Lehrbuch der organischen Chemie: Band 1, Teil 2 Allgemeiner Teil – Verbindungen der Fettreihe, Teil 2: Die Mehrwertigen Abkömmlinge der Aliphatischen Kohlenwasserstoffe – Cyanverbindungen und Kohlensäure-Derivate. [Reprint 2020 ed.] 9783112353806, 9783112353790


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German Pages 1545 [1566] Year 1913

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Lehrbuch der organischen Chemie: Band 1, Teil 2 Allgemeiner Teil – Verbindungen der Fettreihe, Teil 2: Die Mehrwertigen Abkömmlinge der Aliphatischen Kohlenwasserstoffe – Cyanverbindungen und Kohlensäure-Derivate. [Reprint 2020 ed.]
 9783112353806, 9783112353790

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VICTOR MEYER UND PAUL JACOBSON,

LEHRBÜCH DER

ORGANISCHEN CHEMIE. ZWEITE AUFLAGE. HERAUSGEGEBEN VON

PAUL JACOBSON.

E R S T E R BAND. ALLGEMEINER TEIL — VERBINDUNGEN DER FETTREIHE. NEU BEARBEITET VON

P. JACOBSON UND R. STELZNER. ZWEITER TEIL. DIE MEHRWERTIGEN ABKÖMMLINGE DER ALIPHATISCHEN KOHLENWASSERSTOFFE — CYANVERBINDUNGEN UND KOHLENSÄURE-DERIVATE.

MIX FIGUREN IM TEXT UND EINER BEIGEHEFTETEN TABELLE.

LEIPZIG V E R L A G VON V E I T & COMP. 1913

Druck von Metzger à Wittig in Leipzig

Vorwort. Mit dem vorliegenden zweiten Teil des ersten Bandes gelangt die Schilderung der acyclischen Verbindungen in zweiter Auflage zum Abschluß. Die beiden Teile des ersten Bandes zusammen geben ein Bild der a l i p h a t i s c h e n Chemie nach dem derzeitigen Stande der Forschung. In der ersten Auflage erforderte dieses Gebiet rund 70 Druckbogen Text, in der zweiten rund 155. Der gewaltige Zuwachs an wichtigem Material verteilt sich ziemlich gleichmäßig auf die einzelnen Verbindungsklassen. Jedes Kapitel bedurfte daher einer vollständigen Neugestaltung. • Herrn Dr. STELZNEB, der auch für diesen zweiten Teil eine große Zahl von Kapiteln mit mir gemeinschaftlich verfaßt hat, wiederhole ich meinen herzlichsten Dank für die Förderung, die er durch seine Arbeitskraft, sein Geschick und seine umfassende Literaturkenntnis dem Werke zuteil werden ließ. Der Liste von Kollegen und Firmen, denen ich für Durchsicht einzelner Absätze Dank schulde (vgl. Vorwort zu TL I, S. V), habe ich die folgenden Namen hinzuzusetzen: C. H. BÖHRINGER Sohn (Niederingelheim), H. CLAASSEN (Dormagen), M . DELBRÜCK (Berlin), CHEMISCHE FABRIK GOLDENBERG, GEROMONT & Co. (Winkel a. Eh.), B. J A F P ^ (Berlin), E. KNÖVENAGEL (Heidelberg), L . KNORR (Jena), A . LANGE (Niederschöneweide), J. MEISENHEIMER (Berlin), R . J. MEYER (Berlin), E. PAROW (Berlin), J. PFLEGER (Frankfurt a. M.), P . RONA (Berlin), A. ROSENHEIM (Berlin), F . SACHS (Berlin), CHEMISCHE FABRIK AUF AKTIEN VORM. E. SCHERING (Berlin), F. WEIGERT (Berlin), W . W I L L (Berlin). Für die sorgfältige Vergleichung aller Zitate danke ich Herrn Dr. HANS JOST, für Hilfe bei den Korrekturen Frl. Dr. HEDWIG KUH. Seit der Niederschrift des Vorworts zum ersten Teil ist der langjährige Inhaber der Verlagsbuchhandlung VEIT & Co., Herr Hofrat Dr. HERMANN CREDNER, der seinerzeit die Anregung zur Begründung dieses Werkes gegeben hat, von der Leitung der Firma zurückgetreten.

IV

Vorwort.

Es ist mir ein Bedürfnis, ihm bei diesem Anlaß für das fürsorgliche Interesse, das er dem Fortschritt unseres Unternehmens in freundschaftlicher Gesinnung unablässig widmete, meinen wärmsten Dank auszusprechen. Daß unter seinen Nachfolgern — den Herren OTTO T. HALEH und Dr. CUBT THESING — die Firma in gewohntem vornehmem Geiste fortgeführt wird, habe ich beim Druck der letzten Lieferung erfahren, und auch ihnen danke ich für das verständnisvolle Entgegenkommen, mit dem sie die Arbeitsfreudigkeit erhöhten. Meine nächste Sorge wird es nun sein, das Werk durch die Bearbeitung der noch ausstehenden Gebiete zum Abschluß zu bringen. Die isocyclischen Verbindungen liegen ja in Teil I und II des zweiten Bandes der ersten Auflage bereits vor. Es fehlen noch die „heterocyclischen Verbindungen" und die „Naturstoffe von nicht völlig aufgeklärter Struktur". Diese Klassen werden, da das Material zu sehr angewachsen ist, um in einem handlichen Bande Raum finden zu können, in zwei Teilen — Teil III und IV des zweiten Bandes — behandelt werden, die gemeinsam für die erste und zweite Auflage ausgegeben werden sollen. Berlin, im März) 1913. Paul Jacobson.

Inhalt. Erstes Buch.

Die Verbindungen der Fettreihe. (Fortsetzung.)

C. Die mehrwertigen Verbindungen. A c h t z e h n t e s K a p i t e l . Einteilung 1 und Nomenklatur der mehrwertigen Verbindungen N e u n z e h n t e s K a p i t e l . Mehrwertige Halogenderivate. (Tabellen: S. 8—9, 32—34, 44—46.) I. Mehrwertige Halogenderivate des Methans Dihalogenderivate CHsHlg„ 7. — Trihalogenderivate CHHlg, 10 (Chloroform 11. Bromoform 16. Jodoform 16. Gemischte Trihalogenderivate 19). — Tetrahalogenderivate CHlg 4 19 (Tetrachlorkohlenstoff 19. Tetrabromkohlenstoff 23. Tetrajodkohlenstoff 24. Tetrafluorkohlenstoff 24). II. Dihalogenderivate des Äthans und seiner Homologen A. Verbindungen vom Typus des Äthylidenchlorids und Isopropylidenchlorids (i/em.-Dihalogenderivate) B. Verbindungen vom Typus des Äthylenchlorids (»te.-Dihalogenparaffine, Alkylendihalogenide) Äthylenchlorid 36. Äthylenbromid 37. Alkylenjodide 38. Äthylenfluorid 38. C. Verbindungen vom Typus des Trimethylenohlorids, Tetramethylenchlorids usw. ((¿¿sj.-Dihalogenderivate, Polymethylendihalogenide) . Trimethylendihalogenide 39. Pentamethylendihalogenide 46. III. Dihalogenderivate der ungesättigten Kohlenwasserstoffe Äthylenderivate 47. Dihalogenderivate der Äthylen-Homologen 48. Dihalogenderivate des Acetylens 49. IV. Trihalogenderivate Trihalogenderivate des Äthans 51. Trihalogenderivate des Äthylens 52. Trihalogenderivate des Propans 52. V. Polyhalogenderivate Tetrahalogenderivate des Äthans 53 (Acetylen-tetrahalogenide 54, unsymm. Tetrahalogen-äthane 55). Pentachlor-äthan 55. Butan- und Hexanderivate 56. Perhalogenderivate des Äthans 57. Perhalogenderivate des Äthylens 58. Perchlorpropan 60. Perchlormesol 61.

Seite

1

7

25 26 29

38 47 51 53

VI

Inhalt. Seite

Z w a n z i g s t e s K a p i t e l . Zweiwertige Alkohole nnd Mercaptane, sowie ihre Derirate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (Tabelle für Acetale: S. 68.) I. Derivate der $wn.-Glykole (Acetale und ihnen entsprechende Säurederivate) 62 Methylal 67. Acetal 67. Aceton-acetale 69. Acrolein-acetal 69. Propargylaldehyd-acetal 70. II. Das Äthylenglykol und seine eigentlichen Homologen (Gesättigte CCI a + H , 0 = CO + 2 HCl;

schließt man aber den Zutritt von Feuchtigkeit sorgfältig aus, so polymerisiert sich das Dichlormethylen zu Tetrachloräthylen (S. 58—59), durch dessen weitere Umwandlung Hexachlor-benzol und Hexachloräthan entstehen. Wird Chloroform-Dampf über stark erhitzten Atzkalk geleitet, so scheidet sich Kohle ab, und man erhfilt Calci um chlorid4. Auch Erhitzen mit Arsen 5 führt zur Abscheidung von Kohle unter Bildung von Arsentrichlorid und Chlorwasserstoff.

Das einzige Wasserstoffatom des Chloroforms kann in manchen Reaktionen substituiert werden, so durch Chlor und Brom unter Bildung von Tetrahalogenverbindungen des Methans6. Bei längerem Erhitzen mit roter rauchender Salpetersäure7 liefert Chloroform geringe Mengen von Chlorpikrin C(N02)C1J. Die Beweglichkeit jenes Wasserstoffatoms zeigt sich auch in der interessanten Bildung des „Aceton-Chloroforms" (Tl. I, S. 737). Durch Oxydation mit einer Mischung von Kaliumbichromat und konzentrierter Schwefelsäure8 liefert Chloroform Phosgen COCla in reichlicher Menge. 1

MEONIEB, DESPARMET, 61. [4] 1, 842 (1907). KRAFFT, MERZ, B . 8 , 1298 (1875). » LÖB, Z. E l . 7 , 903 (1901). * NEF, A . 3 0 8 , 331 (1899). 1

1 6

AUGER, C. r. 145, 809 (1907).

V g l . d a z u BESSON, C. r. 1 1 4 , 222 (1892); 116, 102 (1893). Bl. [3] 9 , 175 (1893). » MILLS, A . 1 6 0 , 117 (1871). 8 EMMEBLING, LENQTEL, A n n . Sppl. 7, 101 (1870). — H . ERDMANN, B . 2 6 , 1990 (1893).

16

Bromoform.

Chloroform ist auch zur Bildung a d d i t i o n e l l e r V e r b i n d u n g e n geneigt. Viele organische Substanzen scheiden sich aus Chloroform-Lösung mit „KrystallChloroform" ab; ferner kennt man auch Hydrate, bzw. Doppelverbindungen des Chloroforms mit Wasser und Schwefelwasserstoff1. — Beim Mischen mit Diäthyläther tritt Temperaturerhöhung und Kontraktion ein*, woraus ebenfalls auf die Bildung eines Additionsproduktes geschlossen werden kann. Bromoform CHBr, ist eine dem Chloroform sehr ähnliche Flüssigkeit (Konstanten s. in der Tab. Nr. 28 auf S. 8). Man gewinnt es durch Einwirkung von Bromkalk auf Alkohol, von Brom in alkalischer Lösung auf Aceton, oder durch Spaltung von Bromal CBr,«CHO mit Alkalien. Für die Darstellung aus Alkohol und Aceton sind wie beim Chloroform (S. 11) in den letzten Jahren ebenfalls elektrolytische Verfahren angegeben worden*. Aus dem Chloroform kann man es durch Behandeln mit Aluminiumbromid gewinnen4. Das Bromoform besitzt ähnlich wie die Alkalibromide beruhigende Wirkungen und ist auch als Mittel gegen den Keuchhusten vorgeschlagen worden5, doch hat seine Verwendung für diese oder andere therapeutische Zwecke niemals einen erheblichen Umfang angenommen. Gegen Luft und Licht' ist das Bromoform ebenfalls nicht unempfindlich. Die Zersetzung durch einen elektrisch erhitzten Platindraht verläuft in dem Sinne anders wie beim Chloroform, ah das durch Dissoziation entstehende ^>CBr, bei Gegenwart von Wasser Ameisensäure (nicht Kohlenoxyd) entstehen läßt'. Metallisches Silber* wirkt auf Bromoform schon bei 120—1300 heftig ein, bei 200* entsteht Acetylen (vgl. Tl. I, S. 851); reichliche Mengen dieses Kohlenwasserstoffs erhält man auch, wenn man Zinkpulver mit Bromoform übergießt und eine 2-proz. Kupferchloridlösung hinzugibt*. Dagegen bildet sich Methan, wenn man das Tribrommethan mit Zinkstaub und Alkohol in einer Kohlensäure-Atmosphäre reduziert1*. Jodoform C H J 3 ist 1822 von SÜBULLAS11 entdeckt worden. Es

entsteht aus einer ganzen Anzahl von Verbindungen der Fettreihe (Äthylalkohol, Aceton, Aldehyd usw.) unter der Einwirkung von Jod in G-egenwart von Alkalien12; hierauf beruhen die Jodoform-Reaktion zum Nachweis des Äthylalkohols (vgl. Tl. I, S. 232) und die quantitative Bestimmung des Acetons im rohen Holzgeist (vgl. Tl. I, S. 734—735). Zur D a r s t e l l u n g des Jodoforms 1 ' gibt man Jod allmählich zu einer gelinde erwärmten Lösung von Soda bzw. Pottasche in verdünntem Alkohol; das abgeschiedene Jodoform wird von der Mutterlauge, in welcher eine erhebliche Jodmenge in Form von Alkalijodid und Alkalijodat zurückbleibt, durch Filtration getrennt. Man kann diese Jodmenge in der Weise nutzbar machen, daß man nach Zusatz von 1

DE FORCRAND, C. r. 135, 1344 (1902).

S

GEOBGIJEWSKY, C. 1 0 0 3 , I , 551. — ROSENTHALER, A r . 2 4 4 , 24, 239 (1906). —

Über eine lockere Verbindung mit Aceton s. TSAKALOTOS, Bl. [4] 3, 239, 246 (1908). • Chem. Fabr. auf Aktien (E. SCHERING) D. R.P. 29771 (FRDL. I, 576). — ELBS, COÜGHLIN, A m . 2 7 , 63 (1902). — E . MÜLLER, LOBE, Z. El. 1 0 , 409 (1904). — TRECHCINSKY,

C. 1 9 0 7 , I, 13. 4

POURET, C. r . 1 3 0 , 1191 (1900). BL. [3] 2 5 , 191 (1901). STEPP, P . C. H . 31, 111 (1890). 4 SCHOORL, VAN DEN BERG, C. 1 0 0 6 , I , 441, 442. 7 8 JOIST, W . LÖB, Z. El. 11, 938 (1905). NEF, A. 3 0 8 , 331 (1899). * CAZENEUVE, C. r. 1 1 3 , 1054 (1891), Bl. [3] 7 , 69 (1892). 10 SSABANEJEW, B. 0 , 1810 (1876). u A . ch. [2] 2 0 , 165 (1822); 2 2 , 172 (1823); 2 5 , 311 (1824). 11 18 LIEBEN, A. Sppl. 7,*218, 377 (1870). Vgl. KOTHER, J . 1 8 7 4 , 317. 8

Darstellung und Eigenschaften von Jodoform.

17

neuen Mengen Soda und Alkohol das Jod durch einen langsamen Chlorstrom in Freiheit setzt, wodurch eine neue Abscheidung von Jodoform erzielt wird; zweckmäßig ist es, die Fabrikation von Jodoform mit der Gewinnung von Kaliumjodid zu vereinigen und die Mutterlaugen auf letzteres Präparat zu verarbeiten. — Seit einer Reihe von Jahren ersetzt man jedoch, wie für die Chloroform-Darstellung, auch für die Jodoform-Fabrikation den Alkohol als Ausgangsmaterial durch das Aceton 1 ; man fügt z. B. zu einer alkaliseh gemachten Lösung von Kaliumjodid und Aceton in Wasser allmählich eine Lösung von unterchlorigsaurem Natrium, wodurch sofort die Jodoform-Bildung eintritt: 3KJ + 3 NaCIO = 3 KCl + 3NaJO, CjH,0 + 3NaJO = CHJS + CH,.COONa + 2NaOH. — Erhebliche Mengen von Jodoform werden in letzter Zeit auch auf elektrolytischem Wege gewonnen*, indem man eine mit Alkohol bzw. Aceton versetzte, sodahaltige wäßrige Lösung von Kaliumjodid unter Einleiten von Kohlensäure bei 60—67° durch den elektrischen Strom zerlegt; das so gewonnene Präparat kommt als Jodoformium absolutum in den Handel und wird besonders geschätzt. — Auch beim Einwirkenlassen von Ozon* auf eine ca. 50° warme, sodaalkalische Lösung von Kaliumjodid in verdünntem Alkohol erhält man Jodoform. — Die Bildung des Jodoforms aus Alkohol und Aceton hat man wohl durch ähnliche Reaktionen, wie die ChloroformBildung, d. h. durch intermediäre Entstehung von Jodal CJ3 • CHO bzw. Trijodaceton CJ.-CO.CH, zu erklären (vgl. S. 12). Wie Tl. I, S. 851 erwähnt worden ist, lassen sich die Trihalogenmethane durch Metalle in Acetylen umwandeln; umgekehrt bildet sich Jodoform, wenn man die Silber- und Kupfersalze des A c e t y l e n s oder das Einwirkungsprodukt von Sublimat auf Acetylen (vgl. Tl. I, S. 869) mit Natronlauge und Jod schüttelt4. Auch bei energischer Einwirkung des Jods auf Verbindungen recht komplizierter Struktur, z.B. gewisse Eiweißstoffe 5 , ist das Auftreten von Jodoform beobachtet worden. Chloroform geht in Jodoform über, wenn man in einem Gemisch desselben mit Äthyljodid als Katalysator wirkendes Aluminiumchlorid auflöst.

Das Jodoform (Konstanten s. in der Tabelle Nr. 28 auf S. 8) krystallisiert aus Aceton in citronengelben hexagonalen Tafeln6, deren Färbung bei der Temperatur der flüssigen Luft (etwa — 190°) jedoch völlig verschwindet7. Es besitzt einen durchdringenden, safranartigen, süßlichen Geruch und ist in Wasser kaum, in Alkohol mäßig, in Äther sehr leicht löslich 8 . Es verdampft merklich schon bei gewöhnlicher Temperatur, ist 1 Vgl. SUILLIOT, RAYNAUD, Bl. [3] 1, 3 (1889). * Vgl.: Chem. Fabr. auf Aktien (vorm. E. SCHERING), D. R.P. 29771 (FRDL. I, 576) (1884). — FÖRSTER, MEVES, Z. El. 4 , 268 (1897). J.pr. [2] 5 6 , 354 (1897). — ELBS, H E R Z , Z.EI. 4 , 113(1897). — ELBS, FÖRSTER, Z.EI. 7 , 341 (1900). — DONY-H£NAULT, Z. El. 7 , 57 (1900). — ABBOTT, C. 1 9 0 3 , 1 , 918. — T E E P L E , Am. Soc. 2 6 , 170 (1904). — Vgl. auch MÖLLER, Elektrochem. Ztschr. 1 1 , 251 (1905). » OTTO, D.R.P. 109013. (C. 1900, II, 304). 4

L E COMTE, C . 1 9 0 2 , I I ,

1499,

360 (1902). • P O P E , SOC. 7 5 , 46 (1899). Am. 23, 502 (1900). 8 1 Tl. löst sich in 67 Tin. 90-5-proz. Alkohol von 17—18°, bzw. 9 Tin. dieses Alkohols bei der Siedetemperatur; von kaltem Äther sind nur 5-6 Tie. zur Lösung erforderlich [VULPIÜS, P.C. H . 3 4 , 117 (1893)]. MEYER-JACOBSON, org. CH. Zw. Aufl. I I . 2 (Oktober 1908) » C . H . L . SCBMIDT, H . 3 6 , 7

KASTLE,

18

Verwendung und Verhallen des Jodoforms,

mit Wasserdämpfen leicht flüchtig, kann aber für sich nicht ohne Zersetzung destilliert werden. Es findet bekanntlich als Desinficiens in der Wundbehandlung ausgebreitete Verwendung. Zwar ist hachgewiesen, daß Jodoform an sich auf Bakterien keinen Einfluß ausübt; aber es verhindert die Sekretion der Wunden, so daß den Mikroorganismen die zu ihrer Entwicklung notwendige Nährflüssigkeit fehlt. Andererseits wirken auch Zersetzungsprodukte, die aus ihm durch fermentative Wirkung der Wundsekrete unter dem Einfluß der Körperwärme entstehen, auf Bakterien entwicklungshemmend1. Im trocknen Zustand sowohl wie in Lösung erleidet es am Lichte ziemlich rasche Zersetzung8, die durch Mitwirkung von Kadiumstrahlen3 noch beschleunigt wird. Der Wunsch, den unangenehmen Geruch des Jodoforms, der noch an Vioo Billiontel Gramm in 40 ccm Luft wahrnehmbar ist 4 , zu beseitigen oder doch, z. B. durch Beimischung von anderen Riechstoffen wie Cumarin, zu verdecken, hat zu vielen Vorschlägen geführt, die hier Abhilfe schaffen sollten, jedoch sämtlich das Ziel nicht erreichten; dies gilt auch für die Verbindungen des Jodoforms mit Hexamethylentetramin, bzw. dessen Alkylen- oder Alkylhalogenidderivaten*, und mit Eiweißstoffen6, die eine Zeitlang in den Handel kamen, jetzt aber durch einige wirkliche „Jodoform-Ersatzmittel"7 verdrängt worden sind.

Die für die therapeutische Verwendbarkeit des Jodoforms maßgebende leichte Abspaltung von Jod charakterisiert das Trijodmethan auch in chemischer Hinsicht; so erhält man beim Schütteln von Jodoform mit Silber 8 oder Silbersalzen9 rasch Jodsilber. Bei 100° steigert sich die Umsetzung mit Silber bis zur Feuererscheinung, wobei unter Ausscheidung von Kohle und Joddämpfen Methan und Acetylen frei werdenI0. Bei der Behandlung von Jodoform mit Quecksilbercyanid und Wasser treten Jodquecksilber und Jodcyan auf11. Die leichte Abgabe von Jod liegt auch den meisten Methoden zum Nachweis und zur Bestimmung des Trijodmethans zugrunde12. 1

L8B, P .

Vgl.: DE R U Y T E R , Verhdlgn. d. Dtsch. Gesellsch. f. Chirurgie 1 8 8 7 , 124. — C. H. 3 6 , 733 (1895). — THOMANN, C. 1 9 0 2 , II, 812. — ANGIOLANI, C. 1 9 0 3 ,

I, 48. — 1905, —

HEILE, C. 1 9 0 3 ,

II, 1817. ' Vgl.: DACCOMO,

II,

1 4 5 9 . — MULZEB, C . 1 9 0 5 ,

J. 1885,

348;

1880,

KBEMERS, KOSKE, C . 1 8 9 8 , I I , 1 2 8 0 . —

316. —

SCHÄR,

I,

1174. —

BLANCHI, C .

Ch. Z. 1 8 , Rep. 275 (1894).

SCHÜTTEN, C . 1 9 0 0 , I I , 1 0 0 7 . —

SCHOOBI,

C. 1 9 0 5 , II, 1718; 1 9 0 6 , I, 442. — VAN AUBEL, Physika!. Ztschr. 5 , 637 (1904). — SZILABD, C. r. 1 4 2 , 1212 (1906). 8 H A R D T , W I L L C O C K , C. 1 9 0 3 , II, 700. Ph. Ch. 4 7 , 347 (1904). — JORISSEN,

VAN DEN BERG,

BINGER, C . 1 9 0 6 , I , 4 4 2 ; 1 9 0 7 ,

II,

287.

* BERTHELOT, A . ch. 17] 2 2 , 460 ( 1 9 0 1 ) . C . r. 1 3 8 , 1249 6 EICHENGRÜN, MARQDART, D. R.P. 87812, 89243 (C. 1896,

(1904). II, 720; 1897,1, 142).

& Co., D. R . P . 95580 (C. 1898, I, 812). Vgl. hierüber: S . FRANKEL, Arzneimittel-Synthese (Berlin,

• KNOLL 7 8 10

18

FLEURY, C . 1 8 9 7 , I I , 6 1 3 . NEF, A . 3 0 8 ,

331 (1899).

0 11

1285.

LONÖI, MAZZOLINO, G . 2 6 , I , 2 7 4

Vgl. hierüber, sowie über andere Methoden z. B . :

(1895). —

1906) S. 5 3 7 — 5 6 4 .

v . STUBENRAUCH, C . 1 8 9 8 , I I ,

GHESHOFF, F r . 2 9 , 2 0 9 ( 1 8 9 0 ) ; 3 2 , 3 6 1 ( 1 8 9 3 ) . —

DENIQ^S, A .

ch.

(1896). [7] 6 ,

415

C . H . L . SCHMIDT, C . 1 9 0 1 ,

19

Fluoroform.

G e m i s c h t e T r i h a l o g e n d e r i vate des Methans (vgl. Tabelle Nr. 28 auf S. 8) sind in verschiedenen Reaktionen erhalten worden, z. B.: CBrClj-CHO + KOH = CBrCljH + H-CO-OK; CHJS + HgCl2 = CHJC1, + HgJ,; CH S C1 2 + J B r =

C i I J C l 2 -1- H B r .

F l u o r o f o r m CHF1,, gewinnbar durch Umsetzung zwischen Jodoform und Fluorsilber, ist ein farbloses Gas von chloroformähnlichem Geruch, das in Wasser wenig löslich ist und sich unter einem Druck von 40 Atm. bei 20° verflüssigt. T e t r a h a l o g e n d e r i v a t e CHlg 4 (vgl. d. Tab. Nr. 28 auf S. 8). Von diesen Verbindungen hat das 1839 von REGNAULT 1 entdeckte T e t r a c b l o r - m e t h a n CC14> auch P e r c h l o r m e t h a n oder gewöhnlich T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f 2 genannt, in den letzten Jahren einige technische Bedeutung erlangt. Man kann dieses Chlorderivat, ebenso wie das T e t r a b r o m - m e t h a n CBr 4 , gewinnen, indem man im Chloroform 1 , 3 bzw. Bromoform 4 das letzte Wasserstoffatom durch Halogen ersetzt, oder zweckmäßiger, indem man Schwefelkohlenstoff der erschöpfenden Einwirkung von Chlor 5 (bzw. Brom 6 ) unterwirft, wobei man in beiden Fällen di6 Wirkung der Halogene durch Zusatz von Halogen-Uberträgern, wie Antimonchlorid 7 (bzw. -bromid), Jod 8 , Chlorjod 9 , Eisen und etwas Jod 1 0 , Aluminiumchlorid 11 oder dergl. erhöht. Die Überführung von Schwefelkohlenstoff in Tetrahalogenderivate des Methans verläuft wahrscheinlich in verschiedenen Phasen, wie sie durch folgende Gleichungen ausgedruckt werden: I I , 1095. — BOBRI, C. 1 9 0 3 , I I , 632. — UTZ, P . C. H . 4 5 , 985 (1904). — STORTENBEKEB, R. 2 4 , 66 (1905).

Über Wertbestimmung von Jodoformgaze vgl. z. B.: FRANÇOIS, C. 1893, I, 1093. — DENIGÈS, C. 1 8 9 6 , I , 934. — KLAR, Ch. I . 1 9 , 160 (1896). — SCHACHERL, C. 1 8 9 7 , I , 568. — LEHMANN, C. 1 9 0 0 , I , 693. — FRERICHS, C. 1 9 0 0 , I I , 785. — KREMEL, C. 1 9 0 5 , I , 1748. — GERRARD, C. 1 9 0 8 , I , 283. — UTZ, P . C. H . 4 9 , 386 (1908).

» A. ch. L2] 71, 377 (1839). A. 33, 332 (1840). * V g l . die M o n o g r a p h i e v o n MARGOSCHES: D e r T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f (AHRENS-

sche Sammlung Chemischer und Chemisch-technischer Vorträge, Bd. 10, Heft 5—7; Stuttgart 1906). 8 Vgl. h i e r z u a u c h : THOMAS, A. ch. [8] 11, 231 (1907). * HABERMANN, A . 1 6 7 , 174 (1873).

8

KOLBE, A. 45, 41 (1843); 54, 146 (1845).

• BOLAS, G HOVES, Z. 1 8 7 0 , 441; 1 8 7 1 , 432.

A. 1 5 6 , 60 (1870). — HÖLAND, A .

240, 238 (1887). » A . W . HOPMANN, A . 115, 264 (1860). — LÖSSNEB, J . p r . [2] 1 3 , 418 (1876). — Bei

Anwendung genügender Mengen von diesem Halogen-Uberträger oder von Phosphorpentachlorid bei 200° (RATBKE, Z. 1870, 57) ist das Zuleiten von molekularem Chlor entbehrlich. • H , MÜLLER, SOC. 1 5 , 41 (1862). — W . H . u. J . D . LEVER, E . G . SCOTT, Ch. Z. 1 5 Ref., 707 (1891). 10 » FRIEDEL, SILVA, BL. [2] 17, 537 (1872). SERRA, G . 2 9 , I I , 353 (1899). 11

MOUNEYRAT, Bl. [3] 19, 262 (1898). 2*

20

Darstellung von Tetrachlorkohlenstoff. S

/SCI + Cl, = c f = s , s \ci /SCI /C1 2 C ^ S + C12 = 2 C = S + SsCI2, \C1 \ci /Cl c ^ s + Cl2 = CCls-SCl,

\ci

2CCls-SCl + Cl, = 2CCI4 + S2C12; die Verbindungen CSC1, und CC13-SC1 (vgl. Tl. I, S. 320) sind mit Sicherheit als Durchgangsprodukte der Reaktion nachgewiesen1. Wie Chloroform, so werden auch Methyl- uDd Methylenchloridja auch das Methan3 selbst, ferner Aceton4, Chloral6 und andere Verbindungen mit offenen Kohlenstoffketten, z.B. Propan und Isobutan", endlich manche cyclisch konstituierten Substanzen7 (Kohlenwasserstoffe, Phenole, Campher usw.) bei genügend energischem Chlorieren mehr oder weniger vollständig in Tetrachlormethan umgewandelt. Der im Großbetriebe gewonnene Tetrachlorkohlenstoff wird in Deutschland zurzeit noch ausschließlich aus Schwefelkohlenstoff9 hergestellt, und zwar entweder durch direktes Chlorieren nach dem bereits 1843 von KOLBE angegebenen Verfahren, wobei der gleichzeitig entstehende Chlorschwefel S2C12 als Chlor-Überträger die Umsetzung katalytisch beschleunigt, oder nach dem Verfahren von MÜLLER und DUBOIS*, bei welchem man ein Gemisch von Schwefelkohlenstoff (76 kg) mit Chlorschwefel (405 kg) und Eisenpulver ('/, kg) auf etwa 60° erwärmt. Der sich hierbei nach der Gleichung: CS, + 2S,C12 = CC14 + 6S ausscheidende Schwefel wird wieder in Schwefelkohlenstoff und Schwefelchloriir übergeführt und kehrt auf diesem Wege in den Kreislauf des Prozesses zurück. In Frankreich wird zur technischen Darstellung des Tetrachlorkohlenstoffs vielfach das URBAIN sehe Verfahren10 benutzt, das auf einem ganz ähnlichen Prinzip 1

Vgl. KLASON, B. 20, 2376 (1887). * DAMOISEAÜ, C. r. 92, 42 (1881). • DDMAS, A. 33, 187 (1840) A. ch. [2] 73, 95 (1840).

* ROBINEAU, ROLLIN, B . 2 7 Ref., 396 (1894),

1

GAUTIEB, C. r. 101, 1161 (1885). Bl. [2] 45, 86 (1886).

* KBAFFT, MERZ, B . 8 , 1045, 1296 (1875).

' RÜOFF, B. 9, 1483 (1876). — MERZ, WEITH, B. 16, 2869 (1883). 8 Über einen Versuch, Tetrachlorkohlenstoff (bzw. Hexachloräthan) aus Koks, Kochsalz und Sand im elektrischen Ofen nach der Gleichung 4NaCl + 2SiO, + C = CCI4 + Na4Si04 + Si herzustellen, vgl. MACHALSKE, Z. El. 10, 382 (1904). — Die Einführung dieses Verfahrens, wie auch des von COUBES [Ch. Z. 27 Ref., 393 (1903)] vorgeschlagenen Erhitzens von Chlorschwefel mit Kohle auf Dunkelrotglut: 28,01, + 3C = CC14 + 2 CS,;

2 CS, + 6C1, = 2CC14 + 2S,CI„

wobei man also ebenfalls nicht vom Schwefelkohlenstoff ausgeht, scheitert an den damit verbundenen technischen Schwierigkeiten (vgl. MARQOSCHES, der Tetrachlorkohlenstoff, S. 265). 10 • D. R.P. 72999 [B. 27 Ref., 284 (1894)]. Ch. Z. 26, 1086 (1902).

Eigenschaften und

Verwendung von

Tetrachlorkohlenstoff.

21

beruht. Man läßt eine Mischung von 2 Tin. Aluminium- oder Schwefelchlorid mit 200 Tin. Schwefelkohlenstoff 1/2 Stunde kochen und leitet dann nach dem Abkühlen trocknes Chlor ein; gleichzeitig entstandene chlor- und schwefelhaltige Substanzen werden durch Erwärmen des Produktes mit kleinen Mengen von Eisenfeilspänen zerstört. Der technische Chlorkohlenstoff enthält als hauptsächlichste Verunreinigungen Schwefelkohlenstoff und Chlorschwefel, die man am besten durch Erwärmen mit Alkohol und Kalilauge entfernt1. Dem schwefelfrei gewordenen Produkt entzieht man den gelösten Alkohol durch Schütteln mit Wasser; dann entfernt man die Feuchtigkeit durch festes Atzkali bzw. etwas Natrium; schließlich destilliert man über Paraffin, wodurch kleine Mengen von Perchloräthan C2C16 zurückgehalten Wörden, die sich leicht beimengen, wenn bei der Darstellung des Tetrachlorkohlenstoffs die Temperatbr zu hoch anstieg3.

Das Tetrachlormethan ist eine farblose, leicht flüchtige Flüssigkeit von chloroformähnlichem Geruch und hohem spezifischen Gewicht (vgl. die Eonstanten in Tabelle 28 auf S. 8). Es ist in flüssigem Zustand schwer entzündlich; der Dampf ist nicht brennbar und demgemäß sein Gemisch mit Luft auch nicht explosiv. Der Tetrachlorkohlenstoff ist in den gebräuchlichen organischen Solvenzien leicht löslich und besitzt auch selbst für viele Stoffe, z. B. Fette, Öle, Harze, Lacke, Kautschuk, Bitumen usw., ein sehr erhebliches Lösungsvermögen. Auf Grund dieser Eigenschaft, sowie seines niedrigen Preises (1 kg des technischen Präparates kostet zurzeit nur etwa 60 Pf.) ist der Tetrachlorkohlenstoff in den letzten Jahren8 mehrfach an Stelle der bis dahin gebräuchlichen, ebenfalls niedrig siedenden Lösungsmittel (Äther, Schwefelkohlenstoff, Ligroin, Petroläther) für die Entfettung von Knochen4, Rohwolle5 und Sämereien®, die Fabrikation von Gummiwaren', die Herstellung von Firnissen8 und ähnliche Zwecke in Gebrauch genommen worden. Vor diesen leicht entflammbaren Lösungsmitteln besitzt er den Vorzug, nicht feuergefährlich zu sein; andererseits bedingt sein hohes spezifisches Gewicht einen Nachteil für die technische Verwendung. Unter der Bezeichnung „Benzinoform" wurde er als Ersatzmittel für das Benzin den Wäschereien empfohlen9. 1 SOHMITZ-DÜMONT, Ch. Z. 21, 511 (1897). * RICHARDSON, FOREEST, C. 1905, I, 1479. • Vgl. hierzu: ECKENROTH, P. C. H. 33, 341 (1892). — PHILIP, Z. Ang. 5, 37 (1892). — BIANCHINI, C. 1804, II, 376. — UTZ, C. 1905, I, 1526. 4 ABENS, D. R.P. 74432 [B. 27 Ref., 774 (1894)]. — BRÜCKE, C. 1905, I, 1674; 1906, I, 163. — Chem. Fabr. Griesheim-Elektron, Ch. Z. 31, 326 (1907). — Vgl. dagegen: STERN, C. 1905, II, 1396. — HIRSCH, C. 1905, II, 1470. 6 PELTZER & Co., D. R.P. 160375 (C. 1905, I, 1576). — MAROOSCHES, C. 1904, I, 1374. — Vgl. auch LEWKOWITSCH, Chemische Technologie und Analyse der Öle, Fette und Wachse (Braunschweig 1905), Bd. II, S. 13. 4 Gebr. LEVER, D. R.P. 53571 [B. 24 Ref., 230 (1891)]. — JÜROENSEN, Z. Ang. 19, 1546 (1906). 7 PHILIP, Z. Ang. 5, 37 (1892). 8 ANDES, C. 1905, II, 364. — BOTTLER, Ch. Z. 30, 215 (1906). 8 Vgl. UTZ, C. 1905, I, 1526.

22

Verhalten des

Tetrachlorkohlenstoffs.

Auch im Laboratorium ist der Tetrachlorkohlenstoff gut verwendbar; so als Solvens bei Chlorierungen 1 , bei analytischen Bestimmungen als Lösungsmittel für F e t t e 2 , bituminöse Stoffe 3 , Paraffin 4 , Alkaloide 6 , zur Trennung von Methyl- und Äthylalkohol 6 , zur Bestimmung der mineralischen Verunreinigungen in Futtermitteln 7 und für ähnliche Zwecke mehr. Bei seiner Verwendung in größeren Quantitäten ist zu beachten, daß er (besonders bei Gegenwart von Wasser) gußeiserne und selbst kupferne Gefäße angreift, so daß man am besten in verbleiten Apparaten arbeitet 8 ; auch ist nicht außer acht zu lassen, daß das Tetrachlormethan — wenn auch in erheblich geringerem Maße als das Chloroform — narkotische Eigenschaften besitzt 9 . Der Tetrachlorkohlenstoff ähnelt in bezug auf die Austauschbarkeit der Halogenatome dem Chloroform, in welches er übrigens, wie bereits S. 11 erwähnt wurde, durch Reduktion auch in technischem Maßstabe überführbar ist. Bei Anwendung von Natrium-amalgam läßt sich diese Reduktion über das Methylen- und Methylchlorid sogar bis zum Methan weiter fortsetzen10. Leitet man ein Gemisch von Wasserstoff und Tetrachlorkohlenstoff-Dampf durch ein mit erhitzten Glasscherben11 oder reduziertem Nickel18 gefülltes Rohr, so entnimmt der auf diese Weise aktivierte Wasserstoff der Tetrachlorverbindung nur ein Halogenatom und schließt die beiden Reste «CC1, zu Hexachloräthan zusammen. Beim Überleiten des Wasserstoff-Tetrachlorkohlenstoff-Gemisches über Bimsstein13 bei beginnender Rotglut treten dagegen erhebliche Mengen Tetrachloräthylen CC12:CC1, (S. 58—59) auf, während bei voller Rotglut ein Gemisch von Chloroform, Methylenchlorid, Tetrachloräthylen und Hexachloräthan resultiert. Erhitzt man den Tetrachlorkohlenstoff für sich auf etwa 1000°, so spaltet er Chlor ab, und bei Gegenwart von Luft bildet sich dann aus dem hierbei wohl intermediär freiwerdenden Dichlormethylen ^>CC1, das Phosgen14 COCl2. Dieser Körper wird auch erhalten, wenn man den Tetrachlorkohlenstoff mit einem Gemisch von Schwefelsäure-monohydrat und -anhydrid erwärmt16. Durch Erhitzen mit fein verteilten Metallen läßt sich dem Tetrachlormethan I

S

MICHAEL, J . p r . [2] 4 6 , 225 Anm. (1892). BRYANT, Am. Soc. 2 6 , 568 (1904).

8

RICHARDSON, FORREST, C. 1 8 0 5 , I , 1479. ' SCHIHDELMEISEB, Ch. Z. 2 5 , 129 (1901).

* GRÄFE, C. 1 8 0 6 , I , 874.

• Vgl. hierzu: MARQOSCHES, der Tetrachlorkohlenstoff, S. 352. — CARI-MANTRAND, C. r. 1 2 0 , 1063 (1895). 7

8 9

GRAM, Ch. Z. 31, 350 (1907). Chem. Fabr. Griesheim-Elektron, Ch. Z. 31, 326 (1907).

FRETSS, Ch. Z. 27, 1137 (1903). — Vgl. dagegen: BIANCHINI, C. 1 8 0 4 , II, 376.

— Chem. Fabr. Griesheim-Elektron, C. 1806, I, 1279. 10 BERTHELOT, A. ch. [3] 51, 48 (1857); 54, 87, 355 (1858). II STÄDELER, A. Sppl. 7, 168 (1870). 14

SABATIER, MAILHE, C . r. 1 3 8 , 409 (1904). BESSON, C. r. 118, 1347 (1894). BL. [3] 11, 917 (1894). 14 LÖB, Z. E l . 7 , 903 (1901). ,S SCHÜTZENBERGER, C. r . 6 8 , 352 (1869). — ARMSTRONO, J . p r . [2] 1, 245 (1870). — H . ERDMANN, B. 2 6 , 1993 (1893). 18

Tetrabromkohlenstoff.

23

ebenfalls Halogen entziehen; so wirkt Silber bei 200° unter Bildung von Perchloräthan, bei 280° unter Bildung von Perchloräthylen ein 1 . Wasser, in welchem der Tetrachlorkohlenstoff nahezu unlöslich ist, vereinigt sich mit ihm zu einem sehr wenig beständigen Hydrat* und verseift ihn bei 250° zu Phosgen und dann zu Kohlendioxyd und Salzsäure 1 : CC14 + H 2 0 = COCIj + 2 HCl, COCIj + HjO = COs + 2 HCl. Gegen wäßrige Kalilauge ist der Tetrachlorkohlenstoff wenig empfindlich, während alkoholisches Kali 3 oder Natriumäthylatlösung ihn leichter angreifen: es entsteht Chloroform, das dann weiterhin in Ameisensäure bzw. Orthoameisensäureester und Kohlenoxyd verwandelt wird (vgl. S. 14).

Gegen Halogene ist der Tetrachlorkohlenstoff so indifferent, daß er nicht nur für Chlor (vgl. S. 22), sondern auch für Brom und Jod als Lösungsmittel dienen kann. Von Aluminiumbromid und Brom 4 wird der Tetrachlorkohlenstoff dagegen beim Erhitzen, von Aluminiumjodid 5 schon bei gewöhnlicher Temperatur in Tetrabrombzw. Tetrajodmethan übergeführt; auch mit Calciumjodid 6 oder Bortrijodid 7 tritt solche Umsetzung ein. Fluor, sowie Blei- und Silberfluorid bewirken die analoge Überführung in Tetrafluormethan (vgl. S. 24). Konzentrierte Jodwasserstoffsäure verwandelt ihn bei 130° in Jodoform. 8 Schwefel* beginnt erst bei etwa 220° einzuwirken und verwandelt das Tetrachlormethan dann vorwiegend in Schwefelkohlenstoff CS2 und Chlorschwefel S 2 Cl t ; daneben treten zuweilen auch Spuren von Thiopliosgen CSC1,, Trichlormethylschwefelclilorid CCI,-SC1 (Tl. I , S. 320) und vielleicht noch andere Kohlenstoffverbindungen des Schwefels und Chlors auf". Reichlichere Mengen Thiophosgen gewinnt man beim Durchleiten der mit Schwefelwasserstoff gemischten Tetrachlorkohlenstoff-Dämpfe durch ein schwach glühendes Bohr 1 ".

Die Gewinnungsmethoden für den Tetrabromkohlenstoff CBr4 sind großenteils denen des Tetrachlormethans völlig analog. So erhält man ihn bei der Einwirkung von Brom auf Schwefelkohlenstoff, die durch einen Zusatz von Aluminiumchlorid wesentlich begünstigt wird11; gewöhnlich bedient man sich jedoch der Umwandlung von Aceton 12 in verdünnter Lösung mit Brom bei Gegenwart von Natronlauge; unter der Einwirkung von Brom und Alkali entsteht aber Tetrabrommethan auch * H. GOLDSCMIDT, B. 1 4 , 928 (1881). — Ähnlieh wirkt auch Kupfer; vgl. RADZISB. 1 7 , 834 Anm. (1884). — Einw. von Arsen: AÜOER, C. r. 1 4 5 , 809 (1907). * VILLARD, A. ch. [7] 11, 289 (1897). — Auch gemischte Hydrate mit Acetylen, Äthylen, Kohlendioxyd und Schwefeldioxyd sind bekannt; vgl. DE FORCRAND, THOMAS, C. r. 125, 109 (1897). 3 NEF, A. 308, 329 (1899). 4 GUSTAVSON, Bl. [2] 3 4 , 322 (1880); 3 6 , 556 (1881). 8 » GUSTAVSON, A. 172, 173 (1874). SPINDLER, A. 231, 264 (1885). 8 7 MOISSAN, C. r. 113, 19 (1891). WALFISZ, Bl. [3] 7, 256 (1892). 9 10 KLASON, B. 20, 2382 (1887). KOLBE, A. 45, 41 (1843). 11 MODNEYRAT, Bl. [3] 19, 262 (1898). " WALLACH, A. 2 7 5 , 149 (1893). — Höchster Farbwerke, D. R.P. 76362 [ B . 2 7 Ref., 930 (1894)]. — v. BARTAL, Ch. Z. 2 9 , 377 (1905). ZEWSKI,

Tetrajodkohlenstoff.

24

aus sehr vielen anderen Kohlenstoffverbindungen, so aus Äthylalkohol 1 , ferner aus Ketonsäuren, wie Acetessigsäure CH 3 • CO • CH a • COOH und Lävulinsäure CH a • CO • CHj • CH a • COOH, manchen Oximen 2 , sowie Substanzen von komplizierterer Zusammensetzung 3 (Zuckerarten, ungesättigte Säuren, Phenole, Terpenderivate usw.). Das Tetrabrommethan krystallisiert in weißen glänzenden Blättern 4 , riecht ätherisch und schmeckt süßlich. Es schmilzt erst bei 94° und siedet etwa 100° höher (vgl. Tabelle 28 auf S. 8), ist aber schon bei Zimmertemperatur außerordentlich flüchtig. Wasser greift auch beim Erhitzen unter Druck erst weit oberhalb 100° an und bewirkt bei 200° eine vollständige Hydrolyse unter Bildung von Kohlendioxyd und Bromwasserstoff. Mit Alkohol erhält man bei 150° ßromoform und Athylbromid neben Spuren von Acetaldehyd 5 . Bei der Behandlung mit 1 Mol.-Gew. Natriumäthylat, alkoholischem Kali oder Kaliumcyanid liefert der Tetrabromkohlenstoff glatt Bromoform unter Bildung von Alkalibromid; beim Erhitzen mit überschüssigem alkoholischem Kali entwickeln sich Kohlenoxyd und Äthylen*. Silber zersetzt das Tetrabrommethan bei 120—180° unter Abscheidung von Kohle und Bromsilber 7 . T e t r a j o d - m e t h a n CJ 4 wird aus Tetrachlormethan durch Einwirkung von Aluminiumjodid 9 , Calciumjodid 9 oder Bortrijodid 10 erhalten. Es krystallisiert in dunkelroten Oktaedern 1 ' und sublimiert beim Erhitzen im Vakuum auf 90—100° in rubinähnlichen Krystallen. Am Licht, schneller beim Erhitzen für sich oder mit Silber in Schwefelkohlenstoff zerfällt es unter Jod-Abgabe und Ausscheidung von Kohle, bzw. liefert es Tetrajodäthylen C J , : CJS (S. 60) und Jod oder Jodsilber". Schon beim Kochen mit Wasser 6 oder Erhitzen mit Alkohol 19 auf 100°, ebenso durch Reduktion mit Wasserstoff 10 bei 140°, entsteht Jodoform. T e t r a f l u o r - m e t h a n CF 4 kann durch direkte Vereinigung von Fluor mit Kohlenstoff 1 4 erhalten werden; wird der Kohlenstoff in leicht angreifbarer F o r m — als Ruß oder leichte Holzkohle — angewendet, so tritt die Vereinigung unter Feuererscheinung ein. Tetrafluormethan entsteht ferner bei der Einwirkung von Fluor auf Methan, Chloroform oder Tetrachlorkohlenstoff, sowie durch Umsetzung zwischen Tetrachloroder Tetrajodmethan und Fluorsilber. Als Darstellungsmethode empfiehlt sich Uberleiten von Tetrachlorkohlenstoff-Dampf über Fluorsilber, das ' ÉTARD, C. r. 114, 755 (1892). * PONZIO, C. 1 9 0 0 , I , 1691. Vgl. a u c h ( W I E , Soc. 6 6 , 262 (1894).

8

4 Die Krystalle des Tetrabrom meth ans gehören nicht dem regulären System an, was in theoretischer Beziehung im Hinblick auf seine durchaus symmetrische Struktur beachtenswert erscheint; vgl. über Spekulationen, die sich an diese Tatsache knüpfen, LG BEL, Bl. [3] 3, 790 (1890). * PONZIO, C. 1906, I, 1691. — Über die Einwirkung von Schwefel und Selen

vgl. v. BARTAL, B. 3 8 , 3067 (1905). 6

8

Ch. Z. 3 0 , 810 (1906).

7 NEF, A. 308, 329 (1899). NEF, A. 308, 331 (1899). GUSTAVSON, A. 172, 173 (1874). — Vgl. auch WALKER, Soc. 8S, 1090 (1904).

8

10 SPINDLEB, A . 2 3 1 , 264 (1885). MOISSAN, C. r. 113, 22 (1891). K r y s t a l l o g r a p h i s c h e U n t e r s u c h u n g : JEROFEJEW, A. 1 7 2 , 175 (1874). — LE BEL, BL. [3] 7 , 616 (1892). 11

1!

14

MOISSAN, B. [3] 7, 746 (1892).

18

NEF, A. 308, 330 (1899).

MOISSAN, C. r. 110, 276, 951 (1890). — GÜNTZ, C. r. 1 1 0 , 279 (1890). — CHABBIÉ, C. r. 110, 279 (1890).

Tetra

fluorkohlenstoff.

25

auf 195—220° erhitzt ist. Der Tetrafluorkohlenstoff ist ein farbloses Gas, das sich unter gewöhnlichem Druck bei — 15°, unter 4 Atmosphären bei -}-200 verflüssigt. In Alkohol und Äther ist es leicht, in Wasser nur wenig löslich. Natrium wirkt unter Abscheidung von Kohlenstoff und Natriumfluorid ein. Alkoholisches Kali absorbiert das Gas unter Bildung von Kaliumfluorid und Kaliumcarbonat. Bei Berührung mit heißem Glase entsteht Siliciumfluorid: CF4 + Si02 = C02 + SiF4. II. Dihalogenderivatc des Äthans und. seiner Homologen. Allgemeine Zusammensetzung CnH2nHlg2. Unter den Dihalogenderivaten der Grubengas-Homologen können je nach der Stellung der beiden Halogenatome zu einander drei Gruppen unterschieden werden (vgl. S. 6): 1. Die beiden Halogenatome haften an einem und demselben Kohlenstoffatom (^e?».-Dihalogenderivate); typische Verbindungen: CHClü-CHg Äthylidenchlorid (= Chlorid des Acetaldehyds), CH3'CC12'CH3 Isopropylidenchlorid (= Chlorid des Acetons). 2. Die beiden Halogenatome haften an zwei benachbarten Kohlenstoffatomen (wc.-Dihalogenderivate), typische Verbindung: CH2C1-CH2C1 Äthylenchlorid. 3. Die beiden Halogenatome haften an zwei nicht direkt aneinander gebundenen Kohlenstoffatomen (düj. - Dihalogenderivate); typische Verbindung: CH2C1- CH2 • CH2C1 Trimethylenchlorid. Für eine solche Unterteilung bietet sich hier zum ersten Male Anlaß; wir werden bei der Schilderung der mehrwertigen Verbindungen noch 'mehrfach analoge Einteilungen vorzunehmen haben, da ganz allgemein Bildungsprozesse und Umsetzungen wesentlich von der gegenseitigen Stellung der charakteristischen Atome bzw. Atomgruppen abhängen. Vor der Einzelschilderung jener drei Unterabteilungen von Dihalogenverbindungen wird indes die Frage Interesse erregen: „Welche Stellung suchen bei der weiteren Halogenierung von Halogenderivaten die neu eintretenden Halogenatome gegenüber den schon vorhandenen Halogenatomen auf?" Zur Beantwortung dieser Frage sind von V . MEYER und seinen Schülern systematische Untersuchungen1 unter Halogenierungsbedingungen 1

Vgl. hierzu: V. MEYER, F . MÜLLER, B. 2 4 , 4247 (1891); J . pr. [2] 4 6 , 161 (1892). — V. M E I E R , PETRENKO-KBITSCHENKO, B. 2 5 , 3304 (1892). — HERZFELDER, B. 2 6 , 1257, 2432 (1893); 27, 489 (1894).

26

Einführung mehrerer Halogenalome in Äthan und seine Homologen.

angestellt worden, bei denen man möglichst die e i n f a c h e n , z u e r s t e i n t r e t e n d e n Reaktionen verfolgen konnte. Es hat sich hierbei für die beiden Halogene Chlor und Brom eine Gleichartigkeit beim Eintritt des zweiten, aber ein eigentümlicher Unterschied beim Eintritt weiterer Halogenatome herausgestellt. Bei der C h l o r i e r u n g unter möglichst milden Bedingungen (Anwendung von' Antimonpentachlorid als Chlorierungsmittel unter Vermeidung hoher Temperaturen) hat man nämlich festgestellt, daß das zweite Halogenatom zwar an das dem bereits chlorierten benachbarte Kohlenstoffatom tritt: CHj-CHjCl — > CHjCl-CHjCI, CHj-CHä-CHjCl — v CH, • CHC1 • CH¡ C1, daß aber bei der Einführung eines dritten Chloratoms dieses mit Vorliebe wieder ein schon mit Halogen beladenes Kohlenstoffatom aufsucht: CH, • CHC1 • CH,C1 — C H , • CC12 • CHSC1. Bezüglich der B r o m i e r u n g scheint dagegen, falls diese ebenfalls unter wenig eingreifenden Bedingungen (Anwendung von Eisendraht als Halogen-Überträger') ausgeführt wird, die bei der Chlorierung nur bis zur Einführung des zweiten Halogens zu beobachtende Regelmäßigkeit des Eintritts in vic.-Stellung ganz allgemeine Geltung zu haben: C

C H H ; C C H Ä CH,• CHBr»CH2Br;

CH, • CHBr- CHjBr

>- CH8Br • CHBr • CH2Br.

Dementsprechend nimmt ein normaler Kohlenwasserstoff bei der glatten Bromierung gerade so viel Bromatome auf, als er Kohlenstoffatome enthält; Monobromheptan C 7 H 15 Br wird z. B. durch überschüssiges Brom zu Heptabromheptan C7H9Br7 bromiert Hiernach scheint das Brom eine Abneigung dagegen zu besitzen, an ein bereits mit dem gleichen Halogen verbundenes Kohlenstoffatom zu treten; dies wird besonders gut auch durch die Tatsache illustriert, daß Methylbromid bei 100° in Gegenwart von Eisen durch Brom nicht verändert wird. Uber Halogenierung unter Anwendung von Aluminiumchlorid und Aluminiumbromid als Halogen-Uberträgern vgl. S. 55—56. A. Verbindungen vom Typus des Athylidcnclilorids u n d Isopropylidenchlorids (grem.-Dihalogemlerivate). Man gewinnt die hierher gehörenden C h l o r - u n d B r o m v e r b i n d u n g e n aus den Aldehyden bzw. Ketonen, indem man deren Sauerstoffatom durch Chlor bzw. Brom ersetzt:

CHICHO CH, • CO • CH,

CH.-CHCl,, >- CH, • CBr, • CH,;

1 Geschichtliches über Chlorierungen und Bromierungen bei Gegenwart von Halogen-Überträgern vgl. bei MOUNEYRAT, A. ch. [7] 20, 485 (1900).

Bildung von

gem.-Dihalogenparaffinen.

27

es geschieht dies durch Einwirkung von Phosphorpentachlorid x, Phosphorchlorobromid 2 PCl 3 Br 2 oder auch Chlorkohlenoxyd 8 COCl a . Sie werden ferner zuweilen bei der energisch durchgeführten weiteren Chlorierung bzw. Bromierung von Alkylhalogeniden neben anderen Halogenderivaten erhalten4, z. B. CH3-CHCI2 aus CH,.CH,C1, CH s -CCl 2 -CH a aus CH8-CHC1-CHS. Aus

den

Monohalogenderivaten

C n H 2 n _ 1 - H l g (TL I ,

S. 8 9 3 — 8 9 8 )

der

erhält

Ä t h y l e n - Kohlenwasserstoffe man

die

¿rem.-dihalogenierten

Paraffine nicht selten durch Anlagerung von 1 Mol. Halogenwasserstoff 5 : CH,: CHBr + HBr = C H , C H B r , . A u s den Acetylen-Kohlenwasserstoffen entstehen sie durch Addition von 2 Mol. Halogen Wasserstoff 6 : C H : C H + 2HCl = CHj-CHClj; C H s - C i C H + 2HBr = CH, • CBr, • CH, . Diese Bildungsweise wird als Darstellungsmethode dungen7

für die

Jodverbin-

benutzt: C H - C H + 2HJ = CHa• CHJ, .

Die beiden letzterwähnten Reaktionen sind insofern bemerkenswert, als sie zeigen, daß unter Umständen zwei Halogenatome einander möglichst nahe Plätze in einem Molekül aufsuchen (vgl. auch S. 26), während man vom Standpunkt elektrochemischer Anschauungen im Gegenteil erwarten sollte, daß gleichartige Atome sich abstoßen und demnach möglichst entfernte Orte wählen. Der Verlauf dieser Reaktionen 8 hängt indes wesentlich von den Bedingungen ab. Vinylbromid gibt z. B. mit sehr konzentrierter Bromwasserstoffsäure Äthylenbromid CHjBr-CHjBr, mit einer weniger konzentrierten Säure aber Athylidenbromid9 CH,-CHBr s . Die den Ketonen entsprechenden Dihalogen Verbindungen sind ziemlich unbeständig; sie spalten sehr leicht ein Molekül Halogenwasserstoff ab, um in Monohalogenderivate der Äthylen-Kohlenwasserstoffe überzugehn. So erhält man schon bei der Darstellung des Isopropylidenchlorids aus 1

V g l . : REBOÜL, A . ch. [5] 14, 459 (1878). —

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BRDY-

V . MEYER,

PE-

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J. 1 8 7 1 ,

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A . 1 9 5 , 183

V . MEYER, F . MÜLLER, J. pr. [2] 4 6 ,

161 (1892). 5

REBOÜL, C. r. 7 0 , 398 (1870).

4

SSABANEJEW, A . 1 7 8 , 111 A n m . (1875). — REBOÜL, A . ch. [5] 14, 458, 465 (1878).

7

BERTHELOT, A . 1 3 2 , 122 (1864). —

1 8 6 5 , 719. —

A . ch. [5] 14, 466, 469, 482 (1878). SEMENOW, Z. 1 8 6 5 , 725. — OPPENHEIM, Z .

N . CARO, C h . I. 18, 227 (1895). —

F . KRÜGER,

454 (1895). 8

V g l . auch MICHAEL, J. pr. [ 2 ] 6 0 , 329 (1899).

• REBOÜL, C. r. 7 0 , 398 (1870).

PÜCKERT, C h . I . 18,

28

Einzelne

gem.-Dihalogenparaffine.

Aceton und Phosphorpentachlorid 1 daneben Chlorpropylen infolge der Reaktion: CH, • CC1, • CH, — HCl = CHj: CC1- CH,. Die höheren Glieder 8 zersetzen sich schon beim Sieden teilweise oder vollständig in dieser Weise. Mehrfach ist auch beobachtet worden, daß beim Erhitzen der Alkylidenbromide Isomerisation zu Alkylenbromiden erfolgt — eine Reaktion, die man durch primäre Abspaltung von Halogen Wasserstoff und dessen Wiederanlagerung in anderer Richtung erklären kann: CH s .CBvCH„ - HBr = C H , C B r : CH, , CH,-CBr: CH, + HBr = CH, • CHBr • CH,Br. Andererseits wandeln sich auch die Alkylenbromide beim Erhitzen partiell in Alkylidenbromide um. (Näheres vgl. S. 35—36). Die jewi.-Dihalogen Verbindungen sind im allgemeinen wenig zu glatten Reaktionen befähigt; sie besitzen daher für die chemische Synthese nur geringe Bedeutung und werden selten dargestellt. Als Zwischenprodukte benutzt man sie für die in Tl. I, S. 161 besprochene Darstellungsmethode höherer Paraffine und die in Tl. I, S. 876 und 880 erwähnte Gewinnungsweise von Acetylen-Homologen. Es genüge hier, die dein Acetaldehyd und Aceton korrespondierenden Halogenverbindungen etwas näher zu charakterisieren. Ä t h y l i d e n c h l o r i d * (1.1-Dichlor-äthan, ^ew.-Dichlor-äthan, unsymm. D i c h l o r - ä t h a n ) CHj'CHCl, ist eine farblose, mit Wasser nicht mischbare Flüssigkeit, die bei sehr starker Abkühlung erstarrt und bei —101.5° wieder schmilzt; es siedet bei 57 • 7® und besitzt bei 10° das spez. Gew. 1-189. Schon oberhalb 300° beginnt es, in Monochlor-Sthylen und Chlorwasserstoff zu dissoziieren. Mit Wasser vereinigt es sich bei 0° zu einem regulär kryBtallisierenden Hydrat. Es ist in den Nebenprodukten enthalten, welche bei der Chloral-Fabrikation entstehen. Ä t h y l i d e n b r o m i d 4 CHa-CHBrs ist flüssig, siedet bei 113° und besitzt bei 21 •5* das spez. Gew. 2-082. 1 FBIEDEL, A . 112, 236 (1859). — FRIEDEL, LADENBURO, A . 1 4 2 , 315 (1867). » V g l . : HENBY, B . 8 , 4 0 0 (1875). — BRÜYLANTS, B. 8 , 410 (1875). — GIESECKE, Z. 1 8 7 0 , 431. * BEILSTEIN, A . 1 1 3 , 110 (1860). — KRÄMER, B . 3 , 259 (1870). — STÌDEL, B . 1 5 , 2 5 6 3 (1882). — TOLLENS, A . 1 3 7 , 311 (1866). — BRÜHL, A . 2 0 3 , 10 (1880). — SCHIFF, A . 2 2 0 , 96 (1883). — THORPE, SOC. 3 7 , 183 (1880). — PRIBBAM, HANDL, M. 2 , 650 (1881). — V. MEYER, F . MÜLLER, B . 2 4 , 4247 (1891). — LANDOLT, JAHN, P h . C h . 1 0 , 313 (1892). — SCHÖNROCK, P h . Ch. 11, 785 (1893). — JAHN, P h . C h . 11, 791 (1893). — JAHN, MÖLLER, P h . C h . 1 3 , 386 (1894). — v. SCHNEIDER, P h . C h . 1 9 , 158 (1896); 2 2 , 233 (1897). — VILLABD, A . c h . [7] 11, 387 (1897). — H . BILTZ, B . 3 5 , 3524 (1902). — H . BILTZ, KÜPPERS, B . 3 7 , 2398 (1904). — REX, P h . Ch. 5 5 , 364 (1906). * A . W . HOFMANN, J . 1 8 6 0 , 346 A n m . — CAVENTOU, A . 1 2 0 , 322 (1861). — TAWILDAROW, A . 1 7 6 , 12 (1875). — DENZEL, A . 1 9 5 , 202 (1879). — ANSCHÜTZ, A. 2 2 1 , 137 (1883). — HENBY, C . r . 9 7 , 1492 (1883). — DE FOBCBAND, A . ch. [5] 2 8 , 30 (1883). — PERKIN, SOC. 4 5 , 523 (1884). — V. MEYER, F . MÜLLER, B . 2 4 , 4247 (1891). J . p r . [2] 4 6 , 168 (1892). — POURET, C . r . 1 3 0 , 1192 (1900). BL. [3] 2 5 , 2 9 5 (1901).

Konstitution der Alkylendihalogmide als vie.-DihalogenparaffiM.

29

Á t h y l i d e n j o d i d 1 CH 3 -CHJ, iat eine Flüssigkeit, die zwischen 177° und 179° nicht ganz unzersetzt siedet und bei 0° das spez. Gew. 2-84 besitzt* I s o p r o p y l i d e n c h l o r i d * (CH^CClg (2.2-Dichlor-propan, „Chloracetol") siedet bei 69-7°; spez. Gew. 1-097 (15°). — I s o p r o p y l i d e n b r o m i d 8 (CH8)jCBrs: Siedepunkt 114—116°; spez. Gew. 1-848 (15°). — I s o p r o p y l i d e n j o d i d 4 (CH^CJj siedet unter starker Zersetzung bei 147—148°.

B. Verbindungen Tom Typus des Athylenchlorids (vic. - Dihalogenparaffine, Alkylendihalogenide). Man gewinnt diese Verbindungen durch direkte Vereinigung der Äthylen-Kohlenwasserstoffe5 mit den freien Halogenen: CH, : CHj + Clj = CHjCl-CH.Cl : Äthylenchlorid; CHS• CH : OH, +• Br, = CH,.CHBr.CH 2 Br : Propylenbromid. Wenn nach dieser Bildungsweise auch die Strukturformeln der hierher gehörenden Verbindungen als selbstverständlich erscheinen mögen, so bedürfen sie doch noch einer besonderen Prüfung. Denn gerade der Umstand, daß die Additionsprodukte der Alkylene die aufgenommenen Atome an zwei benachbarten Kohlen8toffatomen enthalten, war ja in erster Linie dafür maßgebend, das Vorhandensein einer Doppelbindung im Molekül dieser Kohlenwasserstoffe anzunehmen (vgl. Tl. I, S. 789—790, 794). Es ist daher für die Theorie der ungesättigten Verbindungen von größter Wichtigkeit, die Konstitutionsformeln von Substanzen, wie Äthylenchlorid, Äthylenbromid, Propylenbromid, möglichst sicherzustellen. Dem im Tl. I auf S. 790 gegebenen indirekten Beweise für die Konstitution des Äthylenchlorids sei hier zunächst noch ein direkter Beweis der Strukturformel CHjBr-CHjBr für Ä t h y l e n b r o m i d zugefügt. Durch Austausch der beiden Bromatome gegen Hydroxyl erhält man das Glykol C4H4(OH)J; in letzterem kann man durch Erhitzen mit Salzsäure wieder ein Hydroxyl durch Chlor ersetzen und so zu dem Glykolchlorhydrin CjH^ClXOH) gelangen: CJH 4 BR S

1

C,H4(OH),

~

^

CJH^-^QJJ ,

in welchem die Stellung des Chloratoms und der Hydroxylgruppe der Stellung der beiden Bromatome im Äthylenbromid entsprechen muß; von den beiden möglichen Formeln: CH,C1-CHS(0H) und CH,-CH>

C 9 H 18 Hlg 2

.

105—107° (16 mm)

. . . . .

.

240—242°

64° —



258—262°

Z i t a t e z u r T a b e l l e N r . 30: 1 v. B B A U N , BESCHKE, B . 3 9 , 4124, 4361, 4362 (1906). — 2 GUSTAVSON, DEMJANOW, J . pr. [2] 3 9 , 542 (1889). — 3 D E M J A N O W , B . 2 5 Ref., 912 (1892). — 4 HAMONET, C. r. 1 3 2 , 346 (1901). — 5 DEMJANOW, B . 2 5 Ref., 912(1892); 2 8 , 22 (1895). — 6 P E R K I N , SOC. 6 5 , £62 (1894). — 7 F R A N K E , K O H N , M. 9 2 3 , 743 (1902). — 8 W Ü R T Z , BL. [2] 4 1 , 362 (1884). — v. BRAUN, B . 3 7 , 2918, 3210

45

disj.-Dihalogenparaffine der 4. bis 9. Beihe. Dihalogenparaffine der vierten bis neunten Reihe. Jodid

Bromid Siedepunkt

Spezifisches Gewicht

Schmelzpunkt

Siedepunkt

Spez. Gew.

1 196—197° (760 mm) l 82° (12 mm)

1-79 (18°)

1 174—175° (760 mm) \ 69-5° (19 mm)

Schmilzt bei Zimmertemp.

125—126° (15 mm)

2.307 (18°)

1-829(0°)

i 223—224° (760 mm) \ 104—105° (14 mm)

1.724 (0°)

Schmelzpunkt —





200—202° (718 mm)



74—75° (10 mm)





1-697(0°)







1-705(0°)







94° (13—14 mm) 98-99° (16-17 mm)

a) Flüssig b) Schmp. 38-2 —

82° (21 mm)



94-96® (16 mm)



98° (30 mm)



109—110° (16 mm)



15—16° — .





182-133° (15 mm) 1-5256(56°) a) Flüssig 1-5315(56°) b) Schmp. 44° 133-134° (15 mm) 1.588(0°)

/ 254—256° (760 mm) \ 138—140° (20 mm)



2*05 (18°)

163° (17-5 mm)

+ 9.5°



/ 153—154° (100 mm) \120-122°(20-25mm)







f 239—241° (760 mm) l 115—116° (12 mm)



135—136° (12 mm)





/ 185—190° (760 mm) \ 82—83° (49 mm)



115—116° (Vak.) 2-291





































1.580(0°)

270—272°









123—129° (11mm)













68-5—69° [ 285—288° (760 mm) (171-173°(20-25mm) (1904). —

10

v. BRAUN, STEINDORFF, B . 3 8 , 2 3 3 6 ( 1 9 0 5 ) . —

(C. 1 9 0 5 , II, 1563). — 13

N

HAWORTH, PERKIN, B . 2 6 , 2 2 4 7 ( 1 8 9 3 ) .

'STEINDORFF, B . 3 8 , 9 6 0 ( 1 9 0 5 ) . — PERKIN, SOC. 5 3 ,

11

MERCK, D . R . P .

164365

DEMJANOW, Journ. Russ. Phys.-chem. Ges. 2 5 , 674 (1893). —

191 (1888). —

Soc. 6 5 ,

87,

95 (1894). —

14

16

HAMONET, C . r . 1 3 8 , 1 6 0 9 ( 1 9 0 4 ) . —

"

LIPP, B .

22,

2 5 7 0 (1889). —

18

v . BRAUN, 16

COLMAN,

EEIF, B .

41,

46

Umsetzungen der disj .-Dihalogenparaffine.

2 7 4 4 (1908). — •II, 4 7 2 . 91

19

IPATJEW, WITTORF, J . p r . [2] 5 5 , 2 , 8 (1897). — IPATJEW, C . 1 8 9 8 ,

J . p r . [2] 5 9 , 5 2 2 ( 1 8 9 9 ) . —

P o m , C. 1 9 0 6 , I , 4 4 2 . — 99

C. 1 8 9 9 , I , 2 6 . —

"

10

GUSTAVSON, POPPER, J . pr. [2] 5 8 , 4 5 8 ( 1 8 9 8 ) . —

SSOIONINA, B . 2 6 , 2 9 8 8 ( 1 8 9 3 ) ; 2 7 R e f . , 3 0 9 ( 1 8 9 4 ) .

(1907). —

98

SSOLONINA, C. 1 8 9 9 , I , 2 5 . —

PERKIN, S o e . 6 3 , 2 0 5 ( 1 8 8 8 ) . — [ 2 ] 2 3 , 17 ( 1 8 8 1 ) . — 88

2 6 , 330 (1892). —

80

98

27

DEMJANOW, B . 2 3 R e f . , 3 2 6 (1890). —

IPATJEW, M.

81

34,

ZELINSKY, ZELIKOW, B .

34,

87

DUDEN, LEMME, B . 3 5 , 1 3 3 7 ( 1 9 0 2 ) . —

J . WISLICENÜS, B . 3 4 , 2 5 6 9 , 2 5 8 0 89

SSOIONINA, C. 1 8 9 9 , I , 2 6 .

v . BRAUN, MÜLLER, B . 3 8 , 2 3 4 7 ( 1 9 0 5 ) ; 3 9 , 2 0 2 1 (1906). — 49

GEINER, A . c h . [6]

85

SCHRAMM, B . 3 0 , 6 3 7 ( 1 8 9 7 ) . —

44

FREER,

SOBOKIN, J . p r .

ZELINSKY, ZEUKOW, B .

86

5 9 , 528 (1899). —

46

83

2 8 6 3 (1901). —

1 8 9 9 , I, 773. —

27,

2 7 , 4 0 0 (1895). —

IPATJEW, J . p r . [2] 5 9 , 5 3 2 (1899). —

40

PERKIN, B .

DIONNEAU, C . r. 1 4 5 , 1 2 7

PERKIN, SOC. 5 1 , 7 2 2 ( 1 8 8 7 ) . —

84

(1901). —

85

WUBTZ, A . c h . [4] 3 , 1 5 8 (1864). —

2858 (1901). — 89

94

v . BRAUN, MÜLLER, B . 3 8 , 2 3 4 4 ( 1 9 0 5 ) . —

2 1 6 (1894). — HAWORTH, PERKIN, SOC. 6 5 , 5 9 7 ( 1 8 9 4 ) . —

41

v . BRAUN, SCHMITZ, B . 3 9 , 4 3 6 6 (1906). —

DEMJANOW, PORTUNATOW, C. 1 9 0 8 , 1 , 8 1 8 . —



IPATJEW, J . p r . [ 2 ] 48

45

POGORZELSKI, C . HAMONET, B L [3]

3 3 , 5 3 7 (1905).

Von besonderem Interesse ist die Bildung isocyclischer Kohlenwasserstoffe aus den disj unkten Dihalogenparaffinen durch direkte Bromentziehung1 unter der Einwirkung von Natrium, Zink oder anderen Metallen (vgl. S. 39—40 das Verhalten des Trimethylenbromids), z. B.: /CH..Br .CH, CH CHBr-CH 4 Br. G l y c e r y l t r i c h l o r i d 1 CH2CI.CHC1-CH2C1 ( T r i c h l o r h y d r i n , A l l y l t r i c h l o r i d , 1. 2. 3-Trichlor-propan) kann auch (neben Isomeren) durch Chlorierung von Propylenchlorid mittelst Chlorjod erhalten werden; es siedet bei 155°, besitzt bei 0° das spez. Gew. 1-41 und riecht ähnlich dem Chloral. Durch Erhitzen mit Wasser liefert es Glycerin, durch Einwirkung von alkoholischem Kali Propargyläthyl-äther CH • C-CH,-O C2H5 (vgl. Tl. I, S. 920). Mit Antimonpentachlorid setzt es sich bei 190° unter Bildung von 1. 1. 2. 3-Tetrachlorpropan um. — G l y c e r y l t r i b r o m i d ' CH 2 Br-CHBr-CH 2 Br ( T r i b r o m h y d r i n ) , ist unter anderem aus 1. 3-Dibrom-propan* durch Bromierung in Gegenwart von Eisen bei 100° und (neben viel 1.1. 2-Tribrom- und etwas 1.1. 2.3-Teti'abrom-propan) aus 1.2-Dibrompropan 4 durch Bromierung in Gegenwart von Aluminiumbromid erhalten worden. Es erstarrt in der Kälte krystallinisch, schmilzt dann bei + 16°, siedet bei 219—220° (unter 30 mm Druck bei 115—120°) und besitzt das spez. Gew. 2-436 bei 23°. Beim Erwärmen mit Zinkstaub und Alkohol entweicht Propylen 8 , dem etwas Allylbromid beigemischt ist 9 . Bei der Umsetzung mit Natriumäthylat 7 beobachtet man kleine Quantitäten Propargyl-äthyl-äther CH • C*CH 2 »0'C 2 H 5 , während das Hauptprodukt der ^-Bromallyl-äthyläther CH 2 : CBr'CH 2 O.C 2 H e ist. Im symmetrischen 1.2.3-Tribrompropan erscheint nach dieser Reaktion das mittelständige Bromatom als das am festesten haftende. — G l y c e r y l t r i j o d i d ist als solches nicht bekannt; seine vorübergehende Entstehung wird bei der Bildung von Allyljodid aus Glycerin durch Einwirkung von Jodwasserstoff (vgl. Tl. I, S. 281—282 und 897) angenommen.

V. Polyhalogenderirate. Für Tetrahalogrenderivate des Äthans ergeben sich die beiden Strukturfälle: CHHlg 2 • CHHlg2 und CH 2 Hlg.CHlg s . Die der ersten Formel entsprechenden, s y m m e t r i s c h konstituierten Verbindungen entstehen durch Addition der Halogene an Acetylen. — Behufs Darstellung von > CAMUS, A . PFEFFER, FITTIO, A . A . 1 5 5 , 105 (1870). HERZFELDER, B . 2 6 ,

1 2 4 , 2 2 3 A n m . (1862). — OPPENHEIM, A . 1 8 3 , 3 8 3 (1865). — 1 3 5 , 359 (1865). — BAEYER, A . 1 3 8 , 196 (1866). — BEETHELOT, — FRIEDEL, SILVA, C. r . 7 4 , 8 0 8 (1872); 7 6 , 1596 (1873). — 1258, 2 4 3 5 (1893).

8 BERTHELOT, LÜCA, A . 1 0 1 , 76 (1857). — WURTZ, A . 1 0 2 , 3 3 9 ; 1 0 4 , 2 4 7 (1857). — HENRY, A . 1 5 4 , 3 6 8 (1870). — HENRY, BERTHELOT, A . 1 5 6 , 3 4 3 (1870). — TOLLENS, A . 1 5 6 , 168 (1870). 3 KRONSTEIN, B . 2 4 , 4245 (1891). * MODNEYRAT, C . r . 1 2 7 , 2 7 4 (1898).

5 7

LESPIEATT, Bl. [3] 7, 260 (1892).

8

GDSTAVSON, J . pr. [2] 4 6 , 159 (1892).

PEREIN, SIMONSEN, S o c . d l , 818, 8 3 3 (1907); v g l . a u c h GARDNER, PEREIN, SOC. 9 1 , 8 4 8 (1907).

54

Tetrahalogenderivate des Äthans.

A c e t y l e n - t e t r a c h l o r i d 1 CHC12-CHC12 (1.1.2.2-Tetracklor-äthari) leitet man Chlor und Acetylen in ein 70—75° warmes Gemisch von Athylenchlorid und Aluminiumchlorid, wobei- man die Gegenwart von freiem Sauerstoff (Luft), der zu Explosionen Veranlassung geben kann, sorgfältig verhüten muß2. Da die Vereinigung des Acetylens mit freiem Chlor jedoch niemals ganz gefahrlos ist (vgl. Tl. I, S. 857), so ist man bei der Herstellung des symmetrischen Tetrachloräthans in technischem Maßstabe dazu übergegangen, die Chloraddition auf indirektem Wege zu bewirken. Man 1 ™ ' ' ' * " äntachlorid3 sich bildende Produkt unter mäßiger Kühlung Acetylen ch von Schwefelchlorür und (1 %) Eisenpulver4. Das Acetylentetrachlorid siedet bei 147° und besitzt bei 0° das spez. Gewicht 1-614. Es ist neuerdings als Lösungsmittel, besonders für Lacke und Celluloseester5, empfohlen worden6. Durch Entziehung von 1 Mol. Chlorwasserstoff mit alkalisch reagierenden Agenzien7 geht es in Trichloräthylen (S. 52), durch weitere Chlorierung, z. B. in Gegenwart von Aluminiumchlorid8 bei 120°, in Hezachloräthan CC13 • CClg (S. 58) über, während es sich mit Aluminiumchlorid bei der gleichen Temperatur partiell zu unsymm. Tetrachloräthan (vgl. S. 55) isomer isiert9. Bei der Bereitung des A c e t y l e n - t e t r a b r o m i d s 1 0 CHBr,• CHBrs (1.1.2.2Tetrabrom-äthan) aus Acetylen und Brom erweist sich die Gegenwart von etwas Wasser als sehr nützlich u , l i . Aus dem symmetrischen Tetrachloräthan kann man die Bromverbindung durch Behandeln mit Aluminiumbromid bei 30° gewinnen13. Aus dem Äthylenbromid erhält man durch weitere Bromierung mittels Brom und Alumininiumbromid nur kleine Mengen Acetylentetrabromid, da sich hierbei ein Teil des Ausgangsmaterials zersetzt und gleichzeitig Hexabromäthan CBr, • CBr, (S. 58) entsteht 11 . Das 1.1.2.2-Tetrabromäthan ist eine stark lichtbrechende Flüssigkeit, 1 BEETHELOT, JUNOFLEISCH, A . Sppl. 7, 2 5 4 ( 1 8 7 0 ) . — PATERNÖ , PISA LI, J . pr. [2] 4 , 1 7 6 (1871). — STADEL, B . 1 5 , 2 5 6 3 (1882). — COLBON, GAUTIER, C . r . 1 0 2 , 1076 (1886). 2

3

auch

MODNETRAT, BL. [3] 1 9 , 4 4 7 , 4 4 8 , 4 5 2 (1898).

Konsort. f. elektrochem. Industrie, D. R.P. 1 5 4 6 5 7 (C. 1904, II, 1 1 7 7 ) ; vgl. D. R.P. 1 9 6 3 2 4 (C. 1908, I, 1504). MICHEL, Z. Ang. 19, 1 0 9 5 (1906). — Salzbergwerk Neu-Staßfurt D. R.P. 1 7 4 0 6 8

TOMPKINS, 4

(C. 1 9 0 6 , I I , 8

8

1297).

LEDERER, D . R . P . 1 7 5 3 7 9 ( C . 1 9 0 6 , I I ,

1544).

Vgl. dazu: Salzbergwerk Neu-Staßfurt, D.R.P. 1 8 5 3 7 4 (C. 1907, II, 4 9 9 ) . — Chem. Fabr. Griesheim-Elektron, Ch. Z. 32, 2 5 7 ( 1 9 0 8 ) . — Konsortium f. elektrochem. Industrie, Ch. Z. 32, 5 2 9 ( 1 9 0 8 ) . 7 Konsort. f. elektrochem. Industr., D.R.P. 1 7 1 9 0 0 (C. 1906, II, 5 7 1 ) . 8 MOUNEYRAT, Bl. [ 3 ] 1 9 , 4 5 4 (1898). — Über Einwirkung von Brom in Gegenwart von A1C1 S vgl. MOUNEYRAT, Bl. [3] 1 9 , 5 0 0 ( 1 8 9 8 ) . 9 10

MOUNEYBAT, BL. [3] 1 9 , 4 9 9 (1898). REBOUL, A . 1 2 4 , 2 6 9 (1862).



SSABANEJEW, A . 1 7 8 ,

112,

121 (1875);

216,

2 5 5 ( 1 8 8 3 ) . — BOURGOIN, A . c h . [5] 4 , 4 2 3 ( 1 8 7 5 ) . — ANSCHÜTZ, A . 2 2 1 , 1 3 8 ( 1 8 8 3 ) . — WÖJZIC, B . 1 6 , 2 8 9 1 (1883). — CBOSSLEY, P . C . S . 1 4 , 2 4 8 ( 1 8 9 8 ) . — K . A . HOPMANN, KIRMREUTHEB, B . 4 1 , 3 1 4 (1908). " 12

'

18 14

ELBS, NEWMANN, J . p r . [2'| 5 8 , 2 4 5 (1898). MUTHMANN, Z . K r . 3 0 , 7 3 ( C . 1 8 9 8 , I I , 449). POÜRET, BL. [31 2 5 , 2 9 7 (1901). MOUNEYRAT, BL. [3] 1 9 , 1 7 7 , 4 9 8 (1898).

Pentachlor-ätkan.

55

die einen an Campher und Chloroform erinnernden Geruch besitzt, sich an der Luft unter Anziehung von Feuchtigkeit trübt und bei gewöhnlichem Druck nicht destillierbar ist, dagegen mit Wasserdampf ohne Zersetzung übergetrieben werden kann; unter 12 mm Druck liegt der Siedepunkt bei 114°, das spez. Gew. beträgt 2-971 bei 18°. Infolge dieses hohen Eigengewichts, das jedoch, dank der Löslichkeit der Verbindung in vielen organischen Solvenzien beliebig herabgesetzt werden kann, eignet sich das Acetylentetrabromid gut zur Trennung von Mineralgemischen1 (vgl. S. 10 die gleiche Verwendung des Methylenjodids). In Bezug auf das chemische Verhalten ist zu erwähnen, daß bei der Reduktion hauptsächlich symmetrisches Dibromäthylen, neben Tribromäthylen und Äthylenbromid, erhalten wird. A c e t y l e n - t e t r a j o d i d ist nicht bekannt. U n s y m m e t r i s c h e s ( l . l . l ^ - j T e t r a c h l o r - ä t h a n ' CHjCl-CCl, ist durch Chlorierung von Chloräthylenchlorid (S. 51) erhalten worden und bildet sich, wie schon oben erwähnt, auch beim Erhitzen der symmetrischen Verbindung mit Aluminiumchlorid3 auf 110°; es siedet bei 130° und besitzt bei 0° das spez. Gew. 1-612. — 1 . 1 . 1 . 2 - T e t r a b r o m - ä t h a n 4 CH2Br-CBrs erstarrt im Kältegemisch, siedet unter gewöhnlichem Druck nicht ohne Zersetzung, unter 14 mm bei 104° und besitzt bei 18° das spez. Gew. 2-929; man gewinnt es durch Vereinigung von unsymmetrischem Dibromäthylen (S. 48) mit Brom. Pentachlor-äthan CHCla CCls tritt beim energischen Chlorieren von Äthylchlorid6 oder Äthylenchlorid8 auf. Aus dem Trichlor-acetaldehyd (Chloral) CCla-CHO gewinnt man es durch Behandeln mit Phosphorpentachlorid7 oder Aluminiumchlorid8, in letzterem Fall neben Tetrachloräthylen. Das Pentachloräthan erstarrt unterhalb -18° krystallinisch, siedet9 bei 161-7° und hat bei 0° die Dichte10 1-7089. Mit alkoholischem Kali verliert es Chlorwasserstoff und wandelt sich in Tetrachloräthylen um. Die gleiche Spaltung tritt beim Erwärmen mit Aluminiumchlorid auf 70—100° ein; ist hierbei gleichzeitig Brom vorhanden, so resultiert symmetrisches T e t r a c h l o r - d i b r o m - ä t h a n CCl,Br-CCl2Br (Prismen von campherartigem Geruch, die bei 220—225° schmelzen und auch durch Anlagerung von Brom an fertiges Tetrachloräthylen erhältlich sind)11. Mit Aluminiumchlorid und Chlor19 erhält man analog Hexachloräthan CCI,-CCI, (S. 58). Den Verlauf der H a l o g e n i e r u n g e n in G e g e n w a r t von A l u m i n i u m h a l o g e n i d e n , für die soeben einige Beispiele gegeben wurden, deutet MOUNEYBAT 1 8 allgemein durch die Annahme, daß zunächst ein Dihalogenaluminium-Derivat ent> MÜTHMANN, Z . K r . 3 0 , 7 3 ( C . 1 8 9 8 , I I , 4 4 9 ) .

*

A. 22, 293 (1837). — REGNAULT, A. ch. [2] 69, 162 (1838). — A. 80, 130 (1851). — GEDTHER, BROCKHOFF, J. pr. [2] 7, 112 (1873). — STADEL, B . 15, 2563 (1882). A. 195, 187 (1879). 3 MOUNEYRAT, Bl. [3] 19, 499 (1898). * LENNOX, A. 122, 124 (1862). — SSABANEJEW, A. 216, 255 (1883). — ANSOHÖTZ, A. 221, 140 (1883). 8 8 REGNAULT, A. 33, 321 (1840). PIERRE, A. 80, 130 (1851). 1 PATERNÖ, A. 161, 117 (1869). 8 MOUNEYRAT, Bl. [3] 19, 261 (1898). 10 9 STADEL, B . 1 5 , 2563 (1882). THORPE, Soc. 3 7 , 192 (1880). 11 MOUNEYBAT, Bl. [3] 19, 180, 182 (1898). 12 MOUNEYRAT, Bl. [3] 17, 797 (1897). 13 Vgl. die Zusammenfassung seiner auch auf den vorangehenden Seiten mehrfach zitierten Arbeiten über die Halogenierung in Gegenwart von Aluminiumchlorid oder -bromid in A. ch. [7] 20, 485 (1900). PIERRE,

LAURENT,

56

Stereoisomerie lei

Polyhalogenderivatm.

steht, das aber alsbald unter Regenerierung des Aluminiumchlorids (bzw. -bromids) wieder zerfällt: CClj'CHCl, + A1C1S = CC13.CC1,-A1C1S+HC1, CClg'CClj'AlClj = CC12:CC12 + A1C1,; die so entstandene ungesättigte Verbindung addiert dann das freie Halogen: CC1,: CC1, + Cl8 = CC13-CC13. Da hiernach die Möglichkeit des Eintritts einer Doppelbindung als wesentlich erscheint, diese Möglichkeit aber nur bei der Gegenwart von mindestens zwei Kohlenstoffatomen gegeben ist, so ist die Methode in der Reihe des Methans nicht anwendbar. Wenn bei den höheren gesättigten Kohlenwasserstoffen mehrere Halogenatome an verschiedene Kohlenstoffatome treten, so können dadurch mehrere Kohlenstoffatome asymmetrisch werden. Es ergeben sich dann gemäß den Erörterungen in TL I, S. 9 8 — 1 0 4 die Bedingungen der D i a s t e r e o m e r i e . In der Tat sind in einigen Fällen stereoisomere, optisch inaktive Modifikationen von solchen Halogenderivaten erhalten worden. So tritt z. B. das aus Butadien-(1.3) (vgl. Tl. I, S. 884—885) durch Brom-Anlagerung sich bildende 1 . 2 . 3 . 4 - T e t r a b r o m - b u t a n CH 2 Br-CHBrCHBr«CH a Br in zwei Formen auf, von welchen die eine aus Alkohol in Prismen vom Schmelzpunkt 118°, die andere aus Petroläther in Tafeln vom Schmelzpunkt 4 0 — 4 1 ° krystallisiert \ Beim Destillieren (260—270°) geht das hochschmelzende Bromid teilweise in das tiefschmelzende über 3 . Ganz entsprechend kennt man auch das aus dem l-Brom-butadien-(1.3) CHBr: CH>CH:CH 4 und Brom bei Anwesenheit von Eisenpulver entstehende 1.1.2.3.4Pentabrom-butan CHBr2 • CH,Br • CH,Br • CHäBr in zwei raumisomeren Modifikationen: Prismen aus Alkohol, die bei 108°, und rhombische Täfelchen aus Holzgeist, die bei 57—58® schmelzen'. — Das sich aus Diallyl (Tl. I, S. 888) bei der Anlagerung von Brom ergebende 1.2.5.6-Tetrabrom-hexan 4 CH2 Br • CHBr • CH, • CH,-CHBr>GH,Br läßt sich durch Krystallisation aus Äther oder Chloroform ebenfalls in zwei Stereoisomere (Schmelzp. 64—65° und 54—56°) trennen5. Von den höher halogenierten Derivaten der Hexane sei das strukturell völlig symmetrisch konstituierte 1.2.ä.4.&.6-Hexaehlor-normalhexan 6 C1-CH2-[CHC1]4' CH2-C1 erwähnt, das aus dem entsprechenden sechswertigen Alkohol (Mannit) durch Behandeln mit Phosphorpentachlorid (und -oxychlorid) bei 145° gewonnen wurde. Schuppen aus Petroläther, die bei 137-5° schmelzen und unter 30 mm Druck bei 1

CIAMICIAN, MAGNAGHI, B . 1 9 , 569 (1886). — CIAMICIAN, B . 2 0 , 3061 (1887). — CIAMICIAN, MAGNANIMI, B . 21, 1430 (1888). — GRINER, C. r . 1 1 7 , 553 (1893). — WILLSTATTER, BRUCE, B . 4 0 , 3987 (1907). — Vgl. a u c h : CAVENTOU, A . 1 2 7 , 9 5 (1863). B . 6 , 70 (1873). — HENNINGEB, B . 6 , 70 Ì1873). — HELBING, A . 1 7 2 , 291 (1874). — DEMJANOW, B . 2 5 Ref., 912 (1892). » GRIHAUX, CLOEZ, BL. [2] 4 8 , 31 (1887). " WILLSTATTER, BROCE, B . 4 0 , 3995 (1907). 4 TOLLENS, WAGNER, B . 8 , 589 (1873). — V g l . a u c h CIAMICIAN, ANDERLINI, B . 2 2 , 2498 (1889.) — KRASSUSKI, B. 2 7 Ref., 199 (1894). 5 GRINER, A . eh. [6] 2 8 , 325, 336, 340, 349 (1892). 8 MOUBGUES, C. r. I L I , 111 (1890).

Perhalogenderivate.

57

180—185° sieden. Es enthält vier asymmetrische Kohlenstoffatome, ist ans optisch aktivem Ausgangsmaterial bereitet und dementsprechend ebenfalls optisch aktiv befunden worden.

Unter den höheren Halogenderivaten lenken jedoch besonders diejenigen die Aufmerksamkeit auf sich, welche aus den Kohlenwasserstoffen durch Vertretung sämtlicher Wasserstoffatome hervorgehen, demnach lediglich aus Kohlenstoff und Halogen bestehen. Von diesen „ P e r h a l o g e n d e r i v a t e n " der aliphatischen Kohlenwasserstoffe sind der Vierfach-Chlorkohlenstoff und seine Analoga als Methanderivate schon S. 19—25 beschrieben. Die Perhalogenderirate des Ithans C2Hlg6 entstehen, wie zu erwarten ist, durch erschöpfende Chlorierung1 bzw. Bromierung2 der niederen Halogenderivate des Äthans (CgH5Cl, C^H/)^, C2H2Br4 usw.), bilden sich aber auch aus Derivaten des Methans durch Synthese; so sind speziell für das Hexachloräthan mehrere Entstehungsweisen bekannt geworden, bei welchen das Tri- bzw. Tetrachlormethan als Ausgangsmaterial dient. Das Chloroform liefert beim Durchleiten durch ein dunkelrotglühendes Rohr 3 Perchloräthan. Letzteres tritt, wie bereits S. 21 erwähnt wurde, al3 Nebenprodukt bei der technischen Darstellung des Chlorkohlenstoffs aus Schwefelkohlenstoff und Chlor auf 4 und bildet sich aus fertigem Tetrachlormethan, wenn man dieses mit amorphem Arsen auf 160° im Rohr erhitzt 5 oder in Dampfform durch ein glühendes Rohr treibt 6 . Trägt man Aluminiumjodid in eine auf 0° abgekühlte und vor der Einwirkung des Lichtes geschützte Lösung von Tetrachlorkohlenstoff in Schwefelkohlenstoff ein, so bildet sich Trichlor-jod-methan, das eich bei der Destillation teilweise in Hexachloräthan und Jod zersetzt7. Besonders glatt vollzieht sich die Umwandlung des Tetrachlormethans in das Hexachloräthan beim Erwärmen mit Aluminium-amalgam am Rückflußkühler8. — Umgekehrt bilden sich Perhalogenäthane aus Verbindungen höherer Reihen, z. B. dem w-Propylalkohol und seinen Homologen9 (neben anderen Produkten), bei durchgreifender Halogenierung (vgl. S. 61) durch Spaltung der Kohlenstoffkette. — Von erheblichem theoretischem Interesse ist ferner die Beobachtung, daß man das Hexachloräthan direkt aus den Elementen aufbauen kann, wenn man den 1 F A B A D A Y , A . ch. [2] 1 8 , 48 (1821). — REGNAULT, A . ch. [2] 6 9 , 165 (1838). A. 33, 323 (1840). — H Ü B N E R , MÜLLER, Z. 1870, 328. — MOÜNEYRAT, Bl. [3] 17, 797, 799 (1897); 19, 454 (1898); vgl. auch MOÜNEYRAT, Bl. [3] 17, 794, 796 (1897). — MICHEL, Z. Ang. 19, 1095 (1906). — Salzbergwerk Neu-Staßfurt, D. R.P. 174068 (C. 1906, II, 1297). * REBOÜL, A. 124, 271 (1862). — MOÜNEYRAT, Bl. [3] 19, 177 (1898). — H. BILTZ, B. 35, 1530 (1902). 8 4 RAMSAY, YOONG, J. 1886, 628. V. MEYER, B. 27, 3160 (1894). 8 8 AUGER, C . r. 145, 809 (1907). KOLBE, A . 6 4 , 147 (1845).

' BESSON, C . r . 1 1 5 , 8

K.

1078

(1892).

A . HOFMANN, SEILER, B .

• BROCHET, BL. [ 3 ] 1 5 ,

15

38,

(1896).

3058 (1905).

58

Perhalogmderivate

des

Äthans.

elektrischen Lichtbogen in einer Chlor-Atmosphäre unter geeigneten Versuchsbedingungen sich bilden läßt1. P e r c h l o r - ä t h a n * CsClg = CC1S-CC13 (Hexachlor-äthan) stellt farblose Krystalle (rhombische kurze Säulen oder dicke Tafeln" vom spezifischen Gewicht 2-091) dar und besitzt campherähnlichen Geruch. Es schmilzt im zugeschmolzenen Capillarrohr bei 187—188°; sein Siedepunkt (185°) liegt dem Schmelzpunkt so nahe, daß es unter gewöhnlichem Druck ohne zu schmelzen verdampft; unter einem Druck von 1000 mm siedet es bei 196—197°. Beim Erhitzen mit Kali auf 200° entsteht Oxalsäure C0 2 H-C0,H. Durch Einwirkung von nascierendem Wasserstoff, alkoholischem Kaliumhydrosulfid, durch Erwärmen mit Silber auf 280° oder durch Erhitzen für sich auf Botglut wird es in Perchloräthylen (s. u.) übergeführt. Durch Erhitzen mit Antimonpentachlorid auf etwa 450° wird es vollständig in Tetrachlormethan umgewandelt. P e r b r o m - ä t h a n 4 C s Br, bildet durchsichtige, rhombisch-bipyramidale 5 , kurze Prismen der Dichte 3 • 823, ist in Alkohol und Äther schwer, in Schwefelkohlenstoff leicht löslich und zersetzt sich, ohne vorher zu schmelzen, beim Erhitzen auf 210—215°, sowie beim Versuch, es zu destillieren, in Brom und Perbromäthylen (S. 59). — Das H e x a j o d - ä t b a n ist noch nicht bekannt, dagegen sind mehrere Perhalogenäthane beschrieben worden, die gleichzeitig Chlor und Brom 6 oder Fluor mit Chlor und Brom 7 enthalten.

Die Perhalogenderlrate des Äthylens C2Hlg4 entstehen aus den-

jenigen des Äthans, wie eben bemerkt, durch Entziehung von Halogen; andererseits können sie wieder durch Aufnahme von Halogen in die gesättigten Verbindungen übergehen: Perchloräthylen in Perchloräthan durch Einwirkung von Chlor im Sonnenlichte, Perbromäthylen in Perbromäthan durch Erhitzen mit Brom auf 100°. P e r c h l o r - ä t h y l e n 8 C,C14 = CC12:CCIS (Tetrachlor-äthen) ist (vgl. S. 21) ebenso wie das Hexachloräthan ein Nebenprodukt der technischen Darstellung des 1 v. BOLTON, Z. EL. 8 , 169 (1902); 9, 209 (1903). Vgl. auch 245 (1888). Z. Ang. 6, 313 (1893). Z. EL. 8, 203 (1902). 8

HAHN, B . 11, 1 7 3 5 (1878).



LORENZ,

SCHRODER, B . 1 3 , 1 0 7 0 ( 1 8 8 0 ) .



A. 247,

BERTHELOT,

121 (1859). — GEUTHER, A . 1 0 7 , 212 (1858); 1 1 1 , 174 (1859). — ARMSTRONG, J . pr. [2] 1 , 251 (1870). — GKDTHER, BROCKHOFF, J . pr. [2] 7 , 107 (1873). — PRUDHOMME, A . 1 5 6 , 342 (1870). — HARTMANN, B . 2 4 , 1023 (1891). 3 GOSSNEB, Z. Kr. 38, 151 (C. 1903, II, 1052). A. 109,

4

REBOUL, A . 1 2 4 , 2 7 1 ( 1 8 6 2 ) . — H . BILTZ, B . 3 0 ,

BL. [ 3 ] 1 9 , 1 7 7 ( 1 8 9 8 ) . — 3 5 , 1530 B

ELBS, NEWMANN, J . p r . [ 2 ] 5 8 ,

1209 (1897). — 249 (1898). —

MOUNEYRAT, H . BILTZ,

B.

(1902).

GOSSNER,

Z. Kr. 38, 153 (C. 1903, II, 1053).

• PATERNÒ, J . 1871, 259. — BOURGOIN, Bl. [2] 2 3 , 4 (1875); 2 4 , 114 (1875). —

B. 1 2 , 2207 (1879). — BESSON, Bl. [3] 1 1 , 920 (1894). — MOUNEYRAT, Bl. [3] 180, 501 (1898). — SWARTS, C. 1 8 9 9 , I, 588. — GOSSNER, Z. Kr. 3 8 , 151 (C. 1903, II, 1052). * SWARTS, C. 1 8 9 7 , II, 1099; 1 8 9 9 , II, 281; 1 9 0 3 , I, 13. R. 1 7 , 235 (1898). » FARADAY, A . ch. [2] 1 8 , 53 (1821). — REGNAULT, A . 3 3 , 325, 333 (1840). — GEUTHER, A . 1 0 7 , 212 (1858); 1 1 1 , 175 (1859). — PRUDHOMME, A . 1 5 6 , 342 (1870). — SCHIFF, A . 2 2 0 , 97 (1883). — BOURGOIN, A . ch. [5] 6, 142 (1875). — GEUTHER, FISCHER, Z. 1 8 6 4 , 269. — GEUTHER, BROCKHOFF, J. pr. [2] 7 , 102 (1873). — H. GOLDSCHMIDT, DENZEL, 19,

B. 14, 929

(1881).

Perhalogenderivate

des

Äthylens.

59

Tetrachlorkohlenstoffs 1 ; leitet man den Dampf des letzteren gleichzeitig mit Wasserstoff durch ein bis unterhalb Rotglut erhitztes, mit Bimsstein gefülltes Glasrohr, so bildet sich ein Gemisch von Tetrachloräthylen, Hexachloräthan, Chloroform und Methylenchlorid2. Als Darstellungsmethoden sind Erhitzen von Pentachloräthan mit Aluminiumchlorid 3 auf 100°, sowie Reduzieren des Hexachloräthans mit Zink und sehr verdünnter Schwefelsäure 4 empfohlen worden. Das Tetrachloräthylen ist flüssig, siedet bei 121° und besitzt bei 9° das spez. Gew. 1-631. Es wird von trocknem Sauerstoff im Sonnenlicht, sowie durch ozonisierte Luft 5 in Trichlor-essigsäurechlorid CCLJ-CO-CL umgewandelt, neben welchem auch kleinere Mengen Phosgen COCL2 und eines weiteren chlor-* und sauerstoffhaltigen Produktes (vielleicht Tetrachloräthylenoxyd CC12 • CD,) auftreten. Die Überführung in das perhalogenierte Essigsäurechlorid erfolgt glatt auch beim Erhitzen mit Schwefelsäureanhydrid 9 auf 150°, sowie beim Eintropfen in ein stark gekühltes Gemisch von konzentrierter Schwefelsäure und rauchender Salpetersäure 7 . Unter der Einwirkung des Aluminiumbromids 8 werden nacheinander die Chloratome des Perchloräthylens gegen Brom ausgetauscht. Durch einen elektrisch auf 700—850° erhitzten Platindraht wird das Tetrachloräthylen in Perchloräthan, Perchlorbenzol C6C18 und etwas Chlor zersetzt". Das Tetrachloräthylen soll ebenfalls, wie dies auch für das Dichlor- und Trichlorderivat vorgeschlagen worden ist (vgl. S. 47 und 52), als technisches Lösungsmittel Verwendung finden10. P e r b r o m - ä t h y l e n 1 1 C2Br4 krystallisiert aus verdünntem Alkohol in Tafeln oder farnkrautartigen Blättchen, riecht aromatisch, schmilzt bei 56-5—57 •5", siedet unter gewöhnlichem Druck bei 226—227°, bzw. unter 15 mm bei 1 0 0 u n d ist leicht sublimierbar. Da es sich so leicht aus Perbromäthan bildet (vgl. S. 58), erhält man es sehr häufig als Produkt energischer Bromierungen. Relativ bequem darstellbar ist es durch vorsichtigen Zusatz von Brom zu unter Wasser suspendiertem Acetylensilber", sowie durch Destillieren von Hexabromäthan 1S . Beim Erhitzen mit Metallen, wie Kupfer, Silber oder Zinkstaub, zersetzt es sich unter Abscheidung von Kohle und Bildung des betreffenden Metallbromids; bei der Behandlung mit Zinkstaub und Alkohol liefert es Acetylen und dessen Monobromderivat14. Bei der Einwirkung von Natriumäthylat läßt Tetrabromäthylen asymmetrischen Dibromvinyläther, Bromessigester, Tribromvinyläther und Aldehydharz entstehen; nach der Auffassung von NEF16 sind diese Reaktionen durch eine primäre Bildung von Dibrom-acetyliden (vgl. S. 49—50) und Brom zu deuten: CBr,: CBr, = Br s + > C : CBr„ an welche Spaltung sich dann die folgenden Reaktionen anschließen: > C : C B r , + H.OC 2 H S = C S H , 0 - C H : CBr, (->- C , H 6 O . C B r : CBr,); CJH6O.CH : CBr, =

C,HSO-C - C - B r + H B r ,

C 2 H 6 O C i C B r + H,0 = C,H,OCO.CH,.Br; C 2 H 5 'OH + Br ->- C,H 4 0 (Acetaldehyd) ->1

8 6

Aldehydharz.

V. METER, B. 2 7 , 3160 (1894). * BESSON, C. r. 118, 1347 (1894). MODNEYRAT, BL. [3] 19, 182 (1898). * H . BILTZ, B. 35, 1529 (1902). BESSON, C. r. 118, 1347 (1894); 121, 125 (1895). — SWABTS, C. 1 8 9 9 , I, 588.

4

PRÜDHOMME, Z. 1 8 7 0 , 380.

7

8

BESSON, C. r. 119, 87 (1894).

» JOIST, W . LÖB, Z. El. 11, 938 (1905).

la

H . BILTZ, B. 3 5 , 1533 (1902).

Konsortium f. elektrochem. Industrie, CH. Z. 31, 1095 (1907). Löwia, Pooo. A. 16, 377 (1829). — LENNOX, A. 122, 126 (1862). — REBOUL, A. 124, 271 (1862). — WAHL, B. 11, 2238 (1878). — HÖLAND, A. 2 4 0 , 237 (1887). 18 " NEF, A. 298, 332 (1897). H. BILTZ, B. 35, 1530 (1902). 14 NEF, A. 308, 323 (1899). " A. 298, 334 (1897). 11

60

Perchlor-propan.

Von rauchender Salpetersäure wird das Perbromäthylen zu Tribrom-essigs&ure CBr3 • COOH oxydiert, während bei gleichzeitiger Anwesenheit von konzentrierter Schwefelsäure das Bromid dieser Säure auftritt'. Letzteres entstellt auch bei Anwendung von Ozon 4 ; da andererseits das s y m m e t r i s c h e 1 . 2 - D i c h l o r - 1 . 2 - d i b r o m - ä t h y l e n bei der gleichen Reaktion Chlor-dibrom-essigsäurechlorid und das analog konstituierte 1 . 2 - D i f l u o r - 1 . 2 - d i b r o m - ä t h y l e n Fluor-dibrom-essigsäurefluorid ergibt, so scheint die Gesetzmäßigkeit zu gelten, daß bei dieser merkwürdigen Umsetzung (vgl. auch S. 48 das Verhalten des unsymmetrischen Dibromäthylens) immer das aktivste Halogenatom mit der sich bildenden Carbonylgruppe vereinigt bleibt*. Das T e t r a j o d - ä t h y l e n 3 CJ 2 : CJ 2 ist ein regelmäßiges Nebenprodukt der Darstellung von Dijodacetylen (S. 50) durch Jodieren von Acetylen, falls man hierbei die Versuchsbedingungen nicht so wählt, daß der Kohlenwasserstoff stets in starkem Überschuß vorhanden ist; ferner erhält man das Tetrajodäthylen auch, wie bereits S. &0 hervorgehoben wurde, bei der Zersetzung des Dijodacetylens unter verschiedenen Bedingungen. Aus Tetrajodmethan bildet es sich beim Erhitzen für sich auf 120° oder Erwärmen mit Silberpulver in Schwefelkohlenstoff4. Das Tetrajodäthylen scheidet sich aus Äther in großen Prismen, aus Toluol oder Eisessig in sehr dünnen, citronengelben Blättchen ab, die bei 192° (korr.) schmelzen, in Tafeln sublimieren und von Schwefelkohlenstoff sehr leicht, von kaltem absolutem Alkohol dagegen nur schwierig aufgenommen werden. Da das Tetrajodäthylen ähnliche antiseptische Eigenschaften wie das Trijodmethan besitzt, vor diesem aber den Vorteil der Geruchlosigkeit voraus hat, ist versucht worden, es unter dem Namen „ D i j o d o f o r m " als Jodoform-Ersatz therapeutisch zu verwerten'. Wie sich jedoch gezeigt hat, stehen der Anwendung des Präparates dessen lokal reizende und Entzündungen hervorrufende Eigenschaften im Wege, die vielleicht eine Folge der im Licht leicht eintretenden" Abspaltung von Jod unter Bildung des giftigen „Dijod-acetylidens" (vgl. S. 50—51) sind'. Mit rauchender Salpetersäure 8 entsteht das auf gleichem Wege auch aus Dijodacetylen erhältliche Nitro-trijod-äthylen (vgl. S. 51).

Perchlor-propan9 C3C18 ist aus Trichlorhydrin (S. 53) und aus Isobutylchlorid bei durchgreifender Chlorierung erhalten worden; es stellt eine blättrige Krystallmasse dar, riecht campherähnlich, ist in Alkohol und Äther leicht löslich, schmilzt gegen 160° und siedet bei 268—269°. Beim längeren Erhitzen auf 300° spaltet es sich in Perchloräthylen C2CI4 und Tetrachlormethan CC14. Das letzterwähnte Verhalten läßt schon für das Perchlorpropan eine Tendenz erkennen, in einfachere und augenscheinlich beständigere Perchlorderivate zu zerfallen; es kann daher nicht befremden, daß es nicht gelungen ist, die Perchlorderivate der höheren Grubengas-Homologen 1

2 B. 35, 1536 (1902). SWARTS, C. 1899, I, 588. * HOMOLKA, STOLZ, B. 18, 2283 (1885). — MAQUENNE, Bl. [3] 7, 777(1892).— V. MEYEB, PEMSEL, B. 29, 1411 (1896). — H. BILTZ, B. 30, 1204 (1897). — SCHENCK, LITZENDOKFF, B. 37, 3454 (1904). — E . u. H. ERDMANN, B. 38, 237 (1905). — AÜGER, C. r. 146, 478 (1908). * MOISSAN, C. r. 115, 152 (1892). Bl. [3] 7, 746 (1892). 8 4 H. BILTZ, B. 30, 1202 (1897). NEF, A. 298, 341 (1897). 7 E . u. H. ERDMANN, B. 38, 238 (1905). * H. BILTZ, KEDESDY, B. 33, 2190 (1900). 9 K B A F F T , MEBZ, B. 8, 1298 (1875).

H.

BILTZ,

Perchlor-mesol.

61

zu gewinnen. Man erhält bei durchgreifender Chlorierung 1 (vgl. Tl. I, S. 168) auch aus den Verbindungen der höheren Reihen teils durch Spaltung die schon besprochenen einfacheren Perchlorderivate (CC14, C 2 Cl e , C2C14), teils durch Kondensation solche der aromatischen Kohlenwasserstoffe (C6C16 usw.). Ein Perchlorderivat eines ungesättigten Kohlenwasserstoffs der 4. Reihe indes wird noch häufig bei energischen Chlorierungen erhalten. Es ist dies das Perchlormesol 2 C4C16, das aus Alkohol in farblosen glänzenden Prismen kristallisiert, bei 39 0 schmilzt und bei 283—284 0 fast unzersetzt siedet. Man besitzt keine sicheren Anhaltspunkte zur Beurteilung seiner Konstitution; doch liegt es nahe, in Rücksicht auf die zu seiner Bildung bestehende Tendenz diesen Körper als analog konstituiert aufzufassen wie den in pyrogenetischen Prozessen sich so häufig bildenden Kohlenwasserstoff C4H8 (das Divinyl, Erythren usw., vgl. Tl. I, S. 884): CC12: CC1 • CC1: CCla. Die Reihe der den Paraffinen entsprechenden P e r b r o m d e r i v a t e schließt schon mit dem Perbromäthan ab. Bei energischer Bromierung3 zerfällt Propan in Perbrommethan und Perbromäthan bzw. Perbromäthylen. Eine ungesättigte Bromkohlenstoffverbindung C6Br9 wurde durch Bromierung von Hexyljodid (aus Mannit) erhalten; sie krystallisiert in wasserhellen Prismen, wird von alkoholischem Kali unter Bildung von Kaliumbromid und huminartigen Substanzen zersetzt und spaltet sich gegen 200°, ohne vorher zu schmelzen, in Brom und Perbrombenzol C6Br6.

Zwanzigstes

Kapitel.

Zweiwertige Alkohole und Mercaptane, sowie ihre Derivate. (Acetale. G-lykole und Oxidoverbindungen [Äthylenoxyd usw.]. Zweiwertige Mercaptane, Sulfide und Sulfone [Mercaptale, Mercaptole, Sulfonal]. Zweiwertige Sulfonsäuren usw. Halbgeschwefelte Glykole. Oxy-sulfonsäuren.) Werden zwei Wasserstoffatome eines Kohlenwasserstoffmoleküls durch Hydroxyle vertreten, so entstehen die zweiwertigen Alkohole. Entsprechend der S. 6 allgemein für zweiwertige Verbindungen getroffenen Einteilung werden auch hier drei Gruppen voneinander zu sondern sein, je nachdem die beiden Hydroxyle an demselben Kohlenstoffatom oder an zwei benachbarten oder endlich an zwei voneinander getrennten Kohlenstoffatomen haften 4 . Allein es muß gleich vorausgeschickt werden, daß die zweiwertigen Alkohole der ersten Gruppe, die durch Formeln wie CH2 C C H »-

Als M o n o a c y l d e r i v a t e d e r ^ m . - G l y k o l e sind die in Tl. I auf S. 664—665 beschriebenen additionellen Verbindungen der Aldehyde und Ketone mit Alkalisulfiten zu nennen; nach der Tl. I. S. 665—666 und S. 707 gegebenen KonstitutionsbegrUndung erscheinen sie als SchwefligOHgQ Q ^ . säureester der Formel > C < Q a

A n h y d r o d e r i v a t e von Monoacyl-pem.-glykolen entstehen aus dem Reaktionsprodukt von Salzsäure auf Acetaldehyd — dem „Ä thylidenoxychlorid" (vgl. Tl. I, S. 675) — durch Umsetzung mit trocknen Salzen von Carbonsäuren4, z. B.

pw p u ^ C l RW$RI£>°

A U

+ 2NaO«CO«CH s =

2 N a C l + P„»

„„^O-CO-CH, P„>0

c) E i g e n s c h a f t e n d e r A c e t a l e und der e n t s p r e c h e n d e n S ä u r e d e r i v a t e ; e i n z e l n e Glieder. Die e i g e n t l i c h e n A c e t a l e , d. Glj'kole, sind unzersetzt destillierbare Geruch; in Wasser sind die niederen lich. Gegen wäßrige Alkalien sind die 1

* 3

Schiff, B . Botlerow,

ÜEscDDi,

9 , 3 0 6 (1876). —

h. die Dialkyläther der gern.Flüssigkeiten von aromatischem Glieder nicht unbeträchtlich lösAcetale selbst bei Siedehitze be-

Geüther, Rübencamp, A . 2 2 5 , 2 7 3 (1884). Arnhold, A . 2 4 0 , 2 0 4 (1887). * Geüther, A . 2 2 6 , 2 2 3 (1884).

A . 1 0 7 , 1 1 1 (1858). — BL. [31 2 7 , 8 6 7 (1902).

Eigenschaften und Verhallen der Acetale.

67

ständig 1 , von wäßrigen Säuren werden sie dagegen leicht, langsamer auch von Wasser, in Aldehyd und Alkohol gespalten 2 . — Die entsprechenden S ä u r e d e r i v a t e werden allmählich schon durch Einwirkung von Wasser, rascher durch Alkalien in Aldehyde und Säuren zerlegt. Mit einigen Metallsalzen *, wie Magnesium- und Zinkjodid, Calci umchlorid oder Magnesiumbromid treten die Acetale zu Doppelverbindungen zusammen, die zum Teil wenig löslich sind und sich auch durch ihren Schmelzpunkt zur Charakterisierung eignen; so wird die Verbindung MgBr, + 2CH2(OCH3)S bei 112", das analoge Jodid MgJ, + 2CH 3 -CH(OC 2 H 5 )S bei 86° flüssig. — Das Methylal C H J ( 0 - C H 3 ) s ist für einige Metallsalze (Eisen- und Quecksilberchlorid, Cadmiumnitrat usw.) ein sehr gutes Lösungsmittel, zeigt aber ebensowenig wie die einfachen Äther Leitfähigkeit für den elektrischen Strom 4 . Die Acetale sind an Stelle der freien Aldehyde (und Ketone) vielfach für synthetische Zwecke benutzt worden. Ihre Bedeutung in dieser Hinsicht beruht unter anderem auch darauf, daß sie sich leicht durch Halogen substituieren lassen, und daß ihre Halogenderivate 6 weiterhin in Amino-, Oxy-, Alkyloxy- und andere Derivate umgewandelt werden können, welche dann so reagieren, wie es die entsprechend substituierten Aldehyde tun würden. Die Tabelle Nr. 31 auf S. 68 gibt eine Übersicht über einige vom Formaldehyd und Acetaldehyd sich ableitende Verbindungen dieser Gruppe. Unter d e n A l d e h y d - a c e t a l e n ist das M e t h y l a l C H : ( 0 - C H 3 ) , ( F o r m a l d e h y d d i m e t h y l a c e t a l ) in der Zeit, als der Formaldehyd nur in Gestalt der wäßrigen, nicht für alle Zwecke brauchbaren Lösung leicht zugänglich war, besonders häufig fUr Kondensationsreaktionen benutzt worden. Man stellte das Methylal früher durch Oxydieren von Methylalkohol dar, hat aber jetzt in der Methode von E. FISCHES und GIEBE (vgl. S. 64) ein bequemeres Verfahren zur Verfügung. — Das D i m e t h y l a c e t a l CH,-CH(0-CH s ), des A c e t a l d e h y d s findet sich im rohen Holzgeist (vgl. Tl. I, S. 223), das D i ä t h y l a c e t a l CH3-CH(O C2Hs)j in dem durch Kohle filtrierten Rohspiritus. Zur Darstellung der letzteren, gewöhnlich schlechthin als „ A c e t a l " bezeichneten Substanz läßt man ein Gemisch von 20 g Acetaldehyd und 80 g absolutem Alkohol, das 1% trocknes Chlorwasserstoffgas enthält, 18 Stunden bei Zimmertemperatur stehen, verdünnt dann mit dem gleichen Volumen Wasser, neutralisiert mit Kaliumcarbonat, äthert das abgeschiedene Öl aus, trocknet es mit Pottasche und fraktioniert*. Das Acetal ist mit Alkohol in allen Verhältnissen mischbar, löst sich aber erst in 25 Vol. Wasser von 25°. Chromsäure oxydiert zu > GIRARD, C. r. 91, 630 (1880). GRODZKI, B. 1 6 , 512 (1883). — LIPPERT, A. 2 7 6 , 162 (1893). — DEL£PINE,

A

C. r. 132, 331 (1901). Bl. [3] 25, 364 (1901). 3

BLAISE, C. r. 139, 1211 (1904); 140, 661 (1905). — MENSCHUTKIN, Z. a. Ch. 53,

31 (1907). * TIMMERMANNS, C. 1 9 0 7 , I 1007.

6 Über Chlormethylale vgl. z. B.: DE SONAY, Bl. [3] 11, 416, 1149 (1894). — DESCUD£, Bl. [3] 3 5 , 957 (1906). — HENRY, C. 1906, II 226. — Darstellung von Chlor-acetal CH2C1-CH(0C2H5)2: FBITSCH, A. 279 , 300 (1894). — Bromierung des Acetals: FBEUNDLER, LEDRU, C. r. 140, 794 (1905). — Darstellung von Jod-acetal: J. HESSE, B. 30, 1442 (1897). — Vgl. Weiteres in Kap. 33. 4

E. FISCHER, GIEBE, B. 3 0 , 3053 (1897). 5*

68

Tabellarische "Übersicht über Acetale und ihnen entsprechende Säurederivate.

Tabelle Nr. 31. Name

Formel

Alkoholderivate. . Methylal1"6-»-30-41

CH,(0 • CH3)a

Siedepunkt

Spez. Gew. 0-862 (18-2/4°) 0-834(20°) 0-834 (20°) 0-831(20°) 0-824(20°) 0-835(20°) 0-822(15°) 0-848 (15°)

Diäthylmethylal5""7-87-31 . Dipropylmethylal6-80,82 . Diisopropylmethylal530 . Diisobutylmethylal8-8 30 . Diiaoamylmethylal5,30 . . Dihexy lmethylal30 . . . Dioctylmethylal6,80

, . , .

. . . . . . . .

CH,(0.C,H 5 ), CH2(0-C3Ht), CH2(0-C3H7), CH^O-CA), CH s (O.C 6 H u ), CH S (0-C,H 1b ) j + H Í 0 CH^O-CeH,,),

41-3—41-7 0 (749-8 mm) 87° 136° 118° 164° 206° 174—175° 289°

Dimethylacetal9-18 . . . Diäthylacetal3-18"17-33-89 . Dipropylacetal48 . . . . Diisobutylacetal18-48 . . Diisoamylacetal10,18 Säurederivate. Methylendiacetat19-40 . . Äthylidendiacetat80-88 . . Äthylidendipropionat23 . Äthylidendibutyrat88 . . Äthylidendiisovalerianat88

. , . .

. . . .

CH,-CH(0»CH,), CH, • CH(0 • C,H6), CH, • CH(0 • CjH7)J CH,.CH(0.C 4 H,), CH^CHíO-C«^,),

63° 102-9® 147° 170° 211°

0-865(22°) 0-831(20°) 0-825(22°) 0-816(22°) 0-835(15°)

. . , . .

. . . . .

CH,(0-C0«CH,), CH, • CH(0 • CO • CH,), CH, • CH(0 • CO • C,HS!), CH, • CH(0 • CO • C,H7!)j CH8-CH(O.COC4H9).2

170° 169° 192° 215° 225°

1-073(15°) 1-020(15°) 0-985 (15°) 0-947 (15°)

Zitate zu der T a b e l l e Nr. 81:

A. 3 2 , 55 (1839). —

8

1

KANE, A. 19, 175 (1836). —

RENARD, A. ch. [5] 1 7 , 290 (1879). —

4



8

MALAGUTI,

BRÜHL, A. 2 0 3 , 12,

25 (1880). — 8 ARNHOLD, A. 240, 197 (1887). — 8 GREENE, Chem. N. 50, 75 (1884). — 7

PRATESI, B . 1 6 , 1870 (1883). —

8

9

DANCER, A . 1 3 2 , 2 4 0 (1864). —

ALSBERG, J . 1 8 6 4 , 4 8 5 . —

10

GORBOW, KESSLER, B . 2 0 Ref., 778 ( 1 8 8 7 ) . — 11

GEUTHEB, BACHMANN,

A. 218, 44 (1883).— 12 R. SCHIPP, A. 220, 104 (1883); 223, 74 (1884). — 13 LIEBIO, A. 5, 25 (1833); 14, 156 (1835). — 14 STAB, A. 64, 322 (1848). — 15 GEUTHEB, A.

1 2 8 , 62 (1863). — 1 8 WUBTZ, FRAPOLLI, A. ch. [3] 5 6 , 139 (1859). — " ENGEL, DE GIRABD, C. r. 9 0 , 692 (1880). — 1 8 CLADS, TRAINER, B . 19, 3006 (1886). — 1 9 BUT-

LEBOW, A. 107, 111 (1858); 111, 243 (1859). —

20

GEUTHER, A. 106 , 249 (1858). —

SCHIFF, B . 9 , 306 (1876). — ,A FBANCHIMONT, R . 1 , 248 (1882). — 8 8 GEUTHEB, RÜBENCAMP, A. 2 2 5 , 273 (1884). — 8 4 FILETI, DE GASPARI, G. 2 7 , I I , 293 (1897). — 8 5 TRILLAT, C. r. 1 3 7 , 187 (1903). — 8 8 DEHMKE BL. [3] 2 5 , 364 (1901). — 87 FAVRE, BL. [3] 11, 1096 (1894). — 8 8 BRÜHL, B . 3 0 , 159 (1897). — 8 9 BERTHELOT, C. r. 1 2 6 , S1

675 (1898). — 80 TRILLAT, CAMBIER, C. r. 118, 1277 (1894). — 81 Das Hydrat CHs(0- CjHäJj + H,0, eine ramartig riechende Flüssigkeit, siedet unter 757 mm Druck bei 74—75° und löst sich in 15 Tin. Wasser von 20°. Auch die Homologen bilden mit 1 Mol. Wasser Hydrate, die niedriger sieden als die Acetale selbst; vgl. TBILLAT, CAMBIER, C. r. 1 1 8 , 1278 (1894). —

88

FAVRE, BL. [3] 11, 881 (1894). —

38

CLAISEN,

B . 3 1 , 1014 (1898). — 8 4 LOUGUININE, J . 1 8 8 5 , 191. A . ch. [7] 1 3 , 2 8 9 (1898). — 8 5 RIVALS, A . ch. [7] 1 2 , 5 4 0 (1897). — 8 8 DRUDE, P h . Ch. 2 3 , 3 1 0 (1897). — 8 7 KAHL-

BAUM, Siedetemperatur und Druck (Leipzig, 1885) S. 90. —

38

BRÜHL, A. 203, 26

(18S0). — 3 9 PAWLEWSKI, B . 1 6 , 2 6 3 3 (1883). — 4 0 ÜESCUDI, BL. [3] 2 7 , 1 2 1 5 (1902); 2 9 , 47 (1903). C. r. 1 3 6 , 1 5 6 5 (1903). — 4 1 BROCHET, BL. [3] 1 3 , 687 (1895). — 4 1 DE GIRABD, C. r. 9 1 , 6 2 9 (1880).

Einzelne

Acelale.

69

Essigsäure; bei der Einwirkung von Chlor1 entsteht das Dihalogenderivat CHC12CHtOCtHg),. Ebenso wie seine Analogen ist daa Acetaldehyd-acetal gegen Alkalien recht beständig, während es von Säuren leicht zu Aldehyd und Alkohol bzw. Alkylhalogeniden8 verseift wird. Dementsprechend reagiert es nicht direkt mit alkalischer Jodlösung, wohl aber erhält man Jodoform, wenn man das Acetal zuvor mit einigen Tropfen Salzsäure schüttelt; dieses Verhalten ist so charakteristisch, daß man es zum Nachweis des Acetals verwerten kann 3 . Über die intramolekulare Abspaltung von Alkohol4 aus dem Acetal, die zur Bildung von Vinyl-äthyl-äther CH, :CH-0-C 2 H 6 führt, vgl. Tl. I, S. 904. Beim Erhitzen mit Acetanhydrid auf 150° wird eine Äthoxygruppe durch den Acetoxyrest verdrängt, und es bildet sich das angenehm riechende „ A c e t a l d e h y d - ä t h y l a c e t a t " CH s .CH(O.C,H 6 )(O.COCH 3 ), das bei 125—130° siedet, das spez. Gew. 0*941 besitzt und beim Kochen mit Wasser in Acetaldehyd Äthylalkohol und Essigsäure zerfällt5. Unter den aliphatischen K e t o n - a c e t a l e n sind die Derivate des Acetons die wichtigsten; man kann sie ohne Schwierigkeit mittels salzsaurem Formiminoäther6 oder Phenylacetiminoäther7 darstellen. Das A c e t o n - d i m e t h y l a c e t a l (CH^C (O'CH,), siedet bei 83°, während das entsprechende Ä t h y l d e r i v a t (CH3)2C(0• C2H5)J erst bei 114° übergeht Diese Verbindungen werden bereits durch äußerst verdünnte Säuren wieder in Aceton und Alkohole gespalten. Durch Erhitzen mit Phosphorsäureanhydrid und Chinolin wurden aus ihnen die Äther CH3«C(0«R): CHS des Propenols-(2) (Alkyl-isopropenyl-äther) gewonnen8 (vgl. Tl. I, S. 910). Die Acetale u n g e s ä t t i g t e r A l d e h y d e sind durch direkte Acetalisierung der ihnen zugrunde liegenden Carbonylverbindungen meist nicht darstellbar, da diese allzu leicht an der Doppelbindung 1 Molekül Alkohol fixieren; so erhält man aus Acrolein CH,:CHCHO (vgl. Tl. I, S. 998) bei der Kondensation mit Orthoameisensäureester* oder Formiminoäther-hydrochloridund ebenso bei der Behandlung mit alkoholischer Salzsäure" ein unter gewöhnlichem Druck bei 184—186°, unter 16 mm Druck bei 81—82° übergehendes Triäthoxy-propan, dem wahrscheinlich die Formel CH,(0.CJH5).CH,-CH(0-CSH5), des (9-Äthoxy-propionaldehyda c e t a l s zukommt. Ganz entsprechend liefert der Crotonaldehyd 1 0 die Verbindung CH,• CH(0«C,H6)• CHJ• CH(0• C,He)a; dieses ß-Äthoxy-butyraldehydacetal ist eine angenehm riechende, in Wasser wenig lösliche Flüssigkeit, die unter 14 mm Druck bei 73—74° destilliert11. — Für die Gewinnung der ungesättigten Acetale ist man deshalb meist darauf angewiesen, die Bromwasserstoff- bzw. Brom-Additionsprodukte ungesättigter Aldehyde zu acetalisieren und den auf diesem Wege ohne Schwierigkeit zugänglichen Halogenderivaten gesättigter Acetale wieder Halogenwasserstoff zu entziehen. So wurde das A c r o l e i n - d i ä t h y l a c e t a l CH,:CHCH(0-C,H,), durch langsames Destillieren von ^-Chlorpropionaldehyd-diäthylacetal CHSC1 • CH, • CH(0 • CSH5)2 , das zuvor allmählich mit fein gepulvertem Ätzkali vermischt worden war, in reichlicher Menge erhalten I3 . Es bildet eine nicht unangenehm riechende, unter 762 mm Druck bei 123-5° siedende Flüssigkeit vom spez. Gewicht I

PINNEB, B . 5 , 148 (1872). * LIPPERT, A . 2 7 0 , 165 (1893). • GRODZKI, B . 1 6 , 512 (1883). 5 * CLAISEN, B . 3 1 , 1021 (1898). CLAISEN, B . 31, 1018 (1898). 4 CLAIBEN, B . 31, 1012 (1898); 4 0 , 3908 (1907). ' REITTEB, HESS, B. 4 0 , 3023 (1907). » CLAISEN, B . 3 1 , 1021 (1898). 9 10 CLAISEN, B . 2 0 , 2 9 3 3 (1896). CLAISEN, B . 31, 1014 (1898). II E . FISCHEK, GIEBE, B . 3 0 , 3056 (1897).

" CLAISEN, B. 31, 1015 (1898). — Über wirkliches C r o t o n a l d e h y d - d i ä t h y l a c e t a l s. WOHL, FRANK, B . 3 6 , 1904 (1902). 18 WOHL, B . 3 1 , 1796 (1898).

70

Acetale ungesättigter Aldehyde.

0*8543 bei 15°, ist in Wasser sehr wenig löslich, mit Alkohol und Äther aber mischbar und wird von Salzsäure schon in der Kälte verseift. Mit unterchloriger Säure vereinigt es sich zum a-Chlor-/?-oxy-propionacetaI1 CH2(OH) • CHC1 • CH(0 • C2HS)S. Von Permanganat* wird das Acrolein-acetal zum Glycerinaldehyd-acetal CH,(OH)> CH(0H)-CH(0-C,He), (vgl. Kap. 35), von Ozon' dagegen zum Semiacetal des Glyoxals O : CH • CH(0 • C,H,), (vgl. Kap. 32) oxydiert. Als Repräsentanten der Acetale mit dreifacher Bindung seien hier die A c e t a l e des P r o p a r g y l a l d e h y d s erwähnt, deren Bereitung bereits Tl. I, S. 1009 als Zwischenstufe für die Darstellung des Propargylaldehyds skizziert wurde. Das P r o p a r g y l a l d e h y d - d i ä t h y l a c e t a l * CH • C-CH(0-C2H5)2 stellt ein süßlichcampberartig riechendes Öl dar, das bei 140° siedet. Aus seiner alkoholischen Lösung wird durch ammoniakalisches Silbernitrat das Silbersalz der Formel Ag-C:CCH(0-C5Hs), in weißen Nadeln gefällt, die beim Erhitzen nur schwach explodieren. Dieses Acetal zeigt faat alle Umsetzungen des freien Aldehyds (vgl. Tl. I, S. 1009); bei längerem Erhitzen mit alkoholischer Natriumäthylat-Lösung auf 100° lagert es 1 Molekül Alkohol an unter Bildung des bei 190—193° (nicht ganz unzersetzt) überdestillierenden 0 - Ä t h o x y - a c r o l e i n d i ä t h y l a c e t a l s CHtOCjHj:CH• CH(0• C2H6)2.

II. Bas Athylenglykol und seine eigentlichen Homologen. [Gesättigte a-Glykole, vic.-Glykole oder vic.-Alkandiole5]. ßildungsweisen. Die Glykole sind von WITRTZ entdeckt. Er erhielt das Athylenglykol und seine nächsten Homologen, indem er die Halogen-Additionsprodukte der Alkylene zunächst mit essigsaurem Silber umsetzte: CH,.Br ¿H,Br

. „ °

+ 2A6

C

„r °-CH' -

. „ -

2AsBl

+

CHj-O CO CH, 6H,O.CO.CH;

und darauf die entstandenen Essigester durch Alkalien verseifte: CHj-O-CO-CH, ¿¿•O.CO.CH:

+ 2 K 0 H

CHj-OH - ¿H,OH +

2KO

CO CH

'

'-

Seine Untersuchungen über die Glykole faßte W U E T Z in einer 1859 erschienenen Abhandlung 6 zusammen, die nicht allein durch die Fülle 1

WOHL, B . 31, 1799 (1898). — WOHL, EMMEBICH, B. 3 3 , 2761 (1900). — WOHL, SCHWEITZER, B . 4 0 , 92 (1907). 4 WOHL, B . 31, 1799 (1898). * HARRIES, B. 3 6 , 1935 (1903). 4

CLAISEN, B. 29 , 2933 (1896); 31, 1015, 1022 (1898); 36, 3664, 3668 (1903); vgl. auch B. 40, 3907—3908 (1907). s Aus den in Tl. I auf S. 151—152 entwickelten Nomenklaturprinzipien ergibt sich als allgemein anwendbare, rationelle Bezeichnung für die gesättigten Kohlenwasserstoffe der Fettreihe das Wort „Alkane", von dem sich dann nach S. 4 für die zweiwertigen gesättigten Alkohole die Benennung „ A l k a n d i o l e " herleitet. Entsprechend lassen sich Glykole mit einer Doppelbindung im Kohlenwasserstoffrest als „Alkendiole", solche mit einem zweifach ungesättigten Kohlenwasserstoffrest als „ A l k a d i e n d i o l e " bezeichnen usw. 6 A. eh. [3] 55, 400 (1859).

71

Bildung von a- Glyholen.

neuen tatsächlichen Materials ungewöhnlichen Einfluß auf die Kenntnis der organischen Verbindungen gewann; die Natur und Bedeutung der mehratomigen Radikale wurden im Anschluß an die Chemie der Glykole und unter Berücksichtigung ihrer Zwischenstellung1 zwischen den einwertigen Alkoholen und dem dreiwertigen Glycerin mit solcher Klarheit erörtert, daß zumal für die Entwicklung der Theorien eine mächtige Förderung nicht ausbleiben konnte. Der von W U R T Z vorgezeichnete Weg wird auch heute meist zur Gewinnung der Glykole eingeschlagen, wenn auch gewöhnlich unter Benutzung einiger Modifikationen. Man kann das Silberacetat durch Kaliumacetat ersetzen; bringt man z. B. Äthylenbromid mit Kaliumacetat in Gegenwart von wasserhaltigem Alkohol zur Reaktion, so erhält man das Monoacetat des Glykols CHa(0H)-CHa(0-C0-CHs), welches dann der Verseifung2 unterworfen werden kann. Direkt kann man die Alkylenbromide durch Kochen mit einer verdünnten wäßrigen Lösung von Kaliumcarbonat in Glykole überfuhren; auch beim Kochen der Bromide (die Chloride reagieren hierbei im wesentlichen gleichartig, nur langsamer) mit Wasser allein erhält man Glykole3; die Bildung der letzteren läßt sich durch Innehalten bestimmter Temperaturen, sowie durch Zufügen von Bleioxyd begünstigen1. Doch kann der Verlauf dieser Umsetzungen durch Nebenreaktionen ungünstig beeinflußt werden (vgl. S. 31), so daß die Gewinnung größerer Mengen von Glykolen noch immer nicht ganz einfach ist. Da die Alkylendibromide gewöhnlich aus den Alkylenen, letztere aus den einwertigen Alkoholen bereitet werden, so bedeutet diese Reaktionsfolge einen Übergang von den einatomigen Alkoholen zu den zweiatomigen: >C-OH

>6H

>C

>6

>CBr +Br >

«

>i-Br

>COH K

>6-OH'

Von den Alkylenen gelangt man direkt zu den Glykolen durch Oxydation mit schwacher Kaliumpermanganat-Lösung5 (vgl. Tl. I, S. 834). Eine Methode zur Gewinnung von zweifach-sekundären a - G l y kolen — d.h. solchen, deren beide Hydroxylgruppen sekundär gebunden ' Diese Zwischenstellung bringt auch die aus „Glycerin" und „Alkohol" zusammengezogene Bezeichnung „Glykol" zum Ausdruck. 8 Zur Verseifung der Acetate kann man an Stelle der Alkalihydroxyde auch Ätzkalk oder Bariumhydroxyd (HENRY, C. 1899, I, 968) anwenden. Noch vorteilhafter erscheint die Verseifung durch kurzes Kochen mit 1—2 % Chlorwasserstoff-Gas enthaltendem Methylalkohol (HENBY, C. 1907, I, 1314); Näheres über den Verlauf der Hydrolyse vgl. S. 82 unter Äthylendiacetin. 3

PROBE, HOCHSTETTER, M. 2 3 , 1075 (1902).

4

Stumpft man die freiwerdende Säure nicht in der angegebenen Weise ab, so bilden sich vorwiegend Aldehyde bzw. Ketone (KRASSUSKI, C. 1902, I, 628, vgl. dazu S. 75). s

G . WAGNER, B . 2 1 , 1230 (1888). — V g l . a u c h PAHFILOW, J . pr. [2] 4 9 , 5 4 (1894).

72

Bildung von disekundären und primär-tertiären cc-Glykolen.

sind, R-CH(OH)-CH(OH)-R' — besteht in der Reduktion der «-Diketone R-CO-CO-R' (Kap. 32); bei der Behandlung mit Zink und verdünnter Schwefelsäure gehen diese in der Regel zunächst in Ketole R-COCH(OH)-R' (Eap. 34) über, deren Carbonyl dann mit Natrium-amalgam weiter reduziert werden muß1. Diese hier als Zwischenprodukte erwähnten Ketole — und zwar solche mit zwei gleichen Radikalen R — werden auch, wie bereits Tl. I, S. 590—591 mitgeteilt wurde, aus Säureestern R-CO-O-R' durch Einwirkung von Natrium in wasserfreiem Äther oder Benzol erhalten. Indem man sich dieser Reaktion bedient, kann man also Säuren R-CO-OH in Glykole R.CH(OH)-CH(OH)-R umwandeln: „ Ä 2R-C0-0-R

RCO •

>•

R-CH(OH)

R-CH(OH) • .

>•

R-CH(OH)

Bewirkt man die Reduktion der Ketole mit Natrium in Alkohol1, so bildet sich neben dem Glykol R-CH(OH)-CH(OH).R auch der einatomige Alkohol K-CH,CH(OH)-R, meist aber nur in geringerem Betrage. Bei dem der Trimethyl-essigsäure (Pivalinsäure, vgl. TL I, S. 740 Anm.) entsprechenden „Pivaloin" (CHs)sC.CH(OH)CO-C(CHs)s dagegen wird diese weitergehende Reduktion zum alleinigen Prozeß, und es bildet sich keine Spur des Glykols3.

Die allgemeine Formel der zweifach-sekundären Glykole R-CH(OH)CH(OH)-R' weist zwei unsymmetrische Kohlenstoffatome auf und läßt daher in jedem einzelnen Falle die Existenz zweier inaktiver Stereomerer zu (vgl. TL I, S. 98—101, 105—106). Dementsprechend hat man bei der Reduktion der Ketole mehrfach das Auftreten zweier raumisomerer Glykole nebeneinander beobachtet2. Zur Bildung p r i m ä r - t e r t i ä r e r a - G l y k o l e führt eine eigentümliche Reaktion, bei welcher das Entstehen isomerer primär-sekundärer a-Glykole erwartet werden konnte: die Einwirkung von Alkylmagnesiumhalogeniden auf das Glycerina-chlorhydrin*. Die in der ersten Phase dieser Umsetzung auftretenden Magnesiumverbindungen: CL-CHj CH-CH, „„ „ „ Cl-CHj-CH CH,

ÖH ÖH

+2C H

' "'MgBr

Ö.MgBr Ö-MgBr +

"

612

tauschen nSmlich nur in geringem Betrage das Halogen gegen Alkyl aus: C1.CHS.CH Ö-MgBr

CH, Ö-MgBr

'

8

*

CsHu'CHj-CH CH, Ö-MgBr Ö.MgBr

unter Bildung eines Produkts, das bei der späteren Zerlegung mit Wasser ein alkyliertes Äthylenglykol z.B. C 6 H„ • CH, • CH(OH) • CH2 • OH liefern würde. Die Hauptmenge der nrsprünglichen Magnesiumverbindung spaltet vielmehr intramolekular Magnesiumhalogenid ab:

CH, CH-CH, _ CH,-CH-CH, C1 BrMg-Ö ÖMgBr ~ ^ O ^ Ö-MgBr 1

+

g

^-Cl \ßr'

v . PECHMANN, DAHL, B . 2 3 , 2421 (1890). BOUVEAULT, LOCQUIN, C. r. 1 4 0 , 1699 (1905). BL. [3] 3 5 , 643, 646 (1906). » BOUVEAULT, LocauiN, BL. [3] 3 5 , 656 (1906). * GEIONABD, A . ch. [8] 1 0 , 23, 3 5 (1907). D . R . P . 1 6 4 8 8 3 (C. 1 9 0 5 , I I , 1751). 1

Bildung

von dilertiären

«- Glykolen

73

(Pinakonen).

und das so entstandene Alkylenoxyd isomerisiert sich zu einem Derivat des Acetols: CHj—CH*CH 2 \ y

C H 2 : C*CHg

Ö-MgBr

/

CHg'C'CHg

HO Ö-MgBr

Ö Ö-MgBr'

welches dann seinerseits mit einem weiteren Molekül Alkylmagnesiumsalz in der für Eetone normalen Weise (vgl. TL I, S. 204) reagiert: CHj-C CHJ

,

OO-MgBr Auch lassen sich gänglichen Umsetzung C,H8

C H 6

„B.

M 11

'

=

CHa^C—

CH2

h^

CH^C—

(%H n 0• MgBr OMgBi-

g

CH2

U 5 H„ OH OH '

zur Gewinnung von Monoalkyläthern der primär-tertiären a-Glykole 1 die Alkylmagnesiumsalze heranziehen, indem man sie mit den leicht zuAthoxy-essigsäureestern und Athoxy-ketonen (vgl. Kap. 29 und 34) zur bringt: 0 > C - C H , - O C , H , + R-MgHlg

>-

y > C • CH, • OC,H 6 + R- MgHlg

|>C(OH)-CH1.OC,H5;

v

| > C ( O H ) . CH, • OC 2 H 5 .

Ferner bilden sich Glykoläther der hier behandelten Art bei der Kondensation von Ketonen mit Chlormethyl-alkyl-äthern in Gegenwart von Magnesium: R>

c o

+

+

M g

=

|>C

CH,

O-MgCl

u

HgO

I>?-CH

OC,H,

S

OH OCjH,"

Zu den Alkylenoxyden (vgl. S. 75), welche primär-tertiären oder sekundär-tertiären Glykolen entsprechen, kann man gelangen, indem man aus a-chlorierten Ketonen oder a-chlorierten Säureestern durch Einwirkung von Alkylmagnesiumsalzen nach der allgemeinen Bildungsweise tertiärer Alkohole (vgl. Tl. I, S. 204—205) die a-chlorierten tertiären Alkohole (R)(R')C(OH) • CH,C1 bzw. (R)(R')C(OH) • CHC1 • R " bereitet und diesen „Chlorhydrinen" (S. 75) durch Alkali Chlorwasserstoff entzieht. Die Alkylenoxyde lassen sich dann in Berührung mit Wasser, dem man eine Spur Schwefelsäure zusetzt, zu den entsprechenden Glykolen hydratisieren 2 : (R)(R')C

CH, + H , 0 =

(RXROC-CHj.OH

N ) / Zweifach-tertiäre

OH Glykole

sind

die sogenannten

„Pinakone",

die sich bei der Reduktion von Ketonen m i t Natrium in Gegenwart von W a s s e r 8 (vgl. T L I, S. 6 6 2 — 6 6 3 ) b ü d e n :

sie entstehen auch durch Umsetzung von Dicarbonsäureestern, z. B . Oxalsäurediäthylester C a H 5 0 - 0 C - C 0 » 0 C a H 5 , mit Alkylmagnesiumsalzen 4 : W V , L ( / W 0/-° ° \ 0 1

+

. CH M,.T CH>

M g J

B£HAL, SOMMELET, C . r . 1 3 8 , 8 9 ( 1 9 0 4 ) .

A . ch. [8] 9 , 488, 504, 5 2 3 , 5 3 1 (1906).

(CH8),C CiCHj), ÖH OH • B L [3] 3 1 , 3 0 0 (1904). —

SOMMELET,

BL. [ 4 ] 1 , 3 9 1 , 3 9 3 ( 1 9 0 7 ) . — B£HAL, SOMMELET,

D.R.P. 177614, 177615, 180202 (C. 1 9 0 6 , H, 1791; 1 9 0 7 , I, 680). S L. HENRY, C. r. 1 4 4 , 1404 (1907).

8 Vgl. z. B . KURTZ, A . 1 6 1 , 215 (1872). — WISLICENDS, A. 2 1 9 , 309 (1883). * VALEUB, C. r. 1 3 2 , 833 (1901).

74

Charakteristik

der

Qlykole.

Allgemeine C h a r a k t e r i s t i k . Die Glykole der niederen Reihen sind farblose, etwas zähflüssige, geruchlose Flüssigkeiten Ton süßem Geschmack. Sie können unzersetzt destilliert werden, sind aber weit schwerer flüchtig als die einwertigen Alkohole und zeigen gegenüber diesen auch erheblich höheres spezifisches Gewicht (z. B. Äthylenglykol 1-130 gegenüber Äthylalkohol 0-806 bei 0°). Mit Wasser und Alkohol sind sie mischbar, in Äther zwar auch löslich, aber nicht in jedem Verhältnis damit mischbar. In diesen Löslichkeitsverhältnissen begegnen wir zum erstenmal der allgemeinen Erscheinung, daß die Anhäufung von Hydroxylen auf die Löslichkeit in Wasser befördernd, auf die Löslichkeit in Äther dagegen vermindernd einwirkt. — Die Glykole der höheren Reihen — namentlich die disekundären und ditertiären — sind meist krystallisierbar und in kaltem Wasser nicht ganz leicht (die hochmolekularen sogar sehr wenig) löslich. Das chemische V e r h a l t e n der Glykole wird durch die charakteristischen Reaktionen der alkoholischen Hydroxyle bestimmt. Die Wasserstoffatome dieser Gruppen sind nach den gebräuchlichen Methoden durch Alkalimetalle1, Alkyle und Säurereste vertretbar: CHj-ONa CHj-ONa CHs-OC,H5 ¿H,-OH ÒH,.ONa ¿Hj-OH CH,'0-C,Ht CHJ-O-CO-CH, CH.ONO, ¿HJ'O'CJHJ ÒH8.O.CO-CHS ÒHJ O-NO, USW" Mit P h o s p h o r p e n t a c h l o r i d erfolgt heftige Reaktion, indem beide Hydroxyle durch Chloratome vertreten werden: CH..OH CH.C1 ¿H;.OH+2PCI>- ¿ H ; . C I + 2 H C I + 2 P O ( V Bei manchen Umsetzungen werden die beiden Hydroxylgruppen nicht in gleicher Weise verändert. So kann man die Einwirkung von Chlorwasserstoff 2 derart leiten, daß nur das eine Hydroxyl durch Halogen ersetzt wird: C H 2 ( O H ) . C H J ( O H ) + HCl = CH,(OH).CH8-Cl + H J O . Bei der Einwirkung von organischen S ä u r e c h l o r i d e n 3 wird das eine Hydroxyl acyliert, an Stelle des zweiten aber Chlor eingeführt: CH.-OH CH.-O.CO-CH. + 0 H C 0 C H s + HC1 ¿HI.OH + 2 C 1 C 0 C H - = ¿ ¿ C I 1 Thermochemische Untersuchungen und Betrachtungen über die AlkoholatBildung des Glykols und anderer mehratomiger Alkohole s. bei DG FORCBAND, C. r.

113, 1048 (1891); 114, 123, 545 (1892). 1 Zur Einwirkung von Bromwasserstoff vgl. MOKIJEWSKI, C. 1899, I, 591, 592, von Jodwasserstoff GRÜN, BOCKISCR, B. 41, 3477 (1908). 1 LoDBENgo, A. ch. [3] 67, 259 (1863).

75

Alkylenoxyde.

Ahnlich verhalten sich alle mehratomigen Alkohole; man bezeichnet diejenigen Derivate derselben, in welchen die Hydroxyle teilweise durch Halogenatome ersetzt sind, als „ H a l o h y d r i n e " : CHJ-Cl

i

T

CH2 • OH

..

Äthylen-chlorhydrin;

CHJ.Cl

i

Äthylen-acetochlorhydrin.

CHJ • O • CO • CHG

Über das Verhalten der Glyfcole bei der O x y d a t i o n vgl. unter Äthylenglykol S. 80) und Propylenglykol (S. 85); die höheren Glykole werden durch Oxydation meist in Bruchstücke von geringerer Kohlenstoffzahl gespalten1. Mittels Brom konnten einige Glykole zu Diketonen oxydiert werden*: CHS • CH(OH) • CH(OH) • CJH5 + 4Br = CH,.CO-CO-CH, + 4HBr.

Daß die «-Glykole durch W a s s e r a b s p a l t u n g — z. B. beim Erhitzen mit Chlorzink, mit verdünnten Säuren oder auch beim Erhitzen für sich — in einwertige Aldehyde oder Ketone übergeführt werden, ist schon TL I, S. 648—649 und 738—739 mitgeteilt3. Daselbst wurden auch die Versuche zur Erklärung dieser Reaktion4 angeführt (vgl. auch S. 84), welche bei den ditertiären Glykolen die eigentümliche „ P i n a k o l i n - U m l a g e r u n g " des Kohlenstoffgerüstes mit sich bringt (vgl. ferner S. 87—88). Im Verhältnis „innerer Anhydride" stehen zu den Glykolen die

„Alkylenoxyde":

CH • OH CH OH

Äth

CH CH^

yleng,ykol5

0

Äthylenoxyd.

Diese den gesättigten Aldehyden und Ketonen isomeren Verbindungen5 gehören, da ihr Molekül einen ringförmigen Komplex aus zwei Kohlenstoffatomen und einem Sauerstoffatom enthält, streng genommen zu den „heterocyclischen Verbindungen"; doch empfiehlt es sich wegen ihrer nahen Beziehungen zu den Glykolen, sie an dieser Stelle mit zu behandeln (vgl. TL I, S. 141). Während man den mit zwei Valenzen an ein Kohlenstoffatom gebundenen Sauerstoff durch das Wort „Oxo" kenntlich macht (vgl. Tl. I, S. 644), kann man nach einem Vorschlage von JAPP und MICHIE8 den zwei verschiedene Kohlenstoffatome durch je eine Valenz briickenartig miteinander vereinigenden Sauerstoff: >C

C
C-[Öfx—C
CHJ'CH 2 'OH. Läßt man aber das Wasser direkt auf das primäre Additionsprodukt reagieren, so bildet sich das Alkylenoxyd zurück, welches dann unter Mitwirkung des gleichzeitig entstandenen Magnesiumdihalogenids ein Alkylenbromhydrin liefert: CH S . _ CH,.Br CHj-Br ¿ H ^ + g r* ~ CHj-OMgBr ¿Hs-OH; letzteres erhält man unter diesen Bedingungen als Hauptprodukt der gesamten Reaktion*. Bei den Homologen des Äthylenoxyds4 verläuft die Synthese von einwertigen Alkoholen unter der Einwirkung der Alkylmagnesiumhaloide zuweilen analog wie beim Äthylenoxyd, z. B.: CHJ-CH—CH,

^

\ 0 / + CjHj-MgBr —>• Propylenoxyd

CH,• CH—CH,• C,H,

^

.MgBr

CH,.CH.C,H7

OH ' Methyl-w-propylcarbinol Bei dialkylierten A-Alkylenoxyden aber ist von HENRY ein abnorm erscheinender Reaktionsverlauf beobachtet worden, der sich erklärt, wenn man annimmt, daß zunächst eine Isomerisation des Oxyds zu einem Aldehyd oder Keton (vgl. S. 79), dann eine Umsetzung der so entstandenen Carbonylverbindung in bekannter Weise (vgl. Tl. I, S. 201—202 bzw. 203—204) unter Bildung von sekundären oder tertiären Alkoholen eintritt: (CH,),C—CH, ^ (CH^CH-CHO (CH^CH-CH-CH, +CH..Mg, 0

"O"

CH,• CH—CH• CHS N>/

OH

Methyl-isopropylcarbinol ^

CH,.CH,.C CHS ö

+C H 3 .M g j :



CH 3 .CH s .C(CH a ) 2 — Ö H Dimethyl-äthylcarbinol

Die oben geschilderten Additionsreaktionen zeigen deutlich, daß der dreigliedrige ringförmige Komplex: >C

C
'CH0 ' CHS

V

Q^I>C[CH2]8CHCHJ.CH.CH3 8 CH, ÖH (CH S ) 2 C—[CHj]„ • C H • C H , • C H • C H S ÖH

CH,

ÖH

'

und stellt ein zähflüssiges, bitter schmeckendes, in Wasser ziemlich leicht lösliches Öl dar vom Siedepunkt 144—145° unter 14 mm Druck.

Das Octamethylcnglykol [Octandiol-(l.8)'] HO-[CH2]8-OH bildet sich, neben einem isomeren (primär-sekundären?) Glykol C8H1802 und einem ungesättigten Alkohol von der wahrscheinlichen Formel CH3-CH:CH» [CH 2 ] 4 .CH 2 -0H, bei der Einwirkung von salpetriger Säure auf Octamethylendiamin3; auch durch Reduktion von Korksäuredimethylester CH30• OC• [CH2]„• CO• OCHg mit Natrium und Alkohol4, sowie durch Reduktion von Eorksäurediamid5 ist es erhalten worden. Es krystallisiert aus einem Gemisch von Alkohol und Benzol in Nadeln, die bei 63° schmelzen und unter 20 mm Druck bei 172° sieden; die in Alkohol leicht, in Äther und Wasser schwerer lösliche Verbindung wird von Permanganat wieder zu Korksäure oxydiert. Das Dccamethylenglykol [Decandiol-{l. 10)] HO-[CH2]10.OH bildet sich bei der Reduktion von Sebacinsäure - dimethylester4 CH 3 0-0C[CEjg-CO.OCH, oder -diamid« NH3-OC.[CH2]8-CO-NH2 mit Natrium und Alkohol. Es scheidet sich aus Wasser oder verdünntem Alkohol in Nadeln, aus Benzol in schönen, bei 71-5° schmelzenden Krystallen ab, die in Alkohol und warmem Wasser leicht, in kaltem Wasser und Petroläther aber sehr wenig löslich sind; sein Kochpunkt liegt unter 11 mm Druck bei 179°. Kaliumpermanganat oxydiert in neutraler Lösung 1

HAMONET, C. r. 1 4 1 , 1 2 4 4 (1905). RUPE, PFEIFFER, SPLITTOEBBER, B . 4 0 , 2816 (1907). • LÖBL, M. 2 4 , 391 (1903). * BODVEAÜLT, BLANC, C. r. 1 3 7 , 3 2 8 (1903). D . R . P . 1 6 4 2 9 4 (C. 1 9 0 5 , II, 1700). 5 SCHEÜBLE, LÖBL, M. 2 5 , 345 (1904). s SCHEVBLE, M. 2 4 , 6 1 8 (1903). — SCHEÜBLE, LÖBL, M. 2 5 , 344 (1904). 2

102

Decamethylenglylcol

usw.

zu Sebacinsäure. — Das aus dem Glykol durch Kochen mit konzentrierter Salzsäure erhältliche Chlorhydrin (S. 198) spaltet bei der Destillation über Ätznatron Chlorwasserstoff in zweierlei Weise ab: HO.CH, [ CH, 1 .CH,CH,.C 5 H

^

S

^

H

!

'

Da der ungesättigte Alkohol erst bei 234—238°, das als Hauptprodukt entstehende Oxyd (Decamethylenoxyd, 1.10-0xido-decan?) aber schon bei 181° siedet, so lassen sich die beiden Körper durch Fraktionieren ohne Schwierigkeit trennen. Das Oxyd1 stellt eine in Äther, Benzol und Petroläther leicht, in Wasser nicht lösliche Flüssigkeit dar; es wird von Wasser selbst bei 200° nicht angegriffen, verhält sich in dieser Beziehung demnach ganz wie die 1.4- und 1.5-Oxido-Verbindungen. Falls also die durch die obige Formel wiedergegebene Auffassung der Konstitution richtig ist, so würde man sagen können, daß der 11 Glieder enthaltende Bing dieses Oxydes seiner Öffnung einen ähnlichen Widerstand entgegen setzt, wie die 5- und 6-gliedrigen Systeme (vgl. S. 95). Doch kann jene Formel nicht mehr als wahrscheinlich betrachtet werden, seit sich gezeigt hat, daß die früher für Decamethylenimin gehaltene Verbindung einen nur fünfgliedrigen Ring enthält (vgl. bei Diaminen im Kap. 24). Noch höhermolekulare gesättigte Glykolc, für welche aber die gegenseitige Stellung der Üydroxyle unbekannt ist, finden sich natürlich gebildet in Wachsarten vor. — Aus dem Carnaubawachs2 ist ein bei 103-5° schmelzender Alkohol C26H6202 isoliert worden, dessen Formel in CggH^CHjj'OH^ aufgelöst werden kann, da er beim Erhitzen mit Natronkalk (vgl. Tl. I, S. 247) in eine Dicarbonsäure C23H48(CO.OH)2 übergeht» — Die Wachsart (Coccerin 3 ), welche die Silbercochenille in Form eines weißen glänzenden Uberzugs bedeckt, zerfällt bei der Verseifung einerseits in Coccerylsäure C31H02O3, andererseits in einen zweiatomigen Alkohol: Coccerylalkohol C39H60(OH)2, der bei 101—104° schmilzt und bei der Oxydation mit Chromsäure in Eisessig eine Pentadecylsäure C 5H30O2 liefert. V. Zweiwertige Schwefelverbindungen. Zweiwertige Mercaptane und ihre Derivate. Es ist schon auf S. 742 des I. Teiles angeführt worden, daß man berechtigt ist, die Bildung von M e t h y l e n m e r c a p t a n CH2(SH)2 bei der Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf Formaldehyd anzunehmen; daselbst wurden auch einige beständige Derivate dieses einfachsten zwei1

ALBERTI, SUIECIÜSZEWSKI, M. 2 7 , 414 (1906). * STÜHCKE, A . 2 2 3 , 299 (1884). * LIEBERMAHN, B . 18, 1975 (1885). — LIEBEKMANN, BERGAMI, B. 2 0 , 959 (1887).

Mereaptale

und

Mercaptole.

103

wertigen Mercaptans augeführt, durch deren Charakterisierung eben der Nachweis für das Vorhandensein des Methylenmercaptans in dem Reaktionsgemisch erbracht werden konnte. An sich konnten das Methylenmercaptan UDd andere Mercaptane mit zwei an einem Kohlenstoffatom haftenden Sulfhydrylgruppen bisher ebensowenig isoliert werden, wie die entsprechenden zweiwertigen Alkohole (vgl. S. 61—62). Dagegen sind Derivate dieser gem.-Alkandith.iole, welche die Wasserstoffatome der Sulfhydrylgruppen durch Kohlenwasserstoffreste ersetzt enthalten, leicht gewinnbar. Solche Verbindungen entstehen, wie BATJMANN 1 fand, durch Einwirkung von Mercaptanen auf Aldehyde oder Ketone in Gegenwart von Salzsäure oder Chlorzink (vgl. Teil I, S. 667). Im Hinblick auf ihre den Acetalen (vgl. S. 63) analoge Struktur kann man sie „ T h i o a c e t a l e " nennen; gewöhnlich aber werden die aus den Aldehyden hervorgehenden Verbindungen, z. B.: CH 8 .CHO + 2US• C2H5 = CH s .CH(S.C s H 6 ), + H 2 0 ,

als „Mereaptale", die aus den Ketonen sich bildenden Verbindungen, z. B.: (CHjJJCO + 2HS-C s H s = (CH.)JC(S-C2H5)2 + H 2 0 ,

als „Mercaptole" bezeichnet. Die Mereaptale und Mercaptole sind in Wasser unlösliche farblose Flüssigkeiten von unangenehmem Geruch; sie werden von Säuren und Alkalien auch beim Kochen kaum angegriffen. Bei der Bildung dieser Kondensationsprodukte sind vielleicht zwei Reaktionsphasen 4 anzunehmen: R.CHO + R S H = R.CH(OH).S-R, R-CH(OH).S.R + R-SH = R.CH(S.R), + H.O. Denn es ist unter Anwendung zweier verschiedener Mercaptane in einzelnen Fällen ö(p/ gelungen, auch gemischte Mereaptale R»CH BAUMANN, B. 19, 2806 (1886). — ESCALES, BADMANN, B. 19, 2814 (1886). — FUOMM, B. 21, 185 (1888); A. 263, 135 (1889). — STUFFEB, B. 23,1410, 3226 (1890). — BISCHOFF, B. 30, 487 (1897).

105

¡Sulfonal.

Die „reaktive Wirkung" (vgl. TL I, S. 419) der beiden Sulfongruppen auf das in ihrer Mitte gebundene Methylen CH a S°! bromid und äthan-1. 2-disulfinsaurem Natrium: Das T e t r a m e t h y l e n - 1. 4 - d i s u l f o n 1 CH,• SO, • Na ¿H,-S0,.Na

Br-CH, _ +

— ( as auc

'

^ aus Athylen-

CH,-SO,—CH,

Br-djHj ~ ¿H,—SO,—¿H,

+ 2Na

r

erhältliche Oxydationsprodukt des Diäthylendisulfids (vgl. S. 107) — liefert analog eine Oxyäthylsulfon-äthansulnnsäure

CHJ.SOJH

CH,-OH

• • CH, • SO, CH, Das Trimethylenmercaptan [Propandilhiol-(1.3)] HS-CH 2 -CH a -CH 4 -SH bildet sich bei der Reduktion des Trimethylendirhodanids NCS-[CH2],-SCN mit Zink und Salzsäure 2 , wird aber bequemer durch allmähliches Eintragen von Trimethylenbromid in eine mit Schwefelwasserstoff gesättigte alkoholische Lösung von Ätzkali dargestellt 3 . Das widerlich riechende, stark lichtbrechende Öl siedet bei 169—170" und verflüchtigt sich leicht mit Wasserdämpfen; mit Alkohol und Äther ist es in jedem Verhältnis mischbar, in Wasser jedoch nur wenig löslich; das B l e i s a l z C s H e S,Pb ist ein citronengelbes, amorphes, in Wasser und Alkohol unlösliches Pulver. Durch Umsetzung mit Alkylhalogeniden bei Gegenwart von Natriumäthylat läßt sich das Trimethylenmercaptan leicht in D i a l k y l ä t h e r R-S CH, • CH, • CH, • S • R verwandeln, sulfidartig riechende Öle, die bei der Oxydation mit Permanganat in schwefelsaurer Lösung mit guter Ausbeute die zugehörigen D i s u l f o n e liefern. Das T r i m e t h y l e n - d i m e t h y l s u l f o n CH,(CH,-SO,-CH 3 ) 4 krystallisiert aus Wasser in Nädelchen vom Schmelzpunkt 155°, die in Alkohol und heißem Wasser ziemlich leicht, in Äther aber nur sehr wenig löslich sind. Im Einklang mit der STUFFERschen Regel (S. 108) werden diese 1.3-Disulfone durch Erhitzen mit Alkali nicht verseift. Mit Carbonylverbindungen 4 (Aldehyden, Ketonen, Ketonsäuren) kondensiert sich das Trimethylenmercaptan bei Gegenwart von trocknem Chlorwasserstoffgas leicht zu cyclischen Mercaptalen und Mercaptolen:

ch

* C ° •

Die Natriumverbindung des Trimethylenglykols läßt sich auch mit Dibromparaffinen kondensieren 5 , so daß auf diesem Wege unter Anwendung von Äthylenbromid ein siebengliedriges und unter Benutzung von Trimethylenbromid sogar ein achtgliedriges cyclisches Disulfid dargestellt werden konnten, die sich dann mit Permanganat zu Disulfonen oxydieren ließen; die Ausbeuten waren jedoch in beiden CH»—S—CH, CH^ S ¿ H , ' 8 t e ' n


Et. Ol O D E: C D o5' CR 195-

260-

290-

i i : i : i i

i :

Triacyline.

l 1 CO oCO. •-i . , . ^ % . o " l • i : i : ,—» © ' O ' OB B 5 B B. •w B B

o o o e o o o »—1 . S . CO . 00 C i . öCO 00 . S • ®00 . CD o OS •CJi . «O ot« • w t9» • n 10 • -to I i » . • . —. t Kl -3 öS • OD CS •"55 "O • to ^ ' o -S ' •S * -S • •S " O • t &

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I-» 1-» I-» lü . CO. IK •u i- • C S CO CO O •. 00 • .o • 0M 0 •. to •. Ol C C O C O " .• ^to Oi —, * —CO"35 • 00 IS • .o10 • oto • to o • 05 o « o o s ^s '—*

o a *8" ffI o8 4 DUFFY, J. 1 8 5 2 , 5 0 7 , 511. — 15 HEINTZ, A . 9 2 , 300(1854). — >• H. MEYER, 17 A . 3 5 , 177 (1840). — REIMER, WILL, B . 2 0 , 2385 (1887). — " REIMER, W I L L , B. 1 9 , 8321 (1886). — >• THÜMMEL, KWASNIK, Ar. 2 2 9 , 193 (1891). — I 0 SCHEIJ, R. 1 8 , 168 (1899). — SL PARTHEIL, V. VELSEN, Ar. 2 3 8 , 261 (1900). — 8 8 REYCHLER, C . 1 9 0 8 , I , 1042. — " GUTH, Z . B . 4 4 , 78 (1903). — " KRAFPT, B . 3 6 , 4343 (1903). — 24 THOMS, MANNICH, C . 1 9 0 1 , I I , 189. — I 9 MARIE, A . ch. [7] 7 , 203, 205 (1896). — 17 MOLINABI, FENAROLI, B . 4 1 , 2789 (1908). W

Methoden1 in ihrer Anwendung auf den hier vorliegenden Fall nochmals kurz rekapituliert werden. Uber ihre industrielle Ausführungsform werden dann am Schlüsse dieses Kapitels (S. 160ff.)noch einige Ergänzungen folgen. Durch Wasser allein kann man die Fette in erheblichem Umfang hydrolysieren, wenn man durch Anwendung von Überdruck die erreichbare Temperatur über 100 a steigert. In der Technik benutzt man dieses Verfahren bei der „Autoklaven-Verseifung", wobei man freilich zur Unterstützung der Spaltung geringe Mengen von Kalk, Magnesia oder Zinkoxyd zusetzt (vgl. 8. 161). Die wäßrigen M i n e r a l s ä u r e n beschleunigen die Spaltung nicht nur bei den in Wasser noch löslichen Glyceriden der niederen Fettsäuren, sondern auch bei den in Wasser unlöslichen Fetten 2 . In der Praxis spielt die Verseifung mit k o n z e n t r i e r t e r Schwefelsäure eine erhebliche Rolle (vgl. S. 161—162). Die Spaltung mit wäßrigen A l k a l i e n ist der am frühesten in der Praxis angewandte Prozeß. Um eine vollständige Spaltung zu erzielen, muß man herbei das Alkali in größerer Menge anwenden, als theoretisch zur Neutralisation der abzuspaltenden Fettsäure erforderlich ist. Auch durch alkalische Erden und manche Schwermetalloxyde läßt sich Verseifung bewirken. Arbeitet man mit .Säuren oder Alkalien in wäßriger Lösung, so hat man nur bei den niederen, in Wasser löslichen Glyceriden ein „homogenes" System, bei Anwendung der in Wasser unlöslichen Fette aber ein „heterogenes". Die im Verlauf der Hydrolyse entstehenden 1

Näheres vgl. in den folgenden Spezialwerken: Chemische Technologie und Analyse der Öle, Fette und Wachse Bd. I (Braunschweig 1 9 0 5 ) , S. 3 9 ff. ULZER und KLIHONT, Allgemeine und physiologische Chemie der Fette (Berlin LEWKOWITSCH,

1 9 0 6 ) , S . 2 1 8 ff.

Chemie, Analyse, Gewinnung der öle, Fette und Wachse (Leipzig S. 1 5 8 ff.). 1 Vgl. dazu LEWKOWITSCH, C . 1 9 0 3 , I , 7 4 0 . — Über den besonders stark beschleunigenden Einfluß gewisser Sulfons&uren vgl. TWITCHELL, Am. Soc. 2 8 , 1 9 6 ( 1 9 0 6 ) . UBBELOHDE,

1908,

138

Alkoholyse von

Fettsäure-glyceriden.

freien Fettsäuren bzw. fettsauren Alkalien erleichtern freilich durch ihre Fähigkeit, die Fette zu „emulgieren", die innige Berührung mit dem verseifenden Agens. Durch die Anwendung eines Mediums, das sowohl das zu verseifende Fett wie das Yerseifungsmittel in Lösung hält, schafft man ein homogenes System; für diesen Zweck liegt die Wahl von Alkohol als L ö s u n g s m i t t e l am nächsten. Man ist daher schon seit langer Zeit in den Laboratorien gewohnt, für die analytische und wissenschaftliche Untersuchung der Fette die Verseifung durch Erwärmen mit alkohol i s c h e r Alkalilauge zu bewirken. Trotzdem diese Methode so vielfach benutzt wurde, ist man erst verhältnismäßig spät — besonders durch Untersuchungen von HENBIQÜES — allgemein darauf aufmerksam geworden1, daß der Alkohol hierbei nicht nur als Lösungsmittel wirkt, sondern mit in Reaktion tritt. £ s hat sich nämlich gezeigt, daß auch bei Anwendung einer theoretisch zur Verseifung bei weitem nicht ausreichenden Menge Alkali in alkoholischer Lösung rasch eine vollständige Zerlegung des Glycerids bewirkt wird, wobei aber die vorher an Glycerin gebundenen Säurereste nunmehr als Äthylester austreten: C A H S ( 0 • C O • E)J + 3 C , H 6 O H

=

C,H6(OH), +

3C,HS.O.CO-E.

Wir haben hier also einen Fall von Verdrängung eines Alkohols durch einen anderen — und zwar eines dreiwertigen durch einen einwertigen —, die durch katalytische Wirkung kleiner Alkalimengen herbeigeführt wird (vgl. Tl. I, S. 588—589). Bei Anwendung genügender Alkalimengen fallen natürlich die intermediär entstandenen Fettsäureäthylester ihrerseits der Verseifung anheim, und man erhält schließlich neben Glycerin das gleiche Endprodukt wie in wäßriger Lösung, nämlich fettsaures Alkali. Die Fette sind in k a l t e m Alkohol nur wenig löslich. „Kalte Verseifung"* (vgl. Tl. I, S. 588) kann indes erzielt werden1, indem man sie in Äther oder Petroläther löst und nun mit Natriumalkoholat-Lösung (metallisches Natrium in absolutem Alkohol gelöst) oder alkoholischer Alkalihydroxyd-Lösung behandelt.

Ein solche „ U m e s t e r u n g " 8 oder „Alkoholyse" wie bei der Einwirkung von alkoholischem Alkali tritt nun, wie HALLES 4 neuerdings gezeigt hat, auch ein, wenn man die Glyceride mit einem Alkohol erwärmt, der eine geringe Menge (1—2-5 °/0) Chlorwasserstoff enthält; besonders eignet sich Methylalkohol für diesen Zweck. Man gewinnt dadurch als alkoholytische Produkte die Methylester der vorher an Glycerin gebundenen Säuren sehr glatt und kann sie durch Destillation 1

V g l . : HENBIQÜES, Z. A n g . 1 8 9 8 , 338, 697. — EHEMANN, M. 2 6 , 7 8 6 (1905); 2 9 , 2 3 (1908). — FASTO, STRITAB, A . 3 5 1 , 3 3 2 (1907). J . pr. [2] 7 8 , 35 (1908). 1 V g l . : KOSSEL, OBEBMÜLLEB, H . 1 4 , 599 (1890). — KOSSEL, KBÜSEB, H . 1 6 , 321 (1891). — HENBIQÜES, Z. A n g . 1 8 9 5 , 7 2 1 ; 1 8 9 6 , 221, 423. 1

4

Vgl. STBITAB, FANTO, M. 28, 383, Fußnote 2 (1907).

C . r. 1 4 3 , 657 (1906); 1 4 4 , 4 6 2 (1907); 1 4 6 , 2 5 9 (1908). — HALLEB, YOUSSOUFIAN, G. r. 1 4 3 , 8 0 3 (1906).

Enzymatisehe

Glyceridspaltung.

139

reinigen. Besonders die Säuren mit nicht zu hohem Molekulargewicht werden leicht abgespalten. Bei den in Alkohol schwer löslichen Glyceriden kann man diese „saure Alkoholyse", die je nach der Natur des angewandten Alkohols als „Methanolyse", „Äthanolyse" usw. bezeichnet wird, durch Zusatz von Lösungsmitteln wie Äther, Benzol oder Tetrachlorkohlenstoff erleichtern. Als glyceridspaltende Agenzien sind endlich gewisse Enzyme (vgl. Tl. I, S. 252) sehr wichtig1, die man im Hinblick auf ihr Vermögen, die Fette zu zerlegen, unter dem Namen „lipolytische Enzyme" zusammenfaßt. Von CLAUDE BERNARD und BEBTHELOT wurde eine solche Wirkung zuerst beim Pankreas festgestellt. Aus Untersuchungen von MÜNTZ, von SIGMUND und von GREEN wurde später auf die Existenz von fettspaltendem Enzym in den Pflanzensamen geschlossen; diese vegetabilischen Lipasen haben in den letzten Jahren das Interesse in hohem Maße auf sich gezogen, seit CONNSTEIN, HOTEE und WARTENBERG 2 zeigten, unter welchen Bedingungen man mit ihrer Hilfe eine sehr glatte und für technische Zwecke brauchbare Spaltung der Fette bewirken kann. Als Enzymträger bedienen sie sich des Ricinussamens, der sich als besonders wirksam erwies und auch deshalb gerade für die Praxis in Betracht kommt, weil er leicht beschaffbar und — in entöltem Zustand — für andere Verwendungen fast wertlos ist; noch wirksamer sind die Samen des Schöllkrauts3 (Chelidonium majus). Die Spaltung erfordert die Gegenwart von Wasser (mindestens das Dreifache der theoretischen Menge), das Vorhandensein einer guten Emulsion, sowie die Innehaltung einer geeigneten Temperatur (10—40°). In intensiver Weise erfolgt die Hydrolyse nur dann, wenn eine gewisse Menge einer wasserlöslichen Säure zugegen ist 4 . Man beobachtet daher, wenn man die wäßrige SamenOlemulsion für sich stehen läßt, nach einigen Tagen ein sprungweises Ansteigen des Spaltungsbetrages — dann nämlich, wenn durch ein säurebildendes Enzym aus dem Samen eine genügende Menge der „Samensäure", die sich der Hauptsache nach als Milchsäure erwiesen hat, ge1

Ältere Literatur über enzymatische (fermentative) Fettspaltung, sowie zusammenfassende Besprechung s. in CONNSTEIN s Aufsatz, Ergebnisse der Physiologie 3, I, S. 194 (1904). Vgl. ferner außer den im folgenden speziell zitierten Arbeiten noch die nachstehenden Abhandlungen: BBAVN, BEHBENDT, B. 3 6 , 1142, 1900 (1903). — BRAUN, B. 3 6 , 3003 (1903). — LEWKOWITSCH, MAC LEOD, O. 1 9 0 3 , II, 607. — HOTEE, C. 1 8 0 3 , II, 1479. — FOKIN, C. 1 8 0 4 , I, 1365; 1 8 0 7 , I, 312. — LAMI, C. 1 8 0 4 , II, 1265. — NICLOUX, C. r. 1 3 8 , 117Ö, 1288, 1352 (1904). — UBBAIN, SAUQON, G. r. 1 3 8 , 1291 (1904). — KANITZ, H . 4 6 , 482 (1905). — MASTBADM, G. 1 8 0 7 , I , 978. — SCOBTI, PABBOZZAKI, G. 3 7 , I , 476 (1907). — SAXL, Bioch. Ztschr. 1 2 , 333 (1908).

Vgl. ferner die Zitate in Fußnote Nr. 1 auf S. 164. 1 B. 35, 3988 (1902). * FOKIN, C. 1803, II, 1451. * Vgl. dazu: HOYEB, B. 37, 1436 (1904). H. 50, 414 (1906). — FOKIN, C. 1804, II, 1617.

140

Verlauf der

Glyceridspaltung.

bildet worden ist. Fügt man aber dem Samenansatz von vornherein eine gewisse Menge Säure oder saures Salz hinzu, so setzt der Prozeß gleich von Anfang an mit erheblicher Geschwindigkeit ein (zur technischen Ausführung vgl. S. 164). Während die Lipaeen der Samen in saurem Medium wirksam sind, erfordern da« Steapsin des Pankreas und fihnliche lipolytisehe Enzyme tierischer Herkunft ein a l k a l i s c h e s Mittel1. Die Wirkung der lipolytischen Enzyme ist umkehrbar, wie zuerst KÄSTLE und LÖTENHART9 zeigten, indem sie nachwiesen, daß Pankreas-Extrakt einerseits Äthylbutyrat in Buttersäure und Äthylalkohol spaltet, andererseits aber aus der Säure und dem Alkohol wieder den Ester entstehen läßt. Die synthetisierende Wirkung des Enzyms ist dann auch für den Fall der Glycerid-Bildung beobachtet worden*.

In t h e o r e t i s c h e r Beziehung bietet die Verseifung der Glycerinester — abgesehen von den allgemeinen Fragen der Esterspaltung (vgl. Tl. I , S. 587, 588) — noch ein besonderes Problem dar, weil es sich hier um die Ester eines mehratomigen Alkohols handelt (vgl. auch S. 82: Acetate des Glykols). Führt die Verseifung der Triglyceride u n m i t t e l b a r zum Glycerin: C , H s ( O . C O . B ) , + 3HJO =

C,H6(0H)G +

3HO-CO-R,

oder aber erfolgt sie stufenweise: =

C , H , ( 0 • CO • R),(OH) +

HO-CO-R,

C , H 6 ( 0 • CO • R)J(OH) + H A O =

C,H,(O.CO-R), + HTO

C»H5(OCO.RXOH), +

HOCO.R,

C A H T ( 0 • CO • RXOH), + HJO =

C,H S (OH) S +

HOCOR

über Di- und Monoglyceride als Zwischenprodukte? Uber diese Frage liegt eine große Reihe von Untersuchungen1 vor. Man hat sie teils auf rein chemischem Wege, teils nach den Methoden der physikalischen Chemie durch Messung und rechnerische Verfolgung der Reaktionsgeschwindigkeit zu beantworten gesucht, wobei man festzustellen bestrebt war, ob der Verseifungsverlauf dem Typus einer quadrimolekularen Reaktion (direkte Verseifung) oder einer bimolekularen Reaktion (stufenweise Verseifung) entspricht. Als Untersuchungsobjekt dienten teils einheitliche synthetische Triglyceride, teils die praktisch besonders in Betracht kommenden natürlichen Triglycerid-Gemische (die Fette). Durch die neuesten, am Triacetin ausgeführten Arbeiten von K R E M A N N und von 1 V g l . d a z u FOKIN, C . 1 9 0 6 , I I . 1463. ' A m . 2 4 , 5 1 5 (1900). — Vgl. f e r n e r : MÖHR, C. 1 9 0 2 , I I , 1424. — KASTLE, JOHNSTON, ELVOVE, A m . 3 1 , 521 (1904). 8 POTTEVIN, C. r . 1 8 6 , 1152 (1903). — TAYLOR, C. 1 9 0 6 , I I , 1345. 4 V g l . b e s o n d e r s : GEITEL, J . pr. [2] 5 5 , 4 2 9 (1897); 5 7 , 1 1 3 (1898). — HENRIQUES, Z. A n g . 1 8 9 8 , 700. — FANTO, M. 2 5 , 9 1 9 (1904). — FE. GOLDSCHMIDT, Z. E l . Ch. 1 0 , 2 2 1 (1904). — KREMANN, M. 2 6 , 7 9 4 (1905); 2 7 , 6 0 6 (1906). — ABEL, in ULZER U. KLIMONT'S

auf S. 137, Fußnote 1 zitiertem Werke, S. 220ff. — J. MEYFR, Z. El. Ch. 13, 485 (1907). — ABEL, Z. E l . Ch. 1 3 , 6 0 3 (1907). — WEQSCHEIDEB, M. 2 9 , 83, 2 3 3 (1908). — FANTO, STBITAB, M. 2 9 , S i l (1908).

Stufenweise

Spaltung von

Olyeeriden.

141

J . M E Y E B gilt der Nachweis auf physikochemischem Wege als erbracht, daß in homogener wäßriger Lösung die Verseifung sowohl durch Alkalien wie durch Säuren stufenweise erfolgt.

Die Versuche, bei der Verseifung der in Wasser fast unlöslichen Triglyceride im h e t e r o g e n e n System auf rein chemischem Wege die Zwischenprodukte zu charakterisieren, haben zwar nicht zum Nachweis der Di- und Monoglyceride geführt 1 ; doch ist hieraus nach WEGSCHEIDER* nicht ein Einwand dagegen zu entnehmen, daß auch im heterogenen System die Verseifung stufenweise verläuft. Denn die Gegenwart erheblicher Mengen von niederen Glyceriden in dem nach partieller Verseifung vorliegenden Reaktionsgemisch ist theoretisch nicht zu erwarten, wenn man die Reaktionskonstanten der einzelnen Verseifungsstufen berücksichtigt und die Annahmen macht, daß die Verseifung in der wäßrigen Phase erfolgt, daß ferner die Diffusionsgeschwindigkeiten im Vergleich zu den Verseifungsgeschwindigkeiten sehr groß sind. Für die „ U i n e s t e r u n g " durch Alkohol (S. 138) bei Gegenwart von Alkali ist nach STBITAB u. FANTO3 der s t u f e n w e i s e V e r l a u f durch chemische Charakterisierung — wenn auch nicht Isolierung — der Zwischenprodukte nachgewiesen.

Eine stufenweise Abtrennung der Säurereste hat BE LA beim Triacetin durch Halogenwasserstoffe bewirkt. Wenn man z. B. eine Bromwasserstoff-Lösucg von Eisessig in der Kälte zu einer ätherischen Triacetin-Lösung gießt und 6—8 Tage bei 0° stehen läßt, so erhält man a-Monobrom-diacetin: ACEÑA4

CH..OCO.CH, CH,Br CH.O CO CHg + HBr - CH-O-CO-CH, + HO.CO.CH,; CH,.0-C0.CHj

CHJ-OCOCH,

sättigt man aber Triacetin direkt mit Bromwasserstoff, so ist nach einigen Tagen das a, a'-Dibrom-monacetin entstanden: CH.OCOCH, CH, • Br C H O - C O C H , + 2HBr = CH.O CO.CH, + 2HO CO CH 3 . CH.-O-COCH, CH,.Br

Die Konstitution dieser „Brom-acetine" (Essigsäureester von Bromhydrinen) ergibt sich daraus, daß das Monobromderivat durch Reduktion mittels des Kupfer-Zink-Paares in Äther bei Gegenwart von Eisessig das Propylenglykol CH3 • CH(OH)- CH2 • OH, das Dibromderivat aber den Isopropylalkohol CH3.CH(OH).CH, liefert. Natürliche 5 Fette. Die grundlegenden Erkenntnisse über die chemische Beschaffenheit der natürlichen Fette verdanken wir C H E V B E U L 6 ; 1

V g l . : LEWKOWITSCH, C. 1 8 9 9 , I, 469. B . 3 3 , 89 (1900); 3 6 , 175, 3766 (1903); 3 7 , 88 T (1904); 3 9 , 4095 (1906). — BALBIANO, G . 3 2 , I, 265 (1902); 3 4 , I I , 55 (1904). B. 3 6 , 1571 (1903); 3 7 , 155 (1904). — MARCCSSON, B. 3 9 , 3466 (1906); 4 0 , 2905 (1907). 8 * M. 2 9 , 100—101, 126—133 (1908). M. 2 8 , 383 (1907); 2 9 , 299 (1908). * C. r . 1 3 9 , 867 (1904). — Vgl. a u c h GRÜN, THEIMER, B . 4 0 , 1793 (1907).

* Näheres vgl. in den S. 137, Fußnote 1 zitierten Spezialwerken. * A. W . v. HOFHANNS Nekrolog auf CHEVBEUL, B. 22, 1164 (1889).

142

Komponenten der natürlichen Fette.

am Beginn des neunzehnten Jahrhunderts klärte er durch jahrelang fortgesetzte, denkwürdige Untersuchungen den Prozeß der Fettverseifang auf und enthüllte dadurch die Konstitution der Fette. War auch das Glycerin schon 1779 von Scheele entdeckt, so wurde es in seiner Wichtigkeit als Stammsubstanz der Fette doch erst von Chevkeul gewürdigt; und auch die Fettsäuren, die in Gestalt ihrer Alkalisalze — der Seifen — schon Bedeutung für das tägliche Leben erworben hatten, erhielten erst durch Chevbeul ihre chemische Charakteristik. Hatte man früher die Seifen als Alkaliverbindungen der Fette selbst betrachtet, so lernte man jetzt, daß die Verseifung in einer Spaltung des ursprünglichen Fettkörpers besteht, durch welche einerseits stets ein und derselbe Alkohol — das Glycerin —, andererseits je nach der Natur des Fetts die Alkalisalze der verschiedenen Fettsäuren gebildet werden. Chemisch können wir also die Fette als natürliche (tierische oder pflanzliche) Produkte definieren, die im wesentlichen aus Glycerinestern organischer Säuren bestehen. Das Glycerin ist der gleichbleibende, alkoholische Bestandteil aller Fette (chemischer Unterschied der Fette von den Wachsen, vgl. Tl. I, S. 592—598), während die sauren Komponenten große Mannigfaltigkeit zeigen. Wir finden als solche die gesättigten einbasischen Fettsäuren von der 4. bis 24. Kohlenstoffreihe mit paarer Kohlenstoffzahl und unverzweigter Kette (vgl. Tl. I, S. 541ff.)— und zwar besonders häufig die Laurinsäure, Palmitinsäure und Stearinsäure —, ferner die ebenfalls schon geschilderten ungesättigten, normal konstituierten einbasischen Säuren mit einer oder mehreren Doppelbindungen: Ölsäure (Tl. I , S. 972), Gadoleinsäure, Erucasäure (Tl. I, S. 977), und die „trocknenden" Ölsäuren (Tl. I, S. 992—993, 994); vereinzelt ist auch eine Monocarbonsäure mit dreifacher Kohlenstoffbindung — die Taririnsäure (Tl. I, S. 986—987) — als Glycerid-Komponente beobachtet worden. Als Bestandteil des Ricinusöls werden wir später noch eine ungesättigte Oxy säure — die Bicinolsäure—zu besprechen haben, die in diesem Öle von einer gesättigten Dioxysäure (Dioxy-stearinsäure) begleitet wird (vgl. Kap. 29). Während alle diese Säuren zu den acyclischen Verbindungen gehören, ist neuerdings die interessante Entdeckung gemacht worden, daß auch cyclische ungesättigte Monocarbonsäuren (Chaulmoograsäure und Hydnocarpinsäure) als Fettkomponenten auftreten können \ Im „Japanwachs" finden sich gesättigte acyclische, hochmolekulare Dicarbonsäuren als Glyceride vor'.

Wenn nun auch einerseits die Struktur des Glycerins außer Zweifel steht, andererseits die in den Fetten enthaltenen Säuren fast sämtlich ihrer Konstitution nach aufgeklärt sind, so haben damit doch noch nicht alle Fragen über die chemische Natur der Fette ihre Beantwortung ge» Vgl. Babbowcmff, Powee, Soc. 9 1 , 557 (1907). Geitel, v. d. Want, J. pr. [2] 6 1 , 151 (1900). — Schaal, B. 4 0 ,

»

4784 (1907).

Einfache und gemischte Qlyceride in natürlichen Fetten.

143

fanden. Denn da man fast stets in einem Fett m e h r e r e Säuren — z. B. Palmitinsäure, Stearinsäure und Ölsäure — nebeneinander findet, so ist noch zu entscheiden, ob die Fette Gemische von lauter einfachen Triglyceriden, wie C a H,(0 • CO • CieH8,), Tripalmitin

C s H,(0 • CO • C,7H35)j Tristearin

C,H6(0 • CO • C 17 H„),, Triolein

sind, oder ob sie auch gemischte Glyceride, wie etwa /O.CO-C16H31

C s H 6 ^-0 • CO • C17H36: Oleo-palmito-stearin \O-CO.C17H„

enthalten. Bei den älteren Untersuchungen hatte man sich nur selten bemüht, ohne chemischen Eingriff durch physikalische Trennungsverfahren die unmittelbaren Fettbestandteile als solche zu isolieren, und war dann nur auf einfache Triglyceride gestoßen. Gewöhnlich aber hatte man sich damit begnügt, nach der Verseifung des Fettes einerseits das Glycerin nachzuweisen, andererseits das entstandene Gemisch von Säuren in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen — ein Verfahren, das natürlich über die ursprüngliche Bindungsart zwischen Glycerin und den einzelnen Säuren keinen Aufschluß geben kann. Erst seit etwa 10 Jahren ist man der oben aufgeworfenen Frage systematisch in Untersuchungen nachgegangen, die auf die direkte Abscheidung der in den Fetten als chemische Individuen enthaltenen Glyceride zielen. Zuerst führte H E I S E 1 1896 einwandfrei den Nachweis, daß in dem „Mkänyifett" (von Stearodendron Stuhlmanni) ein gemischtes Glycerid — das Oleodistearin C3HB(0 • CO • C17H8sXO • CO • C17 Hjg^ — reichlich enthalten ist. Hieran schloß sich eine Beihe weiterer Beobachtungen2, welche die Verbreitung gemischter Triglyceride in pflanzlichen und tierischen Fetten dartaten. Andererseits kann auch das natürliche Auftreten einfacher Triglyceride keinem Zweifel unterliegen3. Ein D i g l y c e r i d — daa D i e r u c i n CsH5(OHXO • CO • C,,!!«), — ist in einigen Proben von rohem Riiböl beobachtet worden4. Es ist aber noch unentschieden, ob es bereits im frischen Rüböl vorkommt oder erst beim Lagern durch partielle Spaltung von Trierucin entsteht.

Fette finden sich in großer Verbreitung sowohl im Pflanzen-, wie im Tierkörper. Unter den Pflanzenteilen sind namentlich die Samen und > C. 1 8 9 6 , I, 608. » Vgl. HEISE, C. 1 8 9 7 , I , 565. — HENKIQUES, KÜHNE, B. 3 2 , 387 (1899). — HOLDE, STANGE, B. 3 4 , 2402 (1901). — FRITZWEILER, C. 1 9 0 2 , I, 1113. — HANSEN, C. 1 9 0 2 , I, 1115. — HOLDE, C. 1 9 0 2 , II, 1421. B. 3 6 , 4306 (1902). — GÜTH, Z. B. 4 4 , 78 (1903). — KLIMONT, M. 2 3 , 51 (1902); 2 4 , 408 (1903). — KREIS, HAFNER, B. 3 6 , 1126, 2766 (1903). C. 1 9 0 4 , II, 413. 8

Neuere Beobachtungen ttber Tristearin in Binderfett und Hammelfett vgl.

BÖMER, C. 1 9 0 7 , II, 1096. * REIMER, WILL, B. 19, 3322 (1886). — REIMER, B. 4 0 , 256 (1907).

144

Beimengungen der Feüe.

Früchte, zuweilen auch die Wurzeln reich an Fett. Der Tierkörper enthält das Fett größtenteils in Form des eigentlichen Fettgewebes abgelagert, aber auch in feinen Tröpfchen innerhalb der Zellen der verschiedensten Organe, ferner in den Körperflüssigkeiten (Blut, Lymphe) und den Sekreten, besonders in der Milcb. Mit den Kohlenhydraten und den Eiweißkörpern stellen die Fette die Hauptgruppen der Nahrungsstoffe dar. Unter diesen drei biologisch so bedeutungsvollen Gruppen sind die Fette am frühesten ihrer chemischen Natur nach erkannt worden. Auch sind sie schon seit verhältnismäßig langer Zeit der Synthese zugänglich, da dasGlycerin synthetisch gewonnen ist (vgl. S. 117—118), da ferner für den Aufbau der normalen gesättigten Fettsäuren bis zu den höchsten Reihen der Weg vorgezeichnet ist 1 (vgl. T1.I, S. 206,497), und da endlich die künstliche Kombination des Glycerins mit den Säuren zu Triglyceriden gelungen ist (vgl. S. 132—133). Trotzdem haben die Chemiker mit Eecht niemals ernstlich den Versuch einer künstlichen Darstellung von Fetten für praktische Zwecke unternommen. Denn es erscheint aussichtslos, mit dem Lebensprozeß in der Bereitung deijenigen Stoffe zu konkurrieren, die der Organismus als H a u p t m a t e r i a l des Pflanzen- und Tierkörpers erzeugt Nur in der künstlichen Herstellung solcher Stoffe, welche die Natur beim einzelnen Individuum in verhältnismäßig geringer Menge entstehen läßt, — Farbstoffe, Riechstoffe u. dgl. — kann die synthetische Chemie zu t e c h n i s c h verwertbaren Erfolgen gelangen. Wenn auch die Triglyceride die wesentlichen Bestandteile der Fette — die e i g e n t l i c h e n F e t t - E l e m e n t e — sind, so werden Bie doch in den natürlichen Fetten von gewissen B e i m e n g u n g e n begleitet. Zunächst sei erwähnt, daß F e t t s ä u r e n — gewöhnlich allerdings nur in geringer Menge — auch f r e i , also nicht mit Glycerin verestert, darin enthalten sind 9 , was nicht auffallen kann, da die G-lyceride durch die verschiedensten Agenzien — besonders aber auch Enzyme — gespalten werden3. Sehr wichtig ist das konstante Vorkommen zweier cyclisch konstituierter Alkohole C 2; H4,0 — des C h o l e s t e r i n s und des P h y t o s t e r i n s —, von denen der erste ein Gallenbestandteil ist und daher seinen Namen hat, in den Fetten. E. SALKOWSKI* zeigte, daß in Bezog auf diese Beimengung die tierischen Fette einen wesentlichen Unterschied von den pflanzlichen aufweisen: die tierischen enthalten Cholesterin, die pflanzlichen dagegen Phytosterin. Von diesem Umstand zieht man vielfach für den Nachweis von pflanzlichem Fett in tierischem Fette Nutzen5, indem man sich darauf stützt, daB jene beiden Alkohole als solche bzw. in ihren Derivaten 1

Für die natürlichen Glieder der Ölsäure-Reihe fehlt freilich einstweilen noch die Handhabe zn einer Synthese. 1

Vgl. dazu z. B.: SCHESTAKOW, C. 1 9 0 2 , II, 670, 863.

• Vgl. 3 5 5 (1904). 4

a u c h : PASTROVICH, ULZEB, B . 3 0 ,

2 0 9 (1903). — PASTROVICH, M. 2 5 ,

Fr. 26, 565 ff. (1887).

* V g l . : BÖHEB, C. 1 8 9 8 , I, 4 6 6 , 6 3 3 ; 1 8 9 8 , II, 6 4 7 ; 1 9 0 2 , I, 2 2 5 . — BÖMEB, WINTER, C. 1 9 0 1 , I I , 1043. — POLENSEE, C. 1 9 0 5 , II, 1131, 1132. — HOLDE, Z. A n g 1 9 , 1 6 0 8 (19Q6).

145

Eigenschaften der Fette.

durch ihre Schmelzpunkte und Kryetallformen unterschieden werden können. Der Gehalt der Fette an Cholesterin bzw. Phytosterin beträgt meist nur einige Zehntelprozente, in einzelnen Fällen mehr (Trane enthalten bis zu 1 • 5 % Cholesterin, Erbsenfett ca. 5 % Phytosterin). Im Lorbeeröl sind als unverseifbare Bestandteile1 (zusammen etwa 1 °/0) außer Phytosterin der Myricylalkohol (Tl. I, S. 246), ein gesättigter Kohlenwasserstoff C20H4, und ein ungesättigter öliger Körper vorhanden. Über das Vorkommen von L e c i t h i n e n in den Fetten s. S. 152. Neuerdings ist beobachtet worden, daß die Fette geringe Mengen von Eisen in organischer Bindung enthalten3. Die natürlichen Fette zeigen, obwohl ihre wesentlichen Bestandteile farblos sind, meist eine schwache gelbliche bis bräunliche, zuweilen auch grünliche F a r b e ; die ihrer chemischen Natur nach unbekannten Stoffe, welche diese Färbung bedingen, bezeichnet man als „ L i p o c h r o m e " . — Der G e r u c h der Fischöle soll von aldehydischen Beimengungen herrühren, die aus den ungesättigten Säuren durch Einwirkung des Luftsauerstoffs entstehen (vgl. unten)3.

Man unterscheidet unter den Fetten je nach dem Aggregatzustand, den sie bei gewöhnlicher Temperatur zeigen, feste F e t t e (Talgarten) und flüssige F e t t e (fette Öle im Gegensatz zu den mit Wasserdampf flüchtigen „ätherischen" Ölen, vgl. Tl. I, S. 914). Gewöhnlich sind die an Palmitinsäure und Stearinsäure verhältnismäßig reichen Fette bei Zimmertemperatur fest, die an Ölsäure reichen flüssig, wie es dem Schmelzpunkt der zugehörigen einfachen Triglyceride (vgl. die Tabelle auf S. 186) entspricht. Infolge der Gegenwart gemischter Glyceride (vgl. S. 143) gilt dies aber nicht allgemein4. Alle Fette sind spezifisch leichter als Wasser (D15: 0-900 bis 0-970).— Gegenüber dem polarisierten Licht sind die meisten Fette inaktiv; einige aber zeigen deutliche, zum Teil beträchtliche Drehung8. Bei längerem Aufbewahren unter Zutritt von Luft und Licht erleiden die Fette eine Veränderung; sie beginnen, sich stärker zu färben, nehmen unangenehmen Geruch und Geschmack an, ihr Säuregehalt erfährt eine Vermehrung — die Fette werden „ranzig". Dieses Ranzigwerden® wird wohl besonders dadurch eingeleitet, daß die Glyceride zum Teil gespalten werden; die nun neben Glycerin in Freiheit gesetzten Säuren werden dann durch den Luftsauerstoff teilweise zu flüchtigen Stoffen von unangenehmem Geruch und Geschmack oxydiert. So wurden in ranzigen Fetten nachgewiesen7: von Aldehyden der Butyraldehyd, 1

MATTHES, SANDES, A r . 2 4 6 , 165 (1908). » V g l . SEBVAIS, C. 1 9 0 3 , I I , 1092.

2

GLIKIN, B. 4 1 , 910 (1908).

* Vgl. dazu HOLD«, B. 85, 4309 (1902). 5 V g l . : BISCHOP, C. 1 8 8 7 , 1425. — P£TEB, BL. [2] 4 8 , 483 (1887). — RAKÜSIN, C h . Z. 3 0 , 1247 (1906). — V g l . a u c h LEWKOWITSCH, B . 4 0 , 4161 (1907). • Vgl. d a z u z. B . : SPÄTH, F r . 8 5 , 471 (1896). — MJÖEN, C . 1 8 9 7 , I I , 526. — GBITEL, J . pr. [2] 5 5 , 450 (1897). — MARCILLE, C . 1 9 0 4 , I I , 1064. — WINCKEL, C. 1 9 0 4 , I I , 1522; 1 9 0 5 , I, 6 9 6 ; 1 9 0 5 , I I , 1040. — RAHN, C. 1 9 0 5 , I I , 911; 1 9 0 6 , I, 949. — MABCOSSON, B . 8 9 , 8472 (1906). — LEWKOWITSCH, B. 3 9 , 4096 (1906).

1

Vgl. SCALA, C. 1898, I, 439.

MKYBR-JAOOBBON,

org.Ch.

Zw. Aufl.

I«.

G. 38, I, 307 (1908).

10 (Dezember 1908)

146

Chemische Veränderungen der Fette.

Onanthaldehyd und Pelargonaldehyd (vgl. Tl. I, S. 715—716), von flüchtigen Säuren die Ameisensäure, Buttersäure, Capronsäure, Onanthsäure und Pelargonsäure, von nicht flüchtigen Säuren die Azelainsäure und Sebacinsäure; namentlich Onanth- und Pelargonaldehyd scheinen den spezifisch „ranzigen" Geruch und Geschmack zu verursachen. In ägyptischen Gräbern sind irdene Gefäße gefunden worden, die eine fettige Materie — ursprünglich offenbar den Toten als Nahrung mitgegeben — enthielten. Die Untersuchung des Inhalts1 ergab noch die Gegenwart von freier Palmitinsäure und Stearinsäure, aber auch von unzersetzten Glyceriden dieser Säuren in erheblichem Betrage, während freies Glycerin nicht gefunden wurde. Die höheren Fettsäuren und sogar ihre Glyceride können also unter günstigen Bedingungen der Aufbewahrung sich durch Jahrtausende erhalten.

Die Fette sind nicht unzersetzt flüchtig, werden vielmehr bei stärkerem Erhitzen zersetzt, wobei unter anderen Produkten das stechend riechende Acrolein (vgl. Tl. I, S. 996) entsteht. Diejenigen Fette, welche in größerem Betrage Glyceride der ungesättigten Säuren — wie Ölsäure und Erucasäure — enthalten, können ohne Veränderung des Glycerid-Charakters einigen chemischen R e a k tionen unterworfen werden, die auf dem Additionsvermögen der Doppelbindungen beruhen. — Eine H y d r i e r u n g mittels Wasserstoffs gelingt in Gegenwart von fein verteiltem Nickel2, besonders gut aber von kolloidalem Palladium 3 ; indem die als Glyceride gebundenen ungesättigten Säuren in die entsprechenden gesättigten Fettsäuren übergehen, verwandeln sich die ursprünglich flüssigen Ole in krystallinische talgähnliche Massen. — H a l o g e n i e r t e F e t t e 1 können durch Anlagerung von Chlorbrom, Chlorjod, Bromjod, Bromwasserstoff oder Jodwasserstoff erhalten werden. Die „ J o d f e t t e " haben die Aufmerksamkeit der Mediziner auf sich gelenkt, weil sie als leicht resorbierbare Jodpräparate für therapeutische Zwecke (Behandlung von Lues, Hachenerkrankungen usw.) vor dem Jodkalium Vorzüge besitzen; so wird gegenwärtig ein aus Sesamöl durch Einwirkung von Chlorjod erhaltenes Produkt unter dem Namen „ J o d i p i n " als Arzneimittel verwendet (vgl. auch „Sajodin" bei Jod-behensäure, Kap. 28). Die chemischen Vorgänge, die sich bei der Einwirkung von Schwefel oder Chlorschwefel auf Fette abspielen, sind noch kaum aufgeklärt; die entstehenden Produkte aber werden technisch unter dem Namen „Faktis" als Ersatz für Kautschuk verwendet („dunkle Faktis" werden mit Schwefel, „weiße Faktis" mit Chlorschwefel hergestellt). Infolge der sterischen Umlagerun g, welche die natürlichen Säuren der Ölsäure> FBIEDEL, C. r. 1 2 4 , 648 (1897). * LEPEINOE, SIVEKB, D . K.P. 1 4 1 0 2 9 (C. 1 9 0 3 , I , 1199). » PAAL, ROTH, B . 4 1 , 2283 (1908). * Vgl.: MEBOK, D. R.P. 9 6 4 9 5 (C. 1 8 9 8 , I, 1253); 185835 (C. 1 9 0 2 , II, 1228); 159 748 (C. 1 9 0 5 , 1 , 1197). — HENMQUES, KÜHNE, B . 3 2 , 390(1899). — BAYER & Co., D . R.P. 132791 (C. 1 9 0 2 , II, 412). — HOLDE, B. 3 5 , 4306 (1902). C. 1 9 0 2 , II, 1421. — MAJEBT, D . R . P . 139566 (C. 1 9 0 3 , I, 744).

Einzelne

147

Fette und Öle.

reihe unter dem Einfluß der s a l p e t r i g e n SSure erleiden (vgl. Tl. I, S. 974, 976, 978), bewirkt dieses Agens bei flüssigen Fetten, welche diese Säuren als Glyceride enthalten, den Übergang in feste Massen1 („Elaidin-Reaktion"); vgl. dazu auch in der Tabelle auf S. 136 die Schmelzpunkte von Triolein bzw. Trielaidin, Trierucin bzw. Tribrassidin.

Unter den tierischen Talgarten seien erwähnt der Rindstalg (Schmp. 42—49°), Hammeltalg (Schmp. 44—51°) und das Schweinef e t t (Schmp. 36—48°); alle drei enthalten hauptsächlich — ebenso wie auch das m e n s c h l i c h e F e t t 3 — Glyceride der Palmitinsäure, Stearinsäure und Ölsäure. Das in der Kuhmilch enthaltene B u t t e r f e t t (Schmp. 28—33 besteht dagegen aus Glyceriden der Essigsäure, Buttersäure, Gapronsäure, Caprylsäure, Caprinsäure, Lauriasäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure, Arachinsäure und Ölsäure. Als billiger Ersatz für Butter spielt die „Margarine" eine bedeutende Rolle. Man gewinnt sie in großen Fabriken, indem man ein Gemisch .von Rinderfett, Schweineschmalz und Pflanzenölen (Sesam- und Erdnußöl) mit Magermilch durchrührt und dann die überschüssige Milch durch Kneten mit Wasser entfernt. Die Margarine enthält 85—90% Fette und 15—20% in feinen Tröpfchen emulgiertes Milchserum.

Ais Beispiele fester P f l a n z e n f e t t e sei zunächst das aus dem Fruchtfleisch von Palmen gewonnene Palmöl (Schmp. 27—42-5°) genannt, das wesentlich aus Glyceriden der Ölsäure und Palmitinsäure besteht; dagegen weist die Muskatbutter (Schmp. 38—41°) aus den Samen von Myristica officinalia hauptsächlich Myristinsäure, das eine grilne Farbe zeigende L o r b e e r f e t t (Schmp. 32—36°) — aus den Samen des Lorbeerbaumes — hauptsächlich Laurinsäure neben Ölsäure als saure Komponente auf. Auch unter den Säuren der Kokumbutter (Schmp. 39—53°) — aus den Samen von Garcinia indica — wiegen die Laurinsäure und Myristinsäure vor3. Unter den f e t t e n Ölen unterscheidet man nichttrocknende und trocknende „Öle. Erstere verdicken sich an der Luft nur sehr langsam; sie enthalten Ölsäure-glycerid als Hauptbestandteil, so das Olivenöl und das an Ölsäure besonders reiche Mandelöl. Für das Rüböl — ein „halbtrocknendes" Öl (vgl. dazu S. 151 bei „Jodzahl") — ist Erucasäure der charakteristische saure Bestandteil. Über Ricinusöl vgl. Ricinusölsäure, Kap. 29. Die trocknenden Öle dagegen verwandeln sich an der Luft rasch in feste firnisartige Massen; das wichtigste unter ihnen ist das für die Herstellung der „Ölfarben" und des Linoleums viel verwendete Leinöl. Sie enthalten als Hauptbestandteile die Glyceride wasserstoffarmerer Säuren (trocknende Ölsäuren: Linolsäure, Linolensäure, Isolinolensäure; vgl. Tl. I, S. 992—993, 994). Das Eintrocknen wird erheblich durch 1

Vgl. dazu auch LIDOW, B. 2 6 Ref., 97 (1893).

1

Vgl. JÄCJUE, H . 3 6 , 5 3 (1902). » Vgl. HALLER, YODSSODFIAH, C. r. 1 4 3 , 8 0 3 (1906). 10*

148

Troekende Öle und

Trane.

vorheriges Erwärmen mit „Trockenstoffen" („Sikkativen") wie Bleiglätte, Mennige, Braunstein, besonders aber Mangansalzen (leinölsaures, harzsaures oder borsaures Manganoxydul) beschleunigt — ein Umstand, von dem man für die Firnisfabrikation 1 Nutzen zieht. Uber die chemischen Vorgänge, auf denen der Trockenprozeß2 beruht, — vermutlich nicht nur Oxydation, sondern auch Spaltung und Polymerisation — ist noch keine vollständige Klarheit erzielt. Als „ T r a n e " bezeichnet man gewöhnlich die flüssigen Fette von Seetieren; sie enthalten die Glyceride stark ungesättigter und trocknender Säuren. Hierher gehört z. B. der in der Medizin geschätzte L e b e r t r a n , der aus den Lebern des Kabeljaus (Gadus morrhua) bereitet wird und Glyceride der Myristinsäure, Palmitinsäure in kleiner Menge, in größerer solche von Säuren der Ölsäure-Reihe mit 16, 18, 20 und 22 Kohlenstoffatomen, ferner von stärker ungesättigten Säuren enthält 3 . Analyse der Fette. Die Bedeutung, welche die Fette für das tägliche Leben als Nahrungsstoffe einerseits, als Rohstoffe wichtiger Industriezweige (vgl. S. 160ff.) andererseits besitzen, hat begreiflicherweise das Bedürfnis nach Methoden für die analytische Kontrolle ihrer Zusammensetzung gezeitigt. So ist die Fettanalyse ein außerordentlich eifrig bearbeiteter Gegenstand geworden; unter der großen Zahl von Chemikern, welche sich um ihre Begründung und Ausbildung verdient gemacht haben, seien besonders BENEDIKT, HEHNER, V. HÜBL, KÖTTSTOEFEE und WIJS genannt. Manche der ursprünglich nur für die praktische Fettanalyse ausgearbeiteten Methoden — z. B. die Bestimmung der „Verseifungszahl" und der „Jodzahl« — haben sich dann auch für rein wissenschaftliche Untersuchungen in Gebieten, welche ähnliche Probleme bieten (esterartige Substanzen und Verbindungen mit ungesättigten Kohlenstoffatomen), als nützlich erwiesen. Im folgenden kann nur eine ganz kurze Skizzierung der gebräuchlichsten Methoden gegeben werden4. Die natürlichen Fette sind, wie S. 132 hervorgehoben wurde, ein mehr oder minder kompliziertes Gemisch von vielen Verbindungen. Die Methoden der Fettanalyse, die übrigens auch für die Untersuchung der Wachse von Bedeutung sind (vgl. Tl. I, S. 593), erstreben nun nicht eine 1 Näheres vgl. in dem S . 1 3 7 Fußnote 1 zitierten Werk von LEWKOWITSCH Bd. I I , S. 566 ff. 2 Vgl. dazu z. B . : KISSLINO, Z . Ang. 1891, 395. — L I V A C H E , C . r. 113, 136 (1891); 120, 842 (1895). — F A H R I O N , Ch. Z . 17, 1453, 1848 (1893); 28, 1196 (1904); 31, 434 (1907). — LETTENMAYER, Ch. Z . 17, 1506 (1893). — SHERMAN, F A L K , Am. Soc. 25, 711 (1903); 27, 605(1905). — GENTHE, Z . Ang. 19, 2087 (1906). — FOKIN, C. 1907, II, 1365.

' Vgl.

BOLL, B .

39,

3570

(1906).

* Näheres vgl. in den S . 1 3 7 Fußnote 1 zitierten Werken von LEWKOWITSCH und von UBBELOHDE, ferner in: B E N E D I K T - U L Z E R , Analyse der Fette und Wachsarten; 5 . Aufl., bearbeitet von F. U L Z E B , P . PASTROVICH U. A. EISENSTEIN (Berlin 1 9 0 8 ) . Die Originalliteratur ist im folgenden nur für die neueste Zeit (1907—1908) zitiert.

Säurexahl, Verseifungszahl,

Esterzahl.

149

völlig quantitative Trennung der einzelnen Bestandteile; vielmehr handelt es sich um die Gewinnung gewisser Zahlen, die ein ungefähres Urteil über die Bindungsart und über die Natur der in den Fetten enthaltenen Säuren zulassen. Da die Zusammensetzung der Fette einigermaßen konstant ist, so können diese Zahlen, nachdem man einmal ihren Wert für die einzelnen reinen Fettsorten kennen gelernt hat, auch mit Vorteil der Prüfung auf Verfälschungen zugrunde gelegt werden. Wenn man eine abgewogene Fettprobe in Äther-Alkohol löst und in der K ä l t e mit einer titrierten Alkalilösung titriert, so erfährt man, wie viel Alkali von den vorhandenen freien S ä u r e n gebunden wird. Man bezeichnet die Milligramme Kaliumhydroxyd, welche zur Neutralisation von 1 g Fett nötig sind, als „Säurezahl". Die Zahl ist wesentlich von dem Alter des untersuchten Fettes abhängig (vgl. S. 145—146). Wenn man aber eine abgewogene Fettprobe in alkoholischer Lösung mit einer abgemessenen Menge titrierter Alkalilauge \ die mehr als ausreichend zur völligen Verseifung ist, einige Zeit bis nahe zum Sieden erhitzt, dadurch die Verseifung erzielt und nun erst den Uberschuß des Alkalis zurücktitriert, so erfährt man die Alkalimenge, welche zur Bindung der gesamten Säuren — sowohl der in freiem Zustand, wie der in Form von Glyceriden vorhandenen — nötig ist: Verseifungszahl oder KöTTSTOBFEBsche Zahl. (Sie liegt z. B. für Olivenöl, Mandelöl, Leinöl, Rindstalg, Hammeltalg, Schweineschmalz zwischen 190 und 197, aber für Rüböl um 175, für Butterfett zwischen 209 und 240, für Bienen wachs zwischen 91 und 98.) Zieht man nun von der Verseifungszahl die Säurezahl ab, so resultiert die Alkalimenge, welche zur Zerlegung der in 1 g Fett vorhandenen Säureester erforderlich ist: die E s t e r z a h l (Atherzähl). Bei neutralen Fetten fallen natürlich Verseifungszahl und Esterzahl zusammen, da die Säurezahl gleich Null ist. Die Säuren nun, welche bei den erwähnten Bestimmungen durch das Alkali neutralisiert werden, können entweder flüchtige, in Wasser lösliche, niedere Fettsäuren oder nichtflüchtige, unlösliche, höhere Fettsäuren oder endlich ebenfalls nichtflüchtige und unlösliche, höhere ungesättigte Säuren (Ölsäure, Erucasäure, Linolsäure usw.) sein. Um über die Natur der gerade in dem zu untersuchenden Fette vorhandenen Säuren Anhaltspunkte zu gewinnen, führt man eine Reihe weiterer Bestimmungen aus. Man verseift eine abgewogene Menge mit alkoholischem Alkali, veqagt darauf den Alkohol, löst die rückständige Seife in Wasser und scheidet aus der Seifenlösung die Fettsäuren durch Salzsäure ab. Die Fettsäuren werden mit heißem Wasser gewaschen, getrocknet und gewogen. Man erfährt so die Menge der aus 100 g Fett erhältlichen, in Wasser u n l ö s l i c h e n F e t t s ä u r e n : HEBNEBsche Zahl. — Die Natur der unlöslichen Fettsäuren kann man nun dadurch näher charakterisieren, 1

Vgl. dazu auch: HOLDE, C. 1 8 0 7 , 1 , 1756. — Ch. Z. 32, 378 (1908).

MASTBAUM,

SIEGFELD,

Gh. Z. 32, 63(1908). —

150

Hehnersehe Zahl, Acetylxahl, Reichert-Meisslsehe Zahl.

daß man eine abgewogene Menge mit Alkali titriert und dadurch ihr m i t t l e r e s Molekulargewicht erfährt1. Sie können ferner auf die Gegenwart von Oxys ä u r e n — Kicinusöl z. B. enthält eine Oxyölsäure (vgl. Kap. 29) — geprüft werden; zu diesem Zweck kocht man sie einige Zeit mit Essigsäureanhydrid, wodurch die alkoholischen Hydroxylgruppen der etwa vorhandenen Ozysäuren in Acetoxyl (OCO• CHS) übergeführt werden; nachdem man das Gemisch der acetylierten Säuren durch heißes Wasser vom überschüssigen Essigsäureanhydrid befreit hat, verseift man es durch eine abgemessene Menge alkoholischer Alkalilauge, verdampft den Alkohol, löst die Seife in Wasser, zersetzt mit einer dem angewandten Alkali genau entsprechenden Schwefelsäuremenge, filtriert die unlöslichen Fettsäuren ab und titriert die im wäßrigen Filtrat nun enthaltene Essigsäure, die vorher an Oxysäuren gebunden war. Man erhält so die A c e t y l z a h l , die ein Maß für die durch Acetylierung aufgenommene Essigsäure gibt und gleich Null ist, wenn keine Oxysäuren zugegen waren1. Man verseift, wie im vorigen Falle, mit alkoholischem Alkali oder neuerdings meist mit einer Mischung aus starker wäßriger Natronlauge und Glycerin, säuert die Seifenlösung mit Schwefelsäure an, destilliert nun die flüchtigen Säuren a b ' und bestimmt sie im Destillat durch Titration. Man bezeichnet die Anzahl Kubikzentimeter Vio'Normalnatronlauge, die zur Neutralisation der aus 5 g Fett erhaltenen f l ü c h t i g e n F e t t s ä u r e n nötig sind, als REICHERT-MEISSLsehe Zahl. Diese Zahl ist besonders für Butterfett wichtig4, da sämtliche Verfälschungen ihren für Naturbutter normalen Wert (26—32) erniedrigen. Von besonders großer Bedeutung ist die Bestimmung der u n g e s ä t t i g t e n S ä u r e n ; man gewinnt einen Anhaltspunkt zur Beurteilung ihrer Menge unter Benutzung des Umstandes, daß sie sowohl in freiem Zustand, wie als Glyceride infolge der Gegenwart von Doppelbindungen unter geeigneten Bedingungen Halogen addieren, um in gesättigte Verbindungen überzugehen. Das Maß des Halogen-Additionsvermögens ist 1 Die als „Säuren" abgeschiedene Substanz enthält 'aber zuweilen gewisse Mengen anhydrid- bzw. lactonartiger Stoffe, welche kaltes Alkali n i c h t binden, jedoch durch warmes Alkali zu Säuren aufgespalten werden; daher empfiehlt es sich, mit überschüssigem Alkali in der Wärme zu behandeln und dann den Überschuß mit Salzsäure zurückzutitrieren. * Über eine neue Methode zur Bestimmung der „Hy droxylzahl" vgl.TwiTCHELL, Am. Soc. 29, 568 (1907). » Vgl. dazu GOSKE, C. 1907, I, 1641. 4

V g l . : VANDAM, C. 1 9 0 7 , I , 589. — VIETH, Ch. Z. 8 1 , 1215, 1230 (1907).

Eine Verfeinerung der Butteranalyse — besonders in Rücksicht auf Verfälschung mit Kokosnußöl — bietet die Bestimmung der PoLENSKE-Zahl (neue „ B u t t e r z a h l " ) welche unter den flüchtigen Säuren die in Wasser löslichen und die darin unlöslichen differenziert und die Sättigungskapazität der u n l ö s l i c h e n f l ü c h t i g e n F e t t s ä u r e n angibt, die in 5 g Butter enthalten sind. Vgl. dazu: ARNOLD, C. 1907, I I , 1099. P . C . H . 4 9 , 237 (1908). — LÜHBIG, HEPNEB, P . C . H . 4 8 , 1068 (1907). — KÜHN, C. 1 9 0 8 , I , 558.

Über weitere Methoden zur analytischen Beurteilung der einzelnen, im Butter* fette enthaltenen Fettsäuregruppen („Caprylsäurezahl", „ B a r y t w e r t " , „ S i l b e r z a h l " ) v g l . : DONS, G. 1 9 0 7 , I I , 1452; 1 9 0 8 , 1 , 771. — AV£-LALLEMANT, C. 1 9 0 7 , I I 1458. — FRITZSCHE, C. 1 9 0 7 , I I , 1454. — LÜHBIG, HEPNER, P . C. H . 4 8 , 1055, 1067

(1907). — MATTHES, STBEITBEROER, P. C. H. 49, 81 (1908).

Jodxahl.

151

die Jodzahl 1 , welche angibt, wieviel Gewichtsprozente Halogen — berechnet als Jod — unter den Bedingungen der angewandten Methode das untersuchte Fett aufnimmt. Bei der ursprünglichen, von v. HÜBL ausgearbeiteten M e t h o d e der JodzahlBestimmung löst man eine abgewogene Fettprobe in Chloroform, fügt eine titrierte, mit Quecksilberchlorid versetzte, alkoholische Jodlösung zu, läßt etwa zwei Stunden stehen, versetzt dann mit verdünnter wäßriger Jodkaliumlösung und titriert den Jod-Überschuß zurück (HÜBL sehe Zahl). Das wirksame Agens ist hierbei nicht Jod, sondern Chloijod, das in der alkoholischen Lösung durch Umsetzung zwischen Quecksilberchlorid und Jod (HgCl, + 2 J , = HgJ, + 2 JC1) entsteht 1 . Um die Haltbarkeit der alkoholischen Quecksilberchlorid-Jod-Lösung zu erhöhen, setzt man gewöhnlich konzentrierte Salzsäure hinzu (WALLER sehe Lösung). Vielfach aber sieht man jetzt von der Anwendung des Quecksilberchlorids überhaupt ab und benutzt auf Vorschlag von Wus direkt eine Lösung von Chloijod in Eisessig, die man auf die in Tetrachlorkohlenstoff gelöste Fettprobe einwirken läßt 3 ( J o d z a h l n a c h Wus). HANUS zieht eine Lösung von Bromjod in Eisessig vor 4 . Die Höhe der Jodzahl ist maßgeblich für die Einteilung der vegetabilischen Öle in trocknende, halbtrocknende und nichttrocknende. Die t r o c k n e n d e n Öle (wie Leinöl, Mohnöl, Holzöl) haben entsprechend ihrem Beichtum an stark angesättigten Säuren die höchsten Jodzahlen (200—120); als h a l b t r o c k n e n d bezeichnet man Öle mit Jodzahlen von 120 bis etwa 95 (Sesamö), Baumwollsaatöl, Rüböl); die Jodzahl von n i c h t t r o c k n e n d e n Ölen liegt unter 95 (z. B. Olivenöl: 79—85). Sehr niedrige Jodzahlen zeigen z. B. Butterfett (26—39), Bindstaig und Hammeltalg (35—46).

Weitere Anhaltspunkte für die Beurteilung der Fette erhält man durch physikalische Untersuchung, wie Bestimmung des spezifischen Gewichts, Schmelzpunkts und Erstarrungspunkts6 der Fette selbst und der aus ihnen abgeschiedenen Fettsäuren, des Brechungsquotienten und Ermittlung der Löslichkeitsverhältnisse6. Auch F a r b e n r e a k t i o n e n , die auf der Gegenwart gewisser Beimengungen beruhen, werden in der Fettanalyse zum qualitativen Nachweis von Verfälschungen durch minderwertige Öle benutzt Erwähnt sei die BAUD0UiNSche R e a k t i o n zum Nachweis von Sesamö), die in dem Auftreten einer Botfärbung beim Schütteln des Öls mit einer Lösung von Bohrzucker in starker Salzsäure besteht; sie beruht auf einer Einwirkung des aus dem Zucker sich durch Spaltung bildenden Furfurols auf das im Sesamöl als Beimengung enthaltene „Sesamol". Zum Nachweis von Baum1

Monographische Behandlung s. KITT, Die Jodzahl der Fette und Wachsarten (Berlin 1902). — Über die Verwendung der Jodzahl-Bestimmung außerhalb der Fettanalyse für die Charakterisierung ungesättigter Verbindungen s. INQLE, C. 1902, I, 1401; 1904, H, 504. Ü b e r „ O z o n z a h l " v g l . : MOLINABI, SONCINI, B . 3 9 , 2736 (1906). — MOLINABI, B . 4 1 , 2783 (1908). — MOLINABI, FENABOLI, B. 4 1 , 2792 (1908).

* Über Beteiligung des Quecksilbers an der Beaktion auf die Doppelbindung vgl. LEYS, Bl. [4] 1, 634 (1907).

* Vgl. dazu auch E. RICHTER, Z. Ang. 20, 1610 (1907).

4

Vgl. dazu MASCARELLI, BLASI, Gr. 87, I, 113 (1907).

* Als „ D i f f e r e n z z a h l " wird neuerdings die Temperaturdifferenz zwischen Schmelzpunkt und Erstarrungspunkt bezeichnet; vgl. POLENSXE, C. 1907, II, 1120. * Man benutzt gewöhnlich Alkohol oder Eisessig; über Anwendung von Aceton vgl. LOUISE, SAOVAOE, C. r. 1 4 6 , 183 (1907).

Konstitution der Lecithine.

152

wollsaatöl dient die ÜALPHENSche R e a k t i o n : man erhitzt in einem Bade Ton siedender Kochsalzlösung die Ölprobe mit Amylalkohol und einer Lösung von Schwefel in Schwefelkohlenstoff1 und beobachtet, ob orange bis rote Färbung eintritt.

Lecithine und andere Phosphatide. Gewisse phosphorhaltige Verbindungen, welche sich in allen tierischen und pflanzlichen Zellen und Geweben finden — man hat sie ihres Vorkommens im Eigelb wegen Lecithine 2 (von Mxi&os, Eidotter) genannt —, stehen in ihrer Konstitution den Fetten sehr nahe. Sie seien daher im Anschluß an die Fette schon hier besprochen, obwohl ihr Molekül den Komplex einer Ammoniumbase, des Cholins: (CH,),N•

HO'CHJ-C-CHJ-OH CH..OH

Butenjlglycerln 1 [Butantriol-(l. 2.4)} CH,(OH)-CH(OH)CH,CH,OH — aus Allylcarbinol (Tl. I , S. 911) durch Kaliumpermanganat — ist ein farbloser, sehr hygroskopischer Sirup, schmeckt süß, zugleich aber auch brennend, siedet unter 18 mm Druck bei 190—1910 und gibt bei weiterer Oxydation mit Permanganat Oxybutyrolacton CH, • CH(OH) • CH, • CO. — „Pentaglycerin" 8 [Methyl-methylol-propan• i 0 1 diol-(1.3)] HO • CH, • C(CHaXCH2 • OH), — aus Formaldehyd und Propionaldehyd (s. oben) — krystallisiert aus Alkohol in weißen Nadeln, schmilzt bei 199°, ist sehr leicht in Wasser löslich, unlöslich in Äther und unzersetzt sublimierbar; bei der Oxydation mit Chromsäure-Gemisch entsteht EssigsSure. — Octenylglycerin 3 [3-Äthyl-hexantriol-(3.5. 0)] (C,H6),C(OH)-CH,-CH(OH).CH,(OH) (aus Allyl-diäthylcarbinol) ist eine farblose, dickliche Flüssigkeit von sehr bitterem Geschmack, siedet unter 55—60 mm Druck bei 204—207° und ist in Wasser, Alkohol und Äther löslich. Zur Bildung von Alkyläthern höherer Glycerine führen einige Synthesen mit Hilfe derjenigen magnesiumorganischen Verbindungen, welche aus halogenierten Dialkyläthern durch Einwirkung von Magnesium entstehen4. So erhält man aus dem Magnesiumderivat des Methyl - y - jodpropyl-äthera CHs-0-CH,CH,* J durch Umsetzung mit Ameisensäureester nach der allgemeinen Bildungsreaktion sekundärer Alkohole (vgl. Tl. I, S. 201—202, Nr. 9) den 1.7-Dimethyläther des Heptcmtriols-(l. 4. 7): CH,.CH,.CH,.O.CH, / C H , • CH, • CH, • 0 • CHa y,0 H Cf +2—H.(5(OH) N)C,H, MgJ \CH,.CH1CH,-OCH8 Eine ähnliche Reaktion ist schon Tl. I, S. 1000 sub Nr. 1 erwähnt worden.

Dreiwertige Schwefelverbindungen. Dem Glycerin entsprechende Mercaptane — Thloglycerine mit 1, 2 oder 3 Schwefelatomen, CaH6(OH),(SH), C,H,(OHXSH), und C,H6(SH), — sind aus den Chlorhydrinen durch Umsetzung mit Kaliumhydrosulfid gewonnen worden1. Von Interesse ist unter den dreiwertigen Schwefelverbindungen die Methantrisnlfonsüure* ( M e t h i n t r i s u l f o n s ä u r e ) CH(SOsH),. Sie entsteht aus Methylschwefelsäure CH s -0-S0,-0H, sowie aus Amiden der Essigsäure — z. B. Acetanilid CHS• CO• NH• C,H6 — durch längeres Erhitzen mit stark rauchender Schwefelsäure; ferner wurde ihr Kaliumsalz aus nitromethan-disulfonsaurem Kalium CH(NO,XSO,K), durch Erhitzen mit Kaliumsulfitlösung auf 180° erhalten. Die freie Säure bildet 2437 (1894). A. 2 7 6 . 75 (1893)' — KOCH, ZERNER, M. 2 2 , 445. 452 (1901). * EEFORHATBKI, J. pr. [2] 40, 408 (1889). * HAMONET, G. r. 141, 1244 (1905). — SOMHELET, A. ch. [8] 9, 539 (1906). 6 CABIOS, A. 1 2 4 , 221 (1862). — Vgl. auch ENQLE, Am. Soc. 2 0 , 677 (1898). * THEILKUHL, A. 1 4 7 , 134 (1868). — R A T H K E , A. 1 6 7 , 219 (1873). — BAGNALL, Soc. 75, 278 (1899). 1

G . WAONEB, B . 2 7 ,

* HOSAEUS,

160

Technische Bedeutung des

Fettverseifungsproxesses.

farblose, sehr zerfließliche, wasserhaltige Krystalle; weder beim Kochen mit Salpetersäure, noch beim Einleiten von Chlor in ihre wäßrige Lösung wird Schwefelsäure abgespalten. Von ihren Salzen ist das B a r i u m s a l z Ba3(CH09Ss), + 9H,0 — ein krystallinischer Niederschlag, der sich aus 30-prozentiger Salzsäure unverändert abscheidet, — in Wasser sehr wenig löslich, während die anderen Salze in Wasser sich reichlich lösen.

Die i n d u s t r i e l l e B e d e u t u n g des Glycerins und seiner Abkömmlinge (Technologie der F e t t e und öle) 1 . Die festen tierischen Fette (Talgarten) werden meist aus den Geweben, in denen sie enthalten sind, nach deren passender Zerkleinerung durch einfaches Ausschmelzen („Auslassen") gewonnen. Aus Piianzensamen isoliert man die Fette oder Öle durch Auspressen mittels hydraulischer Pressen, oft unter Zuhilfenahme von Wärme; den Preßrückständen entzieht man — wo sie nicht etwa, wie die „Ölkuchen" der Rübölpressen, als Viehfutter rationelle Verwendung finden können — den stets noch beträchtlichen Fettgehalt durch Extraktion mit Schwefelkohlenstoff oder Petroleumbenzin (neuerdings auch Tetrachlorkohlenstoff, vgl. S. 21): ein Verfahren, das man bei fettarmen Rohmaterialien auch von vornherein anwendet Wo eine Reinigung der Fette und Öle - abgesehen von der „physikalischen Reinigung" durch Ablagern, Filtrieren u. dgl. — geboten erscheint, geschieht diese vielfach durch Behandlung mit kleinen Mengen konzentriertet Schwefelsäure, die das Fett selbst wenig angreift, die Verunreinigungen aber zerstört. Mitunter — z. B. für Speiseöle — wird noch eine Bleichung durch Filtration über Knochenkohle oder Florida-Erde (Aluminium-magnesium-hydrosilicat) vorgenommen. Der schon so häufig erwähnte hydrolytische Fettspaltungsprozeß (vgl. S. 117) ist hier nun nach seiner praktischen Bedeutung zu würdigen. Er gehört zu den wichtigsten Reaktionen, deren sich die chemische Industrie bedient; bei seiner Ausführung im Großen verfolgt man verschiedene Ziele. Es handelt sich entweder darum, ein Gemisch fester Fettsäuren in freiem Zustand zu erhalten, das als E e r z e n m a t e r i a l Verwendung finden soll, oder es handelt sich um die Erzielung eines Gemisches der Alkalisalze von Fettsäuren und Ölsäuren, das als Seife verbraucht werden soll; in beiden Fällen hat man gleichzeitig die Abscheidung des Glycerins im Auge. Je nach dem Zweck, den man erstrebt, kann man verschiedene Methoden der Verseifung anwenden. Für die Stearinkerzen-Fabrikation, welche D E M I L L Y 1 8 3 1 — auf den Anregungen von C H E V B E U L und G A Y - L U S S A C fußend — ins 1

von

Näheres s. in den S. 137 Fußnote 1 zitierten Werken von LEWKOWITSCH und ferner in O S T S Lehrbuch der ehem. Technologie, 6 . Aufl. (Hannover 1 9 0 7 ) , S. 377ff.

UBBELOHDE,

und: G.

HEFFTBBS

Technologie der Fette und Öle, Bd. I u. II (Berlin 1907—1908).

Stearinkerzenfabrikation,.

161

Leben rief, verwendet man als Rohmaterial hauptsächlich Rindstalg, Hammeltalg oder Palmfett und führt die Verseifung entweder durch Einwirkung von Kalk (auch Magnesia oder Zinkoxyd) oder von Schwefelsäure aus. Bei der Verseifung mit Kalk bringt man nicht diejenige Quantität Kalk in Reaktion, welche zur Bindung der gesamten Säuremenge erforderlich ist, begnügt sich vielmehr mit ca. einem Sechstel derselben. Um auch mit dieser an sich unzureichenden Ealkmenge eine vollständige Verseifung zu erzielen, erhitzt man die Mischung von Fett, Kalk und Wasser in kupfernen Druckkesseln mittels gespannten Dampfes auf 170—180°, was 8—10 Atmosphären Druck entspricht („AutoklavenVers eifung"); die durch den Kalk eingeleitete Verseifung wird durch das Wasser bei dieser hohen Temperatur zu Ende geführt. Man versetzt das Reaktionsgemisch heiß mit der dem Kalk entsprechenden Menge Schwefelsäure und schlägt dadurch den Kalk als Gips nieder, während sich die Fettsäuren oben als geschmolzene Schicht ansammeln; man schöpft sie ab und schmilzt sie nochmals mit schwefelsäurehaltigem Wasser um. Darauf Uberläßt man das Säuregemisch der Krystallisation in flachen Formen und trennt durch Abpressen (erst in der Kälte, dann in gelinder Wärme) die flüssige Ölsäure von den festen Fettsäuren, welch letztere schließlich — für sich oder mit Paraffin gemischt — zu Kerzen gegossen werden. Vielfach erfolgt heute auch noch eine Reinigung der Fettsäuren durch Destillation mit überhitztem Wasserdampf. Die Verseifung der Fette kann man auch durch Behandlung mit hochg e s p a n n t e m Dampf a l l e i n (ohne Zusatz von Basen) durchführen — ein Verfahren, das sich aber in der Praxis nicht als vorteilhaft bewährt hat, während das oben geschilderte Verfahren, bei welchem die Verseifung teils durch Kalk (oder Magnesia bzw. Zinkoxyd), teils durch gespannten Dampf geschieht, sehr ausgebreitete An wendung findet Die bei der Stearinkerzen-Fabrikation abfallende flüssige Ölsäure wird als Material zur Seifendarstellung (vgl. S. 162) verwertet

Die Verseifung mit k o n z e n t r i e r t e r Schwefelsäure wird in der Regel nicht oberhalb 120° vorgenommen. Nach der Behandlung mit Schwefelsäure erwärmt man noch längere Zeit mit Wasser, wodurch die entstandenen esterartigen Schwefelsäure-Verbindungen zersetzt werden. Die so erhaltenen Fettsäuren sind stets dunkel gefärbt und müssen mit überhitztem Dampf destilliert werden. Bei diesem Verfahren spielen sich außer dem eigentlichen, durch die Gleichung: C,H6(OCO.R)3 + H 2 S0 4 + 2HsO = 3R-C0 2 H + C j H ^ . g ^ . Q u

ausdrückbaren Verseifungsprozeß noch andere Vorgänge1 ab; aus der Ölsäure entsteht durch die Einwirkung der konzentrierten Schwefelsäure und nachheriges Kochen mit Wasser Oxy-stearinsäure, welche dann bei der Destillation teilweise in die feste IsoÖlsäure übergeht (vgl. Tl. I, 1

Vgl.

GEITBL,

J. pr. [2] 37, 53 (1888).

MBYBR-JACOBSOH, org. Ch. Zw. Aull. I i .

II

(Dezember 1908)

162 8. 975, 976—977); es ist daher die Ausbeute an festen Säuren (Kerzenmaterial) in diesem Falle 1 größer als bei dem Kalk-Verfahren. Mit anderen Methoden zur Umwandlung der Ölsäure in feste Säuren — Reduktion zu Stearinsäure (vgl. Tl. I , S. 546), Umlagerung in Elaidinsäure (Tl. I, S. 974) — sind bisher keine praktischen Erfolge erzielt worden.

Vielfach kombiniert man gegenwärtig die Autoklaven-Verseifung mit dem Schwefelsäure-Prozeß zu dem „gemischten Verfahren", indem man die Fette zunächst unter Druck mit Kalk oder Magnesia and Wasser verseift und die gewonnenen Fettsäuren, die nun auch noch etwas unverseiftes Fett enthalten dürfen, mit 3 Prozent konzentrierter Schwefelsäure in gußeisernen Gefäßen 1 Stunde auf ca. 130° erhitzt, darauf mit Wasser kocht und mit Dampf destilliert. Durch diese Kombination erreicht man den Vorteil des Schwefelsäure-Verfahrens — höhere Ausbeute an Kerzenmaterial —, vermeidet aber ihren Nachteil: Zerstörung eines großen Teils des Glycerins (vgl. S. 165). Als Verseifungsmittel wird in neuerer Zeit auch das „TwrrcHELLsche R e a g e n s " benutzt, eine „aromatische Sulfofettsäure", die man erhält, wenn man konzentrierte Schwefelsäure auf ein Gemisch von Handels-Olsäure mit einem aromatischen Kohlenwasserstoff (Benzol, Naphthalin) einwirken läßt*. Ein geringer Zusatz dieses Reagens genfigt, um die Zerlegung der Fette durch Kochen mit Wasser in offenen GeflBssen erzielen zu lassen.

Während die Kwzenfabrikation stets in größeren Etablissements ausgeführt wird, geschieht die Gewinnung der Seifen zuweilen noch in kleinerem Maßstab. Wenn auch die Bereitung der Seife in den Haushaltungen, die vor einigen Jahrzehnten noch allgemein üblich war, fast ganz aufgehört hat, so ist doch auch jetzt noch die Seifenherstellung in Deutschland zum Teil Aufgabe des Kleingewerbes; andererseits wird sie aber auch von außerordentlich großen Fabriken betrieben. Handelt es sich um die Darstellung h a r t e r Seifen, so wird die Verseifung durch Natronlauge bewirkt. Als Rohstoffe benutzt man hauptsächlich Talgarten, Palmfett und Palmkernöl, Kokosfett, Cottonöl und die von der Kerzenfabrikation abfallende Ölsäure (vgl. S. 161); auch Harz wird mit verwendet, weil die darin enthaltene Abietinsäure mit Alkalien ebenfalls seifenähnliche Salze bildet Man führt die Verseifung in offenen, meist aus Eisenblech genieteten Kesseln aus, in welche zunächst das Fett mit einem kleinen Teil der erforderlichen Lauge gegeben, dann während des Siedens nach und nach der Best der Lauge nachgefüllt wird. Nach erfolgter Verseifung wird zu dem „Seifenleim", der noch im Sieden erhalten wird, Kochsalz zugefügt, um die Seife „auszusalzen". Da die Seife in gesättigter Kochsalzlösung unlöslich ist 3 , so wird dadurch eine Trennung in die das Glycerin, Salz und überschüssiges Alkali enthaltende „Unterlauge" und 1

Vgl. a u c h MAONIER, BRANCHE«, TISSIEB, D . R . P . 126446, 132223 (C. 1 0 0 2 , I ,

1 155; 1902, II, 174). TWITCHELL, D. R.P. 114491 (C. 1900, II, 1047). * Über die Fällbarkeit der Alkalisalze von verschiedenen, in Betracht kommenden Fettsäuren durch Kochsalz vgl. R. COHN, Ch. Z. 81, 855 (1907).

Leimseifen, Schmierseifen.

163

die sich darüber als halbgeschmolzene Masse abscheidende Seife erzielt. Nach dem Ablassen der Unterlauge wird die Seife nochmals mit schwächerer Natronlauge (zur Verseifung von Fettresten) unter Zusatz von Salz zum Sieden erhitzt; die vorher schaumige Seife verwandelt sich dadurch in eine gleichmäßig geschmolzene blasenfreie Masse, die nun noch flüssig in die Seifenform (oder in die moderneren Kühlpressen) gebracht wird, um darin langsam zu erstarren. So gewinnt man die K e r n s e i f e n , welche wirklich zum größten Teil aus fettsauren Alkalisalzen bestehen und außerdem nur Wasser (etwa 30°/ 0 ) enthalten 1 . Über die Eigenschaften der Seifen und die Theorie ihrer Wirkung vgl. Tl. I, S. 546—548, 973—974. Von den Kernseifen sind die L e i m s e i f e n oder g e f ü l l t e n S e i f e n zu unterscheiden, bei deren Gewinnung eine Trennung von der Unterlauge gar nicht erfolgt, vielmehr der ganze Kesselinhalt (Seifenleim) zusammenbleibt, der nach dem Erstarren als Seife verkauft wird. Sie enthalten außer der eigentlichen Seife auch das Glycerin und die ganze Menge des mit der Alkalilauge eingeführten Wassers und können daher natürlich zu viel niedrigerem Preise in den Handel gebracht werden als die Kernseifen. Die Herstellung gefüllter Seifen, welche ebenso hart wie die besten Kernseifen sind, ist durch die Einführung des Kokosnußöls und Palmkernfetts möglich geworden. Diese Fette haben die Eigenschaft, für sich und auch im Gemisch mit anderen Fetten durch konzentrierte Natronlauge schon bei 25—35° verseift zu werden („kalt gerührte" Seifen) und einen Seifenleim zu liefern, der auch bei hohem Wassergehalt rasch zu einer äußerlich harten und vorzüglich schäumenden Masse erstarrt. Auch fremde Stoffe — Wasserglas z. B. — werden häufig als Füllmaterialien zugesetzt. S c h m i e r s e i f e n (weiche Seifen) werden durch Verseifung billiger Öle (Hanföl, Baumwollsamenöl, Leinöl, Fischtran) mit Kalilauge hergestellt. Sie können nicht ausgesalzen werden, weil hierdurch aus der weichen Kaliseife harte Natronseife entstehen würde, und enthalten daher, wie die gefüllten Natronseifen, außer dem fettsauren Alkali Glycerin und viel Wasser. Während man bei den im vorstehenden geschilderten Verfahren direkt von den Fetten in einer Operation zu den Seifen gelangt, bevorzugen schon seit längerer Zeit manche Seifenfabrikanten eine Trennung des Fettspaltungsprozesses von der Seifenbildung, indem sie freie, nach dem Autoklaven-Verfahren (S. 161) gewonnene Fettsäuren [bzw. die bei der Kerzenfabrikation abfallende technische Ölsäure (vgL S. 161) oder die 1

Über die Frage, wie das Wasser gebunden ist, vgl. LEWKOWITSCH, Z. Ang. 20,

954 (1907).

Physikalisch-chemische Betrachtungen über den Seifensiedeprozeß: F. GOLDBCHMEDT, Z. A n g . 2 0 , 1635 (1907). — ROHLAND, Ch. I . 3 0 , 559, 563 (1907). — EHNST FISCHER, Ch. I . 3 0 , 561 (1907). 11*

164

Pflaster.

Antibenzinpyrin.

mit Hilfe des TWITCHELL sehen Reagens (vgl. S. 162) bereiteten Säuren] von anderen Fabriken beziehen und nun mit Soda (statt mit kaustischer Natronlauge) verkochen. Als Ausgangsmaterial für diese sogenannte „ C a r b o n a t - V e r s e i f u n g " kommen in neuerer Zeit auch die durch „ e n z y m a t i s c h e F e t t s p a l t u n g " bereiteten Fettsäuren in Betracht; da bei diesem jüngsten Fettspaltungsverfahren (vgl. S. 139—140) höhere Temperatur nicht in Anwendung kommt, eine weitere Zersetzung der abgespaltenen Säuren also vermieden wird, so liefert es ein für die Seifenherstellung sehr geeignetes Material 1 . Für die technische Ausführung des enzymatischen Verfahrens benutzt man als spaltendes Agens nicht den Ricinussamen (vgl. S. 139) direkt, sondern trennt einen großen Teil seiner lipolytisch unwirksamen Bestandteile zuvor ab, indem man die durch Verreiben des Samens mit Wasser erhaltene Samenmilch eine Zentrifuge passieren läßt Das Enzym verläßt die Zentrifuge in Form einer zarten Emulsion („Fermentmilch"), die nun einer Gärung zur Erzeugung der nötigen Säuremenge (vgl. S. 139—140) Überlassen wird, wonach man die an der Oberfläche abgesetzte Emulsion — „Ricinussamen-Extrakt" — zum eigentlichen Fettspaltungsansatz benutzt; als Aktivator wird etwas Manganoxydulsulfat hinzugefügt. Wie durch Alkalien, kann man die Fette auch durch Erhitzen mit fein verteiltem, mit Wasser verriebenem Bleioxyd verseifen. Statt der Alkalisalze erhält man dann natürlich die Bleisalze der Fettsäuren und Ölsäuren — amorphe, undurchsichtige Substanzen, die bei gewöhnlicher Temperatur knetbar sind und sich durch Kneten mit Wasser vom Glycerin befreien lassen. Man bezeichnet solche Produkte als Pflaster; die pharmazeutisch verwendeten Pflaster werden in der Regel nicht mit der zur Verseifung nötigen Menge Blcioxyd, sondern mit einem Überschuß dargestellt und enthalten daher nicht die neutralen Bleisalze der Stearinsäure, Palmitinsäure usw., sondern basische Salze. Von sonstigen „ w a s s e r u n l ö s l i c h e n Seifen"* sei noch das Slsaure Magnesium erwähnt, das unter dem Namen „ A n t i b e n z i n p y r i n " nach einem Vorschlage von M. M. RICHTER1 als Schutzmittel gegen Benzinbrände in den chemischen Wäschereien dient. Diese Brände werden durch das Entstehen von Reibungselektrizität beim Schwenken der zu reinigenden Stoffe in dem als Reinigungsmittel dienenden Benzin veranlaßt. Das Magnesiumoleat aber — in geringer Menge dem Benzin zugesetzt — verhütet infolge seines relativ guten elektrischen Leitungsvermögens das Auftreten einer elektrischen Ladung, welche durch Funkenbildung die Entzündung des Benzins herbeiführen könnte. Nachdem die technische Ausführung des Verseifungsprozesses und die Abscheidung der Fettsäuren zum Zweck der Kerzen- und SeifenFabrikation kurz geschildert ist, bleibt nun noch die Gewinnung des anderen Spaltungsprodukts — des Grlycerins 4 — zu besprechen. 1 V g l . : CONNSTEIN, HOTEE, WABTENBERO, B. 3 5 , 4005 (1902). — V e r e i n i g t e C h e m . W e r k e D . R . P . 145413 (C. 1 9 0 3 , I I , 1301); 147757 (C. 1 9 0 4 , I , 332); 188429 (C. 1 9 0 7 , I I , 1766). — HOYER, C. 1 9 0 5 , I I , 582. — CoNNSTEiif, C. 1 9 0 6 , I , 1679. — URBAIN, C. 1 9 0 6 , I I , 178.

1 Vorschlag zur Bildung wasserunlöslicher Seifen als Zwischenprodukt bei der technischen Fettverseifung: KBEBITZ, D. R.P. 155108 (G. 1904, II, 1271). 8 Vgl. C. 1902, I, 786; 1904, II, 1010. 4 Monographisch behandelt in B. LACHS „Gewinnung und Verarbeitung des Glycerins" (Halle 1907).

Technische Gewinnung des Glycerins.

165

Ein vortreffliches Material zur Glycerindarstellung bieten die wäßrigen Laugen, welche bei der Autoklaven-Verseifung (vgl. S. 161) abfallen; sie stellen im wesentlichen eine verdünnte (etwa 10—20-prozentige) Glycerinlösung dar, die durch fixe Bestandteile nur wenig verunreinigt ist. Man verarbeitet sie zunächst in den Kerzenfabriken, indem man die Metallhydroxyde (Kalk bzw. Magnesia oder Zinkhydroxyd) mit Schwefelsäure neutralisiert und die filtrierte Lösung dann in Vakuum-Verdampfapparaten bei möglichst niederer Temperatur auf ein spezifisches Gewicht von 1-240—1*242 konzentriert, und verkauft dann das so gewonnene „Saponifikations-Rohglycerin" an die eigentlichen Glycerinfabriken. — Auch die Laugen, welche bei dem Schwefelsäure-Verfahren (S. 161—162) erhalten werden, können auf Glycerin verarbeitet werden, nachdem die Schwefelsäure als Gips daraus entfernt ist; sie liefern das „DestillationsRohglycerin" — so genannt, weil die bei jenem Verfahren gewonnenen Fettsäuren einer Destillation unterworfen werden müssen. Dieses Rohglycerin ist indes infolge der Gegenwart von Zersetzungsprodukten, die unter der Einwirkung der Schwefelsäure entstanden sind, schwerer zu verarbeiten. — Die fabrikmäßige Abscheidung des Glycerins aus den Unterlaugen der Kernseifen-Fabrikation 1(S. 162) — „Seifen-Rohglycerin" — hat wegen des großen Gehalts der Laugen an Salzen erhebliche Schwierigkeiten verursacht, die aber von der Technik überwunden worden sind. — Neuerdings kommen noch die Glycerinlaugen von der enzymatischen Verseifung (vgl. 139—140, 164) als Rohmaterial hinzu. Ans den Rohglycerinen gewinnt man in den Glycerinfabriken das „destillierte G l y c e r i n " durch Destillation mit überhitztem Dampf oder im Vakuum; durch eine geeignete Kondensations- und Dephlegmations-Vorrichtung erreicht man dabei eine solche Trennung der Wasserund Glycerindämpfe, daß sich in der ersten Vorlage sehr hoch konzentriertes Glycerin ansammelt. Zur Herstellung von „chemisch reinem Glycerin" wird das destillierte Glycerin mit ganz reiner tierischer Kohle behandelt, die zum Teil aus Knochenkohle durch Extraktion mit Säuren, zum Teil aus den Rückständen der Blutlaugensalz-Fabrikation durch zweckentsprechende Reinigung gewonnen wird; dann erfolgt Entfernung der letzten Wassermengen durch Einengen im Vakuumapparat. Die früher zuweilen versuchte Reinigung durch Krystallisation hat sich als unpraktisch erwiesen. Auf die für die Praxis so wertvollen Eigenschaften des Glycerins ist schon S. 120 hingewiesen worden. Man verwendet es in mannigfaltigster Weise. Kleinere Mengen dienen z. B. als Süßmittel in der Likör-, Punschund Limonaden-Fabrikation. Häufig wird Glycerin zur Verhinderung des Eintrocknens zugesetzt, so bei Druckfarben, Senf, Modellierton, Tabak; hierher gehört auch seine Verwendung als Schlichte- und Appreturmittel in der Textilindustrie. Aus Glycerin und Leim wird Buchdruckerwalzen> Vgl. auch

HINCKLEY,

C. 1907, II, 1028; 1908, I, 778.

166

Dynamit.

Masse hergestellt. In gewissen Fällen braucht man Glycerin als Schmiermittel für feinere Maschinenbestandteile. Zum Geschmeidigmachen der Haut benutzt man es für sich und als Zusatz za Seifen; für derartige kosmetische und für medizinische Zwecke wird ein recht großer Teil der Glycerin produktion verbraucht Gasuhren füllt man zuweilen mit Glycerinlösung, um einerseits das Gefrieren der Sperrflüssigkeit im Winter, andererseits das rasche Verdunsten im Sommer zu hindern. Die größten Glycerinmengen aber dienen zur Darstellung des Nitroglycerins 1 (Glycerin-trinitrats), welches den wesentlichen Bestandteil äußerst wichtiger Sprengstoffe bildet (Darstellung vgl. S. 127—128). Um dessen Verwertung als Sprengmittel hat sich der schwedische Ingenieur A. NOBEL die größten Verdienste erworben. Das Nitroglycerin für sich konnte keine erhebliche praktische Bedeutung erlangen, da seine flüssige Beschaffenheit viel Unbequemlichkeiten beim Transport und in der Handhabung und auch Gefahr mit sich brachte. N O B E L 2 hatte den glücklichen Gedanken, das Nitroglycerin von einem pulverförmigen festen Körper aufsaugen zu lassen und diese feste, leicht transportierbare Mischung als Sprengmaterial zu benutzen (1867). Man bezeichnet solche Präparate als Dynamite; das meistgebrauchte unter ihnen ist das K i e s e l g u r - D y n a m i t , welches aus 75°/0 Nitroglycerin und 25 °/0 calcinierter Infusorienerde besteht und eine fettig anzufühlende, plastische Masse vom spez. Gew. 1-5—1-6 darstellt. Dynamit ist bei richtiger Behandlung ziemlich ungefährlich, brennt selbst in größeren Mengen meist ruhig ab, ist auch gegen Druck und Stoß nicht sehr empfindlich und kann daher gut transportiert werden. Dagegen wird es durchaus sicher und vollständig durch geringe Mengen gewisser (aber nicht aller) detonierender Körper, wie Knallquecksilber, zur Explosion gebracht. Diesen Umstand benutzt man bei seiner An wendung; in die Dynamitpatrone wird eine mit Knallquecksilber gefüllte Zündkapsel eingesenkt, die nun durch eine Zündschnur oder durch elektrische Zündung zur Explosion gebracht wird und dadurch die Explosion der Dynamitpatrone veranlaßt. In gefrorenem Zustand gilt das Glycerintrinitrat als besonders gefährlich3 (vgL S. 128 über die Erstarrangsverhältnisse). Man ist daher neuerdings bestrebt, es teilweise durch weniger leicht erstarrende Salpetersäurederivate des Glycerins zu ersetzen. Als 6olche sind Glycerin-dinitrat* (S. 129—130), Diglycerin-tetranitrat 5 (NOj.O^CaHj.O.CjHsiO-NO,),, Monochlorhydrin-dinitrat» CaH,Cl(0. 1

Näheres vgl. in OSTS Lehrb. d. ehem. Technologie, 6. Aufl. (Hannover, 1907), S. 209—213, 221. — Vgl. ferner den Vortrag von WILL „Der Fortschritt der Sprengtechnik seit der Entwicklung der organischen Chemie", B. 37, 268 ff. (1904). s

Vgl. D . 1 9 0 , 214 (1868). * Vgl. dazu NAUCKHOFF, Z. Ang. 18, 11 (1905).

4

Vgl.: VOLPEBT, C.1906, II, 921. — Zentralstelle f. Wiss.-techn. Untersuchungen

D . R . P . 181385 (C. 1 9 0 7 , II, 116). — WILL, B. 4 1 . 1123 (1908). * W i t t , C. 1 9 0 6 , II, 1000. — D . R . P . 181754 (C. 1 9 0 7 , II, 199). * RÖWEB, C . 1 9 0 6 , I I , 983. — Deutsche Sprengst. Akt.-Ges., D . R . P . 183400 (C. 1 9 0 7 , II, 1136).

Sprenggelatine.

Gelatinedynamite.

167

NO,), und die S a l p e t e r s ä u r e e s t e r des Monoformins und Monoacetins 1 in Betracht gezogen worden.

Dynamit ist an Brisanz dem Schwarzpulver bedeutend überlegen und hat sich daher rasch als Sprengmittel, namentlich für Gesteinssprengungen, eingebürgert. Allein es entfaltet doch nicht die ganze Kraft des Nitroglycerins, da es eben 25 °/0 Kieselerde enthält — einen unwirksamen Stoff, der für die Explosionswirkung nur als Ballast in Betracht kommt. Es hat ferner den großen Nachteil, unter starkem Druck und namentlich rasch unter Wasser das Nitroglycerin aussickern zu lassen. Diese Ubelstände überwand N O B E L seit 1875, indem er in neuen Sprengmitteln als Träger des Nitroglycerins eine an sich explodierbare und das Nitroglycerin viel fester bindende Substanz anwandte, nämlich die Kollodiumwolle (Nitrocellulose, Tgl. Kap. 36). Geringe Mengen Nitrocellulose, in Nitroglycerin gelöst, genügen, um gallertartige oder gar gummiähnliche Mischungen zu geben. Eine Mischung aus ca. 93 °/0 Nitroglycerin und 7 °/0 Kollodiumwolle — die Sprenggelatine — ist gummiartig und elastisch und liefert bei der Explosion nur gasförmige Stoffe. Durch Zusatz von nur 3—4 °/0 Kollodiumwolle zum Nitroglycerin erhält man eine dickflüssige Gallerte, die nun viel weniger Zumischpulver als das reine Nitroglycerin braucht, um eine plastische, feste dynamitähnliche Masse zu liefern; durch Zusatz von salpeterhaltigen, fast vollständig vergasenden Zumischpulvern zu dieser Gallerte bereitet man die Gelatinedynamite, die stärker als Gurdynamit sind und nur einen geringen Rückstand bei der Explosion hinterlassen. Die gelatinierten Sprengmittel2 geben weder unter hohem Druck noch unter Wasser Nitroglycerin ab; sie sind auch gegen mechanische Erschütterungen wie gegen Wärme unempfindlicher als das Kieselgurdynamit und verdrängen letzteres mehr und mehr. Die Bedeutung der Nitroglycerin-Präparate lag in den ersten Jahrzehnten ihrer Verwendung vorzugsweise auf dem Gebiet friedlicher Arbeit; der Bergmann und Ingenieur nutzten in erster Eeihe ihre mächtigen Wirkungen aus. Für die staunenswerten Arbeiten, durch welche unsere Zeit den natürlichen Hindernissen zum Trotz immer neue Wege für den Weltverkehr bahnt, sind diese gewaltigen Sprengstoffe die unentbehrlichsten Hilfsmittel. Aber seit 1888 ist das Nitroglycerin als Gelatinierungsmittel für Schießbaumwolle in den „rauchlosen" Pulvermischungen auch für die Kriegstechnik von Bedeutung geworden (Näheres vgl. unter Schießbaumwolle in Kap. 36). 1

1

VENDBB, C . 1 9 0 7 , I ,

1001.

Erhöhung der Plastizität durch Zusatz von amorphen Kohlehydraten: DynamitAkt-Ges., D. R.P. 182030 (C. 1907, II, 199). — Zur quantitativen Bestimmung des Nitroglycerins vgl. SILQEBBAO, PHILLIPS, MEBBIMAN, Z. Ang. 1 9 , 1601 (1906).

168

Beziehungen der höherwertigen Alkohole

Zweiundzwanzigstes Kapitel.

Höherwertige Alkohole. (Erythrite. — Adonit und andere Pentite. — Mannite und andere Hexite. — Heptite [Perseit, Volemit], Octite und Nonite.)

Entsprechend der nur durch wenige Ausnahmen durchbrochenen Regel, daß mehrere Hydroxylgruppen an einem Kohlenstoffatom nicht haften können (vgl.S. 61—62,116—117), muß ein beständiger höherwertiger Alkohol in seinem Molekül mindestens ebensoviele Kohlenstoffatome wie Hydroxyle aufweisen. Der einfachste vierwertige gesättigte Alkohol besitzt demnach die Formel C4H6(OH)4, der einfachste fünfwertige die Formel CJH^OHJJ usw. Diese einfachsten höherwertigen Alkohole, in deren Molekül also jedes einzelne Kohlenstoffatom der Kette ein Hydroxyl trägt, — und zwar diejenigen von normaler Struktur — sind wichtige Verbindungen, weil sie teils selbst in der Natur vorkommen, teils zu einigen in der Natur sehr verbreiteten Zuckerarten — nämlich den Monosacchariden mit fünf und sechs Kohlenstoffatomen — in nächster Beziehung stehen. Man charakterisiert sie in ihren Trivialnamen durch die Endung „it"; einige besonders wichtige Vertreter dieser Gruppe seien unter Hinzufügung ihrer Genfer Namen gleich hier genannt: Erythrit CAQO* - CH,(OH).CH(OH)• (JH(OH)• CH,(OH) (Butantetrol), Adonit, Arabit, Xylit C t H„O t = CH,(OH)- CH(OH)« CH(OH) • CH(OH> CH,(OH) (Pentanpentol), Mannit, Dulcit, Sorbit C s H u O ( = CHj(OH) • ÖH(OH) • ÜH(OH) • CH(OH) • CH(OH) • CH,(OH) (Eexanhexol).

Der erste unter jenen normalen höherwertigen Alkoholen — der Erythrit — enthält schon zwei asymmetrische Kohlenstoffatome (durch * bezeichnet), die Alkohole der 5. Reihe ebenfalls zwei, diejenigen der 6. Reihe vier. Es läßt sich demnach die Existenz vieler stereoisomerer Verbindungen — Enantiostereomere und Diastereomere — voraussehen; in der 4. und 5. Reihe sind die möglichen Stereoisomeriefälle vollzählig, in der 6. fast vollzählig verwirklicht. Bemerkt sei gleich hier, daß bei mehreren höherwertigen Alkoholen das optische Drehungsvermögen erst hervortritt, wenn man ihre wäßrige Lösung mit gewissen Zusätzen (namentlich borsauren Salzen) versetzt. Der stark drehungssteigernde Einfluß, welchen die Borsäure ausübt, beruht vielleicht darauf, daß sich cycliache Gruppierungen wie OH

xu den

169

Zuckerarten.

b i l d e n D e n n es ist in vielen Fällen — z. B. Lactonbildung bei optisch aktiven Oxysäuren — beobachtet worden, daß die Größe des Drehungsvermögens durch Ringbildung stark ansteigt.

Von den in Bede stehenden Alkoholen unterscheiden sich die zugehörigen Zuckerarten durch den Mindergehalt von zwei Wasserstoffatomen ; sie stehen zu ihnen in derselben konstitutionellen Beziehung, wie die beiden Bestandteile der Glycerose (vgl. S. 121—122) zum Glycerin, d. h. sie sind die entsprechenden Aldehyd-alkohole mit einer Aldehydgruppe („Aldosen") oder Keton-alkohole mit einer dem endständigen Kohlenstoffatom benachbarten' Carbonylgruppe („Ketosen"). Die höherwertigen Alkohole entstehen daher aus Zuckerarten durch Beduktion mittels Natriumamalgam2 und können andererseits durch vorsichtige Oxydation 3 in Zuckerarten übergeführt werden; jedem einzelnen höherwertigen Alkohol entsprechen gewisse Aldosen und Ketosen, z. B.: CHO

CH,(OH)

CHJ(OH)

CH(OH)

CH(OH)

CO

CH(OH)

CH(OH)

CH(OH)

CH(OH)

CH(OH)

CH(OH) '

CH(OH)

CH(OH)

CH(OH)

CH,(OH)

CH2(OH)

Mannit

Mannose (eine Aldose)

CH,(OH)

Fructose (eine Ketose)

In stereochemischer Beziehung sei schon hier darauf hingewiesen, daß bei der Bildung eines Polyalkohols aus einer Ketose ein neues asymmetrisches Kohlenstoffatom gebildet wird. Hierdurch wird es bedingt, daß aus jeder Ketose zwei diastereomere Polyalkohole entstehen können; für einen Fall sei dies durch die folgenden Konfigurationsformeln — vgl. über deren Bedeutung S. 179—180 — erläutert: CH,(OH)

CH,(OH)

¿0

H - - O H

CH,(OH) HO

—H —H

HO—

—H

H— - O H

H

- O H

H— - O H

H— - O H

H— - O H

H - - O H

HO— - H

CHJ(OH)

d- Sorbit

CH,(OH)

d- Fructose

H O -

'

CH,(OH)

¿-Mannit

dagegen kann aus einer Aldose durch Reduktion nur ein Polyalkohol 1

Vgl.

VAN'T H O F F ,

Die Lagerung der Atome im Räume, 3. Aufl. (Braunschweig

1908), S. 90.

* An Stelle von Natriumamalgam wird neuerdings Calcium bzw. Calciumamalgam empfohlen (NEÜBERO, MARX, C. 1907, I, 1321). * Vgl. dazu: CIAHICIAS, SILBER, R . A . L . [ 5 ] 1 0 , I , 9 4 ( 1 9 0 1 ) . — NEÜBERO, B. 3 5 , 2 6 2 7 ( 1 9 0 2 ) . — Starke Oxydation vgl. PERDRIX, Bl. [ 3 ] 1 7 , 1 0 0 ( 1 8 9 7 ) .

170

Bertrands

Sorbose-Bakterium.

gebildet werden, da die Anzahl der asymmetrischen Kohlenstoffatome sich bei diesem Übergang nicht ändert. Ein sehr interessanter Einfluß der Konfiguration auf das Verhalten hat sich bei den Untersuchungen BERTBANDS 1 über das „Sorbose-Bakterium" (vgl. S. 187) herausgestellt. Diese aerobe Bakterie oxydiert eine Keihe von mehrwertigen Alkoholen unter Übertragung des Luftsauerstoffs zu Ketosen, ohne daß daneben Aldosen gebildet werden. Sie führt also die H in der Kohlenstoffkette an zweiter Stelle befindliche Gruppe —C— in ÖH Carbonyl über. Der Angriff erfolgt aber nur bei denjenigen Polyalkoholen, in deren Konfigurationsformeln (vgl. S. 179—180) die benachH barte Gruppe —0— das Hydroxyl auf der gleichen Seite der Kette ÖH zeigt, wie das der Oxydation anheimfallende Kettenglied2, z. B.: OH OH H (OH)CH2—! 1 j—CHj(OH) H H OH

OH H ! CH.(OH). >- (OH)CH2• CO—\ H OH

Solche Polyalkohole dagegen, welche dieser Bedingung nicht genügen, z. B.: H (0t

"

CH

'

OH H

¿H k

widerstehen der Einwirkung des Sorbose-Bakteriums. Man kann von diesem Verhalten für die Trennung gewisser Polyalkohole voneinander Nutzen ziehen (vgl. d-Idit, S. 187). In ihren äußeren Eigenschaften erinnern die höherwertigen Alkohole an die Zuckerarten; sie sind farblose, geruchlose, gut krystallisierbare Verbindungen von süßem Geschmack und in Wasser leicht löslich (vgl. S. 74). Unzersetzt flüchtig sind sie nur bei starker Druckverminderung. In ihrem chemischen Charakter weichen sie von den Zuckerarten erheblich ab; sie besitzen nicht das Reduktionsvermögen der Zuckerarten gegen FEHLING sehe Lösung, auch nicht die Fähigkeit, durch Hefe in Gärung versetzt zu werden. Vielmehr schließen sie sich in ihrem chemischen Verhalten durchaus dem Glycerin an. Wie dieses, werden sie durch Erwärmen mit Jodwasserstoff zu sekundärem Alkyljodid redu1

A. ch. [8] 3, 200 (1904). BEBTBAND selbst drückt die Gesetzmäßigkeit — um auch die Oxydierbarkeit des Glycerins durch das Bakterium (vgl. S. 122) in die Kegel hineinzuziehen — etwas anders aus, vgl. A. ch. [8] 3, 202 (1904). 9

Eigenschaften der höherwertigen Alkohole.

171

ziert (vgl. Tl. I, S. 202); es entsteht so aus Erythrit 2-Jod-butan, aus Mannit ein Gemisch von 2-Jod- und 3-Jod-hexan (Tl. I, S. 282). Diese Reaktion ist auch wichtig für die Erkenntnis der Zusammensetzung und der Struktur der höheren Alkohole. Die den Formeln C4H10O4, C 5 H la 0 5 usw. entsprechenden Prozentzahlen für Kohlenstoff und Wasserstoff weisen so geringfügige Unterschiede auf, daß die Elementaranalyse nicht zwischen jenen Formeln entscheiden kann; die Reduktion mit Jodwasserstoff führt nun zu einer Verbindung, deren Molekulargewicht sich aus dem Jodgehalt und dem Siedepunkt sofort ergibt, und deren Struktur leicht festgestellt werden kann. Erhitzen mit konzentrierter Salzsäure führt, wie beim Glycerin, zu p a r t i e l l e m Ersatz der Hydroxyle durch Chlor; man erhält Chlorhydrine, wie C4H9(OH)JC14. Mit Salpetersäure liefern die höherwertigen Alkohole S a l p e t e r s ä u r e e s t e r , welche gleich dem Nitroglycerin durch heftige Explosivität ausgezeichnet sind 1 . Zur Aufsuchung der höherwertigen Alkohole in natürlichen Produkten oder in Beaktionsgemischen erweisen sich häufig die a c e t a l a r t i g e n V e r b i n d u n g e n 2 geeignet, welche sie mit A l d e h y d e n — namentlich B e n z a l d e h y d C 6 H 6 «CHO — eingehen (vgl. entsprechende Verbindungen des Glykols S. 84—85, des Glycerins S. 157). Diese Verbindungen, z. B. das Tribenzalacetal des Mannits C e H 8 f ~ Q ^ > C H - C a H 6 l 3 , sind in Wasser kaum löslich, krystallisierbar, durch ihre Schmelzpunkte, ihre Löslichkeit und ihr optisches Drehungsvermögen charakterisiert und können durch Erhitzen mit verdünnten Säuren wieder in den Aldehyd und den mehrwertigen Alkohol gespalten werden. Sie bilden sich sehr leicht schon bei gewöhnlicher Temperatur, wenn man den Polyalkohol in Gegenwart von starker Salzsäure oder Schwefelsäure mit dem Aldehyd digeriert. Die Zusammensetzung dieser Produkte ist nicht immer die gleiche, wenn man von isomeren Polyalkoholen ausgeht. So liefert z. B. Mannit unter denselben Bedingungen eine Tribenzalverbindung, unter denen Sorbit sich nur mit zwei Molekülen Benzaldehyd acetalisiert. Mit Formaldehyd bilden die beiden genannten Alkohole C(HG(OH), TriformalVerbindungen CEHA J , , der isomere Dulcit aber nur eine Diformalverbindung C8H8(OH), Mit Aceton* entstehen in Gegenwart von sehr geringen Mengen Salzsäure / a 'P H \ von ebenfalls acetalartige Verbindungen, wie C6H8^ 0' > ^ < ^CH 3 )*' verdünnten Säuren leichter als die entsprechenden Aldehydderivate in die Komponenten gespalten werden. 1

Über das Verhalten dieser Ester gegen FEHLING sehe Lösung vgl.: VIONON,

GEBIN, C . r . 1 3 3 , 515, 540, 590, 641 (1901). — WIONER, B. 3 6 , 800 (1903). * MEÜNIER, C . r . 1 0 7 , 910 (1888). A . c h . [6] 2 2 , 412 (1891). BL. [3] 2 9 , 735 (1903). — BEBTRAND, BL. [3] 5 , 554 (1891). — E . FISCHES, B . 2 3 , 3685 (1890); 2 7 , 1 5 3 0 (1894). A . 2 7 0 , 82, 99 (1892). — E . FISCHES, STAHEL, B . 2 4 , 536 (1891). — SCHULZ, TOILENS, A . 2 8 9 , 2 0 (1896). — WEBER, TOILENS, B . 3 0 , 2510 (1897). — LOBET DE BBÜTN, VAN EKENSTEIN, R . 1 8 , 150 (1899). — SIMONET, BL. [3] 2 9 , 503 (1903). * E . FISCHES, B . 2 8 , 1167 (1895). — SPEIER, B . 2 8 , 2531 (1895).

172

Erythrite.

Vierwertige Alkohole. Die Formel des Butmtetrols-{1.2.3.4) C4H1004 = 0H.CH 2 .CH(0H). CHjOHJ-CHj-OH weist, wie schon S. 168 hervorgehoben wurde, zwei asymmetrische Kohlenstoffatome auf, und zwar ist die Asymmetrie dieser beiden Kohlenstoffatome, wie leicht ersichtlich, gleichartig. Es lassen sich also entsprechend der Tl. I, S. 105—106 gegebenen allgemeinen Ableitung drei Raumformeln konstruieren: CHT(OH)

I.

H O -

—H

H— —OH (JH,(OH)

/-Erythrit (rechtsdrehend in Wasser, vgl. S. 1 7 6 )

CH,(OH)

CH,(OH) II.

-OH H-

III.

- O H

II— — O H H O - - H

CHJ(OH)

CH,(OH)

Intramolekularinaktiver Erythrit,

d-Erythrit (linksdrehend in Wasser, vgl. 8. 176)

Unter ihnen sind Formel I und III enantiostereomer; die ihnen entsprechenden Verbindungen können demnach zu einer extramolekularinaktiven Form (¿-Erythrit) zusammentreten, so daß im ganzen vier Formen denkbar erscheinen. Diese vier Modifikationen liegen in den vier Formen des £ r y t h r l t s vor. Die längstbekannte und meistuntersuchte Form ist der 1848 von 2 STENHOUSE 1 entdeckte n a t ü r l i c h e E r y t h r i t ; spricht man von Erythrit schlechthin oder von „gewöhnlichem Erythrit", so meint man diese Verbindung, die in der älteren Literatur auch mit anderen Namen (Erythroglucin, F h y c i t usw.) belegt wird. Es hat sich herausgestellt, daß sie der Konfigurationsformel II — also dem intramolekular-inaktiven Typus — entspricht. Dem gleichen Typus gehört nun von den vier Formen der Weinsäure COaH-CH(OH).CH(OH).COaH, welche genau dieselben stereochemischen Verhältnisse bietet, die sogenannte „Antiweinsäure" an; im Hinblick hierauf könnte man den natürlichen Erythrit auch A n t i e r y t h r i t nennen. Der Erythritester einer aromatischen Säure (der Orsellinsäure C 8 H 8 0 4 , vgl. Bd. II) — das E r y t h r i n 0^(013^(O'CgHjOj^ — findet sich in vielen Flechten, so in den Koccellaarten, welche zur Darstellung des Orseillefarbstoffs benutzt werden. Diese Flechten dienen zur Ge1

A . 6 8 , 7 8 (1848); 7 0 , 2 2 0 (1849).

* Außer den im nachstehenden speziell zitierten Arbeiten vgl. noch z. B. die folgenden Zitate: F I T Z , B . 1 1 , 1 8 9 1 ( 1 8 7 8 ) ; 1 2 , 4 7 5 (1879). — CLAESSON, J . pr. [ 2 ] 2 0 , 7 (1879). 1 0 0 6 (1891).



PAAL, TAFEL, B . 1 8 , 6 8 8 (1885).



DG FORCRAND, C. r. 1 1 2 ,

484,

A . c h . [ 6 ] 2 8 , 2 0 1 ( 1 8 9 2 ) . — CHABRIÈ, JACOB, C . r. 1 3 4 , 1 5 0 7 ( 1 9 0 2 ) . —

CARRÉ, C . r. 1 8 6 , 4 5 6 , 1 0 6 7 ( 1 9 0 3 ) . —

N E F , A . 3 5 7 , 2 9 0 (1907).

Natürlicher

173

Erythrit.

winnung des Erythrits 1 , der durch Verseifung aus dem Erythrin abgespalten wird: 0^,(0^(0-CeHjOa), + 2H,0 = C4H,(OH)4 + 2C8H,0,.0H. Frei ist der Erythrit in zwei Algen2 (Protococcus vulgaris und Trentepohlia Jolithus) aufgefunden worden. Synthetisch bereitete zuerst G B I N E B 3 den Erythrit, indem er vom Divinyl ausging, dieses durch Bromaddition in 1.4-Dibrom-buten-(2) (vgl. Tl. I, S. 885) verwandelte, dessen Bromatome durch Einwirkung von Silberacetat gegen —0-C0*CH3 auswechselte, nun wiederum Brom addierte und nochmals Silberacetat einwirken ließ: CH, CH CH

CH,

CH,Br CH Br

*

CH

011,(0 • CO -CH,) CH AgO-CO.CHj

QJJ

Br,

CH,(0-C0»CHs) CH,(0»C0»CH,) CH,(0.C0.CH3) CHBr ^ CH(0 • CO • CHS) CHBr Ag0.C0.CH, CH(O.CO-CH,) ' CH,(0-C0.CHs) CH2(OCO-CH,) der so erhaltene Essigsäureester ist das Tetracetin (Schmp. 85°) des Erythrits und gibt, mit Barytwasser verseift, den gewöhnlichen Erythrit. — Eine neue Synthese von L E S P I E A U 4 verknüpft das Glycerin mit dem Erythrit; das aus dem Glycerin durch Phosphorpentachlorid erhältliche Epichlorhydrin (S. 199) ließ sich über die hierunter zusammengestellten Zwischenstufen in Erythrit verwandeln: 9H,-C1 CH CH,

CH,Br

CH, • C1 CHOH HCN CH, CN CH,>- CH NttjCOj CH CO-

PCI.

Ba(Mn04)a

CH,.C1 CH,.C1 CH.C1 CH.C1 Verseifung CH, CH, CO-OH CN CH,(OH) CH,CH(OH) CH(OH) x NatriumCH(OH) CH(OH) amalgam CH,(OH) COO—

Der natürliche Erythrit krystallisiert in tetragonalen Prismen, schmilzt5 bei 120° (korr.), siedet6 unter gewöhnlichem Druck bei 329° bis » DE LUTHES, A . c h . [4] 2 , 3 8 5 (1864). — A . W . HOFMANN, B . 7 , 5 1 2 A n m . 5 (1874). 8 LAUT, A. ch. [3] 35, 138 (1852); 51, 232 (1857). — M. BAMBEROEB, LANDSIEDL,

M. 21, * * *

571 (1900). C. r. 116, 723 (1893); 117, 553 (1893). — Vgl. dazu THIELE, A. 308, 334 (1899). Bl. [4] 1, 1112 (1907). RUPF, B. 32, 3677 (1899). • C. LIEBEBMANN, B. 17, 873 Anm. (1884),

174

Derivate des natürlichen

Erythrits.

331°, unter 200 mm bei 2 9 4 — 2 9 6 ° , löst sich in Wasser leicht, in Alkohol wenig, in Äther nicht, schmeckt süß und ist optisch inaktiv 1 . Dafür, daß die Inaktivität durch intramolekulare Kompensation bedingt ist (Formel II auf S. 172), spricht die Existenz eines zweiten inaktiven Erythrits, der durch Kombination zweier aktiver Antipoden gewonnen wurde, demnach zweifellos extramolekular kompensiert ist und in seinen Eigenschaften vom natürlichen Erythrit völlig abweicht (vgl. S. 177), — ferner die Bildung von AntiWeinsäure 2 (vgl. Kap. 30) bei der Oxydation des natürlichen Erythrits durch Salpetersäure. Unter anderen Oxydationsbedingungen 3 erhält man die dem Erythrit entsprechende Aldose (Erythrose) und Ketose (Erythrulose, vgl. S. 175), sowie die einbasische Erythronsäure CH 2 (0H)-CH(0H).CH(0H>C0 2 H. Ä t h y l e n o x y d a r t i g e D e r i v a t e des n a t ü r l i c h e n E r y t h r i t s 4 . Das erste Anhydrid C 4 H 6 0(0H),, E r y t h r a n genannt und vermutlich nach der Formel CH(OH)—CH(OH) ¿H| ¿Hj eines ß, (P-Dioxy-tetrahydrofurans (vgl. Bd. II) konstituiert, kann aus dem Erythrit durch Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure gewonnen werden, ist flüssig und siedet bei 154—155° unter 18 mm Druck. — Das vollständige Anhydrid C4HaO„ E r y t h r i t d i o x y d , vermutlich der Formel CH, • CH • CH • CHt~entsprechend, entsteht aus dem Erythrit-dichlorhydrin C4H6Cl2(OH)a durch Einwirkung von Ätzkali, ist eine farblose, bewegliche Flüssigkeit (Schmp. —15°) von angenehmem Geruch und brennendem Geschmack, siedet bei 138° und besitzt bei 18° das spez. Gew. 1»113. Es verh< sich durchaus analog dem Äthylenoxyd (vgl. S. 76—77); so verbindet es sich mit Wasser langsam bei gewöhnlicher Temperatur, schnell bei 100° zu Erythrit, mit Chlorwasserstoff sehr leicht zu Erythrit-dichlorhydrin und verdrängt aus Magnesiumsalzen die Magnesia. Über ein isomeres Dioxyd vgl. S. 177. A c e t a l a r t i g e D e r i v a t e des n a t ü r l i c h e n E r y t h r i t s . derivat

6

C « H

8

b i l d e t

Das D i f o r m a l -

wasserlösliche Nadeln vom Schmp. 97—98®. Der

sehr charakteristische D i b e n z a l - e r y t h r i t * C 4 H , ( ~ g > C H . C , H s ) , ist selbst in heißem Wasser fast unlöslich, erfordert ca. 200 Tie. siedenden Alkohols zur Lösung und krystallisiert daraus in Nädelchen vom Schmp. 201—202°(korr.). Der D i a c e t o n e r y t h r i t 7 C4 H„ (CH,),^, schmeckt bitter, schmilzt bei 56°, siedet unter 29 mm 1

HESSE, A . 1 1 7 , 3 2 8 (1861). » PBZYBYTEK, B . 1 4 , 1202 (1881); 1 7 , 1412 (1884). * LAMPARTEB, A . 1 3 4 , 243 (1865). — SEIL, C. r . 6 1 , 741 (1865). — E . FISCHER, TAFEL, B . 2 0 , 1090 (1887). — BEETBAND, C. r . 1 3 0 , 1330 (1900). — MOBBELL, CBOFTS, Soc. 81, 674 (1902). — NEVBERG, B . 3 5 , 2627 (1902). * PBZYBYTEK, B . 1 7 , 1091 (1884); 2 0 , 3234 (1887). — HENNINGER, A . ch. [6] 7 , 209 (1886). — GRIMAUX, CLOEZ, C. r . 110, 464 (1890). — GHINEE, C. r. 1 1 7 , 555 (1893). * SCHULZ, TOLLENS, A . 2 8 9 , 27 (1896). • E . FISCHER, B . 2 7 , 1535 (1894). ' SPEIER, B. 2 8 , 2 5 3 1 (1895).

Optisch aktive

175

Erythrite.

Druck ganz unzersetzt bei 105—106°, verflüchtigt sich sehr rasch mit Wasserdämpfen und ist in Wasser sehr leicht, in Äther schwer löslich.

Die beiden optisch aktiven E r y t h r i t e 1 (Konfigurationsformel I und I I I auf S. 172) haben M A Q U E N N E und B E E T R A N D kennen gelehrt, die anfänglich unabhängig voneinander arbeiteten und sich dann zu der Untersuchung vereinigten. B E B T R A N D erhielt einen in Wasser l i n k s d r e h e n d e n Erythrit durch eine Reaktionsfolge, die vom natürlichen inaktiven Erythrit ausgeht Oxydiert man diesen mittels des Sorbose-Bakteriums (vgl. S. 170), so entsteht eine „Erythrulose" genannte Ketose (HO)CHa • CO • CH(OH) • CH2(OH) — und zwar in aktivem (rechtsdrehendem) Zustand —, die nun bei der Eeduktion mit Natriumamalgam zum Teil zwar wieder den gewöhnlichen inaktiven Erythrit zurückliefert, zum anderen Teil aber in linksdrehenden Erythrit übergeht. Verfolgen wir diesen Vorgang am Modell (vgl. Tl. I, S. 98—99), so zeigt sich bei der ersten Phase, daß es stereochemisch für das Ergebnis nicht gleichgültig ist, welches der beiden strukturell gleichartigen Kettenglieder —CH(OH)— zu —CO— oxydiert wird. Je nachdem man in dem der Konfigurationsformel II (S. 172) entsprechenden Modell das eine oder das andere dieser Glieder sich zu Carbonyl oxydiert denkt, also am einen oder anderen der beiden asymmetrischen Kohlenstoffatome die Asymmetrie aufhebt, kommt man zu den beiden enantiostereomeren Erythrulosen: CH,(OH) CH,(OH)

(linksdrehend, vgl. S. 176)

(rechtsdrehend, vgl. S. 176)

Man mußte daher bei Anwendung eines rein chemischen, nicht an sich ein Asymmetriezentrum enthaltenden Oxydationsmittels erwarten, daß die beiden Enantiostereomeren in gleicher Quantität entstehen, daß also inaktive Eythrulose gebildet wird. Die Tatsache, daß das biochemische Oxydationsagens zur aktiven Erythrulose führt, kann auf zweierlei Weise erklärt werden: entweder vermag das Bakterium überhaupt nur das eine asymmetrische Kohlenstoffatom zu oxydieren (vgl. Tl. I, S. 111) und erzeugt daher auch nur Erythrulose einer Drehungsrichtung; oder aber es reagiert zwar auf jedes der beiden asymmetrischen Kohlenstoffatome, erzeugt mithin zuerst inaktive Erythrulose, zerstört aber dann die eine optisch aktive Komponente und läßt die andere übrig (vgl. Tl. I, S. 108—109). 1

MAQUENNE, C . r. 1 3 0 ,

C . r. 1 3 0 , 1 4 7 2 ( 1 9 0 0 ) .

1402 (1900).

A . ch. [7] 2 4 , 3 9 9 (1901).

A . c h . [8] 3 , 2 0 6 , 2 6 6 ( 1 9 0 4 ) . —

MAQÜENNE, BEBTBAND, G . r. 1 3 2 , 1 4 1 9 ( 1 9 0 1 ) .



BERTBAND,

KOPP, B . 3 4 , 1 3 7 1 (1901). —

176

„Absolute" und „relative" Konfigurationsbestimmung.

Die zweite Phase — Reduktion der aktiven Erythrulose zu Erythrit — entspricht nun dem TL I, S. 101—102 allgemein erörterten Fall der Neubildung eines asymmetrischen Kohlenstoffatoms in einem von vornherein asymmetrischen Molekül. Am Modell ist leicht ersichtlich, daß man sowohl zu der Konfiguration I I (S. 172) — also zu intramolekularinaktivem Erythrit — gelangen kann, wie auch daneben zu e i n e r der Konfigurationen I oder I I I (aktiver Erythrit). W e l c h e der Konfigurationen I und III im Modell entsteht, ist davon abhängig, durch welches der beiden S. 175 gezeichneten enantiomorphen Modelle man gerade die r e c h t s drehende Erythrulose darstellt. Für eine solche Auswahl — „absolute" Konfigurationsbestimmung — fehlt uns bei diesem Beispiel, wie auch in allen anderen Fällen der Enantiostereomerie, jede Grundlage. Wir müssen in e i n e m Falle willkürlich auswählen und gewinnen damit eine Handhabe, um für Verbindungen, die mit dieser willkürlich behandelten Ausgangssubstanz durch genetische Beziehungen verknüpft sind, nun die der ersten Auswahl entsprechenden Konfigurationsformeln abzuleiten („relative" Konfigurationsbestimmung). So ergibt sich uns für den linksdrehenden Erythrit die Konfigurationsformel I I I als b i n d e n d , wenn wir der zu seiner Bildung dienenden rechtsdrehenden Erythrulose w i l l k ü r l i c h das auf 8. 175 rechts gegebene Modell zuerteilen. Der in Wasser linksdrehende Erythrit krystallisiert aus Wasser in großen rhomboedrischen Prismen vomSchmp. 88-5—89°; [a]^ = — 4-40° in wäßriger 5—10-prozentiger Lösung. In Alkohol ist er rechtsdrehend: [a]D = - f 11.10° (in 5-prozentiger Lösung). Sein Dibenzalderivat schmilzt bei 231 Den in Wasser r e c h t s d r e h e n d e n Erythrit erhielt MAQUENNE — und unabhängig von ihm fast zu gleicher Zeit R U F F — aus der zugehörigen Aldose, der Z-Threose (vgl.Kap. 35) COH-CH(OH)-CH(OH)CHt-OH durch Reduktion mit Natriumamalgam. Er zeigt die gleiche Krystallform, den gleichen Schmelzpunkt, gleich großes, aber entgegengesetztes Drehungsvermögen wie der von BEETRAND aus Erythrulose gewonnene Erythrit und dreht demgemäß in alkoholischer Lösung nach links. Sein Dibenzalderivat schmilzt ebenfalls bei 231°. Wenn man die beiden aktiven Erythrite mit Salpetersäure oxydiert, so erhält man aus dem in Wasser linksdrehenden Erythrit Rechtsweinsäure (d-Weinsäure) C0 2 H • CH(OH) • CH(0 H) • CO a H, aus dem in Wasser rechtsdrehenden Erythrit aber die Linksweinsäure (¿-Weinsäure). Die stereochemischen Beziehungen zu den Weinsäuren gelangen demnach zum Ausdruck, wenn man bezeichnet: als ¿-Erythrit —>• den in Wasser links, in Alkohol rechtsdrehenden Erythrit, als /-Erythrit —>- den in Wasser rechts, in Alkohol linksdrehenden Erythrit E . FISCHER,

welcher bei seinen klassischen Untersuchungen in der

dl-Erythrit

und

177

Pentaerythrit.

Zuckergrappe die Verwendung der Buchstaben d und l zur Hervorhebung der konfigurativen Beziehungen — ohne Rücksicht auf die Drehungsrichtung der zu bezeichnenden Substanz selbst — einführte 1 (vgl. Tl. I, S. 93), wählte die Bezeichnung so, daß der gewöhnliche (rechtsdrehende) Traubenzucker (Glykose) das Zeichen d erhielt, also d-Glykose genannt wurde; dieses Zeichen d benutzte er dann für alle diejenigen Substanzen, welche in stereochemisch verfolgbaren Ubergängen sich mit der d-Glykose als zu einer Konfigurationsreihe gehörig ergaben. Da es sich herausgestellt hat, daß auch die Bechtsweinsäure dieser Reihe angehört 2 , so korrespondiert mithin die oben gegebene Bezeichnung der beiden aktiven Erythrite auch mit den in der Zuckergruppe üblichen Bezeichnungen; desgleichen ist für die Konfigurationsformeln auf S. 172 u. 175 die willkürliche Auswahl so getroffen, daß sie FISCHES s Auswahl in der Zuckerreihe entspricht. Den durch e x t r a m o l e k u l a r e Kompensation inaktiven E r y t h r i t 8 — dZ-Erythrit — bereiteten MAQÜENNE und BERTBAND durch Mischung der beiden aktiven Erythrite (d und l) in gleichen Mengen. Schon mehrere Jahre zuvor war GRINEB zu dem gleichen Körper auf synthetischem Wege gelangt, indem er wie bei der Synthese des gewöhnlichen Erythrits (S. 173) vom Divinyl ausging. Wenn man dessen Dibromid (zweite Formel auf S. 173) mit Kaliumpermanganat oxydiert, erhält man ein Erythrit-dibromhydrin, das bei der BromwasserstoffAbspaltung mittels Kali ein mit dem gewöhnlichen Erythrit-dioxyd (S. 174) isomeres Dioxyd (Schmp. + 4°) liefert; dieses neue Dioxyd nun ergibt bei der Behandlung mit Wasser nicht den gewöhnlichen Erythrit, sondern den d/-Erythrit: CH,Br CH CH CH,Br

v KMn

°'

CH,Br CH(OH) CH(OH) CH,Br

. K0H

9H,Nso CH ^ CH v. CH,^

.

.

CH8(OH) CH(OH) CH(OH) CH,(OH)

Der d Z-Erythrit schmilzt bei + 72°, ist in Wasser sehr leicht löslich, in Alkohol leichter als der gewöhnliche Erythrit und liefert ein Dibenzalderivat vom Schmp. 220°; es scheint, daß er nicht ein Racemkörper, sondern ein Konglomerat ist (vgl. Tl. I, S. 92—94). Ein Pentaerythrit* C6H1S04 — d. h. ein vierwertiger Alkohol der fünften Kohlenstoffreihe — entsteht bei der Einwirkung von Kalk auf ein Gemisch von 1 s

Vgl. dazu ferner E. FISCHER, B. 40, 102 (1907). Vgl. E. FISCHER, B. 29, 1377 (1896).

• GRINER, C. r. 1 1 7 , 555 (1893). — MAQÜENNE, BERTRAND, C. r . 1 3 2 , 1565 (1901). TOLLENS, WIGAND, A . 2 6 5 , 816 (1891). — RAVE, TOLLENS, A. 2 7 6 , 58 (1893).

4

— Rhein.-Westf. Sprengst.-Akt.-Ges. D. R.P. 81664 [B. 2 8 Ref., 827 (1895)]. — SCHULZ, TOLLENS, A. 2 8 9 , 28 (1896). — GÜSTAVSON, POPPER, J . p r . [2] 6 6 , 95 (1897). VIONO», GERIN, C. r. 1 3 3 , 590 (1901). — FECHT, B . 4 0 , 3888 (1907).

Über einen vierwertigen Alkohol der 5. Reihe mit normaler Kette — Pentan12 (Dezember 1 9 0 8 )

MBVBR-JACOBBON, org.Ch. Zw. Aufl.

Vierwertige Schwefelverbindungen.

178

Formaldehyd und Acetaldehyd in wäßriger Lösung (vgl. zu dieser Reaktion Näheres Tl. I, S. 698). Er krystallisiert in großen Prismen, schmilzt bei 2530 und löst sich bei 15° in ca. 18 Tin. Wasser. Als vierwertiger Alkohol erweist er sich dadurch', daß er, mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat behandelt, eine Tetraacetylverbindung, mit Formaldehyd ein Diformalderivat liefert Er läßt bei der Oxydation keine Essigsäure, sondern Glykolsäure, beim Erwärmen mit Jod und Natronlauge kein Jodoform entstehen und enthält daher wahrscheinlich keine Methylgruppe. Durch energische Behandlung mit Jodwasserstoff liefert er kein Jodid G I H„J, sondern Jodhydrine wie C,H,(OH),J„ C5H9(OH)Js und C6H8J4; man kann daraus mit Wahrscheinlichkeit folgern, daß sein Molekül keine sekundäre und keine tertiäre Alkoholgruppe enthält, und gelangt so zu der Konstitutionsformel C(CH,»OH)4 eines Dimethylol-propandiols-(1.3). Diese Formel wird ferner durch den Befund bestätigt, daß das Tetrabromhydrin CsH8Br4 des Pentaerythrits bei der Einwirkung von alkoholischem Kali Bromwasserstoff nicht unter Bildung von ungesättigten Verbindungen abspaltet, sondern in den T e t r a ä t h y l ä t h e r CsHe(0>C2H6)4 (Sdp. 220 bis 225°, D>j«: 0-9082) übergeht Über Bildung von Hexan-erythrlten C e H t4 0 4 = C,H10(OH)4 aus Diallyl vgl. TL I, S. 888. — Auch v i e r w e r t i g e A l k o h o l e der a c h t e n Reihe CaHl4(0H)4 sind bekannt1. Derivate vierwertiger Mercaptane 2 sind die Mercaptole (vgl. S. 103), welche aus Diketonen durch Kondensation mit Alkylmercaptanen entstehen, z. B.: CH, • CO • CH, • CO • CH S +4 HS • C,H4 = 2 H,0 +CH, • C(S • C,H6), • CH, • C(S • C,He), • CH,. Sie werden durch Kaliumpermanganat zu Tetrasulfonen oxydiert. Als Beispiel sei das 2 . 2 . 3 . 3 - T e t r a k i s - ä t h y l s u l f o n - b u t a n CHj.CCSO^CjH.VCiSOj.CjHjk-CH, — Spieße vom Schmp. 76°, leicht löslich in Alkohol, wenig in kaltem Wasser — genannt. Von den et- und ^-Diketonen reagieren nur solche, welche beide Carbonyle an intakte Methylgruppen gebunden enthalten, nach dem Typus obiger Gleichung. In anderen bleibt ein Carbonyl unverändert; so liefert z. B. das Acetylpropionyl CH, • CO • CO • CH, • CH, ein Ketomercaptol CH„ • C(S • C,H5)2 • CO • CH, • CH,. Methylmercaptan-trisulfonsSuresHS-C(SOaH)a (Methanthiol-trisulfonsäure) entsteht aus Perchlor-methylmercaptan (Tl. I, S. 320) durch Umsetzung mit neutralem Kaliumsulfit in kalter wäßriger Lösung und kann auch aus Schwefelkohlenstoff, sowie aus Thiophosgen CSC1, durch Einwirkung von Kaliumsulfit erhalten werden. Die Säure ist durch einige gut krystallisierende Alkalisalze charakterisiert, aber in freiem Zustande wenig beständig; sie gibt mit Eisenchlorid eine tiefblaue Färbung. Schon bei der Fällung mit salpetersaurem Silber wird eine Sulfogruppe unter Bildung von methylmercaptan-disulfonsaurem Silber abgespalten. Behandelt man die wäßrige Lösung des Kaliumsalzes mit Brom, so entsteht Methylalkohol-trisulfonsäure HO'C(SO,H), (Methanol-trisulfonsäure), die auch aus diazomethandisulfonsaurem N Kalium ^^>C(SO,K), (S. 283) beim Erwärmen mit Wasser oder Säuren gebildet wird4, sehr beständig ist und mit Eisenchlorid sich nicht färbt. tetrol-(l. 2.3.5) C H , ( O H ) • C H ( O H ) • CH(OH) • C H , • CH S (OH) — MEISTEB, B . 4 0 , 4295 (1907). 1 PBZTBTTEK, B . 2 0 , 3239 (1887); 2 1 Ref., 710 (1888). * POSNEB, B. 3 3 , 2983 (1900); 3 5 , 493 (1902). s

1

ALBBECHT, A. 161, 129 (1872).

v.

PECHMANN, MANCH, B . 2 8 ,

2381 (1895).

vgl.

KIHAMI, SAÜTER-

Graphische Darstellung von Raumformeln mit vielen asymm. C-Atomen.

179

Fiinfwertige Alkohole. Unter den fiinfwertigen Alkoholen sind in erster Linie die Stereomeren zu nennen, welche der gemeinsamen Strukturformel CH,(OH)• CH(OH)• CH(OH)• CH(OH)• CHS(OH),

Pentanpentol-(l. 2.3.4. 5),

entsprechen. Diese Formel enthält zwei gleichartig unsymmetrische Kohlenstoffatome (*); man könnte daher denken, daß aus der Theorie sich hier die gleichen Stereomerie-Möglichkeiten ergeben, wie bei den Erythriten. Allein man erkennt am Modell leicht, daß die Verhältnisse hier doch etwas anders liegen; dies wird dadurch bedingt, daß das in der Mitte befindliche Kohlenstoffatom (o) n u r s t r u k t u r e l l s y m m e t r i s c h ist, die beiden strukturgleichen Gruppen [—CH(OH) • CH2(OH)], mit denen es verknüpft ist, aber enantiomorphe Konfiguration annehmen können 1 (vgl. über ähnliche Verhältnisse Tl. I, S. 115—116). Um die einschlägigen Verhältnisse graphisch wiederzugeben, wollen wir die TL I, S. 98 für den Fall zweier asymmetrischer Kohlenstoffatome erläuterte Schreibweise weiter ausdehnen. Man konstruiere sich am Modell (vgl. TL I, S. 98--99) das Molekül CHJ(OH)—CH, •CHS • C H , — C H S ( O H ) ,

indem man drei Kohlenstoffmodelle zu einer Kette zusammensetzt und die daran gebundenen Atome bzw. Radikale durch verschiedenfarbige Kugeln — etwaH durch weiß und CH2(OH) durch grün — markiert; durch Drehung der einzelnen Kohlenstoffmodelle um die sie verbindenden Achsen richte man darauf die Kombination derart, daß in die durch die Zentren der drei Kohlenstoffatome zu legende Ebene auch die Zentren der beiden grünen Kugeln fallen, und daß ein dieser Ebene entsprechender Schnitt durch das Modell den Anblick p /^CH^OH) u Xc/CH!(OH) zeigt; stellt man jetzt diese Ebene senkrecht zur Fläche des Papiers und projiziert sie in Gestalt eines vertikalen Striches, so bleiben zu beiden Seiten je drei Wasserstoffatome, und man erhält, indem man sich nun die Kohlenstoffatome in einer geraden Linie angeordnet denkt, die folgende Projektionsformel: CH,(OH)

I i - —H Ii— - H H— - H CHS(OH) 1

Vgl. dazu: Atome im Baume,

MOHB, J . 3.

Aufl.,

pr.

[ 2 ] 6 8 , 3 6 9 ( 1 9 0 3 ) . — VAN'T HOPP,

Die Lagerung der

S. 2 2 ( 1 9 0 8 ) . 12*

180

Pentite.

In dieser Projektionsformel hat man sich an den drei Kreuzungspunkten die drei mittleren Kohlenstoffatome zn ergänzen, deren Symbole der Übersichtlichkeit wegen fortgelassen werden mögen. Ausgehend von dem derart gerichteten Modell oder von dieser Projektionsformel, kann man nun leicht die verschiedenen Isomeriefalle konstruieren, die sich ergeben, wenn an jedem der mittleren Kohlenstoffatome ein Wasserstoffatom durch Hydroxyl ersetzt ist; sie seien hierunter zusammengestellt, wobei gleich die Namen der Vertreter hinzugefügt werden mögen: CH,(OH) CH,(OH) CHa(OH) CH,(OH) HO -H I. H O - -H H O - -H

II.

H O - -H H - -OH H O - -H CHä(OH) Xylit

CHj(OH) Adonit

HO -H III. H O - -H H— -OH

IV.

CHj(OH) d-Arabit

fi- - O H fi - O H HO- - H CH,(OH) i-Arabit

Betrachtet man die Modelle in ähnlicher Weise, wie dies Tl. I, S. 106 fiir den Fall zweier asymmetrischer Kohlenstoffatome an die Hand gegeben ist, so erkennt man, daß I und I I durch intramolekulare Kompensation inaktiv sind; denn konstruiert man z. B. für I das Spiegelbild und stellt letzteres auf den Kopf: CH,(OH)

CH,(OH) -OH —OH —OH

HO- - H HO- - H HO- - H CHs(OH)

CH2(OH)-

c

HO- - H = HO— - H HO- - H C CHj(OH)

so kommt man zur ursprünglichen Gestalt wieder zurück. Dagegen sind III und IV, die im Verhältnis von Gegenstand und Spiegelbild stehen, nicht miteinander zur Deckung zu bringen, repräsentieren also zwei aktive Antipoden, die sich zu einer extramolekular kompensierten Form vereinigen können. Insgesamt also sind fünf F o r m e n möglich: zwei Enantiostereomere (III und IV), deren extramolekular kompensiertes Kombinationsprodukt (III + IV) und zwei durch intramolekulare Kompensation inaktive Formen I und I I , die untereinander sowie mit III und IV diastereomer sind. Diese fünf Formen sind sämtlich bekannt und durch Reduktion von „Pentosen" (vgl. Kap. 35) — .und zwar Aldopentosen CHs(OH) • CH(OH) • CH(OH) • CH(0 H) • CHO — mit Natriumamalgam erhalten worden. Man bezeichnet sie auch mit dem Sammelnamen „ P e n t i t e " . Die Begründung der Raumformeln, die man den einzelnen Pentiten zuerteilt, wird zweckmäßig auf eine

Adonit, Xylit und Arabile.

181

spätere Stelle dieses Lehrbuchs verschoben, an der im Zusammenhang die Konfiguration der Zuckerarten und der mit ihnen genetisch verknüpften Verbindungen abgeleitet wird (Kap. 35). Der A d o n i t 1 , welchem die Raumformel I (S. 180) zukommt, ist von besonderem Interesse, weil er fertig gebildet sich in der Natur findet. Die aus Wasser in schönen zentimetergroßen Prismen krystallisierende Verbindung wurde in der Fabrik von E. MERCK (Darmstadt) aus Adonis vernalis extrahiert und dann von E. FISCHES genauer untersucht. Der Adonit schmilzt bei 102°, ist in Wasser sehr leicht, in Alkohol nur beim Erwärmen leicht, in Äther nicht löslich; seine wäßrige Lösung schmeckt anfänglich süß und ist auch nach Zusatz von Borax optisch inaktiv. Er entsteht künstlich durch Reduktion von Ribose; sein D i b e n z a l d e r i v a t schmilzt bei 164—165°. Xylit* (Konfigurationsformel II auf S. 180) entsteht durch Reduktion von Xylose, wurde bisher nicht kristallisiert erhalten, ist optisch inaktiv und liefert durch Reduktion mit Jodwasserstoff normales sekundäres Amyljodid. Durch das Sorbose-Bakterium wird er nicht angegriffen (vgl. dazu S. 170). Sein Dibenzald e r i v a t schmilzt bei 175°. Die beiden optisch aktiven Pentite — ii-Ai*abit und ¿-Arabit®-4 (Konngurationsformeln III und IV auf S. 180) — entstehen durch Reduktion von d- bzw. 2-Arabinose (d-Arabit ist auch aus d-Lyxose erhalten worden). Sie schmelzen bei 103° (korr.); ihre wäßrige Lösung schmeckt süß. Erst nach Zusatz von Borax tritt das optische Drehungsvermögen hervor, und zwar wird die Lösung des d-Arabits rechtsdrehend, die des ¿-Arabits linksdrehend. Mit Benzaldehyd bildet i-Arabit ein Monobenzald e r i v a t vom Schmp. 152°. — Der durch Kombination der beiden Antipoden gebildete r-Arabit 4 schmilzt bei 105—106° (korr.) und löst sich bei 12° in 66 Tin. 90-prozentigem Alkohol, während die aktiven Arabite schon in 47 Tin. löslich sind. Wie aus den Pentosen die Pentite, so entstehen aus MethylpentosenCHO-CH(OH)-CH(OH)-CH(OH)-CH(OH)'CHs d i e M e t h y l - p e n t i t e C A H 1 4 0 8 = CH 2 (OH).CH(OH).CH(OH).CH(OH).CH(OH).CH,

[Hexanpeniol-

(2.2.3.4. 5)], von denen ebenfalls einige stereoisomere Vertreter — akl. Rhamnit, akt. und rae. R h o d e i t — bekannt sind. HO HO H R h a m n i t 6 CHs(OH) —}— | - ' —CH(OH) CH, — aus Rhamnose — schmilzt H H OH 1

MERCK, A r . 2 3 1 , 129 (1893). — E . FISCHER, B. 2 6 , 633 (1893). — SPEIER, B . 2 8 , 2532 (1895). — SCHULZ, TOLLENS, A . 2 8 9 , 24 (1896). — NEUBERO, B. 3 5 , 2629 (1902). S BERTRAND, Bl. [3] 5 , 555, 740 (1891). C. r. 1 2 8 , 763 (1898). — E . FISCHER, STAHEL, B. 2 4 , 538 (1891). — E . FISCHER, B. 2 4 , 1839 ANM. 3 (1891); 2 7 , 2486 (1894). — LOBRY DE BRCYN, VAN EKENSTEIN, R . 1 8 , 151 (1899). — NEÜBEBG, B . 3 5 , 2628 (1902). 8 KILUNI, B. 2 0 , 1233 (1887). — E . FISCHER, STAHEL, B . 2 4 , 538 (1891). — E . FISCHER, B. 2 7 , 1535 (1894). — SPEIER, B. 2 8 , 2532 (1895). — RUFE, OLLENDORFF, B . 3 3 , 1799, 1802 (1900). — VIGNON, GERIN, C. r. 1 3 3 , 641 (1901). * RUPF, B. 3 2 , 555, 556 (1899). — NEDBERO, WOHLGEMUTB, H . 3 5 , 63 (1902). • E . FISCHER, PILOTI, B. 2 3 , 3103 (1890). — WEBER, TOLLENS, A . 2 9 9 , 321 (1898). — LOBBY DE BRDYN, VAN ESENSTEIN, R . 18, 150 (1899). — VIGNON, GERIN, C. r. 1 3 3 , 641 (1901).

182

Rhamnit

und

Rhodeit.

bei 121° und ist in wäßriger Lösung (schon ohne Borax-Zusatz) ziemlich stark rechtsdrehend ([a]aD° in 8-6-prozentiger Lösung = + 10«7°). R h o d e i t 1 (aus akt. Rhodeose) schmilzt bei 153-5°, dreht in wäßriger Lösung schwach links, in Gegenwart von Borax stärker und wird vom SorboseBakterium (vgl. S. 170) nicht verändert. — r-Rhodeit 1 (aus r-Rhodeose) schmilzt bei 168°.

H ö h e r e f ü n f w e r t i g e A l k o h o l e 2 sind aus ungesättigten einwertigen Alkoholen mit zwei Doppelbindungen (vgl. Tl. I, S. 921) durch Oxydation mit Kaliumpermanganat gewonnen worden, z. B.: C%:CE:CS> C H (° H )

CH,(OH) • CH(OH) • C H s ^ c h 0 „

Diallyl-carbinol

Heptanpmtol-(l. 2. 4. 6. 7)

S e c h s w e r t i g e Alkohole. Unter den höherwertigen Alkoholen sind die sechswertigen Verbindungen der Formel C 6 H u 0 6 = C6H8(0H)6 („Hexite"): CH,(OH)• CH(OH)• CH(OH)• CH(OH)• CH(OH)• CH,(OH), Hexanhexol-{l. 2.3.4.5.

6),

von besonderem Interesse wegen ihrer Beziehungen zu der wichtigsten Gruppe der Zuckerarten, zu den „Hexosen" C6H12Og, welche teils die Aldose-Struktur CH,(OH) • CH(OH) • CH(OH) • CH(OH) • CH(OH) • CHO, teils die Eetose-Struktur CH,(OH) • CH(OH) • CH(OH) • CH(OH) • CO • CH,(OH) besitzen. Die Strukturformel der Hexite weist vier asymmetrische Kohlenstoffatome auf, von denen je zwei strukturell gleichartige Asymmetrie zeigen (in der obigen Formel durch * und o angedeutet). Die Verfolgung dieses Falles am Modell ergibt die Existenzmöglichkeit von 10 monomolekularen stereoisomeren Formen, welche durch die nachstehenden Projektionsformeln (vgl. dazu S. 179—180) wiedergegeben werden: CH,(OH) CH2(OH) CH,(OH) H— —OH H— -OH H -OH H -OH CH,(OH)

(Allodulcit) 1

HO- —H H -OH II. H -OH H -OH CH,(OH)

d-Talit

H— -OH HO- - H IH. HO— - H HO —H CH,(OH)

(¿-Talit)

VoToiEK, BDLÜ, C. 1906, I, 1818. M. Saizew, A. 185, 138 (1877). — Dubiniewicz, B. 22 Ref., 801 (1889). — 8. Reformatski, J. pr. [2] 41, 54 (1890). — Maximowitsch, C. 1900, I, 1064. — Mabko, C. 1901, I, 997. 1

Hexite. CH,(OH)

IV.

CHs(OH) H O - —H H— - O H V. HO- - H HO- - H

H— —OH HO —H H— —OH H— - O H CHa(OH)

CH,(OH)

¿-Sorbit

Z-Sorbit

CHj(OH)

VIII.

183

H— - O H HO- - H H— - O H HO— —H CHs(OH)

d-Idit

CH^OH) HO- -H HO— —H VI. H— OH H - -OH

CH,(OH)

VIL

H— —OH H - —OH H O - —H H O - —H

CH,(OH)

CH,(OH)

d-Mannit

CH,(OH) H O - —H H— —OH IX. HO- - H OH H CHj(OH)

Z-Idit

Z-Mannit

CHs(OH) HO- - H H OH H— —OH HO H CH,(OH)

Dulcit

Man überzeugt sich am Modell leicht, daß die Formen I und X durch intramolekulare Kompensation inaktiv sind, während die acht übrigen Formen aktiv sein müssen und sich zu vier Paaren — I I und III, IV und V, VI und VII, VIII und IX — ordnen, deren Glieder einander enantiostereomer sind; demnach können zu jenen 10 monomolekularen Formen noch vier inaktive, in Antipoden zerlegbare Formen hinzutreten. Von den nach der Theorie möglichen, monomolekularen Formen kennt man jetzt alle mit zwei Ausnahmen; es fehlen nur noch die Vertreter der Raumformeln I (Allodulcit) und III (Z-Talit). Vier Hexite — d-Mannit, «¿-Sorbit, rf-Idit und Dulcit — hat man in der Natur aufgefunden; die übrigen sind nur künstlich aus den entsprechenden Hexosen (vgl. S. 182) gewonnen worden. Im folgenden werden die bekannten Hexite nach ihrer Herkunft, ihren Eigenschaften und Umwandlungen besprochen; die Begründung ihrer Eonfigurationsformeln wird später bei Behandlung der zugehörigen Zuckerarten (Xap. 35) gegeben werden. M a n n i t e \ Der am längsten bekannte Hexit — der gewöhnliche M a n n i t — ist der der Konfigurationsformel VI entsprechende d - M a n n i t , eine im Pflanzenreiche außerordentlich verbreitete 2 Verbindung. PBOUST 1 Außer den im nachstehenden speziell zitierten Arbeiten vgl. noch z. B. die folgenden Zitate: BERTHELOT, A . ch. [3] 4 7 , 301 (1856). — FOMZBS-DIACON, BL. [3] 1 6 , 762 (1896). — SCHULZ, TOLLENS, A . 2 8 9 , 21 (1896). — PORTES, PBUNIEB, C. 1 9 0 2 , I , 1318. — VAKINO, HAUSES, Z. a. Ch. 2 8 , 210 (1901). — CABRÉ, C . r. 1 3 6 , 306 (1903). — CHABRIÉ, BOOCHONNET, C. r. 1 3 6 , 376 (1903). — MEUNIER, BL. [3] 2 9 , 735 (1903). — VANINO,

HARTL, J . p r . [2] 7 4 , 144 (1906). » Vgl.: P A Ï E N , A . 1 2 , 60 (1834). — W. MEYER, REICHE, A . 4 7 , 234 (1843). — K N O P , SCHNEDERMANN, A . 4 9 , 243 (1844). — STENHOUSE, A . 5 1 , 349 (1844). — SCHLOSSBERGER, DÖPPINO, A 5 2 , 117 (1844). — SMITH, J. 1 8 5 0 , 535. — ROÜSSIN, J. 1 8 5 1 ,

184

Gewöhnlicher Mannit.

entdeckte sie 1806 in der „Manna" (offizinelle Manna); es ist dies der durch Einschnitte gewonnene und eingetrocknete Saft aus dem Stamm der Manna-Esche (Fraxinus Ornus), die im nördlichen Teile Siziliens kultiviert wird. Diese Manna enthält 40—55 °/0 Mannit (daneben1 Zuckerarten, besonders Stachyose und Manninotriose) und bildet die bequemste Quelle für seine Darstellung; man gewinnt8 ihn daraus einfach durch Ausziehen mit heißem Wasser oder heißem verdünntem Weingeist und Krystallisation. Die australische Manna (von Myoporum platycorpum) besteht fast ausschließlich (zu 90°/o) aus Mannit 3 . Auch aus einem sehr häufig vorkommenden Schwämme — Agaricus integer (Speitäubling) — lassen sich größere Mengen Mannit leicht gewinnen4; er enthält im getrockneten Zustand 19—20°/o. Mannit findet sich ferner z. B. in der Sellerie, in den Blättern von Syringa vulgaris, den Jasminzweigen, den Kirschlorbeerfrüchten, den Oliven, in vielen Pilzen, Seegräsern usw. Auch im Boggenbrot 5 finden sich nicht unbeträchtliche Mannitmengen. Endlich sei erwähnt, daß 100 Liter normalen Harns etwa 2 g Mannit enthalten 6 . Die dem gewöhnlichen Mannit entsprechende Aldose ist die d-Mannose, die zugehörige Ketose ist der Fruchtzucker oder ¿-Fructose; man erhält dementsprechend aus dem Mannit durch vorsichtige Oxydation7 mit Salpetersäure ein Gemisch dieser beiden Zuckerarten („Mannitose"), während durch das Sorbose-Bakterium (vgl. S. 170) ausschließlich d-Fructose gebildet wird8. Andererseits wird Mannit sehr reichlich durch Reduktion von Mannose und Fructose mit Natriumamalgam in neutraler bzw. schwach saurer Lösung gebildet 9 ; aus Fructose entsteht daneben in annähernd gleicher Quantität «¿-Sorbit (s. u.). Aus Zuckerarten kann sich Mannit ferner durch Gärungsprozesse10 bilden, so bei der Milchsäure550. — LUDWIG, J . 1 8 5 7 , 503. — LUCA, C. r. 6 3 , 383 (1861); 6 5 , 506 (1862). — MÜNTZ, A . c h . [5] 8 , 56 (1876). — BOUHQÜELOT, C. r. 1 0 8 , 568 (1889); 111, 534 (1890). — VINCENT, DELACHANAL, C . r . 1 1 4 , 486 (1892). — KWASNIK, Ch. Z. 1 0 , 109 (1892).— MEUNIEB, A . ch. [6] 2 2 , 431 (1891). — GBÖTZNEB, A r . 2 3 3 , 1 (1895). — ZOPF, A . 3 0 0 , 354 (1898). — BATTANMEB, C. 1 9 0 1 , I , 634. — MÜTHER, TOILENS, B. 3 7 , 299, 301, 303 (1904). — ZELLNEB, M. 2 7 , 283 (1906). — H . u n d A. EULER, C. 1 9 0 6 , I , 1107. — HILL, SIRKAB, SOC. 9 1 , 1502 (1907). — VINTILESCO, C. 1 9 0 7 , I I , 77. — POWER, TDTIN, SOC. 9 3 , 902, 906 (1908). * 1

Vgl. TANEET, Bl. [3] 2 7 , 947 (1902). * Vgl. FLÜCKIGER, Ar. 2 3 2 , 311 (1894).

* Vgl. RUSPINI, A. 85, 203 (1848).

* THÖBNEB, B. 11, 535 (1878); 12, 1635 (1879). S

JAFFE, H . 7 , 303 (1883).

6

DOHBBOWSKI, C. r . 1 3 5 , 246 (1902).

' v. GORUP-BESANEZ, A. 118, 257 (1861). — DAFEBT, B. 1 7 , 228 (1884). — E . FISCHER, HIBSCHBEBQER, B. 21, 1805 .(1888). — Vgl. a u c h HABBIES, LANGHELD, H .

51, 382 (1907).

* VINCENT, DELACHANAL, C. r. 1 2 5 , 716 (1897). * E. FISCHES, HIBSCHBERGEB, B . 2 1 , 1808 (1888). — E . FISCHER, B. 2 3 , 3684 (1890). 14 LIEBIG, J . 1 8 4 7 / 4 8 , 466. — STBECKEB, A . 9 2 , 80 (1854). — PASTEDB, J . 1 8 5 7 , 511; 1 8 8 1 , 728. — DRAQENDOBPF, J . 1 8 7 9 , 854.

Abkömmlinge des Mannits.

185

Gärung und namentlich in großer Menge bei der schleimigen Gärung des Rohrzuckers. Der Mannitgehalt, der im Wein 1 bei der „MannitKrankheit" zu konstatieren ist, beruht auf der Umwandlung von d-Fructose in Mannit durch anaerobe Mikroben. Andererseits kann der Mannit selbst durch gewisse Bakterien vergoren werden2, z. B. durch den Bacillus aethacetosuccinicus unter Bildung von Äthylalkohol, Ameisensäure, Essigsäure, Bernsteinsäure, Wasserstoff und Kohlendioxyd. Mannit krystallisiert aus Wasser in dicken rhombischen Prismen, aus Alkohol in seidenglänzenden Nadeln, schmilzt 3 bei 165—166° und siedet* unter 1 mm Druck glatt bei 276—280°. Er bedarf etwa 6 Tie. Wasser von gewöhnlicher Temperatur zur Lösung 5 und ist in kaltem Alkohol sehr wenig, in Äther fast gar nicht löslich. Seine wäßrige Lösung lenkt die Schwingungsebene des polarisierten Lichts nur so schwach nach links ab ([a]D = — 0-25 daß sie ursprünglich für inaktiv gehalten wurde; durch freies Ätznatron wird die Linksdrehung beträchtlich vermehrt, dagegen ist Mannitlösung bei Gegenwart von Borax oder einigen anderen Salzen stark rechtsdrehend 6 . Die normale Struktur des Mannits ergibt sich daraus, daß er durch Jodwasserstoffsäure in normales 7 sekundäres Hexyljodid übergeführt wird, das als Gemisch von 2-Jod- und 3-Jod-hexan erkannt worden ist 8 . A b k ö m m l i n g e des Mannits. — M a n n i t - h e x a n i t r a t * C,H 8 (0 • NOs), krystallisiert in weißen Nadeln, schmilzt bei 112—113°, zersetzt sich bei vorsichtigem stärkeren Erhitzen ohne Explosion, verpufft aber stark bei plötzlichem Erhitzen und explodiert durch Schlag sehr heftig. Bei kurzem Stehen mit Pyridin spaltet es in lebhafter Reaktion eine Nitrogruppe ab und geht in M a n n i t - p e n t a n i t r a t C,H„(0HX0-N0 2 ), (Schmp. 81—82°) über. — M a n n i t - h e x a a c e t a t 1 0 C,H 8 (0.C0. 1 V g l . : MALBOT, B l . [3] 1 1 , 8 7 , 1 7 6 , 4 1 3 (1894). — MCLLEB, B l . [3] 1 1 , 329, 1 0 7 3 (1894). — PEOLION, C. 1 8 0 8 , I I , 4 4 2 . — GAYON, DCBOUBO, C. 1 8 0 1 , I I , 648. — KAYSEB, MANCEAU, C . r. 1 4 2 , 7 2 5 (1906); 1 4 3 , 247 (1906). 1 V g l . z. B . : FBANKLAND, FBEW, S o c . 6 1 , 2 5 4 (1892). — v. OMELIANSKI, C . 1 8 0 4 , I , 6 8 5 . — HABDEN, WALPOLE, C . 1 8 0 6 , I , 1560. * LANDOLT, P h . Ch. 4 , 3 6 5 (1889). * KBAFFT, DTES, B . 2 8 , 2 5 8 7 (1895). 5 V g l . FINDLAY, SOC. 8 1 , 1 2 1 8 (1902). * V g l . : BIOT, C. r. 1 4 , 4 9 (1842). — VIGNON, A . c h . [5] 2 , 4 3 3 (1874). — BOUCHABDAT, C. r. 8 0 , 1 2 0 (1875). — MUNTZ, AUBIN, A . c h . [5] 1 0 , 5 5 3 (1877). — KLEIN, C . r. 8 6 , 826 (1878). — E . FISCHEB, B . 2 3 , 3 8 5 (1890). — GEBNEZ, C . r. 1 1 2 , 1360 (1891). — GBOSSMANN, B . 3 8 , 1 7 1 6 (1905). C . 1 8 0 5 , I I , 1624; 1 8 0 7 , I , 25. 7 L E BEL, WASSERMANN, C . r. 1 0 0 , 1 5 8 9 (1885). 8 V g l . : COMBES, L E BEL, BL. [3] 7 , 551 (1892). — MICHAEL, J . pr. [2] 6 0 , 422 (1899) — RASETTI, BL. [3] 3 3 , 6 9 1 (1905). — MICHAEL, HABTMAN, B . 4 0 , 140 (1907). * DOMONTE, MENABD, C . r. 2 4 , 3 9 1 (1847). — SOBBEBO, C . r. 2 5 , 121 (1847). — STBECKEB, A . 7 3 , 59 (1850). — KNOP, A . 7 4 , 3 5 0 (1850). J . pr. [1] 5 6 , 337 (1852). — DESSAIONES, A . 8 1 , 251 (1852). — MILLS, J . 1 8 6 4 , 5 8 4 . — TICHANOWITSCH, Z. 1 8 6 4 , 4 8 2 . — BOUCHABDAT, A . ch. [5] 6 , 125 (1875). — SOKOLOW, B . 1 2 , 688, 6 9 8 (1879). — VIGNON, GEBIN, C . r. 1 3 3 , 5 1 5 (1901). — WIONEB, B . 3 6 , 794 (1903). 10 ScHttTZENBEBGEB, A . 1 6 0 , 9 4 (1871). — BOUCHABDAT, A . c h . [5] 6 , 107 (1875). — FBANCHIMONT, B . 1 2 , 2059 (1879).

UMannit und i-Mannit.

186

CH3)e bildet schöne rhombische Krystalle vom Schmelzp. 119°. — Das T r i ä t h y l i d e n a c e t a l des M a n n i t s 1 C a H 8 ^~Q^>CH-CH 3 j s bildet feine weiße Nadeln, schmilzt bei 174°, sublimiert leicht, siedet unzersetzt bei 285", ist in kaltem Wasser nicht, in heißem ziemlich löslich. — Das T r i b e n z a l d e r i v a t 1 , s C e H 8 ^~Q>CH-C e H e ) a schmilzt unter Zersetzung bei 213—218°.—Tr i a c et o n - m a n n i t 3 CaH9 [~Q>C(CH 8 ), j s schmilzt bei 68—70°, destilliert in kleineren Mengen unzersetzt und verflüchtigt sich auch reichlich mit Wasserdämpfen. A n h y d r i d e . Aus dem Mannit erhält man durch Erhitzen auf 200°, durch längeres Kochen mit konzentrierter Salzsäure und unter anderen Bedingungen eine dickflüssige Substanz, die durch Kochen ihrer wäßrigen Lösung in Gegenwart von Alkalien oder Bleioxyd wieder teilweise in Mannit übergeführt wird, Mannitan* genannt wurde und ungefähr die Zusammensetzung des ersten Mannitanhydrids C,H 12 0 ( besitzt, aber wohl kaum einheitlich ist. — Eine ebenfalls sirupartige Substanz von der Zusammensetzung des zweiten Mannitanhydrids CsH10O4 — M a n n i d ' genannt — entsteht beim Erhitzen von Mannit mit Buttersäure auf 200—250°. — Besser charakterisiert ist der I s o m a n n i d ' C8H10O4, welcher bei der Destillation des Mannits im Vakuum entsteht, auch durch längeres Kochen dieses Hexits mit käuflicher Salzsäure erhalten wird, große monokline Krystalle bildet, bei 870 schmilzt, unter 80 mm Druck bei 176°, unter gewöhnlichem Druck nicht ganz unzersetzt bei 274" siedet, in Wasser und Weingeist sehr löslich, in Äther nicht löslich ist und nach rechts dreht — Eine isomere Verbindung — ^ - M a n n i d ' — entsteht bei der Reduktion von Mannit-dichlorhydrin mit Natriumamalgam, krystallisiert aus Wasser in großen glänzenden Prismen, schmilzt bei 119° und siedet unter 16 mm Druck fast unzersetzt zwischen 205° und 210°. Den optischen Antipoden des gewöhnlichen Mannits — den / - M a n n i t 8 (Konfigurationsformel VII auf S. 183) — lehrte EMIL FISCHEB im Verlaufe seiner Untersuchungen über die Zuckergruppe kennen. Die Verbindung wurde durch Reduktion der ¿-Mannose mit Natriumamalgam erhalten, ist dem gewöhnlichen Mannit sehr ähnlich, krystallisiert aus Wasser in feinen Nadeln, schmilzt bei 163—164°, zeigt in wäßriger Lösung eine kaum wahrnehmbare Drehung, erlangt aber durch Borax-Zusatz eine beträchtliche Linksdrehung, deren Stärke der unter gleichen Bedingungen beobachteten Bechtsdrehung des gewöhnlichen Mannits entspricht. Der «-Mannit" (a-Acrit) entsteht durch Reduktion von ¿-Mannose, sowie von ¿-Fructose (a-Acrose), krystallisiert aus Wasser in kleinen Prismen, schmilzt bei 168° 1

MEUNIEB, A. ch. [6] 22, 415 (1891). * LOBBY DB BBUYN, VAN EKENSTEIN, R. 18, 151 (1899). * E. FISCHEB, B. 28, 1168 (1895). 4 BERTHELOT, A. ch. [3] 47, 306 (1856). — BOUCHABDAT, A. ch. [5] 6, 100 (1875). — VIONON, A. ch. [5] 2, 458 (1874). — ALECHIN, B. 17 Ref., 282 (1884). 8 BEETHELOT, A. ch. [3] 47, 312 (1856). — C. LIEBERMANN, B. 17, 874 (1884). 4 FAUCONNIEB, C. r. 95, 991 (1882). Bl. [2] 41, 119 (1884). — ALECHIN, B. 17 Ref., 282 (1884). — CABRÉ, C. r. 137, 519 (1903). » SIWOLOBOW, B. 17 Ref., 282 (1884). A. 233, 372 (1886). 8 E. FISCHEB, B. 23, 375, 385 (1890). * E. FISCHEB, B. 23, 383, 390 (1890).

Sorbite und Idite. und bleibt auch bei Borax-Zusatz inaktiv. bei 190—192°

187

Sein T r i b e n z a l - D e r i v a t 1 schmilzt

Sorbite 2 (Konfigurationsformeln IV und V auf S. 183). Der d-Sorbit wurde von BOUSSINGAULT im Saft der Vogelbeeren — der Früchte von Sorbus aucuparia — entdeckt. Später fand man ihn auch in vielen anderen Früchten, so im Saft der Pflaumen, Kirschen, Äpfel, Birnen, Mispeln, Pfirsiche usw. Der Vogelbeersaft bietet eine bequeme Quelle für seine Gewinnung; in diesem Saft verwandelt er sich aber, wie durch die wichtigen Untersuchungen von B E B T R A N D (vgl. S. 170) klargestellt wurde, zu d-Sorbose C 6 H I2 0 6 (einer Ketose), wenn das „Sorbose-Bakterium" (Bacterium xylinum) hineingelangt und sich entwickelt. Mit dem natürlichen Sorbit ist der sechswertige Alkohol identisch, der durch Reduktion aus dem natürlichen Traubenzucker — der „d-Glykose" genannten Aldose3 — und aus zwei Ketosen — der d-Fructose (neben d-Mannit, vgl. S. 184) und der d-Sorbose (neben E . FISCHES, B . 2 7 , 1530 (1894). ' BOÜSSINGAÜLT, A . ch. [4] 2 6 , 3 7 6 (1872). — HITZEMANN, TOLLENS, B . 2 2 , 1 0 4 8 (1889). — VINCENT, DELACHANAL, C . r. 1 0 8 , 147, 354 (1889); 1 0 9 , 6 7 6 (1889); 111, 5 1 (1890); 1 1 4 , 4 8 6 (1892). — MEUNIEK, C. r. 1 0 8 , 1 4 8 (1889); 1 1 1 , 4 9 (1890). A . ch. [6] 2 2 , 4 2 3 (1891). — E . FISCHER, B . 2 3 , 3685 (1890). — E . FISCHER, STAHEL, B . 2 4 , 5 3 5 , 2 1 4 4 (1891). — A . FREUND, J . pr. [2] 4 3 , 5 4 5 (1891). — GERNEZ, C . r. 1 1 3 , 1 0 3 1 (1891). — v . LIPPMANN, B . 2 5 , 3 2 1 8 (1892). — SPEIER, B . 2 8 , 2 5 3 3 (1895> — SCHULZ, TOLLENS, A . 2 8 9 , 2 3 (1896). — BEBTRAND, BL. [3] 1 5 , 627 (1896). C. r. 1 2 6 , 6 5 3 (1898). A . ch. [8] 3 , 181 (1904). — EMMERLING, B . 3 2 , 541 (1899). — LOBBY DE BRUYN, VAN EKENSTEIN, R . 1 8 , 1 5 1 (1899); 1 9 , 7 (1900). — VANINO, HABTL, J . pr. [2] 7 4 , 1 4 4 (1906). — NEUBERG, MARX, C. 1 9 0 7 , I , 1321.

* Die Reduktion der rf-Gulose, welche theoretisch die zweite, dem ¿-Sorbit entsprechende Aldose ist, wurde noch nicht ausgeführt; vgl. aber oben im Text die Bildung von ¿-Sorbit aus /-Gulose. * E . FISCHER, FAT, B . 2 8 , 1979, 1982 (1895). — VINCENT, MEUNIEB, C . r. 1 2 7 , 7 6 0 (1898). — LOBBY DE BBÜYN, VAN EKENSTEIN, R. 1 8 , 151 (1899); 1 9 , 8 (1900). — BERTBAND, C . r. 1 3 9 , 802, 9 8 3 (1904). A . ch. [8] 1 0 , 450 (1907). — BERTRAND, LANZENBEBO, BL. [3] 3 5 , 1 0 7 3 (1906).

188

Talite und Duleit.

bei 73—74° und zeigt in 10-prozentiger wäßriger Lösung [«]D = — 3-53 0 ; sein H e x a a c e t a t C 6 H 8 (0-C0.CH 3 ) 6 schmilzt bei 121-5°. M d i t wurde aus Mdose und aus Z-Sorbose durch Reduktion gewonnen. Talite 1 (Konfigurationsformeln II und III auf S. 182). d - T a l i t entsteht durch Reduktion von d-Talose (einer Aldohexose), bildet zerfließliche Prismen, schmilzt bei 86" und zeigt in 10-prozentiger wäßriger Lösung [a]J,s = + 3-05°; durch Zusatz von Borax und Alkali wird die Drehung umgekehrt. — / - T a l i t ist noch nicht bekannt. — Der ¿ - T a l i t liegt wahrscheinlich in dem Hexit vom Schmp. 66—67° vor, der erhalten wird, wenn man Duleit (s. u.) mit Bleisuperoxyd oxydiert und die hierbei gebildete Ketose gleich wieder mit Natriumamalgam reduziert.

Duleit 2 (Melampyrin) (Konfigurationsformel X auf S. 183). Die Manna von Madagaskar besteht fast ausschließlich aus Duleit, den man daraus direkt durch Ausziehen mit heißem Wasser erhält; er findet sich ferner im Kraut von Melampyrum nemorosum, im Cambialsaft und der Kinde von Evonymus europaeus, sowie in einigen anderen Pflanzen. Künstlich entsteht er durch Reduktion der beiden optisch entgegengesetzten (d- und ¿-) Galaktosen, die zu den Aldohexosen gehören. Duleit krystallisiert in monoklinen Säulen, schmilzt bei 188 >5°, bedarf bei gewöhnlicher Temperatur etwa 30 Tie. Wasser zur Lösung, ist in Weingeist sehr wenig, in Äther gar nicht löslich. Der Duleit ist optisch inaktiv und zwar als eine durch intramolekulare Kompensation inaktive, also nicht spaltbare Modifikation aufzufassen. Er wird vom Sorbose-Bakterium nicht angegriffen (vgl. S. 170). Bei der Reduktion mit Jodwasserstoffsäure liefert er normales sekundäres Hexyljodid. Durch Behandlung mit Formaldehyd und Salzsäure entsteht ein D i f o r m a l d e r i v a t C , H 8 ( O H ) , ( - G > C H s ) s (Schmp. 244—245°), in welchem sich die beiden freien Hydroxyle durch Einföhrnng zweier Acyle nachweisen lassen; so entsteht z. B. durch Essigsäureanhydrid (mit Natriumacetat) das D i m e t h y l e n d u l c i t - d i a c e t a t C 9 H 8 (0• C O . C H , ) ! ( ~ O > C H 1 ) , vom Schmp. 258—260°. 1

E . FISCHEB, B . 2 7 , 1524 (1894). — BERTRAND, BRUNEAU, C . r. 1 4 6 , 4 8 2 (1908). BL. [4] 3 , 4 9 5 (1908). 1 HÜNEPELD, J . pr. [1] 7 , 2 3 3 (1836); 8 , 4 7 (1836). — LAURENT, A . 7 6 , 3 5 8 (1850); 8 0 , 3 4 5 (1851). — JACCIDELAM, A . 8 0 , 3 4 5 (1851). — EICHLEB, J . 1 8 5 6 , 6 6 5 . — BicHAMP, G. r. 5 1 , 2 5 5 (1860). — CARLET, A . 1 1 7 , 1 4 3 (1861). — KÜBEL, J . pr. [1] 8 5 , 372 (1862). — GILMER, A . 1 2 3 , 3 7 2 (1862). — ERLBNMETEB, WANKLYN, Z. 1 8 6 2 , 6 4 1 . — BODCHARDAT, A . ch. [4] 2 7 , 68, 145 (1872). — HECHT, A . 1 6 5 , 146 (1873). — CHAMPION, C . r. 7 8 , 1150 (1874). — CLAESSON, J . pr. [2] 2 0 , 15 (1879). — MÜNTZ, MARCANO, A . ch. [6] 3 , 2 8 3 (1884). — E . FISCHEB, TAFEL, B . 2 0 , 3890 (1887). — E . FISCHEB, HEBTZ, B . 2 5 , 1 2 6 1 (1892). — CBOSSLEY, B . 2 5 , 2564 (1892). — FRANKLAND, FREW, SOC. 6 1 , 2 5 4 (1892). — v . LIPPMANN, B . 2 5 , 3216 (1892). — E . FISCHEB, B . 2 7 , 1528, 1534 (1894). — SPEIEB, B . 2 8 , 2 5 3 3 (1895). — KBAPFT, DYES, B . 2 8 , 2 5 8 7 (1895). — GBIKBEBT, BL. [3] 1 5 , 8 9 (1896). — WEBER, TOLLENS, B . 3 0 , 2 5 1 1 (1897). A . 2 9 9 , 3 1 8 (1898). — BERTRAND, C. r. 1 2 6 , 763 (1898). — MAQUENNE, BL. [3] 2 1 , 1 0 8 2 (1899). — HÖHNEL, C . 1 9 0 0 , I , 869. — NEÜBEBG, B . 3 5 , 2 6 2 9 (1902). — WIGNER, B . 3 6 , 7 9 4 (1903). — CABB£, C. r. 1 3 9 , 637 (1904). — v. OMELIANSKI, C . 1 9 0 4 , I , 685. — VANINO, HARTL, J . pr. [2] 7 4 , 144 (1906). — HABRIES, LANGHELD, H . 5 1 , 3 8 3 (1907). — NEÜBEBG, MABX, C. 1 9 0 7 , I , 1321.

Rhamnohexü,

189

Perseit.

Als Repräsentant der Methyl-hexite C 7 H lg 0 6 = CH3-[CH(OH)]5CH2(OH) [Heplanhexol-(l. 2.3.4.5. ff)] sei der Rhamnohcxit 1 genannt, welcher durch Reduktion der Rhamnohexose C,H u O e (vgl. Kap. 35) gewonnen worden ist, aus heißem Alkohol in kleinen farblosen Prismen krystallisiert, bei 173° schmilzt und nach rechts dreht ([«]£" in 9-prozentiger wäßriger Lösung = + 14°). Sieben- bis neunwertige Alkohole. Ausgehend von den Aldohexosen, welche den sechswertigen Alkoholen entsprechen, kann man, wie E M I L F I S C H E B gezeigt hat, synthetisch höherwertige Alkohole aufbauen. Man erhält zunächst durch Addition von Cyanwasserstoff an jene Zuckerarten ein Nitril (bzw. zwei stereoisomere Nitrile); die Nitrile liefern durch Verseifung Hexaoxy-carbonsäuren; aus letzteren entstehen durch Reduktion mit Natriumamalgam Zucker mit 7 Sauerstoffatomen (Aldoheptosen) und durch weitere Reduktion die entsprechenden siebenwertigen Alkohole [Heptite, ffeptanheptole-(l.2.3. 4.5.6.7)],

z.B.: CN

CHO [CH-OH], CHj-OH Mannose

v

CH-OH [CH-OH]« CHj-OH

CO,H [CH-OH], CHj-OH

- - »-

Mannose-cyanhydrin

Mannose-carbonsäure

CHO [CH-OH], CH.-OH

CH,.OH [CH-OH], . CH,-OH

Mannoheptose

Mannoheptit

Auf diesem Wege wurde aus der d-Mannose ein Alkohol C7H1607 erhalten, der demnach als rf-Mannoheptit2 bezeichnet werden kann; er hat sich als identisch erwiesen mit dem schon vorher in der Natur aufgefundenen Perseit, der von M Ü N T Z undMABCANO3, sowie von M A Q U E N N E 4 eingehend untersucht worden ist. Der Perseit ist reichlich in den Früchten und Blättern von Laurus persea — einem in den Tropen sehr verbreiteten Baume — enthalten; er krystallisiert aus Wasser in mikroskopischen Nädelchen, schmilzt bei 188°, erfordert bei gewöhnlicher Temperatur etwa 16 Tie. Wasser zur Lösung, ist in warmem Wasser sehr leicht, in absolutem Alkohol sehr wenig löslich; die wäßrige Lösung, für sich inaktiv, wird durch Zusatz von Borax stark rechtsdrehend. Bei der Einwirkung von Jodwasserstoff liefert der Perseit einen cyclischen Kohlenwasserstoff C 7 H ia (Tetrahydro-toluol) und ein Heptyljodid C 7 H 15 J. 1 1

3

E. FISCHER, PILOTT, B. 2 3 , 3106, 3827 (1890). E. FISCHER, B. 2 3 , 935 (1890). — E . FISCHER, PASSMORE, B. 2 3 , 2231 (1890).

A. eh. [6] 3, 279 (1884). * C. r. 114, 1066 (1892). A. eh. [6] 19, 1 (1890); [6] 28, 270 (1893).

Sieben- bis neunwertige

190

Alkohole.

Der Z - M a n n o h e p t i t * ist in entsprechender Weise aus 7-Mannose gewonnen worden; er vereinigt sich mit Perseit zu » - M a n n o h e p t i t [Schmp. 203° (korr.)]. Indem man für dieselbe Reaktionsfolge, die von der Mannose zum Perseit führt, die Mannoheptose (B. S. 189) zum Ausgangspunkt nimmt, gelangt man zum d - M a u n o o c t i t ' (Octanoetot) C 8 H„0 8 = CHs(OH) • [CH(OH)]„ • CH,(OH); mikroskopische Täfelchen, die bei 258° schmelzen und selbst in heißem Wasser ziemlich schwer löslich sind. In analoger Weise sind von der d-GUykose als Ausgangspunkt die folgenden Alkohole 3 gewonnen wordew: o-GIykoheptit C,H i e 0 7 (Schmp.; 127—128°, optisch inaktiv durch intramolekulare Kompensation), o-Glykooctit C 8 H, 8 0 8 (Schmp. 141", schwach rechtsdrehend) und a-Glykououit C,H 20 0 9 (Schmp. 194°). Alle drei Verbindungen Bind in heißem Wasser leicht löslich. Aus Galaktose hat man a-Galaheptit und Galaoctit gewonnen4. Für die bisher aufgeführten siebenwertigen Alkohole (Mannoheptite, Glykoheptit und Galaheptit) ergibt sich aus ihren Bildungsweisen die Struktur des n o r m a l e n Heptaoxy-heptans; sie sind also miteinander stereoisomer. E i n weiterer Heptit C 7 H 1 6 0 7 liegt in dem Y o l c m i t 5 vor, für den man noch keine Anhaltspunkte zur Beurteilung der in seiner Kohlenstoffkette anzunehmenden Struktur besitzt. D e r Volemit wurde von BOUBQUELOT 1890 in einem Hutpilz (Lactarius volemus) entdeckt und findet sich auch in den Wurzeln von Primulaceen; seine Zusammensetzung wurde von E. F I S C H E B erkannt. Er bildet Nädelchen vom Schmp. 1 5 4 — 1 5 5 ° , besitzt schwachen Zuckergeschmack und ist in Wasser sehr leicht, in Alkohol wenig, in Äther nicht löslich. Sein Drehungsvermögen in wäßriger Lösung — [«]„ = + 2 - 6 5 ° — ist von der Konzentration unabhängig; von freier Borsäure wird es nicht verändert, von Natriumborat aber sehr erhöht. Ein siebenwertiger Alkohol der neunten Kohlenstofireihe mit verzweigter Kette (HO• CHj^C• CH(OH)• C(CH,• OH), [2.2.4.4-Tetrametkylobpenkmtriol-{1.3.5)] ist in Form eines Anhydroderivates — als Anhydro-enneaheptit" C,H ls O e = C,H lt O(OH), — bei der Kondensation von Aceton mit Formaldehydlösung durch Kalk erhalten worden (vgl. Tl. I, S. 698). Der Anhydro-enneaheptit bildet Krystalle vom Schmp. 156° und liefert ein P e n t a a c e t a t C 8 H 13 0(0'CO*CH 3 ) 5 vom Schmp. 84®. H ö h e r e H e p t i t e sind aus ungesättigten Alkoholen C n H i n _j(OH) mit drei Doppelbindungen durch Oxydation mit Kaliumpermanganat gewonnen worden', z. B.: CHA: CH-CHJS

CHjtCH.CHAC-OH CH, : CH • C H S /

Triallyl-carbinol

>•

CH2(OH).CH(OH)-CH,V

CH,(OH).CH(OH)-CH,-^C-OH. CH,(OH). CH(OH). C H , /

4-Propyldiol-{4*. 43)-heptanpentol-(l. 2.4.6.7)

1 2 SMITH, A . 2 7 2 , 188 (1893). E . FISCHER, PASSMOKE, B . 2 3 , 2235 (1890). ' E . FISCHEB, A . 2 7 0 , 80, 98, 107 (1892). B. 2 7 , 1533 (1894). — SPEIER, B . 2 8 , 2534 (1895). * E . FISCHEB, A . 2 8 8 , 147, 151 (1895). 6 E . FISCHER, B . 2 8 , 1973 (1895). — BOUBQUELOT, C. 1 8 9 8 , I , 28. — BOVOAÜLT, ALLABD, C. r. 1 3 5 , 796 (1902). • APEL, TOLLENS, B . 2 7 , 1089 (1894). A . 2 8 9 , 46 (1896). — APEL, WITT, A. 2 9 0 , 153 (1896). ' A . REFORMATSKI, B . 4 1 , 4089, 4093, 4096, 4098 (1908).

Halogenierte

Alkohole.

Dreiundzwanzigstes

191

Kapitel.

Verbindungen, die zugleich Halogen und Hydroxyl enthalten, und ihre Derivate. (Halogenderivate der Alkohole [Halohydrine uaw.] — Halogenderivate der Äther und Ester — Halogenderivate von Schwefelverbindungen.)

Bei der Besprechung der mehratomigen Alkohole ist mehrfach hervorgehoben worden, daß mehrere Hydroxyle sich in der Regel an ein und d e m s e l b e n Kohlenstoffatom nicht nebeneinander halten können (S. 61—62, 116). Dasselbe gilt auch für die Kombination von Halogen mit OH Hydroxyl; Verbindungen, deren Molekül die Gruppe enthält, sind im allgemeinen nur wenig beständig. Es wurde schon Tl. I, S. 663 mitgeteilt, daß die Reaktion von Halogenwasserstoff auf Carbonylverbindungen, die im Sinne der Gleichung: > C : 0 + HHl g =

>C C < nOH i g eine größere Haltbarkeit gewinnen. So ist das DicinnamenylOH chlor-carbinol (C6H, -CH:CH) 2 C < £ " ein Körper von erheblicher Beständigkeit4.

OH Ist aber das Wasserstoffatom des Hydroxyls im Komplex durch Radikale vertreten, so können Halogenatome mit dem Sauerstoff1 LÖSEKANN, Ch.-Ztg. 14, 1408 (1890). — MERCKLIN & LÖSEKANN, D . R . P . 5 7 6 2 1 (Ber. 2 5 Ref., 92 [1892].) — v . HEMMEIMAYB, M. 1 2 , 89 (1891). 1 GRASSI, MASELII, G. 2 8 , I I , 477 (1898). 8 LITTEBSCHEID, A . 3 1 6 , 157, 177 (1901). — COOPS, R . 2 0 , 267 (1901). — LITTERSCHEID, THIMME, A. 3 3 4 , 1 (1904).

Über das Produkt der Einwirkung von Bromwasserstoff auf Formaldehyd vgl. HENRY, B. 2 7 Ref., 336 (1894). R . 2 3 , 16 (1904). 4

STBAUS, CASPABI, B. 4 0 , 2^91 (1907).

192

Halohydrine.

atom, das nun äther- bzw. esterartig gebunden ist, am gleichen Kohlenstoffatom sich gut halten. Derivate der für sich meist unbeständigen a-halogenierten Alkohole sind demgemäß in erheblicher Zahl bekannt, z. B.: C H

>- (CH,),C(0-MgJ).CH,Cl ->- (CH,),C(OH).CHiCl; C1CH,-C0'CH,C1 + C,H5«MgBr ->- C1CH, • C i C ^ X O • MgBr) • CH,C1 - > C1CH4 • C(CsH6)(0H) • CH,C1; C 2 H 6 0 • OC • CHSC1+C,H6 -MgBr - H C j H ^ C t O • MgBr) • CH a Cl->- (C, H8),C(OH) • CH.Cl.

Jodhydrine werden häufig aus Chlorhydrinen durch Umsetzung mit Kaliumjodid oder besser mit dem in heißem Alkohol löslichen Natriumjodid8 gewonnen4: CH a (0H).CH,Cl + K J •» CHa(OH)-CH,J + KCl.

Durch Einwirkung des Broms geht Athylenjodhydrin in das entsprechende Bromhydrin über6. Verhalten. Die Halohydrine werden als Hydroxylverbindungen durch die Fähigkeit charakterisiert, mit Acetylchlorid unter Esterbildung zu reagieren: CH,C1>CH,(0H) + Cl«CO«CH, -

CHjCl-CH^O-CO-CH.) + HCl.

Die H a l o g e n a t o m e sind in den Halohydrinen ebenso gebunden, wie in den Alkylhalogeniden, und demnach l e i c h t beweglich. Man benutzt daher vielfach die Halohydrine — namentlich diejenigen des Äthylenglykols —, um Oxyalkylgruppen in mannigfache Verbindungsformen überzuführen, z. B.: CH,(0H)«CH,C1 + K8H CH,(OH)-CHjCl + Na, SO, CHJ(OH)»CH,Cl 4- NH(C,H5), CH S (0H).CH,C1 + N(CH,)a OBWCW

+

^ t o C A

= = = ~

CH,(0H)-CH,-SH + KCl; CH,(OH)CH,.SO i Na + NaCl; CH l (OH).CH s .N(C„H 6 ) 1 ,HCl; CH,(0H).CH,v. , .

= CHJ(OH).CHjH.CO,.OCÄ+NaC1usw.

< Vgl. h i e r z u KRASSUSKI, C. 1 0 0 7 , I I , 1319. » TIFMSNEAU, C. r. 1 3 4 , 774 (1902). — BAYER & Co. D . R . P . 168941 (C. 1 9 0 6 , I, 1471. — RIEDEL, D . R . P . 169746 (C. 1 9 0 6 , 1 , 1584). — DALEBROÜX, WÜTTS, C. 1 9 0 6 , I I , 1179. — SÜSSKIND, B . 3 9 , 225 (1906). — HENKT, C. r. 1 4 4 , 1404 (1907). — FOÜRNEAU, TIFPENEAÜ, C. r. 1 4 5 , 437 (1907). — MAIRE, BL. [4] 3 , 282 (1908). * HENRY, J . 1 8 8 9 , 1320. 4 BUTLEROW, OSSOKIN, A . 1 4 4 , 43 (1867). — CLAUS, A . 1 6 8 , 21 (1873). — HENRY,

B. 2 4 Ref., 75 (1891). 5

HENRY, J . 1 8 8 9 , 1320.

Verhalten der

Halohydrine.

195

B e i der Einwirkung von A l k a l i e n — zuweilen auch schon von Kaliumcarbonat 1 — treten Halogen atome und Hydroxylgruppen gleichzeitig in Reaktion; indem der Hydroxylwasserstoff als Halogenwasserstoff abgespalten wird, entstehen Alkylenoxyde (vgl. S. 76):

CHACI

CHjCl^H-OH



CH,\

= CH S C1.6H >

_ 0 + K C 1

+

^

0

-

Die Geschwindigkeit dieser Reaktion ist in einigen Fällen von EVANS 2 mit Bezug auf die räumliche Konfiguration der Moleküle untersucht worden. Als besonders interessant sei hervorgehoben, daß durch Einführung von Methylgruppen die OxydBildung außerordentlich begünstigt wird; CH 3 -CH(0H)-CH 2 C1 wird viel leichter in das entsprechende Oxyd übergeführt als CHJ(OH).CH2C1; (CH,)SC(Cl)-CHJ(OH) noch viel leichter als CH8-CH(OH)-CH2Cl. Ein ähnlicher Einfluß der Alkyle hat sich für die Anhydridbildung von Dicarbonsäuren herausgestellt (vgl. Kap. 25 u. 26). Zur Frage, wie weit die Anzahl der Ringglieder in dem sich bildenden Oxyd auf die Geschwindigkeit der Halogenwasserstoff-Abspaltung von Einfluß ist, haben ferner PETBENKO-KRITSCHENKO und KONSCHIN 3 Beiträge geliefert; die Geschwindigkeit der Reaktion bei Gegenwart von Kalilauge nimmt vom Äthylen- zum Trimethylenchlorhydrin rasch ab, verändert sich dann aber bei weiterer Verlängerung der Methylenkette nur noch wenig. Die SpannungsVerhältnisse in den entstehenden Ringsystemen (vgl. S. 95) erscheinen also nicht als der für die Leichtigkeit der Reaktion maßgebende Hauptfaktor. Alkylenoxyde entstehen aus den vic. - Halohydrinen auch beim Erwärmen mit Wasser und solchen Metalloxyden, wie Blei- oder Silberoxyd, deren Chloride durch Wasser nicht hydrolysiert werden. Beim Erhitzen mit Wasser allein aber erhält man infolge der isomerisierenden Wirkung der abgespaltenen Salzsäure anstatt der Oxyde Ketone bzw. Aldehyde (vgl. S. 31, 34—35, 79). Diese Produkte entstehen auch beim Erhitzen der vie.-Halohydrine für sich auf hohe Temperaturen, wobei gleichzeitig der freiwerdende Halogenwasserstoff einen Teil des Halohydrins in das entsprechende Alkylendihalogenid verwandelt 4 . Die Leichtigkeit, mit welcher S a l z s ä u r e die Chlorhydrine in Dichlorparaffine verwandelt, ist abhängig von der Stellung des Hydroxyls zum Chlor: durch die Nachbarstellung der CH,C1-Gruppe wird der Austausch von OH gegen C1 erschwert. Z. B. wird l-Chlor-2-methylpropanol-(2) (CH,),C(OH).CH,Cl viel schwerer als 4-Chlor2-methylbutanol-(2) (CH,),C(OH)-CH,-CH,Cl in das entsprechende Dichlorparaffin übergeführt 6 . Durch n a s c i e r e n d e n W a s s e r s t o f f (Natriumamalgam) können die Halogenatome eliminiert werden; dadurch wird eine Uberführung höherwertiger Alkohole in solche von geringerer Wertigkeit möglich 6 : s P h . C h . 7 , 337 (1891). * Vgl. HENRI, C. r. 1 4 5 , 499 (1907). A. 3 4 2 , 51 (1905). 4 KBASSÜSKI, C. 1 9 0 2 , I I , 19. — Vgl. a u c h CHARON, PAIX-S HILLES, C. r. 1 3 0 , 1407 (1900). 5 HENRY, C. 1 9 0 6 , I I , 1178. • LODBENOO, A . 1 2 0 , 91 (1861). — BÜFF, A . Spl. 5 , 249 (1867). 13* 3

Ätkylen-halohydrine.

196 CHs(OH) ¿HJ(OH)

^

CH,(OH)

CH.Cl

CHS

¿H,(OH)

¿H,(OH)'

CH,(OH)

CHJ(OH)

¿H(OH)

¿H(OH)

¿HJ(OH)

¿H2C1

>•

¿H(OH) . ¿H3

Bei der Einwirkung von A l k y l m a g n e s i u m s a l z e n 1 auf die Halohydrine der Glykole wird in der Kälte nur das Hydroxyl unter Freiwerden von Grenzkohlenwasserstoffen durch den Komplex -OMgHlg ersetzt, in der Wärme wird aber das Chlor gegen Alkyl ausgetauscht; die Zersetzung des Produktes mit Eis liefert dann primäre Alkohole: Cl'CHj'CHj-OH + R-MgHlg = C l C H s . C H , O M g H l g + H - R , Cl-CHJ.CHJ.O-MgHlg + R.MgHlg = Cl - Mg. HIg + R • CH, • CH, • 0 • MgHlg ->R-CH,.CH s -OH. Das entsprechend der ersten Gleichung gebildete, halogenierte Alkyloxy-magnesiumsalz geht bei manchen Reaktionen dieser Art zu erheblichem Betrage durch Abspaltung von Magnesiumdihaloid in einer zweiten Phase der Umsetzung in Alkylenoxyde über, die dann ihrerseits (vgl. S. 78) auf das Alkylmagnesiumsalz einwirken; so kann man die Bildung erheblicher Mengen von Dimethyl-isopropyl-carbinol aus Trimethyl-äthylenchlorhydrin und Methylmagnesiuinbromid durch folgende Formelreihe erläutern: (CH,)JC—CH • C H ,

(CHJJJC

C1 OH

C1 (CH,)JC

O-MgBr

CH-CH,

(CH^C

CH-CH,

ÖMgBr CH-CH,

CH,

(CHJFEC

OH

CH-CH, .

CH,3

Glycerin-a-chlorhydrin (S. 198) setzt sich weniger lebhaft um und läßt neben dem bei normalem Reaktionsverlauf zu erwartenden Glykol R • CH, • CH(OH) • CH, • OH als Hauptprodukt ein isomeres Glykol R-C(CH a )(0H)-CH 2 -0H entstehen, dessen Bildung bereits S. 72—73 interpretiert wurde. Halohydrine des Äthylenglykols (Äthylen-halohydrine). G l y k o l - c h l o r h y d r i n * CHjCl-CH^OH) [ | ? - C h l o r - ä t h y l a l k o h o l , 2-Chlor-äthanol-(l)] wird am besten durch Einleiten von trocknem Chlorwasserstoff in Glykol dargestellt, das zuerst auf 148°, dann auf 160° erhitzt wird. Es siedet unter gewöhnlichem Druck bei 132°, unter 22 mm Druck bei 51—52° und besitzt bei 18-6° dasspez. Gew. 1-2005. Durch Oxydation mit Chromsäure-Gemisch liefert es Chloressigsäure. — G l y k o l b r o m h y d r i n 8 ist durch partielle Veresterung des Äthylenglykols mit Bromwasserstoff nur schwer darstellbar, da beim Arbeiten in der Kälte Abscheidung einer » GHIQNAED, C. r. 141, 44 (1905). A. ch. [8] 10, 23 (1907). D. R.P. 164883 (C. 1906, II, 1751). — HENRY, R. 26, 419, 430 (1907). * WURTZ, A. 110, 125 (1859). — CARIÜS, A. 124 , 257 Anm. (1862); 126, 195 (1863). — BUTLEROW, LOHMANN, A . 1 4 4 , 40 (1867). — KRIWAXIN, Z. 1 8 7 1 , 265. — HENRY,

B. 7, 70 (1874). J . 1889,1321. — LADENBURG, B. 16,1407 (1883). — FITTIO, CHANLAROW, A. 2 2 6 , 326 (1884). — BOÜCHARDAT, C. r. 100, 453 (1885). — FITTIQ, STRÖM, A. 2 6 7 , 191 Anm. (1892). — DONCIU, M. 16, 3 (1895). — KRASSUSKI, C. 1902, II, 19. 8 LOTOENCO, A. ch. [3] 67, 284 (1863). — HENRY, A. ch. [4] 27, 250 (1872). J . 1 8 8 9 , 1320. — DEMOLE, B. 9, 48 (1876).

Propylen- und Trimelhylen-halohydrine.

197

kristallinischen Doppelverbindung C^H^OH^.HBr erfolgt, in der Wärme aber hauptsächlich Äthylendibromid entsteht; durch Anlagern von unterbromiger Säure an Äthylen läßt sich dagegen eine Ausbeute von 60 °/o M» Äthylenbromhydrin erreichen1. Ein vielleicht noch reineres Präparat® (vom Siedepunkt 149—150° bei 750 mm Druck und dem spez. Gew. 1*685 bei 17°) gewinnt man durch Kochen von wasserfreiem Methylalkohol mit Äthylenbromacetin CH,Br • CH, • 0 • CO • CHa, das durch Sättigen von gekühltem Athylendiacetin (S. 82) mit Bromwasserstoff leicht darstellbar ist. — Glykol-jodhydrin® CHjJ«CH,(0H) wird aus dem Chlor- oder Bromhydrin durch Erwärmen mit Kalium- oder Natriumjodid in Alkohol gewonnen, stellt ein in Wasser ziemlich lösliches Öl dar, siedet unter 25 mm Druck unzersetzt bei 85°, unter gewöhnlichem Druck nicht ohne Zersetzung und besitzt bei 20° das spez. Gew. 2 «905. Die gemeinschaftliche Entstehung der beiden Propyleu-chlorhydrlne 1 CH,CH(OH)• CHj• C1 und CH 8 .CHC1CH,-0H aus Propylen-1-2-oxyd und Salzsäure ist bereits S. 193—194 diskutiert worden. Das 1- Chlor-propcmol-(2) stellt man gewöhnlich aus Allylchlorid und verdünnter Schwefelsäure5 her; es siedet bei 127° bis 127-5° und hat das spez. Gew. D|g = 1-118. Auf folgendem Wege läßt es sich in das isomere, bei 133—134° siedende 2-Chlor-propanol-(I) verwandeln*: Durch Behandeln mit Kaliumacetat geht es in daa Propylenglykol-(l-2)-acetat-(l) über, das man mittels Thionylchlorid in das 2-Chlor-propanolacetat-(l) überführt; beim Kochen mit Methylalkohol liefert letzteres dann das 2-Chlor-propanol-(l). Die Oxydation des l-Chlor-propanols-(2) mit Chromsäure ergibt Chloraceton, während mit Salpetersäure Chloressigäure erhalten wird. Das isomere 2-Chlor-propanol-(l) liefert bei der Oxydation «-Chlorpropionsäure. Halohydrine des Trimethylengrlykols. T r i m e t h y l e n - c h l o r h y d r i n 7 | > - C h l o r - p r o p y l a l k o h o l , 3-Chlor-propanol-(l)] Cl-CHj-CHj-CHj-OH siedet bei 160—162®, hat bei 17° ein spez. Gew. von 1-132 und löst sich in 2 Tin. Wasser. — T r i m e t h y l e n g l y k o l - b r o m h y d r i n 8 Br-[CH,],-OH ist ein unter 185 mm Druck zwischen 98° und 112° überdestillierendes Öl vom spez. Gew. 1*5374 bei 20°, das sich erst in 6 Tin. kalten Wassers löst — T r i m e t h y l e n - j o d h y d r i n 9 J-[CH,]j-OH stellt ein schwach rettichartig riechendes Öl von scharfem Geschmack dar, färbt sich am Licht, geht aber unter 38 mm Druck bei 115° und unter 748 mm Druck bei 225° unzersetzt über; spez. Gew. 2-349 bei 13°; in Wasser ist die Verbindung sehr wenig, in Alkohol und Äther jedoch leicht löslich. 1 MOKIJEWSKI, C. 1 8 8 9 , I , 591, 592. * HENRY, C. 1 9 0 1 , I , 1356. R . 2 0 , 251 (1901). * BUTLEKOW, OSSOKIK, A . 1 4 4 , 42 (1867). — DEMÜTH, V. METER, A. 2 5 6 , 28 (1890). — CHARON, PAIX-S£AILLES, C. r. 1 3 0 , 1407 (1900). — HENKT, B. 2 4 Bef., 75 (1891). C. 1 9 0 1 , I, 1356. R . 2 0 , 253 (1901). * WÜHTZ, C. r. 4 8 , 103 (1859). — OSEB, A. Spl. 1, 254 (1861/62). — OPPENHEIM, A. Spl. 6 , 367 (1868). — MARKOWNIKOW, Z. 1 8 7 0 , 423. A . 1 5 3 , 251 (1870). B. 8 , 1469, 1683 (1875). — HENRY, B. 4 , 604 (1871); 7 , 70, 413, 1649, 1789 (1874); 9 , 640, 960 (1876). R. 2 2 , 331 (1903). — REBOUL, B . 7 , 1448 (1874). — MORLEY, GREEN, Soc. 4 7 , 132 (1885). — MICHAEL, J . p r . [2] 6 0 , 423 (1899); 6 4 , 108 (1901). B . 3 9 , 2785 (1906). — NEF, A . 3 3 5 , 204 (1904). 4 Vgl. h i e r z u MICHAEL, B. 3 9 , 2787 (1906). 8 HENRY, C. 1 9 0 2 , I I , 929, 1093. ' REBOUL, A. c h . [5] 1 4 , 491 (1878). — HENRY, B. B i g . [3] 2 9 , 233 A n m . (1895). C. 1 9 0 7 , I, 1314. — Vgl. a u c h HENRY, C. r . 1 4 3 , 1223 (1906). 8 9 FRÜHLING, M. 3 , 697 (1882). HENRY, C. 1 8 9 7 , I I , 344.

Monohalohydrine des Glycerins.

198

Unter den zurzeit bekannten Halohydrinen zeigt die längste unverzweigte Kette von Methylengruppen das Decamethylen-chlorhydrin [10-Cklor-cleeanol(l)] Cl-[CHj]10-OH, das beim Kochen des Decamethylenglykols (S. 101) mit konzentrierter Salzsäure entsteht1. Es ist eine in Wasser fast unlösliche, in Alkohol und Äther aber leicht lösliche Flüssigkeit, die unter 20 mm Druck bei 164—165° siedet und bei der Destillation über geschmolzenem Atznatron Decamethylenoxyd (?) neben einem ungesättigten Alkohol liefert (vgl. dazu S. 102 und S. 242). Halohydrine des Glycerlns. Die Halohydrine des Glycerins bezeichnet man gewöhnlich als Halohydrine schlechthin, ohne noch in ihren Namen die Beziehung zum Glycerin besonders zum Ausdruck zu bringen. Für die Monohalohydrine bestehen zwei Isomeriefälle: CH,(OH)• CH(OH)• CH,(Hlg) und CH,(OH) CH(Hlg).CH,(OH); Verbindungen der ersten Art sind Substitutionsprodukte des Propylenglykols; sie werden gewöhnlich als a-Halohydrine bezeichnet, während man die der zweiten Formel entsprechenden Derivate des Trimethylenglykols ^-Halohydrine nennt. o-Monochlorhydrin , CH,(OH).CH(OH).CH,Cl[ i '-Chlor-propylenglykol, 3-Chlorpropandiol-(l. 2j] entsteht als Hauptprodukt (neben der ß-Verbindung und Dichlorhydrin S. 200—201), wenn Glycerin in gelinder Wärme mit Chlorwasserstoff gesättigt, dann längere Zeit auf 100° erhitzt wird; als auch in technischem MaBstabe ausführbare Darstellungsmethode ist 15-stündiges Erhitzen von Glycerin mit Salzsäure vom spez. Gew. 1-185 auf 120° und Trennen des entstandenen Chlorhydrins von unverändertem Glycerin (25 °/0) durch fraktionierte Destillation im Vakuum empfohlen worden3. Es ist ein mit Wasser mischbares Öl, siedet unter 18 mm Druck bei 139° und besitzt bei 0° das spez. Gew. 1-338; die Konstitution folgt aus seiner Reduzierbarkeit zu Propylenglykol-(1.2). Über die Einwirkung von Alkylmagnesiumsalzen vgl. S.72—73. — a-Monobromhydrin 4 CH,(OH)-CH(OH).CH,Br siedet unter 17 mm Druck bei 138°; spez. Gew. bei 4°: 1-717. (S-Monochlorhydrin 5 CH,(OH) CHCl»CH,(OH) [ 0 - C h l o r - t r i m e t h y l e n glykol, 2-Chlor-propandiol-(l.3)] bildet sich, wie oben erwähnt, in kleiner Menge als Nebenprodukt beim Erhitzen von Glycerin, das mit Chlorwasserstoff gesättigt ist, auf 100°; es entsteht ferner durch Addition von unterchloriger Säure an Allylalkohol6, siedet unter 18 mm Druck bei 146° und besitzt bei 0° das spez. Gew. 1-328. Die Reduktion mit Natriumamalgam in wäßrig-alkoholischer Lösung bei Gegenwart von Salzsäure ergibt Trimethylenglykol. Die inneren Anhydride der a-Halohydrine: CH,—CH—CH,(Hlg) werden Epihalohydrine genannt 1 ALBERTI, SMIECIUSZEWSKI, M. 2 7 , 411 (1906). " BERTHELOT, A . eh. [3J 4 1 , 296 (1854). — REBOOT, A . Spi. 1 , 233 (1861). — LOUBENÌJO, A . 1 2 0 , 91 (1861). — BÜFF, A . Spi. 5 , 249 (1867). — HANBIOT, A . eh. [5]

17, 67 (1879). — BIGOT, A. eh. [6] 22, 481 (1891). * Dtsch. Sprengstoff-Aktienges. D. R.P. 180668 (C. 1907, I, 774). 4 BERTHELOT, DE LUCA, A. 101, 67 (1857). — VELEY, Chem. N. 47, 39 (1883). — FINK, M. 8, 562 (1887). 8

HENRY, B . 5 , 449 (1872). — HANBIOT, A. eh. [5] 1 7 , 73, 76 (1879).

82, 552 (1879).

• HENBT, C . 1 8 9 7 , I , 741.

BL. [2]

199

Epihalohydrine.

Epichlorliydrin»

CH,—CH«CH,C1 [ 3 - C h l o r - p r o p y l e n o x y d - ( l . 2),

3 - C h l o r - l . 2 - o x i d o p r o p a n ] ist eines der Einwirkungsprodukte von Phosphorpentachlorid auf Glycerin; es entsteht aus den beiden isomeren Dichlorhydrinen durch Behandlung mit Alkali: CHjCl-CHCl-CH,-OH x CH,C1 • CH(OH)• CH,CP* ~

HC1

=

CHjCl-CH

CH,

und kann daher aus dem rohen gewöhnlichen Dichlorhydrin (s. S. 201) dargestellt werden. Es ist ein farbloses, nach Äther und Chloroform riechendes Öl von brennend süßlichem Geschmack, siedet bei 118—119°, besitzt bei 20° das spez. Gew. 1*180 und ist in Wasser unlöslich. Es gleicht dem Äthylenoxyd durch seine Neigung zu Additionsreaktionen (vgl. S. 76—77): Durch Erhitzen mit Wasser liefert es a-Monochlorhydrin; Chlorwasserstoff fixiert es in energischer Reaktion unter Bildung von o-Dichlorhydrin (vgl. S. 200—201); mit Säurechloriden vereinigt es sich zu Dichlorhydrinestern: C,H 6 C1:0 + C1 • CO • CH, = CSHSC1, • O • CO • CH,, mit Alkyljodiden zu Chlorjodhydrinäthern: C,H,C1: O + CH, J

-

CJHJCLJ-O-CHJ.

Salpetersäure oxydiert zu /S-Chlor-milchsäure CH,C1 • CH(OH)- CO,H. Die Einwirkung von Natrium führt zur Natriumverbindung des Allylalkohols CH,: CH-CH2-ONa, die sich dann mit noch unverändertem Epichlorhydrin zu Natrium-Glycerindiallyläther Na• O« CH,• CH(0• C,H,)«CH,(0• C,H() umsetzt2; iu ähnlicher Weise erhält man durch Anlagerung gesättigter Alkohole in Gegenwart von Kalilauge9 Glycerindialkyläther H0-CH,.CH(0-R).CH,(0R). Die in vielen Fällen erprobte synthetische Verwendbarkeit des Epichlorhydrins beruht darauf, daß man mit seiner Hilfe einerseits den Komplex • CH» • CH—CH, bzw. •CHJ.CH-CH,

• • , dann aber auch die Gruppe C1 • CH2 • CH(OH) • CH, • in andere orgaOH OH nische Verbindungen einführen kann. Von ersterer Reaktion macht man z. B. bei der Darstellung der „GlycidVerbindungen" (vgl. S. 156) Gebrauch, während die Kondensationen der letztgenannten Art bei reaktionsfähigen Methylen Verbindungen, wie Malonester, Acetessigester u. dgl. (vgl. Tl. I, S. 418), beobachtet worden sind. So 1

BERTHELOT, A. ch. [3] 4 1 , 299 (1854). — REBOUI, A . Spl. 1 , 221, 239 (1861). — LOURENIJO, A . c h . [3] 6 7 , 269 (1863). — TRÜCHOT, A. 1 3 8 , 297 (1866). — BUFF, A . Spl. 6 , 251 (1867). — DABMSTÄDTER, A . 1 4 8 , 119(1868). — MÜNDER, TOLLENS, Z. 1 8 7 1 , 252. — CLAUS, B . 1 0 , 556 (1877). — PBEVOST, J . p r . [2] 1 2 , 160 (1875). — LAÜFER, J . 1 8 7 0 , 343. — THOBPE, SOC. 3 7 , 206 (1880). — SILVA, C. r. 9 3 , 420 (1881). — R . SCHIFF, A. 2 2 0 , 99 (1883). — FAUCONNIER, B l . [2] 5 0 , 213 (1888). C. r . 1 0 7 , 629 (1888). — PAAL, B. 21, 2971 (1888). — BRÜHL, B. 2 4 , 660 (1891). — COHN, FRIEDENDER, B. 3 7 , 3034 (1904). — WALDEN, P h . C h . 5 9 , 393 (1907).

Über P o l y m e r e des Epichlorhydrins vgl.: PATERNÖ, OLIVERI, G. 24,1, 306. — PATERNÖ, G . 2 4 , I I , 541 (1894). — FAUCONNIER, SANSON, Bl. [2] 4 8 , 237 (1887). — STÖHB, J . p r . [2] 5 5 , 84 (1897). — SWARTS, C. 1 9 0 3 , I , 12. * KISHNEB, B. 2 5 Ref., 506 (1892). — Vgl. HÜBNER, MÜLLER, A . 1 5 9 , 184 (1871). — BIQOT, A . e h . [6] 2 2 , 434 (1891). — TORNÖE, B. 2 4 , 2676 (1891). » ZUNINO, R . A . L . [5] 6 , I I , 348 (1897).

200

Dihalohydrine des Glyeerins.

erhält man aus Epichlorhydrin und Natrium-malonester1 den y-Chlor-ji-oxy-propylMalonester C1 • CH2 • CH(OH) • CH2 • CH(CO • 0C2H5)2, der durch Abspaltung von Alkohol leicht in Chlor-r-valerolacton-earbonsäureeater

C H , • C H • CO • OCSH5

|

^>CO

übergeht.

CL-CH, • C H — 0

E p i b r o m h y d r i n * C,H6OBr siedet bei 138—140° (spez. Gew. bei 14": 1-615). E p i j o d h y d r i n 8 C s H s OJ — aus Epichlorhydrin durch Umsetzung mit Kaliumjodid in siedendem Alkohol sich bildend — ist eine in Wasser unlösliche, am Licht rasch dunkel werdende Flüssigkeit, die unter 24 mm Druck bei 62° übergeht und bei 24° die Dichte 1-982 zeigt. Das dem gewöhnlichen Epichlorhydrin isomere ^ - E p i c h l o r h y d r i n 4 CHj-CHCl-CHj ( 2 - C h l o r - t r i m e t h y l e n o x y d , 2 - C h l o r - l . 3 - o x i d o p r o p a n ) wird 1 o I erhalten, wenn man Allylalkohol mit Chlorjod vereinigt und das Additionsprodukt mit Ätznatron behandelt: CH, CHjJ CH,\ CH + C1J = ¿HCl = C H C l \ o + H J . CH, • OH CH, • OH C H , / Das ^-Epichlorhydrin entsteht in letzterer Reaktion neben Allylalkohol, gewöhnlichem Epichlorhydrin und Epijodhydrinen; es siedet bei 132—134°, unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Epichlorhydrin wesentlich dadurch, daß es beim Erhitzen mit angesäuertem Wasser nicht verändert wird, und liefert, mit nascierendem Wasserstoff behandelt, Allylalkohol. Dihalohydrine des Glyeerins können in zwei Modifikationen auftreten: CH.C1 • CH(OH) • CH, C1 CH,C1 • CHC1 • CH,(OH) symm. Dichlorhydrin unsymm. Dichlorhydrin ß, j9'-Dichlor-isopropylalkohol ß, y-Dichlor-propylalkohol

[1. 3-Diehlor-propanol-{2)]

[2.3-Dichlor-propanol-(lj\.

Man bezeichnet als « - D i c h l o r h y d r i n 5 eine ölartige Flüssigkeit, welche den Hauptbestandteil des gewöhnlichen, durch Einwirkung von Salzsäure auf Glycerin erhältlichen Dicblorhydrins (s. S. 201) bildet, in reinem Zustand durch Addition von Chlorwasserstoff an Epichlorhydrin gewonnen wird, bei 174—175° siedet, bei 19° das spez. Gew. 1-367 besitzt und bei 19° in 9 Tin. Wasser löslich ist. Durch Oxydation mit konzentrierter Salpetersäure liefert es Chloressigsäure neben Chlordinitromethan. Da es verschieden ist von dem durch Addition von Chlor an Allylalkohol entstehenden j?-Dichlorhydrin (s. S. 201), dem sicher die unsymmetrische Formel zukommt, so liegt es nahe, dieses a-Dichlorhydrin als die symmetrisch konstituierte Verbindung C H 2 C1.CH(0H).CH 2 C1 zu betrachten. Bei dieser Auffassung erscheint freilich die Tatsache, daß durch Einwirkung von Natrium auf die ätherische Lösung des a-Dichlorhydrins Allyl1 W . TRAUBE, LEHMANN, B . 3 2 , 721 (1899); 3 4 , 1972 (1901). » BERTHELOT, DE LÜCA, A . 101, 71 (1857). — REBOUL, A . Spl. 1, 227 (1861). — LINNEMANN, A . 1 2 5 , 3 1 0 (1863).

3

4

REBOUL, A. Spl. 1, 227 (1862). — NEF, A. 335, 235 (1904).

BIOOT, A . ch. [6] 2 2 , 4 6 0 (1891). BERTHELOT, A . ch. [3] 4 1 , 297 (1854). — REBOUL, A . Spl. 1, 225 (1861). — MABKOWNIKOW, A . 2 0 8 , 349 (1881). — KELLT, B. 11, 2222 (1878). — TOBNÖE, B . 2 1 , 1285 (1888); 2 4 , 2670 (1891). — ASCHAN, B . 2 3 , 1831 (1890). — BIGOT, A . ch. [6J 2 2 , 478 (1891). 5

Dichlorhydrine.

201

alkohol und auf diejenige seines Essigsäureesters Allylacetat entsteht, befremdlich; sie wird aber erklärlich, wenn man annimmt, daß bei der Reaktion zwischen Natrium und Dichlorhydrin sich zunächst Epichlorhydrin bildet, das ja, wie S. 199 mitgeteilt wurde, mit Natrium das Natriumallylat liefert: CHjCl • CH(OH)« CHjCl + Na = CH S -CH.CH S C1 + NaCl + H , CHj—CH-CHjCl + 2 N a = NaO-CH^CH : CH, + NaCl. Diese Erklärung kann freilich auf die Bildung des Allylacetats aus dem Essigester des Dichlorhydrins nicht angewendet werden; allein es ist fraglich, ob nicht schon bei der Einwirkung von Acetylchlorid auf a-Dichlorhydrin eine Umlagerung unter vorübergehender Bildung von Epichlorhydrin stattfindet: CH2C1»CH(0H) «CHjCl — HCl = CH,—CHCH,C1, O-COCH, 0 Ci^—ÖH-CHjCl + Cl-CO'CH, = CH, • CHC1 • CH,C1. (J-Dichlorhydrin 1 (Allylalkohol-dichlorid) wird die Verbindung genannt, welche durch Addition von Chlor an Allylalkohol entsteht und demnach zweifellos die Konstitution des ß, y-Dichlor-propylalkohols CHjCl • CHC1 • CH2(OH) besitzt. Sie entsteht auch aus Allylchlorid durch Anlagerung von unterchloriger Säure, siedet bei 183°, besitzt bei 11 -5° das spez. Gew. 1-368 und liefert durch Oxydation mit Salpetersäure a, ^-Dichlor-propionsäure. G e w ö h n l i c h e s D i c h l o r h y d r i n 2 wird ein Produkt genannt, das direkt durch Einwirkung von Chlorwasserstoff auf Glycerin erhalten wird. Meist operiert man derart, daß ein Gemenge von Glycerin und Eisessig (zu etwa gleichen Teilen) mit Chlorwasserstoffgas zunächst in der Kälte, dann in der Wärme behandelt wird. Aus dem so gewonnenen Produkt läßt sich nach dem Waschen mit Sodalösung durch fraktionierte Destillation a-Dichlorhydrin abscheiden; es enthält ferner Acetochlorhydrin. Das gewöhnliche Dichlorhydrin dient zur Darstellung des EpichloThydrins (vgl. S. 199), welch letzteres zur Gewinnung des reinen a-Dichlorhydrins benutzt wird (vgl. S. 200). Gleich dem Epichlorhydrin ist es ein gutes Lösungsmittel für Lacke und Harze, sowie Nitrocellulosen (Celluloid); für letzteren Zweck empfehlen es besonders seine geringe Flüchtigkeit und schwere Entzündlichkeit8. Für die D i b r o m h y d r i n e liegen die Verhältnisse ganz analog, wie für die Dichlorhydrine. o - D i b r o m h y d r i n 4 [wahrscheinlich CH2Br• CH(OH)• CH2Br = 1.3-Dibrom-propanol-{2)] wird aus Glycerin durch Einwirkung von Bromphosphor erhalten, siedet unter 38 mm Druck bei 124°, besitzt bei 18° das spez. Gew. 2-11, 1 TOLLENS, A. 1 5 8 , 164 (1870). — MÜNDER, TOLLENS, Z. 1 8 7 1 , 252. — HÜBNEB, MÜLLER, A . 1 5 9 , 179 (1871). — v. GEGERFELT, A . 1 5 4 , 247 (1870). B. 6 , 720 (1873). — HENRY, B . 3 , 352 (1870); 7 , 413 (1874). — WERIGO, MELIKOW, B. 1 0 , 1500 (1877). — TORNÖE, B. 2 4 , 2670 (1891). 8 REBODL, A. Spl. 1 , 222 (1861). — CAMUS, A . 1 2 2 , 73 (1862). — HÜBNER, MÜLLER, Z. 1 8 7 0 , 344. A . 1 5 9 , 170 (1871). — WATT, B. 5 , 257 (1872). — CLAUS, A . 1 8 8 , 43 (1873). — MARKOWNIKOW, A. 2 0 8 , 358 (1881). — FAUCONNIER, SANSON, B l . [2] 4 8 , 236 (1887). — FAUCONNIER, Bl. [2] 5 0 , 212 (1888). » FLEMMINQ, Ch.-Z. 21, 97 (1897). — VALENTA, C. 1 8 9 9 , I I , 277. * BERTHELOT, DE LUCA, A . 1 0 1 , 72 (1857). — HENRY, A . 1 5 4 , 369 A n m . (1870). — v. ZOTTA, A . 1 7 4 , 96 (1874). — ASCHAN, B. 21, 2890 (1888); 2 3 , 1826, 1831 (1890). — HJELT, SIVEN, B. 21, 3288 (1888). — LESPIEAU, A. c h . [7] 11, 236 (1897).

202

Dibromhydrine und

Dijodhydrine.

gibt bei der Oxydation mit Salpetersäure Brom-essigsäure und Brom-dinitro-methan, bei der Behandlung mit Natrium in ätherischer Lösung Allylalkohol. — (J-Dibromh y d r i n 1 CH,Br• CHBr• CH2(OH) — aus Allylalkohol und Brom — siedet bei 229°, besitzt bei 0° das spez. Gew. 2-168 und gibt durch Oxydation a, /S-Dibrompropionsäure. a - D i j o d h y d r i n * (aus a-Dichlorhydrin und Kaliumjodid) ist ein dickflüssiges Öl vom spez. Gew. 2-4, das nicht unzersetzt destillierbar ist und bei — 16° bis —20° krystallinisch erstarrt. — /?-Dijodhydrin* CH2J>CHJ>CHs(OH) — aus Allylalkohol und Jod — stellt farblose Nadeln dar, schmilzt bei 45° unter Zersetzung, ist in Alkohol und Äther leicht, in Wasser nicht löslich. Über Halohydrine des Ery thrits 4 und Mannits 5 vgl. die Originalliteratur. H a l o g e n i e r t e A l k o h o l e , d i e an e i n K o h l e n s t o f f a t o m mehrere Halogenatome gebunden enthalten. Halogenderivate der Alkohole, in deren Molekül ein Kohlenstoffatom mit mehrereü Halogenatomen beladen ist, sind ans den entsprechenden halogenierten Aldehyden durch Einwirkung von Zinkdialkylen® oder Alkylmagnesiumsalzen 7 gewonnen worden, z . B . : CCVCHO + CH,.MgBr

>- CC1, CH(0H)-CH,.

Der Verlauf der Reaktion hängt "Von der Natur des angewendeten ZinkTadikals ab. Bei Anwendung von Zinkdimethy 1 findet — ganz analog wie bei der Einwirkung auf halogenfreie Aldehyde (vgl. Tl. I, S. 201—202) — die Synthese eines sekundären Alkohols statt; wie sie in den obigen Formeln für die Anwendung von Methylmagnesiumbromid erläutert ist. Zinkdiäthyl dagegen und seine Homologen vereinigen sich mit dem halogenierten Aldehyd unter Abspaltung von Alkylenen zu Zinkverbindungen des entsprechenden primären Alkohols, aus denen letzterer bei der Zersetzung mit Wasser in Freiheit gesetzt wird; sie wirken mithin einfach als Reduktionsmittel: CC1,CH0 + Zn(C,H,), = CC18 • CH, • 0 • Zn • C,H, + C,H 4 , CCl,.CH, O.Zn.C,H, + HsO CC1, CH, 0H + ZnO + C,H,. Zu diesen Verbindungen gehören auch die Produkte, welche durch Kondensation von Carbonylkörpern mit Chloroform in Gegenwart von festen Ätzalkalien entstehen, wie das I s o p r o p y l - t r i c h l o r m e t h y l 1

MABKOWNIKOW, Z. 1 8 6 4 , 68. — TOILENS, A . 1 5 6 , 166 (1870). — MÜNDER, TOELENS, A. 1 6 7 , 224 (1873). — WEOEB, A . 2 2 1 , 8 3 (1883). — FINK, M. 8 , 561 (1887). — BULMAHN, J . p r . [2] 61, 215 (1900). » CLAUS, A. 1 6 8 , 21 (1873). * HTFBNEB, LELLMANN, B. 1 4 , 207 (1881). — CHABON, PAIX-SÉAILLES, C. r . I S O , 1631 (1900). — HEBZ, MYLIÜS, B . 4 0 , 2898 (1907). * DE LDYNES, A . ch. [4] 2 , 385 (1864). — CHAMPION, C. r. 7 3 , 114 (1871). — PBZYBYTEK, B. 1 7 , 1091 (1884). — HENNINÖEB, A . ch. [6] 7 , 209 (1886). — GBINEB, C. r . 117, 553 (1893). — FECHT, B . 4 0 , 3888 (1907). 5 BOUCHABDAT, A. c h . [5] 6 , 113 (1875). — FAUCONNIER, BL. [2] 4 1 , 121, 128 (1884). — Vgl. a u c h GBINEB, A . c h . [6] 2 6 , 378 (1892). * GARZABOLU-THUBNLACKH, A . 2 1 0 , 63 (1881); 2 1 3 , 369 (1882); 2 2 3 , 149 (1884). — GABZABOLU-THOBNLACKH, POPPEB, A . 2 2 3 , 166 (1884). — DELACBE, C. r. 1 0 4 , 1 1 8 4 7 (1887). BL. [2] 4 8 , 708, 784 (1887). HENRY, C. r. 1 3 8 , 205 (1904).

Di- u. Trihalogenderivate des Äthyl-, Isopropyl-, Butyl- u. Amylalkohols.

203

c a r b i n o l 1 und der Trichlor-tertiärbutylalkohol, das schon in Tl. I auf S. 737 beschriebene „Aceton-Chloroform" 2 : (CH^CH-CHO + CHC1, = (CH8),CH.CH(0H)-CC18; (CH,)2CO + CHC1, = (CH3)s,C(OH).CC13. ß, pi-Dichlor-äthylalkohol8 [2.2-Diehlor-äthanolr{I)] CHC1,-CH,(0H) (aus Dichloracetaldehyd und Zinkdiäthyl) ist eine farblose, dicke Flüssigkeit, siedet unzersetzt bei 146°, besitzt bei 15° das spez. Gew. 1-145 und ist in Wasser wenig löslich. — ß, ß- Difluor-äthylalkohol * CHF4-CH2-OH bildet sich aus dem aus 1.1.2-Tribromäthan (S. 51), Antimontrifluorid und Brom erhältlichen 2.2-Difluor1-brom-äthan* durch dreitägiges Erhitzen mit Wasser und Metalloxyden (am besten gelbem Quecksilberoxyd) auf ca. 160°. Die in wasserfreiem Zustande geruchlose, wasserhaltig aber ähnlich wie Äthylalkohol riechende Flüssigkeit erstarrt bei —28-2°, siedet bei 95*5—96° und hat bei 17° die Dichte 1*308; sie ist mit Wasser und organischen Solvenzien in jedem Verhältnis mischbar und besitzt bei weitem stärker saure Eigenschaften als der Äthylalkohol. — |S,ft|?-TrichIor-äthylalkohol [2.2.2-Triehloräthanol-(l)] CCI3-CH2(OH) ist eines der Chlorierungsprodukte des Äthylalkohols (vgl. Tl. I, S. 219—220) und findet sich demgemäß in den hochsiedenden Anteilen bei der Darstellung von Chloral [Trichlor-acetaldehyd]*; aus letzterem kann er durch Umsetzung mit Zinkdiäthyl7 gewonnen werden. Der Trichlor-äthylalkohol kristallisiert in rhombischen Tafeln, schmilzt bei 17»8°, siedet bei 151°, riecht angenehm ätherisch und ist in Wasser wenig löslich. Das Acetylderivat CC1S'CH,»0«C0« CH, liefert bei der Einwirkung von Zinkspänen auf seine alkoholische Lösung 1.1-Dichlor-äthylen8 (S. 48). Dichlor-isopropylalkohol [l.l-Dichlor-propanol-(2)] CHCl,-CH(OH).CH3 ist aus Dichlor-acetaldehyd und Metbylmagnesiumbromid9 synthetisiert worden; er siedet unter 12 mm Druck bei 49—51°, unter 765 mm Druck bei 146—148°. — Trichlorisopropylalkohol [2.1.1-Trichlor-propanol-(2)} CCI„-CH(OH).CH3 (aus Chloral und Zinkdimethyl10 oder Methylmagnesiumsalzen11) kristallisiert in kleinen farblosen Nadeln, schmilzt bei 50 sublimiert schon bei gewöhnlicher Temperatur, siedet bei 161*8° und riecht campherähnlich. Unter dem Namen „ I s o p r a l " kommt das in Wasser wenig, in organischen Solvenzien leicht lösliche Präparat als Hypnoticum in den Handel. Die Reduktion mit Zinkstaub in Eisessig12, sowie das Kochen einer alkoholischen Lösung des Acetats CC13 • CH(0 • CO • CH,) • CHa mit Zinkspänen • ergibt 1.1-Dichlor-propen CC12:CH-CH8. Bei der Einwirkung des Natriumäthylats " entsteht Äthylmilchsäure-äthylester C2H5 -O - CO • CH(0 -C2HS)-CHa. Aus Butyrchloral C8H4C19 • CHO (vgl. Kap. 33) ist durch Einwirkung von Zinkdiäthyl ein p r i m ä r e r Trichlor-butylalkohol C,H4C13-CHS(0H) (Schmp. 62°), von Zinkdimethyl ein s e k u n d ä r e r Trichlor-amylalkohol C,H4Cl,-CH(OH).CH, (Schmelzpunkt 50.5°) gewonnen worden. 1

Jocicz, C. 1897, I, 1014. * Vgl. die Zitate in Tl. I, Anm. 1 zu S. 737. B. 2 0 Ref., 363 (1887). • SWARTS, C. 1903, I, 436; II, 486. R. 27, 128 (1908). 8 8 SWARTS, C. 1 9 0 1 , II, 804. ALTSCHUL, V. METER, B. 2 6 , 2758 (1893). 1 GABZABOLLI-THDRNLACKH, A. 2 1 0 , 63 (1881). — DELACRE, Bl. [2] 4 8 , 784 (1887). » DBLACRE,

• JOCITSCH, C . 1 8 9 9 ,

I,

777.

W O H L , B. 4 1 , 3606 (1908). — FREUMJLER, 10 272 (1907). GARZAROLLI-THÜBNLACKH, A. 2 1 0 , 77 (1881). U H E N R Y , C. r. 1 3 8 , 205 (1904). R. 2 4 , 331 (1905). — BATER & Co., D . R.P. 151545 (C. 1 9 0 4 , I, 1586). — VICTORIA, R. 2 4 , 265 (1905). " W O H L , ROTH, B . 4 0 , 215 (1907).

C. r.



W O H L , ROTH,

144,

B. 4 0 , 217 (1907). —

204

Trijod-allylalkohol.

Halogenderivate

der Äther.

Trichlor-äthylalkohol und Trichlor-butylalkohol — die Reduktionsprodukte des Chlorals und Butyrchlorals — entstehen auch bei Einnahme letzterer Verbindungen im Körper; man findet sie im Urin in Form „gepaarter Säuren", die durch Kochen mit verdünnten Mineralsäuren in ßlykuronsäure GeH10O, und die halogenierten Alkohole zerfallen1: C 8 H N C ] 3 0 7 + HJO =

C9H10O7 + C2H3C130.

„Urochloralsäure" Trijod-allylalkohol* CJ,: CJ CH,.OH — Kiystalle vom Schmelzp. 150° — entsteht aus der Kupferverbindung des Propargylalkohols (Tl. I, S. 919—920) durch Einwirkung von Jod in warmer Kaliumjodid-Lösung.

H a l o g e n d e r i v a t e der Äther. Halogenderivate der Dialkyläther können durch direkte Halogenierung dieser Äther gewonnen werden3. Sie entstehen ferner, wie schon TL I, S. 675 mitgeteilt wurde (vgl. auch Tl. I, S. 697), bei der Reaktion von Aldehyden auf Alkylhalogenide bzw. auf Alkohole in Gegenwart von Halogenwasserstoff, z. 6.: CH,: 0 + HO'CsH& + HCl = CH S C10.C,H S + H s O,

wie auch bei der Einwirkung von Halogenwasserstoff für sich auf Aldehyde4, z. B.: OH /O—CH. 2CH, : 0 + 2HBr = 2CHJC(S0 8 K) 2 + H 2 0 verwandelt (S. 283), das mit Jodwasserstoffsäure unter Stickstoffentwicklung j o d m e t h a n - d i s u l f o n s a u r e s K a l i u m CHJ(SOsK)j + 2H 2 0 (Nadelbüschel aus wenig Wasser mit Aceton) und mit Jod das d i j o d - m e t h a n d i s u l f o n s a u r e K a l i u m CJ2(SO,K)2 (rechteckige Blättchen aus Wasser) liefert 1 . Erwähnenswert wegen ihrer physiologischen Wirkung sind ferner die Chlorderivate des Diäthylsulfids*. S y m m e t r i s c h e s ft/if-Dichlor-diäthylsulfid (CH2C1-CH2),S (Thiodiglykolchlorid), das aus Thiodiglykol (vgl. S. 113) durch Einwirkung von Phosphortrichlorid entsteht, ein mit Wasser nicht mischbares, in der Kälte erstarrendes Öl darstellt und bei 217° siedet, ist ein äußerst giftiger Körper und bemerkenswert als starker, n i c h t o r g a n i s i e r t e r Entzündungserreger. Selbst seine verdünnten Lösungen bringen auf der Haut andauernd eiternde Entzündungen hervor; winzige Mengen seines Dampfes bewirken bei Kaninchen starke Entzündungserscheinungen und schließlich den Tod durch Pneumonie. — 0 - M o n o c h I o r - d i ä t h y l s u l f i d C2H5 • S • CH,• CH2C1 — ein bei 157° siedendes Öl, durch die Reaktionen: C2H6-SK + Cl-CH2-CH2(OH) = C s H 5 .S.CH 2 .CH s (OH) + KCl, 3 C 2 H 6 - S C H 2 . C H , ( O H ) + PCI3 =

3 C 2 H S . S ' C H J ' C H s C l + P(OH)J

darstellbar — übt ähnliche, aber schwächere Wirkungen aus, während das Diäthylsulfid selbst ganz indifferent ist. Die physiologische Wirkung ist demnach allein vom Chlorgehalt abhängig. Halogenderivate des Diiithyldisulfids s entstehen durch Einwirkung von Äthylen auf Chlorschwefel (vgl. Tl. I, S. 832): 2 CHj: CHS + SjCls = (CH2C1-CH,)2S2. Von Salpetersäure wird dieses j9,(?'-Dichlor-diäthyldisulfid, ein blaßgelbes Öl vom spez. Gew. 1-346 bei 19°, zur 2-Chlor-8thansulfonsäure-(l) Cl-CH 2 -CH 2 -SO,H oxydiert4, die man* auch durch Anlagern von Chlorwasserstoff an die Äthensulfonsäure 6 CH,:CH-SO,H (Tl. I, S. 004—905) darstellen kann. Das Chlorid der Säure CH2C1 • CH2 • S0 2 • C1 entsteht durch Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf isäthionsaure Salze7 (S. 115) oder Äthan-1.2-disulfonsäurechlorid8, ferner auch beim Erhitzen letzleren Chlorides für sich9. Die freie Säure bildet äußerst zerfließliche Krystalle; ihr Ammoniumsalz krystallisiert in Nadeln oder Tafeln, schmilzt bei 192° und ist in Wasser oder Alkohol leicht löslich. — Das Natriumsalz der isomeren l - C h l o r - ä t h a n s u l f o n s ä u r e - ( l ) CH,>CHCl>SO,H ist durch Erhitzen von Athylidenchlorid CHj-CHClj mit Natriumsulfitlösung auf 100° gewonnen worden10; es bildet in Alkohol lösliche Blättchen. — Die 2 - B r o m - ä t h a n s u l f o n s ä u r e - ( l ) CH2BrCH 2 -S0 8 H ist durch Erhitzen von Äthensulfonsäure mit konzentrierter Bromwasser1 v. PECHMANN, MANCK, B. 2 8 , 2378 (1895). » V. MEYEB, B. 1 9 , 3260 (1886); 2 0 , 1729 (1887). — DEMUTH, V . MEYER, A. 2 4 0 , 310 (1887). * GUTHRIE, A . 1 1 9 , 90 (1861); 1 2 1 , 108 (1862). — SPRING, LECBENIER, Bl. [2] 4 8 , 629 (1887). * SPRING, LECRENIER, BL. [2] 4 8 , 629 (1887). 6 Vgl. a u c h : JAMES, J . p r . [2] 2 0 , 353 (1879); 31, 412 (1885). E 7 KÖHLER, Am. 2 0 , 690 (1898). KOLBE, A. 1 2 2 , 38 (1862). 8 9 KÖNIGS, B. 7 , 1163 (1874). KOHLER, A m . 1 9 , 739 (1897). 10 BÜNTE, A . 1 7 0 , 317 (1873). — STÄDEL, Z. 1 8 6 8 , 272. — KIND, Z. 1 8 6 9 , 165. 14*

212 Kombination von Nitro-, Aminogruppen usw. in mehrwertigen Verbindungen. stoffsäure, sowie durch Eintragen von Natriumsulfit in eine siedende wäßrigalkoholiache Athylenbromid-Lösung darstellbar Beim Behandeln der Äthensulfonsäure mit Brom gewinnt man die 1-BromSthensulfonsäure-(l) CH,: CBr-SOaH, die durch eine Reihe gut kristallisierender Salze charakterisiert ist*. Wasser lagert sie langsam zur Brom-isäthionsäure HOCH2-CHBr'SOaH, Bromwasserstoff zur 1.2-Dibrom-äthansulfonsäure an.

Vierundzwanzigstea

Kapitel.

Mehrwertige Verbindungen, entstehend durch Kombination von Nitro-, Aminogruppen bzw. anderen Gruppen, die durch Bindung von Stickstoff an Kohlenstoff haften, miteinander und mit Halogen oder Hydroxyl (bzw. Sulfhydryl). — Mehrwertige metallorganische Verbindungen. Am Beginn von Kap. 5 (TL I, S. 337 ff.) wurde eine Übersicht über die wichtigsten Verbindungstypen gegeben, die durch Bindung von Alkyl an Stickstoff entstehen können. Es sei hier nur an die Atomgruppen: -NH,,

-NH-NH,,

—N < A ,

—N:N-OH,

—NH-OH,

—NO,

—NO,

erinnert, welche für die Klassen der A m i n e , H y d r a z i n e , A z i d e , Diazoverbindungen, Hydroxylamine, Nitroso-und Nitroverbind u n g e n charakteristisch sind. Treten diese Gruppen mehrmals in das Molekül eines Kohlenwasserstoffs ein, so entstehen m e h r w e r t i g e A m i n e , m e h r w e r t i g e N i t r o v e r b i n d u n g e n usw., wie CH..NH,

/NO,

CHj-NHJ '

\NO!

Kombiniert man die verschiedenen Gruppen ferner untereinander und mit Halogen und Hydroxyl (bzw. Sulfhydryl), so ergeben sich mehrwertige Verbindungen von gemischtem Typus, wie Amino-hydroxylamine, Halogen-amine, Nitro-alkohole usw., z. B. CH.-NH, CH,-NH-OH '

CH,.CHS.C1 CHj-NH, »

H 0-CH.v H^ci*/

Man Ubersieht leicht, daß die Zahl der Körperklassen, die hiernach m ö g l i c h erscheinen, eine außerordentlich große ist. Allein es sind bisher bei weitem nicht alle voraussehbaren Typen realisiert 1 ROHLEB, A m . 2 0 , 6 9 1 (1898). * KOHLER, A m . 2 0 , 6 9 2 (1898); 2 1 , 349 (1899).

212 Kombination von Nitro-, Aminogruppen usw. in mehrwertigen Verbindungen. stoffsäure, sowie durch Eintragen von Natriumsulfit in eine siedende wäßrigalkoholiache Athylenbromid-Lösung darstellbar Beim Behandeln der Äthensulfonsäure mit Brom gewinnt man die 1-BromSthensulfonsäure-(l) CH,: CBr-SOaH, die durch eine Reihe gut kristallisierender Salze charakterisiert ist*. Wasser lagert sie langsam zur Brom-isäthionsäure HOCH2-CHBr'SOaH, Bromwasserstoff zur 1.2-Dibrom-äthansulfonsäure an.

Vierundzwanzigstea

Kapitel.

Mehrwertige Verbindungen, entstehend durch Kombination von Nitro-, Aminogruppen bzw. anderen Gruppen, die durch Bindung von Stickstoff an Kohlenstoff haften, miteinander und mit Halogen oder Hydroxyl (bzw. Sulfhydryl). — Mehrwertige metallorganische Verbindungen. Am Beginn von Kap. 5 (TL I, S. 337 ff.) wurde eine Übersicht über die wichtigsten Verbindungstypen gegeben, die durch Bindung von Alkyl an Stickstoff entstehen können. Es sei hier nur an die Atomgruppen: -NH,,

-NH-NH,,

—N < A ,

—N:N-OH,

—NH-OH,

—NO,

—NO,

erinnert, welche für die Klassen der A m i n e , H y d r a z i n e , A z i d e , Diazoverbindungen, Hydroxylamine, Nitroso-und Nitroverbind u n g e n charakteristisch sind. Treten diese Gruppen mehrmals in das Molekül eines Kohlenwasserstoffs ein, so entstehen m e h r w e r t i g e A m i n e , m e h r w e r t i g e N i t r o v e r b i n d u n g e n usw., wie CH..NH,

/NO,

CHj-NHJ '

\NO!

Kombiniert man die verschiedenen Gruppen ferner untereinander und mit Halogen und Hydroxyl (bzw. Sulfhydryl), so ergeben sich mehrwertige Verbindungen von gemischtem Typus, wie Amino-hydroxylamine, Halogen-amine, Nitro-alkohole usw., z. B. CH.-NH, CH,-NH-OH '

CH,.CHS.C1 CHj-NH, »

H 0-CH.v H^ci*/

Man Ubersieht leicht, daß die Zahl der Körperklassen, die hiernach m ö g l i c h erscheinen, eine außerordentlich große ist. Allein es sind bisher bei weitem nicht alle voraussehbaren Typen realisiert 1 ROHLEB, A m . 2 0 , 6 9 1 (1898). * KOHLER, A m . 2 0 , 6 9 2 (1898); 2 1 , 349 (1899).

Dinitroparaffine.

213

Es ist die Aufgabe dieses Kapitels, das an derartigen Kombinationen vorhandene Material zu schildern, soweit es innerhalb der Grenzen, die sich dieses Lehrbuch steckt, zur Besprechung geeignet erscheint. Hierbei empfiehlt es sich aus praktischen Gründen, im Gegensatz zu der in Kap. 5 bei den einwertigen Verbindungen gewählten Anordnung die Nitroso- und die Nitrogruppe den anderen stickstoffhaltigen Gruppen vorauszunehmen. So gelangt man zur folgenden Einteilung: Mehrwertige Nitroverbindungen und Nitroso-nitroverbindungen. Nitroso- und Nitro-halogenverbindungen. Nitroso- und Nitro-alkohole. Mehrwertige Amine. Halogenderivate und Nitroderivate der Amine. Amino-alkohole. Amino-mercaptane und Amino-sulfonsäuren. Mehrwertige Hydrazino-, Diazo- und Azidoverbindungen. Mehrwertige Hydroxylaminoverbindungen. Endlich sollen hieran mehrwertige metallorganische Verbindungen angeschlossen werden. I. Mehrwertige Nitroverbindungen und Nitroso-nitroverbindungen. Dinitroderivate der Grenzkohlenwasserstoffe. Unter den Dinitroparaffinen sind besonders die gem.-Derivate, für welche die beiden Typen: N0 R-CH und R.C(NOäVR' primäre

sekundäre Dinitroparaffine

zu unterscheiden sind, vielfach untersucht worden. Von diesen beiden Typen weist nur der erste an dem die Nitrogruppe tragenden Kohlenstoffatom zugleich ein Wasserstoffatom auf. Nur die primären gem.Dinitroparaffine sind demnach zur Salzbildung befähigt und in wäßrigen Alkalien löslich (vgl. TL I, S. 403), während den sekundären Dinitroparaffinen die Fähigkeit, als Säuren zu fungieren, abgeht Bezüglich der Konstitution der Salze, welche sich von den primären Dinitroparaffinen ableiten, haben unsere Anschauungen die gleiche Umwandlung erfahren, wie für die analoge Frage bei den Mononitrokörpern (vgl. Tl. I, S. 412—418). Man faßt sie heute als Salze von aci-Formen E.C4 Tin. Wasser von 12° und explodiert schon bei leisem Schlag sehr heftig; beim Liegen an der Luft färbt es sich rot. Bei vorsichtigem Eintragen des Silbersalzes in Methyljodid erhält man (neben freiem Dinitroäthan) Atbylnitrolsäure, Formaldehyd (als Zersetzungsprodukte des O-Äthers CH 3 -C(N0 2 ): NO «OCH,) und 2.2-Dinitropropan 16 (CH„),C(NO,), (den „C-Methyläther" des Dinitroäthans). 1 . 1 - D i n i t r o - p r o p a n 1 6 CjHn.CHCNO,^ ist flüssig, siedet bei 189° und besitzt J. pr. [2] 07, 137 (1903). Bl. [2] 4 1 , 282 (1884); 4 3 , 322 (1885). * DUDEN, B. 26, 3003 (1893). 4 5 H E D L E T , B. 41, 1197 (1908). HANTZSCH, V E I T , B. 32, 610 (1899). • DUDEN, PONNDOBFF, B. 38, 2031 (1905). — DUDEN, BOCK, R E I D , B. 38,2036 (1905). ' TEE M E E R , A. 181, 1 (1876). — CHANCEL, Bl. [2] 31, 504 (1879). C . r. 96,1466 (1883). — BEBBEND, TRYLLEB, A . 2 8 3 , 240 (1894). 0 8 FILETI, PONZIO, J . pr. [2] 5 5 192 (1897). DUDEN, B . 2 8 , 3008 (1893). 10 HANTZSCH, RINCKENBEBOEB, B . 3 2 , 637 (1899). 1

I

II

PONZIO,

VILLIERS,

MEISENHEIMEB, SCHWABZ, B . 3 9 , 2 5 4 8

C.

(1906).

18 610 (1899). HENBY, C . 1 8 9 7 , II, 338. 14 15 Vgl. auch HANTZSCH, B. 4 0 , 1541 (1907). N E F , A . 2 8 0 , 282 (1894). » TER M E E R , A . 1 8 1 , 19 (1876). — CHANCEL, Bl. [2] 3 1 , 503 (1879) [vgl. CHANCEL, r. 1 8 , 1023 (1844); A . 5 2 , 296 (1844). — LAUBENT, CHANCEL, C . r. 2 5 , 883 (1847);

«* HANTZSCH, V E I T ,

B.

32,

vie.- und

disj.-Dìnitroparaffine.

217

bei 22-5® das spez. Gew. 1 • 258. — 2 . 2 - D i n i t r o - p r o p a n 1 (CH,)JC(N02), (vgl. S. 216) bildet weiße, campherähnliche Krystalle, schmilzt bei 53°, siedet bei 185-5°, ist mit Wasserdämpfen sehr leicht flüchtig, verdampft schon bei gewöhnlicher Temperatur rasch and löst sich in Wasser nur sehr wenig. 1 . 1 - D i n i t r o - b u t a n * C2HS-CH2-CH(N02)2 siedet unter teilweiser Zersetzung gegen 197°; spez. Gew. bei 15°: 1-205; sein Kaliumsalz ist nicht explosiv. vic.-Dinitroparaffine. Ditertiäre irc'c.-Dinitroalkane bilden sich bei längerer Einwirkung von molekularem Silber auf s'em.-Brom-nitro-paraffine9 in Äther: 2

R>CC C < F + 2 AgBr.

Das aus 2-Brom-2-nitro-propan auf diesem Wege in guter Ausbeute erhaltene 2 . 3 - D i m e t h y l - 2 . 3 - d i n i t r o - b u t a n (CHS)2C(NO,)-(NOJ)C(CHs), krystallisiert aus Äther oder Chloroform in Tafeln oder Prismen, die bei 210*5—211*5° schmelzen und in Wasser unlöslich, in kaltem Äther wenig, in Alkohol und heiBem Benzol aber leicht löslich sind. Diese Verbindung entsteht anscheinend auch bei der Elektrolyse des 2-Nitropropan-kaliums und (in sehr kleiner Menge) beim Nitrieren des Diisopropyls 4 . Bei der Reduktion mit Zinn und Salzsäure erhält man glatt das entsprechende Diamin (vgl. S. 238). — Das 3 . 4 - D i m e t h y l - 3 . 4 - d i n i t r o - h e x a n (C.H?)(CH,)C(NO,)'(NOs)C(CHa)(C,H6), aus dem 2-Brom-2-nitro-butan, scheidet sich aus Äther in Platten vom Schmp. 79—80° ab. disj.• Dinitroparaffine. Die einfachste Verbindung — das 1 . 3 - D i n i t r o p r o p a n 5 (N0 2 )CH,• CH,• CH,(NO,) — ist aus Trimethylenjodid durch Einwirkung von Silbernitrit bereitet worden. Dieses diprimäre Dinitroderivat ist ein leicht verharzendes, höchst unbeständiges, weder bei Luftdruck noch im Vakuum destillierbares Öl, konnte aber in Form seines Natriumsalzes C 9 H e (NO,)(: NO-ONa) — weißes, beim Erhitzen heftig explodierendes Pulver — und der durch Einwirkung von aromatischen Diazoverbindungen entstehenden kryBtallisierbaren Azoderivate isoliert werden; bei der Behandlung mit Brom in alkalischer Lösung liefert es ein Tetrabromderivat CBr,(NOa) • CH2 • CBr2(NOs), bei der Reduktion mit Natriumamalgam in essigsaurer Lösung neben viel Ammoniak auch Trimethylendiamin. Mehrere ditertiäre Dinitroparaffine dieser Gruppe sind neben Mononitroprodukten bei der Nitrierung gesättigter Kohlenwasserstoffe mit zwei Isopropylgruppen erhalten worden*: (CH,)JCH«[CHJX«CH(CH8)2

-J-

(CH8)IC(N01).[CH2]X.QN02XCH3)I;

so entsteht z.B. aus Diisobutyl das 2.5-Dimethyl-2.5-dinitro-hexan(CH,)jC(N0 2 )' CH,• CH,• C(NOs)(CHj), (Schmp. 124-125°). A. 64, 331 (1848)]. C. r. 96, 1466 (1883); 99, 1053 (1884). — KURTZ, A. 161, 208 (1872). — DUDEN, B. 26, 3008 (1893). — FILETI, PONZIO, J. pr. [2] 55, 193 (1897). — Ponzio, J . pr. [2] 59, 495 (1899). * V. MEYEB, LOCHER, A. 180, 147 (1876). — BREDT, B. 15, 2322 (1882). — NEF, A. 280, 285 (1894). 4 ZOBLIN, B. 10, 2085 (1877). — CHANCEL, C. r. 9 6 , 1466 (1883). — FILETI, Ponzio, G. 25, I, 243 (1895). • * BEWAD, B. 39, 1231 (1906). C. 1907, I, 230. * Vgl. KONOWALOW, B . 2 8 , 1855 (1895). 8 KEPPLER, V. MEYEB, B. 25, 1709, 2638 (1892). * KONOWALOW, B. 29, 2200 (1896). C. 1906, II, 312, 313.

218

Trinitro-methan und -äthan.

TrinitroVerbindungen. T r i n i t r o - m e t h a n 1 CH(N02)9 (Nitroform) entsteht als Ammoniumsalz bei der Einwirkung von Wasser oder Alkohol auf Trinitro-acetonitriP: (NO,),C-CN + 2H,0 = (N0,)aC«C0'0«NH4 = (NO^C : NO.O-NH4 + C0 2 ; als derzeit beste Darstellungsmethode ist die Umsetzung von Tetranitro-methan mit Kaliumäthylat empfohlen worden9: C(NOJ)4 + K'OCjHJ = KO-ON: C(N02), + C 2 H 6 0-N0,. Das freie Nitroform ist farblos, erstarrt unterhalb + 15°, riecht sehr unangenehm, schmeckt bitter und explodiert bei raschem Erhitzen heftig. In Wasser ist es ziemlich leicht mit dunkelgelber Farbe löslich, die auf Zusatz von größeren Mengen einer Mineralsäure wieder verschwindet. In der recht gut haltbaren und ein erhebliches Leitvermögen besitzenden, stark sauer reagierenden, wäßrigen Lösung ist die D i n i t r o - m e t h a n n i t r o n s ä u r e (N02)JC : NO-OH (AEI-Trinitro-methan) anzunehmen, von der sich auch die Salze ableiten. Letztere zeigen keinen Geruch, krystallisieren größtenteils gut, sind intensiv gelb gefärbt und lösen sich in Wasser mit gelber Farbe und neutraler Reaktion. In trocknem Zustande gehen sie allmählich in Nitrate über: 2(NOj),C: NO • OMe1 = 2Me«NOs + 2CO, + 2NO + N,. Das Silbersalz kristallisiert mit 1 Mol. Wasser und ist auch in Äther leicht löslich; vielleicht ist seine Konstitution deshalb durch die Formel (NO,),CHNO(OHXOAg) auszudrücken; mit Jod liefert es Jod - trinitromethan *, mit 2 Mol. Methyljodid5 bei tiefer Temperatur (— 70°) eine additionelle Verbindung, die sich schon bei + 6° bis + 8 ° explosionsartig unter Bildung von Silbeijodid und 1.1.1Trinitro-äthan CHa• C(NO,)8 (vgl. unten) zersetzt. Das Quecksilbersalz8 bildet völlig farblose Krystalle, die auffallend leicht in organischen Lösungsmitteln löslich sind; seine Lösungen in Äther, Benzol, Chloroform sind farblos, in Alkoholen schwach gelb, in Pyridin und Wasser stark gelb. Die farblosen Lösungen enthalten wohl die undissoziierte Quecksilber-Kohlenstoff-Verbindung hg'C(N02)„ die gelben das elektrolytisch dissoziierte Quecksilber-Sauerstoff-Salz hg>0«N0: C(NO,),. 1.1.1-Trinitro-äthan' CH3• C(N02)9 — eine in Würfeln krystallisierende, bei 56° schmelzende, außerordentlich leicht flüchtige Substanz, die im Geruch an salpetrige Säure erinnert, aber heftig zu Tränen reizt und Kopfschmerzen verursacht — ist aus Methyl-malonsäure CH„-CH(C02H)2 durch Behandlung mit Salpetersäure 1 ScmscHKow, A . 101, 216 (1857); 1 0 3 , 364 (1857); 119, 247 (1861). — V. MEYBR, B. 7 , 1744 (1874). — V. METER, LOCHER, A. 1 8 0 , 172 (1876).

4

Bei dieser Reaktion muß man mit größter Vorsicht verfahren; wenn die Zersetzung des Trinitro-acetonitrils durch Kochen mit Wasser in der Regel auch ruhig verläuft, so wurde doch einmal bei Verarbeitung von nicht mehr als 7 g unter anscheinend den gewöhnlichen Bedingungen im Züricher Laboratorium eine äußerst heftige Explosion beobachtet. 8

HANTZSCH, RINCKENBERGEB, B. 3 2 , 628 (1899).. HANTZSCH, B. 3 9 , 2478 (1906). — MEISENHEIMER, SCHWARZ, B. 3 9 , 2551 (1906). * HANTZSCH, CALDWELL, B. 3 9 , 2472 (1906). 8 LEY, KISSEL, B. 3 2 , 1365 (1899). — LEY, B. 8 8 , 973 (1905). 7 FBANCHIMONT, R. 5 , 281 (1886).

4

TetranUro-methan und -äthan.

219

erhalten worden, wird aber besser aus Nitroform-silber und Methyljodid in gekühltem Äther d a r g e s t e l l t I n organischen Solvenzien ist es leicht, in Wasser nicht löslich. Alkalien greifen es langsam an unter Abspaltung einer Nitrogruppe und Bildung von l.l.-Dinitro-äthan (S. 216). Mit Kaliummethylatlösung* erhält man Kaliumnitrit, Methylalkohol und das Kaliumsalz des aei-Methyl-^, ^-dinitroäthyl-ätliers: CH, • CfliO,), + KOCH, = CH 2 : C(NO,)J + KNO, + C H , O H ; C H , : C(NO S )J + K O C H , =

C H , • 0 • C H , • C(NOS): N O • O K .

Mit KaliumSthylat8 bildet sich das analoge Salz der |S,(?-Dinitro-diäthyläthers C2H60-CH a -CH(N0 ä ), (vgl. S. 233). Tetranitroverbindnngen. T e t r a n i t r o - m e t h a n C(N02)4 entsteht aus Nitroform durch Nitrierung mit Salpeterschwefelsäure1 und aus Diacetyl-orthosalpetersäure 5 (Tl. I, S. 575) oder Acetylnitrat* mit Essigsäureanhydrid, wobei die Ausbeute wegen der Heftigkeit des Reaktionsverlaufs allerdings nur klein ist. Ziemlich reichlich bildet es sich beim Erwärmen von aromatischen Kohlenwasserstoffen oder Nitro körpern, z. B. Nitrobenzol C 6 H 5 'NO„ mit Salpeterschwefelsäure und stark anhydridhaltiger Schwefelsäure7. Das Tetranitromethan stellt eine farblose, leicht bewegliche, in Wasser unlösliche Flüssigkeit (D\ 3 = 1-650) dar, die bei +13° krystallinisch erstarrt. Es siedet unzersetzt bei 126°, ist also beständiger als Dinitro-methan und Nitroform. Mit alkoholischem Ammoniak liefert es das Ammoniumsalz, mit alkoholischem Kali das Kaliumsalz des aci-Trinitro-methans (S. 218). 1 . 1 . 2 . 2 - T e t r a n i t r o - ä t h a n 8 (NOjJjCH-CHiNO,), ist wegen seiner großen Zersetzlichkeit in freier Form nicht darstellbar; das Dikaliumsalz entsteht bei der Umsetzung von Brompikrin (S. 226) mit Kaliumcyanid in kaltem Alkohol. Das als Derivat der 1 . 2 - D i n i t r o - ä t h a n d i n i t r o n s ä u r e KO-NO : C(NO,) (NO,)C : NOOK zu formulierende Salz krystallisiert aus wäßrigem Methylalkohol in gelben Prismen, die beim Erhitzen auf 270—275°, sowie unter der Wirkung eines Schlages explodieren; beim Zufügen von Brom zu der eiskalten wäßrigen Lösung erhält man 1.1.2-Trinitro-1.2.2 tribrom-äthan (NO^CBr.CBr^NCy. Beim Versuch, die freie Säure aus dem Kaliumsalz durch verdünnte Schwefelsäure zu gewinnen, erfolgt Zerfall unter Bildung von Dinitro-methan. H e x a n i t r o - ä t h a n (NO,)tC • C(NO,)k, konnte bisher nicht erhalten werden9 (vgl. S. 226).

Nitroso-nltro Verbindungen. Bei Besprechung der Nitrosoparaffine (Tl. I, S. 398—400) wurde darauf hingewiesen, daß wahre C-Nitrosoderivate durch charakteristischen Geruch und intensive Färbung im flüssigen oder gelösten Zustand ausgezeichnet sind, daß ihnen farblose bimolekulare Formen 10 — „Bisnitrosylverbindungen" — entsprechen, und daß die Nitroso* HANTZSCH, RINCKENBERQER, B . 3 2 , 636 (1899). * MEISENHEIMEK, B . 3 6 , 434 (1903). * MEISENHEIUEB, SCHWARZ, B . 3 9 , 2543 (1906). 4 5 SCHISCHKOW, A . 1 1 9 , 248 (1861). PICTET, GENEQUAND, B . 3 0 , 2225 (1903). 4 PICTET, KHOTINSKT, B . 4 0 , 1164 (1907). ' D . B . P . 184229 (C. 1 9 0 7 , I I , 366). 8 SCHOLL, BRENNEISEN, B . 3 1 , 642 (1898). — SCHOLL, SCHMIDT, B . 3 5 , 4288 (1902). 9 HANTZSCS, B . 3 9 , 2478 (1906).

10

Über deren Konstitution vgl. WIELAND, A. 329, 244 (1903).

220

Nitroso-nitro-paraffine.

gruppe, sofern am gleichen Kohlenstoffatom sich Wasserstoff befindet, sich leicht zur Isonitrosogruppe umlagert

—>- ^>C:N-0Etj.

Wahre D i n i t r o s o d e r i v a t e der aliphatischen Kohlenwasserstoffe — d. h. also Verbindungen, die innerhalb einer Kohlenstoffkette zweimal die Gruppe —NO an C gebunden enthalten, — sind bisher nicht bekannt 1 , wohl aber kennt man eine Reihe von N i t r o s o - n i t r o v e r b i n d u n g e n . Als gem.-Nitroso-nitro-paraffine sind zunächst die P s e u d o n i t r o l e , wie ( C H S ^ C ( N 0 ) ( N 0 2 ) zu nennen, die bereits T 1 . I , S . 4 0 7 , 4 1 0 — 4 1 1 , 4 1 2 besprochen sind, so daß hier ein Hinweis darauf genügt. • vie. Nitroso-nitro-verbindvmgen entstehen zuweilen durch Anlagerung von salpetriger Säure an eine Doppelbindung: NO > C : C < + NjO, = > C

NO, COH).C(: N-OH)-CH a (vgl. Kap. 82). 4 Vgl. dazu: WIELAND, A. 3 2 8 , 154 (1903); 329, 225 (1903). — WALLACH, A. 3 3 2 , 3 306 (1904). SSIDOBENKO, C. 1907, I, 399. 4

DEMJANOW, C. 1 8 9 9 , I, 1064; 1901, II, 333.

B. 4 0 , 245 (1907).

Chlor-nitroso-äthan.

221

II. Nitroso- und Nitro-halogenrerbindungen. Nitroso-halogen-paraffine. nitroso-verbindungen

Auf die Entstehung der w.-Halogen-

R > 9 — 9 < I

H >

NO Hlg

bei der Anlagerung von Nitrosylhaloiden an Alkylene und die interessanten Erscheinungen von Desmotropie und Polymerie, die bei den Anlagerungsprodukten vom zweiten Typus festgestellt worden sind:

ist schon im Tl. I auf S. 831—832 hingewiesen worden. Ferner wurde bereits auf S. 773 des ersten Teiles erwähnt, daß man die ^em.-Ka!ogennitrosoverbindungen

und

durch Einwirkung der

Halogene auf Oxime gewinnt, und daß, falls die NO-Gruppe und das Halogen gleichzeitig mit einem Wasserstoffatom an Kohlenstoff gebunden sind, leicht die folgende Isomerisation eintritt: R-CH(Hlg)-NO —>•

K-C(Hlg) : N-OH.

Es ist demnach an dieser Stelle nur noch die Beschreibung einiger charakteristischer Vertreter dieser Körperklasse nachzuholen. Sie besitzen ein erhebliches Interesse, weil man an ihnen die Eigenschaften der (/-Nitrosoverbindungen eingehend studiert hat, und besonders, weil man unter ihnen auch Beispiele für die Existenzfähigkeit s e k u n d ä r e r Nitrosoverbindungen aufgefunden hat (vgl. Tl. I, S. 399). Das l - C h l o r - l - n i t r o s o - ä t h a n l CH s -CHCl-NO entsteht beim Einleiten von Chlor in eine gekühlte salzsaare Lösung des Acetaldoxims. Es scheidet sich hierbei in tiefblauen Tröpfchen ab, die mit der gleichen Farbe in organischen Solvenzien löslich sind. Diese Lösungen entfärben sich jedoch — besonders beim Erwärmen — rasch, infolge Isomerisation zum Acethydroximsäurechlorid CH,• CC1: N-OH (vgl. Tl. I, S. 634). Auch beim Versuch, sie von der Mutterlauge zu befreien, büßen die blauen Tröpfchen ihre Farbe ein und gehn unter Zusammentritt zweier Moleküle in B i s - ä t h y l i d e n n i t r o s o c h l o r i d [CH,• CHC1—],[NO]s über: farblose Blättchen, die bei 65" mit tiefblauer Farbe schmelzen, da bei dieser Temperatur und ebenso beim Aufnehmen in heißen Lösungsmitteln Spaltung des Doppelmoleküls unter Rückbildung des monomolekularen Chlor-nitroso-äthans eintritt. Von kalter Natronlauge wird die Bisnitrosoverbindung weder gelöst noch verändert, beim Erwärmen tritt jedoch heftige Zersetzung ein. Beim Einleiten von Chlor in eine gut gekühlte salz1

P I I O T T , STEINBOCK, B . 8 5 , 3 1 1 3 ( 1 9 0 2 ) .

222

Chlor- und

Brom-nitroso-nronan.

saure Lösung der umgelagerten Halogen-nitrosoverbinduDg, d. h. also des Acethydroximsäurechlorids, entsteht 1 . 1 - D i c h l o r - l - n i t r o s o - ä t h a n 1 CH3^CC12'N0, ein tiefblaues, in Wasser unlösliches, in Alkohol und Äther leicht lösliches Öl, das unter 763 mm Druck bei 68° siedet und bei 19° das spez. Gew. 1-2521 hat. Der Dampf dieser Substanz reizt die Augen zu Tränen; die Halogenatome sind sehr fest gebunden, so daß weder Natronlauge, noch Silbernitrat eine Veränderung hervorrufen. Die bei der Einwirkung von unterchloriger Säure auf Acetoxim (CH3),C : N«OH neben einem blauen Öl entstehende farblose Verbindung wurde anfänglich2 für den Unterchlorigsäureester (CHS)SG :N-0-Cl gehalten, besteht aber in Wirklichkeit aus 2-Chlor-2-nitro-propan (GHj^CCl-NOj; das erwähnte blaue Öl stellt das bei dieser Reaktion als Zwischenprodukt auftretende 2 - C h l o r - 2 - n i t r o a o - p r o p a n 3 (CH3)2CC1NO dar, das man in reiner Form durch Überleiten von Chlor über eine eisgekühlte Lösung des Acetoxims in 10-prozentiger Natronlauge gewinnen kann. Die tiefblaue, scharf riechende Flüssigkeit ist wenig stabil, siedet gegen 68° unter Zersetzung und verwandelt sich unter 18 mm Druck bei etwa 7° in einen weißen Dampf. 2-Brom-2-nitroso-propan* (CHj^CBr-NO, aus Acetoxim und Brom, stellt eine leicht bewegliche, ultramarinblaue Flüssigkeit von äußerst stechendem Geruch dar; sie erstarrt in einer Mischung von festem Kohlendioxyd und Äther zu einer blauen blättrigen Masse, wird aber schon bei sehr niedriger Temperatur wieder flüssig. Der Siedepunkt liegt unter 26 mm Druck bei 12-5°; unter normalem Druck beginnt die Destillation bei etwa 83°, jedoch unter merklicher Zersetzung. Der Dampf erscheint in dünner Schicht farblos, in einer 2 m langen Schicht aber tief dunkelblau. Das in Äther und Alkohol leicht, in Wasser nicht lösliche Öl zersetzt sich innerhalb weniger Stunden mit ziemlicher Heftigkeit; bei der Einwirkung von Ammoniak bilden sich in stürmischer Reaktion große Mengen Acetoxim; die Umsetzung mit Silbeniitrit in Äther führt zum Propylpseudonitrol (CH,)jC(NO,)»NO. Von den T r i m e t h y l ä t h y l e n - n i t r o s o h a l o g e n i d e n * wird die Chlorverbindung (CHa)2CCl -CH(CH,)> NO in bimolekularer Form durch Einleiten von Nitrosylchlorid in Amylen6 oder besser7 durch langsames Eintragen rauchender Salzsäure ip ein sorgfältig gekühltes Gemisch von Trimethyläthylen und Amylnitrit erhalten. Die Depolymerisation des Produkts gelingt durch Erwärmen auf den Schmp. (75") oder sicherer durch 20—30 Minuten langes Kochen in Äther. Beim Abdampfen des Lösungsmittels hinterbleibt das 2 - C h l o r - 3 - n i t r o s o - 2 - m e t h y l - b u t a n dann als blaugrüne Flüssigkeit, die aber schon nach wenigen Minuten unter Entfärbung in das B i s - t r i m e t h y l ä t h y l e n - n i t r o s o c h l o r i d [(CHs^CCl-CHiCHj)—^fNO], zurückverwandelt ist. Die entstandenen Krystalle sind in Äther und Chloroform leicht, in Alkohol und Ligroin wenig löslich; von etwa 35" ab beginnt die durch Auftreten einer blauen Färbung erkennbare Dissoziation, und bei der Schmelztemperatur von 74—75" ist die Spaltung eine vollständige. Beim Abkühlen der Schmelze, wie auch der sich ähnlich verhaltenden Lösungen beginnt dann von neuem 1 8 8 4

s

PILOTY, STEINBOCK, B . 3 5 , 3115 (1902). MÖHLÄU, HOFFMANN, B . 2 0 , 1507 (1887). PONZIO, C. 1 9 0 6 , I , 1692. — V g l . a u c h PILOTY, B. 3 1 , 453 (1898). PILOTY, B . 3 1 , 454 (1898). — PILOTY, STOCK, B. 3 8 , 3095 (1902).

Über Homologe dieser Körper vgl. IPATJEW, C. 1899, II, 177. — Zur Kon-

s t i t u t i o n s f r a g e v g l . : HANTZSCH, B . 3 5 , 2978, 4120 (1902). — J . SCHMIDT, B. 3 5 , 3737 (1902); 3 6 , 1765 (1903). 6 TÖNNIES, B . 1 2 , 169 (1879). — WALLACH, A . 2 4 5 , 246 (1888). — TILDEN, FORSTER, Soc. 6 5 , 324 (1894). 7 J . SCHMIDT, B . 3 5 , 3727 (1902).

Nitrosohalogenide des Trimethyl- und Tetramethyl-äthylens.

223

die durch das Verschwinden der Färbung sich kundgebende Verwandlung in die bimolekulare Form. Letztere zeigt — im Gegensatz zum Tetramethyläthylen-nitrosochlorid (s. unten) — die LIEBERMANN sehe Nitrosoreaktion (vgl. Tl. I, S. 358—359). Erhält man das Bis-trimethyläthylen-nitrosochlorid 25—30 Minuten hindurch bei 75°, so wird die anfangs blaue Schmelze grün, dann hellgelb und besteht nunmehr aus M e t h y l - c h l o r i s o p r o p y l - k e t o x i m (CH3)2CC1'C(: N-OH)-CH3 (Schmp. 49—50"). Beim T r i m e t h y l ä t h y l e n - n i t r o s o b r o m i d 1 (2-Brom-3-nitroso-2-met h y l - b u t a n ) (CHa)8Cßr• CH(NO)• CH3 treten die Erscheinungen der Desmotropie und Depolymerisation noch leichter ein, als bei der eben beschriebenen Chlorverbindung, während die Polymerisation nur verhältnismäßig langsam erfolgt. Läßt man Bromwasserstoff auf ein stark gekühltes Gemisch von Amylen und Amylnitrit einwirken, so färbt sich die Flüssigkeit blaugrün und enthält dann das ölige monomolekulare Nitrosobromid, das nur allmählich zu Krystallen der farblosen Bisn i t r o s o v e r b i n d u n g [(CHs)2CBr«CH(CH8)—]2[NO]a erstarrt. Die Depolymerisation beginnt langsam schon in den kalten Lösungen, die sich demgemäß allmählich blaugrün färben; beim Erwärmen der Lösungen, sowie beim Erhitzen der festen Substanz auf ihren Schmp. 67° erfolgt die Depolymerisation momentan. Kühlt man dann schnell wieder ab, so verschwindet die Färbung fast vollständig wieder, indem sich die dimolekulare Form zurückbildet. Bei längerem Erwärmen der Lösungen oder auch der Schmelze tritt Isomerisation zum M e t h y l - b r o m i s o p r o p y l - k e t o x i m (CHs)jCBr • C(: N • OH) • CH, (Schmp. 78—79°) ein. Die N i t r o s o h a l o g e n i d e des T e t r a m e t h y l - ä t h y l e n s sind nur in einer Form bekannt. Die Chlorverbindung, das 3-Chlor-2-nitroso-2.3-dimethylbutan* (CH,),CCl-C(NO)(CHs)2, stellt man am besten durch Lösen von Tetramethyläthylen in starker alkoholischer Salzsäure und Zufügen von Natriumnitrit unter guter Kühlung dar; man erhält so ein Krystallpulver von der Farbe des Kupfervitriols, das campherartig und zugleich stechend riecht, in allen Solvenzien außer Wasser leicht löslich ist und bei 121° unter geringer Gasentwicklung schmilzt. Die äußerst flüchtige und leicht in glänzenden Kryställchen sublimierende Substanz zeigt die LIEBEBMANNsehe Reaktion nicht, spaltet aber unter der Einwirkung von siedendem Wasser oder von Alkalien salpetrige Säure und Chlorwasserstoff ab, während das Tetramethyläthylen zurückerhalten wird. — Sehr ähnliche Eigenschaften besitzt das T e t r a m e t h y l ä t h y l e n - n i t r o s o b r o m i d 8 (3-Brom-2-nitroso-2.3d i m e t h y l - b u t a n ) (CHa^CBr-CiNO^CHj^, das sich in ätherischer Lösung unter dem Einfluß des Sonnenlichts in Tetramethyläthylen-dibromid verwandelt, wobei wohl ein primärer Zerfall in Stickoxyd, Brom und Alkylen anzunehmen ist. Nitro-halogen-paraffine. Die Entstehung von Halogennitroderivaten durch B r o m i e r u n g d e r N i t r o p a r a f f i n e 4 ist schon Tl. I, S. 404—405 (vgl. auch S. 417) besprochen. — Andererseits sind auch H a l o g e n p a r a f f i n e der N i t r i e r u n g (durch Erhitzen mit verdünnter Salpetersäure) zugänglich, und zwar sind sie im allgemeinen leichter 1

J . SCHMIDT, LEIPPKAND, B. 3 7 , 532 (1904).

— Vgl. a u c h WALLACH, A. 2 4 5 ,

247 (1888). 4 THIELE, B. 27, 454 (1894). — Vgl. auch BAEYEB, B. 27, 442 (1894). — Über das refraktometrische Verhalten und die Konstitution vgl. auch BRÜHL, Ph. CH. 26, 73 (1898). ' J . SCHMIDT, LEIPPRAND, B. 3 7 , 545 (1904). 1

Vgl. V. METER, A. 171, 49 (1874).

B. 7, 1313 (1874). — TSCHEBNIAK, B. 8,

609 (1875). A. 180, 123 (1876). — V. MEYEB, TSCHEBNIAK, A. 180, 112 (1876). — ZÜBLIN, B. 10, 2085 (1877). — BEWAD, B. 24, 974 (1891).

224

Chlor-, Brom-

und

Jod-nitromethan.

nitrierbar als die Kohlenwasserstoffe selbst (vgl. S. 214). Primäre und sekundäre Halogenverbindungen liefern hierbei je nach der Konstitution des Kohlenwasserstoffradikals vorwiegend Nitro- oder aber Oxydationsprodukte; tertiäre Alkylhalogenide spalten leicht Halogenwasserstoff ab1.— Einige Halogennitroparaffine konnten durch Behandeln der entsprechenden Nitroalkohole mit Phosphorpentachlorid dargestellt werdena. — Halogennitroderivate des Methans entstehen häufig aus komplexeren Kohlenstoffverbindungen durch Spaltung, wenn Halogenverbindungen mit starker Salpetersäure oder Nitroverbindungen mit halogenierenden Agenzien behandelt werden (vgl. unten die Beispiele). Bezüglich der Konstitution und Salzbildung (vgl. Tl. I, S. 405) der halogenierten Nitrokörper gilt im wesentlichen das für die Mono- und Polynitrokohlenwasserstoffe bereits Dargelegte. Bemerkenswert ist die Leichtigkeit, mit der in einigen ^em.-Halogennitroderivaten ein Halogenatom bei der Behandlung mit Alkali gegen Wasserstoff (bzw. Alkalimetall) ausgetauscht wird. So entsteht z. B. aus Dibrom-dinitro-methan das Alkalisalz des Monobrom-dinitro-methans. Diese Eeaktionen haben den Gedanken an eine Verbindung des Halogens mit der Nitrogruppe zu dem Komplex >C——fr-O-Br nahegelegt3. Sie sind analog der Abspaltung einer Nitrogruppe bei ^em.-Polynitroverbindungen, z. B. der Bildung von Nitroform aus Tetranitromethan (vgl. S. 218). Auf die Verwendbarkeit der Halogennitroparaffine für synthetische Zwecke durch Umsetzung mit Zinkdialkylen* und mit molekularem Silber ist schon Tl. I, S. 404—405 und Tl. II, S. 217 hingewiesen worden. Nitrohalogmderivate des Methans. Chlor-und Brom-nitro-methan 5 CHaClNO, bzw. CHjBr-NOj lassen sich durch Halogenierung der Nitromethan-Salze erhalten. Chlornitromethan ist ein dem Nitromethan ähnlich, aber zugleich etwas stechend riechendes Öl vom Sdp. 122—123°, das bei 15° das spez. Gew. 1*466 hat und sich in etwa der 20-fachen Menge kalten Wassers löst. Die gleichfalls ölige Bromverbindung siedet unter 742-5 mm Druck bei 147-5—149- 5°; ihr stark aggressiver Geruch erinnert an Chlorpikrin (S. 226); in Wasser ist sie löslich, in Alkalien leicht löslich. — In andererWeise ist J o d - n i t r o - m e t h a n 4 C H J J ( N O J ) erhalten worden; es entsteht aus Methylenjodid durch Einwirkung von Silbernitrit, auch wenn letzteres im Überschuß angewendet wird, stellt ebenfalls ein Öl von stechendem Geruch dar, das bald Jod abscheidet, bildet ein Natriumsalz CHJ(: NO • ONa) — weißes, beim Erhitzen explodierendes Pulver — und krystallisierbare aromatische Azoderivate. Die dem Chlor- und Brom-nitromethan entsprechenden Nitrolsäuren sind durch 1

KONOWALOW, C . 1 9 0 4 ,

* HENRY, C . 1 8 9 8 , 8

I,

I,

1478; 1 9 0 6 ,

II,

1552.

193.

WILLSTATTER, HOTTENROTH, B .

37,

1778

(1904).

* Vgl. hierzu noch B E W A D , J. pr. [2] 48, 345 (1893). 8 TSCHERNIAK, B. 8, 608 (1875). A. 180, 129 (1876). B. 29, 2078 (1896); 30, 2588 (1897). — SCHOLL, B. 29, 1824, 2325, 2416 (1896). * V. METER, B. 24, 4244 (1891). — RUSSANOW, B. 25, 2635 (1892).

Halogenderivate

des

Dinitro-methans.

225

Einwirkung von Salpetersäure auf die Halogen-isonitrosoacetone hydroximsäure-haloide) gewonnen worden 1 : CH,-CO-C(:N.OH)-Hlg

V

(Brenztrauben-

H 0 2 C - C 0 , H + 0 2 N - C ( : N-OH)-Hlg.

C h l o r - m e t h y l n i t r o l s ä u r e Cl-C(: N>0H)-N0 2 krystallisiert aus Chloroform in gelblichen Nadeln, die bei 101° unter Entwicklung roter Dämpfe schmelzen und sich auch an der Luft allmählich zersetzen; bei der Einwirkung des Wassers, sowie verdünnter Alkalien erfolgt Zerfall in Kohlendioxyd, Salzsäure und Stickoxydul, während Säuren nur langsam angreifen. — Bei der Darstellung der weit leichter veränderlichen B r o m - m e t h y l n i t r o l s ä u r e Br-C(: N » 0 H ) - N 0 2 (Nadeln aus Chloroform, Schmp. 93 0 unter Zersetzung) treten als Nebenprodukte Spuren von Tetrabromkohlenstoff und reichliche Mengen von Dibrom-dinitro-methau (s. u.) auf. D i e h l o r - d i n i t r o - m e t h a n 2 CC12(N02)2 — ein zu Tränen reizendes, mit Wasserdämpfen flüchtiges Öl, das bei 15° das spez. Gew. 1-685 zeigt, — ist bei der Destillation von Naphthalintetrachlorid mit konzentrierter Salpetersäure, B r o m d i n i t r o - m e t h a n 3 CHBr(N0 2 ) 2 aus Dibromcampher und aus o-Dibromhydrin CH 2 BrCH(OH)-CH,Br (S. 201—202), D i b r o m - d i n i t r o - m e t h a n 4 CBr ? (N0 2 )j aus Tribromanilin und anderen aromatischen Bromverbindungen, ferner aus Äthylenbromid durch Einwirkung von Salpetersäure erhalten worden. Neben anderen Produkten entsteht es bei der Behandlung von Brom-isonitrosoaceton 6 CH a • CO • C(: N • OH) • Br, von Dibromlävulinsäure 6 CH 2 Br • CO • CHBr-CH 2 -COOH und Dibrom - cyclopentendion ? CBr—CO«. ¿!H C 0 > ° H B r Pe*ersäure' der Bromkalk-Destillation der Pikrinsäure 9 beobachtet man es als Nebenprodukt des Brompikrins (S. 226); aus 1.1.2-Trinitro1.2.2-tribrom-äthan 8 CBr 2 (N0,)-CBr(N0 2 ) 2 (vgl. S. 219) läßt es sich durch Erhitzen unter 50 mm Druck, aus Kalium-dinitromethan 10 durch Bromieren gewinnen. Bei letzterer Reaktion erhält man gleichzeitig Jfonobrom-dinitro methan 1 1 , das ein stechend riechendes, nicht unzersetzt destillierendes Öl bildet und in wäßriger Lösung elektrolytisch dissoziiert 12 ist; mit alkoholischem Kali liefert es das Salz CBr(NO,)(: NO-OK): große, hellgelbe Prismen, die bei 155° explodieren und mit Säuren Dl-brom-dinitromethan liefern. Letzteres ist ein schweres, grünlich-gelbes Öl, das unter 14 mm Druck bei 75—76° unzersetzt überdestilliert, unter gewöhnlichem Druck aber bei 158° explodiert; in der Kälte erstarrt es, um bei + 1 0 ° wieder zu schmelzen. Reduktionsmittel (wie Kaliumarsenit) verwandeln es in Dinitromethan; mit alkoholischem Kali erhält man aus ihm das oben erwähnte charakteristische Kaliumsalz des Monobromdinitro-methans. I

PONZIO, G .

37,

* DE MABIQNAC,

A.

II,

4 0 (1907). —

PONZIO, CHABRIEB, G .

16 (1841). —

38,

LOSANITSÌH,

B.

17,

37,

II,

99

(1907).

849 (1884). —

RASCHIO,

B. 18, 3327 (1885). » KACHLER, SPITZER, M . 4 ,

5 5 8 (1883). —

ASCHAN, B .

23,

1828

(1890).

B. 1 5 , 472 (1882); 1 6 , 51, 2730 (1883); 1 7 , 848 (1884). — Vgl. Bl. [2] 3 7 , 451 (1882); 4 1 , 282 (1884); 4 3 , 322 (1885). C. r. 9 7 ,

* LOSANITSCH,

ferner VILLIERS, 258 (1883). 6

PONZIO, CHARRIER, G .

4

WOLFF, B . 2 6 , 2 2 1 7 (1893).

37,

II,

SCHOLL, BBENNEISEN, B .

31,

8

SCHOLL, BRENNEISEN, B .

31,

SCHOLL, SCHMIDT, B .

II

SCHOLL, BBENNEISEN, B .

"

HANTZSCH, V E I T , B .

35, 32,

(1907).

' WOIFF, RÜDEL, A . 2 9 4 , 198 (1897).

654 (1898). 651 (1898). 4291 (1902). 3 1 , 653 (1898). 626 (1899).

8

10

104

226

Chlorpikrin, Brompikrin,

Jod-trinitro-methan.

Die T r i h a l o g e n d e r i v a t e des N i t r o - m e t h a n s bilden sich zuweilen bei dem Zerfall aromatischer Nitroverbindungen unter der Einwirkung von chlorierenden bzw. bromierenden Agenzien und werden gewöhnlich aus Pikrinsäure (Trinitrophenol) durch Behandlung mit Chlorkalk bzw. Bromkalk gewonnen. T r i c h l o r n i t r o - m e t h a n oder C h l o r p i k r i n 1 CC1,(N02) — eine bewegliche Flüssigkeit, die bei sehr starker Abkühlung erstarrt, aber schon bei — 64° bzw. — 69-2° (korr.) wieder schmilzt*, bei 112° siedet und das spez. Gew. = 1-6539 besitzt, — riecht äußerst stechend und übt heftig reizende Wirkungen auf Augen und Schleimhäute aus; seiner Bildung durch Nitrieren 3 von Chloroform ist schon gedacht (S. 15), ebenso seines Überganges in Methylamin (Tl. I, S. 370) durch Reduktion mit Eisen und Essigsäure. — B r o m p i k r i n 4 CBr,(N02) ist eine dem Chlorpikrin ähnliche Flüssigkeit, erstarrt in der Kälte zu prismatischen Krystallen, die bei + 1 0 ° schmelzen, siedet unter 118 mm Druck bei 127° und besitzt bei 12-5° das spez. Gew. 2-811. Bei der Einwirkung von Cyankalium* auf die wäßrig-alkoholische Lösung erhält man, neben Bromcyan, das Dikaliumsalz des symm.-Tetranitroäthans (S. 219). Das J o d - t r i n i t r o - m e t h a n CJ(NO.,)a läßt sich durch Umsetzen von Nitroformsilber (S. 218) mit Jod in gekühltem Äther darstellen6. Es krystallisiert aus Äther in dicken Prismen, aus Gasolin in hellgelben Blättchen, die in Wasser nicht, in anderen Solvenzien aber leicht löslich sind, bei 58° unter Bräunung schmelzen und unter 13 mm Druck bei 48—48-5° fast unzersetzt Übergehn. Die nur kurze Zeit haltbare Verbindung scheidet beim Kochen mit Silbernitrat in verdünntem siedendem Alkohol quantitativ Jodsilber ab; von Kalilauge wird sie nach der Gleichung: 3 J-C(N0 2 ), + 6KOH = SKO-ON: C(NOs), + 2KJ + KJO, + 8H,0 zersetzt Mit Silbernitrit reagiert sie fast momentan und völlig glatt unter Bildung von Tetranitro-methan (vgl. S. 219), während sie sich gegen das sonst so reaktionsfähige Trinitromethan-silber (S. 218) ganz indifferent verhält, so daß die Versuche, auf diesem Wege Hexanitro-äthan zu gewinnen, fehlschlugen. Nitrohahgenderivate des Äthans. 1 - C h l o r - l - n i t r o - ä t h a n ' CH,-CHC1-N0S (Sdp. 124—125°, D 7,e : 1-247) ist durch Behandeln einer alkoholischen NitroäthanLösung mit Chlor erhalten worden. — Das isomere 2 - C h l o r - l - n i t r o - ä t h a n 8 ClCH,.CH,-NO s (Sdp. 173—174°, D 7 : 1-405) entsteht durch Erhitzen von symm.-Chlorjod-äthan mit Silbernitrit, sowie durch Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf den 1 STENHOUSE, A. 6 6 , 241 (1848). — G E I S S E , A. 1 0 9 , 282 (1859) — KEKULÉ, A. 212 (1857); 1 0 6 , 144 Anm. (1858). — A. W. HOPMANN, A. 1 3 9 , 111 (1866).— MILLS, A. 1 6 0 , 1 1 7 (1871). — C O S S A , J . 1 8 7 2 , 298. — THORPE, SOC. 3 7 , 198 (1880). — DE FORCBAND, A. eh. [5] 2 8 , 23 (1883). — RASCHIO, B . 1 8 , 3326 (1885). — L E V Y JEDLICKA, A. 2 4 9 , 86 (1888). — Brechungsvermögen: BRÜHL, Ph. Ch. 1 6 , 214 (1895).— Leitfähigkeit: B R U N E R , B. 3 6 , 3298 (1903). S H A A S E , B . 2 6 , 1053 (1893). — v. SCHNEIDER, Ph. Ch. 1 9 , 158 (1896). 3 Hierzu kann auch Acetylnitrat benutzt werden [ P I C T E T , KHOTINSKY, B . 4 0 , 1165 (1907)]. * STENHOUSE, A. 9 1 , 307 (1854). — B O L A S , G R O V E S , A. 1 6 6 , 253 (1870). — V. M E T E R , TSCHERNIAK, A. 1 8 0 , 122 (1876). — L E V T , JEDLICKA, A. 2 4 9 , 85 (1888). — L . W O L F F , RÖDEL, A. 2 9 4 , 201 (1897). * SCHOLL, BRENNEISEN, B . 3 1 , 642 (1898). — SCHOLL, SCHMIDT, B. 3 6 , 4292 (1902). * HANTZSCH, B . 3 9 , 2479 (1906). — MEISENHEIMER, SCHWARZ, B . 3 9 , 2545, 2551 (1906).

101,

7

HENRY, C . 1 8 9 8 ,

I,

192.

8

HENRY, C . 1 8 9 8 ,

I,

193; 1 8 9 9 ,

I,

1154.

Nitro-halogmderivate

des Äthans und

Äthylens.

227

(i-Nitro-äthylalkohol (8. 231). — 1 - B r o m - l - n i t r o - ä t h a n 1 CH 3 -CHBr-NO, ist eine bei 146—147», 1 . 1 - D i b r o m - l - n i t r o - ä t h a n 2 CH,.CBr,(NO,) eine bei 162—164° siedende, stechend riechende Flüssigkeit — Als Beispiele solcher Halogennitroäthane, die mangels beweglicher Wasserstoffatome nicht zur Umlagerung in Nitronsäuren befähigt sind und dementsprechend auch keine Salze bilden können, seien außer dem eben erwähnten Dibromnitroäthan noch das s^mm.-Dinitro-tetrachlor- und - t e t r a b r o m - S t h a n 8 N0,-CC1,-CC1,-N0, und NO,• CBr,• CBr,• NO, angeführt, die sich durch Anlagern von Stickstoffdioxyd an die entsprechenden Perhalogenäthylene (S. 58—60) gewinnen lassen*. gem.-Monobrom-dinitr oderwate von Äthan-Homologen6 sind ans den Alkalisalzen der primären flrewj.-Dinitroparaffine durch Einwirkung von Brom erhalten worden. l - B r o m - l . l - d i n i t r o - 2 - m e t h y l - p r o p a n (CH,),CH-CBr(N02), z. B. bildet eine farblose Masse von stechendem Gemisch und schmilzt bei 38°. Nitro-halogrenderivate des Äthylens 6 . Bei der Einwirkung von Stickstoffdioxyd oder rauchender Salpetersäure auf Tetrajod-äthylen (S. 60) erhält man infolge teilweiser Verdrängung der Jodatome (vgl. unten Anm. 4) T r i j o d - n i t r o - und s• CHJ,• AaO(OH)j, (CHJ,),As-J >- (CHJ,), As0(0 H). Die Dijodmethyl-arsinsäure krystallisiert aus Wasser mit 1H,0 in gelblichen Tafeln; verdünntes Alkali spaltet in Methylenjodid und Dinatriumarseniat Na,HAs0 4 , siedende Salpetersäure zersetzt unter Jodabscheidung. Die Tetrajod-kakodylsäure bildet schwefelgelbe, in Wasser unlösliche Kryställchen, die von Alkalien und Säuren in gleicher Weise wie die erst beschriebene Verbindung zerlegt werden. 126 (1876). 1313 (1874). — V . MEYEB, TSCHEBNIAK, A . 1 8 0 , 114 (1876). 8 H . BILTZ, B . 8 5 , 1528 (1902). — Vgl. auch KOLBE, B . 2 , 326 (1869). 4 Die gleichen Verbindungen entstehen auch bei längerer Einwirkung von rauchender Salpetersäure auf Tetrachlor- bzw. Tetrabrom-äthylen, während das Tetrajod-äthylen, infolge geringerer Haftfestigkeit der Jodatome, hierbei in Nitrotrijod- und Nitro-dijod-äthylen übergeht. * ZÜBLIN, B. 10, 2086, 2088 (1877). * Vgl. auch: SCHOLL, BBENNEISEN, B. 31, 651 (1898). — ELBS, NEWMANN, J. pr. [2] 58, 253 (1898). ' H . BILTZ, KEDESDY, B . 8 3 , 2190 (1900). — Vgl. auch H . BILTZ, B . 3 0 , 1209 (1897), sowie N E F , A . 2 9 8 , 346 (1897) und M . BEBEND, A . 1 3 5 , 261 (1865). 8 AÜOEB, C . r. 145, 809 (1907). 1

TSCHEBNIAK, A . 1 8 0 ,

* V . METER, B . 7 ,

15*

228

Nitroso-alkohole.

III. Nitroso- und Mtro-alkohole, deren Ither und Ester. Die aliphatischen Nitroso-alkohole kennt man bisher nur in Form von Acylderivaten, und zwar als E s t e r der E s s i g s ä u r e , s a l p e t r i g e n und Salpetersäure. Eine kleine Anzahl der ersteren Art (mit tertiärer Bindung der NO-Gruppe) ließ sich durch Oxydation der entsprechenden Hydroxylamin-Derivate, wie (CH3 • CO • 0 • CH2)3C• NH- OH (vgl. S. 286) mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure darstellen1. T r i a c e t y l - N i t r o s o - i s o b u t y l g l y c e r i n [Triaeetyl-2-Methyhl-2-nitroso-propandiol-(l. 3)] (CH3 • CO • O • C H ^ C • NO bildet ein intensiv blaues öl, das beim Abkühlen — wohl unter Übergang in die bimolekulare Bisnitrosyl Verbindung (vgl. S. 219—220) — zu färb- und geruchlosen Krystallen erstarrt, die bei 73° schmelzen, sich oberhalb 110° zersetzen und einen Dampf von äußerst stechendem Geruch entwickeln. Die Schmelze, wie auch die Lösungen in heißen organischen Solvenzien sind blau gefärbt, enthalten also wiederum den monomolekularen eigentlichen Mitrosokörper. — Das Diacetyl-2-Methylol-2-niiroso - butanol-(l) (CH, • C O • 0 • C H J ) J ( C H , • C H , ) C • NO scheidet sich aus Ligroin als Krystallmasse ab, die bei 71—72° zu einer blauen Flüssigkeit schmilzt und auch in Lösung blau gefärbt erscheint; mit Alkohol- und Ätherdfimpfen ist es etwas flüchtig unter Verbreitung eines stechenden, gleichzeitig an Nitrosobenzol erinnernden Geruches.

Größere Bedeutung besitzen die in der älteren Literatur als A l k y l e n - n i t r o s i t e und - n i t r o s a t e bezeichneten, durch Anlagerung von Stickstofftrioxyd bzw. -tetroxyd an Alkylene erhältlichen Nitrite und N i t r a t e von wc.-Nitroso-alkoholen, wie: CH,NH. ¿ H , • CH< ^CH. Bei der elektrolytischen Reduktion des Acetylaceton-dioxims bildet sich neben dem in zwei Stereoisomeren auftretenden 2. 4-Diamino-pentan' als cyclisches Begleitprodukt ein Dimethyl-pyrazolidin3: NH, CHj C • N • OH CH, C H , . C : N OH

H

NHj

NH,

,CHa • C—CH,—C-CH3 + CH3-C—CH,—C-CH, H N > C H • CH» + HjO. 5. Durch A b b a u d e r A m i d e u n d A z i d e v o n D i c a r b o n s ä u r e n mit Hilfe der HOFMANN sehen * bzw. CuBTiusschen 6 Reaktion (vgl. Tl. I , S. 351—353): [ c h > ] * < c o : K b w . [CH 2 ] x So T ' QO 'Q

^

co a , " • S T

2

g. '

I

Cg g - B

S.

B j

O

5

I1 m OD na> I «ß CS to to jr* cn) fSZ* Jq d5 d5'

" B

to £ I 10 o to OS ® o I nh'hci

(p

^r°iidin)-

Diese Reaktion erfolgt sehr glatt beim Pentamethylendiamin, das einen sechsgliedrigen Bing: ch

2

nh

(piPeridin)

liefert, etwas schwieriger beim Tetramethylendiamin, dessen Umwandlungsprodukt (Pyrrolidin, s. oben die Gleichung) einen fünfgliedrigen Ring enthält; die Entstehung des viergliedrigen Trimethylenimins ch

«nh

aus Trimethylendiamin ist von der Bildung komplexerer Verbindungen (Picoline) begleitet; unter den Zersetzungsprodukten des salzsauren Äthylendiamins 2 endlich findet man das Äthylenimin CH.—CH, tiber^NH^ haupt nicht mehr, wohl aber das einen sechsgliedrigen Bing aufweisende Diäthylendiamin n h

n h

(piPerazin)-

Indessen ist das dreigliedrige Äthylenimin, wie S. 251 besprochen werden wird, auf anderem Wege erhalten worden. Man erkennt hierin die Analogie, die zwischen der intramolekularen Ammoniak-Abspaltung aus Diaminen einerseits und der intramolekularen Wasser-Abspaltung aus Glykolen andererseits besteht. Denn auch das Äthylenoxyd ist ja nicht direkt aus dem Äthylenglykol gewinnbar (vgl. dazu S. 76); vielmehr entsteht aus diesem Glykol durch Wasser-Abspaltung das mit dem Diäthylendiamin korrespondierende (sechsgliedrige) Diäthylendioxyd (vgl. S. 79, 84). Wenn man die Hydrochloride von solchen Diaminen destilliert, deren Aminogruppen durch mehr als fünf Kohlenstoffatome voneinander getrennt sind, so erfolgt keine glatte Reaktion3. In einzelnen Fällen aber hat man aus dfem Reaktionsgemisch Produkte von der empirischen Zusammensetzung des zu erwartenden Imins erhalten und diese früher 1 LADENBDEG, B . 1 8 , 3100 (1885); 2 0 , 442 (1887). — LADENBÜRO, SIEBEB, B . 2 3 , 2727 (1890). — TAFEL, NEDGEBAÜER, B. 2 3 , 1546 (1890). * LADENBDEG, ABEL, B . 2 1 , 758 (1888). — MAJEET, SCHMIDT, B . 2 3 , 3721 (1890). — A . W . HOFMANN, B . 2 3 , 3725 (1890). — LADENBCBO, B . 2 3 , 3740 (1890). * Vgl. v. BBAUN, MÜLLER, B . 3 9 , 4110 (1906).

MKYER-JACOBSON, org. Ch. zw. Aua. i s .

16

( D e z e m b e r 1908)

242

Übergang von Diaminen in lieterocyelische Verbindungen.

als Imine mit einer Zahl von mehr als sechs BiDggliedern formuliert1 C R , •C H „ •C I L •C H „ •C H . \

z z (z. B. • 2 ' ' >NH aus Decamethylendiamin). NeuerLü 2 • l/iij • Lilj • Lilj • L/Hg/ diDgs haben aber B L A I S E und H O U I L L O N 2 nachgewiesen, daß die beim Erhitzen von Octamethylendiamin-hydrochlorid sich bildende Base nicht das vermutete neungliedrige Octamethylenimin, sondern das mit diesem isomere, durch eine merkwürdige Atomverschiebung (Wanderung der Aminogruppe vom Kohlenstoffatom 8 zum Kohlenstoffatom 4?) entstehende a-w-Butyl-pyrrolidin ist: C H , •C H , •C H , •C H , •N H ,

XTIT

RCH-CHJ.CH.-CH^NH,

k . C H , 0 H , C H , . K r 1 1Hg • CHj • CHjC•H ,

CH—CH.—CH.—CH,

NH,

ebenso erwies sich ihnen die sekundäre Base C^H^N, die durch Erhitzen von salzsaurem Decamethylendiamin darstellbar ist, als a-n-Hexylpyrrolidin C E H U - C H — [ C H J ] 2 — C H 2 . Durch diesen höchst interessanten Befund erhält der Erfahrungssatz, daß gerade die Bildung von fünf- und sechsgliedrigen Bingen leicht, diejenige von Bingen mit höherer Gliederzahl nicht, leicht erfolgt, eine sehr wertvolle Stütze. Wir werden an anderer Stelle (Kap. 25) sehen, daß diese Erfahrung sich den stereochemischen Anschauungen anpaßt. Dagegen scheint eine von WALLACH* angewandte, in der Reduktion der sog. Isooxime bestehende Methode wirklich Imine mit höherer Gliederzabi zu ergeben 4 : XH8-CH,-CO ^CHj—CH,—NH Cyclohexanon-isoxim

.CH,-CH,-CH, ^-CH,—CH,—NH ' Hexamethylen-imin

V

Die Verwendbarkeit der Diaminoparaffine zum künstlichen Aufbau von heterocyclischen Verbindungen auch anderer Art als der Imine wird in Bd. I I mehrfach heranzuziehen sein; zur Illustration mögen jedoch hier einige Beispiele dienen. Beim Destillieren der «/mm.-Diacetylverbindungen des Äthylen-5, Trimethylen-5,8 und Tetramethylendiamins 6 tritt ein (partieller) Zerfall in Essigsäure und cyclische sauerstofffreie Basen ein: [CH2],

C

Q

_

CH,-NH.

°

"

¿ H

2

- N H /

C 0

+

2 C A H S



H

-

Die entsprechende Schwefelverbindung bildet sich, wenn man der aus je 1 Molekül Athylendiamin und Schwefelkohlenstoff additioneil sich bildenden Dithiocarbaminsäure 1 Molekül Schwefelwasserstoff entzieht2: CHJ—NH, ¿H,—NH,

_ C H , - N H ^ +

°

S I

=

¿HJ—NH,

CH.-NH. C S

'

S H

"

H > S

(3-Aminoäthyl-dithiocarbaminsäure

¿H,—NH^

'

Äthylen-thioharnstoff

Ein vielfach benutztes V e r f a h r e n zum N a c h w e i s ' und zur I s o l i e r u n g der Diamine besteht darin, daß man die mit Natronlauge versetzte wäßrige Lösung mit Benzoylchlorid4 C,H 5 'CO'Cl schüttelt; die Diamine werden hierbei, selbst wenn die betreffenden Lösungen sehr verdünnt waren, in Form ihrer in Wasser unlöslichen, aber aus Weingeist meist gut krystallisierenden symm.-Dibenzoylderivate, wie C2H4(NH> CO • C8H5)a, niedergeschlagen. — Mit ähnlichem Erfolge wie das Chlorid der Benzoesäure kann man auch Benzolsulfochlorid' C9H6 • S0 4 • C1 anwenden. — Phenylisocyanat6 CaHs • N : CO bildet mit den Diaminen gut krystallisierende Bisharnstoffe vom Typus CaHs • NH • CO • NH • [CHJ, • NH • CO • NH • C,H6. — Ferner kommen für die Isolierung der zweispurigen Basen selbstverständlich auch die Abscheidung in Form weniglöslicher Doppelsalze mit Gold- und Platinchlorid, besonders aber mit Quecksilberchlorid', in Betracht. ^

Einzelne

Diamine

nebst ihren Alkyl-

und

Acyl-Deri-

vaten. Das einfachste Diamin — das Methylendiamin CH2(NH2)2 — ist, wie schon S. 283—234 hervorgehoben wurde, sehr unbeständig. Seine Existenz muß aber in der wäßrigen Lösung angenommen werden, die man beim Zufügen von Kalilauge zum Methylen-feis-trichloracetamid unter Eiskühlung erhält 8 (vgl. S. 244). Leicht isolierbar sind dagegen mehrere JV-Alkyl- und iV-Acylderivate. Die am besten untersuchten T e t r a a l k y l s u b s t i t u t i o n s p r o d u k t e erhält man durch Umsetzung sekundärer Monoamine mit Formaldehyd9 (vgl. Tl. I, S. 754). 1

E. FISCHER, KOCH, A. 2 3 2 , 227 (1886).

' A . W . HOFMANN, B . 5 , 2 4 0 (1872). — E i n w . v o n T h i o p h o s g e n : JAFF£, KÜHN, B . 2 7 , 1663 (1894). 1 Über die thermochemische Bestimmung der Diamine und ihre Unterscheidung von Monoaminen, sowie über ihre Titration unter Anwendung von zwei Indi-

catoren vgl. BEBTHELOT, C. r. 1 2 9 , 6 9 4 (1899). 4 v . UDRANSKY, BAUMANN, B . 2 1 , 2 7 4 5 (1888). ' V g l . HINSBEBG, B . 2 3 , 2 9 6 3 (1890). —• HINSBERQ, STBUPLBB, A . 2 8 7 , 221 (1895). 4 LÖWY, NEÜBEBG, H . 4 3 , 352, 3 5 5 (1904/5). ' BBIEGEB, STADTHAGEN; v g l . ELLINQEB, B . 3 1 , 3 1 8 4 (1898) — LÖWY, NEÜBEBG, H . 4 3 , 355 (1905). 8 EINHORN, A . 3 4 3 , 306 (1905). ' HENBY, B. 2 6 Ref., 9 3 4 (1893); 2 8 B e f . , 852 (1895). 16*

244

Derivate des Methylendiaminos

usw.

So entsteht das T e t r a m e t h y l - m e t h y l e n d i a m i n (CHa),N• CH2• NiCH,), unter starker Wärmeentwicklung, wenn man wäßrige Formaldehyd-Lösung mit Dimethylamin schüttelt. Es bildet eine stark riechende, in Wasser, Alkohol und Äther lösliche Flüssigkeit, die bei 8 5 ° siedet und bei 1 8 - 7 ° das spez. Gew. 0 * 7 4 9 1 h a t — T e t r a ä t h y l - m e t h y l e n d i a m i n * ( C j H ^ N • CH2• N(C2H6)a riecht nur schwach, aber unangenehm, siedet bei 1 6 8 ° und hat bei 1 8 - 7 ° die Dichte 0 > 8 1 0 5 . Sein Hydrochlorid ist bei der Umsetzung von Diäthylainin mit Chlor-dimethylsulfat (S. 209) beobachtet worden 1 : 2(C S H,) S NH + C I C H J . S C V C H , =

(C,Hs)>NCH>.N(C1Hi)i,HCl+H.S04-CH,.

Unter der Einwirkung von Säuren werden diese Basen 3 hydrolytisch wieder in Formaldehyd und Dialkylamin gespalten. Die s y » w » . - D i a c y l d e r i v a t e d e s M e t h y l e n d i a m i n s von der allgemeinen Formel R - C O - N H . C H 2 - N H - C O R (vgl. auch TL I , S. 759) lassen sich am besten durch mehrstündiges Erhitzen der Fettsäureamide mit Polyoxymethylen auf höhere Temperatur 4 darstellen, bilden sich aber auch, wenn man die aus Säureamiden und wäßriger, mit Kaliumcarbonat versetzter Formaldehydlösung erhältlichen N- Methylol-amide HO'CHj-NH'CO'R für sich oder mit Schwefelsäure, häufig jedoch besser mit einem zweiten Molekül des betreffenden Säureamids erwärmt 5 : 2HO CH..NH.CO.R - CHj(NH.CO-R), + CH,0 + H , 0 ; R.CO-NH.CHJ.OH + N H . C O R

=

CH^NHCO-RX +

H,0.

iV, i V ' - D i a c e t y l - m e t h y l e n d i a m i n (Methylen-ftis-acetamid) 6 CHS(NHCO • CHa), krystallisiert aus Alkohol in vierseitigen Säulen vom Schmp. 196°, siedet bei 288° und ist in Wasser außerordentlich leicht, in Alkohol etwas schwerer und in Äther gar nicht löslich; beim Kochen mit Salzsäure zerfällt es in Essigsäure, Formaldehyd und Ammoniak. — M e t h y l e n - 6 w - t r i c h l o r a c e t a m i d ' GH,(NH> CO • CGI,), entsteht, wenn man das aus Formaldehyd, Kaliumcarbonat und Trichloracetamid erhältliche tf-Methylol-trichloracetamid HO• CHS• NH• CO• CC1S (Nadeln aus Benzol; Schmp. 9 9 — 1 0 0 ° ) mit konzentrierter Schwefelsäure behandelt; es scheidet sich aus Alkohol in Blättern ab, die bei 197° schmelzen, in Äther und Benzol leicht löslich sind und bei vorsichtiger Zersetzung mit Kalilauge eine Lösung entstehen lassen, in welcher das Methylendiamin (S. 243) durch Umwandlung in sein symm. - Dibenzoylderivat vom Schmp. 2 2 0 ° nachgewiesen werden kann. Einige Homologe dieser Verbindungen [O-Alkyl-iV, N'-diacyl-methylendiamine der Formel R• CH(NH• CO• R),] — Acylderivate von homologen ^ m . - D i a m i n e n R«CH(NHt), — sind durch Erhitzen von Amiden mit Aldehyden, wobei ein Zusatz von Pyridin sehr vorteilhaft wirkt, dargestellt worden. « ^ m m . - D i a c e t y l - ä t h y l i d e n d i a m i n ( Ä t h y l i d e n - i t s - a c e t a m i d ) 8 CH 3 -CH(NH.CO-CH 3 ),, aus Acetaldehyd 1 KOLOTOW, B . 1 8 R e f . , 6 1 3 (1885). — EHBENBEBO, J . p r . [2] 3 6 , 119 (1887). * HODBEN, ABNOLD, B . 4 1 , 1 5 6 8 (1908). ' VgL auch v. BBAUH, ROVEB, B . 3 0 , 1196 (1903). 4 KALIR & Co., D . R . P . 1 6 4 6 1 1 ( C . 1 9 0 5 , I I , 1751). 8 EINHOBN, A . 3 4 3 , 2 1 0 ( 1 9 0 5 ) ; vgl. auch A . 3 6 1 , 113 (1908). • POLVEBMACHEB, B . 2 5 , 3 1 0 (1892). — KALLE & Co., D . R . P . 1 6 4 6 1 1 (C. 1 9 0 5 , 7 I I , 1751). EINHOBN, MAUERMAYER, A . 3 4 3 , 3 0 6 (1905). 8 TAWILDABOW, B. 5 , 4 7 7 (1872).

Äthylendiamin.

245

und Acetamid dargestellt, kristallisiert in Prismen vom Schmelzpunkt 169°. — Das I s o b u t y l i d e n - M s - f o r m a m i d 1 (CH,)JCH.CH(NH-CHO), bildet sich beim Erhitzen von Formamid mit Isobutyraldehyd und Pyridin auf 170—180°; es scheidet sich aus Alkohol und Äther in Nadeln ab, die bei 172° flüssig werden. — Das analog bei Anwendung von Acetamid gewonnene I a o b u t y l i d e n - f a i s - a c e t a m i d 1 (CH 3 )JCH • CH(NH • CO • C H 9 ) J krystallisiert aus Alkohol in Nadeln, die bei 216° unter Zersetzung schmelzen und unter 20 mm Druck bei 111—112° sublimieren. I t h y l e i l d i a m i n 3 [ 1 . 2 - D i a m i n o - ä t h a n ] N H a . C H a . C H a « N H 2 riecht schwach ammoniakalisch, schmeckt ätzend and ist in Wasser leicht löslich; es wird erst von etwa 3 0 0 Teilen Äther gelöst, ist aber mit Ätherdämpfen sehr leicht flüchtig1. Aus der wäßrigen Lösung läßt es sich durch Ätzkali abscheiden. D a s H y d r a t C a H 4 (NH 2 )2.H 2 0 schmilzt bei + 10°, siedet bei 1 1 8 ° und besitzt bei 1 5 ° das spez. Gew. 0 - 9 7 0 ; der Dampfdichtebestimmung zufolge siedet es unter Dissoziation in Äthylendiamin und Wasser. Bei der Einwirkung von salpetriger Säure auf Äthylendiamin entstehen Äthylenoxyd und Oxalsäure 5 . Von Sulfomonopersäure wird es zu Glyoxim HO-NrCHC H : N-OH und einer Verbindung oxydiert, die sich mit Eisenchlorid violettrot färbt, ein grünes Kupfersalz bildet und demnach vielleicht die Oxalhydroxamsäure HO • N : C(OH)-(HO)C:N-OH ist 8 . Bei der Einwirkung von Chlor und Brom. bzw. Unterchlorig- und Unterbromigsäuresalzen auf die essigsaure Lösung des Diamins werden die Wasserstoffatome der beiden NH 2 - Gruppen durch Halogen ersetzt 1 . Das NT e t r a c h l o r - ä t h y l e n d i a m i n CI2N• CH2• CHj• NC12, ein gelbes Öl, dessen Dämpfe die Augen stark reizen, destilliert unter 50 mm Druck bei 116°, während es beim Erhitzen unter gewöhnlichem Druck sich mit Heftigkeit zersetzt. Das JV-Tetrab r o m - ä t h y l e n d i a m i n CjE^NjBr« scheidet sich aus Chloroform in orangefarbenen, sechsseitigen Prismen ab, die bei 62° schmelzen und bei höherer Temperatur explodieren. Mit Thionylchlorid 8 erhält man das B i s t h i o n y l - ä t h y l e n d i a m i n OS : N-CH S .CHJ-N: SO als gelbliches, stechend und zugleich aromatisch riechendes ö l , das unter 25 mm Druck bei 100° siedet und beim Abkühlen zu einer gelben, bei + 5-5° wieder schmelzenden Krystallmasse erstarrt Mit Essigsäureanhydrid liefert das Äthylendiamin die D i a c e t y l v e r b i n d u n g 6 C,H4(NH • CO• CH„), (Schmp. 172°), die bei längerem Erhitzen über ihren Schmelzpunkt teilweise in das essigsaure Salz des „Äthenyl-äthylendiamins"

! M. REICH, M. 2 5 , 966 (1904). A . REICH, M. 2 5 , 935 (1904). CLOEZ, J . 1 8 5 3 , 468. — FAIRLEY, A . Spi. 3 , 372 (1864/5) [vgl. d a g e g e n ZETTEL, M. 1 4 , 230 (1893)]. — HOFMANN, B . 4 , 666 (1871). — KBAUT, A . 2 1 2 , 254 (1882). — ENDEL, BL. [2] 4 8 , 96 (1887). — GABBIEL, B . 2 0 , 2226 (1887). — HINSBEBO, B. 2 2 , 2896 (1889). — MICHAELIS, GKÄNTZ, B. 3 0 , 1009 (1897). — J . POHL, C. 1 8 9 8 , I I , 551. — LILIENFELD, D . R . P . 147943 (C. 1 8 0 4 , I , 133). — NEÜBERO, H . 4 5 , 92 (1905). — WYBOÜBOW, C. 1 9 0 7 , I, 840. 4 5 KNOBB, B. 3 0 , 912 Anni. 2 (1897). HOFMANN, J. 1 8 6 9 , 886. * BAMBEBQEB, SELIGMAS, B. 3 6 , 3831 (1903). ' CHATTAWAY, SOC. 8 7 , 381 (1905). 8 MICHAELIS, GBÄNTZ, B. 3 0 , 1010 (1897). 1

8

9 HOFMANN, B. 21, 2332 (1888). — Über weitere symm. Diacylderivate und deren iV-Halogensubstitutionsprodukte vgl. CHATTAWAY, SOC. 87, 381 (1905).

Derivate des

246

Äthylendiamins.

Das « ^ m m . - D i b e n z o l s u l f o n y l - ä t h y l e n d i a m i n 1 CjH^SiVNH-CHj-CHjNH-SOi'CgHg, das durch Schütteln einer alkalischen Lösung des Diamins mit Benzolsulfochlorid, sowie aus Benzolsulfonsäureamid C„HS • S0 2 • NH2 und Äthylenbromid bei Gegenwart von Alkali erhalten werden kann, scheidet sich aus Alkohol in Nadeln vom Schmp. 168° ab; da die Wasserstoffatome seiner beiden Imidgruppen durch Alkyle ersetzbar sind, hat es die Gewinnung substituierter Äthylendiamine ermöglicht. Die symm.-(N, Ä7')-Dialkyl-äthylendiamine werden durch Alkylieren des eben erwähnten Dibenzolsulfonyl-äthylendiamins und darauffolgendes Erhitzen der Produkte mit rauchender Salzsäure dargestellt, wobei sich der Sulfonsäurerest abspaltet Das N, i V - D i m e t h y l - ä t h y l e n d i a m i n * CH, NH CHS CHj-NH-CH, ist eine ammoniakartig riechende Flüssigkeit, die bei 119° siedet und das spez. Gew. D'45 - 0.848 besitzt. Die analoge D i ä t h y l b a s e 9 C,H 4 (NH.CjH e ), siedet bei 149—150° und geht an feuchter Luft in ein festes Hydrat über. — Das asymm.-(N, iV) - D i ä th y 1 ä t h y l e n d i a m i n 4 NH,• CH,• GH,• N(CSH6), ist durch Umsetzung von (?-Bromätbylphthalimid mit Diäthylamin (vgl. S. 235) und Abspaltung der Phthalsäure (mit Salzsäure) erhalten worden. Die an feuchter Luft rauchende Flüssigkeit destilliert bei 145° und hat die Dichte 0-827 bei 18-5°. — Das leicht flüchtige T e t r a m e t h y l ä t h y l e n d i a m i n (CH^N• CHS • CH,• N(CH,), verdient als Spaltprodukt von MorphiumAlkaloiden5 Interesse; synthetisch läßt es sich aus Dimethylamin und Äthylenbromid6, sowie durch Methylieren von Äthylendiamin mit Formaldehyd 7 gewinnen. Sein Hydrochlorid C e H le Nj.2HCl ist in Wasser sehr leicht, in Alkohol fast gar nicht löslich; es bildet Blättchen oder Tafeln, die bei 280° sintern und bei 300° schmelzen. — Die Dihalogenalkylate dieser Base entstehen bei der Einwirkung überschüssiger Alkylhalogenide auf Äthylendiamin. Das H e x a m e t h y l - ä t h y l e n d i a m m o n i u m c h l o r i d 8 C1 • N(CHa),• CHa • CH2• N(CHS)„• C1 ist eine äußerst hygroskopische Masse, deren Platindoppelsalz C8H22N2C12, PtCl4 jedoch in Wasser fast unlöslich ist and aus konzentrierter Salzsäure in Blättchen kristallisiert, die bei 286° unter Zersetzung schmelzen. Diäthylentriamin®

((?,(i'-Diamino-diäthylamin)

NH(CH 2 • CH 2 • NH 2 )J,

die dem Äthylendiamin ( = f9-Amino-äthylamin) entsprechende sekundäre Base, findet sich — neben dem bei 216° siedenden T r i ä t h y l e n t r i a m i n

— in dem bei der Umsetzung des Äthylenbromids mit Ammoniak entstehenden, zwischen 200° und 250° übergehenden Nachlauf. Es stellt eine stark alkalische, mit Wasser und Alkohol mischbare, in Äther unlösliche Flüssigkeit dar, die nicht ganz unzersetzt bei 208° siedet. — Die zugehörige tertiäre Base, das ß, ß', ß"-Tria m i n o - t r i ä t h y l a m i n 1 0 N(CHS'CH2-NHJ)J, bildet sich in Form ihres TriphthalylCO derivata N(CH 2 'CH,'NC 4 H 4 ^ beim Durchleiten von Ammoniak durch ^-Brom1

HINSBERO, STRUPLEB, A . 2 8 7 , 221 (1895). P . SCHNEIDES, B . 2 8 , 3074 (1895). • P . SCHNEIDER, B. 2 8 , 3077 (1895). — HINSBERO, STRUPLEB, A. 2 8 7 , 222 (1895). 4 RISTENPAB®, B . 2 9 , 2526 (1896). 6 Vgl. z. B . : FREUND, B . 3 0 , 1361, 1384 (1897). — KNORR, B . 8 7 , 3495 (1904). 4 7 FREUND, B . SO, 1385 (1897). ESCHWEILER, B . 3 8 , 881 (1905). 9 O P . SCHNEIDER, B. 2 8 , 3078 (1895). HOPHANN, J . 1 8 6 1 , 514. 10 RISTENPART, B . 2 9 , 2531 (1896). 4

247

Trimethylendiamin.

äthyl-phthalimid (S. 235), das auf 140—150° erhitzt wird; die Abspaltaug der Phthalsäurereste gelingt durch Erhitzen mit Salzsäure auf 150°. Die freie Base, ein dickflüssiges, an der Luft infolge von Kohlensäure-Aufnahme erstarrendes Öl, siedet unter 744 mm Druck bei 263°, hat das spez. Gew. D}§ = 0-977 und ist in Alkohol oder Chloroform, nicht aber in Äther, löslich. Die Salze kristallisieren gut. Trimethylendiamin 1 [1.3-Diamino-propan] N H 2 - [ C H 2 ] 8 - N H J bildet mit wenig Wasser unter starker Erwärmung ein öliges Gemisch, ist auch mit Alkohol, Äther und Benzol mischbar, greift wasserfrei Gummi und Kork rasch an. Bei der Einwirkung von salpetriger Säure bilden sich Allylalkohol und andere Produkte2. — D i a c e t y l - t r i m e t h y l e n d i a m i n 3 C8H6(NH-CO«CH3)2 (Prismen aus Alkohol, Schmp. 101°) kann durch Essigsäure-Abspaltung in Äthenyl-trimethylendiamin * übergeführt werden. — Das iV.iV'-Dibenzolsulfonylt r i m e t h y l e n d i a m i n 5 CH2(CH,• NH• SO,• C6H6)2 krystallisiert aus Alkohol in Platten vom Schmp. 96°. — 2V,i\T'-Bisthionyl-trimethylendiamin e CH2(CH,N:SO) 2 ist eine goldgelbe, unter 26 mm Druck bei 117° siedende Flüssigkeit. — T r i m e t h y l e n - d i n i t r a m i n 7 N0 2 • NH- [CH2]a.NH• N0 2 : Prismen aus Wasser, die bei 67° schmelzen und in Wasser oder Alkohol leicht, in Äther schwerer löslich sind. T e t r a m e t h y l e n d i a i n i n 8 [1.4-Diamino-bulan\ oder P u t r e s c i n 9 NH 2 [CHj^-NHg entsteht — ebenso wie Pentamethylendiamin — bei Fäulnisprozessen 8 (BBIEGEB). Als Vorstufen dürften hierbei das Arginin 10 • NH-CH a • CH 2 • CHa • CH(NH2) • COOH bzw. das Ornithin 11 NH a CH2• CH2• CH 2 • CH(NH2)• COOH anzusehen sein; erstere Verbindung ist häufig beim Zerfall von Eiweißstoffen nachgewiesen worden und läßt sich auch auf rein chemischem Wege (durch Behandeln mit Barytwasser) I

Vgl. die Zitate sub Nr. 3 zu Tab. Nr. 33 auf S . 239. — Vgl. ferner: F L Ü B J. pr. [2] 68, 345 (1903). — Lucius, Ar. 245, 249, 250, 253 (1907). — G C T W Ö R N L E , B. 38, 2716 (1906). — TSCHÜGAJEW, B. 39, 3196 (1906). ' DEMJANOW, B. 2 7 Ref., 198 (1894). 3 S T R I C H E , B. 21, 2365 (1888). — HAQA, MAJIMA, B. 36, 336 (1903). * A. W. HOFMANN, B. 21, 2336 (1888). — HAQA, MAJIMA, B. 36, 334 (1903), 6 * CHATTAWAY, SOC. 8 7 , 388 (1905). MICHAELIS, GBÄNTZ, B . 3 0 , 1013 (1897).

SCHEIM, BIEB,

7

FRANCHIMONT, KLOBBIE, B . 7 , 3 4 7

8

BOCKLISCH, B .

6 9 (1887). — (1890).

18,

(1888).

1 9 2 5 ( 1 8 8 5 ) . — BEIEOER,

Ptomaine (Berlin 1 8 8 5 / 6 ) ; B. 20Ref.,

v . UDBÄNSKY, BAUMANN, B . 2 1 , 2 7 4 8 , 2 9 3 8 ( 1 8 8 8 ) . —

— Roos,

H.

16,

B . 2 5 R e f . , 9 1 2 (1892). —

198

(1892).



GABCIA, H .

17,

543

VAN SLYKE, H A B T , C . 1 9 0 3 , 1 , 6 5 7 . —

DEKKEBS, R . 9 ,

(1893).



94

DEMJANOW,

SUZUKI, A S O , MITABAI,

C. 1 9 0 7 , II, 1650. — ACKERMANN, H. 5 4 , 1 8 (1907/8). — In Keimpflanzen sind Putrescin und Cadaverin nicht nachweisbar (E. SCHULZE, H. 4 7 , 507 (1906). 9 Nach W I L L S T Ä T T E B und H E U B N E B [B. 4 0 , 3874 (1907)] ist es möglich, daß B R I E S E S s „Putrescin" entgegen der allgemeinen Annahme mit dem synthetischen 1.4-Diamino-butan nicht identisch ist Denn die Fäulnis-Base soll ein Nitrosamin geben, was auf das Vorhandensein von Iminogruppen hindeuten würde; ferner soll das aus ihr durch Methylieren erhältliche diquartäre Ammoniumsalz muscarinartig wirken, während das gleiche Derivat aus dem synthetischen Diamin typische Curarin-Vergiftung hervorrief. — Vgl. dagegen ACKERMANN, H . 6 3 , 545 (1907). 10

II

WINTEESTEIN, THÖNY, H . 3 6 , EIXINOER,

B.

31,

3183 (1898).

35

(1902).

248

Putresein.

in das Ornithin umwandeln, das als eine Carbonsäure des Tetramethylendiamins erscheint und bei der bakteriellen Zersetzung unter KohlensäureAbspaltung in Tetramethylendiamin übergeht. Künstlich wird das Putrescin durch Reduktion von Äthylendicyanid CN-CH2'CH2'CN gewonnen1. Zur Darstellung eignet sich am besten die Behandlung von Succin-dialdoxim HO-N:Cfl-CH a -CH 2 -CH:N.OH mit Natrium, Essigsäure und Alkohol2. Putrescin (Konstanten s. S. 238) bildet stark nach Piperidin riechende Krystalle, die sich leicht im Wasser lösen. Das aus Alkohol in Tafeln krystallisierende Hydrochlorid C 4 H 12 N 2 ,2 HCl zersetzt sich beim Destillieren in Salmiak und Pyrrolidin (vgl. 8. 241). Bei der Destillation des Hydrochlorids mit Natriumacetat entsteht, neben der in Prismen vom Schmp. 137° krystallisierenden symm. D i a c e t y l v e r b i n d u n g CHS• CO• NH• [CH,]4• NH• CO• CH,, das Ä t h e n y l - t e t r a m e t h y l e n d i a m i n 3

CH,—CHS—NH^

L x T > C • CHa. — Die häufig zur Isolierung des Tetramethylendiamins CH,—CH, N benutzte D i b e n z o y l v e r b i n d u n g 4 C„H6• CO • NH • [CH2]4• NH• CO• CjH, bildet bei 176—177° schmelzende Nadeln. DasiV r ,iV'-Tetramethyl-1.4-diamino-butan 5 (CH,) i N-CHs-CH i .CH8.CHjN(CHs)j kommt, neben Hyoscyamin und anderen Alkaloiden, in Hyoscyamus muticus vor. Es stellt ein mit Wasser, Alkohol und Äther mischbares, stark alkalisch reagierendes Öl dar von basischem, zugleich stechendem Geruch und scharf kratzendem Geschmack; es siedet unzersetzt bei 169° (korr.) und ist mit Wasserdampf leicht flüchtig. Das Hydrochlorid C8H20Ns, 2 HCl, Prismen vom Schmp. 273» (unter Aufschäumen), ist ungiftig. Das Bis-chlormethylat C1-N[CHS],-[CH2]4-N(CH,),-C1 zerfällt beim Destillieren in N- Methyl -Pyrrolidin, Trimethylamin und Methylchlorid; beim Destillieren des zugehörigen Ammoniumhydroxyds erhält man Butadien-(l.S).

Pentamethylendiamin 6 [1.5-Diamino-pentan] oder Cadayerin NH a [CH 2 ] 5 -NH 2 tritt ebenso wie das Putrescin häufig bei Fäulnisprozessen auf 6 ; seine Stammsubstanz ist das Lysin NH2-[CH2]4-CH(NH2)-COOH, aus welchem es infolge Abspaltung von Kohlendioxyd unter der Einwirkung der Pankreas-Faulflüssigkeit7, sowie der das Seifen von Käsen bewirkenden Bakterien 8 und auch durch trockne Destillation 9 entsteht. Ladenburg, B . 1 9 , 780 (1886). — Ciamician, Zanetti, B . 2 2 , 1970 (1889). — Willstatter, Heubner, B . 4 0 , 3 8 7 1 (1907). ' Willstatteb, HEUBNEB, B . 4 0 , 3871 (1907). * HAGA, Majima, B . 3 6 , 337 (1903). * v. UdbAnskt, Baumann, H. 13, 574 (1889). 5 Willstatter, Heubneb, B. 4 0 , 3 8 6 9 (1907). • Bbieqer, B. 16, 1188, 1405 (1883). „Ptomaine" (Berlin, 1885/6). B. 2 0 Ref., 6 9 (1887). — Bocklisch, B . 18, 1 9 2 4 (1885). — v. UdbAnskt, Baumann, B. 21, 2747 (1888). — Franchimont, Kj.obbie,'R. 7, 3 5 0 (1888). — Roos, H . 16, 196 (1892). — LiAdenbubo, B . 19, 2585 (1886). — Werigs, B . 25 Ref. 588 (1892). — Garcia, H. 17, 5 4 3 (1893). — Gulewitsch, H . 20, 287 (1895). — Dohbbowski, C. r.135, 2 4 5 (1902). — ¿TAB», Vila, C. r. 135 , 698 (1902); 136, 1285 (1903). — Postebnak, C. r. 136, 865 (1902). — Demjanow, Dojarenko, B. 40, 2 5 8 9 (1907). — Ackerkann, H . 64, 1 (1907). 8 ' ELUNGER. B. 32, 3548 (1899). Wintebstein, THONT, H . 36, 35 (1902). • Neuberg, H . 4 5 , 110 (1905). 1

Cadaverin.

249

Synthetisch ist die Gase zuerst durch Reduktion von Trimethylencyanid gewonnen worden 1 . Bequemer zugänglich ist sie jedoch vom Piperidin CH

QTT

NJJ

»C.O-CaHg und das sich aus Alkohol in glänzenden Kryställchen ausscheidende D i b e n z o l s u l f o n y l d e r i v a t C 8 H 6 -S0 2 .NH-[CH,] 5 .NHS0 2 .C e H M das bei 119° schmilzt und schon in verdünntem Alkali leicht löslich ist. 3 *Das ß- Methyl-tetramethy lendiamin [2-Methyl-1.4-diamino-butan\ NH, • CHa • CHS• CF^CH,)-CH,• NH,, das ein «symmetrisches Kohlenstoffatom aufweist, ist in der inaktiven Form durch Reduktion von Brenzweinsäurenitril CN-CH, •CH(CH3)CN, in einer rechts drehenden Modifikation dagegen durch Übertragung des CÜRTIÜSschen Verfahrens (vgl. S. 236) auf die aktive ¿7-Methyladipinsäure gewonnen worden. —

Das 2.1-Diamino-pentan 4 CH, • CH(NH,)• CH,• CH(NH8). CH„ enthält in seinem Molekül zwei gleichartig asymmetrische Kohlenstoffatome (vgl. Tl. I, S. 105—107) und existiert demgemäß auch in zwei inaktiven, der Traubensäure und der MesoWeinsäure entsprechenden Modifikationen. Die labile «-Base bildet sich bei der Reduktion des Acetylaceton-dioxims CH, • C(: N• OH) • CHS • C(: N • OH)• CH, mit Natrium und Alkohol; sie lagert sich bei 20-stündigem Kochen mit Natriumalkoholat-Lösung in die stabile ^-Modifikation um, die man direkt aus dem Acetylaceton-dioxim gewinnen kann, wenn man es mit Natriumamalgam und Essigsäure reduziert. 1 LADENBUBO, B. 16, 1151 (1883); 18, 2957, 3100 (1985); 19, 780 (1886); 20, 2216 (1887). » v. BRAUK, B. 37, 3583 (1904). 8 HENRY, B. 27 Ref., 580 (1894). B. Big. [3] 27, 467 (1894). 4 Bezüglich d«r physikalischen Konstanten und der Literaturnachweise vgl. Tabelle Nr. 33 auf S. 238—239.

250

Höhere Diamino-paraffine.

Ganz ähnliche Steromerie- Verhältnisse finden sich auch bei dem homologen 2.5-Diamino-hexan CH„ • CH(NH,) • CH, • CH, • CH(NH2) • CHS, das aus dem Aeetonylaceton - bis - phenylhydrazon CHa • C(: N • NH • CaH6) • CH, • CH, • C(: N - NH • CaHa) • CHS durch Reduktion darstellbar ist, wieder1.

Hexamethylendiamin \1.6 - Diamino - hexan] NH 2 -[CH a ] 6 -NH 2 soll, neben Putrescin, Cadaveria und anderen Basen, beim Faulen des Pferdefleisches auftreten 2 ; es läßt sich aus der Korksäure durch Behandeln ihres Amids mit Natriumhypobromit3 oder durch Überführen des Azids in Hexamethylen-diäthylurethan und Spalten des letzteren mit Salzsäure4 gewinnen; ferner entsteht es durch Kohlendioxyd-Abspaltung aus der 1.6-Diamino-korksäure6. Bequemer kann man es aus iV-Benzoyl-piperidin CH2N'CO-C6H6

darstellen,

indem

man

dieses durch

Chlorphosphor in JV-Benzoyl-s-chloramylamin C6H6 • CO • NH • [CH2]6 • C1 und weiterhin durch Kaliumcyanid in e-Benzoylamino-capronitril CeH&*CO* NH'[CH ? ] 6 -CN überführt, worauf man dann die Cyangruppe reduziert und schließlich das Benzoyl abspaltet6. Es snblimiert in langen Nadeln oder auch in Blättern, die piperidinartig riechen, bei 39—40° schmelzen und nach SSOLONDTA bei 204—205°, nach CUBTIUS und CLEMM unter 20mm Druck bei 100°, unter gewöhnlichem Druck bei 196° unter geringer Zersetzung sieden. Die in Wasser leicht, in Äther etwas lösliche Base wirkt harnsäurelösend und ist kaum giftig. Heptamethylendiamin [1.7-Diamino-heptan] NH^CHjlf-NH, entsteht bei der Einwirkung von Bromlauge auf Azelainsäureamid, wird aber bequemer in der Weise dargestellt, daB man 1.5-Dichlor- oder 1.5-Dibrom-pentan mit Kaliumcyanid zum Pimelinsäurenitril CN*[CH,]g-CN umsetzt und letzteres mit Natrium und Alkohol reduziert. Octamethylendiamin (1.8-Diamino-octan) NH^fCH^'NH, ist aus dem Amid und Azid der Sebacinsäure nach den schon mehrfach erwähnten Verfahren, sowie durch Erhitzen von 1.8-Diamino-sebacinsäure dargestellt worden. Nonamethylendiamln (1.9- Diamino-nonan) NH, • [CH,], • NH, ist durch Reduktion von Azelainsäurenitril CN-[CH,],-CN mit Natrium und Alkohol erhalten worden, Decamethylendiamin [J. 10-Diamino-decan] NH,.[CH,], 0 NH, (vgl. S. 242) auf gleichem Wege aus Sebacinsäurenitril CN-[CH,]g-CN. Eonstanten und Literatur für diese Diamine siehe in der Tabelle Nr. 33 auf S. 238-289.

Das einfachste u n g e s ä t t i g t e D i a m i n — Diamino-äthylen (1.2Diamino-äthen) H 2 N.CH:CH-NH 2 — ist in Form seines Dibenzoylderivats, 1

Vgl. Tabelle Nr. 33 auf S. 238—239.

* GABCIA, H. 1 7 , 543 (1893). — V g l . dagegen: GULEWITSCH, H. 2 0 , 287 (1895), s o w i e CUBTIUS, CLEMM, J. pr. [2] 6 2 , 189 (1900). 3

SSOLONINA , Jourd. Russ. Phys.-ehem. Ges. 28 , 558 (1896); vgl. Bl. [3] 16,

1877 (1896). 4 CUBTIUS, CLEMM, B. 2 9 , 1167 (1896). J. pr. [2] 6 2 , 189 (1900). * NEÜBEBG, H. 4 8 , 110 (1905). 6 v. BRAUN, C. MÜLLER, B. 3 8 , 2204 (1905); vgl. auch B . 3 8 , 2344 (1905); 8 0 , 2020 (1906).

Diamino-äthylm.

251

das in zwei stereomeren Modifikationen auftritt, bei der Aufspaltung des cyclisch konstituierten Glyoxalins mit Benzoylchlorid und Alkali gewonnen worden 1 :

2NaCI + H s O.

Uinstelne Iniine. Durch Bromwasserstoff-Entziehung mittels feuchten Silberoxyds oder konzentrierter Kalilauge wird aus dem /9-Bromäthyl-amin CH2Br-CH2-NH2 (S. 260) eine Base C2HSN gewonnen, deren Hydrobromid auch schon beim kurzen gelinden Erwärmen der wäßrigen Lösung des Bromäthylamins durch Umlagerung entsteht 3 : CHjBr-CHj.NH, = C 2 H,N, HBr.

Diese Base ist von ihrem Entdecker G A B B I E L für das Vinylamin CH2: CH-NHJ gehalten worden, während M A B C K W A L D 3 die Auffassung eingeführt hat, daß in ihr das cyclische Ithylenimin CH2—CH2 (Dime thylenimin) — ein stickstoffhaltiges Analogon des Äthylenoxyds (S. 75ff.,82) — vorliegt. Er stützt sich hierbei auf die Tatsache, daß die Base mit einem Molekül Benzol- oder p-Toluolsulfochlorid4 Derivate liefert, die mit Alkalien keine Salze bilden und denen demgemäß eine s e k u n d ä r e ßase zugrunde liegen muß, da die Arylsulfonamide vom Typus R-NH>S0 2 'Ar Alkalisalze bilden (vgl TL I, S. 343—344); ferner hebt er hervor, daß die Base Permanganat nicht reduziert 5 (also keine Kohlenstoffdoppelbindung enthält), und daß ihre zu 12«88 gefundene Molekularrefraktion8 sehr gut mit dem theoretischen Wert für das cyclische Imin (12*91), nicht aber mit der für „Vinylamin" berechneten Zahl (14 >44) übereinstimmt. Da auch andere physikalische Konstanten der Base mit denjenigen der höheren Polymethylenimine im Einklang stehen, so dürfte die Vinylamin-Formel heute keine Verteidiger mehr finden, um so weniger als das Verhalten der Base eine weitgehende Analogie mit demjenigen des Äthylenoxyds zeigt (vgl. unten). Die freie Base ist ein stark ammoniakalisch riechendes, leicht bewegliches Ol, das an der Luft Nebel bildet, sich mit Wasser mischt, die Haut ätzt und stark giftige Eigenschaften besitzt7. Der Siedepunkt liegt unter 756 mm Druck bei 55—56°; die Dichte ist 0-8321 bei 18°. 1

BAMBEBOEB, BERL£, A . 2 7 3 , 3 5 2 (1893). — HELLEB, B . 3 7 , 3 1 1 5 (1904).

* GABRIEL, B . 2 1 , 1 0 4 9 , 2 6 6 4 ( 1 8 8 8 ) . — GABBIEL, STELZNEB, B . 2 8 , 2 9 2 9 ( 1 8 9 5 ) .

» Vgl. dagegen:

DCDEN, MACINTYRE,

B. 33,

4 8 3 (1900).

A. 313,

5 9 (1900).



KNOBB, B . 3 7 , 3 5 1 3 ( 1 9 0 4 ) . 4

HOWARD, MABCKWALD, B . 3 2 , 2 0 3 6 ( 1 8 9 9 ) .

33, 7 6 4 ( 1 9 0 0 ) . — Vgl. dazu Tl. I , S . 9 0 6 das entgegengesetzte Verhalten des Nenrins. • MABCKWALD, FBOBENIUS, B . 34, 3 5 4 4 ( 1 9 0 1 ) . ' Nach P. EHRLICH [ B . 21, 2 6 6 9 (1888)] genügen 0 - 0 1 5 g der Base pro Kilogramm Körpergewicht, um ein Meerschweinchen innerhalb 24 Stunden zu töten. • B.

252 Das P i k r a t C2H6N.C8Ha07Na schmilzt bei 142°, das Oxalat C,H t N.C,H,0 4 bei 115° unter Zersetzung. Sehr charakteristisch ist die auch in sehr verdünnten (mit Salzsäure Übersättigten) Lösungen auf Zusatz von K a l i u m w i s m u t j o d i d entstehende feurigrote, krystallinische Fällung der Doppelverbindung 3C 2 H 6 NJ.2BiJ a .

In ihren Lösungen ist die Base sehr veränderlich: die wäßrige zersetzt sich schon in der Kälte, die mit Salzsäure neutralisierte beim Erhitzen. Beim Eindampfen der mit Mineralsäuren übersättigten Lösungen treten Additionsreaktionen ein; so entstehen mit Chlor-, Bromnnd Jodwasserstoff /?-Halogenäthyl-amine, analog wie sich aus Äthylenoxyd unter Öffnung des Dreirings die Halohydrine des Glykols bilden (vgl. S. 193): CH,—CH. + HHlg = CH.Hlg • CH, • NH 2 .

•^-NH^

Salpetersäure bewirkt durch Wasseranlagerung die Bildung von äthyl-amin:

ß-Oxj-

CH,—CH, + H,0 = CH,(OH) • CH, • NH,;

^NH-"

mit Schwefelsäure erfolgt Zusammentritt zu /?-Aminoäthyl-schwefelsäure: CH,—0—SO, CH,—CH, + HO-SO,-OH = | v I , ^-NH-^ CH,—NH,—0

mit schwefliger Säure Vereinigung zu Taurin (/S-Amino-äthansulfonsäure): CH,—CH, + H-SO.H = CH,(SO,H)»CH,• NH, .

Salpetrige Säure wirkt zersetzend unter Bildung von Glykol, Stickstoff, Stickoxyd und Salpetersäure 1 . Schwefelwasserstoff wird in energischer Reaktion zu /9,/S , -Diamino.diäthylsulfid(NH a -CH a -CH i ) 2 S addiert 2 . Methyljodid reagiert mit einer methylalkoholischen Lösung der Base lebhaft unter Bildung von Trimethyl-/9-jodäthyl-ammoniumjodid CH 2 J-CH 2 .N(CH 8 ) 3 -J (vgl. S. 262). Die Umsetzung des Imins C 2 H 6 N mit Schwefelkohlenstoff steigert sich bis zur Detonation; bei Verdünnung mit eiskaltem Äther erhält man ein nicht gut charakterisiertes Produkt, das sich beim ErQjJ

wärmen in ju-Mercapto-thiazolin

JJ

g^>C-SH verwandelt.

Im chemischen Verhalten entspricht dem Äthylenimin („Vinylamin") durchaus eine Base CSH,N, die ganz analog aus jS-Brompropyl-amin CH,-CHBr-CH,*NH, und Kalilauge erhalten wird*. Für diese unter 7 5 1 mm Druck bei 6 6 — 6 7 ° siedende, ebenfalls stark giftige4 Base, deren spez. Gew. 0-812 bei 16° ist, wird man demnach ebenfalls die ältere Formulierung als 1-Amino-propen CH,-CH: CH-NH, („Isoallyl1

EÜLER, C. 1 9 0 3 , H , 1165. GABRIEL, ESCHENBACH, B . 3 0 , 2 4 9 7 (1897). 8 P H . HIBSCH, B . 2 3 , 9 6 9 (1890). — GABRIEL, C. V. HIRSCH, B . 2 9 , 2 7 4 7 (1896). * P . EHRLICH, B . 2 9 , 2 7 4 8 ( 1 8 9 6 ) . 1

Trimethylmimin. amin") zugunsten der Auffassung als C- Methyl - äthy leni min C H . C H

253 CIL

( P r o p y l e n - i m i n ) fallen lassen. Das iV-Methyl-äthylenimin CH,—CH, bildet sich, neben kleinen Mengen einer \N(CH,)

dimeren Base C,H 14 N,, die N, i^'-Dimethylpiperazin CH3 • N < q ^ 2 ~ c h 2 > N " C H « ist 1 , bei der Einwirkung von Alkali auf das Methyl-^-chloräthyl-amin4 CH 3 • NH • CH,-011,01 (S. 261); es siedet unter 764 mm Druck schon bei 27-5° und verhält sich analog dem Athylenimin. So bildet es mit Methyljodid das auf gleichem Wege aus dem Äthylenimin entstehende Trimethyl-^-jodäthyl-ammoniumjodid (vgl. S. 262), liefert durch Anlagerung von Salzsäure das Methyl-^-chloräthylamin zurück, läßt beim Einleiten von schwefliger Säure in die wäßrige Lösung Methyltaurin H0 3 S-CH,CH,-NH-CH ( entstehn und wird beim Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure in JV-Methyl-0-oxyäthyl-amin HO-CH,.CH,-NH-CH, (S. 272) verwandelt. Mit Säurechloriden entstehn Acylderivate des Methyl-^-chloräthyl-amins, bei Anwendung von Benzoylchlorid also das Methyl-|?-chloräthyl-benzamid CHSC1 • CH, • N(CH8) • CO • C„H5. CH

Das Trimethylenimin CH a NH bildet sich, neben anderen Produkten, bei der Destillation von salzsaurem Trimethylendiamins, sowie bei der Einwirkung von Atzkali auf y-Brompropyl-amin4. Zu seiner Darstellung geht man jedoch besser von dem aus Trimethylenbromid und p-Toluolsulfosäureamid leicht erhältlichen, bei 120° schmelzenden iV-p-Toluolsulfonyl-trimethylenimin5 H 2 C < ^ 2 ^ > N . SOa • C 6 H 4 . CHS aus, das beim Kochen mit Natrium und Amylalkohol glatt die cyclische Base neben Toluol, schwefliger Säure, Schwefelwasserstoff usw. abspaltet6. Das Trimethylenimin siedet unter 748 mm Druck bei 63°, hat bei 20>4° das spez. Gew. 0*8436, riecht stark ammoniakalisch, mischt sich mit Wasser und Alkohol, ist sehr hygroskopisch und bildet an feuchter Luft Nebel. Gegen Mineralsäuren ist die Base sehr wenig beständig; so geht sie schon beim Erwärmen mit verdünnter Salzsäure in y-Uhlorpropylamin CHaCl-CHj-CHg-NI^ über. Dementsprechend erhält man dieses halogenierte Amin auch, wenn man versucht, das oben erwähnte p-Toluolsulfonylderivat mit Salzsäure zu spalten, während dessen Behandlung mit Schwefelsäure y-Oxypropyl-amin C H2(0 H) • CH2 • CH2 • NH2 liefert. Diese Reaktionen zeigen, daß auch der Vierring des Trimethylenimins leicht aufzusprengen ist; andererseits gelingt es unter Erhaltung dieses Ringsystems die sekundäre Natur der Base durch CH Darstellung des tf-Nitroso-trimethylenimins C H 2 < ^ Q J J 2 ^ > N • NO 1

KNOBR, HÖBLEIN, ROTH, B . 3 8 , 3137 (1905). MABCKWALD, FBOBENIUS, B . 3 4 , 3552 (1901). — Vgl. a u c h : KNOBR, METER, B. 3 8 , 3135 (1905). » LADENBDBO, SIEBER, B . 2 3 , 2728 (1890). 4 GABBIEL, WEINES, B . 2 1 , 2677 (1888). 5 MABCKWALD, V. DROSTE-HÜLSHOFF, ESCH, B . 3 1 , 3264 (1898). * HOWARD, MABCKWALD, B. 3 2 , 2032 (1899). 2

254

Äthylierte

Trimethylemmine.

(eines mit Wasser in jedem Verhältnis mischbaren, bei 1 9 6 — 1 9 7 ° siedenden Öles) zu erhärten, wenn man die Nitrosierung in essigsaurer Lösung vornimmt. Einige a l k y l i e r t e T r i m e t h y l e n i m i n e 1 sind aus dem Diacetonalkamin (CH3)2C(NH,) • CHS • CH(OH) • CH, und dessen iV-Alkylderivaten durch Austausch des Hydroxyls gegen Brom und darauffolgende Bromwasserstoff-Abspaltung erhalten worden: (CH 8 ) 2 C-NH.CH, (CH,)JC—NH • CHS (CH8)SC-N-CII„ H 2 C-CH(OH)-CH„ H 2 b—CHBr• CH, ~ ~ ^ ¿ - ¿ H - C H , ' JV-Methyl-diacetonalkamin N, et, a, y-Tetramethyltrimethylenimin Zur selben Klasse gehörende Verbindungen konnten auch aus den Anlagerungsprodukten primärer Amine an «, ^-ungesättigte Eetone, darauffolgende Reduktion der Kondensationsprodukte, Überführung der so gewonnenen Amino-alkohole in die entsprechenden Bromide und Entziehung von Bromwasserstoff synthetisiert werden: (CH,),CH.CH (CHS),CH • CH—NH • CH, ü)H»CO>CH, NHj-CH, = ¿H,-COCH, Iaobutyliden-aceton (CH^CH • CH—NH • CH, (CH^CHCH—NH-CH, ¿Hg—CH(OH)• CH,

~ 6 H , — C H B r - C H ,

(CHj^CH • CH—N-CH ä ¿H,-6H.CH, ' N, «-Dimethyl-j'-iaopropyl-trimethylenimin Die dem Tetra- und Pentamethylendiamin entsprechenden Imine ( T e t r a m e t h y l e n - u n d P e n t a m e t h y l e n - i m i n ) stellen die sehr eingehend untersuchten Basen P y r r o l i d i n und P i p e r i d i n dar, welche die Stammkörper großer heterocyclischer Körpergruppen sind. Sie werden deshalb erst in Bd. I I besprochen. D a es auf Grund des bereits S. 2 4 1 — 2 4 2 geschilderten Sachverhalts zurzeit fraglich erscheinen muß, ob deren wirkliche Ringhomologe, das H e x a - , H e p t a - , O c t a - und D e c a m e t h y l e n i m i n schon bekannt sind, so sei auf eine Beschreibung der unter diesen Namen in der Literatur erwähnten Verbindungen an dieser Stelle verzichtet. Triamine. T r i a m i n o v e r b i n d u n g e n d e r F e t t r e i h e sind bisher nur in sehr geringer Anzahl beschrieben.

Das 1.2.3-Triamino-propan

2

CH2(NH,) • CH(NH2)• CHS(NH2)

läßt sich nach dem Verfahren von CUBTIUS (vgl. S. 236) aus dem Triazid der Tricarballylsäure (Propan-1.2.3-tricarbonsäure) als ein glycerinähnliches Öl erhalten, das unter 9 mm Druck bei 92—93°, unter gewöhnlichem Druck bei 190° (unter partieller Zersetzung) siedet. Es riecht spermaartig, nimmt aus der Luft begierig 1 M. KOHN, A . 3 5 1 , 134 (1907). M. 2 8 , 423 (1907). — M. KOHN, GIACONI, M. 2 8 , 463, 471 (1907). — M. KOHN, MOBOENSTERN, M. 2 8 , 479, 529 (1907). — Ü b e r a - » - H e x y l - t r i m e t h y l e n i m i n s. GOLDSOBEL, B . 2 7 , 3127 (1894). * CUBTIUS, HESSE, J . p r . [2] 6 2 , 232 (1900).

255

Triamine.

Kohlensäure auf und zeigt auch in seinem übrigen Verhalten groBe Ähnlichkeit mit. den Alkylendiaminen. Ein Tetraalkylderivat dieses Triamins, das 2 - A m i n o 1 . 3 - d w - d i m e t h y l a m i n o - p r o p a n l (CH3)äN• CHS• CH(NH2)• CH»• N(CH3)2, ist durch Reduktion des 2-Nitro -1.3 - Ais - dimethylamino-propans (CH8)2N • CH2 • CH(N02i • CH2 • N(CH3), (S. 265) mit Zinnchlorür erhalten worden; es bildet ein bei 174—175° siedendes Öl. Das 2.3.5 - Triamino-hexan 1 scheint bei der Reduktion des Hexan -trioxims-(2.3.5) mit Natrium und Alkohol zu entstehn, geht aber unter Abspaltung von Ammoniak sofort in «,o'-Diraethyl-(i-amino-pyrrolidin über: HO • N : C CH, CH,-6 ^i-OH

¿-CH, HO-lf^ NH,CH CH,.6H

>CH, ¿H.CH $

NH,.CH—CH, —>- CH,• CH ¿H-CH, .

Ein ungesättigtes Trlamin, das 1 . 2 . 4 - T r i a m i n o - b u t e n - ( l ) , ist in Form seines symm.-Tribenzoylderivates beim Behandeln des |?-Imidazolyl- äthylamina mit Benzoylchlorid und Natronlauge erhalten worden* (vgl. S. 250—251). CH—NH^ CH-NH-CO-C.H, Ä N^ —>- ¿ . N H C 0 . C 9 H , (+H-COOH). CH,.CH,NH, CH,CH,.NH.COC,H6

V. Halogenderivate und Nitroderiyate der Amine. In diesem Abschnitte sind nur solche Halogen- und Nitroderivate der Amine zu besprechen, welche zugleich mehrwertige Substitutionsprodukte der Kohlenwasserstoffe sind und das Halogen bzw. die Nitrogruppe an Kohlenstoff gebunden enthalten, wie CHgBr-CH2(NH2), CH2 (N02)'CH(NH2)'CH2(N02) usw., während die am Stickstoff halogenierten oder nitrierten Aminderivate, wie C2H6-NC12, C2H6.NH(N02), C12N-CH2CH2-NCla usw., schon früher (vgl. TL I, S. 362—365, 367—369, 372, 374; Tl. II, S. 245, 247) Erwähnung gefunden haben. C-Halogenderivate. Zur Gewinnung der am Kohlenstoff halogenierten aliphatischen Amine — einer Körpergruppe, die besonders yon S. G A B B I E L viele Jahre hindurch mit großem Erfolg bearbeitet worden ist, — stehen zurzeit die folgenden Wege offen4: 1. .Dibrom-paraffine, in denen beide Halogenatome primär gebunden sind, setzen sich mit 1 Mol.-Gew. Phthalimidkalium zu iV-Halogeno1

DUDEN, BOCK, EEID, B. MOBELLI, MABCHETTI, R. 4 WINDAUS, VOGT, B. 40,

38, 2042 (1905). A. L. [5] 17, I, 250 (1908). 3692, 3695 (1907). * Vgl. bezüglich der älteren Literatur die Zusammenstellung bei POSNEB, B. 27, 3509 (1894). *

GABBIEL

und

256

C-Halogenderivate der

Amine.

alkyl-phthalimiden um (vgl. dazu S. 234—235), aus denen man durch Erhitzen mit konzentrierten Mineralsäuren (am besten Chlor- oder Bromwasserstoff) den Phthalsäurerest abspalten kann: Br.[CHJ x .Br

Br.[CH,] x .NC,H 4 ->- Br.[CH s ] x -NH a ( + | o o C > C « H 0 '

2. U n g e s ä t t i g t e A m i n e , von denen allerdings nur eine kleine Zahl leichter zugänglich ist, addieren Halogen Wasserstoff oder Halogen: PH - PH PH t r a J + H H 1 S = CH,(Hlg)• CH,• CH, • NH, CH,. CH CH,• NH, Hlgj = CH2(Hlg)• CH(HIg)• CH,• NH, ' 3. 0 x y - , oder besser Ä t h o x y - und P h e n o x y - a m i n e tauschen beim Behandeln mit Halogenwasserstoffsäuren die Hydroxyl-, bzw. Alkyloxy- oder Phenoxygruppe gegen Halogen aus: CH, • CH(OH) • CH, • 0(011,)} • NH, ->- CH, • CH(HIg) • CH, • C(CH,)a • NH,, (C,H,0)bzw.(C,H,0)-[CH 2 ] x .NH a Hlg.[CH,] x .NH,(+C,H 4 .OHbzw.C 4 H,.OH). Die für die letztere Beaktion erforderlichen Äthoxy- und Phenoxy-amine (vgl. auch S. 269) lassen sich z. B. auf folgenden Wegen darstellen: D i h a l o g e n p a r a f f i n e , wie Trimethylenchlorobromid (S. 39), Pentamethylenbromid1 (S. 40ff.) setzen sich mit Natriumphenolat zu Halogenalkyl-phenyl-äthern um, in denen man das Halogen gegen Cyan auswechseln kann; die so erhaltenen Cyanderivate können dann durch Beduktion in die Phenoxy-amine von gleicher Kohlenstoffzahl verwandelt werden 8 : 1) Cl'CH,-CH,-CH 2 *Br + Na-O.C,H 5 = C1 • CH, • CH, • CH, • 0 • C«H, + NaBr, 2) C,H, • 0 • CH, • CH, • CH, • C1 + KCN= C,H s O-CH,-CH,-CH,-CN + KCl, 3) C,H s .O CH 2 .CH,.CH,.CN + 2H, - C,H,.OCH,.CH,.CH,.CH,.NH,. Andererseits kann man den y-Chlorpropyl-phenyl-äther, der sich nach der ersten Gleichung bildet, durch Kondensation mit MalonsäurediSthylester (C,HtOOC),CH, in Phenoxypropyl-malonester ( C 2 H 6 0 0 C ) , C H ' [ C H J ] , - 0 - C 9 H 5 verwandeln, in dem das mit * bezeichnete Wasserstoffatom leicht gegen Alkyle austauschbar ist. Diese /-Aryloxypropyl-alkyl-malonester geben bei der Verseifung und darauf folgenden Kohlensäure-Abspaltung die analog substituierten Essigsäuren, die sich mittels Schwefelcyanblei (vgl. Tl. I, S. 477) in die zugehörigen Nitrite überführen lassen; letztere werden dann wieder zu Aminen reduziert*: (C,H,OOC),CH • [CH,], • 0 • C6H& — » (0^,000),C(Alk).[CH,l,.OC 4 H 5 — HOOC • CH(Alk)- [CH,]S • 0 • C6H5 —>- NC • CH(Alk) • [CH,], • 0 • CSH6 — NH, • CH, • CH( Alk) • [CH,], • 0 • C a H 6 . Das nach Gleichung 2) entstehende y-Phenoxy-butyronitril kann man aus dem Trimethylenchlorobromid auch in der umgekehrten Reaktionsfolge gewinnen, indem 1

V g l . v . BRAUN, STEINDORFF, B . 3 8 , 9 5 8 , 3 0 8 3 (1905).

* a-Phenoxy-nitrile, wie C 8 H 5 -0»CH,»CN, lassen sich nicht in dieser Weise reduzieren [vgl. LUCHMANN, B . 2 9 , 1 4 2 4 ( 1 8 9 6 ) ] . 8

V g l . GBANGEB, B . 2 8 , 1 1 9 7 ( 1 8 9 5 ) .

Bildung von halogmierten Aminen.

257

man also das Chloiobromid zuerst mit Kaliumcyanid zu f-Chlor-butyronitril1 C1-CH2CH 2 -CH 2 'CN umsetzt und dann erst durch Behandlung dieses gechlorten Nitrils mit Natriumphenolat das Chlor gegen Phenoxyl austauscht. Die Benzoyl verbind u ngen der nach Gleichung 3) entstehenden Phenoxyamine kann man mit Hilfe von Phosphorpentachlorid (vgl. dazu weiter unten) in die entsprechenden Phenoxy-ehlorderivate überführen: C,H,.0-[CH ! ] x -NH-C0-C,H 5 CaHs• 0• [CH2]k• N : CC1 • C„H5 —>- C,H 5 .0-[CH i ] x .Cl(+NC-C e H e ), die dann wieder für die Reaktionen der Gleichungen 2) und 3) als Ausgangsmaterial dienen können und so ein Phenoxy-amin C6H5 • 0 • [CH2]Y- CH2 • NH2 liefern, in welchem die ursprünglich das Phenoxyl von der Aminogruppe trennende Kohlenstoffkette um ein Glied verlängert ist 2 (vgl. als Beispiel dafür S. 264 die Gewinnung von i?-Chlorheptyl-amin). Der 1 . 2 - D i c h l o r - d i ä t h y l ä t h e r (S. 207) tauscht unter der Einwirkung von Zinkdialkylen das der Äthoxygruppe benachbarte Halogenatom gegen Kohlenwasserstoffreste aus; die in dieser Weise entstehenden monohalogenierten Äther lassen sich mit Ammoniak in Äthoxy-amine* der gleichen Kohlenstoffzahl und mit Kaliumcyanid in Athoxy-nitrile verwandeln, die dann zu Athoxy-aminen der nächsthöheren Reihe feduzierbar sind: CH,C1 •CHC1 •0 • C2H5 CH,C1- CH(R) •0 •C , H .

- C 6 H 6 0• [CH,]*• NH• CO• C6H5 ->- Br-[CH2]X.NH2. b) Die i ^ m w . - D i b e n z o y l d e r i v a t e der A l k y l e n d i a m i n e geben bei der Behandlung mit Phosphorpentachlorid Bis-imidchloride C 6 H 5 CC1:N.[CH 2 ] X .N:CC1.C 6 H 5 (vgl. S. 41—42), die durch vorsichtige Destillation in der Weise zerlegt werden können, daß nur e i n - N : CC1C 6 H 5 -Rest unter Abspaltung von Benzonitril gegen Chlor ausgetauscht wird, während der andere am Kohlenstoff haften bleibt und dann durch Hydrolyse in die Aminogruppe zu verwandeln ist 2 : C S H T • CC1: N • [CHJ]„• N : CC1 • C E H 5 - » • C 6 H 6 . C C 1 : N . [ C H 2 ] 9 - C 1

NHI.[CH2],.Cl.

5. Das C h l o r - d i m e t h y l s u l f a t (S. 209) setzt sich mit sekundären Aminen zu Methylschwefelsäure und yewi.-Halogen-aminen um9, wobei jedoch die Aasbeute nur gering ist, da sich die entstehende chlorierte Base mit überschössigem Dialkylamin zu Tetraalkyl-methylendiaminen kondensiert (vgl. S. 244): C1CH,-S0 4 -CH, + NH(CsH6), = Cl-CHJ'N(C2H5), + H-S0 4 -CH 3 ; (C,H 5 ),NH + C1 • CH,• N(C 2 H 5 ), -

(C,H S ) 1 N-CH 1 .N(C ! H 1 ) 1 + HCl.

6. F l u o r h a l t i g e D e r i v a t e der A t h y l a m i n e sind durch Erhitzen von 1. l-Difluor-2-brom-äthan mit alkoholischem Ammoniak gewonnen worden (vgl. dazu S. 261—262). Die halogenierten Amine stehen in manchen ihrer Eigenschaften, z. B. dem Geruch und der Löslichkeit in Wasser, den nicht substituierten Basen noch ziemlich nahe; infolge der Beweglichkeit ihrer Halogenatome sind sie meist sehr reaktionsfähig und stellen deshalb ein recht brauchbares Ausgangsmaterial für Synthesen der verschiedensten Art dar. Im freien Zustand sind die halogenierten Amine in der Regel wenig beständig; so verwandeln sie sich, falls Halogen und Aminogruppe sich in 1.4oder 1.5-Stellung befinden, sehr glatt in halogenwasserstoffsaure Salze von cyclischen Iminen, z. B.: CH,CH,C1 CHJ-CHJ-NH,

(5-Chlorbutyl-amin

=

CH,.CH, CH,CH2^

Pyrrolidin-hydrochlorid

Unter der Einwirkung von Alkali erfolgt ein solcher Ringschluß durch Halogenwasserstoff-Entziehung auch bei 1.2- und 1.3-Stellung von Halogen • v. BRAUN, STEINDOEPF, B . 3 8 , 169 (1905). 3 v. BRAUN, B. 8 8 , 2340 (1905). HOUBEN, ARNOLD, B . 41, 1575 (1908).

%

259

C-Halogenierle Methylamin-Derivate.

und Aminogruppe. Auch wenn der Abstand fünf Kettenglieder übersteigt, tritt leicht Halogenwasserstoff-Abspaltung ein, aber vorwiegend extramolekular unter Bildung komplexerer Produkte 1 (vgl. dazu S. 241—242 die Bildung von Iminen aus Diaminen). C-Halogenderivate des Methylamins mit freier primärer Aminogruppe sind nicht bekannt und dürften ebensowenig beständig sein, wie C-Halogenderivate des Methylalkohols (vgl. S. 191). Doch sind hier einige Verbindungen zu registrieren, die als Derivate von C-halogenierten Methylaminen erscheinen, in denen die Aminogruppe substituiert ist. Als ein amidinartiges Ameisensäurederivat des D i c h l o r m e t h y l a m i n s H 2 N-CHCl a — nämlich als s a l z s a u r e s D i c h l o r m e t h y l - f o r m a m i d i n 2 der Formel HN:CH-NH.CHC1 2 ,HC1 — hat sich das sogen. „ S e s q u i h y d r o c h l o r i d der B l a u s ä u r e " (2HCN + 3HCl) erwiesen, das sich beim Einleiten von Chlorwasserstoff in eine stark gekühlte Essigester-Lösung von Blausäure als krystallinischer Körper ausscheidet3. Die Verbindung schmilzt bei 180° zu einer braunschwarzen, sich bei höherer Temperatur zersetzenden Flüssigkeit. Mit aromatischen Kohlenwasserstoffen kondensiert sie sich bei Gegenwart von Aluminiumchlorid zu Diarylmethyl-formamidinen: HC

C,SH + ju-Mercapto-thiazolin

+

-

HBr

'

g:>-CH.+OH..OOOH+HBr. /u-Methyl-oxazolin

1

Leitvermögen:

8

GABBIEL, B . 2 1 , 566, 1 0 4 9 , 1 0 5 4 , 2 6 6 5 ( 1 8 8 8 ) ; 2 2 , 1 1 3 9 , 2 2 2 0 ( 1 8 8 9 ) . — GABBIEL,

BREDIQ,

Ph. Ch. 13, 300 (1894).

ESCHENBACH, B . 3 0 , 2 4 9 4 (1897). 3

GABBIEL, STELZNEB, B . 2 8 , 2 9 2 9 (1895).

ß-Chlor- und ß-Jodäthyl-amin.

261

ß ^ - D i b r o m - d i ä t h y l a m i n 1 ( C H ^ B r - C H ^ N H entsteht durch Spalten des aus Phenyl-^-bromätbyl-äther C e H 5 • 0 • C H , • CH 2 • Br u n d alkoholischem Ammoniak erhältlichen ß, ¡S'-Diphenoxy-diäthylamins (C 6 H 6 • O • CH 2 • CH 2 ) 2 NH mit Bromwasseratoft bei 100°. D a s Hydrobromid C ^ H ^ N B ^ . H B r krystallisiert aus Alkohol + Äther in Schuppen, schmilzt bei 199—200° und ist in W a s s e r sehr leicht löslich. Die beiden Halogenatome der Base sind viel fester gebunden als im ^-Bromäthylamin, so d a ß es nicht gelang, durch Einwirkung von Alkalien eine dem Äthylenimin entsprechende Base zu gewinnen. f J - C h l o r - ä t h y l a m i n [l-Amino-2-chlor-äthan]2-3 CH 2 C1 • C H , • NH 2 und ß-Joiä t h y l a m i n 2 [l-Amino-2-jod-äthan\ C H 2 J - C H , - N H , entstehen beim Eindampfen von Äthylenimin mit überschüssiger Chlor- bzw. Jodwasserstoffsäure, ersteres auch beim Eindampfen von N-ß-Oxy&thy\- oder iV-^-Chloräthyl-phthalimid mit Salzsäure. D a s freie 0-Chlor-äthylamin ist eine in W a s s e r und Alkohol leicht lösliche Krystallmasse; das Hydrochlorid schmilzt bei 119—123°; das P i k r a t C 2 H „ N C 1 . C 9 H B O J N , + 7 , 1 1 , 0 bildet gelbe Nadeln, deren Schmelzpunkt nach dem Entwässern bei 142—143° l i e g t — D a s |9-Jod-äthylamin schmilzt nach dem Umkrystallisieren aus Alkohol bei 192—194° unter Bräunung. M e t h y l - 0 - c h l o r ä t h y l - und - ( J - b r o m ä t h y l - a m i n C H , - N H - C H , - C H , - C l ( B r ) werden durch Spalten des aus p - T o l u o l s u l f o n s ä u r e - m e t h y l a m i d C H 9 - C 9 H 4 - S O , ' N H - C H 3 und Bromäthyl-^-naphtbyl-äther Br • C H , • C H , • O • C 10 H 7 erhältlichen p-Toluolsulfonsäure - ß-naphthoxäthyl - methylamids * C H , • C 6 H 4 • SO, • N(CH S ) • C H , • C H , • 0 • C 1 0 H, (Schmp. 1Ö9-5 0 ) oder durch Erhitzen des sich aus Äthylenoxyd u n d Methylamin bildenden iV-Methyl-/?-oxyäthyl-amina' C H , - N H - C H , - C H , - O H (vgl. S. 272) mit Chlorbzw. Bromwasserstoff dargestellt. D i e Basen haben zur G e w i n n u n g des S. 253 beschriebenen N-Methy 1-äthylenimina Verwendung g e f u n d e n ; letztere Base entsteht auch, gleichzeitig mit kleinen Mengen A',iV'-Dimethyl-piperazm, als Nebenprodukt der Umsetzung der Methyl-^-halogenäthyl-amine mit alkoholischer Natriumäthylatlösung bei 160°, die zum 0-Methylamino-diäthyläther C,H 6 • 0 • C H , • CH 2 • N H • C H , f u h r t 4 . Charakteristisch ist das Benzoylderivat des Methyl-0-chloräthyl-amins, das sich schon bei gelindem Erwärmen mit W a s s e r u n t e r Verschiebung der Benzoylgruppe in das O-Benzoylderivat des iV-Methyl-|?-oxyäthyl-amins verwandelt: C,H 5 • CO • N(CH„). C H 2 • CH 2 C1

—>•

CH,.NH.CHs.CH,.OCO.C»H,.

D i m e t h y l - ^ - c h l o r ä t h y l - a m i n (CH,),N-CH,>CH,>C1 entsteht alt) Spaltungsprodukt des Methylmorphimethins, eines Morphinderivats, mit Salzsäure 7 ; zu seiner synthetischen Darstellung 8 erhitzt m a n das aus Äthylenoxyd und Dimethylamin erhältliche Dimethyl-ß-oxyäthyl-amin (CH 8 ) 2 N• CH,• CH,• OH mit Salzsäure auf 170° bis 180°. Beim Stehen f ü r sich oder in wäßriger Lösung polymerisiert sich die Base zum 2\f,iV'-Dimethylpiperazin-Ais-chlorniethylat:

CH,v /CHj-CH.-Cl /CH, CH,\ /CH,—Cfl»v /CH, >N/ + /N< = >N< >N< X CH/ ci-ch2-ch/ \ch„ ch3/¿\ch2—ch/¿j CH, ß,ß- D i f l u o r ä t h y l - a m i n CHFS • CH, • NH, und ft&/?',|9'-Tetrafluord i ä t h y l a m i n (CHF,-CH,)2NH entstehen beim Erhitzen von l.l-Difluor-2-brom-äthan 1

GABRIEL, ESCHELBACH, B . 3 0 , 8 0 9 ( 1 8 9 7 ) . 8

* GABRIEL, B . 2 1 , 5 7 3 , 1 0 5 3 , 1 0 5 5 ( 1 8 8 8 ) . 4

SEITZ, B . 2 4 , 2 6 2 7 ( 1 8 9 1 ) .

MARCKWALD, FROBENIÜS, B . 8 4 , 3 5 4 7 ( 1 9 0 1 ) .

* KNOBB, METER, B . 3 8 , 3 1 3 3 ( 1 9 0 5 ) . * KNORR, B . 3 7 , 3 5 0 6 ( 1 9 0 4 ) . —

' KNORR, B. 3 7 , 3495 (1904).

KNORR, MEYER, B . 3 8 , 3 1 3 0 ( 1 9 0 5 ) . 8

KNPRR, B. 3 7 , 3507 (1904).

262

Halogenderivate des

Propyl-amins.

mit alkoholischem Ammoniak1 auf 125—140 Die erstere Base riecht ammoniakalisch, ist mit Wasser in allen Verhältnissen mischbar und nimmt aus der Luft Kohlensäure auf; unter 757mm Druck siedet sie bei 67-5—67-8°; ihr spez. Gew. ist bei 11-90 1-1758. Das Tetrafluor-diäthylamin ist in Wasser ziemlich wenig löslich, riecht acetamidartig, siedet unter 755 mm Druck bei 124-4° und hat bei 16*5° die Dichte 1-3041. Steigert man bei der Umsetzung des Difluorbromäthans mit Ammoniak die Temperatur auf 160—170°, so nimmt auch der Alkohol an der Reaktion teil, und man erhält, neben beträchtlichen Mengen Diäthyläther, das P ' . j i ' - T e t r a f l u o r - t r i ä t h y l a m i n * (CHF,-CH,),N-C,H5, eine chloracetalartig riechende, in Wasser fast unlösliche, nur noch schwach basische Flüssigkeit vom Sdp. 137° bei 754 mm Druck und dem spez. Gew. 1-4941 bei 16°. Diesen Halogen-äthylaminen entsprechende q u a r t ä r e A m m o n i u m s a l z e 3 erhält man durch Addition von Athylenhalogeniden an tertiäre Amine: (CH,),N + Br.CH,-CH t .Br = ( C H , ) , N < ^ , C H > " B r . In ihnen können die beiden Bromatome durch ihre verschiedene Beweglichkeit unterschieden werden (vgl. auch S. 275); mit Silbersalzen reagiert in der Kälte nur das an Stickstoff gebundene Bromatom: (CH,),N Br.[CH2]5-NH2 + C 9 H,.OH + C.H.-COOH. Das ¿-Chlor- und Bromhexyl-amin [l-Amino-6-chlor- bzw. -6 brom-hexan] Hlg-[CH2]6*NH2 sind nach den S. 255—257 skizzierten Reaktionen ans 1.5-Dihalogenpentanen10, sowie aus dem «^mm.-Dibenzoylderivat des Hexamethylendiamins" nach der Phosphorpentachlorid-Methode (S. 258) dargestellt worden. Die 1 GABRIEL, WEINEB, B. 21, 2671 (1888). — GABRIEL, LADER, B . 23, 90 (1890). * GABRIEL, WEINER, B. 21, 2674 (1888). — PH. HIRSCH, B . 23, 964 (1890). — ELFELDT, B. 24, 3220 (1891). — GABRIEL, C. v. HIRSCH, B. 29, 2747 (1896). — ÜDINCK, B. 32, 967 (1899). — STRAUSS, B. 33, 2826 (1900). • HENRY, B. 8, 399 (1875). — PAAL, B. 21, 3190 (1888). — PAAL, HERMANN, B. 22, 3076 (1889). — PARTHEIL, B. 22, 3317 (1889). — PARTHEIL, V. BROICH, B. 30, 618 (1897), 4 GABRIEL, B . 24 , 3231 (1891). — Ü b e r d - B r o m - b u t y l a m i n s. P . BLANK, 3 B . 25. 3044 (1892). GABRIEL, B. 25, 415 (1892). 6 v. BRAUN, B. 37, 2918 (1904). — MERCK, D . R . P . 164365 (C. 1906, I I , 1563). 7 9 v. BRAUN, B . 3 8 , 2343 (1905). P . BLANK, B . 2 5 , 3047 (1892). 9 v. BRAUN, STEINDORFP, B. 3 8 , 172 (1905). 10 11 v. BRAUN, STEINDORFF, B. 38, 3088 (1905). v. BRAUN, B. 38, 2345 (1905).

264

Halogenderivate ungesättigter Amine.

freien Halogen-hexylamine sind schwach basisch riechende Öle, die sich in der Kälte sowohl für sich, als auch in wäßriger Suspension längere Zeit aufbewahren lassen; in der Wärme aber tritt — besonders energisch und rasch bei der bromierten Base — Umlagerung ein, wobei in geringer Menge eine mit Wasserdampf flüchtige sekundäre BaseC6H,sN, in größerer Menge eine nicht flüchtige polymere Base der gleichen Zusammensetzung in Form ihrer Hydrohalogenide entsteht (vgl. dazu S. 258—259). Zur sechsten K o h l e n s t o f f r e i h e gehören auch die 2-Methyl-2-amino4-halogen-pentane 1 , die bei der Einwirkung von Halogenwasserstoffsäuren auf das Diacetonalkamin entstehen — jenen (9-Ketonalkohol, der sich bei der Reduktion des Diacetonamins (vgl. Tl. I, S. 759—760) mit Natriumamalgam bildet: (CHskC(NH,) • CH, • CO • CHS Diacetonamin

»-

(CH 3 ) 2 C(NH,)CH,CH(OH)-CH, Diacetonalkamin >- (CHa)2C(NH,) • CH2 • CH(Hlg) • CH,. 2-Methyl-2-amino-4-halogen-pentan Auch auf Homologe und i^-Alkylderivate des Diacetonalkamins ist die Reaktion übertragbar2. Die auf diesen Wegen darstellbaren halogenierten Basen liefern bei der Abspaltung von Halogenwasserstoff die S. 254 erwähnten alkylierten Trimethylenimine. Das y - Chlorheptyl-amin [l-Amino-7-ehlor-hepf.an] C1-[CH,]7-NH, ist aus dem Einwirkungsprodukt von Phosphorpentachlorid auf N, AT'-Dibenzoyl-heptamethylendiamin9, sowie synthetisch aus dem 1.5-Dibrompentan4 über die folgenden Zwischenstufen (vgl. S. 256—257) gewonnen worden: Br-[CH,],.Br - > - Br.[CH,],.O.C e H, —>- NC.[CH,],-0-C,H, H 2 N • CH, • [CH,], • 0 • C e H, - * • C,H 6 CO.NH.CH,.[CH 4 ] 6 -OC,H ll — C,H,• CC1: N• CH,• [CH,],• 0• C e H, - » - Cl.CH,.[CH,],-OC a H 5 -->- NC • CHS • [CH,], • O • C,H, —>- H,N.CH,.CH,.[CH,] 5 O.C,H 5 —>- H,N • CH, • CH, • [CH,], • Cl. Halogenderivate ungesättigter Amine. Aus dem ß, f - Dibrom propyl - am in (s. S. 263) erhält man durch Bromwasserstoff-Entziehung mittels alkoholischen Kalis Bromallyl-amin 5 C.H^Br-NH,. — Halogenderivate des Diallylamins 6 bilden sich durch Einwirkung von Ammoniak auf Trihalohydrine (S. 53), z. B.: 2 CjHJCI, + 4NH, = (C»H«C1),NH,HC1 + 3NH4C1. Als Halogen-Phosphinderivate seien hier die Additionsprodukte aus Triäthylphosphin und Tetrachlor- bzw. Tetrabrommethan' erwähnt, die als Chlormethin¿ris-triäthylphosphoniumchlorid C1-C[P(C,H,),-C1], und Brommethin-iristriäthylphosphoniumbromid Br-C[P(C2Hs),'Br], formuliert worden sind. 1

KAHAN, B . 3 0 , 1318 (1897).

8

M . KOHN (und Mitarbeiter), A . 3 5 1 , 134 (1907).

M . 2 8 , 423, 463, 471, 479,

529 (1907). • v . BRAUN, B. 3 8 , 2347 (1905). 5

PAAL, B. 21, 3190 (1888). —

* v . BRAÜN, MÜLLER, B. 3 9 , 4115 (1906).

PAAL, HERMANN, B. 2 2 , 3076 (1889). —

PARTHEIL,

B . 2 2 , 3317 (1889). 6

SIMPSON, A . ch. [ 3 ] 5 8 ,

129 (1859). —

REBOUL, A .

Spi. 1, 232 (1861).

ENGLER, A . 1 4 2 , 77 (1867). — V g l . auch PFEFFER, FITTIO, A . 1 3 5 , 363 (1865). ' HOFMANN, v g l . HANTZSCH, HIBBERT, B. 4 0 , 1509, 1516 (1907).



C-Nilroderivate der Amine.

265

C-Nitroderivate. C-Nitroderivate der aliphatischen Amine sind bisher nur in geringer Zahl durch Kondensation von Nitroparaffinen mit Aldehyd-ammoniaken oder deren iV-Alkylderivaten erhalten worden 1 : 2(CH3),N-CH2-OH + CHS-N09 =

(CHS)!N.CH2.CH(NO,)-CHA-N(CHS)I + 2 H 2 0 ;

CH9-CH(NH2)(OH) + C H ^ N O ^

=

C H 3 • C H ( N H , ) • CH(N0 2 )2 + H , 0 .

Das nach der ersten Gleichung aus Methylol-dimethylamin (S. 266) und Nitroinethan gebildete 1.3- Bis-dimethylamino - 2 - nitro - propan stellt weiße, bei 58° schmelzende Krystalle dar, ist in ätherischer Lösung einige Zeit haltbar, zerfließt aber im Vakuumexsiccator nach kurzer Zeit zu einem braunen Teer. Es liefert sowohl mit Säuren wie mit Basen Salze und läßt sich zur entsprechenden Triaminoverbindung (S. 255) reduzieren. Das nach der zweiten Gleichung aus Acetaldehyd-ammoniak und Dinitromethan entstehende 2-Amino-l. 1-dinitro-propan bildet eine gelbe Krystallmasse, die sich gegen 120° zersetzt und iu Wasser leicht löslich ist. Da die Lösung neutral reagiert, liegt es nahe, die Verbindung als inneres Ammoniumsalz der aei-Form NH,

0

CH,.CH-C(N0 2 ): NO zu formulieren. Beim Kochen der Lösung erfolgt Spaltung unter Bildung von Acetaldehyd und Dinitromethan.

VI. Amino-Alkohole, deren Ither und Ester. Verbindungen, welche eine Amino- und eine Hydroxylgruppe an das gleiche Kohlenstoffatom gebunden erhalten, sind die durch Addition von Ammoniak an manche Aldehyde entstehenden A l d e h y d - a m m o n i a k e ; wie schon in Tl. I, S. 750 hervorgehoben wurde, sind diese gem.-Aminoalkohole aber im allgemeinen kaum beständig (vgl. auch TL I, S. 751, Anm. 1), und einige früher zu ihnen gerechnete „Aldehyd-ammoniake" werden heute mit größerer Wahrscheinlichkeit als Hydrate trimolekularer, cyclisch konstituierter Imine formuliert (Tl. I , S. 755). Wir werden OH indes später sehen, daß die Gruppe^>CN(CH S ),. CK Wie bei der Darstellung der primären Amine (vgl. Tl. I , S. 347) kann man auch hier die meist lästige gleichzeitige Entstehung der sekundären, tertiären und quartären Verbindungen vermeiden, wenn man die GABBIEL sehe P h t h a l i m i d r e a k t i o n * benutzt; erhitzt man z. B. N-ß-Bromäthyl-phthalimid CH 2 Br-CH 2 PO s 235 NC«H« > m i t verdünnter Schwefelsäure auf 200—220°, so erfolgt zugleich Spaltung dieses Imids und Auswechselung des Bromatoms gegen Hydroxyl, und man erhält jS-Oxyäthyl-amin CH,(OH)-CH,«NH, neben Phthalsäure.

Auch durch B e h a n d l u n g von A l k y l e n o x y d e n mit A m m o n i a k 4 [oder Aminen 5 ] gewinnt man primäre Oxybasen neben sekundären und tertiären; sind die Reagenzien vollkommen trocken, so erfolgt keine UmRIEDEL, D . R . P . 169787, 181X75, 189481, 194051 (C. 1906, I, 1682; 1907, I, 1001, II, 2003; 1908, I, 1222). 1 B. 14, 1876, 2126 Anm. 3 (1881). * WURTZ, A . 1 2 1 , 2 2 8 (1862); A . S p l . 7 , 8 8 (1870). — MORLEY, B . 1 3 , 222, 1805 (1880). — LADENBURO, B . 1 4 , 1876, 2 4 0 6 (1881). — BEREND, B . 1 7 , 5 1 1 (1884). — RADZISZEWSKI, SCHRAMM, B . 1 7 , 8 3 8 (1884). — KNORR, B . 2 2 , 2 0 8 8 (1889). — CHANCEL, C . r . 1 2 8 , 3 1 3 (1899). — KNORR, B . 3 0 , 909, 916, 9 1 8 (1897). — FOURNEAÜ, C . r . 1 3 8 , 766 (1904). — RIEDEL, D . R . P . 1 6 9 7 4 6 , 1 6 9 7 8 7 , 1 8 1 1 7 5 , 1 8 9 4 8 1 , 1 9 4 0 5 1 (C. 1 9 0 6 , I , 1584, 1 6 8 2 ; 1 9 0 7 , I, 1001, I I , 2 0 0 3 ; 1 9 0 8 , I , 1222). ' GABRIEL, B . 2 1 , 5 6 7 (1888). — GABRIEL, WEINER, B . 2 1 , 2 6 7 2 (1888). —

GÖDECKEMEYER, B. 21, 2690 (1888). 4 WURTZ, A. 114, 51 (1860); 121, 227 (1862). — KNORR, B. 30, 909 (1897). — KBASSÜSKY, DÜDA, J . p r . [2] 7 7 , 87, 9 3 (1908). 6 KNORR, MATTHES, B . 3 1 , 1 0 6 9 (1898); 3 4 , 3 4 8 2 (1901). — KNORR, SCHMIDT,

B. 31, 1072 (1898). — MATTHES, A. 315, 104 (1901); 316, 311 (1901).

268

Bildung von vic.- und

disj.-Amino-alkoholen.

setzung, während andererseits bei Gegenwart von Wasser die Reaktion in den niederen Reihen mit großer Heftigkeit einsetzen kann: (JH?-^CH2 + NH3 = CH2(OH) • CH2 • NH,; 2C,H«0 + NH, = [CH2(OH).CH4]2NH ; 3C 2 H 4 0 + NH, = [CH2(OH)-CH2]sN. Bei der Verwendung asymm. Alkylenoxyde treten hierbei gleichzeitig die beiden zu erwartenden Isomeren auf (vgl. S. 77): (CH,),C

CH-CU, ,

NH

8

* (CH,),C(OH)• (NHS)CH• CH, * (CH3)2C(NHs) • (HO)CH • CHS •

Oxyde, bei welchen das Sauerstoffatom entfernter voneinander stehende Kohlenstoffatome verbindet, lassen sich durch Ammoniak nur noch schwer oder auch gar nicht zu Aminoalkoholen aufsprengen; so erwies sich das 1. 3-Dimethyl-trimethylenoxyd CHS • CHCH • CH, als indifferent gegen Ammoniak1.

Einige Oxybasen können durch W a s s e r a n l a g e r u n g an ung e s ä t t i g t e Amine vermittelst konzentrierter Schwefelsäure erhalten werden2, z. B.: C,Hj • NH(CH, • CH: CH,) + H 2 0 = C,H, • NH(C,H„ • OH).

Bei den bisher aufgeführten Reaktionen führt man entweder den Ammoniak- bzw. Aminrest in sauerstoffhaltige Verbindungen oder umgekehrt die Hydroxylgruppe in stickstoffhaltige Substanzen ein. Eine Reihe anderer Bildungsweisen geht von Verbindungen aus, die von vornherein schon den nötigen Stickstoff und Sauerstoff in einem Molekül enthalten. Von diesen seien die folgenden erwähnt: N i t r o - a l k o h o l e 3 und Oxy-nitrile 4 lassen sich zu Amino-alkoholen reduzieren: CH, • CH(OH)' CH, • NO, CN-CHj'CHj'CHj-OH

>>-

CH,.CH(OH)CH s NH,, NH,.CH,CH,CH,.CH,OH.

Durch Behandeln von I s o n i t r o s o - k e t o n e n mit Natriumamalgam und Wasser ist es in manchen Fällen gelungen, gleichzeitig mit der Umwandlung des Komplexes >N-OH in NHa auch das Carbonyl zu >CH«OH zu reduzieren6: CH,COCH:NOH Isonitroso-aceton 1 2

>•

CH,CH(OH).CH,-NH s l-Atnino-propanol-{2).

HENRY, C. 1 9 0 0 , II, 1008. LIEBERMANN, PAAL, B. 16, 5 3 1 (1883).

' HENRY, B. 33, 3169 (1900). B. 20, 8 (1901). — PEETEBS, R. 20, 259 (1901). — TORDOIR, C. 1 9 0 2 , I, 716. — STI£NON, C. 1 9 0 2 , I, 717. 4

6

HENRY, B. 33, 3170 (1900). R. 20, 8 (1901). STRAUSS, B. 33, 2825 (1900). — JÄNECKE, B. 32, 1100 (1899).

Bildungsweisen

von Ätkem

der

Amino-alkohole.

269

In ähnlicher Weise konnten auch einige Amino-ketone (und Hydroxylamino-ketone) zu Amino-alkoholen reduziert werden1: (CHS),C(NH,) • CH2 • CO • C H , \

Diaceton-amin

( C H j ) jC ( N H • O H ) • C H , • C O • C H A /

Diaceton-hydroxylamin

X (CH3),C(NHS,)• CH2• CH(OH)• CHa ; Diaceton-alkamin

(CHS),C(NH2). CH, • CO • C H , • C(NH2XCH3)4

Triaceton-diamin

( C H 3 ),C(NHJ) • C H , • C H ( O H ) • C H , • C ( N H , X C H 3 ) , .

Triaceton-alkadiamin

Auch durch Reduktion von A m i n o - s ä u r e e s t e r n mit Alkohol und Natrium nach dem Verfahren von B O U V E A Ü L T und B L A N C (vgl. TL I, S. 590) lassen sich Amino-alkohole, und zwar solche mit sekundär und besonders mit tertiär gebundener Aminogruppe, gewinnen2: (C,H5),N • CH, • COOC, H5

*-

(C,H5),N • CH, • C H , • O H .

3

Aus A m i n o - k e t o n e n und D i a l k y l a m i n o - s ä u r e e s t e r n 4 entstehen ferner Amino-alkohole unter „Kohlenstoff-Synthese" bei der Einwirkung von A l k y 1magnesiutnsalzen, z. B.: (CHj)JC(NHJ)- C H , • C O • C H 3

CHA MGJ

'

(CHA),C(NH,).CH,.C(OHXCH8),.

Bildungsweisen vonÄthern der Amino-alkohole sind schon S. 256 bis 258 angeführt worden, da diese Äther als Zwischenprodukte für die Darstellung von halogenierten Aminen benutzt werden. An Stelle der in den dort angeführten Beispielen meist benutzten Äther mit aromar tischem Best (Phenyl) können natürlich auch die entsprechenden Alkylderivate verwendet werden; so ist z. B. das /-Äthoxy-butyronitril durch Anlagerung von Wasserstoff leicht in 5-Äthoxy-butylamin zu verwandeln5: C,HS •O • CH, • CH, • CH, • CN

C,H5-OCH,.CH,.CH,.CH,.NH,.

Schließlich sei noch hervorgehoben, daß iV-alkylierte Amino-alkohole häufiger als S p a l t u n g s p r o d u k t e komplizierter zusammengesetzter Basen, besonders der zur Gruppe des Morphins gehörenden Alkaloide, beobachtet worden sind; so entsteht das Äthylol-methylamin 1

HEINTZ, A . 1 8 3 , 2 9 0 (1876). — KAHAN, B . 3 0 , 1 3 1 8 (1897). — HARMES, LEH-

MANN, B. 3 0 , 2735 (1897). — Chem. Fabr. auf Aktien (vorm. E. SCHERING), D. R.P. 9 6 6 5 7 , 9 8 7 0 5 (C. 1 8 9 8 , I I , 157, 951). — HARRIES, JABLONSKI, B . 3 1 , 1 3 7 8 (1898). — JÄNECKE, B . 3 2 , 1 0 9 9 (1899). — KOLSHORN, B . 3 7 , 2 4 7 9 (1904). — M. KOHN, M . 2 5 , 1 3 5 , 8 4 1 ( 1 9 0 4 ) ; 2 8 , 4 2 3 ( 1 9 0 7 ) . — M. KOHN, GIACONI, M. 2 8 , 4 6 1 (1907). — M. KOHN, MORGENSTERN, M. 2 8 , 4 8 5 (1907). — M. KOHN, SCHLEGL, M. 2 8 , 5 2 1 (1907). — BLAISE, MAIRE, B I . [4] 3 , 5 4 6 (1908). » GAÜLT, C. r. 1 4 5 , 1 2 6 (1907).

3 4 5

BL. [4] 3 , 3 6 6 (1908).

M. KOHN, M. 28, 1049 (1907). RIEDEL, D. R.P. 169819 (C. 1906, I, 1586). HENRY, DEWAEL, C. 1 9 0 7 , I I , 1 6 8 8 .

270

Äthylol-amin.

HO-CHj-CHg'NH'CHg (vgl. S. 272) beim Kochen von Thebain1, Isokodeinon2 oder Chlor-a-methylmorphimethins mit Acetanhydrid, ferner bei der Spaltung des Thebains mit Benzoylchlorid4, während das Äthyloldimethylamin HO• CH2 • CHa• N(CH3)2 (S. 272—273) aus a-Methylmorphimethin6, Thebain-jodmethylat6, Methyl-thebainonmethinsowieOxy-8 und Chlor-«-methylmorphimethin9 durch Spaltung mit Acetanhydrid, sein Äthyläther C2H6 • 0• CH2• CH2• N(CHg)a (S. 277) aus et- und /3-Methyl-morphimethin mit Natriumäthylat10 erhalten worden ist. Als ein sehr wichtiges, ebenfalls in die Klasse der Aminoalkohole gehörendes N a t u r p r o d u k t ist ferner das S. 273 ff. eingehender beschriebene Cholin (CH3)3N(OH)-CH2CHj-OH zu nennen, das strukturell als Methylhydroxyd des Äthyloldimetbylamins erscheint. Einzelne Glieder. Das ß - Oxyäthyl-amin [/9-Amino-äthylalkohol, l-Amino-äihanol-{2), Äthylol-amin] CH2(OH)-CHa-NHa war zunächst durch Untersuchungen von W U B T Z und von G A B B I E L nur in Form von Salzen bekannt geworden11; KNORB12, der im letzten Jahrzehnt diesem Körper und seinen Derivaten in Rücksicht auf Beziehungen zu den Morphium-Alkaloiden (vgl. oben) besondere Aufmerksamkeit zuwandte, hat jedoch gezeigt, daß die freie Base aus Äthylenoxyd und Ammoniak relativ leicht erhältlich und durch fraktionierte Destillation von den gleichzeitig entstehenden sekundären und tertiären Basen ohne erhebliche Schwierigkeiten zu trennen ist. In wasserfreiem Zustande stellt der Amino-äthylalkohol ein dickflüssiges, stark basisches Ol dar, das einen schwachen, an Äthylendiamin erinnernden Geruch besitzt. Der Siedepunkt liegt unter 757 mm Druck bei 171°; die Dämpfe rauchen an feuchter Luft stark und greifen Kork an. Das spez. Gew. ist 1-022 bei 20°. In Äther ist die Base nur sehr wenig (ca. 1:100) löslich, doch ist sie mit Ätherdämpfen sehr leicht flüchtig. Mit Wasser und Alkohol mischt sie sich in jedem Verhältnis. Durch Kalilauge läßt sie sich aus der wäßrigen Lösung nicht abscheiden, wohl aber kann sie daraus durch fraktionierte Destillation leicht vollkommen wasserfrei erhalten werden. Die wäßrige Lösung bläut Lackmus und zerstört die Epidermis ähnlich wie Kalilauge. I

FREUND, GÖBEL, B . 8 0 , 1387 (1897).' KNORB, HÖRLEIN, B . 4 0 , 2 0 3 7 (1907). • PSCHORR, HAAS, B . 3 9 , 18 (1906). S

S

PSCHOBB, B . 3 9 , 3136 (1906).

6 KNORB, B. 22, 183, 1113 (1889); 37, 3495 (1904). — Vgl. auch KNORR, B. 38, 3173 (1905).

• FREUND, GÖBEL, B . 3 0 ,

1388 (1897). —

V g l . H e r z u : KNORB, B . 3 7 ,

3510

Anm. 2 (1904). 7 8

10

KNORR, PSCHORB, B . 3 8 , 3 1 7 3 (1905). KNORR, SCHNEIDER, B . 3 9 , 1419 (1906).

9

PSCHOBB, B . 3 9 , 3136 (1906).

KNORR, B. 37, 3496 (1904).

II

WDRTZ, A . 1 2 1 , 2 2 8 (1862). — GABRIEL, B . 2 1 , 569, 2666, 2668 (1888). B . 3 0 , 9 0 9 , 1492 (1897); v g l . a u c h D . ß . P . 97102 (C. 1 8 9 8 , I I , 522) B . 3 2 , 7 2 9 (1899). u

und

Diätkylol- und

271

Triäthylol-cmin.

Von den S a l z e n 1 sind charakteristisch das in goldgelben Blättchen krystallisierende Platinsalz (C,H7ON.HCl),PtCl4, das aus Wasser mit 1 Mol. H,0 krystallisiert2, ferner das aus Alkohol in sechsseitigen Täfelchen vom Schmp. 159-5° ausfallende Pikrat C,H 7 0N.C 6 H s 0 7 N 3 und das im Gegensatz zu diesen Salzen in Wasser wenig lösliche Pikrolonat 3 C2H7ON.C10H8O5N4. Letzteres krystallisiert in büschelförmig verwachsenen, gelben Nadeln, die bei 220—225° unter Zersetzung schmelzen und sich erst in ca. 100 Tin. heißem, bzw. 400—500 Tin. kaltem Alkohol lösen. Von den Umsetzungen4 des Äthylolamins seien einige erwähnt, die zu heterocyclischen Verbindungen führen. Der durch Addition von Cyansäure entstehende ölige ß-Oxy äthyl-harnstoff verwandelt sich beim Destillieren unter Ammoniak-Abspaltung in das innere Anhydrid der ^-Oxyäthyl-carbamidsäure (vgl. auch S. 260 dessen Bildung aus |?-Bromäthyl-amin): CHJ-OH

CONH

CH,OH

CHJ-NH,

CH — 2

CHJ-NH/

0.

CH,—NH^

Mit Schwefelkohlenstoff in Gegenwart von alkoholischem Kali erhält man das fi-Mercapto-thiazolin (vgl. ebenfalls S. 260): CHJ-OH

CSJ

CH..NH,

-

CH,«OH

V

_H>0

¿H,NH/CS-SH

C H - S .

"

¿H4-N>C'SH'

Auch das aus dem ^-Amino-äthylalkohol durch Kondensation mit Chlorameisensäure-methylester hervorgehende Urethan 9 verwandelt sich leicht in ein heterocyclisches System: CH, OH

oi.CO.OCH,

CH, • NH,

CH,-OH CHJ.NH/

-CH,.QH 3

CH2--0. *

CH,-NH^

Dihydro-oxazolon

Als Nebenprodukte der Darstellung des Äthylolamins aus Äthylenoxyd und Ammoniak erhält man (vgl. S. 267—268) das Diäthylol- und das T r i ä t h y l o l - a m i n , die sich in den höher siedenden Fraktionen des Rohproduktes ansammeln und durch fraktionierte Destillation unter vermindertem Druck voneinander getrennt werden können. Die erstere dieser beiden Basen, das ß, (?'-Dioxy-diäthylamin 6 ( I m i n o a l k o h o l , Diäthylol-amin) (HO-CH,-CH,),NH tritt in kleineren Mengen bei der Umsetzung des Äthylenchlorhydrins mit Ammoniak7 auf und bildet sich ferner beim Digerieren von ß, j?-Dibrom-diäthylamra mit Silbernitrat 3 . Die Verbindung destilliert 1

Photographische Abbildungen der Krystallformen einiger dieser Salze finden

sich b e i KNOBB, B . 3 0 , 913 (1897). * CHANCEL, C . r. 1 2 8 , 314 (1899). 8

Die Pikrolonsäure (vgl. Bd. II) ist 3-Methyl-l-p-nitrophenyl-5-Oxy-4-nitro^C(OH):C'NO,

pyrazol NO,-C A H 4 -N0966) über, das zu sehr hygroskopischen Prismen vom Schmp. 28° erstarrt. Sie ist eine starke einsäurige Base, deren Dämpfe an feuchter Luft rauchen; mit Wasser und Alkohol mischt sie sich in jedem Verhältnis, in Äther ist sie nur wenig löslich. Aus der wäßrigen Lösung, welche die Haut ähnlich wie Kalilauge anätzt, läßt sie sich durch Ätzkali nicht abscheiden. Mit Wasserdämpfen ist der Imino-äthylalkohol nicht flüchtig; durch Erhitzen mit 70-prozentiger Schwefelsäure anhydrisiert er sich zum Morpholin: HN

C . S H + 2 H 2 0 + HCl = ¿H2-N^ Das ( S , ( 9 ' - D i a m i n o - d i ä t h y l s u l f i d (sog. T h i o ä t h y l a m i n ) 4 S(CH 2 .CH 2 . NH,), läßt sich durch Spalten von Diphtbalimino-diäthylsulfid mit Salzsäure, ferner durch Anlagerung von Schwefel Wasserstoff an Äthylenimin (vgl. S. 252) gewinnen. Die stark alkalisch reagierende, mit Wasser mischbare Flüssigkeit siedet bei 231° bis 233°. — j ? , ( S ' - D i a m i n o - d i ä t h y l d i s u l f i d , [NHÜ-CHJ-CHJ-S—J 2 entsteht bei der Spaltung seiner Phthalsäurederivate 6 [C e H 4 (Cj0 2 )N-CH 2 .CH 2 .S—] 2 und [KOOCC a H 4 • CO • NH • CH2 • CH2 • S—]2, bei der Oxydation des |9-Amino-äthylmercaptans mit J o d 8 und beim Destillieren von Cystin 7 . — ¡ 3 , ( i ' - D i a m i n o - d i ä t h y l s u l f o n 8 (NHSCH2 • CHa)2SOs, aus der Diäthylsulfon-diphthalamidsäure (HOOC • C6H4 • CO • NH • CH,. CH 2 ) 2 S0 2 durch Spaltung erhältlich, ist ölig; sein Hydrochlorid C 4 H 12 O s N 2 S.2HCl stellt leicht lösliche, bei 223° schmelzende Nadeln dar. — Methyl-(9-chloräthyl-sulfon CH„ • S0 2 • CHä • CH2 • Ol ergibt beim Eindampfen mit Ammoniak 9 ein Gemisch von M e t h y l - | 9 - a m i n o ä t h y l - s u l f o n ( ^ - M e t h y l s u l f o n - ä t h y l a m i n ) CH 3 -S0 2 -CH 2 CHj-NH, und B i s - f t | 9 ' - m e t h y l s u l f o n - d i ä t h y l a m i n (CHJ.SOJ'CHJ-CHJJJNH. 1

ROTO, A . c h . [8] 1, 160 (1904). GABRIEL, B . 2 2 , 1137 (1889); 2 4 , 1 1 1 0 , 3098 (1891). — COBLENTZ, B . 2 4 , 2132 (1891). — MICHELS, B . 2 5 , 3055 (1892). 2

8 4 5 6 7 S

GABRIEL, LEUPOLD, B . 3 1 , 2837 (1898). GABBIEL, B . 2 4 , 1114, 3100 (1891). — GABRIEL, ESCHENBACH, B . 3 0 , 2497 (1897). GABRIEL, COBLENTZ, B . 2 4 , 1 1 2 3 (1891). — COBLENTZ, B . 2 4 , 2 1 3 2 (1891). GABRIEL, LEUPOLD, B . 3 1 , 2 8 3 7 (1898). NEÜBERÖ, ASCHER, C . 1 9 0 7 , I I , 1156. 9 GABRIEL, B . 2 4 , 3 1 0 3 (1891). WALTER, B . 2 7 , 3047 (1894).

Taurin.

281

Mit Hilfe der Phthalimidkalium-Reaktion sind auch S c h w e f e l d e r i v a t e d e s P r o p y l a m i n s 1 dargestellt worden.

Eine physiologisch wichtige Substanz ist die ß-Amino-äthan-as u l f o n s ä u r e CH 2 (NH 2 ).CH 2 -S0 3 H; sie stellt das von T I E D E M A N N U. 2 G M E L I N entdeckte T a u r i n (vgl. S. 252) dar, das in Verbindung mit Cholalsäure als Taurocholsäure 3 (C 2 4 H 3 9 0 4 )NH-CH 2 -CH 2 -S0 3 H einen Hauptbestandteil der Ochsengalle bildet, daher zuerst „Gallen-Asparagin" genannt wurde. Aus der Taurocholsäure 4 gewinnt man es durch Spaltung mit Salzsäure. Taurin findet sich auch im Fleischextrakt 5 und in gewissen Organen bei niederen Tieren 6 . Als Vorstufe für die Bildung des Taurins im Organismus dürfte das Cystin [HOOC-CH(NH 2 )CH 2 -S—] 2 — ein schwefelhaltiges Eiweißspaltungsprodukt (vgl. Kap. 31) — anzusehen sein 7 . Die Konstitution des Taurins klärte K O L B E auf, indem er es aus Isäthionsäure CH 2 (0H) • CH2 • S0 3 H (vgl. S. 114) synthetisch darstellte: diese Säure wurde durch Phosphorpentachlorid in das Chlorid CH 2 C1-CH 2 -S0 2 -C1 der ß - Chloräthyl - sulfonsäure übergeführt, letztere Säure CH2C1-CH2 -S0 2 - OH lieferte dann beim Erhitzen mit Ammoniak das Taurin. Eine zweite Synthese führte G A B R I E L aus, der Taurin durch Anlagerung von schwefliger Säure an das Athylenimin 8 , sowie durch QJJ

Oxydation des /i-Mercapto-thiazolins

g^C-SH

mit

Bromwasser 9

erhielt (vgl. S. 252). Das Taurin krystallisiert in großen, farblosen, tetragonalen Säulen oder monoklinen Prismen, die oberhalb 240° unter Zersetzung schmelzen. Es ist in Alkohol sehr wenig löslich, löst sich aber in 15-5 Tin. Wasser von 12°. Taurin reagiert neutral und ist daher wohl als „inneres Ammoniumsalz" aufzufassen, in dessen Molekül der basische und saure Rest sich gegenseitig neutralisieren: CHS-NH,.

¿Hj—SO,^

'

1 M. LEHMANN, B . 2 7 , 2174 (1894). — GABRIEL, LEUPOLD, B . 3 1 , 2 8 3 8 (1898). * TIEDEMANN, GMELIN, P o g g . 9 , 327 (1827). — DEMABIJAY, A . 2 7 , 286 (1838). — PEIOÜZE, DUMAS, A . 2 7 , 2 9 2 (1838). — REDTENBACHEB, A . 5 7 , 170 ( 1 8 4 6 ) ; 6 5 , 37 (1848). — STRECKER, A . 9 1 , 97 (1854). — KOLBE, A . 1 2 2 , 3 3 (1862). — ENGEL, B . 8 , 8 3 0 (1875). — SALKOWSKY, B . 7 , 117 (1874). — LANG, B . 9 , 8 5 3 (1876). — BRIEOER, H . 7 , 35 (1882). — PELLIZZARI, MATTEÜCCI, A . 2 4 8 , 152 (1888). — H . SCHIFF, A . 3 1 9 , 6 4 (1901). — PAAL, ZITELMANN, B. 3 6 , 3 3 4 3 (1903). — NEUBERG, C. 1 9 0 4 , I I , 1436.

8 Darstellung aus Galle: HAMMARSTEN, H . 4 3 , 127 (1904). — BANG, B. P h . P . 7, 148 (1906). 4 Die Rückbildung dieser Säure ist aus Taurin und Cholalsäureazid C 23 H 39 O s • CO N, gelungen [BONDI, E. MÜLLER, H. 47, 499 (1906)]. Vgl. auch TAUBER, B . P h . P . 4, 329 (1904). 6

MICKO, C . 1 9 0 8 , I , 1944.

8

KELLT, B . P h . P . 5 , 377 (1904). — MENDEL, B . P h . P . 5 , 5 8 2 (1904).

H . 5 6 , 207, 209 (1908).

' v. BERGMANN, B . P h . P . 4 , 192 (1904). — WOHLGEMUTH, H . 4 0 , 81 (1904); 4 3 ,

469 (1905). — Vgl. auch FRIEDMANN, B. Ph. P. 3, 38 (1903). 8 9 B. 21, 2667 (1888). B. 22, 1153 (1889).

282

Aminomethan-disulfonsäure.

So erklärt es sich auch, daß trotz der Gegenwart der Aminogruppe das Tauriii nicht die Fähigkeit besitzt, mit Säuren zu Salzen zusammenzutreten ; auch läßt es sich weder verestern, noch am Stickstoff acylieren. Dagegen vermag es, als schwache Säure zu fungieren und mit Metalloxyden Salze zu bilden. Durch salpetrige Säure wird Taurin in Isäthionsäure übergeführt. CHa—NH A n h y d r o - t a u r i n 1 (Athansulfonimid) i i entsteht bei der EinwirCHj—S09 kung von Ammoniak auf Äthan-1.2-disulfonchlorid; die in Wasser ziemlich leicht, in Alkohol und Äther unlöslichen Nadeln schmelzen bei 88°. Andere dem Taurin ähnliche Verbindungen sind synthetisch gewonnen worden: AT-Alkylierte Taurine aus 2-Chlor-äthansulfonsäure und dem betreffenden Monooder Dialkylamin9, sowie durch Oxydation von iV-Alkyl-äthylen-joseWo-thiohamstoffen3 (Verbindungen der heterocyclischen „Thiazol"-Gruppe, vgl. S. 260): CH,—S | >C:NH CH,—N(CHS)

-v

CH 2 -SO,H | CH,—NH(CHS)

C-alkylierte Taurine1 aus geeigneten C-Alkyl-thiazol-Derivaten: CH a »CH—S. CHj—N^ '

s

CH,CH-S03H CH,-NH, '

"

Aminosulfonsäuren mit a, /-Stellung von NH, zu SOsH aus Penthiazolderivaten5: ch

ch «cc«h« »CH 2 .CO. — erhalten hat. B e i Gegenwart von Alkali (am besten Natriumäthylat) addieren solche Carbonylverbindungen vier Moleküle Stickoxyd zu P r o dukten, die von W a s s e r in Fettsäuren und die Natrium salze der „Alkylidendiisonitramine" gespalten werden, z. B . : CH, • CO • CH, + 4 NO + 2C s H 5 -ONa = CHj-CO-CHtN.OjNa), + 2C 4 H 5 -OH, Aceton CH3 • CO • CH(N202Na), + H , 0 = CH,.COOH + CH2(N2OäNa)2. Essigsäure Methylendiisonitramin Die Gruppe * N 2 0 2 H , welche in den Wasserstoffverbindungen zweimal an ein gebunden vorkommt, besitzt stark saure NO scheinlich konstituiert (vgl. dazu

diesen Salzen entsprechenden und dasselbe Kohlenstoffatom Eigenschaften und ist wahrTl. I , S. 3 6 9 — 3 7 0 und „Iso-

nitraminfettsäuren" in K a p . 31). Mineralsäuren zersetzen die Alkylidendiisonitrosamine unter Entwicklung von Stickstoffoxyden, neben welchen 1

FORSTER, FIERZ, JOSHÜA, SOC. 9 3 , 1 0 7 1 ( 1 9 0 8 ) . — V g l . a u c h PHILIP, SOC. 9 3 ,

918 (1908). 1 Vgl. TAFEL, PFEFFERMANN, B . 3 5 , 1 5 1 8 ( 1 9 0 2 ) . — Über den O - Ä t h y l e n ä t h e r des H y d r o x y l a m i n s NH, 0-CH 5 -CH 2 -0-NH 2 s. WERNER, GEJJESEUS, B. 2 9 , 1 1 6 1 ( 1 8 9 6 ) . — Vgl. auch LUXMOORE, SOC. 6 7 , 1 0 1 8 (1895). 8

B . 2 7 , 1507, 3 2 9 1 (1894).

A . 3 0 0 , 8 7 , 9 5 , 1 1 0 (1898).

Alkyliden-diisonitramine

und Nitro-alkylisonitramine.

285

Aldehyde und Hydi oxylamin — wohl als Spaltungsprodukte der zunächst gebildeten ^ew.-Dihydroxylamine R-CH(NH-OH)2 — auftreten. Die einfachste Verbindung dieser Art, das M e t h y l e n - d i i s o n i t r a m i n CH2(Na02H)2 wird aus Aceton und Stickoxyd bei Gegenwart von Natriumäthylat erhalten; es entsteht in dieser Reaktion zunächst ein gelbliches, in trocknem Zustande explosives Pulver, das von Wasser in Essigsäure und das Dinatriumsalz des Methylendiisonitramins gespalten wird (vgl. oben die Gleichungen). Das aus wäßriger Lösung durch Alkohol fällbare Salz 1 scheidet sich aus verdunstendem Wasser in rhombischen Krystallen der Zusammensetzung CH 2 0 4 N 4 Na 2 + H 2 0 ab, die beim Erhitzen verpuffen. Durch Zerlegen des in Wasser suspendierten Bleisalzes mit Schwefelwasserstoff gewinnt man eine stark sauer reagierende Lösung des in homogenem Zustande nicht isolierbaren freien Methylendiisonitramins. Das Silbersalz setzt sich mit Alkyljodiden um unter Bildung von zwei isomeren Reihen von Dialkyläthern CH2(N202R)2. Vorwiegend entstehen hierbei die farblosen und geruchlosen «-Ester, die von verdünnten Säuren und Alkalien nicht angegriffen werden und bei der Reduktion mit Natriumamalgam (neben Formaldehyd und etwas Ammoniak) Hydrazin, aber keine Alkylhydrazine R-NH-NH 2 liefern; die Alkylgruppen dieser Ester müssen demnach an Sauerstoff gebunden sein. Die isomeren ß-Ester sind gelb gefärbt, riechen eigentümlich und werden von Alkalien sogleich unter stürmischer Gasentwicklung zersetzt; gegen Säuren sind sie etwas beständiger. Methylendiisonitramin entsteht auch bei der Einwirkung von Stickoxyd auf Acetophenon CH3«CO-C6H5 (unter Abspaltung von Benzoesäure CaH5>COOH) und Methyl-isopropyl-keton CH, • CO • CH(CH,)„ bei welchem also die Methyl- und nicht die Methenylgruppe in Reaktion tritt, sowie aus Mesityloxyd CH3 • CO • CH: C(CH3)J. Homologe des Methylendiisonitramins, z. B. das Ä t h y l i d e n - CH,-CH(NJ02H)J und P r o p y l i d e n - d i i s o n i t r a m i n C2H5'CH(NS02H)2 wurden aus Diäthyl- und Dipropylketon gewonnen, bilden sich aber auch aus solchen Ketonen, die, wie das Methyl-äthylketon CH,-CO*CH2-CH, in Nachbarstellung zum Carbonyl eine Methylengruppe aufweisen (vgl. Tl. I, S. 721).

In analoger Reaktion, wie „Diisonitramine" aus Carbonylverbindungen, entstehen gem.-Nitro-nitrosohydroxylamino-paraffine — „Nitro-alkylisonitramine" — in Form ihrer Natriumsalze aus Nitroparaffinen bei der Einwirkung von Stickoxyd in Gegenwart von Natriumäthyl at 2 : CH„-CH2-NOJ + 2 NO =

Nitro-äthan

CH, • CH(X02)(N,02H).

Nitro-äthylisonitrainin

Diese Verbindungen sind zweibasische Säuren. Ihre Salze krystallisieren 1

Die Angabe von MAC DONALD und M*ASSON [Soc. 65, 944 (1894)], daß dieses Salz auch bei der Einwirkung von Stickoxyd auf Natriumäthylat allein entstehen soll, ist nach W. TRADBE [B. 27, 3291 (1894); 28, 1788 Anm. 2 •

CHeX

HO• CH2-^C• NH• OH ; HO-CH/

•> (HO-CH^C-NH-OH.

Sie zeigen bei der Oxydation mit Quecksilberoxyd ein eigentümliches Verhalten: unter Abspaltung einer Methylolgruppe entsteht ein Ketoxim, z. B. aus (HO-CH a ) 3 ONH-OH das Oxim des Dioxy-acetons (HO-CH 2 ) 2 C: N-OH. Dagegen können ihre Essigsäureester ohne Absprengung vt>n Kohlenstoff durch Chromsäure-Gemisch zu den entsprechenden (7-Nitrosoverbindungen oxydiert werden (vgl. S. 228).

feri.-Isobutgly ceryl-|5-hy droxy l a m i n [2-Hydroxylamino-2-methylol-propcmdiol-{l. 3)] (HO-CH^C-NH-OH bildet Prismen vom Schmp. 140°, ist in Wasser sehr leicht, in absolutem Alkohol ziemlich schwer löslich, in Äther fast unlöslich; es bläut rotes Lackmuspapier, schmeckt schwach süßlich und reduziert FEHLING sehe Lösung schon in der Kälte. Unter den Salzen ist das Oxalat (C4Hn04N)2, C 2 H 2 0 4 (in Wasser leicht, in Alkohol ziemlich schwer lösliche Blättchen, die gegen 141° unter lebhafter Zersetzung schmelzen) charakteristisch. — Durch salpetrige Säure entsteht die .ZV-Nitrosoverbiridung (HO-CH2)3C• N(NO)• OH (Tafeln, die in Wasser sehr leicht löslich sind und gegen 147° unter lebhafter Zersetzung schmelzen). Diese reagiert und schmeckt sauer und zersetzt Carbonate, wie auch Acetate; ihr B l e i s a l z (C4H906N2)2Pb bildet weiße, leicht wasserlösliche Nadeln, die sich gegen 195° lebhaft zersetzen.

X. Mehrwertige metallorganische Verbindungen. Als zweiwertige metallorganische Verbindungen können manche Metallderivate des Acetylens — z. B. C2Na2 und C2Cu2 — angesehen werden. Auf diese Körper, die im Anschluß an das Acetylen schon Tl. I, S. 861 ff. geschildert worden sind, sei hier nur hingewiesen.

Zweiwertige Magnesiumrerbindangen.

Wie schon S. 36 mit-

geteilt wurde, tritt bei der Reaktion von Äthylenbromid auf Magnesium in ätherischer Lösung, sofern nicht unter völliger Halogenabspaltung Äthylen entsteht, der Hauptsache nach nur ein Bromatom in Wirkung, indem sich die Äther-Oxonium Verbindung des B r o m ä t h y l - m a g n e s i u m b r o m i d s Br • CH2 • CH2 • MgBr bildet. Aus dem Trimethylenbromid ent1

B. 30, 1656, 2057 (1897); 31, 221 (1898).

Zweiwertige

287

Magnesiumverbindungen.

steht vorwiegend Trimethylen (und Propylen), daneben aber in kleiner Menge nach der Gleichung Br> CH2 • CH2 • CH, • Br ,, CHj.CHs-CH3.MgBr 6 + 3 Mg ö= MgBr» 6 + 8 • Br • CH2 • CH2 • CH2 • Br CH2 • CH2 • CH2 • MgBr unter „Kohlenstoff-Synthese" ein zweiwertiges 1.6-Dimagnesiumderivat des Hexans 1 , wie sich daraus ergibt, daß durch Einwirkung von Kohlendioxyd auf das Produkt die Korksäure (H03C • [CH2]8 • C0 2 H = Hexan-1.6-dicarbonsäure) erhalten wird1. Dagegen reagiert ein disj. - Dihalogenparaffin mit größerer Entfernung der Halogenatome — das 1.5-Dibrompentan — normal unter Bildung des Dimagnesiumderivats von gleicher Kohlenstoffzahl2: des in Äther wenig löslichen, sich ölig abscheidenden Pen tarne thylen-fo'smagnesiumbromids Br-Mg-[CH3]5-Mg-Br, welches durch mehrere Umsetzungen als solches charakterisiert ist. So liefert das bei der Einwirkung von trocknem Kohlendioxyd entstehende Produkt bei der Zersetzung mit Eis vorwiegend Cyclohexanon, neben Pimelinsäure: a
Cl), ist ein körnig-krystallinischer, in Wasser, Alkohol und Äther wenig löslicher Niederschlag, der sich undeutlich bei ca. 190° verflüssigt. Das analoge B r o m i d ist ein Krystallpulver von ähnlichen Eigenschaften, das J o d i d fällt aus seiner alkalischen Lösung in Füttern vom Schmp. 161° aus. Auch diese Salze werden von Mineralsäuren oder Kaliumcyanid unter Entwicklung von Äthylen zersetzt. Beim Kochen mit Jod-Jodkalium-Lösung verwandelt sich der Bisjodmercuri-diäthyläther in den 2.2'-Dijod-diäthyläther (S. 208). Behandelt man das Bromid mit alkalischer Stannitlösung, so fällt die blauschwarze Mercuroverbindung 0(CjH 4 )jHg, aus, die sich beim Erhitzen mit Benzol oder Äther auf 140° unter Abspaltung von metallischem Quecksilber in das Q u e c k s i l b e r - d i ä t h y l e n - o x y d 5 f i u OH ^^CH^—ChP^®® v e r w a n d e l t - Diese cyclische Verbindung bildet eigentümlich riechende Nadeln, schmilzt bei 145° und ist in warmem Alkohol leicht löslich, in Äther wenig löslich, in Wasser, Alkalien oder verdünnten Mineralsäuren unlöslich;

* Vgl. dazu SAND, A. 329, 149 (1903). ! SAND, K. A. HOFMANN, B. 33, 1353 (1900). — SAN», GENSSLEB, B. 36, 3705 (1903). 3 SAND, SINGER, B. 35, 3186 (1902). « K. A. HOFMANN, SAND, B. 33, 1340, 1350, 2693 (1900). — SAND, B. 34, 1385, 1391, 2906, 2910 (1901). A. 329, 154 (1903). 8

SAND, B. 3 4 , 2910, 2913 (1901).

Gesättigte

291

Diearbonsäuren.

Atzkali, Kaliumjodid und Kaliumcyanid wirken selbst bei langem Kochen nicht ein; rauchende Salzsäure löst unter Entwicklung von Äthylen. Die Mercurierung des A l l y l a l k o h o l s in alkalischer Lösung fährt, wie schon Tl. I, S. 908 mitgeteilt wurde, zu / - M e r c u r i d e r i v a t e n des a, /3-Propyleng l y k o l s X• Hg• CH2• CH(OH)• CH2• OH und M e r c u r i - d i p r o p y l e n o x y d - V e r b i n dungen X . H g - C H J - C H < ^ ~ ^ > C H . C H i . H g X . Beim Mercurieren 1 von 2. 6-Dimethyl-hepten-(2)-ol-(6) (CE^C: CHCHi-CHj-CtCHj^OH) und Behandeln der alkalischen Lösung mit Kaliumjodid erhält man zwei isomere3, in Alkali schwerlösliche Jodide

r H om C H . C H i . H g X . Beim Mercurieren 1 von 2. 6-Dimethyl-hepten-(2)-ol-(6) (CE^C: CHCHi-CHj-CtCHj^OH) und Behandeln der alkalischen Lösung mit Kaliumjodid erhält man zwei isomere3, in Alkali schwerlösliche Jodide

r H om oo

o +

••

|

C 2 H 5 0 • OC • ¿ H — C O „ h

n

°

c

/CH2—CO \CHs-CO

;

1,2-Diketo-pentamethylen dagegen war es nicht möglich, mittels Adipinsäureesters6 C 2 H 5 0 • C O • [CH 2 ] 4 - C O • OC 2 H 5 die entsprechenden Sechsring- oder mit Bernsteinsäureester7 die analogen Vierring-

8

SIMON, CHAVANNE, C. r. 143, 51, 904 (1906). WISLICENUS, J. pr. [2] 5 4 , 63 (1896).

8

B. 19, 3225 (1886); 20, 589 (1887).

1

A . 246, 306 (1888). — Ü b e r die Aus-

dehnung dieser Reaktion auf Homologe des Essigesters vgl.: ARNOLD, A . 246, 329 (1888). — FICHTER, WILLMANN, B . 37, 2384 (1904). — FICHTEK, A . 361, 363 (1908). * CLAISEN, STYLOS, B. 20, 2188 (1887); 21, 1141 (1888). — CIAISEN, B . 24, 111 (1891). — CLAISEN, EWAN, A . 2 8 4 , 245 (1895). — Vgl. auch: DIELS, SIELISCH, MÜLLER, B. 39, 1328 (1906). 5

B . 27, 965 (1894); 30, 1470 (1897); 32, 1930 (1899); 35, 3201 (1902).

27 (1901). 4 W . WISLICENUS, SCHWANHÄUSSER, A . 2 9 7 , 98 (1S97). ' W . WISLICENUS, NASSAUER, A . 2 8 5 , 10 (1895),

A . 317,

Estersäurem der

321

Oxalsäure.

Abkömmlinge darzustellen. Ebensowenig war aus Atliyleueyauid (Bernsteinsäurenitril) NC-CH 2 'CH 2 'CN und Oxalester ein Tetrametbylenderivat zu erhalten; die Kondensation mit Oxalester führte lediglich zu dem ß, y-Dicyan-«, NH wird durch Erhitzen von Oxamidsäure mit Phosphorpentachlorid oder Phosphoroxychlorid5, sowie (in Form des Natriumsalzes) aus Oxamidsäureäthylester und Natriumäthylat 6 , erhalten. Sie krystallisiert aus heißem Eisessig in farblosen Prismen, ist in kaltem Wasser sehr wenig löslich, in heißem mehr, leichter in warmem Ammoniakwasser, reagiert neutral, wird durch Kochen mit Wasser rasch unter Bildung von Oxamid und Oxalsäure zersetzt und liefert mit konzentriertem wäßrigen Ammoniak Oxamid. Das Molekulargewicht dieser Verbindung ist noch nicht bestimmt; es ist aber wahr1

WUKTZ, A. ch. [3] 30, 443 (1850). — HEINTZ, A. 127, 43 (1863). — WALLACH, 1 A. 184, 58 (1877). NEF, A. 280, 301 (1894). » WALLACH, A. 184, 33 (1877); 214 , 257 (1882). — Vgl. auch J A P P , B. 15, 2420 (1882). s * GUABESCHI, B. 26 Ref., 92 (1893). OST, MEUTE, B. 19, 3228 (1886). • DB MOUILPIED, RÜLE, SOC. 91, 176 (1907); 95, 549 (1909). 21*

324

Hydraxinderivate

der

Oxalsäure.

scheinlich, daß in ihr ein Dimeres des Oxalimids CO-NH-CO • „„ • bzw. dessen desmotrope Nebenform CO—NH—CO *

vorliegt, das Tetraoxo-piperazin C(OH)=N—CO i. „„ i . CO—NH—CO

Hydrazinderivate der Oxalsäure. Das M o n o h y d r a z i d , die „ H y d r a z i n o o x a l s ä u r e " 1 HO-OC-CO-NH-NHj, ist als Spaltungsprodukt der Tetrazin-3.6dicarbonsäure (Bd. II) erhalten worden: H0iC.0C.001H „Glyoxyl-hydrazinooxalsäure"

H02C.C - H 2 N-CO.C(f >C.CO-NH, \n=N/ ., MI (+N S ) C0 +

CH

von Metallderivaten

aus

*:§H = £ 3 ; > C — C H < C O ; O H

331

Malonestern.

CH

>9

OH

_CH.co 0 — C O

.OH

Lacton der o-Oxyisopropyl-

zu ungesättigten Dicarbonsäuren: C8H5.CHO + CH^COJH^

malonsäure =

C6H5-CH:C(C02H)S +

H20

oder nnter Kohlensäure-Abspaltung zu ungesättigten Monocarbonsäuren (vgl. Tl. I, S. 931—932, S. 988, Z. 6—3 v. u.) führen. Für die Synthese aber noch wichtiger ist die Tatsache, daß die Beweglichkeit jener zur Methylengruppe gehörigen Wasserstoffatome sich auch in solchen Derivaten der Malonsäure findet, welche durch Umformung der Carboxyle entstehen, besonders in ihren E s t e r n (vgl. ferner S. 341 ff. Malonitril und Cyan-essigsäure). Diese Ester besitzen die Fähigkeit, die Methylen-Wasserstoffatome gegen Alkalimetall-Atome auszutauschen und derart M e t a l l d e r i v a t e zu liefern, die nun bei der Umsetzung mit Alkyl- oder Acylhaloiden unter Abspaltung von Metallhaloid alkylierte bzw. acylierte Malonsäuren entstehen lassen. Das zu solchen Zwecken am häufigsten gebrauchte Ausgangsmaterial ist das Natriumderivat des Malonsäure-diäthylesters, das sich unter energischer Wasserstoff - Entwicklung beim Eintragen des Metalls 1 in den Ester bildet (s. ferner S. 335). Seit CONRAD2 zuerst im Anschluß an die Untersuchungen über die in ganz analogen Verhältnissen begründeten Acetessigester-Synthesen von dieser Eigenschaft des Malonsäureesters umfassenden Gebrauch machte, gehört dieser Ester zu den meistbenutzten Hülfsmitteln bei organischen Arbeiten. Gestützt auf die Tatsache, daß die bei der Umsetzung des Natriummalonesters mit Alkyl- und Acylhaloiden sehr glatt entstehenden alkylierten und acylierten Malonester das Alkyl bzw. Acyl an Kohlenstoff gebunden enthalten, z. B. CH3.CH(CO-OC2H6)2 oder CH3• CH2• CO• CH(CO• OC2H5)2, schloß man früher allgemein, daß auch im Natrium-malonester das Metallatom im Sinne der Formel Na-CH(CO-OC2H5)2 an Kohlenstoff hafte. In neuerer Zeit hat man sich jedoch immer mehr der besonders von MICHAEL3 begründeten Auffassung angeschlossen, daß die Salze des Malonesters ihr Metallatom an Sauerstoff gebunden enthalten, sich mithin von einer desmotropen Nebenform ableiten: /-i,^OCjH5

VN)

p^OCjHs

Y^ONa

UH,

CH

CH

CO.OC2H5

COOC2HS

Malonester 1

/-t^OC s H ä

V^OH

CO-OCSH5

Natrium-Malonester

Darstellung mit Natriumamid: MEUNIER, DESPAKMET, C. r. 1 4 4 , 275 (1907).

BL. [4] 1, 3 4 4 ( 1 9 0 7 ) . 4

Vgl. A . 2 0 4 , 127 (1880).

» J . pr. [2] 8 7 , 4 9 6 ( 1 8 8 8 ) ; 4 6 , ( 1 8 9 4 ) ; 3 0 8 , 2 8 4 (1899).

1 9 4 (1892). — V g l . f e r n e r NEP, A . 2 8 0 ,

264

332

Malonester als

Pseudosäure.

Unsere Anschauungen haben hier also den gleichen Wandel erfahren, wie für die Salze der Nitroparaffine (vgl. Tl. I, S. 412 ff.), und der Malonester erscheint uns als eine „Pseudosäure". Diese Auffassung hat eine interessante Bestätigung auf optischem Wege erhalten; vergleicht man nämlich die Molekularrefraktion des Natrium-malonesters und des freien Malonesters im gleichen Lösungsmittel miteinander, so findet man eine viel größere Differenz, als bei eigentlichen Säuren zwischen der Molekularrefraktion von freier Säure und Natriumsalz 1 . Um die AnDahme einer „Umlagerung" zu vermeiden, haben manche Autoren die Ansicht verteidigt, daß die Bildung der Natrium Verbindung aus dem Ester in einer Anlagerung von Natriumäthylat und darauf folgenden Abspaltung von Alkohol besteht 2 : /OC 2 H 5

/OC„H 6

~\
C:C:C TISCHTSCHENIO, C. 1 9 0 0 , I , 12. — LEDCHS, GESERICK, B. 41, 4172 (1908). * BAEYEB, B. 1 8 , 3457 (1885). 3

Die gleiche Reaktion tritt auch bei der Einwirkung von Zinkdialkylen auf

Malonester e i n ; vgl. LANG, B. 19, 2937 (1886). 5 * MOORE, Soc. 8 5 , 165 (1904). WILLSTÄTTER, B. 3 2 , 1272 (1899). 8 LEÜCHS, GESERICK, B . 4 1 , 4171 (1908). " BISCHOFF, B. 1 6 , 1046 (1883). — BISCHOFF, RÄCH, B. 17, 2781 (1884).

Umsetzungen

des Malonesters

mit anorganischen

Verbindungen.

337

sich der A t h y l e n - t e t r a c a r b o n s ä u r e e s t e r ( C 2 H 5 0 • OC) a C: C(CO • OC 2 H 6 ) 3 (Kap. 27). Der Äthan-tetracarbonsäureester entsteht auch bei der Elektrolyse des Natrium-malönesters \ Über H a l o g e n i e r u n g des Malonesters s. Kap. 28. Unter der Einwirkung von P h o s p h o r p e n t o x y d 2 geht der Malonester — — ebenso wie die Säure selbst und andere Derivate derselben (vgl. S. 330) — in das im Kap. 32 eingehender zu behandelnde Kohlensuboxyd OC: C : CO Uber. Beim Einleiten von S t i c k o x y d * in eine Natriumäthylat enthaltende Malonester-Lösung scheidet sich ein zersetzliches Natriumsalz ab, das wohl als Salz einer Isonitramin-pialonsäure aufzufassen ist, da es beim Verseifen mit wäßriger Natronlauge unter Abspaltung von Kohlendioxyd und Alkohol Isonitramin - essigsäure H O J N J - C H J - C O O H (Kap. 31) liefert. Teilweise aber verändert sich die Isonitraminmalonsäure auch unter Anhydrisierung zur Oxazomalonsäure:

Bei der Reaktion zwischen gekühltem Malonester and S a l p e t r i g s ä u r e - G a s 4 resultiert ein grünes Öl, das hauptsächlich aus Mesoxalsäureester OC(CO*OCsHs)j und Dioxy-malonester (HO)äC(CO • OC 2 H s ),, zum kleineren Teil aus Essigsäure, Oxalsäure und deren Estern, sowie aus Isonitroso-malonester H O - N : C(CO-OC2H6), besteht; letzterer wird zum Ilauptprodukt, wenn man nur kleine Mengen nitroser Gase zuführt oder bei Gegenwart von Natriumäthylat* arbeitet. Durch w a s s e r f r e i e S a l p e t e r s ä u r e wird Malonsäureester sehr glatt zu Nitro-malonsäureester (Kap. 31) nitriert*. D i e größte Bedeutung aber erlangt der Malonester für die organische Synthese durch seine U m s e t z u n g e n m i t o r g a n i s c h e n V e r b i n d u n g e n . Man kann hierbei hauptsächlich drei Gruppen von Reaktionen unterscheiden: a) Umsetzung des Natrium-malonesters mit organischen Halogenverbindungen, wofür das einfachste Beispiel — die Einführung von Alkyl in das Methylen des Malonesters mit Hilfe von Alkylhaloiden — schon S. 3 3 1 — 3 3 3 besprochen worden i s t : N a . C 7 H n 0 4 + CH.J = NaJ + CHa-CHiCO.OCjH,),. b) Kondensation des Malonesters mit Carbonylverbindungen, z. B.: R-CHO + CHjiCO.OCjH,), -

H , 0 + R - O H : ClCO.OCjH,),,

R C H O + 2CH,(CO• OCjH s ), = H 2 0 +

.

1 MÜLLIKEN, A m . 1 5 , 5 2 3 (1893). — WEEMS, A m . 1 8 , 5 7 5 (1894). » DIELS, WOLF, B . 3 9 , 689 (1906). — DIELS, MEYEBHEIM, B . 4 0 , 3 5 5 (1901). » W . TRAUBE, B . 2 8 , 1787 (1895). A . 3 0 0 , 102 (1898). * CURTISS, A m . 3 5 , 477 (1906). 8 CONRAD, BISCHOFF, A . 2 0 9 , 2 1 1 (1881). — STEYRER, SENO, M . 1 7 , 6 3 3 (1896). — BOUVEADLT, WAHL, C. r . 1 3 7 , 196 (1903). 4 FBANCHIMONT, KLOBBIE, R . 8 , 2 8 3 (1889). MEYER-JACOBSOH, org.Ch. Zw. Aufl. I«. 22 ( M ä r z 1910)

338 Umsetzungen von Natrium-malonesler

mit organ. Halogenverbindungen.

c) Anlagerung von Malonester in Form der Bruchstücke H — und —HC(CO»OC2Hs)2 an die Kohlenstoffdoppelbindung ungesättigter Verbindungen, z. B.: C^O-OC-CH C 2 H 5 0 • OC • CH • CH(CO • OC2H6)2 C A O . O C . ß H + C H , ( C 0 " 0 C 2 H 5 ) 2 = CjHJO-OC-CHJ Durch diese Vorgänge werden mehrwertige Carbonsäuren in unabsehbarer Zahl zugänglich, die ihrerseits wieder als Ausgangspunkte für synthetische Prozesse der verschiedensten Art dienen können. Die Reaktionen werden bei der Schilderung der Körperklassen, zu deren Ausbau man sie benutzt, spezieller besprochen. An dieser Stelle kann nur eine flüchtige Übersicht gegeben werden, welche die Weite des Gebietes, in dem sie sich nutzbringend erwiesen haben, erkennen lassen soll. a) Umsetzungen von Natrium-malonsäureester mit organischen Halogenverbindungen. Über die W i r k u n g der e i n w e r t i g e n H a l o g e n v e r b i n d u n g e n 1 vgl. Näheres bei Alkyl-malonestern, S. 347—348. Die M e t h y l e n d i h a l o g e n i d e * können je nach den Reaktionsbedingungen zwei Malonsäurereste durch ein Methylen verketten: CHjJ, + 2Na-C,H u 0 4 = 2NaJ + (C2HiO-OC)1CHCHs.CH(CO.OCiH5)2 oder eine polymere Form des Methylen-malonesters CH 2 :C(C0'0C s H 5 )j (vgl. Kap. 26) entstehen lassen. Die Umsetzung mit vie. und di'sj.-Dihalogen-paraffinen 3 wird in ihrem Verlauf wesentlich durch deren Struktur beeinflußt. Hervorgehoben sei, daß sie unter geeigneten Bedingungen zur Schließung von Kohlenstoffringen führen kann, z. B.: RJU

D-

cS-Br

RJTJ

+ N a

'

C , H , A

C H ;>C(CO.OC 2 H ä ) a .

Das s y m m e t r i s c h e T r i b r o m - p r o p a n 4 liefert mit Malonester bei Gegenwart von Natriumäthylat unter gleichzeitiger Abspaltung von Bromwasserstoff den ß-Biomallyl-malonester CHS : CBr-CH2-CH(CO-OC2H6)2 und den Bis-(9-bromallyl-malonester (CH,: CBr • CH,)2C(CO • OC2H5)a. Die Reaktion zwischen Natrium-malonester und Chloroform 9 ist als Bildungsweise des eingehend untersuchten und vielfach zu Synthesen benutzten Diearboxy1 Zur Umsetzungsgeschwindigkeit der einzelnen Halogenverbindungen (vgl. dazu Tl. I, S. 270, 272, 894—895) siehe: J. WISLICENÜS, A. 2 1 2 , 239, 219 (1882). — Vgl. auch: CONRAD, BRÖCKNEB, Ph. Ch. 7 , 283 (1891). — BISCHOFF, B . 2 8 , 2616 (1895). — HEYL, V. METER, B . 28T, 2792 (1895). ' GUTHZEIT, DRESSEL, B. 21, 2234 (1888). A. 256, 171 (1890). — ZELINSKY, B. 22, 3295 (1889). — PEBKIN, PRENTICE, SOC. 59, 991 (1891). — TOTIN, SOC. 91, 1141, 1143 (1907). C. 1908, I, 1161. 3 Vgl.: PERKIN jun., B . 17, 54 (1884). Soc. 47, 807 (1885); 51, 2 (1887). — FITTIO, RÖDER, A. 227, 13 (1885). — STOHMANN, KLEBER, J. pr. [2] 45, 478 (1892). — BISCHOFF, B . 28, 2824 (1895). — IPATIEW, C. 1898, II, 660; 1899, II, 25; 1902, II, 106. J. pr. [2] 59, 542 (1899). — KISHNER, C. 1905, II, 761. * PEREIN, SIMONSEN, Soc. 9 1 , 816, 840 (1907). 4 CONRAD, GUTHZEIT, B. 15 , 2841 (1S82). A. 222, 249 (1884). — COOTELLE, J. pr. [2] 73, 49 (1906).

Kondensation

des Malonesters mit

Garbonylverbindungen.

339

glutaconsäureesters (C 2 H 5 0-0C)jCH C H : C(CO OC 2 H 5 ) 2 (vgl. Kap. 27) von Wichtigkeit. Derselbe Propen-tetracarbonsäureester wird — in einer ebenfalls nicht einheitlich verlaufenden Reaktion — auch bei Anwendung von T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f 1 erhalten. In ähnlicher Weise wie die Alkyle können auch carboxylierte Alkylgruppen in den Malonester eingeführt werden, wenn man an Stelle der Alkylhaloide h a l o g e n i e r t e F e t t s ä u r e e s t e r mit dem Malonester bei Gegenwart von Natriumäthylat umsetzt; so liefert z . B . der Chlor-essigester2 C1CH 2 -C0-0C. 2 H 5 mit Natrium-malonsäurediäthylester ein Gemisch von Äthan -1.2.2 - tricarbonsäureester C , H 5 0 - 0 C - C H 2 CH(CO.OC,H 6 )j mit dem Propan-1.2.2.3-tetracarbonsäureester C 2 H 5 O - 0 C C H 2 C(CO • OC 2 H 5 ), • CHJ • CO • OC,H S . Acylierte Malonester lassen sich durch Umsetzung des Esters bzw. seiner Natriumverbindung mit A c y l c h l o r i d e n gewinnen, z. B. aus A c e t y l c h l o r i d 3 der Acetomalonester CH s -CO'CH(CO-OC 2 H 5 ) 2 . C h l o r - a c e t y l c h l o r i d * C l . C H s - C O - C l liefert C(ONa)=C • CO • OC,H, s das Natriumsalz des cyclischen Tetron-a-carbonsäureesters i i ' CHj-O—CO Die C h l o r i d e d e r z w e i b a s i s c h e n a l i p h a t i s c h e n S ä u r e n 9 verwandeln den Natrium-malonester in Diketo-tetracarbonsäureester der allgemeinen Formel (C 2 H 5 0 • OC) 2 CH • CO • [CHj] x • CO • CH(CO • OC 2 H 5 ) 2 ; beim Bernsteinsäurechlorid aber bildet sich neben dem Succinyl-Äis-malonester auch der ein fünfgliedriges Ring, , „ . , , CHS—CO\„/COOC2H5 system enthaltende Succinyl-wowo-malonester i m / K . CH 2 —CO CO • 0 U2II5 b) Kondensation des Malonesters mit Carbonylverbindungen. Die Kondensation des Malonesters mit A l d e h y d e n , die man gewöhnlich durch Zufügen von Ammoniak oder Aminen erleichtert (vgl. S. 330), führt bei Anwendung von aliphatischen Aldehyden in der Regel zu Alkyliden-6is-malonestern CHCOO.OC H 1. Alk • C H < q j j ^ q q q q 2 während aromatische Aldehyde Aralkyliden-TOowo-malonester Ar»CH:C(CO>OC 2 H 5 ), zu liefern pflegen 6 . In ihrem Verlauf von den Versuchsbedingungen besonders abhängig ist die Reaktion zwischen Malonester und Formaldehyd, die zum polymeren Methylen-wowo-malonester (Kap. 26) oder zum MethylenAiVmalonestei - ' (Kap. 27) führen kann; durch Kondensation von 2 Mol. Formaldehyd mit 3 Mol. Malonester 8 in wäßriger, mit Diäthylamin versetzter Lösung gewinnt man den Pentan -1.1.3.3.5.5 - hexacarbonsäurehexaäthylester (G>H 5 0 • OC) 2 CH • CH 2 • C(CO • OC s H 5 )j • C H , • CH(CO • OC,H ä ) 2 . 1 ZELINSKY, DOROSCHEWSKY, B. 27, 3374 (1894). — BISCHOFF, B. 28, 2829 (1895). — DIMROTH, B. 35, 2881 (1902). — DIMROTH, FEUCHTER, B. 30, 2239 Anm. 5 (1903). ! BISCHOFF, B. 29, 968 (1896). — Vgl. auch: BISCHOFF, B. 29, 972, 982 (1896). — BISCHOFF, WAIDEN, B. 27, 1491 (1894). — GUTHZEIT, ENGELMANN, J. pr. [2] 06, 104 (1902). 3 LANG, B. 2 0 , 1325 (1887). — MICHAEL, Am. 10, 158 (1888); 14, 495 (1892). J. pr. [2] 37, 475 (1888). — Einwirkung von E s s i g s ä u r e a n h y d r i d s. DIECKMANN, STEIN, B. 37, 3378 (1904). 5 SCHEIBER, B. 4 2 , 1318 (1909). * BENABY, B. 40, 1079 (1907). 6 KNÖVENAOEL, B. 31, 2585 (1898). — Eine Ausnahme macht z. B. der Zimtaldehyd, der den Cinnamyliden-Z>w-inalonester C 6 H 5 • C H : C H • CH[CH(CO • OC 2 H 5 ) 2 ] 2 ergibt [KNÖVENAOEL, HERZ, B. 37, 4483 (1905)]. Kondensation mit Hilfe von Essigsäureanhydrid: KOMNENOS, A . 218, 156 (1883). — KÖTZ, J. pr. [2] 75, 477 (1905). 7 Dieser Ester entsteht auch bei der Umsetzung von C h l o r - d i m e t h y l ä t h e r mit Natrium-malonester [KLEBER, A . 246, 106 (1888)]. 8 BOTTOMLEY, PERKIN, Soc. 77, 294 (1900).

340

Anlagerung von Malonesier an ungesättigte Verbindungen.

Die Kondensation mit Aceton 1 ergibt beim Erhitzen mit Essigsäureanhydrid und etwas Zinkchlorid den Isopropyliden-malonester (Kap. 26) in geringer Ausbeute. Im Anschluß hieran sei der interessanten Kondensation gedacht, die beim Kochen von Malonester mit Orthoameisensäureester 8 , Essigsäureanhydrid und Zinkchlorid eintritt; es entsteht der Äthoxymethylen-malonester C2H50• CH:C(CO• OC4H6)J. c) Anlagerung von Malonester an ungesättigte Verbindungen. MICHAEL8 machte 1887 die Beobachtung, daß sich der Malonester — als Natriumverbindung angewandt — an die Doppelbindung von a, ^-ungesättigten Säureestern sehr leicht zu addieren vermag (vgl. als Beispiel die Gleichung auf S. 338 sub c). Diese vichtige Reaktion ist dann vielfach benutzt4 und auf a, ungesättigte Ketone5 Übertragen worden. So wird z. B. Mesitylozyd (Tl. I, S. 1019) nach folgendem Schema addiert: (CH^C: CH-CO-CH» + = C2H50 • OC • CH, • CO • OC,Hj

(CH^C-CHj.CO.CH, I ; C,HsO • OC • CH • CO • OC,H6

hieran schließt sich dann eine intramolekulare Alkohol-Abspaltung, die zu einem cyclischen Produkt führt: (CHt\C.Cüt.CO-CH3 = c H Q (CHjläC-CH, • CO 4 5 CjHjO• OC• CH• CO'0CaHs ' CaH6O.CO.CH.CO.CH2' Dimethyl-dibydroresorcylsäureester Der Malonesterrest — CHfCO-OCjHjj lagert sich bei diesen Reaktionen als das „negativere" Bruchstück des addierten Moleküls stets an das ^-Kohlenstofiatom an, welches von den beiden an der Doppelbindung beteiligten Kohlenstoffatomen (a und ß) das „positivere" ist, da es weniger von der stark negativen CO-Gruppe beeinflußt wird 9 (Beispiel für MICHAELS „positiv-negativen Satz"). Bei aliphatischen Verbindungen, welche die Doppelbindung in ß, y- oder j, äStellung zur CO-Gruppe enthalten, tritt die Addition nicht ein 7 ; ebensowenig vereinigt sich Natrium-malonester mit Äthylenderivaten ohne Carbonyl*. 1 MEYENBEBG, B. 28, 785 (1895). — Kondensation in Gegenwart von Natriumäthylat: STOBBE, B. 34, 1955 (1901). » CLAISEN, HAASE, A. 297, 75 (1897). 8 J. pr. [2] 85, 349 (1887). — Zur Theorie des Vorgangs vgl.: NEF, A. 208, 261 (1897). — STAUDINQEB, C. 1003, II, 943. — Über Addition des f r e i e n Malonesters vgl. KOMNENOS, A. 218, 160 (1883). — CIAISEN, J. pr. [2] 35, 413 (1887). — Über Addition durch Vermittlung von Aminen vgl.: KNÖVENAQEL, B. 37,4463 (1904). — KNÖVENAGEL, MOTTEK, B. 37, 4465 (1904). 4 Vgl. z. B.: AUWERS, B. 24, 308 (1891). — AUWERS, KÖBNER, V. MEYENBURG, B. 24, 2887 (1891). — MICHAEL, SCHULTHESS, J. pr. [2] 45, 55 (1892). B. 33 , 3749, 3761 (1900). — STOBBE, A. 315, 221 (1901). Sie tritt auch bei den Amiden der J"'^-Säuren ein; vgl. VORLÄNDER, A. 320, 73 (1902). 5 VORLÄNDER, A. 204, 273 (1897); 304, 1 (1S99); 345, 158 (1906). B. 32, 245 (1899). — Über die Reaktion mit ungesättigten Aldehyden vgl. MEERWEIN, A. 360, 323 (1908). 8 Vgl. dazu: MICHAEL, J. pr. [2] 37, 522ff. (1S88); 49, 25 (1894). — AUWEBS, B. 24, 309 (1891). ' Vgl.: MICHAEL, SCHULTHESS, J. pr. [2] 45, 62 (1892). — BOUVEAULT, Bl. [3] 21, 1063 (1899). — VORLÄNDER, STBUNCK, A. 345, 233 (1906). 8 Vgl.: BISCHOFF, B. 21, 2076 (1888J. — VORLÄNDER, C. 1899, I, 729. A. 320, 78 (1902).

Anlagerung

von Malonester

an Alkylenoxyde.

341

Verbindungen, die in Nachbarstellung zum Carbonyl ein System konjugierter Doppelbindungen enthalten, addieren den Malonester ebenfalls in a, ß- und nicht in «, ¿-Stellung 1 (vgl. dazu Tl. I, S. 795—797): • C H : C H C H : C H C : 0 + HCH(CO-OC 2 H 5 ) 2 = -CLI: C H - C H . C H , C : 0 CH(CO • OC 2 H 5 ), Auch der eine d r e i f a c h e B i n d u n g enthaltende Acetylen-dicarbonsäureester 2 addiert Natrium-malonester; nach dem Verseifen des Additionsprodukts mit Barytwasser erhält man die Propylen-1.2.8-tricarbonsäure (Aconitsäure, vgl. Kap. 27): C

-C

H • CH • CO • OCJLI, _ C H = - - R = C —

CO-OC2IR5 CO.OC A H Ä

+

C0-0C2H5 CH V

CH • CO • OC,H 5

~ CO-OC 2 H 5 C 0 - 0 C , H 5 CO.OC S H Ä C



CH,

CO-OH C O ' O H CO-OH '

3

A l k y l e n o x y d e , die sich ja vielfach wie „ungesättigte Verbindungen" verhalten (vgl. S. 76ff.), addieren Natrium-malonester unter Aufsprengung ihres Ringsystems; auch das Epichlorhydrin (S. 199—200) reagiert in dieser Weise und nicht etwa mit seinem Halogenatom. Durch Abspaltung von Alkohol gehen die Additionsprodukte in Lactone über: CHÄ, CH2OH CEI, 0 | > 0 +• C H ^ C O - O Q H J , = I — V- | >C0 ;, CH/ OH2 • CH(CO • OCJH,), CH2-CH—O I " >CO C1 • CH S • CH - CH< CO • OC 2 H 6

An den Malonester schließen sich in bezug auf die Reaktionsfähigkeit der Methylengruppe zwei weitere Derivate der Malonsäure eng an, nämlich das Malonitril NiC-CH3-CiN und der C y a n - e s s i g s ä u r e ä t h y l e s t e r N:C-CH 2 'COOC 2 H 5 , von denen das erste das Nitril der Malonsäure, das zweite den Äthylester ihres Halbnitrils darstellt. In diesen Verbindungen finden wir die Fähigkeit zur Bildung von Metallverbindungen, welche bei der Umsetzung mit Alkylhalogeniden C-Alkylderivate des Malonitrils oder des Cyan-essigesters liefern, wieder, ferner auch die Neigung der Methylengruppe zu Substitutions-, Kondensations- und Additions-Reaktionen. Sie können demnach in ganz analoger Weise wie der Malonester für Synthesen verwendet werden; man hat besonders den Cyan-essigester vielfach in dieser Richtung ausgenutzt. 1

VORLANDES, B. 36, 2339 (1903). — STAÜDINQEH, C. 1903, II, 944. ' MICHAEL, J . pr. [2] 4 9 , 20 (1894). 3 W. TBAÜBE, LEUMANN, B. 32, 720 (1899); 34, 1971 (1901).

Malonitril.

842

A u s diesem Verhalten ergibt sich, d a ß d a s C y a n - ß a d i k a l zu denj e n i g e n A t o m g r u p p e n gehört, welche auf die an benachbarten K o h l e n stoff gebundenen Wasserstoffatome a u f l o c k e r n d wirken (vgl. d a z u Tl. I, S. 4 1 8 — 4 1 9 ) . D i e ersten B e o b a c h t u n g e n , w e l c h e diese „reaktive W i r k u n g " d e s Cyanradikals erkennen ließen, rühren von L. H E N R Y u n d von 1 H A L L E S h e r . B e i d e m Vergleich der Verbindungen, w e l c h e das Methylen unter d e m E i n f l u ß von Cyan oder von anderen „negativen Radikalen" enthalten, h a t s i c h dann gezeigt, daß die Cyangruppe erheblich stärker reaktivierend wirkt als die Carbalkoxyle 2 (vgl. hierzu Cyanoform, Kap. 27). A u c h d a s Malonitril u n d den Gyan-essigester wird m a n i m S i n n e der m o d e r n e n A n s c h a u u n g e n a l s „Pseudosäuren" betrachten (vgl. S. 3 3 1 bis 332). I h r e Metallverbindungen erhalten dann die F o r m e l n 3 : Me'.NrCtCH.CN

bzw.

Me'-N: C: C : C : N - M e l

und Me'-N: C: CH-CO'OC2H5

oder

NC-CH: CiOMe'J-OC^.

Malonitril* CH,(CN) 2 ( M e t h y l e n d i c y a n i d , Propandinitril) — aus Cyan-acetamid N C - C H j ' C O - N H , (S. 346) durch Einwirkung von Phosphorpentoxyd 6 oder (mit einer Ausbeute von 70°/o der Theorie) durch Erwärmen mit dem gleichen Gewicht Phosphorpentachlorid 6 im Vakuum auf 90° gewinnbar — ist eine weiße, schwach acetamidartig riechende, krystallinische Masse. Es schmilzt bei 29°, siedet unter gewöhnlichem Druck bei 219—220°, unter 11 mm Druck bei 99° und löst sich in der Kälte in 2-5 Tin. Alkohol, 5 Tin. Äther oder 7-5 Tin. Wasser. Auch bei Abschluß des Lichtes färbt es sich nach einiger Zeit dunkel. Das Malonitril ist giftig 7 . Mit ammoniakalischer Silbernitrat-Lösuug liefert es einen weißen, beim Erhitzen auf 210° schwach verpuffenden Niederschlag, der ein Gemisch von etwa 25°/ 0 M o n o s i l b e r - mit 75°/0 D i s i l b e r s a l z darstellt, sich rasch gelbbraun färbt und aus seiner Lösung iu Ammoniak durch verdünnte Salpetersäure wieder fällbar ist. Aus einer ätherischen, mit etwas Alkohol versetzten Malonitril-Lösung scheidet Natrium ein Gemisch von N a t r i u m s a l z e n ab. Das Disilbersalz liefert mit Alkyljodiden Dialkyl-malonitrile'(R)(R)C(CN), neben Isonitrilen und amorphen Produkten; die schwerer reagierenden Natriumverbindungen lassen bei der Alkylierung Dialkylmalonitrile und Blausäure entstehen. Läßt man Alkyljodide auf eine alkoholische, mit Natriumäthylat versetzte Lösung von Malonitril einwirken, so geht das entstandene Dialkylderivat durch Anlagerung von Alkohol partiell in den Iminoäther (E) (R)C(CN)> C(: NH) (OR) über. Mit Hydroxylamin 9 reagiert das Malonitril unter Bildung von Cyan-äthenyl1

V g l . : L . HENRY, C . r . 1 0 2 , 1396 (1886).

J . 1 8 8 9 , 639. — HALLE», A . c h . [6]

16, 403, 426 (1889). * Vgl. F. SACHS, B. 33, 961 (1900). » V g l . d a z u : NEF, A . 2 8 7 , 281 (1895). — J . F . THORPE, S o c . 7 7 , 9 2 3 (1900). — HALLES, MOLLEE, A . c h . [8] 1 5 , 2 9 5 (1908). — MICHAEL, A . 3 6 3 , 79 A n m . (1908). 4 BEETHELOT, PETIT, A . c h . [6] 1 8 , 128 (1889). — BRÜHL, PH. C h . 1 6 , 214 (1895). — GUINCHANT, C . r . 1 2 0 , 1220 (1895). * HENEY, C. r . 1 0 2 , 1394 (1886). 6 7 B . C. HESSE, A m . 1 8 , 726 (1896). HEVMAKS, C . 1 8 9 7 , I , 1217. 8 Diese Verbindungen können auch durch Wasser-Abspaltung aus Dialkyl-cyanacetamiden (R)(R)C(CN) • CO • NH a gewonnen werden [ERRERA, 13ERT&, G. 2 6 , II, 9 220 (1896)] SCHMIDTMANN, B. 29, 1168 (1896).

343

Oyan-essig säure.

amidoxim NC-CH ä .C(:N-OH)-NH 2 und Malonendiamidoxim NH,-(HO-N:)C-CHj. C(:N-OH)-NHj. Hydrazin 1 addiert es zum 3.5-Diamino-pyrazol: N=C HA

\C=N

'

>•

N=C NH, HÓ V + áíí2 = V¡=NH

H,N-C==TN HÓV líH NH.

Die eine der beiden Cyangruppen des Malonitrils und seiner Derivate wird leicht abgespalten: So tritt schon beim Zerlegen des Natriumsalzes mit Säuren Geruch nach Blausäure auf; ferner erhält man beim Erhitzen des Malonitrils mit starker Salzsäure auf 1509 Chlor-essigsäure, Kohlendioxyd und Salmiak und bei der Reduktion des Dipropyl-malonitrils 1 mit Natrium und Alkohol Dipropylacetamid (C3H,)2CH-CO-NH2 neben 4-Aminomethyl-heptan (CJHJ^CH.CHJ-NH,. Andererseits kann man durch Behandeln des Natriumsalzes mit Chlor-3 oder besser Bromcyan 4 noch eine dritte Cyangruppe einführen und aus dem Malonitril so das Cyanoform CH(CN)s (Kap. 27) gewinnen. Cyan-essigrsilure5 NC-CH2-COOH ( M a l o n s ä u r e - h a l b n i t r i l , Propan-nitrilsäure). Zu ihrer Bereitung dient die Umsetzung von Chlor-essigsäure6 bzw. Chloressigester7 mit Kaliumcyanid (erste Phase der Malonsäure-Darstellung, vgl. S. 327, 328); aus dem bei Anwendung von Chlor-essigester entstehenden Cyan-essigester (s. u.) kann man die freie Säure 8 dann durch Verseifen mit sehr verdünnter Salpetersäure bei 60° gewinnen9. Sie scheidet sich in gut ausgebildeten, aber hygroskopischen Krystallen ab und schmilzt bei 66*1—66-4° (korr.j; bei etwa 165° tritt Zerfall in Kohlensäure und Acetonitril ein. Mit Zink und Schwefelsäure erfolgt Reduktion zu Essigsäure und Blausäure (bzw. Ammoniak und Ameisensäure)10. Über Kondensation mit Aldehyden vgl. Kap. 26 sub IA. Auf die Wichtigkeit des C y a n e s s i g s ä u r e - ä t h y l e s t e r s 1 1 NC-CfVCO-OCjHs 1 v. ROTHENBURG, B. 2 7 , 690 (1894). — KNORR, B. 3 7 , 3525 (1904). s » ERBERA, G. 2 6 , II, 244 (1896). SCHMIDTMANN, B . 2 9 , 1171 (1896). * HANTZSCH, OSSWALD, B . 3 2 , 643 (1899).

9

Außer den im Folgenden speziell zitierten Abhandlungen vgl. für die Säure

u n d i h r e n E s t e r z. B . : HALLES, C. r. 1 0 8 , 1171 (1888). — CEAMER, B. 2 4 , 1 2 0 7 (1891). — GÜARESCHI, B. 2 5 R e f . , 326 (1892). — MÖLLER, A. ch. [7] 1, 464 (1894). — ERRERA, G . 2 7 , I I , 393 (1897). B. 3 1 , 1241 (1898). — RÜHEMANN, BROWNING, Soc. 7 3 , 280 (1898). — BERTINI, G . 3 1 , I, 586 (1901). — DIMROTH, B. 3 5 , 2881 (1902). — VORLÄNDER, B. 3 6 , 281 (1803). — TRIMBACH, BL. [3] 3 3 , 372 (1905). — KNÖVENAQEL, D . R . P . 156 560 (C. 1 9 0 5 , I , 56). — GLASSMANN, B . 4 1 , 36 (1908). — MICHAEL, COBB, A . 3 6 3 , 78 (1908). 8 FIQÜET, A. c h . [6] 2 9 , 438 (1893). 7 KOLBE, A. 1 3 1 , 348 (1864). — H . MÜLLER, A. 131, 350 (1864). — FINKELSTEIN, A . 1 3 3 , 339 (1865). — MEVES, A . 1 4 3 , 201 (1867). — MOORE, B . 4 , 520 (1871). — \AN'T HOFF, B. 7, 1382, 1571 (1874). J . 1 8 7 6 , 528. 8 L e i t f ä h i g k e i t : OSTWALD, P h . C h . 3 , 178 (1889). — Vgl. f e r n e r BRUNI, Z. El. C h . 9 14, 704, 729 (1908). PHELPS, TILLOTSON j u n . , C. 1 9 0 8 , I I , 1248, 1249. t« WHEELER, Z. 1 8 6 7 , 69. 11

Zur D a r s t e l l u n g vgl. besonders: NOTES, Am. Soc. 26, 1545 (1904), sowie

PHELPS, TILLOTSON j u n . , C. 1 9 0 8 , 1 1 , 1 2 4 8 . — P h y s i k a l i s c h e K o n s t a n t e n : VAN'T HOFF, J . 1 8 7 4 , 561. — HENRY, BL. [2] 4 6 , 62 (1886). C. r. 1 0 2 , 770 (1886). — BRÜHL, P h . C h . 1 6 , 216 (1895). — GUINCHANT, C. r. 1 2 0 , 1220 (1895). — I. TRAUBE, A . 2 9 0 , 106 (1896). — WALDEN, P h . C h . 4 6 , 142 (1903); 5 4 , 168 (1906). — DRUDE, P h . C h . 2 3 , 310 (1897). — LÖWE, W . 6 8 , 398 (1898). — WALKER, MC INTOSH, ARCHIBALD, Soc. 8 5 , 1098 (1904).

344

Cyan-essigesier und

(Sdp.2 207°) für synthetische Reaktionen ist schon S. 341 hingewiesen. Seine N a t r i u m v e r b i n d u n g » Na.N:C:CH-CO-OC s H 5 oder NC-CH:C(0Na).0C 2 H 5 , die man durch Eintragen von Natrium in eine ätherische oder durch Vermischen einer alkoholischen Lösung des Esters mit Natriumalkoholat als krystallinische Masse gewinnt, läßt sich aus Alkohol unzersetzt umkrystallisieren und wird von Wasser leicht mit neutraler Reaktion aufgenommen, indem eine Lösung von cyanessigsaurem Natrium NC-CH,-C0 2 Na entsteht. In diesem eigentümlichen Verhalten gegen Wasser unterscheidet sich der Natrium-cyanessigester wesentlich vom Natriummalonester (vgl. S. 335). Die NatriumverbindungliefertmitAlkylhaloidenAlkyl-cyanessigester. R.CH(CN)CO-OC2H6 und mit Acylchloriden 2 Acyl-cyanessigester, mit Acetylchlorid z.B. den a Cyan-acetessigster CHS • CO • CH(C N) • CO • OC2H6. Die gleiche Verbindung entsteht beim Behandeln von Cyan-essigester mit Acetylchlorid in Gegenwart von Pyridin 3 , während beim Kochen des Esters mit Esaigsäureanhydrid und Natriumacetat 4 gleichzeitig Cyan-acetylaceton CH a -CO-CH(CN)-CO-CH 3 auftritt. Durch Einwirkung von nascierender salpetriger Säure 9 wird der Cyanessigester in Oximino-cyanessigester NC • C( : N • OH) • CO • OC2H5 (vgl. Kap. 39) verwandelt. Mit Aceton 6 kondensiert sich der Cyauessigester in Gegenwart einiger Tropfen Diäthylamin zu Isopropyliden-cyanessigester (CH3)2C : C(CN)(CO-OCaHs) und Isopropyliden-èw-cyanessigester (CH,),C[CH(CN)(CO • OC2H6)]2. Sehr eingehend ist von GUARESCHI und seinen Schülern die Kondensation von Cyanessigester mit Aldehyden (sowie Ketonen) und Ammoniak untersucht worden 7 . Bei Anwendung von Ketonen führt die Reaktion im Sinne der Gleichung: R I.

R'

NC-CHJ^FSO" | + C2H50-C0 NHS

R CHJ-CN | CO OCJH,

=

2CSH5-OH

+

R'

NC-CH-^CÜ—CH-CN I | CO-NH-CO

H2O +

zu ^em-Dialkyl-dicyan-glutarimiden. Bei Anwendung von Aldehyden aber sind die entsprechenden Kondensationsprodukte nicht faßbar, gehen vielmehr alsbald unter Abgabe von Wasserstoff in Alkyl-dicyan-glutaconimide über, die in der desmctropen Form als Dioxypyridin-Derivate erscheinen: R H II.

R

C NC.HCj--^CH-CN_ OOV

Jco

~

C _ NC-HC^NC-CN 5

~

ocl

NH

R ^

/CO

NC-Cj

CX 'c • OH '

HO-dl

NH

N

1

HENRY, C . r . 1 0 4 , 1 6 1 9 (1887). — HALLER, C . r . 1 0 4 , 1 6 2 6 (1887). — J . P . THORPE, S o c . 7 7 , 9 2 3 ( 1 9 0 0 ) . — J . P . THORPE, YOÜNG, S o c . 7 7 , 9 3 6 ( 1 9 0 0 ) . 2

HALLER, C . r . 1 0 4 , 1 6 2 7 ( 1 8 8 7 ) ; 1 0 6 , 1 0 8 3 (1888). — HALLEB, HELD, C . r . 1 0 4 , 1 6 2 7 ( 1 8 8 7 ) . — GDINCHANT, C . r . 1 2 2 , 1 2 1 1 ( 1 8 9 6 ) . B l . [3] 1 5 , 7 6 8 (1896). 3

MICHAEL, ECKSTEIN, B . 3 8 , 5 0 ( 1 9 0 5 ) .

4

DIECKMANN, BREEST, B . 3 7 , 3 3 8 4 (1904).

« MULLER, C . r . 1 1 2 , 1 3 7 2 ( 1 8 9 1 ) . B . 4 2 , 7 3 5 (1909). 7

8

A . c h . [7] 1, 5 0 4 ( 1 8 9 4 ) . — CONRAD, SCHULZE,

KOMPPA, B . 3 3 , 3 5 3 0 ( 1 9 0 0 ) .

GUARESCHI, 1 8 9 7 , I , 9 2 7 , I I 6 6 4 ; 1 8 9 9 , I I , 1 1 8 ;

I I , 6 9 9 ; 1 9 0 3 , I I , 192.

1 9 0 1 , I, 577—582;

1902,

A . 3 2 5 , 2 0 5 (1902). — GRANDE, C . 1 8 9 7 , I , 9 0 3 . — QOENDA,

C . 1 8 9 7 , I , 9 0 3 . — PASQUALI, C . 1 8 9 7 , I , 9 0 3 . — GUARESCHI, GRANDE, C . 1 8 9 8 , 5 4 4 . — PICCININI, C . 1 9 0 3 , I I , 7 1 3 .

II,

seine

Umsetzungen.

345

daneben erfolgt nach der Gleichung: III.

R-CHO + CHKCcO-OCiH,

+ NHa

=

R

' C H : ° < C O • NH,

+ H

»° + °*H5-°H

Bildung von Alkyliden-cyanacetamid, das nun durch den abgespaltenen Wasserstoff (s. Formelreihe II) zu Alkyl-cyanacetamid reduziert wird: R,CH:C

IV.

C H • CHCO«NH, und läßt sich mit Natrium + Alkylhaloiden am Kohlenstoff alkylieren, gehört also ebenfalls zu den „reaktionsfähigen Methylenverbindungen"'. Maionamid* CH^CO-NH,^ (Propandiamid) bildet silberglänzende Nadeln, schmilzt bei 168—170°, löst sich in 12 Tin. Wasser von 8° und ist in absolutem Alkohol und Äther unlöslich. Es färbt sich mit Kupfersalzen und Kali intensiv rot („Biuret-Reaktion"). Obwohl im Maionamid die Methylengruppe nur unter dem Einfluß von zwei schwach sauren Carbonamid-Gruppen steht, sind ihre Wasserstoffatome noch recht leicht austauschbar; so werden sie z. B. bei der Einwirkung von Nitrosylchlorid (besser von Natriumnitrit und Eisessig) gegen HO-N CHC1 • (R)C(CO • OC,H5),. 1 W . WISLICENDS, KIESEWETTEB, B . 2 7 , 796 (1894). — W . WISLICENDS, B . 2 8 , 811 (1895). — Vgl. a u c h : W . WISLICENDS, B . 2 7 , 1091 (1894). — W . WISLICENÜS, MÜNZESHEIMEE, B . 3 1 , 551 (1898). * Vgl. hierzu HJELT, B . 2 7 , 1177 (1894). 8 FKANCHIMONT, R . 4 , 3 9 3 ( 1 8 8 5 ) ; 5 , 2 8 1 (1886). — Oxydation mit Kaliump e r m a n g a n a t : PEKDKIX, Bl. [3] 2 3 , 6 5 6 (1900).

« KÖTZ, ZÖENIQ, J. pr. [2] 74, 430, 443 (1906). — Über die Reaktion mit

M e t h y l e n j o d i d vgl.: BISCHOFF, B . 2 3 , 1 4 6 5 ( 1 8 9 0 ) . — GUTHZEIT, DRESSEI, A . 2 5 0 , 192 (1890). — AUWERS, THOBPE, A , 2 8 5 , 321 (1895). — KÖTZ, ZÖENIQ, J . pr. [2] 7 4 ,

442 (1906).

350

Umsetzungen

von alkylierten

Malonsäureu.

Bei der E l e k t r o l y s e liefern die Monoalkyl-malonester symmetrisch dialkylierte Athan-tetracarbonsäureester 1 : C H , • C H ( C O • OCJHJ),

(CJHSO.OOSCIC^J-ICHALCICO-OCJH^.

6utan-2.2.3.3-tetracarbonsäure-tetraäthylester Quecksilberoxyd * verwandelt den Methyl-malonester in die Verbindung HO* Hg • C(CHa)(CO • OC s H s ) ä , die von Alkalien leicht verseift und in das o-OxymercuriCO Propionsäure -anhydrid C H S • C H < [ J J G ^ > 0 übergeführt wird. Mit B, ungesättigten Säureestern können sich die Alkyl-malonester, wie der Malonester selbst (vgl. S. 340) in Gegenwart von Natriumäthylat vereinigen 3 , z. B.: C 2 H 5 0»0C«CH CjH50'0C'CH

H-. CH,/

v

2

5/8

C,H 5 0-0C-CH, C,H ä 0• OC• CH*C(CH8)(CO• OC2H5)2

Bei den D i a l k y l - m a l o n s ä u r e n bzw. i h r e n E s t e r n sind dagegen alle diejenigen Malonsäure-Reaktionen, welche auf der Reaktionsfähigkeit des Methylens beruhen, nicht mehr möglich, da b e i d e MethylenWasserstoffatome durch Alkyle vertreten sind. Ihre Umsetzungen beschränken sich daher im wesentlichen auf Umformung der Carboxyle. In dieser Beziehung sind manche interessante Unterschiede zwischen monound dialkylierten- Malonsäuren, sowie Malonsäureu mit verschiedenen Alkylen beobachtet worden.. So sind die Dialkyl-malonsäuredialkylester durchgängig schwerer verseifbar 4 , als die Ester der Monalkyl-malonsäuren — ein Umstand, auf den schon S. 343 bei der Trennung der Malonester-Alkylierungsprodukte hingewiesen wurde. Besonders eigentümlich sind die Verhältnisse bei der Bildung von D i a m i d e n 1 CHR(CO-NHj), bzw. CR2(CO-NH,)J durch Einwirkung von Ammoniak auf die Ester. Die Monalkyl-malonsäureester lassen sich im allgemeinen ohne Schwierigkeit nach dieser Reaktion in die Diamide verwandeln; doch macht der Cetyl-malonester, der das große Radikal C l e H„ enthält, eine Ausnahme. Dagegen versagt die Reaktion schon bei mehreren Dialkyl-malonsäureestern mit niederem Alkyl; und zwar üben nicht nur die an C gebundenen Alkyle einen Einfluß aus, sondern auch die im Carboxyl an 0gebundenen. Während Dimethylmalonsäure-diä^/ester (CH3)2C(CO-OC2HS)2 nicht durch Ammoniak in das Diamid verwandelt werden konnte, gelang die Umwandlung mit guter Ausbeute beim Dimethylmalonsäure-dimel%fcster (CH^CfCO • OCH3)2; dagegen erwies sich wiederum der Diättj/imalonsäure-diraeiAyiester (CjH6)jC(CO'OCH3)4 als resistent gegen Ammoniak. — Aus den Chloriden CHR(CO • Cl), und CRJ(CO • Cl)j können durch Behandlung mit Ammoniak die Diamide allgemein bereitet werden. Über Bildung von Monalkyl-malonamiden durch C-Alkylierung des Malonamids a. S. 346. Für die Herstellung von Dialkyl-malonamiden hat man ferner in der Einwirkung » WEEMS, A m . 1 6 , 5 7 8 (1894). SCHÖLLER, SCHBAUTH, B . 4 2 , 777 (1909).

2

s V g l . z. B . : AÜWEBS, KÖBNER, V. MEYENBURG, B . 2 4 , 2890 (1891). — ROHEMANN, CUNNINGTON, SoC. 7 3 , 1009 (1898). 4 HJELT, B . 2 9 , 110, 1864 (1896). — V g l . d a z u MICHAEL, B . 4 2 , 326 A n m . (1909). 5 V g l . : FBANCBIMONT, RLOBBIE, R. 8 , 287 A n m . (1889). — E . FISCHER, DILTHEY, B . 3 5 , 8 4 4 (1902). — MICHAEL, J . p r . [2] 7 2 , 5 4 3 (1905). — H . MEYER, B . 3 9 , 198 (1906). M. 2 7 , 31, 1091 (1906); 2 8 , 1 (1907). C h . Z. 3 0 , 306 (1906). — BÖTTCHER, C h . Z . 3 0 , 2 7 2 (1906). B . 3 9 , 1596 (1906).

Isobernsteinsäure.

351

von konzentrierter Schwefelsäure auf die Dialkyl-cyan-acetamide (R)jC(CN)'CONH ä (vgl. S. 346) noch einen Weg zur Verfügung 1 . D i a l k y l m a l o n s ä u r e - h a l b c h l o r i d e 8 (RXR)C(CO-OH)(CO-Cl) erhält man aus den freien Säuren mit Thionylchlorid. Bei vorsichtigem Erhitzen verlieren sie nur wenig Kohlensäure (unter Bildung von Dialkyl-essigsäurechloriden), dagegen reichlich Chlorwasserstoff, so daß man als Hauptprodukt polymere Dialkylmalonsäureanhydride (vgl. S. 300) gewinnt 6 ; ebenso erhält man solche Anhydride beim Behandeln der Chloride mit wäßriger Pyridinlösung. Beim Erhitzen zerfallen die polymeren Anhydride glatt in Kohlendioxyd und Ketene (Tl. I, S. 1031—1032); von kalten Alkalien werden sie zu Dialkyl-malonaäuren aufgespalten; mit Ammoniak liefern sie, neben dem Ammoniumsalz der Säure, Dialkyl-malonainide und Dialkylmalonamidsäuren 3.

Einzelne Glieder. Unter den Monoalkyl-malonsäuren ist die Methyl-malonsäure CH3-CH(C02H)2 (Methyl-propandisäure), die wegen ihrer Isomerie mit der Bernsteinsäure gewöhnlich I s o b e r n s t e i n s ä u r e genannt wird, die einfachste. Ihr Monoäthylester ist unter anderem bei der Zersetzung des Diazoacetessigesters mit siedendem Wasser erhalten worden4; bei dieser eigentümlichen Reaktion muß man — ähnlich wie bei der Pinakolin -Umlagerung (Tl. I, S. 738) — einen Platzwechsel zwischen Methyl und Hydroxyl annehmen: HaCC-(K CsH6O.OC-C3-N^

2

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*

+

H3C.C=0 _ HO-C=0 C s H 5 0-0C-(!!H.0H ^C 2 H ä O.OC.ÖH.CH 3 '

Unter den Dialkylderivaten verdient die D i ä t h y l - m a l o n s ä u r e (62115)20(00311)2 [2-Äthyl-2-methylsäure-batansäure-{l)~\ wegen ihrer Beziehungen zu dem vielfach gebrauchten Schlafmittel Veronal (Kap. 41) Erwähnung. Die physikalischen Eigenschaften dieser und einiger weiterer homologer Malonsäuren, die hauptsächlich als Zwischenglieder bei der Synthese von Fettsäuren Interesse gefunden haben, sind in der Tabelle Nr. 35 auf S. 352—353 zusammengestellt. Über die in stereochemischer Hinsicht interessante „asymmetrische" Kohlensäure-Abspaltung aus M e t h y l - ä t h y l - m a l o n s ä u r e vgl. Tl. I, S. 537. Dialkylierte Cyan-essigsäuren mit zwei ungleichen Alkylen enthalten ein asymmetrisches Kohlenstoffatom und können demnach durch Spaltung in aktive Formen zerlegt werden. Eine solche Spaltung ist neuerdings für die P r o p y l - i s o p r o p y l eyan-essigsäure5 C2H5• CHjv. r *^-CN (CHj^CH^ ^ C O j H ausgeführt worden und hat ein Produkt von recht erheblichem Drehungsvermögen — [OJD in Toluol = ca. + 11° — ergeben. Dieser Befund ist deshalb interessant, 1

CONRAD, ZAET, A . 3 4 0 , 3 3 6 (1905). — MERCK, D . R . P . 1 6 2 2 8 0 (C. 1 9 0 5 , I I , 725). STADDINGEB, OTT, B . 4 1 , 2 2 0 8 (1908). — V g l . f e r n e r : EINHORN, V. DIESBACH, B . 3 9 , 1222 (1906). — EINBORK, A . 3 5 9 , 150, 159 (1908). — STAUDINGER, OTT, B . 4 1 , 3 8 2 9 (1908). ' V g l . a u c h TAFEL, THOMPSON, B . 4 0 , 4 4 9 4 (1907). * L . WOLFF, A . 3 2 5 , 1 4 4 (1902). 5 E . FISCHER, FLATAÜ, B . 4 2 , 2 9 8 1 (1909). S

353

über Homologe der Malonsäure.

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¿HCH,COOC s H s ->- CH.CHj-COJH -»- CHs CH4 C0 2 H. 6(ONaXOCsH6) ¿O-OCJHJ ¿0 2 H C02H Ebenso liefert der aus Natrium-cyanessigester durch Kondensation mit Formaldehyd-cyanhydrin bei tiefer Temperatur (vgl. dazu S. 381) erhältliche ce, /9-Dicyan-propionsäureester bei der Verseifung die Äthan-«, NH, eine Verbindung C4C15N (wohl ein Pentachlor-pyrrol) und ein C1 • C—CClj-^ Heptachlorderival C4C17N verwandelt. Unterchlorige Säure6 (oder auch Chlorstickstoff') läßt aus Succinimid das 1

Vgl. TSCHUGAJEW, B. 37, 1479 (1904); 38, 2899 (1905); 39, 3190 (1906); 40,

175, 1973 (1907). C. 1 9 0 8 , I, 1162. 3 WHEELER, A m . 2 3 , 148 (1900).

* COMSTOCK, WHEELER, A m . 1 3 , 520 (1891).

4

MENSCHCTKIN, A. 182, 92 (1876). — FOCK, A. 251, 321 (1889). — KAT, B. 28, 2850 (1893). — MIOLATI, R. A. L. [5] 3, I, 515 (1894). — MIOLATI, LONGO, K. A. L. [5] 3, I, 597 (1894); 4, I, 351 (1895). — WILISTATTEB, C. 1903, I, 841. 3

BEBNTHSEN, B. 13, 1048 (1880). — A.NSCHCTZ, SCHROTER, A . 2 9 5 , 86 (1897).

6

BENDER, B. 19, 2273 (1886). — TSCHERKIAC, B. 34, 4213 (1901).

7

SELIWANOW, B. 2 7 , 1018 (1894).

368

Hydroxylamin-Derivate CHS—C0\

Succin-A'-chlorimid ^

der Bernsteinsäure. entstehen, das aus Tetrachlorkohlenstoff

in Blättern vom Schmp. 150° kristallisiert. — Succin-iV-bromimid 1 C2H4[CO]4N • Br — tetragonale Prismen ans Benzol, die bei 173—175° unter Zersetzung schmelzen — wird von Alkalien in ß- Amino-propionsäure (vgl. S. 365 das Verhalten des Succindiamids gegen Brom und Alkali) verwandelt, während mit Natriummethylat, neben Succinimid, der iV-Carbomethoxy-^-aminopropionsäuremethylester CH,0-C0-NH-CH2CH,'CO'OCHj und der ¿Vr-Carboinethoxyäthyl-A?'-/?-carbomethoxypropionyl-harn8toff C H , O . C O - C H S . C H 2 - N H CO N H . C O - C H , - C H J . C O - O C H , entstehen. —

Succin-

iV-jodimid 4 C4H4OSNJ, aus Succinimid-silber oder -quecksilber und Jod in Aceton bzw. Essigester erhältlich, bildet quadratische Prismen, die sich schon bei 100° zu zersetzen beginnen und in Wasser leicht, in Alkohol schwer löslich sind. CH«—C(: NH) • NH. Salzsaures Succinamidin 8 i „ , , 2 HCl wird schon beim UmC H , — C ( : N H ) ' NHJ

krystallisieren aus Wasser in Salmiak und s a l z s a u r e s S u c c i n i m i d i n CH,-C(:NHW ¿ H C( N H ) ^ ^ ' ^ " ^ — lange, farblose, in Wasser sehr leicht, in Alkohol sehr wenig lösliche Blätter — zersetzt. Succin-monohydroxamsäure* HO-OC-CH,-CH2«C(:N-OH)>OH ist das Produkt der Einwirkung von Hydroxylamin auf Bernsteinsäureanhydrid; die zähflüssige, in Wasser und Alkohol leicht lösliche Substanz wird am besten durch ihre wenig löslichen Bariumsalze: BatCtHaO^N), (Krystallpulver) und BaC4H504N + 4H 2 0 charakterisiert. Beim Stehen über Schwefelsäure geht sie in AT-Oxy-succinimid (SucCH,—CO». cinyl-hydroxylamin® i ">N-OH über (monokline, bei 87° schmelzende CH,—CO Tafeln aus Aceton + Äther). Das S u c c i n d i a m i d - d i o x i m « H2N • C(: N OH).CH, • CH, C(: N OH). NH,, aus Bernsteinsäurenitril und 2 Mol.-Gew. Hydroxylamin bei Zimmertemperatur entstehend, erhält man aus Wasser in monoklinen Tafeln oder Prismen vom Schmp. 188° (unter Zersetzung). Bei 60—70° führt die gleiche Reaktion dagegen zum S u c c i n CH,—C(: N • O H k imid-dioxim7^

^ ^ O H K " ^ ^ ' das mit 2H,0 krystallisiert und bei 207° bzw.

198° schmilzt.

Die Homologen der ßernsteinsäure. Da in dem Molekül der Bernsteinsäure H0 2 C • CiL, • CH2 • C0 2 H vier Wasserstoffatome an Kohlenstoff gebunden sind, so bat man unter den 1

SELIWANOW, B . 2 6 , 425 (1893). — LENGFELD, STIEGLITZ, A m . 1 5 , 215, 504 (1893). — SWABTS, A m . 1 9 , 297 (1897). 8

BUNGE, Ann. Sppl. 7, 119 (1870). — SELIWANOW, B. 26, 985 (1893).

* PINNER, B. 16, 362, 1657 (1883); 2 3 , 2931 (1890). — LOSSEN, GBABOWSKY,

A. 265, 168 (1891). * ERBEBA, G . 2 5 , I I , 25 (1895). — Vgl. HANTZSCH, URBAHN, B. 2 8 , 753 (1895). S ERBEBA, G. 2 5 , I I , 32, 263 (1895). — JOHNSEN, C. 1 9 0 7 , I , 1588.

* SEMBRITZKI, B. 22, 2958 (1889). — FOCE, B. 22, 2959 (1889). — HOLLEMAN, R. 13, 86 (1894). 7

SEMBRITZKI, B. 2 2 , 2964 (1889). — GABNY, B. 2 4 , 3429 (1891).

Homologe der

369

Bernsteinsäure.

Homologen einfach, zweifach, dreifach und vierfach alkylierte Bernsteinsäuren zu unterscheiden. Während für die mono-, tri- und tetraalkylierten Säuren die Strukturtheorie nur je eine Formel möglich erscheinen läßt, z.B.: CH.-CH-COJH

(CH^C-COJH

¿H,.CO,H

(CH,)(!)H.C02H

(CH^C-COJH

(CH,),6.C0 2 H '

können dialkylierte Bernsteinsäuren in zwei s t r u k t u r i s o m e r e n Formen auftreten, die man als symmetrisch und unsymmetrisch konstituierte Säuren unterscheidet: CH,-CH-CO,H (CHs),C-COjH CHj-CH-COJH CHj • COsH Symmetr. Unsymmetr. Dimethyl-bernsteinsäure.

Über Fälle von Stereoisomerie vgl. S. 373 ff. Bildungsweisen. Für die Gewinnung der Bernsteinsäure-Homologen stehen die folgenden Methoden von allgemeinerer Anwendbarkeit zu Gebot, die größtenteils Modiiikationen der S. 355—356 angeführten Bildungsweisen der Bernsteinsäure selbst darstellen. 1. Umsetzung von Alkylenbromiden mit Kaliumcyanid und Verseifung der Dicyanide 1 , z. B.: CH a .CH

UH,

CH,CH.Br

*

UH,.Br

CHSCHCN

^

¿Hj.CN

CH 3 .CHCO,H

¿H,.CO,H'

2. Acetessigester- o d e r M a l o n s ä u r e e s t e r - S y n t h e s e unter Anwendung von « - h a l o g e n s u b s t i t u i e r t e n F e t t s ä u r e e s t e r n 2 , z. B.: /CO.OC.H,

UJNa CH,.Cf + CH. • CHBr • CO • OC2 H5 = NaBr+CH 3 • C^-CH(CH3) • CO • OC,H,, \CO.OCSH5 \CO-OC S H 6 /CO,H

CH, • C^-CH(CHS) • COsH - COj = CH8CHCH(CH,)COsH. XC0 H * COjH Eine Modifikation dieser Methode3 besteht in der Einwirkung von o-halogensubstituierten Fettsäureestern auf die n-eyan-substituierten Fettsäureeater, die zwischen 1

V g l . : MARKOWNIKOW, LEBEDEW, A . 1 8 2 , 3 2 7 (1876). — HELL, ROTHBER», B . 2 2 , 1737 (1889). — KRAFFT, GROSJEAN, B . 2 3 , 2 3 5 4 (1890). * V g l . z. B . : CONRAD, A . 1 8 8 , 2 2 6 (1877). — KRESSNER, A . 1 9 2 , 1 3 5 (1878). — HARDTMÜTH, A . 1 0 2 , 1 4 2 (1878). — HÜOGENBEBG, A . 1 9 2 , 146 (1878). — WALTZ, A . 2 1 4 , 5 8 (1882). — ROSER, A . 2 2 0 , 2 7 3 (1883). — BISCHOFF, RÄCH, A . 2 3 4 , 5 4 (1886). — POLKO, A . 2 4 2 , 113 (1887). — BARNSTEIN, A . 2 4 2 , 126 (1887). — SCHLEICHER, A . 2 6 7 , 121 (1892).

* ZELINSKY, B. 21, 3160 (1888). — ZELINSKY, BITSCHICHIN, B. 21, 3398 (1888). — ZELINSKY, BESREDKA, B . 2 4 , 4 6 6 (1891). — BOKE, C. 1 8 9 9 , I , 5 9 3 . — BONE, SPRANK-

LINQ, Soc. 75, 839 (1899). MEYER-JACOBSON, org. CH.

Zw. Aufl. I * .

24 (März 1910)

370

Bildung von homologen

Bernsleinsäuren

der Cyangruppe und der Carboxylgruppe ein austauschbares Wasserstoffatom enthalten (vgl. Cyaness ¡gester S. 341), z. B.: » s 'S -s o 2 F Qi

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- NC • C(CH,)(CO • OC,H5) • CH, • CH(CH,) • CO • OC2He —>- CH(CH s )(CO.OH)-CH,-CH(CH,).COOH, sowie durch Alkylieren des schon S. 381 erwähnten a,a'-Dicarboxy-glutarsäureesters und darauf folgende Verseifung 7 : CH(CO-OC,Hs), CH, CH(CO.OC2Hs), 1 8 3 5 6 7

C(Alk)(CO • OC2H5), >- CH, C(Alk)(CO • OC,H,),

CH(Alk).CO-OH >- CH, CH(Alk).COOH

BLAISE, GAÜLT, BL. [4] 1, 76 (1907). Vgl. BLAISE, GAULT, C. r. 1 4 2 , 452 (1906). BISCHOFF, B . 2 3 , 1464 (1890). * ZELINSKY, B . 2 2 , 2823 (1889). AUWERS, KÖBNER, B. 2 4 , 1936 (1891). THORPE, SOC. 7 7 , 933 (1900). — HOWLES, THOKPE, ÜDALL, SOC. 7 7 , 948 (1900). GUTHZEIT, DBESSEL, A . 2 5 6 , 171 (1889).

MBYXSR-JACOBSON, org. Ch. Zw. Aufl. I t .

25

(März 1910)

386

Bildung von a,a-

und, von

a,ß-Dialkyl-glutarsäuren.

Aus a-Brom fettsäureestern entstehen die a,a'-Dialkyl-glutarsäuren durch Einwirkung von Zink und Ameisensäureester, Verseifung der sich hierbei bildenden ^-Oxysäureester1 und darauf folgende Reduktion mit Jodwasserstoffsäure: 2 C J H 5 0 • 0 0 • CH(C2H5) • B r + H - C O . O C 2 H 6 + 2 Z n

=

C,H6O.ZnBr + C,H 5 0 • OC • CH(C8 Hs) • CH(0 • ZnBr) • CH(C2H5) • CO • OC2H5 —>- C 2 H 6 0 • 0 0 • CH(C2H6). CH(OH) • CH(CäH5) •COOC,H 5 — H O • 0 0 • CH(C,H6)- CH(OH) • CH(C,Hs) • CO • OH —>- HO.OC-CH(C,H 5 ).CH J .CH(C,H,).CO-OH. Über anomale Bildung von a,«'-Dialkyl-glutarsäuren vgl. S. 370—371. 4. A s y m m e t r i s c h a , a - d i a l k y l i e r t e G l u t a r s ä u r e n sind synthetisch aus Dialkyl-malonestera erhältlich, die sich mit Essigester bei Gegenwart von Natrium zu a,a-Dialkyl-acetondicarbonestern kondensieren, welche man mit Natriumamalgam zu (S-Oxy-glutarsäuren und dann mit HJ zu den a,a-Dialkyl-glutarsäuren selbst reduzieren kann 2 : C,H 5 0 -00« C(CH,), • CO • OC,Hj + CH 9 CO.OC,H 6 >• C 2 H 6 0 • OC • C(CHJ)J • CO • CH, • CO • OC,H, >- C,H 5 0 • OC • C(CHS), • CH(OH) • CH, • CO • OC,H5 v C,H,0 • OC • C(CHa), • CH, • CH, • CO • OC,H5. Von den asymm. Dialkyl-bernsteinsäuren gelangt man zu den analogen Verbindungen der Glutarsäure-Reihe, indem man die Ester zunächst mit Natriumamalgam reduziert; hierbei bilden sich neben 1.4-Glykolen (vgl. S. 97) dialkylierte Butyrolactone — und zwar der Hauptmenge nach a, o-Dialkyl-butyrolactone —, die Raliumcyanid zu Oja-Dialkyl-y-cyan-propionsäuren addieren, welche man dann zu o,a-Dialkyl-glutarsäuren verseifen kann 8 : CJH50 • OC • CH, • C(R)j • CO • 0C,H, —>- CH,-CH,-C(R),—CO-O ! 1 — N C . C H j . C H j . C C R V C O . O K —>- HO-OC-CH,-CH 2 .C(R) 2 .CO.OH. 5. a , ß - D i a l k y l - g l u t a r s ä u r e n bilden sich durch Anlagerung von (Natrium-) Cyan-essigester an a,^-Dialkyl-acrylsäureester, Verseifung des so entstandenen Nitrilsäure-Esters und Abspaltung von 1 Mol. Kohlendioxyd1: C!HsO-OC.C(CH,):CH(CHi) + H-CH(CN)-CO.OCsH6 — C , H 5 0 • OC • CH(CH,). CH(CH,)- CH(CN). CO • OC2H5 — H O • OC • CH(CH3) • CH(CHj) • CH, • CO • OH. Ferner kann man sie aus (S-Alkyl-acrylsäuren durch Alkylieren der mit Cyanessigester erhältlichen Additionsprodukte und Verseifen der so gewonnenen Dialkyl-a-cyan-glutarsäureester darstellen 6 : C,H 5 0.0C-CH: CH(CHj) -1- H.CH(CN)-CO-OC2H5 —>- C,H 5 0 • OC • CH, • CH(CHj) • CH(CN) • CO • 0C4H6 —>- C,H 6 0 • OC • CH, • CH(CH,) • C(CHS)(CN) • CO • OC,Hä — H O • OC- CH, • CH(CHS). CH(CH8). CO • OH. 1

1 REFORMATSKY, C. 1 9 0 2 , I I , 107. PERKIH, SMITH, Soc. 8 3 , 8 (1903). BLANC, BL. [3] 3 3 , 879 (1905). C. r. 1 3 8 , 579 (1904); 1 4 1 , 203 (1905). 4 BLAISE, C . r . 1 3 6 , 243 (1903). BL. [3] 2 9 , 331 (1903). 5 HOWLES, THOBPE, UDALI, Soc. 7 7 , 942 (1900). — THOBPE, YOÜNO, Soc. 8 3 , 351 (1903). 8

Bildung von ß,ß-Dialkyl-,

Trialkyl- und Tetraalkyl-glutarsäuren. 387

6. $ 0 - D i a l k y l - g l u t a r s ä u r e n bilden sich in ähnlicher Weise aus ß,ß-Dialkyl-acrylsäureestern durch Addition von (Kalium-)Malonester1 (besser Cyan-essigester2) und Verseifen der entstandenen |S,(3-Dialkyl-o,a,j'-propantricarbonaäureester (bzw. ß, (?-Dialkyl-a-oyan-a, /-propandicarbonsäureester): C.HjO-OC C H : C(CH 3 ) s * + H, CH(CO-OC 2 H 5 ) 2 X + H • CH(CN)- CO • OCjH, C s H 6 0 • OC • CH, • C(CHj), • CH(CO • OC,H5), C s HjO • OC • CH, • C(CH,)S • CH(CN) • CO • OC,H,

x

• OU, • LU • U i i .

Die aus Ketonen und Cyan-essigester bei Gegenwart von Ammoniak erhältlichen Piperidinderivate (vgl. S. 344) liefern bei der Verseifung mit 60-prozentiger Schwefelsäure ebenfalls ß, (S-Dialkyl-glutarsäuren4: H a Cv—^-CH, CO NC H 2 C C,H S 0.06

CHj-CN +

HjC-^^CHj

C ->-

C

NC-HC^^CH-CN

CO-OC 2 H 6

->-

ob^Jx>

NH,

H,C"^CH, HO-OC

.

¿OOH

NH

Auch die diesen cyclischen Imiden entsprechenden, aus Ketonen und Cyan-essigester bei Gegenwart von Diäthylamin erhältlichen ß, |?-Dialkyl-a, a'-dicyan-glutarsäureester ergeben bei der Verseifung ß, ¡S-Dialkyl-glutarsäuren6: G £ > C O + 2CH2(CN).CO.OCSH5

C H ^ G B - C O - O C I H :

v.

inn i nx'CHj-CO'OH l^ßa fe^CHj • CO • O H '

Ferner bilden sich diese Säuren aus ^,^-Dialkyl-dihydroresorcinen bei der Behandlung mit Natriumhypobromit® bzw. -chlorit7, sowie beim Kochen mit Salpetersäure oder Oxydieren mit Chromsäure8: ß—P^CHJ CO\/~,tt R-^ ^-CH,—C(OH)^

v

R - ^ ^ ^ C H , • CO• OH R ^ ^ C H , • CO • OH"

7. Bezüglich der Bildungsweisen von T r i a l k y l - und T e t r a a l k y l - g l u t a r säuren sei daran erinnert, daß man infolge der S. 370—371 erörterten Verhältnisse Glutarsäure-Homologe ersterer Art mehrfach bei Reaktionen beobachtet hat, die zu Bernsteinsäure-Homologen führen sollten. So entsteht die o, o, o'-Trimethyl-glutarsäure neben Tetramethyl-bernsteinsäure bei der Umsetzung von a-Bromisobuttersüureester mit Silberpulver ' (auch mit Zink10 oder Natrium-Methyl-acetessigester"). I AUWEBS, B . 2 8 , 1131 (1895). A . 2 9 2 , 145 (1896). — PEBKIN, GOODWIN, SOC. s PERKIN, THOBPE, SOC. 7 5 , 49 (1899). 6 9 , 1475 (1896).

8 In Wirklichkeit besteht das Produkt zum großen Teil aus dem sauren Ester C, H e O • OC • CH, • C(CH3)4. CH(CN) • CO • OH. 6 KOMPPA, B . 3 3 , 3534 (1900). * GUABESCHI, C . 1901, I , 821. 6 KOMPPA, B . 3 2 , 1423 (1899). — VOBLÄNDEB, KOHLMANN, B . 3 2 , 1879 (1899).

A . 3 2 2 , 245 (1902). 7

WALKES, WOOD, SOC. 8 9 , 598 (1906).

8

CROSSLET, SOC. 7 5 , 777 (1899).

• AUWEBS, V . MEYEB, B . 2 2 , 2013 (1889). 10

SHDANOWITSCH, C . 1 9 0 9 , I , 519.

II

BISCHOPP, WALDEN, B . 2 8 , 1458 (1893).

25*

388

Stereoisomerie

bei homologen

Olutarsäuren.

Die isomere a, ß, ¿J-Trimethyl-glutarBäure wurde durch Methylieren und Verseifen des Kondensationsproduktes aus j9,/?-Dimethyl-acrylsäure und Cyan-essigester dargestellt. Die erste Phase der Verseifung ist das Imid der Säure; behufs Aufspaltung mufi es mit Salzsäure auf 200° erhitzt werden 1 : NC • CH, • CO • OC t H, + (CH,), C : CH • CO • OC,H5 >- NC • CH(CO • OC,Hs) • C(CH,),. CH, • CO • OC,H s NC • C(CH,)(CO • OCsH6)- C(CH,), • CH, • CO. 0C,H 5 HC(CH,)-C(CH 8 ) 8 -CH 1! ^ HC(CH,)—C(CH,),—CH, 06 NH CO HO-OÖ ¿ O OH ' •

^

Die a, et, a', «'- Tetramethyl-glutarsäure * HO • OC • C(CH3), • CH, • C(CH,), • CO • OH entsteht in Form ihres durch Jodwasserstoff reduzierbaren* ji-Oxyderivates bei der Einwirkung von Zink und Ameisensäureester auf a-Brom-isobutteraäureeater4: (CH,)jC(Br) • CO. OC,H s (CH3)4C • CO • OC,H5 + + 2Zn I + ZnBr, H-CO-OC,H s = H-COH + C,H S 'OH + + 2H20 | + Zn(OH), (CH3),C(Br) • CO • OC,H, (CH,),C • CO • OC,H5

Die Säuren dieser Gruppen sind in ihren Eigenschaften den Homologen der Bernsteinsäuren (vgl. S. 373—380) nahe verwandt; sie liefern ebenfalls durch Wasser-Abspaltung Anhydride, anhydrisieren6 sich aber durchgängig etwas schwerer und sind demgemäß mit Dampf weniger leicht flüchtig (vgl. S. 375) als die Säuren, deren Carboxyl-Abstand um eine Methylengruppe geringer ist. Auch bei einigen alkylierten Glutarsäuren, z. B. der «,a'-Dimethyl-8, der a, /S-Dimethyl-7 und der ce, «',/9,/S-Tetramethyl-glutarsäure8,9 sind Fälle von D i a s t e r e o i s o m e r i e beobachtet worden. Die molekulare Konfiguration dieser Säuren entspricht derjenigen der stereoisomeren symm. Dialkyl-bernsteinsäuren (vgl. S. 373); denn hier wie dort enthält das Molekül zwei asymmetrische Kohlenstoffatome. Die beiden Stereo1

PERKIN, THOHPE, SOC. 7 5 , 61 (1899). — Über Bildung der gleichen Säure

aus Methyl-cyanessigester + ß,(9-Dimethyl-acrylsäureester

vgl.: THOBPE, SOC. 77, 932

(1900). — THOBPE, YOUHQ, SOC. 7 7 , 939 (1900). 1

Über Bildung der isomeren a, a', ß, ^-Tetramethyl-glutarsäure s. THOBPE,

YOUNO, SOC. 7 7 , 940 (1900). 3 MICHAILENKO, JAWORSKY, C . 1 9 0 0 , I I , 529. 4 MICHAILENKO, C. 1 8 9 8 , I I , 885. 8

Vgl. dazu ADWEBS, B . 31, 2112 (1898).

6

ZELINSKY, B . 2 2 , 2823 (1889). — ZELINSKY, BESBEDKA, B . 2 4 , 459 (1891). — AUWERS, KÖBNER, B . 2 4 , 1 9 2 3 (1891). — AUWERS, OSWALD, THOBPE, A . 2 8 5 , 293, 310 (1895). — BOKE, PERKIN, SOC. 6 7 , 428 (1895); 6 9 , 268 (1896). — HOWLES, THOBPE, UDALL, SOC. 7 7 , 948 (1900). — THOBPE, YOUNO, SOC. 8 3 , 358 (1903). 7

THOBPE, YOUNO, SOC. 8 3 , 356 (1903). THOBPE, SOC. 7 7 , 9 3 4 (1900). — THOBPE, YOUNO, SOC. 7 7 , 936 (1900); 359 (1903). 8

83,

9

Bezügl. einiger weiterer Fälle vgl. z. B.: BISCHOFF, MINTZ, B.. 2 3 , 652 (1890). —

BISCHOFF, TIOEBSTEDT, B . 2 3 , 1940 (1890). — AÜWERS, A . 2 9 2 , 205 (1896). — THOBPE, YOUNO, SOC. 7 7 , 941 (1900); 8 3 , 356 (1903). — LAWBENCE, C. 1 9 0 0 , I I , 369.

Stereoisomere Dimethyl-g lutar säuren.

389

meren unterscheiden sich voneinander wesentlich durch die Neigung zur Anhydridbildung: das eine geht viel schwerer in Anhydrid (und auch Imid) über als das andere. Aus beiden Modifikationen entsteht ein und dasselbe Anhydrid; in dieser Hinsicht liegen die Verhältnisse also anders als bei den stereoisomeren Dialkyl-bernsteinsäuren (vgl. S. 374). Es empfiehlt sich, diejenige Säure, welche leicht in Anhydrid übergeht und aus dem gemeinsamen Anhydrid durch Hydratation zurückgebildet wird, als „maleinoide" Form, die andere als „fumaroide" Form zu bezeichnen. Von diesen Verhältnissen macht man bei der Trennung Gebrauch: Das bei der Darstellung resultierende Gemisch von fumar, und mal. Säure wird in der Kälte mit Acetylchlorid behandelt; hierbei geht nur die mal. Säure in das Anhydrid über, aus welchem sie durch Kochen mit Wasser wiedergewonnen werden kann 1 . Eine andere Scheidungsmethode * besteht darin, daß man die Säuren in ihre Ammoniumsalze verwandelt und deren Gemisch dann einige Stunden im Kohr auf 160° erhitzt Das Salz der fumar. Säure kann hiernach mittels Wasser aus dem Produkt unverändert zurückerhalten werden; das Salz der mal. Säure ist dagegen in ein ätherlösliches Imid übergegangen, das man behufs Regenerierung der Säure durch Kochen mit Schwefelsäure aufspaltet. Zur Charakterisierung der stereoisomeren alkylierten Glutarsäuren sei hier eine kurze Beschreibung der beiden symmetrischen c ^ a ' - D i m e t h y l - g l u l a r s ä u r e n HOjC • CH(CH3) • CH, • CH(CH3) • CO a H (2.4-Dimethyl-pentandisäuren) gegeben : Die fumaroide Säure scheidet sich aus Wasser in monosymmetrischen Nadeln vom Schmp. 140—141° ab, die mit Dampf nur spurenweise flüchtig sind; 100 Tie. Wasser lösen bei 17° ca. 4-4 Tie., bei 25° 5-6 Tie. der Säure; K = 0-00593. Im Vakuum destilliert sie unverändert. Beim Erhitzen mit Salzsäure erfolgt partielle Umwandlung in die maleinoide Säure. — Die maleinoide Säure krystallisiert aus Wasser in asymmetrischen Prismen vom Schmp. 127—128°, die sich mit Wasserdampf ebenfalls nicht übertreiben lassen. 100 Tie. Wasser lösen bei 17° 4 Tie., bei 25° 4-9 Tie. der Säure; auch im Verhalten gegen andere Solvenzien treten keine sehr erheblichen Unterschiede zutage. K = 0*0052. Beim Destillieren für sich, sowie beim Erhitzen mit konz. Salzsäure auf 200° geht die maleinoide Säure teilweise in die fumaroide über. Durch Acetylchlorid wird sie schon in der Kälte anhydrisiert; das g l e i c h e , bei 95° schmelzende, bei 292' siedende Anhydrid entsteht auch bei längerem Kochen der fumaroiden Säure unter Luftdruck. Acetylchlorid greift die fumaroide Säure dagegen selbst beim Kochen nur äußerst langsam an unter Bildung kleiner Mengen von Anhydrid. Die Tabelle Nr. 37 auf S. 3 9 0 — 3 9 1 gibt eine Übersicht über die homologen Glutarsäuren. Aus dem elektrischen Leitvermögen ergibt sich, daß die bisher untersuchten Homologen der Glutarsäure an Stärke größtenteils die Glutaxsäure (K = 0 - 0 0 4 7 ) etwas übertreffen und sich einander sehr nahe stehen 8 . Ausnahmen bilden die a, ce, a'-Trimethyl-glutarsäure, deren Dissoziationskonstante kleiner als diejenige der Glutarsäure gefanden wurde, und die durch auffallend hohe Konstanten ausgezeichneten /9,/9-Dimethyl- und 1 V g l . z. B . AUWEHS, A . 2 8 5 , 3 3 2 (1895). * THOBPE, YOUNO, S o c . 8 3 , 3 5 4 (1903). " WAIDEN, P h . C h . 8 , 4 8 8 (1891). — AUWERS, A . 2 9 2 , 134, 146, 2 2 1 (1896). — SZTSZKOWSKI, P h . C h . 2 2 , 1 8 0 (1897). — MELLOH, S o c . 7 9 , 1 3 3 (1901).

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