf dieser Ebene begünstigen Kreativität, Innovation, Wandlungsfähigkeit und -bereitschaft. Visionär ausgerichtete Lernprozesse stellen die Kompetenz einer Organisation dar, schneller und effizienter Fehler in der Oberflächenstruktur (operatives Lernen) zu korrigieren und höherstufige, auf die Tiefenstruktur gerichtete Lernprozesse (strategisches Lernen) erfolgreicher zu handhaben. Diese Form des Lernens ist Grundlage für die Fähigkeit, die Zukunft nach einem selbstgewählten Bild (Vision) zu gestalten, und notwendige Bedingung für eine dauerhafte Lernfähigkeit. Kennzeichnend für visionär lernende Unternehmen ist die Fähigkeit, langfristig angelegte Lernstrategien zu entwickeln und systematisch und dauerhaft wirkende Instrumente und Techniken zielgerichtet für das Lernen der Organisation einzusetzen.

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Kennzeichen intelligent lernender Organisationen

Eine Lernende Organisation als statischen Endzustand kann es nicht geben; es gibt nur Unternehmen, die bezogen auf bestimmte Kriterien effizienter lernen als andere und damit diesem idealtypischen Modell besser entsprechen. Das Konzept steht für einen permanent ablaufenden Prozess. Da Lernen kein erzwingbarer Prozess ist, ist es nicht möglich, eine Handlungsanweisung zu geben, wie Lernen erzeugt werden kann. Allerdings gibt es Kennzeichen, die einen Anhaltspunkt

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geben können, inwieweit Hygienebedingungen für organisatorisches Lernen erfüllt sind. Diese Kriterien sind nicht als Vorschrift, sondern als Strukturmerkmale gedacht, die Lernen erleichtern und das Klima für organisatorisches Lernen schaffen. 6.1 Eindeutig definierte Kernkompetenzen Ein klares Verständnis der relevanten Kompetenzen und Fähigkeiten der Organisation ist Voraussetzung für eine zielorientierte Unternehmensentwicklung. „Der Grund, Lernen auf die Felder zu beschränken, die Kernkompetenzen der Unternehmung darstellen, liegt auf der Hand: die Ressourcen der Unternehmung (Humankapital, Zeit, Finanzkraft) sind knapp und sollten schon aufgrund einer Opportunitätskostenberücksichtigung auf die Bereiche konzentriert werden, die langfristig große Erfolgspotentiale haben. Lern-Ressourcen auf Bereiche ohne mindestens mittelfristige Chancen zu ver(sch)wenden ist unökonomisch und schon kurzfristig in höchstem Maße rentabilitäts- und bestandsgefährdend.“ (Walz & Bertels, 1995, S. 121). Die Gefahren undifferenzierten Lernens • Überoptimierung von Prozessen und Produkten, • Verwässerung der Kernkompetenz der Unternehmung, • Zersplitterung der Kräfte und • Verlust von Identität und Profil, werden durch die Konzentration auf die Kernkompetenzen vermieden. 6.2 Bewusstes und aktives Lernen Das für den Erhalt und Aufbau von strategisch wichtigen Lernkompetenzen bzw. Problemlösungspotentialen erforderliche Wissen und Können wird definiert, erworben und integriert. Lernende Organisationen besitzen dynamische Strukturen, die es ermöglichen, internen oder externen Veränderungen schnell gerecht zu werden, wenn diese relevant sind. Ein intelligent lernendes Unternehmen verfügt aber auch über genug Beharrungsvermögen, um der Verlockung, nicht relevante Veränderungen umzusetzen, widerstehen zu können. Insbesondere vermeiden es intelligent lernende Unternehmen, die überlebenswichtigen Anpassungsprozesse unbewusst und passiv über sich ergehen zu lassen: durch den gezielten Kompe-

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tenzaufbau sind sie vorbereitet auf die Veränderungen und können proaktiv Lösungen erarbeiten. 6.3 Konsequenz in der Strategieumsetzung Hat sich die Organisation durch die Entwicklung einer Lernstrategie auf eine Richtung festgelegt, sollte ohne radikale Veränderung der Rahmendaten keine Korrektur zugelassen werden. Bei einer konsequenten Beschränkung auf das Kerngeschäft bedeutet das, z. B. einmalige Ausflüge in fremde Geschäftsfelder zu vermeiden. Generell sollte von dieser Strategie abweichendes Verhalten unterlassen werden, um die Festlegung auf die eingeschlagene Richtung nicht in Frage zu stellen. Langfristige Veränderungsprozesse erfordern langfristiges Engagement. Kompromisse sind hier abzulehnen, die Organisation benötigt einen gesunden Fanatismus. GE’s Jack Welch antwortete auf die Frage, was er sich im Rückblick auf den Veränderungsprozess an Fehlern vorwerfe: „Everything should have been done in half the time.“ Die für ihn als Maßstab an sich selbst entscheidende Frage war: „Am I going to be the one who blows this place up?“ (Tichy & Sherman, 1993, S. 247) Die Radikalität in der Konsequenz, mit der Veränderungen vorangetrieben werden, ist ein Gradmesser für die Ernsthaftigkeit, mit der das verfolgte Ziel angestrebt wird. Kompromisse, politisches Agieren und Schmerzvermeidung sind keine Eigenschaften, die Quantensprünge erwarten lassen. 6.4 Flexible Strukturen Komplexitätsfähige Strukturen werden im Wissenszeitalter einen zentralen Wettbewerbsvorteil darstellen. Flexibilität ist die Eigenschaft, die es Organisationen ermöglicht, sich schnell an Veränderungen anzupassen. Formalistische Regelungen werden immer schneller hinfällig, benötigt werden dagegen Strukturen, die sich an die jeweiligen Verhältnisse ohne Zeitverzögerung anpassen. Dies bedeutet in der Konsequenz eine Abkehr von statischen Prinzipien. Netzwerke sind z. B. ein Organisationsmodell, das den neuen Anforderungen entsprechen kann. Daraus resultiert in der Konsequenz die Abkehr vom traditionellen Planungs- und Kontrollverständnis. Dies bedeutet beispielsweise, dass interdisziplinäre Teams für die Lösung von Problemen nicht nur in Krisensituationen ein-

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gesetzt werden, sondern fester Bestandteil der Regelorganisation sind. Selbstorganisierende Prozesse verlangen nach einem in traditionellen Organisationen nicht belohnten Verhalten: unternehmerisch handelnde Mitarbeiter, die selbst entscheiden und die mit vorhandenen Kontrollmechanismen nicht zu steuern sind. Daher muss eine Veränderung dieser Mechanismen auch eine Veränderung von Vergütungssystemen beinhalten. 6.5 Robuste Kernprozesse Prozesse sind als robust zu bezeichnen, wenn sie z. B. nicht anfällig für Störungen sind. Robuste Kernprozesse bedeuten in der Konsequenz, dass die für das Unternehmen essentiell wichtigen Prozesse, die Kernkompetenzen darstellen, reibungslos funktionieren müssen. Weniger relevante Prozesse stehen nicht im Mittelpunkt des Interesses. Lernende Organisationen verzichten darauf, alle Prozesse reibungslos zu organisieren, da dies ein aussichtsloses und nicht endendes Unterfangen ist. Die Konzentration auf die Reibungslosigkeit der relevanten Prozesse fokussiert Energien und schafft Freiräume. Der Glauben, dass Unternehmen durchgängig mit stabilen Prozessen zu organisieren seien, resultiert aus den Anfängen der Massenproduktion. Im Zeitalter von Kleinserien, Variantenvielfalt und Käufermärkten ist ein Verhalten, das aus der Produktion eines einzigen Produkts resultierte, nicht mehr angebracht. Damit muss sich auch das Prozessverständnis von einer statischen Betrachtung zu einem dynamischen und systemischen Verständnis wandeln. 6.6 Eindeutig definierte Geschäftsfelder Keine Organisation ist in allen Teilbereichen gleich gut! Die Zeit der "Gemischtwarenkonzerne" und „Alleskönner“ ist vorbei. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Effizienzanforderungen beschränken sich Unternehmen immer stärker auf das Agieren in den Geschäftsfeldern, in denen ihre Kernkompetenzen sie zur Übernahme einer führenden Rolle prädestinieren. Beispielhaft für diese Selbstbeschränkung stehen die erwähnte GE-Strategie, entweder die führende Position in einem Geschäftsbereich innezuhaben oder das Geschäft aufzugeben sowie die Welle an Übernahmen in USA seit Anfang der 80er Jahre, die nicht zuletzt durch die Zerschlagung von Konglome-

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raten den Weg für eine strategische Fokussierung geebnet haben, oder die Konzentration der deutschen Chemieindustrie auf die Herstellung, verbunden mit einer Aufgabe von Engineeringaktivitäten. 6.7 Starke, vorgelebte Vision Visionen sind positive Vorstellungsbilder der Zukunft, die jedoch offen lassen, wie der angestrebte Zielzustand erreicht werden kann. Visionen sind damit bezogen auf die Realisierung "mehrwertig". Wozu sind Visionen gut? Starke Visionen erzeugen Gemeinschaftsgefühl, gesunden Fanatismus für das zentrale Anliegen der Organisation und stellen ein gemeinsames Wertegerüst da, das niemand verletzen darf, ohne damit seine Zugehörigkeit zur Organisation fundamental in Frage zu stellen. Visionen beinhalten Emotionen. "Prozesse der Sinnvermittlung erleichtern den Mitarbeitern das Verständnis über Vorgänge in der Unternehmung und der Umwelt; sie leiten die Aufmerksamkeit und das Problembewusstsein auf bestimmte relevante Tatbestände, kennzeichnen die grundlegenden Ziele und Werte, die die Tätigkeiten des Unternehmens leiten sollen, schaffen ein gemeinsames Fundament von Wirklichkeitsinterpretationen und stecken letztlich die Legitimitätskorridore für das unternehmerische Handeln ab." (Perich, 1992, S. 404) In einer Lernenden Organisation ist die Vision die Grundidee der Organisation, sie bildet die gemeinsame Wertebasis aller Aktivitäten und den eigentlichen Existenzgrund des Unternehmens. Die Vision ist die Grundlage eines "WirGefühls" und trägt dazu bei, sich von anderen Unternehmen – insbesondere Wettbewerbern – auch emotional abzugrenzen. Insgesamt kann man sagen, dass eine Vision ein Abbild der für die Zukunft angestrebten bzw. anzustrebenden Realität darstellt, und • das Denken und Handeln der Organisationsmitglieder kanalisiert, • einen Rahmen für einen Verhaltenskodex vorgibt, • eine Orientierungshilfe zur Selektion von Außenreizen und Informationen darstellt und • eine Sinngebung ermöglicht. Die beste Vision ist nutzlos, wenn sie nur in den Köpfen des oberen Managements existiert. Für viele Unternehmen ist das Thema Vision aber mit der Erar-

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beitung und der anschließenden Präsentation vor der hierarchisch nachgelagerten Führungsebene abgeschlossen. Weitergehende Kommunikation auf die anderen Hierarchieebenen wird häufig vernachlässigt. Eine lebendige und gelebte Vision zeichnet sich aber durch ein starkes Verbundenheitsgefühl bzw. Verpflichtetsein ('commitment') aller Unternehmensmitglieder gegenüber den gemeinsamen Zielen und Werten aus. Zu glauben, dass sich eine solche Einstellung auf rein kognitiver Ebene erreichen ließe, wäre ein Trugschluss: Eine rein sachbezogene Zielvorstellung wird sich nämlich nur in den seltensten Fällen mit der an der Basis bereits vorhandenen Vorstellung, für was die Organisation einsteht und wie sich die Unternehmung definiert, decken. Folglich wird vom Mitarbeiter eine mehr oder minder große Diskrepanz zwischen Vision und täglich erlebter Kultur wahrgenommen, was bei einem Fehlen einer gefühlsmäßigen Verbundenheit oft zu Resignation und Unglauben führt. Die Vision Lernender Organisationen spricht neben der kognitiven auch die affektive Komponente an. 6.8 Ausgeprägte Unternehmenskultur Unternehmenskultur ist die Gesamtheit der von den Organisationsmitgliedern bewusst oder unbewusst verinnerlichten und vertretenen Werte und Normen, an denen diese ihr Verhalten ausrichten. Die Funktion der Unternehmenskultur besteht darin, dem Mitarbeiter auch in unklaren Situationen Maßstäbe und Entscheidungshilfen für sein Verhalten an die Hand zu geben. Erworben und weitergegeben wird Unternehmenskultur insbesondere durch innerbetriebliche Sozialisation – d. h. durch einen allgegenwärtigen und unbewussten ständigen Lernprozess. Die Bedeutung der Unternehmenskultur in einer stetig komplexer werdenden Realität kann gar nicht hoch genug angesetzt werden. Stark ausgeprägte Unternehmenskulturen bewirken, dass wichtige Entscheidungen im Sinne des Unternehmens ohne konkrete Anweisung oder Regelung intuitiv richtig getroffen werden. Damit leistet eine positive und gelebte Unternehmenskultur einen ganz zentralen Beitrag dazu, das Unternehmen vor einer Überregulierung und Bürokratisierung zu entlasten und stattdessen Eigeninitiative und Selbstorganisation zu etablieren. Intelligente lernende Unternehmen legen besonderen Wert auf einen Teilbereich ihrer Unternehmenskultur, die wir im Folgenden als Lernkultur bezeichnen. Es gibt per se keine guten oder schlechten Lernkulturen ebenso wie es keine guten oder schlechten Unternehmenskulturen gibt. Es kann lediglich um den Grad der Zweckmäßigkeit von Kulturausprägungen für den Erfolg, das Prosperieren, ja das Überleben der Organisation in einem dynamischen Umfeld gehen.

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Im Kontext des Konzepts Lernende Organisation wird differenziert zwischen lernorientierten und statischen Unternehmenskulturen. Statische Unternehmenskulturen haben auch eine Existenzberechtigung, dies insbesondere in Branchen, die nur geringem Wandel unterliegen. Allerdings wird die Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit veränderungsresistenter Kulturen bei einer starken, immer mehr Wirtschaftszweige umfassenden Veränderungsintensität stark abnehmen. Statische Kulturen können zwar ein Lernen der Organisation nicht absolut verhindern, sie binden aber in hohem Umfang Kräfte. Für die Überwindung von kulturell verankerten Lernhemmnissen innerhalb statischer Organisationen wird viel Energie verbraucht; diese steht damit für das eigentliche Lernen nicht mehr zur Verfügung. Gleichzeitig wird die individuelle Lernbereitschaft entmutigt und die Sensibilität für Veränderungsbedarf gesenkt. Das Unternehmen erreicht – bei sonst günstigen Kontextfaktoren – ein hohes Maß an operativer Effizienz in einem statischen Umfeld, ist aber gegenüber Veränderungen der Rahmenbedingungen extrem anfällig. Lernkultur als Teil der Unternehmenskultur kann behutsam gestaltet und geformt werden – ohne sie zu verordnen oder überzustülpen. Diesen Unterschied zu berücksichtigen ist wichtig. Eine Lernkultur kann nicht erlassen werden, sie will erarbeitet, kultiviert, entwickelt sein – im täglichen Umgang mit Veränderungen! Zentrale Punkte bei der Gestaltung einer das organisatorische Lernen unterstützenden Lernkultur sind: Das Management muss aktiv vorleben, welchen Stellenwert Lernen in der Organisation haben soll. Sind die Führungskräfte selbst nicht völlig von der Notwendigkeit organisatorischen Lernens überzeugt und verhalten sich entsprechend, wird wirklich erfolgreiches Lernen kaum gelingen. Schon kleine Abweichungen des eigenen Führungsverhaltens von der kommunizierten Botschaft können verhängnisvolle Folgen im Bemühen um eine lernorientierte Unternehmenskultur haben, denn die symbolische Führung dominiert das gesprochene Wort. Jede Führungskraft hat eine natürliche Modellwirkung und ist somit Gegenstand der einfachsten und wirkungsvollsten Form des Lernens, nämlich des Modellernens. Wer einerseits Lernen an Veränderungen und offene Kommunikation proklamiert, dabei aber andererseits Entscheidungen dogmatisch mit "Das war schon immer so" begründen lässt und sachlich begründete Kritik und Veränderungswünsche mit Hilfe von Positionsmacht zu Fall bringt, darf sich nicht wun-

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dern, warum er Glaubwürdigkeit einbüßt und keine Authentizität erreicht. Kommunikation und Information sind offen für jeden. Intelligente Unternehmen leben von Kommunikation, vom Meinungsaustausch und offenem Umgang mit Informationen. Nur das Allernotwendigste ist geheim. Offenheit und Vertrauen prägen den Umgang mit Informationen. Intelligente Organisationen brauchen kein organisiertes Misstrauen, das Zugang zu Informationen von hierarchischer Stellung abhängig macht. Informationsprivilegien werden nicht als Machtinstrumente gebraucht, sondern auf den kleinen Bereich wirklicher Firmengeheimnisse beschränkt. 6.9 Hohe Fehlertoleranz Fehler zu machen ist in traditionellen Unternehmen verpönt und extrem gefährlich. Denn der sichere Weg zu Karriere und persönlichem Weiterkommen in den meisten Organisationen besteht nicht im Erreichen spektakulärer Erfolge, sondern ganz einfach in der Vermeidung von Fehlern. Die oberste Handlungsmaxime scheint zu lauten: "Nur nicht (unangenehm) auffallen". Als Folge ist es leider absolut gängige Wirtschaftspraxis, dass enorme Anstrengungen unternommen werden, um: • Die Entstehung von Fehlern zu vermeiden – selbst um den Preis, dass erheblich größere Chancen systematisch verschenkt werden. Die meisten Menschen versuchen konsequent, jeglichen Fehler zu vermeiden – das ist ihr größter Fehler! • Das Bekanntwerden bereits eingetretener Fehler zu verhindern, Fehlschläge als Teilerfolge zu verkaufen oder Misserfolge als aufgrund der Umweltentwicklung unabwendbar/zwangsläufig hinzustellen. Dies hat den Preis, dass Fehlerursachen nicht gefunden und beseitigt werden und der Fehler sich durchaus mehrfach wiederholen kann. Wer keine Fehler macht, vergibt zwangsläufig die Möglichkeit, aus Fehlern zu lernen. Dies kann natürlich keine Aufforderung sein, möglichst viele Fehler zu machen, aber: Fehler sind Chancen. Wer sich immer am Bestehenden ausrichtet, eingetrampelte Wege nicht verlässt und nie etwas riskiert, wird zwangsläufig auch wenig Erfolg haben. Wer lernt, muss auch Fehler machen dürfen! Misslingt die Entwicklung von Fehlertoleranz, so ist allein schon aus diesem Grund zu befürchten, dass Anpassungsprozesse durchgängig entscheidend verzögert werden.

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6.10 Intensive Kundenorientierung Die Orientierung der Organisation an den Kundenerwartungen und -wünschen ist hilfreich, um einen externen Maßstab für die Leistung des Unternehmens zu erhalten. Letztendlich verdanken alle Unternehmen ihre Existenzberechtigung dem Markt, und ihr Erfolg am Markt spiegelt den Grad der Erfüllung von Kundenbedürfnissen in Abhängigkeit von der Leistung der Konkurrenz wider. Gerade in größeren Unternehmen oder Geschäftseinheiten entwickelt sich aufgrund einer entsprechenden Hierarchieausprägung die Tendenz, sich mehr mit der Inwelt als der Umwelt zu befassen. Der Kunde wird mehr und mehr zum lästigen Störer in der Wahrnehmung der Organisationsmitglieder, der die festen internen Strukturen immer häufiger mit neuen Anforderungen bedroht. Lernende Organisation verfügen über eine ausgeprägte Kundenorientierung, die ihnen hilft, die Leistungserstellung auf den Markt zu konzentrieren. Diese Orientierung kann zum Beispiel in gemeinsame Produktentwicklungen münden, die darauf abzielen, schon im Ideenstadium den Kunden und seine Anforderungen in den Prozess einzubeziehen.

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Aktiv den Wandel managen: Organisatorisches Lernen fördern

Im Folgenden werden ganz konkrete Ansatzpunkte zur Erhöhung der Anpassungsfähigkeit von Unternehmen vorgestellt, um den Umbau des Unternehmens zur Lernenden Organisation in den vier Kernbereichen • Führung, • Prozesse, • Kultur und • Kunden voranzutreiben. Denn um systematisch zu einem intelligent lernenden Unternehmen zu werden, bedarf es neben einer Lernstrategie auch einfach handzuhabender Instrumente, um zielgerichtete, intentionale Lernprozesse in der Organisation anzustoßen. Hierzu sind einzelne Instrumente je nach spezifischer Ausgangslage für das jeweilige Unternehmen unterschiedlich gut geeignet. Die Entscheidung über den Einsatz dieser Instrumente muss auf Basis der Lernstrategie gefällt werden.

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Die Lernende Organisation benötigt keine komplizierten Werkzeuge und Instrumente. Das Konzept ermöglicht es vielmehr, Hilfsmittel aus anderen Ansätzen zu übernehmen und diese im Rahmen einer instrumentübergreifenden ganzheitlichen Lernstrategie einzusetzen. Die im Rahmen dieses Beitrags dargestellten Methoden (s. Abb. 8) stellen lediglich eine exemplarische Auswahl dar. Lernziel

Dimension

Führung

Kultur

Lernstrategie

Instrumente Coaching Visionsentwicklung Strategische Diskussion

Teamstrukturen Languaging Valuing

Kunden

Lernpartnerschaften Gem. Produktentwicklung Stakeholder Workshops

Prozesse

Benchmarking Process Reengineering Parallelisierung

Abbildung 8: Werkzeuge der Lernenden Organisation 7.1 Führung: Lernstrategien entwickeln In einer Lernenden Organisation werden alle Mitglieder als wichtig und verantwortlich für das Gelingen von Lernprozessen betrachtet. Gleichwohl sollen die Anforderungen des Konzepts an das Management differenzierter betrachtet werden. Der Gruppe der Führungskräfte kommt bei der Lernenden Organisation die größte Bedeutung zu. Das Konzept verlangt von ihnen nicht nur den ganz persönlichen Lernprozess, sondern darüber hinaus tragen sie die Verantwortung für die Entwicklung der Lernstrategie.

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Die Bedeutung von Führungskräften als Lernende hat drei wichtige Dimensionen: 1. Führungskräfte verfügen über eine besonders umfangreiche und hinreichend abstrakte Informationsbasis. Gemäß der Erkenntnis, dass derjenige, der Dinge aus der Entfernung sieht, sie besonders klar erkennt, kommt Führungskräften somit die Rolle des Initiators, des Vordenkers und Vorführers von Veränderungen zu. Ein großer Teil von Veränderungsprozessen und organisatorischem Lernen muss somit von den Führungskräften als "Promotoren des Wandels" ausgehen. 2. Führungskräfte entscheiden über Lernen oder Nicht-Lernen, über Realisierung oder Verhinderung von Veränderungsprozessen, die von den ihnen unterstellten Mitarbeitern angeregt werden. Damit kommt ihnen eine ganz zentrale Schlüsselstellung hinsichtlich der Intensität und der Richtung organisatorischen Lernens zu. 3. Führungskräfte wirken zwangsläufig als Lernvorbilder, d. h. sie sind – bewusst oder unbewusst – Gegenstand von Modellernen. Durch die zwangsläufige Multiplikatorwirkung ihrer symbolischen Führung bewirkt dieser Personenkreis eine Diffusion von Veränderungen, die über den konkreten Kontext des situativ gezeigten Verhaltens weit hinausgeht. Eine zunehmende Komplexität des Tagesgeschäfts verlangt den Führungskräften immer mehr das Zulassen selbstorganisierender Prozesse ab und verlagert ihre Aufgabe darauf, die Rahmenbedingungen für das Lernen im Unternehmen zu schaffen, die eine optimale Nutzung der Intelligenz und Kreativität der Mitarbeiter ermöglichen. Damit ist das Schaffen einer Lernstrategie konkret Verpflichtung für die Führungskräfte. Im Rahmen dieses Beitrags werden die Konzepte • Coaching, • Visionsentwicklung und • Strategische Diskussionen auf ihre Wirkung hin untersucht, das Management bei der Entwicklung von Lernstrategien zu unterstützen. Coaching ist eine Form des partnerschaftlichen Lernens. Unter Coaching wird eine Lernbeziehung zwischen einer Führungskraft und einem externen Berater verstanden. Der Coach ist im Rahmen dieser Beziehung Sparringspartner für den Manager. Um diese Rolle ausüben zu können, braucht ein Coach i. d. R. langjährige Erfahrung und hohe Sozialkompetenz.

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Eine Sonderform des Coachings ist das Mentoring, bei dem ein Top-Manager der eigenen Unternehmung als Coach fungiert. Mentoring eignet sich als integriertes Lerninstrument vor allem dann, wenn das Unternehmen eine spezifische Kernkompetenz oder Stärke besitzt, d. h. "etwas zu vererben hat": • ausgeprägte Unternehmenskultur; • offener Managementstil; • starke Kundenorientierung; • außergewöhnliche Innovationsorientierung; • umfassendes Qualitätsbewusstsein; • ungefährdete Kostenführerschaft. Wenn die Gefahr besteht, dass unternehmensspezifische Defizite wie eine kundenferne Unternehmenskultur oder überholte Führungstechniken "vererbt" werden, sollte unbedingt ein externer Berater hinzugezogen werden. Coaching ist ein nützliches Instrument, die Führungskraft bei der Revision bewährter Annahmen und bei der Umsetzung von Veränderungsprozessen zu unterstützen. Der Coach bietet dem Manager die Möglichkeit, Vorstellungen und Annahmen über die Ziele der Organisation, die eigene Rolle und das daraus resultierende Verhalten zu hinterfragen sowie verändertes Verhalten einzuüben. Die Unterstützung ist oft notwendig, weil diese Annahmen mit in das Selbstbild des Managers eingegangen sind. Gerade die Anforderung an Führungskräfte, sich mit dem Unternehmen stark zu identifizieren, führt dazu, dass veränderungsfeindliche Routinen und Annahmen bei dieser Personengruppe schwer zu überwinden sind. Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Einsatz von Coaching ist, die Träger des Wandels (‘change agents’) gegen organisatorische Widerstände zu immunisieren. Führungskräfte mit hoher Veränderungsenergie sind oft gefangen zwischen dem Zwang, sich in einem Mindestmaß an die Organisationsstruktur anzupassen, um Ergebnisse zu erzielen, und der Anforderung, Veränderungen schneller voranzutreiben, als es die Beharrungskräfte in der Organisation zulassen wollen. Diese Belastung führt oft zu einem schnellen Verbrauch der Change Agents. Die Entwicklung von vitalen Fähigkeiten (wie z. B. gesunde Ignoranz gegenüber Wider-

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ständen über einen langen Zeitraum) kann durch einen Coach essentiell unterstützt werden, weil er den Rückhalt und die Bestätigung bietet, den die Organisation versagt. Unternehmen sind oft gefangen im Rahmen ihrer Kultur, ihrer Geschichte und ihrer Werte. Der radikale Umbau erfordert Revolutionäre, die diese Beschränkungen aufheben können. Change Management ist vergleichbar mit einem Marathonlauf: Erfolg stellt sich nur ein, wenn eine gleich bleibende Leistung über eine lange Strecke erbracht wird. Die Manager des Wandels müssen daher für die Langstrecke trainiert werden. Zur Übernahme dieser Rolle ist Coaching besonders gut geeignet, weil es eine externe Sichtweise einbringt. Visionsentwicklung bezeichnet den Prozess, die Existenzberechtigung der Organisation auf der Ebene der Sinnhaftigkeit herzustellen. Eine Vision ist essentiell notwendig für die Fähigkeit, strategisch zu lernen. Ohne ein langfristiges, auch emotional ansprechendes Bild von der Bestimmung der Organisation scheitern langfristig angelegte Veränderungsinitiativen. Für die komplette Neuausrichtung einer Organisation bedarf es mehr als nur dem Ziel der langfristigen Gewinnmaximierung. Die Entwicklung einer Lernstrategie erfordert die Vision als Eckpunkt. Beispielhaft für Visionen, die diesen Ansprüchen genügen, steht Disney, die durch das Ziel, perfekte Unterhaltung für Familien anzubieten, erreicht haben, dass weltweit der gleiche hohe Standard an Familienfreundlichkeit verbreitet ist, über alle Geschäftsfelder von Freizeitparks, Kinofilmen bis hin zu TV-Aktivitäten (Gouillart & Kelly, 1995, S. 63 f.). Um kreative Spannung in der Organisation zu erzeugen und um eine anhaltende Identifikation mit den Unternehmenszielen zu erreichen, ist der Prozess der Visionsentwicklung und -kommunikation ein mächtiges Instrument. Zugleich trägt dieses Mittel dazu bei, Barrieren in der Tiefenstruktur der Organisation aufzudecken und hemmende Werte und Auffassungen sichtbar zu machen. Visionen können nicht in einem 'top-down'-Prozess verordnet werden. Wenngleich herausragende Einzelpersonen mit hoher Überzeugungskraft und Charisma regelmäßig einen starken Einfluss auf die Unternehmensvision besitzen, entwickeln diese sich doch primär aus der täglichen Kommunikation der individuellen Sinnvorstellungen heraus. Sie basieren auf dem tagtäglichen Stil des Unternehmens, auf der Art, wie miteinander umgegangen wird und welche Einstellungen, Werte und Prioritäten hierbei implizit zum Ausdruck kommen (Hinterhuber, 1992, S. 45 f.).

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Selbst die beste Einsicht in die Richtigkeit und die Wirksamkeit der Vision bleibt nahezu wirkungslos, wenn die Angesprochenen nicht selbst aktiv werden können, d. h. wenn die Vision nicht zu Handlung animiert: "nothing beats doing". Eine wirksame Vision muss, um die Organisation zu verändern, die Träger dieser Veränderung direkt ansprechen und einbeziehen – sie muss Aktivitäten geradezu herausfordern. Die Vision ermöglicht die Nutzung unterschiedlicher Wege zur Erreichung des angestrebten Ziels. Dadurch erzeugt die Vision eine hohe Kohäsionskraft unter den Organisationsteilnehmern. Die Vision stellt Einigkeit über das angestrebte Ziel her. Aufgrund ihrer Ungewissheit über den konkreten Weg vermeidet sie gleichzeitig das Risiko frühzeitiger Reibungsverluste, die durch unterschiedliche Vorstellungen über konkrete Vorgehensweisen ausgelöst werden könnten. Damit stärkt die Vision die organisatorische Handlungsfähigkeit. Visionen erfüllen Strategien mit Leben. Sie können erheblich besser als Strategien Identifikation erzeugen, weil sie einen bildhaften Charakter besitzen, nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz der Mitarbeiter ansprechen. Eine gute Vision öffnet damit Hintertüren für die innovativen Kräfte im Unternehmen – die Intrapreneure und Kreativen. Eine Vision zeigt somit Wege auf, die vom Mitarbeiter anvisierten Ziele besser mit denen der Organisation zu koppeln. Das Vorhandensein einer positiv anmutenden und zu Handlung anleitenden Vision ist für das Gelingen organisatorischen Lernens insgesamt von großer Bedeutung. Strategische Diskussionen resultieren aus der Erkenntnis, dass ohne Sprache Wissen nicht verbreitet werden kann. Damit stellt die Fähigkeit, neue Sprache zu formen, im Wissenszeitalter einen zentralen Wettbewerbsvorteil dar. Die Schnelligkeit, mit der neue Sprache und damit neues Wissen handlungsrelevant wird, stellt einen Prozess mit hohem Wertschöpfungsanteil dar. Diese Überlegung führt dazu, die Kommunikation in Unternehmen nach den angesprochenen Lernebenen zu differenzieren. Als operative Diskussionen sind die Kommunikationsprozesse im Unternehmen zu verstehen, die im Rahmen des Tagesgeschäfts ablaufen und in denen die zugrunde liegenden Annahmen nicht hinterfragt werden. Strategische Diskussionen stellen dagegen Werte und Grundlagen der Organisation in Frage und bieten damit die Chance, Lernprozesse höherer Ebenen anzustoßen. Strategische Kommunikation findet statt in Bezug auf organisatorische Ziele, Strategien und Werte und bietet die Chance, das Unternehmen weiterzuentwickeln. Im Rahmen der Lernenden Organisation wird das Instrument Strategische Diskussion eingesetzt, um die Kommunikationsprozesse und die dabei verwendete Sprache des Managements zu analysieren und gezielt auf eine Veränderung der organisatorischen Werte hin zu orientieren. Erschei-

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nungsformen sind zum Beispiel moderierte Diskussionen, in denen geschulte Berater die Verwendung von Sprache und die hinter den vordergründig behandelten Themen verwendeten Überzeugungen identifizieren und durch Anstoßen strategischer Diskussionen Reflexionsprozesse initiieren. Strategische Diskussionen unterstützen das Management, indem • herrschende Regeln für die Kommunikation sichtbar gemacht, • neue Regeln identifiziert, • bestehende Regeln reflektiert und • neue Sprachregelungen gefunden werden, die das strategische Ziel der Organisation für die Zukunft widerspiegeln. 7.2 Kulturentwicklung: Lernprozesse unterstützen Stark ausgeprägte Unternehmenskulturen können Lernen forcieren und breit angelegte Veränderungen bewirken – schwach ausgeprägte Kulturen können Lernen und Unternehmensentwicklung zum Stillstand bringen. Die Lernende Organisation verwendet Konzepte wie • Teamstrukturen, • Languaging und • Valuing, um eine Kultur zu entwickeln, die offen ist für Veränderung und Lernprozesse. Teamstrukturen sind seit langem als Mittel der Organisationsentwicklung etabliert (beispielsweise als Qualitätszirkel, Lernstatt oder Gruppenvorschlagswesen). Die Herausforderung liegt nicht so sehr in der Schaffung einer Teamstruktur, sondern in der Fähigkeit, den Prozess der Teamentwicklung und -vernetzung zu managen, um eine Infrastruktur zu erreichen, die die ganze Organisation abbildet. Intelligentes Management von Teamstrukturen bewirkt die Ausbildung einer Netzwerkstruktur, den Anstoß für funktionsübergreifende Kommunikation und die Erweiterung enger Sichtweisen. Weiter an Bedeutung wird z. B. die Vernetzung der einzelnen Gruppen untereinander gewinnen. So ist beispielsweise in allen Erscheinungsformen von "Lean Management-Konzepten" die horizontale und vertikale Vernetzung der einzeln agierenden Teams expliziter Bestandteil (Bösenberg & Metzen, 1993, S. 71).

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Ziel des betrieblichen Einsatzes von Gruppen im Rahmen des aktiven Managements von Veränderungen ist es, vorhandenes Problemlösungspotential zu aktivieren und zu kultivieren und somit die Diffusion relevanten Wissens zu ermutigen und zu beschleunigen. Für die Realisierung dieses Potentials muss die Unternehmung eine angemessene Struktur zur Verfügung stellen. Languaging bezeichnet die Kunst, Kommunikation und Diskussion für organisatorisches Lernen zu öffnen und eine gemeinsame Sprache zu entwickeln. Gerade die Funktionsgliederung in traditionellen Unternehmen führt zu der Ausprägung von verschiedenen „Dialekten“ im Unternehmen, die auch die Zielorientierung dieser Bereiche signalisieren. So wurde beispielsweise in einem Unternehmen der ABBGruppe der Begriff Liefertreue funktionsbezogen unterschiedlich interpretiert: Vertrieb und Versand definierten Liefertreue als das rechtzeitige Versenden eines kompletten Kundenauftrags, Produktion und Fertigungssteuerung verstanden unter dem Einhalten des Liefertermins die Ablieferung der einzelnen Produkte an das Lager (ohne Berücksichtigung des Gesamtauftrags). Aus Kundensicht waren beide Maßstäbe irrelevant und ein Auftrag erst termingerecht geliefert, wenn die Ware eingeht. Erst die Definition und konsequente Ausrichtung der Sprachregelung am Verständnis des Kunden machte den Weg frei für eine gesamtprozessbezogene Optimierung. Der Einfluss der Sprache auf das Verhalten der Organisationsmitglieder ist nicht zu unterschätzen: die Abgrenzung durch unterschiedliche Begriffsdefinitionen verhindert in der Praxis oft Veränderungen über Funktions- oder Geschäftsfeldgrenzen hinweg. Die Bedeutung einer einheitlichen Sprachregelung zeigt sich häufig in den erbitterten Diskussionen um einzelne Begriffe und ihre Verwendung. Sprachbarrieren werden dazu genutzt, • verschiedenartige Maßstäbe aufrechtzuerhalten, • funktionsbezogene Optimierungen zu Lasten des Gesamtsystems durchzusetzen, • Informationsburgen aufrechtzuerhalten und • Kritikpotentiale zu verschleiern. Die Realisation organisatorischen Lernens kann durch die gezielte Entwicklung einer gemeinsamen Sprache erheblich gefördert werden (siehe Abbildung 9).

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gemeinsame Werte

Valuing

gemeinsame Ziele

Visioning

gemeinsame Sprache

gemeinsames Lernen

Languaging

org. learning

- Gemeinsames Lernen kann nur effizient sein, wenn die Voraussetzungen, gemeinsame Werte, Ziele und Sprache annähernd gewährleistet sind.

Abbildung 9: Lernförderung durch Languaging Valuing bezeichnet die Veränderung der in der Organisation dominierenden Werte. Werte steuern das Verhalten der Organisationsmitglieder in Bezug auf gewünschtes und unerwünschtes Verhalten und dessen Stellenwert für die Organisation. Der kreative Prozess des Etablierens neuer Werte verändert die organisatorischen Fundamente. Der Aspekt der Verhaltenssteuerung hebt die Bedeutung des Wertegerüstes für die Lernende Organisation hervor. Werte wie Eigenverantwortlichkeit, Kundenbesessenheit oder ehrliche Kommunikation können den Umbau des Unternehmens in Richtung Vision erheblich beschleunigen, während Wertestrukturen, die Machtstreben, Durchsetzungsfähigkeit oder Konfliktvermeidung begünstigen, Lernprozesse zumindest behindern, wenn nicht sogar unmöglich machen können. Das Management dieser Wertvorstellungen wird mehr und mehr zu einer Führungsaufgabe im Wissenszeitalter: das Management muss die Möglichkeiten symbolischer Führung und modellhaften Verhaltens nutzen, um neue Wertvorstellungen zu verankern und traditionelle Verhaltensweisen zu verändern. 7.3 Kunden: Gemeinsames Lernen Umfassende Kundenorientierung wird im Rahmen des Konzepts Lernende Organisation genutzt, Lernprozesse gezielt auf den Markt auszurichten und damit die Funktion von Unternehmen, Abnehmerwünsche zu erfüllen, abzusichern. Durch den Kunden kann das Unternehmen ein Bild der eigenen Leistungsfähigkeit erhalten und zusammen mit dem Kunden an einer Verbesserung der Performance arbeiten. Intelligent lernende Unternehmen wenden Instrumente wie z. B.

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• Lernpartnerschaften, • gemeinsame Produktentwicklung oder • Stakeholder Workshops an, um die Ausrichtung des Lernens an Marktchancen zu gewährleisten und die interne Sicht des Unternehmens im Markt zu prüfen. Lernpartnerschaften mit Kunden sind ein hervorragend geeignetes Instrument, um • Selbstbild und Fremdbild der Unternehmung kennen lernen, abgleichen und verändern zu können, • Kernkompetenzen des Unternehmens auszubauen ("Nur das lernen, was der Kunde bezahlen will."), • reale Kundenanforderungen intern umzusetzen, • prozessbezogene Sichtweisen in das Unternehmen einzubringen und • besseres Verständnis und eine Verringerung von Reibungsverlusten bei der Kommunikation mit externen Anspruchsgruppen zu bewirken. Lernpartnerschaften zielen damit auf eine Veränderung der 'soft skills' von Organisationen ab – beispielsweise Verbesserung der Wahrnehmung von Kundenbedürfnissen, Integration der Sichtweisen von vorgelagerten Unternehmen und Verringerung von Konfliktpotentialen. Dabei bedürfen Lernpartnerschaften nicht unbedingt eines eigens geschaffenen, institutionalisierten Rahmens – bestehende Möglichkeiten wie Konferenzen, Verhandlungen, Strategietagungen, Kundenbesuche können ohne weiteres integriert werden. Das Besondere an Lernpartnerschaften ist deren synergetischer Charakter; alle Beteiligten genießen folgende Vorteile: • Kommunikation und Relativierung der eigenen Ansprüche und Interessen; • Schaffen eines gemeinsamen Verständnisses für das Marktgeschehen; • Sichtbarwerden vor- und nachgelagerter Prozesse und der Verzahnung der Partner in der Wertschöpfungskette; • Konkrete Nutznießung bei Ausschöpfung der Lernpotentiale (Preissenkung, Qualitätsverbesserung, Abbau von Kommunikationsbarrieren); • Erzielung von Transaktionskostenvorteilen, die jeder Partner isoliert nicht erreichen könnte.

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Die Kunden müssen im Mittelpunkt des Bewusstseins der Organisationsmitglieder (focus on customer) stehen. Lernen von und mit Kunden ist somit der beste Weg, Kundenorientierung unter Beweis zu stellen. Gemeinsame Produktentwicklungen erweitern die Idee des Lernens zusammen mit dem Kunden und können dazu beitragen, die Zeitspanne zwischen verändertem Kundenbedarf und dem Lösungsangebot der Organisation entscheidend zu verringern. Gemeinsame Ansätze passen die Organisation bestmöglich an die Kundenbedürfnisse an und tragen dazu bei, die Anstrengungen der Organisation auf die Erfüllung realer Kundenanforderungen zu lenken. Gleichzeitig sind gemeinsame Entwicklungsvorhaben ein Gradmesser für die Entwicklung der marktund technologiebezogenen Kernkompetenzen. Denkbar ist, Schlüsselkunden in die Produktentwicklung einzubeziehen oder eigene Mitarbeiter an Kunden oder Lieferanten auszuleihen. Durch den Einbezug der Produktion in das Kundenmanagement kann auch das Wissen derjenigen, die die Produkte herstellen, verwertet werden. Im Zuge immer ähnlicher werdender Erzeugnisse treten Leistungen vor und nach dem eigentlichen Herstellungsprozess immer mehr in den Mittelpunkt (z. B. Kontakt des Kunden mit dem jeweils zuständigen Facharbeiter im Werk). Traditionelle Produktentwicklungskonzepte vernachlässigen den Kundenkontakt und beziehen den Kunden oftmals zu spät ein, nämlich erst dann ein, wenn z. B. technische Modifikationen nicht mehr oder nur sehr schwer zu implementieren sind. Eine kundenorientierte Produktentwicklung nutzt ein ganzes Bündel unterschiedlicher Instrumente, deren expliziter Bestandteil die Integration von Kundenvorstellungen ist (s. Abb. 10). Gerade im Zuge einer umfassenden Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette stellen Lernpartnerschaften den letzten Schritt nach einer Optimierung der auf Unternehmensbereiche beschränkten Teilprozesse und des gesamten Leistungserstellungsprozesses im Unternehmen dar. Strategische Allianzen und Partnerschaften sind eine logische Weiterentwicklung von bereichs- bzw. unternehmensbezogenen Optimierungsstrategien wie: • Reduzierung der Fertigungstiefe, • Outsourcing, • Dezentralisierung und • Profit-Center-Bildung.

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Simultaneous Engineering Benchmarking

Ausgangspunkt: klassische Entwicklungsinstrumente

Kundenund Lieferantenzirkel

Produktentwicklung

Kostenanalyse

Intrapre neurship Entwicklungs - und Lernpartnerschaften

Wertanalyse

Abbildung 10: Verkettung von Entwicklungsstrategien Stakeholder Workshops erweitern den Gedanken des kundenbezogenen Lernens auf alle relevanten Partner in der Wertschöpfungskette und versuchen, durch den Abgleich von Bestrebungen und Fähigkeiten Schnittstellenprobleme zu verringern. In diesem Prozess sind Kunden, die Kunden der Kunden und die Lieferanten die Partner, mit denen zusammen durch offenen Informationsaustausch versucht wird, die gegenseitigen Erwartungen und Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen (siehe Abbildung 11). Durch die Erweiterung auf die Kunden des Kunden wird der organisatorische Rahmen entscheidend erweitert. Unter dem Eindruck der zunehmenden Verflachung der Hierarchien und der Konzentration auf die Kernkompetenzen verstärkt sich der Druck auf die Unternehmen, die Schnittstellen zu Kunden und Lieferanten zu optimieren. Der eigene Anteil am Leistungserstellungsprozess muss im Zuge des Kostendrucks auf die relevanten Wertschöpfungsprozesse konzentriert werden. Dieser Prozess erzeugt eine wachsende Abhängigkeit von Zulieferern. Im Rahmen dieser Workshops realisiertes Lernen ist ganzheitlich ausgerichtet. Der Ansatz ist ein sinnvolles Instrument, die Wertschöpfungskette auf einer Meta-Ebene zu optimieren und zusammen mit den Marktpartnern die Eingangs- und Ausgangsvariablen zu gestalten. Durch den unmittelbaren Bezug zum Geschäfts-

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feld der Organisation haben derartige Ansätze große Chancen, relevante organisatorische Lernprozesse anzustoßen und über aktives Schnittstellenmanagement zum einen den Leistungserstellungsprozess zu optimieren und zum anderen die Kernkompetenzen marktbezogen zu entwickeln.

Kunden des Kunden F

Unternehmen

B

B

B

F

F

F

B = Bedürfnisse F = Fähigkeiten

Kunden

B

Lieferanten

Abbildung 11: Stakeholder Workshops 7.4 Prozesse: Lernen integrieren Prozesse formen Organisationen. Die Kernprozesse der Organisation beeinflussen entscheidend den Erfolg des Unternehmens bezüglich Qualität, Kosten, Erfüllung von Kundenerwartungen und Kultur. Das Management dieser Prozesse ist ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Entwicklung einer Lernenden Organisation. Exemplarisch werden nachfolgend als Instrumente zur Beeinflussung der relevanten Unternehmensprozesse • Benchmarking, • Process Reengineering und • Parallelisierung vorgestellt und ihre Wirkung auf organisatorische Lernprozesse untersucht.

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Hinter dem Begriff Benchmarking verbirgt sich ein Konzept, die jeweils besten Abläufe und Strukturen zu finden und in die eigene Organisation zu integrieren, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Es handelt sich also um einen Abwägungs-, Analyse- und Bewertungsprozess, bei dem die Abläufe und Techniken der weltbesten Unternehmen auf diesem Gebiet mit dem eigenen Vorgehen verglichen werden (vgl. Watson, 1993, S. 20 f.). Kommt man bei diesem Abgleich zu dem Ergebnis, dass der eigene Ablauf effizienter gemanagt werden könnte, so wird eine Übernahme der zentralen Erfolgsfaktoren dieser besseren Methode vorgenommen. Die besondere Leistung des Benchmarking kommt dadurch zum Ausdruck, wie kreativ Abläufe anderer Unternehmen an die spezifischen Strukturen der eigenen Organisation angepasst werden, ohne die zentralen Erfolgsfaktoren zu verwässern. Vereinfacht ausgedrückt ist Benchmarking nichts anderes als eine planmäßige und systematische Suche nach besseren Konzepten und Organisationsformen. Gemäß dem im amerikanischen als SIS ("steal ideas shamelessly") bekannten Grundgedanken soll verhindert werden, im eigenen Unternehmen neue, innovative Abläufe mühselig zu erarbeiten und durchzusetzen, die andere Unternehmen bereits entwickelt und erprobt haben. Benchmarking minimiert die Risiken und erhöht die Erfolgsaussichten von innovativen Veränderungen. Ziel ist es primär, Schwachstellen in der Organisation aufzudecken, ohne dabei allzu große Energie zu verbrauchen. Benchmarking setzt bei den Defiziten an, ohne die Erfolgspotentiale anzugreifen. Warum um den Preis hoher Kosten, herber Rückschläge und zeitintensiver Umstellungsfehler eigene Lernerfahrungen machen, wenn andere diesen mühevollen Weg bereits zuvor beschritten, damit ein gutes Ergebnis erreicht und das Lehrgeld bezahlt haben? Es wäre allerdings verfehlt, Benchmarking auf einfache Adaption zu reduzieren: Ziel ist es nicht, "Erfolgsrezepte" anderer Unternehmen zu kopieren und unreflektiert auf das eigene Problem anzuwenden, sondern Abläufe und Prozesse der auf einem bestimmten, speziellen Teilgebiet führenden Unternehmen • kennen zu lernen, • mit den eigenen zu vergleichen, • die wesentlichen Bestimmungsfaktoren des besseren Prozesses zu erkennen, • diese sinnvoll neu zu kombinieren, • an die Struktur und Kultur des eigenen Unternehmens anzupassen und • zu implementieren.

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Benchmarking ist für die intelligent Lernende Organisation ein Werkzeug, um systematisch und ohne Zeitverluste von externen Partnern zu lernen. Diese Technik richtet sich nicht nur auf marktnahe Bereiche, wie z. B. Produktgestaltung, Organisation der Distributionswege etc., sondern gerade auch auf Sektoren der innerbetrieblichen Leistungserstellung wie z. B. Personalwesen und interne EDV-Dienste. Benchmarking geht damit viel weiter als die klassische Konkurrenten- bzw. Wettbewerbsanalyse, die ausdrücklich nur den unmittelbaren Wettbewerb im gleichen Marktsegment betrachtet. Benchmarking wird nicht in erster Linie als Abgrenzungsinstrument gebraucht – frei nach dem Motto "Wir sind ja ganz anders" –, sondern als eine höchst nützliche Technik, die vermeidet, das Rad zweimal zu erfinden. Die kritischen Erfolgsfaktoren bei der Anwendung von Benchmarking liegen darin, • die ‘process owner’ in der eigenen Organisation zu identifizieren und in das Projekt mit einzubeziehen, • die besten Unternehmen für den jeweiligen Teilprozess zu identifizieren, • Bereitschaft zum Informationsaustausch mit diesen herzustellen (insbesondere besteht oftmals das Problem, keine adäquate Gegenleistung bieten zu können), • die zentralen Merkmale der relevanten Abläufe dokumentieren zu können, • Ähnlichkeiten und Unterschiede zu erkennen und adäquat zu bewerten, • den Ablauf an die eigenen Strukturen anzupassen und dabei einerseits erforderliche Adaptionen zu berücksichtigen und andererseits unnötige Aufweichungen zu verhindern. Die Wirkung erfolgreicher Benchmarking-Projekte ist idealtypisch in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.

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Produktqualität Effizienz des Ablaufes

Zeit Abbildung 12: Wirkung von Benchmarking Kriterium bei der Auswahl des als Benchmark fungierenden Unternehmens: Prozessführerschaft für den Gegenstand der Benchmarking-Studie Benchmarking ist deshalb als Lernmethode so interessant, weil es einen externen Maßstab verwendet. Benchmarking, richtig angewandt, erzeugt Sensitivität in der Organisation, weil z. B. Fragen aufkommen wie: • Warum ist unsere Durchlaufzeit dreimal größer als beim Wettbewerber und fünfmal größer als die anderer Branchen mit vergleichbaren Prozessen? • Wie schaffen es andere Organisationen, komplexere Produkte dreimal schneller zu entwickeln? • Weshalb können Konkurrenten mit kleineren Lagern schneller als wir den Kunden bedienen? Benchmarking kann viel dazu beitragen, aus eingefahrenen Wegen auszubrechen. Die eigenen, altbewährten Methoden erlauben meist keine innovativen Sprünge mehr, radikale Verbesserungen werden unwahrscheinlich. Um nicht zu versteinern und um den Anschluss an Veränderungen nicht zu verpassen, hilft nur der selbstkritische Blick rundum: • Was haben andere Unternehmen uns voraus (auch in Teilprozessen)? • Worauf beruht deren Erfolg? • Können wir das prinzipiell auch so machen? • Wie können wir diesen Prozess bei uns abbilden?

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• Können wir den Ablauf vielleicht noch effizienter gestalten? Process Reengineering, verstanden als eine Technik zur Umgestaltung von Geschäftsprozessen bezogen auf ihre ursprüngliche Funktion und die zur Erfüllung dieser Funktion notwendigen Abläufe, kann ein mächtiges Instrument sein, um robuste Leistungserstellungsprozesse zu erhalten. Durch die nicht systematisch angelegten Versuche, die steigende Umfeldkomplexität in den Griff zu kriegen, sind in vielen Unternehmen die relevanten Prozesse häufig überkomplex geworden. Process Reengineering bietet die Techniken, um diese Prozesse wieder auf den ursprünglichen Zweck zurückzuführen und nicht zwingend notwendige Komplexität abzubauen. Damit leistet Reengineering einen Beitrag zur klaren Ausrichtung der Organisation auf die Kernkompetenzen und -prozesse. Das volle Potential von Reengineering kann aber nur realisiert werden, wenn die ‘process owner’ involviert werden. Veränderung gegen den Widerstand der Betroffenen führt oft zu Abstoßungserscheinungen. Andererseits muss auch eine gewisse Rigorosität vorhanden sein, um Widerstände gegen notwendige Veränderungen, die die Machtstellung der Betroffenen bedrohen, zu brechen. Process Reengineering sollte auf die Kernprozesse beschränkt werden; die durchgehende Anwendung auf alle Unternehmensbereiche führt oft genug dazu, dass eine nicht enden wollende Reorganisationswelle entsteht, die in der Folge dazu führt, dass die Forderung nach robusten und stabilen Kernprozessen verletzt wird. Parallelisierung (‘parallel processing’) bedeutet, moderne Technologien wie Groupware und Client-Server-Architekturen zu nutzen, um die Möglichkeit parallelen Handelns in Abläufen für die Erzielung eines Zeitvorteils zu nutzen. Die Abkehr von sequentiellen Mustern erlaubt bei manchen Prozessen eine Zeiteinsparung von bis zu 80%. Voraussetzung ist eine Bereitschaft der Organisationsmitglieder, über Funktionsgrenzen hinweg zu arbeiten und Informationen und Wissen zu teilen. Traditionelle, auf Machtgewinn ausgerichtete Verhaltensweisen sind für diese neue Qualität von Abläufen nicht adäquat und führen zu kollabierenden Prozessen. Diese Technologien gezielt im Rahmen der Lernstrategie auf die relevanten Prozesse anzuwenden, ist ein sehr gut geeignetes Mittel, Vorbedingungen für echtes Lernen zu schaffen. Die Überstrapazierung dieser Methode führt dagegen nicht unbedingt zu gesteigerten Erträgen, weil viele Prozesse nicht das Ertragspotential aufweisen, um eine Ablaufänderung zu rechtfertigen. Auch hier kommt es auf die intelligente Steuerung des Veränderungsprozesses an.

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Fazit

Das Konzept der Lernenden Organisation birgt in sich das Potential, Unternehmen auf die Herausforderungen des Wissenszeitalters vorzubereiten und die konsequente Weiterentwicklung der organisatorischen Kernkompetenzen zu managen. Es gibt keinen Endzustand in diesem Modell, es ist vielmehr als Leitbild zu verstehen, das bei der Umgestaltung des Unternehmens als Orientierung dienen soll. Zentraler Erfolgsfaktor für die Realisierung organisatorischen Lernens ist die Generierung einer langfristig verfolgten Lernstrategie. Diesen Weg zu beschreiten, bedeutet eine langfristige Investition. Die Abkehr von dem einmal eingeschlagenen Weg ist gefährlich. Die Konsequenz in der Realisierung kann zu erstaunlichen Ergebnissen führen. General Electric als ein Beispiel hat innerhalb von 10 Jahren einen Turnaround geschafft.4 Die konsequente Orientierung der Lernenden Organisation auf die zukünftigen Ertragspotentiale stellt zwar einen Risikofaktor da, der Verbleib in den gegenwärtigen Märkten und Verhaltensweisen ist aber mit Sicherheit risikoreicher.

4

General Electric ist jedoch ausdrücklich nicht als Beispiel für eine fertige Organisation zu verstehen. Viele Anforderungen des Konzeptes Lernende Organisation kann das Beispiel nicht erfüllen.

99

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Rudolf Dögl

Plädoyer und methodischer Ansatz für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement

1

Was ist Innovation?

2

Ausgangsthesen zur Entwicklungsdynamik im Unternehmensumfeld

3

Die Gefahr der „Zeitfalle“

4

Das Optimismus-/Pessimismus-Phänomen im technologischen Trendbruch

5

Es beginnt mit der Innovation im Denken

6

Die Technologie-Portfolio-Analyse als methodische Ansatz zur Einbeziehung der Technik im Innovationsmanagement

7

Schlussbemerkung Literaturverzeichnis

103

Plädoyer und methodischer Ansatz für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement Rudolf Dögl

1

Was ist Innovation?

Hier wird bewusst darauf verzichtet, sich mit dem Begriff der Innovation wissenschaftlich genauer auseinanderzusetzen. Eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Innovation“ findet sich z. B. bei Pfeiffer (1980).1 Innovation ist – ganz pragmatisch gesehen – grundsätzlich „etwas Neues“. Das „Neue“ kann dabei auf den Markt gerichtet sein, sich aber genauso auf das Unternehmen beziehen. Im ersten Fall spricht man gewöhnlich von einer „Produktinnovation“, im zweiten Fall von einer „Struktur- und/oder Prozessinnovation“.

Produkte alt

neu

alt

Ausgangssituation

Produktinnovation

neu

Strukturund Prozessinnovation

Strukturen und Prozesse im Unternehmen

Produkt-, Strukturund Prozessinnovation

Abbildung 1: Prinzipielle Innovationsrichtungen 1

Vortrag, gehalten im Berufsintegrierenden Studium (BIS) der Fachhochschule Ludwigshafen am 20. Januar 1996.

104

Rudolf Dögl

Wenngleich die genannten Innovationsrichtungen als gleichwichtig anzusehen sind, beschäftigt sich dieser Beitrag aufgrund seiner Themenstellung im Schwerpunkt mit der „Produktinnovation“.

2

Ausgangsthesen zur Entwicklungsdynamik im Unternehmensumfeld

2.1 Deutliche Zunahme der Dynamik im Unternehmensumfeld gegenüber früher Die Unternehmer vieler Branchen sehen sich heute einer schier unüberschaubaren Menge an Einflussfaktoren aus den Kräftefeldern Technik, Markt und Gesellschaft ausgesetzt, die den Erfolg oder Misserfolg ihres Tuns mitbestimmen. So steht ein Unternehmer oft vor einem fast unüberschaubaren Komplex an Fragestellungen, der mit traditionellen Verhaltensmustern oft nicht mehr bewältigt werden kann.

Markt

Gesellschaft

Überlebenskampf

EG-Binnenmarkt

?

Technik

Staat

Billiglohnländer

Mitarbeiter

Abbildung 2: Komplexität der Einflussfaktoren aus dem Unternehmensumfeld

Plädoyer für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement

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Einflussfaktoren aus diesen Kräftefeldern gab es zwar schon immer, jedoch waren sie gegenüber heute in den 70er und 80er Jahren seltener, traten nicht in den verschiedensten Sektoren gleichzeitig auf und zeigten aufgrund geringerer Komplexität nicht so weitreichende Wirkungen. Heute kommen die Anforderungen von allen Seiten gleichzeitig und ändern sich immer schneller. Das Einzige, worauf man sich wirklich konstant verlassen kann, ist der permanente Wandel! Eine Analyse der Einflussgrößen bis ins Detail vollzogen, würde eine fast unendliche Zahl von Veränderungen zeigen, als deren wichtigster gemeinsamer Nenner lediglich die Beobachtung sein kann, dass sich die Veränderungsgeschwindigkeit in Technik, Markt und Gesellschaft in noch nie da gewesener Dimension ständig erhöht hat. Ein Versuch, die empirisch beobachtbaren Phänomene knapp zu beschreiben, könnte wie folgt aussehen (Busch, Dögl & Unger, 1995, S. 50): • Märkte sind heute nicht nur weltoffen, sondern sie sind auf breiten, insbesondere High-Tech-Gebieten, von der japanischen Markt- und Kostenführerschaft geprägt und unterliegen aus unserer Sicht einem weitaus erhöhten Wettbewerbsdruck. Gleichzeitig brechen zunehmend Schwellenländer in traditionelle Marktgebiete ein2, der sog. „local content“ (d. h., ein bestimmter Anteil der Wertschöpfung muss im betreffenden Land erbracht werden) wird bei großen Auslandsgeschäften laufend erhöht und neue weltweit tätige Handelsorganisationen haben sich etabliert. • Im Bereich Technik haben sich einerseits Anzahl und Umfang der Veränderungen deutlich erhöht, andererseits treten die Veränderungen im Gegensatz zu früher immer stärker gleichzeitig auf. Produkt-, Werkstoff- und Herstellungstechnologien berühren sich immer stärker, die technischen Neuerungen werden in sich komplexer, haben einen höheren Neuigkeitsgrad und stammen aus technisch-naturwissenschaftlichen Gebieten, die mit der klassischen bzw. seitherigen Know-how-Basis wenig verwandt sind. Daher muss der Früherkennung technischer Veränderungen höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden, da nur ein frühzeitiger Einstieg in die Entwicklungsphase eines Produktes die Chance eröffnet, die mit den neuen Technologien verbundenen Möglichkeiten marktwirksam zu nutzen. • Die Veränderungen im Kräftefeld Gesellschaft, im Sozialsystem oder in der Gesetzgebung sind z. B. durch eine zunehmend stärkere Orientierung an ökologischen Aspekten mit den entsprechenden Konsequenzen für die 2

Man denke nur an das derzeitige Überangebot (Stand 1996) an farbigen Flachbildschirmen, das – ausgelöst durch koreanische Massenproduktion – selbst den Japanern zu schaffen macht und den Preis für einfache Laptops in Kürze voraussichtlich auf bis unter DM 1.000,-- drücken wird.

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Unternehmen geprägt. Derartige Veränderungen sind i. d. R. jedoch längerfristig erkennbar und laufen langsamer ab als die Richtungsänderungen in der Technik. So kommt man unschwer zu dem Schluss, dass das einzige, was heute noch konstant abläuft, die Zeit ist. Alles andere ist einem mehr oder weniger starken Wandel unterworfen, der nicht entlang eines bestimmten Trends verläuft, sondern einen bestehenden Trend „urplötzlich“ abbricht und eine andere Richtung einschlagen lässt (Pfeiffer & Dögl, 1986, S. 150). Drucker (1968) hat bereits 1968 darauf hingewiesen, dass nicht die konstanten Trends, sondern die Brüche in den Trends die für die Unternehmenssteuerung zentral bedeutsamen Umweltveränderungen sind. 2.2 Die „Technik“ als zentraler Parameter zur Steuerung des Innovationsmanagements Das Kräftefeld mit der höchsten Veränderungsdynamik stellt zweifellos die Technik dar. Ein Blick zurück zeigt z.B., dass der Einzug der Mikroelektronik vor kaum einer Branche Halt gemacht hat. So waren es ursprünglich vor allem die Unternehmen der Datentechnik und der Halbleitertechnik, aus welchen der Bedarf an dieser Technologie stammte, was vor über 35 Jahren zur Geburt des Mikroprozessors (1971 von INTEL) führte. Wer damals schon von einer kommenden Revolution der Produkte- und Industrielandschaft sprach, wurde in der Regel milde belächelt und als Visionär abgetan. Doch heute weiß jeder, dass die Anwendungen der Mikroelektronik in immer weiteren Entwicklungsschritten in nahezu alle Bereiche der Investitions- und Konsumgüter – bis tief in den Haushalt hinein – diffundierten, wie Abbildung 3 veranschaulicht.

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Fernschreiber

Fernsprecher

Energie technik

Mess-/ Meß-/ RegelRegeltechnik

technik

Funk

Datentechnik

Ton Audio Video

tief in den privaten Haushalt hinein

Setzen Drucken Kopieren

Nachrichtentechnik

Foto-/ Optotechnik

Schreib- Mess-/ Meß-/ Druck-/ RegelRegeltechnik Setztechnik technik

RechenZähl-/ Sortiertechnik

Unternehmen der Feinwerktechnik

Hochdiversifizierte Unternehmen der Elektrotechnik Mikroelektronik Unternehmen der Datentechnik

Unternehmen der Halbleitertechnologie

Abbildung 3: Eindringbereiche der Mikroelektronik (angelehnt Dögl 1986, S. 32) Auch heute im Zeitalter der verstärkten Diffusion von Internet-Anwendungen lässt sich wieder eine ganze Palette an Konsequenzenspektren festmachen, die viele erst dann als realistisch akzeptieren werden, wenn es für so manchen Betroffenen schon zu spät ist. Man denke nur z.B. an Reisebüros und ganz allgemein an Makler- oder Informationsdienste, deren ursprüngliche Funktion das Zusammenführen von Anbieter und Nachfrager darstellt. Diese Funktion wird zunehmend hinfällig, wenn immer mehr Personen in der Lage sind, ihr Informationsbedürfnis selbständig mittels geeigneter „Suchmaschinen“ zu befriedigen. Das, was die Basis ihrer Leistung darstellte, nämlich die relevanten Informationen über Anbieter und Nachfrager zu besitzen und den „Link“ herstellen zu können, wird zunehmend allgemein verfügbar. Hier muss sich eine ganze Gruppe von Dienstleistungsunternehmen bereits jetzt ernsthaft über erweiterte oder alternative Angebotsstrukturen Gedanken machen, wenn Sie auch längerfristig eine Daseinsberechtigung haben wollen. Ähnlich wie die Mikroelektronik vor 25 Jahren steht heute die Biotechnologie noch ganz am Anfang ihrer Diffusionspotentiale. Schneider (1984) zeigte auf wissenschaftlicher Basis bereits 1984, dass das Diffusionspotential der Biotech-

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Rudolf Dögl

nologie letztlich noch höher ist als das der Mikroelektronik, da die Anzahl der möglichen Anwendungsarten höher liegt. Erste Anwendungsbereiche, in welchen die Biotechnologie bereits Fuß gefasst hat, sind z.B. • Humanmedizin: z.B. Diagnostik, Wirkstoffe in Therapeutika, Impfstoffe: • Nahrungsmittel und Landwirtschaft: z.B. Pflanzenprodukte (Produktqualität, Ertragssteigerung, Resistenz); Tierproduktion, Farming, Tiergesundheit, Diagnostik, Impfstoffe; • Rohstoffproduktion: z.B. Zucker, Stärke, Öle & Fette, Pflanzenfasern, Holz etc. zur Verwendung als chemische Grundstoffe, Werkstoffe, Biomasse, Speicherstoffe etc.; • Biotransformation: z.B. technische Enzyme für chemische Umwandlung; • Umwelttechnik: z.B. Abbau von Schadstoffen in der Luft, im Wasser und Boden; Entwicklung von abbaubaren Materialien wie "Bioplastik". Einer Studie zufolge wird das Weltmarktvolumen für biotechnologische Produkte im Jahr 2000 gegenüber 1990 etwa das 20-fache betragen.

Umwelt

0,8 4

Technik

2

Chemie

0,2

5,6

2,4

Pharma Landwirtschaft/LeLebensmtl.

0

1990 2000

29,2 47,8

4,8

80

20

40

60

80

Mrd. DM

Abbildung. 4: Entwicklung des Weltmarktvolumens für biotechnologische Produkte (Schneider 1996)

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Plädoyer für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement

Wie oben erwähnt, zeichnen sich auch in anderen Kräftefeldern immer mehr Veränderungen ab, auf welche die Unternehmer in irgendeiner Weise reagieren müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und eine aktive Rolle im internationalen Wettbewerb spielen zu können; jedoch sind diese gegenüber den technischen Einflussfaktoren seitens der Unternehmer i.d.R. schlechter steuerbar. 2.3 Notwendigkeit einer erweiterten zeitlichen Betrachtungsperspektive Die strategische Planung baut vielfach noch auf dem traditionellen Denken des Marktzyklus mit seinen Phasen • Markteinführung, • Marktwachstum, • Marktreife und • Marktdegeneration auf. Es zeigt damit den Zusammenhang zwischen der Markteinführung eines Produktes und seinem Ausscheiden aus dem Markt. Als grundlegende Modellstruktur werden hier entlang der Abszisse die Zeit, und auf der Ordinate Umsätze und Gewinne abgetragen, wobei die Umsatzentwicklung nach der traditionellen Modellvorstellung idealtypischerweise ähnlich einer Normalverteilung verläuft. Es ist allerdings häufig zu beobachten, dass der Kurvenverlauf bis zum Ende der Wachstumsphase tatsächlich in etwa einer S-Kurve ähnelt, in der Reifephase dann aber eine gewisse Zeit auf in etwa konstantem Niveau bleibt, bevor der Umsatz pro Zeiteinheit wieder deutlich abfällt. Die Entwicklung der Gewinne erreicht i.d.R. im Verlauf der Wachstumsphase ihren Break-Even-Punkt. U m satz G ew in n U m satz

G ew in n

Z eit

M ark tein fü h ru n g

M a rk tw ach stu m

M ark treife

M ark td eg en eratio n

Abbildung 5: Traditionelles Marktlebenszykluskonzept

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Bei Verwendung dieses Denkmodells bleibt weitgehend unberücksichtigt, dass dies nur einen Ausschnitt aus dem „Leben“ eines Produktes bzw. einer Leistung darstellt, nämlich die Marktphase. Außerdem beschränkt sich die Betrachtung auf reine Kosten- und Erlösaspekte. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die wichtigen strategischen Entscheidungen über die Beschaffenheit der Leistung, inkorporierte Technologien, zu verwendende Herstellungsverfahren, Zielmärkte, strategische Preispolitiken u.s.w. bereits weit im Vorfeld des tatsächlichen Markteintritts gefällt werden müssen. D.h., die Leistungen müssen einen sog. „Entstehungszyklus“ durchlaufen, in dem die Weichen für Erfolg oder Misserfolg dieser Leistung am Markt zum Großteil bereits gestellt werden. In einer PIMS-Studie wurde festgestellt, dass 80% des Erfolgs davon abhängen, im richtigen Geschäftsfeld in richtiger Weise zum richtigen Zeitpunkt zu sein; das Geschäft dann mehr oder weniger geschickt zu betreiben, gibt den Ausschlag nur noch für die restlichen 20% (Buzzell & Gale, 1989, S. 153 ff.). Die grundlegende Betrachtungsperspektive sollte auf der Zeitachse sogar noch weiter „nach vorne“ gehen und der Tatsache Rechnung tragen, dass es vor der Entstehung der eigentlichen Leistung einen Bereich gibt, aus dem relevante Informationen aus der Unternehmensumwelt gewonnen werden müssen, um überhaupt eine Richtung für ein neues Produkt bzw. eine neue Leistung zu erhalten. Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, dass man einen das gesamte „Leben“ überlagernden sog. „Beobachtungszyklus“ vorschaltet. Eine andere in jüngerer Zeit notwendig gewordene Erweiterung der Betrachtung entlang der Zeitachse betrifft die Entsorgung. Sie setzt auf der Outputseite von Herstellungsprozessen, hergestellten Produkten und den Nutzungsprozessen der Produkte an. Ziel ist es, Rückstände zu vermeiden bzw. zu vermindern, angefallene Rückstände zu nutzen und unvermeidbare bzw. unerwünschte Rückstände (Abfall) in einem möglichst unschädlichen Zustand in die Natur zu überführen (Horneber, 1992, S. 17). Die bereits heute hohe und weiter steigende Kostenbedeutung dieses Phänomens erzwingt geradezu die Aufnahme eines „Entsorgungszyklus“ in die generelle Lebenszyklusbetrachtung und verlangt seine strategische Vorsteuerung (Horneber, 1992, S. 22f.). Die modellhafte Umsetzung der im traditionellen Lebenszykluskonzept fehlenden Aspekte mündet in eine erweiterte und integrierte Lebenszyklusbetrachtung, die in ihren Grundzügen auf Pfeiffer und Bischof (1981) zurückgeht und über mehrere Modifikations- sowie Erweiterungsschritte folgende Struktur aufweist:

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Zum Beobachtungszyklus: Der Beobachtungszyklus setzt unter strategischer Perspektive vor der ersten Suche oder Entdeckung neuer Ideen an. Die für das Unternehmen relevanten Informationen liegen im • naturwissenschaftlich-technischen, • sozio-gesellschaftlichen und • marktlichen Umfeld. Die besondere Schwierigkeit für das Unternehmen liegt darin, aus dem schier unendlichen Datenarsenal auf die Informationen zu stoßen, die für die Zukunft des Unternehmens tatsächlich von Bedeutung sind. Eine Instrumentalisierung bzw. methodische Unterstützung für diese „Phase“ steckt noch in den Kinderschuhen, wenngleich schon seit längerer Zeit sog. „Früherkennungssysteme“ zur Identifikation „schwacher Signale“ in der Diskussion sind. Auf einer höheren Abstraktionsebene verwendet Ansoff die Größen „Grad der Ungewissheit“ und „Intensität der Aktion bzw. Reaktion“ zur Beschreibung. Der höchste Grad an Ungewissheit liegt dann , wenn man sich in irgendeiner Weise bewusst wird, dass ein „schwaches Signal“ zu einer Chance oder Bedrohung für das Unternehmen erwachsen kann. Je mehr man konkretisieren kann, aus welchen Quellen die Chancen- oder Gefahrenpotentiale entstammen und wie sie sich auf das Unternehmen auswirken können, desto weiter nimmt die Unsicherheit ab (Ansoff, 1981, S. 233-264). Konkrete Aktionen bzw. Reaktionen des Unternehmens erfolgen erst auf einer sehr niedrigen Stufe der Ungewissheit, was Ansoff auf die schwerfälligen, kostenaufwendigen und zeitraubenden Verfahren zurückführt, nach denen Unternehmen ihre Planungen vorbereiten.

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Grad der Ungewißheit

I

“Signale”

Umsatz bzw. Gewinn

Kosten

Suche altern. Problemlösungspotentiale

Beobachtungszyklus

II

III

AlterFornativbe- schung wertung und Auswahl

IV

V

EntProtowick- typenlung bau u. Versuch

VI

I

Produk- Markttions- einu. Ab- führung satzvorbereitung

Entstehungszyklus

II

Kosten

III

IV

Markt- Markt- Marktdurch- sätdegedring- tigung neraung tion

Zeit

Entsorgungskosten Marktzyklus

Lebenszylus Integriertes Produktlebenszykluskonzept

Abbildung 6: Erweitertes Lebenszykluskonzept (angelehnt an Pfeiffer et al. 1991, S. 27) Zum Entstehungszyklus: Der Entstehungszyklus kann grob durch 4 Phasen (In der obigen Abbildung sind dem gegenüber 6 Phasen aufgezeigt. Dies ist jedoch unerheblich, weil die Phasen einerseits unterschiedlich voneinander abgegrenzt werden können und andererseits je nach Inhalt und Entwicklungstiefe der einzelnen Unternehmen unterschiedlich strukturiert sein können.) beschrieben werden (Pfeiffer & Bischof, 1981, S. 133ff.): • Suche nach Problemlösungen, wo aufgenommene Informationen möglichst mit methodischer Unterstützung in Ideen für neue Leistungen oder Leistungserstellungsprozesse umgesetzt werden sollen, • Bewertung und Auswahl, wo die gefundenen Ideen mittels geeigneter Methoden bewertet und die beste Alternative ausgewählt werden soll, • Forschung und Entwicklung, wo die technisch/wirtschaftliche Lösung bis hin zum Prototypen oder der Nullserie für die ausgewählte Alternative gesucht wird und • Produktions- und Absatzvorbereitung, wo alle Aktivitäten zusammenfließen, die intern und extern den geplanten Markteintritt und die dazu notwendigen Instrumentarien gestalten.

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Zum Marktzyklus: Dieser Teilzyklus umfasst nun die Lebensphase der Leistung, in der durch ihren Verkauf am Markt Umsatz erzielt wird. Hierzu liegt in der Literatur eine ganze Reihe von Vorschlägen vor, wie der Marktzyklus in einzelne Phasen unterteilt werden kann und durch welche charakteristischen Merkmale die einzelnen Phasen gekennzeichnet sind (vgl. z.B. Kreilkamp, 1987). Da sich die Ansätze zum größten Teil nur marginal unterscheiden, genügt es an dieser Stelle, auf die eingangs dieses Teilkapitels gezeigte Einteilung zu verweisen. Zum Entsorgungszyklus: Für das Denkmodell bietet sich an, den Entsorgungszyklus primär zunächst an das Ende des „Lebens“ eines Produktes bzw. einer Leistung zu stellen, wenngleich ihm eine alle Phasen überspannende Rolle zukommt. Umwelt- und Entsorgungsprobleme kündigen sich langfristig und eher schleichend an, man denke z.B. an den Verkehrsinfarkt, das Waldsterben oder das Ozonloch. So sind bei dem noch gegebenen rechtlichen Kontext keine direkten kurzfristigen Handlungsnotwendigkeiten für die Unternehmen abzuleiten. Mehr und mehr geht der Gesetzgeber derzeit aber dazu über, das Entsorgungsproblem für die Unternehmen immer dringlicher zu machen; man denke z.B. nur an die neue Verpackungsverordnung. Unternehmen, die solche Veränderungen eher passiv abwarten, um dann zum Zeitpunkt X mit einem teueren Crash-Programm zu reagieren, betreiben kostenintensives Krisenmanagement. Sie bieten damit solchen Unternehmen, die das Entsorgungsproblem bereits im Vorfeld, d.h. z.B. im Entstehungszyklus, aktiv aufgreifen und daraus marktwirksame Gestaltungsmöglichkeiten ableiten, die besten Möglichkeiten zum Chancenmanagement (Horneber, 1992, S. 23).

3

Die Gefahr der „Zeitfalle“

Immer kürzere Produktlebenszyklen zwingen heute die Unternehmen dazu, innovativ zu sein und ihre neuen Produkte schneller marktfähig zu machen. Konnte man es sich früher noch leisten, einige Jahre zwischen der "zündenden Idee" und der Markteinführung verstreichen zu lassen, so müssen die Unternehmen heutzutage versuchen, die Entwicklungsphase möglichst kurz zu gestalten. Wie oben ausgeführt, ist dabei oft die Technik zentrale Ursache gravierender Veränderungen, gleichzeitig aber auch der vom Unternehmen selbst am besten steuerbare Parameter. So muss der Früherkennung von technischen Neuerungen

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höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden, da nur ein früher Einstieg in die Entwicklungsphase das Ausschöpfen der mit neuen Technologien verbundenen Möglichkeiten bedeutet. • Wer sich dieser Erkenntnis verschließt, der gerät in eine „Zeitfalle“ bzw. in ein strategisches Dilemma, da sich die Situation gegenüber früher aus zwei Richtungen gleichzeitig verschärft hat: • Marktzyklen werden aufgrund der gestiegenen Veränderungsdynamik immer kürzer 3 • Entstehungszyklen werden aufgrund gestiegener Komplexität der notwendigen Know-How-Anforderungen immer aufwendiger und z.T. auch länger. Immer häufiger tritt daher auch der Fall ein, dass nur eine Strategie des First den notwendigen Mittelrückfluss von neuen Produkten und Produktionsverfahren ermöglicht. Berücksichtigt man dann noch eine an der Erfahrungskurve (Die Erfahrungskurve besagt, dass sich mit Verdopplung der kumulierten Menge die Stückkosten um 20 bis 30 % reduzieren lassen, wenn alle sich bietenden Kostensenkungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden.) orientierte Preispolitik, dann ist in der Tat eine Politik des Abwartens, die so genannte Strategie des lachenden Zweiten, immer kritischer zu sehen, zumal Crash-Programme, selbst unter Einsatz enormer Mittel, die Situation nur graduell verbessern können. Einem Follower bliebe dann nur noch das sprichwörtliche „Ährenlesen nach der Ernte“.

3

– – –

Beispiele: Der Produkt-Markt-Zyklus von Pkws hat sich sogar schon in unseren Breitengraden von 9 auf 5 bis 6 Jahre verkürzt Über 50% der Produkte der SIEMENS AG sind mittlerweile jünger als 4 Jahre Der Generationswechsel elektronischer Speicherchips vollzieht sich mittlerweile fast im Jahresrhythmus.

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Plädoyer für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement

z.B. Kosten

Grad der Ungewißheit

z.B. Umsatz

Die Rolle des “Nachfolgers” früher:

Konkurrenzmärkte früher

Zeit

Lebenszyklen "First"

Lebenszyklen "Follower"

z.B. Umsatz

Grad der Ungewißheit

z.B. Kosten

Die Rolle des “Nachfolgers” heute

Konkurrenzmärkte heute

Zeit

Abbildung 7: Die neue Dimension der „Follower-Problematik“ (Pfeiffer, Metze, Schneider & Amler, 1991, S.45) Das Gefahrenpotential erhöht sich nochmals deutlich in einer Situation des technologischen Trendbruchs. Schon der Aufbau des notwendigen Know-hows für die neuen Technologien ist ein kostenintensives Unterfangen. Zusätzlich müssen die für die alte Technologie bestehenden Strukturen abgebaut werden. Bei den Sachmitteln kann das u.U. noch relativ problemlos sein, nicht aber beim Personal. Ist ein Technologiesprung so groß, dass quasi das gesamte bestehende technologische Know-how obsolet ist und völlig neues Personal beschafft werden muss, sind die Schwierigkeiten um das bestehende Personal hinlänglich bekannt. Muss dann der Abbau von überholten Strukturen unter erheblichem Zeitdruck geschehen, ist er im Vergleich zu einer langfristigen Vorsteuerung unverhältnismäßig teuer. Fallen Crash-Programme zum Aufbau neuer Strukturen und gleichzeitigem Abbau überholter Strukturen zusammen, übersteigt das oft die finanziellen Möglichkeiten eines Unternehmens.

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4

Rudolf Dögl

Das Optimismus-/Pessimismus-Phänomen im technologischen Trendbruch

Das eben dargestellte Gefahrenpotential kann für die Unternehmer bei einer geeigneten langfristig ausgerichteten Investitionspolitik aber genauso auch ein Chancenpotential darstellen, wenn die Weichen rechtzeitig in die richtigen Technologie- und Markt-Richtungen gestellt werden. Aktuell scheint in vielen – insbesondere mittelständischen – Unternehmen aber immer noch eine Politik vorzuherrschen, die eher auf die Verteidigung der angestammten Betätigungsfelder ausgerichtet ist; d.h., Investition in die (meist marginale) Verbesserung vorhandener Technologien oder Marktstrategien anstelle eines aggressiven Agierens auf der Ebene neuer Technologien in bestehenden und neuen Märkten. Versucht man nun, dieses schon fast symptomatische Verhalten auf Basis folgender Problemskizze zu ergründen, kommt man zu dem Schluss, dass eine optimistische Einstellung zu vorhandenen Technologien und eine pessimistische gegenüber neuen Technologien gar nicht so verwunderlich ist: Eine Technologie beschreibt im Laufe ihrer Entwicklung i.d.R. eine sog. „Technologie-S-Kurve“ (vgl. obere Hälfte der Abbildung). Am Anfang sind die Fortschritte in der Leistungsfähigkeit je Zeiteinheit eher gering, sie steigen mit zunehmender Entwicklung stark an, erreichen irgendwann einen Wendepunkt und nehmen danach sukzessiv wieder ab, bis – auch bei noch so großem Ressourceneinsatz – nur noch verschwindend geringe Steigerungen in der Leistungsfähigkeit erreichbar sind (Schätzungen gehen davon aus, dass 80% der Entwicklungsaufwendungen in den Industrieunternehmen Deutschlands und anderer westeuropäischer Länder „am oberen Ende der Technologie-S-Kurve“ investiert werden.). Definiert man die Kennzahl „F&E-Produktivität“ (untere Hälfte der Abbildung) als Rückfluss eines in die F&E investierten Euro, kann die F&E-Produktivitätskurve als Steigung (bzw. erste Ableitung) der Technologie-S-Kurve gedeutet werden. Produkte, die aus der Anwendung der Technologien entstehen, haben bekanntlich einen gewissen zeitlichen Nachlauf. Bis die Produkte derart am Markt etabliert sind, dass sie entsprechende Gewinne abwerfen, dauert i.d.R. nochmals einige Zeit. Daher steigt die „Gewinnkurve“ bzgl. einer Technologie erst dann spürbar an, wenn der Wendepunkt der Technologie-S-Kurve bzw. der Scheitelpunkt der F&E-Produktivitätskurve bereits überschritten ist.

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L e is t u n g s f ä h ig k e it d e r T e c h n o lo g ie

a lte T e c h n o lo g ie

n e u e T e c h n o lo g ie

F & E - P r o d u k t iv it ä t O p tim is m u s

G e w in n

P e s s im is m u s G e w in n

f ü r F e h le in s c h ä t z u n g e n b e s o n d e r s g e fä h r d e te r B e r e ic h

Abbildung 8: Das Optimismus/Pessimismus-Phänomen im technologischen Trendbruch Nimmt man diese Betrachtung für zwei aufeinander folgende TechnologieZyklen vor, wobei der Leistungsgrad der nachfolgenden Technologie deutlich unter dem der alten Technologie beginnt, ihre Leistungsgrenze in der Zukunft aber wesentlich höher liegt (vgl. z.B. den Übergang von der mechanischen zur Quarz-Uhr oder ganz generell den Übergang von mechanischen zu elektronischen Technologien), so steht man als Unternehmer vor folgender Situation: Sowohl die F&E-Produktivität als auch die Gewinnsituation sind hinsichtlich der neuen Technologie unbefriedigend, wogegen Produkte auf der Basis der alten Technologie erhebliche Gewinne abwerfen. Daher bildet sich oft für die neue Technologie eine eher pessimistische und für die alte Technologie eine eher optimistische Einstellung heraus. Ein auf kurzfristige Gewinnerzielung ausgerichteter Unternehmer oder der Leiter eines typischen „Profit-Centers“ strebt naturgemäß auch in seiner Investitionspolitik nach Alternativen, denen er eine optimistische Grundeinstellung gegenüberbringen kann, was unter dem Aspekt der langfristigen Erfolgswirksamkeit bekanntlich einer verheerenden Fehleinschätzung gleichkommt. Denn nur die neue Technologie hat eine steigende F&EProduktivität und steigende Gewinne vor sich, während die alte Technologie und die mit ihr verbundene Gewinnsituation sehr schnell beendet sein kann.

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Es beginnt mit der Innovation im Denken

Angesichts der dargestellten Situation stellt sich nun natürlich die Frage, wie man diesem Phänomen als Unternehmer konstruktiv begegnen sollte. Vor allen methodischen Überlegungen muss die Einsicht in die Notwendigkeit eines permanenten Innovationsmanagements und damit die Akzeptanz des Faktors „Zeit“ als strategischer Erfolgsfaktor Nr. 1 stehen. Dies wiederum setzt für viele zunächst eine Innovation im Denken voraus, deren wesentliche Elemente in folgender Tabelle zusammengefasst sind: geforderte Denkhaltung Weit vorausschauend

„Plakativer Verstärkungsversuch“ Je höher die Geschwindigkeit ist, mit der man auf der Autobahn fährt, desto weiter muss man nach vorne sehen! Geschwindigkeitsorientiert Wer zu spät kommt, dem bleibt das „Ährenlesen nach der Ernte“ Verändertes Investment Die Managementzeit ist dort zu investieren, wo die der Management-Zeit entscheidenden Weichen für die Zukunft gestellt werden 5.1 „Weit vorausschauend“ Sich aufgrund der hohen Veränderungsdynamik im Unternehmensumfeld zurückzulehnen und zu meinen, strategische Voraussicht sei obsolet, weil sich ohnehin alles ändert, wäre fatal. Ganz im Gegenteil ist es in dieser Situation um so wichtiger, seine strategischen Erfolgsfaktoren zu erkennen und die unternehmerischen Handlungen exakt vorzusteuern, da man sonst im immer dynamischeren Wettbewerbsumfeld orientierungslos wird und hoffnungslos zurückfällt. Im richtigen Geschäftsfeld zur richtigen Zeit zu sein, bestimmt zu 80% den späteren Erfolg. Sich in diesem Geschäftsfeld dann richtig zu bewegen, kann den Erfolg oder Misserfolg nur noch 20% beeinflussen. Die Entscheidung darüber, in welches Geschäftsfeld man sich mit einem neuen Produkt begibt, fällt weit vor dem Markteintritt bereits in der Beobachtungs- und am Anfang der Entstehungsphase. Entscheidend ist dabei, bei allen Vorüberlegungen zu Erlös- und Kostenperspektiven den gesamten Lebenszyklus bis einschließlich des Entsorgungszyklus einzubeziehen.

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5.2 „Geschwindigkeitsorientiert“ Nur eine konsequente Geschwindigkeitsorientierung kann helfen, die oben skizzierte Gefahr der „Zeitfalle“ zu verringern bzw. zu vermeiden und die mit der Nutzung des strategischen Erfolgsfaktors „Zeit“ verbundenen Vorteile gegenüber dem Wettbewerb auszuschöpfen. Die ökonomischen Vorteile eines Zeitvorsprungs gegenüber dem Wettbewerb treten auf den verschiedensten Ebenen auf, wie z.B.: • Möglichkeit einer temporären monopolistischen und insgesamt längeren Nutzung der Marktperiode, • damit verbundene höhere Freiheitsgrade in der Preispolitik, • Möglichkeit zum Aufbau überlegener Produktionstechnologien mit der Konsequenz einer günstigeren Kostenposition, damit verbunden sind die bekannten positiven Wirkungen der Erfahrungskurve, • Ausbau weltweiter Distributionsnetze, Kooperationen und LizenzVerbindungen und damit Vorsprung in der Marktpräsenz bei gleichzeitigem Aufbau von Markteintrittsbarrieren für die nachfolgenden Wettbewerber, • Möglichkeit zum lange vorbereiteten gezielten Ab- und Umbau überholter Strukturen im Personal- und Sachmittelbereich, und schließlich, • Nutzung der Technologie-S-Kurve als „Effizienzkurve“ (vgl. Abbildung 8). 5.3 „Verändertes Investment der Management-Zeit“ Wie oben skizziert, werden bereits im Beobachtungszyklus und am Anfang des Entstehungszyklus die wesentlichen strategischen Entscheidungen für die zukünftigen Geschäftsfelder getroffen und damit die Weichen für deren Erfolg oder Misserfolg gestellt. In Anbetracht dieser Bedeutung sollte der Entstehungszyklus auch von einem hohen Einsatz der Managementkapazität gekennzeichnet sein. In der Praxis zeigt sich jedoch häufig, dass sich das Management nur zu einem geringen Teil seiner Zeit persönlich mit Entscheidungen befasst, die dem Entstehungszyklus zuzuordnen sind und einen wesentlich größeren Teil seiner Zeit dem operativen Management, also einer Phase, in der bereits 80% des Geschäfts festgelegt sind, widmet, wie Abbildung 10 veranschaulicht.

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Grad der Ungewissheit

Entstehungskosten

Umsatz

Entsorgungskosten

Hier fallen die für die Zukunft eines Produktes wichtigen Entscheidungen

“Signale”

Produkt entsteht

Produkt am Markt

“Entsorgung”

Zeit

alte Sichtweise notwendige neue Sichtweise

Abbildung 9: Zeitraum der strategisch wichtigen Entscheidungen im erweiterten Lebenszykluskonzept

B e e in f lu s s u n g s m ö g lic h k e it

B e o b a c h tu n g sz y k lu s

E n ts te h u n g s z y k lu s

M a r k tz y k lu s

E n tso rg u n g s z y k lu s

Z e it

A u fg e w a n d te M a n a g e m e n t-Z e it I S T

95 % 5 % Z e it A u fg e w a n d te M a n a g e m e n t-Z e it S O L L

Z e it

Abbildung 10: Investierte Managementzeit entlang des Lebenszyklus (leicht verändert nach Pfeiffer & Weiß, 1992, S. 152)

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Damit wird natürlich nicht gleichzeitig gefordert, dass das Management 80 % seiner Zeit nur für den Beobachtungs- und Entstehungszyklus investieren soll. Dazu sind die im Marktzyklus zu treffenden Entscheidungen viel zu komplex, als dass 20 % der Managementzeit ausreichen würden. Es sollte aber eine deutliche Verschiebung des Kapazitätseinsatzes geschehen, die zumindest tendenziell auf eine Gleichverteilung des Zeiteinsatzes für die in der Abbildung abgegrenzten Zeitblöcke hinausläuft.

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Die Technologie-Portfolio-Analyse als methodischer Ansatz zur Einbeziehung der Technik in das Innovationsmanagement

6.1 Grundphilosophie des Technologie-Portfolio-Konzeptes Bei dem Technologie-Portfolio-Konzept (vgl. insbes. Pfeiffer, Dögl & Schneider, 1989, S. 485 ff.; Pfeiffer & Dögl, 1986) wird von vornherein die Technik und ihre Entwicklungsdynamik zur zentralen Orientierungsgröße für langfristige strategische Überlegungen. Damit wird der Forderung Rechnung getragen, die Perspektive auf den Beobachtungs- und Entstehungszyklus von Leistungen auszurichten. Um die Fragestellungen in einem sehr frühen Planungsstadium auf den technologischen Aspekt eines Analyseobjektes zentrieren zu können, setzt das Konzept nicht global am Produkt oder an der Produktgruppe an, wie es beim MarktPortfolio-Konzept üblich ist, sondern an den inkorporierten Technologien. Die Einzeltechnologien haben ganz unterschiedliche Lebenszyklusverläufe bzw. Positionen im Lebenszyklus. Konkrete Produkte können genauso wie aktuelle Herstellungsverfahren schneller veralten als die Technologien, auf denen sie basieren und umgekehrt. Was aber meist weniger schnell veraltet, ist der Bedarf an den Funktionen, die die Produkte oder Herstellungsverfahren zur Lösung des Kundenproblems erfüllen sollen. Daher ist für die Technologie-PortfolioMethode im Einklang mit den bereits genannten Argumenten die funktionale Betrachtung von Produkten und Herstellungsverfahren von zentraler Bedeutung. 6.2 Ausdehnung des zeitlichen Bezugsrahmens Während sich die meisten Ansätze zur Markt-Portfolio-Analyse im Wesentlichen auf den in Abbildung 9 aufgezeigten Marktzyklus beziehen, fußt die Technologie-Portfolio-Analyse vor allem auf dem Entstehungszyklus. Einerseits greift

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diese Analyse damit in einem Stadium in den Produktentstehungsprozess ein, in dem zwar nur ein geringer Teil der Kosten verursacht, jedoch ein großer Teil der Kosten festgelegt wird. Andererseits wird damit die Ausschöpfung von Chancen oder Vermeidung von Gefahrenpotentialen vergrößert, da eventuelle Trendbrüche eher erkennbar werden. In vielen Industrie- und Technikbereichen liegen heute die großen Gefahren-, aber auch Chancenpotentiale nicht in den Veränderungstrends, sondern in den Trendbrüchen, die oft aus ganz anderen Bereichen stammen können. Und diese können selten auf der Ebene konkreter Produkte oder Herstellungsverfahren bzw. im Marktzyklus erkannt werden, sondern oft nur im Entstehungs- oder Beobachtungszyklus (Pfeiffer, Schneider & Dögl, 1989, S. 80).Daher sollten die Bewertungsdimensionen und -kriterien des Analyseansatzes auch so gewählt werden, dass die Methode auf der Zeitachse in der Gegenrichtung sogar noch über den Entstehungszyklus hinaus bis in den Beobachtungszyklus hinein reichen kann. Die frühzeitige Einbeziehung des Entsorgungszyklus ist per se gefordert. Mit der Erweiterung der Betrachtungsperspektive in den extremen Langfristbereich und der Bedeutung des Faktors Zeit als eine der heute bedeutendsten strategischen Ressourcen entsteht gleichzeitig die Forderung, die Bewertung der Technologien unter explizitem Zukunftsbezug vorzunehmen und hinsichtlich des Zeitkriteriums sensibel zu machen, was in der Technologie-Portfolio-Matrix durch eine Orientierung an zukünftigen Weiterentwicklungsmöglichkeiten in Verbindung mit der Betrachtung eventuell notwendiger Technologiewechsel seinen Niederschlag finden wird. 6.3 Aufbau der Technologie-Portfolio-Matrix In der Technologie-Portfolio-Matrix werden die strategischen Positionen von Produkt- und Herstellungstechnologien in einer zweidimensionalen Matrix nach den zwei Bewertungsdimensionen „Technologieattraktivität“ und „Ressourcenstärke“ abgebildet. Beide Dimensionen werden aus Einzelindikatoren gebildet, die je nach Analyseobjekt und Branche verschieden sein können. Abbildung 11 zeigt eine mögliche Struktur und mögliche Inhalte von Indikatoren. Es sollte für Produkt- und Herstellungstechnologien jeweils die gleiche Indikatorstruktur verwendet werden, um die Ergebnisse später gegenüberstellen zu können. Eine solche Gegenüberstellung kann dann eventuell aufzeigen, wo die echten strategischen Lücken liegen. Diese sind in hiesigen Unternehmen häufiger im Bereich der Herstellungstechnologien als bei den Produkttechnologien zu suchen.

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4 Technologienattraktivität 3 •Weiterentwicklungspotential •Anwendungsbreite •Kompatibilität

2

1

0

1

2

3

4

Ressourcenstärke

•Technisch-qualitativer Beherrschungsgrad •Potentiale •(Re-)Aktionsgeschwindigkeit

Abbildung 11: Aufbau einer Technologie-Portfolio-Matrix (leicht modifiziert nach Pfeiffer & Dögl, 1986) Die Technologieattraktivität ist als Summe aller technisch-wirtschaftlichen Vorteile zu sehen, die durch das Ausschöpfen der in einem Technologiegebiet steckenden Weiterentwicklungsmöglichkeiten noch gewonnen werden können. Sie setzt sich nach der Struktur in Abbildung 11 aus folgenden Einzelindikatoren zusammen: • Der in vielen Fällen gewichtigste Indikator ist das „Weiterentwicklungspotential“. Hier wird erhoben, in welchem Maße die Weiterentwicklung der betreffenden Technologie zu Leistungssteigerungs- oder Kostensenkungseffekten oder beidem führen kann. • Durch die Ermittlung der „Anwendungsbreite“ wird die ökonomische Wirksamkeit der Ausschöpfung des Weiterentwicklungspotentials im Hinblick auf ihre Ausbreitungsmöglichkeiten bewertet. Hierbei sollten nicht nur die derzeit internen Möglichkeiten, sondern auch darüber hinausgehend Anwendungsfelder einbezogen werden. Denn es könnte sich ja zeigen, dass mit der Weiterentwicklung der Technologien auch neue, bislang nicht bearbeitete Geschäftsfelder zukünftig aufgebaut werden können. • Zur „Kompatibilität“ ist zu untersuchen, ob und wie weit eine Technologie auch deshalb attraktiv ist, weil durch ihre Weiterentwicklung und ih-

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ren Einsatz vor-, nach- oder parallelgeschaltete Produkt- oder Herstellungstechnologien erst ihre ökonomischen Vorteile voll entfalten können. Andererseits ist aber auch zu untersuchen, ob durch die Weiterentwicklung negative Effekte für andere Produkt- oder Herstellungstechnologien auftreten können. • Auf der horizontalen Achse steht der Technologieattraktivität die Dimension der „Ressourcenstärke“ gegenüber. Sie enthält all diejenigen technisch-ökonomischen Faktoren, die bezüglich der betrachteten Technologie als Maß für die technische und wirtschaftliche Stärke oder Schwäche des eigenen Unternehmens in Relation zum Wettbewerb heranzuziehen sind. Sie wird entsprechend der Struktur Abbildung durch folgende Indikatoren bestimmt: • Die Erfassung des „technisch-qualitativen Beherrschungsgrades“ zielt darauf ab, die eigene Position der betreffenden Technologie in technischqualitativer Hinsicht mit dem Hauptwettbewerber zu vergleichen. Je nach dem Unterschied in der Beherrschung ist gegenüber dem Wettbewerber ein mehr oder weniger großer Entwicklungsvorsprung oder -rückstand zu verzeichnen, der sich jetzt oder später als Wettbewerbsvorsprung oder rückstand auswirken kann. In der praktischen Anwendung der Technologie-Portfolio-Methode wird daher häufig die Einschätzung des Entwicklungsvorsprungs- oder Rückstandes (skaliert nach Zeitintervallen) als Messgröße herangezogen. • Über den Indikator „Potentiale“ wird erfasst, in welchem Ausmaß die für die Weiterentwicklung notwendigen Ressourcen, insbesondere personelles Know-how, Sachmittel und finanzielle Ressourcen bestehen oder beschaffbar sind. Darüber hinaus sollte hierbei auch bewertet werden, inwieweit auf der rechtlichen Seite (z. B. bzgl. der Patentsituation) fördernde oder hemmende Einflüsse vorliegen. • Der Indikator „(Re-)Aktionsgeschwindigkeit“ dient der Feststellung, mit welcher Geschwindigkeit das betreffende Unternehmen gegenüber dem Wettbewerb in der Lage ist bzw. sein würde, die notwendigen Potentiale zu beschaffen und/oder einzusetzen, um je nach Ausgangslage entweder einen bestehenden Rückstand aufzuholen, bei Gleichstand schneller zu sein oder einen bestehenden Vorsprung zu halten und evtl. auszubauen, wenn sich eine mögliche Weiterentwicklung für das Unternehmen als strategisch wichtig und sinnvoll erweisen würde. Unsere eigene praktische Anwendungserfahrung hat gezeigt, dass die Fragestellungen zu den einzelnen Indikatoren am besten unternehmensspezifisch in Ko-

Plädoyer für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement

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operation zwischen Methodenspezialisten und Experten des Hauses zu entwickeln sind, und die direkte Informationsgewinnung über halbstrukturierte Experteninterviews erfolgen sollte. Hierbei wiederum bietet sich an, als Interviewer jeweils einen unternehmensinternen Mitarbeiter zusammen mit einem Methodenspezialisten einzusetzen. 6.4 Ablauf einer Technologie-Portfolio-Analyse 6.4.1 Umfeldanalyse In der praktischen Anwendung der Technologie-Portfolio-Analyse wird i.d.R. zunächst eine Umfeldanalyse vorgeschaltet, um generelle Entwicklungstrends oder Trendbrüche im Vorfeld zu erkennen. Diese dient vorrangig dem Zweck, die aktuelle Situation und vor allem die Entwicklungstendenzen im marktlichen (Abnehmermarkt, Lieferantenmarkt und Wettbewerbsumfeld), technologischen und politisch-gesellschaftlichen Umfeld zu erfassen, um daraus erste Erkenntnisse über aktuelle und zukünftige Chancenund Gefahrenpotentiale zu gewinnen. Viele der in Literatur und Beratungspraxis verwendeten Ansätze und Modelle zur strategischen Umfeldanalyse setzen die Betrachtungsperspektive und die Kriterienraster i.d.R. am konkreten Produkt oder an der konkreten Produktidee an. Wir meinen allerdings, dass eine wesentliche Charakteristik der Umfeldanalyse darin liegen sollte, nicht das konkrete Produkt in den Mittelpunkt zu stellen, sondern vielmehr die Funktion, die eine Leistung oder ein Produkt zur Problemlösung des Kunden zu erfüllen hat. Die Funktion beschreibt nicht, wie ein Produkt zusammengesetzt ist, sondern was es bewirkt (Pfeiffer & Dögl, 1986). Erst durch diese Perspektive erhält man die Möglichkeit, auf solche Chancen und Gefahrenpotentiale zu stoßen, die aus bislang entfernten Bereichen auf das Zukunftsgeschäft einwirken können. Ein Beispiel hierzu liefert die funktionale Betrachtung der Dienstleistungen, die heute eine Videothek anbietet. Das Bedürfnis des Konsumenten liegt darin, Spielfilme oder andere Beiträge inhaltlich und zeitlich entsprechend seiner Wahl ansehen zu können. Die Funktion des Dienstleistungsangebots einer Videothek liegt nun genau darin, dieses Bedürfnis zu befriedigen. Angenommen, eine traditionelle, an der konkreten Dienstleistung „Videoverleih“ orientierte Umfeldanalyse käme zu dem Ergebnis, dass das Bedarfsvolumen aufgrund weiterer Preissenkungen bei Videogeräten, zunehmendem Bedarf an individueller Zeitdisposition für das Betrachten von Spielfilmen, Verkürzung der Zeitspannen zwischen Erstaufführung im Kino und Videoproduktion usw. mittelfristig steigen wird. Wenn nun

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die Videothek daraufhin ihre Kapazitäten und spezifischen Dienstleistungen erweitert, hat das fatale Folgen. Denn nicht der Bedarf an Videoverleih wird steigen, sondern der Bedarf an der Funktion, Spielfilme inhaltlich und zeitlich nach individueller Wahl betrachten zu können. Wer sich auf der CEBIT 94 mit dem neuen von Alcatel vorgestellten Konzept beschäftigt hat, wird erkannt haben, dass damit genau diese Funktion langfristig um Längen besser und für den Konsumenten komfortabler erfüllt werden kann. Der Konsument wählt sich an seinem Fernsehgerät per Fernbedienung aus einem umfangreichen Katalog einen Spielfilm aus, der unmittelbar danach über den Fernsehsender bei ihm eingespielt wird. Der Gang zur Videothek entfällt und die originäre Dienstleistung einer Videothek ist obsolet. Denkt man das Ganze nur einen Schritt weiter, wozu außer für eigene Filmproduktionen braucht der Privatkonsument dann überhaupt noch ein Videogerät? Damit kann eine solche technologische Neuerung schneller als geahnt zum (zumindest mengenmäßigen) Niedergang einer ganzen Teilbranche werden, die vor noch gar nicht so langer Zeit der Schmalfilmkamera den Garaus bereitet hat. Mit der funktionalen Perspektive ergeben sich beispielsweise folgende Fragekategorien, für die die Umfeldanalyse erste Hinweise geben können soll: • Wie ist der zukünftige Bedarf an der Funktion einzuschätzen, die die betrachtete Leistung erfüllt – in alten und neuen Anwendungsbereichen? – in den verschiedenen Regionen? – als Volumen- oder Nischengeschäft? • Ergeben sich gegenüber heute Veränderungen in den Anforderungen an die Leistung – hinsichtlich technischer Kenngrößen? – hinsichtlich Qualitätsmerkmalen? • Ist die Leistung kurz-, mittel- oder langfristig technisch-wirtschaftlich oder durch Veränderungen in der Bedarfsstruktur substitutionsgefährdet (z. B. Schmalfilmkameras oder FCKW)? – durch Überholtwerden von Konkurrenztechnologien (z. B. Auto versus Eisenbahn, Eisenbahn versus Auto, Honig statt Zucker in Marmelade)? – durch Entwicklungen bei den vor- und nachgelagerten Systemen (so dass evtl. die gesamte Funktion überflüssig wird, wie z. B. bei Hochleistungsbohrern für das Bohren kleinster Löcher in Leiterplatten, die zunehmend durch Verbreitung der SMD(surface mounted device)Bestückungstechnik, Klebetechnik, immer stärker verdrängt werden)?

Plädoyer für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement

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Der Aufbau einer Umfeldanalyse ist trotz gemeinsamer Basisdenkrichtungen bei Konsumgütern des täglichen Bedarfs (z. B. Seife) anders anzusetzen als bei langlebigen Gebrauchsgütern (z. B. Pkw) und Investitionsgütern (z. B. Maschinen) oder gar bei komplexen Anlagensystemen (z. B. Güterverkehrsumschlagplatz). Somit kann an dieser Stelle lediglich ein Kriterienrahmen aufgestellt werden, der je nach spezifischem Analysezweck einer individuellen Gestaltung der einzelnen Indikatoren sowie der Gewichtung der Kriterien und der Indikatoren bedarf. Grundsätzlich sollte eine qualifizierte Umfeldanalyse, welche die skizzierten Denkrichtungen umsetzt, zumindest folgende Bausteine beinhalten: • Analyse des externen technischen Umfelds (insbesondere bei Investitionsgütern und technologieintensiven Konsumgütern), • Analyse des marktlichen Umfelds (Absatzmarkt, Beschaffungsmarkt, Wettbewerbsumfeld), • Analyse des politisch-gesellschaftlichen Umfelds und • Analyse des internen Umfelds bzw. der internen Rahmenbedingungen. 6.4.2 Bewertung der strategisch relevanten Technologien Vor der eigentlichen Bewertung sind die „hinter“ den strategischen Geschäftseinheiten, Produktgruppen oder einzelnen Produkten stehenden Technologien zu identifizieren und ihre gemeinsamen technologischen Wurzeln herauszuarbeiten, um die Breite ihrer Anwendung sichtbar zu machen und damit die Bemessung der Relevanz dieser Technologien für das Unternehmen zu ermöglichen. Dazu wird das Analyseobjekt stufenweise funktional in die technischen Subsysteme/Komponenten zergliedert. Nun sind die Informationen zu erheben, die eine Positionierung der Technologien in der oben beschriebenen Technologie-Portfolio-Matrix ermöglichen. Dieser Schritt, der den eigentlichen Kern der Technologie-Portfolio-Analyse darstellt, ist i.d.R. der umfangreichste bzw. aufwendigste und daher mit besonderer Sorgfalt zu planen und durchzuführen. Da auch hier – wie bei einer qualifizierten Umfeldanalyse – die wesentlichen Informationen kaum aus irgendwelchen schriftlichen Quellen erfassbar sind, sondern sich zum größten Teil in den Köpfen der Experten befinden, ist die Informationserfassung mittels halbstrukturiertem Interview anzuraten. Entscheidend für die Qualität der Ergebnisse ist hier die richtige Auswahl der internen und vor allem auch der externen Interviewpartner. Externe Interviewpartner sind vor allem deswegen einzuschalten, da der Informationsbedarf zur Einschätzung von Entwicklungsrichtungen der Technologien über das Wissen hinausgeht, das im eigenen Unternehmen vorhanden ist. Es befindet sich

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vielmehr im Umfeld bei Lieferanten, Kunden, Kooperationspartnern, Forschungsinstituten oder Hochschulen. Vor allem die Bewertung von Zukunftstechnologien, die (noch) nicht im eigenen Hause sind, darf nicht nur von demjenigen durchgeführt werden, der sich mit der traditionellen Technologie beschäftigt. Hier müssen vor allem diejenigen befragt werden, die die Experten für die Zukunftstechnologien sind. Denn sonst unterliegt man sehr schnell der Gefahr, völlig falsche Maßstäbe, insbesondere Geschwindigkeitsmaßstäbe, anzulegen, wie es beim branchenübergreifenden Übergang von der Mechanik auf die Elektronik oft zu finden war. Derartigen Technologiebewertungen können nur zu einem kleinen Teil direkt mit quantitativen Daten versehen werden. Der weitaus größere Teil sind qualitative Informationen, die zunächst in geeigneter Weise zu klassifizieren sind, um später eine Positionierung in der Matrix zu ermöglichen. In der praktischen Anwendung der Methode hat sich eine Skala von 5 Klassen (z. B. mit den Ausprägungen sehr hoch, hoch, mittel, niedrig, sehr niedrig) bewährt. Diesen Klassen können dann die Werte 0 bis 4 zugeordnet werden. Die einzelnen Indikatoren, für welche die Ausprägungen nun erfasst sind, sollten je nach ihrer Bedeutung untereinander gewichtet werden, wobei i.d.R. dem Weiterentwicklungspotential für die Technologieattraktivität und dem technisch-qualitativen Beherrschungsgrad für die Ressourcenstärke unter technologischer Perspektive das höchste Gewicht zukommt. Die Übertragung der gewichteten Werte auf die beiden Dimensionen der Technologie-Portfolio-Matrix führt schließlich zur Positionierung der Technologien in der dargestellten 16-Felder-Matrix. 6.4.3 Erstellung des Technologie-Portfolios unter explizitem Zukunftsbezug Die Berechnung der Positionen der einzelnen bewerteten Technologien erfolgt nach den Regeln der Nutzwertanalyse. In der Darstellung sollte die Flächengröße einer positionierten Technologie ihre strategische Relevanz widerspiegeln, wobei die Bemessung der strategischen Relevanz einer Technologie z. B. anhand ihres zukünftigen Wertanteils am gesamten Analyseobjekt, kombiniert mit der funktionalen Bedeutung für das Gesamtprodukt, vorgenommen werden kann. Um nun nicht eine isolierte, sondern die richtige strategische Position einer Technologie abbilden zu können, muss die betreffende Technologie in Abhängigkeit möglicher Substitutions- oder Alternativtechnologien positioniert werden. Denn letztlich bestimmen diese den zukünftigen strategischen Handlungsbedarf. Auf der anderen Seite bestimmen Komplementärtechnologien neben der eigenen Ressourcenstärke die strategischen Handlungsmöglichkeiten mit. Abbildung 12 zeigt

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Plädoyer für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement

in verallgemeinerter Form die Veränderung der strategischen Position durch den Einfluss von Substitutionstechnologie auf. Hier liegt – unter Zukunftsperspektive gesehen – die tatsächliche Technologieattraktivität höher und die tatsächliche Ressourcenstärke niedriger als ohne Einbeziehung der Substitutionstechnologien.

Position des Produktes unter Zunkunftsperpektive

4 2

5

* 1

Technologienattraktivität

Technologienattraktivität

Position des Produktes bei reiner Betrachtung der verwendeten Technologien

1* 5* 2*

*

4

3

Ressourcenstärke

3 Ressourcenstärke

1-5 Komponententechnologien 1*. 2*, 5* Mögliche Substitutionstechnologien für die entsprechenden Komponententechnologien

Abbildung 12: Technologie-Portfolio-Positionen unter explizitem Zukunftsbezug (Pfeiffer & Dögl, 1986) Das heißt nichts anderes, als dass eine isolierte Betrachtung ohne Einbezug potentieller Substitutionstechnologien völlig falsche Schlüsse hinsichtlich der zukünftigen Erfolgsträchtigkeit der Technologien nach sich ziehen würde. 6.4.4 Ableitung von Technik-/Marktstrategien aus der Technologie-Portfolio-Positionierung Eine Interpretationsstruktur zur Ableitung von „Normstrategien“ für die Technologien im Technologie-Portfolio ähnelt bewusst stark den Interpretationsleitlinien eines üblichen Markt-Portfolios, um die Kongruenz der Aussagenrichtungen beizubehalten.

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Technologieattraktivität

Rudolf Dögl

Investitionsfelder Selektionsfelder Desinvestitionsfelder

Ressourcenstärke

Abbildung 13: „Normstrategien“ eines Technologie-Portfolio Technologien und die auf ihnen basierenden Produkte, die in Feldern mit hoher Technologieattraktivität und gleichzeitig hoher Ressourcenstärke liegen, sind mit hoher Präferenz förderungswürdig. Denn die erreichbaren technisch-wirtschaftlichen Vorteile sind so hoch, dass eine bestehende First-Position mit allen damit verbundenen Vorteilen ausgebaut werden kann. Dieses Verhalten kennzeichnete z. B. die Strategie des japanischen Unternehmens Kyocera im Bereich der Keramik: Obwohl es Anfang der 90er Jahre bereits bei vielen elektrokeramischen Produkten Weltmonopolist war, strebte es danach, seine Spitzenstellung durch massive F&E-Programme weiter auszubauen. Technologien und die auf ihnen basierenden Produkte, die in Feldern mit niedriger Technologieattraktivität und gleichzeitig niedriger Ressourcenstärke liegen, sind zumindest im Hinblick auf Investitionen in die Forschung und Entwicklung nicht förderungswürdig. Die erzielbaren Leistungsverbesserungen sind – verbunden mit einer schlechten Ressourcen-Position – zu gering, als dass die in Forschung und Entwicklung (F & E) investierten Finanzmittel einen befriedigenden Cash-Rückfluss nach sich ziehen könnten. Hier ist davon auszugehen, dass die Technologie bereits weitgehend ausgereizt ist und die F&E-Produktivität daher stark abnimmt. Zusätzlich deutet die schwache Ressourcenposition auf eine Follower-Situation hin, deren Aufholen zu einem überproportionalen Aufwand führen würde.

Plädoyer für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement

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Das heißt noch nicht automatisch, dass betreffende Produkte vom Markt genommen werden sollten. Sie können marktlich ohne weiteres gut positioniert sein und Gewinne abwerfen, wenn die richtigen strategischen Hebel angesetzt wurden und keine technologische Substitutionsgefahr besteht. So liegen z. B. im Stahl- und Anlagenbau die entscheidenden strategischen Hebel weniger in den Technologiekonzepten, sondern in anderen strategischen Erfolgsfaktoren, wie z. B. Qualität der Kundenbeziehungen oder Finanzierungsangebote. Es geht hier darum, keine zusätzlichen Mittel in die Forschung und Entwicklung zu investieren, sondern die frei werdenden Mittel in attraktivere Felder umzusteuern.

7

Schlussbemerkung

Es wäre sicherlich verfehlt, von einer Technologie-Portfolio-Analyse alle strategisch relevanten Planungsinformationen zu erwarten und sie als alleiniges Planungsinstrument einzusetzen. Sie kann und will lediglich wichtige Grundlageninformationen für die richtige strategische Ausrichtung der strategischen Zukunftsgeschäftsfelder eines technologieorientierten Unternehmens liefern. Sie kann nicht mehr sein als ein – wenn auch zentral wichtiger – Baustein einer strategischen Gesamtplanung, welche die Wechselwirkungen zwischen allen strategisch wichtigen Erfolgsfaktoren berücksichtigen können muss. Das viel größere Anliegen dieses Beitrags ist es, mit dem Plädoyer für eine Technikorientierung im Innovationsmanagement eine Sensibilisierung zu erreichen insbesondere für: • Einsicht in die Notwendigkeit zur permanenten Innovation, • Akzeptanz der „Technik“ als einen zentralen Steuerungsparameter des Zukunftsgeschäftes, • Bereitschaft zu einer Atmosphäre der Offenheit gegenüber strategischen Risiken und schließlich • Interpretation der „Zeit“ als strategischen Erfolgsfaktor Nr. 1.

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Literaturverzeichnis Ansoff, H. J.: Die Bewältigung von Überraschungen und Diskontinuitäten durch die Unternehmensführung. Strategische Reaktion auf schwache Signale, in: Steinmann, H. (Hrsg.): Planung und Kontrolle. Probleme der strategischen Unternehmensführung, München 1981, 233-264. Busch, R.; Dögl, R. & Unger, F.: Integriertes Marketing, Wiesbaden 1995 Buzzell, R.D.; Gale, B.T.: The PIMS Principles. Linking strategy to performance. Boston 1987 (deutsch: Das PIMS-Programm;. Strategien und Unternehmenserfolg, Wiesbaden 1989. Dögl, R.: Strategisches Qualitätsmanagement im Industriebetrieb, Göttingen 1986. Drucker, P.: The age of discontinuity: Guidelines to our changing society, New York 1968. Horneber, M.: Management des Entsorgungszyklus im sachlichen und zeitlichen Kontext, Forschungs- und Arbeitsbericht Nr. 20 der Forschungsgruppe für Innovation und Technologische Voraussage am Lehrstuhl für Industriebetriebslehre der Universität Erlangen-Nürnberg. Nürnberg 1992. Kreilkamp, E.; Strategisches Management und Marketing. Berlin, New York 1987. Pfeiffer, W.; Innovationsmanagement als Know-How-Management, in: Hahn, D.: Führungsprobleme industrieller Unternehmungen. Festschrift für Friedrich Thomée zum 60. Geburtstag, Berlin 1980, 421-451. Pfeiffer, W.; Bischof, P.: Produktlebenszyklen - Instrument jeder strategischen Produktplanung. In: Steinmann, H. (Hrsg.): Planung und Kontrolle. München 1981, 133-166. Pfeiffer, W.; Dögl, R.: Das Technologie-Portfolio-Konzept zur Beherrschung der Schnittstelle Technik und Unternehmensstrategie. In: Hahn, D.; Taylor, B. (Hrsg.): Strategische Unternehmensplanung, Stand und Entwicklungstendenzen (4. Aufl.). Heidelberg, Wien 1986, 149-177. Pfeiffer, W.; Dögl, R.; Schneider, W.: Das Technologie-Portfolio-Konzept als Tool zur strategischen Vorsteuerung von Innovationsaktivitäten WISU 8-9/89, 485-491. Pfeiffer, W.; Metze, G.; Schneider, W.; Amler, R.: Technologie-Portfolio zum Management strategischer Zukunftsgeschäftsfelder. Göttingen 1991.

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Manfred König

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit als Basis zur Steigerung der organisatorischen und prozessualen Leistungsfähigkeit von Unternehmen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Kundenorientierung als Erfolgsfaktor Zufriedene Kunden sind betriebswirtschaftliches Asset Kundenzufriedenheit als Ergebnis von Vergleichsprozessen und Produktinvolvement Die Messung von Kundenzufriedenheit Nicht jede Leistung ist gleich wichtig für den Kunden Kontinuität und differenziertes Vorgehen sichern den Erfolg Kundenzufriedenheit allein reicht nicht Wie lässt sich Kundenloyalität bestimmen? Welche Bedingungen beeinflussen Kundenloyalität? Wert für das Management Implementierung von kundenorientierten Prozessen Starre Strukturen behindern die organisatorische Leistungsfähigkeit Der Markt verlangt flexible Organisationsstrukturen Kundenorientierung als Basis der Prozessorganisation Ganzzeitliche Rahmenbedingungen Effizienzsteigerung durch Prozessmanagement Implementierung von Prozessmanagement als Projekt Die duale Organisation verlangt besondere Fähigkeiten Aufgaben des Projektteams Prozessanalyse Wesentliche Gestaltungselemente des Prozessmanagements Literaturverzeichnis

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Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit als Basis zur Steigerung der organisatorischen und prozessualen Leistungsfähigkeit von Unternehmen Manfred König

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Kundenorientierung als Erfolgsfaktor

Unternehmen geben sich neue abnehmerorientierte Strukturen, schreiben customer focus in ihre Leitsätze, betreiben offenen Informationsaustausch mit ihren Kunden, führen Kunden-Scoring, Kunden-Portfolio, Kundenforen ein und etablieren Kundenmanager in ihrer Organisation – das Zauberwort für all diese Bemühungen heißt Kundenorientierung. Die gegenwärtig in diese Richtung von Unternehmen mit Nachdruck betriebenen Aktivitäten deuten darauf hin, dass nicht alle Unternehmen bisher mit den Kunden so umgegangen sind, wie sie es hätte tun müssen. Wie denn auch? Verhindern doch bisher insbesondere in Großunternehmen spezialisierte Formen der Arbeitsteilung, komplizierte hierarchieorientierte Entscheidungswege, Bereichsegoismen, überdimensionierte Unternehmensbereiche, in denen kaum jemand weiß, wer die Kunden des Unternehmens sind, die Ausrichtung auf den Kunden. Darüber hinaus verstellt noch immer kurzfristiges Vertriebsdenken den Blick für den Kunden, weil dementsprechende Vertriebsziele einen enormen Verkaufsdruck auf die gesamte Unternehmensorganisation ausüben, um die Auslastung der z.T. überdimensionierten Produktionskapazität zu gewährleisten. Folglich dominieren in Unternehmen Anreizsysteme, die den kurzfristigen Verkaufserfolg belohnen. Das begünstigt die hit-and-run-Mentalität gerade bei den Mitarbeitern in Vertrieb und Verkauf. Kundenloyalität und Partnerschaft mit dem Kunden lassen sich damit nicht aufbauen und pflegen, eher ist das Gegenteil der Fall. Das zeigt sich beispielsweise in der Automobilbranche. Dort sind als Konsequenz mangelnder Kundenorientierung seit Mitte der achtziger Jahre sinkende Loyalitätsraten festzustellen. Kunden wenden sich von dem bislang präferierten Unternehmen ab und anderen Herstellern zu. Defizite bei der Ausrichtung auf den Kunden lediglich bei Großunternehmen und nur in bestimmten Branchen zu sehen, wäre allerdings zu kurz gegriffen. Viel-

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Manfred König

mehr sind sie in der Wirtschaftspraxis branchenübergreifend und unabhängig von der Unternehmensgröße nachweisbar. Damit verzichten Unternehmen auf Erfolgspotentiale, namentlich auf Umsatzpotentiale, Deckungsbeitragspotentiale, Cross-Selling-Potentiale, hohe laufende Wiederverkäufe und geringere Akquisitionskosten.

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Zufriedene Kunden sind betriebswirtschaftliches Asset

Studien belegen, dass ein zufriedener Kunde erfahrungsgemäß ein positives Erlebnis an drei Personen weitererzählt (Kotler & Bliemel 1992, S. 27). Er wird damit zu einem wichtigen Multiplikator für das Unternehmen. Ein unzufriedener Kunde verbreitet dagegen 20mal seine Enttäuschung (Kotler & Bliemel, ebenda). Der Schaden für das Unternehmen ist immens. Wir wissen aus der Praxis, dass einen Neukunden zu gewinnen vielfach teurer ist als einen Stammkunden zu betreuen und zu pflegen. So weisen Homburg & Rudolph (1995, S. 43) darauf hin, dass sich für ein Handelsunternehmen der voraussichtliche Gewinn, den es mit einem Kunden erzielt, im vierten Jahr auf knapp das Dreifache dessen, was dieser Kunde im ersten Jahr bringt, beläuft. Dies erscheint unmittelbar einleuchtend, denn je zufriedener ein Kunde mit der Leistung des Anbieters ist, desto eher dürfte sich die Wiederkaufsrate erhöhen und damit der Umsatz vergrößern. Im Gegenzug sinken die Marketing- und Vertriebskosten, die für die Erhaltung der Geschäftsbeziehung notwendig sind. Der Kunde wird bei andauernder Geschäftsbeziehung immer vertrauter mit dem Leistungsangebot des Unternehmens. Dies führt bei gleich bleibendem Leistungsprogramm des Anbieters zu einem Rückgang des Informationsbedarfs beim Kunden. Zugleich sinkt der Kommunikationsaufwand für das Unternehmen, da bei langfristigen Geschäftsbeziehungen sich Informationen über den Kunden zunehmend verdichten und dadurch wesentlich zielgerichteter und individueller vorgegangen werden kann. Erfahrungsgemäß reagieren Stammkunden weniger preisempfindlich als Neukunden, weil für sie produktübergreifende Leistungsmerkmale wie langfristige Stabilität einer Geschäftsbeziehung, Genauigkeit oder Flexibilität des Geschäftspartners, Qualität und Angebotsvielfalt von Bedeutung sind. Von daher lassen sich Preiserhöhungen bei Stammkunden leichter durchsetzen als bei Neukunden. Schließlich gilt als Erfahrungswert, dass mehr als jeder zweite unzufriedene Kunde, ohne sich zu beschweren, stillschweigend Produkt und Unternehmen wechselt, dann aber negativ über den Beschwerdegrund redet. Zufriedene Kunden haben dazu keinen Anlass. Es muss also im Interesse der Unternehmen liegen, Kundenzufriedenheit auf höchstes Niveau zu bringen.

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

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Inzwischen haben die Unternehmen die Notwendigkeit erkannt, ihre Perspektiven in der Kundenbeziehung total zu verändern und Maßnahmen zum customer focus einzuleiten. Dennoch, es wird seine Zeit brauchen, bis die Klage von der Unfähigkeit vieler Unternehmen, den Kunden zu dienen, verklungen sind, der Kunde nicht mehr als kleinste statistische Einheit gesehen wird, Mitarbeiter und Führungskräfte begreifen, wer letztendlich ihre Gehälter bezahlt, und auch in Gebrauchsanleitungen endlich Kundenorientierung zum Ausdruck kommt (Weber 1995, S. 9; o.V. 1994, S. 68-77).

3

Kundenzufriedenheit als Ergebnis von Vergleichsprozessen und Produktinvolvement

Will man die Zufriedenheit der Kunden steigern, dann muss man deren Erwartungen kennen und wissen, wie zufrieden die Kunden sind, was ihnen gefällt oder missfällt. Nicht selten setzen Unternehmer bei ihren Kunden Zufriedenheit als selbstverständlich voraus. Andere wiederum glauben, durch den langjährigen Umgang mit ihren Kunden deren Zufriedenheit zu kennen. Das ist oftmals ein Trugschluss, wie Untersuchungen zur Kundenzufriedenheit belegen. Nicht selten besitzen Unternehmer, Manager und Mitarbeiter ein nebulöses Bild von ihren Kunden und deren Erwartungen. Fragt man genauer nach, bleiben sie dann meist sprachlos oder antworten mit diffusen Vorstellungen. Nicht selten sind sie überrascht, wenn sie erfahren, wie ihre Kunden tatsächlich denken. Solche Wahrnehmungsdefizite können sich die Unternehmen vor dem Hintergrund eines zunehmend dynamischen Wettbewerbs und der Veränderungen des Kaufverhaltens nicht mehr leisten. Sie müssen sich vielmehr intensiv mit den Kundenerwartungen und der Kundenzufriedenheit befassen, sie messen, konkretisieren, verdeutlichen und zielführend steuern. Hierzu ist zunächst Klarheit über den Begriff Kundenzufriedenheit erforderlich. Die Vielzahl der Definitionen der Kundenzufriedenheit macht deutlich, dass die Vorstellungswelt darüber was Kundenzufriedenheit ist, noch immer erklärungsbedürftig ist (Bauer 1994, S. 111; Winkler 1995, S. 9; Ritter & Aeppli 1986, S. 40; Raffée 1987, S. 49; Kotler & Bliemel 1992, S. 283). Ebenso wenig wie darüber Einigkeit besteht, gibt es – wie Bruhn (1982, S. 1) und auch Kaas & Runow (1984, S. 451f) schon Anfang der 80er Jahre feststellten und die unterschiedlichen theoretischen und praktischen Ansätze zeigen – eine allgemein anerkannte Theorie der Kundenzufriedenheit, obwohl die Zahl der wissenschaftlichen und praktischen Beiträge zu diesem Themenkreis enorm zugenommen hat (u.a. Bauer 1994; Schütze 1992; Burmann 1991; Scharioth 1995; Meffert & Bruhn 1981).

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Manfred König

Definitionen wie diese von Meffert und Bruhn (1981, S. 597) "Konsumentenzufriedenheit gibt die Übereinstimmung zwischen den subjektiven Erwartungen und der tatsächlich erlebten Motivbefriedigung bei Produkten oder Dienstleistungen wieder" – reichen nicht aus, um die Komplexität des Begriffes zu erfassen. Dies lässt sich anhand eines einfachen Modells der Konsumentenzufriedenheit darstellen (Burmann 1991, S. 250).

Konsumerfahrungen der Vergangenheit

Erwartungen an das Produkt und seine Leistungskomponenten Anspruchsniveau (Soll-Komponente)

Wissen um Alternativen

Mund-zu-MundKommunikation

Vergleichsprozess Soll/Ist

Marken- und Produktinvolvement

Marketing des Herstellers

Konsumentenzufriedenheit

Wahrgenommene Produktleistungen (Ist-Komponente) Zufriedenheitsprozess Einstellungen

Produktqualität

Situative Faktoren

Direkter Einfluss Rückkopplung

(In Anlehnung an Burmann 1991, S. 250)

Abbildung 1:Modell der Kundenzufriedenheit Kundenzufriedenheit ist demnach das Ergebnis eines vielschichtigen Informationsverarbeitungsprozesses. In dessen Mittelpunkt steht die Bewertung der Konsumsituation anhand eines Soll/Ist-Vergleiches durch den Kunden (Abbildung 1). Er beurteilt die wahrgenommenen Produktleistungen (Ist-Komponente) anhand seines Anspruchsniveaus (Soll-Komponente). Dieses Anspruchsniveau ist für ihn der Maßstab, der wiederum von seinen Konsumerfahrungen der Vergangenheit, seinem Wissen um Alternativen, der Mund-zu-Mund-Kommunikation und den Marketingmaßnahmen des Herstellers geprägt wird. Aufgrund der u.a. sich verändernden Erfahrungen des Kunden und durch Meinungsaustausch unterliegt das Anspruchsniveau einer dynamischen Entwicklung (Schütze 1992, S. 157ff; Lingenfelder & Schneider 1991, S. 30). Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Wahrnehmung der Produktleistung – also die Ist-Komponente – ebenfalls verändert. So zeigen die Untersuchungen von Makens, dass die von den

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Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

Einstellungen und Einkaufserfahrungen abgeleiteten Erwartungen der Versuchspersonen die Wahrnehmung stark beeinflussen (Makens 1965, S. 261-263). Zusätzlichen Einfluss auf die Konsumentenzufriedenheit übt das Produkt- und Markeninvolvement aus (zum Involvementkonzept: Weinberg 1994, S. 174ff, Unger 1994, S. 83ff, Haedrich & Tomczak 190, S. 41ff)). Ist der Kunde stark involviert, dann ist er weniger bereit, negative Abweichungen der tatsächlich erlebten Produktzufriedenheit von den anfänglichen Produkterwartungen zu akzeptieren. Andererseits misst er high involved "der erlebten Zufriedenheit eine größere Bedeutung bei" (Meinig 1994, S. 23). Die Multidimensionalität der Kundenzufriedenheit, ihre vielzähligen Einflussfaktoren und die damit verbundene Komplexität erschweren ihr präzises Erfassen, das Erkennen eindeutiger Kausalität und damit auch die Vorgabe von Handlungsempfehlungen für die Unternehmenspraxis, zumal die begriffliche Klärung, was Kundenzufriedenheit ist, noch aussteht. Für die Arbeit in der betrieblichen Praxis kann auf Basis bisheriger Erkenntnisse davon ausgegangen werden, dass Kunden dann zufrieden sind, wenn ihre Erwartungen erfüllt wurden und ihr Anspruchsniveau (Soll-Komponente) mindestens erhalten bleibt.

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Die Messung von Kundenzufriedenheit

Zur Messung von Kundenzufriedenheit stehen einem Unternehmen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung (Abbildung 2). Objektive Verfahren

Subjektive Verfahren

Aggregierte Größen der Marktbearbeitung - Absatz - Umsatz - Marktanteil - Wiederkäuferrate - Zurückgewinnungsrate - Abwanderungsrate Qualitätskontrollen - im Anbieterunternehmen - beim Kunden Benchmarking - intern - extern

implizite Messung

Systematisches Erfassen von Beschwerden Problem-Panels Kunden-Foren Befragungen von Personen im Anbieterunternehmen Kunden-Audits

Direkte Messung des Erfüllungsgrades von Erwartungen beim Kunden explizite Messung

- ex ante/ex post-Messung - ex post-Messung Messung per Zufriedenheitsskalen - Messung genereller Zufriedenheit - multiattributive Messung von Zufriedenheit

subjektiv-kalibrierte objektivierte Messung (In Anlehnung an Schütze 1992, S. 184, Lingenfelder & Schneider 1991, S. 111)

Abbildung 2:Verfahren zur Messung von Kundenzufriedenheit

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Manfred König

Die objektiven Verfahren basieren auf nicht an die subjektive Einschätzung der Betroffenen gebundene Indikatoren wie Umsatz, Marktanteil, Wiederkaufrate, Abwanderungsrate von Kunden. Aus ihnen lassen sich indirekt Hinweise auf Kundenzufriedenheit gewinnen. Sie liefern allerdings u.a. wegen ihrer Zeitverzögerung bei der Messung sowie nicht vorhandener eindeutiger kausaler Beziehungen – ein sinkender Umsatz ist nicht zwingend die Folge von Unzufriedenheit – nur unzureichende Ergebnisse. In der praktischen Anwendung empfiehlt sich daher eher der Einsatz von subjektiven Verfahren. Zu ihnen zählen einerseits u.a. das systematische Erfassen von Beschwerden, Erhebungen auf Basis von Problem-Panels sowie Befragungen von Personen im Anbieterunternehmen (implizite Messung) und andererseits die explizite Messung des Erfüllungsgrades von Kundenerwartungen in Form von ex ante/ex post-Messungen oder nur ex postMessungen sowie die Messung per Zufriedenheitsskalen als Messung genereller Zufriedenheit und die multiattributive Messung von Zufriedenheit. Eine Sonderform der Kundenzufriedenheitsmessung stellt die subjektiv-kalibrierte objektive Messung dar. Sie ist eine Mischform aus objektiven und subjektiven Verfahren (Schütze 1992, S. 187). Aufgrund mangelnder Gültigkeit der Kriterien objektiver Verfahren und mit Blick auf Komplexitätsgrad, Zeitaufwand und Handhabung erscheinen die subjektiven Verfahren als am ehesten in der Unternehmenspraxis geeignet und auch mit vertretbarem Aufwand realisierbar. Besondere Bedeutung kommt dabei aus Praxissicht den expliziten Methoden zu. Mit ihnen lässt sich das Ausmaß der Bedürfnisbefriedigung direkt durch die Bestimmung der Wechselbeziehungen zwischen Erwartungen und Bewertung der tatsächlich wahrgenommenen Leistung sowie mittels Zufriedenheitsskalen, die ein- oder mehrdimensional angelegt sein können, ermitteln. Hierbei kann so vorgegangen werden, dass zunächst die Erwartungen der Kunden vor dem Kauf bzw. der Inanspruchnahme einer Dienstleistung erhoben werden, die Erfahrung mit der Leistung jedoch erst nach der Nutzung. Der anschließende Vergleich zeigt das Maß an Übereinstimmung von erwarteter und wahrgenommener Leistung. Zwar lassen sich mit dieser Messung negative Abweichungen nachweisen, doch ihre Ursachen sind nicht eindeutig bestimmbar. Entweder sind die negativen Abweichungen auf schlechte Erfahrungen des Kunden mit der Leistung zurückzuführen oder seine Bedürfnisse haben sich über den Zeitraum der Befragung geändert oder beides liegt vor. Um diese Mehrdeutigkeit auszuschließen und die Veränderungen in der Erwartungshaltung direkt in der Beurteilung des Kunden einfließen zu lassen, erscheint es ratsam, den Erfüllungsgrad einer Erwartung aus Sicht des Kunden nach dem

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

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Kauf bzw. der Inanspruchnahme der Dienstleistung zu messen. In diesem Fall sind zu einem Zeitpunkt sowohl die Kundenerwartung, ihre relative Bedeutung sowie der Grad der Leistungserfüllung zu erfragen. Als Messverfahren haben sich in der Praxis Messungen mit Zufriedenheitsskalen bewährt. Skalen ermöglichen die Intensität eines Sachverhaltes auszudrücken. Dabei hat der Befragte seine Position in einer Anzahl von Kategorien anzugeben. Da es in einem Unternehmen nicht darum gehen kann, nur globale Aussagen über das Zufriedenheitsniveau seiner Kunden zu bekommen, ist eine multiattributive Messung der Zufriedenheit unter Verwendung von mehrstufig unterteilten Ratingskalen erforderlich. Erst diese Form der Zufriedenheitsmessung lässt erkennen, mit welchen Leistungsmerkmalen der Kunde in welchem Maße zufrieden ist. Hildebrandt und Trommsdorff (1987, S. 103) sehen diese Form der Zufriedenheitsmessung u.a. durch eine Vorgabe von theoretisch deduzierten, potentiell relevanten Merkmalen charakterisiert. Dies hat den Nachteil, dass der Kunde in der Regel nicht alle für ihn relevanten Leistungskomponenten vorfindet und deshalb nicht das gemessen wird, was gemessen werden soll. Um zu vermeiden, dass solche Indikatoren die subjektive Sicht des Fragenden widerspiegeln, sind deshalb die Indikatoren auf ihre Gültigkeit hin bei den Kunden explorativ abzutesten. Erst damit ist einigermaßen sichergestellt, dass die aus Kundensicht für die Zufriedenheit wichtigen Indikatoren erfasst werden. Die Subjektivität des Fragenden lässt sich dennoch nicht ganz ausschließen. Hierzu ist es vielmehr erforderlich, die subjektiven Urteile der Kunden unter Verzicht auf die Vorgabe von Merkmalen direkt und unmittelbar zu erfassen. Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Kundenzufriedenheit abhängig ist von der subjektiven Bewertung der Leistungserfüllung durch den Kunden. Entspricht die subjektiv wahrgenommene Leistungserfüllung voll seinen Erwartungen, dann kann von Zufriedenheit ausgegangen werden. Nachweislich ist diese Zufriedenheit nicht allein durch die Qualität des Produktes und die sie unmittelbar determinierenden Faktoren bestimmt (Produktleistungen). Vielmehr spielen für den Gesamteindruck weitere Leistungselemente eine Rolle, z.B. freundliche Bedienung, kompetente Verkaufsberatung, Service, Formulierung von Anschreiben, Unternehmensimage usw. (Anbieterleistungen). Es ist deshalb wichtig, die für die Beurteilung der Kundenzufriedenheit wesentlichen aussagefähigen Leistungsindikatoren beim Kunden zu ermitteln. Die Kundenbefragung hat sich hierfür als wertvoll erwiesen. Hilfreich sind Checklisten, in denen die vom Kunden genannten erwarteten Leistungen aufgeführt sind (Abbildung 3, Spalte 1).

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Manfred König

Vom Kunden erwartete Leistungen (1) Sonderangebote Öffnungszeiten Kundenkarte Parkmöglichkeiten Schnelle Bedienung Rabattgewährung Verkaufsberatung Preisgünstiges Angebot Freundliche Bedienung Home-Service Markenartikel Große Auswahl

Wichtigkeit der Leistung für den Kunden (2) 3 8 2 8 8 3 9 8 9 6 8 5 1 unwichtig 4 weniger wichtig 7 wichtig 10 sehr wichtig

Beurteilung des Erfüllungsgrades durch den Kunden (3) 3 2 9 6 6 7 3 5 3 5 8 6 1 nicht erfüllt 4 schlecht erfüllt 7 befriedigend erfüllt 10 voll erfüllt

Gewichtete Punktzahlen (4) ([2]x[3])/100 0,9 1,6 1,8 4,8 4,8 2,1 2,7 4,0 2,7 3,0 6,4 3,0 37,8 Gesamtindikator für die Kundenzufriedenheit

Abbildung 3: Checkliste für Kundenerwartungen, Gewichtung und Beurteilung

5

Nicht jede Leistung ist gleich wichtig für den Kunden?

Da die Leistungselemente vom Kunden unterschiedlich bedeutsam wahrgenommen werden, ist es sinnvoll, sie nach ihrer Bedeutung für den Kunden von ihm gewichten zu lassen (Abbildung 3, Spalte 2). Dafür sind die gefundenen Leistungselemente messtechnisch aufzubereiten. Es ist darauf zu achten, dass mit der gleichen Skala von Gewichtungsausprägungen gemessen wird, um sie erstens untereinander vergleichbar zu machen, zweitens um eine Aggregation der Einzelzufriedenheiten zu einem Gesamtzufriedenheitswert und drittens einen Vergleich über längere Zeit zu ermöglichen. Die Antwortskalen, die den Kunden hierzu vorgelegt werden, müssen gleiche Abstände vorweisen, z.B. unwichtig – weniger wichtig – wichtig – sehr wichtig (Backhaus; Erichson; Plinke & Weiber 1994, S. XIII ff). Stimmen die Abstände nicht, dann führt dies unweigerlich zu Verzerrungen. Im nächsten Schritt erfolgt die Bewertung der erbrachten Leistungen des Anbieters durch den Kunden (Abbildung 3, Spalte 3). Es geht also darum, zu erfragen, inwieweit die vom Kunden erwünschten Leistungen vom Anbieter erfüllt worden sind (eine erweiternde Variante ist der Vergleich mit dem jeweils besten Wettbewerber). Erhebung der Leistungsindikatoren, ihre Gewichtung durch den Kunden sowie die Bewertung der erbrachten Anbieterleistungen lassen sich ohne Zeitverzögerung vor Ort beim Kunden erfragen. Insofern lässt sich die von Schütze

145

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

(1992, S. 187) gegenüber bestimmten Formen der Zufriedenheitsmessungen hervorgebrachten Einwände hinsichtlich des zeitlichen Auseinanderfallens von Messung und Bewertung der Erfahrung vermeiden. Die so ermittelten Werte lassen sich für jedes Leistungselement sowohl kundenindividuell als auch insgesamt, z.B. in einer von der Portfolio-Analyse her bekannten 9-Felder-Matrix abbilden (Abbildungen 4 und 6). Auf der Ordinate der Matrix lässt sich die relative Bedeutung der jeweiligen Leistungskomponente ablesen. Die Abszisse zeigt die Zufriedenheit der Kunden mit der Leistungserfüllung durch den Anbieter. Aus dieser Matrix können Kategorien des Kundenzufriedenheitsniveaus und der Abwanderungsrisiken abgeleitet werden (Abbildung 5). Für die Strategien der Kategorien und das Management lassen sich dann kategoriespezifische Verhaltensnormen und Dringlichkeiten von Maßnahmen ableiten (Abbildung 7). sehr wichtig

10

weniger wichtig

4

unwichtig

1

fa d

8

im

al e

rP

wichtig

t

op t

Wichtigkeit

i fiz De

ng di n pe rs e v O

1

4

8

10

nicht erfüllt

schlecht erfüllt

befriedigend erfüllt

voll erfüllt

Leistungserfüllung

Abbildung 4:Profilierungsmatrix

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sehr 10 wichtig

sehr unzufrieden

zufrieden

unzufrieden

Wichtigkeit

hohes Abwanderungsrisiko

wichtig

sehr zufrieden

8

weitgehend zufrieden

nicht zufrieden latentes Abwanderungsrisiko

weniger 4 wichtig

zufrieden

kein Abwanderungsrisiko

nicht unzufrieden

nicht unzufrieden

nicht unzufrieden

keine Abwanderungsrisiko

unwichtig 1 1

4

8

10

nicht erfüllt

schlecht erfüllt

befriedigend erfüllt

voll erfüllt

Leistungserfüllung

Abbildung 5: Kundenzufriedenheits-/Abwanderungs-Portfolio

sehr 10 wichtig

Legende

9

7 8

Wichtigkeit

1. Sonderangebote 2. Öffnungszeiten 3. Kundenkarte 4. Parkmöglichkeiten 5. Schnelle Bedienung 6. Rabattgewährung 7. Verkaufsberatung 8. Preisgünstiges Angebot 9. Freundliche Bedienung 10. Home-Service 11. Markenartikel 12. Große Auswahl

wichtig

5

11

4

2

8

10 12

weniger 4 wichtig

1

6 3

unwichtig 1 1

4

8

10

nicht erfüllt

schlecht erfüllt

befriedigend erfüllt

voll erfüllt

Leistungserfüllung

Abbildung 6: Profilierungsmatrix

147

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

Wichtigkeit

sehr 10 wichtig

wichtig

weniger wichtig

unverzüglich nachhaltige Verbesserungsmaßnahmen einleiten

8

Verbesserungsmaßnahmen einleiten

4

kein Handlungsbedarf

zu gut ?

?

akzeptieren

zu gut ?

unwichtig

eliminieren

1 1

4

8

10

nicht erfüllt

schlecht erfüllt

befriedigend erfüllt

voll erfüllt

Leistungserfüllung

Maßnahmen Ergebnisse

Maßnahmen

Defizite 9. Bedienung unfreundlich

Mitarbeitergespräch ... Verkäuferschulung

2. Öffnungszeiten in der Mittagszeit sind nicht ... kundengerecht

durchgehend öffnen Mitarbeitereinteilung ... ...

Overspending 3. Kundenkarte wird nicht angenommen 6. Rabattgewährung wird vom Kunden nicht honoriert

ersatzlos aus dem Angebot nehmen ... neues Rabattsystem entwickeln ...

Abbildung 7: Maßnahmen-/Dringlichkeits-Portfolio

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Leistungskomponenten, die in den drei oberen Feldern der Matrix positioniert sind (Abbildung 4), haben einen hohen Anteil an der Gesamtzufriedenheit. Die beiden linken oberen Quadranten enthalten jene für den Kunden bedeutenden Leistungsbestandteile, bei denen die Leistungserfüllung durch den Anbieter unbefriedigend ist (Defizit). Da anzunehmen ist, dass diese negativen Abweichungen der Leistungserfüllung von den Kundenerwartungen in einem hohen Maße zu Kundenunzufriedenheit führen, sind mit höchster Priorität Maßnahmen einzuleiten, die den Leistungsgrad mit den Kundenerwartungen in Einklang bringen. Nur so lassen sich drohende Abwanderungen von Kunden verhindern. Langfristig sollten diese Leistungskomponenten im oberen rechten Quadranten angesiedelt werden. Dort geht es um das Sichern und Ausbauen des Verhältnisses von Kundenerwartungen und Leistungserfüllung, um das Ausschöpfen der Möglichkeiten zur Kundenbindung und Kundenloyalität sowie zur Erzielung eines Wettbewerbsvorsprungs. Die ideale Positionierung der Leistungskomponenten ist bei ausgeglichenem Verhältnis von Wichtigkeit und Leistungserfüllung gegeben. Dieses Verhältnis ist als Diagonale in der Matrix gekennzeichnet. Alle Punkte deutlich rechts von der Diagonalen markieren im Verhältnis zur Wichtigkeit zu gute Leistungen. Punkte links von der Diagonalen weisen auf eine zu schwache Leistung im Verhältnis zur Wichtigkeit hin. In den mittleren Feldern der Matrix sind jene Leistungskomponenten eingetragen, die vom Kunden als weniger wichtig bis wichtig eingestuft werden. Bei Punkten links von der Diagonalen sind mit geringerer Priorität Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungen einzuleiten, damit dem latent vorhandenen Abwanderungsrisiko begegnet werden kann. Unter Umständen kann es dann zu Abwanderungen kommen, wenn zu den schlecht erfüllten Leistungen im mittleren Bereich weitere unzureichend erfüllte Leistungen, bei denen die Erwartungen der Kunden hoch sind, hinzukommen. Rechts von der Diagonalen im mittleren Bereich besteht nur bei deutlichem Overspending Handlungsbedarf, und zwar in Richtung Ausschöpfung von Einsparungspotentialen. Leistungskomponenten in den unteren Feldern haben für die Kunden eine niedrige Bedeutung. Sie können als Selbstverständlichkeiten gesehen werden, als Basis, auf der Zufriedenheit entstehen kann. Bei den im linken unteren Quadranten liegenden Komponenten bewertet der Kunde die Leistungserfüllung als vergleichsweise niedrig. Dies dürfte jedoch für die Kundenzufriedenheit von untergeordneter Bedeutung sein, weil der Kunde diesen Leistungen eine unwichtige Rolle zumisst. Insofern gilt es in der Unternehmenspraxis zu prüfen, ob diese Situation akzeptiert und das Leistungsniveau weiterhin beibehalten werden kann. Maßnahmen für dieses Feld sind mit niedriger Priorität zu behandeln. Ein zusätzlicher Aufwand seitens des Anbieters dürfte kaum Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung haben. Vor voreiligen

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

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Eliminierungsentscheidungen ist allerdings zu warnen. Es ist durchaus denkbar, dass diese für den Kunden weniger bedeutsamen Kriterien zwar keine Zufriedenheit bringen, ihr Vorhandensein könnte aber dazu beitragen, Unzufriedenheit zu vermeiden (quasi “Hygienefaktoren”). Im rechten unteren Quadrant werden jene für den Kunden wenig bedeutsamen Leistungskomponenten eingetragen, bei denen der Leistungserfüllungsgrad des Anbieters vom Kunden sehr hoch bewertet wird. Es ist durchaus denkbar, dass in solchen Fällen das Unternehmen zu gute Qualität bei den relevanten Leistungskomponenten anbietet (Overspending). In diesem Fall ist darüber nachzudenken, ob sich der Einsatz rechnet und ob die Anstrengungen für diese Kriterien reduziert werden können. Die frei werdenden Ressourcen könnten dann für die Verbesserung, den Ausbau und die Sicherung wichtiger Leistungsmerkmale eingesetzt werden.

6

Kontinuität und differenziertes Vorgehen sichern den Erfolg

Die Kundenzufriedenheit unterliegt einer dynamischen Entwicklung. Deshalb sollte die Messung von Kundenzufriedenheit zu einem festen Bestandteil des Unternehmens werden. Eine nur einmalige Befragung bringt nicht viel. Sie berücksichtigt weder die Veränderungen im Zeitablauf noch zeigt sie die Wirkung von Maßnahmen, die zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit beitragen sollen. Deshalb sind in Abständen regelmäßige Befragungen notwendig. Die Abstände sollten erfahrungsgemäß einen ein- bis zweijährigen Rhythmus nicht überschreiten, wobei zusätzliche unterjährige Kurzerhebungen durchaus sinnvoll erscheinen. Weiterhin ist darauf zu achten, dass dieselben Beurteilungskriterien verwendet werden. Nur dies gewährt Vergleichbarkeit und Konsistenz der Ergebnisse. Mit dem Instrument der Kundenzufriedenheitsmessung eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten der Detailanalyse, z.B. zielgruppenbezogen, kundenindividuell, zeitbezogen. Von besonderer Bedeutung ist dabei der aus den Einzelwerten gewonnene Gesamtindikator für die Kundenzufriedenheit (Abbildung 3, Spalte 4). Ermittelt man diesen Indikator regelmäßig und bezieht man die jeweils gewonnenen Werte auf ein Basisjahr, dann lässt sich damit ein Kundenzufriedenheitsbarometer gewinnen. Mit diesem Instrument werden Abweichungen ebenso erkennbar wie die Wirkung der in den Vorperioden eingeleiteten Maßnahmen. Am Kontrollzeitpunkt liefert das Barometer einen Statusbericht über das Maß der Kundenzufriedenheit. Bei Kunden mit einem hohen Zufriedenheitsmaß kann in der Regel eine starke

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Kundenbindung unterstellt werden. Solche Kunden sind zu pflegen. Kunden mit geringerem Indexwert sind potentielle Abwanderer. Bei ihnen sind Ursachenanalysen notwendig und auf Basis ihrer Ergebnisse sind entsprechende Kundenbindungsmaßnahmen zu ergreifen. Mit dem Rüstzeug der Kundenzufriedenheitsanalyse steht ein vergleichsweise einfaches und aussagefähiges Instrumentarium zur Messung und für das Management der Kundenzufriedenheit zu Verfügung. Vor einer unreflektierten und undifferenzierten Anwendung dieses Instrumentariums und der schnellen Interpretation der damit gewonnenen Ergebnisse ist jedoch zu warnen. Hinsichtlich der Auslegung von Kundenzufriedenheitsportfolios können sich durch die nivellierende Mittelwertbildung Fehlinterpretationen ergeben. Dies ist insbesondere dann nicht auszuschließen, wenn die Positionierungsergebnisse auf den Kundenstatements einer Vielzahl von Befragten beruht. Unter Umständen werden dann davon abweichende Bewertungen der Leistungsanforderungen besonders wichtiger Kunden nicht ausgewiesen. Dieser wichtige Aspekt wird bisher in der einschlägigen Literatur nur unzureichend berücksichtigt. Misst beispielsweise die große Mehrzahl der Befragten einem Leistungskriterium besonders hohe Bedeutung zu und bewerten diese Befragten die Leistungserfüllung als “voll erfüllt”, dann ergibt sich daraus auf Basis des Mittelwertes eine Position des entsprechenden Leistungskriteriums im oberen rechten Quadranten der Kundenzufriedenheits-/Abwanderungsmatrix (Abb. 5). Die Position in der Matrix lässt dann aufgrund der hohen Übereinstimmung von Kundenerwartung und Leistungserfüllung einen Handlungsbedarf nicht erkennen. Ist unter den Befragten ein besonders wichtiger Kunde, der die Leistungserfüllung als “nicht erfüllt” bewertet, dann wird dieser Wert über den Durchschnittswert aller Befragten nivelliert. Der Handlungsbedarf bei diesem wichtigen Kunden wird dann für das Unternehmen nicht erkennbar. Dringend erforderliche Maßnahmen unterbleiben, weil das Portfolio “Zufriedenheit” der Kunden signalisiert. Von daher ergibt sich die Notwendigkeit der Kundenselektion, z.B. anhand der Kundenattraktivität und der relativen Wettbewerbsposition (Kundenattraktivität/relative WettbewerbspositionPortfolio), und der differenzierten Befragung auf Basis ermittelter Kundencluster. In der Praxis hat sich eine Einteilung der Kunden in A-Kunden (Lead-User), BKunden (Zielkunden) und C-Kunden bewährt. Entsprechend dieser Einteilung gestaltet sich auch das Untersuchungsdesign und die Befragungsmethode unterschiedlich: z.B. Interview bei Lead-Usern, spezielle Fragebogen für B- und CKunden. Quartapelle und Larsen weisen auf ein ähnliches Vorgehen bei IBM hin (1996, S. 160 ff). Diese Vorgehensweise ermöglicht eine differenzierte Beurteilung der Kundenzufriedenheit und lässt zugleich eine kundenindividuellere Maßnahmengestaltung zu.

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

7

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Kundenzufriedenheit allein reicht nicht

Ist Kundenzufriedenheit erreicht, dann stellt sich die Frage nach deren positiven Auswirkungen für das Unternehmen. Unbestritten ist, dass zufriedene Kunden letztlich für den Unternehmenserfolg entscheidend sind. Je zufriedener ein Kunde ist, umso höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Kunde einem Unternehmen treu bleibt. Dies schlägt sich in der Regel in einer hohen Wiederkaufrate nieder. So kann der Wert eines Kunden ein Vielfaches des Jahresumsatzes dieses Kunden betragen, und schließlich erhöht sich – wie bereits ausgeführt – mit zunehmender Dauer einer Geschäftsbeziehung der durchschnittliche Jahresgewinn. Aus diesen Gründen ist es sinnvoll, Kunden als langfristige Investitionen und nicht nur als kurzfristige Umsatzquellen zu sehen. Aufgrund des nur noch langsam wachsenden Volumens der zumeist gesättigten Märkte ist die Kundenloyalität das einzige Mittel, um die Absatzsicherung von Unternehmen überhaupt noch gewährleisten zu können. Wandern die Kunden ab und verhalten sie sich der Konkurrenz gegenüber loyal, dann ist es nahezu unmöglich, sie als Kunden wiederzugewinnen. Kundenloyalität ist daher eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, die im Vordergrund des unternehmerischen Handelns stehen muss. Insofern muss es das Bestreben eines jeden Unternehmens sein, nicht nur Kundenzufriedenheit, sondern vor allem Kundenloyalität zu erreichen. Häufig wird davon ausgegangen, dass zufriedene Kunden zugleich auch loyale Kunden sind. Dies würde bedeuten, Kundenzufriedenheit führe automatisch zu Kundenloyalität. Auch findet sich die Behauptung, Kundenloyalität könne als logische Folge von Kundenzufriedenheit gesehen werden. Solche Aussagen sind problematisch, obzwar zunächst einleuchtet, dass sich Kundenloyalität sicherlich eher entwickeln kann, wenn der Kunde zufrieden ist. Doch daraus verallgemeinernd zu schließen, “Kundenzufriedenheit sichert dauerhafte Kundenloyalität” (Grossklaus 1994, S. 156), erscheint gewagt. Dies schon deshalb, weil zunächst einmal zu klären ist, um welche Loyalität es sich letztlich handelt: um Loyalität zum Händler, zur Marke, zum Produkt? Ist ein Kunde zufrieden mit der Marke, dann kann er sich markenloyal verhalten. Ob er sich auch händlerloyal zeigt, hängt von den spezifischen Leistungen des Händlers ab. Dieser Zusammenhang gilt auch für die Beziehung zwischen Händler und Produkt sowie Marke und Produkt. Erst wenn der Kunde alle Loyalitätsebenen erfüllt, kann man von echter Kundenloyalität sprechen. Voraussetzung hierfür ist, dass alle Leistungen, die dem Kunden beim Kaufprozess auf allen Loyalitätsebenen geboten werden, seinen Erwartungen entsprechen. Ein Kunde kann zufrieden sein, trotzdem können andere situative Einflüsse wie Zeitdruck oder Bequemlichkeit das Entstehen von Kundenloyalität verhindern.

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Reichheld verweist auf Unternehmen, bei denen 65 % bis 85 % ihrer Kunden zu den Wettbewerbern wechselten, obwohl sie zufrieden bzw. sehr zufrieden mit den Unternehmen waren (Reichheld 1993, S., 71). Ein Grund, sich trotz Zufriedenheit nicht händlerloyal zu verhalten, kann beispielsweise der Standort des Anbieters sein. Ein Markenwechsel trotz Produktzufriedenheit kann seinen Grund unter Umständen im Preis haben. Hohe Zufriedenheit ist nur innerhalb bestimmter Grenzen in der Lage, ein im Vergleich zur Konkurrenz höheres Preisniveau auszugleichen. Mit Blick auf die unterschiedlichen Loyalitätsebenen sollte bei der Messung der Kundenloyalität stets angegeben werden, auf welche Ebene sich die Messergebnisse beziehen. Die Kundenloyalität ist dann ebenenspezifisch zu charakterisieren und definieren. Auch unzufriedene Kunden können sich – bezieht man die Loyalität auf die Zahl der Wiederholungskäufe – durchaus loyal verhalten, sei es aus Mangel an Alternativen oder aus Bequemlichkeit. Damit zeigt sich, Kundenzufriedenheit darf mit Kundenloyalität nicht gleichgesetzt werden und ebenso wenig ist sie – wie Reichheld feststellt – “a surrogate for customer retention” (1993, S. 71). Unternehmen, die davon ausgehen, das Erreichen von Kundenzufriedenheit sichere ihnen automatisch zugleich auch loyale Kunden, unterliegen einem Trugschluss. Ihr auf Kundenbindung ausgerichtetes Handeln ist inadäquat, wenn sich ihr Fokus allein auf diesen Zusammenhang richtet. Dennoch, Kundenzufriedenheit muss erreicht werden, weil sie eine notwendige, wenn auch keine hinreichende Bedingung für Kundenloyalität ist.

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Wie lässt sich Kundenloyalität bestimmen?

Kundenloyalität lässt sich über das äußere Merkmal “beobachtbarer Wiederkauf” und das innere Merkmal der positiven Einstellung zu den kaufrelevanten Kriterien bestimmen. Sind beide Merkmale erfüllt, dann kann zunächst von Kundenloyalität ausgegangen werden. Allein vom Wiederholungskauf auf Kundenloyalität zu schließen, würde allerdings zu kurz greifen, denn dieser kann auch ungeplant bzw. zufällig und nicht etwa als Folge von Loyalität geschehen. Auch reicht eine positive Einstellung allein nicht aus, um von Loyalität sprechen zu können. Es lässt sich nicht voraussagen, ob der Wiederholungskauf dann auch tatsächlich realisiert wird oder ob dazu lediglich nur eine latente Bereitschaft besteht. Auch bleibt unklar, ob dann schon von Kundenloyalität gesprochen werden kann, wenn die geforderte positive Einstellung vorliegt und der Kunde einen Wiederholungskauf tätigt. Oftmals wird hierzu verlangt, dass der Kunde seinen Kauf unter gleichen Voraussetzungen mindestens dreimal wiederholt haben muss. Offen bleibt

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

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dabei, in welchen Zeitintervallen die Kaufrealisierung erfolgen muss. Dass die Kaufintervalle von der Art der Güter bestimmt werden und es daher eine allgemeingültige Formulierung der Kundenloyalität nicht geben kann, liegt auf der Hand (z.B. Zahnpasta vs. Rasenmäher). Vielmehr ist die Kundenloyalität güterbezogen zu definieren. Darüber hinaus gibt es weitere Faktoren, welche die Kundenloyalität und ihr Ausmaß beeinflussen bzw. begründen. Es erscheint deshalb wenig sinnvoll, die Loyalität allein von der Zahl der Kaufwiederholungen her zu bestimmen, sondern eher mit Blick auf die Treue bzw. Dauer einer Kundenbeziehung unter Berücksichtigung spezifischer Bedingungen. Um welche Bedingungen es sich dabei handelt soll im Folgenden skizziert werden.

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Welche Bedingungen beeinflussen die Kundenloyalität?

Demographische Merkmale wie Geschlecht, Alter, Einkommen, Ausbildung und Haushaltsgröße wirken sich auf die Kundenloyalität aus. Geschlechtsspezifisch dürften sich Unterschiede dadurch ergeben, als Männer stärker bemüht sind, aufzufallen und interessant zu erscheinen. Ist dies der Fall, dann werden sie sich weniger konsumloyal verhalten und eher Abwechslung in ihrem Kaufverhalten zeigen. Das führt dann zu häufigem Wechsel von Produkt, Marke und Einkaufsstätte. Bezieht man das Alter ein, dann erscheint es plausibel, dass je älter ein Kunde ist, er sich bei seinen Kaufentscheidungen desto treuer und loyaler verhält. Dies lässt sich durch das ansteigende gewohnheitsmäßige Verhalten mit zunehmendem Alter erklären (psychologische Wechselbarrieren). Umgekehrt verhält es sich bei steigendem Einkommen. Je mehr frei disponibles Einkommen einer Person zur Verfügung steht, umso größer sind für sie die Möglichkeiten des alternativen Konsums und desto größer ist ihre Neigung zu mehr Abwechslung im Konsumverhalten. Die Kundenloyalität ist dann eher gering. Dies dürfte auch auf Personen mit hohem sozialen Status und guter Ausbildung zutreffen. Je besser die Ausbildung und die daraus resultierende Bereitschaft ist, sich zu informieren, desto größer ist das Interesse, das Leistungsangebot differenzierter zu konsumieren und sich weniger loyal zu verhalten. Ebenfalls von Relevanz für die Kundenloyalität sind die Haushaltsgröße und der Familien-Lebenszyklus. Beispielsweise verhalten sich Familien mit Kleinkindern eher loyal, da für sie nur vergleichsweise wenig Zeit bleibt, sich intensiv über mögliche Wahlmöglichkeiten zu informieren. Mit zunehmendem Alter der Kinder wächst dann wieder der Raum für Informationssuche, Alternativenwahl und Freizeitangebot für die Familie. Dies dürfte dann zu abnehmender Loyalität auf

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allen Loyalitätsebenen führen. Inwieweit sich Verhalten und Äußerungen von Familienmitgliedern auf die Loyalität auswirken, wurde zwar untersucht, die Untersuchungen blieben jedoch ohne bedeutende Ergebnisse (Weinberg 1977, S. 52). Überdies bleibt der Einfluss sozialer Determinanten auf die Kundenloyalität bislang noch unterbelichtet. Bisherige Untersuchungen richten sich verstärkt auf der Überprüfung der Bedeutung von Bezugsgruppen für die Kundenloyalität. Ein wesentliches Ergebnis dieser Untersuchungen ist, dass sich Gruppenmitglieder bei großer Kohäsion am Kaufverhalten der Meinungsführer orientieren und deren Kaufverhalten auch für sich selbst übernehmen. D.h. die Loyalität der Gruppenmitglieder gegenüber Produkten, Marken und Unternehmen wird von den Meinungsführern mitbestimmt. Neben demographischen und sozialen Bestimmungsfaktoren beeinflussen auch psychographische Determinanten die Kundenloyalität. Aus einem auf Unsicherheit beim Konsumenten beruhenden wahrgenommenen hohen sozialen und/oder materiellen Risiko des Kunden dürfte eher eine starke Kundenloyalität resultieren. Mit seinem loyalen Verhalten versucht dieser Kunde, unangenehme Kauferfahrungen zu vermeiden. Selbstbewusstere Kunden hingegen, die ein geringeres Kaufrisiko empfinden, werden sich diesem Risiko eher aussetzen, um Erfahrungen zu sammeln. Diese Konsumenten werden sich weniger loyal zeigen. Ähnliche Überlegungen ergeben sich mit Blick auf den Prestigewert des Konsums. Vermittelt der Konsum einen hohen Prestigewert, dann dürfte daraus eine hohe Loyalität resultieren. Im Falle eines hohen Prestigewertes wird das Kaufverhalten des Kunden von anderen geachtet und bewundert. Für ihn besteht dann kein Anlass zur Änderung seines Konsumverhaltens. In Folgesituationen werden dann etwaige Konsumalternativen von ihm abgelehnt. Treten nach einem Kauf kognitive Dissonanzen nicht auf, dann dürfte dies die Kundenbindung noch fördern, weil dann der Konsument mit seiner getroffenen Konsumentscheidung zufrieden ist, d.h. die von ihm wahrgenommene Leistungserfüllung deckt sich mit seinen subjektiven Erwartungen. Hinsichtlich des Involvements lassen sich ähnliche Überlegungen anstellen. Esch und Billen (1994, S. 418) weisen jedoch darauf hin, dass der Beziehungszusammenhang nicht eindeutig zu interpretieren ist. So werden sich Kunden mit einer geringen “Ich-Beteiligung” beim Kauf entweder aus Bequemlichkeit beim Wiederholungskauf loyal verhalten oder aufgrund situativer Einflüsse eine andere Kaufentscheidung treffen. Kunden mit hohem Involvement kann eher ein loyales Verhalten zugesprochen werden. Ihre Kaufentscheidung basiert auf einer intensiven Informationsbeschaffung. Aufgrund der vor dem Kauf erworbenen Informationen über Produkt, Marke und/oder Einkaufstätte betrachten sie subjektiv die

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getroffene Kaufentscheidung als die momentan beste. Erst beim Entstehen von Kaufalternativen, die dem Kunden aus seiner Sicht weitere Vorteile bieten, wird sich der stark involvierte Konsument der neuen Alternative zuwenden und sich ihr gegenüber bis auf weiteres loyal verhalten. Eine positive Einstellung zum Produkt, zur Marke und/oder zum Unternehmen führt also zu einer relativ stabilen Kundenloyalität. Sie wird erst dann beendet, wenn der Konsument eine für ihn angenehmer empfundene Alternative findet. Bei der Beurteilung der Kundenloyalität sind weiterhin diffusionstheoretische Erkenntnisse hinsichtlich der Kaufgewohnheiten einzubeziehen. Innovatoren und Frühadopter sind an Neuerungen interessiert. Werden neue Produkte und Marken auf dem Markt angeboten, werden sie sich als erste für den Kauf dieser Angebote entscheiden. Sie wenden sich dann jenen Einkaufstätten zu, welche diese neuen Produkte und Marken führen bzw. sie wenden sich von den bisher konsumierten Produkten und Marken ab. Hingegen sind die frühe und späte Mehrheit weniger an der Neuartigkeit, sondern eher am Produkt und seinen Eigenschaften interessiert. Es ist allerdings nicht eindeutig bestimmbar, ob sie das Produkt seiner Eigenschaften wegen oder doch wegen seiner Neuartigkeit kaufen. Nachzügler empfinden ein hohes Kaufrisiko. Bei ihnen ist die Suche nach Informationen stark ausgeprägt und ihr Konsumverhalten ist eher konservativ. Sie konsumieren nicht wegen des Neuartigkeitsgrades von Produkten und Marken. Vielmehr interessieren sie sich stärker für das Produkt und seine Funktionalität. Werden ihre Erwartungen an das Produkt erfüllt, dann zeigen sie sich erfahrungsgemäß loyaler als andere Kundengruppen. Aus diesen kurz skizzierten Überlegungen lässt sich ableiten, dass die Bestimmung der Kundenloyalität von vielen Faktoren abhängt und einen hohen Komplexitätsgrad aufweist. Insofern dürfte es schwierig sein, der Unternehmenspraxis eindeutige Handlungsempfehlungen für die Messung von Kundenloyalität zu geben. Ein Messkonzept, welches alle für die Kundenloyalität relevanten Determinanten umfasst, fehlt bisher noch. Es empfiehlt sich in jedem Fall in ein solches Messkonzept über die Dauer der Kundenbeziehung und die Zahl der Wiederholungskäufe hinaus sowohl soziale und demographische als auch psychologische Faktoren einzubeziehen. Es handelt sich dabei überwiegend um qualitative Faktoren. Sie lassen sich per Scoringmodelle bewerten und auf Intervallskalenniveau quantifizieren. Über den zu ermittelnden Gesamtscore lässt sich dann die Intensität der Kundenloyalität gewinnen. Neuere Ansätze versuchen, Kundenloyalität mit Kundenzufriedenheit in einem umfassenden Messkonzept zu verknüpfen (Homburg & Werner 1996, S. 92 ff). Dieser Intention ist zuzustimmen, versucht sie doch zahlreiche bisher als Insellösungen nebeneinander existierende Meßmethoden zu integrieren und zu ergän-

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zen. Doch der Realisierung sind enge Grenzen gesetzt, soweit eine hinreichende Operationalisierung der Kundenloyalität noch aussteht. Homburg und Werner umgehen dieses Problem, indem sie offen lassen, was unter Kundenloyalität zu verstehen ist, welche Loyalitätsebenen gemessen werden sollen, wie und anhand welcher Kriterien sich Kundenloyalität messen lässt und wie letztlich der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität eindeutig zu interpretieren ist. Die Problematik dieses Zusammenhangs wird bei der Portfolioklassifizierung von Homburg & Werner deutlich. Sie bezeichnen Kunden mit sowohl niedriger Zufriedenheit als auch niedriger Loyalität als “unzufriedene Kunden ohne Bindungspotential” (Homburg und Werner 1996, S. 98). Damit sprechen sie also diesen Kunden die Möglichkeit ab, sich an das Unternehmen binden zu können. Dies ist jedoch nur auf den ersten Blick einsichtig. Auf den zweiten Blick stellt sich die Frage, ob bei diesen Kunden gerade die Schlechterfüllung der Kundenerwartungen durch die Unternehmen Grund für die niedrige Loyalität ist. Davon ist auszugehen. Wäre das Unternehmen imstande, die Lücke zwischen der vom Kunden subjektiv erwarteten Leistung und der von ihm wahrgenommenen Leistungserfüllung zu schließen, dann darf in der Regel erwartet werden, dass die dann zufrieden gestellten Kunden ihre Loyalität verstärken. Warum also sollten unzufriedene Kunden kein Bindungspotential haben? Im Gegenteil, es ist vorhanden, allerdings nicht aktiviert. Und es liegt am Unternehmen, ob es dieses Potential auszuschöpfen vermag. Die Interpretation von Homburg und Werner bleibt auch deshalb problematisch, weil nicht berücksichtigt wird, dass es – wie weiter oben gezeigt wurde – durchaus auch zufriedene Kunden geben kann, bei denen kein oder nur ein geringes Bindungspotential vorhanden ist (z.B. Innovatoren, junge unverheiratete Trendsetter mit hohem Einkommen und hohem Involvement). Solange eine eindeutige, empirisch abgesicherte Erklärung des Zusammenhangs zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität noch aussteht, ist den Analysemodellen, die beides berücksichtigen wollen, kritisch zu begegnen. Dennoch ist trotz der genannten Schwierigkeiten die Erweiterung der bisherigen Ansätze zur Kundenzufriedenheitsanalyse um den Aspekt Kundenloyalität ein richtiger Schritt. Die damit verbundene umfassendere Sichtweise erhöht den Wert der Kundenzufriedenheitsanalyse für das Management beträchtlich.

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

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10 Wert für das Management Ein Unternehmen hat nur dann langfristig eine Chance, im Wettbewerb zu bestehen, wenn es zuverlässig, schnell und flexibel ist, Produkte und Dienstleistungen in einwandfreier Qualität liefert und zu wettbewerbsfähigen Preisen anbietet; kurz: wenn es in der Lage ist, die Anforderungen seiner Kunden besser als der Wettbewerb zu befriedigen. Dies setzt voraus, dass es die Erwartungen seiner Kunden und ihre Einschätzung der Leistungserfüllung durch das Unternehmen kennt. Daraus lassen sich Antworten auf folgende Fragen finden (Abb. 8): Was ist wichtig für den Kunden? Wie gut sind wir? Wo stehen wir im Wettbewerb? Eine einmalige Bestandsaufnahme genügt hierfür nicht. Vielmehr sind die Veränderungen in diesem Spannungsfeld zwischen Kundenerwartung und Leistungserfüllung ständig aufmerksam zu beobachten, zu messen und ihre Wirkungen auf das Geschäft zu verstehen. Sie frühzeitig zu erkennen und in zukunftsweisende Kundenstrategien umzusetzen, stellt die eigentliche Herausforderung für das Management dar. Regelmäßige Befragungen der Kunden und die Analyse der Kundenzufriedenheit sind hierfür Voraussetzungen. Sie sollen dem Unternehmen helfen, • seine Leistungspakete und die Erbringung von Dienstleistungen gezielter auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten, • repräsentativ zu erfahren, wie die von den Mitarbeitern geleistete Arbeit beurteilt wird, • die in seinen Geschäftsfeldern sich ergebende Chancen zu nutzen und Gefahren zu vermeiden, • die in seinem Leistungserstellungsprozess vorhandene Stärken auszubauen und Schwächen auszumerzen.

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Manfred König

Was ist wichtig für den Kunden?

• Leistungsangebot auf Kundenbedürfnisse ausrichten Leistungspaket (Produkt/Services) Leistungsumfang (Ausweitung, Konzentration,Bereinigung

Wie gut sind wir?

• Leistungsbeurteilung durchführen Kosten - Reaktionsschnelligkeit Termintreue - Qualität Flexibilität - Durchlaufzeiten usw. Kompetenz • Akzeptanz und Image ermitteln

Wo stehen wir im Vergleich zu unseren Wettbewerbern?

• Leistungserfüllung im Vergleich zum Wettbewerb aus Sicht der Kunden ermitteln • Benchmarking durchführen

Abbildung 8:Handlungsbedarf aus den Kundenanforderungen Vor diesem Hintergrund werden die mit der Kundenbefragung gewonnenen neuen Erkenntnisse zu einem wichtigen Bestandteil der Marketingstrategie (Abb. 9). Leider haben sich diese Ansicht und die Bereitschaft zu umfassenden und regelmäßigen Kundenzufriedenheitsmessungen und -analysen bisher nur bei den wenigsten Unternehmen durchgesetzt. Oft bleibt es in der Praxis noch bei einmaligen und oftmals methodisch unzureichenden Erhebungen. Offenbar glaubt man zu wissen, was die Kunden wollen, anstatt den tatsächlichen Wünschen auf den Grund zu gehen. Häufig bleibt es auch nur bei der Feststellung der Kundenwünsche, ohne in der Folge nennenswerte Maßnahmen zu ihrer Befriedigung in die Wege zu leiten. Auch die Analyse allein reicht nicht aus, die Unternehmen müssen die von ihren Kunden gelegte Meßlatte auch überspringen.

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Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

Analyse

Unternehmen und Umfeld Markt / Kunden / Lieferanten Fähigkeiten und Voraussetzungen Wettfbewerber allgemeine Rahmenbedingungen Chancen / Risiken Stärken / Schwächen

Abnehmerschwerpunkte

Konzept

Auf welche Abnehmer wollen wir uns vorrangig konzentrieren?

Positionierungsund MarketingMix-Schwerpunkte

Leistungsschwerpunkte

Wie wollen wir uns im Wettbewerb verhalten?

Welche Produkte und Dienstleistungen wollen wir vorrangig anbieten bzw. verkaufen?

Kundenanforderungen - Leistungsanforderungen im Vergleich zum Wettbewerb Kundenzufriedenheitsmessung Strategie Ziele Maßnahmen

Wo wollen wir hin? Was wollen wir bis wann erreicht haben? Wer muss was bis wann tun?

Abbildung 9:Kundenzufriedenheitsanalyse als Baustein einer Marketing-Strategie Erforderlich ist daher die konsequente Umsetzung der Ergebnisse, das Überprüfen der strategischen Leitlinien auf Vereinbarkeit mit den Kundenanforderungen sowie die Transformation der Ergebnisse in die Tagesarbeit und in kontinuierliche Verbesserungsprozesse. Dies impliziert eine breite Zielrichtung der aus der Kundenzufriedenheitsanalyse abgeleiteten Maßnahmen. So sind Maßnahmen in Richtung Produktdifferenzierung, kundennutzengerechter Produktfunktionalität und -qualität sowie verbesserter Marktzugang zwar Voraussetzungen für die Überlebensfähigkeit eines Unter-

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nehmens, sie reichen aber zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, wie, unter welchen Bedingungen und mit welchen Kosten diese Wettbewerbsfaktoren erfolgreich realisiert werden. Damit ist die organisatorische Leistungsfähigkeit von Unternehmen angesprochen. Auf deren Steigerung kommt es an. Mit der Verbesserung der organisatorischen Leistungsfähigkeit lassen sich langfristig wirkende Wettbewerbsvorteile, die nicht oder schwer kopierbar und erst durch Kundenreaktionen erkennbar sind, erzielen. Die Ergebnisse der Kundenzufriedenheitsanalyse vermitteln die dafür notwendigen Informationen. Sie sollte deshalb zur Verbesserung der organisatorischen Leistungsfähigkeit herangezogen werden und sich auf folgende Aktionsfelder ausrichten: ∑

Reaktionsfähigkeit: Schneller zu sein als die Konkurrenz



Flexibilität: Auf Kundenanforderungen flexibler reagieren



Durchlaufzeit: Verkürzung der entscheidenden Geschäftsprozesse



Kosten: Kostengünstig die von den Kunden geforderten Leistungen erstellen

Die daraus resultierenden Verbesserungseffekte schlagen sich zugleich auch auf eine Erhöhung der Qualität der Unternehmensleistung nieder. Management von Kundenzufriedenheit schließt über den permanenten Einsatz von Kundenzufriedenheitsmessungen, die Kundenzufriedenheitsanalyse und die Umsetzung der Ergebnisse in Maßnahmen hinaus die kontinuierliche Verbesserung der Organisationsstrukturen (Funktionen und Prozesse) auf Basis der ermittelten Kundenanforderungen ein. Letztendlich muss die an den Kundenanforderungen orientierte Optimierung ergebnisrelevanter Geschäftsprozesse das Ziel sein, und zwar sollen die entscheidenden Geschäftsprozesse durchgehend kundenorientiert verbessert werden mit dem Ziel, Schnittstellen zu minimieren, Arbeitsteilung zurückzuführen und Prozessverantwortliche einzusetzen. Kundenzufriedenheitsmanagement wird damit zu einem wichtigen Mosaikstein des Prozessmanagement.

11 Implementierung von kundenorientierten Prozessen Die 90er Jahre entwickeln sich zu einem Jahrzehnt der Kundenorientierung und Prozessoptimierung. Zahlreiche Unternehmen werden schlank und rank in das neue Jahrtausend gehen. Allerdings dürften nicht wenige von ihnen auf diesem Weg schmerzhaft Federn lassen. Bei einigen anderen werden die Ergebnisse der Umstrukturierungsprozesse hinter den Möglichkeiten zurückbleiben. Und

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schließlich wird es Unternehmen geben, die den Aufbruch trotz Anwendung moderner Managementtechniken erst gar nicht schaffen – zu ihnen gehören jene, die zu schnell zu viel erreichen wollen. Nicht selten lassen sich in dieser Hinsicht in der Praxis gravierende Probleme bei der Bewältigung des Restrukturierungsdrucks ausmachen. Unternehmen, Management und Mitarbeiter zeigen sich überfordert, weil zu spät klar geworden ist, dass die Bewältigung von Umstrukturierungsaufgaben Kräfte bindet, strukturelle Verkrustungen die Möglichkeit zur schnellen Umsetzung von Änderungen verhindern und bereichsübergreifendes Denken in Geschäftsprozessen eine echte Auseinandersetzung mit den bestehenden Strukturen und ein grundsätzliches Verständnis von Prozessmanagement erfordern. Das verlangt Klarheit und das Aufzeigen einer sinnvollen systematischen Vorgehensweise bei der Implementierung kundenorientierter Prozesse.

12 Starre Strukturen behindern die organisatorische Leistungsfähigkeit Aus traditioneller Sicht ist ein Unternehmen ein Konglomerat von vielfältigen Aufgaben und Funktionen. Diese sind je nach Ähnlichkeit und Grad der Wiederholung zu Organisationseinheiten zusammengefasst. Das Zusammenfügen von Aufgaben und Funktionen richtet sich nach der optimalen Realisierung der geplanten Ziele und Maßnahmen. In der Regel orientiert sich diese Ausrichtung an funktionalen Merkmalen. Dies führt dann in der Praxis zur Zerlegung der betrieblichen Hauptaufgabe nach bestimmten Funktions- bzw. Sachbereichen, z.B. Beschaffung, Lagerung, Produktion, Absatz, Finanzen und Verwaltung. Je nach Wirtschaftszweig sind unterschiedliche Strukturierungen nachweisbar. Den zusammengefassten Aufgabenkomplexen werden bestimmte Personen bzw. Personengruppen ihren Fähigkeiten entsprechend zugeordnet. Die Aufgabenkomplexe, sachlogisch miteinander verknüpft, stellen die Gesamtheit der Organisation einer Unternehmung dar. Während die Sachbereiche über längere Zeit als feste Bestandteile der Unternehmensorganisation weitgehend unverändert bleiben, sind die mit der Aufgabenerfüllung betrauten Personen dagegen prinzipiell austauschbar. Das Prinzip der personenunabhängigen Organisationsstruktur findet seinen Ausdruck in den gebräuchlichen Organisationscharts und dem ihm zugrunde liegenden "Kästchendenken". Aus der systematischen Funktionsverkettung resultiert ein straffer Aufbau der Organisation mit klaren Festlegungen von Anordnungen, Verantwortungen und Kompetenzen. Dabei bleibt weitgehend unberücksichtigt, dass Geschäftstätigkeiten aus einer großen Zahl von Prozessen bestehen, die gleichzeitig nebeneinander

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oder nacheinander ablaufen und zugleich verschiedene Funktionen beanspruchen. Die Geschäftstätigkeiten nehmen keine Rücksicht auf Funktionsgrenzen. Sie verlaufen vielmehr quer durch die Kästchenlandschaft einer Organisation. Der freie Lauf der Geschäftsprozesse trifft i.d.R. auf den Widerstand der Abteilungsund Bereichsgrenzen bzw. wird entsprechend den Regelungen von Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen durch das Gewirr von Abteilungen und Hierarchien geleitet. Dadurch kommt es zu Verzögerungen mit entsprechenden Auswirkungen auf Qualität, Zeit, Kosten und Kundenzufriedenheit, insbesondere dann, wenn die Schnittstellen zwischen den Funktionsbereichen nicht klar definiert sind. Markt- und kundennutzenadäquate Ergebnisse werden so meist nur zufällig erreicht.

13 Der Markt verlangt flexible Organisationsstrukturen Die funktionale Organisation mit ihrer Schwerfälligkeit, ihren Bereichsegoismen, ihrem Handeln nach Anordnung und der Belastung der Führungs- und Leitungsinstanzen kann der zunehmenden Komplexität der Unternehmens- und Marktverhältnisse und der Forderung nach Wettbewerbsfähigkeit nicht gerecht werden und zwar insbesondere aus folgenden Gründen (vgl. hierzu Hall, Rosenthal & Wade 1994, S. 82-93): • Die traditionelle Organisation lässt nicht erkennen, auf welche Weise und wo die eigentliche Wertschöpfung stattfindet. • Die organisatorischen Einheiten neigen zur Verselbständigung, verfolgen isolierte und damit nur suboptimale Strategien. Erfahrungsgemäß entwickeln sie mit der Zeit ein Eigenleben und empfinden ihre Bereichsinteressen wichtiger, als die Ausrichtung auf den Markt und den Kunden. • Der in vielen Unternehmen nachweisbare Bereichsegoismus stellt den Vorteil der organisatorischen Einheit zu sehr in den Vordergrund. Deshalb sind vielfach die Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen damit beschäftigt, ihren Bereich zu sichern und auszubauen. Statt im Sinne des Gesamtunternehmens zu handeln, arbeiten sie bereichsübergreifend gegeneinander, z.B. durch Zurückhalten von Informationen. • Nicht immer lassen sich Verantwortlichkeiten den organisatorischen Einheiten klar zuordnen. Ist dies der Fall, entsteht ein Verantwortungsvakuum. Niemand zeigt sich dann zuständig, Entscheidungen werden zu Lasten des Kunden hin und her geschoben. Rückkopplungen und Schleifen

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führen zur Doppelarbeit ohne zusätzliche Wertschöpfung und damit zu Blindleistungen. • Die funktionale Organisation lässt wenig Raum für eigenverantwortliches und kreatives Handeln. Ihre starre Struktur steht den Forderungen nach eigenverantwortlicher Selbststeuerung der Mitarbeiter entgegen. Statt das Mitarbeiterhandeln auf die Kundenanforderungen zu fokussieren, fördert ihre hierarchische Strenge geradezu ein Verhalten, das sich nach den Wünschen und Erwartungen der Vorgesetzten richtet. Sie entscheiden über Karriere, Lob und Tadel und somit über den Aufstieg in der Linie. Dieses opportunistische Verhalten, dass von den nicht selten in gleicher Tradition und Denkhaltung groß gewordenen Vorgesetzten häufig gezielt gefördert wird, lässt die Mitarbeiterpotentiale ungenutzt.

14 Kundenorientierung als Basis der Prozessorganisation Wie Erfahrungen aus der Praxis zeigen, arbeiten funktional organisierte Unternehmen mit ihren auf die eigenen Belange ausgerichteten Abteilungen ineffizient. Die konsequente Kundenorientierung als funktionsübergreifendes Ziel kann Abhilfe schaffen. Dazu ist es jedoch zunächst notwendig, die Betrachtung des traditionellen Lieferanten/Kundenverhältnisses, das immer den externen Kunden im Visier hatte, um den internen Kunden zu erweitern. Diese notwendige Erweiterung erfolgt zwangsläufig durch die Prozessbetrachtung. Prozesse sind nichts anderes als die zielorientierte Aneinanderreihung von Einzelaktivitäten. Sie lassen sich durchgehend als Lieferanten-Kunden-Ketten darstellen (vgl. Kirstein 1991, S. 694-698). Die in die Prozesse involvierten Einheiten können sowohl Lieferanten nachgelagerter Einheiten als auch Kunden vorgelagerter Abteilungen sein. Jede organisatorische Einheit hat im Rahmen dieser Prozesskette dann seine Existenzberechtigung, wenn sie einen Beitrag zur Gesamtwertschöpfung liefert und der eigene Wertschöpfungsbeitrag nachweisbar ist. Dies setzt Transparenz der funktionsübergreifenden Prozesskette bei den Mitarbeitern ebenso voraus, wie die Fähigkeit der Prozessbeteiligten, ganzheitliche Gestaltungsmöglichkeiten zu verstehen. Darüber hinaus muss die Möglichkeit der Selbststeuerung gegeben sein.

15 Ganzheitliche Rahmenbedingungen In der Praxis liegen die Dinge jedoch meist anders. Dort ist jeder sein eigener Experte, der gerade mal die jeweils direkt vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsstufe kennt, nicht aber mit den Belangen der darüber hinaus beteiligten

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Einheiten vertraut ist. Insofern verfügen die Mitarbeiter meist nicht über das notwendige Verständnis des Gesamtprozesses geschweige denn für die Belange der anderen im Gesamtprozess involvierten Bereiche. Das oftmals abteilungsbezogene, scheuklappenhafte Handeln verstellt den Blick für funktionsübergreifende kundengerechte Notwendigkeiten. Von daher und aufgrund einer Vielzahl von Schnittstellen werden die Geschäftsprozesse nicht ganzheitlich gesehen und verstanden. Aufgrund dieser Situation fühlt sich dann meist auch niemand für den kompletten Prozess verantwortlich. Betriebliches Handeln bleibt damit suboptimal. Innovation, Mitarbeitereinbindung und bereichsübergreifendes Denken bleiben dabei auf der Strecke. Diese Situation zeigt sich in erster Linie bei solchen Unternehmen, die am unteren Ende der Wettbewerbsfähigkeitsskala stehen. Gerade für diese Unternehmen ist es an der Zeit, ihre Geschäftsprozesse effektiver zu gestalten, Schnittstellen zu minimieren, die verbleibenden Schnittstellen klar zu definieren und optimal auf die Markterfordernisse und Kundenanforderungen auszurichten. Dabei gilt es zu bedenken, dass der Erfolg der Gesamtorganisation nur so gut sein kann, wie es der Optimierungsgrad der Einzelprozesse im Unternehmen zulässt. Die Ansatzpunkte hierfür liegen in der Gestaltung der Organisationsstruktur. Über die Gestaltung der Strukturorganisation ist sicherzustellen, dass Geschäftsprozesse effektiv und reibungslos ablaufen. Hierfür sind die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, z.B. durch Zusammenlegung von Stellen, Instanzen, Abteilungen und Bereiche. Auf der Arbeitsplatzebene geht es um die Bereitstellung der für die Prozessbeeinflussung durch den Mitarbeiter erforderlichen organisatorischen, sachlichen, persönlichen und qualifizierenden Rahmenbedingungen. Die Grundlage hierfür bietet das umsichtige, von den Kundenanforderungen her und auf die Kundenanforderungen gerichtete Implementieren des Prozessmanagement in die Unternehmensorganisation.

16 Effizienzsteigerung durch Prozessmanagement Das Prozessmanagement zielt auf Effizienzsteigerung im Unternehmen durch konsequente Ausrichtung der Gesamtorganisation auf die Bedürfnisse des Marktes und der Kunden. Im Wesentlichen geht es dabei um die Neugestaltung von Geschäftsprozessen mit den bereits weiter oben genannten Zielrichtungen: • Erhöhung der Reaktionsfähigkeit und Flexibilität sowie Verkürzung der Durchlaufzeit zur Beschleunigung der anforderungsgerechten time-tomarket Prozesse

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• Kostenreduzierung • Qualitätssteigerung Es ist offensichtlich, dass sich die Kosten von Geschäftsprozessen durch Prozessmanagement erheblich senken lassen, z.B. durch Verringerung von Doppelarbeit und Ausschuss. Ebenfalls resultieren aus effizienten Prozessen und Abläufen positive Qualitätseffekte aufgrund der Steuerung durch Messgrößen. Und schließlich führt die effiziente Gestaltung der betrieblichen Abläufe zu einer Verkürzung der time-to-market Spanne. Mit den vorgenannten Zielen stehen zugleich weitere Effekte im Focus der Prozessorientierung. Sie richten sich vor allem auf das Engagement der Mitarbeiter, die an den Prozessen beteiligt sind. Zusätzliche Motivation ist durch die Verlagerung der Verantwortung an den Ort der Wertschöpfung zu erzielen, insbesondere dann, wenn der Raum an eigenverantwortlicher Selbststeuerung den Fähigkeiten und Potentialen der Mitarbeiter entspricht. Die Effekte resultieren zwangsläufig aus den zur Zielerreichung notwendigen prozessstrukturierenden Maßnahmen: • Erhöhung der Transparenz von Unternehmensprozessen • Vermittlung eines ganzheitlichen Verständnisses für diese Prozesse • Verbesserung der Kommunikation und Lieferanten-Kundenbeziehung • Verstärkung der intrinsischen Motivation Prozessmanagement und Prozessorientierung sind in einer funktional geprägten Unternehmenswelt noch Neuland und erfordern von allen an betrieblichen Prozessen Beteiligten ein Umdenken. In-Prozessen-Denken verlangt von allen Beteiligten entsprechende Fähigkeiten und die Bereitschaft zur Kooperation. All das lässt sich erlernen und am besten durch Anwendung schulen. Deshalb sei darauf hingewiesen, in kleinen Schritten zu beginnen, um schnellstmöglich Erfolge vorweisen zu können, an denen die Mitarbeiter lernen können. Voraussetzung ist allerdings der Wille des Managements, selbst die prozessuale Sicht zu übernehmen. Oftmals sind jedoch gerade beim Mittelmanagement Widerstände erkennbar, weil dort häufig eine unmittelbare Bedrohung der angestammten Positionen gesehen wird.

17 Implementierung von Prozessmanagement als Projekt Die Einführung des Prozessmanagements (Abb. 10) erfordert zunächst eine klare Definition der Ziele, die durch die Prozessorientierung erreicht werden sollen. Grundlage hierfür liefern die aus der Kundenzufriedenheitsmessung und -analyse gewonnenen Kundenanforderungen. Auf Basis dieser Ziele können dann die

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Vorgehensweise und der zeitliche Rahmen fixiert und die Voraussetzungen für eine adäquate Projektorganisation geschaffen werden. Als Projektdauer sind fünf bis sechs Monate zu veranschlagen. Der projektbegleitende Einbezug eines externen Beraters erscheint sinnvoll. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass sich die Aktivitäten des Beraters auf die Moderation und das Beisteuern des methodischen Instrumentariums beschränken. Ein weitergehendes Engagement kann erfahrungsgemäß dazu führen, dass das Projekt von den Mitarbeitern nicht als ihr eigenes Anliegen gesehen wird. Der Erfolg der Prozessorganisation ist jedoch entscheidend von der Identifikation der Mitarbeiter abhängig.

Zieldefinition Was soll konkret mit der Prozessorientierung erreicht werden? Steering Commitee Identifikation der wesentlichen Wettbewerbsfaktoren

Identifikation und Beschreibung der für diese Wettbewerbsfaktoren erfolgsentscheidenden Geschäftsprozesse (P1-Pn) P1

P2

P3

...

Pn

Bestimmung der jeweiligen Prozessverantwortlichen (= Projektverantwortliche)

Bestimmung der am Prozess beteiligten Mitarbeiter aus den Funktionsbereichen

Bestimmung der Prozessteams für jeden Geschäftsprozess Prozessteams Analyse der Ist-Prozesse

SchwachstellenAnalyse

Konzeption der Sollprozesse und Messgrößen

Arbeitskreis zur Abstimmung und Erarbeitung des Gesamt-Soll-Konzeptes für die Prozessorganisation

Prozessimplementierung Prozesscontrolling

Abbildung 10: Struktur der Implementierung von Prozessmanagement Vor Beginn des eigentlichen Projektes ist der Geschäftsführung und allen leitenden Führungspersonen das Prinzip des Prozessmanagements nahe zu bringen. Das geschieht am besten in ein- bis zweitägigen Workshops. Dort sind die Manager nicht nur mit den prozessspezifischen Termini und den Methoden vertraut zu machen, sondern auch mit den Auswirkungen und Konsequenzen des Prozess-

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

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managements. Von wesentlicher Bedeutung ist die gemeinsame Formulierung eines Zielkatalogs. Die Ziele sind operational zu formulieren und auf alle Fälle zu quantifizieren, und zwar so, dass sich alle Beteiligten mit den Vorgaben identifizieren. Ein von allen getragenes Commitment ist in jedem Fall erforderlich. In der Vergangenheit wurde im Zusammenhang mit der Total Quality Offensive von einigen Unternehmen offensichtlich zu schnell, zu unvorbereitet und zu total gehandelt. Studien weisen darauf hin, dass dieses Zuviel gegenteilige Wirkungen zeigen kann und die angestrebten Erfolge sich nicht einstellen (vgl. Bartmann & Gründler 1994, S. 60). Von daher und mit Blick auf die Lernmotivation erscheint es ratsam, erste Aktivitäten der funktionsübergreifenden Prozessimplementierung zunächst auf einige wenige bedeutende Geschäftsprozesse zu beschränken, um dann auf Basis der Erfahrungen die Prozessorganisation sukzessive unternehmensumfassend auszudehnen. Dazu ist es notwendig, in einer Analyse die für den Erfolg des Unternehmens entscheidenden Wettbewerbsfaktoren zu lokalisieren, z.B. Vertragsabwicklung, neue Produkte, Services. Die für diese Wettbewerbsfaktoren erfolgsentscheidenden Geschäftsprozesse sind sodann zu identifizieren und näher zu beschreiben. Sie werden zum Gegenstand der weiteren Prozessphasen. Für jeden ausgewählten Prozess ist ein Prozessverantwortlicher zu bestimmen, der dann gemeinsam mit dem Management die Projektmitglieder benennt. Er ist zugleich auch Projektverantwortlicher. Seine Aufgabe ist die Koordination der Projektarbeit. Er ist für alle Arbeiten während des Projektes verantwortlich. Die Projektverantwortlichen sind so auszuwählen, dass sie nach Beendigung des Projektes neben ihren bisherigen Linienfunktionen die Verantwortung für die bereichsübergreifenden Prozesse beibehalten. Damit wird deutlich, dass durch den zusätzlichen Einbezug der Prozessorganisation eine Duale Organisation in Form einer Matrix entsteht. In die vertikale Organisationsstruktur schiebt sich horizontal die durch die jeweiligen Prozessverantwortlichen repräsentierte Prozessorganisation (Abb. 11). Diese Querorganisation fasst funktionsübergreifend ein für einen bestimmten Prozess verantwortliches Mitarbeiterteam zusammen. Die Teammitglieder tragen neben ihren sonstigen Funktionen im Unternehmen Verantwortung für den ihnen zugeordneten Prozess. Die Verantwortung des Prozessteams erstreckt sich sowohl auf alle Belange des operativen Tagesgeschäfts als auch auf den reibungslosen Prozessablauf sowie auf dessen Weiterentwicklung und Verbesserung.

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Bereichsebene

Credit Risk Management

Vertrieb

Vertragsverwaltung

Marketing

Recht

Prozesse Leasingantragsbearbeitung

TEAM

Vertragsänderungen

TEAM

Kunde

Mahnverfahren Produktentwicklung und -einführung

TEAM TEAM

= Prozessverantwortlicher

Abbildung 11: Exemplarischer Ausschnitt einer prozessorientierten dualen Organisation

18 Die duale Organisation verlangt besondere Fähigkeiten Mit diesem Konzept der Doppelverantwortung erschließen sich Möglichkeiten, die Nachteile der funktionalen Gliederung und die oft damit verbundenen Ressortegoismen abzubauen. Erfahrungsgemäß resultieren aus dem notwendigen ständigen Dialog zwischen Funktions- und Prozessbereich neue Impulse für innovative Prozesse. Die stärkere Integration der an diesem Dialog beteiligten Mitarbeiter in das Gesamtgeschehen führt bei ihnen zu einem Verständnis für die Ganzheitlichkeit von Geschäftsprozessen mit entsprechenden motivierenden Effekten. Allerdings ist aus der praktischen Anwendung der Matrixorganisation bekannt, wie sehr sie Anforderungen an Informations- und Kommunikationsprozesse stellt. Jede Organisation ist nur so effektiv wie die Menschen, die diese Organisation tragen. Auf die sorgfältige Auswahl der richtigen Personen für das Prozessteam und erst recht der Prozessverantwortlichen ist daher großen Wert zu legen. Gerade an die Prozessverantwortlichen werden besondere Anforderungen gestellt nicht zuletzt dadurch, als sie maßgeblich zum Erfolg der Prozessorganisation beitragen. Sie müssen über ausgezeichnete fachliche und persönliche Qualifikationen und entsprechende Autorität verfügen. Ihre hierarchische Einstufung sollte ihnen einerseits den Zugriff auf die prozessnotwendigen Ressourcen verschaffen. Andererseits darf die hierarchische Stellung nicht zu Unterdrückung von Kreativität und Selbständigkeit bei den Prozessteammitgliedern führen.

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19 Aufgaben des Projektteams Es ist ratsam, für jeden Geschäftsprozess jeweils ein Projektteam zu bilden, das sich aus Mitgliedern der betroffenen Funktionsbereiche zusammensetzt. Dabei hat sich gezeigt, dass es von Vorteil sein kann, wenn die Teammitarbeiter im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit bereits Prozessaktivitäten als Einzelaktivitäten abwickeln. Diese Vertrautheit erleichtert ihnen das Verständnis für die Integration in Teilprozesse bzw. in den Gesamtprozess und führt zur stärkeren Identifikation mit dem Projekt. In einem ein- bis zweitägigen Training sind die Teams in die Methoden des Prozessmanagements einzuweisen. Oftmals lassen sich während des Projektverlaufes Tendenzen zu gruppenindividuellen Verselbständigungen feststellen. Sie können leicht zu Insellösungen und Doppelarbeiten führen. Um dies zu vermeiden und gemeinsame Lösungen zu finden, sind regelmäßige projektteamübergreifende Arbeitskreissitzungen zu installieren. Dort werden der jeweilige Projektstand präsentiert, die Prozesse analysiert und im Hinblick auf Kundenorientierung und Wertschöpfung optimiert. Für die erste Sitzung empfiehlt sich folgende grobe Vorgehensweise: Festlegung der Projektordnung mit Zielen, Budget, verfügbaren Ressourcen, zeitlichem Rahmen, Meilensteinen, Sitzungsterminen, Messgrößen usw. Die Moderation sollte von einem neutralen Berater übernommen werden. Im weiteren Prozessverlauf erarbeiten die Teams prozessindividuelle Teilkonzepte, die in den Arbeitskreissitzungen zu einem abgestimmten Gesamt-Soll-Konzept zusammengefügt werden. Diese Soll-Konzeption wird dann dem Management zur Entscheidung vorgelegt. Nach der Genehmigung sind dann die für die Umsetzung erforderlichen Schritte einzuleiten. Die Umsetzung ist von einem Steering Commitee kontrollierend und steuernd zu begleiten. Auch nach erfolgter Umsetzung sind regelmäßige Überprüfungen erforderlich und ggf. Anpassungen an Veränderungen vorzunehmen bzw. die Prozesse weiter zu optimieren. Von daher ist die Beibehaltung des projektübergreifenden Arbeitskreises sinnvoll. Dort können die notwendigen Entwicklungsmaßnahmen und Modifikationen ganzheitlich abgestimmt in die Wege geleitet werden. Auf Basis der Projekterfahrungen und der Ergebnisse der Umsetzung sind dann kontinuierlich weitere Prozesse in gleicher Weise zu untersuchen, kundenorientiert zu gestalten und in die Organisation zu integrieren. Benchmarking erweist sich hierbei als ein nützliches Instrument (vgl. König 1994, S. 24-26).

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20 Prozessanalyse Aufgabe der Projektteams ist es, zunächst die Ist-Prozesse zu analysieren und darzustellen. Struktogramme und Ablaufdiagramme leisten hierzu wertvolle Hilfe. Mit ihnen lassen sich die Abläufe graphisch veranschaulichen. Sie decken auf den ersten Blick Unregelmäßigkeiten auf. Weitere Informationen ergänzen die Graphiken, z.B. Verantwortlichkeiten, verwendete Hilfsmittel, sachliche Ausstattung. Jeder Ablauf ist aus unterschiedlichen Sichtweisen kritisch zu hinterfragen und offen zu legen. Die funktionsübergreifende Besetzung des Teams kommt dieser Forderung sehr entgegen, zumal sie auch das Übergehen von Schwachstellen verhindert. In einem nächsten Schritt ist den Unzulänglichkeiten auf den Grund zu gehen. Dies geschieht per Analyse der Schwachstellen und durch das Aufdecken ihrer Ursachen. An dieser Stelle ist von Seiten betroffener Teammitglieder häufig mit Schuldzuweisungen und Rechtfertigungen zu rechnen. Sie sind als Konfliktpotential permanent vorhanden. Es ist davor abzuraten, die Lösung auftretender Konflikte auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Sie können bis dahin – unterschwellig vorhanden oder offen ausgetragen – den Projektverlauf empfindlich stören. Eher erscheint es angebracht, über befreiende Aussprachen und durchaus kontrovers geführte Diskussionen den Fortgang des Projektes positiv zu beeinflussen. Erfahrungsgemäß sind sofortige Konfliktlösungsprozesse hilfreich für die Gruppenkohäsion, das Zueigenmachen des Projektes durch die Gruppe und den intensiven Fortschritt des Projektes. Erst dann, wenn alle Spannungen ausgeräumt sind, sollte mit der Konzeption des Soll-Ablaufs begonnen werden. Maßgeblich hierfür sind die bereits festgesetzten Messnormen und der Grundsatz, nicht wertschöpfende Aktivitäten zu vermeiden. Spätestens in dieser Phase ist der Punkt erreicht, an dem überkommene Strukturen von den Teammitgliedern in Frage gestellt werden. Dann bedarf es des Mutes aller Teammitglieder und der Unterstützung des Moderators, innovative Lösungen, die beispielsweise auch das Hierarchiegefüge und die Erbhöfe berühren, vorzuschlagen. Das Erarbeiten und Darstellen der Soll-Konzeption geschieht mittels der bereits genannten Hilfsmittel. Zusätzlich sind weitere Angaben wie Zeitbedarf und Ressourcenbeanspruchung aufzuführen. Nach Vorlage beim Management und Genehmigung durch dieses sollte das jeweilige Team ausgestattet mit den entsprechenden Kompetenzen die Maßnahmen zur Prozessintegration realisieren. Das geht nicht immer ohne Widerstände, insbesondere dann, wenn damit auch personelle Veränderungen verbunden sind. Frühzeitig in die Wege geleitete akzeptanzfördernde Maßnahmen können hierbei hilfreich sein.

Erfolgreiches Managen von Kundenzufriedenheit

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21 Wesentliche Gestaltungselemente des Prozessmanagements Zentrale Elemente des Prozessmanagements sind die Steuerung und Kontrolle der Prozesse mittels geeigneter Messgrößen. Letztere sind durch die Projektteams im Rahmen der Soll-Konzeption zu definieren und zu operationalisieren. Mit den Messgrößen muss es möglich sein, sowohl Einzelaktivitäten, z.B. das Ausfüllen eines Leasingvertrages, als auch mehrere Einzelaktivitäten, z.B. Überprüfung eines Leasingantrages, Bonitätsprüfung, Antragsannahme, zusammengefasst als Teilprozesse und die Effizienz des Gesamtprozesses zu überwachen und gezielt zu steuern. Auch dort, wo es schwierig ist, geeignete Messgrößen zu quantifizieren, darf auf adäquate Kennzahlen nicht verzichtet werden. In diesen Fällen sind indirekte Messzahlen und Indikatoren heranzuziehen. Maßgeblich für die Prozesseffizienz ist jedoch die Bewertung durch den Kunden. Die vom Kunden her definierten Messgrößen lassen sich über die weiter oben beschriebenen Kundenzufriedenheitsmessungen und Befragungen hinsichtlich der Kundenerwartungen und des Grades der Leistungserfüllung ermitteln (vgl. hierzu auch König 1995, S. 18-20; ausführlich bei Schütze 1992). Mit der Konzeption der Soll-Prozesse stellen sich neue Anforderungen an die Mitarbeiter. Diese Anforderungen sind exakt zu beschreiben. Aus der Beschreibung ist zu entnehmen, welche Aufgaben und Verantwortungen der am Prozess beteiligte Mitarbeiter übernehmen und welche Qualifikationen er haben muss, um diese Aufgaben und Verantwortungen zielgerecht erfüllen zu können. Selbstverständlich sind die notwendigen Kompetenzen ebenso zu definieren wie die Sachausstattung, die zur Erzielung optimaler Arbeitsergebnisse erforderlich ist. Von essentieller Bedeutung ist, dass alle am Prozess beteiligten Mitarbeiter über die Kundenreaktion und über die Ergebnisse von Kundenbefragungen unterrichtet werden. Diese in der Vergangenheit sehr vernachlässigte Vorgehensweise dürfte mit zur Entfremdung der Mitarbeiter von den Kunden und einer zunehmenden Abstraktheit der Lieferanten-Kundenbeziehung beigetragen haben. Mitarbeiter wollen über das Ergebnis ihrer Arbeit ein ungefiltertes und nicht durch Vorgesetzte geprägtes direktes Feedback haben. Dies lässt sich nur über das direkt zugängliche Urteil des Kunden erreichen. Es liegt auf der Hand, dass hierzu kontinuierliche Kundenzufriedenheitsmessungen, periodische Erhebungen von Kundenerwartungen und Beurteilungen der Leistungserfüllung sowie das Management von Kundenzufriedenheit einen wichtigen Beitrag leisten können. Noch sind viele Unternehmen lediglich bereit, solche Gestaltungsmöglichkeiten nur punktuell in ihre Geschäfts- und Führungsaktivitäten und eher zur Optimierung von Abläufen einfließen zu lassen. Wirkliches vom Kunden her definiertes

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Prozessmanagement lässt sich damit noch nicht realisieren. Doch kurz oder lang werden diese Unternehmen vor die gravierende Entscheidung gestellt, entweder flexible und wettbewerbsadäquate Strukturen aufzubauen oder mit traditionellen Denkweisen gegen das Unumgängliche anzukämpfen. In diesem Sinne fordern Hamel und Prahalad die Unternehmen dazu auf, anders als bisher über ihre Organisation und ihre Strukturen zu denken (1995, S. 424 ff). Damit ist noch nicht gesagt, dass derjenige die Nase vorn haben wird, der sich für Prozessmanagement entscheidet. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass Veränderungsprozesse nur dann erfolgreich sind, wenn sie vom Management vorgelebt und von den Mitarbeitern getragen werden. Deshalb muss das Führungsteam zeigen, dass nicht nur geredet wird, sondern sich wirklich etwas bewegt. Wer nur reden will, soll es bei der traditionellen Organisation belassen – und dafür die Konsequenzen tragen.

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Literaturverzeichnis

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Alexander Unger

Neue Ansätze in der Organisation

1

Lean Management

2

Total Quality Management (TQM): Idee und Kritik

3

Qualitätszirkel: Idee und Kritik

4

Die lernende Organisation

5

Management des Lernens

6

Business Reengineering

7

Business Reengineering versus Lernende Organisation Literaturverzeichnis

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Neue Ansätze in der Organisation Alexander Unger

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Lean Management

Die folgende Darstellung von Lean Management soll im ersten Teil klären, was unter Lean Management zu verstehen ist. Im zweiten Teil soll insbesondere unter Bezugnahme auf Bungard (1995) der Versuch einer Bewertung von Lean Management unternommen werden. Zunächst ist es wichtig zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche verwendete Begriff „lean production“ lautete, im Verlauf der Diskussion aber verstärkt der Begriff „lean management“ verwendet wurde. Beide Begriffe können weitgehend als Synonyme verwendet werden, wenngleich die Akzentuierung von „lean production“ enger – auf die Produktion – ausgelegt ist, „lean management“ hingegen breiter – die Entscheidungsprozesse einbeziehend – ausgelegt ist. Mitunter wird auch einfach von Lean-Ansätzen gesprochen. Nach Bogaschefskys Definition (vgl. zum Beispiel Eberhardt, 1995, S. 19) wird Lean Production als derjenige Teilbereich einer Unternehmung verstanden, in dem die Grundprinzipien der Lean-Ansätze auf die Produktion angewendet werden. Die Verknüpfung mit anderen relevanten Teilbereichen, wie insbesondere Forschung und Entwicklung, Beschaffung sowie Marketing und Betrieb gehört zum Bereich des Lean Management. Die gängige Praxis beide Begriffe trotz der beschriebenen Akzentuierung synonym zu verwenden, hat sicherlich mit dem Problem von Abgrenzungsproblemen von Produktion und darüber hinaus gehenden Teilbereichen zu tun. Lean Management kann als konsequente Ausweitung oder Weiterentwicklung des anfangs auf den Bereich der Produktion beschränkten Lean Production verstanden werden. Lean bedeutet soviel wie fit oder schlank. Unter Lean Production ist demnach ein System der „schlanken Produktion“ in einer Unternehmung zu verstehen. Neben kurzen Entscheidungs- und Produktionswegen ist ein nach den Prinzipen des Lean Management geführtes Unternehmen durch weniger Arbeiter bzw. weniger Angestellte, durch kürzere Produktionszeiten, durch weniger Manager und keine bzw. möglichst minimale Lagerbestände gekennzeichnet. Nach Eberhardt (1995, S. 19) ist unter Lean Production zunächst ein neues Produktionssystem zu verstehen, das für die Steigerung von Produktivität, Flexibilität und Qualität steht.

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Der Leitgedanke dieses Ansatzes ist es jegliche Verschwendung zu vermieden und die betrieblichen Arbeitsabläufe ständig zu verbessern. Im Prinzip wird also nichts anderes gefordert, als aus der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre abgeleitet wird. Im Lexikon zur Soziologie findet sich folgende ausführliche Definition zu „Lean Production“: „Lean Production (amerik.), auch: schlanke oder straffe Produktion, bezeichnet ein Produktionskonzept, das Anfang der 1999er Jahren als Alternative zur Massenproduktion diskutiert wird. Die Grundelemente von l.p. sind: a) Null-FehlerZielsetzung durch Rückführung jedes auftretenden Fehlers auf seine letzte Ursachen, b) Beseitigung von unnötigen und unproduktiven Arbeitsschritten, c) Entwicklung von ‚Teams vielseitig ausgebildeter Arbeitskräfte‘, die ein Maximum an Aufgaben und Verantwortung übernehmen und ständig Verbesserungsvorschläge machen sollen, d) beteiligungsorientiertes Verhalten des Managements, das durch transparente Informationsstrukturen Entscheidungen nachvollziehen und beeinflussen lässt und entsprechenden Einsatz honoriert, e) eine Beschäftigungspolitik, die eine Wertschätzung des Arbeiters im „Geist gegenseitiger Verpflichtung“ deutlich werden lässt, etwa eine Weiterbeschäftigung auch in produktionsschwachen Zeiten garantiert. Im Vergleich zur Massenproduktion soll l.p. kreative und befriedigende, wenn auch anstrengendere, Arbeitsstrukturen schaffen, die Produktvielfalt vergrößern und eine höhere Produktivität ermöglichen. Das Produktionssystem wurde von der Autofirma Toyota seit den 1950er Jahren entwickelt und realisiert; der Begriff wurde von den Mitarbeitern des Massachusetts Institut of Technology (Womack et al. 1990) geprägt. Das Konzept ist umstritten. Während in Europa und USA die Vorteile, insbesondere bezogen auf den Konkurrenten Japan diskutiert und erprobt werden, stößt Lean Production in Japan zunehmend auf Akzeptanzprobleme“(Fornefeld, 1994) Pfeiffer und Weiß (1992, S.53) liefern folgende Antwort, auf die Frage, was Lean Management ist: “In unserem Verständnis repräsentiert Lean Management die permanente, konsequente und integrierte Anwendung eines Bündels von Prinzipien, Methoden und Maßnahmen zur effektiven und effizienten Planung, Gestaltung und Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette von (industriellen) Gütern und Dienstleistungen. Es erstreckt sich dabei sowohl auf die strategischlangfristigen als auch auf die taktisch-mittelfristigen und operativ-kurzfristigen Aspekte. Dabei setzt es an sämtlichen Gestaltungsfaktoren der Unternehmung an, ist also nicht wie etwa die CIM-Philosophie einseitig auf einen Faktor – dort die Technik – konzentriert. Wichtig ist, dass darüber hinaus das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk, also auch die Systeme der Zulieferer und Kunden in die Betrachtungen einbezogen werden, mit dem Ziel, prinzipiell Verschwendung zu vermei-

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den, um somit die Systemwirtschaftlichkeit kurz-, mittel- und langfristig für alle zu optimieren“. Pfeiffer, Weiß und Volz (1994) weisen weiter darauf hin, dass es beim Lean Management nicht um ein einfaches „Crash-Programm“ oder Sanierungsprogramm handelt. Beim Lean Management kann nach Pfeiffer, Weiß und Volz (1994) nicht von einer traditionellen Definition gesprochen werden. Vielmehr sei Lean Management demnach eine Philosophie. Folglich ist es sinnvoll im Folgenden die Grundzüge dieser Philosophie darzustellen. Der historische Hintergrund von Lean Management findet sich im Japan der 50er Jahre. Eiji Toyata und Taiichi Ohno entwickelten mit der sog. Lean Production ein Konzept, welches die Intention beinhaltete mit möglichst geringen Mitteln ein Produktionssystem zu optimieren, das Japan aus der damaligen wirtschaftlichen Krise führen sollte. Eberhardt (1995, S.17-18) weist daraufhin, dass die Orientierung der deutschen Unternehmen am japanischen Konzept der Lean Production in den 90er Jahren als Folge und Reaktion auf die abnehmende weltweite Konkurrenzfähigkeit dieser Unternehmen erfolgte. Somit schwächte sich die Bedeutung der traditionellen westlich und tayloristisch geprägten Management Methoden ab. Besonders hohe Bedeutung erlangten diese neuen Konzepte im Bereich der Automobilindustrie. Eberhardt (1995, S. 19-20) charakterisiert die zwei zentralen Hauptmerkmale von Lean Production in einem Unternehmen wie folgt: 1. Lean Production überträgt ein Maximum an Aufgaben und Verantwortlichkeiten an die Arbeiter, die tatsächliche Wertschöpfung am Produkt erbringen. Der Produktionsprozess wird somit nicht mehr nur von der Führungsebene geplant sowie gesteuert und nicht mehr nur von ungelerntem und angelerntem Personal in einfachen repetitiven Tätigkeiten ausgeführt. 2. Lean Production hat ein System der Fehlerentdeckung installiert. Jedes entdeckte Problem wird schnell auf seine Ursachen zurückgeführt. Diese zwei zentralen Hauptmerkmale stehen in enger Bezeigung zu den folgenden vier zugrunde liegenden unternehmerischen Praktiken: a) Gruppenarbeit; b) Abflachung von Hierarchien, c) Kaizen (vgl. auch die Ausführungen zum Kaizen), d) Munda und e) das Kundennähe. 1.1 Gruppenarbeit im Zusammenhang mit Lean Production Das Konzept von „Lean Production“ versucht den Menschen in den Mittelpunkt des unternehmerischen Geschehens zu stellen. Der humanistische Aspekt zeigt sich im Einsatz von Gruppen- und Teamarbeit. Steinkühler (1995, S.33-35) nennt als grundlegende Charakteristiken der humanistischen Seite der „Lean Producti-

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on“ eine ganze Reihe von Gestaltungsmerkmalen des Arbeitsprozesses. Diese sind im Einzelnen: 1. Job Rotation, 2. Job Enlargement, 3. Job Enrichment. Job Rotation beinhaltet, dass sich Arbeitskräfte bei der Erledigung von verschiedenen einfachen arbeitsteiligen Tätigkeiten gegenseitig abwechseln. Hierdurch ist es möglich einseitige körperliche Arbeitsbelastungen und Monotonie zu reduzieren. Job Enlargement impliziert die Zusammenfassung von stark arbeitsteiligen Tätigkeiten zu einer ganzheitlichen Aufgabe, was einer Erweiterung des Tätigkeitsspielraums bewirkt. Job Enrichment schließlich steht für eine qualitative Aufwertung der Arbeitstätigkeit. Diese wird einerseits durch eine Erweiterung des Entscheidungs- und Kontrollspielraums erreicht und andererseits durch Herstellung von relativer Autonomie der Arbeiter bei der Bestimmung des Arbeitsrhythmus. Neben diesen Gestaltungsmöglichkeiten wird insbesondere die Reorganisation von Arbeitstätigkeiten als Gruppenarbeit als effiziente Möglichkeit angesehen, die Arbeitszufriedenheit zu steigern. Die Koordinierung solcher Gruppen erfolgt nicht mehr durch Vorarbeiter, sondern durch Teamleiter, die – und das ist für das Funktionieren von Gruppenarbeit von entscheidender Bedeutung – ebenfalls in den Arbeitsablauf des Teams integriert sind. Die Zusammenarbeit in Gruppen ist von einem erweiterten Arbeitsinhalt und verstärkte Eigenverantwortung geprägt. Aus diesem Grund steigen die Qualitätsanforderungen an die einzelnen beteiligten Mitarbeiter in nicht unerheblichem Maße. Braczyk (2000, S. 97) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass durch die Gewährung von mehr individueller Autonomie der Wettbewerb zur Sache jedes einzelnen Mitarbeiters wird. Durch diesen Ansatz werden die Mitarbeiter zum integralen Bestandteil des Produktions- und Denkprozesses. Von zentraler Bedeutung ist nun, dass die dargestellten Effekte der Motivation der Mitarbeiter durch Autonomie und Eigenverantwortung nicht nur soziale, sondern auch direkt ökonomisch Folgen hat: Hochmotivierte, zufriedene Mitarbeiter leisten weit mehr, was zu einem guten Ergebnis in qualitativer und quantitativer Hinsicht beitragen kann. 1.2 Abflachung von Hierarchien Lean Production hat die Abflachung von Hierarchien zum Ziel. Weil die Arbeitenden für ihre Arbeit in stärkerem Maße verantwortlich sind, nimmt die Notwendigkeit einer hohen Qualitätskontrolle durch die Führungsebene ab. Auf-

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grund dessen können aufgeblähte Verwaltungsstrukturen in nicht unerheblichem Umfang zurückgefahren werden und hierarchische Strukturen ausgedünnt werden. Die Anzahl der Führungsebenen ist bei Lean Production reduziert und die Anzahl derjenigen, die nicht direkt an der Produktion beteiligt sind, wird minimiert (vgl. hierzu Eberhardt, 1995, S. 20). 1.3 Kaizen Kaizen ist im Wesentlichen nach Traeger (1994, S. 8-12) ein Prozess der permanenten, schrittweisen Verbesserung von Qualität durch alle beteiligten insbesondere aber derjenigen direkt am Produktionsprozess beteiligten Mitarbeiter. Traeger (1994, S.29) fasst die wesentlichen Prinzipien des Kaizen wie folgt zusammen: 1. Total Quality Control (TQC) – Qualität wird nicht nur in Fehlerfreiheit, Passgenauigkeit oder Zuverlässigkeit eines Produktes gesehen, sondern auch in der Art und Weise wie genau Kundenwünsche erfüllt werden. Die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter sowie das Firmenansehen wirken sich ebenfalls auf die Qualität eines Produktes aus. 2. Total Quality Management (TQM) – Das Management hat nicht wie im traditionellen Sinne die Aufgabe zu kontrollieren oder zu prüfen, sondern lediglich zu steuern. 3. Time-Quality-Money (TQM) – Danach werden Durchlaufzeit und Termintreue, die Qualität der Produkte sowie direkte und indirekte Herstellungskosten als wesentliche Merkmale von Produktqualität aufgefasst und beachtet. 4. Standardisierung – Der Kaizen Prozess kann nur verbessert werden, wenn er als Standard festgeschrieben ist. 5. Jidoka (Automatisierung) – hat zum Ziel, den Menschen durch intelligente Systeme und Steuerungen von Maschinen zu entlasten. Die Menschen sollen den Menschen dienen, nicht umgekehrt. 1.4 Munda Das Hauptziel von Lean Production ist es, Verschwendungen jeglicher Art erfolgreich zu beseitigen. Bei Traeger (1994, S.23) findet sich hierzu das Prinzip des sog. Munda. Munda stellt eine Strategie zur Vermeidung von Verschwendung an Materialien, Maschinen und Personaleinsatz dar. Von Verschwendung kann in diesem Zusammenhang immer dann gesprochen werden, wenn Kosten

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verursacht werden, die keinen sinnvollen Beitrag zur Produktion leisten. Beispiele für solche Fälle wären zum einen: nicht ausgelastete Lager- und Halden, redundantes Personal, überflüssige Ausrüstung. Zum anderen aber gehören zu den zu vermeidenden Verschwendungen auch Verhaltensweisen wie Negaholismus und Mobbing durch Vorgesetzte oder Kollegen. 1.5 Kundenorientierung Der Kundenzufriedenheit kommt im System des Lean Production als Ziel eine herausragende Bedeutung zu. Nach Traeger (1994, S.47-49) ist es wichtig zum Kunden eine direkte Verbindung aufzubauen und die Wünsche der Kunden zu berücksichtigen. Eine Orientierung am Kunden kann nach allgemeiner Auffassung als wesentlicher Schlüssel zur Sicherung und zur Gewinnung von Märkten betrachtet werden. Ein Unternehmen, welches sich nicht in flexibler Weise an den Kunden und deren Bedürfnissen orientiert, wird es auf Dauer nicht gelingen Märkte erfolgreich zu sichern oder auszubauen. Diese hohe Kundenorientierung erfordert es, ein „Just-in-Time“-Produktionssystem zu etablieren. „Just-in-Time“ bedeutet nicht zu spät, aber auch nicht zu früh zu produzieren. „Zu früh“ würde dann produziert werden, wenn noch gar kein Absatz für das entsprechende Produkt bestehen würde und somit die Gefahr bestünde, gegen das Munda-Prinzip zu verstoßen und Ressourcen zu verschwenden. Traeger (1994, S. 31) verweist für „Just-in-Time“ auf die Notwendigkeit der Abstimmung der einzelnen Produktionsschritte – sowohl des Montagebetriebs als auch des Zulieferbetriebs. Demnach hat Lean Production nach Traeger (1994, S.50) zum Ziel, den Informations- und Materialfluss vom Beschaffungsmarkt (Lieferanten) bis hin zum Absatzmarkt (Kunden) durchgehend und optimal zu gestalten. Perspektivenwechsel vom Sachvermögen zum menschlichen Faktor: Ein Unternehmen, welches das Lean-Management praktizieren will, weist den Arbeitskräften eine positive Einstellung zur Arbeit zu und sorgt für die entsprechenden Rahmenbedingungen. Die Unternehmen müssen in verstärktem Maße auf das kreative Potential der Mitarbeiter vertrauen, diese müssen sich zu einem größeren Anteil selbst steuern und Entscheidungen in größerem Umfang selber treffen. Das sind logische Konsequenzen aus dem Abbau mittlerer Führungsebenen wie sie im Lean-Management praktiziert werden. Das setzt aktive Mitarbeiter voraus und einen neuen Führungsstil, der ebenfalls häufig nicht umgesetzt wurde. Das sind die Ursachen dafür, dass das Lean-Management in der Praxis häufig als

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Alibi für reinen Personalabbau ohne entsprechende inhaltliche Konsequenzen auf die Steuerung von Arbeitsprozessen im Unternehmen missbraucht wurde.

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Total Quality Management (TQM): Idee und Kritik

2.1 Einordnung des Total Quality Managements Das Total Quality Management (Töpfer & Mehdorn 1994) ist eine Managementtheorie, welche zum Bereich der Qualitätswissenschaft gehört. In der Qualitätswissenschaft gibt es einige bedeutende Persönlichkeiten, deren Arbeit das Feld der Qualitätswissenschaft wesentlich geprägt und vorangetrieben hat. Hier sind fünf Wissenschaftler zu nennen, welche im Wesentlichen um die Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung forschten: Deming (1986), Juran (1990), Feigenbaum (1986), Ishikawa(1985) und Crosby (1986, 1987, 1989). In den 50er und 60er Jahren lieferten Deming (1986) und Juran (1990) die Grundlagen für das Total Quality Management. Deming (1986) legte den Schwerpunkt auf die konsequente Anwendung statistischer Methoden, während Juran (1990) von einem kundenorientierten Qualitätsbegriff ausgeht und die Rolle des Managements, die Strukturierung der Prozesse der kontinuierlichen Qualitätsförderung sowie der Problembearbeitung durch Projektgruppen in den Vordergrund stellte. Diese Ansätze wurden von Feigenbaum (1986) um eine Strukturierung von Qualitätsaktivitäten und Hinweisen zu der operativen Ausgestaltung von Qualitätssicherungssystemen ergänzt. Feigenbaum war langjähriger Mitarbeiter bei General Electric im Bereich der Fertigung und Qualitätssicherung, er gründete 1961 die General System Company, welche sich mit Entwurf und Implementierung von TQ-Systemen beschäftigt. Er erdachte das Konzept der Total Quality Control (TQC). Dieses Konzept erfordert die Einführung eines ganzheitlichen, gleichartigen und parallelen Handelns in allen Unternehmensbereichen. Feigenbaum (1986) definierte Qualität nicht als statisches Ziel, sondern als bewegliches, sich veränderndes Ziel, welches durch den Kunden bestimmt wird. Diese Konzepte unterliegen bisher einer weitgehend produktorientierten Betrachtungsweise und zeichnen sich durch eine Vielzahl von Methoden und Techniken aus. Ishikawa (1985) baute auf das TQC-Konzept von Feigenbaum auf, indem er das Company Wide Quality Control-Konzept entwickelte, welches eine verstärkte Einbeziehung der Mitarbeiter und der Gesellschaft auf allen Ebenen des Unternehmens vorsieht. Crosby (1986, 1987, 1989) setzte auf eine qualitätsbewusste Unternehmenskultur und auf eine auf „Null-Fehler“ ausgerichtete Denkweise.

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TQM wie man es heute kennt, beinhaltet also TQC und CWQC und darüber hinaus die Einbeziehung der übergeordneten Unternehmensphilosophie ausgerichtet auf das Qualitätsziel und es wird sogar das Umfeld des Unternehmens mit einbezogen. TQM geht auf die Gedanken von Deming (1986), Juran (1990), Crosby (1986, 1987, 1989), Feigenbaum(1986) Ishikawa (1985) zurück. Diese Ansätze wurden als erstes in den fernöstlichen Industrien angewandt und verschafften diesen bemerkenswerte Wettbewerbsvorteile im Kampf um die internationalen Märkte. In den 80er Jahren fand die Idee auch in den Vereinigten Staaten Anklang und wurde dort von vielen Unternehmen übernommen. In Europa wurde TQM erst in den frühen 90er Jahren mit Raymond Levy, Vorsitzender von Renault erstmals angewandt. 2.2 Grundgedanken des TQM TQM ist eine Weiterentwicklung der klassischen, auf Produkte und Produktion beschränkten Qualitätssicherung. Es ist die Idee, dass Qualitätskontrolle nicht darauf beschränkt wird, dass am Ende der Produktionskette ein „Qualitätskontrolleur“ steht und das Endresultat prüft, sondern Qualitätskontrolle sollte die gesamte Organisation durchdringen, angefangen bei der Anlieferung der Rohmaterialien bis zur Auslieferung an den Kunden. Es geht um die systematische und konsequente Anwendung einiger Methoden innerhalb einer klar auf Qualität und Kundenzufriedenheit ausgerichteten Unternehmenskultur. Hierbei ist die ständig vorgelebte Überzeugung und Führung durch das Management der entscheidende Faktor. TQM besteht aus zwei großen Bereichen: • Methoden und Verfahren und • Verhaltensweisen und Einstellungen TQM besteht im Wesentlichen aus folgenden Elementen: • erweiterter Qualitätsbegriff, • erweiterter Kundenbegriff (intern und extern), • präventiv-orientierte Qualitätspolitik, • Qualität als Aufgabe aller (Mitwirkung aller Mitarbeiter), • Unternehmensweite Qualitätsförderung, • Systematische Qualitätsförderung mit dem Ziel „Null-Fehler“, • Qualitätsförderung als strategische Aufgabe, • Qualität als wesentliches Unternehmensziel,

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• Unternehmen als offenes System, • Produktivität durch Qualität, • Integrativer Charakter der Qualitätspolitik. Wir wollen jetzt die drei Elemente darstellen, aus denen Total Quality Management besteht: Total: TQM ist eine allumfassende Strategie welche absolut nach • unternehmensweiter Einführung des Konzeptes, • Beteiligung aller Mitarbeiter, • Optimierung aller Unternehmensprozesse, • Aufbau eines partnerschaftlichen Verhältnisses zu Kunden und Lieferanten, • Orientierung an den Interessen der Öffentlichkeit verlangt. Quality: Qualität ist der zweite zentrale Begriff des TQM und wird in der DIN ISO 8402 wie folgt definiert: „Qualität ist die Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.“ Qualität ist keineswegs auf Produkte beschränkt, es geht sowohl um die Prozesse und die Faktoren im Unternehmen, welche maßgeblich zum Erfolg eines Unternehmens beitragen. Qualität macht heute die technische Funktionalität, der Qualitätsumfang (mehrere Nutzen von einem Produkt), die Integrationsqualität, die zeitliche Verfügbarkeit sowie Qualitätsoffenheit und Umweltaspekte aus. Der Kunde achtet nicht mehr nur auf den Fakt der „Warenbenutzung“ sondern für ihn sind auch alle mit dem Produkt zusammenhängenden positiven und negativen Erfahrungen, wie z.B. Gebrauchsanweisung, Verpackung, Lieferzeit, Schriftverkehr, Produktpräsentation, Kundenberatung, Prospekt, Anzeige, Service etc. für den Kauf entscheidend. Zum Zeitpunkt des Kaufes ist für den Kunden nicht abzuschätzen, ob das Produkt seinen Anforderungen entsprechen wird, daher fließen seine Erfahrungen mit dem Unternehmen in die Kaufentscheidung mit ein. Demzufolge sollte jedes Unternehmen bestrebt sein, alle Möglichkeiten zur Vertrauensbildung und zur Zufriedenstellung des Kunden auszunutzen.

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Qualität entsteht durch die optimale Befriedigung von Kundenwünschen. Gutes Qualitätsmanagement ist die kontinuierliche Verbesserung von Arbeitsabläufen und des Kundennutzens. Kotler: „Qualität ist die Summe vieler sorgsam bedachter Details; Qualität ist ein elementarer Wettbewerbsfaktor und kostet nicht unbedingt mehr und Qualität ist unabdingbar, jedoch allein nicht mehr ausreichend.“ (Kotler & Bliemel, 2001) Zusammenfassend kann man sagen, Qualität sollte in jedem Tätigkeitsbereich des Unternehmens sichtbar werden, nicht nur in den Produkten. Management: Management meint alle aktiven Führungs-, Planungs-, Steuerungs- und Überwachungsaktivität im Unternehmen. Die Führungstätigkeit muss Qualität als Unternehmensziel in den Vordergrund stellen und gleichzeitig selbst durch Qualität überzeugen, den Mitarbeitern also als Vorbild dienen. Es erfordert eine überzeugende, nachhaltige Führung durch das Top-Management.

Qualitätspolitik -

erweiterter Qualitätsbegriff Qualität als strategisches Unternehmungsziel Qualität als unternehmungsweite Aufgabe Prävention (Prozess-/Kundenorientierung Strategien und Rahmenbedingungen

organisatorische Ansätze

personelle Ansätze

technische Ansätze

Methoden und Instrumente Qualitätsplanung

Qualitätslenkung

Qualitätsprüfung

Qualitätsförderung

Abbildung 1: Gesamtüberblick über Total Quality Management (Struktur und Elemente eines TQM Ansatzes aus Schildknecht, S. 175)

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2.3 Bedeutung von Total Quality Management in der Praxis TQM-Prinzipien wurde aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung in internationale Normungssysteme als auch in die nationale deutsche Begriffsnormung DIN aufgenommen. Die Normenreihe DIN ISO 9000:2000 enthält vier Hauptnormen zur Qualitätswissenschaft • ISO 9000 QM-Systeme, Konzepte und Begriffe (Ersatz für DIN EN ISO 8402) • ISO 9001 QM-Systeme, Forderungen • ISO 9004 QM-Systeme, Leitfaden • ISO 19011 Leitfaden für Umwelt- und Qualitätssystemaudits 1988 ergriffen vierzehn westeuropäische Unternehmen die Initiative zur Gründung der European Foundation for Quality Management (EFQM) um die möglichen Vorteile eines umfassenden Qualitätsmanagements zu nutzen. Die EFQM hat die Aufgabe, die Akzeptanz der Qualität als Strategie zur Erzielung globaler Wettbewerbsvorteile zu fördern, indem sie die Vorbereitung von Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung fördert und unterstützt. Des Weiteren vergibt die EFQM Auszeichnungen wie die „Europäische Qualitätsmedaille“ für Unternehmen, welche hervorragendes Qualitätsmanagement als grundlegenden Prozess für kontinuierliche Verbesserung umgesetzt haben und dem „Europäischen Qualitätspreis“ welcher die erfolgreichsten Exponenten des umfassenden Qualitätsmanagements in Westeuropa auszeichnet. Die EFQM sieht TQM-Strategien durch folgende Merkmale gekennzeichnet: • die Güte aller Management-, Betriebs- und Verwaltungsprozesse, • eine Kultur der ständigen Verbesserung bezüglich aller Aspekte der Geschäftsaktivität, • das Verständnis, dass Qualitätsverbesserung zu Kostenvorteilen und einem besseren Gewinnpotential führt, • der Herstellung intensiverer Beziehungen zu Kunden und Zulieferern, • die Einbeziehung der gesamten Belegschaft, • marktorientierte Organisationspraktiken.

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2.4 Ziele des Total Quality Management Unternehmen sind einem sich immer rasanter verändernder Innovations-, Verdrängungs- und Preiswettbewerb ausgesetzt. Die Kundenerwartungen werden immer höher – das Primat des Kunden stärker. Die Anforderungen an die Unternehmen steigen also, es sind Höchstleistungen gefordert. Diese sind nur in einer lernenden Organisation möglich, die nicht an alt Bewährtem festhält, dies sollte stets überprüft werden. Die wesentlichen Ziele sind dementsprechend: • vorhandene Mitarbeiterressourcen im Unternehmen optimal zu nutzen und weiter zu verbessern (Personal nicht als Kostenfaktor betrachten – Umdenken zur ‚Ressource Mitarbeiter’) Bei der Drogerie-Kette DM werden Mitarbeiter/innen als „Kreativitätspotenziale“ verstanden. • dadurch Erreichen hoher Kundenzufriedenheit, da diese starken Einfluss auf die Entwicklung des Geschäftsergebnisses hat • TQM hilft den Aufwand für Fehlleistungen zu senken und gleichzeitig die Leistungen für die Kunden zu verbessern. Es soll den Unternehmen helfen, seine unternehmerischen Aufgaben besser, effizienter und überzeugender wahrzunehmen. Es wird auch die Entscheidungsprozesse im Unternehmen verbessernd unterstützen und sicherer machen. Konsequent betriebenes TQM führt zur Reduzierung von Kosten und zur Verbesserung der Marktposition durch zufriedene Kunden. Dieses Resultat ist aber nur möglich, wenn die Qualitätsverbesserung am Anfang steht! Diese Verknüpfung von kostenbewusstem, unternehmerischem Handeln mit Qualitätsverbesserung hat Deming in seiner Kette erstmalig dargestellt:

Qualitätsverbesserung Kostenreduzierung anteils

Produktivitätsverbesserung Preisreduzierung

Sicherung der Position

Sicherung der Arbeitsplätze.

Steigerung des MarktReturn on Investment

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2.5 Wesentliche Erfolgsfaktoren des Total Quality Management Erste Voraussetzung zum Erfolg des TQM-Konzeptes im Unternehmen ist die qualitätsförderliche Einstellung der Mitarbeiter damit das Konzept erfolgreich eingeführt und etabliert werden kann. Um diese Einstellung bei den Mitarbeitern zu erreichen, sollten • die Einbeziehung aller Mitarbeiter/innen erfolgen, • Mitarbeiter/innen motiviert werden, • Mitarbeiter/innen qualifiziert werden durch kontinuierliche Schulung und Weiterbildung (Fachkompetenz, Handlungskompetenz, Methodenkompetenz, soziale Kompetenz), • was durch das „Dürfen“ der Mitarbeiter sog. Empowerment ergänzt wird, d.h. Mitarbeiter sollen Schwachstellen identifizieren können und Verbesserungsmaßnahmen selbst umsetzen dürfen. Verantwortung und Selbstkontrolle sind hierzu zu erweitern. Ein weiterer entscheidender Faktor ist, dass die Führung Vorbildsfunktion hat und diese entscheidet über Akzeptanz und Glaubwürdigkeit aller TQM Aktivitäten im Unternehmen. Nur wenn alle Führungskräfte die Prinzipien, Werte und Ideen des TQM vorleben, sind die Mitarbeiter davon überzeugt, dass ihre eigenen Anstrengungen den Aufwand wert sind und einen entsprechenden Nutzen für das Unternehmen bringen. Der Einsatz von Qualitätsprogrammen und -initiativen wie z.B. das Null-FehlerProgramm ist unerlässlich, damit eine kontinuierliche Verbesserung aller Ansätze, Vorgehensweisen und Ergebnisse im Unternehmen realisiert werden kann. Dies erfordert neben einer systematischen und leicht verständlichen Vorgehensweise sowie der Anwendung geeigneter Methoden auch die Beeinflussung bzw. Schaffung der entsprechenden Rahmenbedingungen. Das Konzept muss langfristig angelegt werden damit es wirksam ist, es erfordert eine absolute Kundenorientierung des gesamten Unternehmens sowie den Aufbau partnerschaftlicher interner und externer Kunden- bzw. Lieferantenbeziehungen. TQM zeigt Erfolge, wenn es Teil der Unternehmenskultur ist und das tägliche Handeln aller Mitarbeiter beeinflusst. Hierzu ist eine Führung, welche Politik und Strategie, Mitarbeiterführung, Ressourcen und Prozesse lenkt, nötig, was schließlich zu herausragenden Geschäftsergebnissen führt.

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2.6 Ein Beispiel für Total Quality Management in der Praxis Ein Unternehmen, das TQM zu seinen Grundsätzen gemacht hat, ist die Lufthansa mit Businessplus, dem Premium-Angebot für Geschäftsreisende der Lufthansa Fluggesellschaft. Auf der Internetseite des Lufthansa City Centers heißt es „unsere Leistungen sind von einem ganzheitlichen Qualitätsanspruch geprägt. Dieser Anspruch drückt sich besonders in unserer Total Quality Management-Vision aus: ‚Die ständige Verbesserung der Servicequalität unter Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse wird durch Qualitätsmonitoring und Marktforschungen unterstützt.’ Alle Mitarbeiter der Lufthansa City Center nehmen regelmäßig an festgelegten Trainingsprogrammen teil, die ihre individuelle Fach- und Führungskompetenz weiter vertiefen. Gleichzeitig führen wir in regelmäßigen Abständen umfassende Umfragen bei unseren Kunden durch. Die Ergebnisse aller Elemente unseres Qualitätsmonitoring versetzen uns in die Lage, Leistungen permanent zu optimieren, Defizite zu erkennen und zu beseitigen sowie neue Ziele zu setzen.“ 2.7 Hindernisse bei der Einführung und Umsetzung eines Total Quality Management-Konzeptes TQM funktioniert nicht wenn es nur auf einzelne Abteilungen im Unternehmen beschränkt wird, ebenso unmöglich ist es, wenn der Gedanke des TQM nur dem Führungspersonal nahe gebracht wird. Es ist außerdem erforderlich das komplette Unternehmen mit einzubeziehen. Eine Beschränkung auf einzelne Geschäftsbereiche oder Abteilungen führt nicht zu dem gewünschten Erfolg. Der Grund hierfür sind das Unverständnis der nicht einbezogenen Bereiche, die unbewusste Behinderung der notwendigen Maßnahmen, die fehlerhafte Erbringung von Leistungen sowie dadurch bedingtes Fehlverhalten des Managements. Damit es funktioniert, ist folgende, konsequente Anwendung nötig: • Erstes Problem des TQM ist die Akzeptanz des Konzeptes unter den Mitarbeitern zu erreichen. Für die Führung stellt sich als erstes die Frage: Wie überzeuge ich meine Mitarbeiter? Was haben sie davon? • Es gibt nach Frehr (1993) Untersuchungen die das Scheitern von TQM Konzepten belegen und als wesentliche Gründe hierfür das fehlende persönliche Vorleben von TQM der Führungskräfte und die mangelnde Delegation an untere Ebenen nennen. Sowie neben dem Engagement der Leitung ist auch die Persönlichkeit des jeweiligen TQM Promotors entscheidend für Erfolg oder Misserfolg des Konzeptes.

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• Die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen ist auch nicht schnell und einfach realisierbar. Hierzu bedarf es eines finanziellen Spielraums – ist dieser nicht gegeben scheitert das Konzept schon an der Schaffung der Rahmenbedingungen. • Ebenso bereitet die Festlegung der erforderlichen Anforderungen in der Praxis große Schwierigkeiten, besonders wenn es sich um Anforderungen an Tätigkeiten und Dienstleistungen handelt. Wer aber die Anforderungen an seine Arbeit nicht genau kennt, kann die erwartete Leistung nicht fehlerfrei erbringen. • Die gesamte Unternehmenskultur muss ggf. komplett geändert werden, um sich auf Qualitätsmanagement zu positionieren. Zusammenfassend kann man feststellen, dass es erhebliche Defizite in der praktischen Umsetzung von TQM Konzepten gibt, wie unzureichendes Engagement des Managements, unrealistische Erwartungen, fehlende Prioritätensetzung, ungenügende Messmethoden und nicht gegebene Rahmenbedingungen welche ein TQM-Konzept zu Fall bringen können.

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Qualitätszirkel: Idee und Kritik

3.1 Definition Qualitätszirkel Es handelt sich um eine kleine Gruppe von Mitarbeitern, ca. 5 - 15 Personen, die sich freiwillig, neben der normalen Arbeitsausführung in regelmäßigen Abständen treffen, auf unbegrenzte Dauer (= langfristig), um Fragen/Probleme der täglichen Arbeit zu diskutieren und Verbesserungsvorschläge zu machen. Die Gruppe entscheidet eigenverantwortlich an welchem Thema gearbeitet wird unter der Leitung eines Moderators (vgl. Rischar & Titze, 2002 S.21ff). Ziel ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der in der Fachsprache Kaizen (Imai, 2001) (jap. Philosophie „Veränderung zum Besseren“) genannt wird, im Sinne eines Qualitätsmanagement. Kaizen ist eine Wortschöpfung aus Kai = Veränderung und Zen = zum Besseren. Kaizen wird als Weg der kleinen Schritte verstanden, die Innovation hingegen als der Weg der großen Schritte. Unter Innovation versteht man einschneidende Veränderungen z.B. technologische Neuheiten. Kaizen dagegen ist unspektakulär, eher als normaler Entwicklungsvorgang anzusehen, der langfristig sehr wertvoll ist. Diesem Prinzip liegt die Annahme zu Grunde, dass jedes System ab dem

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Zeitpunkt seiner Einrichtung dem Zerfall preisgegeben ist, wenn es nicht ständig erneuert bzw. verbessert wird. 3.2 Historischer Hintergrund Die historische Entwicklung von Kaizen hat nicht in Japan begonnen, sondern in den Vereinigten Staaten. Bereits 1898 ist ein Verbesserungsvorschlag der Fa. Kodak dokumentiert. Erst seit dem systematischen Vorgehen von Toyota Anfang der 50er Jahre kann man jedoch von Kaizen sprechen (Zollondz, 2002 S.231, Breisig, 1990, S. 428,) Nach dem 2. Weltkrieg wurden in Japan Gewerkschaften gegründet. Die Wirtschaft lief schleppend, so dass sich der Automobilhersteller Toyota veranlasst sah, 15% der Mitarbeiter zu entlassen. Die Gewerkschaft protestierte und es wurde dahingehend ein Kompromiss geschlossen, dass Toyota die 15% Mitarbeiter entlassen konnte, jedoch die anderen 85% lebenslang beschäftigen muss. Somit wurde es für Toyota sehr wichtig die Mitarbeiter immer weiter zu schulen, da sie ein Leben lang dem Betrieb erhalten bleiben würden. Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter wurden Standard. Daraus resultierte das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung Kaizen und dem Respekt gegenüber dem Menschen. Unter Qualitätsmanagement versteht man aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zum Leiten und Lenken einer Organisation bezüglich Qualität. Somit lässt sich auch erklären, dass Qualitätszirkel ein fester Bestandteil des Total Quality Management sind. Total Quality Management ist eine Managementstrategie, die die ständige Verbesserung als übergeordnetes Unternehmensziel versteht. Die Mitarbeiter wirken durch die Teilnahme und durch die Arbeit der Qualitätszirkel aktiv an einem ständigen Verbesserungsprozess mit. Der kontinuierliche Verbesserungsprozess soll Kundenbestände sichern und neue Kundenwünsche erfüllen, so dass Qualität für die Gewinneinnahmen ein entscheidender Faktor ist. Hat man eine Verbesserung erreicht, so wird der neu gewonnene Zustand wiederum als der Schlechteste definiert, der unbedingt wieder verbessert werden muss. 3.3 Die Qualitätszirkel-Idee geht von folgenden Grundgedanken aus: a. Probleme und Schwachstellen können am ehesten dort erkannt und beseitigt werden, wo sie auftreten. b. Mitarbeiter vor Ort verfügen über umfangreiche Kenntnisse, Erfahrungen und Kreativität

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c. Mitwirken und Erfahrungsaustausch sind wirkungsvoller, als nur belehrt zu werden. d. Eigene Einsichten werden eher befolgt. e. Viele Mitarbeiter wollen an der Lösung eigener Probleme mitwirken Durch einen Qualitätszirkel soll erreicht werden, dass sich jeder Einzelne als geschätztes Mitglied einer Gruppe sieht und aktiv an der Gestaltung seiner Arbeitsbedingungen beteiligt wird. Dadurch werden Qualitätszirkel oft als Teilmethode der Gruppenarbeit eingeführt. Sie besitzen jedoch im Gegensatz zu Gruppenarbeitsprojekten keine Entscheidungskompetenzen, sprich jeder Vorschlag muss vom Entscheidungsträger abgesegnet werden (Bungard, 1992, S.167) 3.4 Methode Voraussetzung ist ein ruhiger Besprechungsraum und eine offene und zwangfreie Atmosphäre. Die Gruppe wird idealerweise von einem Moderator/einer Moderatorin geleitet, der eigens für diesen Zweck geschult ist. Gruppenmoderator/in sollte eine Fachkraft, jedoch keine vorgesetzte Person sein, um zu gewährleisten, dass die Zielgruppe hierarchiefrei bleibt. Ein guter Moderator/eine gute Moderatorin kann: • sich sprachlich klar ausdrücken, • fragt viel, gibt Anregungen, • kann gut zuhören, • führt sozusagen auf das Thema hin, jedoch ohne die eigene Meinung aufzudrängen, • verliert den roten Faden nicht, verhindert Abschweifungen vom Thema, • aktiviert alle Teilnehmer, zügelt jedoch dominante Teilnehmer, • bremst persönliche Machenschaften/zwischenmenschliche Probleme der Teilnehmer/innen. Er/sie soll nicht: • dominant sein, • zu skeptisch sein im Hinblick auf Erfolge, • nicht zu starr an systematische Vorgehensweisen festhalten – tötet Kreativität.

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Daher hängen die Erfolgsaussichten wesentlich von der Persönlichkeit der Moderatorin/des Moderators ab (vgl. Rischar & Titze, 2002, S.70 ff.). Ein übergeordneter Koordinator/eine übergeordnete Koordinatorin, z.B. der/die Qualitätsmanagementbeauftragte(r) oder Abteilungsleiter/in, sorgt für den reibungslosen Ablauf der Gruppentreffen und für den Informationsfluss zu anderen Unternehmensbereichen. Somit ist es der Gruppe möglich, in regelmäßigen Sitzungen, ca. alle 2 Wochen 1-2 Stunden, Schwachstellen im Arbeitsbereich zu analysieren und Problemlösungen zu erarbeiten. Um einen Qualitätszirkel strukturiert und übersichtlich durchzuführen, sollte die Problemstellung möglichst gut visualisiert werden z.B. durch Pinnwand-Technik. Ein/e Protokollführer/in sorgt für die Niederschrift der gestellten Fragen und der über Brainstorming erarbeitenden Lösungen, um zu prüfen, welche Lösungsansätze verwendungsfähig sind. Brainstorming bedeutet, dass alle Teilnehmer/innen einer Gruppe spontan zu einem Thema Ideen beitragen. Die genannten Stichwörter werden notiert und später ausgewertet (ebenda, S. 78). Zu Kreativitätstechniken kommen wir in einem der Lehrbriefe zur Arbeits- und Organisationspsychologie zurück. Auf diese Weise entsteht zumeist ein ausgereiftes Gruppenergebnis, dass der Geschäftsleitung präsentiert werden kann. Falls eine Gruppe zu homogen geworden ist, sprich sich bald nichts mehr zu sagen hat oder gar droht von der Realität abzuheben, ist es ratsam den Qualitätszirkel neu zusammenzusetzen. 3.5 Vorteile • Ein funktionierender Qualitätszirkel fördert das Gruppenbewusstsein, Arbeitsklima, sowie Betriebsklima und die Identifikation mit dem Produkt und der eigenen Arbeit – Mitarbeit macht Spaß (Cuhls, 1993, S. 21). • Die Mitarbeiter lernen in Zusammenhängen zu denken, besseres Verstehen der eigenen Rolle im Unternehmen. Vorgesetzte erkennen, dass ihre Mitarbeiter Fachkompetenzen haben. • Informationsfluss und Meinungsaustausch können verbessert werden, was zu mehr Transparenz führen kann (Breisig, 1990, S. 430). • Es entsteht ein verbessertes Qualitätsbewusstsein und Kostendenken (ebenda, S. 429). • Man erreicht einen verbesserten Service, das soll die Kundenzufriedenheit steigern (ebenda, S. 430).

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• Auch besitzen Qualitätszirkel oft den Vorteil, vor keiner Thematik Halt zu machen – kann jedoch nachteilig sein, wenn das Tagesgeschäft vernachlässigt wird. Andererseits wird gerade das sog. Tagesgeschäft zu oft als Grund genannt, um notwendige, langfristig vorteilhafte Verbesserungen nicht zu realisieren. 3.6 Kritik • Ein Qualitätszirkel darf nicht zur Rechtfertigung von Rückständen, als Alibiversammlung oder als Meckerecke benutzt werden (vgl. Bungard, 1992, S. 178). • Die Umsetzung scheitert oft an Hierarchiestrukturen. Praktiker/innen sehen das oft als ein Theorie-Praxis-Problem und verkennen, dass eigene Organisationsprobleme dafür verantwortlich sind. „Ich lasse mir doch von meinem Mitarbeiter X nicht vorschreiben wie ich meine Arbeit erledigen soll“. Oft besteht Angst vor Machtverlust (Rischar & Titze, 2002, S. 158), durch Druck von unten nach oben. Die Folge ist Ignoranz, statt Anerkennung. Theorie-Praxis-Probleme sind hier, wie häufig auch anderweitig, eher in den Unzulänglichkeiten der Praxis begründet, die sicher einen wissenschaftlich interessanten Tatbestand bilden. • Die Qualitätszirkelarbeit kann dahingehend verwendet werden, um zu erkennen, wer für eventuelle neue Arbeitsstrukturen geeignet ist. Die Gruppenarbeit zeigt automatisch Stärken und Schwächen – Verdeckte Personenauswahl (vgl. Breisig, 1990, S. 444). • Mitarbeiter können durch die lockere Art der Gruppenatmosphäre dazu gebracht werden, ihre Kenntnisse und Ideen zu Rationalisierungszwecken preiszugeben, ohne dies direkt zu wollen oder gar merken müssen – Folge Arbeitsverlust (ebenda, S. 434). • Es besteht auch die Gefahr, Konkurrenzbeziehungen (ebenda, 444) der Arbeitnehmer zu verstärken, da es immer unterschiedliche Interessen der Mitglieder geben wird. • Qualitätszirkelarbeit darf nicht als Methode zur Umgehung des teuren herkömmlichen Vorschlagwesens ausgenutzt werden (ebenda, S. 464). Die Nachteile sind letztendlich nicht überzeugend, das Problem liegt wohl eher in häufig überschätzter Leistungsfähigkeit von Qualitätszirkeln

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Die Lernende Organisation

Wir alle befassen uns ein Leben lang mit dem Thema „Lernen“. Von frühester Kindheit an lernen wir, Probleme in ihre Einzelteile zu zerlegen und die Welt zu fragmentieren. Eine Definition des menschlichen Lernens versteht Lernen als bewusste, dauerhafte und stabile Veränderung von Verhaltensmustern. Wenn man diese Definition weit genug fasst, so lässt sie sich auf Systeme jeglicher Art anwenden und systemisch kann man nicht nur den Menschen, sondern zum Beispiel auch Organisationen beschreiben. Vielleicht überrascht der Gedanke, dass Organisationen lernen können, weil die meisten das Lernen bisher für eine einzigartige, dem Menschen ausschließlich vorbehaltene Fähigkeit hielten (Bachmann & Bachmann, 1997). Die Fähigkeit einer Organisation sich an neue und ständig verändernde Umstände anzupassen und zu lernen, scheint gerade in der heutigen Zeit, in der sich Kunden, Wettbewerber, Trends und ganze Märkte in einem permanenten Wandel befinden, wichtiger denn je. Die Frage ist, ob sich die Aussage über das Lernen überhaupt so einfach auf Organisationen übertragen lässt? Was bedeutet Organisationslernen? Was ist eine Lernende Organisation? Individuen lernen. Aber können Organisationen das auch? Wenn ja, wie läuft das Lernen in Organisationen ab? Wie verlaufen Lernprozesse und welche Vorteile hat die Lernende Organisation? Im Folgenden soll versucht werden, diese Fragen ansatzweise zu beantworten. 4.1 Was ist eine Lernende Organisation? Als Lernende Organisation kann ein Unternehmen bezeichnet werden, das in der Lage ist, den sich ständig verändernden Umweltanforderungen durch geeignete Anpassungen im Inneren der Organisation zu begegnen. In einer Lernenden Organisation sind die Menschen dazu fähig, sich ständig weiterzuentwickeln. Insbesondere sind Formen der Arbeitsorganisation nicht starr und endgültig, sondern so flexibel, dass die Prozesse ständig optimiert und angepasst werden können. Der Lernenden Organisation liegt das Prinzip des kritischen Rationalismus zugrunde, das von der Bereitschaft ausgeht, alle Erkenntnis permanent in Frage zu stellen und nichts als endgültig gegeben hinzunehmen. In der Organisation werden Entscheidungen getroffen, bei denen man davon ausgehen muss, dass sie mehr oder weniger fehlerbehaftet sind und die Organisation daraus lernt, diese Fehler offen zulegen, ihre Ursachen zu erkennen und zu beseitigen. Entscheidungen haben also immer nur einen vorläufigen Charakter. In diesem Sinne sind alle praktizierten Problemlösungen im Grunde genommen als Provisorien und damit

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als revidierbar zu betrachten, auch wenn sie in noch so starkem Maße sozial verankert sind (Albert, 1978, 26 f.) 4.2 Das Funktionieren der Lernenden Organisation An dieser Stelle beziehe ich mich auf das Modell von Peter Senge, das er und sein Team vom MIT Learning Centre entwickelt und an zahlreichen Firmen mit großem Erfolg getestet hat. Senge definiert die Lernende Organisation als den Ort, an dem Menschen erleben, dass sie ihre Realität und ihre Zukunft selbst schaffen. Um dieses zu erreichen, beschreibt er fünf Disziplinen, die er für erforderlich hält, um eine Lernende Organisation aufzubauen. Er nennt sie: a) Persönliche Meisterschaft – die Disziplin der Selbstführung und Persönlichkeitsentwicklung Sie ist der Ausdruck, den Senge für persönliche Entwicklung und Lernen verwendet. Menschen mit hoher persönlicher Meisterschaft vergrößern kontinuierlich ihre Fähigkeit, die Ergebnisse in ihrem Leben zu erzeugen, die sie sich wirklich wünschen. Von dieser Nachfrage nach kontinuierlichem Lernen stammt die Idee der Lernenden Organisation. Die Fähigkeit und die Möglichkeit einer Organisation zu lernen, kann nie größer sein als die Kapazität ihrer Mitglieder. Nur überraschend wenige Organisationen ermutigen ihre Mitarbeiter, in dieser Art zu wachsen und verschwenden damit Unmengen ungenutzter Ressourcen. Ein wichtiger Grundbaustein der persönlichen Meisterschaft ist die persönliche Vision. Sie ist die Antwort auf die Frage: Was will ich wirklich? Was ist wirklich wichtig für mich? Woran will ich mich beteiligen, damit es geschieht? In 90% der Fälle wird vergessen, wo die Arbeit mit Visionen zu beginnen hat. Organisationen haben keine Visionen, solange die Individuen keine Visionen haben(Senge, 1998). Neben der Vision muss man die momentane Realität erkennen und wahrnehmen können. Die Fähigkeit, die momentane Realität "objektiv" zu sehen, so wie sie gerade ist (nicht, wie man sie gerne hätte), ist ebenso wichtig, wie das Artikulieren einer Vision. Daraus ergibt sich die kreative Spannung; die Differenz zwischen dem, was man wirklich schaffen will, der Vision, und dem, was ist, der momentanen Realität. Die Disziplin der persönlichen Meisterschaft erfordert die Unterscheidung dieser beiden Spannungsarten. In der Praxis ist häufig zu erleben, dass gesagt wird, die Vision sei zu weit von der Realität entfernt, und dass man sie auf ein vernünftiges Maß herunterholen muss. Da man nicht gelernt hat,

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mit kreativer Spannung zu leben und umzugehen, ist dieser Lösungsweg (zumindest in Organisationen) der am meisten verbreitete. Eine Möglichkeit Visionen am Leben zu erhalten, ist sie zu kommunizieren. So entsteht eine gemeinsam geteilte Vision. Bei einer Vision ist nicht wichtig, was sie ist, sondern was sie bewirkt, was sie auslöst. b) Eine gemeinsame Vision entwickeln Das ist die einfachste Antwort auf die Frage: Was wollen wir kreieren? Eine gemeinsam geteilte Vision ist vital für eine Lernende Organisation, weil sie den Fokus und die Energie auf das Lernen ausrichtet. Aktives Lernen ist die Vergrößerung der Fähigkeit, etwas zu kreieren, im Gegensatz zum adaptiven Lernen, bei dem Wissen vergrößert wird. Zum aktiven Lernen braucht man eine persönliche Vision: Das will ich wirklich erreichen, schaffen, kreieren. Lernen bleibt solange abstrakt und ohne Energie, solange man nicht etwas erreichen will. Eine gemeinsam geteilte Vision fokussiert die Energie von tausenden von Mitarbeitern und verändert die Sicht der Mitarbeiter von "deren Unternehmen zu unserem Unternehmen". Gemeinsam geteilte Vision ist der erste Schritt, der Menschen, die einander misstrauen, dazu bringt zusammenzuarbeiten. Die persönliche Meisterschaft ist der Grundstein, um eine gemeinsam geteilte Vision aufzubauen. Eine gemeinsam geteilte Vision kann Spannungen erzeugen, die weit über das Komfortmaß der Einzelnen hinausgehen. Menschen, die diese Spannung aushalten, indem sie an der Vision festhalten, können unvorstellbare Dinge erreichen. Wenn man einer Vision verpflichtet ist, dann fühlt man sich verantwortlich, dass die Vision Wirklichkeit wird. Regeln des Systems, die auf dem Weg zu Verwirklichung der Vision behindern, müssen geändert werden. Eine Vision ist kein Gegenstand, den man besitzt oder hat, sondern ein andauernder Prozess. Nicht was die Vision ist, sondern was sie bewirkt, macht sie aus. Die Frage lautet immer wieder: Was wollen wir hier schaffen? Es geht darum, immer wieder über die Vision zu reden, sie zu kommunizieren und sie sich dadurch entwickeln und verändern zu lassen. Eine wesentliche Grundbedingung für eine gemeinsam geteilte Vision ist, dass die Menschen daran glauben, dass sie ihre Zukunft kreieren. Hier ist die ganz enge Beziehung zwischen systemischem Denken und dem Aufbau einer gemeinsam geteilten Vision. Die Vorannahme des systemischen Denkens heißt: ich habe einen wesentlichen gestaltenden Einfluss auf die Situation, in der ich mich befinde. Wenn man glaubt, dass man auf die gegenwärtige Situation keinen oder nur marginalen Einfluss hat, wie soll man dann glauben können, dass man die Zukunft kreieren kann? Wichtig ist auch, dass man nicht alles im Voraus wissen

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muss, sondern dass es darum geht, sich auf den Weg zu machen, die Zukunft zu schaffen und daran zu glauben, dass es möglich ist. Die Essenz der systemischen Betrachtung ist, dass die Menschen ihre Gegenwart schaffen und formen (Senge, 1998). Wenn man es nicht systemisch betrachtet, könnte man glauben, dass irgendwelche anderen Kräfte unsere Gegenwart formen und die Probleme schaffen, mit denen man sich im Augenblick herumschlägt. Solange dieses mentale Modell, dieser Glaubenssatz vorherrscht, hat keine Vision die Chance, an Kraft zu gewinnen. Beide gemeinsam verändern die Grundkräfte in Richtung kreieren statt reagieren. Man muss also die internen Annahmen kennen, die unserem Denken zugrunde liegen und die den Menschen begrenzen. c) Mentale Modelle Keine neue Erkenntnis kann sich durchsetzen, wenn sie meinem mentalen Modell widerspricht: meinen Annahmen, wie die Welt funktioniert, und insbesondere, wie meine Arbeitswelt funktioniert. Mentale Modelle sind aktive Elemente, die unsere Wahrnehmung formen und unser Handeln bestimmen. Man wird anders handeln, wenn die Grundannahme ist: man muss Menschen misstrauen, als wenn sie ist: man kann Menschen grundsätzlich vertrauen. Zwei Menschen mit unterschiedlichen mentalen Modellen werden dieselbe Situation sehr unterschiedlich beschreiben, weil sie sie unterschiedlich wahrnehmen. Das Problem der mentalen Modelle ist nicht, ob sie richtig oder falsch sind, sondern dass sie häufig versteckt im Unbewussten arbeiten. So sind sie nicht bewusst und können nicht verändert werden. Es ist manchmal sinnvoll, mentale Modelle zu ändern, wenn sich die Welt ändert. Lernen in der Lernenden Organisation besteht darin, Handlungen zu verändern, nicht nur neue Ideen hineinzubringen. Dazu ist es notwendig, die Differenz zu erkennen zwischen dem, was man sagt, und den mentalen Modellen. Neue Begriffe oder neue Konzepte nützen relativ wenig, wenn das Verhalten sich nicht verändert. Die Differenz zwischen dem mentalen Modell und den Worten wird dann ein Problem, wenn die Wahrheit über diese Differenz nicht ans Licht kommt. In dem Moment, wo man einen Unterschied zwischen den Handlungen und den Glaubenssätzen entdeckt, ist es wichtig, sich die Frage zu stellen: Schätze ich meine Glaubenssätze, sind sie mir wirklich wichtig als ein Teil meiner Vision? Das Kultivieren der Disziplin der mentalen Modelle heißt, sich mit den impliziten Annahmen zu beschäftigen und sie ans Licht zu bringen. Das ist immer wieder im Zusammenspiel mit anderen Menschen zu üben.

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d) Team-Lernen/Teamkultur Das bedeutet, die Fähigkeiten und die Kapazität des Teams so zu entwickeln, dass die gewünschten Ergebnisse erreicht werden. Es baut sowohl auf der Disziplin der gemeinsam geteilten Vision, als auch auf der Disziplin der persönlichen Meisterschaft auf. Gute talentierte Teams entstehen aus talentierten Menschen. Es gab wohl keine Zeit, in der der Bedarf des Teamlernens größer war als heute. Das Team – die Menschen, die einander brauchen, um zu handeln – sind die Schlüssel-Lerneinheit der Lernenden Organisation. Die Disziplin des Teamlernens beginnt mit der Fähigkeit, Dialog und Diskussion in der richtigen Weise anzuwenden, zwei Arten, wie sich Teams unterhalten. Im Dialog geschieht eine freie und kreative Annäherung an die verschiedenen komplexen Sachverhalte, ein wirkliches einander Zuhören, die eigene Sicht in Frage stellen und in der Schwebe halten. Im Gegensatz dazu werden in der Diskussion verschiedene Sichtweisen präsentiert und verteidigt auf der Suche nach der besten Sichtweise, um die Entscheidung, die jetzt getroffen werden muss, zu unterstützen. Eigentlich ergänzen sich Diskussion und Dialog, aber die meisten Teams sind nicht in der Lage, diese beiden Gesprächsformen zu unterscheiden und bewusst zwischen ihnen zu wechseln (Senge, 1998). Der Zweck eines Dialogs ist, weiterzukommen als das individuelle Verstehen einzelner Personen. Im Dialog wird nicht versucht zu gewinnen, sondern alle gewinnen, wenn es richtig angestellt wird. Ein neuer Geist entsteht durch die Entwicklung von gemeinsamem Verständnis. Menschen sind nicht länger erstmal in Opposition, sie sind vielmehr Teilnehmer an diesem Pool gemeinsamen Verständnisses, der sich ständig entwickeln und verändern kann. Im Dialog erkundet eine Gruppe komplexe, schwierige Fragestellungen von verschiedenen Seiten. Das Ergebnis ist eine freie Untersuchung, die die ganze Tiefe der Annahmen und Gedanken der Menschen sichtbar macht und über Ihre persönlichen Sichtsweisen hinausgeht. Dialog ist eine Möglichkeit für Menschen zu erkennen, dass ihr Denken auf Vorannahmen und Beeinflussung beruht. Er macht wachsamer dafür und lässt uns die Inkohärenz des Denkens erkennen. e) Systemdenken Die fünfte Disziplin ist ein gutes Werkzeug, um mit Komplexität umzugehen. Es ermöglicht, die Strukturen in komplexen Situationen zu erkennen, um günstige von ungünstigen Ansatzpunkten für Veränderungen zu unterscheiden. Systemisches Denken beginnt mit der Restrukturierung der Sprache, in der man denkt. Zwei Typen von Komplexität sind zu unterscheiden: Detail-Komplexität und dynamische Komplexität. Die Detail-Komplexität bezieht sich auf Situationen, in

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denen es sehr viele verschiedene Variablen gibt. Strategische Werkzeuge, Planungshilfen und Analysemethoden beschäftigen sich überwiegend mit DetailKomplexität. Der Grund, warum sie häufig nicht den gewünschten Durchbruch liefern, ist, dass sie nur selten die dynamische Komplexität mit einbeziehen. Diese tritt dann auf, wenn Ursache und Wirkung weit auseinander liegen, so dass man nicht erkennen kann, was eine Intervention über die Zeit bewirkt. Wenn eine Handlung in einem bestimmten Teil eine Konsequenz in einem andern entfernten Teil des Systems hat, handelt es sich um dynamische Komplexität. Das Verstehen der dynamischen Komplexität unterstützt und verstärkt das ManagementHandeln. Wichtig beim systemischen Denken ist das Prinzip des Feedbacks. Damit wird erkennbar, wie Handlungen sich gegenseitig verstärken oder das Gegenteil erzeugen. Daraus lassen sich Regelkreise ableiten, mit deren Hilfe Muster beschrieben werden, die lebendigen Prozessen zugrunde liegen. Die Realität baut sich aus Kreisprozessen auf, aber man erkennt nur lineare Abläufe. Das ist die größte Barriere für systemisches Denken. Die Sprache, in der man denkt, steuert die Wahrnehmung. Wenn man Beziehungen in einem System sehen oder beschreiben will, braucht man eine Sprache von zirkulären Beziehungen. Ohne eine solche Sprache wird die vorhandene innere Sprache eine fragmentierte Sichtweise der Welt und kontraproduktive Handlungen erzeugen. Der systemische Blickwinkel ist im Allgemeinen auf Langfristiges ausgerichtet. Das ist der Grund, warum Verzug und Feedback-Prozesse so wichtig sind. Bei der KurzzeitBetrachtung kann man sie oft vernachlässigen. Sie haben in diesem Betrachtungsraum wenige Konsequenzen. 4.3 Die Vorteile dieses Ansatzes Die fünf Disziplinen miteinander ermöglichen es, Menschen und Organisationen, den Schritt aus der linear kausalen Sichtweise in die mehr ganzheitliche Betrachtung zu vollziehen. Sie können ihre Handlungen im systemischen Zusammenhang sehen und so eine Lernende Organisation schaffen, in der die Fähigkeiten und die Bedürfnisse der Menschen besser berücksichtigt sind. Im Mittelpunkt der Lernenden Organisation steht das Wissen, das zum wesentlichen Bestandteil unternehmerischen Kapitals wird. Lernen in der Organisation wird zum Prozess, der dieses Kapital ansammelt, modifiziert, richtig interpretiert, in Maßnahmen umsetzt und damit vergrößert und ständig aktualisiert (Bock; in diesem Band Kapitel 1) Das fördert die Problemlösungskompetenz der gesamten Organisation und ihrer Mitglieder und trägt damit zu einer deutlichen Reduktion des Risikos bei Entscheidungsprozessen bei. Es führt zu mehr Arbeitszufriedenheit und besseren Weiterentwicklungsmöglichkeiten jedes einzelnen.

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In einer sich permanent verändernden Welt wird es immer wichtiger für Unternehmen ihr Verhalten den Gegebenheiten anzupassen, dabei Erkenntnisse und Einsichten zu reflektieren und bei allen Maßnahmen aus unerwünschten Konsequenzen Kritik und damit Verbesserungspotentiale abzuleiten, was ihnen die Möglichkeit gibt aktiv am Wandel teilzuhaben. Der Ansatz der Lernenden Organisation scheint dafür wie geschaffen zu sein, denn er ist umfassend, ganzheitlich, zeitgemäß, den Bedürfnissen der Menschen entsprechend und damit in hohem Maße praktikabel.

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Management des Lernens

In einem Umfeld, das sich immer schneller und vielfältiger ändert, sind Unternehmen gezwungen, zeitnah auf Veränderungen zu reagieren und immer öfter auch neue Wege einzuschlagen. Die Ursachen hierfür sind zahlreich und betreffen sowohl die Bereiche Technik, Markt als auch Gesellschaft (Bock, in diesem Band, Kap. 1). Mit der Verringerung von Handelsschranken, fortschreitender Globalisierung und insbesondere durch den freien Kapitalverkehr verschärft sich der Wettbewerbsdruck (Oechsle & Wirth 1999, S. 541). Um auf diese Einflüsse und Veränderungen reagieren zu können, müssen Unternehmen zunächst einmal die Voraussetzungen dafür schaffen, wandlungsfähig und innovativ sein zu können. Dazu ist eine stärkere innere Zusammenarbeit, der Abbau von Unterschieden zwischen formalen Strukturen bzw. Verhaltensweisen und ungeschriebenen Spielregeln nötig, um eine neue Offenheit und Flexibilität zu erreichen. Unternehmen werden „umlernen“ müssen. Dabei darf der Wandel nicht in einem einmaligen dramatischen Schritt vollzogen werden, um dann auf einem neuen Status Quo zu verharren. Es bedarf vielmehr einer ständigen Wandlungsfähigkeit der Unternehmen. Getragen wird diese durch eine hohe Lernfähigkeit und der Bereitschaft zu lernen, denn dies wird letztlich zur Überlebensfrage für die Unternehmen werden (Little, 1995, S. 11 f.) Lernfähigkeit meint, das eigene Know-how möglichst schnell und wirkungsvoll an sich ändernde Gegebenheiten anpassen (Bock, in diesem Band, Kap. 1. Wie kann nun das Lernen einer Organisation gestaltet werden? Lernen kann in Form von Lernprozessen ablaufen. Lernprozesse basieren auf Selbstbeobachtung, dem Erkennen von Zusammenhängen, sowie der Abstimmung und dem Engagement für gemeinsame Entscheidungen. Durch Lernprozesse werden die Eigeninitiative und die Identifikation des Einzelnen mit dem Unternehmen erhöht. Im Gegensatz dazu führen von oben aufgezwungene Veränderungen dazu, dass die

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Eigeninitiative zerstört und der Wandel innerlich nicht mitgetragen wird. Das Management kann gar nicht alle Informationen und Erfahrungen besitzen, um die „richtigen“ Entscheidungen zu treffen. Es ist das aktive Mitdenken aller Mitglieder der Organisation mit all ihren spezifischen Kenntnissen und Erfahrungen notwendig, um auf Dauer zu den bestmöglichen Entscheidungen und Verhaltensweisen zu kommen, die von allen mitgetragen werden (Little, 1995, S. 51 f.). Um einen nachhaltigen Wandel zu vollziehen sind nach Little vier Entwicklungsphasen Voraussetzung (Little, 1995, S. 207-235): 5.1 Die vier Entwicklungsphasen für einen nachhaltigen Wandel 1. Zunächst bedarf es einer Phase der Bewusstseinsbildung. Alle Beteiligten müssen die Bereitschaft entwickeln, sich an einer neuen gemeinsamen Zukunftsstruktur auszurichten. 2. An die Phase der Bewusstseinsbildung schließt sich die Phase der Suche nach Hebelwirkungen, Schwerpunkten und nach motivierenden Aspekten von Veränderungen an. Ziel ist es, in dieser Phase die größten Schwachstellen und Barrieren zu finden, die die Leistungsfähigkeit des Unternehmens beschränken und vor allem auch die ungeschriebenen Spielregeln aufzudecken, die das Verhalten von Mitarbeitern stark beeinflussen. 3. In einer dritten Phase erfolgen das Neudurchdenken und die Anpassung des Unternehmensmodells. Dabei ist es unerlässlich, sowohl die derzeit gültigen als auch die in der Zukunft erwarteten kritischen Erfolgsfaktoren zu kennen und zu analysieren, wer welche Leistung erbringen muss, um diese Erfolgsfaktoren zu erfüllen. Es gibt jedoch pro Erfolgsfaktor nicht eine alleinverantwortliche Abteilung, sondern die Leistungsprozesse verlaufen durch viele Organisationseinheiten und Verantwortungsbereiche. 4. In der vierten Phase wird das neue Verhalten im laufenden Geschäft umgesetzt und erprobt. Hierbei dürfen auch Fehler passieren, die jedoch erkannt und in einem Rückkopplungsprozess beseitigt werden müssen. Neudurchdenken und Neugestalten betrifft sowohl Leistungsprozesse als auch Ressourcen und Organisationseinheiten. Um ihr Zusammenspiel zu verstehen und zu optimieren hat Little das so genannte „Modell der Hochleistungsorganisation“ entwickelt (Little, 1995, S. 208-212):

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5.2 Das Modell der Hochleistungsorganisation Das Modell der Hochleistungsorganisation geht davon aus, dass Leistungsprozesse, Ressourcen und Unternehmensorganisation nur dann optimiert und aufeinander abgestimmt werden können, wenn alle Beteiligten fortlaufend ihre Interessen abgleichen und auf der Basis eines gemeinsamen mentalen Modells des Unternehmens und seiner Umwelt eine gemeinsame Strategie verfolgen. Bleiben die Interessen einer Partei unberücksichtigt oder wird das mentale Modell von einer Gruppe nicht mitgetragen, dann entstehen Gegenströmungen, Loyalität geht verloren und der Leistungsschwund kann nicht gestoppt werden. Ziel ist es, eine Vision der möglichen Zusammenarbeit zwischen den Elementen der Hochleistungsorganisation zu entwickeln, von der alle überzeugt sind, und so einen Wandlungsprozess zu initiieren. Die lernende Organisation ist das Bindeglied zwischen dem Status Quo und der visionären Hochleistungsorganisation. Das Lernen lässt sich durch drei Faktoren beschleunigen und intensivieren (Bock, in diesem Band Kap. 1.): Lernen aus der Vergangenheit, Lernen von und mit anderen, ständige Kommunikation. Wie kann nun das organisatorische Lernen gefördert werden? Hierzu wurden in diesem Band einige Werkzeuge der lernenden Organisation dargestellt (Bertels, Kap. 2): Nach Little (1995) machen fünf Elemente die erfolgreich lernende Organisation aus: • Persönliche Entwicklung Dabei geht es um ständige (Weiter-)Entwicklung persönlicher Fähigkeiten. Basis dafür ist die Feststellung, was für jeden persönlich wichtig ist, seine wesentlichen Ziele. • Mentale Modelle Hierbei geht es um Vorannahmen, um tief verwurzelte und zumeist unbewusste Einstellungen und innere Haltungen, die unsere Arbeit erleichtern und beeinträchtigen. Das eigene Denken von unseren einengenden Mustern zu befreien ist das Ziel. • Gemeinsame Vision Visionen bringen Menschen dazu, über sich hinauszuwachsen. Sie lernen aus eigenem Antrieb und es ist wichtig, diese Vision gemeinsam zu entwickeln. Die Mitarbeiter bekommen ein Gefühl von motivierender, zielgerichteter Gemeinsamkeit. Eine verordnete Vision hat wenig Chancen.

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• Team-Lernen Die Fähigkeit zum offenen Dialog untereinander und zum gemeinsamen Lernen zeichnet erfolgreiche Teams aus. Statt Diskussionen steht der Dialog im Vordergrund. Nur wenn Teams lernfähig sind, kann auch die Organisation lernen. Man muss sich von eigenen Annahmen lösen und sich auf ein echtes gemeinsames Denken einlassen. „Lernende Teams lernen, gemeinsam zu erkunden, gemeinsam zu erforschen, gemeinsam zu denken. Sie lernen, gemeinsam zu lernen.“ • Systemisches Denken Beim Systemischen Denken geht es um die Art und Weise wie sich Ereignisse miteinander verknüpfen, um ein Ganzes zu bilden. Jedes EinzelEreignis im System beeinflusst jedes andere. Unternehmen stellen, wie die Welt als Ganzes, ein System dar. Wichtig ist, dass man in allen fünf Disziplinen gleichzeitig stark ist. Vorteile einer lernenden Organisation sind: • erhöhte Problemlösungskompetenz • Wertsteigerung des Humankapitals • erhöhte Wahrnehmungsoberfläche • Reduktion von Risiken bei Entscheidungsprozessen • steigende Mitarbeiterzufriedenheit Hindernisse können sein: • Angst vor Veränderungen • Machtstreben • Abteilungsdenken • Kein Vorleben durch Vorgesetzte • Hängenbleiben an alten Gewohnheiten Bei den immer schneller werdenden Veränderungen sowohl in der Gesellschaft, wie auch in den Unternehmen, ist es wichtig, das Wissen und die Fähigkeiten von Führungskräften und Mitarbeitern ständig auf einem aktuellen Stand zu halten. Eine permanente Lernbereitschaft und die tatsächlich permanente Lernerfahrung ist die Grundlage eines erfolgreichen Unternehmens im 21. Jahrhundert. Es kommt für erfolgreiche Organisationen nicht darauf an, immer wieder neuen Fetischen in der Managementlehre nachzulaufen. Die immer wieder neuen Heilslehren machen Führungskräfte, die ihnen nacheifern, bei ihren Mitarbeitern un-

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glaubwürdig. So hat der häufige Wechsel der Managementperspektiven in der Vergangenheit durchaus dazu beigetragen, dass eine Reihe neuer durchaus guter Ideen von vornherein zum Scheitern verurteilt waren.

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6.1 Begriff und Definition Der Ursprung ist wohl in den USA zu suchen. Als Auslöser gilt die schwere Rezession Anfang der 80er Jahre. Es geht um die Suche nach Konzepten, die es den Unternehmen ermöglichten, sich schnell und flexibel neuen Anforderungen anzupassen. Das Ziel ist eine deutliche Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Lässt sich nicht einfach übersetzen. Die Technik besteht darin, die zentralen Prozesse eines Unternehmens zu analysieren und auf effiziente Weise und ohne Rücksicht auf althergebrachte (häufig irrelevante) Funktionsgrenzen neu zusammenzufügen. Es geht dabei um das Überdenken aller bestehenden Abläufe und um die Ausrichtung auf die zentralen Prozesse. Einen wesentlichen Aspekt bildet die Integration und Koordination von Funktionsbereichen mittels Informations- und Kommunikationstechnik. Die Schlüsselkomponenten sind: Fundamentalität: Warum machen wir die Dinge, die wir tun (Effektivität)? Und weshalb machen wir sie auf diese Art und Weise (Effizienz)? BPR geht von keinerlei Annahmen oder Vorgaben aus. Es ignoriert, was ist, und konzentriert sich auf das, was sein sollte. Das Risiko solcher Projekte ist beträchtlicher als bei Optimierungen. Radikalität: Es geht nicht um das Optimieren, sondern um das radikale Vorgehen. Radikal bedeutet, den Dingen auf den Grund zu gehen. Es geht um die völlige Neugestaltung, nicht um eine Verbesserung, Erweiterung oder Modifizierung der Geschäftsprozesse. Es sollen Verbesserungen in Größenordnungen erreicht werden, die als Quantensprung zu bezeichnen sind. Wie würden wir etwas tun, wenn wir ganz von vorne anfangen müssten. „Bombenwurf-Strategie“. Angestrebt sind Verbesserungen in Größenordnungen, die durchschnittlich 30% betragen, und zwar in den entscheidenden Bereichen Zeit, Kosten und Qualität gleichzeitig. – Beispiel IBM Credit: Durchlaufzeit eines Kreditantrags von 7 Tagen (effektive Bearbeitung 90 Minuten, Rest Transport- und Liegezeit) auf 4 Stunden.

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Prozess-Sicht: definiert als Bündel von Aktivitäten, das für den Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugt. Mit diesem Prozessdenken ist untrennbar die Kundenorientierung verknüpft. Beim Kunden kann es sich auch um einen internen Kunden handeln. IT: Wahre Kraft der IT liegt darin, dass sie es dem Unternehmen ermöglicht, neue Arbeitsweisen aufzubauen. Sie ist wesentlicher Träger eines BPR, kann ihn sogar erst ermöglichen. Elektrifikation: Automatisieren von Arbeit, die bisher vom Menschen gemacht wurde. Mensch: Der Mensch soll – wie es auch bei anderen der sog. „neuen“ Konzepte behauptet wird, im Mittelpunkt stehen. Quantensprünge: Es werden Verbesserungen in Größenordnungen ab ca. 30 % gefordert. Kundenfokussierung: im Mittelpunkt stehen externe oder interne Leistungsabnehmer, also Kunden. Fokus auf Verbesserung von Kundennutzen und Effizienz. Paradigmenwechsel: aus alten Denkstrukturen und Organisationsprinzipien ausbrechen. Prozessorientierung: Prozesse werden hervorgehoben. Gegenstand des Business Reengineering sind Kernprozesse im Unternehmen, die für das Erreichen der Unternehmensziele maßgeblich sind. Als traditionelle, zu „überwindende“ Form gilt die Zerlegung des Gesamtprozesses in viele kleine Arbeitsschritte und Übertragung der Aufgaben an Spezialisten, wobei die Berücksichtigung des Gesamtprozesses verloren geht, da sich jeder nur für seine Tätigkeit verantwortlich fühlt. So entstehen zu viele Schnittstellen, und Geschäftsprozesse laufen nicht mehr reibungslos ab. Die Folgen sind: Wartezeiten, Missverständnisse, Abstimmungsprobleme behindern den Ablauf. Diese strikte Arbeitsteilung wird beim Business Reenginieering als Hauptursache für schlechte Ergebnisse bei Qualität, Zeit, Kosten und Service gesehen. Verbesserungen um Größenordnungen seien nur dann möglich, wenn diese Arbeitsteilung aufgelöst wird und die Geschäftsprozesse kundenorientiert und ganzheitlich betrachtet werden. Die Zusammenfassung von mehreren Aufgaben bzw. Arbeitsplätzen wird angestrebt. Aus Spezialisten werden Generalisten. Die Verantwortungsbereiche werden ausgedehnt, wenn möglich auf den gesamten Prozess. Die Teambildung bei komplexen Prozessen wird gefördert, Schnittstellen werden abgebaut und Durchlaufzeiten gesenkt. Ein zentrales Ziel ist die Steigerung der Kundenzufriedenheit. Man gelangt von einer vertikalen zu einer horizontalen, prozessorientierten Organisationsstruktur (vgl. Kodak).

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Ganzheitlichkeit: ganzheitlicher Ansatz erforderlich, nicht nur einzelne Abteilungen, Funktionen oder Teilprozesse. Tabula rasa: komplette Loslösung von bestehenden Strukturen und Prozessen. Gefordert werden vollkommen neue Lösung insbesondere unter Nutzung von fortgeschrittener Informations- und Kommunikationstechnik. Top down: radikale organisatorische Innovationen von allen Hierarchieebenen.

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Business Reengineering versus Lernende Organisation

Während die Lernende Organisation für Evolution steht, kann das Konzept des Business Reengineering als eine Idee der Revolution gesehen werden, beide streben Veränderungen an, jedoch mit vollkommen anderen Methoden. In der vorangegangenen Tabelle stellen wir beide gegenüber: Während sich das Business Reengineering bei der Organisationsgestaltung aus einer eher betriebswirtschaftlichen Sichtweise auf das Unternehmen und seine Prozesse konzentriert, arbeitet die Lernende Organisation aus einer stärker sozial geprägten Perspektive mit dem Blick auf den Menschen, sein Wissen und seine Qualifikation in der Organisation. Und nach Hammer und Champy (1996) benötigt man zwei Voraussetzungen für die Einführung des neuen Konzeptes: den Willen zum Erfolg und den Mut, den ersten Schritt zu wagen. Durch derartige Revolutionen werden Ressourcen verbraucht. Die neuen Strukturen sind möglicherweise nicht besser als die vorher zerschlagenen. Besser ist eine Sozialtechnik der kleinen Schritte als die Technik des schrittweisen Umbaues in soziale Strukturen. Es geht darum, Stärken zu erhalten und Schwächen zu erkennen und auszumerzen. Offensichtlich wird hier die permanente Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen und Ursachen abzubauen, mit der radikalen Zerstörung verwechselt. Hammer und Champie (1996) geben inzwischen zu, dass in den USA die Mehrheit der Reengineering-Projekte gescheitert ist. Evolution ist der bessere Weg. In der Kontinuität der Verbesserung liegt der ganz wesentliche Vorteil des Konzeptes der Lernenden Organisation. Wer sich mit der Philosophie des Kritischen Rationalismus auseinandersetzt, kommt zwangsläufig zur dem Ergebnis, dass im ständigen Suchen nach besseren Lösungen der richtige Weg gefunden wurde. Auch nach einem Business Reengineering-Prozess werden sich weitere Fehler finden. Jede Maßnahem hat auch unerwünschte, unerwartete Folgen. Diese lassen

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sich bei kontinuierlicher Verbesserung weitaus besser beherrschen, als bei großen „Bocksprüngen“ eines Reengineering. Die abschließende Kritik haben wir Busch, Dögl und Unger (2001, S. 167 f.) entnommen: „Radikales Redesign bedeutet, einen Trennstrich zur Vergangenheit zu ziehen. Es wird also nicht die Verbesserung oder Modifikation vorhandener Aufgaben innerhalb fest definierter organisatorischer Grenzen angestrebt, sondern die Entwicklung neuer Wege unter bewusster Missachtung aller bestehender Strukturen und Verfahren. Genau hier setzt die Problematik von Business Reengineering an. Es bedeutet zunächst einmal, dass die gesamte Aufbau- und Ablauforganisation einer Unternehmung radikal in Frage gestellt, letztendlich abgeschafft und durch ein völlig neues Konzept ersetzt wird. Das setzt die Annahme voraus, dass die Struktur der Vergangenheit vollkommen falsch war und letztendlich nicht mehr verbesserungsfähig ist. Unter der Voraussetzung, dass diese Annahmen richtig sind, wäre eine radikale Abkehr vom Vergangenen die nahe liegende Folge. Es ist aber falsch zu glauben, dass eine neue Struktur keine Schwächen beinhaltet. Alle menschlichen Problemlösungsversuche weisen Vorteile und unerwünschte Konsequenzen, also Nachteile auf. Vielleicht wird eine neue Struktur Schwächen aufweisen, von denen wir heute noch keine Ahnung haben. Auf jeden Fall ist es nicht möglich alle unerwünschten Konsequenzen im Voraus zu erkennen. Business Reengineering führt jedoch auch dazu, alle Vorteile, die eine alte Struktur aufgewiesen hat, zu zerschlagen und dabei viel Energie in Zerstörung und Neuaufbau zu investieren. Business Reengineering erinnert sehr an die revolutionären Thesen der „68er“: „Die Gesellschaft ist so schlecht, dass aus ihr selbst heraus keine Verbesserungen möglich sind, also schaffen wir sie ab und konstruieren eine neue“. Derartige Revolutionen im Kleinen wie im Großen haben aber viele Ressourcen verbraucht. Die neuen Strukturen sind meistens nicht besser als die vorher zerschlagenen, sie weisen lediglich andere Nachteile und andere Vorteile auf. Sicher werden bald Unternehmensberater damit beschäftigt sein, die Trümmer des

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Business Reengineering zu beseitigen; vielleicht die gleichen, die vorher Business Reengineering „eingeführt“ haben. Besser ist eine Sozialtechnik der kleinen Schritte, also die Technik des schrittweisen Umbaues sozialer Strukturen. Es geht darum Bewährtes zu erhalten, Schwächen zu erkennen und auszumerzen. Wir befinden uns hier vollkommen im Einklang mit Popper (1982, S. 187 ff.), der sich allerdings auf den Umbau der und die Veränderung von Gesellschaften bezieht. Im Vergleich dazu sind die Probleme des BusinessReengineering zwar von geringer Bedeutung, aber strukturgleich. Das schrittweise Vorgehen, also die Verbesserung in kleinen Schritten, stellt sich zwar nicht so dramatisch, nicht so großartig dar wie die totale Umgestaltung, ist aber effizienter. Konzepte, die die radikale Abkehr, den radikalen Wandel vom Derzeitigen fordern, sind möglicherweise deswegen im Abendland leicht zu „verkaufen“, weil sie eine enge Beziehung haben zu Denkweisen, die in religiösen Vorstellungen wurzeln, auch wenn das den Betroffenen häufig nicht bewusst ist. Die hier geäußerte Skepsis an Business Reengineering ist keine Denkweise, die dazu führen soll, Althergebrachtes zu zementieren. Ganz im Gegenteil, es kommt lediglich darauf an, Kritik im Einzelnen vorzubringen und so zur schrittweisen Verbesserung beizutragen, aber gleichzeitig zu erkennen, dass Erfahrungen der Vergangenheit die Basis unseres Handelns darstellen.“

Neue Ansätze in der Organisation

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Zusammenfassung Es gibt eine Vielzahl neuer Ansätze im Management. Das Gesamtkonzept des Lean-Management beinhaltet eine Reihe von Widersprüchen und Trivialitäten. Lediglich das Denken in vernetzen Wertschöpfungsketten stellt einen echten Fortschritt dar. Lean-Management impliziert eine stärkere Betonung des menschlichen Faktors, da auf den „unteren Ebenen“ stärkere Selbständigkeit bei Entscheidungen erforderlich wird. Business Reeingineering führt, konsequent gesehen, zu einer vollständigen Umorientierung der Organisation. Dabei werden aber auch bewährte Strukturen zerstört, ohne dass mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass die neuen Strukturen tatsächlich besser als die neuen sind. Total Quality Management hebt den Qualitätsgedanken für interne Austauschprozesse hervor. Das ist sicherlich als Fortschritt zu sehen. Der Gedanke, innere Austauschprozessen mit externen Marktprozessen gleichzusetzen, ist jedoch kaum aufrecht zu halten. Qualitätszirkel stellen ein sinnvolles Instrument zur Realisierung von Qualitätsorientierung dar, sie wurden lediglich in der Vergangenheit überschätzt. Einen wirklichen Fortschritt bringt das Konzept der lernenden Organisation. Der ständige Versuch, aus Fehlern zu lernen und evolutionär Fortschritt zu realisieren scheint ohne Zweifel realistisch. Das Konzept der lernenden Organisation ist eine Umsetzung des kritisch-rationalen Managements.

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Literaturverzeichnis Albert, H.: Traktat über rationale Praxis, Tübingen, 1978 Bachmann, W. & Bachmann, F.: Im Team zum Ziel, Paderborn, 1997 Bertels, T.: Die lernende Organisation: Modell für das Management des Wandels im Wissenszeitalter, in: Kremin-Buch, B., Unger, F., Walz, H. (Hrsg.): Managementschriften Band I, 2. Auflage, Ludwigshafen, 2000 Braczyk, H.-J.: Arbeitsorganisation in der Automobilindustrie – Stand und Ausblick, Köln, 2000 Breisig, T.: Betriebliche Sozialtechniken, Handbuch für Betriebsrat und Personalwesen, Neuwied u. Frankfurt am Main, 1990 Bungard, W.: Lean Managment auf dem Prüftstand, Weinheim, 1995 Bungard, W.: Qualitätszirkel in der Arbeitswelt, Band 7, Göttingen u. Stuttgart, 1992 Busch, R.; Dögl, R. & Unger, F.: Integriertes Marketing (3. Aufl.). Wiesbaden: 2001 Crosby, P. B.: Qualität bringt Gewinn, Hamburg, 1986 Crosby, P. B.: Running things, New York, 1987 Crosby, P. B.: Let`s talk quality, New York, 1989 Cuhls, K.: Qualitätszirkel in japanischen und deutschen Unternehmen, Heidelberg, 1993 Deming, W. E.: Out of Crisis, MIT Center for Advanced Engineering Study, Cambridge: 1986 Eberhardt, S.: Abschied vom Taylorismus: Mitarbeiterführung in schlanken Unternehmungen, Leonberg: 1995 Feigenbaum, A. V.: Total quality control (3rd ed.), New York: 1986 Fornefeld, G.: Lean Production, in: Fuchs-Heinritz, W.; Lautmann; R.: Rammstedt, O. & Wienold, H. (Hrsg.), Lexikon zur Soziologie, Opladen:1994 Frehr, H-U.: Total quality management. Unternehmensweite Qualitätsverbesserung; ein Praxis-Leitfaden für Führungskräfte, München: 1993 Hammer, M., Champy, J.: Business Reengineering, Die Radikalkur für das Unternehmen (6. Aufl.), New York: 1996 Imai, M.: Kaizen, Langen: 1994.

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Autorenverzeichnis Bock, Friedrich Prof., war Vizepräsident bei Arthur D. Little, Wiesbaden, dort verantwortlich für Strategie, Organisation und Europaprojekte, heute Professor für Management an der Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein. Berthels,, Thomas Diplom-Betriebswirt, ist seit 1996 als Consultant bei der deutschen Tochter der amerikanischen Unternehmensberatung Rath und Strong (Sitz in Hamburg) insbesondre in Projekten im Bereich „Lernende Organisation“, Organisationsentwicklung“ und Prozessoptimierung“ tätig. Dögl, Rudolf Prof. Dr., lehrt Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Marketing und Management an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt-Aschaffenburg. König, Manfred Prof. Dr., lehrt Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Marketing und Management an der Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein. Unger, Alexander Dr., lehrt Psychologie und Organisation an der Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein und ist dort Assistent am Internationalen Zentrum für Fernstudien.

Managementschriften Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein Hochschule für Wirtschaft HERAUSGEGEBEN VON BEATE KREMIN-BUCH, FRITZ UNGER, HARTMUT WALZ Band 1: Band 2: Band 3: Band 4: Band 5: Band 6: Band 7: Band 8: Band 9:

Lernende Organisation, 3. Aufl., 2008 EDV-gestütztes Controlling, 1999 Die Zukunft der Banken – die Banken der Zukunft, 2002 Internationale Rechnungslegung. Aspekte und Entwicklungstendenzen, 2003 CFROI of Customer Relationship Management. Empirical Evidence from mySAP CRM Users, 2. Aufl. 2005 Wissen – das neue Kapital, 2004 Gesundheitsökonomie – Eine Langfristorientierung, 2005 Existenzgründung, 2005 Entwicklungslinien im Gesundheitswesen: Demographie und Integrierte Versorgung, 2008

Sonderbände: – Lernen durch Wandel – Wandel durch Lernen, 2004 – Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Modeerscheinung oder ökonomische Notwendigkeit? 2008