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German Pages 154 [160] Year 1968
A. B r i n c k m a n n • L e h r b u c h des S c h a c h s p i e l s
ALFRED B R I N C K M A N N
Lehrbuch des Schachspiels Mit 198 Diagrammen 5., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage
WALTER D E GRUYTER & CO. BERLIN 1968
© Copyright 1968 by Walter de Gruyter & Co., vorm. G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandjung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten. — Archiv-Nr. 5334681. Printed in Germany — Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. — Druck: W. Hildebrand, Berlin 65. — Einband : U. Hanisch, Berlin-Zehlendorf
V O R W O R T ZUR 1. AUFLAGE Ein Lehrbuch ist eine erste Einführung in die Welt des Schachs. Es soll für den, der es zur Hand nimmt, eine Anleitung sein, eine Schachpartie vernünftig zu führen. Die Frage wie das geschehen kann, ist umstritten. Merkwürdig genug, da doch der normale Entwicklungsgang des Schachspielers aus einer unantastbaren Erfahrung bekannt ist. Und da ein Schachlehrbuch selbstverständlich dieser Erfahrung Rechnung zu tragen hat, sollte der Weg eigentlich klar vorgezeichnet sein. Wie verläuft denn die Entwicklung des Schachjüngers? Nachdem er eben die Regeln erlernt hat, drängt es ihn zum Brett. Er will spielen 1 Aber erst nach und nach treten hier und da ein paar Lichter aus dem Nebel hervor. Er lernt den Wert der Steine kennen, er begreift, daß nicht nur er spielt, sondern auch noch ein Gegner da ist; er wird sich nach und nach über den Begriff der Drohung klar und erfährt die bittere Wahrheit, daß es ein weiter Weg bis zum Matt ist. Es tritt jener Zustand der Besinnlichkeit ein, in dem sich das Bedürfnis nach einem Helfer, einem Lehrbuch einstellt. Man möchte etwas darüber erfahren, wie eine Partie sinnvoll aufgebaut, wie sie „eröffnet" wird. Weitere Wünsche schließen sich bald an. Es verlangt ihn danach, Lehr- und Meisterpartien kennenzulernen, um einen Einblick in die schwierige, aber auch reizvolle Welt des „Mittelspiels" zu gewinnen. Solche Partien auf sich wirken zu lassen, auch ohne sogleich alles zu verstehen, das sind die schönsten und anregendsten Stunden im Leben eines jungen Schachspielers. Zu guter Letzt erwartet er auf diese und jene, wie er meint, „einfachen" Endspielfragen Antwort. Hier stellt er die geringsten Anforderungen. Das ungefähr ist die normale, gesunde Entwicklung des Schachspielers in ihrem ersten Stadium. Und daraus ergibt sich ohne weiteres der Plan eines Lehrbuches: Einleitung, Partieaufbau, Mittelspiel, Endspiel — just so, wie auch die Schachpartie abläuft. Der Leser soll unauffällig, also ohne ihm allzu theoretisch zu kommen, an die schachliche Begriffswelt herangeführt werden. Vor allem gilt es, den Blick für das Ganze zu erhalten. Sparsamkeit in allgemeinen Grundsätzen und kategorischen Urteilen ist eine unerläßliche Forderung. Daß der Rahmen eines Lehrbuches nicht allzu eng gespannt sein darf, versteht sich wegen der Fülle des Stoffes und der praktischen Brauchbarkeit von selbst. Es soll den jungen Schachfreund ja ein gutes Stück seines Weges begleiten. Der Fortgeschrittene wird dann über das Lehrbuch hinaus zum speziellen Schrifttum greifen, wie es in großem Umfange im Verlage dieses Lehrbuches erschienen ist und laufend erscheint. Auch der Lektüre einer guten Schachzeitung wird er bald nicht mehr entraten können. Kiel, im März 1952
Alfred Brinckmann
VI
VORWORT ZUR 5. AUFLAGE Alfred Brinckmann hatte die Arbeit an der neuen Auflage seines „Lehrbuchs" gerade beendet, als er im Mai 1967, in seinem 77. Lebensjahr, seine Augen für immer schloß. Ihm war viel daran gelegen, dieses Buch, eines seiner liebsten Geisteskinder, weiter zu verbessern und zu erweitern. Dem Meister des praktischen Spiels, dem Schachschriftsteller Brinckmann war es gegeben, seine Leser für das Erlebnis des geistigen Kampfes auf den 64 Feldern zu begeistern und sein reiches Wissen, seine Erfahrungen weiterzugeben. Die letzte Arbeit möge als Nachlaß eines Mannes, der sein Leben dem Schach widmete, so hoch geschätzt werden, wie sie es verdient. Es war Alfred Brinckmann nicht mehr vergönnt, die Fertigstellung des Druckes der 5. Auflage eigenhändig zu überwachen. Darum hat mich der Verlag gebeten, die Korrekturfahnen durchzusehen. Ich habe diese ehrenvolle Aufgabe als alter Freund Alfred Brinckmanns sehr gern übernommen und hoffe, daß es mir gelungen ist, die Korrekturen im Geiste des Autors zu besorgen. Kassel, im Dezember 1967
Alfred Giertz
INHALT I. T e i l : E i n l e i t u n g
i
Die Regeln Das Schachbrett und die Schachsteine Ziel der Schachpartie Allgemeines V o m Wert der Steine
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II. T e i l : V o m P a r t i e a u f b a u (Eröffnungslehre)
15
1.Abschnitt: 1 C2—e4 Gruppe A 1 . . . . C7—e5 Italienische Partie Evans Gambit Zweispringerspiel Englisches Springerspiel. Schottische Partie. Verteidigung des Philidor. Russische Partie Spanische Partie Vierspringerspiel Wiener Partie. Mittelgambit Königsgambit
31 37 54 55 57
Gruppe B Schwarz beantwortet den Zug 1 e2—e4 nicht mit 1 Französisch Caro-Kann Sizilianisch Skandinavisch. Aljechin-Verteidigung
63 68 70 75
16 24 26
ej—e5
2. Abschnitt: 1 d2—d4 Gruppe A 1 . . . . d 7 — d j Damengambit Damenbauerspiele
77 84
Gruppe B Schwarz beantwortet den Zug 1 d2—d4 nicht mit 1 . . . d 7 — Königsindisch Nimzowitsch-Indisch Damenindisch Holländisch Budapester Gambit, Blumenfeld-Gambit
86 9° 93 94 9)
3. Abschnitt: Verschiedene Spielanfänge Englisch Königsindisch im Anzüge Birds Eröffnung Rückblick
96 97 98 98
VIII
III. T e i l : V o m Mittelspiel IV. T e i l : V o m E n d s p i e l Einfache Mattführungen Verschiedenes Bauernendspiele Läuferendspiele Ein Springerendspiel Springer-Läufer-Endspiele Turmendspiele . . Partienverzeichnis
100 128 128 129 134 139 140 141 143 147
I. Teil EINLEITUNG Die Regeln Das Schachbrett und die Schachstcine Schach wird von zwei Gegnern auf einem quadratischen Brett von 64 abwechselnd weißen und dunklen Feldern gespielt. Jeder Spieler („Weiß" und „Schwarz") gebietet über eine Streitmacht von 16 Steinen. 1
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Das Schachbrett wird so aufgestellt, daß unten rechts ein weißes Eckfeld liegt. In den Ecken stehen die Türme, neben ihnen die Springer, dann die Läufer und in der Mitte König und Dame, die weiße Dame auf Weiß, die schwarze Dame auf Schwarz („regina regit colorem"). Vor diesen Steinen, die auch „Figuren" oder „Offiziere" genannt werden, finden die 8 Bauern Aufstellung. Weiß tut den ersten Zug, Schwarz antwortet, und so folgt abwechselnd Zug um Zug bis zum Ende der Partie. Es gibt also nicht nur ein Zugrecht, sondern auch eine Zugpflicht. Die Regeln, nach denen die Steine sich bewegen („ziehen"), sind diese: 1. Die Bewegungen des T u r m e s erfolgen geradlinig nach beiden Richtungen (senkrecht und waagerecht) beliebig weit, sofern kein anderer Stein im Wege steht. Ist dies der Fall, 1
B r l n c k m a n n , Lehrbuch.
2 so kann der Turm, wenn es sich um einen Stein der eigenen Partei handelt, nur bis an diesen heranrücken. Wird sein Lauf durch einen feindlichen Stein gehemmt, so kann er diesen „ s c h l a g e n " , d.h. er kann dessen Stelle einnehmen, wobei der gegnerische zugleich vom Brett entfernt wird. Dieses Schlagrecht besitzen auch alle anderen Steine. Eine Schlagpflicht besteht nicht. Über einen eigenen oder feindlichen Stein hinwegzusetzen, ist unzulässig. Abgesehen vom Springer, der hier eigenen Gesetzen unterworfen ist.
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In der vorstehenden Stellung kann der Turm demnach insgesamt 11 Felder betreten, dabei den schwarzen Bauern schlagen. 2. Der L ä u f e r zieht schräglinig nach allen Richtungen. Er ist also an die Farbe seines ursprünglichen Standfeldes gebunden, so daß jede Partei einen schwarz- und einen weißfeldrigen Läufer besitzt (auch kurz „schwarzer" oder „weißer" Läufer genannt).
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Hier sind dem Läufer im ganzen 12 Felder zugänglich, der weiße Bauer kann geschlagen werden.
3 3. Die D a m e vereinigt in sich die Gangart von Turm und Läufer, d.h. sie kann yon dem Felde, auf dem sie steht, entweder wie ein Turm oder wie ein Läufer ziehen.
4. Der S p r i n g e r zeichnet sich durch eine eigenartige Bewegung aus. Er bewegt sich von seinem Standort sprungartig nach allen Richtungen auf ein Feld, das um zwei Schritte, einen in gerader, einen in schräger Richtung, entfernt liegt. Die zwischen dem Standort und dem Ziel liegenden Felder sind gewissermaßen für ihn nicht vorhanden, und die Frage, ob sich auf ihnen eigene oder fremde Steine befinden, spielt keine Rolle. Er „zieht" also nicht in dem Sinne, wie die anderen Steine, sondern „springt".
5. Der K ö n i g vermag nach allen Seiten gerad- und schräglinig zu ziehen, aber jedesmal nur einen Schritt. Über seine Bedeutung als Hauptfigur des Spieles wird im nächsten Absatz: „Ziel der Schachpartie" gesprochen werden.
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6. Ihrer ganzen Art nach von den Figuren verschieden sind die B a u e r n . Sie sind zunächst einmal die einzigen Steine, die ausschließlich vorwärts ziehen dürfen, und zwar in gerader Richtung um ein Feld. Nur von seiner Grundstellung aus k a n n er zwei Schritte mit einem Male tun. Kann, nicht muß! Das, was ihm aber seine eigentümliche Bedeutung verleiht, ist die Art des Schlagens. Er schlägt im Gegensatz zu seiner sonstigen Gangart lediglich in schräger Richtung nach rechts oder links. 7
8
Der weiße Bauer kann im Diagramm 7 nach seiner Wahl entweder einen Schritt vorgehen oder einen von beiden Springern schlagen. Innerhalb dieses Schlagrechts besteht noch ein Sonderfall. Ein Bauer, der aus seiner Grundstellung um zwei Felder vorrückt und sich damit neben einen feindlichen B a u e r n stellt, k a n n von diesem letzteren geschlagen werden, als ob er nur ein Feld vorgegangen wäre. Dieses S c h l a g e n im V o r ü b e r g e h e n („en passant") muß aber sofort geschehen, es darf nicht erst ein anderer Zug zwischendurch erfolgt sein.
5 Sofern demgemäß im vorstehend abgebildeten Fall (Diagramm 8) der schwarze Bauer zwei Schritte vorzieht, kann der weiße ihn in der Pfeilrichtung schlagen. Wir haben hier im Schachspiel die einzige Ausnahme von der Regel, daß jeder Stein den feindlichen auf dem Felde schlägt, auf dem dieser steht. Wenn es einem Bauern gelingt, die letzte, der eigenen Grundstellung gegenüberliegende Reihe zu erreichen, verwandelt er sich damit automatisch in eine Figur. Der Spieler kann eine beliebige Figur wählen, den König ausgenommen. Die Wahl ist unabhängig von den noch auf dem Brett befindlichen Figuren, so daß Weiß z. B. sehr wohl zwei, drei und mehr Damen oder Springer auf dem Brett haben kann. 7. Die R o c h a d e . In der Schachpartie besteht jeder Zug in der einmaligen Bewegung eines Steines. Ausgenommen hiervon ist die „Rochade". E i n m a l nämlich ist es in der Partie jedem Spieler erlaubt, einen Doppelzug auszufuhren. Er besteht darin, daß der auf seinem ursprünglichen Platz stehende König um zwei Felder nach rechts oder links gerückt und der Turm von seinem Eckfeld aus an die andere Seite des Königs gestellt wird. Diese kombinierte Bewegung zwischen König und Turm ist eben die Rochade. Das Wort ist von dem persischen Rukh (Turm) abgeleitet. Sie ist nicht gestattet, 1. wenn König und Turm schon gezogen haben, 2. wenn sich zwischen König und Turm ein Stein befindet, 3. wenn entweder der König oder eines der vom König überschrittenen oder betretenen Felder von einem feindlichen Stein angegriffen ist. Angegriffen ist ein Stein oder ein Feld, wenn der Gegner jenen schlagen oder dieses mit seinem Stein betreten könnte. So z.B. greift im Diagramm 7 der Bauer beide Springer an. Aus der nachstehenden Stellung heraus (Diagramm 9) 10 8
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kann weder Weiß noch Schwarz rochieren. Es sei übrigens betont, daß es kein Hindernis für die Rochade ist, wenn der Turm über ein von einem feindlichen Stein beherrschtes Feld hinweg oder dieses betreten muß. Bevor wir weiter vorschreiten, müssen wir uns noch mit der Beschreibung der Felder und Züge beschäftigen. Wie aus den Buchstaben und Ziffern um unsere Diagramme herum hervorgeht, werden die Felder — von Weiß ausgehend — in der Waagerechten („Reihe") durch Zahlen, in der Senkrechten („Linie") durch Buchstaben bezeichnet. Dabei werden die Figuren durch ihre Anfangsbuchstaben kenntlich gemacht, also K = König usw. Nur die Bauern erhalten kein besonderes Zeichen. Jedes Feld und jede Bewegung eines Steines lassen sich auf diese Weise leicht beschreiben. Nehmen wir das Diagramm 1 zur Hand, so steht der schwarze König auf dem Felde e8. Sgl—f3 würde bedeuten, daß der weiße Königsspringer (zur Rechten des Königs) von seinem Ursprungsfeld auf das dritte Feld vor dem Läufer zieht. e7—e5 versinnbildlicht den Zweischritt des vor dem schwarzen König stehenden Bauern (Königsbauern). Abkürzen kann man diese Schreibweise, indem man nur das Endfeld der Bewegung angibt, demnach Sf3 oder e5. X bedeutet „schlägt", t = „Schach", 0—0 = kurze, 0—0—0 = lange Rochade, =j= = Matt. In der abgekürzten Notation wird das Schlagen durch einen Doppelpunkt hinter dem Zug bezeichnet. ! = guter Zug, ? = schlechter Zug.
Ziel der Schachpartie Das Ziel, auf das beide Gegner in der Schachpartie ausgehen, besteht darin, den feindlichen König mattzusetzen. Wir erklärten bereits, daß man unter „angreifen" u. a. den Zug eines Steines versteht, durch den er in die Möglichkeit versetzt wird, im nächsten Zug einen feindlichen Stein zu schlagen. Einen solchen Angriff auf den König nennt man „Schach bieten", und man pflegt auch wohl den Angriff mit dem Ausruf „Schach I" zu begleiten. Nötig ist dies indessen nicht. Dem Schachgebot muß begegnet werden. Aus dem, was wir bisher gelernt haben, läßt sich unschwer ableiten, daß es drei verschiedene Weisen der Abwehr gibt: 1. Der angreifende Stein wird geschlagen.
7 2. Der König begibt sich auf ein Feld, auf dem er nicht angegriffen ist. Die Rochade ist dabei unzulässig. 3. Die Wirkungslinie des angreifenden Steines wird durch das Dazwischenstellen eines eigenen Steines unterbrochen. Daß eine derartige Unterbrechung nicht möglich ist, wenn der schachbietende Stein ein Springer oder ein Bauer ist, ergibt sich aus der Eigenart dieser Steine. Ist keine dieser drei Arten gegeben, um dem „Schach" entgegenzutreten, dann ist der König matt und die Partie aus. Tatsächlich kommt es also nicht dazu, daß der König geschlagen wird. 12
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In Stellungsbild 12 bietet der schwarze Läufer dem weißen König Schach. Weiß kann die Gefahr beseitigen, indem er entweder mit Tel X c6 den Läufer schlägt oder mit f2—f3 die Läuferlinie unterbricht oder schließlich den König mit Kg2—gl oder Kg2—g3 usw. in Sicherheit bringt.
8
Die vorstehenden vier Stellungen sind M a t t s t e l l u n g e n . Das Matt in Bild 13 ist das Ergebnis einer Überrumpelung, die als „Schäfermatt" bekannt ist. Es hat sich aus der Grundstellung wie folgt entwickelt 1.
e2—e4
e7—e5
2.
Lfl—c4
Lf8—c5
3.
Ddl—f3
Sb8—c6
4.
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Matt
Zu Bild 16 ist zu sagen, daß der schachbietende Springer g3 nicht vom Bauer h2 geschlagen werden kann, weil dadurch der weiße König dem Angriff der schwarzen Dame ausgesetzt würde. Es ist aber klar, daß der König sich nicht selbst einem „Schach" aussetzen darf.
Eine besonders gefährliche Art des Schachgebotes ist das „ A b z u g s s c h a c h " und ferner das „ D o p p e l s c h a c h " . In Stellungsbild 17 demaskiert Weiß am Zuge mit Lh6—f8 den weißen Turm („Abzugsschach") und bläst damit dem Gegner das Lebenslicht aus. In Stellungsbild 18 hat die
9 schwarze Dame soeben auf e7 ein Schach gegeben. Natürlich könnte Weiß mit dem König ausweichen. Aber er verfügt über ein weit wirkungsvolleres Mittel der Abwehr, nämlich den Zug Lh2—eö. Nicht genug, daß damit die Linie el—e7 unterbrochen wird, bietet Weiß nun seinerseits sowohl mit dem Läufer als auch mit dem (bisher maskierten) Turm Schach. Ein Doppelschach also, gegen das es keine Rettung gibt. Die kombinierte Wirkung zweier Steine gelangt durch das Doppelschach zu besonders sinnfälligem Ausdruck. Der Mattsieg ist nun nicht immer zu erreichen. Außer ihm gibt es in der Partie auch einen unentschiedenen Ausgang, das Remis. Dieser Fall tritt ein 1. Wenn keine Partei über genügend Kräfte verfugt, um das Matt zu erzwingen. Das ist z.B. nicht möglich, wenn einer der Spieler nur noch über König und Läufer oder Springer und der andere nur noch über den König verfügt, weil dieser sich stets dem Schach entziehen kann. 2. Wenn beide Gegner gezwungen andauernd dieselben Züge wiederholen. Nach beiderseitiger dreimaliger W i e d e r h o l u n g solcher Züge muß die Partie als unentschieden abgebrochen werden. Unentschieden ist aber eine Partie auch dann, wenn in ihr d r e i m a l die g l e i c h e S t e l l u n g mit dem gleichen Gegner am Zuge vorkommt. 3. Wenn einer der Parteien p a t t wird. Dieses Patt — ein göttlicher Aberwitz in der Schachpartie — ist dann eingetreten, wenn eine Partei nicht mehr in der Lage ist, ihrer Zugpflicht zu genügen. 19
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In Beispiel 19 ist Schwarz von einem Matt durch Da6—b7 oder Da6—a8 bedroht. Er ist aber in der glücklichen Lage, durch ein Dauerschach (auch „ewiges Schach" genannt) ein Remis zu erreichen, nämlich durch die Zugfolge Kgl—h2 Kh2—gl
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und so fort. In Beispiel 20 hat Schwarz seinen Bauern bis kurz vor das Umwandlungsfeld geführt. Gelänge es ihm, bis auf die letzte Reihe vorzudringen und ihn in eine Dame zu verwandeln,
10 wäre alles gut. Jedoch — Weiß ist am Zuge, und da sein König sich nicht selbst in ein Schach begeben kann, ist et zugunfähig geworden; also „patt". Wir fügen noch ein weiteres Pattbeispiel hinzu (Schwan am Zuge): 21
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Allgemeines Ein berührter Stein muß gezogen werden, es sei denn, daß der Spieler vorher zu erkennen gibt, daß er ihn lediglich zurechtzurücken beabsichtigt, etwa mit der Bemerkung „Ich stelle zurecht". Kann der berührte Stein nicht gezogen oder, sofern er ein feindlicher ist, nicht geschlagen werden, so hat die Berührung keine Folgen. Ein Zug gilt erst dann als Tollendet, wenn der betreffende Stein losgelassen worden ist. Wird im Laufe einer Partie festgestellt, daß ein regelwidriger Zug unterlaufen ist, muß die Stellung so wiederhergestellt werden, wie sie vor Ausführung des regelwidrigen Zuges bestanden hat. Wenn die Stellung nicht wiederhergestellt werden kann, ist die Partie ungültig, und es muß eine neue gespielt werden. Das gleiche gilt, wenn festgestellt wird, daß die Anfangsstellung der Steine unrichtig war.
Vom Wert der Steine Wir haben nunmehr die erste Grundlage kennengelernt, auf der sich die Schachpartie aufbaut. Es ist selbstverständlich, daß der Lernende nun zur Partie drängt, um die Geheimnisse des viclgerühmtcn Spieles zu erkunden. Allein erst mit der Erfahrung wird die Besinnlichkeit und damit schrittweise das Verständnis für die vielen, immer zu neuen Bildern zusammentretenden Einzelheiten geweckt werden. Zunächst wird er das Chaos, das ihm im Spiel und Widerspiel der 32 Steine, der eigenen und der fremden Absichten entgegentritt, mit der Fackel des Mattgedankens zu durchdringen versuchen. Indessen wird er bald feststellen, daß man nicht mit dem Kopf durch die Wand kann, wenn auch der Gegner einigermaßen auf der Hut ist, und daß in der Mehrzahl der Fälle nur ein langer, verschlungener und dornenvoller Weg zum letzten Ziele führt. Und daß eben hierin der Reiz des Schachspiels liegt. Bevor wir jedoch zum ersten Hauptthema kommen, mögen ein paar allgemeine Betrachtungen und ein paar bunte Bilder den Boden ein wenig vorbereiten.
11 Das, was der Schachjünger sicherlich am raschesten — weil am augenfälligsten — bemerkt, ist der u n t e r s c h i e d l i c h e Wert der Steine. Er weiß: die Dame mit der zusammengefaßten Kraft von Turm und Läufer ist die bei weitem stärkste Figur auf dem Brett. Ihr schließt sich der Turm an, der sich seinerseits dem Läufer und dem Springer als um einiges überlegen erweist. Die beiden letzteren wiederum scheinen sich einigermaßen die Waage zu halten. Von den schwerfälligen, bedächtigen Bauern wird er vorerst keine sonderlich hohe Meinung haben und mit ihnen freigebig wie ein Grandseigneur umzugehen geneigt sein. Dame und Turm tragen, ihrer Bedeutung entsprechend, die Bezeichnung „schwere Figuren", Läufer und Springer „leichte Figuren". Dank ihrer größeren Kraft sind natürlich die stärkeren Steine eine Gefahr für die schwächeren. Aber dies ist durchaus nicht immer der Fall. Das Verhältnis muß sich umkehren, wenn z.B. ein geringerer Stein einen höherwertigen aus sicherer Stellung so angreift, daß er sich dem Angriff nicht mehr entziehen kann. 22
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Mit dem Damenzuge greift Weiß den schwarzen Springer an. Sein Besitzer muß etwas für ihn tun, denn eine so wertvolle Figur darf man nicht mir nichts, dir nichts preisgeben. Fortziehen kann er den Springer nicht, denn damit würde der schwarze König sich dem Schach der weißen Dame aussetzen, und das ist nach den Regeln, wie wir wissen, nicht zulässig. Der Springer ist also gefesselt! Schwarz könnte nun den bedrohten Springer decken (schützen), indem er 1. . . . Dd8—e7 zieht. Sicherlich ein vernünftiger Weg. Aber er hat noch eine andere, nicht weniger wirkungsvolle Möglichkeit. Sie besteht in 1
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Die Rochade stellt eine m i t t e l b a r e Deckung des angegriffenen Springers dar. Schlägt ihn Weiß nämlich jetzt so folgt
2. 2
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und wir sehen, daß nun umgekehrt die weiße Dame durch den gegnerischen Turm gefesselt ist. Diese Fesselung ist deswegen peinlich, weil die fesselnde Figur schwächer ist als die
12 gefesselte und weil infolgedessen Weiß, nachdem der Turm die Dame geschlagen haben wird, um entscheidendes Material ärmer geworden wäre. In der Ausgangsstellung (Bild 22) ist auch der weiße Springer auf d4 in einem gewissen Sinne gefesselt, denn würde er sich von seinem Platze bewegen, wäre der Läufer b2 verloren: L f 6 x b 2 . Soll also eine Schädigung des weißen Spieles vermieden werden, so wird der Springer auf seinem Platz verharren müssen. Die „ F e s s e l u n g " ist ein mächtiges Motiv in der Schachpartie, wir werden ihr in vielfacher Gestalt noch häufig begegnen. Auf Schritt und Tritt sehen sich die Steine durch die eigenen und die fremden in ihrer Wirksamkeit beeinflußt. Ihr Wert ist daher kein absoluter, der sich etwa durch eine feststehende Zahl ausdrücken ließe, sondern hängt auch noch von der jeweiligen Stellung ab. Am ausgeprägtesten zeigt sich diese Erscheinung beim König. Bei vollem Brett stets mattumdroht, wächst seine Kraft in dem Maße, wie sich das Material vermindert, um dann im reinen „Endspiel" zu bemerkenswerter, ja oft zu entscheidender Stärke anzuwachsen. Ebenso leuchtet z.B. ein, daß die Türme zu Beginn der Partie, eingeklemmt in ihre Ecken, viel weniger Einfluß auf den Gang der Partie haben als später, wenn erst Linien geöffnet sind. Man wird gut tun, sich die Abhängigkeit des Wertes der Steine von der Stellung stets vor Augen zu halten.
Das Kennzeichen der Stellungen 23 und 24 ist der weit vorgerückte weiße „Freibauer" a7. Seine Umwandlung muß Schwarz verhindern, weil er sonst für die neu entstehende Dame eine Figur hergeben müßte. Das aber würde einen schweren Aderlaß bedeuten, da ja diese Figur an sich nur für einen Bauern, also einen Stein wesentlich geringeren Grades, ihr Leben gelassen hätte. Die Lage verlangt somit gebieterisch, daß der Bauer gestoppt wird. In Bild 23 hat ein Turm, in Bild 24 ein Läufer diese Aufgabe übernommen. Der Unterschied ist unschwer zu erkennen. Der Turm übt neben seiner passiven Tätigkeit als Sperrstein nur eine dürftig aktive Wirksamkeit auf die Querreihe im eigenen Lager aus. Der Läufer hingegen im Diagramm 24 hält gleichfalls den Bauern blockiert, bestreicht jedoch zugleich die ganze Schräge bis tief in die feindliche Stellung hinein. Wir ersehen daraus, wie verschiedenartig der Bauer a7 auf den Wert des Turmes und des Läufers einwirkt.
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Der mächtige Springet in der Mitte der Stellung 25 steht wie ein Fels, er kann niemals vertrieben werden. Der Wirkungskreis eines solchen unangreifbaren „ Z e n t r a l s p r i n g e r s " ist wahrhaft umfassend: die Punkte d6, f6, g3, f2, d2, e3 sind seinem Einfluß unterworfen. Der Turm wird sich hier schwerlich durchsetzen können. Übrigens bezeichnet man die Differenz Turm—Läufer oder Turm—Springer als „ Q u a l i t ä t " , so daß in der Stellung Weiß „die Qualität mehr hat". Diagramm 26 gibt ein Beispiel der Überlegenheit der schweren weißen über die schweren schwarzen Figuren. Die ersteren haben sich hintereinander in der c-Linie aufgestellt und drücken mit vereinten Kräften gegen den rückständigen Bauern c6. (Unter ruckständigen Bauern versteht man solche, die zurückgeblieben sind und von anderen nicht mehr gedeckt werden, die aber auch nicht vorrücken können.) Die schwarzen Figuren dagegen sind in ihren Bewegungen auf verhältnismäßig engen Raum und auf Passivität angewiesen. Hinzu kommt, daß der vorgeschobene und gedeckte weiße Bauer e5 den Druck auf das schwarze Spiel unterstützt, nicht allein deswegen, weil er die Punkte d6 und f6 beherrscht, sondern weil er auch gelegentlich, ohne von feindlichen Bauern gehindert zu werden, vorgehen kann (Freibauer). Zwar sind die B a u e r n die schwächsten Steine, aber darum keineswegs die unwichtigsten. Gewiß, sie können nicht rückwärts ziehen und auch ihre Vorwärtsbewegung ist bedächtig, verhalten. Eben darum aber bilden sie das bodenständige Element in der Schachpartie und bei ihrer achtunggebietenden Zahl geben sie ihr auf lange Sicht das Gepräge. Und, so widersinnig es klingen mag, in ihrer Schwäche liegt zugleich ihre Stärke. Die Figuren müssen vor Ihnen zurückweichen, eine in sich geschlossene Bauernkette, in der also ein Bauer den anderen stützt, kann Wunder wirken. Also ehret und achtet die Bauern! Es wurde eben gesagt, daß die Bauernstellung der Partie den Charakter aufdrücke. Der Vergleich zwischen den Stellungen 27 und 28 mag dies veranschaulichen. Das feste, zusammenhängende B a u e r n g e r i p p e in Stellung 27 ist durchaus verschieden von der b e w e g l i c h e n , noch alle Möglichkeiten offen lassenden Bauernstellung in Bild 28. Ebenso unverkennbar ist die Rückwirkung dieser Bauernstellungen auf die Beweglichkeit der Figuren. Die richtige Führung der Bauern ist eines der schwierigsten Kapitel im Schach. Erst nach und nach wird dem Schachbeflissenen das Verständnis dafür aufgehen. Ganz allgemein wird man vom Wert der Steine sagen dürfen, daß die Dame etwa der Kratt zweier Türme und der von drei Leichtfiguren gleichzuachten ist. Der Turm ist zwar mehr
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wert als eine Leichtfigur, aber schwächer als zwei von ihnen. Läufer und Springer dürften je die Kraft von etwa drei Bauern aufwiegen. Noch ein anderes dürfte klar geworden sein. Das ist die Bedeutung des G l e i c h g e w i c h t e s d e r K r ä f t e . Wer einen Bauern oder gar eine Figur ohne Gegenwert verliert, tut damit meist den ersten Spatenstich zu seinem Grabe. Sorgfalt in diesem Punkte ist ein grundlegendes, vom Anfänger nur zu oft verletztes Gesetz. Die Bilanz muß stimmen!
Damit sind wir am Ende unserer Einführung angelangt und treten nunmehr in eine Betrachtung über die lebendige Partie selbst ein. Wir zerlegen sie in drei große Abschnitte: den P a r t i e a u f b a u , das M i t t e l s p i e l und das E n d s p i e l . Der erste umfaßt die Mobilisierung der Streitkräfte, der zweite denjenigen Teil der Partie, in dem alle Kräfte entfesselt sind und der Kampf seinen Höhepunkt erreicht, und der dritte endlich die — übrigens nicht immer erreichte — Phase, in welcher bei weitgehend verminderter Zahl der Steine der Kampf abgeklungen ist und in ruhigeren, einfacheren Gleisen dem Ende zustrebt. Die Unterscheidung der drei Abschnitte ist eine durchaus unscharfe, vielfach gehen sie unmerklich ineinander über. Die Einteilung hat sich jedoch aus methodischen Gründen als ebenso notwendig wie zweckmäßig erwiesen.
II. Teil VOM PARTIEAUFBAU (Eröffnungslehre) Der Anfang der Partie hat die erste Bereitstellung der Kräfte aus der Grundstellung heraus zum Gegenstand. In der Schachsprache pflegt man die diesem Ziele dienenden Züge als Entwicklung zu bezeichnen. Die Erfahrungen, die seit Jahrhunderten auf dem Gebiete des Partieaufbaus gesammelt worden sind, haben ihren Niederschlag in der „Eröffnungstheorie" gefunden. Hier sind die ungezählten Varianten, die gespielt und untersucht worden sind, im Laufe der Zeit nach gewissen Gesichtspunkten geordnet worden, so daß sich die schier erdrückende Fülle des Stoffes dem Lernenden in einer wenn auch nicht gerade einfachen, so doch einigermaßen übersehbaren Gliederung darbietet. Es gibt eine ganze Anzahl von Sammelwerken, die mehr oder weniger vollständig die Gesamtheit der Eröffnungen und ihrer Einzelheiten enthalten. Meist sehr umfangreiche Bücher, die den Charakter von Nachschlagewerken haben. Dem bewährten Brauche folgend teilen auch wir die Soielanfänge in drei große Ab schnitte ein: 1. Abschnitt. Weiß beginnt mit 1. e2—e4. 2. Abschnitt. Weiß beginnt mit 1. d2—d4. 3. Abschnitt. Vermischte Spielanfänge. Die Namen, die die einzelnen Eröffnungen tragen, sind im Laufe der geschichtlichen Entwicklung entstanden und haben Bezug entweder auf die Namen von Schachspielern, die sie zuerst untersuchten oder auf die Länder, in denen ihnen eine besondere Pflege zuteil wurde. Eine vernünftige Entwicklung der Kräfte ist also die Aufgabe, die im Partieaufbau gestellt ist. Nicht auf ein wahlloses Herausbringen der Steine kommt es an, sondern darauf, daß die Züge wie Glieder ineinandergreifen. Der Schüler wird von vornherein sein Auge offen halten müssen für die Zusammengehörigkeit der Züge, d.h. für den inneren Sinn gewisser Zugfolgen. Er wird dabei vieles nicht sogleich verstehen, vielmehr wird ihm die ganze Bedeutung der Züge und Eröffnungen erst in dem Maße aufgehen, wie seine Erfahrung wächst und er an ihr die Eröffnungen in ihrer schillernden Mannigfaltigkeit Stets von neuem erprobt. Die Eröffhungstheorie ist kein feststehendes Schema, das man einfach übernehmen könnte, sondern etwas, was immer noch im Fluß und dem Wechsel und Wandel unterworfen ist. Es sei dem Lernenden daher nachdrücklich empfohlen, in seinen Kämpfen am Brett auch Züge zu versuchen, die er nicht aufgezeichnet findet, denn so wird er seinen Blick weiten und das Brauchbare vom Unbrauchbaren zu scheiden lernen. Er wird dann auch nicht der Gefahr erliegen, Varianten aus Büchern und Zeitschriften als der Weisheit letzter
16 Schluß einfach als gegeben zu übernehmen und sich rein gedächtnismäßig anzueignen, sondern dahin kommen, die in ihrem Wesen erkannten Eröffnungen als biegsames Werkzeug zum Zwecke eines sinnvollen Partieaufbaus zu handhaben. Demgemäß kann es nicht die Aufgabe dieses Buches sein, möglichst viele Einzelheiten aneinanderzureihen. Vielmehr soll versucht werden, an einigen Kernstücken die Voraussetzungen eines gesunden Partieauf baus darzulegen. Die übrigen Eröffnungen werden knapp umrissen werden, so daß sich der Leser ein Gesamtbild von der „Eröffnungstheorie" machen kann. 1. A b s c h n i t t : 1.
e2—e4
Gruppe A 1. . . . e7—e5 Wir betrachten zunächst diejenigen Partieanfänge, bei denen Schwarz den Doppelschritt des Königsbauern 1. e2—e4 mit dem gleichen Zug beantwortet, also 1 e7—eö. Italienische Partie e2—e4
e7—e5
2. Sgl—f3
1.
Sb8—c6
3.
Lf8—c5
Lfl—c4
Spielweisen einleiten und dem Lernenden aus diesem Grunde einen klaren Fingerzeig für charakteristische Merkmale des Partieaufbaus geben. a) 4. Sbl—c8 4. Sbl—c3
29
5.
8 7
6 5 4 3
2 1 a b o
d e
f
g h
Dies ist die Grundstellung der „italienischen Partie". Beiderseits sind gesunde Züge erfolgt. Bauern haben die Brettmitte betreten, die Springer wirken gleichfalls u. a. auf die Mittelfelder, die Läufer zielen ins feindliche Lager. Weiß hat verschiedene Möglichkeiten, die Mobilisierung seiner Streitkräfte fortzusetzen. Die bedeutungsvollsten davon sind 4. Sbl—c3 und 4. c2—c3, und zwar deswegen, weil sie zwei ganz verschiedenartige
Sg8—f6
d2—d3
Bei Anfängern begegnet man häufig dem Zuge 5. Sf3—g5, der ja offenkundig den Punkt f7 bedroht (denn der Läufer c4 zielt auch dorthin). Dennoch wäre der Springerausfall tadelnswert. Warum? Nun, Schwarz würde durch 5 0—0 den angegriffenen Punkt hinreichend decken, denn ließe Weiß es sich dennoch einfallen, auf f7 hineinzuschlagen, so wäre die Folge: 6. S g 5 x f 7 T f 8 x f 7 7. L c 4 x f 7 f K g 8 x f 7 , und Weiß hätte Läufer + Springer für Turm 4- Bauer hingegeben, was einem immerhin fühlbaren Materialverlust gleichkäme. Ein solcher wöge in diesem Abschnitt der Partie um so schwerer, als hier die beweglichen, leichten Figuren eine stärkere Wirkung ausüben als die noch schwerfälligen Türme. Der Springer g5 müßte also demnächst den Rückzug antreten und das ganze Unternehmen wäre als ein v o r z e i t i g e r A n g r i f f mit u n g e n ü g e n den M i t t e l n entlarvt, der nur Zeit gekostet hätte. Z e i t v e r l u s t aber ist K r a f t v e r l u s t . Mit 5. d2—d3 wird ein organischer Weiteraufbau angestrebt.
17 5
d7—d6
6.
Lei—g5
Eine weitete Figur wird in Stellung gebracht. Der Zug ist nicht ein irgend beliebiger, sondern verfolgt einen bestimmten Zweck. Der Sf6 soll g e f e s s e l t werden. Offenbar kann dieser jetzt nicht ziehen, ohne daß die hinter ihm in der Läuferdiagonale stehende Dame verloren ginge, d. h. mit anderen Worten, der Springer ist in seiner Wirksamkeit gehemmt. Und nicht allein das. Weiß vermag unter Umständen durch den Zug Sc3—d5 eine weitere Figur zum Angriff auf den bewegungsunfähigen Sf6 heranzuführen und so die Fesselung zu verstärken. Damit sind Unannehmlichkeiten verbunden, die sich leicht zu einem schweren Nachteil verdichten können. Gemessen an der Stellung 22 ist die hier auftretende Fesselung noch eine sehr milde und nicht mit einer unmittelbaren Drohung verbunden. Dennoch wird der Lernende gut tun, jeder Fesselung sogleich seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und zu versuchen, sie je früher, desto besser unschädlich zu machen. 6
h7—h6
Diesem Gedankengang Rechnung tragend, greift Schwarz den Läufer sofort an. 7. L g 5 x f 6 Man könnte die Frage aufwerfen, weshalb Weiß die Fesselung nicht aufrecht hält, indem er 7. Lg5—h4 zieht. Antwort: es könnte 7 g7—g5 folgen und nun wäre nach 8. Lh4—g3 jene nicht nur aufgehoben, sondern der Läufer auch auf ein Feld abgedrängt, auf dem er infolge der ihm überall entgegenstarrenden schwarzen Bauern für lange Zeit, vielleicht sogar für immer, so gut wie tot wäre. 7
Dd8xf6
8.
Sc3—d5
Df6—d8
Die Dame muß Zurück, da sowohl sie als auch der Punkt c7 angegriffen ist. 2
B r l n c k m a n n , Lehrbuch. 4. Aufl.
9.
c2—c3
Sc6—e7
Dem letzten Zug von Schwarz liegt die Absicht zugrunde, den starken Sd5 durch Abtausch zu beseitigen. Die Partie bewegt sich in ruhigen Bahnen. Weiß wird wohl demnächst, mit d3—d4 beginnend, auf den Mittelfeldern operieren. Statt des Fesselungszuges 6. Lei—g5 hat der Anziehende auch in 6. Lei—e3, um nämlich dem wirksamen Lcö unverzüglich entgegenzutreten, eine brauchbare, solide Fortsetzung. Z. B.: 6. Lei—«3
Lcö—b6
Der Rückzug geschieht in der Absicht, falls Weiß jetzt 7. L e 3 x b 6 folgen läßt, mit dem a-Bauern wiederzunehmen (7 a7 x b6), wodurch die a - L i n i e g e ö f f n e t würde und der Ta8 Wirkungskraft erhielte. Schwarz kann aber ebensogut mit 6 0—0 in der Entwicklung fortfahren. Dagegen hat die Erfahrung gelehrt, daß 6 . . . . Lcö x e3 weniger empfehlenswert ist, weil Weiß nach etwa 7. f 2 x e3 Sc6—aö 8. Lc4—b3 Saöx b3 9. a 2 x b 3 0 — 0 1 0 . 0 - 0 angesichts der beiden offenen Turmlinien (a- und f-Linie) das freiere Spiel hätte. 7. Ddl—d2
Lc8—e6
8. Lc4—b3
0—0
9.
usw.
0—0
Wir sehen in diesen Spielweisen Vollentwicklung auf beiden Seiten, bei g e s c h l o s s e n e r , u n k o m p l i z i e r t e r B a u e r n s t e l l u n g in der Mitte. Die Aussichten sind für beide Parteien gleich. b ) 4. c2—c8 Weiß will mittels d2—d4 ein B a u e r n z e n t r u m bilden. Der Kampf um die Mittelfelder ist ein wesentlicher Bestandteil der Eröffnung. „Wer die Mitte hat, hat die Zukunft I" 4.
c2—c3
Sg8—f6
18 31
Entwicklung einer Figur unter gleichzeitigem Angriff auf den Bauern e4. 5.
d2—d4
eöx d4
Die Frage, ob nicht auch der Läuferrückzug 5 Lc5—b6 möglich ist, um dann den Bauern e5 gegen den Bauern e4 einzutauschen: 6. d4 x e5 Sf6 x e4 muß verneint werden. Es folgt nämlich 7. Ddl—d5 mit D o p p e l a n g r i f f auf den Se4 und den Punkt f7. Beides zu decken ist Schwatz nicht imstande, so daß, da die Verhinderung der Mattdrohung auf f7 vordringlich ist, eine ganze Figur verloren ginge. Eine lehrreiche Wendung. 6.
c3xd4
Lc5—b4t
Der angegriffene Läufer entfernt sich unter Schachgebot und Zeitgewinn. Geradezu schlecht wäre 6 Lc5—b6, weil Weiß alsdann vom Fleck weg sein bewegliches Bauernzentrum zum Angriff vorführen könnte: 7. d4—dö Sc6—e7 8. e4—e5 Sf6—g4 9. d5—d6 c 7 x d 6 10. e 5 x d 6 Lc5 x f 2 f (falls 10 Sf2:, so 11. Db3!) 11. Kel—e2 Se7—f5 12. Ddl—d5 und Weiß gewinnt mindestens eine Figur (12 Df6 13. De4f). Eine sehr lebhafte Wendung, bei der der Leser getrost ein wenig verweilen möge. 7.
Lei—62 30
Wir machen einen Augenblick halt, um die beiden durch 4. Sbl—c3 und 4. c2—c3 eingeleiteten Spielweisen einander gegenüberzustellen. Der Unterschied springt in die Augen, er wird durch die Bauernstellungen bedingt. Trotz gleicher Anfangszüge hat jede der Diagrammstellungen bereits ihr besonderes Gepräge. Es bedarf keiner langatmigen Erläuterungen, daß und warum man die Stellung in Bild 31 als g e s c h l o s s e n und diejenige in Bild 30 als o f f e n bezeichnet. Die j etzt folgenden Ausführungen werden zeigen, wie sehr die offenen Partieanfange zu lebhaften, scharfen Verwicklungen Anlaß geben können. Die geschlossen behandelten Eröffnungen neigen nicht in dem Maße dazu, was leicht einzusehen ist, wenn man sich vergegenwärtigt, daß durch die Bauernstellung bei ihnen die Freizügigkeit der Figuren und damit die Dynamik des Spieles erheblich beeinträchtigt ist. 7
a b c
d
e f g h
Lb4xd2f
Verwegene Varianten werden mit 7 S f 6 x e 4 heraufbeschworen. Z.B. 8. L d 2 x b4 Sc6 x b4 9. Lc4 x f7f. Ein häufig angewandter Kunstgriff in der Schachpartie, den sich der Lernende einprägen möge! Ein Stein wird vorübergehend geopfert, um dann durch ein Schachgebot zurückgewonnen zu werden. 9 K e 8 x f 7 10. Ddl—b3f d7—d5 11. Sf3—e5f Kf7—e6 12. D b 3 x b 4
19 c7—c5. Obwohl sein König aus der schützenden Grundstellung herausgelockt worden ist, scheint Schwarz das Spiel ohne große Schwierigkeiten dennoch halten zu können. Eine Notwendigkeit zu 9. L c 4 x f 7 f besteht in dieser Variante nicht. Eine andere Möglichkeit, den auf e4 eingebüßten Bauern wiederzuholen, besteht in 9. Ddl—b3 d7—d5 (es drohte Lf7:f) 10. D b 3 x b 4 d 5 x c 4 11. Sbl—a3 und das Gleichgewicht der Kräfte ist, nachdem Weiß den Bauern c4 geschlagen hat, wiederhergestellt. 8. Sbl x d2
e4xd5
Sf6xd5
10. Ddl—b3
Sc6—e7
11.
0-0
12. Tfl—el
11. L c 4 x f 7 f 12.
Ke8—f8
Lei—g5!
0—0
Die mit 7. Lei—d2 beginnende Spielweise kann man als Normalvariante des aus 4. c2 —c3 erwachsenden Abspiels der italienischen Partie bezeichnen. Zu außerordentlich lebhaften und auch lehrhaften Wendungen kommt es, wenn Weiß statt mit dem Läuferzug dem Schachgebot 6 Lc5—b4 mit 7. Sbl—c3 begegnet. Mit diesem Zuge opfert Weiß einen Bauern, denn Schwatz kann nun unbehelligt e4 schlagen. Aber das Opfer erfolgt nicht ins Blaue hinein, sondern als Ent-
Sf6Xe4 Se4 X c3 Lb4Xc3 Lc3 X a l
Die allzu große Habgier wird fürchterlich bestraft.
32
c7—c6
Damit ist wieder eine gewisse Versteifung der Stellung eingetreten. Die Bauernmitte, die Weiß nach dem 6. Zuge erreicht hatte, ist zerstört worden. Zwar hat er sich in der bereits von einem Turm besetzten e-Linie eine Grundlage für weitere Unternehmungen verschafft, dafür ist aber Schwarz im Besitze des wichtigen Zentralpunktes d5, der von keinem feindlichen Bauern mehr angegriffen werden kann. Es könnte folgen: 13. Sd2—e4 Dd8—b6 14. Se4—c3 Db6x b3 15. Lc4x b3. Die Spiele stehen ungefähr gleich.
2«
7. S b l — c8 8. 0—0 9. b2xc3 10. D d l — b3
d7—d5
Ein Gegenstoß, mit dem nun auch von Schwarz der Kampf in der Mitte energisch aufgenommen wird. 9.
gelt dafür hofft Weiß die raschere Entwicklung und Angrißsaussichten zu erhalten. Wir haben weiter oben dem Leser eindringlich geraten, immer auf das Gleichgewicht der Kräfte zu achten. Ein guter Rat, bei dem es bleiben muß! Allein es gibt auch Situationen im Schach, wo man Materie opfern kann, um dafür ideelle V o r t e i l e einzutauschen. Solche Vorteile sind z. B.: Raumgewinn, Zeitgewinn, Entwicklungsvorsprung, Angriffsaussichten.
8 7
6 5 4 3 2 1 a b c 12
d e f g
h
Sc6—e7
Das so oft wirksame Mittel des G e g e n angriffs versagt in der vorliegenden Stellung. Schwarz könnte nämlich den Ausfall 12 Sc6 x d4 versuchen, um auf 13. Sf3 x d4 mit Dd8x g& diesen gefährlichen Läufer zu beseitigen. Der Versuch wäre hier indessen völlig nutzlos, weil die angegriffene weiße Dame mit Schachgebot ausweicht: 13. Db3—a3f und dann im nächsten Zuge
20 die schwatze Dame geschlagen würde. Die Tragikomödie des „Zwischenzuges"! 13.
Sf3—e5
14.
Lf7—g6l
Lalxd4
Droht Matt auf f7, so daß weder der Läufer noch der Springer geschlagen werden darf. 14
d7—d5
15. Db3—f3f
Lc8—f5
16. L g 6 x f 5
Ld4xe5
17.
Lf5—e6f
Abzugsschach! 17 18. Lg5 X f6
Le5—f6
19.
nebst Matt.
Df3xf6f
Nach den Zügen 7. Sbl—c3 S f 6 x e4 8. 0—0 kann Schwarz auf c3 auch mit dem Läufer schlagen. 8 9.
L b 4 x c3 d4—d5
9. b2 x c3 wäre viel zu zahm, weil Schwarz sich mit 9 d7—d5 sicherstellt (nicht hingegen 9 Sc3: wegen 10. Del-f nebst Dc3:). Der Geist der Variante, in der Weiß ja einen Bauern geopfert hat, erfordert energisches, angriffsweises Spiel. Wegen des Rückgewinns der Figur braucht er sich keine Sorgen zu machen, da jetzt zwei 33
g7xf6
Ein warnendes Beispiel! Während Schwarz blindwütig die angebotenen Steine schlug, entwickelte der Gegner eine Figur nach der anderen und faßte sie schließlich zu einem gewaltigen Mattangriff zusammen. Der M a t e r i a l v e r l u s t ist doppelt und dreifach in Z e i t g e w i n n umgesetzt worden. Wir werden daraus die Lehre zu ziehen haben, daß die zusammenhängende Entwicklung der Streitkräfte allem anderen vorauszugehen hat und daß es ein grundsätzlicher Fehler ist, mit einzelnen Figuren auf Beute auszugehen und die übrigen zu Hause zu lassen. Darum hätte Schwarz nach 10. Ddl—b3 mit dem witzigen Zuge 10 d7—d5! fortfahren müssen. Nach 11. L c 4 x d 5 0—0 12. Lc4 x f 7 f (12. Dc3: Dd5: oder 12. Lc6: Lal:) 12 Kg8—h8 (12 Tf7: 13. Sg5 Le6! 14. De6: De7!) 13. D b 3 x c 3 T f 8 x f 7 14. Dc3—b3. Weiß dürfte allerdings dabei das etwas aussichtsreichere Spiel haben. Wahrscheinlich ist eben der Zug 9 L b 4 x c 3 nicht ganz erstklassig und besser statt dessen 9 d7—d5, mit der etwaigen Folge 10. c3 X b4 d5 x c4 11. b4—b5 Sc6—e7 12. Lei—a3 0—0 13. T f l — e l Tf&—e8 14. Ddl—e2 Lc8—e6 15. Sf3—g5 Dd8—d5. Weiß gewinnt seinen Bauern zurück, erreicht aber nicht mehr als gleiches Spiel.
schwarze Figuren angegriffen sind und ihm eine also mit Sicherheit wieder zufallen muß. Der Schwarz zu Gebote stehenden Antworten sind eine ganze Zahl. Wir greifen, um nicht ins Uferlose zu geraten, diejenige heraus, die sich bisher als beste erwiesen hat. 9
Lc3—F61
Auch 9 Sc6—e5 kommt in Betracht. Z. B. 10. b2 x c3 Se5 x c411. Ddl—d4 f 7—f5! 12. D d 4 x c 4 d7—d6. 10.
Tfl—el
Sc6—e7
11. T e l x e4
d7—d6
12.
Lei—g5I
Rascheste Mobilisierung aller Figuren I Da Schwarz die Vereinzelung seiner Königsflügelbauern und die damit verbundene
21 Durchlöcherung seiner Stellung durch Lg5 x f6 nicht zulassen will — und mit Recht —, schlägt er seinerseits den Läufer, mag auch der gegnerische Springer damit auf ein günstiges Feld gebracht werden. 12 Lf6xg5 13. Sf3 x g5 0—0 Hier liegt 13. . . . Lc8—f5 nahe, weil, wie es scheint, damit eine Figur unter Angriff entwickelt wird. Das wäre nach den von uns verkündeten Prinzipien gehandelt! Allein die Eigentümlichkeit der Lage macht den Zug dennoch zu einem lehrreichen Fehler. Weiß ist nämlich gar nicht gehalten, den Angriff auf seinen Turm zu respektieren, sondern kann mit dem Gegenangriff 14. Ddl—f3 aufwarten. Damit droht Df3 X f5, da der Se7 gefesselt ist. Läßt Schwarz sich auf 14 Lf5 X e4 ein, so setzte er sich einem gefährlichen Angriff aus: 15. D f 3 x f 7 t Ke8—d7 16. Df7—e6f Kd7—e8 17. D e 6 x e 4 . Der weiße Springer wird sich auf e6 einnisten und entscheidend die Bewegungsfähigkeit der schwarzen Steine hemmen. Der Materialunterschied — leichte Figur gegen Turm — ist durch den S t e l l u n g s v o r t e i l mehr als aufgewogen. Der Läuferrückzug 14 Lf5—g6 würde die Lage des Schwarzen nur verschlimmern, weil 15. T a l — e l folgt und der Doppeldruck in der o f f e n e n e - L i n i e dem gefesselten Se7 das Leben kosten würde. Die Rochade (14 0—0) verbietet sich gleichfalls, denn darauf entzieht Weiß mit 15. Te4 x e7 dem Lf5 die Stütze und wäre nach 15 Dd8 x e7 16. Df3 x f5 materiell im Vorteil.
zuschließen. Man sieht, welche ausschlaggebende Rolle die offene e-Linie hier spielt. Die Frage der r e c h t z e i t i g e n R o c h a d e ist offenkundig für den Partieaufbau in vielen Fällen von größter Bedeutung, sowohl in Hinsicht auf die Sicherheit des Königs als auch, um die Türme miteinander zu verbinden und ins Spiel zu bringen. 14.
Sg5xh7
Königsangriff um jeden Preis! 14 15. Ddl—h5f 16. Te4—h4
Kg8xh7 Kh7—g8
Der Sinn des Figurenopfers im 14. Zuge tritt nunmehr zutage. Durch die Beseitigung des Bh7 ist eine Zugstraße für die schweren weißen Figuren geöffnet und ein Einbruch ins feindliche Lager möglich geworden. Es droht Dh5—h7 matt. Offenbar hat Schwarz keine andere Abwehr, als durch einen Zug mit dem f-Bauern seinem König Fluchtfelder zu verschaffen. 16 17. Dh5—h7j18. Th4—h6
f7—f5 Kg8—f7
Der das Feld g6 sichernde Se7 soll am Ziehen gehindert werden. Falls z.B. 18 Se7 —g8, so 19. Dh7—g6f Kf7—e7 20. Dg6 X g7t Tf8—f7 21. T a l — e l f und gewinnt. 18 19. Tal—el
Tf8—g8 KfV—f8
Bleibt schließlich noch die Verteidigung 14 Dd8—d7. Weiß setzt fort: 15. Lc4 —b5! (Ablenkung der schwarzen Dame). 15 Dd7 x b516. Df3 x f5 f7—f617. Te4 X e 7 f K e 8 x e 7 18. Df5—e6f Ke7—d8 19. Sg5—f7 matt. Wir haben bei dieser eröffnungstheoretisch nicht besonders wichtigen Variante etwas weiter ausgeholt, um das Verständnis des Lesers für einfache taktische Wendungen auf-
a b
c d e
f g h
22 Weiß scheint drohend zu stehen, wird aber bei aufmerksamer Verteidigung des Gegners nicht mehr als Ausgleich erreichen. Z.B. 20. Th6—h3 Lc8—d7 21. Th3—e3 Se7—c8 22. Lc4—d3 g7—g6 23. h2—h4 Tg&—g7 usw. Interessant ist, daß der muntere Zug 7. Sbl —c3 schon von dem italienischen Meister Greco zu Beginn des 17. Jahrhunderts angegeben und erörtert wurde und bis auf den heutigen Tag die Gemüter beschäftigt hat. * *
7.
Dies geschieht in der Absicht, durch d4—d5 eine Figur zu gewinnen, z.B. 8 0—0 9. d4—d5 Sc6—d8 10. a4—a5 Lb6—c5 11. b2—b4 oder 9 Sc6—a510. Lc4—d3 und nun wird der Springer mittels b2—b4 unweigerlich gefangen. Infolgedessen verschafft Schwarz seinem Läufer ein Rückzugsfeld. 7 8.
*
Wir sahen, daß Weiß mit den Zügen 4. c2 —c3 und 5. d2—d4 den Kampf um die Mittelfelder eröffnete, daß Schwarz dabei aber das Gleichgewicht aufrechthalten kann, auch wenn er dem Gegner zunächst mit eö x d4 entgegenzukommen scheint. Neben diesem Bauerntausch nun gibt es noch ein anderes Verteidigungsverfahren, das nicht nur hier in der italienischen Partie, sondern ganz allgemein für den Partieaufbau von Bedeutung ist. Es besteht darin, in keine Öffnung der Mitte zu willigen, vielmehr den Zentralpunkt e5 zu behaupten. 4. 5. 6.
c2—c3 d2—d4 0—0
G
d7—d6
Ein Vergleich mit den Stellungen 30 und 31 ergibt, daß die vorliegende wieder eine andere Form des Auf baus darstellt. Dadurch, daß die Schlagmöglichkeiten e5 X d4 und d4 x e5 offen gelassen werden, ist ein Spann u n g s v e r h ä l t n i s in der Mitte entstanden, das fortgesetzte Aufmerksamkeit verlangt. Im Gegensatz zu Schwarz ist Weiß jeden Augenblick in der Lage, die Stellung mit d4 —d5 abzuschließen, und in der Tat gibt es in der Turnierpraxis Partien, in denen der Zug schon an dieser Stelle angewandt wurde.
a7—a6 h2—h3
Um Lc8—g4 zu unterbinden, was infolge der Fesselung des Sf3 auf den weißen Zentralbauern d4 einen Druck ausüben würde. Weiß will aber die Bauernstellung in der Mitte, d.h. also die Bauernstellung d4—eö so lange und ungestört wie irgend angängig aufrechterhalten, weil sie ihm mehr Möglichkeiten gewährt. „Die Bauernspannung im Zentrum ist die Seele des Eröffnungskampfes", sagt B o g o l j u b o w , und das trifft zweifellos den Kern der Sache. 8 9. Tfl—el 10. b2—b4I
Dd8—e7 Lc5—b6
Statt dessen ist auch das Einengungsmanöver 6. d4—d5 Scü—b8 7. d5—d6 sehr beachtenswert. Schwarz hätte danach erhebliche Entwicklungssorgen.
a2—a4
Sg8—f6 0-0 3fi
8 7 6 5 4 3 2 1 a b
o
d e f g h
Weiß hat ein vielversprechendes Spiel. Auf 10 eöxd4 11. c 3 x d 4 Sc6xb4 darf Schwarz sich nicht einlassen, denn die Fesselung 12. Lei- - g 5 brächte ihn unmittelbar in Nachteil. Es droht dann sofort e4—e5.
23 Falls etwa 12 h7—h6 13. Lg5—h4 g7 —g5, so 14. Sf3 x g5 h 6 x g 5 15. L h 4 x g 5 d6—d5 16. e4—e5 d5xc4 17. L g 5 x f 6 De7 —e6 18 Ddl—h5 nebst Matt auf h8.
20. Sd4—e6! f 7 x e 6 21. f 5 x e 6 Df6—g6. (Der Bauer e6 ist vergiftet: 21 Df6 x e6
Aus der Turnierpraxis
24. Tal—fl Kg8—g7 25. e4—e5 Te8—h8
1. Canal—Johner (Triest 1923) 1. e2—e4 e7—e5 2. Sgl—f3 Sb8—c6 3. L f l —c4 L£8—c5 4. Sbl—c3 Sg8—f6 5. d2—d3 d7—d6 6. Lei—g5 h7—h6 7. L g 5 x f 6 Dd8 x f6 8. Sc3—d5 Df6—d8 9. c2—c3 Sc6—e7 10. d3—d4 e5xd4 11. Sf3xd4 Se7xd5 12. L c 4 x d 5 0 - 0 13. Ddl—d3 Dd8—f6. (Der richtige Weg, die Partie im Gleichgewicht zu halten, bestand in 14 Lc5x d4 14. Dd3xd4 Dd8—g5 oder 14. c3 x d4 c7—c6 15. Ld5—b3 Dd8—aöf.) 14. Ld5—b3 Tf8—e8 15. 0—0 Lc8—e6 16. Lb3—c2. (Droht mit e4—e5 die Öffnung der „großen Diagonale" c2—h7.) 16
g7—g6 17. Kgl—hl.
(Ein vorbeugender Zug. Weiß will f2—f4 spielen und danach mit seinem König nicht in der Diagonale eö—gl stehen.) 17
Ta8—d8.
(Vorzuziehen war 17 Df6—g7 18. f2 —f4 Lcö x d4 19. c3 x d4 f7—f5.) 18. f2—f4 Le6—d7 19. f4—f5 g6—g5.
22. Lc2—b3.) 22. e 6 x d 7 Td8xd7 23. Tfl—f5 Td7—e7 26. e5—e6 Dg6xe6. (Auf 26 Te7 x e6 gewänne 27. Tf5 x c5! eine Figur, z.B. 27 Dg6xd3 28. Tc5 x c7f nebst Lc2xd3 oder 27
d6xc5
28. Dd3—d7f.) 27. Tf5—f6. Schwarz gibt auf. Denn nach 27 De6 x f6 28. T f l x f6 Kg7 x f6 würde Schwarz matt: 29. Dd3—g6f Kf6—e5 30. Dg6—f5. Ein Sturmsieg! 2. Albin—Shipley (New York 1894) 1. e2—e4 e7—e5 2. Sgl—f3 Sb8—c6 3. L f l c4 Lf8—c5 4. 0 - 0 Sg8—f6 5. c2—c3 0—0. (Schwarz versäumt hier die günstige Gelegenheit, sich das bessere Spiel zu verschaffen, nämlich 5 Sf6x e4 6. d2—d4 e5x d4 7. c3x d4 d7—d5 und nun entweder 8. d4xc5 d5xc4 9. Ddl—e2 Dd8—d3 10. Tfl—el f7—fB oder 8. Lc4—b5 Lc5—d6 9. Sf3—e5 Ld6xe5 10. d4xe5 0—0. Der vom Nachziehenden in unserer Partie ge. wählte Zug 5. 0—0 ist nachteilig, ja geradezu ein Fehler, weil der Gegner jetzL mit Ungestüm vom Zentrum Besitz ergreift.) 6. d2—d4 e5xd4 7. c3xd4 Lc5—b6
8
8. d4—d5 Sc6—e7.
7
(Falls 8 Sc6—a5, so 9. Lc4—d3 mit der Drohung b2—b4.)
6
9. e4—e5 Sf6—e8 10. d&—d6 c7xd6 11. e5 x d6 Se7—g6 12. Lei—g5 Se8—f6. (So weit, so gut. Doch was geschieht mit dem Lc8 und dem Ta8?. Es wird lange dauern, bis sie in der Partie mitmachen können. Wenn überhaupt . . . .)
5 4 3 2 1
13. Sbl—c3 h7—h6 14. Ddl—d31 h 6 x g 5 a b
c
d
e f g h
15. Dd3xg6 Sf6—h7.
24 37
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1¿1BfEl§§Bsf¡ü B H II18 a b
c
d e
f g h
(Glänzender Schluß I) f 7 x g 6 17. Sd5—e7t.
(Doppelschach I) 17
Kg8—h8 18. Se7xg6t Matt.
In einer eigentümlichen Gestalt tritt der Gedanke der Zentrumsbildung in der italienischen Partie im Evans-Gambit auf, so benannt nach einem Engländer namens E v a n s , der 1824 diese Eröffnung in die Praxis einführte. Unter „ G a m b i t " versteht man einen Spielanfang, in dem ein Bauer geopfert wird, um dafür andere Vorteile, wie z.B. eine raschere Entwicklung einzutauschen. 1. 2. 3. 4. 4 5.
e2—4 Sgl—f3 Lfl—c4 b2—b4 c2—c3
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a b c
d e
f g h
Trotz seines Alters und weitreichender Analysen ist das Evans-Gambit immer noch eine Eröffnung voller Witz und Verve.
16. Sc3—d5! 16
38
e7—e5 Sb8—c6 Lf8—c5 Lc5xb4
Der Zweck des Bauernopfers ist der, unter Zeitgewinn zu c2—c3 und d2—d4 zu gelangen. Gegenüber der italienischen Partie hat Weiß offenbar einen Zug für die Zentrumsbildung gewonnen.
5 6. d2—d4 7. 0—0
Lb4—a5 eöx d4 d4xc3
Damit ist das weiße Zentrum zwar aufgerieben, aber der Entwicklungsvorsprung des Anziehenden ist so groß, daß er einen nachhaltigen Angriff einzuleiten gestattet. Z. B.: 8. Ddl—b3 9. e4—e5 10. S b l x c3 11. Lei—a3
Dd8—f6 Df6—g6 Sg8—e7
Die wirkungsvolle Aufstellung der beiden weißen Läufer ist augenfällig. 11 12. Tal—dl
0—0
Weiß beherrscht den größeren Raum, er ist voll entwickelt und die Beweglichkeit seiner Figuren geradezu ideal. Diese drei Faktoren machen den Materialunterschied reichlich wett, was z. B. eine Partie Lasker— Marshall überzeugend beweist: 12 Tf8—e8 13. Lc4—d3 Dg6—h5 14. Sc3—e4 Sc6x eö 15. Sf3xe5 Dhöxeö 16. La3—b2 De5—e617. Db3—b5 De6—b618. Dbö—h5 Db6xb2 19. Se4—g5, und Weiß gewinnt durch Königsangriff.
25 Mit 7 d4 x c3 ist also keine Seide zu spinnen. Als Normalvariante gilt die Fortsetzung 7 La5—b6 8. c 3 x d 4 , die übrigens auch dadurch entstehen kann, daß Schwarz nach 5. c2—c3 nicht 5 Lb4 —-a5, sondern 5 Lb4—c5 spielt und nun nach 6. d2—d4 e ö x d 4 7. 0—0 mit Lc5—b6 ausweicht. Der Kampf kann sich danach etwa so entwickeln: La5—b6)
(7 8.
c3xd4
d7—d6
9.
d4—d5
Sc6—a5
10. Lei—b2
Sg8—e7
11. Lc4—d3 Ein Fehler wäre das Hineinschlagen auf g7. Die danach entstehende Wendung ist ein typisches Beispiel aus dem Reich der einfachen T a k t i k : 11. L b 2 x g 7 Th8—g8 12. Lg7—f6 S a 5 x c 4 13. Ddl—a4f Dd8—d7 14. Da4 x c4 T g 8 x g 2 f ! 15. K g l x g 2 Dd7 —g4f 16. Kg2—hl D g 4 x f 3 t 17. K h l — g l Lc8—h3! Der Sieg der offenen Linie I 11
0 - 0
12.
Sbl—c3
Se7—g6
13.
Sc3—e2
c7—c5
14. Ddl—d2 Weiß wird auf längere Zeit das Gesetz des Handelns vorschreiben. Erwähnenswert ist noch der Versuch seitens des Schwarzen, den Halt in der Mitte nicht aufzugeben, d. h. statt des Tausches 6 e5 x d4 sich mit 6. d7—d6 entgegenzustemmen. Mit 7. d 4 x e 5 d 6 x e 5 8. D d l x d 8 f Sc6 x d8 9. Sf3 x eö f7—f6 10. Se5—d3 hätte Weiß zwar seinen Bauern zurückgewonnen, seinen Angriffsabsichten wäre aber durch den Damentausch das Rückgrat gebrochen. Will er das nicht, mag er mit 7. Ddl—b3 Dd8 —d7 8. a2—a4 Sg8—f6 9. 0—0 fortsetzen. Schließlich kann Schwarz das Gambit abl e h n e n : 4. b2—b4 Lc5—b6 5. Lei—b2 d7 —d6 6. a2—a4 a7—a6 7. b4—bö a 6 x b 5 8. a 4 x b ö T a 8 x al 9. L b 2 x a l Sc6—d4.
Aus der Turnierpraxis 3. Anderssen—Dufresne (Berlin 1851) 1. e2—e4 e7—e5 2. Sgl—f3 Sb8—c6 3. L f l —c4 Lf8—cö 4. b2—b4 L c 5 x b4 5. c2—c3 Lb4—a5 6. d2—d4 e ö x d 4 7. 0—0 d4—d3. (Schwarz will die Bildung eines weißen Bauernzentrums mittels c3 X d4 verhindern. Der Zug ist jedoch nicht zu empfehlen.) 8. Ddl—b3 Dd8—f6 9. e4—eö Df6—g6 10. T f l — e l Sg8—e7 11. Lei—a3 b7—b5. (Er möchte seine Figuren unter Zeitgewinn entwickeln, daher das Bauernopfer.) 12. D b 3 x b5 Ta8—b8 13. Db5—a4 La5—b6 14. Sbl—d2 Lc8—b7 15. Sd2—e4 Dg6—f5. (Die Lage von Schwarz ist bereits mißlich. Auf 15 0 - 0 würde gleichfalls 16. Lc4 X d3 mit der Drohung Se4—f6f folgen.) 16. L c 4 x d 3 Df5—h5 17. Se4—f6f g 7 x f 6 18. e 5 x f 6 Th8—g8. 39
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f
g
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19. T a l — d l ! D h 5 x f 3 . (Er kann der Versuchung nicht widerstehen. Zu unübersehbaren Verwicklungen hätte 19 Tg8—g4! geführt.) 20. T e l x e7f 1 Sc6xe7. (Falls 20 Ke8—d8, so 21. T e 7 x d 7 f Kd8—c8 22. Td7—d8f K c 8 x d 8 23. Ld3 —e2f mit Damengewinn; oder 22
26 Sc6xd8 23. Da4—d7f K c 8 x d 7 24. Ld3 —b5t nebst Matt.) 21. Da4 x d7f I Ke8xd7 22. Ld3—föf Kd7 —e8 23. Lf5—d7f Ke8—f8 24. La3xe7 matt. Eine der glänzendsten unter den vielen schönen Kombinationen des großen deutschen Meisters A d o l f Anderssen (1818 bis 1879). Aus den bisherigen Eröffnungen ist das eine deutlich geworden, daß nämlich den Mittelfeldern eine a u ß e r o r d e n t l i c h e B e deutung zukommt und der K a m p f um sie den Partieaufbau m a ß g e b l i c h bestimmt. Wir werden diesen grundsätzlichen Gedanken bei den nächsten Eröffnungen noch weiter verfolgen. Zweispringerspiel 1. e2—e4 2. Sgl—f3 3. Lfl—c4
e7—e5 Sb8—c6 Sg8—f6 40
8
—g5 oder 4. d2—d4 der Partie sofort ein scharfes Gepräge geben will. Die beiden letztgenannten Fortsetzungen fuhren zu Verwicklungen, die an bunten Bildern reich sind; der Lernende wird hier finden, was er vor allem braucht: eine Schulung in der T a k t i k , d. h. im Kombinieren, im genauen Rechnen. Freilich muß er selbst das meiste dazu tun und fleißig experimentieren, denn Rezepte gibt es hier nicht und kein Lehrbuch kann bei der unendlichen Zahl von Möglichkeiten auf dem Schachbrett mehr sein als ein Kompaß. a) 4. Sf8—g6 Dies scheint ein Verstoß gegen den Grundsatz zu sein, vor vollendeter Entwicklung keine vereinzelten Vorstöße zu unternehmen („Du sollst in der Eröffnung mit keiner Figur zweimal ziehen!"). In der Tat hat daher auch der frühzeitige Springerausfall von berufener Seite Widerspruch gefunden. In diesem besonderen Falle liegen die Dinge jedoch so einfach nicht. Es zeigt sich nämlich, daß die Deckung des angegriffenen Punktes f7 keine so leicht zu lösende Aufgabe ist, wie es auf den ersten Blick scheint. 4. Sf3—g5 d7—d5 5. e4xd5 Sf6xd5 6. SgBxf7 Der klassische Opferangriff im Zweispringerspiel. Die Frage, ob er ausreicht oder ob der Verteidiger schließlich doch die Oberhand behält, hat bis heute in Theorie und Praxis keine eindeutige Antwort gefunden.
7 6 5 4 3
2
6 7. Ddl—f3f
1 a
b
c
d
e
f
g
h
Mit der Entwicklung des zweiten Springers — daher d r Name der Eröffnung — ist ein Angriff auf den Bauern e4 verbunden. Weiß hat darauf die Wahl, ob er den Bauern mit 4. d2—d3 oder 4. Sbl—c3 decken, wonach eine Überleitung in eine uns bereits bekannte Variante der italienischen Partie möglich ist (4. d3 Lc5 5. Sc3 d6), oder aber mit 4. Sf3
Ke8 X f 7 Kf7—e6
Schwarz hat zunächst eine gebundene Marschroute. Offenbar muß er mit seinem König an den zwiefach angegriffenen Springer d5 heran, wenn anders er nicht mit einem Bauern weniger und bei schlechter Stellung weitcrspielen will (z.B. 7 Df6 8. Ld5:f). 8. Sbl—c3 Sc6—b4 Die andere Möglichkeit ist 8 Sc6—e7. Das Spiel könnte sich danach folgender-
27 maßen gestalten: 9. d2—d4 (um auf 9 ed4: 10. De4f zu erwidern) 9 c7—c6 10. Lei—g5 h7—h611. Lg5—h4 g7—g512. Lh4—g3 Lf8—g7 (oder 12 ed4: 13. 0 - 0 - 0 dc3: 14. T h e l f Kd7 15. Ld5: cdö: 16. Td5:f Sd5: 17. Dd5:t nebst Matt) 13. d 4 x e 5 L g 7 x e 5 14. Df3—e2 Dd8—c7 15. 0 - 0 Th8—f8 16. T f l — e l Tf8—f5 17. De2—h5, mit ungünstiger Stellung für Schwarz. Darum verdient 8 Sc6—b4 den Vorzug. 9. Df3—e4
c7—c6
10.
a2—a3
Sb4—a6
11.
d2—d4
Sa6—c7!
Der Versuch, den Bauern e5 zu decken, bringt Weiß in Vorteil. Z. B.: 11 Dd8 —